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122,686 | 27 O 1/16 [E] | 2016-07-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebühren- und auslagenfrei. Der Kläger hat seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger macht vorliegend eigene sowie Leistungsansprüche seiner verstorbenen Großeltern mütterlicherseits nach BEG geltend. 3Der im Jahr 1966 in Taschkent geborene Kläger war ab 1983 in Russland im Staatsdienst beschäftigt und ist mit seiner Ehefrau Marina T1 im Jahr 2001 als Spätaussiedler in die BRD übergesiedelt. Er ist der Enkel des nach den Angaben des Klägers 1901 geborenen und am 31.08.1941 zum Kriegsdienst gegen den Faschismus eingezogenen und im Jahr 1948 in einem Hospiz in Taschkent an Tuberkulose verstorbenen M. Dessen Ehefrau Agrafena M, die Großmutter des Klägers mütterlicherseits, war nach den Angaben des Klägers wegen ihres polnischen Vaters um 1920 wegen ihrer Abstammung in die wolgadeutsche Republik umgesiedelt und von dort 1932 nach Taschkent deportiert worden sowie nach ihrer Rückkehr in die wolgadeutsche Republik im Jahr 1947 erneut nach Taschkent deportiert worden, wo sie im Januar 1982 an einem Krebsleiden verstorben ist. Derzeit leben jedenfalls noch zwei Kinder dieser Großeltern, die seit 1968 von ihrem Ehemann Viktor K geschiedene Mutter des Klägers Raissa H und deren Schwester. 4Der Kläger hatte im Jahr 2009 u.a. die Bewilligung von Hinterbliebenenversorgung nach BVG beim Sozialgericht sowie im Jahr 2015 Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach OEG i.V.m. BVG beim Verwaltungsgericht jeweils nach seinem Großvater mütterlicherseits beantragt. Mit Schreiben vom 19.11.2009 und vom 15.11.2013 hatte die Bezirksregierung Düsseldorf dem Kläger auf seine Anfrage bereits mitgeteilt, dass Entschädigungsansprüche der Großmutter seiner Ehefrau Elena T1 nach BEG nicht mehr geltend gemacht werden könnten. 5Mit am 29.11.2013 beim Sozialgericht eingegangenen Schriftsatz erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht und machte Ansprüche auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 S. 1 HHG sowie auf Zahlung einer Ausgleichsrente nach § 32 BVG geltend. Da der Kläger in seinem Schriftsatz an das Sozialgericht Köln vom 06.08.2014 ( Bl. 29 d.A. ) auch Ansprüche nach §§ 4, 43-46, 150 BEG aufgeführt hat, hat das Sozialgericht Düsseldorf nach Verweisung die Klage insoweit abgetrennt und mit Beschluss vom 10.02.2016 den Rechtsstreit an das Landgericht Düsseldorf verwiesen. 6Der Kläger hat parallel dazu mit Schriftsatz vom 01.02.2016 einen Antrag Zuerkennung von Entschädigungsleistungen nach seinen Eltern und Großeltern mütterlicherseits sowie auf Anerkennung seiner Großeltern mütterlicherseits ( Ivan und Agrafenna M geboren 1901 bzw. 1906 ) als Verfolgte gemäß § 1 BEG bei der Bezirksregierung Düsseldorf gestellt. Diesem Antrag war die Kopie eines gleichlautenden Antragschreibens des Klägers vom 19.11.2013 beigefügt. 7Bei der Bundeszentralkartei liegen keine Hinweise auf vor diesem Zeitpunkt anhängige Entschädigungsverfahren bzgl. der vorliegend genannten Personen vor. Die Bezirksregierung hat den Antrag vom 01.02.2016 mit Bescheid vom 18.03.2016 zurückgewiesen mit der Begründung, der Antrag auf Entschädigungsleistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz sei nach Ablauf der in Art. VIII Abs. 1 Satz 1 BEG-Schlussgesetz bestimmten, mit Ablauf des 31.12.1969 endenden Ausschlussfrist eingereicht worden. 8Gegen den Bescheid hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13.04.2016 ( Bl. 85 d.A.) Klage erhoben und ausgeführt, als Hinterbliebener Entschädigungsleistungen der verstorbenen Großeltern mütterlicherseits geltend zu machen. 9Der Kläger beantragt, 10ihm Entschädigungsleistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz als Enkel der Eheleute M und Agrafenna M zu gewähren und diese als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung nach § 1 BEG anzuerkennen. 11Das beklagte Land beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger Entschädigungsansprüche nach BEG bzgl. anderer Personen außer ihm selbst hinsichtlich seiner Großeltern mütterlicherseits anführt, da insoweit mangels Antrag an die Bezirksregierung Düsseldorf gemäß § 210 BEG als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage kein Ablehnungsbescheid der gemäß § 185 BEG zuständigen Entschädigungsbehörde ergangen ist. Soweit der gegen den Kreis Euskirchen geführte Rechtsstreit S 6 VH 43/15 im Hinblick auf Ansprüche nach BEG abgetrennt und verwiesen worden ist, hat der Kläger auch klar gestellt, die von ihm in diesem Verfahren geltend gemachten Entschädigungsansprüche nach BEG nachträglich bei der Bezirksregierung geltend gemacht zu haben und die Klage wegen des insoweit ablehnenden Bescheids vom 18.03.2016 nunmehr gegen das Land NRW richten zu wollen. 16Die Klage ist unbegründet, soweit sich der Kläger gegen den Bescheid der Bezirksregierung vom 18.03.2016 richtet. 17Der im Jahr 1966 geborene Kläger macht eigene Ansprüche auf Entschädigungsleistungen nach BEG bzw. die Zuerkennung von Entschädigungsleistungen nach BEG bezüglich seiner verstorbenen Großeltern mütterlicherseits geltend. 18Es ist bereits nicht ersichtlich, dass insoweit die subjektiven Voraussetzungen für die Entschädigungsberechtigung gemäß §§ 4, 4a, 150 Abs. 2, 154 Abs. 2, 160 Abs. 1 BEG erfüllt wären. Der 1966 geborene Kläger hat nicht dargelegt, Hinterbliebener eines Opfers der nationalsozialistischen Verfolgung oder von der nationalsozialistischen Verfolgung mit betroffener naher Angehöriger eines Opfers der nationalsozialistischen Verfolgung zu sein. Auch die für Flüchtlinge geltenden Regelungen der §§ 160 ff BEG setzen voraus, dass der Betroffene Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung oder Hinterbliebener eines Opfers der nationalsozialistischen Verfolgung ist. 19Die Gewährung von Entschädigungsansprüchen und die erstmalige Anerkennung der Großeltern des Klägers gemäß § 1 BEG scheitert jedenfalls daran, dass gemäß Art. VIII Abs. 1 S. 1 BEGSchlG neue Ansprüche, die auf die Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes gestützt werden, nur bis zum 31.12.1969 geltend gemacht werden konnten. Nach dem 31. Dezember 1969 können nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. VIII Abs. 1 Satz 1 BEGSchlG Ansprüche nach dem BEG und dem BEG-Schlussgesetz nicht mehr angemeldet werden. Art. VIII Abs. 1 Satz 1 BEGSchlG enthält eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist für die erstmalige Anmeldung von Entschädigungsansprüche, ohne dass eine Regelung getroffen wäre, nach der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte, vgl. BGH RzW 1973, S. 196 f; LG Hamburg, Urteil vom 15. Februar 2013 – 352 O 2/12 –, Rn. 20, juris. Umstände, die eine Wiedereinsetzung begründen würden, sind zudem nicht vorgetragen. Diese Ausschlussfrist für die Anmeldung der Ansprüche nach BEG gilt auch dann, auch wenn deren Voraussetzungen erst nach dem Stichtag eingetreten sind, vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1974 – IX ZR 153/71 –, Rn. 12, juris; BGH RzW 1973, 196. Auch die nach Art. VIII Abs. 1 S. 2 BEGSchlG geltende Ausnahme für den Versorgungsanspruch Hinterbliebener gemäß § 29 Nr. 6 BEG setzt voraus, dass der Verstorbene bereits als Verfolgter i.S.d. § 1 Abs. 1 BEG festgestellt war. 20Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt Art. VIII Abs. 1 Satz 1 BEG-Schlussgesetz nicht gegen das Grundgesetz, vgl. BGH RzW 1973, S. 196 f.; BVerfG RzW 1979 S. 104. 21Der Zugang der im Tatbestand zitierten Schreiben des Klägers im Zusammenhang mit den vorliegend geltend gemachten Entschädigungsansprüchen nach BEG liegt lange Zeit nach diesem Zeitpunkt. Eine vor dem Stichtag liegende Anmeldung von Entschädigungsansprüchen nach BEG bei einer deutschen Behörde hat der Kläger nicht dargelegt. Unstreitig liegen in der Bundeszentralkartei keine Hinweise auf frühere Entschädigungsverfahren vor. Soweit der Kläger mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 16.06.2016 vorträgt, während des Aufenthalts seines Großvaters im Militärhospital von Oktober 1945 bis Ende 1946 seien Wiedergutmachungsansprüche angemeldet worden, entbehrt der Vortrag jeglicher Substanz. Zudem wäre über einen solchen Antrag bisher keine behördliche Entscheidung ergangen. Die Voraussetzungen einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung liegen nicht vor. 22Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 209, 225 BEG, 91, 708 Nr. 11 ZPO. 23Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt. 24Rechtsbehelfsbelehrung: 25Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 261. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 272. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist. 28Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, D-Allee, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 29Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen. 30Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 31Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. | die klage wird abgewiesen. die entscheidung ergeht gerichtsgebühren- und auslagenfrei. der kläger hat seine eigenen außergerichtlichen kosten selbst zu tragen. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der kläger macht vorliegend eigene sowie leistungsansprüche seiner verstorbenen großeltern mütterlicherseits nach beg geltend. 3der im jahr 1966 in taschkent geborene kläger war ab 1983 in russland im staatsdienst beschäftigt und ist mit seiner ehefrau marina t1 im jahr 2001 als spätaussiedler in die brd übergesiedelt. er ist der enkel des nach den angaben des klägers 1901 geborenen und am 31.08.1941 zum kriegsdienst gegen den faschismus eingezogenen und im jahr 1948 in einem hospiz in taschkent an tuberkulose verstorbenen m. dessen ehefrau agrafena m, die großmutter des klägers mütterlicherseits, war nach den angaben des klägers wegen ihres polnischen vaters um 1920 wegen ihrer abstammung in die wolgadeutsche republik umgesiedelt und von dort 1932 nach taschkent deportiert worden sowie nach ihrer rückkehr in die wolgadeutsche republik im jahr 1947 erneut nach taschkent deportiert worden, wo sie im januar 1982 an einem krebsleiden verstorben ist. derzeit leben jedenfalls noch zwei kinder dieser großeltern, die seit 1968 von ihrem ehemann viktor k geschiedene mutter des klägers raissa h und deren schwester. 4der kläger hatte im jahr 2009 u.a. die bewilligung von hinterbliebenenversorgung nach bvg beim sozialgericht sowie im jahr 2015 leistungen der kriegsopferfürsorge nach oeg i.v.m. bvg beim verwaltungsgericht jeweils nach seinem großvater mütterlicherseits beantragt. mit schreiben vom 19.11.2009 und vom 15.11.2013 hatte die bezirksregierung düsseldorf dem kläger auf seine anfrage bereits mitgeteilt, dass entschädigungsansprüche der großmutter seiner ehefrau elena t1 nach beg nicht mehr geltend gemacht werden könnten. 5mit am 29.11.2013 beim sozialgericht eingegangenen schriftsatz erhob der kläger klage vor dem sozialgericht und machte ansprüche auf erteilung einer bescheinigung nach § 10 abs. 4 s. 1 hhg sowie auf zahlung einer ausgleichsrente nach § 32 bvg geltend. da der kläger in seinem schriftsatz an das sozialgericht köln vom 06.08.2014 ( bl. 29 d.a. ) auch ansprüche nach §§ 4, 43-46, 150 beg aufgeführt hat, hat das sozialgericht düsseldorf nach verweisung die klage insoweit abgetrennt und mit beschluss vom 10.02.2016 den rechtsstreit an das landgericht düsseldorf verwiesen. 6der kläger hat parallel dazu mit schriftsatz vom 01.02.2016 einen antrag zuerkennung von entschädigungsleistungen nach seinen eltern und großeltern mütterlicherseits sowie auf anerkennung seiner großeltern mütterlicherseits ( ivan und agrafenna m geboren 1901 bzw. 1906 ) als verfolgte gemäß § 1 beg bei der bezirksregierung düsseldorf gestellt. diesem antrag war die kopie eines gleichlautenden antragschreibens des klägers vom 19.11.2013 beigefügt. 7bei der bundeszentralkartei liegen keine hinweise auf vor diesem zeitpunkt anhängige entschädigungsverfahren bzgl. der vorliegend genannten personen vor. die bezirksregierung hat den antrag vom 01.02.2016 mit bescheid vom 18.03.2016 zurückgewiesen mit der begründung, der antrag auf entschädigungsleistungen nach dem bundesentschädigungsgesetz sei nach ablauf der in art. viii abs. 1 satz 1 beg-schlussgesetz bestimmten, mit ablauf des 31.12.1969 endenden ausschlussfrist eingereicht worden. 8gegen den bescheid hat der kläger mit schriftsatz vom 13.04.2016 ( bl. 85 d.a.) klage erhoben und ausgeführt, als hinterbliebener entschädigungsleistungen der verstorbenen großeltern mütterlicherseits geltend zu machen. 9der kläger beantragt, 10ihm entschädigungsleistungen nach dem bundesentschädigungsgesetz als enkel der eheleute m und agrafenna m zu gewähren und diese als opfer nationalsozialistischer verfolgung nach § 1 beg anzuerkennen. 11das beklagte land beantragt, 12die klage abzuweisen. 13wegen des weiteren vortrags der parteien wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 14 | 15die klage ist unzulässig, soweit der kläger entschädigungsansprüche nach beg bzgl. anderer personen außer ihm selbst hinsichtlich seiner großeltern mütterlicherseits anführt, da insoweit mangels antrag an die bezirksregierung düsseldorf gemäß § 210 beg als zulässigkeitsvoraussetzung für die klage kein ablehnungsbescheid der gemäß § 185 beg zuständigen entschädigungsbehörde ergangen ist. soweit der gegen den kreis euskirchen geführte rechtsstreit s 6 vh 43/15 im hinblick auf ansprüche nach beg abgetrennt und verwiesen worden ist, hat der kläger auch klar gestellt, die von ihm in diesem verfahren geltend gemachten entschädigungsansprüche nach beg nachträglich bei der bezirksregierung geltend gemacht zu haben und die klage wegen des insoweit ablehnenden bescheids vom 18.03.2016 nunmehr gegen das land nrw richten zu wollen. 16die klage ist unbegründet, soweit sich der kläger gegen den bescheid der bezirksregierung vom 18.03.2016 richtet. 17der im jahr 1966 geborene kläger macht eigene ansprüche auf entschädigungsleistungen nach beg bzw. die zuerkennung von entschädigungsleistungen nach beg bezüglich seiner verstorbenen großeltern mütterlicherseits geltend. 18es ist bereits nicht ersichtlich, dass insoweit die subjektiven voraussetzungen für die entschädigungsberechtigung gemäß §§ 4, 4a, 150 abs. 2, 154 abs. 2, 160 abs. 1 beg erfüllt wären. der 1966 geborene kläger hat nicht dargelegt, hinterbliebener eines opfers der nationalsozialistischen verfolgung oder von der nationalsozialistischen verfolgung mit betroffener naher angehöriger eines opfers der nationalsozialistischen verfolgung zu sein. auch die für flüchtlinge geltenden regelungen der §§ 160 ff beg setzen voraus, dass der betroffene opfer der nationalsozialistischen verfolgung oder hinterbliebener eines opfers der nationalsozialistischen verfolgung ist. 19die gewährung von entschädigungsansprüchen und die erstmalige anerkennung der großeltern des klägers gemäß § 1 beg scheitert jedenfalls daran, dass gemäß art. viii abs. 1 s. 1 begschlg neue ansprüche, die auf die vorschriften des bundesentschädigungsgesetzes gestützt werden, nur bis zum 31.12.1969 geltend gemacht werden konnten. nach dem 31. dezember 1969 können nach dem eindeutigen wortlaut des art. viii abs. 1 satz 1 begschlg ansprüche nach dem beg und dem beg-schlussgesetz nicht mehr angemeldet werden. art. viii abs. 1 satz 1 begschlg enthält eine materiell-rechtliche ausschlussfrist für die erstmalige anmeldung von entschädigungsansprüche, ohne dass eine regelung getroffen wäre, nach der wiedereinsetzung in den vorigen stand gewährt werden könnte, vgl. bgh rzw 1973, s. 196 f; lg hamburg, urteil vom 15. februar 2013 – 352 o 2/12 –, rn. 20, juris. umstände, die eine wiedereinsetzung begründen würden, sind zudem nicht vorgetragen. diese ausschlussfrist für die anmeldung der ansprüche nach beg gilt auch dann, auch wenn deren voraussetzungen erst nach dem stichtag eingetreten sind, vgl. bgh, urteil vom 24. oktober 1974 – ix zr 153/71 –, rn. 12, juris; bgh rzw 1973, 196. auch die nach art. viii abs. 1 s. 2 begschlg geltende ausnahme für den versorgungsanspruch hinterbliebener gemäß § 29 nr. 6 beg setzt voraus, dass der verstorbene bereits als verfolgter i.s.d. § 1 abs. 1 beg festgestellt war. 20entgegen der ansicht des klägers verstößt art. viii abs. 1 satz 1 beg-schlussgesetz nicht gegen das grundgesetz, vgl. bgh rzw 1973, s. 196 f.; bverfg rzw 1979 s. 104. 21der zugang der im tatbestand zitierten schreiben des klägers im zusammenhang mit den vorliegend geltend gemachten entschädigungsansprüchen nach beg liegt lange zeit nach diesem zeitpunkt. eine vor dem stichtag liegende anmeldung von entschädigungsansprüchen nach beg bei einer deutschen behörde hat der kläger nicht dargelegt. unstreitig liegen in der bundeszentralkartei keine hinweise auf frühere entschädigungsverfahren vor. soweit der kläger mit nicht nachgelassenem schriftsatz vom 16.06.2016 vorträgt, während des aufenthalts seines großvaters im militärhospital von oktober 1945 bis ende 1946 seien wiedergutmachungsansprüche angemeldet worden, entbehrt der vortrag jeglicher substanz. zudem wäre über einen solchen antrag bisher keine behördliche entscheidung ergangen. die voraussetzungen einer wiedereröffnung der mündlichen verhandlung liegen nicht vor. 22die nebenentscheidungen folgen aus §§ 209, 225 beg, 91, 708 nr. 11 zpo. 23der streitwert wird auf 2.000,00 eur festgesetzt. 24rechtsbehelfsbelehrung: 25gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 261. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 272. wenn die berufung in dem urteil durch das landgericht zugelassen worden ist. 28die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem oberlandesgericht düsseldorf, d-allee, 40474 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils (datum des urteils, geschäftsnummer und parteien) gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 29die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem oberlandesgericht düsseldorf zu begründen. 30die parteien müssen sich vor dem oberlandesgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 31mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. | Verklagte*r | 0 |
346,696 | 8 K 698/20 | 2022-09-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt die Befriedung seiner Grundstücke. Er ist Eigentümer diverser Flurstücke in M. und N. . Diese liegen in den gemeinschaftlichen Jagdbezirken M. III, S. VI und S. VIII. 3Mit Schreiben vom 27.03.2018 beantragte der Kläger durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten die Befriedung seiner Grundstücke im Jagdgebiet M. III. 4Mit Bescheid vom 18.02.2020 lehnt der Beklagte die beantragte Befriedung ab. Der Kläger habe seine ethischen Motive nicht glaubhaft gemacht. Er habe zur Begründung seines Antrags pauschal auf § 6a BJagdG verwiesen. Zudem seien an den Kläger höhere Maßstäbe bei der Glaubhaftmachung zu stellen, da er selbst zur Jagd gegangen sei. Auch der Betrieb einer Hähnchenmast wecke Zweifel an den ethischen Gründen des Klägers. 5Der Kläger hat am 16.03.2020 die vorliegende Klage erhoben. Seitdem er nicht mehr im Besitz eines Jagdscheins ist, habe sich seine Einstellung zur Jagd grundlegend verändert. Er habe einen völlig neuen Blickwinkel zur Tierwelt, insbesondere zu Wildtieren bekommen. Heute erfreue er sich am Anblick der Rehe, Hasen und Fasane auf seinem Grundstück. Er führe Wildtierfütterungen durch, um die Tiere in freier Wildbahn beobachten zu können. Eine Wildtierfutterstelle befinde sich am E. in S. . Eine Winterfutterstelle für Vögel wie Tauben und Krähen habe er direkt auf seiner Hofstelle angelegt. Er habe auch zahlreiche Vogelkästen aufgehängt. Weiterhin verpachte er landwirtschaftliche Grundstücke mit der Auflage, dass keine Monokulturen, sondern eine Zwischenfrucht angepflanzt werden müsse. Hierbei handele es sich um Raps, Senf oder Ölrettich, der zur Wildfütterung von Wildtieren dient. Die Felder dürften erst im Frühjahr gemulcht werden und stünden dem Wild so im Winter zudem als Schutz zur Verfügung. Der Kläger beabsichtige die noch ausstehende Jagdpacht für das Jahr 2018 bis 2020 zur Anpflanzung von Hecken zum Schutz des Wildes zu nutzen. Eine neue Beantragung eines Jagdscheins schließe er kategorisch aus. Er habe auch sämtliche Jagdutensilien wie Gewehre, Nachtsichtgeräte, Schlafsäcke etc. veräußert und völlig aus seinem Wohnhaus entfernt. 6Der Kläger beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.02.2020 zu verpflichten, die Grundstücke des Klägers jeweils zu jagdrechtlich befriedeten Bezirken zu erklären. 8Der Beklagte beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Zur Begründung macht er geltend, dass der Kläger seine behaupteten ethischen Gründe für die Befriedung nicht hinreichend objektiv dargelegt habe. Es liege der Verdacht nahe, dass der Kläger eine Befriedung anstrebt, weil er sich mit einem oder mehreren Jagdausübungsberechtigten zerstritten hat und nunmehr die Befriedung als Mittel zur Durchsetzung seiner Interessen zielgerichtet einsetzten möchte. 11Die Kammer hat das Verfahren mit Beschluss vom 09. Dezember 2020 der Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten. 13Entscheidungsgründe: 14Die zulässige Klage ist unbegründet. 15Der Bescheid des Beklagten vom 18.02.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 16Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Befriedung seiner Grundstücke in den gemeinschaftlichen Jagdbezirken M. III, S. VI und S. VIII. 17Gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG sind Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören und im Eigentum einer natürlichen Person stehen, auf Antrag des Grundstückseigentümers zu befriedeten Bezirken zu erklären, wenn der Grundstückseigentümer glaubhaft macht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt. 18Die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG liegen nicht vor. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt. 19Ethische Gründe i. S. v. § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG liegen vor, wenn der Grundstückseigentümer die feste Überzeugung gewonnen hat, dass es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht richtig ist, die Jagd auszuüben, also wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, zu erlegen oder zu fangen und diese Überzeugung eine gewisse Wichtigkeit hat. 20BVerwG, Urteil vom 11.11.2021, 3 C 16/20 –, juris Rn. 31. 21Erforderlich, aber auch ausreichend ist der Nachweis objektiver Umstände, die das Vorliegen ethischer Gründe nachvollziehbar und im Ergebnis überwiegend wahrscheinlich machen. 22BVerwG, Urteil vom 11.11.2021, a.a.O., Rn. 35. 23Nach diesen Maßstäben hat der Kläger das Vorliegen ethischer Gründe nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt und die Ablehnung der Jagdausübung ein gewisses Maß an Entschiedenheit, Kohärenz und Wichtigkeit aufweist. 24Gegen das Vorliegen ethischer Gründe für den Befriedungsantrag des Klägers spricht zunächst, dass der Kläger selbst viele Jahre zur Jagd gegangen ist und er den Sinneswandel zur Ablehnung der Jagd nicht plausibel darlegen konnte. Welche Erkenntnis diesen Sinneswandel in dem Kläger ausgelöst haben soll, hat der Kläger bis heute nicht dargetan. 25Der Kläger hat mit der Antragstellung im März 2018 noch keinerlei Gründe für die Befriedung seiner Grundstücke vorgetragen. Auch auf Aufforderung durch den Beklagten begrenzte sich der Kläger darauf vorzutragen, dass er die Jagd aus grundsätzlichen Erwägungen ablehne, da er die Wildtiere als Lebewesen geschützt sehen wolle. Objektive Umstände, die das Vorliegen ethischer Gründe nachvollziehbar erscheinen lassen, hat er damit nicht dargelegt. Der Kläger hat in seinem Antrag vom 27.03.2018 auch ausdrücklich lediglich die Befriedung seiner Grundstücke im gemeinschaftlichen Jagdgebiet M. III beantragt, was gegen eine grundsätzliche Ablehnung der Jagd und für Motive im Zusammenhang mit diesen Grundstücken spricht. Lediglich der Beklagte hat von Anfang an alle Grundstücke des Klägers in das Befriedungsverfahren einbezogen. 26In der mündlichen Verhandlung betont der Kläger immer wieder, dass ihn die Art der Jagdausübung bei der Jagd auf Niederwild störe („Fasane würden einfach auf den Anhänger geschmissen“). Eine hinreichende Auseinandersetzung mit der Thematik der Jagd an sich und eine Ablehnung der Jagd generell ist im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nicht deutlich geworden. 27Im Wesentlichen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung gebetsmühlenartig betont, dass es viel schöner sei das Wild „zu begucken“. Daraus vermag das Gericht eine Ablehnung der Jagd aus ethischen Gründen nicht zu erkennen. Auch Jäger werden sich der Ansicht anschließen, dass es schöner sei Wild zu beobachten, insbesondere da sie mit dem Jagdrecht auch die Pflicht zur Hege erworben haben. Schließlich ist es das Ziel eines jeden Jägers ein den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestand zu erhalten. 28Gegen eine ethisch begründete Ablehnung der Jagd durch den Kläger spricht zudem, dass er den Verdacht, die Befriedung diene einem ganz anderen Zweck, auch in der mündlichen Verhandlung nicht hat ausräumen können. Dass es Auseinandersetzungen mit Jagdpächtern gegeben haben soll, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung schlicht abgestritten, obwohl es in dem Verwaltungsvorgang eindeutige Anhaltspunkte dafür gibt (insbesondere das Anwaltsschreiben an den Kläger, in dem der damalige Prozessbevollmächtige den Kläger darauf aufmerksam macht, dass ein „persönlicher Ärger“ mit den Jagdausübungsberechtigten nicht ausreichend ist, um eine Befriedung zu begründen). 29Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 30Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10. 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des vollstreckungsbetrages leistet. 1 | 2der kläger begehrt die befriedung seiner grundstücke. er ist eigentümer diverser flurstücke in m. und n. . diese liegen in den gemeinschaftlichen jagdbezirken m. iii, s. vi und s. viii. 3mit schreiben vom 27.03.2018 beantragte der kläger durch seinen damaligen prozessbevollmächtigten die befriedung seiner grundstücke im jagdgebiet m. iii. 4mit bescheid vom 18.02.2020 lehnt der beklagte die beantragte befriedung ab. der kläger habe seine ethischen motive nicht glaubhaft gemacht. er habe zur begründung seines antrags pauschal auf § 6a bjagdg verwiesen. zudem seien an den kläger höhere maßstäbe bei der glaubhaftmachung zu stellen, da er selbst zur jagd gegangen sei. auch der betrieb einer hähnchenmast wecke zweifel an den ethischen gründen des klägers. 5der kläger hat am 16.03.2020 die vorliegende klage erhoben. seitdem er nicht mehr im besitz eines jagdscheins ist, habe sich seine einstellung zur jagd grundlegend verändert. er habe einen völlig neuen blickwinkel zur tierwelt, insbesondere zu wildtieren bekommen. heute erfreue er sich am anblick der rehe, hasen und fasane auf seinem grundstück. er führe wildtierfütterungen durch, um die tiere in freier wildbahn beobachten zu können. eine wildtierfutterstelle befinde sich am e. in s. . eine winterfutterstelle für vögel wie tauben und krähen habe er direkt auf seiner hofstelle angelegt. er habe auch zahlreiche vogelkästen aufgehängt. weiterhin verpachte er landwirtschaftliche grundstücke mit der auflage, dass keine monokulturen, sondern eine zwischenfrucht angepflanzt werden müsse. hierbei handele es sich um raps, senf oder ölrettich, der zur wildfütterung von wildtieren dient. die felder dürften erst im frühjahr gemulcht werden und stünden dem wild so im winter zudem als schutz zur verfügung. der kläger beabsichtige die noch ausstehende jagdpacht für das jahr 2018 bis 2020 zur anpflanzung von hecken zum schutz des wildes zu nutzen. eine neue beantragung eines jagdscheins schließe er kategorisch aus. er habe auch sämtliche jagdutensilien wie gewehre, nachtsichtgeräte, schlafsäcke etc. veräußert und völlig aus seinem wohnhaus entfernt. 6der kläger beantragt, 7die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 18.02.2020 zu verpflichten, die grundstücke des klägers jeweils zu jagdrechtlich befriedeten bezirken zu erklären. 8der beklagte beantragt, 9die klage abzuweisen. 10zur begründung macht er geltend, dass der kläger seine behaupteten ethischen gründe für die befriedung nicht hinreichend objektiv dargelegt habe. es liege der verdacht nahe, dass der kläger eine befriedung anstrebt, weil er sich mit einem oder mehreren jagdausübungsberechtigten zerstritten hat und nunmehr die befriedung als mittel zur durchsetzung seiner interessen zielgerichtet einsetzten möchte. 11die kammer hat das verfahren mit beschluss vom 09. dezember 2020 der berichterstatterin als einzelrichterin übertragen. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und des verwaltungsvorgangs des beklagten. 13 | 14die zulässige klage ist unbegründet. 15der bescheid des beklagten vom 18.02.2020 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 16der kläger hat keinen anspruch auf die befriedung seiner grundstücke in den gemeinschaftlichen jagdbezirken m. iii, s. vi und s. viii. 17gemäß § 6a abs. 1 satz 1 bjagdg sind grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen jagdbezirk gehören und im eigentum einer natürlichen person stehen, auf antrag des grundstückseigentümers zu befriedeten bezirken zu erklären, wenn der grundstückseigentümer glaubhaft macht, dass er die jagdausübung aus ethischen gründen ablehnt. 18die voraussetzungen des § 6a abs. 1 satz 1 bjagdg liegen nicht vor. der kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er die jagdausübung aus ethischen gründen ablehnt. 19ethische gründe i. s. v. § 6a abs. 1 satz 1 bjagdg liegen vor, wenn der grundstückseigentümer die feste überzeugung gewonnen hat, dass es aus grundsätzlichen erwägungen nicht richtig ist, die jagd auszuüben, also wildlebende tiere, die dem jagdrecht unterliegen, zu erlegen oder zu fangen und diese überzeugung eine gewisse wichtigkeit hat. 20bverwg, urteil vom 11.11.2021, 3 c 16/20 –, juris rn. 31. 21erforderlich, aber auch ausreichend ist der nachweis objektiver umstände, die das vorliegen ethischer gründe nachvollziehbar und im ergebnis überwiegend wahrscheinlich machen. 22bverwg, urteil vom 11.11.2021, a.a.o., rn. 35. 23nach diesen maßstäben hat der kläger das vorliegen ethischer gründe nicht glaubhaft gemacht. es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der kläger die jagdausübung aus ethischen gründen ablehnt und die ablehnung der jagdausübung ein gewisses maß an entschiedenheit, kohärenz und wichtigkeit aufweist. 24gegen das vorliegen ethischer gründe für den befriedungsantrag des klägers spricht zunächst, dass der kläger selbst viele jahre zur jagd gegangen ist und er den sinneswandel zur ablehnung der jagd nicht plausibel darlegen konnte. welche erkenntnis diesen sinneswandel in dem kläger ausgelöst haben soll, hat der kläger bis heute nicht dargetan. 25der kläger hat mit der antragstellung im märz 2018 noch keinerlei gründe für die befriedung seiner grundstücke vorgetragen. auch auf aufforderung durch den beklagten begrenzte sich der kläger darauf vorzutragen, dass er die jagd aus grundsätzlichen erwägungen ablehne, da er die wildtiere als lebewesen geschützt sehen wolle. objektive umstände, die das vorliegen ethischer gründe nachvollziehbar erscheinen lassen, hat er damit nicht dargelegt. der kläger hat in seinem antrag vom 27.03.2018 auch ausdrücklich lediglich die befriedung seiner grundstücke im gemeinschaftlichen jagdgebiet m. iii beantragt, was gegen eine grundsätzliche ablehnung der jagd und für motive im zusammenhang mit diesen grundstücken spricht. lediglich der beklagte hat von anfang an alle grundstücke des klägers in das befriedungsverfahren einbezogen. 26in der mündlichen verhandlung betont der kläger immer wieder, dass ihn die art der jagdausübung bei der jagd auf niederwild störe („fasane würden einfach auf den anhänger geschmissen“). eine hinreichende auseinandersetzung mit der thematik der jagd an sich und eine ablehnung der jagd generell ist im rahmen seiner persönlichen anhörung nicht deutlich geworden. 27im wesentlichen hat der kläger in der mündlichen verhandlung gebetsmühlenartig betont, dass es viel schöner sei das wild „zu begucken“. daraus vermag das gericht eine ablehnung der jagd aus ethischen gründen nicht zu erkennen. auch jäger werden sich der ansicht anschließen, dass es schöner sei wild zu beobachten, insbesondere da sie mit dem jagdrecht auch die pflicht zur hege erworben haben. schließlich ist es das ziel eines jeden jägers ein den landschaftlichen und landeskulturellen verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden wildbestand zu erhalten. 28gegen eine ethisch begründete ablehnung der jagd durch den kläger spricht zudem, dass er den verdacht, die befriedung diene einem ganz anderen zweck, auch in der mündlichen verhandlung nicht hat ausräumen können. dass es auseinandersetzungen mit jagdpächtern gegeben haben soll, hat der kläger in der mündlichen verhandlung schlicht abgestritten, obwohl es in dem verwaltungsvorgang eindeutige anhaltspunkte dafür gibt (insbesondere das anwaltsschreiben an den kläger, in dem der damalige prozessbevollmächtige den kläger darauf aufmerksam macht, dass ein „persönlicher ärger“ mit den jagdausübungsberechtigten nicht ausreichend ist, um eine befriedung zu begründen). 29die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 30die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo, §§ 708 nr. 10. 711 satz 1 und 2, 709 satz 2 zpo. | Verklagte*r | 0 |
182,386 | S 38 AS 4626/13 | 2014-03-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten darüber, ob eine dem Kläger im Juli 2013 gezahlte Urlaubsabgeltung über einen Zeitraum von sechs Monaten als bedarfsminderndes Einkommen auf seine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) anzurechnen ist. 3Der am 11.09.19xx geborene Kläger bezieht seit Februar 2013 Leistungen von der Beklagten. Zuvor war der Kläger von August 1997 bis März 2013 sozialversicherungspflichtig als Elektro-Helfer in Essen beschäftigt. Aufgrund gesundheitlicher Probleme war er seit Anfang 2010 arbeitsunfähig und wurde im Laufe der Zeit ausgesteuert. Vom 27.11.2011 bis zum 26.11.2012 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I. 4Durch Kündigung vom 07.09.2012 wurde das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.03.2013 gekündigt. Nachdem der Kläger seinen Erholungsurlaub aufgrund seiner fortdauernden Arbeitsunfähigkeit nicht in Anspruch nehmen konnte, wurde der ihm zustehende Urlaub im Juli 2013 nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zahlung einer Urlaubsabgeltung i.H.v. 3210,62 EUR netto abgegolten. Der Betrag wurde dem Kläger am 09.07.2013 überwiesen. 5Durch Bewilligungsbescheid vom 13.03.2013 wurden dem Kläger Leistungen nach dem SGB II von April bis September 2013 i.H.v. 669,64 EUR bewilligt. Die Leistungen für die Monate Juli und August 2013 wurden dem Kläger ohne Anrechnung der Urlaubsabgeltung ausgezahlt. 6Durch Änderungsbescheid vom 29.07.2013 wurde dem Kläger unter Anrechnung der am 09.07.2013 erhaltenen Urlaubsabgeltung, verteilt auf sechs Monate, ein Einkommen i.H.v. 505,10 EUR monatlich angerechnet und daraufhin Leistungen nur i.H.v. 164,54 EUR bewilligt. Hiergegen erhob der Kläger am 02.09.2013 Widerspruch. Er begründete diesen damit, dass die Urlaubsabgeltung eine nach § 11a SGB II zweckgebundene Leistung darstelle und nicht als Einkommen anzurechnen sei. Der Kläger verwies auf das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.12.2012. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 15.11.2013 zurückgewiesen. 7Ebenfalls durch Änderungsbescheid vom 29.07.2013 wurden die Leistungen für September 2013 teilweise aufgehoben und der Anspruch des Klägers auf 164,54 EUR festgesetzt. 8Durch Bewilligungsbescheid vom 09.09.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger ebenfalls unter Anrechnung der gezahlten Urlaubsabgeltung von Oktober 2013 bis Dezember 2013 Leistungen i.H.v. 164,54 EUR. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger unter dem Datum vom 13.09.2013 ebenfalls Widerspruch, der durch Widerspruchsbescheid vom 15.11.2013 zurückgewiesen wurde. Begründet wurde dies damit, dass es sich bei der Urlaubsabgeltung nach der Rechtsprechung nicht um eine zweckbestimmte Leistung handele. 9Daraufhin hat der Kläger am 10.12.2013 gegen die Bescheide vom 29.07.2013 und vom 09.09.2013 Klagen erhoben. Er ist der Auffassung, dass es sich bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch um eine zweckbestimmte Einnahme wie auch beim Schmerzensgeld handele, die nicht als Einkommen anzurechnen sei. Er beruft sich auf die Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.12.2012, wonach die Urlaubsabgeltung eine zweckbestimmte Einnahme sei, weil dadurch allein die nicht gewährte Urlaubsfreude finanziell abgegolten werde und der Kläger dies für Maßnahmen zu seiner Erholung einsetzen können müsse. 10Der Kläger beantragt, den Änderungsbescheid vom 29.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Leistungen in gesetzlicher Höhe für den Monat September 2013 ohne Anrechnung des Urlaubsgeldes zu gewähren. Ferner den Bescheid der Beklagten vom 09.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Leistungen in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2013 ohne Anrechnung der Urlaubsabgeltung in gesetzlicher Höhe zu gewähren. 11Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. 12Sie verweist insofern auf den Vortrag in den Widerspruchsbescheiden. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten einschließlich Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung. 13Entscheidungsgründe: 14Die in Klagehäufung gemäß § 56 Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig erhobenen Klagen in der Form der isolierten Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG für den Zeitraum September 2013 und der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2013 nach § 54 Abs. 4 SGG sind unbegründet. Der angefochtene Änderungsbescheid vom 29.07.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 und der Bewilligungsbescheid vom 09.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. 15Der nach §§ 7 ff. SGB II grundsätzlich leistungsberechtigte Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen ohne Anrechnung der gezahlten Urlaubsabgeltung, weil diese kein privilegiertes Einkommen im Sinne des § 11a Abs. 3 SGB II darstellt und als Einkommen anzurechnen ist. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf höhere als die ihm bewilligten Leistungen. Bei der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II sind gemäß § 11 Abs. 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11 b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11 a SGB II genannten Einnahmen grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen. 16Bei der gezahlten Urlaubsabgeltung im Juli 2013 handelt es sich zunächst um eine Geldeinnahme im Sinne des § 11 Abs.1 SGB II und grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen. Dieses Einkommen ist anzurechnen, weil es nicht durch § 11a SGB II von der Einkommensanrechnung ausgenommen ist. Gemäß § 11a Abs. 3 S. 2 SGB II sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall demselben Zweck dienen. 17Zweckbestimmte Einnahmen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften sind solche, die "einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch", also einem anderen Zweck als Unterhalt oder Arbeitseingliederung, und die auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden (Geiger, in: LPK-SGB II, § 11a SGB II, Rn. 8). Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II aF soll verhindert werden, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch ihre Berücksichtigung im SGB II verfehlt wird, sowie, dass für den identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (Geiger, in: LPK-SGB II, § 11a SGB II, Rn. 9 mwH auf die BSG-Rspr.). Vorliegend hat der Kläger eine Urlaubsabgeltung in Geld aufgrund von § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) erhalten, weil er aufgrund seiner fortdauernden Arbeitsunfähigkeit und der ordentlichen Kündigung zum 31.03.2013 keinen Urlaub mehr in natura gewährt bekommen konnte. 18Ein Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Ersatz für den unmöglich gewordenen Urlaubsanspruch in natura. Die Urlaubsabgeltung stellt einen auf eine finanzielle Vergütung gerichteten reinen Geldanspruch dar (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 19.06.2012, Az. 9 AZR 652/10, juris) und ist Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 SGB X (BAG, Urteil vom 14.03.2006, Az. 9 AZR 312/05; Bieresborn, in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, § 115, Rn. 3a; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.08.2013, Az. L 5 AS 729/13 B ER). 19Eine öffentlich-rechtliche Vorschrift mit einer ausdrücklichen zur zweckbestimmten Verwendung der Urlaubsabgeltung findet sich im Gesetz nicht. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Düsseldorf ergibt sich auch nicht aus Ableitung des Urlaubsabgeltungsanspruchs vom dem grundsätzlich zu Erholungszwecken in natura zu gewährenden Urlaubes eine Zweckbestimmung des Urlaubsabgeltungsanspruchs dahingehend, dass diese nur für zu Urlaubszwecken einzusetzen wäre. 20Bereits aus der Aufzählung der nicht als Einkommen zu berücksichtigenden Einnahmen in § 11a Abs. 1 Nr. 1-3, Abs. 2 SGB II ergibt sich, dass nur Einkommen, das nur zu einem bestimmten Zweck bezogen wird, wie z.B. Bafög, Blindengeld, Abwrackprämie von der Anrechnung ausgenommen werden soll. Eine Zweckbestimmung des Urlaubsabgeltungsanspruchs lässt sich § 7 Abs. 4 BUrlG bzw. dem Sinn des Bundesurlaubsgesetzes im Gegensatz zu dem in natura gewährenden Urlaubsanspruch nicht entnehmen. 21Auch das von der Einkommensanrechnung ausgenommene Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB in § 11a Abs. 2 SGB II ist nicht mit einer Urlaubsabgeltung in Geld zu vergleichen, da der Geschädigte für einen erlittenen immateriellen Schaden, also einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Genugtuung und/oder Sühne erhalten soll. Im Falle des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG wird kein erlittener Schaden abgegolten, sondern, dass der gesetzlich vorgeschriebene Urlaub in natura nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden konnte. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der mit der Urlaubsgewährung in natura verbundene Erholungszweck kann im Falle der Abgeltung des Urlaubes in Geld nicht mehr erreicht werden. Der Urlaubsanspruch in natura ist untrennbar mit dem Zweck der Erholung von der täglichen Arbeit verbunden, der Urlaubsabgeltungsanspruch in Geld jedoch nicht mehr. Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt insofern kein Surrogat für den zweckbestimmten Urlaubsanspruch in natura dar, sondern einen reinen Geldanspruch zur freien Verwendung des ehemaligen Arbeitnehmers (so auch Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 19.06.2012, Az. 9 AZR 652/10 -juris, Rn. 15). 22Somit ist der Urlaubsabgeltungsanspruch als Nacherfüllung arbeitsrechtlicher Pflichten mit der Zahlung einer Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vergleichbar. Bezüglich der Abfindung hat das Bundessozialgericht entschieden, dass es sich dabei grundsätzlich um anzurechnendes Einmaleinkommen handelt (BSG, Urteil vom 03.03.2009 Az. B 4 AS 47/08 R; 18.2.2010, B 14 AS 86/08R). Für den Urlaubsabgeltungsanspruch als Nacherfüllung einer arbeitsrechtlichen Verpflichtung kann nichts anderes gelten. 23Mithin steht auch die Urlaubsabgeltung dem Kläger zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes zur Verfügung und ist gemäß § 2 Abs. 1 SGB II zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit einzusetzen. Die dem Kläger gezahlte Urlaubsabgeltung ist vom ehemaligen Arbeitgeber im Rahmen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch nicht mit einer bestimmten Zweckrichtung, sondern nur in Erfüllung der Pflichten aus dem Bundesurlaubsgesetz gezahlt worden. Gemäß § 11 Abs. 3 S. 1 SGB II sind einmalige Einnahmen in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen, es sei denn, dass dadurch der Leistungsanspruch entfiele. Für diesen Fall ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen, § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II. 24Die Beklagte hat zu Recht die dem Kläger zugeflossene Urlaubsabgeltung seines früheren Arbeitgebers als Einkommen, verteilt auf sechs Monate, berücksichtigt, da die im Juli 2013 gezahlte Urlaubsabgeltung den Bedarf im Juli 2013 erheblich überstiegen hat und dadurch der Leistungsanspruch entfallen wäre. Hinsichtlich der konkreten Berechnungsweise sind keine rechtlichen Bedenken ersichtlich; zudem von der gezahlten Urlaubsabgeltung die Versicherungspauschale i.H.v. 30 EUR in Abzug gebracht worden ist. 25Weitere Absetzbeträge sind vom Kläger nicht geltend gemacht worden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und trägt dem Unterliegen des Klägers Rechnung. Die Berufung ist gemäß § 143 SGG kraft Gesetzes zulässig | die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2die beteiligten streiten darüber, ob eine dem kläger im juli 2013 gezahlte urlaubsabgeltung über einen zeitraum von sechs monaten als bedarfsminderndes einkommen auf seine leistungen der grundsicherung für arbeitssuchende nach dem sozialgesetzbuch zweites buch (sgb ii) anzurechnen ist. 3der am 11.09.19xx geborene kläger bezieht seit februar 2013 leistungen von der beklagten. zuvor war der kläger von august 1997 bis märz 2013 sozialversicherungspflichtig als elektro-helfer in essen beschäftigt. aufgrund gesundheitlicher probleme war er seit anfang 2010 arbeitsunfähig und wurde im laufe der zeit ausgesteuert. vom 27.11.2011 bis zum 26.11.2012 bezog der kläger arbeitslosengeld i. 4durch kündigung vom 07.09.2012 wurde das arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.03.2013 gekündigt. nachdem der kläger seinen erholungsurlaub aufgrund seiner fortdauernden arbeitsunfähigkeit nicht in anspruch nehmen konnte, wurde der ihm zustehende urlaub im juli 2013 nach beendigung des arbeitsverhältnisses durch zahlung einer urlaubsabgeltung i.h.v. 3210,62 eur netto abgegolten. der betrag wurde dem kläger am 09.07.2013 überwiesen. 5durch bewilligungsbescheid vom 13.03.2013 wurden dem kläger leistungen nach dem sgb ii von april bis september 2013 i.h.v. 669,64 eur bewilligt. die leistungen für die monate juli und august 2013 wurden dem kläger ohne anrechnung der urlaubsabgeltung ausgezahlt. 6durch änderungsbescheid vom 29.07.2013 wurde dem kläger unter anrechnung der am 09.07.2013 erhaltenen urlaubsabgeltung, verteilt auf sechs monate, ein einkommen i.h.v. 505,10 eur monatlich angerechnet und daraufhin leistungen nur i.h.v. 164,54 eur bewilligt. hiergegen erhob der kläger am 02.09.2013 widerspruch. er begründete diesen damit, dass die urlaubsabgeltung eine nach § 11a sgb ii zweckgebundene leistung darstelle und nicht als einkommen anzurechnen sei. der kläger verwies auf das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 04.12.2012. der widerspruch wurde durch widerspruchsbescheid vom 15.11.2013 zurückgewiesen. 7ebenfalls durch änderungsbescheid vom 29.07.2013 wurden die leistungen für september 2013 teilweise aufgehoben und der anspruch des klägers auf 164,54 eur festgesetzt. 8durch bewilligungsbescheid vom 09.09.2013 bewilligte die beklagte dem kläger ebenfalls unter anrechnung der gezahlten urlaubsabgeltung von oktober 2013 bis dezember 2013 leistungen i.h.v. 164,54 eur. gegen diesen bescheid erhob der kläger unter dem datum vom 13.09.2013 ebenfalls widerspruch, der durch widerspruchsbescheid vom 15.11.2013 zurückgewiesen wurde. begründet wurde dies damit, dass es sich bei der urlaubsabgeltung nach der rechtsprechung nicht um eine zweckbestimmte leistung handele. 9daraufhin hat der kläger am 10.12.2013 gegen die bescheide vom 29.07.2013 und vom 09.09.2013 klagen erhoben. er ist der auffassung, dass es sich bei dem urlaubsabgeltungsanspruch um eine zweckbestimmte einnahme wie auch beim schmerzensgeld handele, die nicht als einkommen anzurechnen sei. er beruft sich auf die entscheidung des sozialgerichts düsseldorf vom 04.12.2012, wonach die urlaubsabgeltung eine zweckbestimmte einnahme sei, weil dadurch allein die nicht gewährte urlaubsfreude finanziell abgegolten werde und der kläger dies für maßnahmen zu seiner erholung einsetzen können müsse. 10der kläger beantragt, den änderungsbescheid vom 29.07.2013 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, dem kläger die leistungen in gesetzlicher höhe für den monat september 2013 ohne anrechnung des urlaubsgeldes zu gewähren. ferner den bescheid der beklagten vom 09.09.2013 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, dem kläger die leistungen in gesetzlicher höhe für den zeitraum von oktober bis dezember 2013 ohne anrechnung der urlaubsabgeltung in gesetzlicher höhe zu gewähren. 11die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. 12sie verweist insofern auf den vortrag in den widerspruchsbescheiden. zur ergänzung des sach- und streitstandes wird im übrigen auf den inhalt der prozessakte sowie die verwaltungsakte der beklagten einschließlich bezug genommen. er war gegenstand der mündlichen verhandlung und der entscheidungsfindung. 13 | 14die in klagehäufung gemäß § 56 sozialgerichtsgesetzes (sgg) zulässig erhobenen klagen in der form der isolierten anfechtungsklage gemäß § 54 abs. 1 sgg für den zeitraum september 2013 und der kombinierten anfechtungs- und leistungsklage für den zeitraum von oktober bis dezember 2013 nach § 54 abs. 4 sgg sind unbegründet. der angefochtene änderungsbescheid vom 29.07.2013 in der fassung des widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 und der bewilligungsbescheid vom 09.09.2013 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 15.11.2013 sind rechtmäßig und beschweren den kläger nicht im sinne des § 54 abs. 2 sgg. 15der nach §§ 7 ff. sgb ii grundsätzlich leistungsberechtigte kläger hat keinen anspruch auf leistungen ohne anrechnung der gezahlten urlaubsabgeltung, weil diese kein privilegiertes einkommen im sinne des § 11a abs. 3 sgb ii darstellt und als einkommen anzurechnen ist. der kläger besitzt keinen anspruch auf höhere als die ihm bewilligten leistungen. bei der gewährung von leistungen zur sicherung des lebensunterhaltes nach dem sgb ii sind gemäß § 11 abs. 1 sgb ii einnahmen in geld oder geldeswert abzüglich der nach § 11 b sgb ii abzusetzenden beträge mit ausnahme der in § 11 a sgb ii genannten einnahmen grundsätzlich als einkommen zu berücksichtigen. 16bei der gezahlten urlaubsabgeltung im juli 2013 handelt es sich zunächst um eine geldeinnahme im sinne des § 11 abs.1 sgb ii und grundsätzlich als einkommen zu berücksichtigen. dieses einkommen ist anzurechnen, weil es nicht durch § 11a sgb ii von der einkommensanrechnung ausgenommen ist. gemäß § 11a abs. 3 s. 2 sgb ii sind leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher vorschriften zu einem ausdrücklich genannten zweck erbracht werden, nur soweit als einkommen zu berücksichtigen, als die leistungen nach dem sgb ii im einzelfall demselben zweck dienen. 17zweckbestimmte einnahmen nach öffentlich-rechtlichen vorschriften sind solche, die "einem anderen zweck als die leistungen nach diesem buch", also einem anderen zweck als unterhalt oder arbeitseingliederung, und die auf der grundlage öffentlich-rechtlicher vorschriften erbracht werden (geiger, in: lpk-sgb ii, § 11a sgb ii, rn. 8). nach der rechtsprechung des bsg zu § 11 abs. 3 nr. 1 sgb ii af soll verhindert werden, dass die besondere zweckbestimmung einer leistung durch ihre berücksichtigung im sgb ii verfehlt wird, sowie, dass für den identischen zweck doppelleistungen erbracht werden (geiger, in: lpk-sgb ii, § 11a sgb ii, rn. 9 mwh auf die bsg-rspr.). vorliegend hat der kläger eine urlaubsabgeltung in geld aufgrund von § 7 abs. 4 bundesurlaubsgesetz (burlg) erhalten, weil er aufgrund seiner fortdauernden arbeitsunfähigkeit und der ordentlichen kündigung zum 31.03.2013 keinen urlaub mehr in natura gewährt bekommen konnte. 18ein urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 abs. 4 burlg ist bei beendigung des arbeitsverhältnisses der ersatz für den unmöglich gewordenen urlaubsanspruch in natura. die urlaubsabgeltung stellt einen auf eine finanzielle vergütung gerichteten reinen geldanspruch dar (bundesarbeitsgericht (bag), urteil vom 19.06.2012, az. 9 azr 652/10, juris) und ist arbeitsentgelt im sinne des § 115 sgb x (bag, urteil vom 14.03.2006, az. 9 azr 312/05; bieresborn, in: von wulffen, kommentar zum sgb x, § 115, rn. 3a; landessozialgericht sachsen-anhalt, beschluss vom 14.08.2013, az. l 5 as 729/13 b er). 19eine öffentlich-rechtliche vorschrift mit einer ausdrücklichen zur zweckbestimmten verwendung der urlaubsabgeltung findet sich im gesetz nicht. entgegen der auffassung des sozialgerichts düsseldorf ergibt sich auch nicht aus ableitung des urlaubsabgeltungsanspruchs vom dem grundsätzlich zu erholungszwecken in natura zu gewährenden urlaubes eine zweckbestimmung des urlaubsabgeltungsanspruchs dahingehend, dass diese nur für zu urlaubszwecken einzusetzen wäre. 20bereits aus der aufzählung der nicht als einkommen zu berücksichtigenden einnahmen in § 11a abs. 1 nr. 1-3, abs. 2 sgb ii ergibt sich, dass nur einkommen, das nur zu einem bestimmten zweck bezogen wird, wie z.b. bafög, blindengeld, abwrackprämie von der anrechnung ausgenommen werden soll. eine zweckbestimmung des urlaubsabgeltungsanspruchs lässt sich § 7 abs. 4 burlg bzw. dem sinn des bundesurlaubsgesetzes im gegensatz zu dem in natura gewährenden urlaubsanspruch nicht entnehmen. 21auch das von der einkommensanrechnung ausgenommene schmerzensgeld nach § 253 abs. 2 bgb in § 11a abs. 2 sgb ii ist nicht mit einer urlaubsabgeltung in geld zu vergleichen, da der geschädigte für einen erlittenen immateriellen schaden, also einer verletzung des körpers, der gesundheit, der freiheit oder der sexuellen selbstbestimmung genugtuung und/oder sühne erhalten soll. im falle des urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 7 abs. 4 burlg wird kein erlittener schaden abgegolten, sondern, dass der gesetzlich vorgeschriebene urlaub in natura nach beendigung des arbeitsverhältnisses nicht genommen werden konnte. der urlaubsabgeltungsanspruch entsteht erst mit beendigung des arbeitsverhältnisses. der mit der urlaubsgewährung in natura verbundene erholungszweck kann im falle der abgeltung des urlaubes in geld nicht mehr erreicht werden. der urlaubsanspruch in natura ist untrennbar mit dem zweck der erholung von der täglichen arbeit verbunden, der urlaubsabgeltungsanspruch in geld jedoch nicht mehr. der urlaubsabgeltungsanspruch stellt insofern kein surrogat für den zweckbestimmten urlaubsanspruch in natura dar, sondern einen reinen geldanspruch zur freien verwendung des ehemaligen arbeitnehmers (so auch bundesarbeitsgericht (bag), urteil vom 19.06.2012, az. 9 azr 652/10 -juris, rn. 15). 22somit ist der urlaubsabgeltungsanspruch als nacherfüllung arbeitsrechtlicher pflichten mit der zahlung einer abfindung bei beendigung des arbeitsverhältnisses vergleichbar. bezüglich der abfindung hat das bundessozialgericht entschieden, dass es sich dabei grundsätzlich um anzurechnendes einmaleinkommen handelt (bsg, urteil vom 03.03.2009 az. b 4 as 47/08 r; 18.2.2010, b 14 as 86/08r). für den urlaubsabgeltungsanspruch als nacherfüllung einer arbeitsrechtlichen verpflichtung kann nichts anderes gelten. 23mithin steht auch die urlaubsabgeltung dem kläger zum bestreiten seines lebensunterhaltes zur verfügung und ist gemäß § 2 abs. 1 sgb ii zur verringerung seiner hilfebedürftigkeit einzusetzen. die dem kläger gezahlte urlaubsabgeltung ist vom ehemaligen arbeitgeber im rahmen der beendigung des arbeitsverhältnisses auch nicht mit einer bestimmten zweckrichtung, sondern nur in erfüllung der pflichten aus dem bundesurlaubsgesetz gezahlt worden. gemäß § 11 abs. 3 s. 1 sgb ii sind einmalige einnahmen in dem monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen, es sei denn, dass dadurch der leistungsanspruch entfiele. für diesen fall ist die einmalige einnahme auf einen zeitraum von sechs monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden teilbetrag zu berücksichtigen, § 11 abs. 3 s. 3 sgb ii. 24die beklagte hat zu recht die dem kläger zugeflossene urlaubsabgeltung seines früheren arbeitgebers als einkommen, verteilt auf sechs monate, berücksichtigt, da die im juli 2013 gezahlte urlaubsabgeltung den bedarf im juli 2013 erheblich überstiegen hat und dadurch der leistungsanspruch entfallen wäre. hinsichtlich der konkreten berechnungsweise sind keine rechtlichen bedenken ersichtlich; zudem von der gezahlten urlaubsabgeltung die versicherungspauschale i.h.v. 30 eur in abzug gebracht worden ist. 25weitere absetzbeträge sind vom kläger nicht geltend gemacht worden. die kostenentscheidung beruht auf § 193 abs. 1 s. 1 sgg und trägt dem unterliegen des klägers rechnung. die berufung ist gemäß § 143 sgg kraft gesetzes zulässig | Verklagte*r | 0 |
179,765 | 67 C 57/14 | 2014-04-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Streitwert wird gemäß §§ 3-5 ZPO auf 1.651,80 € festgesetzt 1Die Klage wird abgewiesen. 2Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt. 3Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 4Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 5Der Streitwert wird gemäß §§ 3-5 ZPO auf 1.651,80 € festgesetzt. 6Tatbestand: 7Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen einer von ihr behaupteten Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten im Rahmen eines „Filesharings“. Dabei handelt es sich um die Behauptung, vom Internetanschluss des Beklagten sei das Filmwerk „Italian MILFs! Mamma Mia!“ zum Download angeboten worden. Bei dem genannten Film handelt es sich um einen Pornofilm. 8Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin zur Rechteinhaberschaft, zum behaupteten Download- bzw. Uploadvorgang sowie zur Höhe des geltend gemachten Schadens wird auf den Inhalt der Klagebegründungsschrift vom 05.12.2013 nebst Anlagen (Bl. 10ff d. A.) sowie auf den Schriftsatz vom 31.03.2014 nebst Anlagen (Bl. 65ff d. A.) verwiesen. 9Die Klägerin beantragt, 10den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.651,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, 11der Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Er behauptet, in der Wohnung hätten zum fraglichen Zeitpunkt eine Mitbewohnerin gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten gewohnt. Es sei möglich, dass diese den hier behaupteten Verstoß begangen hätten. 14Der W-LAN-Anschluss des Beklagten sei ordnungsgemäß mit WPA/WPA2 abgesichert gewesen. 15Der tatsächliche Täter hätte nicht ermittelt werden können. Im Übrigen erklärte sich der Beklagte mit Nichtwissen, dass der Film zum Zeitpunkt des vorgeworfenen Urheberrechtsverstoßes in der aktuellen Verkaufsphase befindlich gewesen sei. 16Schließlich vertritt der Beklagte die Rechtsansicht, bei dem hier fraglichen Film handele es sich nicht um ein Filmwerk im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. 17Es handele sich nämlich nicht um eine persönliche geistige Schöpfung. Vielmehr würden nur sexuelle Vorgänge in primitiver Art und Weise gezeigt. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags des Beklagten wird auf den Inhalt der Klageerwiderung vom 05.03.2014 sowie den Schriftsatz vom 11.04.2014 verwiesen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist nach dem Sachvortrag beider Parteien unbegründet. 21Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten. 22Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 97 UrhG. 23Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nämlich keinen hinreichenden Beweis dafür angetreten, dass der Beklagte als Inhaber des Internetanschlusses Täter oder Störer im Sinne der vorgenannten Vorschrift war. 24Nach der ständigen Rechtsprechung des angerufenen Gerichts in Übereinstimmung mit verschiedenen obergerichtlichen neueren Entscheidungen liegt hier kein Fall der Beweislastumkehr zu Lasten des Internetanschlusses des Beklagten vor mit der Folge das dieser beweisen müsste, dass er nicht verantwortlich war. 25Nach dieser Rechtsprechung trägt der Beklagte lediglich die sekundäre Darlegungslast dafür, dass die eigentlich bestehende tatsächliche Vermutung des behaupteten Zugriffs nicht zutrifft. 26Derartige Umstände hat der Beklagte hier in ausreichender Form und schlüssig dargelegt. 27Nach dem insoweit erfolgten Sachvortrag wohnten zum fraglichen Zeitpunkt in der Wohnung weitere zwei Erwachsene Mitbewohner die ebenfalls Zugang zur Internetanlage hatten. 28Das Bestreiten der Klägerin insoweit in der Replik ist unerheblich. 29Einerseits entspricht es der Lebenswahrscheinlichkeit, dass bei einer Wohngemeinschaft mehrere über einen W-LAN-Anschluss das Internet aufsuchen. 30Im Übrigen wird auf die oben getroffene Beweislastfrage verwiesen. 31Der Beklagte genügt eben seiner erhöhten Darlegungslast, wonach die Klägerin ihrerseits beweisbelastet ist, dass z. B. Dritte keinen Zugriff auf das Internet haben. 32Ein solcher Beweis wäre möglicherweise durch Ermittlung der Namen der Mitbewohner des Beklagten möglich. 33Dies wäre hier allerdings Sache der Klägerin. Keineswegs wäre der Beklagte verpflichtet hier im Sinne der früheren Rechtsprechung „Ross und Reiter“ zu nennen. 34Die Darlegungslast beschränkt sich hier nur darauf, die Vermutung zu durchbrechen, der Anschlussinhaber habe die Tauschbörse besucht. 35Darüber hinaus ist der Beklagte weder materiell-rechtlich noch zivilprozessual verpflichtet, die entsprechenden Namen zur Beweiserleichterung für die Klägerin zu nennen. 36Auf die weiteren Fragen zur Schadenshöhe kam es nicht mehr an. Ebenso wenig kam es auf den Sachvortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 11.04.2014 an, so dass der Klägerin auch nicht Gelegenheit zu geben war hierzu noch einmal Stellung zu nehmen. 37Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO. 38Rechtsmittelbelehrung: 39A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 40a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 41b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 42Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bochum, Westring 8, 44787 Bochum, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 43Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen. 44Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 45Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 46B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Bochum, Viktoriastr. 14, 44787 Bochum, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 47Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits werden der klägerin auferlegt. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch die beklagtenseite gegen sicherheitsleistung in höhe von 120% des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht diese vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. der streitwert wird gemäß §§ 3-5 zpo auf 1.651,80 € festgesetzt 1die klage wird abgewiesen. 2die kosten des rechtsstreits werden der klägerin auferlegt. 3das urteil ist vorläufig vollstreckbar. 4die klägerin darf die vollstreckung durch die beklagtenseite gegen sicherheitsleistung in höhe von 120% des aufgrund des urteils zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht diese vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 5der streitwert wird gemäß §§ 3-5 zpo auf 1.651,80 € festgesetzt. 6 | 7die klägerin verlangt von dem beklagten schadensersatz wegen einer von ihr behaupteten urheberrechtsverletzung durch den beklagten im rahmen eines „filesharings“. dabei handelt es sich um die behauptung, vom internetanschluss des beklagten sei das filmwerk „italian milfs! mamma mia!“ zum download angeboten worden. bei dem genannten film handelt es sich um einen pornofilm. 8wegen der weiteren einzelheiten des sachvortrags der klägerin zur rechteinhaberschaft, zum behaupteten download- bzw. uploadvorgang sowie zur höhe des geltend gemachten schadens wird auf den inhalt der klagebegründungsschrift vom 05.12.2013 nebst anlagen (bl. 10ff d. a.) sowie auf den schriftsatz vom 31.03.2014 nebst anlagen (bl. 65ff d. a.) verwiesen. 9die klägerin beantragt, 10den beklagten zu verurteilen, an sie 1.651,80 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz ab rechtshängigkeit zu zahlen, 11der beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13er behauptet, in der wohnung hätten zum fraglichen zeitpunkt eine mitbewohnerin gemeinsam mit ihrem lebensgefährten gewohnt. es sei möglich, dass diese den hier behaupteten verstoß begangen hätten. 14der w-lan-anschluss des beklagten sei ordnungsgemäß mit wpa/wpa2 abgesichert gewesen. 15der tatsächliche täter hätte nicht ermittelt werden können. im übrigen erklärte sich der beklagte mit nichtwissen, dass der film zum zeitpunkt des vorgeworfenen urheberrechtsverstoßes in der aktuellen verkaufsphase befindlich gewesen sei. 16schließlich vertritt der beklagte die rechtsansicht, bei dem hier fraglichen film handele es sich nicht um ein filmwerk im sinne des § 2 abs. 2 urhg. 17es handele sich nämlich nicht um eine persönliche geistige schöpfung. vielmehr würden nur sexuelle vorgänge in primitiver art und weise gezeigt. 18wegen der weiteren einzelheiten des sachvortrags des beklagten wird auf den inhalt der klageerwiderung vom 05.03.2014 sowie den schriftsatz vom 11.04.2014 verwiesen. 19 | 20die klage ist nach dem sachvortrag beider parteien unbegründet. 21die klägerin hat aus keinem rechtlichen gesichtspunkt schadensersatzansprüche gegen den beklagten. 22ein solcher anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 97 urhg. 23die insoweit darlegungs- und beweisbelastete klägerin hat nämlich keinen hinreichenden beweis dafür angetreten, dass der beklagte als inhaber des internetanschlusses täter oder störer im sinne der vorgenannten vorschrift war. 24nach der ständigen rechtsprechung des angerufenen gerichts in übereinstimmung mit verschiedenen obergerichtlichen neueren entscheidungen liegt hier kein fall der beweislastumkehr zu lasten des internetanschlusses des beklagten vor mit der folge das dieser beweisen müsste, dass er nicht verantwortlich war. 25nach dieser rechtsprechung trägt der beklagte lediglich die sekundäre darlegungslast dafür, dass die eigentlich bestehende tatsächliche vermutung des behaupteten zugriffs nicht zutrifft. 26derartige umstände hat der beklagte hier in ausreichender form und schlüssig dargelegt. 27nach dem insoweit erfolgten sachvortrag wohnten zum fraglichen zeitpunkt in der wohnung weitere zwei erwachsene mitbewohner die ebenfalls zugang zur internetanlage hatten. 28das bestreiten der klägerin insoweit in der replik ist unerheblich. 29einerseits entspricht es der lebenswahrscheinlichkeit, dass bei einer wohngemeinschaft mehrere über einen w-lan-anschluss das internet aufsuchen. 30im übrigen wird auf die oben getroffene beweislastfrage verwiesen. 31der beklagte genügt eben seiner erhöhten darlegungslast, wonach die klägerin ihrerseits beweisbelastet ist, dass z. b. dritte keinen zugriff auf das internet haben. 32ein solcher beweis wäre möglicherweise durch ermittlung der namen der mitbewohner des beklagten möglich. 33dies wäre hier allerdings sache der klägerin. keineswegs wäre der beklagte verpflichtet hier im sinne der früheren rechtsprechung „ross und reiter“ zu nennen. 34die darlegungslast beschränkt sich hier nur darauf, die vermutung zu durchbrechen, der anschlussinhaber habe die tauschbörse besucht. 35darüber hinaus ist der beklagte weder materiell-rechtlich noch zivilprozessual verpflichtet, die entsprechenden namen zur beweiserleichterung für die klägerin zu nennen. 36auf die weiteren fragen zur schadenshöhe kam es nicht mehr an. ebenso wenig kam es auf den sachvortrag des beklagten im schriftsatz vom 11.04.2014 an, so dass der klägerin auch nicht gelegenheit zu geben war hierzu noch einmal stellung zu nehmen. 37die nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 ziff. 11, 711 zpo. 38rechtsmittelbelehrung: 39a) gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 40a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 41b) wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 42die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht bochum, westring 8, 44787 bochum, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 43die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht bochum zu begründen. 44die parteien müssen sich vor dem landgericht bochum durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 45mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 46b) gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das amtsgericht bochum statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt oder das amtsgericht die beschwerde zugelassen hat. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem amtsgericht bochum, viktoriastr. 14, 44787 bochum, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 47ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. | Verklagte*r | 0 |
346,945 | 19 A 295/21 | 2022-09-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die am 00. Mai 1991 geborene Klägerin bestand 2016 erstmalig nicht die Erste Staatsprüfung gemäß der für sie nach § 20 Abs. 4 LABG NRW noch anwendbaren Ordnung der Ersten Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen (Lehramtsprüfungsordnung – LPO 2003) vom 27. März 2003 (GV. NRW. S. 182), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Juni 2006 (GV. NRW. S. 278), für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen, nachdem ihre mündliche Prüfung der Fachwissenschaft im Fach Englisch (Modul: AM 1) mit „mangelhaft“ (5,0) bewertet wurde. Im September 2017 unternahm sie eine erste Wiederholung der mündlichen Prüfung der Fachwissenschaft im Fach Englisch. Die Prüfung bestand sie wiederum nicht, die Note wurde mit nach erfolglosem Abschluss des Widerspruchsverfahrens bestandskräftigem Bescheid vom 4. Oktober 2017 mit „mangelhaft“ (5,0) bewertet. 3Ende 2017 wurde sie zur zweiten Wiederholung der mündlichen Prüfung in der Fachwissenschaft im Fach Englisch zugelassen und hierüber seitens der Außenstelle Q. des Landesprüfungsamts für Lehrämter an Schulen (im Folgenden: Landesprüfungsamt) entsprechend benachrichtigt. Im April 2018 meldete sich die Klägerin zur zweiten Wiederholungsprüfung der mündlichen Prüfung in der Fachwissenschaft im Fach Englisch an. Die mündliche Prüfung fand am 31. August 2018 statt. Prüferinnen waren Frau Prof. Dr. N. und Frau Dr. M. . An der mündlichen Prüfung nahm auch der kommissarische Leiter der Außenstelle Q. des Landesprüfungsamts, Herr Dr. L. , teil. Der Leiter der Außenstelle wohnte sowohl dem Prüfungs-, also auch dem anschließenden Notenberatungsgespräch der beiden Prüferinnen bei. In einem Vermerk vom gleichen Tag hielt er fest, die Durchführung der Prüfung sei aus seiner Sicht nicht zu beanstanden. Im Beurteilungsgespräch sei durch beide Prüferinnen eine detaillierte, sorgfältige und abwägende Gewichtung von fachlichen und sprachlichen Aspekten erfolgt; beide Prüferinnen seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Prüfung den Anforderungen nicht genüge und mit der Note „mangelhaft“ zu bewerten sei. Herr Dr. L. hatte sich zu Beginn der Prüfung kurz vorgestellt und machte sich im Verlauf der Prüfung einige Notizen. Fragen oder Kommentare gab es von seiner Seite nicht. Nach dem Prüfungsgespräch verblieb er mit den Prüferinnen im Prüfungsraum. Bei der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses verblieb er ebenfalls im Raum. 4Der kommissarische Leiter Herr Dr. L. war seitens der Bezirksregierung Detmold mit Verfügung vom 17. November 2017 in der Zeit von Januar bis September 2018 vom Oberstufenkolleg C. an das Landesprüfungsamt ‑ Außenstelle Q. ‑ abgeordnet worden. Dem ging eine zu seinen Gunsten durch eine ‑ u. a. mit Vertretern des für Schule zuständigen Ministeriums besetzte ‑ Auswahlkommission getroffene Auswahlentscheidung vom 11. September 2017 für die Stelle des Referenten im Arbeitsbereich 1 des Landesprüfungsamts für Lehrämter an Schulen ‑ Leitung der Außenstelle Q. ‑ voraus. Hierhin wurde er sodann mit Wirkung vom 29. Oktober 2018 versetzt. In der Außenstelle Q. des Landesprüfungsamts nahm er seit Januar 2018 die Außenstellenleitung und alle damit zusammenhängenden Amtsgeschäfte wahr. Durch Ernennungsurkunde des Ministeriums für Schule und Bildung vom 2. Oktober 2018 wurde Herr Dr. L. am 30. Oktober 2018 zum Regierungsschuldirektor ‑ als Referent am Landesprüfungsamt für Lehrämter an Schulen ‑ ernannt. 5Mit Bescheid vom 10. September 2018 setzte das Landesprüfungsamt für die Prüfungsleistung der mündlichen Prüfung in der Fachwissenschaft im Fach Englisch abermals die Note „mangelhaft“ (5,0) fest. Es wurde festgestellt, dass die Klägerin die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen endgültig nicht bestanden habe. 6Auf den Widerspruch der Klägerin gegen die Benotung der mündlichen Prüfung im Fach Englisch legte das Landesprüfungsamt die Verlängerungsbescheide der Berufungen zu Mitgliedern des Landesprüfungsamts für Erste Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen bezogen auf die beiden Prüfer Frau Dr. N. und Frau Dr. M. (jeweils Prüfungsfach Englisch) vor und verwies im Übrigen darauf, dass Herr Dr. L. als Leiter der Außenstelle Q. des Landesprüfungsamts auf der Grundlage von § 31 Abs. 2 und 4 Satz 1 LPO 2003 zur Teilnahme an der Staatsprüfung sowie zur Anwesenheit bei der Beratung über die Festsetzung der Note berechtigt gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2019 wies das Landesprüfungsamt den Widerspruch der Klägerin zurück. Gemäß § 22 Satz 2 der Geschäftsordnung für das Landesprüfungsamt für Lehrämter an Schulen (Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 21. Februar 2014, ABl. NRW. S. 124, im Folgenden: GO LPA) nähmen die mit der fachlichen Koordinierung betrauten Referentinnen und Referenten die Aufgaben einer Geschäftsstellenleitung gemäß § 30 Abs. 5 LPO 2003 wahr. Der in der Prüfung anwesende Herr Dr. L. nehme als Referent die Geschäftsstellenleitung der Geschäftsstelle Q. wahr. 7Die Klägerin hat am 11. März 2019 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, Herr Dr. L. habe als „unbefugter Dritter“ an ihrer Prüfung teilgenommen. Er habe nicht an der Beratung über die Festsetzung der Note am 31. August 2018 anwesend sein dürfen. Dieser Verfahrensfehler müsse zu einer Wiederholung der konkreten Prüfung führen. Herr Dr. L. sei auch nicht von § 30 Abs. 5 LPO 2003 erfasst und damit kein Leitungsmitglied des Prüfungsamts; eine etwaige Stellung als bloßer Geschäftsstellenleiter erfülle die Voraussetzungen der Vorschrift nicht, so dass auch hieraus keine Befugnis zur Anwesenheit in der fraglichen Prüfung folgen könne. 8Die Klägerin hat beantragt, 9den Beklagten unter Aufhebung des Prüfungsbescheids vom 10. September 2018 und des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2019 zu verpflichten, der Klägerin eine (nochmalige) Wiederholung der mündlichen Prüfung in der Fachwissenschaft im Fach Englisch zu ermöglichen. 10Der Beklagte hat beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Zur Begründung hat das Landesprüfungsamt sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Herr Dr. L. sei selbstverständlich ab dem 1. Januar 2018 als Referent des Landesprüfungsamts für den Dienstort Q. einberufen worden. Die Übergangsregelung in § 22 Satz 2 GO LPA beziehe sich zudem genau auf diesen Umstand, dass durch die 2014 erfolgte Umstrukturierung der Landesprüfungsämter keine Geschäftsführer, sondern Referenten als Geschäftsstellenleiter ausgewiesen würden. Die in § 31 Abs. 2 LPO 2003 vorgesehene Möglichkeit der Teilnahme von Leitungsmitgliedern des Prüfungsamts bei der Beratung entspreche dem dienstlichen Interesse des Landesprüfungsamts u. a. an der Qualitätssicherung und der Sicherung und Weiterentwicklung standortspezifischer und standortübergreifender prüfungsbezogener Qualitätsstandards. Ein solches dienstliches Interesse gebe es auch unter Geltung der Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen (Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Staatsprüfung – OVP) vom 10. April 2011, nach dessen § 31 Abs. 4 Satz 2 Vertreterinnen oder Vertreter des Prüfungsamtes bei den Beratungen des Prüfungsausschusses zugegen sein dürften. 13Mit Urteil vom 2. Dezember 2020 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesprüfungsamts vom 10. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2019 verpflichtet, der Klägerin eine mündliche Prüfung in der Fachwissenschaft im Fach Englisch als zweite Wiederholung zu ermöglichen. Die mündliche Prüfung der Klägerin am 31. August 2018 sei verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden, weil mit Herrn Dr. L. ein hierzu nicht Berechtigter an der Notenberatung der beiden Prüferinnen über die mündliche Prüfung teilgenommen habe. § 31 Abs. 2 LPO 2003 gestatte die Anwesenheit auch von Leitungsmitgliedern des Prüfungsamts im Sinn des § 30 Abs. 5 LPO 2003 bei den Beratungen über die Festsetzung der Note für die mündlichen Prüfungsleistungen. Zu diesem Personenkreis gehöre der Betreffende als mit der fachlichen Koordinierung der Außenstelle Q. des Landesprüfungsamts betrauter Referent. Die eine Anwesenheit entsprechender Vertreter des Landesprüfungsamts gestattende Regelung des § 31 Abs. 2 LPO 2003 sei jedoch mit höherrangigem Recht unvereinbar. Durch die Anwesenheit eines Leitungsmitglieds des Prüfungsamts bei der Beratung werde das aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Gebot der Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Prüferinnen und Prüfer bei der Leistungsbewertung beeinträchtigt, ohne dass dies durch einen legitimen Zweck gerechtfertigt sei. Das Bewertungsverfahren müsse objektivitäts- und neutralitätssichernd ausgestaltet sein, so dass die Prüfer ihre Bewertung der Prüfungsleistung eigenständig und unabhängig vornehmen könnten. Diesen Anforderungen genüge eine Verfahrensgestaltung nicht, die Personen des Prüfungsamts die Teilnahme an der Notenberatung ermögliche. Jedenfalls bei mündlichen Prüfungen und den Beratungen des Gremiums hierüber bringe allein die Anwesenheit Dritter die Gefahr mit sich, dass diese ‑ wenn auch möglicherweise nur averbal ‑ auf das Gespräch Einfluss nehmen und eine solche Anwesenheit jedenfalls geeignet sei, die Unbefangenheit der stimmberechtigten Mitglieder des Gremiums zu beeinträchtigen. Ein legitimer Zweck werde mit § 31 Abs. 2 LPO 2003 demgegenüber nicht verfolgt. Gründe der Qualitätssicherung stritten nicht für eine Anwesenheit gerade beim Beratungsprozess. Wegen der weiteren Begründung des Urteils wird auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen. 14Am 15. Januar 2021 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht gegen das ‑ dem Landesprüfungsamt am 4. Januar 2021 zugestellte ‑ Urteil zugelassene Berufung eingelegt. Das Landesprüfungsamt verfolgt sein erstinstanzliches Begehren weiter. 15Der Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 16das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. 17Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, 18die Berufung zurückzuweisen. 19Sie hält die Berufung mangels eines ausdrücklichen Berufungsantrags bereits für unzulässig. Zur Begründung in der Sache verweist sie auf das angefochtene Urteil und führt ergänzend und vertiefend aus: Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts stehe die Teilnahme von Herrn Dr. L. bereits nicht in Einklang mit § 31 Abs. 2 LPO 2003. Er gehöre nicht zum nach dieser Vorschrift berechtigten Personenkreis. Ein Geschäftsstellenleiter sei nicht identisch mit einer Geschäftsführerstellung, Leitungsmitglied des Prüfungsamts gemäß § 30 Abs. 5 LPO 2003 sei er gerade nicht. Außerdem fehle es insoweit an der nach § 22 Satz 3 GO LPA erforderlichen Einberufung durch das Schulministerium. Soweit das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Unvereinbarkeit von § 31 Abs. 2 LPO 2003 mit höherrangigem Recht erkannt habe, sei dem zuzustimmen. Gerade der auch dem Prüfling entzogene, besonders sensible Bereich der Notenberatung müsse allein den Prüferinnen und Prüfern vorbehalten bleiben, die völlig frei von äußeren Einflüssen ihr „Urteil“ fällen können müssten. Für sie mache es einen Unterschied, ob ein „Aufpasser“ mit im Raum sitze oder ob sie ohne jedweden äußeren Einfluss ihre Gedanken austauschen könnten. 20Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung erklärt. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Landesprüfungsamts Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Der Senat entscheidet durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 87a Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1 VwGO). 24Die Berufung des Beklagten ist zulässig (I.) und begründet (II.). 25I. Die Berufung ist trotz des Fehlens eines ausdrücklichen Berufungsantrags zulässig. 26Nach § 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO ist im Fall der Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht diese innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Berufungsbegründung muss nach § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Hier hat der Beklagte als Berufungskläger innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils des Verwaltungsgerichts keinen ausdrücklichen Berufungsantrag gestellt. Daraus ergibt sich indes nicht die Unzulässigkeit der Berufung. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt nicht, dass ein ausdrücklicher Antrag gestellt wird. Dem Antragserfordernis wird regelmäßig entsprochen, wenn in dem einzureichenden Schriftsatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass, in welchem Umfang und weshalb der Berufungsführer an der Durchführung des zugelassenen Berufungsverfahrens festhalten will. Bei der Beurteilung ist im Grundsatz davon auszugehen, dass eine Berufung im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung gerichtet ist, der Berufungsführer diese also insoweit angreift, als er durch sie beschwert ist. Es genügt, wenn das Ziel des Rechtsmittels aus der Tatsache seiner Einlegung allein oder in Verbindung mit den während der Rechtsmittelfrist abgegebenen Erklärungen erkennbar ist. Welche Mindestanforderungen in Anwendung der vorstehenden Grundsätze jeweils an die Berufungsbegründung zu stellen sind, hängt schließlich wesentlich von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. 27BVerwG, Beschluss vom 21. September 2011 ‑ 3 B 56.11 ‑, juris, Rn. 6, 14; Urteil vom 9. März 2005 ‑ 6 C 8.04 ‑, NVwZ 2005, 821, juris, Rn. 16; BGH, Beschluss vom 20. Juni 2022 ‑ VIa ZB 3/22 ‑, juris, Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 2021 ‑ 6 A 4105/18 ‑, NWVBl. 2021, 377, juris, Rn. 35; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28. März 2022 ‑ 1 S 1265/21 ‑, juris, Rn. 30, jeweils m. w. N. 28Bei der danach gebotenen Berücksichtigung der Ausführungen in dem Schriftsatz vom 13. Januar 2021, mit dem das Landesprüfungsamt die Berufung eingelegt und zugleich begründet hat, ergibt eine sachdienliche Auslegung (vgl. § 125 Abs. 1, § 88 VwGO), 29vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2000 ‑ 9 B 31.00 ‑, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 29, juris, Rn. 5; Urteil vom 7. Februar 1997 ‑ 9 C 11.96 ‑, DVBl 1997, 907, juris, Rn. 8, 30dass das Landesprüfungsamt implizit auch einen Sachantrag gestellt hat. Denn es hat durch seine Berufungsbegründung inhaltlich unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass es mit seiner Berufung sein erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiterverfolgen wollte. Es hat sich eingehend mit den inhaltlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur von diesem angenommenen Unwirksamkeit von § 31 Abs. 2 LPO 2003 auseinandergesetzt und deren Rechtsfehlerhaftigkeit gerügt. 31II. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die zulässige Verpflichtungsklage der Klägerin ist unbegründet. 32Der Prüfungsbescheid vom 10. September 2018 und der Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2019 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch gegenüber dem Landesprüfungsamt, ihr eine mündliche Prüfung in der Fachwissenschaft im Fach Englisch als zweite Wiederholung zu ermöglichen. Die Festsetzung der Note „mangelhaft“ (5,0) für die Prüfungsleistung der mündlichen Prüfung in der Fachwissenschaft im Fach Englisch (Modul: AM 1) und die Feststellung, dass die Klägerin die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen endgültig nicht bestanden habe, sind frei von Rechtsfehlern. Insbesondere liegen keine Verfahrensfehler vor. Weder ist § 31 Abs. 2 LPO 2003 wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam (dazu 1.), noch liegen Anhaltspunkte für eine unzulässige Beeinflussung der Prüferinnen vor (dazu 2.), noch bestehen Zweifel an der Eigenschaft von Herrn Dr. L. als gemäß § 31 Abs. 2 LPO 2003 zur Anwesenheit bei der Notenberatung vom 31. August 2018 berechtigtem Leitungsmitglied des Prüfungsamts (dazu 3.). 331. § 31 Abs. 2 LPO 2003 verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Das in Art. 12 Abs. 1 GG verankerte Erfordernis der eigenständigen und unabhängigen Urteilsbildung der Prüfer wird nicht durch eine Verfahrensgestaltung verletzt, die Personen des Prüfungsamts die Anwesenheit bei der Notenberatung gestattet. 34a) Das Grundrecht der Berufsfreiheit beansprucht Geltung auch für die Durchführung berufsbezogener Abschlussprüfungen und der insoweit gewährleistete Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung des Verfahrens zu bewirken. Wegen der Intensität, mit der solche Prüfungen in die Freiheit der Berufswahl eingreifen, und weil der nachträglichen gerichtlichen Kontrolle ‑ vor allem wegen der unabdingbaren Entscheidungsfreiräume der Prüfer in Bezug auf prüfungsspezifische Wertungen ‑ Grenzen gesetzt sind, bedarf es einer objektivitäts- und neutralitätssichernden Gestaltung des Bewertungsverfahrens, um den Maßstäben des Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 GG zu genügen. Dies bedeutet, dass u. a. die Gestaltung des Ablaufs derartiger Berufszulassungsprüfungen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn sein muss, um den Prüfungszweck, nämlich die Feststellung der beruflichen Qualifikation der Bewerber, zu erreichen. Demnach ist ein Verfahren, das für die Bewertung von Prüfungsleistungen vorgesehen ist, nur dann geeignet, wenn es eine hinreichend aussagekräftige Entscheidung über die Befähigung der Bewerber gewährleistet. 35BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Januar 1995 ‑ 1 BvR 1505/94 ‑, NVwZ 1995, 469, juris, Rn. 15; BVerwG, Beschlüsse vom 21. Dezember 2016 - 2 B 108.15 ‑, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 427, juris, Rn. 12, vom 9. Oktober 2012 - 6 B 39.12 ‑, NVwZ-RR 2013, 44, juris, Rn. 5, jeweils m. w. N., und Urteil vom 16. März 1994 - 6 C 1.93 ‑, BVerwGE 95, 237, juris, Rn. 25, 27; OVG NRW, Beschluss vom 9. November 2020 ‑ 19 A 3522/19 ‑, NWVBl. 2021, 117, juris, Rn. 10 und 12 ff. (dort zur Auswahl und Bestellung von Prüfern); ferner im Grundsatz schon BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 ‑, BVerfGE 84, 34, juris, Rn. 39. 36Verfassungsrechtlich geboten ist danach sowohl eine sachkundige Leistungsbewertung als auch eine eigene, unmittelbare und vollständige Kenntnisnahme der Prüfungsleistung. 37Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Januar 1995, a. a. O., Rn. 17; BVerwG, Urteile vom 24. Februar 2003 - 6 C 22.02 ‑, DÖV 2003, 726, juris, Rn. 12, und vom 16. März 1994, a. a. O., Rn. 27; OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2020, a. a. O., Rn. 12, 14 und 18, und vom 30. September 2011 - 19 A 1881/10 ‑, juris, Rn. 23. 38Diese Gebote der sachkundigen Leistungsbewertung sowie der eigenen, unmittelbaren und vollständigen Kenntnisnahme der Prüfungsleistung werden ergänzt durch das Erfordernis der eigenständigen und unabhängigen Urteilsbildung seitens der Prüfer. 39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2012, a. a. O., Rn. 7 f. 40b) Diesen in der verfassungsgerichtlichen, höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung hinlänglich geklärten Grundsätzen genügt § 31 Abs. 2 LPO 2003. Die in dieser Vorschrift ‑ wie entsprechend auch aktuell in § 31 Abs. 4 Satz 2 OVP allgemein für Vertreterinnen oder Vertreter des Prüfungsamts ‑ zugelassene Anwesenheit von Leitungsmitgliedern des Prüfungsamts bei den Beratungen der Prüferinnen und Prüfer ist vereinbar mit dem Grundsatz der Chancengleichheit und stellt ohne Hinzutreten weiterer Umstände keinen zur Rechtswidrigkeit der Prüfungsentscheidung führenden Verfahrensfehler dar. 41Nach § 31 Abs. 2 LPO 2003 durften bei den Beratungen über die Festsetzung der Note für die mündlichen Prüfungsleistungen nur die Prüferinnen und Prüfer und Leitungsmitglieder des Prüfungsamts (§ 30 Abs. 5 LPO 2003) anwesend sein (1. Halbsatz); sie waren verpflichtet, über die Vorgänge bei der Beratung Verschwiegenheit zu wahren (2. Halbsatz). Die damit zugelassene Anwesenheit von Vertretern des Prüfungsamts nicht nur bei der mündlichen Prüfung selbst, sondern auch bei den Prüfungs- und Notenberatungen, berührt grundsätzlich den Grundsatz der Chancengleichheit. 42Zur Anwesenheit weiterer Personen während der Prüfung selbst, d. h. der Phase der Leistungsermittlung, traf § 31 Abs. 4 LPO 2003 nur die Regelung, dass Vertreterinnen und Vertreter sowie Beauftragte des Prüfungsamts, der Schulaufsicht und der Kirchen (bei den jeweiligen Religionslehren) an Ersten Staatsprüfungen teilnehmen konnten (Satz 1); Personen, die ein berechtigtes Interesse hatten, konnten an Ersten Staatsprüfungen teilnehmen, sofern nicht der Prüfling widersprach (Satz 2). Weder nach § 31 Abs. 4 LPO 2003 noch unter Geltung des aktuellen § 31 Abs. 3 OVP ist damit die Anwesenheit Dritter bei der mündlichen Prüfung selbst ausgeschlossen. Die Entscheidung hierüber trifft das Prüfungsamt nach pflichtgemäßem Ermessen oder ‑ unter Geltung von § 31 Abs. 3 Satz 1 OVP ‑ das Prüfungsamt oder das vorsitzende Mitglied des Prüfungsausschusses. Dies entspricht allgemeinen Grundsätzen, wonach es im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Entscheidungsgremiums steht, inwiefern weiteren Personen die Anwesenheit während der Prüfung gestattet wird, sofern die jeweilige Prüfungsordnung die Anwesenheit weiterer Personen während der Prüfung nicht ausdrücklich ausschließt. 43Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2021 ‑ 14 A 272/21 ‑, juris, Rn. 7, und vom 19. Dezember 2016 ‑ 6 A 1699/15 ‑, juris, Rn. 8; Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 452. 44Für die an die Phase der Leistungsermittlung anschließende Beratung über das Ergebnis der Prüfung treffen § 31 Abs. 2 LPO 2003 wie auch § 31 Abs. 4 Satz 2 OVP eine ausdrückliche Bestimmung, die den Kreis der anwesenheitsberechtigten weiteren Personen einschränkt. Neben den Prüferinnen und Prüfern dürfen danach bei den Beratungen über die Festsetzung der Note für die mündlichen Prüfungsleistungen nur die Leitungsmitglieder des Prüfungsamts (bzw. Vertreterinnen oder Vertreter des Prüfungsamts nach § 31 Abs. 4 Satz 2 OVP) zugegen sein. Diese ausdrückliche verordnungsrechtliche Befugnis unterscheidet die hier einschlägige Prüfungsordnung von anderen Prüfungsordnungen, die neben der allgemeinen Zulässigkeit der Anwesenheit weiterer Personen bei Prüfungen gerade keine ausdrückliche Bestimmung für die Anwesenheit bei Beratung und Feststellung des Prüfungsergebnisses kennen. 45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2016, a. a. O., Rn. 8. 46Fehlt es an einer prüfungsordnungsrechtlichen Grundlage für die Anwesenheit weiterer Personen bei der Beratung über die mündliche Prüfungsleistung, ist eine solche nach allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsätzen unzulässig und die Annahme gerechtfertigt, dass diese Anwesenheit ein erheblicher Verfahrensfehler ist und nicht ausgeschlossen werden kann, dass hierdurch das Prüfungsergebnis beeinflusst worden ist. 47Vgl. BFH, Urteil vom 18. September 2012 ‑ VII R 41/11 ‑, BFHE 239, 280, juris, Rn. 20; OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2016, a. a. O., Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10. April 2019 ‑ 9 S 1724/18 -, juris, Rn. 11; Fischer/Jeremias/Dieterich, a. a. O., Rn. 373, 452. 48Denn es widerspricht im Grundsatz dem rechtsstaatlichen Gebot der eigenständigen und unabhängigen Urteilsbildung seitens der Prüfer, außenstehende Dritte in einer Weise am Prüfungsverfahren zu beteiligen, dass ihnen ein bestimmender Einfluss auf das Prüfungsergebnis eingeräumt wird. 49Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 27. September 2012 ‑ 9 S 2143/11 ‑, VBlBW 2013, 111, juris, Rn. 29, und vom 16. Januar 1990 ‑ 9 S 3071/88 ‑, GewArch 1990, 134, juris, Rn. 36. 50Diesen Maßstäben genügte § 31 Abs. 2 LPO 2003. 51Die ausdrücklich durch § 31 Abs. 2 LPO 2003 ‑ wie auch durch § 31 Abs. 4 Satz 2 OVP ‑ gestattete Anwesenheit der genannten Dritten bei Prüfungsberatungen ist durch Sachgründe gerechtfertigt. Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 LPO 2003 umfasste der Auftrag des Prüfungsamts die Vorbereitung, Durchführung und Qualitätssicherung der Ersten Staatsprüfungen im Zusammenwirken mit den Hochschulen. Nach der näheren Ausgestaltung durch die GO LPA ist das Landesprüfungsamt u. a. zuständig für die Qualitätssicherung und -entwicklung innerhalb und außerhalb von Staatsprüfungen (§ 1 Abs. 1 3. Spiegelstrich GO LPA). Diesem zunächst rein institutionellen Interesse diente § 31 Abs. 2 LPO 2003, indem es Leitungsmitgliedern des Prüfungsamts gestattet wurde, auch dem einer inhaltlichen Einflussnahme grundsätzlich entzogenen Bereich der Beratung über die Prüfungsleistung beizuwohnen und von den Vorgängen der Prüfungstätigkeit Kenntnis zu nehmen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht es dabei nicht darum, dass die in ihrer Prüfungstätigkeit nach § 31 Abs. 1 LPO 2003 im Rahmen der Rechtsvorschriften unabhängigen Prüfer „unter der Aufsicht oder nach Maßgabe der Vorstellungen des Prüfungsamts entscheiden“ (S. 7 des Urteils). Neben der Anwesenheit beim Prüfungsgespräch und der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses kann die Anwesenheit auch beim Vorgang der Beratung dem für die administrativ-organisatorische und institutionelle Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens verantwortlichen Prüfungsamt weitere Erkenntnisse hierfür, nicht zuletzt für sachdienliche Fortentwicklungen des Prüfungsverfahrens verschaffen. Sowohl die LPO 2003 als auch die aktuell geltende OVP verfolgen mit der ausdrücklichen Zulassung von Vertretern des Landesprüfungsamts neben diesem mehr institutionellen Zweck auch individuelle Schutzzwecke. Die Anwesenheit der genannten Personen kann dem Prüfling die Gewähr vermitteln, dass auch bei dem der Öffentlichkeit und seiner eigenen Kenntnis entzogenen Bereich der Beratung über seine Prüfungsleistung das einschlägige Recht ‑ und damit die Grenze der Unabhängigkeit der Prüferinnen und Prüfer (§ 31 Abs. 1 LPO 2003) ‑ eingehalten wird. Dies betrifft etwa die einer verwaltungsinternen wie gerichtlichen Kontrolle grundsätzlich nicht zugänglichen prüfungsspezifischen Bewertungsspielräume. Diese sind nach ständiger Senatsrechtsprechung nur überschritten, wenn die Prüfer einen Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen oder sonst willkürlich handeln. 52Vgl. allgemein zum prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum bei schul- und lehrerprüfungsrechtlichen Entscheidungen OVG NRW, Beschlüsse vom 15. September 2022 ‑ 19 B 976/22 ‑, juris, Rn. 3, vom 15. März 2022 ‑ 19 B 1649/21 ‑, juris, Rn. 7, vom 30. September 2021 ‑ 19 B 1508/21 ‑, juris, Rn. 4, und vom 29. April 2020 ‑ 19 A 110/19 ‑, juris, Rn. 32 ff., jeweils m. w. N. 53Nicht nur der Nachweis etwa von verfahrensbezogenen Fehlern im Prüfungs- wie Beratungsverlauf oder Anhaltspunkte für Willkür oder sachfremde Erwägungen kann durch die Anwesenheit eines Vertreters des Prüfungsamts leichter aufgeklärt werden, sondern bereits die bloße Anwesenheit kann im Sinn einer vorbeugenden Fehlerkontrolle qualitäts- und rechtssichernd wirken. Denn grundsätzlich bewerten Prüfer die Prüfungsleistungen und entscheiden über deren Ergebnis zwar eigenverantwortlich und unabhängig, aber nicht unkontrolliert. 54Vgl. Fischer/Jeremias/Dieterich, a. a. O., Rn. 326 f., 786 ff. 55Auf der anderen Seite vermag die Präsenz von Vertretern des Prüfungsamts den Prüfern gerade bei zwischenmenschlich herausfordernden Prüfungssituationen die Sicherheit zu vermitteln, etwaigen Vorwürfen etwa einer unsachlichen Beratung nicht gänzlich schutzlos ausgeliefert zu sein. 56Demgegenüber ist den Prüfern eine von äußeren Einflüssen ungestörte eigenständige und unabhängige Bewertung der Prüfungsleistung auch bei der nach § 31 Abs. 2 LPO 2003 zugelassenen Anwesenheit von Leitungsmitgliedern des Prüfungsamts möglich. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, eine den Prüfern unbewusste Beeinflussung lasse sich nie gänzlich ausschließen, trifft zwar in dieser Allgemeinheit zu, übersieht jedoch, dass sich derartige abstrakte Gefahren selbst bei einem pauschalen Ausschluss Dritter von der Beratung nicht vollständig eliminieren lassen. Die Möglichkeit, auf einen durch Vorverständnisse, äußere Gegebenheiten und sonstige sachliche wie unsachliche Umstände „beeinflussten“ Prüfer zu treffen, liegt in der Natur der Sache einer von Menschen durchgeführten Prüfungssituation. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ‑ auch wenn ein Prüfer die Leistungen des Prüflings persönlich unmittelbar zur Kenntnis zu nehmen und eine selbstständige, eigenverantwortliche, nur seinem Wissen und Gewissen verpflichtete Entscheidung zu fällen hat ‑ nicht jede Möglichkeit eines Einflusses auf die Entscheidung des Prüfers eine Gefahr für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgabe darstellt, zu deren vorbeugender Abwehr der Normgeber Verfahrensregelungen erlassen muss. Vielmehr darf der Normgeber grundsätzlich von dem Bild des Prüfers ausgehen, der zu einer selbstständigen, eigenverantwortlichen Bewertung fähig und bereit ist. 57OVG NRW, Beschluss vom 27. Dezember 2017 ‑ 19 B 1255/17 ‑, GewArch 2018, 163, juris, Rn. 2. 58Der Einhegung einer gleichwohl bestehenden Möglichkeit einer unzulässigen Beeinflussung dienen ein qualitätsvolles Prüfungsverfahren genauso wie die Wirksamkeit von internen und externen Kontrollinstrumenten. Die von § 31 Abs. 2 LPO 2003 ermöglichte Präsenz von Leitungsmitgliedern des Prüfungsamts setzt vor diesem Hintergrund kein spezifisch gefahrenerhöhendes Risiko einer (auch unbewussten) Beeinflussung der Prüfer. 59Treffen Prüfungsordnungen ‑ wie hier ‑ ausdrückliche Bestimmungen zur Anwesenheit weiterer Personen bei der Beratung über Prüfungsleistungen, führt eine solche Präsenz nur dann zur Annahme eines dem Erfordernis der eigenständigen und unabhängigen Bewertung widersprechenden erheblichen Risikos einer Beeinflussung der Prüfer, wenn nach den Umständen des Einzelfalls Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Derartige objektive Anhaltspunkte können dem Prüfling aus dem gesamten Prüfungsverfahren bekannt sein, auch wenn sich der Beratungsvorgang selbst seiner Kenntnisnahme entzieht. Sind derartige Anhaltspunkte geltend gemacht, ist das im üblichen Rahmen der Amtsermittlung aufzuklären (§ 24 Abs. 1 VwVfG NRW, § 86 Abs. 1 VwGO). Dass dies den Prüfling nicht rechtlos oder vor unzumutbare Herausforderungen stellt, zeigt ein Blick auf die hergebrachten Grundsätze, nach denen gemäß § 21 Abs. 1 VwVfG NRW die Besorgnis der Befangenheit von Prüfern berechtigt ist. 60Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 31. August 2021 ‑ 19 A 1452/20 ‑, juris, Rn. 11, vom 28. Juni 2021 ‑ 19 A 480/20 ‑, juris, Rn. 39, und vom 9. November 2020 ‑ 19 A 4189/19 ‑, juris, Rn. 9, Urteile vom 10. Dezember 2015 ‑ 19 A 254/13 ‑, DVBl. 2016, 926, juris, Rn. 121, und vom 25. September 2014 ‑ 14 A 1872/12 ‑, DVBl. 2015, 52, juris, Rn. 58. 612. Es liegen keine objektiven Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anwesenheit von Herrn Dr. L. in der mündlichen Prüfung sowie der Beratung vom 31. August 2018 dem Gebot der eigenständigen und unabhängigen Bewertung seitens der beiden Prüferinnen widersprochen hätte. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, hatte sich Herr Dr. L. zu Beginn der Prüfung kurz vorgestellt und sich im Verlauf der Prüfung einige Notizen gemacht. Im Prüfungsgespräch stellte er weder Fragen noch gab er Kommentare ab. Nach dem Prüfungsgespräch verblieb er mit den Prüferinnen im Prüfungsraum. Bei der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses verblieb er ebenfalls im Raum. Es gibt auch sonst keinerlei Hinweise auf eine aktive Beteiligung oder Einmischung im Rahmen der eigentlichen Beratung. In der Niederschrift der Prüferinnen ist er nicht erwähnt. 62Anhaltspunkte für eine Beeinflussung der Prüferinnen ergeben sich des Weiteren nicht aus dem durch Herrn Dr. L. gefertigten Vermerk vom 31. August 2018, der ‑ da ersichtlich im Anschluss an die Beratung gefertigt ‑ nicht zu einer Einflussnahme auf den Prüfungs- oder Beratungsverlauf geführt haben kann. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts spricht im Übrigen, ohne dass dies der Vertiefung bedürfte, vieles dafür, dass der für die Akten des Prüfungsamts gefertigte interne Vermerk nicht gegen das Beratungsgeheimnis des § 31 Abs. 2 2. Halbsatz LPO 2003 verstößt, wonach die bei der Beratung Anwesenden verpflichtet waren, über die Vorgänge bei der Beratung Verschwiegenheit zu wahren. Der allein die Beratung betreffende Teil des Vermerks ist kurz und abstrakt gehalten und beschränkt sich auf eine kursorische Untermauerung der Einschätzung des Verfassers, dass die Durchführung der Prüfung aus seiner Sicht nicht zu beanstanden sei. Wertende Elemente enthält die Stellungnahme allein insoweit, als sie den Prüferinnen ‑ ohne inhaltliche Erläuterung ‑ eine „detaillierte, sorgfältige und abwägende Gewichtung von fachlichen und sprachlichen Aspekten“ attestiert, im Übrigen wird allein das Prüfungsergebnis referiert. Nach Sinn und Zweck der Pflicht zur Verschwiegenheit über Prüfungsvorgänge findet diese ihren Rechtsgrund vorwiegend in dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit. Der Grundsatz der Chancengleichheit wird aber nicht durchgreifend beeinträchtigt, wenn lediglich allgemeine Kenntnisse und Erfahrungen, die ein Prüfer im Rahmen seiner Prüfertätigkeit gewonnen hat, weitergegeben werden. 63OVG NRW, Beschluss vom 21. Januar 2013 ‑ 14 B 338/12 ‑, juris, Rn. 11. 64Nichts anderes gilt für die Vorgänge der Beratung. Hier schweigt der Vermerk über die inhaltlichen, sich unmittelbar auf die Notenfindung beziehenden Aspekte. Der diskursive Austausch der Prüferinnen, auf den das Prüfungs- und Bewertungsverfahren in besonderer Weise angelegt und auch angewiesen ist, um dem Prüfungszweck und dem Anspruch des Prüflings auf leistungsgerechte Bewertung vollständig Rechnung zu tragen, 65vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. November 2020, a. a. O., Rn. 31, 66wird nicht näher inhaltlich wiedergegeben. 673. Das Verwaltungsgericht hat schließlich ohne Rechtsfehler angenommen, dass Herr Dr. L. bei der Notenberatung vom 31. August 2018 Leitungsmitglied des Prüfungsamts gemäß § 31 Abs. 2 i. V. m. § 30 Abs. 5 LPO 2003 war. 68Die nach § 31 Abs. 2 1. Halbsatz i. V. m. § 30 Abs. 5 Satz 1 LPO 2003 verordnungsrechtlich definierten Leitungsmitglieder des Prüfungsamts sind ‑ soweit hier relevant ‑ die Leiterin oder der Leiter des Prüfungsamts, die Stellvertreterin oder der Stellvertreter, und die Geschäftsführerinnen oder Geschäftsführer, die jeweils vom Ministerium berufen werden. Der damalige Leiter der Außenstelle Q. war Leitungsmitglied des Prüfungsamts in diesem Sinn. Dies ergibt sich aus der Entwicklungsgeschichte und den hierzu ergangenen Bestimmungen für das Landesprüfungsamt. Im Zuge der Umstrukturierung des Prüfungswesens für Lehramtsprüfungen wurde mit Wirkung vom 15. Februar 2014 das Landesprüfungsamt für Lehrämter an Schulen (Landesprüfungsamt) durch Zusammenlegung des Landesprüfungsamts für Erste Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen und des Landesprüfungsamts für Zweite Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen errichtet. Sitz des neuen Landesprüfungsamts ist Dortmund, es verfügt über Außenstellen u. a. in Q. . Dieser strukturellen Organisationsänderung trägt der Wortlaut des § 30 Abs. 5 LPO 2003 nicht hinreichend Rechnung. So gibt es etwa im Landesprüfungsamt keine Geschäftsführer. Auch in der früher geltenden Geschäftsordnung für das Landesprüfungsamt für Erste Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen vom 19. Juni 2006 (ABl. NRW. S. 255) sowie dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 19. Juni 2006 (ABl. NRW. S. 254) zur Errichtung eines Landesprüfungsamts für Erste Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen findet sich der Begriff nicht. Für den Hinweis des Verwaltungsgerichts auf S. 5 des angefochtenen Urteils gibt es damit ‑ soweit ersichtlich ‑ keine Grundlage. Mit „Geschäftsführern“ werden die früheren Geschäftsstellenleitungen des ehemaligen Landesprüfungsamts für Erste Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen bezeichnet. Leitungsmitglieder des Prüfungsamts im Sinn dieser Vorschrift sind über die Leiterin oder den Leiter des Prüfungsamts und deren oder dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter hinaus auch die Leiterinnen und Leiter der Außenstellen des Prüfungsamts. Dies ergibt sich jedenfalls aus einer Zusammenschau von Nr. 5 des Runderlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 24. Januar 2014 (ABl. NRW. S. 80) zur Errichtung eines Landesprüfungsamtes für Lehrämter an Schulen, wonach die Leiterinnen und Leiter der Außenstellen im Rahmen der Gesamtverantwortung der Leitung die Verantwortung für die Wahrnehmung der den Außenstellen übertragenen Aufgaben tragen, mit der näheren Entfaltung der Geschäftsordnung des Landesprüfungsamts. Die Außenstellen des Landesprüfungsamts sind für die Geltungsdauer der LPO 2003 die gemäß § 30 Abs. 2 und 5 LPO 2003 für Prüfungen nach dieser Prüfungsordnung zuständigen Organisationseinheiten (Geschäftsstellen) des Prüfungsamts (§ 22 Satz 1 GO LPA). Gemäß § 22 Satz 2 GO LPA nehmen die mit der fachlichen Koordinierung betrauten Referentinnen und Referenten die Aufgaben einer Geschäftsstellenleitung gemäß § 30 Abs. 5 LPO 2003 wahr. 69Als mit der fachlichen Koordinierung betrauter Referent nahm Herr Dr. L. seit Januar 2018 und auch noch zum Zeitpunkt der mündlichen Prüfung am 31. August 2018 die Außenstellenleitung und alle damit zusammenhängenden Amtsgeschäfte der Außenstelle Q. des Landesprüfungsamts wahr. Unerheblich ist dabei, dass Herr Dr. L. nicht ausdrücklich durch gesonderten Formalakt durch das für Schule zuständige Ministerium selbst berufen wurde. Er wurde (nur) seitens der Bezirksregierung Detmold mit Verfügung vom 17. November 2017 an das Landesprüfungsamt ‑ Außenstelle Q. ‑ abgeordnet. Zur Überzeugung des Senats liegt gleichwohl eine dem Ministerium zuzurechnende Berufungsentscheidung im Sinn des § 22 Satz 3 GO LPA vor, wonach abweichend von § 9 Abs. 2 GO LPA ‑ und der dort vorgesehenen Übertragung der Außenstellenkoordinierung und entsprechenden Aufgabenwahrnehmung schon durch die Leitung des Landesprüfungsamts ‑ die mit der fachlichen Koordinierung einer Außenstelle zu betrauenden Referentinnen und Referenten für die Geltungsdauer dieser Prüfungsordnung durch das für Schule zuständige Ministerium berufen werden. Ausweislich der seitens des Beklagten vorgelegten Unterlagen besteht kein Zweifel daran, dass die zum Zeitpunkt der mündlichen Prüfung noch geltende Abordnung der Umsetzung der seitens der ‑ u. a. mit Vertretern des für Schule zuständigen Ministeriums besetzten ‑ Auswahlkommission getroffenen Auswahlentscheidung für die Stelle des Referenten im Arbeitsbereich 1 des Landesprüfungsamts für Lehrämter an Schulen ‑ Leitung der Außenstelle Q. ‑ diente und damit dem zuständigen Ministerium zurechenbar ist. Die Geschäftsordnung enthält keine weiteren formalen Anforderungen hinsichtlich der Qualität der „Berufung“ durch das Ministerium. § 22 Satz 3 GO LPA bringt gegenüber § 9 Abs. 2 GO LPA lediglich zum Ausdruck, dass die Übertragung der Außenstellenleitung nicht allein durch die Leitung des Landesprüfungsamts erfolgen soll, sondern ‑ wenigstens ‑ unter Beteiligung des Ministeriums. Dass eine solche Beteiligung stattgefunden hat, steht hier, wie ausgeführt, außer Zweifel. 70Unabhängig davon wäre auch ein eventuell formal unzureichender Berufungsakt in Umsetzung der Geschäftsordnungsbestimmung in § 22 Satz 3 GO LPA für die nach außen hin wirksame ‑ und rein faktisch auch unstreitige ‑ Stellung von Herrn Dr. L. als Leiter der Außenstelle nicht erheblich. 71Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. 73Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | das angefochtene urteil wird geändert. die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens in beiden instanzen. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung in entsprechender höhe sicherheit leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die am 00. mai 1991 geborene klägerin bestand 2016 erstmalig nicht die erste staatsprüfung gemäß der für sie nach § 20 abs. 4 labg nrw noch anwendbaren ordnung der ersten staatsprüfungen für lehrämter an schulen (lehramtsprüfungsordnung – lpo 2003) vom 27. märz 2003 (gv. nrw. s. 182), zuletzt geändert durch gesetz vom 27. juni 2006 (gv. nrw. s. 278), für das lehramt an gymnasien und gesamtschulen, nachdem ihre mündliche prüfung der fachwissenschaft im fach englisch (modul: am 1) mit „mangelhaft“ (5,0) bewertet wurde. im september 2017 unternahm sie eine erste wiederholung der mündlichen prüfung der fachwissenschaft im fach englisch. die prüfung bestand sie wiederum nicht, die note wurde mit nach erfolglosem abschluss des widerspruchsverfahrens bestandskräftigem bescheid vom 4. oktober 2017 mit „mangelhaft“ (5,0) bewertet. 3ende 2017 wurde sie zur zweiten wiederholung der mündlichen prüfung in der fachwissenschaft im fach englisch zugelassen und hierüber seitens der außenstelle q. des landesprüfungsamts für lehrämter an schulen (im folgenden: landesprüfungsamt) entsprechend benachrichtigt. im april 2018 meldete sich die klägerin zur zweiten wiederholungsprüfung der mündlichen prüfung in der fachwissenschaft im fach englisch an. die mündliche prüfung fand am 31. august 2018 statt. prüferinnen waren frau prof. dr. n. und frau dr. m. . an der mündlichen prüfung nahm auch der kommissarische leiter der außenstelle q. des landesprüfungsamts, herr dr. l. , teil. der leiter der außenstelle wohnte sowohl dem prüfungs-, also auch dem anschließenden notenberatungsgespräch der beiden prüferinnen bei. in einem vermerk vom gleichen tag hielt er fest, die durchführung der prüfung sei aus seiner sicht nicht zu beanstanden. im beurteilungsgespräch sei durch beide prüferinnen eine detaillierte, sorgfältige und abwägende gewichtung von fachlichen und sprachlichen aspekten erfolgt; beide prüferinnen seien übereinstimmend zu dem ergebnis gekommen, dass die prüfung den anforderungen nicht genüge und mit der note „mangelhaft“ zu bewerten sei. herr dr. l. hatte sich zu beginn der prüfung kurz vorgestellt und machte sich im verlauf der prüfung einige notizen. fragen oder kommentare gab es von seiner seite nicht. nach dem prüfungsgespräch verblieb er mit den prüferinnen im prüfungsraum. bei der bekanntgabe des prüfungsergebnisses verblieb er ebenfalls im raum. 4der kommissarische leiter herr dr. l. war seitens der bezirksregierung detmold mit verfügung vom 17. november 2017 in der zeit von januar bis september 2018 vom oberstufenkolleg c. an das landesprüfungsamt ‑ außenstelle q. ‑ abgeordnet worden. dem ging eine zu seinen gunsten durch eine ‑ u. a. mit vertretern des für schule zuständigen ministeriums besetzte ‑ auswahlkommission getroffene auswahlentscheidung vom 11. september 2017 für die stelle des referenten im arbeitsbereich 1 des landesprüfungsamts für lehrämter an schulen ‑ leitung der außenstelle q. ‑ voraus. hierhin wurde er sodann mit wirkung vom 29. oktober 2018 versetzt. in der außenstelle q. des landesprüfungsamts nahm er seit januar 2018 die außenstellenleitung und alle damit zusammenhängenden amtsgeschäfte wahr. durch ernennungsurkunde des ministeriums für schule und bildung vom 2. oktober 2018 wurde herr dr. l. am 30. oktober 2018 zum regierungsschuldirektor ‑ als referent am landesprüfungsamt für lehrämter an schulen ‑ ernannt. 5mit bescheid vom 10. september 2018 setzte das landesprüfungsamt für die prüfungsleistung der mündlichen prüfung in der fachwissenschaft im fach englisch abermals die note „mangelhaft“ (5,0) fest. es wurde festgestellt, dass die klägerin die erste staatsprüfung für das lehramt an gymnasien und gesamtschulen endgültig nicht bestanden habe. 6auf den widerspruch der klägerin gegen die benotung der mündlichen prüfung im fach englisch legte das landesprüfungsamt die verlängerungsbescheide der berufungen zu mitgliedern des landesprüfungsamts für erste staatsprüfungen für lehrämter an schulen bezogen auf die beiden prüfer frau dr. n. und frau dr. m. (jeweils prüfungsfach englisch) vor und verwies im übrigen darauf, dass herr dr. l. als leiter der außenstelle q. des landesprüfungsamts auf der grundlage von § 31 abs. 2 und 4 satz 1 lpo 2003 zur teilnahme an der staatsprüfung sowie zur anwesenheit bei der beratung über die festsetzung der note berechtigt gewesen sei. mit widerspruchsbescheid vom 12. februar 2019 wies das landesprüfungsamt den widerspruch der klägerin zurück. gemäß § 22 satz 2 der geschäftsordnung für das landesprüfungsamt für lehrämter an schulen (runderlass des ministeriums für schule und weiterbildung vom 21. februar 2014, abl. nrw. s. 124, im folgenden: go lpa) nähmen die mit der fachlichen koordinierung betrauten referentinnen und referenten die aufgaben einer geschäftsstellenleitung gemäß § 30 abs. 5 lpo 2003 wahr. der in der prüfung anwesende herr dr. l. nehme als referent die geschäftsstellenleitung der geschäftsstelle q. wahr. 7die klägerin hat am 11. märz 2019 klage erhoben. zur begründung hat sie geltend gemacht, herr dr. l. habe als „unbefugter dritter“ an ihrer prüfung teilgenommen. er habe nicht an der beratung über die festsetzung der note am 31. august 2018 anwesend sein dürfen. dieser verfahrensfehler müsse zu einer wiederholung der konkreten prüfung führen. herr dr. l. sei auch nicht von § 30 abs. 5 lpo 2003 erfasst und damit kein leitungsmitglied des prüfungsamts; eine etwaige stellung als bloßer geschäftsstellenleiter erfülle die voraussetzungen der vorschrift nicht, so dass auch hieraus keine befugnis zur anwesenheit in der fraglichen prüfung folgen könne. 8die klägerin hat beantragt, 9den beklagten unter aufhebung des prüfungsbescheids vom 10. september 2018 und des widerspruchsbescheids vom 12. februar 2019 zu verpflichten, der klägerin eine (nochmalige) wiederholung der mündlichen prüfung in der fachwissenschaft im fach englisch zu ermöglichen. 10der beklagte hat beantragt, 11die klage abzuweisen. 12zur begründung hat das landesprüfungsamt sein vorbringen aus dem widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. herr dr. l. sei selbstverständlich ab dem 1. januar 2018 als referent des landesprüfungsamts für den dienstort q. einberufen worden. die übergangsregelung in § 22 satz 2 go lpa beziehe sich zudem genau auf diesen umstand, dass durch die 2014 erfolgte umstrukturierung der landesprüfungsämter keine geschäftsführer, sondern referenten als geschäftsstellenleiter ausgewiesen würden. die in § 31 abs. 2 lpo 2003 vorgesehene möglichkeit der teilnahme von leitungsmitgliedern des prüfungsamts bei der beratung entspreche dem dienstlichen interesse des landesprüfungsamts u. a. an der qualitätssicherung und der sicherung und weiterentwicklung standortspezifischer und standortübergreifender prüfungsbezogener qualitätsstandards. ein solches dienstliches interesse gebe es auch unter geltung der ordnung des vorbereitungsdienstes und der staatsprüfung für lehrämter an schulen (ordnung des vorbereitungsdienstes und der staatsprüfung – ovp) vom 10. april 2011, nach dessen § 31 abs. 4 satz 2 vertreterinnen oder vertreter des prüfungsamtes bei den beratungen des prüfungsausschusses zugegen sein dürften. 13mit urteil vom 2. dezember 2020 hat das verwaltungsgericht den beklagten unter aufhebung des bescheids des landesprüfungsamts vom 10. september 2018 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 12. februar 2019 verpflichtet, der klägerin eine mündliche prüfung in der fachwissenschaft im fach englisch als zweite wiederholung zu ermöglichen. die mündliche prüfung der klägerin am 31. august 2018 sei verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden, weil mit herrn dr. l. ein hierzu nicht berechtigter an der notenberatung der beiden prüferinnen über die mündliche prüfung teilgenommen habe. § 31 abs. 2 lpo 2003 gestatte die anwesenheit auch von leitungsmitgliedern des prüfungsamts im sinn des § 30 abs. 5 lpo 2003 bei den beratungen über die festsetzung der note für die mündlichen prüfungsleistungen. zu diesem personenkreis gehöre der betreffende als mit der fachlichen koordinierung der außenstelle q. des landesprüfungsamts betrauter referent. die eine anwesenheit entsprechender vertreter des landesprüfungsamts gestattende regelung des § 31 abs. 2 lpo 2003 sei jedoch mit höherrangigem recht unvereinbar. durch die anwesenheit eines leitungsmitglieds des prüfungsamts bei der beratung werde das aus art. 12 abs. 1 gg folgende gebot der unabhängigkeit und eigenständigkeit der prüferinnen und prüfer bei der leistungsbewertung beeinträchtigt, ohne dass dies durch einen legitimen zweck gerechtfertigt sei. das bewertungsverfahren müsse objektivitäts- und neutralitätssichernd ausgestaltet sein, so dass die prüfer ihre bewertung der prüfungsleistung eigenständig und unabhängig vornehmen könnten. diesen anforderungen genüge eine verfahrensgestaltung nicht, die personen des prüfungsamts die teilnahme an der notenberatung ermögliche. jedenfalls bei mündlichen prüfungen und den beratungen des gremiums hierüber bringe allein die anwesenheit dritter die gefahr mit sich, dass diese ‑ wenn auch möglicherweise nur averbal ‑ auf das gespräch einfluss nehmen und eine solche anwesenheit jedenfalls geeignet sei, die unbefangenheit der stimmberechtigten mitglieder des gremiums zu beeinträchtigen. ein legitimer zweck werde mit § 31 abs. 2 lpo 2003 demgegenüber nicht verfolgt. gründe der qualitätssicherung stritten nicht für eine anwesenheit gerade beim beratungsprozess. wegen der weiteren begründung des urteils wird auf dessen entscheidungsgründe bezug genommen. 14am 15. januar 2021 hat der beklagte die vom verwaltungsgericht gegen das ‑ dem landesprüfungsamt am 4. januar 2021 zugestellte ‑ urteil zugelassene berufung eingelegt. das landesprüfungsamt verfolgt sein erstinstanzliches begehren weiter. 15der beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 16das angefochtene urteil zu ändern und die klage abzuweisen. 17die klägerin beantragt schriftsätzlich, 18die berufung zurückzuweisen. 19sie hält die berufung mangels eines ausdrücklichen berufungsantrags bereits für unzulässig. zur begründung in der sache verweist sie auf das angefochtene urteil und führt ergänzend und vertiefend aus: entgegen der rechtsauffassung des verwaltungsgerichts stehe die teilnahme von herrn dr. l. bereits nicht in einklang mit § 31 abs. 2 lpo 2003. er gehöre nicht zum nach dieser vorschrift berechtigten personenkreis. ein geschäftsstellenleiter sei nicht identisch mit einer geschäftsführerstellung, leitungsmitglied des prüfungsamts gemäß § 30 abs. 5 lpo 2003 sei er gerade nicht. außerdem fehle es insoweit an der nach § 22 satz 3 go lpa erforderlichen einberufung durch das schulministerium. soweit das verwaltungsgericht zutreffend auf die unvereinbarkeit von § 31 abs. 2 lpo 2003 mit höherrangigem recht erkannt habe, sei dem zuzustimmen. gerade der auch dem prüfling entzogene, besonders sensible bereich der notenberatung müsse allein den prüferinnen und prüfern vorbehalten bleiben, die völlig frei von äußeren einflüssen ihr „urteil“ fällen können müssten. für sie mache es einen unterschied, ob ein „aufpasser“ mit im raum sitze oder ob sie ohne jedweden äußeren einfluss ihre gedanken austauschen könnten. 20die beteiligten haben übereinstimmend ihr einverständnis mit einer entscheidung durch den berichterstatter und ohne mündliche verhandlung erklärt. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des landesprüfungsamts bezug genommen. 22 | 23der senat entscheidet durch den berichterstatter ohne mündliche verhandlung, weil sich die beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 87a abs. 2 und 3, § 101 abs. 2, § 125 abs. 1 vwgo). 24die berufung des beklagten ist zulässig (i.) und begründet (ii.). 25i. die berufung ist trotz des fehlens eines ausdrücklichen berufungsantrags zulässig. 26nach § 124a abs. 3 satz 1 vwgo ist im fall der zulassung der berufung durch das verwaltungsgericht diese innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils zu begründen. die berufungsbegründung muss nach § 124a abs. 3 satz 4 vwgo einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe). hier hat der beklagte als berufungskläger innerhalb von zwei monaten nach zustellung des urteils des verwaltungsgerichts keinen ausdrücklichen berufungsantrag gestellt. daraus ergibt sich indes nicht die unzulässigkeit der berufung. § 124a abs. 3 satz 4 vwgo verlangt nicht, dass ein ausdrücklicher antrag gestellt wird. dem antragserfordernis wird regelmäßig entsprochen, wenn in dem einzureichenden schriftsatz hinreichend deutlich zum ausdruck kommt, dass, in welchem umfang und weshalb der berufungsführer an der durchführung des zugelassenen berufungsverfahrens festhalten will. bei der beurteilung ist im grundsatz davon auszugehen, dass eine berufung im zweifel gegen die gesamte angefochtene entscheidung gerichtet ist, der berufungsführer diese also insoweit angreift, als er durch sie beschwert ist. es genügt, wenn das ziel des rechtsmittels aus der tatsache seiner einlegung allein oder in verbindung mit den während der rechtsmittelfrist abgegebenen erklärungen erkennbar ist. welche mindestanforderungen in anwendung der vorstehenden grundsätze jeweils an die berufungsbegründung zu stellen sind, hängt schließlich wesentlich von den umständen des konkreten einzelfalls ab. 27bverwg, beschluss vom 21. september 2011 ‑ 3 b 56.11 ‑, juris, rn. 6, 14; urteil vom 9. märz 2005 ‑ 6 c 8.04 ‑, nvwz 2005, 821, juris, rn. 16; bgh, beschluss vom 20. juni 2022 ‑ via zb 3/22 ‑, juris, rn. 9; ovg nrw, urteil vom 27. januar 2021 ‑ 6 a 4105/18 ‑, nwvbl. 2021, 377, juris, rn. 35; vgh bad.-württ., urteil vom 28. märz 2022 ‑ 1 s 1265/21 ‑, juris, rn. 30, jeweils m. w. n. 28bei der danach gebotenen berücksichtigung der ausführungen in dem schriftsatz vom 13. januar 2021, mit dem das landesprüfungsamt die berufung eingelegt und zugleich begründet hat, ergibt eine sachdienliche auslegung (vgl. § 125 abs. 1, § 88 vwgo), 29vgl. bverwg, beschluss vom 9. februar 2000 ‑ 9 b 31.00 ‑, buchholz 402.240 § 53 auslg nr. 29, juris, rn. 5; urteil vom 7. februar 1997 ‑ 9 c 11.96 ‑, dvbl 1997, 907, juris, rn. 8, 30dass das landesprüfungsamt implizit auch einen sachantrag gestellt hat. denn es hat durch seine berufungsbegründung inhaltlich unzweifelhaft zum ausdruck gebracht, dass es mit seiner berufung sein erstinstanzlich erfolglos gebliebenes klageabweisungsbegehren weiterverfolgen wollte. es hat sich eingehend mit den inhaltlichen ausführungen des verwaltungsgerichts zur von diesem angenommenen unwirksamkeit von § 31 abs. 2 lpo 2003 auseinandergesetzt und deren rechtsfehlerhaftigkeit gerügt. 31ii. das verwaltungsgericht hat der klage zu unrecht stattgegeben. die zulässige verpflichtungsklage der klägerin ist unbegründet. 32der prüfungsbescheid vom 10. september 2018 und der widerspruchsbescheid vom 12. februar 2019 sind rechtmäßig und verletzen die klägerin nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). die klägerin hat keinen anspruch gegenüber dem landesprüfungsamt, ihr eine mündliche prüfung in der fachwissenschaft im fach englisch als zweite wiederholung zu ermöglichen. die festsetzung der note „mangelhaft“ (5,0) für die prüfungsleistung der mündlichen prüfung in der fachwissenschaft im fach englisch (modul: am 1) und die feststellung, dass die klägerin die erste staatsprüfung für das lehramt an gymnasien und gesamtschulen endgültig nicht bestanden habe, sind frei von rechtsfehlern. insbesondere liegen keine verfahrensfehler vor. weder ist § 31 abs. 2 lpo 2003 wegen verstoßes gegen höherrangiges recht unwirksam (dazu 1.), noch liegen anhaltspunkte für eine unzulässige beeinflussung der prüferinnen vor (dazu 2.), noch bestehen zweifel an der eigenschaft von herrn dr. l. als gemäß § 31 abs. 2 lpo 2003 zur anwesenheit bei der notenberatung vom 31. august 2018 berechtigtem leitungsmitglied des prüfungsamts (dazu 3.). 331. § 31 abs. 2 lpo 2003 verstößt nicht gegen höherrangiges recht. das in art. 12 abs. 1 gg verankerte erfordernis der eigenständigen und unabhängigen urteilsbildung der prüfer wird nicht durch eine verfahrensgestaltung verletzt, die personen des prüfungsamts die anwesenheit bei der notenberatung gestattet. 34a) das grundrecht der berufsfreiheit beansprucht geltung auch für die durchführung berufsbezogener abschlussprüfungen und der insoweit gewährleistete grundrechtsschutz ist auch durch die gestaltung des verfahrens zu bewirken. wegen der intensität, mit der solche prüfungen in die freiheit der berufswahl eingreifen, und weil der nachträglichen gerichtlichen kontrolle ‑ vor allem wegen der unabdingbaren entscheidungsfreiräume der prüfer in bezug auf prüfungsspezifische wertungen ‑ grenzen gesetzt sind, bedarf es einer objektivitäts- und neutralitätssichernden gestaltung des bewertungsverfahrens, um den maßstäben des art. 12 abs. 1 gg i. v. m. art. 3 gg zu genügen. dies bedeutet, dass u. a. die gestaltung des ablaufs derartiger berufszulassungsprüfungen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren sinn sein muss, um den prüfungszweck, nämlich die feststellung der beruflichen qualifikation der bewerber, zu erreichen. demnach ist ein verfahren, das für die bewertung von prüfungsleistungen vorgesehen ist, nur dann geeignet, wenn es eine hinreichend aussagekräftige entscheidung über die befähigung der bewerber gewährleistet. 35bverfg, kammerbeschluss vom 16. januar 1995 ‑ 1 bvr 1505/94 ‑, nvwz 1995, 469, juris, rn. 15; bverwg, beschlüsse vom 21. dezember 2016 - 2 b 108.15 ‑, buchholz 421.0 prüfungswesen nr. 427, juris, rn. 12, vom 9. oktober 2012 - 6 b 39.12 ‑, nvwz-rr 2013, 44, juris, rn. 5, jeweils m. w. n., und urteil vom 16. märz 1994 - 6 c 1.93 ‑, bverwge 95, 237, juris, rn. 25, 27; ovg nrw, beschluss vom 9. november 2020 ‑ 19 a 3522/19 ‑, nwvbl. 2021, 117, juris, rn. 10 und 12 ff. (dort zur auswahl und bestellung von prüfern); ferner im grundsatz schon bverfg, beschluss vom 17. april 1991 - 1 bvr 419/81 ‑, bverfge 84, 34, juris, rn. 39. 36verfassungsrechtlich geboten ist danach sowohl eine sachkundige leistungsbewertung als auch eine eigene, unmittelbare und vollständige kenntnisnahme der prüfungsleistung. 37vgl. bverfg, kammerbeschluss vom 16. januar 1995, a. a. o., rn. 17; bverwg, urteile vom 24. februar 2003 - 6 c 22.02 ‑, döv 2003, 726, juris, rn. 12, und vom 16. märz 1994, a. a. o., rn. 27; ovg nrw, beschlüsse vom 9. november 2020, a. a. o., rn. 12, 14 und 18, und vom 30. september 2011 - 19 a 1881/10 ‑, juris, rn. 23. 38diese gebote der sachkundigen leistungsbewertung sowie der eigenen, unmittelbaren und vollständigen kenntnisnahme der prüfungsleistung werden ergänzt durch das erfordernis der eigenständigen und unabhängigen urteilsbildung seitens der prüfer. 39vgl. bverwg, beschluss vom 9. oktober 2012, a. a. o., rn. 7 f. 40b) diesen in der verfassungsgerichtlichen, höchst- und obergerichtlichen rechtsprechung hinlänglich geklärten grundsätzen genügt § 31 abs. 2 lpo 2003. die in dieser vorschrift ‑ wie entsprechend auch aktuell in § 31 abs. 4 satz 2 ovp allgemein für vertreterinnen oder vertreter des prüfungsamts ‑ zugelassene anwesenheit von leitungsmitgliedern des prüfungsamts bei den beratungen der prüferinnen und prüfer ist vereinbar mit dem grundsatz der chancengleichheit und stellt ohne hinzutreten weiterer umstände keinen zur rechtswidrigkeit der prüfungsentscheidung führenden verfahrensfehler dar. 41nach § 31 abs. 2 lpo 2003 durften bei den beratungen über die festsetzung der note für die mündlichen prüfungsleistungen nur die prüferinnen und prüfer und leitungsmitglieder des prüfungsamts (§ 30 abs. 5 lpo 2003) anwesend sein (1. halbsatz); sie waren verpflichtet, über die vorgänge bei der beratung verschwiegenheit zu wahren (2. halbsatz). die damit zugelassene anwesenheit von vertretern des prüfungsamts nicht nur bei der mündlichen prüfung selbst, sondern auch bei den prüfungs- und notenberatungen, berührt grundsätzlich den grundsatz der chancengleichheit. 42zur anwesenheit weiterer personen während der prüfung selbst, d. h. der phase der leistungsermittlung, traf § 31 abs. 4 lpo 2003 nur die regelung, dass vertreterinnen und vertreter sowie beauftragte des prüfungsamts, der schulaufsicht und der kirchen (bei den jeweiligen religionslehren) an ersten staatsprüfungen teilnehmen konnten (satz 1); personen, die ein berechtigtes interesse hatten, konnten an ersten staatsprüfungen teilnehmen, sofern nicht der prüfling widersprach (satz 2). weder nach § 31 abs. 4 lpo 2003 noch unter geltung des aktuellen § 31 abs. 3 ovp ist damit die anwesenheit dritter bei der mündlichen prüfung selbst ausgeschlossen. die entscheidung hierüber trifft das prüfungsamt nach pflichtgemäßem ermessen oder ‑ unter geltung von § 31 abs. 3 satz 1 ovp ‑ das prüfungsamt oder das vorsitzende mitglied des prüfungsausschusses. dies entspricht allgemeinen grundsätzen, wonach es im pflichtgemäßen ermessen des zuständigen entscheidungsgremiums steht, inwiefern weiteren personen die anwesenheit während der prüfung gestattet wird, sofern die jeweilige prüfungsordnung die anwesenheit weiterer personen während der prüfung nicht ausdrücklich ausschließt. 43vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 18. märz 2021 ‑ 14 a 272/21 ‑, juris, rn. 7, und vom 19. dezember 2016 ‑ 6 a 1699/15 ‑, juris, rn. 8; fischer/jeremias/dieterich, prüfungsrecht, 8. aufl. 2022, rn. 452. 44für die an die phase der leistungsermittlung anschließende beratung über das ergebnis der prüfung treffen § 31 abs. 2 lpo 2003 wie auch § 31 abs. 4 satz 2 ovp eine ausdrückliche bestimmung, die den kreis der anwesenheitsberechtigten weiteren personen einschränkt. neben den prüferinnen und prüfern dürfen danach bei den beratungen über die festsetzung der note für die mündlichen prüfungsleistungen nur die leitungsmitglieder des prüfungsamts (bzw. vertreterinnen oder vertreter des prüfungsamts nach § 31 abs. 4 satz 2 ovp) zugegen sein. diese ausdrückliche verordnungsrechtliche befugnis unterscheidet die hier einschlägige prüfungsordnung von anderen prüfungsordnungen, die neben der allgemeinen zulässigkeit der anwesenheit weiterer personen bei prüfungen gerade keine ausdrückliche bestimmung für die anwesenheit bei beratung und feststellung des prüfungsergebnisses kennen. 45vgl. ovg nrw, beschluss vom 19. dezember 2016, a. a. o., rn. 8. 46fehlt es an einer prüfungsordnungsrechtlichen grundlage für die anwesenheit weiterer personen bei der beratung über die mündliche prüfungsleistung, ist eine solche nach allgemeinen prüfungsrechtlichen grundsätzen unzulässig und die annahme gerechtfertigt, dass diese anwesenheit ein erheblicher verfahrensfehler ist und nicht ausgeschlossen werden kann, dass hierdurch das prüfungsergebnis beeinflusst worden ist. 47vgl. bfh, urteil vom 18. september 2012 ‑ vii r 41/11 ‑, bfhe 239, 280, juris, rn. 20; ovg nrw, beschluss vom 19. dezember 2016, a. a. o., rn. 8; vgh bad.-württ., beschluss vom 10. april 2019 ‑ 9 s 1724/18 -, juris, rn. 11; fischer/jeremias/dieterich, a. a. o., rn. 373, 452. 48denn es widerspricht im grundsatz dem rechtsstaatlichen gebot der eigenständigen und unabhängigen urteilsbildung seitens der prüfer, außenstehende dritte in einer weise am prüfungsverfahren zu beteiligen, dass ihnen ein bestimmender einfluss auf das prüfungsergebnis eingeräumt wird. 49vgl. vgh bad.-württ., urteile vom 27. september 2012 ‑ 9 s 2143/11 ‑, vblbw 2013, 111, juris, rn. 29, und vom 16. januar 1990 ‑ 9 s 3071/88 ‑, gewarch 1990, 134, juris, rn. 36. 50diesen maßstäben genügte § 31 abs. 2 lpo 2003. 51die ausdrücklich durch § 31 abs. 2 lpo 2003 ‑ wie auch durch § 31 abs. 4 satz 2 ovp ‑ gestattete anwesenheit der genannten dritten bei prüfungsberatungen ist durch sachgründe gerechtfertigt. nach § 30 abs. 3 nr. 1 lpo 2003 umfasste der auftrag des prüfungsamts die vorbereitung, durchführung und qualitätssicherung der ersten staatsprüfungen im zusammenwirken mit den hochschulen. nach der näheren ausgestaltung durch die go lpa ist das landesprüfungsamt u. a. zuständig für die qualitätssicherung und -entwicklung innerhalb und außerhalb von staatsprüfungen (§ 1 abs. 1 3. spiegelstrich go lpa). diesem zunächst rein institutionellen interesse diente § 31 abs. 2 lpo 2003, indem es leitungsmitgliedern des prüfungsamts gestattet wurde, auch dem einer inhaltlichen einflussnahme grundsätzlich entzogenen bereich der beratung über die prüfungsleistung beizuwohnen und von den vorgängen der prüfungstätigkeit kenntnis zu nehmen. entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts geht es dabei nicht darum, dass die in ihrer prüfungstätigkeit nach § 31 abs. 1 lpo 2003 im rahmen der rechtsvorschriften unabhängigen prüfer „unter der aufsicht oder nach maßgabe der vorstellungen des prüfungsamts entscheiden“ (s. 7 des urteils). neben der anwesenheit beim prüfungsgespräch und der bekanntgabe des prüfungsergebnisses kann die anwesenheit auch beim vorgang der beratung dem für die administrativ-organisatorische und institutionelle ausgestaltung des prüfungsverfahrens verantwortlichen prüfungsamt weitere erkenntnisse hierfür, nicht zuletzt für sachdienliche fortentwicklungen des prüfungsverfahrens verschaffen. sowohl die lpo 2003 als auch die aktuell geltende ovp verfolgen mit der ausdrücklichen zulassung von vertretern des landesprüfungsamts neben diesem mehr institutionellen zweck auch individuelle schutzzwecke. die anwesenheit der genannten personen kann dem prüfling die gewähr vermitteln, dass auch bei dem der öffentlichkeit und seiner eigenen kenntnis entzogenen bereich der beratung über seine prüfungsleistung das einschlägige recht ‑ und damit die grenze der unabhängigkeit der prüferinnen und prüfer (§ 31 abs. 1 lpo 2003) ‑ eingehalten wird. dies betrifft etwa die einer verwaltungsinternen wie gerichtlichen kontrolle grundsätzlich nicht zugänglichen prüfungsspezifischen bewertungsspielräume. diese sind nach ständiger senatsrechtsprechung nur überschritten, wenn die prüfer einen verfahrensfehler begehen, anzuwendendes recht verkennen, von einem unrichtigen sachverhalt ausgehen, allgemeingültige bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden erwägungen leiten lassen oder sonst willkürlich handeln. 52vgl. allgemein zum prüfungsspezifischen bewertungsspielraum bei schul- und lehrerprüfungsrechtlichen entscheidungen ovg nrw, beschlüsse vom 15. september 2022 ‑ 19 b 976/22 ‑, juris, rn. 3, vom 15. märz 2022 ‑ 19 b 1649/21 ‑, juris, rn. 7, vom 30. september 2021 ‑ 19 b 1508/21 ‑, juris, rn. 4, und vom 29. april 2020 ‑ 19 a 110/19 ‑, juris, rn. 32 ff., jeweils m. w. n. 53nicht nur der nachweis etwa von verfahrensbezogenen fehlern im prüfungs- wie beratungsverlauf oder anhaltspunkte für willkür oder sachfremde erwägungen kann durch die anwesenheit eines vertreters des prüfungsamts leichter aufgeklärt werden, sondern bereits die bloße anwesenheit kann im sinn einer vorbeugenden fehlerkontrolle qualitäts- und rechtssichernd wirken. denn grundsätzlich bewerten prüfer die prüfungsleistungen und entscheiden über deren ergebnis zwar eigenverantwortlich und unabhängig, aber nicht unkontrolliert. 54vgl. fischer/jeremias/dieterich, a. a. o., rn. 326 f., 786 ff. 55auf der anderen seite vermag die präsenz von vertretern des prüfungsamts den prüfern gerade bei zwischenmenschlich herausfordernden prüfungssituationen die sicherheit zu vermitteln, etwaigen vorwürfen etwa einer unsachlichen beratung nicht gänzlich schutzlos ausgeliefert zu sein. 56demgegenüber ist den prüfern eine von äußeren einflüssen ungestörte eigenständige und unabhängige bewertung der prüfungsleistung auch bei der nach § 31 abs. 2 lpo 2003 zugelassenen anwesenheit von leitungsmitgliedern des prüfungsamts möglich. die annahme des verwaltungsgerichts, eine den prüfern unbewusste beeinflussung lasse sich nie gänzlich ausschließen, trifft zwar in dieser allgemeinheit zu, übersieht jedoch, dass sich derartige abstrakte gefahren selbst bei einem pauschalen ausschluss dritter von der beratung nicht vollständig eliminieren lassen. die möglichkeit, auf einen durch vorverständnisse, äußere gegebenheiten und sonstige sachliche wie unsachliche umstände „beeinflussten“ prüfer zu treffen, liegt in der natur der sache einer von menschen durchgeführten prüfungssituation. dabei ist zu berücksichtigen, dass ‑ auch wenn ein prüfer die leistungen des prüflings persönlich unmittelbar zur kenntnis zu nehmen und eine selbstständige, eigenverantwortliche, nur seinem wissen und gewissen verpflichtete entscheidung zu fällen hat ‑ nicht jede möglichkeit eines einflusses auf die entscheidung des prüfers eine gefahr für die ordnungsgemäße erfüllung dieser aufgabe darstellt, zu deren vorbeugender abwehr der normgeber verfahrensregelungen erlassen muss. vielmehr darf der normgeber grundsätzlich von dem bild des prüfers ausgehen, der zu einer selbstständigen, eigenverantwortlichen bewertung fähig und bereit ist. 57ovg nrw, beschluss vom 27. dezember 2017 ‑ 19 b 1255/17 ‑, gewarch 2018, 163, juris, rn. 2. 58der einhegung einer gleichwohl bestehenden möglichkeit einer unzulässigen beeinflussung dienen ein qualitätsvolles prüfungsverfahren genauso wie die wirksamkeit von internen und externen kontrollinstrumenten. die von § 31 abs. 2 lpo 2003 ermöglichte präsenz von leitungsmitgliedern des prüfungsamts setzt vor diesem hintergrund kein spezifisch gefahrenerhöhendes risiko einer (auch unbewussten) beeinflussung der prüfer. 59treffen prüfungsordnungen ‑ wie hier ‑ ausdrückliche bestimmungen zur anwesenheit weiterer personen bei der beratung über prüfungsleistungen, führt eine solche präsenz nur dann zur annahme eines dem erfordernis der eigenständigen und unabhängigen bewertung widersprechenden erheblichen risikos einer beeinflussung der prüfer, wenn nach den umständen des einzelfalls anhaltspunkte hierfür vorliegen. derartige objektive anhaltspunkte können dem prüfling aus dem gesamten prüfungsverfahren bekannt sein, auch wenn sich der beratungsvorgang selbst seiner kenntnisnahme entzieht. sind derartige anhaltspunkte geltend gemacht, ist das im üblichen rahmen der amtsermittlung aufzuklären (§ 24 abs. 1 vwvfg nrw, § 86 abs. 1 vwgo). dass dies den prüfling nicht rechtlos oder vor unzumutbare herausforderungen stellt, zeigt ein blick auf die hergebrachten grundsätze, nach denen gemäß § 21 abs. 1 vwvfg nrw die besorgnis der befangenheit von prüfern berechtigt ist. 60vgl. hierzu ovg nrw, beschlüsse vom 31. august 2021 ‑ 19 a 1452/20 ‑, juris, rn. 11, vom 28. juni 2021 ‑ 19 a 480/20 ‑, juris, rn. 39, und vom 9. november 2020 ‑ 19 a 4189/19 ‑, juris, rn. 9, urteile vom 10. dezember 2015 ‑ 19 a 254/13 ‑, dvbl. 2016, 926, juris, rn. 121, und vom 25. september 2014 ‑ 14 a 1872/12 ‑, dvbl. 2015, 52, juris, rn. 58. 612. es liegen keine objektiven anhaltspunkte dafür vor, dass die anwesenheit von herrn dr. l. in der mündlichen prüfung sowie der beratung vom 31. august 2018 dem gebot der eigenständigen und unabhängigen bewertung seitens der beiden prüferinnen widersprochen hätte. nach den übereinstimmenden angaben der beteiligten, an denen zu zweifeln der senat keinen anlass hat, hatte sich herr dr. l. zu beginn der prüfung kurz vorgestellt und sich im verlauf der prüfung einige notizen gemacht. im prüfungsgespräch stellte er weder fragen noch gab er kommentare ab. nach dem prüfungsgespräch verblieb er mit den prüferinnen im prüfungsraum. bei der bekanntgabe des prüfungsergebnisses verblieb er ebenfalls im raum. es gibt auch sonst keinerlei hinweise auf eine aktive beteiligung oder einmischung im rahmen der eigentlichen beratung. in der niederschrift der prüferinnen ist er nicht erwähnt. 62anhaltspunkte für eine beeinflussung der prüferinnen ergeben sich des weiteren nicht aus dem durch herrn dr. l. gefertigten vermerk vom 31. august 2018, der ‑ da ersichtlich im anschluss an die beratung gefertigt ‑ nicht zu einer einflussnahme auf den prüfungs- oder beratungsverlauf geführt haben kann. entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts spricht im übrigen, ohne dass dies der vertiefung bedürfte, vieles dafür, dass der für die akten des prüfungsamts gefertigte interne vermerk nicht gegen das beratungsgeheimnis des § 31 abs. 2 2. halbsatz lpo 2003 verstößt, wonach die bei der beratung anwesenden verpflichtet waren, über die vorgänge bei der beratung verschwiegenheit zu wahren. der allein die beratung betreffende teil des vermerks ist kurz und abstrakt gehalten und beschränkt sich auf eine kursorische untermauerung der einschätzung des verfassers, dass die durchführung der prüfung aus seiner sicht nicht zu beanstanden sei. wertende elemente enthält die stellungnahme allein insoweit, als sie den prüferinnen ‑ ohne inhaltliche erläuterung ‑ eine „detaillierte, sorgfältige und abwägende gewichtung von fachlichen und sprachlichen aspekten“ attestiert, im übrigen wird allein das prüfungsergebnis referiert. nach sinn und zweck der pflicht zur verschwiegenheit über prüfungsvorgänge findet diese ihren rechtsgrund vorwiegend in dem das prüfungsrecht beherrschenden grundsatz der chancengleichheit. der grundsatz der chancengleichheit wird aber nicht durchgreifend beeinträchtigt, wenn lediglich allgemeine kenntnisse und erfahrungen, die ein prüfer im rahmen seiner prüfertätigkeit gewonnen hat, weitergegeben werden. 63ovg nrw, beschluss vom 21. januar 2013 ‑ 14 b 338/12 ‑, juris, rn. 11. 64nichts anderes gilt für die vorgänge der beratung. hier schweigt der vermerk über die inhaltlichen, sich unmittelbar auf die notenfindung beziehenden aspekte. der diskursive austausch der prüferinnen, auf den das prüfungs- und bewertungsverfahren in besonderer weise angelegt und auch angewiesen ist, um dem prüfungszweck und dem anspruch des prüflings auf leistungsgerechte bewertung vollständig rechnung zu tragen, 65vgl. ovg nrw, beschluss vom 9. november 2020, a. a. o., rn. 31, 66wird nicht näher inhaltlich wiedergegeben. 673. das verwaltungsgericht hat schließlich ohne rechtsfehler angenommen, dass herr dr. l. bei der notenberatung vom 31. august 2018 leitungsmitglied des prüfungsamts gemäß § 31 abs. 2 i. v. m. § 30 abs. 5 lpo 2003 war. 68die nach § 31 abs. 2 1. halbsatz i. v. m. § 30 abs. 5 satz 1 lpo 2003 verordnungsrechtlich definierten leitungsmitglieder des prüfungsamts sind ‑ soweit hier relevant ‑ die leiterin oder der leiter des prüfungsamts, die stellvertreterin oder der stellvertreter, und die geschäftsführerinnen oder geschäftsführer, die jeweils vom ministerium berufen werden. der damalige leiter der außenstelle q. war leitungsmitglied des prüfungsamts in diesem sinn. dies ergibt sich aus der entwicklungsgeschichte und den hierzu ergangenen bestimmungen für das landesprüfungsamt. im zuge der umstrukturierung des prüfungswesens für lehramtsprüfungen wurde mit wirkung vom 15. februar 2014 das landesprüfungsamt für lehrämter an schulen (landesprüfungsamt) durch zusammenlegung des landesprüfungsamts für erste staatsprüfungen für lehrämter an schulen und des landesprüfungsamts für zweite staatsprüfungen für lehrämter an schulen errichtet. sitz des neuen landesprüfungsamts ist dortmund, es verfügt über außenstellen u. a. in q. . dieser strukturellen organisationsänderung trägt der wortlaut des § 30 abs. 5 lpo 2003 nicht hinreichend rechnung. so gibt es etwa im landesprüfungsamt keine geschäftsführer. auch in der früher geltenden geschäftsordnung für das landesprüfungsamt für erste staatsprüfungen für lehrämter an schulen vom 19. juni 2006 (abl. nrw. s. 255) sowie dem runderlass des ministeriums für schule und weiterbildung vom 19. juni 2006 (abl. nrw. s. 254) zur errichtung eines landesprüfungsamts für erste staatsprüfungen für lehrämter an schulen findet sich der begriff nicht. für den hinweis des verwaltungsgerichts auf s. 5 des angefochtenen urteils gibt es damit ‑ soweit ersichtlich ‑ keine grundlage. mit „geschäftsführern“ werden die früheren geschäftsstellenleitungen des ehemaligen landesprüfungsamts für erste staatsprüfungen für lehrämter an schulen bezeichnet. leitungsmitglieder des prüfungsamts im sinn dieser vorschrift sind über die leiterin oder den leiter des prüfungsamts und deren oder dessen stellvertreterin oder stellvertreter hinaus auch die leiterinnen und leiter der außenstellen des prüfungsamts. dies ergibt sich jedenfalls aus einer zusammenschau von nr. 5 des runderlasses des ministeriums für schule und weiterbildung vom 24. januar 2014 (abl. nrw. s. 80) zur errichtung eines landesprüfungsamtes für lehrämter an schulen, wonach die leiterinnen und leiter der außenstellen im rahmen der gesamtverantwortung der leitung die verantwortung für die wahrnehmung der den außenstellen übertragenen aufgaben tragen, mit der näheren entfaltung der geschäftsordnung des landesprüfungsamts. die außenstellen des landesprüfungsamts sind für die geltungsdauer der lpo 2003 die gemäß § 30 abs. 2 und 5 lpo 2003 für prüfungen nach dieser prüfungsordnung zuständigen organisationseinheiten (geschäftsstellen) des prüfungsamts (§ 22 satz 1 go lpa). gemäß § 22 satz 2 go lpa nehmen die mit der fachlichen koordinierung betrauten referentinnen und referenten die aufgaben einer geschäftsstellenleitung gemäß § 30 abs. 5 lpo 2003 wahr. 69als mit der fachlichen koordinierung betrauter referent nahm herr dr. l. seit januar 2018 und auch noch zum zeitpunkt der mündlichen prüfung am 31. august 2018 die außenstellenleitung und alle damit zusammenhängenden amtsgeschäfte der außenstelle q. des landesprüfungsamts wahr. unerheblich ist dabei, dass herr dr. l. nicht ausdrücklich durch gesonderten formalakt durch das für schule zuständige ministerium selbst berufen wurde. er wurde (nur) seitens der bezirksregierung detmold mit verfügung vom 17. november 2017 an das landesprüfungsamt ‑ außenstelle q. ‑ abgeordnet. zur überzeugung des senats liegt gleichwohl eine dem ministerium zuzurechnende berufungsentscheidung im sinn des § 22 satz 3 go lpa vor, wonach abweichend von § 9 abs. 2 go lpa ‑ und der dort vorgesehenen übertragung der außenstellenkoordinierung und entsprechenden aufgabenwahrnehmung schon durch die leitung des landesprüfungsamts ‑ die mit der fachlichen koordinierung einer außenstelle zu betrauenden referentinnen und referenten für die geltungsdauer dieser prüfungsordnung durch das für schule zuständige ministerium berufen werden. ausweislich der seitens des beklagten vorgelegten unterlagen besteht kein zweifel daran, dass die zum zeitpunkt der mündlichen prüfung noch geltende abordnung der umsetzung der seitens der ‑ u. a. mit vertretern des für schule zuständigen ministeriums besetzten ‑ auswahlkommission getroffenen auswahlentscheidung für die stelle des referenten im arbeitsbereich 1 des landesprüfungsamts für lehrämter an schulen ‑ leitung der außenstelle q. ‑ diente und damit dem zuständigen ministerium zurechenbar ist. die geschäftsordnung enthält keine weiteren formalen anforderungen hinsichtlich der qualität der „berufung“ durch das ministerium. § 22 satz 3 go lpa bringt gegenüber § 9 abs. 2 go lpa lediglich zum ausdruck, dass die übertragung der außenstellenleitung nicht allein durch die leitung des landesprüfungsamts erfolgen soll, sondern ‑ wenigstens ‑ unter beteiligung des ministeriums. dass eine solche beteiligung stattgefunden hat, steht hier, wie ausgeführt, außer zweifel. 70unabhängig davon wäre auch ein eventuell formal unzureichender berufungsakt in umsetzung der geschäftsordnungsbestimmung in § 22 satz 3 go lpa für die nach außen hin wirksame ‑ und rein faktisch auch unstreitige ‑ stellung von herrn dr. l. als leiter der außenstelle nicht erheblich. 71die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 72die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, § 711 zpo. 73der senat lässt die revision nicht zu, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. | Verklagte*r | 0 |
188,723 | 14 A 316/13 | 2013-10-23T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand:2Die Klägerin betreibt das Hotel E. und das Hotel D. im Stadtgebiet der Beklagten.3In seiner Sitzung am 8. Juli 2010 beschloss der Rat der Beklagten die am 1. November 2010 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung einer Abgabe auf entgeltliche Beherbergungen im Gebiet der Stadt Dortmund (Beherbergungsabgabesatzung ‑ BAS ‑).4Die Satzung trifft u.a. folgende Regelungen:5"§ 16Abgabengläubiger7Die Stadt Dortmund erhebt nach dieser Satzung eine Beherbergungsabgabe als örtliche Aufwandsteuer.8§ 29Gegenstand der Abgabe10Gegenstand der Beherbergungsabgabe ist der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb (Hotel, Gasthof, Pension, Privatzimmer, Jugendherberge, Ferienwohnung, Motel, Campingplatz, Schiff und ähnliche Einrichtung), der gegen Entgelt eine Beherbergungsmöglichkeit zur Verfügung stellt; dies gilt unabhängig davon, ob die Beherbergungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen wird.11Der Übernachtung steht die Nutzung der Beherbergungsmöglichkeit, ohne dass eine Übernachtung erfolgt (z. B. Tageszimmer), gleich, sofern hierfür ein gesonderter Aufwand betrieben wird.12Eine private Übernachtung liegt nicht vor, wenn der Beherbergungsgast dies eindeutig durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachweist. Die Bescheinigung ist der Stadt Dortmund mit der Abgabenerklärung (§ 7 der Satzung) einzureichen. Der Nachweis kann auch innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung nachgereicht werden. Eine durch den Beherbergungsbetrieb entrichtete Abgabe wird nach Prüfung des Nachweises an den Arbeitgeber des Beherbergungsgastes, bei einem selbständigen Beherbergungsgast an diesen, erstattet.13§ 314Bemessungsgrundlage15Bemessungsgrundlage ist der vom Gast für die Beherbergung aufgewendete Betrag (einschließlich Mehrwertsteuer).16§ 417Abgabensatz18Die Übernachtungsabgabe beträgt 5 vom Hundert der Bemessungsgrundlage.(...)19§ 520Abgabenschuldner21Abgabenschuldner ist der Betreiber des Beherbergungsbetriebes.22§ 623Entstehung des Abgabenanspruches24Der Abgabenanspruch entsteht mit Beginn der entgeltpflichtigen Beherbergungsleistung."25Die Beklagte stellte nach dem Inkrafttreten der Beherbergungsabgabesatzung einen "Handlungsrahmen Beherbergungsabgabe" auf, der hinsichtlich des Nachweises einer nicht privaten Beherbergung Vorgaben enthält.26Die Klägerin meldete unter dem 6. Januar 2011 für die Monate November und Dezember 2010 Beherbergungsentgelte einschließlich Mehrwertsteuer von 68.636,20 Euro sowie unter dem 5. April 2011 für die Monate Januar bis März 2011 von 95.490,47 Euro an.27Mit Bescheid vom 29. April 2011 setzte die Beklagte unter Vorbehalt der Nachprüfung die Beherbergungsabgabe für die Monate November 2010 bis März 2011 auf 8.206,33 Euro fest.28Die Klägerin hat am 24. Mai 2011 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhoben.29Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die Beherbergungsabgabesatzung verstoße gegen höherrangiges Recht. Die Regelung der Bemessungsgrundlage sei nicht mit § 7 Abs. 5 der Preisangabenverordnung - PAngV ‑ vereinbar. Der als Bemessungsgrundlage nach § 3 BAS vorgesehene Bruttobetrag habe zwingend bereits die Beherbergungsabgabe zu beinhalten, eine gesonderte Ausweisung sei nicht zulässig. Die Beherbergungsabgabe würde daher de facto auf sich selbst erhoben. § 11 Abs. 5 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ KAG ‑ stehe der Erhebung einer Beherbergungsabgabe entgegen, da mit dieser Regelung abschließend bestimmt sei, unter welchen Voraussetzungen Gemeinden Fremdenverkehrsabgaben erheben dürften. Die Beherbergungsabgabe habe nicht den Charakter einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes ‑ GG ‑. Die Beherbergungsabgabe sei überdies der Umsatzsteuer gleichartig und verstoße auch aus diesem Grunde gegen die aus der genannten Vorschrift folgende Kompetenzverteilung. § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS lasse beruflich bedingte Übernachtungen von Beamten und Selbständigen ohne sachliche Rechtfertigung außer Betracht, indem sie lediglich Arbeitgeberbescheinigungen als Nachweis zulasse. Überdies sei insoweit die Gefahr von Gefälligkeitsbescheinigungen evident.30Wie das Bundesverwaltungsgericht klargestellt habe, müssten Satzungen zur Regelung einer Beherbergungsabgabe dezidierte und konkrete Kriterien zur Unterscheidung von privat und beruflich veranlassten Übernachtungen enthalten. Derartige Differenzierungskriterien enthalte die vorliegende Satzung nicht. Aus der Regelung des § 2 Abs. 3 BAS folge, dass der abgabenpflichtige Beherbergungsbetrieb verpflichtet sei, bezüglich sämtlicher entgeltlicher Übernachtungen die Beherbergungsabgabe einzupreisen und einzuziehen. Damit werde gleichsam vermutet, dass eine entgeltliche Übernachtung privat veranlasst sei. Die damit verbundene Beweislastverteilung sei vor dem Hintergrund nicht gerechtfertigt, dass eine Heranziehung zur Beherbergungsabgabe bei beruflicher Veranlassung der Übernachtung schon dem Grunde nach ausscheide. Aus den gleichen Gründen sei auch die Erstattungsregelung in § 2 Abs. 3 Satz 4 BAS zu beanstanden. Sie bewirke für den Pflichtigen eine nicht hinnehmbare Situation der Ungewissheit. Weise der Gast eine berufliche Veranlassung der Übernachtung gegenüber dem Beherbergungsbetreiber nicht nach, sei es diesem selbst nicht möglich, beruflich erforderliche Übernachtungen von privaten Übernachtungen zu unterscheiden. Diese Ungewissheit dürfe nicht zu Lasten des Pflichtigen bzw. des Hotelgastes gehen, vielmehr dürfe eine Steuer insoweit mangels Erfüllung des Steuertatbestands von vornherein nicht erhoben werden.31Des Weiteren werde dem Beherbergungsbetrieb mit der Einreichung von Arbeitgeberbescheinigungen eine im Kommunalabgabengesetz NRW nicht normierte Meldepflicht abverlangt. Die Erhebung der Beherbergungsabgabe verstoße gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, da sie die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, den Mehrwertsteuersatz für Hotels zu reduzieren, konterkariere. Ferner verletze sie die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 GG, da der in der Erhebung liegende Eingriff nicht gerechtfertigt werden könne. Die Datenerhebungspraxis der Beklagten zur Differenzierung zwischen beruflicher und privater Veranlassung einer entgeltlichen Übernachtung begegne durchgreifenden datenschutzrechtlichen Bedenken.32Die Klägerin hat beantragt,33den Abgabenbescheid der Beklagten vom 29. April 2011 aufzuheben.34Die Beklagte beantragt,35die Klage abzuweisen.36Sie hat vorgetragen, ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 PAngV liege nicht vor. Mit dem in § 3 BAS genannten Betrag sei nicht der nach § 7 Abs. 5 PAngV anzugebende Endpreis gemeint. Bemessungsgrundlage solle vielmehr der Netto-Übernachtungspreis zuzüglich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer sein. Ferner verstoße die Erhebung der Abgabe auch nicht gegen § 11 Abs. 5 KAG. Im Gegensatz zu dem dort geregelten Fremdenverkehrsbeitrag knüpfe die Beherbergungsabgabe nicht an die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Unterhaltung von Einrichtungen und Anlagen, sondern an den wirtschaftlichen Aufwand an, den ein Hotelgast für seine Übernachtung betreibe. Ferner handele es sich um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG. Eine Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb stelle typischerweise einen Aufwand dar, der über die Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Wohnraum hinausgehe. Die Beherbergungsabgabe sei auch nicht der Umsatzsteuer gleichartig. Des Weiteren sei die Regelung zu beruflich bedingten Übernachtungen auch hinreichend inhaltlich bestimmt. Die Beschränkung der Abgabe auf private Übernachtungen in § 2 Abs. 1 BAS bedeute zugleich, dass beruflich veranlasste Übernachtungen ausnahmslos nicht der Beherbergungsabgabe unterliegen sollten.37Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es sich auf den Standpunkt gestellt, die Beherbergungsabgabesatzung sei nichtig. Die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Forderung nach Vorhersehbarkeit der Abgabenlast für den Steuerpflichtigen werde nicht beachtet. § 2 Abs. 3 BAS verletze den rechtsstaatlichen Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, weil dem steuerpflichtigen Beherbergungsbetrieb die Feststellungslast auferlegt werde, dass eine Übernachtung nicht privat sei. Aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizites verstoße die Beherbergungsabgabesatzung gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Hinsichtlich der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.38Die Beklagte hat fristgerecht Berufung eingelegt und führt zur Begründung aus: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Abgabelast vorhersehbar. Dem Bestimmtheitsgrundsatz sei regelmäßig genügt, wenn der Steuergegenstand, die Bemessungsgrundlage, der Steuersatz sowie die Erhebung und Fälligkeit der Steuer geregelt seien. Diesen Anforderungen genüge die Beherbergungsabgabesatzung. Die Möglichkeit einer exakten Vorausberechnung sei gerade nicht erforderlich. Dem Verwaltungsgericht sei ebenfalls nicht zu folgen, soweit es von der Verletzung des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung ausgegangen sei. Sie, die Beklagte, habe sich von vornherein entschlossen, nur privat veranlasste Übernachtungen zu besteuern, nicht aber sämtliche Übernachtungen unterschiedslos der Besteuerung zu unterwerfen und sodann eine Steuerbefreiung bei beruflich bedingten Übernachtungen vorzunehmen. Eine Vermutung, dass der Steuertatbestand des § 2 Abs. 1 BAS vorliege, beinhalte die Beherbergungsabgabesatzung nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne auch nicht von einem Vollzugsdefizit ausgegangen werden. Bereits ein Großteil der beruflich bedingten Übernachtungen sei auf eine Buchung durch den Arbeitgeber zurückzuführen. Insoweit erscheine eine wie auch immer geartete Manipulation weitgehend ausgeschlossen. Eine lediglich abstrakt bestehende Möglichkeit einer gefälschten Arbeitgeberbescheinigung oder falscher Eigenerklärungen sei für die Annahme eines strukturellen Vollzugsdefizites nicht ausreichend. Das Bestehen einer ausreichenden Überprüfungsmöglichkeit resultiere zudem aus dem Umstand, dass das kommunale Steuerrecht angesichts der bestehenden Auskunftspflicht unabhängig von den satzungsrechtlichen Regelungen kraft Gesetzes eine Verifikation steuerlich erheblicher Tatbestände ermögliche.39Die Beklagte beantragt,40das angegriffene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.41Die Klägerin beantragt,42die Berufung zurückzuweisen.43Zur Begründung führt sie aus: Die im Hinblick auf die Rechtsprechung zwischen beruflich bedingten und privaten Übernachtungen differenzierende Beherbergungsabgabesatzung biete keine hinreichende Grundlage für eine zulässige Abgabenerhebung. Dass von einem unverhältnismäßigen Mitwirkungsbeitrag des steuerpflichtigen Beherbergungsbetriebes auszugehen sei, folge bereits daraus, dass bei einem Großteil der Gäste ein hohes Aufklärungs- und Nachfragebedürfnis bestehe. Entgegen der Auffassung der Beklagten belege die in § 2 Abs. 3 BAS normierte Nachweispflicht für eine beruflich bedingte Übernachtung, dass grundsätzlich undifferenziert jede Übernachtung besteuert werden solle. Die Beherbergungsabgabesatzung berge eine "Vermutung" der Steuerbarkeit sämtlicher Übernachtungen in sich, die nur durch einen entsprechenden Nachweis entkräftet werden könne. Die Nichtigkeit der Beherbergungsabgabesatzung folge daraus, dass es sich bei dem Beherbergungsgast als möglichem Erstattungsberechtigten (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 4 BAS) um einen am Steuerschuldverhältnis unbeteiligten Dritten handele, nicht aber um den eigentlichen Steuerschuldner. Unabhängig davon sei die Erstattungsregelung auch schon deshalb nichtig, weil die Beklagte in der Praxis nicht feststellen könne, ob die Abgabe auch voll umfänglich auf den Beherbergungsgast "überwälzt" worden sei und nicht etwa nur kalkulatorisch in das Beherbergungsentgelt eingeflossen sei. Die vorzunehmende Datenerhebung zur Differenzierung zwischen beruflich und privat veranlassten Übernachtungen begegne durchgreifenden datenschutzrechtlichen Bedenken. Die von der Beklagten praktizierte Besteuerung ausschließlich privat veranlasster Übernachtungen sei wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig. Zwar sei im Steuerrecht eine Typisierung zulässig. Die Beherbergungsabgabesatzung lasse jedoch nur in Ausnahmefällen überhaupt eine Besteuerung zu. Zudem stelle sich die Frage nach der Überwälzbarkeit der Abgaben.44Die Gleichheit der Besteuerung werde durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens schon prinzipiell verfehlt. Der Beklagten stünde keine effektive Instrumentation zur Verfügung, die geforderten Erklärungen zum Aufenthaltszweck systematisch und umfassend auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.45Die eine lediglich privat veranlasste Übernachtung besteuernde Satzungsregelung sei unwirksam, solange der Steuerschuldner seinerseits keine Möglichkeit habe, den die Abgabe begründeten Tatbestand selbst verbindlich festzustellen. Daher sei entscheidend allein das "Wie" der Besteuerung mit der Folge, dass es darum gehe, ob dem Beherbergungsbetrieb ein Auskunftsrecht gegenüber dem Gast zustehe und ob ihm dessen Verhalten zuzurechnen sei. Die Erhebung der Beherbergungsabgabe als indirekte Steuer führe zu nicht überwindbaren Problemen bei der Umsetzung in der täglichen Besteuerungspraxis. Auch ein Vergleich mit der Problematik der Umsatzsteuererhebung beim Verkauf von Speisen und Getränken betreffend die Höhe des Steuersatzes helfe nicht weiter. Dabei gehe es nicht um die hier entscheidende Frage des "Ob" der Besteuerung. Zudem sei auch insoweit der unverhältnismäßige Mitwirkungsbeitrag des Steuerschuldners zu beachten, der auf Seiten des Beherbergungsbetriebes erhebliche Aufklärungsbemühungen sowohl in zeitlicher als auch in personeller Hinsicht erfordere. Dies gelte unabhängig davon, ob ein direkter fernmündlicher oder schriftlicher Kontakt bei der Buchung bestehe oder die Buchung via Internet erfolge. Insbesondere in den Reservierungsportalen könne nur ein Preis je Zimmerkategorie angeboten werden. Nichts anderes gelte im Ergebnis im Hinblick auf Vergleiche mit Vergnügungs-, Hunde- oder Zweitwohnungssteuern. Bei der Nutzung von Spielgeräten stelle sich die Frage nach der Veranlassung des Aufwandes nicht. Bei Hunde- und Zweitwohnungssteuern handele es sich bereits um direkte Steuern.46Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.47Entscheidungsgründe:48Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid zu Recht aufgehoben, weil er rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑). Die Beherbergungsabgabesatzung ist nämlich nichtig und damit keine wirksame Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid.49Unbedenklich ist allerdings, dass durch die Satzung eine Steuer als örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG auf entgeltliche private Übernachtungen erhoben wird.50Zur Steuerbarkeit dieses Steuergegenstands vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 CN 1/11 ‑, BVerwGE 143, 301 Rn. 12 ff.; Urteil des Senats vom 23.1.2013 ‑ 14 A 1860/11 ‑, NRWE Rn. 57 ff.; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 KN 1/12 ‑, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 85 ff.51Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerin greifen nicht durch, insbesondere lässt sich aus den Regelungen des Datenschutzgesetzes Nordrhein Westfalen ‑ DSG NRW ‑ nichts zugunsten der Klägerin herleiten. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 DSG NRW gilt dieses Gesetz für öffentliche Stellen, namentlich für die Behörden, Einrichtungen und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie für die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen. Dazu zählt die Klägerin nicht.52Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 KN 1/12 ‑, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 106 ff.; Beschluss vom 15.2.2012 ‑ 4 MR 1/12 -, NVwZ 2012, 771 (774).53Auch die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes ‑ DSG ‑ stehen der Einholung und Weitergabe solcher Erklärungen nicht entgegen.54Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.2.2012 ‑ 4 MR 1/12 -, NVwZ 2012, 771 (774).55Als nicht öffentliche Stellen sind für die Klägerin gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes maßgeblich. Nach § 4 Abs. 1 BDSG dürfen auch nicht öffentliche Stellen Daten nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Andere Rechtsvorschriften sind u. a. das Landesrecht wie auch kommunales Recht. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 BAS ist der Beherbergungsunternehmer verpflichtet, die Bescheinigung mit der Abgabenerklärung (§ 7 BAS) einzureichen. Die Zulässigkeit der Weitergabe ergibt sich schließlich auch aus § 15 Abs. 1 BDSG.56Die besonderen Regelungen über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags in § 11 Abs. 5 und 6 KAG stehen der Beherbergungsabgabe nicht entgegen. Dies würde unter dem Auslegungsgesichtspunkt des Vorrangs der speziellen Norm vor der allgemeinen Norm voraussetzen, dass die Beherbergungsabgabe den Regelungsgehalt eines Fremdenverkehrsbeitrags hätte. Das ist nicht der Fall. Die Beherbergungsabgabe wird als Steuer gegenleistungslos zur Einnahmebeschaffung erhoben, während der Fremdenverkehrsbeitrag als Vorzugslast der Deckung der in § 11 Abs. 5 Satz 1 KAG genannten vorteilhaften gemeindlichen Fremdenverkehrsaufwendungen dient. Diese Unterschiede in Ziel und Rechtfertigung der Abgaben schließen es aus, der Regelung des Fremdenverkehrsbeitrags eine die Erhebung einer Beherbergungsabgabe ausschließende Wirkung zuzumessen.57Die Erhebung der Beherbergungsabgabe ist nicht deshalb unzulässig, weil sie der Umsatzsteuer (hier in Form der Mehrwertsteuer) gleichartig wäre. Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Der genaue Inhalt dieses Gleichartigkeitsverbots, das im Rahmen des Finanzreformgesetzes 1969 auf Druck des Bundesrates in das Grundgesetz aufgenommen wurde,58vgl. Entwurf eines Finanzreformgesetzes, BT-Drs. V/2861, S. 7, Stellungnahme des Bundesrates dazu S. 86 f. und Gegenäußerung der Bundesregierung S. 94 f.; Beschluss des Vermittlungsausschusses, BT-Drs. V/3896, S. 4, und Beschluss des Vermittlungsausschusses BT-Drs. V/4105, S. 4,59ist vom Bundesverfassungsgericht noch nicht präzisiert worden. Jedenfalls besteht die Funktion der Vorschrift darin, im Rahmen der Zuweisung der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz für örtliche Aufwand- und Verbrauchsteuern an die Länder zu verhindern, dass auf diesem Gesetzgebungsweg eine bundesrechtliche Aufwand- oder Verbrauchsteuer auf örtlicher Ebene erhoben wird.60Vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 CN 1.11 ‑, BVerwGE 143, 301 Rn. 22 ff.; s. dazu, dass dem Gesetzgeber die Einführung einer Gemeindeumsatzsteuer als verschlossener Bereich vorschwebte, Berichterstatter Reischl im Bundestag, BT-PlenProt. der 222. Sitzung vom 20.3.1969, S. 12058 B, C, und Berichterstatter Dr. Heinsen im Bundesrat, BR-PlenProt. der 338. Sitzung vom 9.5.1969, S. 109 B, C.61Es darf also nicht eine bereits existierende Bundessteuer im Gewand einer örtlichen Aufwand- oder Verbrauchsteuer erhoben werden. Deshalb bedarf es eines wertenden Gesamtvergleichs der zu vergleichenden Steuern.62BVerwG, Urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 CN 1.11 ‑, BVerwGE 143, 301 Rn. 25; Vogel/Walter, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Loseblattsammlung (Stand: Juli 2013), Art. 105 Rn. 124b.63In diesem Rahmen kann festgestellt werden, dass die hier in Rede stehende Abgabe in vielen Punkten der Umsatzsteuer nahesteht (Anknüpfung an einen entgeltlichen Leistungsaustausch, wegen intendierter Abwälzung wirtschaftlich tendenziell Preisanhebungswirkung, Orientierung proportional zum Entgelt, keine zeitliche oder zahlenmäßige Begrenzung der Besteuerungsfälle, Loslösung des Kreises der Steuerträger von persönlichen Eigenschaften mit Ausnahme des mit der Übernachtung verfolgten Zwecks, Annäherung in der Höhe zur hier siebenprozentigen Umsatzsteuer). Dennoch ist die Beherbergungsabgabe keine in das Gewand einer örtlichen Aufwandsteuer gekleidete Umsatzsteuer, weil ihr deren entscheidendes Kriterium fehlt. Diese ist nämlich prinzipiell auf die Besteuerung jedweden Leistungsaustauschs gerichtet. Erst die Losgelöstheit der Umsatzsteuer von der Art der Lieferung oder sonstigen Leistung macht ihr Wesen als allgemeine Verbrauchsteuer gegenüber den speziellen Aufwand- und Verbrauchsteuern aus.64Zur Umsatzsteuer als allgemeiner indirekter Verbrauchsteuer s. Englisch in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 17 Rn. 10 ff.65Im Gegensatz zur Umsatzsteuer erfasst die Beherbergungsabgabe ausschließlich die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung.66Bei einer solchen Auslegung wird das Verbot in Art. 105 Abs. 2a GG, bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartige örtliche Aufwand- und Verbrauchsteuern zu schaffen, zwar für die Umsatzsteuer praktisch funktionslos, da die Schaffung einer jedweden örtlichen Aufwand- und Verbrauch erfassenden Gemeindeumsatzsteuer eher theoretischer Natur ist. Ihre volle Wirkung entfaltet das Gleichartigkeitsverbot aber für alle speziellen bundesrechtlich geregelten Aufwand- und Verbrauchsteuern. So kann etwa das Halten eines Kraftfahrzeugs im Gemeindegebiet wegen des Kraftfahrzeugsteuergesetzes nicht erneut besteuert werden. Gleiches gilt für die Besteuerung des Verbrauchs bestimmter Güter im Gemeindegebiet, die bereits bundesrechtlich speziell besteuert werden (Tabakwaren nach dem Tabaksteuergesetz, Strom nach dem Stromsteuergesetz, Energie nach dem Energiesteuergesetz, Schaumwein nach dem Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz, Branntwein nach dem Gesetz über das Branntweinmonopol, Bier nach dem Biersteuergesetz).67Die Beherbergungsabgabe verstößt auch nicht gegen das europarechtliche Gleichartigkeitsverbot. Nach Art. 401 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) hindert diese Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist. Die Beherbergungsabgabe hat in diesem Sinne nicht den Charakter einer Umsatzsteuer.68Nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union soll mit der Vorschrift verhindert werden, dass das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belastet. Als solche Maßnahmen sind Steuern, Abgaben und Gebühren anzusehen, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen Einzelheiten gleichen. Dabei handelt es sich um folgende Merkmale: Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte, sie ist, unabhängig von der Anzahl der getätigten Geschäfte, proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen, sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebes erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, d. h., die bei einem Geschäft fällige Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist.69Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29.4.2004 C-308/01 ‑, Slg. 2004, I-4802, Rn. 33; Urteil vom 9.3.2000 C-437/97 -, Slg. 2000, I-1189, Rn. 22.70Ebenso wie beim verfassungsrechtlichen Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG ist also auch europarechtlich die Allgemeinheit ein Wesensmerkmal der Umsatzsteuer. Das gilt selbst dann, wenn man in Übereinstimmung mit Kritik aus Rechtsprechung und Literatur,71vgl. Nds. FG, Urteil vom 26.8.2011 ‑ 7 K 192/09 u. a. ‑, juris Rn. 60 ff. m. w. N.,72nicht alle der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genannten Merkmale als konstituierend für die Umsatzsteuer ansieht. Das Merkmal allgemeiner, sich grundsätzlich auf alle Gegenstände und Dienstleistungen gleich welcher Art erstreckender Geltung ist jedenfalls ein konstituierendes und damit erforderliches Merkmal, um einer Steuer den Charakter einer Umsatzsteuer zu verleihen.73Vgl. Schlussantrag der Generalanwältin vom 5.9.2013 in der Rechtssache C-385/12, Rn. 112, http://curia.europa.eu/.74Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung bestehen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit der Abgabenlast für den Steuerpflichtigen. Richtig ist allerdings, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, dass für alle Abgaben der abgabenbegründende Tatbestand so bestimmt sein muss, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallenden Abgaben ‑ in gewissem Umfang ‑ vorausberechnen kann.75Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.7.2003 ‑ 2 BvL 1/99 ‑, NVwZ 2003, 1241 (1247); BVerwG, Urteil vom 27.6.2012 ‑ 9 C 7/11 ‑, NVwZ 2012, 1413 (1415).76Bei der Forderung der Vorhersehbarkeit der Abgabenlast geht es somit um die hinreichenden Bestimmtheit einer Abgabennorm, um ein Mindestmaß an Orientierungssicherheit, nicht aber um arithmetische Berechenbarkeit.77Vgl. Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 3, Rn. 246,78Unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit einer Norm,79zu dem dazu anzulegenden Maßstab vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.11.2006 ‑ 2 BvR 578, 796/02 ‑, BVerfGE 117, 71 (111),80gibt es gegen den Tatbestand des § 2 Abs. 1 erster Halbsatz BAS, wonach Gegenstand der Beherbergungsabgabe der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb ist, nichts zu erinnern. Insbesondere ist das Tatbestandsmerkmal "privat" bestimmt genug, um nicht steuerbare beruflich bedingte Übernachtungen aus dem Steuergegenstand auszuscheiden. Es handelt sich um ein steuerrechtlich gängiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Einkommensverwendung bei der privaten Lebensführung und Einkommensverwendung zur Einkommenserzielung nach dem Kriterium der Veranlassung,81vgl. BFH, Beschluss vom 28.11.1977 ‑ GrS 2 und 3/77 ‑, BFHE 124, 43 (50); zum Problem gemischter Veranlassung s. Beschluss vom 21.9.2009 ‑ GrS 1/06 ‑, BStBl. 2010, 672,82wie es etwa auch bei der einkommensteuerrechtlichen Ausscheidung von Betriebsausgaben und Werbungskosten aus den zu versteuernden Einkünften (§§ 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ‑ EStG ‑) maßgeblich ist, ohne dass dort eine unter Bestimmtheitsgesichtspunkten präzisere normative Abgrenzung erfolgt. Der vom Verwaltungsgericht als hier entscheidend angesehene Umstand, dass der Unternehmer keine Kenntnis davon hat, ob eine private oder eine beruflich veranlasste Übernachtung vorliegt, ist kein Problem der Bestimmtheit der Norm, sondern wirft die ‑ später zu erörternde ‑ Frage auf, ob er zum Steuerschuldner bestimmt werden darf.83Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sieht der Senat auch keine Verletzung des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung durch die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS, der bestimmt, dass eine private Übernachtung nicht vorliegt, wenn der Beherbergungsgast dies eindeutig durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachweist.84In der Tat wäre die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS rechtswidrig, wenn sie dem Steuerschuldner eine Beweisführungslast in der Form auferlegen würde, dass auch bei Kenntnis der Beklagten von der beruflichen Veranlassung der Übernachtung ohne den Nachweis die Steuer entstehen soll oder die Beklagte sich aufdrängende Aufklärungsmaßnahmen nicht zu ergreifen hätte.85Zur Unzulässigkeit einer formellen Beweislastregelung unter Geltung des Untersuchungsgrundsatzes vgl. Wünsch in: Palke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 88 Rn. 27; Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 24 Rn. 54; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 24 Rn. 40.86Denn nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. § 88 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Gemeinde den Sachverhalt grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln.87Die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS beinhaltet jedoch keine solche Beweisführungslast. Der Wortlaut besagt nicht, dass immer dann eine private Übernachtung vorliegt, wenn keine eindeutige Arbeitgeberbescheinigung vorliegt. Die Arbeitgeberbescheinigung ist lediglich ein satzungsrechtlich hervorgehobenes geeignetes Beweismittel zur Ermittlung des Sachverhalts. Die Vorschrift kann gesetzeskonform in Übereinstimmung mit dem Untersuchungsgrundsatz dahin verstanden werden, dass auch dann die Steuer (noch) nicht erhoben wird, wenn der berufliche Charakter der Übernachtung bekannt ist oder sich weitere Aufklärungsmaßnahmen für die Beklagte aufdrängen. Dem entspricht offensichtlich auch die Verwaltungspraxis der Beklagten. So sieht der von ihr aufgestellte "Handlungsrahmen Beherbergungsabgabe" andere Beweismittel als nur die Arbeitgeberbescheinigung vor, wie etwa die Rechnungsübernahme durch den Arbeitgeber.88Aus der so verstandenen Auslegung der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS folgt gleichzeitig, dass sie keine Beweisführungslast begründet.89Vgl. dazu, dass eine untergesetzliche Vorschrift, die dem Steuerpflichtigen sogar bestimmte Nachweise auferlegt, wegen des gesetzlichen Untersuchungsgrundsatzes nicht als formelle Beweislastregelung verstanden werden darf: BFH, Urteil vom 15.10.1976 - VI R 21/76 -, BFHE 120, 229 (232).90Sie beinhaltet aber auch keine unzulässige materielle Beweislastregelung. Der Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS lässt sich allerdings die Auffassung des Satzungsgebers entnehmen, dass dann, wenn weder positive Kenntnis der Beklagten vom beruflich bedingten Charakter der Übernachtung vorliegt noch weitere Aufklärungsmaßnahmen sich aufdrängen, ohne einen Nachweis der beruflichen Veranlassung ein privater Charakter der Übernachtung und damit ihre Steuerbarkeit anzunehmen ist. Daher mag die Vorschrift eine materielle Beweislastregelung enthalten. Eine solche wäre jedoch zulässig.91Die materielle Beweislast gehört nicht dem Verfahrens-, sondern dem materiellen Recht an,92vgl. Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 24 Rn. 55; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., § 24 Rn. 41; Söhn in: Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO/FGO, Loseblattsammlung (Stand August 2013), § 88 AO, Rn. 360,93hier also dem Aufwandsteuerrecht, zu dessen Regelung und damit auch zur Regelung der materiellen Beweislast die Beklagte befugt ist. Die verfassungsrechtliche Grenze der Regelungsbefugnis bildet insoweit der rechtsstaatliche Grundsatz eines fairen Verfahrens.94Vgl. BVerfG, Urteil vom 13.2.2007 ‑ 1 BvR 421/05 ‑ BVerfGE 117, 202 (240); Beschluss vom 25.7.1979 ‑ 2 BvR 878/74 ‑, BVerfGE 52, 131 (144 f.); zum rechtsstaatlichen Grundsatz eines fairen Verwaltungsverfahrens vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.8.2000 ‑ 11 B 30.00 ‑, NVwZ 2001, 94 (95); Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 20 Rn. 31a.95Gegen diesen Grundsatz verstößt § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS nicht, sollte in ihm eine materielle Beweislastregelung enthalten sein.96Grundsätzlich trägt nach der Rosenbergschen Normbegünstigungstheorie der Steuergläubiger für steuerbegründende und -erhöhende Tatsachen und der Steuerschuldner für steuerentlastende oder -mindernde Tatsachen die Beweislast. Es kann aber durchaus sachgerecht sein, im Rahmen der sogenannten sphärenorientierten Beweisrisikoverteilung unter Berücksichtigung von Mitwirkungspflichten,97vgl. Seer in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 22 Rn. 190 f.,98eine Verteilung unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Beweisführung vorzunehmen.99Vgl. Heßhaus in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 24 Rn. 17.1; allgemein zu den verschiedenen Gesichtspunkten der Ergänzung des Normbegünstigungsprinzips Kallerhoff in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG , 7. Aufl., § 24 Rn. 55.100Hier regelt die Beherbergungsabgabensatzung allgemeine Mitwirkungs- und Auskunftsobliegenheiten des Beherbergungsgastes und mittelbar des Arbeitgebers (§12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. §§ 90 Abs. 1, 93 Abs. 1 Satz 1 AO) zur Ermittlung des steuerrechtlich relevanten Sachverhalts. Dies ist sachgerecht, da die Kenntnis vom beruflichen oder privaten Charakter der Übernachtung allein bei den genannten Personen liegt. Auch hier bezieht sich der vom Verwaltungsgericht herangezogene Umstand diesbezüglich fehlender Kenntnis des Beherbergungsunternehmers nicht auf die Zulässigkeit der materiellen Beweislastnorm, sondern auf die Frage richtiger Auswahl des Steuerschuldners.101Schließlich ist die Beherbergungsabgabesatzung auch nicht aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits wegen der Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nichtig.102Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre Komponenten zum einen die Gleichheit der normativen Steuerpflicht, aber andererseits ebenso die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz ‑ und damit auch die hier in Rede stehende Beherbergungsabgabesatzung ‑ in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, welches die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet.103Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (Leitsatz 1).104Die steuerliche Lastengleichheit fordert mithin, dass das materielle Steuergesetz die Gewähr seiner regelmäßigen Durchsetzbarkeit soweit wie möglich in sich selbst trägt. Der Normgeber hat demgemäß die Besteuerungstatbestände und die ihnen entsprechenden Erhebungsregelungen aufeinander abzustimmen. Führen Erhebungsregelungen dazu, dass ein gleichmäßiger Belastungserfolg prinzipiell verfehlt wird, kann die materielle Steuernorm nicht mehr gewährleisten, dass die Steuerpflichtigen nach Maßgabe gleicher Lastenzuteilung belastet wären; sie wäre dann gerade umgekehrt Anknüpfungspunkt für eine gleichheitswidrige Lastenverteilung.105Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (271 f.); BVerwG, Urteil vom 23.2.2011 - 6 C 22.10 -, BVerwGE 139, 42 Rn. 67.106Regelungen, die die Durchsetzung des Steueranspruchs sichern und Steuerverkürzungen verhindern sollen, müssen auf die Eigenart des konkreten Lebensbereichs und des jeweiligen Steuertatbestands ausgerichtet werden. Wird eine Steuer nicht an der Quelle erhoben, hängt ihre Festsetzung vielmehr von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muss die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip.107Vgl. BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (273).108Verfassungsrechtlich verboten ist der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregelung. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts.109Vgl. BVerfG, Urteil vom 9.3.2004 ‑ 2 BvL 1702 ‑, BVerfGE 110, 94 (Leitsatz 2).110Vorliegend hängt die Steuerbelastung des Steuerschuldners und damit infolge der Möglichkeit einer Abwälzung mittelbar auch des Steuerträgers allein von freiwillig offenbarten Informationen ab, da die Beklagte über den steuerbegründenden privaten Charakter der jeweiligen Übernachtung in aller Regel keine eigenen Erkenntnisse hat. Daraus folgt zwar, dass es eines normativen Umfelds bedarf, das die Gleichheit der Belastung hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges sichert. Das ist aber der Fall.111Eine beachtliche Gewähr für den gleichheitsgerechten Erfolg bietet bereits der Umstand, dass hier nur das Handeln des Beherbergungsgastes durch Vorlage entsprechender Nachweise zur Steuerfreiheit für beruflich bedingte Übernachtungen führt. Damit unterscheidet sich die vorliegende Konstellation von Besteuerungsverfahren, in denen das Unterlassen einer Handlung die faktische Steuerfreiheit nach sich zieht.112Vgl. zur Erklärung privater Zinserträge: BVerfG, Urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 BvR 1493/89 ‑, BVerfGE 84, 239 (275); zur Offenbarung von Spekulationsgewinnen: BVerfG, Urteil vom 9.3.2004 ‑ 2 BvL 17/02 ‑, BVerfGE 110, 94 (119).113Damit bleibt im Hinblick auf die Frage nach einem strukturellen Vollzugsdefizit vor allem, wie auch vom Verwaltungsgericht ausgeführt, die Gefahr wahrheitswidriger Erklärungen durch Gefälligkeitsbescheinigungen oder Eigenbescheinigungen Selbständiger.114Diese durchaus nicht auszuschließende Gefahr führt jedoch nicht zu einem strukturellen Vollzugsdefizit. Für die Richtigkeit ausgestellter Bescheinigungen spricht schon die Strafbewehrtheit der Ausstellung einer unrichtigen oder unvollständigen Bescheinigung (§ 17 Abs. 1 KAG ‑ Abgabenhinterziehung ‑) und die Bußgeldbewehrtheit bloßer Abgabengefährdung (§ 20 Abs. 2 KAG) angesichts nur geringfügiger Ersparnis durch unberechtigte Steuerfreiheit.115Denkbar ist auch eine Fehlannahme der beruflichen Veranlassung, wenn sie aus wenig sicheren Indizien gefolgert wird, etwa bei bloßer Angabe des Arbeitgebers in der Rechnungsanschrift, wenn die Rechnung aber vom Beherbergungsgast persönlich beglichen wird. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Beklagte über ausreichende Kenntnisse vom Wirtschaftsraum Dortmund verfügt, um in etwa das Verhältnis zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen bei einzelnen Kategorien von Beherbergungsunternehmen abschätzen zu können. Damit ist eine Fehleinschätzung in einem hier erheblichen Umfang unwahrscheinlich. Dass die vollständige Erfassung aller Steuerfälle verfehlt wird, kann unterstellt werden. Kritikwürdige Vollzugsdefizite gibt es viele, entscheidend ist jedoch, wann diese die Qualität eines strukturellen Vollzugsdefizits erreichen mit der Folge der Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden materiellen Norm.116Vgl. Hey in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 3 Rn. 115.117Das ist erst der Fall, wenn die gleichmäßige Erfassung nicht mehr prinzipiell gewährleistet ist. Davon kann hier keine Rede sein, auch wenn Verbesserungen im Vollzug der Beherbergungsabgabe möglich sind.118Dem Beherbergungsunternehmer wird auch kein unverhältnismäßiger Organisationsaufwand abverlangt, der ihn in seiner Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG in verfassungswidriger Weise verletzen würde.119Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7.2.2013 - 4 KN 1/12 -, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 108.120Die Unterscheidung zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen ist ohne unverhältnismäßige Mitwirkungsbeiträge des Steuerpflichtigen durch die Beklagte geregelt. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 BAS erfolgt der Nachweis der berufsbedingten Übernachtung regelmäßig durch die Vorlage der entsprechenden Arbeitgeberbescheinigung. Nach Nummer 1 des von der Beklagten aufgestellten "Handlungsrahmens Beherbergungsabgabe" bestehen weitere Möglichkeiten eines Nachweises. Die Einholung entsprechender Erklärungen der Übernachtungsgäste im Rahmen der Anmeldung oder während des Aufenthalts ist dem Beherbergungsunternehmer zuzumuten, der ohnehin wegen der Abwicklung des Beherbergungsvertrags und der mit ihm verbundenen melderechtlichen Verpflichtungen (vgl. § 26 des Meldegesetzes NRW ‑ MG NRW ‑) den Beherbergungsgast zu befragen hat. Der von Klägerseite problematisierte Beratungsaufwand hält sich bei möglicher schriftlicher Aufklärung der Gäste in Grenzen, zumal er sich reduzieren wird, wenn die Beherbergungsabgabe hinreichend verbreitet ist. Der durch die Verpflichtung zur Abgabenerklärung gemäß § 7 Abs. 1 BAS entstehende zusätzliche Organisationsaufwand, der lediglich einmal im Kalendervierteljahr anfällt, führt nicht zu einer Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Nach den überzeugenden Bekundungen der in der mündlichen Verhandlung informatorisch vernommenen Empfangschefin eines Hotels ist die Zusammenstellung des zu besteuernden Aufwands mittels elektronischer Datenverarbeitung kein Problem mehr, wenn erst die Erfassung der Übernachtung als privat oder beruflich veranlasst erfolgt ist.121Die Satzung ist jedoch nichtig, weil sie in § 5 rechtswidrig den Betreiber des Beherbergungsbetriebs zum Steuerschuldner bestimmt. Allerdings schreibt § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG vor, dass die Satzung den Kreis der Abgabeschuldner angeben muss. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 43 Satz 1 AO bestimmt die Satzung, wer Steuerschuldner ist. Dem Satzungsgeber wird damit ein Spielraum eröffnet. Allerdings ist er begrenzt: Der Satzungsgeber ist an die Grundentscheidungen des Kommunalabgabengesetzes gebunden, insbesondere daran, dass es für das Entstehen der Abgabeschuld an einen Abgabetatbestand anknüpft.122Vgl. Holtbrügge in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblattsammlung (Stand: September 2013), § 2 Rn. 52; Lenz in: Hamacher u. a., KAG NRW, Loseblattsammlung (Stand: März 2013), § 2 Rn. 50 f.123Das gilt auch für die Steuer. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Daher muss die Satzung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG den die Abgabe begründenden Tatbestand angeben. Diese Grundentscheidung des Kommunalabgabengesetzes, das Entstehen der Steuerschuld an die Verwirklichung eines Steuertatbestands zu knüpfen, begrenzt den Kreis der in der Satzung zu bestimmenden möglichen Steuerschuldner. Nur wem die Erfüllung des Steuertatbestands zugerechnet werden kann, darf zum Steuerschuldner bestimmt werden. Daher ist es zumindest erforderlich, dass der Steuerschuldner in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand steht oder einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leistet.124Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.4.2012 ‑ 14 B 1520/11 ‑, NRWE Rn. 32 f.; ähnlich schon Urteil vom 2.10.1957 ‑ III A 1779/56 ‑, KStZ 1957, 271 (272), zur Zulässigkeit der Haftung der verpachtenden Brauerei für die Schankerlaubnissteuerschuld des Gastwirts; dazu BVerwG, Urteil vom 14.8.1959 ‑ VII CB 231.57 ‑, KStZ 1959, 228 (229); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.2.2011 ‑ 2 S 196/10 ‑, KStZ 2011, 231 (235); ähnlich bereits RVerwG, Entscheidung vom 24.2.1942 ‑ VIII C 18/41 ‑, RVBl. 1943, 74 (75).125Steuergegenstand ist das Steuergut mit dem Inhalt und Umfang der Tatbestandsverwirklichung. Das ist hier gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BAS der Aufwand des Beherbergungsgastes, um die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung zu erlangen.126Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.8.2012 ‑ 14 A 1532/12 ‑, NRWE Rn. 10 f.127Zu diesem Steuergegenstand steht der Betreiber des Beherbergungsbetriebs nur zum Teil in einer besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung, nur zum Teil leistet er einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung dieses Tatbestands.128Zugerechnet werden können ihm die Tatbestandselemente der Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung und der dafür vom Beherbergungsgast betriebene Konsumaufwand. Der Unternehmer bietet nämlich die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung gegen einen bestimmten, vom Beherbergungsgast aufzuwendenden Preis auf dem Markt an. Das ist jedoch nur ein Teil des steuerbegründenden Tatbestands. Zum weiteren Tatbestandsmerkmal des privaten Charakters der Übernachtung steht der Unternehmer in keinerlei Beziehung, zu der Verwirklichung dieses Elements leistet er keinerlei Beitrag.129Derjenige, dem dieses steuerbegründende Merkmal zugerechnet werden kann, ist vielmehr der Beherbergungsgast, der über den Zweck der Beherbergung entscheidet. Der Unternehmer weiß im Regelfall noch nicht einmal, ob dieses Tatbestandselement vorliegt. Diese nur gelockerte Beziehung des Beherbergungsunternehmers zum Steuergegenstand schließt es aus, ihn zum Steuerschuldner zu bestimmen. Es hätte einerseits zur Folge, dass in der Person des Unternehmers eine Steuerschuld entsteht, wenn eine steuerfreie beruflich bedingte Übernachtung glaubhaft ist, jedoch in Wirklichkeit eine private Übernachtung vorliegt, und andererseits, dass der Unternehmer für ihn unvermeidlich zu einer Steuer herangezogen wird, obwohl keine Steuerschuld entstanden ist, wenn der Beherbergungsgast aus welchen Gründen auch immer die berufliche Veranlassung der Übernachtung nicht offenlegt.130Dem Umstand, dass das steuerbegründende Merkmal des privaten Charakters der Übernachtung dem Unternehmer nicht zugerechnet werden kann, kann nicht entgegengehalten werden, dass er sich wirtschaftlich schadlos halten kann und nach der Konzeption auch soll, indem er die in seiner Person entstandene Steuer auf den Beherbergungsgast abwälzt.131So aber wohl OVG S-H, Urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 KN 1/12 ‑, NVwZ-RR 2013, 816 Rn. 89.132Das ist schon tatsächlich in der Konstellation nicht möglich, dass für den Unternehmer glaubhaft, jedoch fälschlich eine steuerfreie beruflich bedingte Übernachtung vorzuliegen scheint. Die These ist aber grundsätzlich verfehlt. Die Abwälzbarkeit ist ein begrifflich notwendiges Merkmal jedweder indirekten Aufwandsteuer, denn besteuertes Steuergut ist der Konsumaufwand, der in der Person des Steuerschuldners bei einer indirekten Steuer nicht anfällt. Die Abwälzbarkeit ist jedoch kein hinreichendes Merkmal dafür, jeden unabhängig von seiner Beziehung zum Steuertatbestand zum Steuerschuldner bestimmen zu dürfen, der die Steuer abwälzen kann. Die genannte Auffassung verkennt, dass das Kommunalabgabengesetz schon das Entstehen einer Steuerschuld in der Person des Steuerschuldners als rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Rechtssphäre des Steuerschuldners wertet, unabhängig von der Frage, wen die Steuer letztlich wirtschaftlich trifft. Diese Rechtfertigung liegt darin, dass dem Steuerschuldner die Verwirklichung des Steuertatbestands zugerechnet werden kann, nicht darin, dass er die wirtschaftlichen Folgen der Steuer abwälzen kann.133Die oben dargelegte Nähe des Unternehmers zum Steuergegenstand jenseits des privaten Charakters der Übernachtung rechtfertigt es lediglich, ihn zum Steuerentrichtungspflichtigen zu bestimmen. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 43 Satz 2 AO bestimmt die Satzung auch, ob ein Dritter die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat. In diesem Fall entsteht die Steuer in der Person eines Dritten, nämlich des mit dem Steuerentrichtungspflichtigen nicht identischen Steuerschuldners. Der Steuergläubiger bedient sich des Steuerentrichtungspflichtigen allein dazu, die Steuer beim Steuerschuldner einzuziehen und an den Steuergläubiger abzuführen. Auch eine solche Steuerpflicht bedarf der Rechtfertigung. Diese kann in der Nähe des Steuerentrichtungspflichtigen zum Steuergegenstand und zum Steuerschuldner liegen. Die Beziehung des Steuerentrichtungspflichtigen zum Steuergegenstand und Steuerschuldner muss nicht eine die Steuerschuldnerschaft rechtfertigenden Dichte aufweisen, sondern lediglich die Zumutbarkeit der aus der Steuerentrichtungspflicht entspringenden Steuerpflichten begründen.134Das Kommunalabgabengesetz selbst enthält vergleichbare Regelungen für eine besondere Abgabe, nämlich den Kurbeitrag.135Ein bundesrechtliches Beispiel ist die Versicherungssteuer, deren Schuldner der Versicherungsnehmer ist, während der Versicherer die Steuer zu entrichten hat, vgl. § 7 Abs. 1 und 2 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG).136Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 KAG ist abgabepflichtig derjenige, der in dem Kurort Unterkunft nimmt. Als Abgabeentrichtungspflichtiger kann der bestimmt werden, der Personen zu Heil- oder Kurzwecken beherbergt oder als Grundeigentümer Unterkunftsmöglichkeiten gewährt (§ 11 Abs. 3 KAG). Ihn trifft nur die Pflicht, die Abgabepflichtigen zu melden, die Abgabe einzuziehen und an den Abgabegläubiger abzuliefern.137Bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Beherbergungsabgabe stellt sich die Frage der Abwälzbarkeit nicht, da es um eine direkte Aufwandsteuer geht. Im Falle unrichtiger Annahme einer steuerfreien beruflich bedingten Übernachtung entsteht die Steuer zu Recht in der Person des Beherbergungsgastes, nicht des steuerentrichtungspflichtigen Unternehmers, der nur für die korrekte Erfüllung seiner - in der Satzung, nicht in einem "Handlungsrahmen" präzise festzulegenden - zumutbaren Pflichten verantwortlich ist. Wird vom Beherbergungsgast zu Unrecht eine Steuer eingezogen, weil er den beruflich bedingten Charakter der Übernachtung nicht hinreichend offenbart, ist das unbedenklich, da dies auf der Verletzung seiner Mitwirkungs- und Auskunftspflichten beruht (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KAG i. V. m. § 90 Abs. 1, 93 AO). Erstattungsansprüche wegen einer zu Unrecht erhobenen Steuer stehen ihm zu (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i. V. m. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO), nicht ‑ wie es in § 2 Abs. 3 Satz 4 BAS geregelt ist ‑ seinem Arbeitgeber.138Vgl. zu einer ähnlichen Regelung bei Steuerschuldnerschaft des Unternehmers OVG NRW, Urteil vom 23.1.2013 - 14 A 1860/11 ‑, NRWE Rn. 100 ff.; dazu BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2013 - 9 B 16.13 ‑, juris Rn. 3.139Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.140Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.141Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen. Entscheidungstragend ist die Reichweite der landesrechtlichen Ermächtigung des Satzungsgebers, den Steuerschuldner zu bestimmen. | die berufung wird zurückgewiesen.die beklagte trägt die kosten des berufungsverfahrens.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die vollstreckungsschuldnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckungsgläubigerin vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet.die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die klägerin betreibt das hotel e. und das hotel d. im stadtgebiet der beklagten.3in seiner sitzung am 8. juli 2010 beschloss der rat der beklagten die am 1. november 2010 in kraft getretene satzung über die erhebung einer abgabe auf entgeltliche beherbergungen im gebiet der stadt dortmund (beherbergungsabgabesatzung ‑ bas ‑).4die satzung trifft u.a. folgende regelungen:5"§ 16abgabengläubiger7die stadt dortmund erhebt nach dieser satzung eine beherbergungsabgabe als örtliche aufwandsteuer.8§ 29gegenstand der abgabe10gegenstand der beherbergungsabgabe ist der aufwand des beherbergungsgastes für die möglichkeit einer entgeltlichen privaten übernachtung in einem beherbergungsbetrieb (hotel, gasthof, pension, privatzimmer, jugendherberge, ferienwohnung, motel, campingplatz, schiff und ähnliche einrichtung), der gegen entgelt eine beherbergungsmöglichkeit zur verfügung stellt; dies gilt unabhängig davon, ob die beherbergungsleistung tatsächlich in anspruch genommen wird.11der übernachtung steht die nutzung der beherbergungsmöglichkeit, ohne dass eine übernachtung erfolgt (z. b. tageszimmer), gleich, sofern hierfür ein gesonderter aufwand betrieben wird.12eine private übernachtung liegt nicht vor, wenn der beherbergungsgast dies eindeutig durch eine bescheinigung des arbeitgebers nachweist. die bescheinigung ist der stadt dortmund mit der abgabenerklärung (§ 7 der satzung) einzureichen. der nachweis kann auch innerhalb von drei monaten nach ablauf der frist zur einreichung der abgabenerklärung nachgereicht werden. eine durch den beherbergungsbetrieb entrichtete abgabe wird nach prüfung des nachweises an den arbeitgeber des beherbergungsgastes, bei einem selbständigen beherbergungsgast an diesen, erstattet.13§ 314bemessungsgrundlage15bemessungsgrundlage ist der vom gast für die beherbergung aufgewendete betrag (einschließlich mehrwertsteuer).16§ 417abgabensatz18die übernachtungsabgabe beträgt 5 vom hundert der bemessungsgrundlage.(...)19§ 520abgabenschuldner21abgabenschuldner ist der betreiber des beherbergungsbetriebes.22§ 623entstehung des abgabenanspruches24der abgabenanspruch entsteht mit beginn der entgeltpflichtigen beherbergungsleistung."25die beklagte stellte nach dem inkrafttreten der beherbergungsabgabesatzung einen "handlungsrahmen beherbergungsabgabe" auf, der hinsichtlich des nachweises einer nicht privaten beherbergung vorgaben enthält.26die klägerin meldete unter dem 6. januar 2011 für die monate november und dezember 2010 beherbergungsentgelte einschließlich mehrwertsteuer von 68.636,20 euro sowie unter dem 5. april 2011 für die monate januar bis märz 2011 von 95.490,47 euro an.27mit bescheid vom 29. april 2011 setzte die beklagte unter vorbehalt der nachprüfung die beherbergungsabgabe für die monate november 2010 bis märz 2011 auf 8.206,33 euro fest.28die klägerin hat am 24. mai 2011 klage gegen den streitgegenständlichen bescheid erhoben.29sie hat im wesentlichen vorgetragen, die beherbergungsabgabesatzung verstoße gegen höherrangiges recht. die regelung der bemessungsgrundlage sei nicht mit § 7 abs. 5 der preisangabenverordnung - pangv ‑ vereinbar. der als bemessungsgrundlage nach § 3 bas vorgesehene bruttobetrag habe zwingend bereits die beherbergungsabgabe zu beinhalten, eine gesonderte ausweisung sei nicht zulässig. die beherbergungsabgabe würde daher de facto auf sich selbst erhoben. § 11 abs. 5 des kommunalabgabengesetzes für das land nordrhein-westfalen ‑ kag ‑ stehe der erhebung einer beherbergungsabgabe entgegen, da mit dieser regelung abschließend bestimmt sei, unter welchen voraussetzungen gemeinden fremdenverkehrsabgaben erheben dürften. die beherbergungsabgabe habe nicht den charakter einer örtlichen aufwandsteuer im sinne des art. 105 abs. 2a des grundgesetzes ‑ gg ‑. die beherbergungsabgabe sei überdies der umsatzsteuer gleichartig und verstoße auch aus diesem grunde gegen die aus der genannten vorschrift folgende kompetenzverteilung. § 2 abs. 3 satz 1 bas lasse beruflich bedingte übernachtungen von beamten und selbständigen ohne sachliche rechtfertigung außer betracht, indem sie lediglich arbeitgeberbescheinigungen als nachweis zulasse. überdies sei insoweit die gefahr von gefälligkeitsbescheinigungen evident.30wie das bundesverwaltungsgericht klargestellt habe, müssten satzungen zur regelung einer beherbergungsabgabe dezidierte und konkrete kriterien zur unterscheidung von privat und beruflich veranlassten übernachtungen enthalten. derartige differenzierungskriterien enthalte die vorliegende satzung nicht. aus der regelung des § 2 abs. 3 bas folge, dass der abgabenpflichtige beherbergungsbetrieb verpflichtet sei, bezüglich sämtlicher entgeltlicher übernachtungen die beherbergungsabgabe einzupreisen und einzuziehen. damit werde gleichsam vermutet, dass eine entgeltliche übernachtung privat veranlasst sei. die damit verbundene beweislastverteilung sei vor dem hintergrund nicht gerechtfertigt, dass eine heranziehung zur beherbergungsabgabe bei beruflicher veranlassung der übernachtung schon dem grunde nach ausscheide. aus den gleichen gründen sei auch die erstattungsregelung in § 2 abs. 3 satz 4 bas zu beanstanden. sie bewirke für den pflichtigen eine nicht hinnehmbare situation der ungewissheit. weise der gast eine berufliche veranlassung der übernachtung gegenüber dem beherbergungsbetreiber nicht nach, sei es diesem selbst nicht möglich, beruflich erforderliche übernachtungen von privaten übernachtungen zu unterscheiden. diese ungewissheit dürfe nicht zu lasten des pflichtigen bzw. des hotelgastes gehen, vielmehr dürfe eine steuer insoweit mangels erfüllung des steuertatbestands von vornherein nicht erhoben werden.31des weiteren werde dem beherbergungsbetrieb mit der einreichung von arbeitgeberbescheinigungen eine im kommunalabgabengesetz nrw nicht normierte meldepflicht abverlangt. die erhebung der beherbergungsabgabe verstoße gegen den grundsatz der widerspruchsfreiheit der rechtsordnung, da sie die entscheidung des bundesgesetzgebers, den mehrwertsteuersatz für hotels zu reduzieren, konterkariere. ferner verletze sie die freiheit der berufsausübung nach art. 12 gg, da der in der erhebung liegende eingriff nicht gerechtfertigt werden könne. die datenerhebungspraxis der beklagten zur differenzierung zwischen beruflicher und privater veranlassung einer entgeltlichen übernachtung begegne durchgreifenden datenschutzrechtlichen bedenken.32die klägerin hat beantragt,33den abgabenbescheid der beklagten vom 29. april 2011 aufzuheben.34die beklagte beantragt,35die klage abzuweisen.36sie hat vorgetragen, ein verstoß gegen § 7 abs. 5 pangv liege nicht vor. mit dem in § 3 bas genannten betrag sei nicht der nach § 7 abs. 5 pangv anzugebende endpreis gemeint. bemessungsgrundlage solle vielmehr der netto-übernachtungspreis zuzüglich der darauf entfallenden mehrwertsteuer sein. ferner verstoße die erhebung der abgabe auch nicht gegen § 11 abs. 5 kag. im gegensatz zu dem dort geregelten fremdenverkehrsbeitrag knüpfe die beherbergungsabgabe nicht an die herstellung, anschaffung, erweiterung und unterhaltung von einrichtungen und anlagen, sondern an den wirtschaftlichen aufwand an, den ein hotelgast für seine übernachtung betreibe. ferner handele es sich um eine örtliche aufwandsteuer im sinne des art. 105 abs. 2a gg. eine übernachtung in einem beherbergungsbetrieb stelle typischerweise einen aufwand dar, der über die befriedigung des grundbedürfnisses nach wohnraum hinausgehe. die beherbergungsabgabe sei auch nicht der umsatzsteuer gleichartig. des weiteren sei die regelung zu beruflich bedingten übernachtungen auch hinreichend inhaltlich bestimmt. die beschränkung der abgabe auf private übernachtungen in § 2 abs. 1 bas bedeute zugleich, dass beruflich veranlasste übernachtungen ausnahmslos nicht der beherbergungsabgabe unterliegen sollten.37durch das angefochtene urteil hat das verwaltungsgericht der klage stattgegeben. zur begründung hat es sich auf den standpunkt gestellt, die beherbergungsabgabesatzung sei nichtig. die aus dem rechtsstaatsprinzip folgende forderung nach vorhersehbarkeit der abgabenlast für den steuerpflichtigen werde nicht beachtet. § 2 abs. 3 bas verletze den rechtsstaatlichen grundsatz der tatbestandsmäßigkeit der besteuerung, weil dem steuerpflichtigen beherbergungsbetrieb die feststellungslast auferlegt werde, dass eine übernachtung nicht privat sei. aufgrund eines strukturellen vollzugsdefizites verstoße die beherbergungsabgabesatzung gegen den gleichheitssatz aus art. 3 abs. 1 gg. hinsichtlich der entscheidungsgründe im einzelnen wird auf das erstinstanzliche urteil bezug genommen.38die beklagte hat fristgerecht berufung eingelegt und führt zur begründung aus: entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts sei die abgabelast vorhersehbar. dem bestimmtheitsgrundsatz sei regelmäßig genügt, wenn der steuergegenstand, die bemessungsgrundlage, der steuersatz sowie die erhebung und fälligkeit der steuer geregelt seien. diesen anforderungen genüge die beherbergungsabgabesatzung. die möglichkeit einer exakten vorausberechnung sei gerade nicht erforderlich. dem verwaltungsgericht sei ebenfalls nicht zu folgen, soweit es von der verletzung des grundsatzes der tatbestandsmäßigkeit der besteuerung ausgegangen sei. sie, die beklagte, habe sich von vornherein entschlossen, nur privat veranlasste übernachtungen zu besteuern, nicht aber sämtliche übernachtungen unterschiedslos der besteuerung zu unterwerfen und sodann eine steuerbefreiung bei beruflich bedingten übernachtungen vorzunehmen. eine vermutung, dass der steuertatbestand des § 2 abs. 1 bas vorliege, beinhalte die beherbergungsabgabesatzung nicht. entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts könne auch nicht von einem vollzugsdefizit ausgegangen werden. bereits ein großteil der beruflich bedingten übernachtungen sei auf eine buchung durch den arbeitgeber zurückzuführen. insoweit erscheine eine wie auch immer geartete manipulation weitgehend ausgeschlossen. eine lediglich abstrakt bestehende möglichkeit einer gefälschten arbeitgeberbescheinigung oder falscher eigenerklärungen sei für die annahme eines strukturellen vollzugsdefizites nicht ausreichend. das bestehen einer ausreichenden überprüfungsmöglichkeit resultiere zudem aus dem umstand, dass das kommunale steuerrecht angesichts der bestehenden auskunftspflicht unabhängig von den satzungsrechtlichen regelungen kraft gesetzes eine verifikation steuerlich erheblicher tatbestände ermögliche.39die beklagte beantragt,40das angegriffene urteil zu ändern und die klage abzuweisen.41die klägerin beantragt,42die berufung zurückzuweisen.43zur begründung führt sie aus: die im hinblick auf die rechtsprechung zwischen beruflich bedingten und privaten übernachtungen differenzierende beherbergungsabgabesatzung biete keine hinreichende grundlage für eine zulässige abgabenerhebung. dass von einem unverhältnismäßigen mitwirkungsbeitrag des steuerpflichtigen beherbergungsbetriebes auszugehen sei, folge bereits daraus, dass bei einem großteil der gäste ein hohes aufklärungs- und nachfragebedürfnis bestehe. entgegen der auffassung der beklagten belege die in § 2 abs. 3 bas normierte nachweispflicht für eine beruflich bedingte übernachtung, dass grundsätzlich undifferenziert jede übernachtung besteuert werden solle. die beherbergungsabgabesatzung berge eine "vermutung" der steuerbarkeit sämtlicher übernachtungen in sich, die nur durch einen entsprechenden nachweis entkräftet werden könne. die nichtigkeit der beherbergungsabgabesatzung folge daraus, dass es sich bei dem beherbergungsgast als möglichem erstattungsberechtigten (vgl. § 2 abs. 3 satz 4 bas) um einen am steuerschuldverhältnis unbeteiligten dritten handele, nicht aber um den eigentlichen steuerschuldner. unabhängig davon sei die erstattungsregelung auch schon deshalb nichtig, weil die beklagte in der praxis nicht feststellen könne, ob die abgabe auch voll umfänglich auf den beherbergungsgast "überwälzt" worden sei und nicht etwa nur kalkulatorisch in das beherbergungsentgelt eingeflossen sei. die vorzunehmende datenerhebung zur differenzierung zwischen beruflich und privat veranlassten übernachtungen begegne durchgreifenden datenschutzrechtlichen bedenken. die von der beklagten praktizierte besteuerung ausschließlich privat veranlasster übernachtungen sei wegen eines verstoßes gegen den gleichheitssatz verfassungswidrig. zwar sei im steuerrecht eine typisierung zulässig. die beherbergungsabgabesatzung lasse jedoch nur in ausnahmefällen überhaupt eine besteuerung zu. zudem stelle sich die frage nach der überwälzbarkeit der abgaben.44die gleichheit der besteuerung werde durch die rechtliche gestaltung des erhebungsverfahrens schon prinzipiell verfehlt. der beklagten stünde keine effektive instrumentation zur verfügung, die geforderten erklärungen zum aufenthaltszweck systematisch und umfassend auf ihre richtigkeit hin zu überprüfen.45die eine lediglich privat veranlasste übernachtung besteuernde satzungsregelung sei unwirksam, solange der steuerschuldner seinerseits keine möglichkeit habe, den die abgabe begründeten tatbestand selbst verbindlich festzustellen. daher sei entscheidend allein das "wie" der besteuerung mit der folge, dass es darum gehe, ob dem beherbergungsbetrieb ein auskunftsrecht gegenüber dem gast zustehe und ob ihm dessen verhalten zuzurechnen sei. die erhebung der beherbergungsabgabe als indirekte steuer führe zu nicht überwindbaren problemen bei der umsetzung in der täglichen besteuerungspraxis. auch ein vergleich mit der problematik der umsatzsteuererhebung beim verkauf von speisen und getränken betreffend die höhe des steuersatzes helfe nicht weiter. dabei gehe es nicht um die hier entscheidende frage des "ob" der besteuerung. zudem sei auch insoweit der unverhältnismäßige mitwirkungsbeitrag des steuerschuldners zu beachten, der auf seiten des beherbergungsbetriebes erhebliche aufklärungsbemühungen sowohl in zeitlicher als auch in personeller hinsicht erfordere. dies gelte unabhängig davon, ob ein direkter fernmündlicher oder schriftlicher kontakt bei der buchung bestehe oder die buchung via internet erfolge. insbesondere in den reservierungsportalen könne nur ein preis je zimmerkategorie angeboten werden. nichts anderes gelte im ergebnis im hinblick auf vergleiche mit vergnügungs-, hunde- oder zweitwohnungssteuern. bei der nutzung von spielgeräten stelle sich die frage nach der veranlassung des aufwandes nicht. bei hunde- und zweitwohnungssteuern handele es sich bereits um direkte steuern.46hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des parteivorbringens im übrigen wird auf den inhalt der verfahrensakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen.47 | 48die zulässige berufung der beklagten ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat den angefochtenen bescheid zu recht aufgehoben, weil er rechtswidrig ist und die klägerin in ihren rechten verletzt (vgl. § 113 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo ‑). die beherbergungsabgabesatzung ist nämlich nichtig und damit keine wirksame rechtsgrundlage für den angefochtenen bescheid.49unbedenklich ist allerdings, dass durch die satzung eine steuer als örtliche aufwandsteuer im sinne des art. 105 abs. 2a gg auf entgeltliche private übernachtungen erhoben wird.50zur steuerbarkeit dieses steuergegenstands vgl. bverwg, urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 cn 1/11 ‑, bverwge 143, 301 rn. 12 ff.; urteil des senats vom 23.1.2013 ‑ 14 a 1860/11 ‑, nrwe rn. 57 ff.; ovg schleswig-holstein, urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 kn 1/12 ‑, nvwz-rr 2013, 816 rn. 85 ff.51die dagegen gerichteten einwände der klägerin greifen nicht durch, insbesondere lässt sich aus den regelungen des datenschutzgesetzes nordrhein westfalen ‑ dsg nrw ‑ nichts zugunsten der klägerin herleiten. gemäß § 2 abs. 1 satz 1 dsg nrw gilt dieses gesetz für öffentliche stellen, namentlich für die behörden, einrichtungen und sonstigen öffentlichen stellen des landes, die gemeinden und gemeindeverbände sowie für die sonstigen der aufsicht des landes unterstehenden juristischen personen des öffentlichen rechts und deren vereinigungen. dazu zählt die klägerin nicht.52vgl. ovg schleswig-holstein, urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 kn 1/12 ‑, nvwz-rr 2013, 816 rn. 106 ff.; beschluss vom 15.2.2012 ‑ 4 mr 1/12 -, nvwz 2012, 771 (774).53auch die regelungen des bundesdatenschutzgesetzes ‑ dsg ‑ stehen der einholung und weitergabe solcher erklärungen nicht entgegen.54vgl. ovg schleswig-holstein, beschluss vom 15.2.2012 ‑ 4 mr 1/12 -, nvwz 2012, 771 (774).55als nicht öffentliche stellen sind für die klägerin gemäß § 1 abs. 2 nr. 3 bdsg die regelungen des bundesdatenschutzgesetzes maßgeblich. nach § 4 abs. 1 bdsg dürfen auch nicht öffentliche stellen daten nur erheben, verarbeiten und nutzen, soweit das bundesdatenschutzgesetz oder eine andere rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der betroffene eingewilligt hat. andere rechtsvorschriften sind u. a. das landesrecht wie auch kommunales recht. nach § 2 abs. 3 satz 2 bas ist der beherbergungsunternehmer verpflichtet, die bescheinigung mit der abgabenerklärung (§ 7 bas) einzureichen. die zulässigkeit der weitergabe ergibt sich schließlich auch aus § 15 abs. 1 bdsg.56die besonderen regelungen über die erhebung eines fremdenverkehrsbeitrags in § 11 abs. 5 und 6 kag stehen der beherbergungsabgabe nicht entgegen. dies würde unter dem auslegungsgesichtspunkt des vorrangs der speziellen norm vor der allgemeinen norm voraussetzen, dass die beherbergungsabgabe den regelungsgehalt eines fremdenverkehrsbeitrags hätte. das ist nicht der fall. die beherbergungsabgabe wird als steuer gegenleistungslos zur einnahmebeschaffung erhoben, während der fremdenverkehrsbeitrag als vorzugslast der deckung der in § 11 abs. 5 satz 1 kag genannten vorteilhaften gemeindlichen fremdenverkehrsaufwendungen dient. diese unterschiede in ziel und rechtfertigung der abgaben schließen es aus, der regelung des fremdenverkehrsbeitrags eine die erhebung einer beherbergungsabgabe ausschließende wirkung zuzumessen.57die erhebung der beherbergungsabgabe ist nicht deshalb unzulässig, weil sie der umsatzsteuer (hier in form der mehrwertsteuer) gleichartig wäre. nach art. 105 abs. 2a satz 1 gg haben die länder die befugnis zur gesetzgebung über die örtlichen verbrauch- und aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten steuern gleichartig sind. der genaue inhalt dieses gleichartigkeitsverbots, das im rahmen des finanzreformgesetzes 1969 auf druck des bundesrates in das grundgesetz aufgenommen wurde,58vgl. entwurf eines finanzreformgesetzes, bt-drs. v/2861, s. 7, stellungnahme des bundesrates dazu s. 86 f. und gegenäußerung der bundesregierung s. 94 f.; beschluss des vermittlungsausschusses, bt-drs. v/3896, s. 4, und beschluss des vermittlungsausschusses bt-drs. v/4105, s. 4,59ist vom bundesverfassungsgericht noch nicht präzisiert worden. jedenfalls besteht die funktion der vorschrift darin, im rahmen der zuweisung der ausschließlichen gesetzgebungskompetenz für örtliche aufwand- und verbrauchsteuern an die länder zu verhindern, dass auf diesem gesetzgebungsweg eine bundesrechtliche aufwand- oder verbrauchsteuer auf örtlicher ebene erhoben wird.60vgl. im einzelnen bverwg, urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 cn 1.11 ‑, bverwge 143, 301 rn. 22 ff.; s. dazu, dass dem gesetzgeber die einführung einer gemeindeumsatzsteuer als verschlossener bereich vorschwebte, berichterstatter reischl im bundestag, bt-plenprot. der 222. sitzung vom 20.3.1969, s. 12058 b, c, und berichterstatter dr. heinsen im bundesrat, br-plenprot. der 338. sitzung vom 9.5.1969, s. 109 b, c.61es darf also nicht eine bereits existierende bundessteuer im gewand einer örtlichen aufwand- oder verbrauchsteuer erhoben werden. deshalb bedarf es eines wertenden gesamtvergleichs der zu vergleichenden steuern.62bverwg, urteil vom 11.7.2012 ‑ 9 cn 1.11 ‑, bverwge 143, 301 rn. 25; vogel/walter, in: kahl/waldhoff/walter, bonner kommentar zum grundgesetz, loseblattsammlung (stand: juli 2013), art. 105 rn. 124b.63in diesem rahmen kann festgestellt werden, dass die hier in rede stehende abgabe in vielen punkten der umsatzsteuer nahesteht (anknüpfung an einen entgeltlichen leistungsaustausch, wegen intendierter abwälzung wirtschaftlich tendenziell preisanhebungswirkung, orientierung proportional zum entgelt, keine zeitliche oder zahlenmäßige begrenzung der besteuerungsfälle, loslösung des kreises der steuerträger von persönlichen eigenschaften mit ausnahme des mit der übernachtung verfolgten zwecks, annäherung in der höhe zur hier siebenprozentigen umsatzsteuer). dennoch ist die beherbergungsabgabe keine in das gewand einer örtlichen aufwandsteuer gekleidete umsatzsteuer, weil ihr deren entscheidendes kriterium fehlt. diese ist nämlich prinzipiell auf die besteuerung jedweden leistungsaustauschs gerichtet. erst die losgelöstheit der umsatzsteuer von der art der lieferung oder sonstigen leistung macht ihr wesen als allgemeine verbrauchsteuer gegenüber den speziellen aufwand- und verbrauchsteuern aus.64zur umsatzsteuer als allgemeiner indirekter verbrauchsteuer s. englisch in: tipke/lang, steuerrecht, 21. aufl., § 17 rn. 10 ff.65im gegensatz zur umsatzsteuer erfasst die beherbergungsabgabe ausschließlich die möglichkeit einer entgeltlichen privaten übernachtung.66bei einer solchen auslegung wird das verbot in art. 105 abs. 2a gg, bundesrechtlich geregelten steuern gleichartige örtliche aufwand- und verbrauchsteuern zu schaffen, zwar für die umsatzsteuer praktisch funktionslos, da die schaffung einer jedweden örtlichen aufwand- und verbrauch erfassenden gemeindeumsatzsteuer eher theoretischer natur ist. ihre volle wirkung entfaltet das gleichartigkeitsverbot aber für alle speziellen bundesrechtlich geregelten aufwand- und verbrauchsteuern. so kann etwa das halten eines kraftfahrzeugs im gemeindegebiet wegen des kraftfahrzeugsteuergesetzes nicht erneut besteuert werden. gleiches gilt für die besteuerung des verbrauchs bestimmter güter im gemeindegebiet, die bereits bundesrechtlich speziell besteuert werden (tabakwaren nach dem tabaksteuergesetz, strom nach dem stromsteuergesetz, energie nach dem energiesteuergesetz, schaumwein nach dem schaumwein- und zwischenerzeugnissteuergesetz, branntwein nach dem gesetz über das branntweinmonopol, bier nach dem biersteuergesetz).67die beherbergungsabgabe verstößt auch nicht gegen das europarechtliche gleichartigkeitsverbot. nach art. 401 der mehrwertsteuersystemrichtlinie (richtlinie 2006/112/eg des rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame mehrwertsteuersystem) hindert diese richtlinie einen mitgliedstaat nicht daran, abgaben auf versicherungsverträge, spiele und wetten, verbrauchsteuern, grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle steuern, abgaben und gebühren, die nicht den charakter von umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die erhebung dieser steuern, abgaben und gebühren im verkehr zwischen den mitgliedstaaten nicht mit formalitäten beim grenzübertritt verbunden ist. die beherbergungsabgabe hat in diesem sinne nicht den charakter einer umsatzsteuer.68nach der rechtsprechung des gerichtshof der europäischen union soll mit der vorschrift verhindert werden, dass das funktionieren des gemeinsamen mehrwertsteuersystems durch steuerliche maßnahmen eines mitgliedstaats beeinträchtigt wird, die den waren- und dienstleistungsverkehr in einer mit der mehrwertsteuer vergleichbaren weise belastet. als solche maßnahmen sind steuern, abgaben und gebühren anzusehen, die die wesentlichen merkmale der mehrwertsteuer aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen einzelheiten gleichen. dabei handelt es sich um folgende merkmale: die mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf gegenstände und dienstleistungen beziehenden geschäfte, sie ist, unabhängig von der anzahl der getätigten geschäfte, proportional zum preis dieser gegenstände und dienstleistungen, sie wird auf jeder stufe der erzeugung und des vertriebes erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf den mehrwert der gegenstände und dienstleistungen, d. h., die bei einem geschäft fällige steuer wird unter abzug der steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden geschäft schon entrichtet worden ist.69vgl. etwa eugh, urteil vom 29.4.2004 c-308/01 ‑, slg. 2004, i-4802, rn. 33; urteil vom 9.3.2000 c-437/97 -, slg. 2000, i-1189, rn. 22.70ebenso wie beim verfassungsrechtlichen gleichartigkeitsverbot des art. 105 abs. 2a gg ist also auch europarechtlich die allgemeinheit ein wesensmerkmal der umsatzsteuer. das gilt selbst dann, wenn man in übereinstimmung mit kritik aus rechtsprechung und literatur,71vgl. nds. fg, urteil vom 26.8.2011 ‑ 7 k 192/09 u. a. ‑, juris rn. 60 ff. m. w. n.,72nicht alle der in der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union genannten merkmale als konstituierend für die umsatzsteuer ansieht. das merkmal allgemeiner, sich grundsätzlich auf alle gegenstände und dienstleistungen gleich welcher art erstreckender geltung ist jedenfalls ein konstituierendes und damit erforderliches merkmal, um einer steuer den charakter einer umsatzsteuer zu verleihen.73vgl. schlussantrag der generalanwältin vom 5.9.2013 in der rechtssache c-385/12, rn. 112, http://curia.europa.eu/.74bedenken gegen die wirksamkeit der satzung bestehen auch nicht unter dem gesichtspunkt der vorhersehbarkeit der abgabenlast für den steuerpflichtigen. richtig ist allerdings, wie das verwaltungsgericht ausgeführt hat, dass für alle abgaben der abgabenbegründende tatbestand so bestimmt sein muss, dass der abgabepflichtige die auf ihn entfallenden abgaben ‑ in gewissem umfang ‑ vorausberechnen kann.75vgl. bverfg, urteil vom 17.7.2003 ‑ 2 bvl 1/99 ‑, nvwz 2003, 1241 (1247); bverwg, urteil vom 27.6.2012 ‑ 9 c 7/11 ‑, nvwz 2012, 1413 (1415).76bei der forderung der vorhersehbarkeit der abgabenlast geht es somit um die hinreichenden bestimmtheit einer abgabennorm, um ein mindestmaß an orientierungssicherheit, nicht aber um arithmetische berechenbarkeit.77vgl. hey in: tipke/lang, steuerrecht, 21. aufl., § 3, rn. 246,78unter dem gesichtspunkt der bestimmtheit einer norm,79zu dem dazu anzulegenden maßstab vgl. bverfg, beschluss vom 8.11.2006 ‑ 2 bvr 578, 796/02 ‑, bverfge 117, 71 (111),80gibt es gegen den tatbestand des § 2 abs. 1 erster halbsatz bas, wonach gegenstand der beherbergungsabgabe der aufwand des beherbergungsgastes für die möglichkeit einer entgeltlichen privaten übernachtung in einem beherbergungsbetrieb ist, nichts zu erinnern. insbesondere ist das tatbestandsmerkmal "privat" bestimmt genug, um nicht steuerbare beruflich bedingte übernachtungen aus dem steuergegenstand auszuscheiden. es handelt sich um ein steuerrechtlich gängiges unterscheidungsmerkmal zwischen einkommensverwendung bei der privaten lebensführung und einkommensverwendung zur einkommenserzielung nach dem kriterium der veranlassung,81vgl. bfh, beschluss vom 28.11.1977 ‑ grs 2 und 3/77 ‑, bfhe 124, 43 (50); zum problem gemischter veranlassung s. beschluss vom 21.9.2009 ‑ grs 1/06 ‑, bstbl. 2010, 672,82wie es etwa auch bei der einkommensteuerrechtlichen ausscheidung von betriebsausgaben und werbungskosten aus den zu versteuernden einkünften (§§ 4 abs. 4, 9 abs. 1 satz 1 des einkommensteuergesetzes ‑ estg ‑) maßgeblich ist, ohne dass dort eine unter bestimmtheitsgesichtspunkten präzisere normative abgrenzung erfolgt. der vom verwaltungsgericht als hier entscheidend angesehene umstand, dass der unternehmer keine kenntnis davon hat, ob eine private oder eine beruflich veranlasste übernachtung vorliegt, ist kein problem der bestimmtheit der norm, sondern wirft die ‑ später zu erörternde ‑ frage auf, ob er zum steuerschuldner bestimmt werden darf.83entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts sieht der senat auch keine verletzung des rechtsstaatlichen grundsatzes der tatbestandsmäßigkeit der besteuerung durch die regelung des § 2 abs. 3 satz 1 bas, der bestimmt, dass eine private übernachtung nicht vorliegt, wenn der beherbergungsgast dies eindeutig durch eine bescheinigung des arbeitgebers nachweist.84in der tat wäre die regelung des § 2 abs. 3 satz 1 bas rechtswidrig, wenn sie dem steuerschuldner eine beweisführungslast in der form auferlegen würde, dass auch bei kenntnis der beklagten von der beruflichen veranlassung der übernachtung ohne den nachweis die steuer entstehen soll oder die beklagte sich aufdrängende aufklärungsmaßnahmen nicht zu ergreifen hätte.85zur unzulässigkeit einer formellen beweislastregelung unter geltung des untersuchungsgrundsatzes vgl. wünsch in: palke/koenig, ao, 2. aufl., § 88 rn. 27; kallerhoff in: stelkens/bonk/ sachs, vwvfg, 7. aufl., § 24 rn. 54; kopp/ ramsauer, vwvfg, 13. aufl., § 24 rn. 40.86denn nach § 12 abs. 1 nr. 3 buchst. a kag i. v. m. § 88 abs. 1 satz 1 ao hat die gemeinde den sachverhalt grundsätzlich von amts wegen zu ermitteln.87die vorschrift des § 2 abs. 3 satz 1 bas beinhaltet jedoch keine solche beweisführungslast. der wortlaut besagt nicht, dass immer dann eine private übernachtung vorliegt, wenn keine eindeutige arbeitgeberbescheinigung vorliegt. die arbeitgeberbescheinigung ist lediglich ein satzungsrechtlich hervorgehobenes geeignetes beweismittel zur ermittlung des sachverhalts. die vorschrift kann gesetzeskonform in übereinstimmung mit dem untersuchungsgrundsatz dahin verstanden werden, dass auch dann die steuer (noch) nicht erhoben wird, wenn der berufliche charakter der übernachtung bekannt ist oder sich weitere aufklärungsmaßnahmen für die beklagte aufdrängen. dem entspricht offensichtlich auch die verwaltungspraxis der beklagten. so sieht der von ihr aufgestellte "handlungsrahmen beherbergungsabgabe" andere beweismittel als nur die arbeitgeberbescheinigung vor, wie etwa die rechnungsübernahme durch den arbeitgeber.88aus der so verstandenen auslegung der vorschrift des § 2 abs. 3 satz 1 bas folgt gleichzeitig, dass sie keine beweisführungslast begründet.89vgl. dazu, dass eine untergesetzliche vorschrift, die dem steuerpflichtigen sogar bestimmte nachweise auferlegt, wegen des gesetzlichen untersuchungsgrundsatzes nicht als formelle beweislastregelung verstanden werden darf: bfh, urteil vom 15.10.1976 - vi r 21/76 -, bfhe 120, 229 (232).90sie beinhaltet aber auch keine unzulässige materielle beweislastregelung. der regelung des § 2 abs. 3 satz 1 bas lässt sich allerdings die auffassung des satzungsgebers entnehmen, dass dann, wenn weder positive kenntnis der beklagten vom beruflich bedingten charakter der übernachtung vorliegt noch weitere aufklärungsmaßnahmen sich aufdrängen, ohne einen nachweis der beruflichen veranlassung ein privater charakter der übernachtung und damit ihre steuerbarkeit anzunehmen ist. daher mag die vorschrift eine materielle beweislastregelung enthalten. eine solche wäre jedoch zulässig.91die materielle beweislast gehört nicht dem verfahrens-, sondern dem materiellen recht an,92vgl. kallerhoff in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 7. aufl., § 24 rn. 55; kopp/ramsauer, vwvfg, 13. aufl., § 24 rn. 41; söhn in: hübschmann/ hepp/spitaler, ao/fgo, loseblattsammlung (stand august 2013), § 88 ao, rn. 360,93hier also dem aufwandsteuerrecht, zu dessen regelung und damit auch zur regelung der materiellen beweislast die beklagte befugt ist. die verfassungsrechtliche grenze der regelungsbefugnis bildet insoweit der rechtsstaatliche grundsatz eines fairen verfahrens.94vgl. bverfg, urteil vom 13.2.2007 ‑ 1 bvr 421/05 ‑ bverfge 117, 202 (240); beschluss vom 25.7.1979 ‑ 2 bvr 878/74 ‑, bverfge 52, 131 (144 f.); zum rechtsstaatlichen grundsatz eines fairen verwaltungsverfahrens vgl. bverwg, beschluss vom 31.8.2000 ‑ 11 b 30.00 ‑, nvwz 2001, 94 (95); jarass/pieroth, gg, 12. aufl., art. 20 rn. 31a.95gegen diesen grundsatz verstößt § 2 abs. 3 satz 1 bas nicht, sollte in ihm eine materielle beweislastregelung enthalten sein.96grundsätzlich trägt nach der rosenbergschen normbegünstigungstheorie der steuergläubiger für steuerbegründende und -erhöhende tatsachen und der steuerschuldner für steuerentlastende oder -mindernde tatsachen die beweislast. es kann aber durchaus sachgerecht sein, im rahmen der sogenannten sphärenorientierten beweisrisikoverteilung unter berücksichtigung von mitwirkungspflichten,97vgl. seer in: tipke/lang, steuerrecht, 21. aufl., § 22 rn. 190 f.,98eine verteilung unter dem gesichtspunkt der zumutbarkeit der beweisführung vorzunehmen.99vgl. heßhaus in: bader/ronellenfitsch, vwvfg, § 24 rn. 17.1; allgemein zu den verschiedenen gesichtspunkten der ergänzung des normbegünstigungsprinzips kallerhoff in: stelkens/bonk/ sachs, vwvfg , 7. aufl., § 24 rn. 55.100hier regelt die beherbergungsabgabensatzung allgemeine mitwirkungs- und auskunftsobliegenheiten des beherbergungsgastes und mittelbar des arbeitgebers (§12 abs. 1 nr. 3 buchst. a kag i. v. m. §§ 90 abs. 1, 93 abs. 1 satz 1 ao) zur ermittlung des steuerrechtlich relevanten sachverhalts. dies ist sachgerecht, da die kenntnis vom beruflichen oder privaten charakter der übernachtung allein bei den genannten personen liegt. auch hier bezieht sich der vom verwaltungsgericht herangezogene umstand diesbezüglich fehlender kenntnis des beherbergungsunternehmers nicht auf die zulässigkeit der materiellen beweislastnorm, sondern auf die frage richtiger auswahl des steuerschuldners.101schließlich ist die beherbergungsabgabesatzung auch nicht aufgrund eines strukturellen vollzugsdefizits wegen der verletzung des gleichheitssatzes des art. 3 abs. 1 gg nichtig.102der gleichheitssatz verlangt für das steuerrecht, dass die steuerpflichtigen durch ein steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. die besteuerungsgleichheit hat mithin als ihre komponenten zum einen die gleichheit der normativen steuerpflicht, aber andererseits ebenso die gleichheit bei deren durchsetzung in der steuererhebung. daraus folgt, dass das materielle steuergesetz ‑ und damit auch die hier in rede stehende beherbergungsabgabesatzung ‑ in ein normatives umfeld eingebettet sein muss, welches die gleichheit der belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen erfolges prinzipiell gewährleistet.103vgl. bverfg, urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 bvr 1493/89 ‑, bverfge 84, 239 (leitsatz 1).104die steuerliche lastengleichheit fordert mithin, dass das materielle steuergesetz die gewähr seiner regelmäßigen durchsetzbarkeit soweit wie möglich in sich selbst trägt. der normgeber hat demgemäß die besteuerungstatbestände und die ihnen entsprechenden erhebungsregelungen aufeinander abzustimmen. führen erhebungsregelungen dazu, dass ein gleichmäßiger belastungserfolg prinzipiell verfehlt wird, kann die materielle steuernorm nicht mehr gewährleisten, dass die steuerpflichtigen nach maßgabe gleicher lastenzuteilung belastet wären; sie wäre dann gerade umgekehrt anknüpfungspunkt für eine gleichheitswidrige lastenverteilung.105vgl. bverfg, urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 bvr 1493/89 ‑, bverfge 84, 239 (271 f.); bverwg, urteil vom 23.2.2011 - 6 c 22.10 -, bverwge 139, 42 rn. 67.106regelungen, die die durchsetzung des steueranspruchs sichern und steuerverkürzungen verhindern sollen, müssen auf die eigenart des konkreten lebensbereichs und des jeweiligen steuertatbestands ausgerichtet werden. wird eine steuer nicht an der quelle erhoben, hängt ihre festsetzung vielmehr von der erklärung des steuerschuldners ab, werden erhöhte anforderungen an die steuerehrlichkeit des steuerpflichtigen gestellt. der gesetzgeber muss die steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche belastungsgleichheit gewährleistende kontrollmöglichkeiten abstützen. im veranlagungsverfahren bedarf das deklarationsprinzip der ergänzung durch das verifikationsprinzip.107vgl. bverfg, urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 bvr 1493/89 ‑, bverfge 84, 239 (273).108verfassungsrechtlich verboten ist der widerspruch zwischen dem normativen befehl der materiell pflichtbegründenden steuernorm und der nicht auf durchsetzung angelegten erhebungsregelung. zur gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische ineffizienz von rechtsnormen, wohl aber das normative defizit des widersprüchlich auf ineffektivität angelegten rechts.109vgl. bverfg, urteil vom 9.3.2004 ‑ 2 bvl 1702 ‑, bverfge 110, 94 (leitsatz 2).110vorliegend hängt die steuerbelastung des steuerschuldners und damit infolge der möglichkeit einer abwälzung mittelbar auch des steuerträgers allein von freiwillig offenbarten informationen ab, da die beklagte über den steuerbegründenden privaten charakter der jeweiligen übernachtung in aller regel keine eigenen erkenntnisse hat. daraus folgt zwar, dass es eines normativen umfelds bedarf, das die gleichheit der belastung hinsichtlich des tatsächlichen erfolges sichert. das ist aber der fall.111eine beachtliche gewähr für den gleichheitsgerechten erfolg bietet bereits der umstand, dass hier nur das handeln des beherbergungsgastes durch vorlage entsprechender nachweise zur steuerfreiheit für beruflich bedingte übernachtungen führt. damit unterscheidet sich die vorliegende konstellation von besteuerungsverfahren, in denen das unterlassen einer handlung die faktische steuerfreiheit nach sich zieht.112vgl. zur erklärung privater zinserträge: bverfg, urteil vom 27.6.1991 ‑ 2 bvr 1493/89 ‑, bverfge 84, 239 (275); zur offenbarung von spekulationsgewinnen: bverfg, urteil vom 9.3.2004 ‑ 2 bvl 17/02 ‑, bverfge 110, 94 (119).113damit bleibt im hinblick auf die frage nach einem strukturellen vollzugsdefizit vor allem, wie auch vom verwaltungsgericht ausgeführt, die gefahr wahrheitswidriger erklärungen durch gefälligkeitsbescheinigungen oder eigenbescheinigungen selbständiger.114diese durchaus nicht auszuschließende gefahr führt jedoch nicht zu einem strukturellen vollzugsdefizit. für die richtigkeit ausgestellter bescheinigungen spricht schon die strafbewehrtheit der ausstellung einer unrichtigen oder unvollständigen bescheinigung (§ 17 abs. 1 kag ‑ abgabenhinterziehung ‑) und die bußgeldbewehrtheit bloßer abgabengefährdung (§ 20 abs. 2 kag) angesichts nur geringfügiger ersparnis durch unberechtigte steuerfreiheit.115denkbar ist auch eine fehlannahme der beruflichen veranlassung, wenn sie aus wenig sicheren indizien gefolgert wird, etwa bei bloßer angabe des arbeitgebers in der rechnungsanschrift, wenn die rechnung aber vom beherbergungsgast persönlich beglichen wird. jedoch ist davon auszugehen, dass die beklagte über ausreichende kenntnisse vom wirtschaftsraum dortmund verfügt, um in etwa das verhältnis zwischen privaten und beruflich bedingten übernachtungen bei einzelnen kategorien von beherbergungsunternehmen abschätzen zu können. damit ist eine fehleinschätzung in einem hier erheblichen umfang unwahrscheinlich. dass die vollständige erfassung aller steuerfälle verfehlt wird, kann unterstellt werden. kritikwürdige vollzugsdefizite gibt es viele, entscheidend ist jedoch, wann diese die qualität eines strukturellen vollzugsdefizits erreichen mit der folge der verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden materiellen norm.116vgl. hey in: tipke/lang, steuerrecht, 21. aufl., § 3 rn. 115.117das ist erst der fall, wenn die gleichmäßige erfassung nicht mehr prinzipiell gewährleistet ist. davon kann hier keine rede sein, auch wenn verbesserungen im vollzug der beherbergungsabgabe möglich sind.118dem beherbergungsunternehmer wird auch kein unverhältnismäßiger organisationsaufwand abverlangt, der ihn in seiner berufsausübungsfreiheit gemäß art. 12 abs. 1 satz 2 gg in verfassungswidriger weise verletzen würde.119vgl. ovg schleswig-holstein, urteil vom 7.2.2013 - 4 kn 1/12 -, nvwz-rr 2013, 816 rn. 108.120die unterscheidung zwischen privaten und beruflich bedingten übernachtungen ist ohne unverhältnismäßige mitwirkungsbeiträge des steuerpflichtigen durch die beklagte geregelt. nach § 2 abs. 3 satz 1 bas erfolgt der nachweis der berufsbedingten übernachtung regelmäßig durch die vorlage der entsprechenden arbeitgeberbescheinigung. nach nummer 1 des von der beklagten aufgestellten "handlungsrahmens beherbergungsabgabe" bestehen weitere möglichkeiten eines nachweises. die einholung entsprechender erklärungen der übernachtungsgäste im rahmen der anmeldung oder während des aufenthalts ist dem beherbergungsunternehmer zuzumuten, der ohnehin wegen der abwicklung des beherbergungsvertrags und der mit ihm verbundenen melderechtlichen verpflichtungen (vgl. § 26 des meldegesetzes nrw ‑ mg nrw ‑) den beherbergungsgast zu befragen hat. der von klägerseite problematisierte beratungsaufwand hält sich bei möglicher schriftlicher aufklärung der gäste in grenzen, zumal er sich reduzieren wird, wenn die beherbergungsabgabe hinreichend verbreitet ist. der durch die verpflichtung zur abgabenerklärung gemäß § 7 abs. 1 bas entstehende zusätzliche organisationsaufwand, der lediglich einmal im kalendervierteljahr anfällt, führt nicht zu einer beeinträchtigung der berufsausübungsfreiheit im sinne von art. 12 abs. 1 satz 2 gg. nach den überzeugenden bekundungen der in der mündlichen verhandlung informatorisch vernommenen empfangschefin eines hotels ist die zusammenstellung des zu besteuernden aufwands mittels elektronischer datenverarbeitung kein problem mehr, wenn erst die erfassung der übernachtung als privat oder beruflich veranlasst erfolgt ist.121die satzung ist jedoch nichtig, weil sie in § 5 rechtswidrig den betreiber des beherbergungsbetriebs zum steuerschuldner bestimmt. allerdings schreibt § 2 abs. 1 satz 2 kag vor, dass die satzung den kreis der abgabeschuldner angeben muss. gemäß § 12 abs. 1 nr. 2 buchst. b kag i. v. m. § 43 satz 1 ao bestimmt die satzung, wer steuerschuldner ist. dem satzungsgeber wird damit ein spielraum eröffnet. allerdings ist er begrenzt: der satzungsgeber ist an die grundentscheidungen des kommunalabgabengesetzes gebunden, insbesondere daran, dass es für das entstehen der abgabeschuld an einen abgabetatbestand anknüpft.122vgl. holtbrügge in: driehaus, kommunalabgabenrecht, loseblattsammlung (stand: september 2013), § 2 rn. 52; lenz in: hamacher u. a., kag nrw, loseblattsammlung (stand: märz 2013), § 2 rn. 50 f.123das gilt auch für die steuer. gemäß § 12 abs. 1 nr. 2 buchst. b kag i. v. m. § 38 ao entstehen ansprüche aus dem steuerschuldverhältnis, sobald der tatbestand verwirklicht ist, an den das gesetz die leistungspflicht knüpft. daher muss die satzung nach § 2 abs. 1 satz 2 kag den die abgabe begründenden tatbestand angeben. diese grundentscheidung des kommunalabgabengesetzes, das entstehen der steuerschuld an die verwirklichung eines steuertatbestands zu knüpfen, begrenzt den kreis der in der satzung zu bestimmenden möglichen steuerschuldner. nur wem die erfüllung des steuertatbestands zugerechnet werden kann, darf zum steuerschuldner bestimmt werden. daher ist es zumindest erforderlich, dass der steuerschuldner in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen beziehung zum steuergegenstand steht oder einen maßgebenden beitrag zur verwirklichung des steuerbegründenden tatbestands leistet.124vgl. ovg nrw, beschluss vom 12.4.2012 ‑ 14 b 1520/11 ‑, nrwe rn. 32 f.; ähnlich schon urteil vom 2.10.1957 ‑ iii a 1779/56 ‑, kstz 1957, 271 (272), zur zulässigkeit der haftung der verpachtenden brauerei für die schankerlaubnissteuerschuld des gastwirts; dazu bverwg, urteil vom 14.8.1959 ‑ vii cb 231.57 ‑, kstz 1959, 228 (229); vgh bad.-württ., urteil vom 23.2.2011 ‑ 2 s 196/10 ‑, kstz 2011, 231 (235); ähnlich bereits rverwg, entscheidung vom 24.2.1942 ‑ viii c 18/41 ‑, rvbl. 1943, 74 (75).125steuergegenstand ist das steuergut mit dem inhalt und umfang der tatbestandsverwirklichung. das ist hier gemäß § 2 abs. 1 satz 1 bas der aufwand des beherbergungsgastes, um die möglichkeit einer entgeltlichen privaten übernachtung zu erlangen.126vgl. ovg nrw, beschluss vom 21.8.2012 ‑ 14 a 1532/12 ‑, nrwe rn. 10 f.127zu diesem steuergegenstand steht der betreiber des beherbergungsbetriebs nur zum teil in einer besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen beziehung, nur zum teil leistet er einen maßgebenden beitrag zur verwirklichung dieses tatbestands.128zugerechnet werden können ihm die tatbestandselemente der möglichkeit einer entgeltlichen übernachtung und der dafür vom beherbergungsgast betriebene konsumaufwand. der unternehmer bietet nämlich die möglichkeit einer entgeltlichen übernachtung gegen einen bestimmten, vom beherbergungsgast aufzuwendenden preis auf dem markt an. das ist jedoch nur ein teil des steuerbegründenden tatbestands. zum weiteren tatbestandsmerkmal des privaten charakters der übernachtung steht der unternehmer in keinerlei beziehung, zu der verwirklichung dieses elements leistet er keinerlei beitrag.129derjenige, dem dieses steuerbegründende merkmal zugerechnet werden kann, ist vielmehr der beherbergungsgast, der über den zweck der beherbergung entscheidet. der unternehmer weiß im regelfall noch nicht einmal, ob dieses tatbestandselement vorliegt. diese nur gelockerte beziehung des beherbergungsunternehmers zum steuergegenstand schließt es aus, ihn zum steuerschuldner zu bestimmen. es hätte einerseits zur folge, dass in der person des unternehmers eine steuerschuld entsteht, wenn eine steuerfreie beruflich bedingte übernachtung glaubhaft ist, jedoch in wirklichkeit eine private übernachtung vorliegt, und andererseits, dass der unternehmer für ihn unvermeidlich zu einer steuer herangezogen wird, obwohl keine steuerschuld entstanden ist, wenn der beherbergungsgast aus welchen gründen auch immer die berufliche veranlassung der übernachtung nicht offenlegt.130dem umstand, dass das steuerbegründende merkmal des privaten charakters der übernachtung dem unternehmer nicht zugerechnet werden kann, kann nicht entgegengehalten werden, dass er sich wirtschaftlich schadlos halten kann und nach der konzeption auch soll, indem er die in seiner person entstandene steuer auf den beherbergungsgast abwälzt.131so aber wohl ovg s-h, urteil vom 7.2.2013 ‑ 4 kn 1/12 ‑, nvwz-rr 2013, 816 rn. 89.132das ist schon tatsächlich in der konstellation nicht möglich, dass für den unternehmer glaubhaft, jedoch fälschlich eine steuerfreie beruflich bedingte übernachtung vorzuliegen scheint. die these ist aber grundsätzlich verfehlt. die abwälzbarkeit ist ein begrifflich notwendiges merkmal jedweder indirekten aufwandsteuer, denn besteuertes steuergut ist der konsumaufwand, der in der person des steuerschuldners bei einer indirekten steuer nicht anfällt. die abwälzbarkeit ist jedoch kein hinreichendes merkmal dafür, jeden unabhängig von seiner beziehung zum steuertatbestand zum steuerschuldner bestimmen zu dürfen, der die steuer abwälzen kann. die genannte auffassung verkennt, dass das kommunalabgabengesetz schon das entstehen einer steuerschuld in der person des steuerschuldners als rechtfertigungsbedürftigen eingriff in die rechtssphäre des steuerschuldners wertet, unabhängig von der frage, wen die steuer letztlich wirtschaftlich trifft. diese rechtfertigung liegt darin, dass dem steuerschuldner die verwirklichung des steuertatbestands zugerechnet werden kann, nicht darin, dass er die wirtschaftlichen folgen der steuer abwälzen kann.133die oben dargelegte nähe des unternehmers zum steuergegenstand jenseits des privaten charakters der übernachtung rechtfertigt es lediglich, ihn zum steuerentrichtungspflichtigen zu bestimmen. gemäß § 12 abs. 1 nr. 2 buchst. b kag i. v. m. § 43 satz 2 ao bestimmt die satzung auch, ob ein dritter die steuer für rechnung des steuerschuldners zu entrichten hat. in diesem fall entsteht die steuer in der person eines dritten, nämlich des mit dem steuerentrichtungspflichtigen nicht identischen steuerschuldners. der steuergläubiger bedient sich des steuerentrichtungspflichtigen allein dazu, die steuer beim steuerschuldner einzuziehen und an den steuergläubiger abzuführen. auch eine solche steuerpflicht bedarf der rechtfertigung. diese kann in der nähe des steuerentrichtungspflichtigen zum steuergegenstand und zum steuerschuldner liegen. die beziehung des steuerentrichtungspflichtigen zum steuergegenstand und steuerschuldner muss nicht eine die steuerschuldnerschaft rechtfertigenden dichte aufweisen, sondern lediglich die zumutbarkeit der aus der steuerentrichtungspflicht entspringenden steuerpflichten begründen.134das kommunalabgabengesetz selbst enthält vergleichbare regelungen für eine besondere abgabe, nämlich den kurbeitrag.135ein bundesrechtliches beispiel ist die versicherungssteuer, deren schuldner der versicherungsnehmer ist, während der versicherer die steuer zu entrichten hat, vgl. § 7 abs. 1 und 2 des versicherungsteuergesetzes (versstg).136nach § 11 abs. 2 satz 1 kag ist abgabepflichtig derjenige, der in dem kurort unterkunft nimmt. als abgabeentrichtungspflichtiger kann der bestimmt werden, der personen zu heil- oder kurzwecken beherbergt oder als grundeigentümer unterkunftsmöglichkeiten gewährt (§ 11 abs. 3 kag). ihn trifft nur die pflicht, die abgabepflichtigen zu melden, die abgabe einzuziehen und an den abgabegläubiger abzuliefern.137bei einer entsprechenden ausgestaltung der beherbergungsabgabe stellt sich die frage der abwälzbarkeit nicht, da es um eine direkte aufwandsteuer geht. im falle unrichtiger annahme einer steuerfreien beruflich bedingten übernachtung entsteht die steuer zu recht in der person des beherbergungsgastes, nicht des steuerentrichtungspflichtigen unternehmers, der nur für die korrekte erfüllung seiner - in der satzung, nicht in einem "handlungsrahmen" präzise festzulegenden - zumutbaren pflichten verantwortlich ist. wird vom beherbergungsgast zu unrecht eine steuer eingezogen, weil er den beruflich bedingten charakter der übernachtung nicht hinreichend offenbart, ist das unbedenklich, da dies auf der verletzung seiner mitwirkungs- und auskunftspflichten beruht (§ 12 abs. 1 nr. 3 buchst. a kag i. v. m. § 90 abs. 1, 93 ao). erstattungsansprüche wegen einer zu unrecht erhobenen steuer stehen ihm zu (§ 12 abs. 1 nr. 2 buchst. b kag i. v. m. § 37 abs. 2 satz 1 ao), nicht ‑ wie es in § 2 abs. 3 satz 4 bas geregelt ist ‑ seinem arbeitgeber.138vgl. zu einer ähnlichen regelung bei steuerschuldnerschaft des unternehmers ovg nrw, urteil vom 23.1.2013 - 14 a 1860/11 ‑, nrwe rn. 100 ff.; dazu bverwg, beschluss vom 18. juli 2013 - 9 b 16.13 ‑, juris rn. 3.139die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo.140die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung - zpo -.141die revision ist nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 vwgo nicht vorliegen. entscheidungstragend ist die reichweite der landesrechtlichen ermächtigung des satzungsgebers, den steuerschuldner zu bestimmen. | Verklagte*r | 0 |
173,319 | 1 O 405/13 | 2014-07-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Berufung gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückzahlung zweier Vorfälligkeitsentschädigungen. 3Der Kläger schloß gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau I unter dem 23. Dezember 2005 mit der Beklagten zwei Darlehensverträge über 126.000,- € und 140.000,- € ab. Beiden Darlehensverträgen (in Kopie als Anlage K1, Bl. 5 ff., bei der Akte) war jeweils die aus der Anlage K1 beigefügte Belehrung über das Recht zum Widerruf beigefügt, in der es u. a. hieß (Seite 2 der Klageschrift, Bl. 2 d.A., Seiten 1 f. der Klageerwiderung, Bl. 44 f. d.A.): 4„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen 5- eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und 6- die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags 7 zur Verfügung gestellt wurden.“ 8Die Darlehensverträge waren seinerzeit seitens der Beklagten vorbereitet worden. Die Vertragsurkunden wurden am 23. Dezember 2005 von allen Beteiligten bzw. ihren Vertretern unterzeichnet. Dem Kläger und seiner damaligen Ehefrau wurden die für sie bestimmten Exemplare der Darlehensverträge und die darauf jeweils bezogene Widerrufsbelehrung ausgehändigt (Seite 2 der Klageerwiderung, Bl. 45 d.A., vgl. Seite 2 der Replik, Bl. 63 d.A.). 9Im Jahr 2012 führte der Kläger beide Darlehensverträge vorzeitig zurück, weil die zur Darlehenssicherung eingesetzte Immobilie veräußert wurde. Für die Rückführung des Darlehens über 126.000,- € wurde von ihm eine Vorfälligkeitsentschädigung von 7.473,15 €, für die Rückführung des Darlehens über 140.000,- € eine solche in Höhe von 8.847,98 € verlangt. Es wurden jeweils auch noch 200,- € Bearbeitungsgebühr verlangt. Die Einzelheiten ergeben sich aus den Anlagen B1 (Bl. 48 f. d.A.) und B2 (Bl. 50 f. d.A.). Mit diesen Abrechnungen war die ehemalige Ehefrau des Klägers nicht einverstanden. Deswegen meldete sie sich bei dem seinerzeit zuständigen Sachbearbeiter, Herrn S. In dem geführten Telefonat einigten sich die ehemalige Ehefrau des Klägers und Herr S jedenfalls darauf, die aus den handschriftlichen Änderungen in den Anlagen B1 und B2 ersichtlichen Modifikationen der Abrechnungen vorzunehmen. Die Ehefrau des Klägers setzte jeweils mit ihrer Unterschrift auf die Abrechnungen den Vermerk „ich nehme das Angebot an.“. Der Kläger unterzeichnete die beiden handschriftlich geänderten Abrechnungen. Sodann übermittelten der Kläger und seine ehemalige Ehefrau die Entgeltabrechnungen an die Beklagte (Seiten 2 f. der Klageerwiderung, Bl. 45 f. d.A., Seiten 1 f. der Replik, Bl. 62 f. d.A.). 10Der Kläger beglich die beiden Vorfälligkeitsentschädigungen (Seite 2 der Klageschrift, Bl. 2 d.A., Seite 3 der Klageerwiderung, Bl. 46 d.A.). 11Mit Schreiben vom 7. Juni 2013 (in Abschrift als Anlage K3, Bl. 27 f., bei der Akte) widerrief der Prozeßbevollmächtigte des Klägers beide Darlehensverträge vom 23. Dezember 2005 und forderte die Beklagten zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von insgesamt 16.321,13 € bis zum 5. Juli 2013 auf. Die Ehefrau des Klägers hatte ihm ihre Ansprüche aus den Darlehensverträgen abgetreten (Seiten 2 f. der Klageschrift, Bl. 2 f. d.A.). 12Außerdem erklärte auch die Ehefrau des Klägers mit Schreiben vom 26. August 2013 (in Kopie als Anlage K4, Bl. 29, bei der Akte) gegenüber der Beklagten den Widerruf der Darlehensverträge. Ferner erklärte sie gegenüber der Beklagten, daß ihr Ehemann zum Widerruf auch in ihrem Namen berechtigt gewesen sei und genehmigte außerdem dessen Widerrufserklärungen. Sie wies auf die Abtretung ihrer Ansprüche an ihren Ehemann hin (Seite 3 der Klageschrift, Bl. 3 d.A.). 13Mit Schreiben vom 26. November 2013 (in Kopie als Anlage K5, Bl.30 f., bei der Akte) teilte die Beklagte gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit, daß ein Widerruf ihrer Auffassung nach nicht mehr in Betracht gekommen sei, weil die Widerrufsbelehrungen unter den konkreten Umständen der Vertragsschlüsse in Ordnung gewesen seien, im übrigen aber auch die Rückforderung der Vorfälligkeitsentschädigungen nicht in Betracht komme, weil diese ihre Rechtsgrundlage in der Aufhebungsvereinbarung vom 5. April 2012 finde (Seite 3 der Klageschrift, Bl. 3 d.A.). 14Der Kläger trägt vor: 15Er könne die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Denn die Beklagte habe aus den Darlehensverträgen vom 23. Dezember 2005 keine Ansprüche herleiten können. Denn diese Darlehensverträge seien rechtzeitig und wirksam widerrufen worden. Die ihnen jeweils beigefügte Widerrufsbelehrung habe nämlich den Beginn der Widerrufsfrist nicht ausgelöst, weil sie nicht in Ordnung gewesen sei. Denn aufgrund der unklaren Formulierung im ersten Absatz, zweiter Spiegelstrich, der Widerrufsbelehrung werde aus ihr der Beginn der Widerrufsfrist nicht hinreichend klar (im einzelnen Seiten 3 f. der Klageschrift, Bl. 3 f. d.A.). 16Auf eine Vereinbarung über eine Vorfälligkeitsentschädigung könne die Beklagte keinen Behaltensgrund stützen. Es sei überhaupt nur die Bearbeitungsgebühr aus den seinerzeit geltendgemachten Forderungen der Beklagten herausgestrichen worden, auf welche die Beklagte ohnehin keinen Anspruch gehabt habe. Grundlage der Vorfälligkeitsentschädigung sei ausschließlich ein wirksamer Darlehensvertrag, der aber eben aufgrund des Widerrufs nicht vorliege. Seine ehemalige Ehefrau habe zum Zeitpunkt der Streichung der Bearbeitungsgebühr keine Kenntnis von dem noch bestehenden Widerrufsrecht gehabt, und in Kenntnis dieser Möglichkeit hätten weder er noch seine ehemalige Ehefrau eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt, auf welche die Beklagte keinen vertraglichen Anspruch gehabt habe. Eine Vereinbarung über ein Vorfälligkeitsentgelt sei den in Kopie als Anlagen B1 und B2 (Bl. 48 ff.) bei der Akte befindlichen Urkunden nicht zu entnehmen, insbesondere auch kein Verzicht auf das Widerrufsrecht (Seiten 1 f. der Replik, Bl. 62 f. d.A.). 17Auf den Umstand, daß er und seine Frau zusammen mit der Widerrufsbelehrung das Vertragsexemplar erhalten hätten, komme es nicht an (Seite 2 der Replik, Bl. 63 d.A.). 18Der Kläger beantragt (Seite 2 der Klageschrift vom 20. November 2013, Bl. 2 d.A.), 19die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 16.321,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. Juli 2013 zu zahlen. 20Die Beklagte beantragt (Seite reise Schriftsatzes vom 13. Januar 2014, Bl. 44 d.A.), 21 die Klage abzuweisen. 22Die Beklagte trägt vor: 23Auch wenn der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10. März 2009 (XI ZR 33/08) entschieden habe, daß die ihrerseits verwendete Klausel den Anforderungen des §§ 355 Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht genüge, liege es doch im vorliegenden Fall anders. Denn dadurch, daß der Kläger und seine damalige Ehefrau zusammen mit der Widerrufsbelehrung das für sie bestimmte Vertragsexemplar ausgehändigt bekommen hätten, habe bei ihnen nicht die Gefahr einer Fehlvorstellung über den Beginn des Laufs der Widerrufsfrist bestanden. Dem Schutzzweck der §§ 355, 495 BGB sei deshalb genügt worden (Seiten 3 f. der Klageerwiderung, Bl. 46 f. d.A.). 24Im übrigen finde die geleistete Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung ihre Rechtsgrundlage in der getroffenen Vereinbarung über die Vorfälligkeitsentschädigung, so daß schon deshalb der seitens des Klägers geltendgemachte Anspruch, den dieser lediglich auf § 812 BGB stützen könne, nicht bestehe. Denn aufgrund der entsprechenden Vereinbarung sei die Vorfälligkeitsentschädigung nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden. 25Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der dazu überreichten Anlagen verwiesen. 26Entscheidungsgründe: 27Die Klage ist unbegründet. 28Ein Anspruch des Klägers, der nur auf § 812 BGB gestützt werden könnte, besteht nicht. 29Ein solcher würde voraussetzen, daß die Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. 30Die Vorfälligkeitsentschädigung war aufgrund der aus den Anlagen B1 und in B2 darauf Bl. 48 ff. d.A.) ersichtlichen Vereinbarungen zu bezahlen. Daß Vereinbarungen über die Zahlung der im Streit stehenden Vorfälligkeitsentgelte getroffen worden sind, ergibt sich daraus, daß der Kläger und seine ehemalige Ehefrau die beiden Abrechnungen nach Einfügung handschriftlicher Änderungen unterzeichnet haben. Dies konnte nach den Umständen nur bedeuten, daß sie sich mit dem Verlangen der Beklagten einverstanden erklärten. Die Erklärung der ehemaligen Ehefrau des Klägers ist insoweit aufgrund des Vermerks über ihrer Unterschrift, der „ich nehme das Angebot an.“ lautet, sogar ausdrücklich auf Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung gerichtet. Aber auch diejenige des Klägers ist eindeutig auf einen solchen gerichtet. 31Der Kläger kann sich demgegenüber auch nicht darauf berufen, daß die getroffenen Vereinbarungen unwirksam wären. Zutreffend ist allerdings, daß diesen Vereinbarungen die Geschäftsgrundlage gefehlt hätte und sie deshalb im Ergebnis als unwirksam anzusehen wären, wenn seinerzeit noch ein Widerrufsrecht des Klägers und seiner ehemaligen Ehefrau bestanden hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Widerrufsfrist war längst verstrichen. Sie betrug 2 Wochen und begann mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung und der Vertragsurkunde. Hieran ändert sich durch die Formulierung der Widerrufsbelehrung in ihrem ersten Absatz, dort zweiter Spiegelstrich, nichts. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall bestand aus Sicht des Klägers und seiner Frau, die unstreitig die Vertragsurkunde und die Widerrufsbelehrung – erst – beim Vertragsschluß erhalten haben und der Kläger und seine ehemalige Ehefrau nicht etwa schon vorher eine Widerrufsbelehrung und ein Vertragsangebot der Beklagten erhalten haben, kein Zweifel daran, daß die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts – erst – mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung und des für sie bestimmten Exemplars der Vertragsurkunde zu laufen begann. Damit ging im konkreten Fall die auch im übrigen eindeutige Widerrufsbelehrung auch in Bezug den Beginn der Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts eindeutig und unmißverständlich dahin, daß diese mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung und des für den Kläger und seine damalige Ehefrau bestimmten Vertragsexemplars begann. 32In Ermangelung des geltendgemachten Hauptanspruchs steht dem Kläger auch kein Zinsanspruch zu. 33Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. 34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. 35Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung beruht auf § 511 ZPO. 36Da die Beschwer des Klägers mehr als 600,- € beträgt, kommt die Zulassung einer Berufung gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 2 ZPO nicht in Betracht. 37Es ist klarzustellen, daß die Berufung trotz Nichtzulassung kraft Gesetzes zulässig ist, wenn der Beschwerdegegenstand der Berufung einen Wert von 600,- € übersteigt. Die Entscheidungsformel spricht lediglich aus, daß eine Berufung nicht zugelassen wird, verbietet aber nicht eine auch ohne ihre Zulassung kraft Gesetzes statthafte Berufung. Dies könnte sie auch nicht. 38Der Streitwert wird auf 16.321,13 € festgesetzt, §§ 39 ff. GKG, § 3 ZPO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120% des jeweils beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. die berufung gegen dieses urteil wird nicht zugelassen. 1 | 2der kläger verlangt von der beklagten die rückzahlung zweier vorfälligkeitsentschädigungen. 3der kläger schloß gemeinsam mit seiner damaligen ehefrau i unter dem 23. dezember 2005 mit der beklagten zwei darlehensverträge über 126.000,- € und 140.000,- € ab. beiden darlehensverträgen (in kopie als anlage k1, bl. 5 ff., bei der akte) war jeweils die aus der anlage k1 beigefügte belehrung über das recht zum widerruf beigefügt, in der es u. a. hieß (seite 2 der klageschrift, bl. 2 d.a., seiten 1 f. der klageerwiderung, bl. 44 f. d.a.): 4„der lauf der frist für den widerruf beginnt einen tag nachdem ihnen 5- eine ausfertigung dieser widerrufsbelehrung und 6- die vertragsurkunde, der schriftliche vertragsantrag oder eine abschrift der vertragsurkunde oder des vertragsantrags 7 zur verfügung gestellt wurden.“ 8die darlehensverträge waren seinerzeit seitens der beklagten vorbereitet worden. die vertragsurkunden wurden am 23. dezember 2005 von allen beteiligten bzw. ihren vertretern unterzeichnet. dem kläger und seiner damaligen ehefrau wurden die für sie bestimmten exemplare der darlehensverträge und die darauf jeweils bezogene widerrufsbelehrung ausgehändigt (seite 2 der klageerwiderung, bl. 45 d.a., vgl. seite 2 der replik, bl. 63 d.a.). 9im jahr 2012 führte der kläger beide darlehensverträge vorzeitig zurück, weil die zur darlehenssicherung eingesetzte immobilie veräußert wurde. für die rückführung des darlehens über 126.000,- € wurde von ihm eine vorfälligkeitsentschädigung von 7.473,15 €, für die rückführung des darlehens über 140.000,- € eine solche in höhe von 8.847,98 € verlangt. es wurden jeweils auch noch 200,- € bearbeitungsgebühr verlangt. die einzelheiten ergeben sich aus den anlagen b1 (bl. 48 f. d.a.) und b2 (bl. 50 f. d.a.). mit diesen abrechnungen war die ehemalige ehefrau des klägers nicht einverstanden. deswegen meldete sie sich bei dem seinerzeit zuständigen sachbearbeiter, herrn s. in dem geführten telefonat einigten sich die ehemalige ehefrau des klägers und herr s jedenfalls darauf, die aus den handschriftlichen änderungen in den anlagen b1 und b2 ersichtlichen modifikationen der abrechnungen vorzunehmen. die ehefrau des klägers setzte jeweils mit ihrer unterschrift auf die abrechnungen den vermerk „ich nehme das angebot an.“. der kläger unterzeichnete die beiden handschriftlich geänderten abrechnungen. sodann übermittelten der kläger und seine ehemalige ehefrau die entgeltabrechnungen an die beklagte (seiten 2 f. der klageerwiderung, bl. 45 f. d.a., seiten 1 f. der replik, bl. 62 f. d.a.). 10der kläger beglich die beiden vorfälligkeitsentschädigungen (seite 2 der klageschrift, bl. 2 d.a., seite 3 der klageerwiderung, bl. 46 d.a.). 11mit schreiben vom 7. juni 2013 (in abschrift als anlage k3, bl. 27 f., bei der akte) widerrief der prozeßbevollmächtigte des klägers beide darlehensverträge vom 23. dezember 2005 und forderte die beklagten zur rückzahlung der vorfälligkeitsentschädigungen in höhe von insgesamt 16.321,13 € bis zum 5. juli 2013 auf. die ehefrau des klägers hatte ihm ihre ansprüche aus den darlehensverträgen abgetreten (seiten 2 f. der klageschrift, bl. 2 f. d.a.). 12außerdem erklärte auch die ehefrau des klägers mit schreiben vom 26. august 2013 (in kopie als anlage k4, bl. 29, bei der akte) gegenüber der beklagten den widerruf der darlehensverträge. ferner erklärte sie gegenüber der beklagten, daß ihr ehemann zum widerruf auch in ihrem namen berechtigt gewesen sei und genehmigte außerdem dessen widerrufserklärungen. sie wies auf die abtretung ihrer ansprüche an ihren ehemann hin (seite 3 der klageschrift, bl. 3 d.a.). 13mit schreiben vom 26. november 2013 (in kopie als anlage k5, bl.30 f., bei der akte) teilte die beklagte gegenüber dem prozeßbevollmächtigten des klägers mit, daß ein widerruf ihrer auffassung nach nicht mehr in betracht gekommen sei, weil die widerrufsbelehrungen unter den konkreten umständen der vertragsschlüsse in ordnung gewesen seien, im übrigen aber auch die rückforderung der vorfälligkeitsentschädigungen nicht in betracht komme, weil diese ihre rechtsgrundlage in der aufhebungsvereinbarung vom 5. april 2012 finde (seite 3 der klageschrift, bl. 3 d.a.). 14der kläger trägt vor: 15er könne die rückzahlung der vorfälligkeitsentschädigung verlangen. denn die beklagte habe aus den darlehensverträgen vom 23. dezember 2005 keine ansprüche herleiten können. denn diese darlehensverträge seien rechtzeitig und wirksam widerrufen worden. die ihnen jeweils beigefügte widerrufsbelehrung habe nämlich den beginn der widerrufsfrist nicht ausgelöst, weil sie nicht in ordnung gewesen sei. denn aufgrund der unklaren formulierung im ersten absatz, zweiter spiegelstrich, der widerrufsbelehrung werde aus ihr der beginn der widerrufsfrist nicht hinreichend klar (im einzelnen seiten 3 f. der klageschrift, bl. 3 f. d.a.). 16auf eine vereinbarung über eine vorfälligkeitsentschädigung könne die beklagte keinen behaltensgrund stützen. es sei überhaupt nur die bearbeitungsgebühr aus den seinerzeit geltendgemachten forderungen der beklagten herausgestrichen worden, auf welche die beklagte ohnehin keinen anspruch gehabt habe. grundlage der vorfälligkeitsentschädigung sei ausschließlich ein wirksamer darlehensvertrag, der aber eben aufgrund des widerrufs nicht vorliege. seine ehemalige ehefrau habe zum zeitpunkt der streichung der bearbeitungsgebühr keine kenntnis von dem noch bestehenden widerrufsrecht gehabt, und in kenntnis dieser möglichkeit hätten weder er noch seine ehemalige ehefrau eine vorfälligkeitsentschädigung gezahlt, auf welche die beklagte keinen vertraglichen anspruch gehabt habe. eine vereinbarung über ein vorfälligkeitsentgelt sei den in kopie als anlagen b1 und b2 (bl. 48 ff.) bei der akte befindlichen urkunden nicht zu entnehmen, insbesondere auch kein verzicht auf das widerrufsrecht (seiten 1 f. der replik, bl. 62 f. d.a.). 17auf den umstand, daß er und seine frau zusammen mit der widerrufsbelehrung das vertragsexemplar erhalten hätten, komme es nicht an (seite 2 der replik, bl. 63 d.a.). 18der kläger beantragt (seite 2 der klageschrift vom 20. november 2013, bl. 2 d.a.), 19die beklagte zu verurteilen, an den kläger 16.321,13 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 6. juli 2013 zu zahlen. 20die beklagte beantragt (seite reise schriftsatzes vom 13. januar 2014, bl. 44 d.a.), 21 die klage abzuweisen. 22die beklagte trägt vor: 23auch wenn der bundesgerichtshof mit urteil vom 10. märz 2009 (xi zr 33/08) entschieden habe, daß die ihrerseits verwendete klausel den anforderungen des §§ 355 abs. 2 bgb grundsätzlich nicht genüge, liege es doch im vorliegenden fall anders. denn dadurch, daß der kläger und seine damalige ehefrau zusammen mit der widerrufsbelehrung das für sie bestimmte vertragsexemplar ausgehändigt bekommen hätten, habe bei ihnen nicht die gefahr einer fehlvorstellung über den beginn des laufs der widerrufsfrist bestanden. dem schutzzweck der §§ 355, 495 bgb sei deshalb genügt worden (seiten 3 f. der klageerwiderung, bl. 46 f. d.a.). 24im übrigen finde die geleistete zahlung der vorfälligkeitsentschädigung ihre rechtsgrundlage in der getroffenen vereinbarung über die vorfälligkeitsentschädigung, so daß schon deshalb der seitens des klägers geltendgemachte anspruch, den dieser lediglich auf § 812 bgb stützen könne, nicht bestehe. denn aufgrund der entsprechenden vereinbarung sei die vorfälligkeitsentschädigung nicht ohne rechtsgrund geleistet worden. 25wegen des weiteren parteivorbringens wird auf den vorgetragenen inhalt der gewechselten schriftsätze und der dazu überreichten anlagen verwiesen. 26 | 27die klage ist unbegründet. 28ein anspruch des klägers, der nur auf § 812 bgb gestützt werden könnte, besteht nicht. 29ein solcher würde voraussetzen, daß die leistung der vorfälligkeitsentschädigung ohne rechtlichen grund erfolgt ist. dies ist jedoch nicht der fall. 30die vorfälligkeitsentschädigung war aufgrund der aus den anlagen b1 und in b2 darauf bl. 48 ff. d.a.) ersichtlichen vereinbarungen zu bezahlen. daß vereinbarungen über die zahlung der im streit stehenden vorfälligkeitsentgelte getroffen worden sind, ergibt sich daraus, daß der kläger und seine ehemalige ehefrau die beiden abrechnungen nach einfügung handschriftlicher änderungen unterzeichnet haben. dies konnte nach den umständen nur bedeuten, daß sie sich mit dem verlangen der beklagten einverstanden erklärten. die erklärung der ehemaligen ehefrau des klägers ist insoweit aufgrund des vermerks über ihrer unterschrift, der „ich nehme das angebot an.“ lautet, sogar ausdrücklich auf abschluß einer entsprechenden vereinbarung gerichtet. aber auch diejenige des klägers ist eindeutig auf einen solchen gerichtet. 31der kläger kann sich demgegenüber auch nicht darauf berufen, daß die getroffenen vereinbarungen unwirksam wären. zutreffend ist allerdings, daß diesen vereinbarungen die geschäftsgrundlage gefehlt hätte und sie deshalb im ergebnis als unwirksam anzusehen wären, wenn seinerzeit noch ein widerrufsrecht des klägers und seiner ehemaligen ehefrau bestanden hätte. dies ist jedoch nicht der fall. die widerrufsfrist war längst verstrichen. sie betrug 2 wochen und begann mit der aushändigung der widerrufsbelehrung und der vertragsurkunde. hieran ändert sich durch die formulierung der widerrufsbelehrung in ihrem ersten absatz, dort zweiter spiegelstrich, nichts. denn jedenfalls im vorliegenden fall bestand aus sicht des klägers und seiner frau, die unstreitig die vertragsurkunde und die widerrufsbelehrung – erst – beim vertragsschluß erhalten haben und der kläger und seine ehemalige ehefrau nicht etwa schon vorher eine widerrufsbelehrung und ein vertragsangebot der beklagten erhalten haben, kein zweifel daran, daß die frist zur ausübung des widerrufsrechts – erst – mit der aushändigung der widerrufsbelehrung und des für sie bestimmten exemplars der vertragsurkunde zu laufen begann. damit ging im konkreten fall die auch im übrigen eindeutige widerrufsbelehrung auch in bezug den beginn der frist für die ausübung des widerrufsrechts eindeutig und unmißverständlich dahin, daß diese mit der aushändigung der widerrufsbelehrung und des für den kläger und seine damalige ehefrau bestimmten vertragsexemplars begann. 32in ermangelung des geltendgemachten hauptanspruchs steht dem kläger auch kein zinsanspruch zu. 33die kostenentscheidung beruht auf § 91 zpo. 34die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 zpo. 35die entscheidung über die zulassung der berufung beruht auf § 511 zpo. 36da die beschwer des klägers mehr als 600,- € beträgt, kommt die zulassung einer berufung gemäß § 511 abs. 4 nr. 2 zpo nicht in betracht. 37es ist klarzustellen, daß die berufung trotz nichtzulassung kraft gesetzes zulässig ist, wenn der beschwerdegegenstand der berufung einen wert von 600,- € übersteigt. die entscheidungsformel spricht lediglich aus, daß eine berufung nicht zugelassen wird, verbietet aber nicht eine auch ohne ihre zulassung kraft gesetzes statthafte berufung. dies könnte sie auch nicht. 38der streitwert wird auf 16.321,13 € festgesetzt, §§ 39 ff. gkg, § 3 zpo. | Verklagte*r | 0 |
190,096 | S 12 SB 686/12 | 2013-08-27T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig. 3Der am 00.00.0000 geborene Kläger beantragte am 00.00.0000 bei dem Beklagten die Feststellung eines GdB. Hierbei gab er an, er leide unter Bluthochdruck sowie einer posttraumatischen Belastungsstörung. Der Beklagte forderte Entlassungsberichte der Klinik für Berufskrankheiten C. S. aus Juni und November 2011 an. Aus diesen ergab sich u.a., dass der Kläger am 00.00.0000 im Rahmen seiner Tätigkeit als Busfahrer von einer alkoholisierten Frau in verbal und tätlich angegriffen worden war. Der Beklagte holte darüber hinaus Befundberichte des PD Dr. G. sowie des Allgemeinmediziner Dr. O. ein. Der Beklagte ließ die eingeholten Unterlagen durch Frau Dr. N. auswerten. Diese kam zu der Einschätzung, beim Kläger liege eine psychische Beeinträchtigung vor, die einen GdB von 30 bedinge. 4Mit Bescheid vom 00.00.0000 stellte der Beklagte daraufhin beim Kläger ab dem 00.00.0000 einen GdB von 30 fest. Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, mit Telefax vom 00.00.0000 Widerspruch ein. Nachdem eine Begründung des Widerspruchs nicht erfolgte wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 als unbegründet zurück. 5Am 00.00.0000 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben. Er ist der Auffassung, seine psychische Beeinträchtigung sei mit einem GdB von mindestens 50 zu bewerten. Der Kläger hat darüber hinaus eine ärztliche Stellungnahme des PD Dr. G. zu den Akten gereicht. 6Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch psychiatrischen Gutachtens der Frau Dr. T ... Zu diesem hat der Kläger mit Schriftsatz vom 00.00.0000 ausgeführt, es überzeuge ihn nicht. Die Gutachterin hat mit Schreiben vom 00.00.0000 ergänzend zu Ihrem Gutachten Stellung genommen. 7Der Kläger beantragt, 8den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verpflichten, den GdB des Klägers ab dem 00.00.0000 mit 50 zu bewerten. 9Der Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Zur Begründung verweist er auf sein bisheriges Vorbringen im Verwaltung und Widerspruchsverfahren sowie auf die Ausführungen der Gutachterin Frau Dr. T. sowie die Stellungnahmen seines ärztlichen Beraters Dr. N. im vorliegenden Verfahren. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 13Entscheidungsgründe: 14I. 15Die Klage ist zulässig, insbesondere richtet sie sich gegen den richtigen Klagegegner. 16Durch § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen – Eingliederungsgesetz - (Art. 1 Abschnitt I des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007, GV. NRW S. 482 – Straffungsgesetz –) hat der Landesgesetzgeber die den Versorgungsämtern nach §§ 69 und 145 SGB des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) zugewiesenen Aufgaben in zulässiger Weise mit Wirkung vom 01.01.2008 auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen (vgl. dazu Landessozialgericht – LSG - Nordrhein-Westfalen Urteil vom 12.02.2008 - L 6 SB 101/06; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 05.03.2008 - L 10 SB 40/06; zur Anwendung des Behördenprinzips in Nordrhein-Westfalen bei sozialgerichtlichen Streitigkeiten, vgl. Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 24.03.2009, B 9 SO 29/07 R). Die Zuständigkeit der Bezirksregierung Münster zur Entscheidung über den Widerspruch ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 2 Eingliederungsgesetz in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 25.10.2011 (GV. NRW S. 542; vgl. dazu auch LSG NRW Beschluss vom 16.01.2012 – L 10 SB 197/11 = juris Rn. 16; LSG NRW Urteil vom 6.12.2009 - L 10 SB 39/09 = juris Rn. 23 ff.). 17II. 18Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG nicht beschwert, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind. Dem Kläger steht derzeit kein höherer GdB als 30 zu. 19Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. 20Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32). 21Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Urteil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32). 22Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderungen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen. 23Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 –B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze). 24Der Kläger leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unter 25(1.) einer rezidivierenden depressiven Störung vor dem Hintergrund einer eher depressiven Persönlichkeitsstruktur (2.) Bluthochdruck (3.) Zustand nach diversen Knie- und Sprunggelenksverletzungen. 26Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte sowie des Gutachtens der Frau Dr. T. fest. 27Das Gutachten beruht auf umfangreichen Untersuchungen, die von einer erfahrenen medizinischen Gutachterin unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit und Vollständigkeit der in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Insbesondere sind die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 00.00.0000 nicht geeignet, die Feststellungen der Gutachterin in Zweifel zu ziehen. Soweit der Prozessbevollmächtigte die Auffassung vertritt, es sei nicht erkennbar, wo hier die Gutachterin ihre Erkenntnisse in Bezug auf den Kläger erhalten habe, so trifft dies nach Auffassung der Kammer nicht zu. Es handelt sich bei Frau Dr. T. um eine erfahrene Gutachterin und Fachärztin für Nervenheilkunde, Psychiatrie und Psychotherapie. Sie beherrscht vor diesem Hintergrund auch die Erhebung psychopathologischer Befunde (vgl. zur Methodik der psychiatrischen Begutachtung etwa, Hoffmann-Richter, Die psychiatrische Begutachtung, 2005, S. 29 ff.; Schneider/Frister/Olzen, Begutachtung psychiatrischer Störungen, 2. Aufl. 2010, S. 37 ff.). Auch die von ihr durchgeführten Testungen sind nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung dieses "Handwerkzeugs" kommt die Gutachterin lege artis zu Ihren Feststellungen und Befunden. 28Soweit PD Dr. G. und auch der Beklagte im Verwaltungsverfahren zunächst vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgehen, so trifft dies nach den überzeugenden Feststellungen der Gutachterin nicht zu. 29Dabei ist sich die Kammer bewusst, dass die Frage, ob – und unter welchen Voraussetzungen - eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vorliegt, auch medizinisch nicht eindeutig geklärt ist (vgl. dazu etwa Gemeinsame Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychotherapeutische Medizin [DGPM], der Deutschen Gesellschaft für Psychonanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie [DGPT], des Deutschen Kollegium für Psychosomatische Medizin [DKPM], der Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie [AÄGP] und der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie [DeGPT], abrufbar unter: www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/051-010.htm; vgl. auch Foerster, Die pschychoreaktiven Störungen - auch außerhalb der Begutachtung ein häufig schwieriges Thema, MedSach 2010, S. 16 ff.). 30So erfasst die ICD 10 (GM) 2013 die posttraumatische Belastungsstörung unter F 43.1 wie folgt: 31Die posttraumatische Belastungsstöung "( ) entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) über.". 32Etwas differenzierter erscheint die Beschreibung in der vierten Auflage des "Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders" (DSM IV). Dieses beschrieb die Voraussetzungen für eine PTBS wie folgt: 33"A. The person has been exposed to a traumatic event in which both of the following were present: (1) the person experienced, witnessed, or was confronted with an event or events that involved actual or threatened death or serious injury, or a threat to the physical integrity of self or others (2) the person s response involved intense fear, helplessness, or horror. ( ) B. The traumatic event is persistently reexperienced in one (or more) of the following ways: (1) recurrent and intrusive distressing recollections of the event, including images, thoughts, or perceptions. ( ) (2) recurrent distressing dreams of the event. ( ) (3) acting or feeling as if the traumatic event were recurring (includes a sense of reliving the experience, illusions, hallucinations and dissociative flashback episodes, including those that occur on awakening or when intoxicated) ( ) (4) intense psychological distress at exposure to internal or external cues that symbolize or resemble an aspect of the traumatic event (5) physiological reactivity on exposure to internal or external cues that symbolize or resemble an aspect of the traumatic event C. Persistent avoidance of stimuli associated with the trauma and numbing of general responsiveness (not present before the trauma), as indicated by three (or more) of the following: (1) efforts to avoid thoughts, feelings, or conversations associated with the trauma (2) efforts to avoid activities, places, or people that arouse recollections of the trauma (3) inability to recall an important aspect of the trauma (4) markedly diminished interest or participation in significant activities (5) feeling of detachment or estrangement from others (6) restricted range of affect (e.g., unable to have loving feelings) (7) sense of a foreshortened future (e.g., does not expect to have a career, marriage, children, or a normal life span) D. Persistent symptoms of increased arousal (not present before the trauma), as indicated by two (or more) of the following: (1) difficulty falling or staying asleep (2) irritabilty or outbursts of anger (3) difficulty concentrating (4) hypervigilance (5) exaggerated startle response E. Duration of the disturbance (symptoms in Criteria B, C, and D) is more than 1 month. F. The disturbance causes clinically significant distress or impairment in social, occupational, or other important areas of functioning." 34Gegenüber der Gutachterin hat er den Überfall so geschildert, dass eine alkoholisierte Frau bei der Fahrscheinkontrolle beim Einsteigen zunächst "laut und frech" geworden sei um ihm anschließend ins Gesicht zu schlagen und sofort aus dem Bus herauszulaufen. Er sei mit dem Kopf gegen das seitliche Fenster links geschlagen. Anschließend sei er weiter gefahren. Nach seiner Ablösung sei er dann im Krankenhaus ambulant behandelt worden. Er sei innerlich enorm erregt gewesen. 35Es erscheint der Kammer schon fraglich, ob der Kläger beim dem Angriff durch die Täterin eine Situation erlebt hat, die sich als solche außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Es sind somit schon die "A-Kriterien" nach DSM IV und das auslösende Ereignis nach ICD 10 – fraglich (vgl. zu den Änderungen durch DSM V http://www.dsm5.org/Documents/PTSD%20Fact%20Sheet.pdf). Anhaltspunkt für das B-Kriterium nach DSM IV, etwa im Sinne von Flashbacks und/oder wiederkehrenden Albträume werden vom Kläger ebenfalls nicht beschrieben und sind auch in den Arztberichten und Gutachten nicht erkennbar. 36Auch der behandelnde Arzt PD. Dr. G. geht in seiner Stellungnahme vom 00.00.0000 nicht mehr von dem Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung sondern von einer Anpassungsstörung (ICD 10 F 43.2) aus. 37Ob diese Diagnose der Anpassungsstörung oder aber die von der Gutachterin benannte rezidivierende depressive Störung vor dem Hintergrund einer eher depressiven Persönlichkeitsstruktur die beim Kläger vorliegende psychische Beeinträchtigung besser beschreibt, ist letztlich für die hier maßgebliche Bewertung des GdB unerheblich. 38In beiden Fällen richtet sich die Bewertung des GdB nach Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Es ist danach zu beurteilen, ob und in welchem Umfang der Kläger durch seine psychischen Störungen beeinträchtigt ist. 39Nach dem Gutachten der Frau. Dr. T.– unter Berücksichtigung der eingeholten Befund- und Arztberichte – geht die Kammer davon aus, dass beim Kläger zwar mittlerweile wesentliche Beeinträchtigungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bestehen, insbesondere im Hinblick darauf, dass er sich – wie er im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat – nun endgültig nicht mehr in der Lage sieht, seinen bisherigen Beruf als Busfahrer auszuüben. Er hatte bereits der Gutachterin gegenüber erklärt, er könne nur ein paar Tage arbeiten und müsse dann wieder zu Hause bleiben um aufzutanken. Gegenüber der Gutachterin schilderte der Kläger darüber hinaus verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, ein vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schlafstörungen, erhöhte Ermüdbarkeit und Freudlosigkeit. Diese Selbsteinschätzung korrespondiert aber nicht mit den Schilderungen des Klägers hinsichtlich seines Alltags. So beschreibt er gegenüber der Gutachterin, dass Ehe und Familie sehr gut gelingen. Die Familie wandere miteinander, fahre sehr viel Rad, besuche Gartenmärkte. Der Garten sei das gemeinsame Hobby. Sein eigenes Hobby sei der Fußball. Den Vorsitz des Fußballvereins habe er vor Jahren wegen Überforderung abgegeben. Heute fahre er Rennrad zusammen mit Kollegen, was ihm sehr gut tue. Außerdem gehe er mit seinem Hund viel spazieren. Seine Frau und er hätten zahlreiche Freunde, feiern Geburtstage miteinander und machen Sonntagsausflüge. Die Beschreibung des Gesundheitszustands durch den Kläger mit den eigenen Angaben zum Aktivitäts- und Funktionsniveau passt nicht zusammen. Es ist hier von einer Symptomverdeutlichungstendenz auszugehen. Ein entsprechendes Ergebnis hat auch die Auswertung des strukturierten Fragebogens spezifischer Symptome – SFSS (nach Cima et al. 2003) durch die Gutachterin ergeben (vgl. zu diesem Fragebogen etwa Schneider/Frister/Olzen, Begutachtung psychiatrischer Störungen, 2. Aufl. 2010, S. 87 ff). 40Der Kläger ist trotz bestehender Beeinträchtigungen weiterhin in der Lage ist, sich um wesentliche Belange der Alltagsanforderungen (Selbstversorgung, häusliches Leben, Mobilität) ohne externe Strukturierung oder Anleitung zu kümmern. Die Bewältigung des Alltags gelingt sogar recht gut. Es wird deutlich, dass der Kläger trotz der Belastungen durchaus auch weiter Freude empfinden kann. Eine Medikation mit Antidepressiva erfolgte nicht. Auch ist die psychotherapeutische Behandlung mit monatlich einen Termin als eher niederfrequent zu bewerten. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände geht die Kammer in Übereinstimmung mit dem Gutachten der Frau Dr. T. davon aus dass die Beeinträchtigungen des Klägers mit einem GdB von 30 zutreffend bewertet ist. 41Beim Kläger ist darüber hinaus ein Bluthochdruck festgestellt, welcher mit dem Wirkstoff Bisprolol behandelt wird. Bei der Untersuchung durch Frau Dr. T. war der Blutdruck gemessen nach Riva-Rocci 140/90 mmHg. Gemäß Teil B Ziffer 9.3 ist hierfür ein GdB von 0-10 in Ansatz zu bringen. 42Soweit der Kläger in der Vergangenheit sich Knie und Sprunggelenks Verletzungen zugezogen hat, so bedingen diese derzeit gemäß Teil B Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinische Grundsätze mangels entsprechender objektivierbarer Bewegungseinschränkungen keinen Grad der Behinderung. 43Auf der Grundlage der genannten Einzel-GdB-Werte ist bei dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum nach § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein Gesamt-GdB von 30 zu bilden. 44§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammenschau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris). 45Im vorliegenden Fall stehen die psychischen Beeinträchtigungen absolut im Vordergrund. Die übrigen Beeinträchtigungen, sofern sie entsprechend den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit einem GdB von 10 zu bewerten sind, nehmen in der Regel an der Bildung des Gesamt-GdB nicht teil Ausnahmen, die im vorliegenden Fall eine Berücksichtigung gleichwohl erforderlich machten, liegen nicht vor. Insgesamt ist damit der GdB weiterhin mit 30 zu bewerten. 46Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. | die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2zwischen den beteiligten ist die höhe des grades der behinderung (gdb) streitig. 3der am 00.00.0000 geborene kläger beantragte am 00.00.0000 bei dem beklagten die feststellung eines gdb. hierbei gab er an, er leide unter bluthochdruck sowie einer posttraumatischen belastungsstörung. der beklagte forderte entlassungsberichte der klinik für berufskrankheiten c. s. aus juni und november 2011 an. aus diesen ergab sich u.a., dass der kläger am 00.00.0000 im rahmen seiner tätigkeit als busfahrer von einer alkoholisierten frau in verbal und tätlich angegriffen worden war. der beklagte holte darüber hinaus befundberichte des pd dr. g. sowie des allgemeinmediziner dr. o. ein. der beklagte ließ die eingeholten unterlagen durch frau dr. n. auswerten. diese kam zu der einschätzung, beim kläger liege eine psychische beeinträchtigung vor, die einen gdb von 30 bedinge. 4mit bescheid vom 00.00.0000 stellte der beklagte daraufhin beim kläger ab dem 00.00.0000 einen gdb von 30 fest. hiergegen legte der kläger, vertreten durch seinen prozessbevollmächtigten, mit telefax vom 00.00.0000 widerspruch ein. nachdem eine begründung des widerspruchs nicht erfolgte wies die bezirksregierung münster den widerspruch mit widerspruchsbescheid vom 00.00.0000 als unbegründet zurück. 5am 00.00.0000 hat der kläger, vertreten durch seinen prozessbevollmächtigten, klage erhoben. er ist der auffassung, seine psychische beeinträchtigung sei mit einem gdb von mindestens 50 zu bewerten. der kläger hat darüber hinaus eine ärztliche stellungnahme des pd dr. g. zu den akten gereicht. 6das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines neurologisch psychiatrischen gutachtens der frau dr. t ... zu diesem hat der kläger mit schriftsatz vom 00.00.0000 ausgeführt, es überzeuge ihn nicht. die gutachterin hat mit schreiben vom 00.00.0000 ergänzend zu ihrem gutachten stellung genommen. 7der kläger beantragt, 8den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 00.00.0000 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 00.00.0000 zu verpflichten, den gdb des klägers ab dem 00.00.0000 mit 50 zu bewerten. 9der beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11zur begründung verweist er auf sein bisheriges vorbringen im verwaltung und widerspruchsverfahren sowie auf die ausführungen der gutachterin frau dr. t. sowie die stellungnahmen seines ärztlichen beraters dr. n. im vorliegenden verfahren. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die beigezogene verwaltungsakte des beklagten sowie auf die gerichtsakte bezug genommen, deren wesentlicher inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 13 | 14i. 15die klage ist zulässig, insbesondere richtet sie sich gegen den richtigen klagegegner. 16durch § 1 abs. 1, § 2 abs. 1 des gesetzes zur eingliederung der versorgungsämter in die allgemeine verwaltung des landes nordrhein-westfalen – eingliederungsgesetz - (art. 1 abschnitt i des zweiten gesetzes zur straffung der behördenstruktur in nordrhein-westfalen vom 30.10.2007, gv. nrw s. 482 – straffungsgesetz –) hat der landesgesetzgeber die den versorgungsämtern nach §§ 69 und 145 sgb des neunten buches des sozialgesetzbuches - rehabilitation und teilhabe behinderter menschen – (sgb ix) zugewiesenen aufgaben in zulässiger weise mit wirkung vom 01.01.2008 auf die kreise und kreisfreien städte übertragen (vgl. dazu landessozialgericht – lsg - nordrhein-westfalen urteil vom 12.02.2008 - l 6 sb 101/06; lsg nordrhein-westfalen urteil vom 05.03.2008 - l 10 sb 40/06; zur anwendung des behördenprinzips in nordrhein-westfalen bei sozialgerichtlichen streitigkeiten, vgl. bundessozialgericht – bsg – urteil vom 24.03.2009, b 9 so 29/07 r). die zuständigkeit der bezirksregierung münster zur entscheidung über den widerspruch ergibt sich aus § 2 abs. 2 satz 2 eingliederungsgesetz in der fassung des änderungsgesetzes vom 25.10.2011 (gv. nrw s. 542; vgl. dazu auch lsg nrw beschluss vom 16.01.2012 – l 10 sb 197/11 = juris rn. 16; lsg nrw urteil vom 6.12.2009 - l 10 sb 39/09 = juris rn. 23 ff.). 17ii. 18die klage ist jedoch unbegründet. der kläger ist durch die angefochtenen bescheide im sinne des § 54 abs. 2 sgg nicht beschwert, da die angefochtenen bescheide rechtmäßig sind. dem kläger steht derzeit kein höherer gdb als 30 zu. 19nach § 2 sgb ix sind menschen behindert, wenn ihre körperliche funktion oder geistige fähigkeit oder seelische gesundheit mit hoher wahrscheinlichkeit länger als sechs monate von dem für das lebensalter typischen zustand abweicht und daher ihre teilhabe am leben der gesellschaft beeinträchtigt ist. gemäß § 69 abs. 1 satz 4 sgb ix werden die auswirkungen auf die teilhabe am leben in der gesellschaft als grad der behinderung nach 10er graden abgestuft dargestellt. bei dem vorliegen mehrerer beeinträchtigungen der teilhabe am leben in der gesellschaft wird nach § 69 abs. 3 sgb ix der gdb nach den auswirkungen der beeinträchtigungen in ihrer gesamtheit unter berücksichtigung ihrer wechselseitigen beziehungen festgestellt. 20die bemessung des gesamt-gdb hat dabei in mehreren schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche aufgabe (bsg beschluss vom 09.12.2010 – b 9 sb 35/10 b = juris rn. 5 m.w.n.; lsg nordrhein-westfalen urteil vom 29.06.2012 – l 13 sb 127/11 = juris rn. 32). 21zunächst sind unter heranziehung ärztlichen fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden gesundheitsstörungen im sinn von regelwidrigen, von der norm abweichenden zuständen gemäß § 2 abs. 1 sgb ix und die daraus ableitenden teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. sodann sind diese den in den versorgungsmedizinischen grundsätzen genannten funktionssystemen zuzuordnen und mit einem einzel-gdb zu bewerten. schließlich ist unter berücksichtigung der wechselseitigen beziehungen in einer gesamtschau der gesamt-gdb zu bilden (bsg urteil vom 30.09.2009 – b 9 sb 4/08 r = juris rn. 18 m.w.n.; lsg nordrhein-westfalen urteil vom 29.06.2012 – l 13 sb 127/11 = juris rn. 32). 22nach teil a ziffer 3 der anlage zu § 2 der aufgrund § 30 abs. 17 bundesversorgungsgesetzes (bvg) erlassenen verordnung zur durchführung des § 1 abs. 1 und 3, des § 30 abs. 1 und des § 35 abs. 1 bvg (bgbl. i 2008, s. 2412 - versorgungsmedizin-verordnung) vom 10.12.2008 (versorgungsmedizinische grundsätze), die wegen § 69 abs. 1, satz 4 sgb ix auch im schwerbehindertenrecht zur anwendung kommt, sind zur ermittlung des gesamtgrades der behinderung rechnerische methoden, insbesondere eine addition der einzelgrade der behinderung, nicht zulässig. vielmehr ist bei der beurteilung des gesamtgrades der behinderung in der regel von der funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten einzelgrad der behinderung bedingt und dann im hinblick auf alle weiteren funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das ausmaß der behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren funktionsbeeinträchtigungen dem ersten grad der behinderung 10 oder 20 oder mehr punkte hinzuzufügen sind, um der behinderung insgesamt gerecht zu werden. hierbei ist gemäß teil a ziffer 3 lit. d) ee) der versorgungsmedizinischen grundsätze zu beachten, dass leichtere gesundheitsstörungen mit einem einzelgrad der behinderung von 10 nicht zu einer erhöhung des gesamtgrades der behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren behinderungen kumulativ nebeneinander vorliegen. auch bei leiden mit einem einzelgrad der behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine zunahme des gesamtausmaßes der behinderung zu schließen. 23schließlich sind bei der festlegung des gesamt-gdb zudem die auswirkungen im konkreten fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den versorgungsmedizinischen grundsätzen feste gdb-werte angegeben sind (bsg urteil vom 02.12.2010 –b 9 sb 4/10 r = juris rn. 25; vgl. auch teil a ziffer 3 lit. b) versorgungsmedizinische grundsätze). 24der kläger leidet zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung unter 25(1.) einer rezidivierenden depressiven störung vor dem hintergrund einer eher depressiven persönlichkeitsstruktur (2.) bluthochdruck (3.) zustand nach diversen knie- und sprunggelenksverletzungen. 26das vorliegen dieser gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach auffassung der kammer aufgrund der im verwaltungs- und klageverfahren eingeholten befund- und arztberichte sowie des gutachtens der frau dr. t. fest. 27das gutachten beruht auf umfangreichen untersuchungen, die von einer erfahrenen medizinischen gutachterin unter einsatz von diversen hilfsmitteln durchgeführt worden sind. die kammer hat keinen anlass an der richtigkeit und vollständigkeit der in dem gutachten erhobenen medizinischen befunde und gestellten diagnosen zu zweifeln. insbesondere sind die ausführungen des prozessbevollmächtigten im schriftsatz vom 00.00.0000 nicht geeignet, die feststellungen der gutachterin in zweifel zu ziehen. soweit der prozessbevollmächtigte die auffassung vertritt, es sei nicht erkennbar, wo hier die gutachterin ihre erkenntnisse in bezug auf den kläger erhalten habe, so trifft dies nach auffassung der kammer nicht zu. es handelt sich bei frau dr. t. um eine erfahrene gutachterin und fachärztin für nervenheilkunde, psychiatrie und psychotherapie. sie beherrscht vor diesem hintergrund auch die erhebung psychopathologischer befunde (vgl. zur methodik der psychiatrischen begutachtung etwa, hoffmann-richter, die psychiatrische begutachtung, 2005, s. 29 ff.; schneider/frister/olzen, begutachtung psychiatrischer störungen, 2. aufl. 2010, s. 37 ff.). auch die von ihr durchgeführten testungen sind nach auffassung der kammer nicht zu beanstanden. unter berücksichtigung dieses "handwerkzeugs" kommt die gutachterin lege artis zu ihren feststellungen und befunden. 28soweit pd dr. g. und auch der beklagte im verwaltungsverfahren zunächst vom vorliegen einer posttraumatischen belastungsstörung ausgehen, so trifft dies nach den überzeugenden feststellungen der gutachterin nicht zu. 29dabei ist sich die kammer bewusst, dass die frage, ob – und unter welchen voraussetzungen - eine posttraumatische belastungsstörung (ptbs) vorliegt, auch medizinisch nicht eindeutig geklärt ist (vgl. dazu etwa gemeinsame leitlinien der deutschen gesellschaft für psychotherapeutische medizin [dgpm], der deutschen gesellschaft für psychonanalyse, psychotherapie, psychosomatik und tiefenpsychologie [dgpt], des deutschen kollegium für psychosomatische medizin [dkpm], der allgemeinen ärztlichen gesellschaft für psychotherapie [aägp] und der deutschsprachigen gesellschaft für psychotraumatologie [degpt], abrufbar unter: www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/051-010.htm; vgl. auch foerster, die pschychoreaktiven störungen - auch außerhalb der begutachtung ein häufig schwieriges thema, medsach 2010, s. 16 ff.). 30so erfasst die icd 10 (gm) 2013 die posttraumatische belastungsstörung unter f 43.1 wie folgt: 31die posttraumatische belastungsstöung "( ) entsteht als eine verzögerte oder protrahierte reaktion auf ein belastendes ereignis oder eine situation kürzerer oder längerer dauer, mit außergewöhnlicher bedrohung oder katastrophenartigem ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe verzweiflung hervorrufen würde. prädisponierende faktoren wie bestimmte, z.b. zwanghafte oder asthenische persönlichkeitszüge oder neurotische krankheiten in der vorgeschichte können die schwelle für die entwicklung dieses syndroms senken und seinen verlauf erschweren, aber die letztgenannten faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das auftreten der störung zu erklären. typische merkmale sind das wiederholte erleben des traumas in sich aufdrängenden erinnerungen (nachhallerinnerungen, flashbacks), träumen oder alpträumen, die vor dem hintergrund eines andauernden gefühls von betäubtsein und emotionaler stumpfheit auftreten. ferner finden sich gleichgültigkeit gegenüber anderen menschen, teilnahmslosigkeit der umgebung gegenüber, freudlosigkeit sowie vermeidung von aktivitäten und situationen, die erinnerungen an das trauma wachrufen könnten. meist tritt ein zustand von vegetativer übererregtheit mit vigilanzsteigerung, einer übermäßigen schreckhaftigkeit und schlafstörung auf. angst und depression sind häufig mit den genannten symptomen und merkmalen assoziiert und suizidgedanken sind nicht selten. der beginn folgt dem trauma mit einer latenz, die wenige wochen bis monate dauern kann. der verlauf ist wechselhaft, in der mehrzahl der fälle kann jedoch eine heilung erwartet werden. in wenigen fällen nimmt die störung über viele jahre einen chronischen verlauf und geht dann in eine andauernde persönlichkeitsänderung (f62.0) über.". 32etwas differenzierter erscheint die beschreibung in der vierten auflage des "diagnostic and statistical manual of mental disorders" (dsm iv). dieses beschrieb die voraussetzungen für eine ptbs wie folgt: 33"a. the person has been exposed to a traumatic event in which both of the following were present: (1) the person experienced, witnessed, or was confronted with an event or events that involved actual or threatened death or serious injury, or a threat to the physical integrity of self or others (2) the person s response involved intense fear, helplessness, or horror. ( ) b. the traumatic event is persistently reexperienced in one (or more) of the following ways: (1) recurrent and intrusive distressing recollections of the event, including images, thoughts, or perceptions. ( ) (2) recurrent distressing dreams of the event. ( ) (3) acting or feeling as if the traumatic event were recurring (includes a sense of reliving the experience, illusions, hallucinations and dissociative flashback episodes, including those that occur on awakening or when intoxicated) ( ) (4) intense psychological distress at exposure to internal or external cues that symbolize or resemble an aspect of the traumatic event (5) physiological reactivity on exposure to internal or external cues that symbolize or resemble an aspect of the traumatic event c. persistent avoidance of stimuli associated with the trauma and numbing of general responsiveness (not present before the trauma), as indicated by three (or more) of the following: (1) efforts to avoid thoughts, feelings, or conversations associated with the trauma (2) efforts to avoid activities, places, or people that arouse recollections of the trauma (3) inability to recall an important aspect of the trauma (4) markedly diminished interest or participation in significant activities (5) feeling of detachment or estrangement from others (6) restricted range of affect (e.g., unable to have loving feelings) (7) sense of a foreshortened future (e.g., does not expect to have a career, marriage, children, or a normal life span) d. persistent symptoms of increased arousal (not present before the trauma), as indicated by two (or more) of the following: (1) difficulty falling or staying asleep (2) irritabilty or outbursts of anger (3) difficulty concentrating (4) hypervigilance (5) exaggerated startle response e. duration of the disturbance (symptoms in criteria b, c, and d) is more than 1 month. f. the disturbance causes clinically significant distress or impairment in social, occupational, or other important areas of functioning." 34gegenüber der gutachterin hat er den überfall so geschildert, dass eine alkoholisierte frau bei der fahrscheinkontrolle beim einsteigen zunächst "laut und frech" geworden sei um ihm anschließend ins gesicht zu schlagen und sofort aus dem bus herauszulaufen. er sei mit dem kopf gegen das seitliche fenster links geschlagen. anschließend sei er weiter gefahren. nach seiner ablösung sei er dann im krankenhaus ambulant behandelt worden. er sei innerlich enorm erregt gewesen. 35es erscheint der kammer schon fraglich, ob der kläger beim dem angriff durch die täterin eine situation erlebt hat, die sich als solche außergewöhnlicher bedrohung oder katastrophenartigem ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe verzweiflung hervorrufen würde. es sind somit schon die "a-kriterien" nach dsm iv und das auslösende ereignis nach icd 10 – fraglich (vgl. zu den änderungen durch dsm v http://www.dsm5.org/documents/ptsd%20fact%20sheet.pdf). anhaltspunkt für das b-kriterium nach dsm iv, etwa im sinne von flashbacks und/oder wiederkehrenden albträume werden vom kläger ebenfalls nicht beschrieben und sind auch in den arztberichten und gutachten nicht erkennbar. 36auch der behandelnde arzt pd. dr. g. geht in seiner stellungnahme vom 00.00.0000 nicht mehr von dem vorliegen einer posttraumatischen belastungsstörung sondern von einer anpassungsstörung (icd 10 f 43.2) aus. 37ob diese diagnose der anpassungsstörung oder aber die von der gutachterin benannte rezidivierende depressive störung vor dem hintergrund einer eher depressiven persönlichkeitsstruktur die beim kläger vorliegende psychische beeinträchtigung besser beschreibt, ist letztlich für die hier maßgebliche bewertung des gdb unerheblich. 38in beiden fällen richtet sich die bewertung des gdb nach teil b ziffer 3.7 der versorgungsmedizinischen grundsätze. es ist danach zu beurteilen, ob und in welchem umfang der kläger durch seine psychischen störungen beeinträchtigt ist. 39nach dem gutachten der frau. dr. t.– unter berücksichtigung der eingeholten befund- und arztberichte – geht die kammer davon aus, dass beim kläger zwar mittlerweile wesentliche beeinträchtigungen der erlebnis- und gestaltungsfähigkeit bestehen, insbesondere im hinblick darauf, dass er sich – wie er im rahmen der mündlichen verhandlung ausgeführt hat – nun endgültig nicht mehr in der lage sieht, seinen bisherigen beruf als busfahrer auszuüben. er hatte bereits der gutachterin gegenüber erklärt, er könne nur ein paar tage arbeiten und müsse dann wieder zu hause bleiben um aufzutanken. gegenüber der gutachterin schilderte der kläger darüber hinaus verminderte konzentration und aufmerksamkeit, ein vermindertes selbstwertgefühl und selbstvertrauen, schlafstörungen, erhöhte ermüdbarkeit und freudlosigkeit. diese selbsteinschätzung korrespondiert aber nicht mit den schilderungen des klägers hinsichtlich seines alltags. so beschreibt er gegenüber der gutachterin, dass ehe und familie sehr gut gelingen. die familie wandere miteinander, fahre sehr viel rad, besuche gartenmärkte. der garten sei das gemeinsame hobby. sein eigenes hobby sei der fußball. den vorsitz des fußballvereins habe er vor jahren wegen überforderung abgegeben. heute fahre er rennrad zusammen mit kollegen, was ihm sehr gut tue. außerdem gehe er mit seinem hund viel spazieren. seine frau und er hätten zahlreiche freunde, feiern geburtstage miteinander und machen sonntagsausflüge. die beschreibung des gesundheitszustands durch den kläger mit den eigenen angaben zum aktivitäts- und funktionsniveau passt nicht zusammen. es ist hier von einer symptomverdeutlichungstendenz auszugehen. ein entsprechendes ergebnis hat auch die auswertung des strukturierten fragebogens spezifischer symptome – sfss (nach cima et al. 2003) durch die gutachterin ergeben (vgl. zu diesem fragebogen etwa schneider/frister/olzen, begutachtung psychiatrischer störungen, 2. aufl. 2010, s. 87 ff). 40der kläger ist trotz bestehender beeinträchtigungen weiterhin in der lage ist, sich um wesentliche belange der alltagsanforderungen (selbstversorgung, häusliches leben, mobilität) ohne externe strukturierung oder anleitung zu kümmern. die bewältigung des alltags gelingt sogar recht gut. es wird deutlich, dass der kläger trotz der belastungen durchaus auch weiter freude empfinden kann. eine medikation mit antidepressiva erfolgte nicht. auch ist die psychotherapeutische behandlung mit monatlich einen termin als eher niederfrequent zu bewerten. unter berücksichtigung all dieser umstände geht die kammer in übereinstimmung mit dem gutachten der frau dr. t. davon aus dass die beeinträchtigungen des klägers mit einem gdb von 30 zutreffend bewertet ist. 41beim kläger ist darüber hinaus ein bluthochdruck festgestellt, welcher mit dem wirkstoff bisprolol behandelt wird. bei der untersuchung durch frau dr. t. war der blutdruck gemessen nach riva-rocci 140/90 mmhg. gemäß teil b ziffer 9.3 ist hierfür ein gdb von 0-10 in ansatz zu bringen. 42soweit der kläger in der vergangenheit sich knie und sprunggelenks verletzungen zugezogen hat, so bedingen diese derzeit gemäß teil b ziffer 18.14 der versorgungsmedizinische grundsätze mangels entsprechender objektivierbarer bewegungseinschränkungen keinen grad der behinderung. 43auf der grundlage der genannten einzel-gdb-werte ist bei dem kläger für den streitbefangenen zeitraum nach § 69 abs. 3 sgb ix in verbindung mit teil a nr. 3 der versorgungsmedizinischen grundsätze ein gesamt-gdb von 30 zu bilden. 44§ 69 abs. 3 satz 1 sgb ix schreibt vor, bei vorliegen mehrerer teilhabebeeinträchtigungen den grad der behinderungen nach den auswirkungen der beeinträchtigungen in ihrer gesamtheit unter berücksichtigung ihrer wechselseitigen beziehungen festzusetzen. der maßgebliche gesamt-gdb ergibt sich dabei aus der zusammenschau aller funktionsbeeinträchtigungen. er ist nicht nach starren beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher erfahrung unter hinzuziehung der sachverständigengutachten sowie der versorgungsmedizinischen grundsätze in freier richterlicher beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler betrachtungsweise festzustellen (lsg nordrhein-westfalen urteil vom 29.06.2012 – l 13 sb 127/11 = juris rn. 42 unter bezugnahme auf bsg urteil vom 11.03.1998 - b 9 sb 9/97 r = juris rn. 10 m.w.n.). dabei ist zu berücksichtigen, ob die auswirkungen der einzelnen beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (bsg urteil vom 02.12.2010 - b 9 sb 4/10 r = juris). 45im vorliegenden fall stehen die psychischen beeinträchtigungen absolut im vordergrund. die übrigen beeinträchtigungen, sofern sie entsprechend den vorgaben der versorgungsmedizinischen grundsätze mit einem gdb von 10 zu bewerten sind, nehmen in der regel an der bildung des gesamt-gdb nicht teil ausnahmen, die im vorliegenden fall eine berücksichtigung gleichwohl erforderlich machten, liegen nicht vor. insgesamt ist damit der gdb weiterhin mit 30 zu bewerten. 46die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg. | Verklagte*r | 0 |
335,391 | 20 K 5100/19 | 2021-02-24T00:00:00 | Urteil | Tenor Es wird festgestellt, dass die öffentliche Äußerung des Ministers des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Herbert Reul, am 15. Januar 2019 in Düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz die Klägerin als „Prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. Es wird außerdem festgestellt, dass die öffentliche Äußerung des Leiters der Abteilung Verfassungsschutz im Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn […], am 3. Juli 2019 in Düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz die Klägerin als „Prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Berufung gegen das Urteil wird zugelassen. 1für Recht erkannt: 2Es wird festgestellt, dass die öffentliche Äußerung des Ministers des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Herbert Reul, am 15. Januar 2019 in Düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz die Klägerin als „Prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. 3Es wird außerdem festgestellt, dass die öffentliche Äußerung des Leiters der Abteilung Verfassungsschutz im Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn […], am 3. Juli 2019 in Düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz die Klägerin als „Prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. 4Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 5Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 6Die Berufung gegen das Urteil wird zugelassen. 7Tatbestand: 8Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist eine im Deutschen Bundestag und in allen 16 deutschen Landesparlamenten sowie dem Europäischen Parlament vertretene politische Partei, die mit ihrem Landesverband Nordrhein-Westfalen gegen öffentliche Äußerungen des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen und des Leiters des Verfassungsschutzes des Landes Nordrhein-Westfalen vorgeht. 9Am 15. Januar 2019 erklärte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Berlin, die AfD werde von dem Verfassungsschutz als „Prüffall“ bearbeitet. Der rechtsnationale „Flügel“ der Partei und die Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ der Partei würden als „Verdachtsfall“ eingestuft. 10Ebenfalls am 15. Januar 2019 äußerte der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul, in Düsseldorf gegenüber Pressevertretern: 11„Unser nordrhein-westfälischer Verfassungsschutz bearbeitet den NRW-Landes-verband der AfD in Zukunft ebenfalls als Prüffall.“ 12Dies ist unstreitig. 13Über die Einstufung der Klägerin als „Prüffall“ des Verfassungsschutzes NRW wurde unter anderem in den Online-Ausgaben der „Aachener Nachrichten“ vom 15. Januar 2019, der „Welt“ vom 15. Januar 2019, des WDR vom 16. Januar 2019, der „Ruhr 24“ vom 16. Januar 2019 sowie der „Hase Post“ vom 17. Januar 2019 berichtet. 14Mit einem als Abmahnung bezeichneten Schreiben vom . März 2019 forderte die Klägerin den Beklagten auf, eine Erklärung abzugeben, dass er es zukünftig unterlässt, die Klägerin öffentlich als „Prüffall“ zu bezeichnen. Mit Schreiben vom . März 2019 lehnte das Innenministerium die Abgabe einer Unterlassungserklärung jedoch ab. 15Anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2019 für das Land Nordrhein-Westfalen erklärte der Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Innenministerium, […], am 3. Juli 2019 auf die Frage eines Journalisten nach dem Bearbeitungsstatus der Klägerin, diese werde vom Verfassungsschutz als “Prüffall“ bearbeitet. 16In Nordrhein-Westfalen ressortiert der Verfassungsschutz als Abteilung im Ministerium des Innern. Ein Landesamt für Verfassungsschutz als nachgeordnete Behörde des Innenministeriums existiert - anders als in anderen Bundesländern - nicht. 17Am 5. Juli 2019 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie begehrt die Feststellung, dass die Äußerungen des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen sowie des Leiters des Verfassungsschutzes des Landes Nordrhein-Westfalen, sie werde vom Verfassungsschutz als „Prüffall“ bearbeitet, rechtswidrig waren. 18Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, sie werde durch die fraglichen Äußerungen in ihren Rechten als politische Partei aus Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 2 Abs. 1 GG sowie aus Art. 6, 10, 11, 13 und 14 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verletzt. Die Äußerungen seien geeignet, sie in der Achtung der Öffentlichkeit herabzusetzen. Ihr Parteipersönlichkeitsrecht sei betroffen. Der Beklagte habe in unzulässiger Weise in den politischen Wettbewerb eingegriffen. Der erfolgte Eingriff in ihre Grundrechte als Partei bedürfe nach dem Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, an der es aber fehle. § 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 3 S. 1 Verfassungsschutzgesetz NRW (VSG NRW) erlaubten zwar eine Aufklärung der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten. Dies gelte jedoch nur, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen und Tätigkeiten vorliegen. Sie werde von dem Beklagten jedoch nicht als „Verdachtsfall“ in diesem Sinne eingestuft, sondern lediglich als „Prüffall“. Dies ergebe sich eindeutig aus der in den Akten des Beklagten befindlichen Leitungsvorlage vom 2018, in der es heiße, es ließen sich noch keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte finden, die eine Beobachtung des Landesverbandes NRW der Partei begründen könnten. Es handele sich bei einem „Prüffall“ um die Vorstufe eines „Verdachtsfalles“. Über einen „Prüffall“ dürfe deshalb nicht unter weniger strengen Voraussetzungen berichtet werden als über einen „Verdachtsfall“. Insofern mache es auch keinen Unterschied, dass die in Streit stehenden Veröffentlichungen nicht in einem Verfassungsschutzbericht, sondern in einer Pressekonferenz erfolgt seien. Die öffentliche Breitenwirkung der Äußerungen durch anschließende Berichte in der Presse sei genauso schwerwiegend wie die Veröffentlichung in einem Verfassungsschutzbericht. Der rechtsunkundige Laie unterscheide nicht zwischen „Prüffall“ und „Verdachtsfall“. Es entstehe der falsche Eindruck, die Partei unternehme verfassungsfeindliche Bestrebungen und werde deshalb vom Verfassungsschutz beobachtet. Die vorhandenen Erkenntnisse des Beklagten gingen über bloße „Verdachtssplitter“ aber nicht hinaus. Sie bezögen sich überwiegend auch nicht auf den klagenden Landesverband der Partei, sondern auf die Bundespartei. Tatsächlich stehe sie fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. 19Zwar habe der Beklagte die Aufgabe, die Öffentlichkeit über die Ergebnisse seiner Arbeit zu informieren. Seine Mitteilungen dürften aber nicht über Tätigkeiten des Verfassungsschutzes berichten, sondern nur über die Ergebnisse dieser Tätigkeit. Das Sammeln öffentlich zugänglicher Informationen über eine Partei, welches dazu diene herauszufinden, ob die Partei als „Verdachtsfall“ einzustufen sei, sei eine Tätigkeit des Verfassungsschutzes. Es sei aber eine Selbstverständlichkeit, dass der Verfassungsschutz seine Arbeit mache. Die Prüftätigkeit sei deshalb ohne Informationswert für die Öffentlichkeit. Das Ergebnis der Prüfung sei gewesen, dass sie keinen „Verdachtsfall“ darstelle. Der Beklagte habe der Öffentlichkeit daher nur mitteilen dürfen, dass die Partei vom Verfassungsschutz nicht als „Verdachtsfall“ behandelt werde. Die Offenlegung, die Klägerin als „Prüffall“ zu behandeln, sei dagegen unverhältnismäßig. Wie der Berichterstattung über die angegriffenen Äußerungen in der Presse entnommen werden könne, stehe im Vordergrund der öffentlichen Wahrnehmung die Einstufung als „Prüffall“, nicht aber die Tatsache, dass die Klägerin gerade kein „Verdachtsfall“ sei. 20Die angegriffene Äußerung des Innenministers kurz vor der Europawahl im Mai 2019 sei nicht zu dem Zweck erfolgt, die Öffentlichkeit aufzuklären, sondern um der Klägerin im Wahlkampf politisch zu schaden. Der Minister habe sich aber als Funktionsträger des Staates politisch neutral zu verhalten, wenn er in der Öffentlichkeit als Innenminister in Erscheinung trete. 21Der Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf die allgemeine Befugnis zu staatlichem Informationshandeln berufen. Die staatliche Informationstätigkeit stelle eine Beeinträchtigung im Gewährleistungsbereich der Grundrechte dar, wenn sie in der Zielrichtung und ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme sei, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Es mache keinen relevanten Unterschied, ob der Staat ausdrücklich eine politische Partei diskreditiere oder ob er eine landesweit beachtete Pressekonferenz einberufe, um mitzuteilen, dass die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Zielsetzung und Wirkung seien identisch. Wenn der Staat durch die Offenbarung von Informationen in die verfassungsrechtlich garantierte Stellung einer Partei gemäß Art. 21 GG eingreife, sei er nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes an die Neutralitätspflicht gebunden. Gegen diese habe der Beklagte verstoßen, indem er die Klägerin als „Prüffall“ bezeichnet habe, ohne dass dies durch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt gewesen sei. 22Die Klägerin beantragt, 231.24festzustellen, dass die öffentliche Äußerung des Ministers des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Herbert Reul, am 15. Januar 2019 in Düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz die Klägerin als „Prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war, 2.25ferner festzustellen, dass die öffentliche Äußerung des Leiters der Abteilung Verfassungsschutz im Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn […], am 3. Juli 2019 in Düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz die Klägerin als „Prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. 26Der Beklagte beantragt, 27die Klage abzuweisen. 28Er vertritt die Auffassung, die Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Einstufung der Klägerin als „Prüffall“ sei von der Ermächtigung des § 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW gedeckt gewesen. Es sei Aufgabe des Verfassungsschutzes, die Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten aufzuklären. Das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte dafür sei notwendige, aber auch ausreichende Voraussetzung für eine Aufklärung der Öffentlichkeit. Für das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte in diesem Sinne bedürfe es nicht bereits der Gewissheit, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft und abgeschafft werden solle. Es müssten vielmehr nur konkrete Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung auf solche Bestrebungen hindeuteten und deshalb eine weitere Aufklärung erforderlich erscheinen ließen. Soweit für die Berichterstattung in Verfassungsschutzberichten gefordert werde, die tatsächlichen Anhaltspunkte müssten hinreichend gewichtig sein, um eine Veröffentlichung zu rechtfertigen, sei dieser Maßstab auf die von der Klägerin angegriffenen Äußerungen nicht übertragbar, da es nicht um eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht gehe. Vielmehr seien die streitigen Äußerungen nur mündlich gegenüber Pressevertretern erfolgt. Ihnen fehle die Wirkmächtigkeit in der Öffentlichkeit, die einem Verfassungsschutzbericht zukomme. Die Äußerungen seien deshalb unter erleichterten Voraussetzungen zulässig gewesen. Tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Klägerin hätten im Augenblick der fraglichen Äußerungen vorgelegen. Die Klägerin wende sich demgemäß in der Sache auch nicht dagegen, dass sie als „Prüffall“ vom Verfassungsschutz behandelt werde. Sie beanstande nur die Offenbarung dieser Tatsache in der Öffentlichkeit. 29Das Verfassungsschutzgesetz NRW kenne die Begriffe „Prüffall“ oder „Verdachtsfall“ nicht. Sie dienten allein der behördeninternen Verwendung auf der Informationssammlungsseite. Würden diese Begriffe auf der Berichterstattungsseite verwendet, führe dies nicht dazu, dass damit auch die rechtlichen Anforderungen, die hinter diesen Begriffen auf der Informationssammlungsseite steckten, auf die Berichterstattungsseite zu übertragen seien. Eine solche Übertragung auf das Außenverhältnis sei weder gesetzlich vorgesehen, noch sei sie angemessen. Vielmehr setze die Zulässigkeit der Berichterstattung über eine Organisation allein voraus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorlägen und die Berichterstattung in ihrer konkreten Art und Weise verhältnismäßig sei. Zwar sei die Klägerin bisher nicht als „Verdachtsfall“ eingestuft worden und es erfolge deshalb keine Beobachtung der Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Dies bedeute jedoch nicht, dass nicht auch im Zeitpunkt der Einstufung der Partei als „Prüffall“ bereits tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorgelegen hätten. Die vorhandenen Anhaltspunkte hätten sich im Fall der Klägerin nur noch nicht so weit verdichtet, dass von einem „Verdachtsfall“ ausgegangen werden müsse. 30Eine Beschränkung der Ermächtigung, die Öffentlichkeit zu informieren, widerspreche dem Schutzzweck des § 3 Abs. 3 VSG NRW. Der Verfassungsschutz als Instrument der wehrhaften Demokratie diene als Frühwarnsystem hinsichtlich Gefährdungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die Information der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen solle die politische Auseinandersetzung mit den betreffenden Bestrebungen ermöglichen. Dies setze eine frühzeitige Information voraus, damit Verfassungsfeinde rechtzeitig bekämpft werden könnten. 31Verfassungsrechtliche Einwände stünden einer Unterrichtung der Öffentlichkeit über „Prüffälle“ nicht entgegen. Das Selbstbestimmungsrecht der Parteien finde seine Schranke in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine streitbare Demokratie. Eine Auseinandersetzung über die politischen Positionen der Klägerin in der Öffentlichkeit könne aber nur erfolgen, wenn die Öffentlichkeit ausreichend über die Bestrebungen der Klägerin informiert sei. Die Verfassungsschutzbehörden könnten deshalb nicht an der Information der Öffentlichkeit gehindert sein, auch wenn diese Informationen der betroffenen Partei unwillkommen seien. 32Angesichts der dem Beklagten vorliegenden zahlreichen und auch inhaltlich schwerwiegenden tatsächlichen Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Klägerin seien die fraglichen Äußerungen auch verhältnismäßig gewesen. Die Information über eine Prüffallbearbeitung der Klägerin stelle eine Entlastung der Klägerin dar, weil damit deutlich gemacht werde, dass sie keiner Verdachtsbeobachtung unterliege und auch keine Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln erfolge. Es habe schon vorher eine öffentliche Diskussion darüber gegeben, ob die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werden dürfe oder müsse. An dieser Diskussion habe sich auch die Klägerin öffentlich beteiligt. Sie habe erkannt, dass ihr eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz drohe. Zur Vermeidung einer Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln habe die Klägerin eine Arbeitsgruppe zum Kampf gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei eingerichtet. Es gebe parteiinterne Handreichungen zur Vermeidung offensichtlich verfassungsfeindlicher Äußerungen. Die Partei habe ein Gutachten eingeholt und öffentlich bekannt gemacht, welches den Titel trage: „Rechtliche Voraussetzungen für die Beobachtung einer politischen Partei durch den Verfassungsschutz - Kurzgutachten und Handlungsempfehlungen für die AfD, erstellt im Auftrag der Bundesgeschäftsstelle der AfD von Professor Dr. […], Oktober 2018“. Vor dem Hintergrund dieser öffentlichen Diskussionen habe ein sehr erhebliches öffentliches Informationsinteresse daran bestanden, wie sich die Verfassungsschutzbehörden zu der Frage des weiteren Umgangs mit der AfD positionieren. Dies rechtfertige die erfolgte Veröffentlichung. 33Die Äußerung des Leiters des Verfassungsschutzes NRW vom 3. Juli 2019 sei außerdem durch § 4 Abs. 1 PresseG NRW gedeckt gewesen, weil sie erst auf Rückfrage eines Journalisten getätigt worden sei. Die Behörden seien verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Hierzu gehöre auch die wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage, ob sich an der Bearbeitung der AfD als „Prüffall“ zwischenzeitlich etwas geändert habe. Der Auskunftsanspruch der Presse sei nicht gemäß § 4 Abs. 2 PresseG NRW ausgeschlossen gewesen, weil das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Geheimhaltungsinteresse der Klägerin überwogen habe. 34Die streitbefangenen Äußerungen seien schließlich durch die allgemeine Befugnis zu staatlichem Informationshandeln gerechtfertigt. Die Vorschriften des Verfassungsschutzgesetzes NRW seien insoweit nicht abschließend. Amtliche Äußerungen eines Hoheitsträgers mit Eingriffsqualität seien allgemein zulässig, wenn sich der Hoheitsträger im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben bewege und die rechtsstaatlichen Anforderungen an hoheitliche Äußerungen in Form des Sachlichkeitsgebotes gewahrt würden. Einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedürfe es insoweit nicht. Ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot liege nicht vor. Es handele sich bei der fraglichen Erklärung des Innenministers sowie des Leiters des Verfassungsschutzes NRW nicht um Äußerungen, bei der ein Amtsinhaber zu seinem eigenen Vorteil im politischen Wettbewerb die Autorität des Amtes oder amtliche Ressourcen in spezifischer Weise in Anspruch genommen habe. Damit sei eine Gefährdung der Chancengleichheit im politischen Wettbewerb nicht gegeben. 35Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten. 37Entscheidungsgründe: 38Die Kammer kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie auf ihre Durchführung verzichtet haben. 39Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. 40A. 41Die Klägerin ist als Landesverband der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in dem Klageverfahren gemäß § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig. Die Beteiligtenfähigkeit erstreckt sich nach dieser Vorschrift auf Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. Gebietsverbände politischer Parteien in der Rechtsform des nichtrechtsfähigen Vereins sind beteiligtenfähig, wenn sie wirksam gegründet sind und ihnen in Bezug auf den Gegenstand des konkreten Rechtsstreits eine materielle Rechtsposition zustehen kann, 42vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. November 2018 - 6 C 2/17 -, zitiert nach juris. 43Zweifel an der wirksamen Gründung der Klägerin als Landesverband sind weder erkennbar, noch von dem Beklagten vorgetragen worden. Die Klägerin kann sich in dem Klageverfahren auf die Wahrung ihres Parteiengrundrechts gemäß Art. 21 GG berufen. Das Recht, als Partei frei von staatlicher Einflussnahme an der politischen Willensbildung mitzuwirken, steht nicht nur der Bundespartei zu, sondern auch dem Landesverband, 44vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 10 B 15.1320 -, zitiert nach juris. 45Die beiden Feststellungsanträge der Klägerin sind gemäß § 43 VwGO zulässig. Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Ein solches Rechtsverhältnis liegt vor, wenn rechtliche Beziehungen streitig sind, die sich aus einem bestimmten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Regelung für das Verhältnis mehrerer Personen zueinander oder das Verhältnis einer Person zu einer Sache ergeben, 46vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13. September 2017 – 10 C 6/16 -, zitiert nach juris. 47Zwischen den Beteiligten besteht ein solches feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Sie streiten darüber, ob der Innenminister sowie der Leiter des Verfassungsschutzes des Landes NRW durch die in Rede stehenden Äußerungen unzulässig in Grundrechte der Klägerin eingegriffen haben. Die Äußerungen gegenüber Pressevertretern, die Klägerin werde vom Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen als „Prüffall“ behandelt, waren potentiell geeignet, dem Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit zu schaden, weil damit der Vorwurf verbunden ist, es gebe bei der Klägerin verfassungsfeindliche Tendenzen. Demgegenüber kann sich die Klägerin auf ihr Parteiengrundrecht gemäß Art. 21 GG berufen. 48Das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin ist gegeben. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Liegt das feststellungsfähige Rechtsverhältnis in der Vergangenheit, ist ein berechtigtes Interesse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn ohne die Möglichkeit einer Feststellungsklage wirksamer Rechtsschutz nicht zu erlangen wäre. Stehen hoheitliche Maßnahmen im Streit, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Feststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten, ist das Feststellungsinteresse auch für ein vergangenes Rechtsverhältnis zu bejahen, 49vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13. September 2017 – 10 C 6/16 -, zitiert nach juris. 50Die beiden angegriffenen Äußerungen haben sich in dem Augenblick erledigt, als sie getätigt wurden. Effektiver Rechtsschutz kann der Klägerin deshalb nur nachträglich gewährt werden. Sie hat ein schutzwürdiges Interesse an der gerichtlichen Feststellung, dass die Äußerungen rechtswidrig waren, weil die möglichen Folgen der Äußerungen für ihr Ansehen in der Öffentlichkeit bis heute fortwirken. 51Dem Feststellungsbegehren steht der Vorrang der Gestaltungs- oder Leistungsklage, wie ihn § 43 Abs. 2 VwGO bestimmt, nicht entgegen. Zwar hätte die Klägerin ihre Rechte auch durch die Erhebung einer Unterlassungsklage verfolgen können. Da aber davon auszugehen ist, dass der Beklagte als Hoheitsträger gerichtliche Entscheidungen auch dann beachtet, wenn ein Titel mit vollstreckungsfähigem Inhalt nicht ergeht, steht der Klägerin ein Wahlrecht zwischen der Feststellungsklage und der Leistungsklage zu, 52vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Oktober 1970 – VI C 8.69 -, zitiert nach juris. 53B. 54Die Klage ist begründet, weil die angegriffenen Äußerungen vom 15. Januar 2019 und 3. Juli 2019 rechtswidrig waren. Sie greifen in das die Klägerin schützende Parteiengrundrecht aus Art. 21 GG ein (I.). Eine Rechtfertigung des Eingriffs liegt mangels Ermächtigungsgrundlage nicht vor (II.). 55I. 56Wie Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG bestimmt, wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Der den Parteien durch Art. 21 GG zuerkannte verfassungsrechtliche Status gewährleistet insbesondere das Recht, gleichberechtigt am politischen Wettbewerb teilzunehmen. In diesem Recht ist die Klägerin durch die streitigen Äußerungen betroffen. 57Die Gewährleistung gleicher Chancen im Wettbewerb um Wählerstimmen ist ein unabdingbares Element des vom Grundgesetz gewollten freien und offenen Prozesses der Meinungs- und Willensbildung des Volkes. Dieser Prozess setzt in der modernen parlamentarischen Demokratie die Existenz politischer Parteien voraus. Der hervorragenden Bedeutung, die in diesem Prozess den politischen Parteien zukommt, hat das Grundgesetz dadurch Ausdruck verliehen, dass es ihnen in Art. 21 GG einen verfassungsrechtlichen Status zuerkannt hat. Er gewährleistet nicht nur ihre freie Gründung und Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes, sondern sichert diese Mitwirkung auch durch Regeln, die ihnen gleiche Rechte und gleiche Chancen gewähren, 58vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 16. Dezember 2014 - 2 BvE 2/14 – und vom 9. Juni 2020 – 2 BvE 1/19 -; Niedersächsischer Staatsgerichtshof, Urteil vom 24. November 2020 – 6/19 -; zitiert nach juris. 59Verfassungsfeindliche Tendenzen ändern an dieser Rechtsstellung einer Partei nichts, solange nicht das Bundesverfassungsgericht in einem Verbotsverfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG i.V.m. §§ 43 ff. des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass die Partei verfassungswidrig ist. 60Mit dem Parteiengrundrecht aus Art. 21 Abs. 1 GG unvereinbar ist jede parteiergreifende Einwirkung von Staatsorganen zugunsten oder zulasten einzelner am politischen Wettbewerb teilnehmender Parteien. Auch soweit die Landesregierung von ihrer Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit Gebrauch macht, hat sie das Gebot der Neutralität staatlicher Organe zu beachten. Dies gilt ebenso für ein einzelnes Mitglied der Landesregierung, soweit dieses in Wahrnehmung seines Ministeramtes handelt, 61vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 9. Juni 2020 – 2 BvE 1/19 -, Rz. 43, betreffend die Äußerung des Bundesinnenministers, die AfD sei staatszersetzend, zitiert nach juris. 62Eine Verletzung der verfassungsrechtlich garantierten Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb kann dadurch erfolgen, dass ein Minister in Ausübung seines Amtes negative Werturteile über die Ziele und Betätigungen einer Partei äußert, 63vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 16. Dezember 2014 – 2 BvE 2/14 -, vom 27. Februar 2018 – 2 BvE 1/16 – und vom 9. Juni 2020 – 2 BvE 1/19 -, Rz. 53, zitiert nach juris. 64Allerdings ist nicht jedes staatliche Informationshandeln und nicht jede Teilhabe des Staates am Prozess öffentlicher Meinungsbildung als Grundrechtseingriff zu bewerten. Maßgebend ist, ob der Schutzbereich eines Grundrechts berührt wird und ob die Beeinträchtigung einen Eingriff oder eine eingriffsgleiche Maßnahme darstellt, 65vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 -, zitiert nach juris. 66Inwieweit die mündliche Bezeichnung einer Partei als „Prüffall“ des Verfassungsschutzes in Anwesenheit von Pressevertretern Relevanz für das Parteiengrundrecht hat, ist aus der Rechtsprechung zur Erwähnung einer Partei im Verfassungsschutzbericht herzuleiten. Bei der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht handelt es sich ebenso um ein staatliches Informationshandeln im Zusammenhang mit verfassungsfeindlichen Tendenzen wie bei der Bezeichnung einer Partei als „Prüffall“ des Verfassungsschutzes. 67Für die Erwähnung einer Partei in einem Verfassungsschutzbericht ist anerkannt, dass sie über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen oder an der Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger hinausgeht und eine mittelbar belastende negative Sanktion mit Eingriffscharakter darstellt. Sie erfordert demgemäß eine gesetzliche Grundlage, welche die Voraussetzungen eines solchen Eingriffs regelt und dafür Sorge trägt, dass das Interesse der Partei, an der politischen Willensbildung ungehindert teilzunehmen, und das Interesse der Öffentlichkeit an einer frühzeitigen Aufklärung über verfassungsfeindliche Tendenzen zu einem verfassungskonformen Ausgleich gebracht werden, 68vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 -; Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 21. Mai 2008 – 6 C 13/07 - und vom 26. Juni 2013 – 6 C 4/12 -, Rz. 26; zitiert nach juris. 69Der Vorbehalt des Gesetzes gilt aber nicht nur für Veröffentlichungen in einem Verfassungsschutzbericht, sondern auch für sonstige öffentliche Mitteilungen der Verfassungsschutzbehörden, die in subjektives Verfassungsrecht eingreifen, 70vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 10 B 15.1609 -; Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 26. Februar 2019 – 13 L 202/19 -; zitiert nach juris; Brandt in: Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, Seite 1754. 71Führt das staatliche Informationshandeln zu Beeinträchtigungen, die einen Grundrechtseingriff darstellen oder ihm gleichkommen, bedürfen sie der Rechtfertigung durch eine gesetzliche Ermächtigung, 72vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 -; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Mai 2008 – 6 C 13/07 -; zitiert nach juris; Brandt in: Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, Seiten 1721, 1753. 73Die Konsequenzen der hier getätigten Äußerung des für den Verfassungsschutz zuständigen Landesinnenministers für die Chancengleichheit der Klägerin als Partei im politischen Meinungskampf sind mit den Konsequenzen einer Erwähnung im Verfassungsschutzbericht vergleichbar. Die ansehensschädigende Wirkung der Bezeichnung der Klägerin als „Prüffall“ des Verfassungsschutzes verleiht den Worten des Ministers die Qualität eines Eingriffes in das Parteiengrundrecht. Gleiches gilt für die Äußerung des Leiters des Verfassungsschutzes. 74Auch wenn die kritische Auseinandersetzung mit der Klägerin im vorliegenden Fall nicht in einem Verfassungsschutzbericht, sondern gegenüber Pressevertretern erfolgt ist, gilt für die streitbefangenen Äußerungen des Innenministers bzw. des Leiters des Verfassungsschutzes NRW bezogen auf die Betätigungsfreiheit der Klägerin als politische Partei, dass sie deutlich beeinträchtigt wird. Durch die jeweils erfolgte öffentliche Bezeichnung der Klägerin als „Prüffall“ des Verfassungsschutzes wird der Eindruck erweckt, es gebe Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Klägerin. Dieser Eindruck in der Öffentlichkeit kann die Mitwirkung der Klägerin an der politischen Willensbildung des Volkes und ihre Chancengleichheit im Wettbewerb der Parteien negativ beeinflussen. Die Äußerung vom 15. Januar 2019 war geeignet, das Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit herabzusetzen und damit ihre Wahlchancen - etwa bei der Europawahl am 26. Mai 2019 - zu beeinträchtigen. Wie die von der Klägerin vorgelegten Abdrucke aus Presseberichten zeigen, hat die Äußerung des Innenministers vom 15. Januar 2019 auch ein breites Echo in den Medien gefunden. 75Die für die Annahme eines Grundrechtseingriffes erforderliche Wirkmächtigkeit kann der Äußerung des Innenministers nicht abgesprochen werden. Der durchschnittliche Leser wird aus der streitigen Äußerung die Schlussfolgerung ziehen, dass die Klägerin vom Verfassungsschutz als „Prüffall“ behandelt wird, weil es in ihr rechtsradikale Tendenzen gibt, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind. Die ansehensschädigende Wirkung der Äußerung wird dadurch verstärkt, dass der Innenminister seine Einschätzung der Klägerin in der Begegnung mit der Presse nur sehr allgemein begründet hat, ohne dabei auf die tatsächlichen Anhaltspunkte einzugehen, die zu der Einstufung als „Prüffall“ geführt haben. Anders als in einem Verfassungsschutzbericht, in welchem die Einstufung einer Partei als verfassungsfeindlich mit Ermittlungsergebnissen des Verfassungsschutzes begründet wird, fehlt es der Äußerung des Innenministers an näheren Angaben dazu, aus welchen Gründen die Klägerin als „Prüffall“ behandelt wird. Der Informationsgehalt der Äußerung besteht eher darin, der Öffentlichkeit zu versichern, dass der Verfassungsschutz seinen Aufgaben nachkommt, als darin, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, welchen möglicherweise verfassungsfeindlichen Tendenzen bei der Klägerin nachgegangen wird. Dies erschwert es dem Adressaten der Äußerung, die Verlautbarung in ihrem Aussagegehalt zutreffend zu würdigen. Es besteht die Befürchtung, dass die Aussage allgemein dahin verstanden wird, die Klägerin werde geprüft, weil sie - in Teilen - eine Nähe zu rechtsextremem Gedankengut aufweise und deshalb verfassungsfeindlich sei. 76Zu erwarten ist, dass die Öffentlichkeit, die überwiegend juristisch nicht vorgebildet ist, die gebotene Differenzierung zwischen „Prüffall“ und „Verdachtsfall“ nicht nachvollziehen kann und nicht versteht, dass mit diesen Begrifflichkeiten unterschiedlich schwerwiegende Indizien für das verfassungsfeindliche Agieren einer Partei zum Ausdruck gebracht werden sollen. Die Kammer ist deshalb nicht davon überzeugt, dass die Bezeichnung der Klägerin als „Prüffall“ entlastende Wirkung für diese hat, weil sie damit immerhin nicht als „Verdachtsfall“ bezeichnet wird, wie der Beklagte meint. Dafür hätte es einer entsprechenden Differenzierung durch den Landesinnenminister im Rahmen seiner Äußerungen vor Medienvertretern bedurft, an der es gerade fehlt. 77Durch die Bezeichnung als „Prüffall“ könnten nicht nur potentielle Wähler davon abgehalten werden, die Klägerin zu wählen oder sich für ihre politischen Inhalte zu interessieren. Es besteht auch die Gefahr, dass sich Mitglieder der Partei von dieser abwenden, insbesondere wenn sie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen und dienstrechtliche Konsequenzen fürchten. Der Bundesinnenminister hat die Einstufung der AfD als „Prüffall“ des Bundesverfassungsschutzes zum Anlass genommen, die Frage der Vereinbarkeit von Parteimitgliedschaft und Beamtenstatus vertieft prüfen zu lassen, 78vgl. interner Vermerk des Bundesministeriums des Innern vom […], 79Ob der Innenminister des Landes NRW in vergleichbarer Weise prozediert, ist der Kammer nicht bekannt. Die Besorgnis von Beamten, Richtern und Staatsanwälten, dass eine Mitgliedschaft bei der Klägerin mit der Dienstpflicht zur politischen Mäßigung unvereinbar sein könnte, ist aber nahe liegend. Da die Mitglieder einer Partei nicht unmaßgeblich zu ihrer Finanzierung beitragen, muss die Klägerin befürchten, durch ihre öffentliche Bezeichnung als Prüffall des Verfassungsschutzes finanzielle Einbußen zu erleiden. Dieser Umstand könnte ihre politischen Betätigungsmöglichkeiten schmälern. 80Die Klägerin ist deshalb durch die mündlichen Äußerungen des Innenministers und des Leiters des Verfassungsschutzes NRW in ihrem Parteiengrundrecht aus Art. 21 GG ebenso betroffen, wie dies für schriftliche Äußerungen des Verfassungsschutzes anerkannt ist, 81vgl. Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 26. Februar 2019 – 13 L 202/19 -, betreffend die Bezeichnung der Klägerin als Prüffall durch den Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz; zitiert nach juris; Gärditz, Anmerkung zum vorgenannten Urteil unter www.beck-online.de; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 10 B 15.1609 -, Erwähnung einer Partei als verfassungsfeindlich in der Rede des Bayerischen Staatsministers anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes. 82Die drohenden Folgen der Äußerungen sind nicht anders zu bewerten. Dies gilt unabhängig davon, ob der Vorwurf verfassungsfeindlicher Tendenzen, der mit den Äußerungen einhergeht, in der Sache zutreffend ist. 83Die Grundrechtsbetroffenheit der Klägerin löst einen Gesetzesvorbehalt aus. 84II. 85An einer tragfähigen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für den erfolgten Eingriff fehlt es aber. 861. 87Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Veröffentlichung gemäß § 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 3 S. 1 und Abs. 1 VSG NRW nicht vor. 88Wie § 5 Abs. 7 VSG NRW bestimmt, darf die Verfassungsschutzbehörde Informationen, insbesondere Verfassungsschutzberichte, veröffentlichen. Aus der Vorschrift folgt zunächst, dass die Verfassungsschutzbehörde bei der Veröffentlichung von Informationen nicht auf ihre Verfassungsschutzberichte beschränkt ist. Informationen können auch in sonstiger schriftlicher Form oder mündlich veröffentlicht werden. Die konkrete Reichweite der Befugnisnorm des § 5 Abs. 7 S. 1 VSG NRW wird bestimmt von der Aufgabenbeschreibung des Verfassungsschutzes in § 3 Abs. 3 S. 1 VSG NRW. 89Nach dieser Bestimmung klärt die Verfassungsschutzbehörde die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Abs. 1 auf. § 3 Abs. 1 VSG NRW nennt als Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde die Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (Nr. 1), soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen und Tätigkeiten vorliegen. Daraus ist zu schlussfolgern, dass die Öffentlichkeit über sog. „Verdachtsfälle“ grundsätzlich unterrichtet werden darf. Untermauert wird dies durch die Formulierung in § 1 Abs. 1 Satz 3 VSG NRW, wonach der Verfassungsschutz über die von Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des § 3 Abs. 1 für die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehenden Gefahren informiert. 90Sogenannte „Prüffälle“, die den „Verdachtsfällen“ vorausgehen und sich von diesen durch einen geringeren Grad an Indizien unterscheiden, die für das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen sprechen, werden im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Die Rechtsprechung hat für die Veröffentlichung von „Verdachtsfällen“ allerdings Maßstäbe entwickelt, aus denen zu schließen ist, dass eine Veröffentlichung von „Prüffällen“ von der Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. mit Abs. 1 VSG NRW nicht gedeckt ist. 91Dem Wortlaut der Norm zufolge setzt eine Veröffentlichung eines „Verdachtsfalles“ allein voraus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen vorliegen. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Parteiengrundrechts aus Art. 21 Abs. 1 GG wird eine Verlautbarung des Verfassungsschutzes, eine Partei werde als „Verdachtsfall“ eingestuft, von der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung allerdings nur für zulässig gehalten, wenn die tatsächlichen Anhaltspunkte, die für den Verdacht sprechen, hinreichend gewichtig sind. Sonst ist der mit der Veröffentlichung einhergehende Grundrechtseingriff nicht zulässig, 92vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 -; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21. Januar 2019 – 6 B 152/18 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. August 2018 – 5 A 1698/15 -; zitiert nach juris, jeweils zum VSG NRW. 93Rechtfertigen die vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte dagegen nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht auf verfassungsfeindliche Bestrebungen begründet ist, reichen sie als Grundlage einer Grundrechtsbeeinträchtigung durch Veröffentlichung des möglichen Verdachtes nicht aus, 94vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 -, Rz. 68, zitiert nach juris. 95Daraus ist ohne weiteres zu schließen, dass die bloße Einstufung einer Partei als „Prüffall“ durch den Verfassungsschutz nicht veröffentlicht werden darf. 96Das Verfassungsschutzgesetz NRW enthält weder den Begriff des „Prüffalles“ noch eine Umschreibung, was unter einem „Prüffall“ zu verstehen bzw. wann ein solcher gegeben ist. Er ergibt sich aus der Verpflichtung der Verfassungsschutzbehörde, die Voraussetzungen für ihre Aufgabenerfüllung, insbesondere den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (§§ 1 Satz 2, 5 Abs. 3 VSG NRW), überhaupt erst feststellen zu können. Der „Prüffall“ ist somit erst die Vorstufe eines „Verdachtsfalles“ und dient der Klärung der Frage, ob sich aus öffentlich zugänglichem Material ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ergeben, 97vgl. Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 26. Februar 2019 – 13 L 202/19 -, zitiert nach juris. 98Ist diese Frage zu bejahen, liegt ein „Verdachtsfall“ vor, der es erlaubt, die betreffende Organisation zukünftig mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten (§ 5 Abs. 3 VSG NRW). Selbst wenn eine Organisation unter diesen Voraussetzungen als „Verdachtsfall“ gilt, darf eine Information darüber (i.S.d. § 5 Abs. 7 VSG NRW) nur erfolgen, wenn die tatsächlichen Anhaltspunkte dafür hinreichend gewichtig sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein „Prüffall“ nicht veröffentlicht werden darf, weil sich in diesem Stadium des Verfahrens die tatsächlichen Anhaltspunkte, die für verfassungsfeindliche Bestrebungen sprechen, noch nicht ausreichend verdichtet haben, 99vgl. Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 26. Februar 2019 – 13 L 202/19 -, zitiert nach juris. 100Einem „Prüffall“ fehlt es schlicht an hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkten im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Der Bundesgesetzgeber hat diese Rechtsprechung zum Anlass genommen, § 16 Abs. 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) dahin gehend zu ändern, dass das Bundesministerium des Innern die Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten nur informieren darf, soweit hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen (Gesetz vom 17. November 2015, BGBl I 1938). Begründet wurde die Gesetzesänderung damit, eine Berichterstattung über „Verdachtsfälle“ sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes anderenfalls nicht zulässig, 101vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 18/4654 vom 20. April 2015, Seite 32. 102Die Neufassung des Verfassungsschutzgesetzes NRW durch das Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen vom 21. Juni 2013 (GV NRW Seite 367) führte zwar dazu, dass die Befugnisse des Verfassungsschutzes zur Öffentlichkeitsarbeit, die zuvor in § 15 VSG NRW a.F. geregelt waren, in die neu gefassten Vorschriften der §§ 5 Abs. 7, 3 Abs. 3 VSG NRW verlagert wurden. Eine auch inhaltliche Neugestaltung der Kompetenzen war damit aber nicht verbunden. Sie war auch nicht beabsichtigt, 103vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/2148, Seite 54, 57. 104Eine Beschränkung der öffentlichen Berichterstattung auf solche Fälle, in denen die tatsächlichen Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Aktivitäten hinreichend gewichtig sind, ist anders als im Bundesrecht durch die Landesgesetzgebung nicht erfolgt. Eine solche Beschränkung ist aber in verfassungskonformer Auslegung, nämlich zum Schutz des Grundrechts einer betroffenen Partei aus Art. 21 Abs. 1 GG, in die Vorschrift des § 3 Abs. 3 und 1 VSG NRW hinein zu lesen. 105Die Auffassung des Beklagten, es müsse zwischen der Informationssammlungsseite und der Berichterstattungsseite unterschieden werden, ist grundsätzlich zutreffend. Allerdings sind die Voraussetzungen für ein Tätigwerden des Verfassungsschutzes auf der Berichterstattungsseite höher als auf der Informationssammlungsseite und nicht umgekehrt, 106vgl. Brandt in: Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, Seite 1735. 107Dies gebietet der grundgesetzliche Schutz der von einer Veröffentlichung betroffenen Partei. Die Befugnis des Verfassungsschutzes, eine Partei in der Sache als „Prüffall“ zu bearbeiten, bedeutet eben nicht, dass der „Prüffall“ auch veröffentlicht werden darf. Die Konsequenzen der Sammlung von allgemein zugänglichen Informationen über eine Partei ohne den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel durch den Verfassungsschutz sind weniger gravierend, als die Veröffentlichung des Umstandes, dass der Verfassungsschutz prüft, ob ein „Verdachtsfall“ vorliegt. Deshalb sind an die Befugnis zur Veröffentlichung eines „Prüffalles“ höhere Anforderungen zu stellen, als an die Befugnis zur Prüfung selbst. Das Gewicht des Eingriffs in die freie Betätigung einer Partei ist ein anderes, je nachdem, ob über sie (nur) behördenintern Informationen gesammelt werden sollen oder ob bereits vor dem Ergebnis dieser Arbeit die Öffentlichkeit über eventuelle Gefährdungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unterrichtet werden soll, die von der Partei ausgehen, 108vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Juli 2010 – 6 C 22/09 -, Rz. 31; zitiert nach juris. 109Die Klägerin verhält sich aus diesem Grund auch nicht widersprüchlich, wenn sie zwar die öffentliche Äußerung, sie werde als „Prüffall“ behandelt, gerichtlich angreift, nicht aber den Umstand, dass sie überhaupt von dem Beklagten als „Prüffall“ behandelt wird. 110Zwar ist die Rechtsprechung zur Verdachtsfallberichterstattung, auf welche sich die gefundene Auslegung der Befugnisse des Beklagten stützt, zu Veröffentlichungen in einem Verfassungsschutzbericht ergangen. Sie ist aber auf eine entsprechende mündliche Äußerung des Innenministers als des für den Verfassungsschutz zuständigen Mitglieds der Landesregierung bzw. eine Äußerung des Leiters des Verfassungsschutzes gegenüber Pressevertretern übertragbar, weil sich die daraus folgende Grundrechtsbeeinträchtigung von einer Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht nicht wesentlich unterscheidet (s.o.), 111vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 10 B 15.1609 -; Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 26. Februar 2019 – 13 L 202/19 -; zitiert nach juris. 112Die gefundene Auslegung widerspricht auch nicht dem Schutzzweck des § 3 Abs. 3 VSG NRW. Der Beklagte weist insoweit darauf hin, der Verfassungsschutz diene in einer wehrhaften Demokratie als „Frühwarnsystem“ hinsichtlich Gefährdungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die Öffentlichkeit müsse frühzeitig über verfassungsfeindliche Bestrebungen informiert werden, um sich damit auseinandersetzen zu können. Dies ist zutreffend, jedoch nur in den gesetzlich umschriebenen Grenzen zulässig. Das Verfassungsschutzgesetz NRW erlaubt in §§ 1 Satz 3, 3 Abs. 3, 5 Abs. 7 eben erst eine Berichterstattung über „Verdachtsfälle“. Auch in den „Verdachtsfällen“ steht nicht endgültig fest, ob eine Organisation verfassungsfeindlich ist oder nicht. Vielmehr dient insbesondere der Einsatz nachrichtendienstlicher Erkenntnismittel erst der Beantwortung dieser Frage. Gleichwohl ist auch in den „Verdachtsfällen“ eine Berichterstattung erst zulässig, wenn hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen belegen können. Eine Vorverlegung der Informationspflicht, bzw. des Rechts, die Öffentlichkeit zu informieren, in den Bereich der Prüfung, ob überhaupt die Voraussetzungen eines „Verdachtsfalles“ vorliegen, ist nicht zulässig, weil die Grundrechtspositionen des Beobachtungsobjektes dem entgegen stehen. Sie ist auch nicht notwendig, weil im Stadium der Prüfung noch keine ausreichend verdichtete Gefahrenlage für die freiheitliche demokratische Grundordnung besteht. 113Im Übrigen sind Diskussionen über verfassungsfeindliche Bestrebungen in Teilen der AfD, bzw. über eine daraus folgende notwendige Beobachtung durch den Verfassungsschutz in der Öffentlichkeit auch schon intensiv geführt worden, bevor die fraglichen Äußerungen gefallen sind. Es bedurfte der angegriffenen Äußerungen nicht, um eine angemessene politische Auseinandersetzung der Öffentlichkeit mit dem politischen Wirken des Landesverbandes der AfD zu ermöglichen oder zu fördern. 114Die Information der Öffentlichkeit durch den Innenminister und den Leiter des Verfassungsschutzes wäre mithin nur dann zulässig gewesen, wenn hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten der Klägerin zum Zeitpunkt der fraglichen Äußerungen vorgelegen hätten. 115Das war jedoch nicht der Fall. Anderenfalls hätte die Klägerin nicht als „Prüffall“, sondern als „Verdachtsfall“ bezeichnet werden müssen. 116Wie die interne Leitungsvorlage des Verfassungsschutzes des Beklagten vom 2018, […], ergibt, fanden sich im Landesverband der AfD NRW seinerzeit aber noch keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte, die eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz mit geheimdienstlichen Mitteln hätten begründen können. Die Klägerin wurde in dem Bericht als „Prüffall“, nicht aber als „Verdachtsfall“ eingestuft. Dies schließt das Vorliegen hinreichend gewichtiger tatsächlicher Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen zu jenem Zeitpunkt aus. 117Soweit der Beklagte im gerichtlichen Verfahren den Standpunkt vertreten hat, auch schon zum Zeitpunkt der streitigen Äußerungen vom 15. Januar 2019 und 3. Juli 2019 hätten hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Klägerin vorgelegen, widerspricht dies dem Ergebnis der Leitungsvorlage vom 2018. Auf die im gerichtlichen Verfahren zum Nachweis verfassungsfeindlicher Tätigkeiten der Klägerin vorgelegten Dokumente kommt es damit nicht an. 1182. 119Taugliche Ermächtigungsgrundlage für die gegenüber Medienvertretern getätigten Äußerungen vom 15. Januar 2019 und 3. Juli 2019 ist auch nicht § 4 Abs. 1 PresseG NRW. 120Nach dieser Vorschrift sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Die behördliche Auskunftspflicht gegenüber Pressevertretern gilt jedoch nicht schrankenlos. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Auskunft gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW nicht, wenn ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Diese Grundsätze sind von staatlichen Behörden bei der Abgabe von Erklärungen gegenüber den Medien in vergleichbarer Weise zu beachten. Es bedarf stets einer Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Presse und entgegenstehenden Geheimhaltungsinteressen, 121vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Oktober 2017 – 4 B 786/17 -, zitiert nach juris. 122Ein presserechtlicher Anspruch gegenüber dem Innenminister bzw. dem Leiter des Verfassungsschutzes auf Auskunft, ob die Klägerin vom Verfassungsschutz als „Prüffall“ behandelt wird, besteht nicht. Ebenso wenig waren der Innenminister und der Leiter des Verfassungsschutzes zu einer solchen Information berechtigt. Der Offenbarung dieser Tatsache steht ein überwiegendes schutzwürdiges privates Interesse der Klägerin entgegen, nämlich deren Grundrecht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb, Art. 21 Abs. 1 GG. 123Wie das Interesse der Klägerin an einer Geheimhaltung der Prüftätigkeit des Verfassungsschutzes gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit an einer Offenbarung dieses Umstandes zu gewichten ist, ist den Vorschriften des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen zu entnehmen. § 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 3 VSG NRW regeln abschließend, unter welchen Voraussetzungen der Verfassungsschutz die Ergebnisse seiner Tätigkeit veröffentlichen darf. Die Auslegung dieser Befugnisnorm hat unter Beachtung der besonderen verfassungsmäßigen Rechte der Klägerin zu erfolgen. Sie berücksichtigt ebenfalls das diesem Interesse entgegenstehende öffentliche Informationsinteresse, dessen Befriedigung die Auskunftsansprüche der Presse dienen. Ergibt die Rechtsanwendung unter diesen Voraussetzungen, dass die Klägerin vom Verfassungsschutz in der Öffentlichkeit nicht als „Prüffall“ bezeichnet werden darf, so folgt daraus zugleich, dass einem diesbezüglichen Auskunftsanspruch der Presse die übergeordneten Interessen der Klägerin an einer Geheimhaltung dieser Information entgegenstehen. 124Der Anspruch der Presse, von dem Verfassungsschutz Informationen gemäß § 4 Abs. 1 PresseG NRW zu erhalten, reicht nicht weiter als das Recht des Verfassungsschutzes, entsprechende Informationen nach § 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 3 VSG NRW preiszugeben. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung der Pressefreiheit für den freien Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen. 1253. 126Für einen Rückgriff auf einen presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber dem Verfassungsschutz, der unmittelbar aus der grundrechtlichen Gewährleistung der Pressefreiheit durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG herzuleiten ist und der eine weitere Ermächtigungsgrundlage bedeuten könnte, verbleibt kein Raum, weil mit § 4 PresseG NRW eine einfachgesetzliche Regelung der Auskunftsansprüche der Presse vorhanden ist, 127vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Februar 2013 – 6 A 2/12 -; Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 11. Juli 2019 – 6 K 5480/18 -; zitiert nach juris. 128Weitergehende Ansprüche vermittelt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG im Übrigen nicht, 129vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20. Februar 2013 – 6 A 2/12 -, zitiert nach juris. 1304. 131Die streitigen Äußerungen können schließlich auch nicht auf das allgemeine Recht zu staatlichem Informationshandeln gestützt werden. 132In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die der Landesregierung obliegende Aufgabe der Staatsleitung als integralen Bestandteil die Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit einschließt, und zwar unabhängig von einer gesonderten gesetzlichen Ermächtigung. Sie umfasst die Darlegung und Erläuterung der Regierungspolitik hinsichtlich getroffener Maßnahmen und künftiger Vorhaben angesichts bestehender oder sich abzeichnender Probleme sowie die sachgerechte, objektiv gehaltene Information über die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar betreffenden Fragen und wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld der eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit. Dabei kann die Landesregierung auch Empfehlungen und Warnungen aussprechen, 133vgl. zu der entsprechenden Befugnis der Bundesregierung: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 -, Urteile vom 10. Juni 2014 – 2 BvE 4/13 -, vom 16. Dezember 2014 – 2 BvE 2/14 - und vom 27. Februar 2018 – 2 BvE 1/16 -; zitiert nach juris. 134Ob sich die streitbefangene Äußerung des Innenministers vom 15. Januar 2019 auf die Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit stützen kann, obwohl die Befugnis, die Öffentlichkeit über die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zu unterrichten, in § 5 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 3 VSG NRW spezialgesetzlich geregelt ist, ist zweifelhaft. Einem Rückgriff auf die allgemeine Informationsbefugnis steht entgegen, dass die besonderen gesetzlichen Vorschriften über die Unterrichtung der Öffentlichkeit durch den Verfassungsschutz unterlaufen würden, 135vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 10 B 15.1609 -, zitiert nach juris, Rn. 23. 136Es wäre außerdem widersprüchlich, eine außergesetzliche Informationsbefugnis der Landesregierung in Fällen anzunehmen, in denen eine mittelbare Grundrechtsbetroffenheit vorliegt, die zur Annahme eines Gesetzesvorbehaltes führt, 137vgl. Brandt in: Handbuch des Rechts der Nachrichtendienste, 2017, Seiten 1753, 1754. 138Eine Rechtfertigung der fraglichen Äußerungen durch die staatliche Befugnis zur Information der Öffentlichkeit scheitert überdies daran, dass die Landesregierung insoweit an das Neutralitätsgebot gebunden ist. Dieses Gebot hat sie jedoch verletzt. 139Es ist der Landesregierung – wie auch der Bundesregierung -, auch wenn sie von ihrer Befugnis zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit Gebrauch macht, von Verfassungs wegen versagt, sich mit einzelnen Parteien zu identifizieren und die ihr zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel und Möglichkeiten zu deren Gunsten oder Lasten einzusetzen. Demgemäß endet die Zulässigkeit der Öffentlichkeitsarbeit dort, wo Werbung für einzelne im politischen Wettbewerb stehende Parteien beginnt, 140vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 16. Dezember 2014 – 2 BvE 2/14 – und vom 9. Juni 2020 – 2 BvE 1/ 19 -, zitiert nach juris. 141Der Grundsatz der Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 S. 1 GG lässt es nicht zu, dass die Landesregierung die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit dazu nutzt, um Regierungsparteien zu unterstützen oder Oppositionsparteien zu bekämpfen. Dies steht der abwertenden Beurteilung einzelner politischer Parteien durch staatliche Organe grundsätzlich entgegen, 142vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 27. Februar 2018 – 2 BvE 1/16 –, Rz. 53, 54, und vom 9. Juni 2020 – 2 BvE 1/19 -; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13. September 2017 – 10 C 6/16 -, Rz. 24; Niedersächsischer Staatsgerichtshof, Urteil vom 24. November 2020 – 6/19 -; zitiert nach juris. 143Für die Äußerungsbefugnisse eines einzelnen Mitglieds der Landesregierung gilt nichts anderes als für die Landesregierung als Ganzes. Handelt das Regierungsmitglied in Wahrnehmung seines Ministeramtes, hat es gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in gleicher Weise wie die Landesregierung den verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien zu beachten. Es ist ihm im Rahmen seiner Regierungstätigkeit von Verfassung wegen untersagt, einseitig im politischen Wettbewerb stehende Parteien zu bekämpfen oder zu unterstützen, 144vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 27. Februar 2018 – 2 BvE 1/16 -, Rz. 61, und vom 9. Juni 2020 – 2 BvE 1/19 -, zitiert nach juris. 145Demgemäß verstößt die parteiergreifende Äußerung eines Ministers im politischen Meinungskampf gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien und verletzt die Integrität des freien und offenen Prozesses der Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen, wenn sie entweder unter Einsatz der mit dem Ministeramt verbundenen Ressourcen oder unter erkennbarer Bezugnahme auf das Regierungsamt erfolgt, um ihr damit eine aus der Autorität des Amtes fließende besondere Glaubwürdigkeit oder Gewichtung zu verleihen, 146vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteile vom 16. Dezember 2014 – 2 BvE 2/14 –, vom 27. Februar 2018 – 2 BvE 1/16 – und vom 9. Juni 2020 – 2 BvE 1/19 -, zitiert nach juris; zur Neutralitätspflicht eines Oberbürgermeisters vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 9. Januar 2015 – 1 L 54/15 -, zitiert nach juris. 147Die abwertende Qualifizierung der AfD als eine Partei, in der es verfassungsfeindliche Tendenzen gibt, ist geeignet, deren Position im politischen Meinungskampf zu beeinträchtigen. Eine solche Abwertung durch ministerielle Äußerungen ist unzulässig, weil sie einseitig zulasten der AfD auf den politischen Wettbewerb einwirkt, 148vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 27. Februar 2018 – 2 BvE 1/16 -, zitiert nach juris, Rn. 71, zu Äußerungen der damaligen Bundesministerin Wanka. 149Nach Maßgabe dessen ist die Äußerung des Innenministers des beklagten Landes vom 15. Januar 2019 unzulässig. Sie erweckt bei dem unbefangenen Beobachter den Eindruck, dass die Klägerin vom Verfassungsschutz als „Prüffall“ behandelt wird, weil es in ihr verfassungsfeindliche Bestrebungen gibt. Die Einstufung der Klägerin als „Prüffall“ war geeignet, potentielle Wähler davon abzuhalten, sie bei der Europawahl im Mai 2019 zu wählen. Die Äußerung hatte in der Öffentlichkeit besonderes Gewicht, weil Herr Reul dabei seine Autorität als Minister in Anspruch genommen hat. Die anschließende Verbreitung der Äußerung in diversen Presseorganen belegt dies. 150Für die Äußerung des Leiters des Verfassungsschutzes gegenüber Pressevertretern vom 3. Juli 2019 gilt nichts anderes. Mit ihr bestätigte der zuständige Abteilungsleiter im Ministerium des Innern die fortgeltende Einstufung der Klägerin als „Prüffall“, wie sie zuvor von dem Innenminister selbst öffentlich gemacht worden war. Die damit einhergehende Rechtsverletzung der Klägerin wurde durch die nachfolgende Äußerung des Leiters des Verfassungsschutzes perpetuiert und war damit ebenso unzulässig, auch wenn der Europawahlkampf zu diesem Zeitpunkt bereits beendet war. Das staatliche Neutralitätsgebot gilt nicht nur während des Wahlkampfes, sondern auch außerhalb von Wahlkampfzeiten. Denn der Prozess der politischen Willensbildung ist nicht auf den Wahlkampf beschränkt, sondern findet fortlaufend statt. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG schützt das Recht der Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettstreit in seiner Gesamtheit, nicht nur während des Wahlganges und der Wahlvorbereitung, 151vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 9. Juni 2020 – 2 BvE 1/19 -, Rz. 48, zitiert nach juris. 152Da weitere mögliche Rechtsgrundlagen für die streitbefangenen Äußerungen nicht erkennbar sind, waren die begehrten Feststellungen der Rechtswidrigkeit auszusprechen. 153Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 154Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung gegen das Urteil zuzulassen. 155Rechtsmittelbelehrung: 156Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 157Die Berufung kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 158Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 159Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). 160Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 161Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst vierfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. | es wird festgestellt, dass die öffentliche äußerung des ministers des innern des landes nordrhein-westfalen, herrn herbert reul, am 15. januar 2019 in düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische verfassungsschutz die klägerin als „prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. es wird außerdem festgestellt, dass die öffentliche äußerung des leiters der abteilung verfassungsschutz im ministerium des innern des landes nordrhein-westfalen, herrn […], am 3. juli 2019 in düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische verfassungsschutz die klägerin als „prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. die berufung gegen das urteil wird zugelassen. 1für recht erkannt: 2es wird festgestellt, dass die öffentliche äußerung des ministers des innern des landes nordrhein-westfalen, herrn herbert reul, am 15. januar 2019 in düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische verfassungsschutz die klägerin als „prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. 3es wird außerdem festgestellt, dass die öffentliche äußerung des leiters der abteilung verfassungsschutz im ministerium des innern des landes nordrhein-westfalen, herrn […], am 3. juli 2019 in düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische verfassungsschutz die klägerin als „prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. 4der beklagte trägt die kosten des verfahrens. 5das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 6die berufung gegen das urteil wird zugelassen. 7 | 8die „alternative für deutschland“ (afd) ist eine im deutschen bundestag und in allen 16 deutschen landesparlamenten sowie dem europäischen parlament vertretene politische partei, die mit ihrem landesverband nordrhein-westfalen gegen öffentliche äußerungen des innenministers des landes nordrhein-westfalen und des leiters des verfassungsschutzes des landes nordrhein-westfalen vorgeht. 9am 15. januar 2019 erklärte der präsident des bundesamtes für verfassungsschutz in berlin, die afd werde von dem verfassungsschutz als „prüffall“ bearbeitet. der rechtsnationale „flügel“ der partei und die nachwuchsorganisation „junge alternative“ der partei würden als „verdachtsfall“ eingestuft. 10ebenfalls am 15. januar 2019 äußerte der innenminister des landes nordrhein-westfalen, herbert reul, in düsseldorf gegenüber pressevertretern: 11„unser nordrhein-westfälischer verfassungsschutz bearbeitet den nrw-landes-verband der afd in zukunft ebenfalls als prüffall.“ 12dies ist unstreitig. 13über die einstufung der klägerin als „prüffall“ des verfassungsschutzes nrw wurde unter anderem in den online-ausgaben der „aachener nachrichten“ vom 15. januar 2019, der „welt“ vom 15. januar 2019, des wdr vom 16. januar 2019, der „ruhr 24“ vom 16. januar 2019 sowie der „hase post“ vom 17. januar 2019 berichtet. 14mit einem als abmahnung bezeichneten schreiben vom . märz 2019 forderte die klägerin den beklagten auf, eine erklärung abzugeben, dass er es zukünftig unterlässt, die klägerin öffentlich als „prüffall“ zu bezeichnen. mit schreiben vom . märz 2019 lehnte das innenministerium die abgabe einer unterlassungserklärung jedoch ab. 15anlässlich der vorstellung des verfassungsschutzberichtes 2019 für das land nordrhein-westfalen erklärte der leiter der abteilung verfassungsschutz im innenministerium, […], am 3. juli 2019 auf die frage eines journalisten nach dem bearbeitungsstatus der klägerin, diese werde vom verfassungsschutz als “prüffall“ bearbeitet. 16in nordrhein-westfalen ressortiert der verfassungsschutz als abteilung im ministerium des innern. ein landesamt für verfassungsschutz als nachgeordnete behörde des innenministeriums existiert - anders als in anderen bundesländern - nicht. 17am 5. juli 2019 hat die klägerin klage erhoben. sie begehrt die feststellung, dass die äußerungen des innenministers des landes nordrhein-westfalen sowie des leiters des verfassungsschutzes des landes nordrhein-westfalen, sie werde vom verfassungsschutz als „prüffall“ bearbeitet, rechtswidrig waren. 18zur begründung der klage trägt die klägerin vor, sie werde durch die fraglichen äußerungen in ihren rechten als politische partei aus art. 21 abs. 1 grundgesetz (gg) und art. 2 abs. 1 gg sowie aus art. 6, 10, 11, 13 und 14 der konvention zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) verletzt. die äußerungen seien geeignet, sie in der achtung der öffentlichkeit herabzusetzen. ihr parteipersönlichkeitsrecht sei betroffen. der beklagte habe in unzulässiger weise in den politischen wettbewerb eingegriffen. der erfolgte eingriff in ihre grundrechte als partei bedürfe nach dem grundsatz des vorbehaltes des gesetzes einer gesetzlichen ermächtigungsgrundlage, an der es aber fehle. § 5 abs. 7 i.v.m. § 3 abs. 3 s. 1 verfassungsschutzgesetz nrw (vsg nrw) erlaubten zwar eine aufklärung der öffentlichkeit über verfassungsfeindliche bestrebungen und tätigkeiten. dies gelte jedoch nur, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht solcher bestrebungen und tätigkeiten vorliegen. sie werde von dem beklagten jedoch nicht als „verdachtsfall“ in diesem sinne eingestuft, sondern lediglich als „prüffall“. dies ergebe sich eindeutig aus der in den akten des beklagten befindlichen leitungsvorlage vom 2018, in der es heiße, es ließen sich noch keine ausreichenden tatsächlichen anhaltspunkte finden, die eine beobachtung des landesverbandes nrw der partei begründen könnten. es handele sich bei einem „prüffall“ um die vorstufe eines „verdachtsfalles“. über einen „prüffall“ dürfe deshalb nicht unter weniger strengen voraussetzungen berichtet werden als über einen „verdachtsfall“. insofern mache es auch keinen unterschied, dass die in streit stehenden veröffentlichungen nicht in einem verfassungsschutzbericht, sondern in einer pressekonferenz erfolgt seien. die öffentliche breitenwirkung der äußerungen durch anschließende berichte in der presse sei genauso schwerwiegend wie die veröffentlichung in einem verfassungsschutzbericht. der rechtsunkundige laie unterscheide nicht zwischen „prüffall“ und „verdachtsfall“. es entstehe der falsche eindruck, die partei unternehme verfassungsfeindliche bestrebungen und werde deshalb vom verfassungsschutz beobachtet. die vorhandenen erkenntnisse des beklagten gingen über bloße „verdachtssplitter“ aber nicht hinaus. sie bezögen sich überwiegend auch nicht auf den klagenden landesverband der partei, sondern auf die bundespartei. tatsächlich stehe sie fest auf dem boden der freiheitlich-demokratischen grundordnung. 19zwar habe der beklagte die aufgabe, die öffentlichkeit über die ergebnisse seiner arbeit zu informieren. seine mitteilungen dürften aber nicht über tätigkeiten des verfassungsschutzes berichten, sondern nur über die ergebnisse dieser tätigkeit. das sammeln öffentlich zugänglicher informationen über eine partei, welches dazu diene herauszufinden, ob die partei als „verdachtsfall“ einzustufen sei, sei eine tätigkeit des verfassungsschutzes. es sei aber eine selbstverständlichkeit, dass der verfassungsschutz seine arbeit mache. die prüftätigkeit sei deshalb ohne informationswert für die öffentlichkeit. das ergebnis der prüfung sei gewesen, dass sie keinen „verdachtsfall“ darstelle. der beklagte habe der öffentlichkeit daher nur mitteilen dürfen, dass die partei vom verfassungsschutz nicht als „verdachtsfall“ behandelt werde. die offenlegung, die klägerin als „prüffall“ zu behandeln, sei dagegen unverhältnismäßig. wie der berichterstattung über die angegriffenen äußerungen in der presse entnommen werden könne, stehe im vordergrund der öffentlichen wahrnehmung die einstufung als „prüffall“, nicht aber die tatsache, dass die klägerin gerade kein „verdachtsfall“ sei. 20die angegriffene äußerung des innenministers kurz vor der europawahl im mai 2019 sei nicht zu dem zweck erfolgt, die öffentlichkeit aufzuklären, sondern um der klägerin im wahlkampf politisch zu schaden. der minister habe sich aber als funktionsträger des staates politisch neutral zu verhalten, wenn er in der öffentlichkeit als innenminister in erscheinung trete. 21der beklagte könne sich auch nicht mit erfolg auf die allgemeine befugnis zu staatlichem informationshandeln berufen. die staatliche informationstätigkeit stelle eine beeinträchtigung im gewährleistungsbereich der grundrechte dar, wenn sie in der zielrichtung und ihren wirkungen ersatz für eine staatliche maßnahme sei, die als grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. es mache keinen relevanten unterschied, ob der staat ausdrücklich eine politische partei diskreditiere oder ob er eine landesweit beachtete pressekonferenz einberufe, um mitzuteilen, dass die partei vom verfassungsschutz beobachtet werde. zielsetzung und wirkung seien identisch. wenn der staat durch die offenbarung von informationen in die verfassungsrechtlich garantierte stellung einer partei gemäß art. 21 gg eingreife, sei er nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichtes an die neutralitätspflicht gebunden. gegen diese habe der beklagte verstoßen, indem er die klägerin als „prüffall“ bezeichnet habe, ohne dass dies durch ein informationsinteresse der öffentlichkeit gerechtfertigt gewesen sei. 22die klägerin beantragt, 231.24festzustellen, dass die öffentliche äußerung des ministers des innern des landes nordrhein-westfalen, herrn herbert reul, am 15. januar 2019 in düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische verfassungsschutz die klägerin als „prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war, 2.25ferner festzustellen, dass die öffentliche äußerung des leiters der abteilung verfassungsschutz im ministerium des innern des landes nordrhein-westfalen, herrn […], am 3. juli 2019 in düsseldorf, wonach der nordrhein-westfälische verfassungsschutz die klägerin als „prüffall“ bearbeite, rechtswidrig war. 26der beklagte beantragt, 27die klage abzuweisen. 28er vertritt die auffassung, die unterrichtung der öffentlichkeit über die einstufung der klägerin als „prüffall“ sei von der ermächtigung des § 5 abs. 7 i.v.m. § 3 abs. 3 und abs. 1 nr. 1 vsg nrw gedeckt gewesen. es sei aufgabe des verfassungsschutzes, die öffentlichkeit über verfassungsfeindliche bestrebungen und tätigkeiten aufzuklären. das vorliegen tatsächlicher anhaltspunkte dafür sei notwendige, aber auch ausreichende voraussetzung für eine aufklärung der öffentlichkeit. für das vorliegen tatsächlicher anhaltspunkte in diesem sinne bedürfe es nicht bereits der gewissheit, dass die freiheitliche demokratische grundordnung bekämpft und abgeschafft werden solle. es müssten vielmehr nur konkrete umstände vorliegen, die bei vernünftiger betrachtung auf solche bestrebungen hindeuteten und deshalb eine weitere aufklärung erforderlich erscheinen ließen. soweit für die berichterstattung in verfassungsschutzberichten gefordert werde, die tatsächlichen anhaltspunkte müssten hinreichend gewichtig sein, um eine veröffentlichung zu rechtfertigen, sei dieser maßstab auf die von der klägerin angegriffenen äußerungen nicht übertragbar, da es nicht um eine veröffentlichung im verfassungsschutzbericht gehe. vielmehr seien die streitigen äußerungen nur mündlich gegenüber pressevertretern erfolgt. ihnen fehle die wirkmächtigkeit in der öffentlichkeit, die einem verfassungsschutzbericht zukomme. die äußerungen seien deshalb unter erleichterten voraussetzungen zulässig gewesen. tatsächliche anhaltspunkte für verfassungsfeindliche bestrebungen der klägerin hätten im augenblick der fraglichen äußerungen vorgelegen. die klägerin wende sich demgemäß in der sache auch nicht dagegen, dass sie als „prüffall“ vom verfassungsschutz behandelt werde. sie beanstande nur die offenbarung dieser tatsache in der öffentlichkeit. 29das verfassungsschutzgesetz nrw kenne die begriffe „prüffall“ oder „verdachtsfall“ nicht. sie dienten allein der behördeninternen verwendung auf der informationssammlungsseite. würden diese begriffe auf der berichterstattungsseite verwendet, führe dies nicht dazu, dass damit auch die rechtlichen anforderungen, die hinter diesen begriffen auf der informationssammlungsseite steckten, auf die berichterstattungsseite zu übertragen seien. eine solche übertragung auf das außenverhältnis sei weder gesetzlich vorgesehen, noch sei sie angemessen. vielmehr setze die zulässigkeit der berichterstattung über eine organisation allein voraus, dass tatsächliche anhaltspunkte für verfassungsfeindliche bestrebungen vorlägen und die berichterstattung in ihrer konkreten art und weise verhältnismäßig sei. zwar sei die klägerin bisher nicht als „verdachtsfall“ eingestuft worden und es erfolge deshalb keine beobachtung der partei mit nachrichtendienstlichen mitteln. dies bedeute jedoch nicht, dass nicht auch im zeitpunkt der einstufung der partei als „prüffall“ bereits tatsächliche anhaltspunkte für das vorliegen verfassungsfeindlicher bestrebungen vorgelegen hätten. die vorhandenen anhaltspunkte hätten sich im fall der klägerin nur noch nicht so weit verdichtet, dass von einem „verdachtsfall“ ausgegangen werden müsse. 30eine beschränkung der ermächtigung, die öffentlichkeit zu informieren, widerspreche dem schutzzweck des § 3 abs. 3 vsg nrw. der verfassungsschutz als instrument der wehrhaften demokratie diene als frühwarnsystem hinsichtlich gefährdungen der freiheitlichen demokratischen grundordnung. die information der öffentlichkeit über verfassungsfeindliche bestrebungen solle die politische auseinandersetzung mit den betreffenden bestrebungen ermöglichen. dies setze eine frühzeitige information voraus, damit verfassungsfeinde rechtzeitig bekämpft werden könnten. 31verfassungsrechtliche einwände stünden einer unterrichtung der öffentlichkeit über „prüffälle“ nicht entgegen. das selbstbestimmungsrecht der parteien finde seine schranke in der entscheidung des grundgesetzes für eine streitbare demokratie. eine auseinandersetzung über die politischen positionen der klägerin in der öffentlichkeit könne aber nur erfolgen, wenn die öffentlichkeit ausreichend über die bestrebungen der klägerin informiert sei. die verfassungsschutzbehörden könnten deshalb nicht an der information der öffentlichkeit gehindert sein, auch wenn diese informationen der betroffenen partei unwillkommen seien. 32angesichts der dem beklagten vorliegenden zahlreichen und auch inhaltlich schwerwiegenden tatsächlichen anhaltspunkte für verfassungsfeindliche bestrebungen der klägerin seien die fraglichen äußerungen auch verhältnismäßig gewesen. die information über eine prüffallbearbeitung der klägerin stelle eine entlastung der klägerin dar, weil damit deutlich gemacht werde, dass sie keiner verdachtsbeobachtung unterliege und auch keine beobachtung mit nachrichtendienstlichen mitteln erfolge. es habe schon vorher eine öffentliche diskussion darüber gegeben, ob die partei vom verfassungsschutz beobachtet werden dürfe oder müsse. an dieser diskussion habe sich auch die klägerin öffentlich beteiligt. sie habe erkannt, dass ihr eine beobachtung durch den verfassungsschutz drohe. zur vermeidung einer beobachtung mit nachrichtendienstlichen mitteln habe die klägerin eine arbeitsgruppe zum kampf gegen verfassungsfeindliche bestrebungen innerhalb der partei eingerichtet. es gebe parteiinterne handreichungen zur vermeidung offensichtlich verfassungsfeindlicher äußerungen. die partei habe ein gutachten eingeholt und öffentlich bekannt gemacht, welches den titel trage: „rechtliche voraussetzungen für die beobachtung einer politischen partei durch den verfassungsschutz - kurzgutachten und handlungsempfehlungen für die afd, erstellt im auftrag der bundesgeschäftsstelle der afd von professor dr. […], oktober 2018“. vor dem hintergrund dieser öffentlichen diskussionen habe ein sehr erhebliches öffentliches informationsinteresse daran bestanden, wie sich die verfassungsschutzbehörden zu der frage des weiteren umgangs mit der afd positionieren. dies rechtfertige die erfolgte veröffentlichung. 33die äußerung des leiters des verfassungsschutzes nrw vom 3. juli 2019 sei außerdem durch § 4 abs. 1 presseg nrw gedeckt gewesen, weil sie erst auf rückfrage eines journalisten getätigt worden sei. die behörden seien verpflichtet, den vertretern der presse die der erfüllung ihrer öffentlichen aufgabe dienenden auskünfte zu erteilen. hierzu gehöre auch die wahrheitsgemäße beantwortung der frage, ob sich an der bearbeitung der afd als „prüffall“ zwischenzeitlich etwas geändert habe. der auskunftsanspruch der presse sei nicht gemäß § 4 abs. 2 presseg nrw ausgeschlossen gewesen, weil das informationsinteresse der öffentlichkeit das geheimhaltungsinteresse der klägerin überwogen habe. 34die streitbefangenen äußerungen seien schließlich durch die allgemeine befugnis zu staatlichem informationshandeln gerechtfertigt. die vorschriften des verfassungsschutzgesetzes nrw seien insoweit nicht abschließend. amtliche äußerungen eines hoheitsträgers mit eingriffsqualität seien allgemein zulässig, wenn sich der hoheitsträger im rahmen der ihm zugewiesenen aufgaben bewege und die rechtsstaatlichen anforderungen an hoheitliche äußerungen in form des sachlichkeitsgebotes gewahrt würden. einer besonderen gesetzlichen ermächtigung bedürfe es insoweit nicht. ein verstoß gegen das neutralitätsgebot liege nicht vor. es handele sich bei der fraglichen erklärung des innenministers sowie des leiters des verfassungsschutzes nrw nicht um äußerungen, bei der ein amtsinhaber zu seinem eigenen vorteil im politischen wettbewerb die autorität des amtes oder amtliche ressourcen in spezifischer weise in anspruch genommen habe. damit sei eine gefährdung der chancengleichheit im politischen wettbewerb nicht gegeben. 35die beteiligten haben sich mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 36wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten. 37 | 38die kammer kann gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung entscheiden, weil die beteiligten vor dem hintergrund der corona-pandemie auf ihre durchführung verzichtet haben. 39die klage hat erfolg. sie ist zulässig und begründet. 40a. 41die klägerin ist als landesverband der partei „alternative für deutschland“ (afd) in dem klageverfahren gemäß § 61 nr. 2 vwgo beteiligtenfähig. die beteiligtenfähigkeit erstreckt sich nach dieser vorschrift auf vereinigungen, soweit ihnen ein recht zustehen kann. gebietsverbände politischer parteien in der rechtsform des nichtrechtsfähigen vereins sind beteiligtenfähig, wenn sie wirksam gegründet sind und ihnen in bezug auf den gegenstand des konkreten rechtsstreits eine materielle rechtsposition zustehen kann, 42vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 28. november 2018 - 6 c 2/17 -, zitiert nach juris. 43zweifel an der wirksamen gründung der klägerin als landesverband sind weder erkennbar, noch von dem beklagten vorgetragen worden. die klägerin kann sich in dem klageverfahren auf die wahrung ihres parteiengrundrechts gemäß art. 21 gg berufen. das recht, als partei frei von staatlicher einflussnahme an der politischen willensbildung mitzuwirken, steht nicht nur der bundespartei zu, sondern auch dem landesverband, 44vgl. bayerischer verwaltungsgerichtshof, urteil vom 22. oktober 2015 – 10 b 15.1320 -, zitiert nach juris. 45die beiden feststellungsanträge der klägerin sind gemäß § 43 vwgo zulässig. nach dieser vorschrift kann die feststellung des bestehens oder nichtbestehens eines rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung hat. ein solches rechtsverhältnis liegt vor, wenn rechtliche beziehungen streitig sind, die sich aus einem bestimmten sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen regelung für das verhältnis mehrerer personen zueinander oder das verhältnis einer person zu einer sache ergeben, 46vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 13. september 2017 – 10 c 6/16 -, zitiert nach juris. 47zwischen den beteiligten besteht ein solches feststellungsfähiges rechtsverhältnis. sie streiten darüber, ob der innenminister sowie der leiter des verfassungsschutzes des landes nrw durch die in rede stehenden äußerungen unzulässig in grundrechte der klägerin eingegriffen haben. die äußerungen gegenüber pressevertretern, die klägerin werde vom verfassungsschutz des landes nordrhein-westfalen als „prüffall“ behandelt, waren potentiell geeignet, dem ansehen der klägerin in der öffentlichkeit zu schaden, weil damit der vorwurf verbunden ist, es gebe bei der klägerin verfassungsfeindliche tendenzen. demgegenüber kann sich die klägerin auf ihr parteiengrundrecht gemäß art. 21 gg berufen. 48das nach § 43 abs. 1 vwgo erforderliche feststellungsinteresse der klägerin ist gegeben. ein solches interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller natur sein. liegt das feststellungsfähige rechtsverhältnis in der vergangenheit, ist ein berechtigtes interesse nach art. 19 abs. 4 gg zu bejahen, wenn ohne die möglichkeit einer feststellungsklage wirksamer rechtsschutz nicht zu erlangen wäre. stehen hoheitliche maßnahmen im streit, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die annahme eines feststellungsinteresses regelmäßig keiner überprüfung im gerichtlichen hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten, ist das feststellungsinteresse auch für ein vergangenes rechtsverhältnis zu bejahen, 49vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 13. september 2017 – 10 c 6/16 -, zitiert nach juris. 50die beiden angegriffenen äußerungen haben sich in dem augenblick erledigt, als sie getätigt wurden. effektiver rechtsschutz kann der klägerin deshalb nur nachträglich gewährt werden. sie hat ein schutzwürdiges interesse an der gerichtlichen feststellung, dass die äußerungen rechtswidrig waren, weil die möglichen folgen der äußerungen für ihr ansehen in der öffentlichkeit bis heute fortwirken. 51dem feststellungsbegehren steht der vorrang der gestaltungs- oder leistungsklage, wie ihn § 43 abs. 2 vwgo bestimmt, nicht entgegen. zwar hätte die klägerin ihre rechte auch durch die erhebung einer unterlassungsklage verfolgen können. da aber davon auszugehen ist, dass der beklagte als hoheitsträger gerichtliche entscheidungen auch dann beachtet, wenn ein titel mit vollstreckungsfähigem inhalt nicht ergeht, steht der klägerin ein wahlrecht zwischen der feststellungsklage und der leistungsklage zu, 52vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 27. oktober 1970 – vi c 8.69 -, zitiert nach juris. 53b. 54die klage ist begründet, weil die angegriffenen äußerungen vom 15. januar 2019 und 3. juli 2019 rechtswidrig waren. sie greifen in das die klägerin schützende parteiengrundrecht aus art. 21 gg ein (i.). eine rechtfertigung des eingriffs liegt mangels ermächtigungsgrundlage nicht vor (ii.). 55i. 56wie art. 21 abs. 1 satz 1 gg bestimmt, wirken die parteien bei der politischen willensbildung des volkes mit. der den parteien durch art. 21 gg zuerkannte verfassungsrechtliche status gewährleistet insbesondere das recht, gleichberechtigt am politischen wettbewerb teilzunehmen. in diesem recht ist die klägerin durch die streitigen äußerungen betroffen. 57die gewährleistung gleicher chancen im wettbewerb um wählerstimmen ist ein unabdingbares element des vom grundgesetz gewollten freien und offenen prozesses der meinungs- und willensbildung des volkes. dieser prozess setzt in der modernen parlamentarischen demokratie die existenz politischer parteien voraus. der hervorragenden bedeutung, die in diesem prozess den politischen parteien zukommt, hat das grundgesetz dadurch ausdruck verliehen, dass es ihnen in art. 21 gg einen verfassungsrechtlichen status zuerkannt hat. er gewährleistet nicht nur ihre freie gründung und mitwirkung an der politischen willensbildung des volkes, sondern sichert diese mitwirkung auch durch regeln, die ihnen gleiche rechte und gleiche chancen gewähren, 58vgl. bundesverfassungsgericht, urteile vom 16. dezember 2014 - 2 bve 2/14 – und vom 9. juni 2020 – 2 bve 1/19 -; niedersächsischer staatsgerichtshof, urteil vom 24. november 2020 – 6/19 -; zitiert nach juris. 59verfassungsfeindliche tendenzen ändern an dieser rechtsstellung einer partei nichts, solange nicht das bundesverfassungsgericht in einem verbotsverfahren nach art. 21 abs. 2 gg i.v.m. §§ 43 ff. des gesetzes über das bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass die partei verfassungswidrig ist. 60mit dem parteiengrundrecht aus art. 21 abs. 1 gg unvereinbar ist jede parteiergreifende einwirkung von staatsorganen zugunsten oder zulasten einzelner am politischen wettbewerb teilnehmender parteien. auch soweit die landesregierung von ihrer befugnis zur informations- und öffentlichkeitsarbeit gebrauch macht, hat sie das gebot der neutralität staatlicher organe zu beachten. dies gilt ebenso für ein einzelnes mitglied der landesregierung, soweit dieses in wahrnehmung seines ministeramtes handelt, 61vgl. bundesverfassungsgericht, urteil vom 9. juni 2020 – 2 bve 1/19 -, rz. 43, betreffend die äußerung des bundesinnenministers, die afd sei staatszersetzend, zitiert nach juris. 62eine verletzung der verfassungsrechtlich garantierten chancengleichheit der parteien im politischen wettbewerb kann dadurch erfolgen, dass ein minister in ausübung seines amtes negative werturteile über die ziele und betätigungen einer partei äußert, 63vgl. bundesverfassungsgericht, urteile vom 16. dezember 2014 – 2 bve 2/14 -, vom 27. februar 2018 – 2 bve 1/16 – und vom 9. juni 2020 – 2 bve 1/19 -, rz. 53, zitiert nach juris. 64allerdings ist nicht jedes staatliche informationshandeln und nicht jede teilhabe des staates am prozess öffentlicher meinungsbildung als grundrechtseingriff zu bewerten. maßgebend ist, ob der schutzbereich eines grundrechts berührt wird und ob die beeinträchtigung einen eingriff oder eine eingriffsgleiche maßnahme darstellt, 65vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 24. mai 2005 – 1 bvr 1072/01 -, zitiert nach juris. 66inwieweit die mündliche bezeichnung einer partei als „prüffall“ des verfassungsschutzes in anwesenheit von pressevertretern relevanz für das parteiengrundrecht hat, ist aus der rechtsprechung zur erwähnung einer partei im verfassungsschutzbericht herzuleiten. bei der erwähnung im verfassungsschutzbericht handelt es sich ebenso um ein staatliches informationshandeln im zusammenhang mit verfassungsfeindlichen tendenzen wie bei der bezeichnung einer partei als „prüffall“ des verfassungsschutzes. 67für die erwähnung einer partei in einem verfassungsschutzbericht ist anerkannt, dass sie über die bloße teilhabe staatlicher funktionsträger an öffentlichen auseinandersetzungen oder an der schaffung einer hinreichenden informationsgrundlage für eine eigenständige entscheidungsbildung der bürger hinausgeht und eine mittelbar belastende negative sanktion mit eingriffscharakter darstellt. sie erfordert demgemäß eine gesetzliche grundlage, welche die voraussetzungen eines solchen eingriffs regelt und dafür sorge trägt, dass das interesse der partei, an der politischen willensbildung ungehindert teilzunehmen, und das interesse der öffentlichkeit an einer frühzeitigen aufklärung über verfassungsfeindliche tendenzen zu einem verfassungskonformen ausgleich gebracht werden, 68vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 24. mai 2005 – 1 bvr 1072/01 -; bundesverwaltungsgericht, urteile vom 21. mai 2008 – 6 c 13/07 - und vom 26. juni 2013 – 6 c 4/12 -, rz. 26; zitiert nach juris. 69der vorbehalt des gesetzes gilt aber nicht nur für veröffentlichungen in einem verfassungsschutzbericht, sondern auch für sonstige öffentliche mitteilungen der verfassungsschutzbehörden, die in subjektives verfassungsrecht eingreifen, 70vgl. bayerischer verwaltungsgerichtshof, urteil vom 22. oktober 2015 – 10 b 15.1609 -; verwaltungsgericht köln, beschluss vom 26. februar 2019 – 13 l 202/19 -; zitiert nach juris; brandt in: handbuch des rechts der nachrichtendienste, 2017, seite 1754. 71führt das staatliche informationshandeln zu beeinträchtigungen, die einen grundrechtseingriff darstellen oder ihm gleichkommen, bedürfen sie der rechtfertigung durch eine gesetzliche ermächtigung, 72vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 24. mai 2005 – 1 bvr 1072/01 -; bundesverwaltungsgericht, urteil vom 21. mai 2008 – 6 c 13/07 -; zitiert nach juris; brandt in: handbuch des rechts der nachrichtendienste, 2017, seiten 1721, 1753. 73die konsequenzen der hier getätigten äußerung des für den verfassungsschutz zuständigen landesinnenministers für die chancengleichheit der klägerin als partei im politischen meinungskampf sind mit den konsequenzen einer erwähnung im verfassungsschutzbericht vergleichbar. die ansehensschädigende wirkung der bezeichnung der klägerin als „prüffall“ des verfassungsschutzes verleiht den worten des ministers die qualität eines eingriffes in das parteiengrundrecht. gleiches gilt für die äußerung des leiters des verfassungsschutzes. 74auch wenn die kritische auseinandersetzung mit der klägerin im vorliegenden fall nicht in einem verfassungsschutzbericht, sondern gegenüber pressevertretern erfolgt ist, gilt für die streitbefangenen äußerungen des innenministers bzw. des leiters des verfassungsschutzes nrw bezogen auf die betätigungsfreiheit der klägerin als politische partei, dass sie deutlich beeinträchtigt wird. durch die jeweils erfolgte öffentliche bezeichnung der klägerin als „prüffall“ des verfassungsschutzes wird der eindruck erweckt, es gebe anhaltspunkte für verfassungsfeindliche bestrebungen der klägerin. dieser eindruck in der öffentlichkeit kann die mitwirkung der klägerin an der politischen willensbildung des volkes und ihre chancengleichheit im wettbewerb der parteien negativ beeinflussen. die äußerung vom 15. januar 2019 war geeignet, das ansehen der klägerin in der öffentlichkeit herabzusetzen und damit ihre wahlchancen - etwa bei der europawahl am 26. mai 2019 - zu beeinträchtigen. wie die von der klägerin vorgelegten abdrucke aus presseberichten zeigen, hat die äußerung des innenministers vom 15. januar 2019 auch ein breites echo in den medien gefunden. 75die für die annahme eines grundrechtseingriffes erforderliche wirkmächtigkeit kann der äußerung des innenministers nicht abgesprochen werden. der durchschnittliche leser wird aus der streitigen äußerung die schlussfolgerung ziehen, dass die klägerin vom verfassungsschutz als „prüffall“ behandelt wird, weil es in ihr rechtsradikale tendenzen gibt, die mit der freiheitlichen demokratischen grundordnung nicht vereinbar sind. die ansehensschädigende wirkung der äußerung wird dadurch verstärkt, dass der innenminister seine einschätzung der klägerin in der begegnung mit der presse nur sehr allgemein begründet hat, ohne dabei auf die tatsächlichen anhaltspunkte einzugehen, die zu der einstufung als „prüffall“ geführt haben. anders als in einem verfassungsschutzbericht, in welchem die einstufung einer partei als verfassungsfeindlich mit ermittlungsergebnissen des verfassungsschutzes begründet wird, fehlt es der äußerung des innenministers an näheren angaben dazu, aus welchen gründen die klägerin als „prüffall“ behandelt wird. der informationsgehalt der äußerung besteht eher darin, der öffentlichkeit zu versichern, dass der verfassungsschutz seinen aufgaben nachkommt, als darin, die öffentlichkeit darüber aufzuklären, welchen möglicherweise verfassungsfeindlichen tendenzen bei der klägerin nachgegangen wird. dies erschwert es dem adressaten der äußerung, die verlautbarung in ihrem aussagegehalt zutreffend zu würdigen. es besteht die befürchtung, dass die aussage allgemein dahin verstanden wird, die klägerin werde geprüft, weil sie - in teilen - eine nähe zu rechtsextremem gedankengut aufweise und deshalb verfassungsfeindlich sei. 76zu erwarten ist, dass die öffentlichkeit, die überwiegend juristisch nicht vorgebildet ist, die gebotene differenzierung zwischen „prüffall“ und „verdachtsfall“ nicht nachvollziehen kann und nicht versteht, dass mit diesen begrifflichkeiten unterschiedlich schwerwiegende indizien für das verfassungsfeindliche agieren einer partei zum ausdruck gebracht werden sollen. die kammer ist deshalb nicht davon überzeugt, dass die bezeichnung der klägerin als „prüffall“ entlastende wirkung für diese hat, weil sie damit immerhin nicht als „verdachtsfall“ bezeichnet wird, wie der beklagte meint. dafür hätte es einer entsprechenden differenzierung durch den landesinnenminister im rahmen seiner äußerungen vor medienvertretern bedurft, an der es gerade fehlt. 77durch die bezeichnung als „prüffall“ könnten nicht nur potentielle wähler davon abgehalten werden, die klägerin zu wählen oder sich für ihre politischen inhalte zu interessieren. es besteht auch die gefahr, dass sich mitglieder der partei von dieser abwenden, insbesondere wenn sie in einem öffentlich-rechtlichen dienstverhältnis stehen und dienstrechtliche konsequenzen fürchten. der bundesinnenminister hat die einstufung der afd als „prüffall“ des bundesverfassungsschutzes zum anlass genommen, die frage der vereinbarkeit von parteimitgliedschaft und beamtenstatus vertieft prüfen zu lassen, 78vgl. interner vermerk des bundesministeriums des innern vom […], 79ob der innenminister des landes nrw in vergleichbarer weise prozediert, ist der kammer nicht bekannt. die besorgnis von beamten, richtern und staatsanwälten, dass eine mitgliedschaft bei der klägerin mit der dienstpflicht zur politischen mäßigung unvereinbar sein könnte, ist aber nahe liegend. da die mitglieder einer partei nicht unmaßgeblich zu ihrer finanzierung beitragen, muss die klägerin befürchten, durch ihre öffentliche bezeichnung als prüffall des verfassungsschutzes finanzielle einbußen zu erleiden. dieser umstand könnte ihre politischen betätigungsmöglichkeiten schmälern. 80die klägerin ist deshalb durch die mündlichen äußerungen des innenministers und des leiters des verfassungsschutzes nrw in ihrem parteiengrundrecht aus art. 21 gg ebenso betroffen, wie dies für schriftliche äußerungen des verfassungsschutzes anerkannt ist, 81vgl. verwaltungsgericht köln, beschluss vom 26. februar 2019 – 13 l 202/19 -, betreffend die bezeichnung der klägerin als prüffall durch den präsident des bundesamtes für verfassungsschutz; zitiert nach juris; gärditz, anmerkung zum vorgenannten urteil unter www.beck-online.de; bayerischer verwaltungsgerichtshof, urteil vom 22. oktober 2015 – 10 b 15.1609 -, erwähnung einer partei als verfassungsfeindlich in der rede des bayerischen staatsministers anlässlich der vorstellung des verfassungsschutzberichtes. 82die drohenden folgen der äußerungen sind nicht anders zu bewerten. dies gilt unabhängig davon, ob der vorwurf verfassungsfeindlicher tendenzen, der mit den äußerungen einhergeht, in der sache zutreffend ist. 83die grundrechtsbetroffenheit der klägerin löst einen gesetzesvorbehalt aus. 84ii. 85an einer tragfähigen gesetzlichen ermächtigungsgrundlage für den erfolgten eingriff fehlt es aber. 861. 87insbesondere liegen die voraussetzungen für eine veröffentlichung gemäß § 5 abs. 7 i.v.m. § 3 abs. 3 s. 1 und abs. 1 vsg nrw nicht vor. 88wie § 5 abs. 7 vsg nrw bestimmt, darf die verfassungsschutzbehörde informationen, insbesondere verfassungsschutzberichte, veröffentlichen. aus der vorschrift folgt zunächst, dass die verfassungsschutzbehörde bei der veröffentlichung von informationen nicht auf ihre verfassungsschutzberichte beschränkt ist. informationen können auch in sonstiger schriftlicher form oder mündlich veröffentlicht werden. die konkrete reichweite der befugnisnorm des § 5 abs. 7 s. 1 vsg nrw wird bestimmt von der aufgabenbeschreibung des verfassungsschutzes in § 3 abs. 3 s. 1 vsg nrw. 89nach dieser bestimmung klärt die verfassungsschutzbehörde die öffentlichkeit über bestrebungen und tätigkeiten nach abs. 1 auf. § 3 abs. 1 vsg nrw nennt als aufgabe der verfassungsschutzbehörde die sammlung und auswertung von informationen über bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische grundordnung gerichtet sind (nr. 1), soweit tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht solcher bestrebungen und tätigkeiten vorliegen. daraus ist zu schlussfolgern, dass die öffentlichkeit über sog. „verdachtsfälle“ grundsätzlich unterrichtet werden darf. untermauert wird dies durch die formulierung in § 1 abs. 1 satz 3 vsg nrw, wonach der verfassungsschutz über die von bestrebungen und tätigkeiten im sinne des § 3 abs. 1 für die freiheitliche demokratische grundordnung ausgehenden gefahren informiert. 90sogenannte „prüffälle“, die den „verdachtsfällen“ vorausgehen und sich von diesen durch einen geringeren grad an indizien unterscheiden, die für das vorliegen verfassungsfeindlicher bestrebungen sprechen, werden im gesetz nicht ausdrücklich erwähnt. die rechtsprechung hat für die veröffentlichung von „verdachtsfällen“ allerdings maßstäbe entwickelt, aus denen zu schließen ist, dass eine veröffentlichung von „prüffällen“ von der vorschrift des § 3 abs. 3 satz 1 i.v.m. mit abs. 1 vsg nrw nicht gedeckt ist. 91dem wortlaut der norm zufolge setzt eine veröffentlichung eines „verdachtsfalles“ allein voraus, dass tatsächliche anhaltspunkte für den verdacht solcher bestrebungen vorliegen. im hinblick auf die besondere bedeutung des parteiengrundrechts aus art. 21 abs. 1 gg wird eine verlautbarung des verfassungsschutzes, eine partei werde als „verdachtsfall“ eingestuft, von der höchst- und obergerichtlichen rechtsprechung allerdings nur für zulässig gehalten, wenn die tatsächlichen anhaltspunkte, die für den verdacht sprechen, hinreichend gewichtig sind. sonst ist der mit der veröffentlichung einhergehende grundrechtseingriff nicht zulässig, 92vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 24. mai 2005 – 1 bvr 1072/01 -; bundesverwaltungsgericht, beschluss vom 21. januar 2019 – 6 b 152/18 -; oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, urteil vom 7. august 2018 – 5 a 1698/15 -; zitiert nach juris, jeweils zum vsg nrw. 93rechtfertigen die vorhandenen tatsächlichen anhaltspunkte dagegen nur den schluss, dass möglicherweise ein verdacht auf verfassungsfeindliche bestrebungen begründet ist, reichen sie als grundlage einer grundrechtsbeeinträchtigung durch veröffentlichung des möglichen verdachtes nicht aus, 94vgl. bundesverfassungsgericht, beschluss vom 24. mai 2005 – 1 bvr 1072/01 -, rz. 68, zitiert nach juris. 95daraus ist ohne weiteres zu schließen, dass die bloße einstufung einer partei als „prüffall“ durch den verfassungsschutz nicht veröffentlicht werden darf. 96das verfassungsschutzgesetz nrw enthält weder den begriff des „prüffalles“ noch eine umschreibung, was unter einem „prüffall“ zu verstehen bzw. wann ein solcher gegeben ist. er ergibt sich aus der verpflichtung der verfassungsschutzbehörde, die voraussetzungen für ihre aufgabenerfüllung, insbesondere den einsatz nachrichtendienstlicher mittel (§§ 1 satz 2, 5 abs. 3 vsg nrw), überhaupt erst feststellen zu können. der „prüffall“ ist somit erst die vorstufe eines „verdachtsfalles“ und dient der klärung der frage, ob sich aus öffentlich zugänglichem material ausreichende tatsächliche anhaltspunkte für verfassungsfeindliche bestrebungen ergeben, 97vgl. verwaltungsgericht köln, beschluss vom 26. februar 2019 – 13 l 202/19 -, zitiert nach juris. 98ist diese frage zu bejahen, liegt ein „verdachtsfall“ vor, der es erlaubt, die betreffende organisation zukünftig mit nachrichtendienstlichen mitteln zu beobachten (§ 5 abs. 3 vsg nrw). selbst wenn eine organisation unter diesen voraussetzungen als „verdachtsfall“ gilt, darf eine information darüber (i.s.d. § 5 abs. 7 vsg nrw) nur erfolgen, wenn die tatsächlichen anhaltspunkte dafür hinreichend gewichtig sind. im umkehrschluss bedeutet dies, dass ein „prüffall“ nicht veröffentlicht werden darf, weil sich in diesem stadium des verfahrens die tatsächlichen anhaltspunkte, die für verfassungsfeindliche bestrebungen sprechen, noch nicht ausreichend verdichtet haben, 99vgl. verwaltungsgericht köln, beschluss vom 26. februar 2019 – 13 l 202/19 -, zitiert nach juris. 100einem „prüffall“ fehlt es schlicht an hinreichend gewichtigen tatsächlichen anhaltspunkten im sinne der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichtes. der bundesgesetzgeber hat diese rechtsprechung zum anlass genommen, § 16 abs. 2 des gesetzes über die zusammenarbeit des bundes und der länder in angelegenheiten des verfassungsschutzes und über das bundesamt für verfassungsschutz (bverfschg) dahin gehend zu ändern, dass das bundesministerium des innern die öffentlichkeit über verfassungsfeindliche bestrebungen und tätigkeiten nur informieren darf, soweit hinreichend gewichtige anhaltspunkte dafür vorliegen (gesetz vom 17. november 2015, bgbl i 1938). begründet wurde die gesetzesänderung damit, eine berichterstattung über „verdachtsfälle“ sei nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichtes anderenfalls nicht zulässig, 101vgl. gesetzentwurf der bundesregierung, drucksache 18/4654 vom 20. april 2015, seite 32. 102die neufassung des verfassungsschutzgesetzes nrw durch das gesetz zur neuausrichtung des verfassungsschutzes in nordrhein-westfalen vom 21. juni 2013 (gv nrw seite 367) führte zwar dazu, dass die befugnisse des verfassungsschutzes zur öffentlichkeitsarbeit, die zuvor in § 15 vsg nrw a.f. geregelt waren, in die neu gefassten vorschriften der §§ 5 abs. 7, 3 abs. 3 vsg nrw verlagert wurden. eine auch inhaltliche neugestaltung der kompetenzen war damit aber nicht verbunden. sie war auch nicht beabsichtigt, 103vgl. gesetzentwurf der landesregierung, drucksache 16/2148, seite 54, 57. 104eine beschränkung der öffentlichen berichterstattung auf solche fälle, in denen die tatsächlichen anhaltspunkte für verfassungsfeindliche aktivitäten hinreichend gewichtig sind, ist anders als im bundesrecht durch die landesgesetzgebung nicht erfolgt. eine solche beschränkung ist aber in verfassungskonformer auslegung, nämlich zum schutz des grundrechts einer betroffenen partei aus art. 21 abs. 1 gg, in die vorschrift des § 3 abs. 3 und 1 vsg nrw hinein zu lesen. 105die auffassung des beklagten, es müsse zwischen der informationssammlungsseite und der berichterstattungsseite unterschieden werden, ist grundsätzlich zutreffend. allerdings sind die voraussetzungen für ein tätigwerden des verfassungsschutzes auf der berichterstattungsseite höher als auf der informationssammlungsseite und nicht umgekehrt, 106vgl. brandt in: handbuch des rechts der nachrichtendienste, 2017, seite 1735. 107dies gebietet der grundgesetzliche schutz der von einer veröffentlichung betroffenen partei. die befugnis des verfassungsschutzes, eine partei in der sache als „prüffall“ zu bearbeiten, bedeutet eben nicht, dass der „prüffall“ auch veröffentlicht werden darf. die konsequenzen der sammlung von allgemein zugänglichen informationen über eine partei ohne den einsatz nachrichtendienstlicher mittel durch den verfassungsschutz sind weniger gravierend, als die veröffentlichung des umstandes, dass der verfassungsschutz prüft, ob ein „verdachtsfall“ vorliegt. deshalb sind an die befugnis zur veröffentlichung eines „prüffalles“ höhere anforderungen zu stellen, als an die befugnis zur prüfung selbst. das gewicht des eingriffs in die freie betätigung einer partei ist ein anderes, je nachdem, ob über sie (nur) behördenintern informationen gesammelt werden sollen oder ob bereits vor dem ergebnis dieser arbeit die öffentlichkeit über eventuelle gefährdungen der freiheitlichen demokratischen grundordnung unterrichtet werden soll, die von der partei ausgehen, 108vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 21. juli 2010 – 6 c 22/09 -, rz. 31; zitiert nach juris. 109die klägerin verhält sich aus diesem grund auch nicht widersprüchlich, wenn sie zwar die öffentliche äußerung, sie werde als „prüffall“ behandelt, gerichtlich angreift, nicht aber den umstand, dass sie überhaupt von dem beklagten als „prüffall“ behandelt wird. 110zwar ist die rechtsprechung zur verdachtsfallberichterstattung, auf welche sich die gefundene auslegung der befugnisse des beklagten stützt, zu veröffentlichungen in einem verfassungsschutzbericht ergangen. sie ist aber auf eine entsprechende mündliche äußerung des innenministers als des für den verfassungsschutz zuständigen mitglieds der landesregierung bzw. eine äußerung des leiters des verfassungsschutzes gegenüber pressevertretern übertragbar, weil sich die daraus folgende grundrechtsbeeinträchtigung von einer veröffentlichung im verfassungsschutzbericht nicht wesentlich unterscheidet (s.o.), 111vgl. bayerischer verwaltungsgerichtshof, urteil vom 22. oktober 2015 – 10 b 15.1609 -; verwaltungsgericht köln, beschluss vom 26. februar 2019 – 13 l 202/19 -; zitiert nach juris. 112die gefundene auslegung widerspricht auch nicht dem schutzzweck des § 3 abs. 3 vsg nrw. der beklagte weist insoweit darauf hin, der verfassungsschutz diene in einer wehrhaften demokratie als „frühwarnsystem“ hinsichtlich gefährdungen der freiheitlichen demokratischen grundordnung. die öffentlichkeit müsse frühzeitig über verfassungsfeindliche bestrebungen informiert werden, um sich damit auseinandersetzen zu können. dies ist zutreffend, jedoch nur in den gesetzlich umschriebenen grenzen zulässig. das verfassungsschutzgesetz nrw erlaubt in §§ 1 satz 3, 3 abs. 3, 5 abs. 7 eben erst eine berichterstattung über „verdachtsfälle“. auch in den „verdachtsfällen“ steht nicht endgültig fest, ob eine organisation verfassungsfeindlich ist oder nicht. vielmehr dient insbesondere der einsatz nachrichtendienstlicher erkenntnismittel erst der beantwortung dieser frage. gleichwohl ist auch in den „verdachtsfällen“ eine berichterstattung erst zulässig, wenn hinreichend gewichtige tatsächliche anhaltspunkte das vorliegen verfassungsfeindlicher bestrebungen belegen können. eine vorverlegung der informationspflicht, bzw. des rechts, die öffentlichkeit zu informieren, in den bereich der prüfung, ob überhaupt die voraussetzungen eines „verdachtsfalles“ vorliegen, ist nicht zulässig, weil die grundrechtspositionen des beobachtungsobjektes dem entgegen stehen. sie ist auch nicht notwendig, weil im stadium der prüfung noch keine ausreichend verdichtete gefahrenlage für die freiheitliche demokratische grundordnung besteht. 113im übrigen sind diskussionen über verfassungsfeindliche bestrebungen in teilen der afd, bzw. über eine daraus folgende notwendige beobachtung durch den verfassungsschutz in der öffentlichkeit auch schon intensiv geführt worden, bevor die fraglichen äußerungen gefallen sind. es bedurfte der angegriffenen äußerungen nicht, um eine angemessene politische auseinandersetzung der öffentlichkeit mit dem politischen wirken des landesverbandes der afd zu ermöglichen oder zu fördern. 114die information der öffentlichkeit durch den innenminister und den leiter des verfassungsschutzes wäre mithin nur dann zulässig gewesen, wenn hinreichend gewichtige tatsächliche anhaltspunkte für verfassungsfeindliche bestrebungen und tätigkeiten der klägerin zum zeitpunkt der fraglichen äußerungen vorgelegen hätten. 115das war jedoch nicht der fall. anderenfalls hätte die klägerin nicht als „prüffall“, sondern als „verdachtsfall“ bezeichnet werden müssen. 116wie die interne leitungsvorlage des verfassungsschutzes des beklagten vom 2018, […], ergibt, fanden sich im landesverband der afd nrw seinerzeit aber noch keine ausreichenden tatsächlichen anhaltspunkte, die eine beobachtung durch den verfassungsschutz mit geheimdienstlichen mitteln hätten begründen können. die klägerin wurde in dem bericht als „prüffall“, nicht aber als „verdachtsfall“ eingestuft. dies schließt das vorliegen hinreichend gewichtiger tatsächlicher anhaltspunkte für verfassungsfeindliche bestrebungen zu jenem zeitpunkt aus. 117soweit der beklagte im gerichtlichen verfahren den standpunkt vertreten hat, auch schon zum zeitpunkt der streitigen äußerungen vom 15. januar 2019 und 3. juli 2019 hätten hinreichend gewichtige anhaltspunkte für verfassungsfeindliche bestrebungen der klägerin vorgelegen, widerspricht dies dem ergebnis der leitungsvorlage vom 2018. auf die im gerichtlichen verfahren zum nachweis verfassungsfeindlicher tätigkeiten der klägerin vorgelegten dokumente kommt es damit nicht an. 1182. 119taugliche ermächtigungsgrundlage für die gegenüber medienvertretern getätigten äußerungen vom 15. januar 2019 und 3. juli 2019 ist auch nicht § 4 abs. 1 presseg nrw. 120nach dieser vorschrift sind die behörden verpflichtet, den vertretern der presse die der erfüllung ihrer öffentlichen aufgabe dienenden auskünfte zu erteilen. die behördliche auskunftspflicht gegenüber pressevertretern gilt jedoch nicht schrankenlos. vielmehr besteht ein anspruch auf auskunft gemäß § 4 abs. 2 nr. 3 presseg nrw nicht, wenn ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates interesse verletzt würde. diese grundsätze sind von staatlichen behörden bei der abgabe von erklärungen gegenüber den medien in vergleichbarer weise zu beachten. es bedarf stets einer abwägung zwischen dem informationsrecht der presse und entgegenstehenden geheimhaltungsinteressen, 121vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, beschluss vom 17. oktober 2017 – 4 b 786/17 -, zitiert nach juris. 122ein presserechtlicher anspruch gegenüber dem innenminister bzw. dem leiter des verfassungsschutzes auf auskunft, ob die klägerin vom verfassungsschutz als „prüffall“ behandelt wird, besteht nicht. ebenso wenig waren der innenminister und der leiter des verfassungsschutzes zu einer solchen information berechtigt. der offenbarung dieser tatsache steht ein überwiegendes schutzwürdiges privates interesse der klägerin entgegen, nämlich deren grundrecht auf chancengleichheit im politischen wettbewerb, art. 21 abs. 1 gg. 123wie das interesse der klägerin an einer geheimhaltung der prüftätigkeit des verfassungsschutzes gegenüber dem interesse der öffentlichkeit an einer offenbarung dieses umstandes zu gewichten ist, ist den vorschriften des verfassungsschutzgesetzes nordrhein-westfalen zu entnehmen. § 5 abs. 7 i.v.m. § 3 abs. 3 vsg nrw regeln abschließend, unter welchen voraussetzungen der verfassungsschutz die ergebnisse seiner tätigkeit veröffentlichen darf. die auslegung dieser befugnisnorm hat unter beachtung der besonderen verfassungsmäßigen rechte der klägerin zu erfolgen. sie berücksichtigt ebenfalls das diesem interesse entgegenstehende öffentliche informationsinteresse, dessen befriedigung die auskunftsansprüche der presse dienen. ergibt die rechtsanwendung unter diesen voraussetzungen, dass die klägerin vom verfassungsschutz in der öffentlichkeit nicht als „prüffall“ bezeichnet werden darf, so folgt daraus zugleich, dass einem diesbezüglichen auskunftsanspruch der presse die übergeordneten interessen der klägerin an einer geheimhaltung dieser information entgegenstehen. 124der anspruch der presse, von dem verfassungsschutz informationen gemäß § 4 abs. 1 presseg nrw zu erhalten, reicht nicht weiter als das recht des verfassungsschutzes, entsprechende informationen nach § 5 abs. 7 i.v.m. § 3 abs. 3 vsg nrw preiszugeben. dies gilt auch unter berücksichtigung der besonderen bedeutung der pressefreiheit für den freien zugang der öffentlichkeit zu informationen. 1253. 126für einen rückgriff auf einen presserechtlichen auskunftsanspruch gegenüber dem verfassungsschutz, der unmittelbar aus der grundrechtlichen gewährleistung der pressefreiheit durch art. 5 abs. 1 s. 2 gg herzuleiten ist und der eine weitere ermächtigungsgrundlage bedeuten könnte, verbleibt kein raum, weil mit § 4 presseg nrw eine einfachgesetzliche regelung der auskunftsansprüche der presse vorhanden ist, 127vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 20. februar 2013 – 6 a 2/12 -; verwaltungsgericht köln, urteil vom 11. juli 2019 – 6 k 5480/18 -; zitiert nach juris. 128weitergehende ansprüche vermittelt art. 5 abs. 1 satz 2 gg im übrigen nicht, 129vgl. bundesverwaltungsgericht, urteil vom 20. februar 2013 – 6 a 2/12 -, zitiert nach juris. 1304. 131die streitigen äußerungen können schließlich auch nicht auf das allgemeine recht zu staatlichem informationshandeln gestützt werden. 132in der rechtsprechung ist anerkannt, dass die der landesregierung obliegende aufgabe der staatsleitung als integralen bestandteil die befugnis zur informations- und öffentlichkeitsarbeit einschließt, und zwar unabhängig von einer gesonderten gesetzlichen ermächtigung. sie umfasst die darlegung und erläuterung der regierungspolitik hinsichtlich getroffener maßnahmen und künftiger vorhaben angesichts bestehender oder sich abzeichnender probleme sowie die sachgerechte, objektiv gehaltene information über die bürgerinnen und bürger unmittelbar betreffenden fragen und wichtige vorgänge auch außerhalb oder weit im vorfeld der eigenen gestaltenden politischen tätigkeit. dabei kann die landesregierung auch empfehlungen und warnungen aussprechen, 133vgl. zu der entsprechenden befugnis der bundesregierung: bundesverfassungsgericht, beschluss vom 26. juni 2002 – 1 bvr 558/91, 1 bvr 1428/91 -, urteile vom 10. juni 2014 – 2 bve 4/13 -, vom 16. dezember 2014 – 2 bve 2/14 - und vom 27. februar 2018 – 2 bve 1/16 -; zitiert nach juris. 134ob sich die streitbefangene äußerung des innenministers vom 15. januar 2019 auf die befugnis zur informations- und öffentlichkeitsarbeit stützen kann, obwohl die befugnis, die öffentlichkeit über die erkenntnisse des verfassungsschutzes zu unterrichten, in § 5 abs. 7 i.v.m. § 3 abs. 3 vsg nrw spezialgesetzlich geregelt ist, ist zweifelhaft. einem rückgriff auf die allgemeine informationsbefugnis steht entgegen, dass die besonderen gesetzlichen vorschriften über die unterrichtung der öffentlichkeit durch den verfassungsschutz unterlaufen würden, 135vgl. bayerischer verwaltungsgerichtshof, urteil vom 22. oktober 2015 – 10 b 15.1609 -, zitiert nach juris, rn. 23. 136es wäre außerdem widersprüchlich, eine außergesetzliche informationsbefugnis der landesregierung in fällen anzunehmen, in denen eine mittelbare grundrechtsbetroffenheit vorliegt, die zur annahme eines gesetzesvorbehaltes führt, 137vgl. brandt in: handbuch des rechts der nachrichtendienste, 2017, seiten 1753, 1754. 138eine rechtfertigung der fraglichen äußerungen durch die staatliche befugnis zur information der öffentlichkeit scheitert überdies daran, dass die landesregierung insoweit an das neutralitätsgebot gebunden ist. dieses gebot hat sie jedoch verletzt. 139es ist der landesregierung – wie auch der bundesregierung -, auch wenn sie von ihrer befugnis zur informations- und öffentlichkeitsarbeit gebrauch macht, von verfassungs wegen versagt, sich mit einzelnen parteien zu identifizieren und die ihr zur verfügung stehenden staatlichen mittel und möglichkeiten zu deren gunsten oder lasten einzusetzen. demgemäß endet die zulässigkeit der öffentlichkeitsarbeit dort, wo werbung für einzelne im politischen wettbewerb stehende parteien beginnt, 140vgl. bundesverfassungsgericht, urteile vom 16. dezember 2014 – 2 bve 2/14 – und vom 9. juni 2020 – 2 bve 1/ 19 -, zitiert nach juris. 141der grundsatz der chancengleichheit aus art. 21 abs. 1 s. 1 gg lässt es nicht zu, dass die landesregierung die möglichkeiten der öffentlichkeitsarbeit dazu nutzt, um regierungsparteien zu unterstützen oder oppositionsparteien zu bekämpfen. dies steht der abwertenden beurteilung einzelner politischer parteien durch staatliche organe grundsätzlich entgegen, 142vgl. bundesverfassungsgericht, urteile vom 27. februar 2018 – 2 bve 1/16 –, rz. 53, 54, und vom 9. juni 2020 – 2 bve 1/19 -; bundesverwaltungsgericht, urteil vom 13. september 2017 – 10 c 6/16 -, rz. 24; niedersächsischer staatsgerichtshof, urteil vom 24. november 2020 – 6/19 -; zitiert nach juris. 143für die äußerungsbefugnisse eines einzelnen mitglieds der landesregierung gilt nichts anderes als für die landesregierung als ganzes. handelt das regierungsmitglied in wahrnehmung seines ministeramtes, hat es gemäß art. 20 abs. 3 gg in gleicher weise wie die landesregierung den verfassungsrechtlich garantierten grundsatz der chancengleichheit der parteien zu beachten. es ist ihm im rahmen seiner regierungstätigkeit von verfassung wegen untersagt, einseitig im politischen wettbewerb stehende parteien zu bekämpfen oder zu unterstützen, 144vgl. bundesverfassungsgericht, urteile vom 27. februar 2018 – 2 bve 1/16 -, rz. 61, und vom 9. juni 2020 – 2 bve 1/19 -, zitiert nach juris. 145demgemäß verstößt die parteiergreifende äußerung eines ministers im politischen meinungskampf gegen den grundsatz der chancengleichheit der parteien und verletzt die integrität des freien und offenen prozesses der willensbildung vom volk zu den staatsorganen, wenn sie entweder unter einsatz der mit dem ministeramt verbundenen ressourcen oder unter erkennbarer bezugnahme auf das regierungsamt erfolgt, um ihr damit eine aus der autorität des amtes fließende besondere glaubwürdigkeit oder gewichtung zu verleihen, 146vgl. bundesverfassungsgericht, urteile vom 16. dezember 2014 – 2 bve 2/14 –, vom 27. februar 2018 – 2 bve 1/16 – und vom 9. juni 2020 – 2 bve 1/19 -, zitiert nach juris; zur neutralitätspflicht eines oberbürgermeisters vgl. verwaltungsgericht düsseldorf, beschluss vom 9. januar 2015 – 1 l 54/15 -, zitiert nach juris. 147die abwertende qualifizierung der afd als eine partei, in der es verfassungsfeindliche tendenzen gibt, ist geeignet, deren position im politischen meinungskampf zu beeinträchtigen. eine solche abwertung durch ministerielle äußerungen ist unzulässig, weil sie einseitig zulasten der afd auf den politischen wettbewerb einwirkt, 148vgl. bundesverfassungsgericht, urteil vom 27. februar 2018 – 2 bve 1/16 -, zitiert nach juris, rn. 71, zu äußerungen der damaligen bundesministerin wanka. 149nach maßgabe dessen ist die äußerung des innenministers des beklagten landes vom 15. januar 2019 unzulässig. sie erweckt bei dem unbefangenen beobachter den eindruck, dass die klägerin vom verfassungsschutz als „prüffall“ behandelt wird, weil es in ihr verfassungsfeindliche bestrebungen gibt. die einstufung der klägerin als „prüffall“ war geeignet, potentielle wähler davon abzuhalten, sie bei der europawahl im mai 2019 zu wählen. die äußerung hatte in der öffentlichkeit besonderes gewicht, weil herr reul dabei seine autorität als minister in anspruch genommen hat. die anschließende verbreitung der äußerung in diversen presseorganen belegt dies. 150für die äußerung des leiters des verfassungsschutzes gegenüber pressevertretern vom 3. juli 2019 gilt nichts anderes. mit ihr bestätigte der zuständige abteilungsleiter im ministerium des innern die fortgeltende einstufung der klägerin als „prüffall“, wie sie zuvor von dem innenminister selbst öffentlich gemacht worden war. die damit einhergehende rechtsverletzung der klägerin wurde durch die nachfolgende äußerung des leiters des verfassungsschutzes perpetuiert und war damit ebenso unzulässig, auch wenn der europawahlkampf zu diesem zeitpunkt bereits beendet war. das staatliche neutralitätsgebot gilt nicht nur während des wahlkampfes, sondern auch außerhalb von wahlkampfzeiten. denn der prozess der politischen willensbildung ist nicht auf den wahlkampf beschränkt, sondern findet fortlaufend statt. art. 21 abs. 1 satz 1 gg schützt das recht der parteien auf chancengleichheit im politischen wettstreit in seiner gesamtheit, nicht nur während des wahlganges und der wahlvorbereitung, 151vgl. bundesverfassungsgericht, urteil vom 9. juni 2020 – 2 bve 1/19 -, rz. 48, zitiert nach juris. 152da weitere mögliche rechtsgrundlagen für die streitbefangenen äußerungen nicht erkennbar sind, waren die begehrten feststellungen der rechtswidrigkeit auszusprechen. 153die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 154wegen der grundsätzlichen bedeutung der sache war gemäß § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo die berufung gegen das urteil zuzulassen. 155rechtsmittelbelehrung: 156gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 157die berufung kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingelegt werden. 158die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 159die begründungsfrist kann auf einen vor ihrem ablauf gestellten antrag von dem vorsitzenden des senats verlängert werden. die begründung muss einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe). 160im berufungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 161die berufungsschrift und die berufungsbegründungsschrift sollen möglichst vierfach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. | Klaeger*in | 1 |
116,334 | 15 K 400/15 | 2016-11-09T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom °°. P. °°°° in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom °°. K. °°°° verpflichtet, der Klägerin für ihr Bachelorstudium Soziale Arbeit an der Universität E. -F. für den Bewilligungszeitraum 10/14 – 09/15 dem Grunde nach Ausbildungsförderung insoweit zu bewilligen, als dass die Voraussetzungen des § 7 BAföG vorliegen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die °°°° geborene Klägerin ist L. Staatsangehörige und seit Dezember 2003 mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet. 3Von 1999 bis Juni 2004 studierte die Klägerin in L1. und schloss ihr Studium mit einem Diplom in Psychologie an der P1. staatlichen Universität ab. Am 16. September 2004 reiste sie im Wege des Familiennachzugs nach Deutschland ein. 4In den Jahren 2006 und 2009 wurden ihre beiden Töchter geboren und die Klägerin widmete sich bis Dezember 2013 deren Pflege und Erziehung (Elternzeit). Seit Dezember 2012 lebt die Klägerin, zusammen mit ihren Kindern, von ihrem Ehemann getrennt in H. . Am °°. O. °°°° wurde ihr eine bis zum °°. K1. °°°° gültige Aufenthaltserlaubnis als Elternteil minderjähriger lediger Deutscher zur Ausübung der Personensorge gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ausgestellt. 5Die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen im Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (ZaB) erkannte den L2. Studienabschluss der Klägerin als einem deutschen Hochschuldiplom „entsprechend“ an. Der Abschluss führe zu einem Beruf, der in Deutschland nicht reglementiert sei, sodass es keine Anerkennungsbehörden gebe. Die Klägerin müsse sich um eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt unmittelbar bei einem Arbeitgeber bewerben, der über ihre Eignung in eigener Zuständigkeit entscheide. 6Der Prüfungsausschuss für den Studiengang „Soziale Arbeit“ an der Universität E. -F. stufte die Klägerin im März 2014 aufgrund ihrer im Ausland erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen in das vierte Fachsemester ein. Im Juli 2014 bestätigte das Akademische Auslandsamt der Universität E. -F. , dass die Klägerin die fachlichen Voraussetzungen für den Zugang zum Studium im dritten Fachsemester des Studiengangs „Soziale Arbeit“ nachgewiesen habe. Die Humanwissenschaftliche Fakultät der Universität zu L3. , Department Psychologie, beurteilte die von der Klägerin in L1. abgeleisteten Studien- und Prüfungsleistungen im August 2014 mit insgesamt 110 European Credit Transfer System (ECTS)-Punkten. Dies entspreche der Ableistung von vier Fachsemestern in dem Bachelorstudiengang Psychologie an der Universität zu L3. . 7Im Oktober 2014 nahm die Klägerin das Bachelorstudium „Soziale Arbeit“ an der Universität E. -F. im dritten Fachsemester auf und beantragte dafür am °. T. °°°° Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ab dem Wintersemester 2014/2015. 8Mit Bescheid vom °°. P. °°°° lehnte der Beklagte die Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen ab. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin habe den Grundanspruch gem. § 7 Abs. 1 BAföG durch ihr Studium in L1. mit Diplomabschluss ausgeschöpft. Eine Förderung gem. § 7 Abs. 1a BAföG komme nicht in Betracht, da es sich bei dem nunmehr angestrebten Abschluss der Klägerin nicht um einen Masterabschluss handele. Aufgrund des ausländischen Abschlusses lägen auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2-5 BAföG nicht vor. Schließlich komme auch eine Förderung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG nicht in Betracht, da die Klägerin über einen berufsqualifizierenden Abschluss verfüge, der sie zur Berufsausübung befähige. Besondere Umstände des Einzelfalles lägen nicht vor. Da sie bereits seit 2012 dauernd von ihrem Ehemann getrennt lebe, fänden die Ausführungen in den Verwaltungsvorschriften, nach denen ausländische „Ehegatten von Deutschen“ unter bestimmten Umständen gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BAföG zu fördern seien, auf sie keine Anwendung. 9Die Klägerin legte gegen den Bescheid am °°. O. °°°° Widerspruch ein. Sie begründete ihren Widerspruch damit, dass ihr Abschluss sie zur Besetzung der Stelle einer Diplom-Psychologin zwar in L1. , nicht jedoch in Deutschland befähige. Der Abschluss sei nur formal als einem deutschen Hochschuldiplom „entsprechend“ eingestuft, tatsächlich sei er jedoch nicht zu verwerten. Weder durch die Arbeitgeber noch von den Universitäten würde ihr Abschluss als einem deutschen Studienabschluss in Psychologie entsprechend anerkannt. Eine weitere Qualifizierung durch das Studium der Sozialen Arbeit sei erforderlich, um eine Stelle auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu erhalten. Diverse Bewerbungen seien gescheitert, da es ihr an einem deutschen Studienabschluss fehle. 10Zudem sei sie in Besitz eines Aufenthaltstitels gem. § 28 Abs. 1 AufenthaltsG und daher berechtigt, Leistungen nach dem BAföG in Anspruch zu nehmen. Auch die Tatsache, dass sie mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet sei, begründe einen Förderungsanspruch; zwar lebe sie von diesem getrennt, eine Scheidung sei jedoch nicht beabsichtigt. Zudem sei sie förderungsberechtigt, da sie zwei Kinder habe, die die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen und für die sie als Alleinerziehende Verantwortung trage. 11Mit Widerspruchsbescheid vom °°. K. °°°° wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er auf die bereits vorgetragenen Ablehnungsgründe und ergänzte, dass weder der Aufenthaltsstatus der Klägerin noch die Geburt oder Erziehung ihrer Kinder eine andere Entscheidung rechtfertigten. Ehegatte oder Lebenspartner im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BAföG sei nur der nicht dauernd Getrenntlebende, sofern im BAföG nichts anderes bestimmt sei. Dies aber sei lediglich in § 8 Abs. 4 BAföG der Fall. Die Klägerin hingegen gehöre nicht zu dem nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG privilegierten Personenkreis. 12Die Klägerin hat am °°. K. °°°° Klage erhoben. 13Sie ist der Ansicht, die Förderungsvoraussetzungen gemäß § 7 BAföG lägen vor. Sie habe aktuell auf dem deutschen Arbeitsmarkt keine Vermittlungschance mit dem in L1. erworbenen Diplom, solange sie nicht auch einen universitären Abschluss in Deutschland vorweisen könne. Dazu legte die Klägerin ein Schreiben des Jobcenters des L4. S. vom °°. E1. °°°° vor, ausweislich dessen sie erhebliche Bewerbungsbemühungen unternommen habe, diese jedoch primär an dem fehlenden universitären Abschluss gescheitert seien. Auch Bewerbungen um einen Studienplatz in einem Masterstudiengang an den Universitäten C. , E2. und L3. seien gescheitert, da ihr Abschluss von den deutschen Universitäten als nicht abgeschlossener Bachelorabschluss angesehen werde. 14Die Klägerin beantragt, 15den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom °°. P. °°°° in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom °°. K. °°°° zu verpflichten, ihr für ihr Bachelorstudium Soziale Arbeit an der Universität E. -F. für den Bewilligungszeitraum 10/14 – 09/15 dem Grunde nach Ausbildungsförderung insoweit zu bewilligen, als dass die Voraussetzungen des § 7 BAföG vorliegen. 16Der Beklagte beantragt, 17 die Klage abzuweisen. 18Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in dem Bescheid vom °°. P. °°°° in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom °°. K. °°°°. Er ist der Ansicht, dass die Klägerin förderungsrechtlich über einen berufsqualifizierenden Abschluss im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG verfüge. Die mangelnde Verwertbarkeit des bereits erworbenen Abschlusses sei nur für den in Teilziffer 7.2.22 der Verwaltungsvorschrift zu § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG genannten Personenkreis relevant, zu dem die Klägerin nicht zähle. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. 20Entscheidungsgründe: 21Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. 22Der Bescheid des Beklagten vom °°. P. °°°° in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom °°. K. °°°° ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG für ihr Studium „Soziale Arbeit“ für den Bewilligungszeitraum von Oktober 2014 bis Ende September 2015 gem. § 7 Abs. 1 i.V.m Abs. 3 BAföG. 23Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für zumindest drei Schul- und Studienjahre einer berufsbildenden Ausbildung im Sinne der §§ 2 und 3 bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluss geleistet. Nach Satz 2 ist berufsqualifizierend ein Ausbildungsabschluss auch dann, wenn er im Ausland erworben wurde und dort zur Berufsausübung befähigt. 24Allein dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG folgend hätte die Klägerin ihren Anspruch auf Erstausbildung bereits erschöpft. Denn sie hat bereits eine Ausbildung absolviert und einen in L1. berufsqualifizierenden Abschluss erlangt. Jedoch ist die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte teleologisch zu reduzieren. Dies folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), der sich die Kammer anschließt. 25Danach kann die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG nur solchen Auszubildenden entgegengehalten werden, die sich durch freie Wahl für eine (Erst-)Ausbildung im Ausland entschieden haben. Hingegen erschöpft ein ausländischer berufsqualifizierender Abschluss den Anspruch auf Erstausbildung gem. § 7 Abs. 1 BAföG dann nicht, wenn der Auszubildende vor Abschluss der Auslandsausbildung keine Wahlmöglichkeit hatte, die Ausbildung stattdessen in der Bundesrepublik Deutschland zu absolvieren (1.), der im Ausland erworbene Abschluss in der Bundesrepublik Deutschland nicht als zur Berufsausübung befähigender, gleichwertiger Abschluss anerkannt ist (2.) und es dem Auszubildenden nicht zumutbar ist, seine Qualifikation zu einer Berufsausübung im Ausland einzusetzen (3.). Diese Auszubildenden haben unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 BAföG einen Anspruch auf Ausbildungsförderung (4.), 26vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Oktober 1996 – 5 C 21/95 –, BVerwGE 102, 200-204 und vom 10. April 2008 – 5 C 12/07 –, sowie Beschlüsse vom 14. August 2008 – 5 B 22.08 – und vom 11. August 2011 – 5 B 16.08 –, alle Entscheidungen in juris. 271. Zu den Auszubildenden, die keine freie Wahlmöglichkeit zwischen einer Ausbildung im In- oder Ausland haben, gehören u.a. ausländische Ehegatten deutscher Staatsangehöriger, die ihren ausländischen Abschluss vor Eheschließung erworben haben. 28Danach hatte die Klägerin keine offene Wahl, diese im In- oder Ausland durchzuführen. Sie hat ihr Studium 1999 in L1. begonnen und erst ca. ein halbes Jahr vor Studienabschluss einen deutschen Staatsangehörigen geheiratet. Erst dadurch wurde ihr eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Studium in L1. und in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet. 29Auch Ehegatten deutscher Staatsangehöriger, die – wie die Klägerin – nach der Eheschließung und der damit verbundenen Möglichkeit einer Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland zunächst ihre weitfortgeschrittene Ausbildung im Ausland abschließen, erschöpfen ihren Anspruch auf Erstausbildung nach § 7 Abs.1 BAföG nicht. Diesen ist es nicht zuzumuten, eine bereits weit fortgeschrittene Ausbildung mit der Eheschließung abzubrechen, 30vgl. VG Mainz, Urteil vom 24. Juni 2010– 1 K 1358/09.MZ –, juris. 31Dass die Klägerin mittlerweile von ihrem Ehemann getrennt lebt, ändert nichts daran, dass sie ihre Berufschancen in L1. aufgab, um ihrem Ehemann im Jahr 2004 in die Bundesrepublik Deutschland zu folgen, und erst durch die Heirat – kurz vor dem Abschluss ihres Studiums – die Möglichkeit erlangte, eine Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen. 32Vgl. zu einem ähnlichen Fall VG Augsburg, Urteil vom 19. Mai 2009 – Au 3 K 08.764 –, juris. 33Soweit der Beklagte der Ansicht ist, die Klägerin sei keine „Ehegattin“ eines Deutschen im Sinne von § 11 Abs. 2 BAföG, da gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 BAföG nur der nicht dauernd Getrenntlebende als Ehegatte angesehen werde, ist dies gegenwärtig zwar zutreffend. Darauf kommt es für die Frage der bestehenden Wahlmöglichkeit vor Abschluss des (Erst-)Studiums jedoch nicht an. Die Einreise der Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland erfolgte auch zur Herstellung bzw. Erhaltung der (von 2004 bis Ende 2012) bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft. 342. Der von einem Auszubildenden ohne freie Wahlmöglichkeit im Heimatland erworbene und dort als berufsqualifizierend zu bewertende Ausbildungsabschluss ist nur dann auch als im Bundesgebiet förderungsrechtlich beachtlicher Ausbildungsabschluss zu werten, wenn er hier als zu einer Berufsausübung befähigender, gleichwertiger Abschluss anerkannt wird, 35vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2008 – 5 C 12/07 –, VG Dresden, Urteil vom 13. November 2014 – 5 K 1867/11–, VG Hamburg, Urteil vom 22. September 2014 – 2 K 2118/14 –, VG Oldenburg, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 12 A 58/10 –, VG München, Urteil vom 20. März 2008 – M 15 K 07.306 –, alle Entscheidungen in juris, Rothe/Blanke, BAföG-VV, 5. Auf. 36. Lfg., September 2013, § 7 Tz. 7.1.15, vgl. auch Zusammenfassung der Grundsätze zur Anwendung des BAföG, Bundesministerium für Bildung und Forschung, 13. Juli 2004. 36Der Abschluss der Klägerin wurde nicht als „gleichwertig“ anerkannt. Vielmehr erfolgte durch die ZaB eine Anerkennung als einem deutschen Hochschuldiplom „entsprechend“. Die Anerkennung als „entsprechend“ gibt aber gerade keine positive Auskunft über die materielle Gleichwertigkeit der Ausbildung. Allein die Äquivalenzklasse „gleichwertig“ bestätigt einen dem deutschen Abschlusstyp formal und materiell gleichwertigen Abschluss, 37vgl. Zusammenfassung der Grundsätze zur Anwendung des BAföG, Bundesministerium für Bildung und Forschung vom 13. Juli 2004. 38Auch nach Einschätzung der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu L3. , Department Psychologie, ist der Abschluss der Klägerin einem abgeschlossenen Bachelor- oder Masterstudium in dem Fach Psychologie nicht gleichwertig. 39Bei einer Einschätzung der materiellen Vergleichbarkeit durch eine deutsche Hochschule gibt die Zahl der anrechenbaren Semester Auskunft über den Grad der materiellen Vergleichbarkeit, 40vgl. VG München, Urteil vom 16. Februar 2006– M 15 K 05.1123 –, juris. 41Die Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu L3. , Department Psychologie, bewertete die von der Klägerin im Ausland erbrachten Studienleistungen im Fach Psychologie mit 110 ECTS-Punkten und der bereits erreichten Ableistung von vier Fachsemestern eines Bachelorstudiengangs Psychologie an der Universität zu L3. . Ein abgeschlossener Bachelorstudiengang setzt hingegen sechs Fachsemester Studium sowie die Abfassung einer Bachelorarbeit voraus. 42Der ausländische Abschluss der Klägerin befähigt diese auch nicht zur Ausübung einer ihrem Abschluss entsprechenden beruflichen Tätigkeit. Nach dem Vortrag der Klägerin, der durch die schriftliche Auskunft des Jobcenters des L4. S. bestätigt wird, hat diese erhebliche Bewerbungsbemühungen im Jahr 2014 unternommen, die primär aufgrund des fehlenden universitären Abschlusses in Deutschland scheiterten. 433. Es ist der Klägerin auch nicht zuzumuten, ihren ausländischen berufsqualifizierenden Abschluss zu einer Berufsausübung in L1. zu verwerten. 44Eine Berufsausübung in L1. ist der Klägerin deshalb nicht zumutbar, da aus der Ehe zwei Kinder hervorgegangen sind, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben und für die die Klägerin als Alleinerziehende die Verantwortung trägt. 45Wie sich auch aus den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen zum Familiennachzug ergibt (vgl. §§ 27 ff. AufenthG), wird es nicht nur Ehegatten (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), sondern auch einem Elternteil minderjähriger Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit nicht zugemutet, in ihrem Heimatland zu verbleiben bzw. dorthin zurückzukehren (§ 28 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 AufenthG), 46vgl. auch VG München, Urteil vom 12. November 2009 – M 15 K 09.1788 –, VG Oldenburg, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 12 A 58/10 – beide Entscheidungen in juris. 47Soweit der Beklagte meint, die nunmehr von ihrem Ehemann getrennt lebende Klägerin, sei keine „Ehegattin“ eines Deutschen mehr im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BAföG und daher auch nicht berechtigt, Leistungen nach dem BAföG in Anspruch zu nehmen, ist dem nicht zu folgen. Auf den Begriff des Ehegatten im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BAföG kommt es im Zusammenhang mit der Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG nicht an. Zunächst gehört der Begriff des Ehegatten nicht zu den Tatbestandsmerkmalen des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG. Ferner ist in Zusammenhang mit der Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG vielmehr der Begriff des Ehegatten im Sinne von § 8 Abs. 4 BAföG maßgeblich, 48vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2008 – 5 C 12/07 –, juris. 49Danach bleibt die Rechtsstellung „Ehegatte eines Deutschen“ erhalten, auch wenn die Ehepartner dauernd getrennt leben oder die Ehe aufgelöst ist, wenn sich der Auszubildende weiterhin rechtmäßig in Deutschland aufhält. 50Dies ist bei der Klägerin der Fall. Sie besitzt einen Aufenthaltstitel gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 AufenthG, der unabhängig von dem Führen und Bestehen der Ehe gilt und aufgrund der Eigenschaft der Klägerin als Elternteil minderjähriger lediger Deutscher zur Ausübung der Personensorge erteilt wurde. 514. Auszubildende, deren Anspruch auf Erstausbildung aufgrund der teleologischen Reduktion nicht gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG erschöpft ist, werden unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BAföG gefördert. 52Die teleologische Reduktion des § 7 Abs. 1 Satz 2 BAföG soll eine vom Gesetzgeber nicht bezweckte Schlechterstellung von Personen mit im Ausland erworbenen berufsqualifizierenden Abschlüssen vermeiden, nicht aber eine sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigung dieses Personenkreises im Vergleich zu Ausbildungsanfängern bewirken, die noch keine entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben, 53vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 1997 – 5 C 28/97 –, juris. 54Danach stellt sich das in Deutschland aufgenommene Studium als eine „andere Ausbildung“ im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG dar. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für eine weitere Ausbildung geleistet, wenn der Auszubildende die Ausbildung aus wichtigem oder unabweisbarem Grund abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt hat. 55Die Frage, ob ein Abbruch der Ausbildung oder ein Fachrichtungswechsel in den Fällen der Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen nach Ausbildungsabschluss im Ausland vorliegt und worin dieser bestehen soll, kann hier offen bleiben, 56s. zusammenfassend zu den verschiedenen hierzu vertretenen Ansätzen: VG Hamburg, Urteil vom 22. September 2014 – 2 K 2118/14 – m.w.N., juris. 57Denn jedenfalls bestand für die Klägerin ein unabweisbarer Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG auf die durch den berufsqualifizierenden Abschluss im Ausland eröffneten Möglichkeiten der Berufsausübung zu verzichten. Aus dem von Art. 6 Abs. 1 GG garantierten Recht der Eheleute auf Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft, sowie der freien Wahl des Familienwohnsitzes im Bundesgebiet ergibt sich, dass mit der Eheschließung und der Entscheidung für die Führung der Ehe in Deutschland ein legitimierender unabweisbarer Grund für einen Auszubildenden vorliegt, auf die durch ein abgeschlossenes Studium im Ausland eröffneten beruflichen Perspektiven zu verzichten, 58vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2008 – 5 C 12/07 – juris, Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., 31. Lfg., Mai 2009, § 7 Rn. 43 . 59Mit ihrer grundrechtlich geschützten und förderungsrechtlich hinzunehmenden Entscheidung, die Ehe im Bundesgebiet zu führen, bestand für die Klägerin eine Situation, die die Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung (bzw. ihrer Ausnutzung durch eine Berufstätigkeit in L1. ) und ihrem Abbruch oder dem Überwechseln in eine andere Ausbildung nicht zuließ. 60Auch aktuell besteht für die Klägerin ein unabweisbarer Grund für ein Studium in Deutschland aufgrund ihrer in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben und bei der Klägerin als Alleinerziehender leben. 61Art. 6 Abs. 1 GG schützt auch die familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft von Eltern und Kindern, unabhängig davon ob diese die Kinder alleinerziehend oder als Elternpaar betreuen und erziehen, 62vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Juni 1977 – 1 BvR 265/75 –, BVerfGE 45, 104 (123), vom 12. Oktober 2010 – 1 BvL14/09 –, BVerfGE 127, 263 (287), sowie vom 9. April 2003 – 1 BvR 1493/96, 1 BvR 1724/01 –, BVerfGE 108, 82 (112), BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2003 – 1 C 13/02 – BVerwGE 117, 380 (389), alle Entscheidungen in juris. 63Selbst wenn man auf den Zeitpunkt zu Beginn des inländischen Studiums abstellte, bestand für die Klägerin als Elternteil deutscher Kinder – aus den vorgenannten Gründen – keine Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung (bzw. ihrer Ausnutzung durch eine Berufstätigkeit in L1. ) und ihrem Abbruch bzw. dem Überwechseln in eine (andere) Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland. 64Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1,188 VwGO. 65Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO | der beklagte wird unter aufhebung seines bescheides vom °°. p. °°°° in der gestalt des widerspruchsbescheides vom °°. k. °°°° verpflichtet, der klägerin für ihr bachelorstudium soziale arbeit an der universität e. -f. für den bewilligungszeitraum 10/14 – 09/15 dem grunde nach ausbildungsförderung insoweit zu bewilligen, als dass die voraussetzungen des § 7 bafög vorliegen. der beklagte trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in derselben höhe leistet. 1 | 2die °°°° geborene klägerin ist l. staatsangehörige und seit dezember 2003 mit einem deutschen staatsangehörigen verheiratet. 3von 1999 bis juni 2004 studierte die klägerin in l1. und schloss ihr studium mit einem diplom in psychologie an der p1. staatlichen universität ab. am 16. september 2004 reiste sie im wege des familiennachzugs nach deutschland ein. 4in den jahren 2006 und 2009 wurden ihre beiden töchter geboren und die klägerin widmete sich bis dezember 2013 deren pflege und erziehung (elternzeit). seit dezember 2012 lebt die klägerin, zusammen mit ihren kindern, von ihrem ehemann getrennt in h. . am °°. o. °°°° wurde ihr eine bis zum °°. k1. °°°° gültige aufenthaltserlaubnis als elternteil minderjähriger lediger deutscher zur ausübung der personensorge gemäß § 28 abs. 1 satz 1 nr. 3, satz 2 aufenthaltsgesetz (aufenthg) ausgestellt. 5die zentralstelle für ausländisches bildungswesen im sekretariat der ständigen konferenz der kultusminister der länder in der bundesrepublik deutschland (zab) erkannte den l2. studienabschluss der klägerin als einem deutschen hochschuldiplom „entsprechend“ an. der abschluss führe zu einem beruf, der in deutschland nicht reglementiert sei, sodass es keine anerkennungsbehörden gebe. die klägerin müsse sich um eine stelle auf dem arbeitsmarkt unmittelbar bei einem arbeitgeber bewerben, der über ihre eignung in eigener zuständigkeit entscheide. 6der prüfungsausschuss für den studiengang „soziale arbeit“ an der universität e. -f. stufte die klägerin im märz 2014 aufgrund ihrer im ausland erbrachten studien- und prüfungsleistungen in das vierte fachsemester ein. im juli 2014 bestätigte das akademische auslandsamt der universität e. -f. , dass die klägerin die fachlichen voraussetzungen für den zugang zum studium im dritten fachsemester des studiengangs „soziale arbeit“ nachgewiesen habe. die humanwissenschaftliche fakultät der universität zu l3. , department psychologie, beurteilte die von der klägerin in l1. abgeleisteten studien- und prüfungsleistungen im august 2014 mit insgesamt 110 european credit transfer system (ects)-punkten. dies entspreche der ableistung von vier fachsemestern in dem bachelorstudiengang psychologie an der universität zu l3. . 7im oktober 2014 nahm die klägerin das bachelorstudium „soziale arbeit“ an der universität e. -f. im dritten fachsemester auf und beantragte dafür am °. t. °°°° leistungen nach dem bundesausbildungsförderungsgesetz (bafög) ab dem wintersemester 2014/2015. 8mit bescheid vom °°. p. °°°° lehnte der beklagte die bewilligung von ausbildungsförderungsleistungen ab. zur begründung führte er aus, die klägerin habe den grundanspruch gem. § 7 abs. 1 bafög durch ihr studium in l1. mit diplomabschluss ausgeschöpft. eine förderung gem. § 7 abs. 1a bafög komme nicht in betracht, da es sich bei dem nunmehr angestrebten abschluss der klägerin nicht um einen masterabschluss handele. aufgrund des ausländischen abschlusses lägen auch die voraussetzungen des § 7 abs. 2 satz 1 nrn. 2-5 bafög nicht vor. schließlich komme auch eine förderung nach § 7 abs. 2 satz 2 bafög nicht in betracht, da die klägerin über einen berufsqualifizierenden abschluss verfüge, der sie zur berufsausübung befähige. besondere umstände des einzelfalles lägen nicht vor. da sie bereits seit 2012 dauernd von ihrem ehemann getrennt lebe, fänden die ausführungen in den verwaltungsvorschriften, nach denen ausländische „ehegatten von deutschen“ unter bestimmten umständen gemäß § 7 abs. 1 i.v.m. abs. 3 bafög zu fördern seien, auf sie keine anwendung. 9die klägerin legte gegen den bescheid am °°. o. °°°° widerspruch ein. sie begründete ihren widerspruch damit, dass ihr abschluss sie zur besetzung der stelle einer diplom-psychologin zwar in l1. , nicht jedoch in deutschland befähige. der abschluss sei nur formal als einem deutschen hochschuldiplom „entsprechend“ eingestuft, tatsächlich sei er jedoch nicht zu verwerten. weder durch die arbeitgeber noch von den universitäten würde ihr abschluss als einem deutschen studienabschluss in psychologie entsprechend anerkannt. eine weitere qualifizierung durch das studium der sozialen arbeit sei erforderlich, um eine stelle auf dem deutschen arbeitsmarkt zu erhalten. diverse bewerbungen seien gescheitert, da es ihr an einem deutschen studienabschluss fehle. 10zudem sei sie in besitz eines aufenthaltstitels gem. § 28 abs. 1 aufenthaltsg und daher berechtigt, leistungen nach dem bafög in anspruch zu nehmen. auch die tatsache, dass sie mit einem deutschen staatsangehörigen verheiratet sei, begründe einen förderungsanspruch; zwar lebe sie von diesem getrennt, eine scheidung sei jedoch nicht beabsichtigt. zudem sei sie förderungsberechtigt, da sie zwei kinder habe, die die deutsche staatsangehörigkeit besäßen und für die sie als alleinerziehende verantwortung trage. 11mit widerspruchsbescheid vom °°. k. °°°° wies der beklagte den widerspruch der klägerin als unbegründet zurück. zur begründung verwies er auf die bereits vorgetragenen ablehnungsgründe und ergänzte, dass weder der aufenthaltsstatus der klägerin noch die geburt oder erziehung ihrer kinder eine andere entscheidung rechtfertigten. ehegatte oder lebenspartner im sinne des § 11 abs. 2 satz 2 bafög sei nur der nicht dauernd getrenntlebende, sofern im bafög nichts anderes bestimmt sei. dies aber sei lediglich in § 8 abs. 4 bafög der fall. die klägerin hingegen gehöre nicht zu dem nach § 7 abs. 2 satz 2 bafög privilegierten personenkreis. 12die klägerin hat am °°. k. °°°° klage erhoben. 13sie ist der ansicht, die förderungsvoraussetzungen gemäß § 7 bafög lägen vor. sie habe aktuell auf dem deutschen arbeitsmarkt keine vermittlungschance mit dem in l1. erworbenen diplom, solange sie nicht auch einen universitären abschluss in deutschland vorweisen könne. dazu legte die klägerin ein schreiben des jobcenters des l4. s. vom °°. e1. °°°° vor, ausweislich dessen sie erhebliche bewerbungsbemühungen unternommen habe, diese jedoch primär an dem fehlenden universitären abschluss gescheitert seien. auch bewerbungen um einen studienplatz in einem masterstudiengang an den universitäten c. , e2. und l3. seien gescheitert, da ihr abschluss von den deutschen universitäten als nicht abgeschlossener bachelorabschluss angesehen werde. 14die klägerin beantragt, 15den beklagten unter aufhebung seines bescheides vom °°. p. °°°° in der gestalt des widerspruchsbescheides vom °°. k. °°°° zu verpflichten, ihr für ihr bachelorstudium soziale arbeit an der universität e. -f. für den bewilligungszeitraum 10/14 – 09/15 dem grunde nach ausbildungsförderung insoweit zu bewilligen, als dass die voraussetzungen des § 7 bafög vorliegen. 16der beklagte beantragt, 17 die klage abzuweisen. 18zur begründung verweist er auf die ausführungen in dem bescheid vom °°. p. °°°° in der fassung des widerspruchsbescheides vom °°. k. °°°°. er ist der ansicht, dass die klägerin förderungsrechtlich über einen berufsqualifizierenden abschluss im sinne von § 7 abs. 1 satz 2 bafög verfüge. die mangelnde verwertbarkeit des bereits erworbenen abschlusses sei nur für den in teilziffer 7.2.22 der verwaltungsvorschrift zu § 7 abs. 2 satz 2 bafög genannten personenkreis relevant, zu dem die klägerin nicht zähle. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und den beigezogenen verwaltungsvorgang der beklagten verwiesen. 20 | 21die zulässige verpflichtungsklage ist begründet. 22der bescheid des beklagten vom °°. p. °°°° in der fassung des widerspruchsbescheides vom °°. k. °°°° ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 113 abs. 5 vwgo). die klägerin hat dem grunde nach einen anspruch auf ausbildungsförderung nach dem bafög für ihr studium „soziale arbeit“ für den bewilligungszeitraum von oktober 2014 bis ende september 2015 gem. § 7 abs. 1 i.v.m abs. 3 bafög. 23gemäß § 7 abs. 1 satz 1 bafög wird ausbildungsförderung für zumindest drei schul- und studienjahre einer berufsbildenden ausbildung im sinne der §§ 2 und 3 bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden abschluss geleistet. nach satz 2 ist berufsqualifizierend ein ausbildungsabschluss auch dann, wenn er im ausland erworben wurde und dort zur berufsausübung befähigt. 24allein dem wortlaut des § 7 abs. 1 satz 2 bafög folgend hätte die klägerin ihren anspruch auf erstausbildung bereits erschöpft. denn sie hat bereits eine ausbildung absolviert und einen in l1. berufsqualifizierenden abschluss erlangt. jedoch ist die vorschrift des § 7 abs. 1 satz 2 bafög aufgrund ihrer entstehungsgeschichte teleologisch zu reduzieren. dies folgt aus der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts (bverwg), der sich die kammer anschließt. 25danach kann die regelung in § 7 abs. 1 satz 2 bafög nur solchen auszubildenden entgegengehalten werden, die sich durch freie wahl für eine (erst-)ausbildung im ausland entschieden haben. hingegen erschöpft ein ausländischer berufsqualifizierender abschluss den anspruch auf erstausbildung gem. § 7 abs. 1 bafög dann nicht, wenn der auszubildende vor abschluss der auslandsausbildung keine wahlmöglichkeit hatte, die ausbildung stattdessen in der bundesrepublik deutschland zu absolvieren (1.), der im ausland erworbene abschluss in der bundesrepublik deutschland nicht als zur berufsausübung befähigender, gleichwertiger abschluss anerkannt ist (2.) und es dem auszubildenden nicht zumutbar ist, seine qualifikation zu einer berufsausübung im ausland einzusetzen (3.). diese auszubildenden haben unter den voraussetzungen des § 7 abs. 3 bafög einen anspruch auf ausbildungsförderung (4.), 26vgl. bverwg, urteile vom 31. oktober 1996 – 5 c 21/95 –, bverwge 102, 200-204 und vom 10. april 2008 – 5 c 12/07 –, sowie beschlüsse vom 14. august 2008 – 5 b 22.08 – und vom 11. august 2011 – 5 b 16.08 –, alle entscheidungen in juris. 271. zu den auszubildenden, die keine freie wahlmöglichkeit zwischen einer ausbildung im in- oder ausland haben, gehören u.a. ausländische ehegatten deutscher staatsangehöriger, die ihren ausländischen abschluss vor eheschließung erworben haben. 28danach hatte die klägerin keine offene wahl, diese im in- oder ausland durchzuführen. sie hat ihr studium 1999 in l1. begonnen und erst ca. ein halbes jahr vor studienabschluss einen deutschen staatsangehörigen geheiratet. erst dadurch wurde ihr eine wahlmöglichkeit zwischen einem studium in l1. und in der bundesrepublik deutschland eröffnet. 29auch ehegatten deutscher staatsangehöriger, die – wie die klägerin – nach der eheschließung und der damit verbundenen möglichkeit einer ausbildung in der bundesrepublik deutschland zunächst ihre weitfortgeschrittene ausbildung im ausland abschließen, erschöpfen ihren anspruch auf erstausbildung nach § 7 abs.1 bafög nicht. diesen ist es nicht zuzumuten, eine bereits weit fortgeschrittene ausbildung mit der eheschließung abzubrechen, 30vgl. vg mainz, urteil vom 24. juni 2010– 1 k 1358/09.mz –, juris. 31dass die klägerin mittlerweile von ihrem ehemann getrennt lebt, ändert nichts daran, dass sie ihre berufschancen in l1. aufgab, um ihrem ehemann im jahr 2004 in die bundesrepublik deutschland zu folgen, und erst durch die heirat – kurz vor dem abschluss ihres studiums – die möglichkeit erlangte, eine ausbildung in der bundesrepublik deutschland durchzuführen. 32vgl. zu einem ähnlichen fall vg augsburg, urteil vom 19. mai 2009 – au 3 k 08.764 –, juris. 33soweit der beklagte der ansicht ist, die klägerin sei keine „ehegattin“ eines deutschen im sinne von § 11 abs. 2 bafög, da gem. § 11 abs. 2 satz 2 bafög nur der nicht dauernd getrenntlebende als ehegatte angesehen werde, ist dies gegenwärtig zwar zutreffend. darauf kommt es für die frage der bestehenden wahlmöglichkeit vor abschluss des (erst-)studiums jedoch nicht an. die einreise der klägerin in die bundesrepublik deutschland erfolgte auch zur herstellung bzw. erhaltung der (von 2004 bis ende 2012) bestehenden ehelichen lebensgemeinschaft. 342. der von einem auszubildenden ohne freie wahlmöglichkeit im heimatland erworbene und dort als berufsqualifizierend zu bewertende ausbildungsabschluss ist nur dann auch als im bundesgebiet förderungsrechtlich beachtlicher ausbildungsabschluss zu werten, wenn er hier als zu einer berufsausübung befähigender, gleichwertiger abschluss anerkannt wird, 35vgl. bverwg, urteil vom 10. april 2008 – 5 c 12/07 –, vg dresden, urteil vom 13. november 2014 – 5 k 1867/11–, vg hamburg, urteil vom 22. september 2014 – 2 k 2118/14 –, vg oldenburg, urteil vom 28. oktober 2010 – 12 a 58/10 –, vg münchen, urteil vom 20. märz 2008 – m 15 k 07.306 –, alle entscheidungen in juris, rothe/blanke, bafög-vv, 5. auf. 36. lfg., september 2013, § 7 tz. 7.1.15, vgl. auch zusammenfassung der grundsätze zur anwendung des bafög, bundesministerium für bildung und forschung, 13. juli 2004. 36der abschluss der klägerin wurde nicht als „gleichwertig“ anerkannt. vielmehr erfolgte durch die zab eine anerkennung als einem deutschen hochschuldiplom „entsprechend“. die anerkennung als „entsprechend“ gibt aber gerade keine positive auskunft über die materielle gleichwertigkeit der ausbildung. allein die äquivalenzklasse „gleichwertig“ bestätigt einen dem deutschen abschlusstyp formal und materiell gleichwertigen abschluss, 37vgl. zusammenfassung der grundsätze zur anwendung des bafög, bundesministerium für bildung und forschung vom 13. juli 2004. 38auch nach einschätzung der humanwissenschaftlichen fakultät der universität zu l3. , department psychologie, ist der abschluss der klägerin einem abgeschlossenen bachelor- oder masterstudium in dem fach psychologie nicht gleichwertig. 39bei einer einschätzung der materiellen vergleichbarkeit durch eine deutsche hochschule gibt die zahl der anrechenbaren semester auskunft über den grad der materiellen vergleichbarkeit, 40vgl. vg münchen, urteil vom 16. februar 2006– m 15 k 05.1123 –, juris. 41die humanwissenschaftlichen fakultät der universität zu l3. , department psychologie, bewertete die von der klägerin im ausland erbrachten studienleistungen im fach psychologie mit 110 ects-punkten und der bereits erreichten ableistung von vier fachsemestern eines bachelorstudiengangs psychologie an der universität zu l3. . ein abgeschlossener bachelorstudiengang setzt hingegen sechs fachsemester studium sowie die abfassung einer bachelorarbeit voraus. 42der ausländische abschluss der klägerin befähigt diese auch nicht zur ausübung einer ihrem abschluss entsprechenden beruflichen tätigkeit. nach dem vortrag der klägerin, der durch die schriftliche auskunft des jobcenters des l4. s. bestätigt wird, hat diese erhebliche bewerbungsbemühungen im jahr 2014 unternommen, die primär aufgrund des fehlenden universitären abschlusses in deutschland scheiterten. 433. es ist der klägerin auch nicht zuzumuten, ihren ausländischen berufsqualifizierenden abschluss zu einer berufsausübung in l1. zu verwerten. 44eine berufsausübung in l1. ist der klägerin deshalb nicht zumutbar, da aus der ehe zwei kinder hervorgegangen sind, die die deutsche staatsangehörigkeit haben und für die die klägerin als alleinerziehende die verantwortung trägt. 45wie sich auch aus den aufenthaltsrechtlichen bestimmungen zum familiennachzug ergibt (vgl. §§ 27 ff. aufenthg), wird es nicht nur ehegatten (§ 28 abs. 1 nr. 1 aufenthg), sondern auch einem elternteil minderjähriger kinder mit deutscher staatsangehörigkeit nicht zugemutet, in ihrem heimatland zu verbleiben bzw. dorthin zurückzukehren (§ 28 abs. 1 nrn. 2 und 3 aufenthg), 46vgl. auch vg münchen, urteil vom 12. november 2009 – m 15 k 09.1788 –, vg oldenburg, urteil vom 28. oktober 2010 – 12 a 58/10 – beide entscheidungen in juris. 47soweit der beklagte meint, die nunmehr von ihrem ehemann getrennt lebende klägerin, sei keine „ehegattin“ eines deutschen mehr im sinne des § 11 abs. 2 satz 2 bafög und daher auch nicht berechtigt, leistungen nach dem bafög in anspruch zu nehmen, ist dem nicht zu folgen. auf den begriff des ehegatten im sinne des § 11 abs. 2 satz 2 bafög kommt es im zusammenhang mit der auslegung des § 7 abs. 1 satz 2 bafög nicht an. zunächst gehört der begriff des ehegatten nicht zu den tatbestandsmerkmalen des § 7 abs. 1 satz 2 bafög. ferner ist in zusammenhang mit der auslegung des § 7 abs. 1 satz 2 bafög vielmehr der begriff des ehegatten im sinne von § 8 abs. 4 bafög maßgeblich, 48vgl. bverwg, urteil vom 10. april 2008 – 5 c 12/07 –, juris. 49danach bleibt die rechtsstellung „ehegatte eines deutschen“ erhalten, auch wenn die ehepartner dauernd getrennt leben oder die ehe aufgelöst ist, wenn sich der auszubildende weiterhin rechtmäßig in deutschland aufhält. 50dies ist bei der klägerin der fall. sie besitzt einen aufenthaltstitel gem. § 28 abs. 1 satz 1 nr. 3, satz 2 aufenthg, der unabhängig von dem führen und bestehen der ehe gilt und aufgrund der eigenschaft der klägerin als elternteil minderjähriger lediger deutscher zur ausübung der personensorge erteilt wurde. 514. auszubildende, deren anspruch auf erstausbildung aufgrund der teleologischen reduktion nicht gemäß § 7 abs. 1 satz 2 bafög erschöpft ist, werden unter den voraussetzungen des § 7 abs. 1 i.v.m. abs. 3 bafög gefördert. 52die teleologische reduktion des § 7 abs. 1 satz 2 bafög soll eine vom gesetzgeber nicht bezweckte schlechterstellung von personen mit im ausland erworbenen berufsqualifizierenden abschlüssen vermeiden, nicht aber eine sachlich nicht gerechtfertigte begünstigung dieses personenkreises im vergleich zu ausbildungsanfängern bewirken, die noch keine entsprechenden kenntnisse und fähigkeiten erworben haben, 53vgl. bverwg, urteil vom 4. dezember 1997 – 5 c 28/97 –, juris. 54danach stellt sich das in deutschland aufgenommene studium als eine „andere ausbildung“ im sinne des § 7 abs. 3 satz 1 bafög dar. gemäß § 7 abs. 3 satz 1 bafög wird ausbildungsförderung für eine weitere ausbildung geleistet, wenn der auszubildende die ausbildung aus wichtigem oder unabweisbarem grund abgebrochen oder die fachrichtung gewechselt hat. 55die frage, ob ein abbruch der ausbildung oder ein fachrichtungswechsel in den fällen der eheschließung mit einem deutschen staatsangehörigen nach ausbildungsabschluss im ausland vorliegt und worin dieser bestehen soll, kann hier offen bleiben, 56s. zusammenfassend zu den verschiedenen hierzu vertretenen ansätzen: vg hamburg, urteil vom 22. september 2014 – 2 k 2118/14 – m.w.n., juris. 57denn jedenfalls bestand für die klägerin ein unabweisbarer grund im sinne des § 7 abs. 3 satz 1 nr. 2 bafög auf die durch den berufsqualifizierenden abschluss im ausland eröffneten möglichkeiten der berufsausübung zu verzichten. aus dem von art. 6 abs. 1 gg garantierten recht der eheleute auf herstellung und wahrung der ehelichen lebensgemeinschaft, sowie der freien wahl des familienwohnsitzes im bundesgebiet ergibt sich, dass mit der eheschließung und der entscheidung für die führung der ehe in deutschland ein legitimierender unabweisbarer grund für einen auszubildenden vorliegt, auf die durch ein abgeschlossenes studium im ausland eröffneten beruflichen perspektiven zu verzichten, 58vgl. bverwg, urteil vom 10. april 2008 – 5 c 12/07 – juris, humborg in rothe/blanke, bafög, 5. aufl., 31. lfg., mai 2009, § 7 rn. 43 . 59mit ihrer grundrechtlich geschützten und förderungsrechtlich hinzunehmenden entscheidung, die ehe im bundesgebiet zu führen, bestand für die klägerin eine situation, die die wahl zwischen der fortsetzung der bisherigen ausbildung (bzw. ihrer ausnutzung durch eine berufstätigkeit in l1. ) und ihrem abbruch oder dem überwechseln in eine andere ausbildung nicht zuließ. 60auch aktuell besteht für die klägerin ein unabweisbarer grund für ein studium in deutschland aufgrund ihrer in der bundesrepublik deutschland geborenen kinder, die die deutsche staatsangehörigkeit haben und bei der klägerin als alleinerziehender leben. 61art. 6 abs. 1 gg schützt auch die familiäre lebens- und erziehungsgemeinschaft von eltern und kindern, unabhängig davon ob diese die kinder alleinerziehend oder als elternpaar betreuen und erziehen, 62vgl. bverfg, beschlüsse vom 8. juni 1977 – 1 bvr 265/75 –, bverfge 45, 104 (123), vom 12. oktober 2010 – 1 bvl14/09 –, bverfge 127, 263 (287), sowie vom 9. april 2003 – 1 bvr 1493/96, 1 bvr 1724/01 –, bverfge 108, 82 (112), bverwg, urteil vom 20. februar 2003 – 1 c 13/02 – bverwge 117, 380 (389), alle entscheidungen in juris. 63selbst wenn man auf den zeitpunkt zu beginn des inländischen studiums abstellte, bestand für die klägerin als elternteil deutscher kinder – aus den vorgenannten gründen – keine wahl zwischen der fortsetzung der bisherigen ausbildung (bzw. ihrer ausnutzung durch eine berufstätigkeit in l1. ) und ihrem abbruch bzw. dem überwechseln in eine (andere) ausbildung in der bundesrepublik deutschland. 64die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1,188 vwgo. 65der ausspruch hinsichtlich der vorläufigen vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf § 167 vwgo, §§ 708 nr. 11, 711 zpo | Klaeger*in | 1 |
340,516 | 4 Ca 2301/20 | 2021-08-18T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. 3. Streitwert: 26.488,- EUR. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger ohne Mund-Nase-Bedeckung im örtlichen Rathaus tätig werden lassen muss, hilfsweise, ob die Beklagte verpflichtet ist, die vom Kläger zu erbringende Bürotätigkeit im Homeoffice erledigen zu lassen sowie um Vergütungsansprüche. 3Der im Jahre XXX geborene, XXX und XXX zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem XXX bei der beklagten Kommune beschäftigt. Bis zum Beginn der Corona-Pandemie hatte der Kläger einen Arbeitsplatz im Rathaus der Gemeinde inne. Er war im Bauamt im Bereich Wasser und Abwasser eingesetzt. Seine Tätigkeiten erfolgten überwiegend im Büro, die restliche Zeit im Außendienst. Bei der Beklagten hat noch keine Umstellung der Bauakten auf digitale Akten stattgefunden. Es werden für die Arbeitsleistung teilweise große Pläne benutzt, die auf Kartentischen liegen und nicht digitalisiert sind. Flure und Treppenhäuser im Rathaus sind so schmal, dass sie einen Abstand von 1,5 m beim Aufeinandertreffen von Personen nicht ermöglichen. 4Zu den weiteren Tätigkeiten des Klägers gehört auch die Bürgerberatung in Wasser und Abwasserfragen. Diese erfolgt teils vor Ort im Außendienst, teils nach terminlicher Anmeldung im Rathaus. Am 06.05.2020 ordnete die Beklagte für die im Rathaus gelegenen Arbeitsplätze das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung an. Der Kläger legte ein Attest vor, welches vom Werksarzt bestätigt wurde, nachdem ihm das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht möglich ist. Auch die am 15.10.2020 erfolgte Aufforderung, die Tätigkeiten im Rathaus mit Gesichtsvisier als milderes Mittel des Infektionsschutzes zu erbringen, wurde vom Kläger abgelehnt. Er legte auch hierzu ein Attest vor, wonach ihm auch dieses nicht möglich sei. 5Seit dem 19.10.2020 ist der Kläger nahezu durchgehend arbeitsunfähig. Bei der Beklagten gibt es eine Dienstvereinbarung zum Anspruch auf Telearbeit. Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für einen Telearbeitsplatz im Rahmen dieser Dienstvereinbarung nicht. 6Am 15.02.2021 fand per Videokonferenz ein BEM-Gespräch statt. Der Kläger hielt im Rahmen des BEM-Verfahrens eine ausschließliche Tätigkeit im Homeoffice für möglich. Diese hielt die Beklagte für nicht zumutbar, da sie die Persönlichkeit des Klägers so einschätzt, dass dieser ohne eine enge, direkte Führung durch Vorgesetzte nicht sinnvoll arbeiten könne und die Tätigkeit als solche auch nicht vollständig aus dem Homeoffice/mobilen Arbeitsplatz heraus erbracht werden kann. Der Leistungsaustausch und die Zurverfügungstellung der Bauakten, soweit sie transportabel seien, setzten den Besuch des Rathauses voraus. Die Zusammenarbeit und die Bürgerberatung seien wenigstens teilweise im Rathaus zu erbringen. Das BEM kam damit nicht zu dem Ergebnis, dass ein Arbeitsplatz durch Änderung der Arbeitsumstände eingerichtet werden könne, der die weitere Erkrankung des Klägers verhindert, bzw. beendet. 7Der Kläger hat sein Begehren bereits in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (4 Ga 18/20; 2 SaGa 1/21) geltend gemacht. Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ist rechtskräftig in beiden Instanzen abgewiesen worden. Im Laufe des Eilverfahrens hat der Kläger mitgeteilt, dass die Unmöglichkeit, Maske oder Visier zu tragen, auf einer Traumatisierung in Folge einer Straftat beruhe, deren Opfer er im Alter von 13 Jahren geworden sei. Dies mache es nun unmöglich, sein Gesicht zu bedecken. 8Mit Klage vom 07.12.2020 begehrt der Kläger seine Beschäftigung und die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, ein Gesichtsvisier oder eine Mund-Nasen-Bedeckung beim Betreten des Rathauses und bei Gängen über die Flure und in Gemeinschaftsräumen zu tragen. Hilfsweise verlangt er, die Beschäftigung im Homeoffice. Er ist der Auffassung, durch die Atteste ausreichend dargetan zu haben, dass ihm aus gesundheitlichen Gründen das Tragen sowohl einer Mund-Nasen-Bedeckung als auch eines Gesichtsvisiers nicht zuzumuten sei. Er habe daher einen Anspruch auf Beschäftigung auch ohne entsprechende Gesichtsbedeckung. Alternativ könne die Beklagte im Homeoffice einsetzen, dies werde auch anderen Mitarbeitern gestattet. Zudem begehrt der Kläger Annahmeverzugslohn bzw. Schadensersatz in Höhe seines regelmäßigen Gehalts von der Beklagten. Die Beklagte habe ihr Direktionsrecht nicht ordnungsgemäß ausgeübt und sei somit im Annahmeverzug. Sie sei verpflichtet, dem erkrankten Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz einzurichten. Sollte kein Annahmeverzugslohnanspruch bestehen, schulde die Beklagte dem Kläger Schadensersatz, das sie es versäumt habe für ihn eine leidensgerechte Beschäftigungsmöglichkeit einzurichten. 9Der Kläger beantragt, 10111. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Mitarbeiter der Verwaltung zu beschäftigen; 122. festzustellen, dass er während seiner Arbeitszeit in den Räumen der Beklagten nicht verpflichtet ist, ein Gesichtsvisier oder eine Mund-Nasen-Bedeckung bei Betreten des Rathauses und bei Gängen über die Flure und in Gemeinschaftsräumen zu tragen; 133. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Dezember 2020 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2021 zu zahlen; 144. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Januar 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2021 zu zahlen; 155. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Februar 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2021 zu zahlen; 166. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat März 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2021 zu zahlen; 177. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat April 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2021 zu zahlen; 188. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Mai 2021 3.784,00 EUR brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem Krankengeldes in Höhe von 79,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2021 zu zahlen; 19Hilfsweise beantragt der Kläger, 20der Beklagten aufzugeben, ihm die von ihm zu leistende Bürotätigkeit im Homeoffice zu ermöglichen. 21Die Beklagte beantragt, 22 die Klage abzuweisen. 23Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Anträge unbegründet seien. Sie könne den Beschäftigungsanspruch des Klägers nur dann erfüllen, wenn dies unter Einhaltung der geltenden Hygienebestimmungen erfolge. Dies bedeute insbesondere, zumindest ein Gesichtsvisier in den Räumlichkeiten des Rathauses der Gemeinde zu tragen. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers ohne ein entsprechendes Gesichtsvisier bestehe nicht. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, das ihr zustehende Direktionsrecht dahingehend auszuüben, dass sie den Kläger verpflichtet habe, ein Gesichtsvisier zu tragen. An der Richtigkeit der erteilten Atteste bestünden nach wie vor Zweifel, da eine genaue Diagnose nicht vorgetragen worden sei. Ein Anspruch auf eine Beschäftigung im Homeoffice bestehe nicht. 24Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitig ausgetauschten Schrift-sätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 27Dem Kläger steht kein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte seine Arbeitsleistung im Rathaus ohne das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung duldet. Ein Anspruch des Klägers auf einen Heimarbeitsplatz, Arbeiten im Homeoffice oder als mobile Arbeit ist ebenfalls nicht gegeben. 28I. 29Ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung des Klägers ohne Mund-Nase-Bedeckung besteht nicht. 301. 31Zwar hat der Arbeitnehmer im – hier unstreitig bestehenden – Arbeitsverhältnis grundsätzlich bei Arbeitsfähigkeit einen Anspruch auf eine tatsächliche Beschäftigung nach dem Arbeitsvertrag. Rechtsgrundlage des Beschäftigungsanspruch ist der Arbeitsvertrag, der den Arbeitnehmer gem. § 613 BGB zur persönlichen Dienstleistung für den Arbeitgeber verpflichtet. Der Anspruch beruht unmittelbar auf der sich für den Arbeitgeber aus § 242 BGB unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Werteentscheidung der Art. 1 und 2 GG über den Persönlichkeitsschutz ergebenden arbeitsvertraglichen Pflicht zur Förderung der Beschäftigungsinteressen des Arbeitsnehmers (so bereits BAG 10.11.1955 – 2 AZR 591/54, juris). Dieser Beschäftigungsanspruch muss bei Vorliegen entsprechender Besonderheiten im Einzelfall nur dann zurücktreten, wenn entweder eine vertragliche Freistellungsregelung besteht - wie hier offensichtlich nicht – oder ein Fall objektiver Unmöglichkeit besteht, oder auch dann, wenn dem Beschäftigungsanspruch im konkreten Fall überwiegende, schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen und der Arbeitnehmer demgegenüber kein besonderes, vorrangig berechtigtes Interesse an der tatsächlichen Beschäftigung geltend machen kann (LAG München 18.09.2002 – 5 Sa 619/02, juris). 322. 33Einem Beschäftigungsanspruch des Klägers steht hier das ordnungsgemäß ausgeübte Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 Abs. 1 GewO entgegen sowie der Gesundheits- und Infektionsschutz und die daraus resultierende Pflicht des Arbeitgebers, aufgrund der derzeitigen Pandemielage, seine Arbeitnehmer zum Tragen einer Maske anzuhalten. Die maßgebliche Rechtspflicht für den Arbeitgeber zur Einführung einer solchen Maskenpflicht im Betrieb ergibt sich aus seiner Fürsorgepflicht gem. § 618 BGB. Bei § 618 BGB handelt es sich um eine Teilausprägung der allgemeinen arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht, die ihrerseits wiederum Ausprägung der allgemeinen Pflicht jedes Vertragspartners zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB ist (MüKo BGB/ Henssler § 618 Rn. 1 ff.). Im Rahmen dieser Fürsorgepflicht ist der Arbeitgeber zu Schutzmaßnahmen gegenüber seinen Arbeitnehmern verpflichtet. Die öffentlich rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften konkretisieren diese Schutzmaßnahmen (§ 3 Abs. 1 ArbSchG). Der Arbeitgeber ist demnach verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. 34In der gegenwärtigen Pandemielage bedeutet dies, dass der Arbeitgeber sicherzustellen hat, dass die Arbeitnehmer – und bei einer Behörde auch die Bürgerinnen und Bürger – an ihren Arbeitsplätzen einem nur geringen bis gar keinem Infektionsrisiko ausgesetzt werden. Die Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO, Stand: 17.08.2021) ordnet in § 3 Abs. 1 Nr. 2 eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen, also auch in Büroräumen an. Bereits im Sommer 2020 waren zur Begrenzung des Infektionsrisikos die praktischen Handlungsempfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales heranzuziehen, die konkrete technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen aufzeigen. Letztere sehen u. a. vor, dass bei unvermeidbarem Kontakt zu anderen Personen – wie etwa in Fluren, auf der Toilette, in Pausen- oder Druckerraum – Mund-Nase-Bedeckung getragen werden müssen (vgl. SARS-Cov-2-Arbeitsschutzregel, Fassung 20.08.2020, Ziff. 4.1 Abs. 3). 35Aber selbst ohne diese Verordnungen wäre die Anordnung zum Tragen der Maske nach § 106 Abs. 1 GewO grundsätzlich vom Direktionsrecht umfasst und im Einzelfall auch angemessen. Das Tragen einer FFP2- Maske oder anderen Mund-Nase-Bedeckung dient dem Infektionsschutz in beide Richtungen. Sowohl andere Mitarbeiter und Besucher des Rathauses mit Termin sollen vor Aerosolen geschützt werden, die der Kläger ausstoßen könnte und die potentiell tödlich sein könnten, wenn er sich ohne Maske im Rathaus bewegen dürfte. Die Maske verringert die Anzahl der abgegebenen Aerosole und verändert deren Ausbreitungsverhalten. Die Beklagte muss aber auch den Gesundheitsschutz des Klägers im Auge behalten. Auch hier hilft das Tragen der Maske, Infektionen durch das Einatmen von krankmachenden oder potenziell tödlichen Aerosolen zu vermeiden, die selbst bei aller Sorgfalt und Hygiene vorhanden sein könnten. 36Das Weisungsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich nach § 106 S. 2 GewO auch auf die Ordnung des Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb. Das Weisungsrecht erstreckt sich daher auch auf die nach öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften notwendigen Schutzmaßnahmen. Der Arbeitgeber kann und muss die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Betrieb daher mittels seines Direktionsrechts umsetzen. Die Beklagte hat als Behörde mit öffentlichem Publikumsverkehr, aber auch im Hinblick auf die in ihrem Haus beschäftigten Mitarbeiter, ein erhebliches Interesse daran, dass niemand sich in den Räumlichkeiten des Rathauses ohne eine Mund-Nase-Bedeckung bzw. eines Gesichtsvisier bewegt. Sie hat den Kläger zu Recht angewiesen, zumindest ein Gesichtsvisier außerhalb seines eigenen Büros zu tragen, was ihm Vergleich zu einer FFP2-Maske ein milderes Mittel darstellt. 37Die Anordnung ist auch verhältnismäßig unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger an einer psychischen Erkrankung leidet, die es ihm unmöglich macht, der Maskenpflicht nachzukommen. Denn das Interesse der Beklagten, den Ausstoß von Aerosolen im Rathaus auf dem geringstmöglichen Niveau zu halten, geht in der Abwägung dem Interesse des Klägers, ohne Maske arbeiten zu können, vor. Dabei durfte die Beklagte auch berücksichtigen, dass der Kläger auf Grund einer psychischen Erkrankung die Maske nicht tragen kann und deshalb Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Krankengeld hat, der in der Regel ausreichend ist, um eine Heilung zu ermöglichen. 38II. 39Die begehrten Vergütungsansprüche stehen dem Kläger weder nach Annahmeverzugsgesichtspunkten (§ 615 Satz 1 BGB) noch unter Schadensersatzgesichtspunkten (§ 280 Abs. 1 BGB) zu. 401. 41Der Kläger hat keinen Anspruch auf seine Vergütung nach § 615 Satz 1 BGB. Die Beklagte befand sich nicht im Annahmeverzug. 42a. 43Kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste nach den §§ 293 ff. BGB in Verzug, so kann der Arbeitnehmer nach § 615 Satz 1 BGB für die in Folge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Der Arbeitgeber kommt nach § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Statt des tatsächlichen Anbietens der Arbeitskraft reicht im Ausnahmefall auch das wörtliche Angebot der Arbeitskraft im Sinne von § 295 BGB aus. Das ist nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber bereits zuvor erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde (LAG Mecklenburg-Vorpommern 18.5.2010 – 5 SA 243/09, juris Rn. 30). 44b. 45Die Beklagte konnte bereits deshalb nicht in Annahmeverzug geraten, da der Kläger nach wie vor arbeitsunfähig erkrankt ist und im gesamten geltend Zeitraum war und sich im Krankengeldbezug befindet. Der Kläger kann seine Arbeitsleistung mithin nicht wie geschuldet anbieten und erbringen. 462. 47Schadensersatzansprüche des Klägers bestehen nicht (§ 280 Abs. 1 BGB). 48a. 49Voraussetzungen eines jeden Schadensersatzanspruchs, unabhängig davon, ob er auf § 823 Abs. 1 BGB oder auf eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Fürsorge- und Treuepflicht gemäß § 280 Abs. 1 i.V.m. § 242 BGB gestützt wird, ist, dass das Leben, der Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt wird. Dabei muss die Verletzung ursächlich auf ein Handeln, Tun oder Unterlassen des Schädigers zurückgeführt werden können. Es muss ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und der Rechtsgutverletzung bestehen (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der Verletzung des Rechtsguts und dem geltend gemachten Schaden (haftungsausfüllende Kausalität). 50Ferner setzen Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 1 BGB und § 280 Abs. 1 BGB ein Verschulden des Schädigers voraus, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 BGB (vgl. Palandt/Sprau, § 823 BGB Rn. 40). 51b. 52Es fehlt nach dem bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Weder war die Beklagte verpflichtet, den Kläger ohne Mund-Nase-Bedeckung zu beschäftigen noch besteht ein Anspruch auf eine Beschäftigung im Homeoffice (siehe dazu unter III.). 53III. 54Auch der Hilfsantrag des Klägers ist unbegründet. 551. 56Ein Anspruch des Klägers auf einem Heimarbeitsplatz, Arbeiten im Homeoffice oder als mobile Arbeit ist ebenfalls nicht gegeben. Eine Anspruchsgrundlage auf eine Beschäftigung im Homeoffice ergibt sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus gesetzlichen oder tariflichen Vorschriften. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten im Homeoffice zu ermöglichen (LAG Köln, 12.04.2021 – 2 SaGa 1/21, juris; ArbG Augsburg, 07.05.2020 – 3 Ga 9/20, NZA-RR 2020 Nr. 417). 57Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, da die dortige Regelung zum Homeoffice zum einen nur bis zum 30.06.2021 Gültigkeit hatte und zum anderen kein subjektives Klagerecht beinhaltete. 582. 59Zudem stehen der Einrichtung eines mobilen Arbeitsplatzes zwingende betriebsbedingte Gründe entgegen. Da das mobile Arbeiten nur die Bürotätigkeiten erfassen würde, die ohne Austausch von Bauakten und Plänen und ohne Besuch des Rathauses möglich sind, bliebe es für die restlichen Arbeiten bei einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Da das deutsche Entgeltfortzahlungsgesetz keine Teilarbeitsunfähigkeit kennt, wäre die Investition in den mobilen Arbeitsplatz unnütz, da sie die Arbeitsfähigkeit des Klägers nicht wieder herstellen kann. Die dem Kläger zugeordnete Tätigkeit ist nicht vollständig durch technische und organisatorische Maßnahmen so zu ändern, dass dieser seine vollständige Arbeitsleistung von zu Hause aus erbringen könnte. Da es bei der Beklagten an der Einrichtung der elektronischen Bauakten bislang fehlt, können die erforderlichen Arbeitsmittel nicht mit zumutbarem Aufwand für die Arbeit zu Hause zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere das Einscannen großer Karten ist bei der Beklagten noch nicht erfolgt. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers dies zu tun, besteht nicht – auch nicht unter dem Aspekt der Bereitstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes. Das Abholen von Bauakten mit Plänen setzt zudem den Besuch des Rathauses und damit den möglichen Kontakt mit anderen Arbeitnehmern voraus. Da die Pläne in der Zeit, in der sie der Kläger zu Hause bearbeitet, anderen Mitarbeitern nicht zugänglich sind, müssten Kopien angefertigt werden. Auch ist zu berücksichtigen, dass das nächtliche Abholen der Akten nicht mit § 5 ArbZG zu vereinbaren ist, da es Arbeitszeit darstellt und regelmäßig in der 11stündigen Ruhezeit liegen dürfte. Ebenso ist es nicht zumutbar, die Bürgerberatungen auf offener Straße durchführen zu lassen (vgl. insoweit LAG Köln 12.04.2021 – 2 SaGa 1/21). 60IV. 611. 62Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger als unterliegende Partei zu tragen (§ 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO). 632. 64Den gem. § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzenden Streitwert hat die Kammer mit einem Gehalt für den Beschäftigungsanspruch bemessen und den Zahlungsansprüchen in Höhe ihrer Bezifferung (§ 3 ZPO). | 1. die klage wird abgewiesen. 2. die kosten des rechtsstreits werden dem kläger auferlegt. 3. streitwert: 26.488,- eur. 1 | 2die parteien streiten darüber, ob die beklagte den kläger ohne mund-nase-bedeckung im örtlichen rathaus tätig werden lassen muss, hilfsweise, ob die beklagte verpflichtet ist, die vom kläger zu erbringende bürotätigkeit im homeoffice erledigen zu lassen sowie um vergütungsansprüche. 3der im jahre xxx geborene, xxx und xxx zum unterhalt verpflichtete kläger ist seit dem xxx bei der beklagten kommune beschäftigt. bis zum beginn der corona-pandemie hatte der kläger einen arbeitsplatz im rathaus der gemeinde inne. er war im bauamt im bereich wasser und abwasser eingesetzt. seine tätigkeiten erfolgten überwiegend im büro, die restliche zeit im außendienst. bei der beklagten hat noch keine umstellung der bauakten auf digitale akten stattgefunden. es werden für die arbeitsleistung teilweise große pläne benutzt, die auf kartentischen liegen und nicht digitalisiert sind. flure und treppenhäuser im rathaus sind so schmal, dass sie einen abstand von 1,5 m beim aufeinandertreffen von personen nicht ermöglichen. 4zu den weiteren tätigkeiten des klägers gehört auch die bürgerberatung in wasser und abwasserfragen. diese erfolgt teils vor ort im außendienst, teils nach terminlicher anmeldung im rathaus. am 06.05.2020 ordnete die beklagte für die im rathaus gelegenen arbeitsplätze das tragen einer mund-nase-bedeckung an. der kläger legte ein attest vor, welches vom werksarzt bestätigt wurde, nachdem ihm das tragen einer mund-nase-bedeckung nicht möglich ist. auch die am 15.10.2020 erfolgte aufforderung, die tätigkeiten im rathaus mit gesichtsvisier als milderes mittel des infektionsschutzes zu erbringen, wurde vom kläger abgelehnt. er legte auch hierzu ein attest vor, wonach ihm auch dieses nicht möglich sei. 5seit dem 19.10.2020 ist der kläger nahezu durchgehend arbeitsunfähig. bei der beklagten gibt es eine dienstvereinbarung zum anspruch auf telearbeit. der kläger erfüllt die anspruchsvoraussetzungen für einen telearbeitsplatz im rahmen dieser dienstvereinbarung nicht. 6am 15.02.2021 fand per videokonferenz ein bem-gespräch statt. der kläger hielt im rahmen des bem-verfahrens eine ausschließliche tätigkeit im homeoffice für möglich. diese hielt die beklagte für nicht zumutbar, da sie die persönlichkeit des klägers so einschätzt, dass dieser ohne eine enge, direkte führung durch vorgesetzte nicht sinnvoll arbeiten könne und die tätigkeit als solche auch nicht vollständig aus dem homeoffice/mobilen arbeitsplatz heraus erbracht werden kann. der leistungsaustausch und die zurverfügungstellung der bauakten, soweit sie transportabel seien, setzten den besuch des rathauses voraus. die zusammenarbeit und die bürgerberatung seien wenigstens teilweise im rathaus zu erbringen. das bem kam damit nicht zu dem ergebnis, dass ein arbeitsplatz durch änderung der arbeitsumstände eingerichtet werden könne, der die weitere erkrankung des klägers verhindert, bzw. beendet. 7der kläger hat sein begehren bereits in einem verfahren des einstweiligen rechtsschutzes (4 ga 18/20; 2 saga 1/21) geltend gemacht. der antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung ist rechtskräftig in beiden instanzen abgewiesen worden. im laufe des eilverfahrens hat der kläger mitgeteilt, dass die unmöglichkeit, maske oder visier zu tragen, auf einer traumatisierung in folge einer straftat beruhe, deren opfer er im alter von 13 jahren geworden sei. dies mache es nun unmöglich, sein gesicht zu bedecken. 8mit klage vom 07.12.2020 begehrt der kläger seine beschäftigung und die feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, ein gesichtsvisier oder eine mund-nasen-bedeckung beim betreten des rathauses und bei gängen über die flure und in gemeinschaftsräumen zu tragen. hilfsweise verlangt er, die beschäftigung im homeoffice. er ist der auffassung, durch die atteste ausreichend dargetan zu haben, dass ihm aus gesundheitlichen gründen das tragen sowohl einer mund-nasen-bedeckung als auch eines gesichtsvisiers nicht zuzumuten sei. er habe daher einen anspruch auf beschäftigung auch ohne entsprechende gesichtsbedeckung. alternativ könne die beklagte im homeoffice einsetzen, dies werde auch anderen mitarbeitern gestattet. zudem begehrt der kläger annahmeverzugslohn bzw. schadensersatz in höhe seines regelmäßigen gehalts von der beklagten. die beklagte habe ihr direktionsrecht nicht ordnungsgemäß ausgeübt und sei somit im annahmeverzug. sie sei verpflichtet, dem erkrankten kläger einen leidensgerechten arbeitsplatz einzurichten. sollte kein annahmeverzugslohnanspruch bestehen, schulde die beklagte dem kläger schadensersatz, das sie es versäumt habe für ihn eine leidensgerechte beschäftigungsmöglichkeit einzurichten. 9der kläger beantragt, 10111. die beklagte zu verurteilen, ihn als mitarbeiter der verwaltung zu beschäftigen; 122. festzustellen, dass er während seiner arbeitszeit in den räumen der beklagten nicht verpflichtet ist, ein gesichtsvisier oder eine mund-nasen-bedeckung bei betreten des rathauses und bei gängen über die flure und in gemeinschaftsräumen zu tragen; 133. die beklagte zu verurteilen, an ihn für den monat dezember 2020 3.784,00 eur brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem krankengeldes in höhe von 79,54 netto nebst zinsen in höhe von 5%-punkten über dem basiszinssatz seit dem 01.01.2021 zu zahlen; 144. die beklagte zu verurteilen, an ihn für den monat januar 2021 3.784,00 eur brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem krankengeldes in höhe von 79,54 netto nebst zinsen in höhe von 5%-punkten über dem basiszinssatz seit dem 01.02.2021 zu zahlen; 155. die beklagte zu verurteilen, an ihn für den monat februar 2021 3.784,00 eur brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem krankengeldes in höhe von 79,54 netto nebst zinsen in höhe von 5%-punkten über dem basiszinssatz seit dem 01.03.2021 zu zahlen; 166. die beklagte zu verurteilen, an ihn für den monat märz 2021 3.784,00 eur brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem krankengeldes in höhe von 79,54 netto nebst zinsen in höhe von 5%-punkten über dem basiszinssatz seit dem 01.04.2021 zu zahlen; 177. die beklagte zu verurteilen, an ihn für den monat april 2021 3.784,00 eur brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem krankengeldes in höhe von 79,54 netto nebst zinsen in höhe von 5%-punkten über dem basiszinssatz seit dem 01.05.2021 zu zahlen; 188. die beklagte zu verurteilen, an ihn für den monat mai 2021 3.784,00 eur brutto abzgl. kalendertäglich gezahltem krankengeldes in höhe von 79,54 netto nebst zinsen in höhe von 5%-punkten über dem basiszinssatz seit dem 01.06.2021 zu zahlen; 19hilfsweise beantragt der kläger, 20der beklagten aufzugeben, ihm die von ihm zu leistende bürotätigkeit im homeoffice zu ermöglichen. 21die beklagte beantragt, 22 die klage abzuweisen. 23die beklagte ist der auffassung, dass die anträge unbegründet seien. sie könne den beschäftigungsanspruch des klägers nur dann erfüllen, wenn dies unter einhaltung der geltenden hygienebestimmungen erfolge. dies bedeute insbesondere, zumindest ein gesichtsvisier in den räumlichkeiten des rathauses der gemeinde zu tragen. eine verpflichtung zur weiterbeschäftigung des klägers ohne ein entsprechendes gesichtsvisier bestehe nicht. die beklagte sei berechtigt gewesen, das ihr zustehende direktionsrecht dahingehend auszuüben, dass sie den kläger verpflichtet habe, ein gesichtsvisier zu tragen. an der richtigkeit der erteilten atteste bestünden nach wie vor zweifel, da eine genaue diagnose nicht vorgetragen worden sei. ein anspruch auf eine beschäftigung im homeoffice bestehe nicht. 24wegen der weiteren einzelheiten wird auf die wechselseitig ausgetauschten schrift-sätze nebst anlagen sowie das protokoll der mündlichen verhandlung bezug genommen. 25 | 26die klage ist zulässig, aber unbegründet. 27dem kläger steht kein anspruch darauf zu, dass die beklagte seine arbeitsleistung im rathaus ohne das tragen einer mund-nase-bedeckung duldet. ein anspruch des klägers auf einen heimarbeitsplatz, arbeiten im homeoffice oder als mobile arbeit ist ebenfalls nicht gegeben. 28i. 29ein arbeitsvertraglicher anspruch auf tatsächliche beschäftigung des klägers ohne mund-nase-bedeckung besteht nicht. 301. 31zwar hat der arbeitnehmer im – hier unstreitig bestehenden – arbeitsverhältnis grundsätzlich bei arbeitsfähigkeit einen anspruch auf eine tatsächliche beschäftigung nach dem arbeitsvertrag. rechtsgrundlage des beschäftigungsanspruch ist der arbeitsvertrag, der den arbeitnehmer gem. § 613 bgb zur persönlichen dienstleistung für den arbeitgeber verpflichtet. der anspruch beruht unmittelbar auf der sich für den arbeitgeber aus § 242 bgb unter berücksichtigung der verfassungsrechtlichen werteentscheidung der art. 1 und 2 gg über den persönlichkeitsschutz ergebenden arbeitsvertraglichen pflicht zur förderung der beschäftigungsinteressen des arbeitsnehmers (so bereits bag 10.11.1955 – 2 azr 591/54, juris). dieser beschäftigungsanspruch muss bei vorliegen entsprechender besonderheiten im einzelfall nur dann zurücktreten, wenn entweder eine vertragliche freistellungsregelung besteht - wie hier offensichtlich nicht – oder ein fall objektiver unmöglichkeit besteht, oder auch dann, wenn dem beschäftigungsanspruch im konkreten fall überwiegende, schutzwürdige interessen des arbeitgebers entgegenstehen und der arbeitnehmer demgegenüber kein besonderes, vorrangig berechtigtes interesse an der tatsächlichen beschäftigung geltend machen kann (lag münchen 18.09.2002 – 5 sa 619/02, juris). 322. 33einem beschäftigungsanspruch des klägers steht hier das ordnungsgemäß ausgeübte direktionsrecht des arbeitgebers gem. § 106 abs. 1 gewo entgegen sowie der gesundheits- und infektionsschutz und die daraus resultierende pflicht des arbeitgebers, aufgrund der derzeitigen pandemielage, seine arbeitnehmer zum tragen einer maske anzuhalten. die maßgebliche rechtspflicht für den arbeitgeber zur einführung einer solchen maskenpflicht im betrieb ergibt sich aus seiner fürsorgepflicht gem. § 618 bgb. bei § 618 bgb handelt es sich um eine teilausprägung der allgemeinen arbeitsvertraglichen fürsorgepflicht, die ihrerseits wiederum ausprägung der allgemeinen pflicht jedes vertragspartners zur rücksichtnahme aus § 241 abs. 2 bgb ist (müko bgb/ henssler § 618 rn. 1 ff.). im rahmen dieser fürsorgepflicht ist der arbeitgeber zu schutzmaßnahmen gegenüber seinen arbeitnehmern verpflichtet. die öffentlich rechtlichen arbeitsschutzvorschriften konkretisieren diese schutzmaßnahmen (§ 3 abs. 1 arbschg). der arbeitgeber ist demnach verpflichtet, die erforderlichen maßnahmen des arbeitsschutzes zu treffen, um die sicherheit und gesundheit der beschäftigten bei der arbeit zu gewährleisten. 34in der gegenwärtigen pandemielage bedeutet dies, dass der arbeitgeber sicherzustellen hat, dass die arbeitnehmer – und bei einer behörde auch die bürgerinnen und bürger – an ihren arbeitsplätzen einem nur geringen bis gar keinem infektionsrisiko ausgesetzt werden. die verordnung zum schutz vor neuinfizierungen mit dem coronavirus sars-cov-2 (coronaschutzverordnung – coronaschvo, stand: 17.08.2021) ordnet in § 3 abs. 1 nr. 2 eine maskenpflicht in geschlossenen räumen, also auch in büroräumen an. bereits im sommer 2020 waren zur begrenzung des infektionsrisikos die praktischen handlungsempfehlungen des bundesministeriums für arbeit und soziales heranzuziehen, die konkrete technische, organisatorische und personenbezogene schutzmaßnahmen aufzeigen. letztere sehen u. a. vor, dass bei unvermeidbarem kontakt zu anderen personen – wie etwa in fluren, auf der toilette, in pausen- oder druckerraum – mund-nase-bedeckung getragen werden müssen (vgl. sars-cov-2-arbeitsschutzregel, fassung 20.08.2020, ziff. 4.1 abs. 3). 35aber selbst ohne diese verordnungen wäre die anordnung zum tragen der maske nach § 106 abs. 1 gewo grundsätzlich vom direktionsrecht umfasst und im einzelfall auch angemessen. das tragen einer ffp2- maske oder anderen mund-nase-bedeckung dient dem infektionsschutz in beide richtungen. sowohl andere mitarbeiter und besucher des rathauses mit termin sollen vor aerosolen geschützt werden, die der kläger ausstoßen könnte und die potentiell tödlich sein könnten, wenn er sich ohne maske im rathaus bewegen dürfte. die maske verringert die anzahl der abgegebenen aerosole und verändert deren ausbreitungsverhalten. die beklagte muss aber auch den gesundheitsschutz des klägers im auge behalten. auch hier hilft das tragen der maske, infektionen durch das einatmen von krankmachenden oder potenziell tödlichen aerosolen zu vermeiden, die selbst bei aller sorgfalt und hygiene vorhanden sein könnten. 36das weisungsrecht des arbeitgebers erstreckt sich nach § 106 s. 2 gewo auch auf die ordnung des verhaltens des arbeitnehmers im betrieb. das weisungsrecht erstreckt sich daher auch auf die nach öffentlich-rechtlichen arbeitsschutzvorschriften notwendigen schutzmaßnahmen. der arbeitgeber kann und muss die pflicht zum tragen einer mund-nase-bedeckung im betrieb daher mittels seines direktionsrechts umsetzen. die beklagte hat als behörde mit öffentlichem publikumsverkehr, aber auch im hinblick auf die in ihrem haus beschäftigten mitarbeiter, ein erhebliches interesse daran, dass niemand sich in den räumlichkeiten des rathauses ohne eine mund-nase-bedeckung bzw. eines gesichtsvisier bewegt. sie hat den kläger zu recht angewiesen, zumindest ein gesichtsvisier außerhalb seines eigenen büros zu tragen, was ihm vergleich zu einer ffp2-maske ein milderes mittel darstellt. 37die anordnung ist auch verhältnismäßig unter berücksichtigung der tatsache, dass der kläger an einer psychischen erkrankung leidet, die es ihm unmöglich macht, der maskenpflicht nachzukommen. denn das interesse der beklagten, den ausstoß von aerosolen im rathaus auf dem geringstmöglichen niveau zu halten, geht in der abwägung dem interesse des klägers, ohne maske arbeiten zu können, vor. dabei durfte die beklagte auch berücksichtigen, dass der kläger auf grund einer psychischen erkrankung die maske nicht tragen kann und deshalb anspruch auf entgeltfortzahlung und krankengeld hat, der in der regel ausreichend ist, um eine heilung zu ermöglichen. 38ii. 39die begehrten vergütungsansprüche stehen dem kläger weder nach annahmeverzugsgesichtspunkten (§ 615 satz 1 bgb) noch unter schadensersatzgesichtspunkten (§ 280 abs. 1 bgb) zu. 401. 41der kläger hat keinen anspruch auf seine vergütung nach § 615 satz 1 bgb. die beklagte befand sich nicht im annahmeverzug. 42a. 43kommt der arbeitgeber mit der annahme der dienste nach den §§ 293 ff. bgb in verzug, so kann der arbeitnehmer nach § 615 satz 1 bgb für die in folge des verzugs nicht geleisteten dienste die vereinbarte vergütung verlangen, ohne zur nachleistung verpflichtet zu sein. der arbeitgeber kommt nach § 293 bgb in verzug, wenn er die ihm angebotene arbeitsleistung nicht annimmt. statt des tatsächlichen anbietens der arbeitskraft reicht im ausnahmefall auch das wörtliche angebot der arbeitskraft im sinne von § 295 bgb aus. das ist nur dann der fall, wenn der arbeitgeber bereits zuvor erklärt hat, dass er die leistung nicht annehmen werde (lag mecklenburg-vorpommern 18.5.2010 – 5 sa 243/09, juris rn. 30). 44b. 45die beklagte konnte bereits deshalb nicht in annahmeverzug geraten, da der kläger nach wie vor arbeitsunfähig erkrankt ist und im gesamten geltend zeitraum war und sich im krankengeldbezug befindet. der kläger kann seine arbeitsleistung mithin nicht wie geschuldet anbieten und erbringen. 462. 47schadensersatzansprüche des klägers bestehen nicht (§ 280 abs. 1 bgb). 48a. 49voraussetzungen eines jeden schadensersatzanspruchs, unabhängig davon, ob er auf § 823 abs. 1 bgb oder auf eine verletzung der arbeitsvertraglichen fürsorge- und treuepflicht gemäß § 280 abs. 1 i.v.m. § 242 bgb gestützt wird, ist, dass das leben, der körper, die gesundheit, die freiheit, das eigentum oder ein sonstiges recht eines anderen widerrechtlich verletzt wird. dabei muss die verletzung ursächlich auf ein handeln, tun oder unterlassen des schädigers zurückgeführt werden können. es muss ein ursachenzusammenhang zwischen dem verhalten des schädigers und der rechtsgutverletzung bestehen (haftungsbegründende kausalität) und zwischen der verletzung des rechtsguts und dem geltend gemachten schaden (haftungsausfüllende kausalität). 50ferner setzen schadensersatzansprüche gemäß § 823 abs. 1 bgb und § 280 abs. 1 bgb ein verschulden des schädigers voraus, also vorsatz oder fahrlässigkeit im sinne von § 276 bgb (vgl. palandt/sprau, § 823 bgb rn. 40). 51b. 52es fehlt nach dem bereits an einer pflichtverletzung der beklagten. weder war die beklagte verpflichtet, den kläger ohne mund-nase-bedeckung zu beschäftigen noch besteht ein anspruch auf eine beschäftigung im homeoffice (siehe dazu unter iii.). 53iii. 54auch der hilfsantrag des klägers ist unbegründet. 551. 56ein anspruch des klägers auf einem heimarbeitsplatz, arbeiten im homeoffice oder als mobile arbeit ist ebenfalls nicht gegeben. eine anspruchsgrundlage auf eine beschäftigung im homeoffice ergibt sich weder aus dem arbeitsvertrag noch aus gesetzlichen oder tariflichen vorschriften. der arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem arbeitnehmer tätigkeiten im homeoffice zu ermöglichen (lag köln, 12.04.2021 – 2 saga 1/21, juris; arbg augsburg, 07.05.2020 – 3 ga 9/20, nza-rr 2020 nr. 417). 57ein anspruch ergibt sich auch nicht aus § 2 abs. 4 sars-cov-2-arbeitsschutzverordnung, da die dortige regelung zum homeoffice zum einen nur bis zum 30.06.2021 gültigkeit hatte und zum anderen kein subjektives klagerecht beinhaltete. 582. 59zudem stehen der einrichtung eines mobilen arbeitsplatzes zwingende betriebsbedingte gründe entgegen. da das mobile arbeiten nur die bürotätigkeiten erfassen würde, die ohne austausch von bauakten und plänen und ohne besuch des rathauses möglich sind, bliebe es für die restlichen arbeiten bei einer arbeitsunfähigkeit des klägers. da das deutsche entgeltfortzahlungsgesetz keine teilarbeitsunfähigkeit kennt, wäre die investition in den mobilen arbeitsplatz unnütz, da sie die arbeitsfähigkeit des klägers nicht wieder herstellen kann. die dem kläger zugeordnete tätigkeit ist nicht vollständig durch technische und organisatorische maßnahmen so zu ändern, dass dieser seine vollständige arbeitsleistung von zu hause aus erbringen könnte. da es bei der beklagten an der einrichtung der elektronischen bauakten bislang fehlt, können die erforderlichen arbeitsmittel nicht mit zumutbarem aufwand für die arbeit zu hause zur verfügung gestellt werden. insbesondere das einscannen großer karten ist bei der beklagten noch nicht erfolgt. eine verpflichtung des arbeitgebers dies zu tun, besteht nicht – auch nicht unter dem aspekt der bereitstellung eines leidensgerechten arbeitsplatzes. das abholen von bauakten mit plänen setzt zudem den besuch des rathauses und damit den möglichen kontakt mit anderen arbeitnehmern voraus. da die pläne in der zeit, in der sie der kläger zu hause bearbeitet, anderen mitarbeitern nicht zugänglich sind, müssten kopien angefertigt werden. auch ist zu berücksichtigen, dass das nächtliche abholen der akten nicht mit § 5 arbzg zu vereinbaren ist, da es arbeitszeit darstellt und regelmäßig in der 11stündigen ruhezeit liegen dürfte. ebenso ist es nicht zumutbar, die bürgerberatungen auf offener straße durchführen zu lassen (vgl. insoweit lag köln 12.04.2021 – 2 saga 1/21). 60iv. 611. 62die kosten des rechtsstreits hat der kläger als unterliegende partei zu tragen (§ 46 abs. 2 arbgg i. v. m. § 91 abs. 1 zpo). 632. 64den gem. § 61 abs. 1 arbgg im urteil festzusetzenden streitwert hat die kammer mit einem gehalt für den beschäftigungsanspruch bemessen und den zahlungsansprüchen in höhe ihrer bezifferung (§ 3 zpo). | Verklagte*r | 0 |
338,711 | 6 K 1102/20 | 2021-06-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks N. .-weg 11 (Gemarkung N1. , Flur 00, Flurstück 000) in V. . Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut. Dabei hält der Hauptbaukörper einen Grenzabstand ein; an ihn schließen sich indes rückwärtige Anbauten an, die teilweise bis an die westliche Grundstücksgrenze heranreichen. Weitere Einzelheiten zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt: 3An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze 4Aufgrund eines anonymen Hinweises nahm die Beklagte das Grundstück im April 2016 oberflächlich in Augenschein. Unter dem 4. Mai 2016 wandte sie sich an die Klägerin und erklärte, es sei festgestellt worden, dass an der Nordseite des Gebäudes eine Dachgaube und ein Anbau errichtet worden seien und dass der zur westlichen Grundstücksgrenze bestehende Anbau aufgestockt worden sei. Eine Baugenehmigung liege diesbezüglich nicht vor. 5Im Juni 2016 fand ein gemeinsamer Ortstermin der Beteiligten statt, bei dem die vorgenommenen Umbauten im Einzelnen aufgenommen wurden. Die Vertreter der Klägerin kündigten die Fertigstellung eines Bauantrages bis Ende Juni an. Ein Bauantrag wurde allerdings in der Folgezeit nicht eingereicht. Die Beklagte kündigte daher unter dem 6. Juli 2016 den Erlass einer Beseitigungsverfügung an. 6Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 forderte die Beklagte die Klägerin auf, das Wohn- und Geschäftsgebäude inklusive des grenzständigen Anbaus und der sich nördlich anschließenden Terrassenüberdachung innerhalb von drei Monaten nach Bestandskraft der Ordnungsverfügung zu beseitigen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- € angedroht. Zur Begründung führte die Beklagte aus, durch den Um- und Anbau seien die ursprüngliche Baugenehmigung des Wohn- und Geschäftshauses sowie des grenzständigen Anbaus und auch der Bestandsschutz erloschen. Der Gebäudekomplex verletze das Abstandsflächenrecht. Die Bauaufsichtsbehörde sei in einem solchen Fall grundsätzlich gehalten, den vollständigen Abriss der Anlage anzuordnen. 7Gegen die ausweislich der Postzustellungsurkunde am 22. Oktober 2016 zugestellte Beseitigungsverfügung wurde kein Rechtsbehelf eingelegt. 8Im Januar 2017 fand ein Gespräch mit einem offenbar von der Klägerin beauftragten Architekten statt, bei dem diesem durch die Beklagte mitgeteilt wurde, dass für das Gebäude an der Grenze keine Baugenehmigung in Aussicht gestellt werden könne. 9Am 8. Juni 2017 stellte die Beklagte im Rahmen einer Ortsbesichtigung fest, dass die Beseitigungsverfügung vom 20. Oktober 2016 weder vollständig, noch teilweise erfüllt worden war. Mit Bescheid vom 11. August 2017 setzte die Beklagte daraufhin das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- € fest und drohte der Klägerin ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von nunmehr 15.000,- € an. Die gegen diesen Bescheid erhobene Anfechtungsklage (6 K 10329/17) wies das erkennende Gericht mit Gerichtsbescheid vom 23. August 2018 ab. Der Gerichtsbescheid ist rechtskräftig. 10Unter dem 7. März 2019 hörte die Beklagte die Klägerin zur Festsetzung des angedrohten weiteren Zwangsgeldes an. Daraufhin meldete sich am 1. April 2019 ein Architekturbüro und bat unter Hinweis auf eine entsprechende Beauftragung um einen Gesprächstermin zu dem Objekt. Ein Bauantrag wurde in der Folgezeit aber nicht gestellt. Bei einer Ortsbesichtigung am 21. Februar 2020 stellten Mitarbeiter der Beklagten fest, dass das Bauwerk unverändert ist. 11Mit Bescheid vom 21. Februar 2020 setzte die Beklagte das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 15.000,- € fest und drohte der Klägerin ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von nunmehr 20.000,- € an. Zur Begründung führte die Beklagte aus, das Gebäude sei unverändert, eine Rückmeldung des beauftragten Architekturbüros nicht erfolgt. 12Am 18. März 2020 hat die Klägerin Klage erhoben. 13Eine Klagebegründung ist nicht vorgelegt worden. 14Die Klägerin beantragt (schriftsätzlich), 15den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2020 - Aktenzeichen 0184/16 - aufzuheben. 16Die Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Die Kammer hat einen Gerichtsbescheid vom 25. März 2021 erlassen, gegen den fristgerecht die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt worden ist. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trotz des Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Klägerin ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist. 22Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 23Der angefochtene Bescheid vom 21. Februar 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. 24Die Festsetzung des Zwangsgeldes findet ihre Ermächtigungsgrundlage in den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 Abs. 1, 64 Verwaltungsvollstreckungsgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW). 25Gemäß § 55 Abs. 1 VwVG NRW kann ein auf die Vornahme einer Handlung gerichteter Verwaltungsakt mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat. Vorliegend ist die Beseitigungsverfügung vom 20. Oktober 2016 mit Ablauf der Klagefrist unanfechtbar geworden. Etwaige Einwände gegen diese der Vollstreckung zugrunde liegende Verfügung sind im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu prüfen. 26Nach § 57 Abs. 1 Nr. 2, § 60 VwVG NRW kommt als Zwangsmittel die Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes zwischen 10,- € und 100.000,- € in Betracht. Vorliegend hat die Beklagte in ihrem bestandskräftigen Bescheid vom 11. August 2017 (erneut) das Zwangsgeld als Zwangsmittel gewählt und in Höhe von 15.000,- € angedroht. 27Ob von der Anhörung vor Festsetzung des Zwangsgeldes gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) abgesehen werden durfte, kann dahinstehen. Denn die Klägerin ist von der Beklagten unter dem 7. März 2019 angehört worden. 28Nach § 64 VwVG NRW setzt die Vollzugsbehörde das Zwangsmittel fest, wenn die Verpflichtung nicht innerhalb der in der Androhung bestimmten Frist erfüllt wird. Vorliegend ist die Verpflichtung zum Abriss des Gebäudes bis zur Festsetzung des Zwangsgeldes nicht erfüllt worden, und zwar weder durch einen vollständigen Abriss des Gebäudekomplexes, noch durch einen Teilrückbau als Austauschmittel nach § 21 S. 2 Ordnungsbehördengesetz Nordrhein-Westfalen (OBG NRW), wie im Anhörungsschreiben der Beklagten vom 6. Juli 2016 erläutert. 29Ermessensfehler bei der Festsetzung des Zwangsgeldes sind nicht ersichtlich. Einer Darstellung der Ermessenserwägungen im Bescheid bedarf es bei der Zwangsgeldfestsetzung im Regelfall nicht. 30Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Januar 2010 - 15 B 1766/09 -, juris, und vom 14. März 2013 - 2 B 219/13 -, juris. 31Die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 Abs. 1, 63 Abs. 1 VwVG NRW und begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Insbesondere ist die Höhe des angedrohten weiteren Zwangsgeldes von 20.000,- € nicht unverhältnismäßig. Denn die Höhe des Zwangsgeldes darf sich vor allem daran orientieren, welches wirtschaftliche Interesse der Adressat an der Nichtbefolgung der Aufforderung hat. 32Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2012- 12 B 1339/12 -, juris. 33Aus Sicht der Kammer war es trotz der bisherigen Erfolglosigkeit der Vollstreckung auch noch nicht zwingend geboten, zu einem anderen Zwangsmittel, namentlich zur Ersatzvornahme, zu wechseln. Denn die Festsetzung des ersten Zwangsgeldes hatte immerhin zur Beauftragung eines (weiteren) Architekturbüros geführt, wenn auch dessen Bemühungen offenbar nicht in einen Bauantrag gemündet sind. Welchen Effekt die Festsetzung und Beitreibung des zweiten Zwangsgeldes haben würde, war in dem für die Überprüfung des Bescheides maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Die Beklagte durfte nach alledem davon ausgehen, dass die Androhung eines dritten, noch höheren Zwangsgeldes eine Wirkung würde entfalten können. 34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 35Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. 36Rechtsmittelbelehrung: 37Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 381. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 392. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 403. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 414. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 425. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 43Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen. 44Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der klägerin wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin ist eigentümerin des grundstücks n. .-weg 11 (gemarkung n1. , flur 00, flurstück 000) in v. . das grundstück ist mit einem wohnhaus bebaut. dabei hält der hauptbaukörper einen grenzabstand ein; an ihn schließen sich indes rückwärtige anbauten an, die teilweise bis an die westliche grundstücksgrenze heranreichen. weitere einzelheiten zeigt der nachfolgende kartenausschnitt: 3an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze 4aufgrund eines anonymen hinweises nahm die beklagte das grundstück im april 2016 oberflächlich in augenschein. unter dem 4. mai 2016 wandte sie sich an die klägerin und erklärte, es sei festgestellt worden, dass an der nordseite des gebäudes eine dachgaube und ein anbau errichtet worden seien und dass der zur westlichen grundstücksgrenze bestehende anbau aufgestockt worden sei. eine baugenehmigung liege diesbezüglich nicht vor. 5im juni 2016 fand ein gemeinsamer ortstermin der beteiligten statt, bei dem die vorgenommenen umbauten im einzelnen aufgenommen wurden. die vertreter der klägerin kündigten die fertigstellung eines bauantrages bis ende juni an. ein bauantrag wurde allerdings in der folgezeit nicht eingereicht. die beklagte kündigte daher unter dem 6. juli 2016 den erlass einer beseitigungsverfügung an. 6mit bescheid vom 20. oktober 2016 forderte die beklagte die klägerin auf, das wohn- und geschäftsgebäude inklusive des grenzständigen anbaus und der sich nördlich anschließenden terrassenüberdachung innerhalb von drei monaten nach bestandskraft der ordnungsverfügung zu beseitigen. für den fall der zuwiderhandlung wurde ein zwangsgeld in höhe von 10.000,- € angedroht. zur begründung führte die beklagte aus, durch den um- und anbau seien die ursprüngliche baugenehmigung des wohn- und geschäftshauses sowie des grenzständigen anbaus und auch der bestandsschutz erloschen. der gebäudekomplex verletze das abstandsflächenrecht. die bauaufsichtsbehörde sei in einem solchen fall grundsätzlich gehalten, den vollständigen abriss der anlage anzuordnen. 7gegen die ausweislich der postzustellungsurkunde am 22. oktober 2016 zugestellte beseitigungsverfügung wurde kein rechtsbehelf eingelegt. 8im januar 2017 fand ein gespräch mit einem offenbar von der klägerin beauftragten architekten statt, bei dem diesem durch die beklagte mitgeteilt wurde, dass für das gebäude an der grenze keine baugenehmigung in aussicht gestellt werden könne. 9am 8. juni 2017 stellte die beklagte im rahmen einer ortsbesichtigung fest, dass die beseitigungsverfügung vom 20. oktober 2016 weder vollständig, noch teilweise erfüllt worden war. mit bescheid vom 11. august 2017 setzte die beklagte daraufhin das angedrohte zwangsgeld in höhe von 10.000,- € fest und drohte der klägerin ein weiteres zwangsgeld in höhe von nunmehr 15.000,- € an. die gegen diesen bescheid erhobene anfechtungsklage (6 k 10329/17) wies das erkennende gericht mit gerichtsbescheid vom 23. august 2018 ab. der gerichtsbescheid ist rechtskräftig. 10unter dem 7. märz 2019 hörte die beklagte die klägerin zur festsetzung des angedrohten weiteren zwangsgeldes an. daraufhin meldete sich am 1. april 2019 ein architekturbüro und bat unter hinweis auf eine entsprechende beauftragung um einen gesprächstermin zu dem objekt. ein bauantrag wurde in der folgezeit aber nicht gestellt. bei einer ortsbesichtigung am 21. februar 2020 stellten mitarbeiter der beklagten fest, dass das bauwerk unverändert ist. 11mit bescheid vom 21. februar 2020 setzte die beklagte das angedrohte zwangsgeld in höhe von 15.000,- € fest und drohte der klägerin ein weiteres zwangsgeld in höhe von nunmehr 20.000,- € an. zur begründung führte die beklagte aus, das gebäude sei unverändert, eine rückmeldung des beauftragten architekturbüros nicht erfolgt. 12am 18. märz 2020 hat die klägerin klage erhoben. 13eine klagebegründung ist nicht vorgelegt worden. 14die klägerin beantragt (schriftsätzlich), 15den bescheid der beklagten vom 21. februar 2020 - aktenzeichen 0184/16 - aufzuheben. 16die beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18die kammer hat einen gerichtsbescheid vom 25. märz 2021 erlassen, gegen den fristgerecht die durchführung der mündlichen verhandlung beantragt worden ist. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die von der beklagten übersandten verwaltungsvorgänge bezug genommen. 20 | 21das gericht kann gemäß § 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) trotz des ausbleibens der klägerin in der mündlichen verhandlung entscheiden, da die klägerin ordnungsgemäß geladen und auf die folgen eines fernbleibens von der mündlichen verhandlung hingewiesen worden ist. 22die klage ist zulässig, aber unbegründet. 23der angefochtene bescheid vom 21. februar 2020 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 1 s. 1 vwgo. 24die festsetzung des zwangsgeldes findet ihre ermächtigungsgrundlage in den §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60 abs. 1, 64 verwaltungsvollstreckungsgesetz nordrhein-westfalen (vwvg nrw). 25gemäß § 55 abs. 1 vwvg nrw kann ein auf die vornahme einer handlung gerichteter verwaltungsakt mit zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein rechtsmittel keine aufschiebende wirkung hat. vorliegend ist die beseitigungsverfügung vom 20. oktober 2016 mit ablauf der klagefrist unanfechtbar geworden. etwaige einwände gegen diese der vollstreckung zugrunde liegende verfügung sind im vorliegenden verfahren nicht mehr zu prüfen. 26nach § 57 abs. 1 nr. 2, § 60 vwvg nrw kommt als zwangsmittel die androhung und festsetzung eines zwangsgeldes zwischen 10,- € und 100.000,- € in betracht. vorliegend hat die beklagte in ihrem bestandskräftigen bescheid vom 11. august 2017 (erneut) das zwangsgeld als zwangsmittel gewählt und in höhe von 15.000,- € angedroht. 27ob von der anhörung vor festsetzung des zwangsgeldes gemäß § 28 abs. 2 nr. 5 verwaltungsverfahrensgesetz nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) abgesehen werden durfte, kann dahinstehen. denn die klägerin ist von der beklagten unter dem 7. märz 2019 angehört worden. 28nach § 64 vwvg nrw setzt die vollzugsbehörde das zwangsmittel fest, wenn die verpflichtung nicht innerhalb der in der androhung bestimmten frist erfüllt wird. vorliegend ist die verpflichtung zum abriss des gebäudes bis zur festsetzung des zwangsgeldes nicht erfüllt worden, und zwar weder durch einen vollständigen abriss des gebäudekomplexes, noch durch einen teilrückbau als austauschmittel nach § 21 s. 2 ordnungsbehördengesetz nordrhein-westfalen (obg nrw), wie im anhörungsschreiben der beklagten vom 6. juli 2016 erläutert. 29ermessensfehler bei der festsetzung des zwangsgeldes sind nicht ersichtlich. einer darstellung der ermessenserwägungen im bescheid bedarf es bei der zwangsgeldfestsetzung im regelfall nicht. 30vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 25. januar 2010 - 15 b 1766/09 -, juris, und vom 14. märz 2013 - 2 b 219/13 -, juris. 31die androhung eines weiteren zwangsgeldes beruht auf den §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60 abs. 1, 63 abs. 1 vwvg nrw und begegnet ebenfalls keinen bedenken. insbesondere ist die höhe des angedrohten weiteren zwangsgeldes von 20.000,- € nicht unverhältnismäßig. denn die höhe des zwangsgeldes darf sich vor allem daran orientieren, welches wirtschaftliche interesse der adressat an der nichtbefolgung der aufforderung hat. 32vgl. dazu ovg nrw, beschluss vom 19. dezember 2012- 12 b 1339/12 -, juris. 33aus sicht der kammer war es trotz der bisherigen erfolglosigkeit der vollstreckung auch noch nicht zwingend geboten, zu einem anderen zwangsmittel, namentlich zur ersatzvornahme, zu wechseln. denn die festsetzung des ersten zwangsgeldes hatte immerhin zur beauftragung eines (weiteren) architekturbüros geführt, wenn auch dessen bemühungen offenbar nicht in einen bauantrag gemündet sind. welchen effekt die festsetzung und beitreibung des zweiten zwangsgeldes haben würde, war in dem für die überprüfung des bescheides maßgeblichen zeitpunkt noch nicht absehbar. die beklagte durfte nach alledem davon ausgehen, dass die androhung eines dritten, noch höheren zwangsgeldes eine wirkung würde entfalten können. 34die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 35die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung. 36rechtsmittelbelehrung: 37gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 381. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 392. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 403. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 414. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 425. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 43die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv, einzureichen. 44im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. | Verklagte*r | 0 |
164,311 | 4 K 4019/13 | 2015-07-06T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid des beklagten Landes vom 6. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 2. Dezember 2013 wird aufgehoben. Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die am geborene Klägerin ist Mutter dreier Kinder. Sie absolvierte das Studium für das Lehramt für die Sekundarstufe I und II mit der Fächerkombination Kunst/Pädagogik und trat zum 15. Dezember 1994 erstmalig in den Vorbereitungsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen im Regierungsbezirk E. ein. Wegen der Geburt und Betreuung ihrer Kinder war die Klägerin längere Zeit beurlaubt. Mit Ablauf des 31. Dezember 2000 wurde die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen aus dem Vorbereitungsdienst entlassen. Eine gegen die Entlassungsverfügung der Klägerin gerichtete Klage wies das erkennende Gericht durch Urteil vom 4. Juni 2003 (4 K 2769/02) ab. 3Am 16. April 2007 wurde die Klägerin erneut in den Vorbereitungsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen eingestellt, nunmehr im Regierungsbezirk B. , und unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Studienreferendarin für das Lehramt für die Sekundarstufe II ernannt. 4Wegen zahlreicher Dienstunfähigkeitszeiten wurde der Vorbereitungsdienst mehrmals verlängert. Unter anderem war die Klägerin in der Zeit vom 31. August 2009 bis zum 15. August 2011 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. Nach Anhörung entließ die Bezirksregierung B. die Klägerin mit Bescheid vom 24. April 2012 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Zur Begründung führte sie aus, der Krankheitsverlauf lasse keine Perspektive für eine weitere geordnete Ausbildung und für die Ablegung der Prüfung erkennen. Die Bezirksregierung ordnete die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung an. 5Am 7. Mai 2012 erhob die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und beantragte zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Mit Schreiben vom 16. Mai 2012 informierte die Bezirksregierung B. das LBV über die zwischenzeitlich ergangene Entlassungsverfügung. In dem Schreiben heißt es weiter: „Da Frau L. hiergegen aber Klage erhoben hat, ist die Rechtskraft aber noch nicht erwachsen. Bis zu einer endgültigen rechtskräftigen Klärung sind daher die Anwärterbezüge weiterzuzahlen.“ 6Den Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen durch Beschluss vom 14. Juni 2012 (1 L 598/12) ab. Das Oberverwaltungsgericht NRW wies die dagegen gerichtete Beschwerde der Klägerin durch Beschluss vom 20. August 2012 (6 B 766/12) zurück. Die Klage wies das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen durch Urteil vom 8. März 2013 ab. Das Urteil ist rechtskräftig. 7Das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) zahlte der Klägerin die Bezüge für die Monate Mai bis September 2012 in voller Höhe aus und stellte die Zahlung mit Ablauf des Monats September 2012 ein. 8Mit Bescheid vom 6. September 2012 forderte das LBV von der Klägerin einen Betrag von 9.182,25 € zurück. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei mit Ablauf des 30. April 2012 aus dem Dienst des Landes NRW ausgeschieden, ihre Bezüge seien aber in unveränderter Höhe bis zum 30. September 2012 gezahlt worden. Monatlich seien der Klägerin 1.836,45 € gezahlt worden, sodass sich insgesamt eine Überzahlung von 9.182,25 € ergebe. 9Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies das LBV mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2013 zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass nach Abschluss des Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen nunmehr rechtskräftig feststehe, dass die Klägerin mit Wirkung vom 1. Mai 2012 rechtswirksam aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden sei und ein Besoldungsanspruch daher ab dem 1. Mai 2012 nicht mehr bestanden habe. Die Bezüge seien der Klägerin über den Entlassungszeitpunkt hinaus gezahlt worden, da sie beim Oberverwaltungsgericht NRW Beschwerde gegen die Ablehnung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, die aufschiebende Wirkung der gegen die Entlassungsverfügung erhobenen Klage wiederherzustellen, eingelegt habe. Von der Rückforderung könne auch aus Billigkeitsgründen weder ganz noch teilweise abgesehen werden, da die Klägerin trotz entsprechender Aufforderung keine Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe und insoweit davon auszugehen sei, dass die Rückzahlung für die Klägerin tragbar sei. Falls der Klägerin eine Rückzahlung aus wirtschaftlichen Gründen nur in Raten möglich sei, würde auf entsprechenden Antrag hin eine angemessene Ratenzahlung geprüft. 10Am 30. Dezember 2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, die Bezüge seien nicht ohne Sachgrund gezahlt worden. Vielmehr habe das LBV den Grund der Zahlung selbst benannt. Dieser liege in der Tatsache, dass die Klägerin vor dem Oberverwaltungsgericht NRW Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen eingelegt habe. 11Die Klägerin beantragt, 12den Bescheid vom 6. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 2. Dezember 2013 aufzuheben. 13Das beklagte Land beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung wiederholt und vertieft es sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Ergänzend trägt es vor, die Bezüge seien über den 30. April 2012 hinaus in voller Höhe weitergezahlt worden, weil der Antrag der Klägerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sowie die anschließende Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen aufschiebende Wirkung entfaltet habe. Solange diese Wirkung nicht beseitigt gewesen sei, habe die Verpflichtung bestanden, die Dienstbezüge an die Klägerin monatlich weiter zu zahlen. Die Klägerin verkenne die Vorläufigkeit des Rechtsgrundes, die durch die aufschiebende Wirkung des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz bewirkt worden sei. Dieser Rechtsgrund sei mit Eintritt der Bestandskraft der Entlassungsverfügung rückwirkend entfallen. Die aufgrund der aufschiebenden Wirkung erfolgte Zahlung der Dienstbezüge habe von Anfang an unter dem gesetzlichen Vorbehalt der Rückforderung gestanden. Insoweit habe die Klägerin nicht darauf vertrauen können, die über den Entlassungszeitpunkt hinaus gezahlten Bezüge behalten zu dürfen. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verfahrensakten 1 K 2289/12 und 1 L 598/12 des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen sowie des Verwaltungsvorgangs des LBV Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Rückforderungsbescheid des LBV vom 6. September 2012 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 2. Dezember 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 19Zwar steht dem beklagten Land ein Anspruch auf Rückzahlung der überzahlten Besoldungsbezüge nach § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) zu (dazu I.). Jedoch hat es die ihm gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG obliegende Billigkeitsentscheidung rechtsfehlerhaft getroffen (dazu II.). Die Rechtswidrigkeit der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG hat die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheides insgesamt und damit seine vollständige Aufhebung zur Folge (dazu III.). 20I. 21Der Rückforderungsanspruch des beklagten Landes findet seine Grundlage in § 12 Abs. 2 des hier noch anwendbaren BBesG. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG richtet sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 818 ff. Bürgerliches Gesetzbuch - BGB), soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Nach diesen Vorschriften sind rechtsgrundlos erlangte Leistungen grundsätzlich zurück zu zahlen. 22Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin hat ihre Anwärterbezüge in Höhe von 1.836,45 € von Mai bis September 2012 ohne Rechtsgrund erhalten. Ihr Anspruch auf Besoldung endete gemäß § 3 Abs. 2 BBesG mit Ablauf des 30. April 2012, weil sie mit Ablauf des Monats April 2012 sofort vollziehbar aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen worden war. Es bestand auch kein vorläufiger Rechtsgrund für die Zahlung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht NRW im August 2012. Denn weder der von der Klägerin beim VG Gelsenkirchen gestellte Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes noch die gegen die ablehnende Entscheidung beim OVG eingelegte Beschwerde entfalteten aufschiebende Wirkung. Vielmehr ging es in dem Verfahren gerade um die Frage, ob angesichts der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung die aufschiebende Wirkung der dagegen erhobenen Klage wiederherzustellen war. 23Zwar ist vorliegend zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass sie die gezahlten Bezüge zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes vollständig aufgebraucht hat und daher i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB entreichert ist. Sie war im streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht verheiratet und erhielt ausweislich des im Verwaltungsvorgang enthaltenen Schriftverkehrs betreffend die Zahlung der Kinderzuschläge keine Unterhaltsleistungen für ihre drei Kinder. Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin die monatlich gezahlten 1.836,45 € zur Bestreitung des Lebensunterhalts ihrer vier-köpfigen Familie vollständig aufgebraucht hat. 24Die Klägerin ist vorliegend aber dessen ungeachtet zur Rückzahlung der überzahlten Bezüge verpflichtet. Denn der Mangel des rechtlichen Grundes für die Zahlung war vorliegend so offensichtlich, dass die anwaltlich vertretene Klägerin ihn hätte erkennen müssen, sodass sie sich gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG i.V.m. § 819 Abs. 1 BGB nicht auf ihre Entreicherung berufen kann. 25Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Mangel des rechtlichen Grundes offensichtlich, wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat oder – mit anderen Worten – er den Fehler etwa durch Nachdenken oder logische Schlussfolgerung hätte erkennen müssen. Das Fehlen des Rechtsgrundes für die Zahlung ist also dann offensichtlich, wenn er für den Empfänger ohne weiteres erkennbar ist. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 4.11 -, juris, Rdn. 10 m.w.N. und - 2 C 15.10 -, juris, Rdn. 16 m.w.N. 27Zu den Sorgfaltspflichten des Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht auch, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhält, nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen. 28Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 4.11 -, juris, Rdn. 11 m.w.N. und - 2 C 15.10 -, juris, Rdn. 17 m.w.N. 29Ist der Beamte aber bereits verpflichtet, die erhaltene Besoldung hinsichtlich der Richtigkeit ihrer Höhe zu überprüfen, muss dies erst recht gelten, wenn – wie hier – in Frage steht, ob ihm überhaupt eine Besoldung zusteht. 30Diese Sorgfaltspflicht hat die Klägerin in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Denn ihr musste sich angesichts ihrer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf aufdrängen, dass ihr keine Bezüge mehr zustanden, das an sie überwiesene Geld also irrtümlich angewiesen worden war. Gerade eine rechtsunkundige Beamtin, die keine Kenntnis über eine etwaige aufschiebende Wirkung eingelegter Rechtsmittel gehabt haben dürfte, müsste davon ausgegangen sein, dass mit der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auch ihre Besoldung entfallen würde. Selbst wenn man in dem vorliegenden Fall aufgrund des bereits gegen die erste Entlassungsverfügung der Bezirksregierung E. aus dem Jahr 2000 geführten Klageverfahrens davon ausginge, dass die Klägerin annahm, ihre Klage habe aufschiebende Wirkung, wäre dessen ungeachtet von einer Sorgfaltspflichtverletzung in ungewöhnlich hohem Maße auszugehen, da die Klägerin durchgängig anwaltlich vertreten war. 31II. 32Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG kann allerdings aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezweckt eine Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, sodass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen. 33Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 4.11 -, juris, Rdn. 18, m.w.N. und Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 15.10 -, juris, Rdn. 24 m.w.N. 34Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG einzubeziehen. 35Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 4.11 -, juris, Rdn. 19, m.w.N. und Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 15.10 -, juris, Rdn. 25 m.w.N. 36Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. In diesen Fällen ist der Beamte entreichert, kann sich aber auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen. Dann muss sich die überwiegende behördliche Verantwortung für die Überzahlung aber in der Billigkeitsentscheidung niederschlagen. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Beamte, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Beamte, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. Angesichts dessen erscheint ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 Prozent des überzahlten Betrages im Regelfall als angemessen. Bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher Probleme des Beamten, kann auch eine darüber hinausgehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrages in Betracht kommen. 37Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 4.11 -, juris, Rdn. 20 und Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 15.10 - , juris, Rdn. 26. 38Eine diesen Grundsätzen entsprechende Billigkeitsentscheidung hat das LBV vorliegend nicht getroffen. Es hat das Maß des Mitverschuldens der Behörden des beklagten Landes nicht hinreichend berücksichtigt. Vorliegend liegt der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung, denn weder die Bezirksregierung B. als entlassende Behörde noch das LBV erkannten, dass aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entlassung die dagegen gerichtete Klage der Klägerin keine aufschiebende Wirkung entfaltete, und zwar auch nicht während des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens. Dass die Weiterzahlung der Bezüge an die Klägerin auf diesem Irrtum beruhte, belegt das Schreiben der Bezirksregierung B. an das LBV vom 16. Mai 2012, in dem die Bezirksregierung mitteilt, die Bezüge seien bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu zahlen. Selbst wenn vor diesem Hintergrund von einem alleinigen Verschulden der Bezirksregierung B. und nicht auch des LBV auszugehen wäre, ändert dies nichts an dem Befund, dass der Grund für die Überzahlung jedenfalls in einem überwiegenden behördlichen Verschulden lag, das dem beklagten Land zuzurechnen ist. Das (spätere) Mitverschulden der Klägerin, die aufgrund der offensichtlich irrtümlichen Weiterzahlung der Bezüge zumindest hätte nachfragen müssen, ob es damit seine Richtigkeit hat, tritt hinter diesem behördlichen Verschulden zurück. 39Vor diesem Hintergrund wäre im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG allein ein teilweises Absehen von der Rückforderung ermessensgerecht gewesen. 40III. 41Die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG hat die Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung insgesamt zur Folge. Ein Rückforderungsbescheid darf nicht ergehen, ohne dass eine Billigkeitsentscheidung getroffen worden ist, da diese den Rückzahlungsanspruch zugunsten des Schuldners modifiziert. 42Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 - 2 C 2.01 -, juris, Rdn. 21, vom 26. April 2012 - 2 C 4.11 -, juris, Rdn. 23, und vom 26. April 2012 - 2 C 15.10 -, juris, Rdn. 29. 43Die Billigkeitsentscheidung betrifft nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheids, sondern den materiellen Bestand des Rückforderungsanspruchs und ist deshalb zwingend vor der Rückforderung zu treffen. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1993 - 10 A 1.91 -, juris, Rdn. 29 zu § 87 Abs. 2 Satz 3 BBG, sowie Urteile vom 26. April 2012 - 2 C 4.11 -, Rdn. 23 und - 2 C 15.10 -, Rdn. 29, beide juris. 45Vor der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG steht lediglich die Höhe der Überzahlung fest, nicht aber, ob, in welcher Höhe und mit welchen Modalitäten diese Überzahlung auch einen Rückforderungsanspruch nach § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG begründet. Die Billigkeitsentscheidung ist damit notwendiger und untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung. 46Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 4.11 -, juris, Rdn. 23, und vom 26. April 2012 - 2 C 15.10 -, juris, Rdn. 29. 47Vor diesem Hintergrund ist der Rückforderungsbescheid in der Fassung des Widerspruchbescheides in voller Höhe aufzuheben, da eine ermessensfehlerfreie Billigkeitsentscheidung durch das LBV bislang nicht getroffen worden ist und das Gericht diese nicht anstelle der Behörde treffen kann. 48Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. | der bescheid des beklagten landes vom 6. september 2012 in der gestalt des widerspruchbescheides vom 2. dezember 2013 wird aufgehoben. das beklagte land trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die am geborene klägerin ist mutter dreier kinder. sie absolvierte das studium für das lehramt für die sekundarstufe i und ii mit der fächerkombination kunst/pädagogik und trat zum 15. dezember 1994 erstmalig in den vorbereitungsdienst des landes nordrhein-westfalen im regierungsbezirk e. ein. wegen der geburt und betreuung ihrer kinder war die klägerin längere zeit beurlaubt. mit ablauf des 31. dezember 2000 wurde die klägerin aus gesundheitlichen gründen aus dem vorbereitungsdienst entlassen. eine gegen die entlassungsverfügung der klägerin gerichtete klage wies das erkennende gericht durch urteil vom 4. juni 2003 (4 k 2769/02) ab. 3am 16. april 2007 wurde die klägerin erneut in den vorbereitungsdienst des landes nordrhein-westfalen eingestellt, nunmehr im regierungsbezirk b. , und unter berufung in das beamtenverhältnis auf widerruf zur studienreferendarin für das lehramt für die sekundarstufe ii ernannt. 4wegen zahlreicher dienstunfähigkeitszeiten wurde der vorbereitungsdienst mehrmals verlängert. unter anderem war die klägerin in der zeit vom 31. august 2009 bis zum 15. august 2011 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. nach anhörung entließ die bezirksregierung b. die klägerin mit bescheid vom 24. april 2012 aus dem beamtenverhältnis auf widerruf. zur begründung führte sie aus, der krankheitsverlauf lasse keine perspektive für eine weitere geordnete ausbildung und für die ablegung der prüfung erkennen. die bezirksregierung ordnete die sofortige vollziehung der entlassungsverfügung an. 5am 7. mai 2012 erhob die klägerin klage beim verwaltungsgericht gelsenkirchen und beantragte zugleich die gewährung einstweiligen rechtsschutzes. mit schreiben vom 16. mai 2012 informierte die bezirksregierung b. das lbv über die zwischenzeitlich ergangene entlassungsverfügung. in dem schreiben heißt es weiter: „da frau l. hiergegen aber klage erhoben hat, ist die rechtskraft aber noch nicht erwachsen. bis zu einer endgültigen rechtskräftigen klärung sind daher die anwärterbezüge weiterzuzahlen.“ 6den antrag der klägerin auf gewährung einstweiligen rechtsschutzes lehnte das verwaltungsgericht gelsenkirchen durch beschluss vom 14. juni 2012 (1 l 598/12) ab. das oberverwaltungsgericht nrw wies die dagegen gerichtete beschwerde der klägerin durch beschluss vom 20. august 2012 (6 b 766/12) zurück. die klage wies das verwaltungsgericht gelsenkirchen durch urteil vom 8. märz 2013 ab. das urteil ist rechtskräftig. 7das landesamt für besoldung und versorgung (lbv) zahlte der klägerin die bezüge für die monate mai bis september 2012 in voller höhe aus und stellte die zahlung mit ablauf des monats september 2012 ein. 8mit bescheid vom 6. september 2012 forderte das lbv von der klägerin einen betrag von 9.182,25 € zurück. zur begründung führte es aus, die klägerin sei mit ablauf des 30. april 2012 aus dem dienst des landes nrw ausgeschieden, ihre bezüge seien aber in unveränderter höhe bis zum 30. september 2012 gezahlt worden. monatlich seien der klägerin 1.836,45 € gezahlt worden, sodass sich insgesamt eine überzahlung von 9.182,25 € ergebe. 9den hiergegen gerichteten widerspruch wies das lbv mit widerspruchsbescheid vom 2. dezember 2013 zurück. zur begründung führte es im wesentlichen aus, dass nach abschluss des klageverfahrens vor dem verwaltungsgericht gelsenkirchen nunmehr rechtskräftig feststehe, dass die klägerin mit wirkung vom 1. mai 2012 rechtswirksam aus dem beamtenverhältnis entlassen worden sei und ein besoldungsanspruch daher ab dem 1. mai 2012 nicht mehr bestanden habe. die bezüge seien der klägerin über den entlassungszeitpunkt hinaus gezahlt worden, da sie beim oberverwaltungsgericht nrw beschwerde gegen die ablehnung des verwaltungsgerichts gelsenkirchen, die aufschiebende wirkung der gegen die entlassungsverfügung erhobenen klage wiederherzustellen, eingelegt habe. von der rückforderung könne auch aus billigkeitsgründen weder ganz noch teilweise abgesehen werden, da die klägerin trotz entsprechender aufforderung keine angaben über ihre wirtschaftlichen verhältnisse gemacht habe und insoweit davon auszugehen sei, dass die rückzahlung für die klägerin tragbar sei. falls der klägerin eine rückzahlung aus wirtschaftlichen gründen nur in raten möglich sei, würde auf entsprechenden antrag hin eine angemessene ratenzahlung geprüft. 10am 30. dezember 2013 hat die klägerin klage erhoben. zur begründung führt sie aus, die bezüge seien nicht ohne sachgrund gezahlt worden. vielmehr habe das lbv den grund der zahlung selbst benannt. dieser liege in der tatsache, dass die klägerin vor dem oberverwaltungsgericht nrw beschwerde gegen die ablehnende entscheidung des verwaltungsgerichts gelsenkirchen eingelegt habe. 11die klägerin beantragt, 12den bescheid vom 6. september 2012 in der gestalt des widerspruchbescheides vom 2. dezember 2013 aufzuheben. 13das beklagte land beantragt, 14 die klage abzuweisen. 15zur begründung wiederholt und vertieft es sein vorbringen aus dem vorverfahren. ergänzend trägt es vor, die bezüge seien über den 30. april 2012 hinaus in voller höhe weitergezahlt worden, weil der antrag der klägerin auf gewährung einstweiligen rechtsschutzes sowie die anschließende beschwerde gegen die ablehnende entscheidung des verwaltungsgerichts gelsenkirchen aufschiebende wirkung entfaltet habe. solange diese wirkung nicht beseitigt gewesen sei, habe die verpflichtung bestanden, die dienstbezüge an die klägerin monatlich weiter zu zahlen. die klägerin verkenne die vorläufigkeit des rechtsgrundes, die durch die aufschiebende wirkung des antrages auf einstweiligen rechtsschutz bewirkt worden sei. dieser rechtsgrund sei mit eintritt der bestandskraft der entlassungsverfügung rückwirkend entfallen. die aufgrund der aufschiebenden wirkung erfolgte zahlung der dienstbezüge habe von anfang an unter dem gesetzlichen vorbehalt der rückforderung gestanden. insoweit habe die klägerin nicht darauf vertrauen können, die über den entlassungszeitpunkt hinaus gezahlten bezüge behalten zu dürfen. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte, der beigezogenen verfahrensakten 1 k 2289/12 und 1 l 598/12 des verwaltungsgerichts gelsenkirchen sowie des verwaltungsvorgangs des lbv bezug genommen. 17 | 18die zulässige klage ist auch begründet. der rückforderungsbescheid des lbv vom 6. september 2012 in gestalt des widerspruchbescheides vom 2. dezember 2013 ist rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 19zwar steht dem beklagten land ein anspruch auf rückzahlung der überzahlten besoldungsbezüge nach § 12 abs. 2 satz 1 und 2 bundesbesoldungsgesetz (bbesg) zu (dazu i.). jedoch hat es die ihm gemäß § 12 abs. 2 satz 3 bbesg obliegende billigkeitsentscheidung rechtsfehlerhaft getroffen (dazu ii.). die rechtswidrigkeit der billigkeitsentscheidung nach § 12 abs. 2 satz 3 bbesg hat die rechtswidrigkeit des rückforderungsbescheides insgesamt und damit seine vollständige aufhebung zur folge (dazu iii.). 20i. 21der rückforderungsanspruch des beklagten landes findet seine grundlage in § 12 abs. 2 des hier noch anwendbaren bbesg. nach § 12 abs. 2 satz 1 bbesg richtet sich die rückforderung zu viel gezahlter bezüge nach den vorschriften des bürgerlichen rechts über die herausgabe einer ungerechtfertigten bereicherung (§§ 818 ff. bürgerliches gesetzbuch - bgb), soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. nach diesen vorschriften sind rechtsgrundlos erlangte leistungen grundsätzlich zurück zu zahlen. 22diese voraussetzungen liegen hier vor. die klägerin hat ihre anwärterbezüge in höhe von 1.836,45 € von mai bis september 2012 ohne rechtsgrund erhalten. ihr anspruch auf besoldung endete gemäß § 3 abs. 2 bbesg mit ablauf des 30. april 2012, weil sie mit ablauf des monats april 2012 sofort vollziehbar aus dem beamtenverhältnis auf widerruf entlassen worden war. es bestand auch kein vorläufiger rechtsgrund für die zahlung bis zum rechtskräftigen abschluss des beschwerdeverfahrens vor dem oberverwaltungsgericht nrw im august 2012. denn weder der von der klägerin beim vg gelsenkirchen gestellte antrag auf gewährung einstweiligen rechtsschutzes noch die gegen die ablehnende entscheidung beim ovg eingelegte beschwerde entfalteten aufschiebende wirkung. vielmehr ging es in dem verfahren gerade um die frage, ob angesichts der anordnung der sofortigen vollziehung der entlassungsverfügung die aufschiebende wirkung der dagegen erhobenen klage wiederherzustellen war. 23zwar ist vorliegend zugunsten der klägerin davon auszugehen, dass sie die gezahlten bezüge zur bestreitung ihres lebensunterhaltes vollständig aufgebraucht hat und daher i.s.d. § 818 abs. 3 bgb entreichert ist. sie war im streitgegenständlichen zeitpunkt nicht verheiratet und erhielt ausweislich des im verwaltungsvorgang enthaltenen schriftverkehrs betreffend die zahlung der kinderzuschläge keine unterhaltsleistungen für ihre drei kinder. vor diesem hintergrund geht die kammer davon aus, dass die klägerin die monatlich gezahlten 1.836,45 € zur bestreitung des lebensunterhalts ihrer vier-köpfigen familie vollständig aufgebraucht hat. 24die klägerin ist vorliegend aber dessen ungeachtet zur rückzahlung der überzahlten bezüge verpflichtet. denn der mangel des rechtlichen grundes für die zahlung war vorliegend so offensichtlich, dass die anwaltlich vertretene klägerin ihn hätte erkennen müssen, sodass sie sich gem. § 12 abs. 2 satz 2 bbesg i.v.m. § 819 abs. 1 bgb nicht auf ihre entreicherung berufen kann. 25nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ist der mangel des rechtlichen grundes offensichtlich, wenn der empfänger die überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im verkehr erforderliche sorgfalt in ungewöhnlich hohem maße außer acht gelassen hat oder – mit anderen worten – er den fehler etwa durch nachdenken oder logische schlussfolgerung hätte erkennen müssen. das fehlen des rechtsgrundes für die zahlung ist also dann offensichtlich, wenn er für den empfänger ohne weiteres erkennbar ist. 26vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2012 - 2 c 4.11 -, juris, rdn. 10 m.w.n. und - 2 c 15.10 -, juris, rdn. 16 m.w.n. 27zu den sorgfaltspflichten des beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen treuepflicht auch, die besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten änderungen im dienstlichen oder persönlichen bereich auf ihre richtigkeit zu überprüfen und auf überzahlungen zu achten. er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren grund höhere leistungen erhält, nicht ohne weiteres auf die rechtmäßigkeit der zahlung verlassen. 28vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2012 - 2 c 4.11 -, juris, rdn. 11 m.w.n. und - 2 c 15.10 -, juris, rdn. 17 m.w.n. 29ist der beamte aber bereits verpflichtet, die erhaltene besoldung hinsichtlich der richtigkeit ihrer höhe zu überprüfen, muss dies erst recht gelten, wenn – wie hier – in frage steht, ob ihm überhaupt eine besoldung zusteht. 30diese sorgfaltspflicht hat die klägerin in ungewöhnlich hohem maße verletzt. denn ihr musste sich angesichts ihrer entlassung aus dem beamtenverhältnis auf widerruf aufdrängen, dass ihr keine bezüge mehr zustanden, das an sie überwiesene geld also irrtümlich angewiesen worden war. gerade eine rechtsunkundige beamtin, die keine kenntnis über eine etwaige aufschiebende wirkung eingelegter rechtsmittel gehabt haben dürfte, müsste davon ausgegangen sein, dass mit der entlassung aus dem beamtenverhältnis auch ihre besoldung entfallen würde. selbst wenn man in dem vorliegenden fall aufgrund des bereits gegen die erste entlassungsverfügung der bezirksregierung e. aus dem jahr 2000 geführten klageverfahrens davon ausginge, dass die klägerin annahm, ihre klage habe aufschiebende wirkung, wäre dessen ungeachtet von einer sorgfaltspflichtverletzung in ungewöhnlich hohem maße auszugehen, da die klägerin durchgängig anwaltlich vertreten war. 31ii. 32nach § 12 abs. 2 satz 3 bbesg kann allerdings aus billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der rückforderung abgesehen werden. nach der ständigen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts bezweckt eine billigkeitsentscheidung nach § 12 abs. 2 satz 3 bbesg eine allen umständen des einzelfalles gerecht werdende, für die behörde zumutbare und für den beamten tragbare lösung zu ermöglichen, bei der auch alter, leistungsfähigkeit und sonstige lebensverhältnisse des herausgabepflichtigen eine maßgebende rolle spielen. sie ist ausdruck des auch im öffentlichen recht geltenden grundsatzes von treu und glauben und stellt eine sinnvolle ergänzung des ohnehin von dem gleichen grundsatz geprägten rechts der ungerechtfertigten bereicherung dar, sodass sie vor allem in fällen der verschärften haftung von bedeutung ist. dabei ist jedoch nicht die gesamte rechtsbeziehung, aus welcher der bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem gesichtspunkt von treu und glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete rückforderungsbegehren und vor allem auf die modalitäten der rückabwicklung und ihre auswirkungen auf die lebensumstände des beamten abzustellen. 33vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2012 - 2 c 4.11 -, juris, rdn. 18, m.w.n. und urteil vom 26. april 2012 - 2 c 15.10 -, juris, rdn. 24 m.w.n. 34bei der billigkeitsentscheidung ist von besonderer bedeutung, wessen verantwortungsbereich die überzahlung zuzuordnen ist und in welchem maße ein verschulden oder mitverschulden hierfür ursächlich war. ein mitverschulden der behörde an der überzahlung ist in die ermessensentscheidung nach § 12 abs. 2 satz 3 bbesg einzubeziehen. 35vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2012 - 2 c 4.11 -, juris, rdn. 19, m.w.n. und urteil vom 26. april 2012 - 2 c 15.10 -, juris, rdn. 25 m.w.n. 36deshalb ist aus gründen der billigkeit in der regel von der rückforderung teilweise abzusehen, wenn der grund für die überzahlung in der überwiegenden behördlichen verantwortung liegt. in diesen fällen ist der beamte entreichert, kann sich aber auf den wegfall der bereicherung nicht berufen. dann muss sich die überwiegende behördliche verantwortung für die überzahlung aber in der billigkeitsentscheidung niederschlagen. das ist auch unter gleichheitsgesichtspunkten geboten. der beamte, der nur einen untergeordneten verursachungsbeitrag für die überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der beamte, der die überzahlung allein zu verantworten hat. angesichts dessen erscheint ein absehen von der rückforderung in der größenordnung von 30 prozent des überzahlten betrages im regelfall als angemessen. bei hinzutreten weiterer umstände, etwa besonderer wirtschaftlicher probleme des beamten, kann auch eine darüber hinausgehende ermäßigung des rückforderungsbetrages in betracht kommen. 37vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2012 - 2 c 4.11 -, juris, rdn. 20 und urteil vom 26. april 2012 - 2 c 15.10 - , juris, rdn. 26. 38eine diesen grundsätzen entsprechende billigkeitsentscheidung hat das lbv vorliegend nicht getroffen. es hat das maß des mitverschuldens der behörden des beklagten landes nicht hinreichend berücksichtigt. vorliegend liegt der grund für die überzahlung in der überwiegenden behördlichen verantwortung, denn weder die bezirksregierung b. als entlassende behörde noch das lbv erkannten, dass aufgrund der anordnung der sofortigen vollziehung der entlassung die dagegen gerichtete klage der klägerin keine aufschiebende wirkung entfaltete, und zwar auch nicht während des einstweiligen rechtsschutzverfahrens. dass die weiterzahlung der bezüge an die klägerin auf diesem irrtum beruhte, belegt das schreiben der bezirksregierung b. an das lbv vom 16. mai 2012, in dem die bezirksregierung mitteilt, die bezüge seien bis zum rechtskräftigen abschluss des verfahrens weiter zu zahlen. selbst wenn vor diesem hintergrund von einem alleinigen verschulden der bezirksregierung b. und nicht auch des lbv auszugehen wäre, ändert dies nichts an dem befund, dass der grund für die überzahlung jedenfalls in einem überwiegenden behördlichen verschulden lag, das dem beklagten land zuzurechnen ist. das (spätere) mitverschulden der klägerin, die aufgrund der offensichtlich irrtümlichen weiterzahlung der bezüge zumindest hätte nachfragen müssen, ob es damit seine richtigkeit hat, tritt hinter diesem behördlichen verschulden zurück. 39vor diesem hintergrund wäre im rahmen der billigkeitsentscheidung nach § 12 abs. 2 satz 3 bbesg allein ein teilweises absehen von der rückforderung ermessensgerecht gewesen. 40iii. 41die rechtsfehlerhaftigkeit einer billigkeitsentscheidung nach § 12 abs. 2 satz 3 bbesg hat die rechtswidrigkeit der rückforderungsentscheidung insgesamt zur folge. ein rückforderungsbescheid darf nicht ergehen, ohne dass eine billigkeitsentscheidung getroffen worden ist, da diese den rückzahlungsanspruch zugunsten des schuldners modifiziert. 42vgl. bverwg, urteil vom 28. februar 2002 - 2 c 2.01 -, juris, rdn. 21, vom 26. april 2012 - 2 c 4.11 -, juris, rdn. 23, und vom 26. april 2012 - 2 c 15.10 -, juris, rdn. 29. 43die billigkeitsentscheidung betrifft nicht lediglich die vollziehung oder vollstreckung des rückforderungsbescheids, sondern den materiellen bestand des rückforderungsanspruchs und ist deshalb zwingend vor der rückforderung zu treffen. 44vgl. bverwg, urteil vom 15. dezember 1993 - 10 a 1.91 -, juris, rdn. 29 zu § 87 abs. 2 satz 3 bbg, sowie urteile vom 26. april 2012 - 2 c 4.11 -, rdn. 23 und - 2 c 15.10 -, rdn. 29, beide juris. 45vor der billigkeitsentscheidung nach § 12 abs. 2 satz 3 bbesg steht lediglich die höhe der überzahlung fest, nicht aber, ob, in welcher höhe und mit welchen modalitäten diese überzahlung auch einen rückforderungsanspruch nach § 12 abs. 2 satz 1 bbesg begründet. die billigkeitsentscheidung ist damit notwendiger und untrennbarer bestandteil der rückforderungsentscheidung. 46vgl. bverwg, urteil vom 26. april 2012 - 2 c 4.11 -, juris, rdn. 23, und vom 26. april 2012 - 2 c 15.10 -, juris, rdn. 29. 47vor diesem hintergrund ist der rückforderungsbescheid in der fassung des widerspruchbescheides in voller höhe aufzuheben, da eine ermessensfehlerfreie billigkeitsentscheidung durch das lbv bislang nicht getroffen worden ist und das gericht diese nicht anstelle der behörde treffen kann. 48die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. § 709 zpo. | Klaeger*in | 1 |
165,555 | 7 O 115/14 | 2015-05-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung restlicher Vergütung aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Bauträgervertrag. 3Die Klägerin befasst sich gewerblich mit der Durchführung von Bauträgermaßnahmen. Sie erwarb als gesondert gegründete Projektgesellschaft ein in einem Waldgelände des Düsseldorfer Ortsteils Unterbach gelegenes Gebäudeensemble, das unter Denkmalschutz steht und seinerzeit als Kloster der Servitinnen genutzte worden war. Der Gebäudekomplex wurde in den Jahren 1966 - 1968 errichtet. Nach dem Erwerb des Grundstückes wurde das Gebäude nach den Bestimmungen des WEG aufgeteilt und die einzelnen Wohneinheiten an Kapitalanleger und Selbstnutzer im Rahmen von Bauträgerverträgen veräußert. Der Gebäudekomplex selbst besteht aus mehreren Gebäudeteilen. Es entstanden insgesamt 31 Eigentumswohnungen, die im Rahmen der in den einzelnen Bauträgerverträgen enthalten Bauverpflichtung durch die Klägerin neu aufgeteilt und umfassend saniert wurden. 4Die Klägerin verpflichtete sich mit notariellem Kaufvertrag vom 26.09.2011 (Anlage K 2) gegenüber den Beklagten zur schlüsselfertigen Errichtung der Wohnungseigentumseinheit Nr. 24 der streitgegenständlichen Wohnungseigentumsanlage sowie zur Übereignung des Wohnungseigentums bestehend aus einem 292/10.000 betreffend den Grundbesitz verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Obergeschoss nebst Dachterrasse sowie einem Abstellraum im Erdgeschoss, im Aufteilungsplan jeweils mit Ziffer 24 bezeichnet. 5Der notarielle Kaufvertrag (Anlage K 2) hat u.a. folgenden Inhalt: 6III. 7Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand beträgt 324.400,00 €. 81.Kaufpreisfälligkeit 9Der Kaufpreis ist entsprechend den Vorschriften des §§ 3 Abs. 2 der Makler- und Bauträgerverordnung fällig. Die Höhe der vom Käufer zu erbringenden Raten liegt der Verkäufer nach seinem freien Ermessen entsprechend dem tatsächlichen Bauablauf fest, wobei er sie nur aus den nachgenannten Vom-Hundert-Sätzen zusammensetzen und in höchstens sieben Teilbeträge anfordern darf: 10a) i.H.v. 30 % nach Eintritt der nachstehend unter aa) bis dd) genannten Voraussetzungen sowie den baurechtlichen Voraussetzungen, nicht aber vor Ablauf von zehn Tagen nach Absendung der nachgenannten Bestätigung des Notars über das Vorliegen der Voraussetzungen zu den Buchstaben aa) bis dd) 11b) i.H.v. 28 % bei Rohbaufertigstellung einschließlich Zimmererarbeiten 12c) i.H.v. 5,6 % für die Herstellung der Dachflächen und Dachrinnen 13d) in Höhe von 2,1 % für die Rohinstallation der Heizungsanlage 14e) i.H.v. 2,1 % für die Rohinstallation der Sanitäranlagen 15f) i.H.v. 2,1 % für die Installation der Elektroanlagen 16g) i.H.v. 7,0 % für den Fenstereinbau einschließlich der Verglasung 17h) i.H.v. 4,2 % für den Innenputz, ausgenommen bei Putzarbeiten, 18i) i.H.v. 2,1 % für den Estrich 19j) i.H.v. 2,8 % für die Fliesenarbeiten im Sanitärbereich 20k) in Höhe von 8,4 % nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe 21l) i.H.v. 2,1 % für die Fassadenarbeiten 22m) i.H.v. 3,5 % nach vollständiger Fertigstellung 23Die Beteiligten vereinbaren, dass der Käufer aus der ersten Kaufpreisrate als Sicherheit nach § 632 a Abs. 3 BGB fünf Prozentpunkte des Kaufpreises (gleich 16.270,00 €) einbehält, so dass zunächst von der ersten Rate lediglich 45 % des Kaufpreises (gleich 81.350,00 €) zu zahlen sind. Der Restbetrag von 5 % des Kaufpreises ist zur Zahlung fällig, wenn das Vertragsobjekt rechtzeitig und ohne wesentliche Mängel fertig gestellt ist. Ist dies nicht der Fall, bestimmt sich die Fälligkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen. 24Im Zusammenhang mit der Fälligkeit der Kaufpreisrate zu m) stellen die Vertragsbeteiligten einvernehmlich fest, dass die vollständige Fertigstellung des Kaufgegenstandes gegeben ist, wenn alle in dem Übergabeprotokoll gemäß Teil IV Ziffer 2 dieses Vertrages vermerkten Restarbeiten erledigt sind. Der Käufer verpflichtet sich schon jetzt dem Verkäufer gegenüber, den jeweiligen Bauhandwerkern oder dem zuständigen Bauleiter die Erledigung der Restarbeiten sofort nach deren Durchführung durch seine Unterschrift zu bestätigen. 252. Übergabe des Kaufgegenstandes 26Die Übergabe des Kaufgegenstandes (Sondereigentum) erfolgt nach Bezugsfertigkeit. Diese ist gegeben, wenn dem Käufer nach der Verkehrsauffassung ein Bezug des Kaufgegenstandes zugemutet werden kann, also unabhängig davon, dass das Bauvorhaben - etwa bei noch ausstehenden Restarbeiten an den Außenanlagen -nicht vollständig fertig gestellt ist. 27Kommt es aus vom Käufer zu vertretenden Gründen nicht zu einer nach vorstehender Regelung ordnungsgemäßen Übergabe oder verweigert der Käufer zu Unrecht die unterzeichnende Niederschrift oder bezieht der Käufer den Kaufgegenstand ohne ordnungsgemäße Übergabe, gilt die Übergabe als beanstandungsfrei erfolgt, sofern der Verkäufer den Käufer unter Einräumung einer Frist von 14 Tagen schriftlich drauf hingewiesen hat, welche Bedeutung seinem Verhalten nach Maßgabe dieses Vertrages beigemessen wird. 28Der Vergütungsanspruch der Klägerin wurde von der Klägerin an die WGZ-Bank Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank abgetreten, die die Baumaßnahme finanziert hatte. Durch die Zahlungen der einzelnen Erwerber an die zwischenfinanzierende Bank wurde die Darlehnsverpflichtung der Klägerin vollständig erfüllt. Vor diesem Hintergrund trat die finanzierende Bank die nach der Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag noch offen stehenden Kaufpreisraten und damit auch die hier streitgegenständliche Forderung zurück an die Klägerin ab. 29Die Klägerin machte von dem ihr nach § 632 a Abs. 3 S. 3 BGB zustehenden Recht Gebrauch und erbrachte die vorgesehene Sicherheitsleistung dadurch, dass die Beklagten als Besteller die Abschlagszahlungen bis zu dem Gesamtbetrag der geschuldeten Sicherheit zurückhalten konnten. 30Mit Schreiben vom 06.02.2012 bestätigte der Notar Dr. Markus K., dass die im Kaufvertrag unter III. Ziffer 1. aa) bis dd) vereinbarten Voraussetzungen für die Fälligkeit der Kaufpreisraten vorlagen. Eine Auflassungsvormerkung wurde zu Gunsten der Beklagten im Grundbuch eingetragen. Unter dem 17.05.2011 erteilte die WGZ-Bank eine Freistellungsverpflichtungserklärung gemäß Makler- und Bauträgerverordnung. Die Stadt Düsseldorf erteilte unter dem 12.12.2011 die Baugenehmigung für das Objekt. Die Zuwegung vom öffentlichen Straßenraum bis zum Vertragsgrundbesitz war ebenfalls gesichert. 31Die Übergabe des Kaufgegenstandes (Sondereigentum) gemäß Teil IV Ziffer 2 des Kaufvertrages erfolgte am 26.04.2013. Die bei der Übergabe festgestellten Mängel bzw. noch auszuführenden Restarbeiten sind zwischenzeitlich behoben oder durchgeführt worden. 32Mit Schreiben vom 15.08.2013 lud die Klägerin die Beklagten zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums ein. Eine im Vertrag vorgesehene schriftliche Mitteilung über Mängel oder Restarbeiten am Gemeinschaftseigentum wurde der Klägerin durch die Beklagten nicht übersandt. 33An dem vorgesehenen Termin zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums am 27.08.2013 nahm für die Beklagten der Sachverständige Herr Dipl. – Ing. Hartmut A. teil. Dieser war gemäß Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 23.08.2013 beauftragt, für sämtliche Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft an der Abnahmebegehung teilzunehmen und dann für die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft die Abnahme zu erklären oder zu verweigern. Unter Berufung auf vor Ort festgestellte Mängel und ausstehende Restleistungen verweigerte der Sachverständige A. für die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft und somit auch für die Beklagten die Abnahme des Gemeinschaftseigentums. 34Die ersten Bewohner zogen gegen Ende des Jahres 2012 in das streitgegenständliche Objekt ein. Die Beklagten leisteten bislang Zahlungen i.H.v. 297.741,00 EUR an die Klägerin. 35Die Klägerin forderte die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 09.10.2013 unter Fristsetzung bis zum 25.10.2013 zur Zahlung des ausstehenden Restbetrages i.H.v. 27.659,00 EUR auf. 36Die Klägerin ist der Auffassung, dass der noch ausstehende Restkaufpreis fällig sei. Da von Seiten der Beklagten keine im Vertrag vorgesehene schriftliche Mitteilung über Mängel oder Restarbeiten am Gemeinschaftseigentum übersandt worden sei, sei die Übergabe und Abnahme des Gemeinschaftseigentums gemäß den vertraglichen Regelungen fingiert worden. Wesentliche Mängel, die einer Abnahme des Gemeinschaftseigentums entgegenstünden, bestünden nicht. Eine Abnahmeverweigerung sei nur bei Vorhandensein wesentlicher Mängel zulässig. Soweit zum Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme noch einzelne Mängel vorhanden gewesen seien, seien diese nicht wesentlich im Sinne des § 640 Abs. 1 BGB gewesen, da Auswirkungen eines noch vorhandenen Mangels auf die Funktionsfähigkeit der Gesamtwerkleistung nicht bestanden hätten. Das Vorhandensein einzelner Mängel hindere die Fälligkeit der vereinbarten Zahlungsraten nicht. Voraussetzung für die Fertigstellungsrate sei lediglich die Freiheit von wesentlichen Mängeln. Lägen nur unwesentliche Mängel vor, so könne die Zahlung der Fertigstellungsrate nicht verweigert werden. Die Beklagten seien als Erwerber vorliegend privilegiert, da die Fertigstellungsrate gemäß Teil III Ziffer 1 m) des Vertrages davon abhängig sei, dass die sog. Protokollmängel beseitigt sind, dieses unabhängig von der Frage, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Mängel handele. Eine solche Regelung sei stets wirksam, da sie eine Privilegierung gegenüber den Regelungen der MaBV darstelle. Die erklärte Abnahmeverweigerung im Anschluss an die Begehung vom 27.08.2013 sei unbeachtlich, da das Vorhandensein unwesentlicher Mängel gemäß § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB die Abnahme nicht berühre. Zudem sei die Abnahme der Leistungen der Klägerin im Bereich des Gemeinschaftseigentums nicht Fälligkeitsvoraussetzung. Der Vortrag der Beklagten zum Vorhandensein wesentlicher Mängel sei unsubstantiiert. 37Die Klägerin beantragt, 381. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 27.659,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2013 zu zahlen; 392. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 1.358,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.10.2014 zu zahlen. 40Die Beklagten beantragen, 41die Klage abzuweisen. 42Die Beklagten behaupten, ein Großteil der im Abnahmeprotokoll des Sachverständigen A. vom 27.08.2013 aufgeführten Mängel liege noch vor. Vor diesem Hintergrund habe die Wohnungseigentümergemeinschaft ein selbstständiges Beweisverfahren beim Landgericht Düsseldorf eingeleitet, welches unter dem Az. 15 OH 7/14 geführt wird. Die vertragliche Zahlungsvereinbarung sei unwirksam, da sie von § 3 MaBV abweiche. 43Es lägen folgende wesentliche Mängel vor bzw. folgende Restarbeiten seien noch auszuführen: 44 Entgegen der vertraglichen Vereinbarung habe die Klägerin Fenster der Schallschutzklasse II eingebaut, vereinbart gewesen sei jedoch der Einbau von Fenstern der Schallschutzklasse III; 45 sämtliche Stützen der neu angebrachten Stahlbalkone hätten im Fußpunktbereich keinen ausreichenden Schutz gegen erdberührte Feuchtigkeit; 46 gleiches gelte für die eingebrachten Stahlstützen im Innenhof (Kreuzgang des Objektes); 47 sämtliche bodentiefen Fenster und Terrassenausgangstüren sowie Hauseingangstüren seien nicht fachgerecht gegen Wasser von außen abgedichtet; 48 zudem seien in einem Gebäudeflügel erhebliche Abdichtungsdefizite im Sockelbereich vorhanden. Infolgedessen sei es am 02.08.2014 zu einem erheblichen Wassereindringen nach Niederschlägen in die Wohnung Nr. 4 des Objektes gekommen, mit der Folge, dass diese Wohnung nicht mehr bewohnbar sei; 49 weiterhin sei die Begrünung der gesamten Dachflächen des Objektes bislang nicht erfolgt. 50Die Beklagten sind der Auffassung, der Klägerin stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch derzeit mangels Fälligkeit nicht zu. Die im Bauträgervertrag geregelte Zahlungsvereinbarung sei nichtig, da die Regelung von den Vorgaben des § 3 Abs. 2 Satz 1 MaBV abweiche, wonach ein Bauträger nur Raten entsprechend dem Bauablauf entgegennehmen dürfe. Die letzte Rate dürfe erst nach vollständiger Fertigstellung des Gesamtobjektes beansprucht werden. Insoweit läge ein Verstoß gegen § 12 MaBV vor. An die Stelle der nichtigen Zahlungsvereinbarung trete § 641 Abs. 1 BGB. Eine abnahmefähige Leistung der Klägerin im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum sei wegen zahlreicher Mängel und ausstehender Restarbeiten nicht gegeben. 51Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2015 (Blatt 54 f. der Akte) Bezug genommen. 52Entscheidungsgründe: 53Die Klage ist zulässig, jedoch zurzeit unbegründet. 54I. 55Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 27.659,00 EUR aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Bauträgervertrag gemäß § 631 Abs. 1 BGB. Die (Rest-) Forderung der Klägerin ist gegenwärtig mangels Abnahme nicht fällig. 561. 57Auf die vereinbarte Teilzahlung kann sich die Klägerin nicht berufen. Der Abschlagszahlungsplan des zwischen den Parteien geschlossenen notariellen Vertrages vom 26.09.2011 ist gemäß § 12 MaBV nichtig, da Teil III Ziffer 1 m) des notariellen Vertrages in Verbindung mit den weiteren Vertragsbedingungen zum Nachteil der Beklagten von § 3 MaBV in der bis zum 31.12.2012 gültigen Fassung abweicht. 58§ 12 MaBV verbietet dem Gewerbetreibenden den Abschluss einer Zahlungsvereinbarung, die zulasten des Erwerbers von § 3 Abs. 2 MaBV abweicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes richten sich die zivilrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen § 12 MaBV nach § 134 BGB (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – VII ZR 310/99 –, BGHZ 146, 250 - 264). 59Die Vereinbarung zur Fälligkeit der Fertigstellungsrate weicht von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV zulasten der Beklagten ab. 60Die Fertigstellungsrate in Höhe von 3,5 % soll ausweislich Teil III Ziffer 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages zur Zahlung fällig sein, wenn das Vertragsobjekt rechtzeitig und ohne wesentliche Mängel fertiggestellt ist. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag enthält die konkretisierende Formulierung „Im Zusammenhang mit der Fälligkeit der Kaufpreisrate zu m) stellen die Vertragsbeteiligten einvernehmlich fest, dass die vollständige Fertigstellung des Kaufgegenstandes gegeben ist, wenn alle in dem Übergabeprotokoll gemäß Teil IV Ziffer 2 dieses Vertrages vermerkten Restarbeiten erledigt sind.“ Unter Teil IV Ziffer 2 des Vertrages ist ferner Folgendes aufgeführt: „Die Übergabe des Kaufgegenstandes (Sondereigentum) erfolgt nach Bezugsfertigkeit. Diese ist gegeben, wenn dem Käufer nach der Verkehrsauffassung ein Bezug des Kaufgegenstandes zugemutet werden kann, also unabhängig davon, dass das Bauvorhaben - etwa bei noch ausstehenden Restarbeiten an den Außenanlagen -nicht vollständig fertig gestellt ist. Die Übergabe des Kaufgegenstandes (Sondereigentum) erfolgt durch den Verkäufer oder den von diesem beauftragten örtlichen Bauleiter im Rahmen einer Übergabeverhandlung an der Baustelle. Der Vollzug der Übergabe ist in einer von den Beteiligten zu unterzeichnenden Niederschrift festzustellen. Kommt es aus vom Käufer zu vertretenden Gründen nicht zu einer nach vorstehender Regelung ordnungsgemäßen Übergabe oder verweigert der Käufer zu Unrecht die unterzeichnende Niederschrift oder bezieht der Käufer den Kaufgegenstand ohne ordnungsgemäße Übergabe, gilt die Übergabe als beanstandungsfrei erfolgt, sofern der Verkäufer den Käufer unter Einräumung einer Frist von 14 Tagen schriftlich darauf hingewiesen hat, welche Bedeutung seinem Verhalten nach Maßgabe dieses Vertrages beigemessen wird“. 61Die Fälligkeit der Fertigstellungsrate tritt demnach nach der vertraglichen Vereinbarung i.V.m. den weiteren Vertragsbedingungen zur vollständigen Fertigstellung des Kaufgegenstandes unabhängig davon ein, ob der Kaufgegenstand im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum vollständig fertiggestellt ist. Die vollständige Fertigstellung ist nach der vertraglichen Vereinbarung nämlich gegeben, wenn die im Übergabeprotokoll gemäß Teil IV Ziffer 2 des Vertrages vermerkten Restarbeiten erledigt sind. Das Übergabeprotokoll gemäß Teil IV Ziffer 2 des Vertrages bezieht sich jedoch ausschließlich auf das Sondereigentum des Objekts. Die Fertigstellungsrate ist somit zur Zahlung fällig, obwohl der Kaufgegenstand im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum unter Umständen noch nicht vollständig fertiggestellt ist. Im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum greift gemäß Teil IV Ziffer 2 des Vertrages sogar eine Fiktion der Fertigstellung ein, sofern nicht spätestens binnen zwei Wochen nach ergangener Mitteilung Mängel oder Restarbeiten am Gemeinschaftseigentum schriftlich beim Verkäufer reklamiert werden. Diese vertragliche Vereinbarung weicht nach Auffassung der Kammer zu Lasten der Beklagten von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV in der bis zum 31.12.2012 gültigen Fassung ab, da sie entgegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV zu einer Fälligkeit der Fertigstellungsrate vor der vollständigen Fertigstellung führt. § 3 Abs. 2 MaBV dient dem Schutz des Erwerbers. Dieser soll davor geschützt werden, dass der Bauträger Vermögenswerte entgegennimmt, ohne dass der mit § 3 Abs. 2 MaBV bezweckte Mindestschutz gewährleistet ist. Dieser Mindestschutz des Erwerbers würde hier durch die Regelung in Teil III Ziffer 1 m) des notariellen Vertrages in Verbindung mit den weiteren Vertragsbedingungen unterlaufen. 62Diese Abweichung von § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV führt gemäß § 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB zur Nichtigkeit der gesamten vertraglich vereinbarten Teilzahlungsvereinbarung. 63Die Verbotsvorschrift des § 12 MaBV richtet sich nur gegen den Bauträger. § 3 Abs. 2 MaBV bezweckt mit dem Verbot den Schutz des Erwerbers. Er soll – wie bereits aufgeführt – davor geschützt werden, dass der Bauträger Vermögenswerte entgegennimmt, ohne dass der mit § 3 Abs. 2 MaBV bezweckte Mindestschutz gewährleistet ist. Dieser Schutz ist nur durch die Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung zu erreichen. Die Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung beschränkt sich daher nicht auf die Fertigstellungsrate. Eine bauvertragliche Fälligkeitsregelung wie die im vorliegenden Fall vereinbarte ist nicht teilbar. Ein bei Teilnichtigkeit verbleibender Rest würde die Fälligkeit der Forderung des Bauträgers nur noch unvollständig regeln und es bliebe offen, wann der Erwerber eine von der Teilnichtigkeit betroffene Abschlagszahlung zu leisten hätte. Eine Beschränkung der Nichtigkeitsfolge würde dem Schutzzweck der §§ 3, 12 MaBV widersprechen. Diese Vorschriften sollen zur Sicherheit des Erwerbers verhindern, dass Abschlagszahlungen ohne einen entsprechenden Bautenstand geleistet werden. Diese lässt sich mit einer bloßen Teilnichtigkeit nicht erreichen (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – VII ZR 310/99 –, BGHZ 146, 250 - 264). 64Die Nichtigkeit ist jedoch auf die Abschlagszahlungsvereinbarung beschränkt. Aus dem Zweck der Verordnung, den Erwerber vor Vermögensschäden zu schützen, ergibt sich, dass die Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung nicht zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führt (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – VII ZR 310/99 –, BGHZ 146, 250 - 264). 65An die Stelle einer Abschlagszahlungsvereinbarung, die aufgrund eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 MaBV nach § 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB nichtig ist, tritt das Werkvertragsrecht. Der Erwerber, hier die Beklagten, schuldet infolge der Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung keine Abschlagszahlungen. Die Forderung des Bauträgers wird nach § 641 Abs. 1 BGB insgesamt erst mit der Abnahme fällig (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – VII ZR 310/99 –, BGHZ 146, 250 - 264). 66Der Vertrag kann nicht ergänzend dahingehend ausgelegt werden, dass der Erwerber Abschlagszahlungen zu den in § 3 Abs. 2 MaBV genannten Zeitpunkten schuldet. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt dann nicht in Betracht, wenn sich die Lücke im Vertrag aus der Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen ergibt und dispositives Recht zur Verfügung steht, das die Lücke schließt. Das dispositive Gesetzesrecht regelt in § 641 Abs. 1 BGB die Voraussetzungen für die Fälligkeit der Vergütung (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – VII ZR 310/99 –, BGHZ 146, 250 - 264). 672. 68Die (Rest-) Forderung der Klägerin in Höhe von 27.659,00 EUR ist gegenwärtig nicht gemäß § 641 Abs. 1 BGB fällig. 69Maßgeblich für die Fälligkeit der (Rest-) Forderung der Klägerin in Höhe von 27.659,00 EUR ist aufgrund der Nichtigkeit der Regelung zur „Kaufpreisfälligkeit“ gemäß Teil III Ziffer 1 des notariellen Vertrages vom 26.09.2011 die Vorschrift des § 641 Abs. 1 BGB. Gemäß § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Vergütung bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. 70Eine Abnahme des kompletten Werkes der Klägerin einschließlich des Gemeinschaftseigentumes ist bislang nicht erfolgt. Die Beklagten haben lediglich das sie betreffende Sondereigentum abgenommen. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist durch den von der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragten Sachverständige Dipl. – Ing. Hartmut Albrecht unter Berufung auf vor Ort festgestellte Mängel und ausstehende Restleistungen sogar ausdrücklich verweigert worden. Aufgrund der Verweigerung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist auch keine Fiktion der Abnahme des Gemeinschaftseigentums eingetreten. 71Da bislang keine Abnahme des Werkes erfolgt ist und die Fälligkeitsregelungen des notariellen Vertrages vom 26.09.2011 nichtig sind (siehe oben), trifft die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ihr Werk abnahmereif ist, d.h. dass das Werk mangelfrei ist bzw. die vorhandenen Mängel unwesentlich sind, und die Beklagten die Abnahme zu Unrecht verweigern. Dies ist schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht der Fall. 72Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 22.10.2014 Mängel vorgetragen, die einer Abnahmefähigkeit und einer Fertigstellung des Kaufgegenstandes durch die Klägerin entgegenstehen. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 22.10.2014 verwiesen. 73Die Beklagten haben unter anderem vorgebracht, dass von Seiten der Klägerin ungefähr 150 Fenster unter Zugrundelegung einer falschen Schallschutzklasse in das Objekt eingesetzt worden seien. Aufgrund dessen liegt ein Mangel der Leistungen der Klägerin im Hinblick auf den Einbau der Fenster vor. Bei diesem Mangel handelt es sich – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch um einen wesentlich Mangel, der der Fälligkeit der (Rest-) Forderung der Klägerin entgegensteht. 74Ausweislich des notariellen Vertrages vom 26.09.2011 war vereinbart, dass alle neuen Fenster die Schallschutzklasse III aufweisen sollten. Die von der Klägerin eingebauten Fenster hätten lediglich die Schallschutzklasse II aufgewiesen. Zur Begründung ihres Vorbringens haben sich die Beklagten auf das selbstständige Beweisverfahren gestützt, welches unter dem Az. 15 OH 7/ 14 beim Landgericht Düsseldorf geführt wird. Im Rahmen dieses selbstständigen Beweisverfahrens hat die hiesige Klägerin (dortige Antragsgegnerin) der Firma Gebrüder M. Holzbearbeitung GmbH den Streit verkündet. Die Firma Gebrüder M. Holzbearbeitung GmbH hat im selbstständigen Beweisverfahren mit Schriftsatz vom 10.09.2014 (Anlage B 4) ausgeführt, dass gemäß Ausschreibung der hiesigen Klägerin, die Vertragsgrundlage für die Leistungen der Firma Gebrüder M. Holzbearbeitung GmbH gewesen ist, die Fenster in Schallschutzklasse II auszuführen gewesen seien. 75Die Klägerin hat das Vorbringen der Beklagten im Hinblick auf den Einbau der neuen Fenster unter Zugrundelegung einer falschen Schallschutzklasse, nämlich der Schallschutzklasse II, nicht einmal bestritten, sondern nur ausgeführt, dass hinsichtlich der „Bestandsfenster“ eine spezielle Schallschutzklasse nicht geschuldet sei. Auf diese „Bestandsfenster“ kommt es jedoch nicht an. Ein derartiger Vortrag ist angesichts des substantiierten Vortrags der Beklagten nicht hinreichend, so dass das Vorbringen der Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen ist. 76Auch das pauschale Bestreiten der weiteren von Seiten der Beklagten vorgebrachten Mängel an den Stützen der Stahlbalkone, den Stahlstützen im Innenhof, den bodentiefen Fenstern und Terrassenausgangstüren, dem Sockelbereich des Gebäudes in einem Gebäudeflügel sowie der Dachbegrünung ist angesichts der auf Seiten der Klägerin liegenden Darlegungs- und Beweislast für die Mangelfreiheit ihrer Leistungen unsubstantiiert. Auch insofern ist das Vorbringen der Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen. Es liegen demnach weitere mangelhafte Leistungen von Seiten der Klägerin vor. Diese Mängel sind nach Auffassung der Kammer ebenfalls wesentlich. 77Allein die mangelhafte Leistung der Klägerin im Hinblick auf den Einbau der Fenster mit einer falschen Schallschutzklasse steht jedoch einer Fälligkeit der (Rest-) Forderung der Klägerin nach Auffassung der Kammer bereits entgegen. 78Darüber hinaus dürfte die Klägerin auch gemäß Teil III Ziffer 1 m) des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags als auch gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV die letzte Rate in Höhe von 3,5 % erst "nach vollständiger Fertigstellung" fordern. Diese Formulierung ist unmissverständlich und kann, insbesondere durch den Gebrauch des Wortes "vollständig", bei objektiver und interessengerechter Auslegung nur so verstanden werden, dass nicht nur sämtliche Arbeiten erbracht sein müssen, sondern auch keine Mängel vorhanden sein dürfen bzw. sämtliche vorhandenen Mängel beseitigt sein müssen. Dabei genügt es nicht, wenn wesentliche, die Abnahmefähigkeit im Sinne von § 640 Abs. 1 BGB hindernde Mängel beseitigt sind. Nicht vollständig fertig gestellt ist die Leistung vielmehr auch bei solchen Mängeln, die der Abnahmefähigkeit nicht entgegenstehen (BGH, Urteil vom 27.10.2011 – VII ZR 84,09 – NJW 2012, 56, Tz. 23). Der Verkäufer muss grundsätzlich sämtliche Restmängel seiner Bauleistung beseitigt haben und seine Bauleistung fertiggestellt haben. 79Ob der Käufer sich im Einzelfall auf die genannte Vertragsbestimmung auch dann berufen kann, wenn lediglich noch derart unwesentliche Mängel vorliegen, dass die Zurückhaltung der Schlussrate als treuwidrig erschiene, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Klägerin hat ein solch treuwidriges Verhalten der Beklagten nicht behauptet. Die Mängel der von der Klägerin erbrachten Leistung sind, wie bereits ausgeführt, auch erheblich. 80Es ist auch nicht von einer konkludenten Abnahme der Leistungen der Klägerin durch die Beklagten wegen der – unstreitigen –Nutzung des Objekts auszugehen, die bereits eine längere Zeit andauert. 81Eine konkludente Abnahme setzt voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles das Verhalten des Erwerbers den Schluss rechtfertigt, er billige das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß. Hiervon kann angesichts der ausdrücklichen Verweigerung der Abnahme des Gemeinschaftseigentumes jedoch gerade nicht ausgegangen werden. Die Nutzung des Werkes über einen längeren Zeitraum allein begründet keine Fälligkeit des Vergütungsanspruches. 82II. 83Mangels Begründetheit der Hauptforderung besteht kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen. 84III. 85Mangels Begründetheit der Hauptforderung besteht ferner kein Anspruch der Klägerin auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus Gründen des Verzuges. 86IV. 87Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO. 88Der Streitwert für den Rechtstreit wird auf 27.659,00 EUR festgesetzt. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des rechtstreits. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin begehrt von den beklagten die zahlung restlicher vergütung aus einem zwischen den parteien geschlossenen bauträgervertrag. 3die klägerin befasst sich gewerblich mit der durchführung von bauträgermaßnahmen. sie erwarb als gesondert gegründete projektgesellschaft ein in einem waldgelände des düsseldorfer ortsteils unterbach gelegenes gebäudeensemble, das unter denkmalschutz steht und seinerzeit als kloster der servitinnen genutzte worden war. der gebäudekomplex wurde in den jahren 1966 - 1968 errichtet. nach dem erwerb des grundstückes wurde das gebäude nach den bestimmungen des weg aufgeteilt und die einzelnen wohneinheiten an kapitalanleger und selbstnutzer im rahmen von bauträgerverträgen veräußert. der gebäudekomplex selbst besteht aus mehreren gebäudeteilen. es entstanden insgesamt 31 eigentumswohnungen, die im rahmen der in den einzelnen bauträgerverträgen enthalten bauverpflichtung durch die klägerin neu aufgeteilt und umfassend saniert wurden. 4die klägerin verpflichtete sich mit notariellem kaufvertrag vom 26.09.2011 (anlage k 2) gegenüber den beklagten zur schlüsselfertigen errichtung der wohnungseigentumseinheit nr. 24 der streitgegenständlichen wohnungseigentumsanlage sowie zur übereignung des wohnungseigentums bestehend aus einem 292/10.000 betreffend den grundbesitz verbunden mit dem sondereigentum an der wohnung im obergeschoss nebst dachterrasse sowie einem abstellraum im erdgeschoss, im aufteilungsplan jeweils mit ziffer 24 bezeichnet. 5der notarielle kaufvertrag (anlage k 2) hat u.a. folgenden inhalt: 6iii. 7der kaufpreis für den kaufgegenstand beträgt 324.400,00 €. 81.kaufpreisfälligkeit 9der kaufpreis ist entsprechend den vorschriften des §§ 3 abs. 2 der makler- und bauträgerverordnung fällig. die höhe der vom käufer zu erbringenden raten liegt der verkäufer nach seinem freien ermessen entsprechend dem tatsächlichen bauablauf fest, wobei er sie nur aus den nachgenannten vom-hundert-sätzen zusammensetzen und in höchstens sieben teilbeträge anfordern darf: 10a) i.h.v. 30 % nach eintritt der nachstehend unter aa) bis dd) genannten voraussetzungen sowie den baurechtlichen voraussetzungen, nicht aber vor ablauf von zehn tagen nach absendung der nachgenannten bestätigung des notars über das vorliegen der voraussetzungen zu den buchstaben aa) bis dd) 11b) i.h.v. 28 % bei rohbaufertigstellung einschließlich zimmererarbeiten 12c) i.h.v. 5,6 % für die herstellung der dachflächen und dachrinnen 13d) in höhe von 2,1 % für die rohinstallation der heizungsanlage 14e) i.h.v. 2,1 % für die rohinstallation der sanitäranlagen 15f) i.h.v. 2,1 % für die installation der elektroanlagen 16g) i.h.v. 7,0 % für den fenstereinbau einschließlich der verglasung 17h) i.h.v. 4,2 % für den innenputz, ausgenommen bei putzarbeiten, 18i) i.h.v. 2,1 % für den estrich 19j) i.h.v. 2,8 % für die fliesenarbeiten im sanitärbereich 20k) in höhe von 8,4 % nach bezugsfertigkeit und zug um zug gegen besitzübergabe 21l) i.h.v. 2,1 % für die fassadenarbeiten 22m) i.h.v. 3,5 % nach vollständiger fertigstellung 23die beteiligten vereinbaren, dass der käufer aus der ersten kaufpreisrate als sicherheit nach § 632 a abs. 3 bgb fünf prozentpunkte des kaufpreises (gleich 16.270,00 €) einbehält, so dass zunächst von der ersten rate lediglich 45 % des kaufpreises (gleich 81.350,00 €) zu zahlen sind. der restbetrag von 5 % des kaufpreises ist zur zahlung fällig, wenn das vertragsobjekt rechtzeitig und ohne wesentliche mängel fertig gestellt ist. ist dies nicht der fall, bestimmt sich die fälligkeit nach den gesetzlichen bestimmungen. 24im zusammenhang mit der fälligkeit der kaufpreisrate zu m) stellen die vertragsbeteiligten einvernehmlich fest, dass die vollständige fertigstellung des kaufgegenstandes gegeben ist, wenn alle in dem übergabeprotokoll gemäß teil iv ziffer 2 dieses vertrages vermerkten restarbeiten erledigt sind. der käufer verpflichtet sich schon jetzt dem verkäufer gegenüber, den jeweiligen bauhandwerkern oder dem zuständigen bauleiter die erledigung der restarbeiten sofort nach deren durchführung durch seine unterschrift zu bestätigen. 252. übergabe des kaufgegenstandes 26die übergabe des kaufgegenstandes (sondereigentum) erfolgt nach bezugsfertigkeit. diese ist gegeben, wenn dem käufer nach der verkehrsauffassung ein bezug des kaufgegenstandes zugemutet werden kann, also unabhängig davon, dass das bauvorhaben - etwa bei noch ausstehenden restarbeiten an den außenanlagen -nicht vollständig fertig gestellt ist. 27kommt es aus vom käufer zu vertretenden gründen nicht zu einer nach vorstehender regelung ordnungsgemäßen übergabe oder verweigert der käufer zu unrecht die unterzeichnende niederschrift oder bezieht der käufer den kaufgegenstand ohne ordnungsgemäße übergabe, gilt die übergabe als beanstandungsfrei erfolgt, sofern der verkäufer den käufer unter einräumung einer frist von 14 tagen schriftlich drauf hingewiesen hat, welche bedeutung seinem verhalten nach maßgabe dieses vertrages beigemessen wird. 28der vergütungsanspruch der klägerin wurde von der klägerin an die wgz-bank westdeutsche genossenschafts-zentralbank abgetreten, die die baumaßnahme finanziert hatte. durch die zahlungen der einzelnen erwerber an die zwischenfinanzierende bank wurde die darlehnsverpflichtung der klägerin vollständig erfüllt. vor diesem hintergrund trat die finanzierende bank die nach der erfüllung der verpflichtungen aus dem darlehensvertrag noch offen stehenden kaufpreisraten und damit auch die hier streitgegenständliche forderung zurück an die klägerin ab. 29die klägerin machte von dem ihr nach § 632 a abs. 3 s. 3 bgb zustehenden recht gebrauch und erbrachte die vorgesehene sicherheitsleistung dadurch, dass die beklagten als besteller die abschlagszahlungen bis zu dem gesamtbetrag der geschuldeten sicherheit zurückhalten konnten. 30mit schreiben vom 06.02.2012 bestätigte der notar dr. markus k., dass die im kaufvertrag unter iii. ziffer 1. aa) bis dd) vereinbarten voraussetzungen für die fälligkeit der kaufpreisraten vorlagen. eine auflassungsvormerkung wurde zu gunsten der beklagten im grundbuch eingetragen. unter dem 17.05.2011 erteilte die wgz-bank eine freistellungsverpflichtungserklärung gemäß makler- und bauträgerverordnung. die stadt düsseldorf erteilte unter dem 12.12.2011 die baugenehmigung für das objekt. die zuwegung vom öffentlichen straßenraum bis zum vertragsgrundbesitz war ebenfalls gesichert. 31die übergabe des kaufgegenstandes (sondereigentum) gemäß teil iv ziffer 2 des kaufvertrages erfolgte am 26.04.2013. die bei der übergabe festgestellten mängel bzw. noch auszuführenden restarbeiten sind zwischenzeitlich behoben oder durchgeführt worden. 32mit schreiben vom 15.08.2013 lud die klägerin die beklagten zur abnahme des gemeinschaftseigentums ein. eine im vertrag vorgesehene schriftliche mitteilung über mängel oder restarbeiten am gemeinschaftseigentum wurde der klägerin durch die beklagten nicht übersandt. 33an dem vorgesehenen termin zur abnahme des gemeinschaftseigentums am 27.08.2013 nahm für die beklagten der sachverständige herr dipl. – ing. hartmut a. teil. dieser war gemäß beschluss der wohnungseigentümergemeinschaft vom 23.08.2013 beauftragt, für sämtliche mitglieder der wohnungseigentümergemeinschaft an der abnahmebegehung teilzunehmen und dann für die mitglieder der wohnungseigentümergemeinschaft die abnahme zu erklären oder zu verweigern. unter berufung auf vor ort festgestellte mängel und ausstehende restleistungen verweigerte der sachverständige a. für die mitglieder der wohnungseigentümergemeinschaft und somit auch für die beklagten die abnahme des gemeinschaftseigentums. 34die ersten bewohner zogen gegen ende des jahres 2012 in das streitgegenständliche objekt ein. die beklagten leisteten bislang zahlungen i.h.v. 297.741,00 eur an die klägerin. 35die klägerin forderte die beklagten mit anwaltlichem schreiben vom 09.10.2013 unter fristsetzung bis zum 25.10.2013 zur zahlung des ausstehenden restbetrages i.h.v. 27.659,00 eur auf. 36die klägerin ist der auffassung, dass der noch ausstehende restkaufpreis fällig sei. da von seiten der beklagten keine im vertrag vorgesehene schriftliche mitteilung über mängel oder restarbeiten am gemeinschaftseigentum übersandt worden sei, sei die übergabe und abnahme des gemeinschaftseigentums gemäß den vertraglichen regelungen fingiert worden. wesentliche mängel, die einer abnahme des gemeinschaftseigentums entgegenstünden, bestünden nicht. eine abnahmeverweigerung sei nur bei vorhandensein wesentlicher mängel zulässig. soweit zum zeitpunkt der benutzungsaufnahme noch einzelne mängel vorhanden gewesen seien, seien diese nicht wesentlich im sinne des § 640 abs. 1 bgb gewesen, da auswirkungen eines noch vorhandenen mangels auf die funktionsfähigkeit der gesamtwerkleistung nicht bestanden hätten. das vorhandensein einzelner mängel hindere die fälligkeit der vereinbarten zahlungsraten nicht. voraussetzung für die fertigstellungsrate sei lediglich die freiheit von wesentlichen mängeln. lägen nur unwesentliche mängel vor, so könne die zahlung der fertigstellungsrate nicht verweigert werden. die beklagten seien als erwerber vorliegend privilegiert, da die fertigstellungsrate gemäß teil iii ziffer 1 m) des vertrages davon abhängig sei, dass die sog. protokollmängel beseitigt sind, dieses unabhängig von der frage, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche mängel handele. eine solche regelung sei stets wirksam, da sie eine privilegierung gegenüber den regelungen der mabv darstelle. die erklärte abnahmeverweigerung im anschluss an die begehung vom 27.08.2013 sei unbeachtlich, da das vorhandensein unwesentlicher mängel gemäß § 640 abs. 1 satz 2 bgb die abnahme nicht berühre. zudem sei die abnahme der leistungen der klägerin im bereich des gemeinschaftseigentums nicht fälligkeitsvoraussetzung. der vortrag der beklagten zum vorhandensein wesentlicher mängel sei unsubstantiiert. 37die klägerin beantragt, 381. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 27.659,00 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 26.10.2013 zu zahlen; 392. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 1.358,86 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 18.10.2014 zu zahlen. 40die beklagten beantragen, 41die klage abzuweisen. 42die beklagten behaupten, ein großteil der im abnahmeprotokoll des sachverständigen a. vom 27.08.2013 aufgeführten mängel liege noch vor. vor diesem hintergrund habe die wohnungseigentümergemeinschaft ein selbstständiges beweisverfahren beim landgericht düsseldorf eingeleitet, welches unter dem az. 15 oh 7/14 geführt wird. die vertragliche zahlungsvereinbarung sei unwirksam, da sie von § 3 mabv abweiche. 43es lägen folgende wesentliche mängel vor bzw. folgende restarbeiten seien noch auszuführen: 44 entgegen der vertraglichen vereinbarung habe die klägerin fenster der schallschutzklasse ii eingebaut, vereinbart gewesen sei jedoch der einbau von fenstern der schallschutzklasse iii; 45 sämtliche stützen der neu angebrachten stahlbalkone hätten im fußpunktbereich keinen ausreichenden schutz gegen erdberührte feuchtigkeit; 46 gleiches gelte für die eingebrachten stahlstützen im innenhof (kreuzgang des objektes); 47 sämtliche bodentiefen fenster und terrassenausgangstüren sowie hauseingangstüren seien nicht fachgerecht gegen wasser von außen abgedichtet; 48 zudem seien in einem gebäudeflügel erhebliche abdichtungsdefizite im sockelbereich vorhanden. infolgedessen sei es am 02.08.2014 zu einem erheblichen wassereindringen nach niederschlägen in die wohnung nr. 4 des objektes gekommen, mit der folge, dass diese wohnung nicht mehr bewohnbar sei; 49 weiterhin sei die begrünung der gesamten dachflächen des objektes bislang nicht erfolgt. 50die beklagten sind der auffassung, der klägerin stehe der geltend gemachte vergütungsanspruch derzeit mangels fälligkeit nicht zu. die im bauträgervertrag geregelte zahlungsvereinbarung sei nichtig, da die regelung von den vorgaben des § 3 abs. 2 satz 1 mabv abweiche, wonach ein bauträger nur raten entsprechend dem bauablauf entgegennehmen dürfe. die letzte rate dürfe erst nach vollständiger fertigstellung des gesamtobjektes beansprucht werden. insoweit läge ein verstoß gegen § 12 mabv vor. an die stelle der nichtigen zahlungsvereinbarung trete § 641 abs. 1 bgb. eine abnahmefähige leistung der klägerin im hinblick auf das gemeinschaftseigentum sei wegen zahlreicher mängel und ausstehender restarbeiten nicht gegeben. 51wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die schriftsätze der parteien nebst der zur gerichtsakte gereichten anlagen sowie das sitzungsprotokoll der mündlichen verhandlung vom 14.04.2015 (blatt 54 f. der akte) bezug genommen. 52 | 53die klage ist zulässig, jedoch zurzeit unbegründet. 54i. 55der kläger hat gegen den beklagten keinen anspruch auf zahlung von 27.659,00 eur aus dem zwischen den parteien zustande gekommenen bauträgervertrag gemäß § 631 abs. 1 bgb. die (rest-) forderung der klägerin ist gegenwärtig mangels abnahme nicht fällig. 561. 57auf die vereinbarte teilzahlung kann sich die klägerin nicht berufen. der abschlagszahlungsplan des zwischen den parteien geschlossenen notariellen vertrages vom 26.09.2011 ist gemäß § 12 mabv nichtig, da teil iii ziffer 1 m) des notariellen vertrages in verbindung mit den weiteren vertragsbedingungen zum nachteil der beklagten von § 3 mabv in der bis zum 31.12.2012 gültigen fassung abweicht. 58§ 12 mabv verbietet dem gewerbetreibenden den abschluss einer zahlungsvereinbarung, die zulasten des erwerbers von § 3 abs. 2 mabv abweicht. nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofes richten sich die zivilrechtlichen folgen eines verstoßes gegen § 12 mabv nach § 134 bgb (bgh, urteil vom 22. dezember 2000 – vii zr 310/99 –, bghz 146, 250 - 264). 59die vereinbarung zur fälligkeit der fertigstellungsrate weicht von § 3 abs. 2 nr. 2 mabv zulasten der beklagten ab. 60die fertigstellungsrate in höhe von 3,5 % soll ausweislich teil iii ziffer 1 des zwischen den parteien geschlossenen vertrages zur zahlung fällig sein, wenn das vertragsobjekt rechtzeitig und ohne wesentliche mängel fertiggestellt ist. der zwischen den parteien geschlossene vertrag enthält die konkretisierende formulierung „im zusammenhang mit der fälligkeit der kaufpreisrate zu m) stellen die vertragsbeteiligten einvernehmlich fest, dass die vollständige fertigstellung des kaufgegenstandes gegeben ist, wenn alle in dem übergabeprotokoll gemäß teil iv ziffer 2 dieses vertrages vermerkten restarbeiten erledigt sind.“ unter teil iv ziffer 2 des vertrages ist ferner folgendes aufgeführt: „die übergabe des kaufgegenstandes (sondereigentum) erfolgt nach bezugsfertigkeit. diese ist gegeben, wenn dem käufer nach der verkehrsauffassung ein bezug des kaufgegenstandes zugemutet werden kann, also unabhängig davon, dass das bauvorhaben - etwa bei noch ausstehenden restarbeiten an den außenanlagen -nicht vollständig fertig gestellt ist. die übergabe des kaufgegenstandes (sondereigentum) erfolgt durch den verkäufer oder den von diesem beauftragten örtlichen bauleiter im rahmen einer übergabeverhandlung an der baustelle. der vollzug der übergabe ist in einer von den beteiligten zu unterzeichnenden niederschrift festzustellen. kommt es aus vom käufer zu vertretenden gründen nicht zu einer nach vorstehender regelung ordnungsgemäßen übergabe oder verweigert der käufer zu unrecht die unterzeichnende niederschrift oder bezieht der käufer den kaufgegenstand ohne ordnungsgemäße übergabe, gilt die übergabe als beanstandungsfrei erfolgt, sofern der verkäufer den käufer unter einräumung einer frist von 14 tagen schriftlich darauf hingewiesen hat, welche bedeutung seinem verhalten nach maßgabe dieses vertrages beigemessen wird“. 61die fälligkeit der fertigstellungsrate tritt demnach nach der vertraglichen vereinbarung i.v.m. den weiteren vertragsbedingungen zur vollständigen fertigstellung des kaufgegenstandes unabhängig davon ein, ob der kaufgegenstand im hinblick auf das gemeinschaftseigentum vollständig fertiggestellt ist. die vollständige fertigstellung ist nach der vertraglichen vereinbarung nämlich gegeben, wenn die im übergabeprotokoll gemäß teil iv ziffer 2 des vertrages vermerkten restarbeiten erledigt sind. das übergabeprotokoll gemäß teil iv ziffer 2 des vertrages bezieht sich jedoch ausschließlich auf das sondereigentum des objekts. die fertigstellungsrate ist somit zur zahlung fällig, obwohl der kaufgegenstand im hinblick auf das gemeinschaftseigentum unter umständen noch nicht vollständig fertiggestellt ist. im hinblick auf das gemeinschaftseigentum greift gemäß teil iv ziffer 2 des vertrages sogar eine fiktion der fertigstellung ein, sofern nicht spätestens binnen zwei wochen nach ergangener mitteilung mängel oder restarbeiten am gemeinschaftseigentum schriftlich beim verkäufer reklamiert werden. diese vertragliche vereinbarung weicht nach auffassung der kammer zu lasten der beklagten von § 3 abs. 2 nr. 2 mabv in der bis zum 31.12.2012 gültigen fassung ab, da sie entgegen § 3 abs. 2 nr. 2 mabv zu einer fälligkeit der fertigstellungsrate vor der vollständigen fertigstellung führt. § 3 abs. 2 mabv dient dem schutz des erwerbers. dieser soll davor geschützt werden, dass der bauträger vermögenswerte entgegennimmt, ohne dass der mit § 3 abs. 2 mabv bezweckte mindestschutz gewährleistet ist. dieser mindestschutz des erwerbers würde hier durch die regelung in teil iii ziffer 1 m) des notariellen vertrages in verbindung mit den weiteren vertragsbedingungen unterlaufen. 62diese abweichung von § 3 abs. 2 nr. 2 mabv führt gemäß § 12 mabv i.v.m. § 134 bgb zur nichtigkeit der gesamten vertraglich vereinbarten teilzahlungsvereinbarung. 63die verbotsvorschrift des § 12 mabv richtet sich nur gegen den bauträger. § 3 abs. 2 mabv bezweckt mit dem verbot den schutz des erwerbers. er soll – wie bereits aufgeführt – davor geschützt werden, dass der bauträger vermögenswerte entgegennimmt, ohne dass der mit § 3 abs. 2 mabv bezweckte mindestschutz gewährleistet ist. dieser schutz ist nur durch die nichtigkeit der abschlagszahlungsvereinbarung zu erreichen. die nichtigkeit der abschlagszahlungsvereinbarung beschränkt sich daher nicht auf die fertigstellungsrate. eine bauvertragliche fälligkeitsregelung wie die im vorliegenden fall vereinbarte ist nicht teilbar. ein bei teilnichtigkeit verbleibender rest würde die fälligkeit der forderung des bauträgers nur noch unvollständig regeln und es bliebe offen, wann der erwerber eine von der teilnichtigkeit betroffene abschlagszahlung zu leisten hätte. eine beschränkung der nichtigkeitsfolge würde dem schutzzweck der §§ 3, 12 mabv widersprechen. diese vorschriften sollen zur sicherheit des erwerbers verhindern, dass abschlagszahlungen ohne einen entsprechenden bautenstand geleistet werden. diese lässt sich mit einer bloßen teilnichtigkeit nicht erreichen (bgh, urteil vom 22. dezember 2000 – vii zr 310/99 –, bghz 146, 250 - 264). 64die nichtigkeit ist jedoch auf die abschlagszahlungsvereinbarung beschränkt. aus dem zweck der verordnung, den erwerber vor vermögensschäden zu schützen, ergibt sich, dass die nichtigkeit der abschlagszahlungsvereinbarung nicht zur nichtigkeit des gesamten vertrages führt (bgh, urteil vom 22. dezember 2000 – vii zr 310/99 –, bghz 146, 250 - 264). 65an die stelle einer abschlagszahlungsvereinbarung, die aufgrund eines verstoßes gegen § 3 abs. 2 mabv nach § 12 mabv i.v.m. § 134 bgb nichtig ist, tritt das werkvertragsrecht. der erwerber, hier die beklagten, schuldet infolge der nichtigkeit der abschlagszahlungsvereinbarung keine abschlagszahlungen. die forderung des bauträgers wird nach § 641 abs. 1 bgb insgesamt erst mit der abnahme fällig (bgh, urteil vom 22. dezember 2000 – vii zr 310/99 –, bghz 146, 250 - 264). 66der vertrag kann nicht ergänzend dahingehend ausgelegt werden, dass der erwerber abschlagszahlungen zu den in § 3 abs. 2 mabv genannten zeitpunkten schuldet. eine ergänzende vertragsauslegung kommt dann nicht in betracht, wenn sich die lücke im vertrag aus der unwirksamkeit einzelner vertragsbestimmungen ergibt und dispositives recht zur verfügung steht, das die lücke schließt. das dispositive gesetzesrecht regelt in § 641 abs. 1 bgb die voraussetzungen für die fälligkeit der vergütung (bgh, urteil vom 22. dezember 2000 – vii zr 310/99 –, bghz 146, 250 - 264). 672. 68die (rest-) forderung der klägerin in höhe von 27.659,00 eur ist gegenwärtig nicht gemäß § 641 abs. 1 bgb fällig. 69maßgeblich für die fälligkeit der (rest-) forderung der klägerin in höhe von 27.659,00 eur ist aufgrund der nichtigkeit der regelung zur „kaufpreisfälligkeit“ gemäß teil iii ziffer 1 des notariellen vertrages vom 26.09.2011 die vorschrift des § 641 abs. 1 bgb. gemäß § 641 abs. 1 satz 1 bgb ist die vergütung bei der abnahme des werkes zu entrichten. 70eine abnahme des kompletten werkes der klägerin einschließlich des gemeinschaftseigentumes ist bislang nicht erfolgt. die beklagten haben lediglich das sie betreffende sondereigentum abgenommen. die abnahme des gemeinschaftseigentums ist durch den von der wohnungseigentümergemeinschaft beauftragten sachverständige dipl. – ing. hartmut albrecht unter berufung auf vor ort festgestellte mängel und ausstehende restleistungen sogar ausdrücklich verweigert worden. aufgrund der verweigerung der abnahme des gemeinschaftseigentums ist auch keine fiktion der abnahme des gemeinschaftseigentums eingetreten. 71da bislang keine abnahme des werkes erfolgt ist und die fälligkeitsregelungen des notariellen vertrages vom 26.09.2011 nichtig sind (siehe oben), trifft die klägerin die darlegungs- und beweislast dafür, dass ihr werk abnahmereif ist, d.h. dass das werk mangelfrei ist bzw. die vorhandenen mängel unwesentlich sind, und die beklagten die abnahme zu unrecht verweigern. dies ist schon nach dem eigenen vorbringen der klägerin nicht der fall. 72die beklagten haben mit schriftsatz vom 22.10.2014 mängel vorgetragen, die einer abnahmefähigkeit und einer fertigstellung des kaufgegenstandes durch die klägerin entgegenstehen. wegen der einzelheiten wird insoweit auf den inhalt des schriftsatzes der beklagten vom 22.10.2014 verwiesen. 73die beklagten haben unter anderem vorgebracht, dass von seiten der klägerin ungefähr 150 fenster unter zugrundelegung einer falschen schallschutzklasse in das objekt eingesetzt worden seien. aufgrund dessen liegt ein mangel der leistungen der klägerin im hinblick auf den einbau der fenster vor. bei diesem mangel handelt es sich – entgegen der ansicht der klägerin – auch um einen wesentlich mangel, der der fälligkeit der (rest-) forderung der klägerin entgegensteht. 74ausweislich des notariellen vertrages vom 26.09.2011 war vereinbart, dass alle neuen fenster die schallschutzklasse iii aufweisen sollten. die von der klägerin eingebauten fenster hätten lediglich die schallschutzklasse ii aufgewiesen. zur begründung ihres vorbringens haben sich die beklagten auf das selbstständige beweisverfahren gestützt, welches unter dem az. 15 oh 7/ 14 beim landgericht düsseldorf geführt wird. im rahmen dieses selbstständigen beweisverfahrens hat die hiesige klägerin (dortige antragsgegnerin) der firma gebrüder m. holzbearbeitung gmbh den streit verkündet. die firma gebrüder m. holzbearbeitung gmbh hat im selbstständigen beweisverfahren mit schriftsatz vom 10.09.2014 (anlage b 4) ausgeführt, dass gemäß ausschreibung der hiesigen klägerin, die vertragsgrundlage für die leistungen der firma gebrüder m. holzbearbeitung gmbh gewesen ist, die fenster in schallschutzklasse ii auszuführen gewesen seien. 75die klägerin hat das vorbringen der beklagten im hinblick auf den einbau der neuen fenster unter zugrundelegung einer falschen schallschutzklasse, nämlich der schallschutzklasse ii, nicht einmal bestritten, sondern nur ausgeführt, dass hinsichtlich der „bestandsfenster“ eine spezielle schallschutzklasse nicht geschuldet sei. auf diese „bestandsfenster“ kommt es jedoch nicht an. ein derartiger vortrag ist angesichts des substantiierten vortrags der beklagten nicht hinreichend, so dass das vorbringen der beklagten gemäß § 138 abs. 3 zpo als zugestanden anzusehen ist. 76auch das pauschale bestreiten der weiteren von seiten der beklagten vorgebrachten mängel an den stützen der stahlbalkone, den stahlstützen im innenhof, den bodentiefen fenstern und terrassenausgangstüren, dem sockelbereich des gebäudes in einem gebäudeflügel sowie der dachbegrünung ist angesichts der auf seiten der klägerin liegenden darlegungs- und beweislast für die mangelfreiheit ihrer leistungen unsubstantiiert. auch insofern ist das vorbringen der beklagten gemäß § 138 abs. 3 zpo als zugestanden anzusehen. es liegen demnach weitere mangelhafte leistungen von seiten der klägerin vor. diese mängel sind nach auffassung der kammer ebenfalls wesentlich. 77allein die mangelhafte leistung der klägerin im hinblick auf den einbau der fenster mit einer falschen schallschutzklasse steht jedoch einer fälligkeit der (rest-) forderung der klägerin nach auffassung der kammer bereits entgegen. 78darüber hinaus dürfte die klägerin auch gemäß teil iii ziffer 1 m) des zwischen den parteien geschlossenen vertrags als auch gemäß § 3 abs. 2 nr. 2 mabv die letzte rate in höhe von 3,5 % erst "nach vollständiger fertigstellung" fordern. diese formulierung ist unmissverständlich und kann, insbesondere durch den gebrauch des wortes "vollständig", bei objektiver und interessengerechter auslegung nur so verstanden werden, dass nicht nur sämtliche arbeiten erbracht sein müssen, sondern auch keine mängel vorhanden sein dürfen bzw. sämtliche vorhandenen mängel beseitigt sein müssen. dabei genügt es nicht, wenn wesentliche, die abnahmefähigkeit im sinne von § 640 abs. 1 bgb hindernde mängel beseitigt sind. nicht vollständig fertig gestellt ist die leistung vielmehr auch bei solchen mängeln, die der abnahmefähigkeit nicht entgegenstehen (bgh, urteil vom 27.10.2011 – vii zr 84,09 – njw 2012, 56, tz. 23). der verkäufer muss grundsätzlich sämtliche restmängel seiner bauleistung beseitigt haben und seine bauleistung fertiggestellt haben. 79ob der käufer sich im einzelfall auf die genannte vertragsbestimmung auch dann berufen kann, wenn lediglich noch derart unwesentliche mängel vorliegen, dass die zurückhaltung der schlussrate als treuwidrig erschiene, bedarf hier keiner entscheidung. die klägerin hat ein solch treuwidriges verhalten der beklagten nicht behauptet. die mängel der von der klägerin erbrachten leistung sind, wie bereits ausgeführt, auch erheblich. 80es ist auch nicht von einer konkludenten abnahme der leistungen der klägerin durch die beklagten wegen der – unstreitigen –nutzung des objekts auszugehen, die bereits eine längere zeit andauert. 81eine konkludente abnahme setzt voraus, dass nach den umständen des einzelfalles das verhalten des erwerbers den schluss rechtfertigt, er billige das werk als im wesentlichen vertragsgemäß. hiervon kann angesichts der ausdrücklichen verweigerung der abnahme des gemeinschaftseigentumes jedoch gerade nicht ausgegangen werden. die nutzung des werkes über einen längeren zeitraum allein begründet keine fälligkeit des vergütungsanspruches. 82ii. 83mangels begründetheit der hauptforderung besteht kein anspruch der klägerin auf zahlung von verzugszinsen. 84iii. 85mangels begründetheit der hauptforderung besteht ferner kein anspruch der klägerin auf erstattung außergerichtlicher rechtsanwaltskosten aus gründen des verzuges. 86iv. 87die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 satz 1 zpo. die vorläufige vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 satz 1 und satz 2 zpo. 88der streitwert für den rechtstreit wird auf 27.659,00 eur festgesetzt. | Verklagte*r | 0 |
143,867 | 8 K 468/15.A | 2015-10-28T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 24. Februar 2015 verpflichtet, festzustellen, dass für den Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Bulgarien vorliegt. Ziffer 2 des vorbenannten Bescheids wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 27. August 1987 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Am 21. November 2014 stellte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag. Er beschränkte seinen Antrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes und verzichtete auf die Prüfung der Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG. 3Der Kläger gab in dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates beim Bundesamt an, sich von Oktober 2013 bis Mai 2014 in der Türkei aufgehalten zu haben und dann mit dem PKW nach Bulgarien gefahren zu sein. Dort sei er drei bis vier Tage gewesen und dann wieder in die Türkei abgeschoben worden. Er habe keinen Asylantrag stellen wollen. Am 5. November 2014 sei er über Bulgarien, Serbien (Aufenthalt zwei bis drei Tage), Ungarn (Aufenthalt zwei bis drei Tage) und Österreich in das Bundesgebiet eingereist. Er habe bislang in keinem anderen Land einen Asylantrag gestellt. 4Nachdem das Bundesamt am 24. November 2014 einen EURODAC-Treffer festgestellt hatte, bat es am 4. Dezember 2014 die bulgarischen Behörden um Wiederaufnahme des Klägers auf der Grundlage der Regeln der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO). Der Kläger habe bereits am 1. April 2014 in Bulgarien einen Asylantrag gestellt. Die bulgarischen Behörden lehnten unter dem 18. Dezember 2014 die Wiederaufnahme des Klägers ab, da diesem am 24. August 2014 in Bulgarien der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei. Eine Überstellung auf der Grundlage der Dublin-III-VO könne deshalb nicht erfolgen. Die Beklagte solle eine separate Anfrage nach dem zwischenstaatlichen Wiederaufnahmeübereinkommen stellen. 5Unter dem 18. Februar 2015 bat der Kläger die Beklagte darum, von dem Dublin-Verfahren Abstand zu nehmen und das Selbsteintrittsrecht auszuüben. Eine Rückkehr nach Bulgarien sei ihm nicht zumutbar, weil er dort schwer misshandelt worden sei. 6Mit Bescheid vom 24. Februar 2015, zugestellt am 26. Februar 2015, lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers als unzulässig ab und drohte ihm die Abschiebung nach Bulgarien an. Der Kläger dürfe nicht nach Syrien abgeschoben werden. 7Der Kläger hat am 11. März 2015 Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, dass eine Rückkehr nach Bulgarien ihm nicht zumutbar sei, weil er dort schwere Misshandlungen erlitten habe, die er durch Fotos dokumentieren könne. Die Lebensbedingungen in Bulgarien seien menschenunwürdig. 8In der mündlichen Verhandlung gibt der Kläger an, er habe sich zwei Mal in Bulgarien aufgehalten. Beim ersten Mal seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden, er sei aber nach wenigen Tagen wieder abgeschoben worden. Nach der zweiten Einreise sei er in ein Flüchtlingslager gebracht worden und habe sich für fünf Monate dort aufgehalten. Er habe dann einen Flüchtlingspass erhalten, den er nicht habe lesen können und zerrissen habe. Er habe sich nach der Anerkennung nicht mehr in der Flüchtlingsunterkunft aufhalten dürfen. Einen Tag später habe er die Reise nach Deutschland begonnen. 9Der Kläger beantragt, 10den Bescheid des Bundesamtes vom 24. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Syrien und Bulgarien vorliegt. 11Die Beklagte beantragt - schriftsätzlich -, 12die Klage abzuweisen. 13Die Erkenntnisse der Kammer zur Lage in Bulgarien wurden in das Verfahren eingeführt. Die Kammer hat am 30. September 2015 mündlich verhandelt. Da dem Gericht nach der Schließung der mündlichen Verhandlung eine Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stuttgart vom 23. Juli 2015 zur Kenntnis gelangte, hat die Kammer mit Beschluss vom 6. Oktober 2015 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2015, die Beklagte durch ihre allgemeine Prozesserklärung gegenüber dem VG Aachen auf die Durchführung einer (weiteren) mündlichen Verhandlung verzichtet. 14Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Kammer konnte wegen der einvernehmlichen Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) entscheiden. 17Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. 18Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Begehrens auf Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 24. Februar 2015 nur teilweise begründet. 19Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO, soweit der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG und subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG abgelehnt wurde. 20Der Bescheid ist formell rechtmäßig. 21Es liegt insbesondere kein die Rechtmäßigkeit des Bescheids berührender Verstoß gegen die Pflicht des Bundesamtes, den Kläger persönlich anzuhören, vor. 22Nach § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG hat das Bundesamt den Ausländer persönlich anzuhören. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss der Ausländer selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. 23Das persönliche Gespräch mit dem Kläger zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates, das im Wesentlichen seinen Reiseweg, einen bereits erhaltenen Schutzstatus, seine persönlichen Daten und weiteren Formalien zum Gegenstand hatte, ist keine ordnungsgemäße Anhörung im Sinne der benannten Vorschriften. Denn der Kläger wurde insbesondere zu den Gründen für seinen Entschluss, sein Heimatland zu verlassen, nicht persönlich befragt. Damit hatte er keine Gelegenheit die von § 25 AsylG geforderten Tatsachen im Rahmen einer persönlichen Anhörung anzugeben, was § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG aber von dem Asylsuchenden fordert. Er wurde auch nicht dazu angehört, dass die bulgarischen Behörden mitgeteilt haben, er habe bereits den Flüchtlingsstatus erhalten. 24Das Bundesamt durfte von einer persönlichen Anhörung des Klägers zu seinen Verfolgungsgründen jedoch absehen. 25Zwar hatte das Bundesamt nicht die Möglichkeit, von einer persönlichen Anhörung des Klägers nach § 24 Abs. 1 Satz 5 AsylG abzusehen, was nur dann der Fall ist, wenn einem auf internationalen Schutz beschränkten Asylantrag stattgegeben wird. Das Bundesamt hat den Antrag des Klägers aber als unzulässig abgelehnt. 26Das Bundesamt konnte jedoch auf Grund von § 24 Abs. 1 Satz 4 Alt. 2 AsylG von einer persönlichen Anhörung des Klägers absehen. Nach dieser Vorschrift kann das Bundesamt von einer persönlichen Anhörung absehen, wenn der Ausländer nach seinen Angaben aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) eingereist ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor, da der Kläger nach seinen Angaben auf dem Landweg in das Bundesgebiet eingereist ist. 27Unionsrecht steht der fehlenden Anhörung des Klägers nicht entgegen. 28Unionsrechtliche Vorgaben für die Anhörung des Klägers enthalten die Richtlinie 2005/85/EG (Verfahrensrichtlinie I - VRL-2005) und die Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie II - VRL-2013). Die VRL-2005 wurde mit Wirkung zum 21. Juli 2015 aufgehoben und durch die Regelungen der VRL-2013 ersetzt. Art. 52 UAbs. 1 Satz 2 VRL-2013 enthält indes eine Übergangsbestimmung, wonach für vor dem 20. Juli 2015 gestellte Anträge die Vorschriften nach Maßgabe der VRL-2005 gelten. Art. 52 UAbs. 1 Satz 1 VRL-2013 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die Vorschriften zur Umsetzung der VRL-2013 auf nach dem 20. Juli 2015 oder früher gestellte Anträge anwenden. Eine Regelung des AsylG ist im Fall eines vor dem 20. Juli 2015 gestellten Antrags auf internationalen Schutz also dann mit Unionsrecht vereinbar, soweit sie entweder die Vorgaben der VRL-2005 oder der VRL-2013 umsetzt. 29Eine persönliche Anhörung des Klägers zu seinem Verfolgungsschicksal war nach Art. 12 Abs. 2 b) VRL-2005 nicht erforderlich. 30Nach Art. 12 Abs. 1 VRL-2005 wird dem Asylbewerber vor der Entscheidung der Asylbehörde Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu seinem Asylantrag durch einen nach seinem nationalen Recht zuständigen Bediensteten gegeben. Gemäß Art. 12 Abs. 2 b) VRL-2005 kann auf die persönliche Anhörung verzichtet werden, wenn die zuständige Behörde bereits ein Treffen mit dem Antragsteller hatte, um ihn bei der Ausfüllung des Antrags und der Vorlage der für den Antrag wesentlichen Informationen nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie I - QRL-2004) zu unterstützen. Die wesentlichen Informationen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 QRL-2004 sind Angaben des Asylsuchenden zu Alter, familiären und sozialen Verhältnissen — auch der betroffenen Verwandten —, Identität, Staatsangehörigkeit(en), Land/Ländern und Ort(en) des früheren Aufenthalts, früheren Asylanträgen, Reisewegen, Identitätsausweisen und Reisedokumenten sowie zu den Gründen für seinen Antrag auf internationalen Schutz und sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen hierzu. 31Die Voraussetzungen von Art. 12 Abs. 2 b) VRL-2005 liegen vor. Der Kläger hat seinen Antrag beim Bundesamt persönlich gestellt. Im Rahmen der Antragstellung hat er einen Fragebogen für syrische Staatsangehörige ausgefüllt und damit seinen Antrag auf internationalen Schutz begründet. 32Selbst wenn man entgegen der Ansicht der Kammer in der unterbliebenen Anhörung (insbesondere zu der Mitteilung der bulgarischen Behörden an das Bundesamt) einen Verfahrensfehler sehen würde, würde dies dem Kläger wegen der Regelung des § 46 VwVfG nicht zu einem Aufhebungsanspruch verhelfen. 33Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. 34Im Asylverfahren, das nur gebundene Entscheidungen kennt, kann allein eine fehlende Anhörung die Aufhebung eines Bescheids nach diesem Maßstab nie rechtfertigen. Die getroffene Entscheidung des Bundesamts muss vielmehr auch materiell rechtswidrig sein. Das Verwaltungsgericht hat die Spruchreife durch Nachholung der Anhörung herzustellen, 35vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1982 - 9 B 179/82 -, DVBl 1983, 33 = juris, Rn. 5. 36Der Anwendung von § 46 VwVfG steht nicht entgegen, dass das Recht auf persönliche Anhörung des Asylsuchenden durch das Unionsrecht garantiert wird. Zwar hebt der EuGH im direkten Vollzug des Unionsrechts bei unzureichender behördlicher Sachverhaltsaufklärung die getroffene Entscheidung grundsätzlich auf, 37vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk, ders.; VwVfG, 8. Aufl. (2014), § 46 Rn. 71, m.w.N. 38Hier liegt jedoch (der Regelfall - vgl. Art. 291 AEUV) des indirekten Vollzugs von Unionsrecht vor. Sofern - wie hier - spezielle gemeinschaftsrechtliche Regelungen fehlen, sind die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsender Rechte gewährleisten sollen, im Rahmen der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten von diesen unter Beachtung des Äquivalenz- und des Effektivitätsprinzips selbst zu regeln. Auch § 46 VwVfG kann deshalb Anwendung finden, 39vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2008 - 6 C 38/07 -, NVwZ 2009, 653 = juris, Rn. 41. 40Soweit durch Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG und subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG abgelehnt wurde, ist der Bescheid auch materiell rechtmäßig. 41Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist § 26a AsylG. Nach Satz 1 der Vorschrift kann ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, sich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Gemäß Satz 2 der Vorschrift wird er nicht als Asylberechtigter anerkannt. 42Der Anwendung von § 26a AsylG steht nicht entgegen, dass dem Kläger in Bulgarien die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 2 e) der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie - QRL) zuerkannt wurde. 43Dass dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft in Bulgarien zuerkannt wurde, ergibt sich schon aus dem Schreiben der bulgarischen Behörden vom 18. Dezember 2014 an das Bundesamt ("The person was granted refugee status in the Republic of Bulgaria decision dated 25.08.2014."). Es bestehen keine Zweifel an dieser Angabe, nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Befragung erklärt hat, in Bulgarien einen Flüchtlingspass besessen zu haben. 44Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 26a AsylG auf Asylsuchende, die noch keinen Schutzstatus erhalten haben, gibt es in der Norm keinen Anknüpfungspunkt, 45vgl. so aber unter Berufung auf die Gesetzesbegründung zu § 26a AsylG in BT-Drs. 12/4450, S. 20, VG Aachen, Beschluss vom 11. März 2015 – 5 L 736/14.A -, juris, Rn. 30 ff. 46Das Konzept sicherer Drittstaaten beruht auf dem Gedanken, dass in Deutschland derjenige keine Schutzbedürftigkeit besitzt, der in einem sicheren Drittstaat Schutz hätte finden können. Diese Schutzbedürftigkeit fehlt erst recht, wenn der Asylbewerber nicht nur Schutz hätte finden können, sondern sogar Schutz gefunden hat, 47vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Mai 2015 – 14 A 926/15.A -, juris, Rn. 8 ff., VG Berlin, Urteil vom 4. Juni 2015 – 23 K 906.14.A -, juris, Rn. 19. 48Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26a AsylG liegen vor. Der Kläger ist auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG in das Bundesgebiet eingereist. 49§ 26a AsylG ermöglicht auch die von der Beklagten ausgesprochene Rechtsfolge, den Antrag des Klägers als unzulässig abzulehnen. 50Die von der Beklagten gewählte Formulierung „Der Antrag wird als unzulässig abgelehnt“ entspricht zwar nicht der Formulierung des Gesetzes, wonach gem. § 31 Abs. 4 AsylG im Fall des § 26a AsylG festzustellen ist, dass dem Antragsteller kein Asylrecht zusteht. Dies ist jedoch unschädlich, da beide Formulierungen zum Ausdruck bringen, dass materiell nicht geprüft wird, ob die Voraussetzungen der Schutzzuerkennung vorliegen. 51Der Anwendung von § 26a AsylG steht nicht entgegen, dass der Kläger kein Asyl nach Art. 16a GG, sondern nur internationalen Schutz beantragt hat. 52§ 26 Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet an, dass im Fall der Einreise aus einem sicheren Drittstaat, ein Ausländer sich nicht auf das Asylrecht nach Art. 16a GG berufen kann. Die Vorschrift trifft damit aber nur scheinbar keine Regelung über die Gewährung internationalen Schutzes. Nach § 26a Abs. 1 Satz 2 AsylG wird derjenige, der aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist, nicht als Asylberechtigter anerkannt wird. Da nach § 13 Abs. 2 AsylG der Asylantrag stets die Zuerkennung internationalen Schutzes umfasst, erfasst schon der Wortlaut von § 26a Abs. 1 Satz 2 AsylG ("Asylberechtigter") auch Anträge auf internationalen Schutz. Zudem ist nach § 31 Abs. 4 AsylG, der auf § 26a AsylG Bezug nimmt, (nur) festzustellen, dass dem Antragsteller kein Asylrecht zusteht. § 31 Abs. 4 AsylG ist eine Sonderregelung zu § 31 Abs. 2 AsylG, wonach bei beachtlichen Asylanträgen gleichzeitig über Flüchtlingsschutz und subsidiären Schutz zu entscheiden ist. Die Regelung des § 31 Abs. 4 AsylG impliziert deshalb, dass bei einer Entscheidung nach § 26a AsylG auch ein Antrag auf internationalen Schutz nicht materiell geprüft wird. Dies wird auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerecht, wonach das Art. 16a Abs. 2 GG und § 26a AsylG zu Grunde liegende Konzept normativer Vergewisserung im Fall einer Einreise aus einem sicheren Drittstaat nicht nur das Asylrecht nach Art. 16a GG, sondern auch die Berufung auf Rechte nach der GFK ausschließt, 53vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = juris, Rn. 180 ff. 54Die Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz ohne inhaltliche Prüfung ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Die VRL-2013 erlaubt die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz ohne Sachprüfung, wenn die Flüchtlingseigenschaft bereits in einem anderen Land gewährt wurde. 55Die Kammer beschränkt ihre Prüfung auf die VRL-2013. Aus den vorstehend dargestellten Gründen genügt es für Anträge auf internationalen Schutz, die vor dem 20. Juli 2015 gestellt wurden, wenn das Recht der Mitgliedstaaten den Vorgaben der VRL-2005 oder der VRL-2013 entspricht. 56Die Ablehnung des Antrags des Klägers als unzulässig auf Grundlage der Drittstaatenregelung des § 26a AsylG entspricht allerdings nicht der unionsrechtlichen Drittstaatenregelung des Art. 38 f. VRL-2013. 57Die Art. 38 f VRL-2013 erklären nationalstaatliche Regelungen zu der Bestimmung von sicheren Drittstaaten für zulässig. Allerdings beziehen sich diese Regelungen nur auf sichere Drittstaaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind. Dass nach unionsrechtlicher Diktion Drittstaaten nur die Staaten sind, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind, ergibt sich unter anderem ausdrücklich aus der Definition des „Drittstaatsangehörigen“ in Art. 2 a) Dublin-III-VO ergibt. Das Unionsrecht sieht damit die Anwendung des Konzepts sicherer Drittstaaten im Hinblick auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht vor. Die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kann deshalb nicht auf die Einreise aus einem Mitgliedstaat gestützt werden. Anderenfalls würden auch die Regeln der Dublin-III-VO durch nationalstaatliche Regelungen ausgehebelt werden. Art. 3 Abs. 3 Dublin-III-VO schließt es folgerichtig aus, den Antrag eines Ausländers im Anwendungsbereich der Dublin-III-VO auf Grund einer nationalrechtlichen Drittstaatenregelung (wie § 26a AsylG) wegen der Einreise aus einem Mitgliedstaat abzulehnen. Zwar behält nach Art. 3 Abs. 3 Dublin-III-VO jeder Mitgliedstaat das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurückzuweisen oder auszuweisen. Auch hier ist mit Drittstaat jedoch nur ein Staat gemeint, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist. 58Das Unionsrecht lässt für den hier vorliegenden Fall jedoch aus anderen Gründen zu, dass der Antrag des Klägers auf internationalen Schutz nicht materiell geprüft wird. 59Nach Art. 33 Abs. 1 VRL-2013 müssen die Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz nicht prüfen, wenn er nach dieser Vorschrift als unzulässig betrachtet wird. Gemäß Art. 33 Abs. 2 VRL-2013 können die Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz nur unter bestimmten Voraussetzungen als unzulässig betrachten. Art. 33 Abs. 2 lit. a) VRL-2013 erlaubt dies dann, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat. Dies ist hier der Fall, da Bulgarien dem Kläger den Flüchtlingsstatus gewährt hat. 60Dass das Unionsrecht die Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz ohne Sachprüfung von anderen Tatbestandsvoraussetzungen abhängig macht als § 26a AsylG, vermag die Rechtswidrigkeit der vom Bundesamt in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffenen Regelung nicht zu begründen. Denn im vorliegenden Fall liegen sowohl die Voraussetzungen nach dem AsylG als auch nach der VRL-2013 vor, um einen Antrag auf internationalen Schutz ohne Sachprüfung abzulehnen. § 26a AsylG ist damit zumindest für die vorliegende Fallgestaltung der Flüchtlingsanerkennung in einem anderen Mitgliedstaat eine richtlinienkonforme Umsetzung von Art. 33 Abs. 2 lit. a) VRL-2013. 61Der Kläger kann der Anwendung von § 26a AsylG auch nicht damit entgegentreten, dass eine Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung vorliege. 62Die Drittstaatenregelung des § 26a AsylG entspringt der Regelung des Art. 16a Abs. 2 GG. Diese Verfassungsnorm verfolgt das Konzept einer normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung. Andere Staaten können durch den Gesetzgeber aufgrund der Feststellung, dass in ihnen die Anwendung der GFK und der EMRK sichergestellt ist, zu sicheren Drittstaaten bestimmt werden (Art. 16a Abs.2 Satz 2 GG). Die Drittstaatenregelung nach Art. 16a Abs. 2 GG greift immer dann ein, wenn feststeht, dass der Ausländer nur über (irgend-)einen der durch die Verfassung oder durch Gesetz bestimmten sicheren Drittstaaten in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sein kann; es muss nicht geklärt werden, um welchen sicheren Drittstaat es sich dabei handelt. Die Drittstaatenregelung schließt den Ausländer vom personalen Anwendungsbereich des Grundrechts auf Asyl aus Art. 16a GG aus. Gleichzeitig kann der Asylsuchende sich grundsätzlich auch nicht auf Abschiebungsschutz gegenüber einer Rückführung in den Drittstaat nach anderen Vorschriften (Art. 16a GG) berufen, 63vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 157 ff., 180 ff. 64Ausnahmen vom Konzept der normativen Vergewisserung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann denkbar, wenn Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind, 65vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 189. 66Eine Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung würde nur die verfassungsrechtliche Sperrwirkung des Art. 16a Abs. 2 GG aufheben. Dies ließe es deshalb selbst dann zu, dass ein Antrag auf internationalen Schutz wegen einer anderen Rechtsvorschrift abgelehnt wird. Da § 26a AsylG – wie vorstehend ausgeführt – unabhängig von der verfassungsrechtlichen Sperre des Art. 16a Abs. 2 GG die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutzes impliziert, würde eine Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung an der Möglichkeit des Bundesamtes, den Antrag auf internationalen Schutz auf Grund des einfachen Rechts, hier nach § 26a AsylG, abzulehnen, nichts ändern. Dies wäre nur dann anders, wenn höherrangiges Recht (insbesondere Unionsrecht) der Ablehnung entgegenstünde, was – wie vorstehend ausgeführt – nicht der Fall ist. Der Flüchtlingsstatus und der subsidiäre Schutzstatus sind zudem auf die Abwehr von Gefahren gerichtet, die einem Ausländer in seinem Herkunftsland drohen. Eine Situation, die eine Ausnahme vom Konzept normativer Vergewisserung rechtfertigt, macht jedoch ein Recht erforderlich, dass einen Ausländer vor Gefahren im jeweiligen sicheren Drittstaat (europäischen Mitgliedstaat) schützt. Dies ist nicht die Funktion der Rechte auf internationalen Schutz. 67Das Bundesamt könnte den Antrag auf internationalen Schutz überdies (auch) im Fall einer Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung noch aus einem weiteren Grund ablehnen. Denn dem Kläger fehlt für sein Begehren wegen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Bulgarien das notwendige Sachbescheidungsinteresse. 68Das fehlende rechtliche Interesse des Klägers an einer (erneuten) Zuerkennung des Flüchtlingsstatus resultiert daraus, dass die Anerkennung als Flüchtling in Bulgarien gemäß § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in Deutschland Bindungswirkung dergestalt entfaltet, dass ein Abschiebungsverbot in Bezug auf seinen Heimatstaat Syrien besteht, § 60 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AufenthG. 69Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG stellt das Bundesamt, wenn sich ein Ausländer auf ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift beruft, in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Abschiebungsverbotes vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Dies gilt jedoch nicht im Fall des § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Diese Vorschrift ordnet ipso iure ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für Asylberechtigte und Ausländer an, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. 70Auf Grund der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus besteht also bereits ein von den deutschen Behörden zu beachtendes Abschiebungshindernis bezüglich seines Heimatlandes. Das Bundesamt ist weder berechtigt noch verpflichtet, dem Kläger (erneut) die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Ein entsprechender Antrag ist unzulässig, 71vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13 -, juris, Rn. 29. 72Im Fall eines Flüchtlings mit bereits zuerkanntem Flüchtlingsstatus in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union kann das Bundesamt einen Antrag auf Flüchtlingsschutz und Zuerkennung subsidiären Schutzes deshalb nicht nur auf der Grundlage von § 26a AsylG, sondern auch wegen des fehlenden Sachbescheidungsinteresses ablehnen. Der Antrag ist in diesem Fall als beachtlicher Asylantrag und nach den allgemeinen Regeln des § 31 Abs. 2, 3 AsylG, nicht also nach § 31 Abs. 4 AsylG, zu behandeln. Ob die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Regelung auch in diesem Sinne ausgelegt werden kann, bedarf keiner Entscheidung, da die Voraussetzungen für eine Ablehnung nach § 26a AsylG – wie sich aus dem Vorstehenden ergibt – ebenfalls vorliegen. 73Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zu der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG begehrt, ist die Klage zulässig. Sie ist insbesondere als Verpflichtungsklage statthaft, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO. 74Zwar ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bei Entscheidungen nach § 27a AsylG allgemein anerkannt, dass eine Anfechtungsklage und nicht die Verpflichtungsklage statthaft ist. Dies liegt darin begründet, dass eine materielle Prüfung des Begehrens durch das Bundesamt bislang nicht stattgefunden hat und dem Asylsuchenden nicht eine Tatsacheninstanz verloren gehen soll. Das Bundesamt soll zudem die Möglichkeit behalten, einen Antrag als offensichtlich begründet abzulehnen, 75vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Juni 2015 – 13 A 221/15.A -, juris; das BVerwG hat in einem anderen Verfahren wegen dieser Rechtsfrage die Revision zugelassen, BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 – 1 B 34/15, 1 B 34/15 (1 C 12/15) -, juris. 76Die Kammer geht aber nicht davon aus, dass diese Rechtsprechung auf Entscheidungen nach § 26a AsylVfG übertragbar ist. Zwar hat auch dann eine Sachprüfung noch nicht stattgefunden. Dies liegt aber in der verfassungsrechtlichen Sperrwirkung des Art. 16a Abs. 2 GG begründet, die im Fall der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nicht nur das Grundrecht auf Asyl, sondern auch Rechte nach der GFK und § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausschließt. 77vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 180 ff. 78Soweit ein Ausländer sich dann aber darauf beruft, dass ein Ausnahmefall vom Konzept der normativen Vergewisserung vorliegt, der die benannte Sperrwirkung beseitigt, muss das Verwaltungsgericht bereits aus diesem Grund eine Sachprüfung vornehmen. Es liegt dann aber kein Grund mehr für eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsprozessrechts, dass das Verwaltungsgericht die Spruchreife herzustellen hat, vor. 79Die Kammer geht überdies davon aus, dass Bundesamt in dem streitgegenständlichen Bescheid einen Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zumindest sinngemäß abgelehnt hat. 80Zwar enthält der Tenor des streitgegenständlichen Bescheids keine entsprechenden Ausführungen. Der Tenor entspricht aber – wie bereits ausgeführt – auch hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz nicht den Vorgaben des AsylG und ist deshalb auslegungsbedürftig, wozu insbesondere auch die Begründung des Bescheids heranzuziehen ist. Aus dieser ergibt sich aber, dass das Bundesamt Abschiebungsschutz in Bezug auf Bulgarien geprüft hat. In der Begründung des Bescheids hat das Bundesamt (ohne Bezug auf eine Norm) insoweit zunächst ausgeführt, dass die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz hinsichtlich Syriens unzulässig sei, da dem Kläger Abschiebungsschutz bereits auf Grund der Flüchtlingsanerkennung zustehe. Auch Abschiebungsschutz nach nationalem Recht stehe dem Kläger deshalb bezüglich Syrien nicht zu. Die Rückkehr nach Bulgarien sei ebenfalls zumutbar. Die Informationen des Bundesamtes zum Zustand des bulgarischen Asylwesens würden diese Einschätzung stützen. 81Die Klage ist hinsichtlich der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG auch begründet. Ziffer 1 des Bescheids ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. 82Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich dies aus der EMRK ergibt. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger kann sich gegen eine Abschiebung nach Bulgarien auf Art. 3 EMRK berufen. Nach dieser Vorschrift darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. 83Die Anwendung von § 60 Abs. 5 AufenthG wird nicht durch Art. 16a Abs. 2 GG ausgeschlossen. 84Zwar schließt das Art. 16a Abs. 2 GG zu Grunde liegende normative Vergewisserungskonzept es grundsätzlich aus, sich bei Einreise aus einem sicheren Drittstaat auf Gefährdungen gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berufen. 85vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 180 ff. 86Dem normativen Vergewisserungskonzept kann nur damit entgegengetreten werden, dass es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass der Betroffene von einem der vom Bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist, wobei an diese Darlegung strenge Anforderungen zu stellen sind, 87vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, a.a.O., Rn. 189. 88Maßgebend für die gerichtliche Verneinung des Status eines sicheren Drittstaates für international Schutzberechtigte ist nicht, ob die Lebensverhältnisse in dem Staat den europarechtlichen oder deutschen Anforderungen entsprechen oder prekär sind, sondern ob ein Sonderfall im obengenannten Sinne vorliegt. Hier kommt die im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangene Sonderfallgruppe in Betracht, dass der Drittstaat anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterwirft. Die Eingriffsschwelle von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCharta wird durch Missstände im sozialen Bereich aber nur unter strengen Voraussetzungen überschritten, z.B. hinsichtlich Gesundheitsversorgung und Unterbringung nur bei gänzlicher Versorgungsverweigerung mit existenzbedrohenden oder unmenschlicher Behandlung gleichkommenden Folgen. Dies wäre etwa der Fall, wenn Asylbewerber monatelang obdachlos und ohne Zugang zu jeder Versorgung wären, 89vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Mai 2015 - 14 B 525/15.A -, juris, Rn. 11 ff.; und vom 29. Januar 2015 - 14 A 134/15.A -, juris, Rn. 9. 90Wesentliche Kriterien für die zu entscheidende Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende (bzw. "entwürdigende") Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK. Hiernach besteht grundsätzlich keine Pflicht eines Staates, jeder Person eine Wohnung zu Verfügung zu stellen. Gleichzeitig müsse bei Asylsuchenden allerdings berücksichtigt werden, dass diese einer besonders unterprivilegierten und schutzbedürftigen Personengruppe angehörten. Diese gelte nicht nur, aber insbesondere für Kinder. Es sei deshalb eine Gesamtbetrachtung der Aufnahmebedingungen in dem Zielstaat und der spezifischen Situationen von Asylsuchenden erforderlich, 91vgl. EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - Nr. 29217/12 (Tarakhel) -, juris. 92Gemessen an diesen - hohen - Anforderungen - droht dem Kläger im Fall der Rückkehr eine Verletzung von Art. 3 EMRK. 93Die Kammer geht davon aus, dass der Kläger im Fall einer Rückkehr nach Bulgarien dort obdachlos wäre und seinen Lebensunterhalt nicht sicherstellen könnte. Er besitzt in Bulgarien weder einen effektiven Zugang zu einer Sozialwohnung und zu Geldleistungen noch kann davon ausgegangen werden, dass er die notwendigen Mittel für den Lebensunterhalt in Bulgarien durch eine Erwerbstätigkeit sicherstellen kann. 94Die Kammer stützt ihre Einschätzung maßgeblich auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stuttgart vom 23. Juli 2015. Hiernach existiert in Bulgarien kein konkreter nationaler Integrationsplan. Es gebe nur sehr geringe Chancen, sich eine Existenz aufzubauen. Zwar sei im Juni 2015 eine Integrationsstrategie bis 2016 erlassen worden, an einem Plan zur Umsetzung fehle es aber. Die QRL-2013 sei noch nicht umgesetzt werden. Es fehle an einem ausreichenden Budget für eine effektive Integrationspolitik. Für anerkannte Schutzberechtigte gebe es einen Anspruch auf Sozialhilfe, aber in geringerer Höhe im Vergleich zu bulgarischen Staatsangehörigen (für diese ca. 33 EUR pro Monat). Tatsächlich erhielten nur sehr wenige der anerkannten Schutzberechtigten diese finanzielle Unterstützung. Auch bei der Wohnraumsuche erhalte nur ein verschwindend geringer Teil Unterstützung. In der Regel bedeute der Erhalt eines Schutzstatus Obdachlosigkeit. Der Zugang zum Arbeitsmarkt sei äußerst erschwert. Es fehle an Sprachkenntnissen der Flüchtlinge und an der Bereitschaft der Arbeitgeber, anerkannte Schutzberechtigte anzustellen. Auf dem Schwarzmarkt seien die Möglichkeiten ebenfalls beschränkt, da dieser überwiegend von Roma eingenommen sei, 95vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Stuttgart vom 23. Juli 2015. 96Diese Angaben des Auswärtigen Amtes decken sich mit den Angaben mehrerer anderer Quellen. Auch diese gehen davon aus, dass anerkannte Schutzberechtigte in Bulgarien keinen effektiven Zugang zu einer Wohnung und sozialen Leistungen haben, 97vgl. Council of Europe (Europarat), Report by Nils Muiznieks following his visit to Bulgaria from 9 to 11 February 2015, S. 28 f.; ProAsyl, Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien, April 2015, S. 44 ff.; aida, Asylum Information Database, Country Report Bulgaria, 31. Januar 2015, S. 41; Bulgarian Helsinki Committee, Annual monitoring report on status determination procedures in Bulgaria, 2014. S. 13. 98Soweit nach den vorstehenden Berichten, anerkannte Schutzberechtigte nach der Statusanerkennung zum Teil noch in den Aufnahmeeinrichtungen für Antragsteller weiter leben können, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Zum Einen geben die Berichte nur einen Kulanzzeitraum von sechs Monaten an, was keine dauerhafte Lösung darstellt. Zudem wird ebenfalls davon berichtet, dass anerkannte Schutzberechtigte regelmäßig willkürlich aus den Einrichtungen ausgeschlossen würden, was sich mit den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung deckt. Schließlich würde eine entsprechende Kulanzregelung dem Kläger als Rückkehrer nach Bulgarien von vornherein nicht weiterhelfen. Für eine Wiederaufnahme von anerkannten Schutzberechtigten in Aufnahmeeinrichtungen, die von diesen zuvor verlassen wurden, ist nichts ersichtlich. Dass der bulgarische Staat anerkannte Schutzberechtigte zum Teil trotz der Statusgewährung zunächst in den Aufnahmeeinrichtungen weiter leben lässt, ist zuletzt ein Indiz, dass diese ansonsten keinen effektiven Zugang zu Obdach und Lebensunterhalt haben. 99Der Anwendung von § 60 Abs. 5 AufenthG steht nicht die Regelung der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylG entgegen. 100Zwar schließt § 31 Abs. 4 AsylG die Prüfung eines Anspruchs nach § 60 Abs. 5 AufenthG implizit aus. Anders als für die Rechte auf internationalen Schutz besteht dieser Ausschluss jedoch dann nicht mehr, wenn eine Ausnahme vom Konzept der normativen Vergewisserung vorliegt. 101Der Konzeption des Art. 16a Abs. 2 GG liegt die Annahme zu Grunde, dass ein Ausländer kein Bedürfnis für eine relative Schutzposition gegenüber einem sicheren Drittstaat besitzt. Anders ist dies aber dann, wenn ein Ausnahmefall vom Konzept normativer Vergewisserung vorliegt. Da § 26a AsylG an Art. 16a Abs. 2 GG anknüpft, kann auch die einfachgesetzliche Vorschrift den Ausschluss einer relativen Schutzposition gegenüber dem Drittstaat, für den ein Ausnahmefall vom Konzept normativer Vergewisserung festzustellen ist, nicht rechtfertigen. 102Die Abschiebungsandrohung (Ziffer 2 des Bescheids) ist wegen des Anspruchs auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG rechtswidrig, vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG. 103Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die beklagte wird unter teilweiser aufhebung der ziffer 1 des bescheids des bundesamtes für migration und flüchtlinge (bundesamt) vom 24. februar 2015 verpflichtet, festzustellen, dass für den kläger ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg hinsichtlich bulgarien vorliegt. ziffer 2 des vorbenannten bescheids wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. der kläger trägt 2/3 und die beklagte 1/3 der kosten des verfahrens, in dem gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der am 27. august 1987 geborene kläger ist syrischer staatsangehöriger. am 21. november 2014 stellte er beim bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) einen asylantrag. er beschränkte seinen antrag auf die zuerkennung internationalen schutzes und verzichtete auf die prüfung der anerkennung als asylberechtigter nach art. 16a gg. 3der kläger gab in dem persönlichen gespräch zur bestimmung des zuständigen mitgliedstaates beim bundesamt an, sich von oktober 2013 bis mai 2014 in der türkei aufgehalten zu haben und dann mit dem pkw nach bulgarien gefahren zu sein. dort sei er drei bis vier tage gewesen und dann wieder in die türkei abgeschoben worden. er habe keinen asylantrag stellen wollen. am 5. november 2014 sei er über bulgarien, serbien (aufenthalt zwei bis drei tage), ungarn (aufenthalt zwei bis drei tage) und österreich in das bundesgebiet eingereist. er habe bislang in keinem anderen land einen asylantrag gestellt. 4nachdem das bundesamt am 24. november 2014 einen eurodac-treffer festgestellt hatte, bat es am 4. dezember 2014 die bulgarischen behörden um wiederaufnahme des klägers auf der grundlage der regeln der verordnung (eu) nr. 604/2013 (dublin-iii-vo). der kläger habe bereits am 1. april 2014 in bulgarien einen asylantrag gestellt. die bulgarischen behörden lehnten unter dem 18. dezember 2014 die wiederaufnahme des klägers ab, da diesem am 24. august 2014 in bulgarien der flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei. eine überstellung auf der grundlage der dublin-iii-vo könne deshalb nicht erfolgen. die beklagte solle eine separate anfrage nach dem zwischenstaatlichen wiederaufnahmeübereinkommen stellen. 5unter dem 18. februar 2015 bat der kläger die beklagte darum, von dem dublin-verfahren abstand zu nehmen und das selbsteintrittsrecht auszuüben. eine rückkehr nach bulgarien sei ihm nicht zumutbar, weil er dort schwer misshandelt worden sei. 6mit bescheid vom 24. februar 2015, zugestellt am 26. februar 2015, lehnte das bundesamt den antrag des klägers als unzulässig ab und drohte ihm die abschiebung nach bulgarien an. der kläger dürfe nicht nach syrien abgeschoben werden. 7der kläger hat am 11. märz 2015 klage erhoben. zur begründung macht er geltend, dass eine rückkehr nach bulgarien ihm nicht zumutbar sei, weil er dort schwere misshandlungen erlitten habe, die er durch fotos dokumentieren könne. die lebensbedingungen in bulgarien seien menschenunwürdig. 8in der mündlichen verhandlung gibt der kläger an, er habe sich zwei mal in bulgarien aufgehalten. beim ersten mal seien ihm fingerabdrücke abgenommen worden, er sei aber nach wenigen tagen wieder abgeschoben worden. nach der zweiten einreise sei er in ein flüchtlingslager gebracht worden und habe sich für fünf monate dort aufgehalten. er habe dann einen flüchtlingspass erhalten, den er nicht habe lesen können und zerrissen habe. er habe sich nach der anerkennung nicht mehr in der flüchtlingsunterkunft aufhalten dürfen. einen tag später habe er die reise nach deutschland begonnen. 9der kläger beantragt, 10den bescheid des bundesamtes vom 24. februar 2015 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg in bezug auf syrien und bulgarien vorliegt. 11die beklagte beantragt - schriftsätzlich -, 12die klage abzuweisen. 13die erkenntnisse der kammer zur lage in bulgarien wurden in das verfahren eingeführt. die kammer hat am 30. september 2015 mündlich verhandelt. da dem gericht nach der schließung der mündlichen verhandlung eine auskunft des auswärtigen amtes an das vg stuttgart vom 23. juli 2015 zur kenntnis gelangte, hat die kammer mit beschluss vom 6. oktober 2015 die mündliche verhandlung wiedereröffnet. der kläger hat mit schriftsatz vom 12. oktober 2015, die beklagte durch ihre allgemeine prozesserklärung gegenüber dem vg aachen auf die durchführung einer (weiteren) mündlichen verhandlung verzichtet. 14wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 15 | 16die kammer konnte wegen der einvernehmlichen zustimmung der beteiligten ohne mündliche verhandlung (§ 101 abs. 2 vwgo) entscheiden. 17die klage hat in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang erfolg. 18die zulässige klage ist hinsichtlich des begehrens auf aufhebung des bescheids des bundesamtes vom 24. februar 2015 nur teilweise begründet. 19ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheids ist im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung (§ 77 abs. 1 asylg) rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 vwgo, soweit der antrag auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 asylg und subsidiären schutzes nach § 4 asylg abgelehnt wurde. 20der bescheid ist formell rechtmäßig. 21es liegt insbesondere kein die rechtmäßigkeit des bescheids berührender verstoß gegen die pflicht des bundesamtes, den kläger persönlich anzuhören, vor. 22nach § 24 abs. 1 satz 3 asylg hat das bundesamt den ausländer persönlich anzuhören. gemäß § 25 abs. 1 satz 1 asylg muss der ausländer selbst die tatsachen vortragen, die seine furcht vor verfolgung oder die gefahr eines ihm drohenden ernsthaften schadens begründen, und die erforderlichen angaben machen. 23das persönliche gespräch mit dem kläger zur bestimmung des zuständigen mitgliedstaates, das im wesentlichen seinen reiseweg, einen bereits erhaltenen schutzstatus, seine persönlichen daten und weiteren formalien zum gegenstand hatte, ist keine ordnungsgemäße anhörung im sinne der benannten vorschriften. denn der kläger wurde insbesondere zu den gründen für seinen entschluss, sein heimatland zu verlassen, nicht persönlich befragt. damit hatte er keine gelegenheit die von § 25 asylg geforderten tatsachen im rahmen einer persönlichen anhörung anzugeben, was § 24 abs. 1 satz 3 asylg aber von dem asylsuchenden fordert. er wurde auch nicht dazu angehört, dass die bulgarischen behörden mitgeteilt haben, er habe bereits den flüchtlingsstatus erhalten. 24das bundesamt durfte von einer persönlichen anhörung des klägers zu seinen verfolgungsgründen jedoch absehen. 25zwar hatte das bundesamt nicht die möglichkeit, von einer persönlichen anhörung des klägers nach § 24 abs. 1 satz 5 asylg abzusehen, was nur dann der fall ist, wenn einem auf internationalen schutz beschränkten asylantrag stattgegeben wird. das bundesamt hat den antrag des klägers aber als unzulässig abgelehnt. 26das bundesamt konnte jedoch auf grund von § 24 abs. 1 satz 4 alt. 2 asylg von einer persönlichen anhörung des klägers absehen. nach dieser vorschrift kann das bundesamt von einer persönlichen anhörung absehen, wenn der ausländer nach seinen angaben aus einem sicheren drittstaat (§ 26a asylg) eingereist ist. die tatbestandlichen voraussetzungen der vorschrift liegen vor, da der kläger nach seinen angaben auf dem landweg in das bundesgebiet eingereist ist. 27unionsrecht steht der fehlenden anhörung des klägers nicht entgegen. 28unionsrechtliche vorgaben für die anhörung des klägers enthalten die richtlinie 2005/85/eg (verfahrensrichtlinie i - vrl-2005) und die richtlinie 2013/32/eu (verfahrensrichtlinie ii - vrl-2013). die vrl-2005 wurde mit wirkung zum 21. juli 2015 aufgehoben und durch die regelungen der vrl-2013 ersetzt. art. 52 uabs. 1 satz 2 vrl-2013 enthält indes eine übergangsbestimmung, wonach für vor dem 20. juli 2015 gestellte anträge die vorschriften nach maßgabe der vrl-2005 gelten. art. 52 uabs. 1 satz 1 vrl-2013 bestimmt, dass die mitgliedstaaten die vorschriften zur umsetzung der vrl-2013 auf nach dem 20. juli 2015 oder früher gestellte anträge anwenden. eine regelung des asylg ist im fall eines vor dem 20. juli 2015 gestellten antrags auf internationalen schutz also dann mit unionsrecht vereinbar, soweit sie entweder die vorgaben der vrl-2005 oder der vrl-2013 umsetzt. 29eine persönliche anhörung des klägers zu seinem verfolgungsschicksal war nach art. 12 abs. 2 b) vrl-2005 nicht erforderlich. 30nach art. 12 abs. 1 vrl-2005 wird dem asylbewerber vor der entscheidung der asylbehörde gelegenheit zu einer persönlichen anhörung zu seinem asylantrag durch einen nach seinem nationalen recht zuständigen bediensteten gegeben. gemäß art. 12 abs. 2 b) vrl-2005 kann auf die persönliche anhörung verzichtet werden, wenn die zuständige behörde bereits ein treffen mit dem antragsteller hatte, um ihn bei der ausfüllung des antrags und der vorlage der für den antrag wesentlichen informationen nach art. 4 abs. 2 der richtlinie 2004/83/eg (qualifikationsrichtlinie i - qrl-2004) zu unterstützen. die wesentlichen informationen im sinne von art. 4 abs. 2 qrl-2004 sind angaben des asylsuchenden zu alter, familiären und sozialen verhältnissen — auch der betroffenen verwandten —, identität, staatsangehörigkeit(en), land/ländern und ort(en) des früheren aufenthalts, früheren asylanträgen, reisewegen, identitätsausweisen und reisedokumenten sowie zu den gründen für seinen antrag auf internationalen schutz und sämtliche ihm zur verfügung stehenden unterlagen hierzu. 31die voraussetzungen von art. 12 abs. 2 b) vrl-2005 liegen vor. der kläger hat seinen antrag beim bundesamt persönlich gestellt. im rahmen der antragstellung hat er einen fragebogen für syrische staatsangehörige ausgefüllt und damit seinen antrag auf internationalen schutz begründet. 32selbst wenn man entgegen der ansicht der kammer in der unterbliebenen anhörung (insbesondere zu der mitteilung der bulgarischen behörden an das bundesamt) einen verfahrensfehler sehen würde, würde dies dem kläger wegen der regelung des § 46 vwvfg nicht zu einem aufhebungsanspruch verhelfen. 33nach § 46 vwvfg kann die aufhebung eines verwaltungsakts, der nicht nach § 44 vwvfg nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter verletzung von vorschriften über das verfahren, die form oder die örtliche zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die verletzung die entscheidung in der sache nicht beeinflusst hat. 34im asylverfahren, das nur gebundene entscheidungen kennt, kann allein eine fehlende anhörung die aufhebung eines bescheids nach diesem maßstab nie rechtfertigen. die getroffene entscheidung des bundesamts muss vielmehr auch materiell rechtswidrig sein. das verwaltungsgericht hat die spruchreife durch nachholung der anhörung herzustellen, 35vgl. bverwg, beschluss vom 14. mai 1982 - 9 b 179/82 -, dvbl 1983, 33 = juris, rn. 5. 36der anwendung von § 46 vwvfg steht nicht entgegen, dass das recht auf persönliche anhörung des asylsuchenden durch das unionsrecht garantiert wird. zwar hebt der eugh im direkten vollzug des unionsrechts bei unzureichender behördlicher sachverhaltsaufklärung die getroffene entscheidung grundsätzlich auf, 37vgl. sachs, in: stelkens/bonk, ders.; vwvfg, 8. aufl. (2014), § 46 rn. 71, m.w.n. 38hier liegt jedoch (der regelfall - vgl. art. 291 aeuv) des indirekten vollzugs von unionsrecht vor. sofern - wie hier - spezielle gemeinschaftsrechtliche regelungen fehlen, sind die verfahrensmodalitäten, die den schutz aus dem gemeinschaftsrecht erwachsender rechte gewährleisten sollen, im rahmen der verfahrensautonomie der mitgliedstaaten von diesen unter beachtung des äquivalenz- und des effektivitätsprinzips selbst zu regeln. auch § 46 vwvfg kann deshalb anwendung finden, 39vgl. bverwg, urteil vom 29. oktober 2008 - 6 c 38/07 -, nvwz 2009, 653 = juris, rn. 41. 40soweit durch ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheids der antrag auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 asylg und subsidiären schutzes nach § 4 asylg abgelehnt wurde, ist der bescheid auch materiell rechtmäßig. 41rechtsgrundlage für die ablehnung des asylantrags als unzulässig ist § 26a asylg. nach satz 1 der vorschrift kann ein ausländer, der aus einem drittstaat im sinne des art. 16a abs. 2 satz 1 gg (sicherer drittstaat) eingereist ist, sich nicht auf art. 16a abs. 1 gg berufen. gemäß satz 2 der vorschrift wird er nicht als asylberechtigter anerkannt. 42der anwendung von § 26a asylg steht nicht entgegen, dass dem kläger in bulgarien die flüchtlingseigenschaft im sinne von art. 2 e) der richtlinie 2011/95/eu (qualifikationsrichtlinie - qrl) zuerkannt wurde. 43dass dem kläger die flüchtlingseigenschaft in bulgarien zuerkannt wurde, ergibt sich schon aus dem schreiben der bulgarischen behörden vom 18. dezember 2014 an das bundesamt ("the person was granted refugee status in the republic of bulgaria decision dated 25.08.2014."). es bestehen keine zweifel an dieser angabe, nachdem der kläger in der mündlichen verhandlung auf befragung erklärt hat, in bulgarien einen flüchtlingspass besessen zu haben. 44für eine beschränkung des anwendungsbereichs von § 26a asylg auf asylsuchende, die noch keinen schutzstatus erhalten haben, gibt es in der norm keinen anknüpfungspunkt, 45vgl. so aber unter berufung auf die gesetzesbegründung zu § 26a asylg in bt-drs. 12/4450, s. 20, vg aachen, beschluss vom 11. märz 2015 – 5 l 736/14.a -, juris, rn. 30 ff. 46das konzept sicherer drittstaaten beruht auf dem gedanken, dass in deutschland derjenige keine schutzbedürftigkeit besitzt, der in einem sicheren drittstaat schutz hätte finden können. diese schutzbedürftigkeit fehlt erst recht, wenn der asylbewerber nicht nur schutz hätte finden können, sondern sogar schutz gefunden hat, 47vgl. ovg nrw, beschluss vom 11. mai 2015 – 14 a 926/15.a -, juris, rn. 8 ff., vg berlin, urteil vom 4. juni 2015 – 23 k 906.14.a -, juris, rn. 19. 48die tatbestandsvoraussetzungen des § 26a asylg liegen vor. der kläger ist auf dem landweg und damit aus einem sicheren drittstaat im sinne des art. 16a abs. 2 satz 1 gg in das bundesgebiet eingereist. 49§ 26a asylg ermöglicht auch die von der beklagten ausgesprochene rechtsfolge, den antrag des klägers als unzulässig abzulehnen. 50die von der beklagten gewählte formulierung „der antrag wird als unzulässig abgelehnt“ entspricht zwar nicht der formulierung des gesetzes, wonach gem. § 31 abs. 4 asylg im fall des § 26a asylg festzustellen ist, dass dem antragsteller kein asylrecht zusteht. dies ist jedoch unschädlich, da beide formulierungen zum ausdruck bringen, dass materiell nicht geprüft wird, ob die voraussetzungen der schutzzuerkennung vorliegen. 51der anwendung von § 26a asylg steht nicht entgegen, dass der kläger kein asyl nach art. 16a gg, sondern nur internationalen schutz beantragt hat. 52§ 26 abs. 1 satz 1 asylg ordnet an, dass im fall der einreise aus einem sicheren drittstaat, ein ausländer sich nicht auf das asylrecht nach art. 16a gg berufen kann. die vorschrift trifft damit aber nur scheinbar keine regelung über die gewährung internationalen schutzes. nach § 26a abs. 1 satz 2 asylg wird derjenige, der aus einem sicheren drittstaat eingereist ist, nicht als asylberechtigter anerkannt wird. da nach § 13 abs. 2 asylg der asylantrag stets die zuerkennung internationalen schutzes umfasst, erfasst schon der wortlaut von § 26a abs. 1 satz 2 asylg ("asylberechtigter") auch anträge auf internationalen schutz. zudem ist nach § 31 abs. 4 asylg, der auf § 26a asylg bezug nimmt, (nur) festzustellen, dass dem antragsteller kein asylrecht zusteht. § 31 abs. 4 asylg ist eine sonderregelung zu § 31 abs. 2 asylg, wonach bei beachtlichen asylanträgen gleichzeitig über flüchtlingsschutz und subsidiären schutz zu entscheiden ist. die regelung des § 31 abs. 4 asylg impliziert deshalb, dass bei einer entscheidung nach § 26a asylg auch ein antrag auf internationalen schutz nicht materiell geprüft wird. dies wird auch der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts gerecht, wonach das art. 16a abs. 2 gg und § 26a asylg zu grunde liegende konzept normativer vergewisserung im fall einer einreise aus einem sicheren drittstaat nicht nur das asylrecht nach art. 16a gg, sondern auch die berufung auf rechte nach der gfk ausschließt, 53vgl. bverfg, urteil vom 14. mai 1996 – 2 bvr 1938/93, 2 bvr 2315/93 -, bverfge 94, 49 = juris, rn. 180 ff. 54die ablehnung des antrags auf internationalen schutz ohne inhaltliche prüfung ist auch mit unionsrecht vereinbar. die vrl-2013 erlaubt die ablehnung eines antrags auf internationalen schutz ohne sachprüfung, wenn die flüchtlingseigenschaft bereits in einem anderen land gewährt wurde. 55die kammer beschränkt ihre prüfung auf die vrl-2013. aus den vorstehend dargestellten gründen genügt es für anträge auf internationalen schutz, die vor dem 20. juli 2015 gestellt wurden, wenn das recht der mitgliedstaaten den vorgaben der vrl-2005 oder der vrl-2013 entspricht. 56die ablehnung des antrags des klägers als unzulässig auf grundlage der drittstaatenregelung des § 26a asylg entspricht allerdings nicht der unionsrechtlichen drittstaatenregelung des art. 38 f. vrl-2013. 57die art. 38 f vrl-2013 erklären nationalstaatliche regelungen zu der bestimmung von sicheren drittstaaten für zulässig. allerdings beziehen sich diese regelungen nur auf sichere drittstaaten, die nicht mitglied der europäischen union sind. dass nach unionsrechtlicher diktion drittstaaten nur die staaten sind, die nicht mitglied der europäischen union sind, ergibt sich unter anderem ausdrücklich aus der definition des „drittstaatsangehörigen“ in art. 2 a) dublin-iii-vo ergibt. das unionsrecht sieht damit die anwendung des konzepts sicherer drittstaaten im hinblick auf die mitgliedstaaten der europäischen union nicht vor. die ablehnung der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft kann deshalb nicht auf die einreise aus einem mitgliedstaat gestützt werden. anderenfalls würden auch die regeln der dublin-iii-vo durch nationalstaatliche regelungen ausgehebelt werden. art. 3 abs. 3 dublin-iii-vo schließt es folgerichtig aus, den antrag eines ausländers im anwendungsbereich der dublin-iii-vo auf grund einer nationalrechtlichen drittstaatenregelung (wie § 26a asylg) wegen der einreise aus einem mitgliedstaat abzulehnen. zwar behält nach art. 3 abs. 3 dublin-iii-vo jeder mitgliedstaat das recht, einen antragsteller nach maßgabe der bestimmungen der richtlinie 32/2013/eu in einen sicheren drittstaat zurückzuweisen oder auszuweisen. auch hier ist mit drittstaat jedoch nur ein staat gemeint, der nicht mitgliedstaat der europäischen union ist. 58das unionsrecht lässt für den hier vorliegenden fall jedoch aus anderen gründen zu, dass der antrag des klägers auf internationalen schutz nicht materiell geprüft wird. 59nach art. 33 abs. 1 vrl-2013 müssen die mitgliedstaaten einen antrag auf internationalen schutz nicht prüfen, wenn er nach dieser vorschrift als unzulässig betrachtet wird. gemäß art. 33 abs. 2 vrl-2013 können die mitgliedstaaten einen antrag auf internationalen schutz nur unter bestimmten voraussetzungen als unzulässig betrachten. art. 33 abs. 2 lit. a) vrl-2013 erlaubt dies dann, wenn ein anderer mitgliedstaat internationalen schutz gewährt hat. dies ist hier der fall, da bulgarien dem kläger den flüchtlingsstatus gewährt hat. 60dass das unionsrecht die ablehnung des antrags auf internationalen schutz ohne sachprüfung von anderen tatbestandsvoraussetzungen abhängig macht als § 26a asylg, vermag die rechtswidrigkeit der vom bundesamt in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheids getroffenen regelung nicht zu begründen. denn im vorliegenden fall liegen sowohl die voraussetzungen nach dem asylg als auch nach der vrl-2013 vor, um einen antrag auf internationalen schutz ohne sachprüfung abzulehnen. § 26a asylg ist damit zumindest für die vorliegende fallgestaltung der flüchtlingsanerkennung in einem anderen mitgliedstaat eine richtlinienkonforme umsetzung von art. 33 abs. 2 lit. a) vrl-2013. 61der kläger kann der anwendung von § 26a asylg auch nicht damit entgegentreten, dass eine ausnahme vom konzept der normativen vergewisserung vorliege. 62die drittstaatenregelung des § 26a asylg entspringt der regelung des art. 16a abs. 2 gg. diese verfassungsnorm verfolgt das konzept einer normativen vergewisserung über die sicherheit im drittstaat. die mitgliedstaaten der europäischen gemeinschaften gelten als sicher kraft entscheidung der verfassung. andere staaten können durch den gesetzgeber aufgrund der feststellung, dass in ihnen die anwendung der gfk und der emrk sichergestellt ist, zu sicheren drittstaaten bestimmt werden (art. 16a abs.2 satz 2 gg). die drittstaatenregelung nach art. 16a abs. 2 gg greift immer dann ein, wenn feststeht, dass der ausländer nur über (irgend-)einen der durch die verfassung oder durch gesetz bestimmten sicheren drittstaaten in die bundesrepublik deutschland eingereist sein kann; es muss nicht geklärt werden, um welchen sicheren drittstaat es sich dabei handelt. die drittstaatenregelung schließt den ausländer vom personalen anwendungsbereich des grundrechts auf asyl aus art. 16a gg aus. gleichzeitig kann der asylsuchende sich grundsätzlich auch nicht auf abschiebungsschutz gegenüber einer rückführung in den drittstaat nach anderen vorschriften (art. 16a gg) berufen, 63vgl. bverfg, urteil vom 14. mai 1996 – 2 bvr 1938/93, 2 bvr 2315/93 -, a.a.o., rn. 157 ff., 180 ff. 64ausnahmen vom konzept der normativen vergewisserung sind nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts dann denkbar, wenn abschiebungshindernisse durch umstände begründet werden, die ihrer eigenart nach nicht vorweg im rahmen des konzepts normativer vergewisserung von verfassung oder gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der grenzen liegen, die der durchführung eines solchen konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind, 65vgl. bverfg, urteil vom 14. mai 1996 – 2 bvr 1938/93, 2 bvr 2315/93 -, a.a.o., rn. 189. 66eine ausnahme vom konzept der normativen vergewisserung würde nur die verfassungsrechtliche sperrwirkung des art. 16a abs. 2 gg aufheben. dies ließe es deshalb selbst dann zu, dass ein antrag auf internationalen schutz wegen einer anderen rechtsvorschrift abgelehnt wird. da § 26a asylg – wie vorstehend ausgeführt – unabhängig von der verfassungsrechtlichen sperre des art. 16a abs. 2 gg die ablehnung eines antrags auf internationalen schutzes impliziert, würde eine ausnahme vom konzept der normativen vergewisserung an der möglichkeit des bundesamtes, den antrag auf internationalen schutz auf grund des einfachen rechts, hier nach § 26a asylg, abzulehnen, nichts ändern. dies wäre nur dann anders, wenn höherrangiges recht (insbesondere unionsrecht) der ablehnung entgegenstünde, was – wie vorstehend ausgeführt – nicht der fall ist. der flüchtlingsstatus und der subsidiäre schutzstatus sind zudem auf die abwehr von gefahren gerichtet, die einem ausländer in seinem herkunftsland drohen. eine situation, die eine ausnahme vom konzept normativer vergewisserung rechtfertigt, macht jedoch ein recht erforderlich, dass einen ausländer vor gefahren im jeweiligen sicheren drittstaat (europäischen mitgliedstaat) schützt. dies ist nicht die funktion der rechte auf internationalen schutz. 67das bundesamt könnte den antrag auf internationalen schutz überdies (auch) im fall einer ausnahme vom konzept der normativen vergewisserung noch aus einem weiteren grund ablehnen. denn dem kläger fehlt für sein begehren wegen der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft in bulgarien das notwendige sachbescheidungsinteresse. 68das fehlende rechtliche interesse des klägers an einer (erneuten) zuerkennung des flüchtlingsstatus resultiert daraus, dass die anerkennung als flüchtling in bulgarien gemäß § 60 abs. 1 satz 3 aufenthg in deutschland bindungswirkung dergestalt entfaltet, dass ein abschiebungsverbot in bezug auf seinen heimatstaat syrien besteht, § 60 abs. 1 sätze 1 und 2 aufenthg. 69nach § 60 abs. 1 satz 1 aufenthg darf ein ausländer nicht in einen staat abgeschoben werden, in dem sein leben oder seine freiheit wegen seiner rasse, religion, nationalität, seiner zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe oder wegen seiner politischen überzeugung bedroht ist. gemäß § 60 abs. 1 satz 3 aufenthg stellt das bundesamt, wenn sich ein ausländer auf ein abschiebungsverbot nach dieser vorschrift beruft, in einem asylverfahren fest, ob die voraussetzungen des abschiebungsverbotes vorliegen und dem ausländer die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. dies gilt jedoch nicht im fall des § 60 abs. 1 satz 2 aufenthg. diese vorschrift ordnet ipso iure ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 1 satz 1 aufenthg für asylberechtigte und ausländer an, denen die flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen grund im bundesgebiet die rechtsstellung ausländischer flüchtlinge nach dem abkommen über die rechtsstellung der flüchtlinge anerkannt sind. 70auf grund der zuerkennung des flüchtlingsstatus besteht also bereits ein von den deutschen behörden zu beachtendes abschiebungshindernis bezüglich seines heimatlandes. das bundesamt ist weder berechtigt noch verpflichtet, dem kläger (erneut) die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. ein entsprechender antrag ist unzulässig, 71vgl. bverwg, urteil vom 17. juni 2014 - 10 c 7/13 -, juris, rn. 29. 72im fall eines flüchtlings mit bereits zuerkanntem flüchtlingsstatus in einem anderen mitgliedstaat der europäischen union kann das bundesamt einen antrag auf flüchtlingsschutz und zuerkennung subsidiären schutzes deshalb nicht nur auf der grundlage von § 26a asylg, sondern auch wegen des fehlenden sachbescheidungsinteresses ablehnen. der antrag ist in diesem fall als beachtlicher asylantrag und nach den allgemeinen regeln des § 31 abs. 2, 3 asylg, nicht also nach § 31 abs. 4 asylg, zu behandeln. ob die in ziffer 1 des streitgegenständlichen bescheids getroffene regelung auch in diesem sinne ausgelegt werden kann, bedarf keiner entscheidung, da die voraussetzungen für eine ablehnung nach § 26a asylg – wie sich aus dem vorstehenden ergibt – ebenfalls vorliegen. 73soweit der kläger die verpflichtung der beklagten zu der feststellung eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg begehrt, ist die klage zulässig. sie ist insbesondere als verpflichtungsklage statthaft, § 42 abs. 1 alt. 2 vwgo. 74zwar ist in der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung bei entscheidungen nach § 27a asylg allgemein anerkannt, dass eine anfechtungsklage und nicht die verpflichtungsklage statthaft ist. dies liegt darin begründet, dass eine materielle prüfung des begehrens durch das bundesamt bislang nicht stattgefunden hat und dem asylsuchenden nicht eine tatsacheninstanz verloren gehen soll. das bundesamt soll zudem die möglichkeit behalten, einen antrag als offensichtlich begründet abzulehnen, 75vgl. ovg nrw, beschluss vom 16. juni 2015 – 13 a 221/15.a -, juris; das bverwg hat in einem anderen verfahren wegen dieser rechtsfrage die revision zugelassen, bverwg, beschluss vom 25. august 2015 – 1 b 34/15, 1 b 34/15 (1 c 12/15) -, juris. 76die kammer geht aber nicht davon aus, dass diese rechtsprechung auf entscheidungen nach § 26a asylvfg übertragbar ist. zwar hat auch dann eine sachprüfung noch nicht stattgefunden. dies liegt aber in der verfassungsrechtlichen sperrwirkung des art. 16a abs. 2 gg begründet, die im fall der einreise aus einem sicheren drittstaat nicht nur das grundrecht auf asyl, sondern auch rechte nach der gfk und § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg ausschließt. 77vgl. bverfg, urteil vom 14. mai 1996 – 2 bvr 1938/93, 2 bvr 2315/93 -, a.a.o., rn. 180 ff. 78soweit ein ausländer sich dann aber darauf beruft, dass ein ausnahmefall vom konzept der normativen vergewisserung vorliegt, der die benannte sperrwirkung beseitigt, muss das verwaltungsgericht bereits aus diesem grund eine sachprüfung vornehmen. es liegt dann aber kein grund mehr für eine ausnahme von dem allgemeinen grundsatz des verwaltungsprozessrechts, dass das verwaltungsgericht die spruchreife herzustellen hat, vor. 79die kammer geht überdies davon aus, dass bundesamt in dem streitgegenständlichen bescheid einen antrag auf feststellung eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg zumindest sinngemäß abgelehnt hat. 80zwar enthält der tenor des streitgegenständlichen bescheids keine entsprechenden ausführungen. der tenor entspricht aber – wie bereits ausgeführt – auch hinsichtlich der ablehnung des antrags auf internationalen schutz nicht den vorgaben des asylg und ist deshalb auslegungsbedürftig, wozu insbesondere auch die begründung des bescheids heranzuziehen ist. aus dieser ergibt sich aber, dass das bundesamt abschiebungsschutz in bezug auf bulgarien geprüft hat. in der begründung des bescheids hat das bundesamt (ohne bezug auf eine norm) insoweit zunächst ausgeführt, dass die feststellung von nationalem abschiebungsschutz hinsichtlich syriens unzulässig sei, da dem kläger abschiebungsschutz bereits auf grund der flüchtlingsanerkennung zustehe. auch abschiebungsschutz nach nationalem recht stehe dem kläger deshalb bezüglich syrien nicht zu. die rückkehr nach bulgarien sei ebenfalls zumutbar. die informationen des bundesamtes zum zustand des bulgarischen asylwesens würden diese einschätzung stützen. 81die klage ist hinsichtlich der feststellung eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg auch begründet. ziffer 1 des bescheids ist insoweit rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, § 113 abs. 5 vwgo. 82nach § 60 abs. 5 aufenthg darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich dies aus der emrk ergibt. diese voraussetzungen liegen vor. der kläger kann sich gegen eine abschiebung nach bulgarien auf art. 3 emrk berufen. nach dieser vorschrift darf niemand der folter oder unmenschlicher oder erniedrigender strafe oder behandlung unterworfen werden. 83die anwendung von § 60 abs. 5 aufenthg wird nicht durch art. 16a abs. 2 gg ausgeschlossen. 84zwar schließt das art. 16a abs. 2 gg zu grunde liegende normative vergewisserungskonzept es grundsätzlich aus, sich bei einreise aus einem sicheren drittstaat auf gefährdungen gemäß § 60 abs. 5 oder abs. 7 satz 1 aufenthg zu berufen. 85vgl. bverfg, urteil vom 14. mai 1996 – 2 bvr 1938/93, 2 bvr 2315/93 -, a.a.o., rn. 180 ff. 86dem normativen vergewisserungskonzept kann nur damit entgegengetreten werden, dass es sich aufgrund bestimmter tatsachen aufdrängt, dass der betroffene von einem der vom bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten, im normativen vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen sonderfälle betroffen ist, wobei an diese darlegung strenge anforderungen zu stellen sind, 87vgl. bverfg, urteil vom 14. mai 1996 – 2 bvr 1938/93, 2 bvr 2315/93 -, a.a.o., rn. 189. 88maßgebend für die gerichtliche verneinung des status eines sicheren drittstaates für international schutzberechtigte ist nicht, ob die lebensverhältnisse in dem staat den europarechtlichen oder deutschen anforderungen entsprechen oder prekär sind, sondern ob ein sonderfall im obengenannten sinne vorliegt. hier kommt die im normativen vergewisserungskonzept nicht aufgefangene sonderfallgruppe in betracht, dass der drittstaat anerkannte flüchtlinge oder subsidiär schutzberechtigte unmenschlicher oder erniedrigender behandlung unterwirft. die eingriffsschwelle von art. 3 emrk bzw. art. 4 grcharta wird durch missstände im sozialen bereich aber nur unter strengen voraussetzungen überschritten, z.b. hinsichtlich gesundheitsversorgung und unterbringung nur bei gänzlicher versorgungsverweigerung mit existenzbedrohenden oder unmenschlicher behandlung gleichkommenden folgen. dies wäre etwa der fall, wenn asylbewerber monatelang obdachlos und ohne zugang zu jeder versorgung wären, 89vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 13. mai 2015 - 14 b 525/15.a -, juris, rn. 11 ff.; und vom 29. januar 2015 - 14 a 134/15.a -, juris, rn. 9. 90wesentliche kriterien für die zu entscheidende frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende (bzw. "entwürdigende") behandlung vorliegt, finden sich in der rechtsprechung des egmr zu art. 3 emrk. hiernach besteht grundsätzlich keine pflicht eines staates, jeder person eine wohnung zu verfügung zu stellen. gleichzeitig müsse bei asylsuchenden allerdings berücksichtigt werden, dass diese einer besonders unterprivilegierten und schutzbedürftigen personengruppe angehörten. diese gelte nicht nur, aber insbesondere für kinder. es sei deshalb eine gesamtbetrachtung der aufnahmebedingungen in dem zielstaat und der spezifischen situationen von asylsuchenden erforderlich, 91vgl. egmr, urteil vom 4. november 2014 - nr. 29217/12 (tarakhel) -, juris. 92gemessen an diesen - hohen - anforderungen - droht dem kläger im fall der rückkehr eine verletzung von art. 3 emrk. 93die kammer geht davon aus, dass der kläger im fall einer rückkehr nach bulgarien dort obdachlos wäre und seinen lebensunterhalt nicht sicherstellen könnte. er besitzt in bulgarien weder einen effektiven zugang zu einer sozialwohnung und zu geldleistungen noch kann davon ausgegangen werden, dass er die notwendigen mittel für den lebensunterhalt in bulgarien durch eine erwerbstätigkeit sicherstellen kann. 94die kammer stützt ihre einschätzung maßgeblich auf die auskunft des auswärtigen amtes an das vg stuttgart vom 23. juli 2015. hiernach existiert in bulgarien kein konkreter nationaler integrationsplan. es gebe nur sehr geringe chancen, sich eine existenz aufzubauen. zwar sei im juni 2015 eine integrationsstrategie bis 2016 erlassen worden, an einem plan zur umsetzung fehle es aber. die qrl-2013 sei noch nicht umgesetzt werden. es fehle an einem ausreichenden budget für eine effektive integrationspolitik. für anerkannte schutzberechtigte gebe es einen anspruch auf sozialhilfe, aber in geringerer höhe im vergleich zu bulgarischen staatsangehörigen (für diese ca. 33 eur pro monat). tatsächlich erhielten nur sehr wenige der anerkannten schutzberechtigten diese finanzielle unterstützung. auch bei der wohnraumsuche erhalte nur ein verschwindend geringer teil unterstützung. in der regel bedeute der erhalt eines schutzstatus obdachlosigkeit. der zugang zum arbeitsmarkt sei äußerst erschwert. es fehle an sprachkenntnissen der flüchtlinge und an der bereitschaft der arbeitgeber, anerkannte schutzberechtigte anzustellen. auf dem schwarzmarkt seien die möglichkeiten ebenfalls beschränkt, da dieser überwiegend von roma eingenommen sei, 95vgl. auswärtiges amt, auskunft an das vg stuttgart vom 23. juli 2015. 96diese angaben des auswärtigen amtes decken sich mit den angaben mehrerer anderer quellen. auch diese gehen davon aus, dass anerkannte schutzberechtigte in bulgarien keinen effektiven zugang zu einer wohnung und sozialen leistungen haben, 97vgl. council of europe (europarat), report by nils muiznieks following his visit to bulgaria from 9 to 11 february 2015, s. 28 f.; proasyl, erniedrigt, misshandelt, schutzlos: flüchtlinge in bulgarien, april 2015, s. 44 ff.; aida, asylum information database, country report bulgaria, 31. januar 2015, s. 41; bulgarian helsinki committee, annual monitoring report on status determination procedures in bulgaria, 2014. s. 13. 98soweit nach den vorstehenden berichten, anerkannte schutzberechtigte nach der statusanerkennung zum teil noch in den aufnahmeeinrichtungen für antragsteller weiter leben können, rechtfertigt dies keine andere bewertung. zum einen geben die berichte nur einen kulanzzeitraum von sechs monaten an, was keine dauerhafte lösung darstellt. zudem wird ebenfalls davon berichtet, dass anerkannte schutzberechtigte regelmäßig willkürlich aus den einrichtungen ausgeschlossen würden, was sich mit den angaben des klägers in der mündlichen verhandlung deckt. schließlich würde eine entsprechende kulanzregelung dem kläger als rückkehrer nach bulgarien von vornherein nicht weiterhelfen. für eine wiederaufnahme von anerkannten schutzberechtigten in aufnahmeeinrichtungen, die von diesen zuvor verlassen wurden, ist nichts ersichtlich. dass der bulgarische staat anerkannte schutzberechtigte zum teil trotz der statusgewährung zunächst in den aufnahmeeinrichtungen weiter leben lässt, ist zuletzt ein indiz, dass diese ansonsten keinen effektiven zugang zu obdach und lebensunterhalt haben. 99der anwendung von § 60 abs. 5 aufenthg steht nicht die regelung der §§ 26a, 31 abs. 4 asylg entgegen. 100zwar schließt § 31 abs. 4 asylg die prüfung eines anspruchs nach § 60 abs. 5 aufenthg implizit aus. anders als für die rechte auf internationalen schutz besteht dieser ausschluss jedoch dann nicht mehr, wenn eine ausnahme vom konzept der normativen vergewisserung vorliegt. 101der konzeption des art. 16a abs. 2 gg liegt die annahme zu grunde, dass ein ausländer kein bedürfnis für eine relative schutzposition gegenüber einem sicheren drittstaat besitzt. anders ist dies aber dann, wenn ein ausnahmefall vom konzept normativer vergewisserung vorliegt. da § 26a asylg an art. 16a abs. 2 gg anknüpft, kann auch die einfachgesetzliche vorschrift den ausschluss einer relativen schutzposition gegenüber dem drittstaat, für den ein ausnahmefall vom konzept normativer vergewisserung festzustellen ist, nicht rechtfertigen. 102die abschiebungsandrohung (ziffer 2 des bescheids) ist wegen des anspruchs auf feststellung eines abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5 aufenthg rechtswidrig, vgl. § 34 abs. 1 nr. 3 asylg. 103die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 2, abs. 1 vwgo i. v. m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. | Klaeger*in | 1 |
182,155 | 13 K 2981/13 | 2014-03-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Zustimmung des Beklagten zu der von der Beigeladenen mit Schreiben vom 10. Januar 2012 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung. 3Der am 0.0.1958 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50. Ausweislich des Feststellungsbescheides des Versorgungsamtes E. vom 26. Juli 2007, mit dem für den Kläger rückwirkend zum 18. April 2007 zunächst ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt wurde, beruht die Feststellung der Schwerbehinderung auf folgenden Beeinträchtigungen: 41. Bluthochdruck, Kreislaufregulationsstörungen, koronare Herzerkrankung, Bypass-OP2. Chronisch-degeneratives WS-Syndrom, Bandscheibenschäden3. Depressionen, Angststörung. 5Die Erhöhung auf einen Grad der Schwerbehinderung von 50 erfolgte mit weiterem Festsetzungsbescheid der Stadt E. vom 25. November 2009 – wiederum rückwirkend zum 18. April 2007 –, nachdem die Stadt E. in einem vom Kläger mit dem Ziel der Erhöhung des Grades der Schwerbehinderung durchgeführten sozialgerichtlichen Klageverfahren vor dem Sozialgericht E. am 29. Oktober 2009 ein entsprechendes Anerkenntnis erklärt hatte. 6Der Kläger war seit dem 1. September 1975 bei der Beigeladenen beschäftigt und zuletzt als Sachbearbeiter Einnahmesicherung im Kundenservicezentrum E. tätig. Der Kläger war aufgrund des geltenden Basistarifvertrags in Verbindung mit dem Funktionsgruppenvertrag der Tätigkeiten für die Unternehmen der E1. AG nicht mehr ordentlich kündbar. 7Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen kam es in den letzten Jahren bereits zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten, die aber bisher nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben. Zuletzt erhob der Kläger Klage gegen die Zustimmung des Beklagten zu einer von der Beigeladenen am 7. September 2011 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist, die Gegenstand des Parallelverfahrens 13 K 2979/13 ist. 8Mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 beantragte die Beigeladene wegen eines Vorfalls am 14. Dezember 2011 die Zustimmung des Beklagten zu einer weiteren außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung des Klägers, hilfsweise zur – vorliegend nicht streitgegenständlichen - außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Den Zustimmungsantrag hatten der Personalleiter Herr I. sowie die Personalreferentin Frau L. handschriftlich mit dem Zusatz „i.V.“ unterzeichnet. Zur Begründung führte die Beigeladene im Wesentlichen aus: Der Kläger habe am 14. Dezember 2011 seine Tätigkeit im Kundenservicezentrum wiederaufgenommen, nachdem seiner Klage in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht E. stattgegeben worden sei. An seinem ersten Arbeitstag habe er ein T-Shirt getragen, auf dem das aktuelle Urteil abgedruckt gewesen sei. Darüber hinaus habe er Orden getragen, bei denen es sich offensichtlich um Karnevalsorden gehandelt habe. Gegen 7.15 Uhr habe er die Eingangshalle betreten und durch den lauten Ausruf „Im Namen des Volkes, ich habe gewonnen“ die umstehenden Mitarbeiter bewusst provoziert. Der Personalreferent Herr H. , der Vertreter des Vorgesetzten, Herr A. sowie der Schwerbehindertenvertreter Herr T. hätten den Kläger dann mehrfach zum Verlassen des Gebäudes aufgefordert, um einer weiteren Eskalation entgegenzuwirken. Dies habe der Kläger verweigert. Stattdessen habe er das Urteil in der Hand gehalten und mehrfach lautstark, in der gesamten Eingangshalle vernehmlich und zusammenhanglos die juristische Eingangsformel „Im Namen des Volkes“ in äußerst aggressivem Tonfall wiederholt. Durch dieses provokante Verhalten sei der Betriebsfrieden nachhaltig gestört. Die notwendige Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei erneut und in voller Absicht vom Kläger zerstört worden. Sein Verhalten stelle einen wichtigen Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Die Weiterbeschäftigung nach einem solchen Vorfall sei unzumutbar. 9Im Zeitpunkt des Antrags auf Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung beschäftigte die Beigeladene 1.125 Arbeitnehmer, davon 104 Schwerbehinderte. 10Mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 gab der Beklagte dem Kläger, der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat der Beigeladenen Gelegenheit, bis zum 4. Januar 2012 schriftlich zu dem Zustimmungsantrag Stellung zu nehmen und informierte mit Schreiben vom selben Tag auch die Fürsorgestelle der Stadt E. über den Zustimmungsantrag. 11Der Betriebsrat der Beigeladenen erklärte in seiner Stellungnahme vom 3. Januar 2012 gegenüber dem Beklagten seine Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung. Der vom Arbeitgeber geschilderte Vorfall sei bereits in der Sitzung am 22. Dezember 2011 diskutiert und beraten worden. An seiner bezüglich des früheren Zustimmungsantrags des Arbeitgebers am 23. August 2011 getroffenen Einschätzung, nach der das destruktive und von Anfeindungen gegenüber Kollegen und Führungskräften geprägte Verhalten des Klägers das Arbeitsklima derart belaste, dass ein „normales Miteinander“ nicht mehr möglich sei, werde durch den jüngsten Vorfall bestätigt. Der Kläger habe den Betriebsfrieden zum wiederholten Male ernstlich gestört. 12Der Schwerbehindertenvertreter erklärte mit Schreiben vom 3. Januar 2012 ebenfalls die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Klägers. Die Schwerbehindertenvertretung habe über Jahre in unzähligen Einzelgesprächen mit dem Kläger versucht, eine Veränderung des persönlichen Verhaltens im Umgang mit dem Arbeitgeber sowie den direkten Arbeitskollegen zu erreichen. Am 14. Dezember 2011 sei nochmals ein persönliches Gespräch geführt worden Auch dieses sei aus seiner Sicht ergebnislos verlaufen. 13Der Kläger beantragte in seiner Stellungnahme vom 4. Januar 2012, die Zustimmung zur Kündigung zu versagen und schilderte eine abweichende Fassung der Ereignisse am 14. Dezember 2011. Er sei bis zum 13. Dezember 2011 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Nach seiner Rückkehr am 14. Dezember 2011 sei er zunächst in sein Büro gegangen, habe sich dort aber nicht in das Computersystem einloggen können und zunächst einige Minuten mit der Lektüre von Arbeitsunterlagen verbracht. Er habe zu diesem Zeitpunkt weder ein T-Shirt mit dem Urteilsaufdruck noch Karnevalsorden getragen. Er habe auch nicht zuvor in der Eingangshalle den Ausruf „Im Namen des Volkes, ich habe gewonnen.“ getätigt. Wenige Minuten später seien Herr A. und Herr H. in sein Büro gestürmt und hätten ihm ein Schreiben auf den Schreibtisch geknallt, mit dem seine Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum rechtskräftigen Abschluss des anhängigen Kündigungsschutzprozesses wegen der Kündigung vom 7. September 2011 ausgesprochen worden sei. Im Affekt habe er zu den umstehenden Herren „Im Namen des Volkes, Guten Morgen!“ gesagt. Herr A. habe dann versucht, ihn körperlich anzugehen und mit der Hand nach seiner Brust/seinem Oberkörper gegriffen. Hiergegen habe er sich verwahrt. Der Schwerbehindertenvertreter Herr T. habe dann zur Deeskalation vorgeschlagen, dass man einen Kaffee trinken gehen solle. Der Kaffee habe in der Eingangshalle an den dortigen Stehtischen eingenommen werden sollen. Auf dem Weg zur Eingangshalle habe er dann auf der Toilette das T-Shirt angezogen, auf welchem die erste Seite des Urteils abgedruckt gewesen sei. Er habe dann aber seine Jacke wieder angezogen und sich mit Herrn T. in die Eingangshalle begeben. Er sei von anderen Kollegen begrüßt worden. Erst als dann die Vorgesetzten wieder dazu getreten seien, sei diesen das T-Shirt aufgefallen. Sie hätten ihn dann aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Dem sei er nachgekommen. Unangemessenes Verhalten, Provokationen oder Störungen des Betriebsfriedens oder des Arbeitsklimas habe es nicht gegeben. Die Zustimmung zur Kündigung sei aber auch deshalb zu versagen, weil ein Zusammenhang mit seiner krankheitsbedingt geschwächten psychischen Konstitution offenkundig sei. Das Präsentieren eines T-Shirts und die eigentümliche Wortwahl „Im Namen des Volkes, Guten Morgen“ sei ungewöhnlich, stelle aber keine Provokation dar, sondern seien Ausdruck eines übersteigerten Abwehr- und Behauptungswillens. Die Beigeladene habe seit März 2010 versucht, ihn loszuwerden und er befinde sich seither in ständiger rechtlicher Auseinandersetzung. Ausgangspunkt sei stets der Ausspruch unwirksamer Kündigungen. Die auf Seiten der Beigeladenen handelnden Mitarbeiter ließen jegliche Objektivität und Fürsorge vermissen. Die Beigeladene habe es zudem unterlassen, ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement zu beginnen. 14Die Beigeladene nahm am 6. Januar 2012 ergänzend Stellung und erklärte, dass die Ausführungen des Klägers unzutreffend seien. Er habe in voller Absicht die Verfehlungen begangen und seinen Arbeitgeber provoziert, bei gleichzeitiger erheblicher Störung des Betriebsfriedens. Er habe am Morgen des 14. Dezember 2011 in seinem Büro das T-Shirt mit den aufgedruckten Urteilen und gleichzeitig Karnevalsorden getragen. Herr H. und Herr A. sowie Herr T. hätten sich beim Betreten des Büros ordnungsgemäß verhalten. Der Kläger sei gleich aufgebraust und habe sogleich auf das T-Shirt mit den Urteilen hingewiesen und lauthals „Im Namen des Volkes, ich habe gewonnen“ gerufen. Der Kläger habe in der Eingangshalle beim Kaffe auch keine Jacke über dem T-Shirt und den Karnevalsorden getragen und außerdem lauthals jeden vorbeigehenden Mitarbeiter auf die Urteile mit dem Ausruf „Im Namen des Volkes, ich habe gewonnen“ aufmerksam gemacht. Um den Aufruhr im Eingangsbereich zu beenden, sei das Gespräch mit dem Kläger im Besprechungsraum des Personalmanagements fortgesetzt worden. Erst da sei Herr H. wieder anwesend gewesen. Seitens des Arbeitgebers sei dem Kläger dann das Freistellungsschreiben ausgehändigt worden. Der körperliche Übergriff im Büro des Klägers werde bestritten. Im Gegenteil habe der Kläger Herrn A. beim Verlassen des Zimmers angerempelt. Außerdem sei im März 2010 nach längerer Erkrankung des Klägers in einer leidensgerechten Tätigkeit als Sachbearbeiter Zentrale Auftragsbearbeitung ein befristeter Arbeitsversuch durchgeführt worden. Dieser sei in kürzester Zeit gescheitert, weil der Kläger die Arbeit dort verweigert habe. In einem Gespräch am 15. April 2010 habe er den Arbeitsversuch und die Einweisung als „Zirkus“ bezeichnet und auf eine Rückkehr an seinen alten Arbeitsplatz bestanden. Der Vorwurf, ein Wiedereingliederungsmanagement sei unterblieben, werde daher zurückgewiesen. Zu konstruktiven Gesprächen sei der Kläger nicht bereit. Zuletzt habe er ein Personalgespräch mit dem zuständigen Referenten des Personalmanagements am 9. Dezember 2011 schriftlich verweigert. 15Mit Bescheid vom 9. Januar 2012 stellte der Beklagte fest, dass die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung nach § 91 Absatz 3 Satz 2 SGB IX als erteilt gelte. Mit gesondertem – hier nicht streitgegenständlichen – Bescheid gleichen Datums stellte der Beklagte den Fiktionseintritt auch hinsichtlich des Antrags auf Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung mit sozialer Auslauffrist fest. 16Die Beigeladene sprach unter dem 10. Januar 2012 die außerordentliche fristlose Kündigung aus. Der Kläger erhob hiergegen Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht E. , die nach Angaben der Beteiligten wegen der Vorgreiflichkeit des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ruht. 17Mit Schreiben vom 13. Januar 2012 legte er Widerspruch gegen die Bescheide des Beklagten vom 9. Januar 2012 ein. 18Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Fiktion der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung – sowie mit gesondertem Bescheid gegen die hier nicht streitgegenständliche Fiktion der Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung mit sozialer Auslauffrist - als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Voraussetzungen des § 91 Absatz 4 SGB IX nicht vorlägen. Ein mittelbarer Zusammenhang zwischen dem vorgetragenen Kündigungsgrund und der anerkannten Schwerbehinderung des Klägers könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Liege ein solcher Zusammenhang vor, habe er nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Er habe die Interessen des Klägers und der Beigeladenen gegeneinander abzuwägen. Einerseits sei die gesteigerte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem schwerbehinderten Menschen in Betracht zu ziehen. Andererseits müsse das Integrationsamt bei seiner Entscheidung bestrebt sein, möglichst viel von der Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers in Bezug auf seine im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis bestehenden berechtigen Interessen zu erhalten. Dagegen sei es nicht Aufgabe des Integrationsamtes, die soziale Rechtfertigung der Kündigung zu prüfen. Zugunsten des Klägers seien sein Alter, die lange Beschäftigungszeit seit dem 1. September 1975 und seine schlechte Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt worden. Dennoch gelange er zu der Überzeugung, dass der Beigeladenen die Zustimmung zur Kündigung nicht verwehrt werden dürfe. Nach seiner Auffassung liege ein Fehlverhalten des Klägers vor. Der Kläger habe durch den mehrfachen wiederholten lauten Ausruf „Im Namen des Volkes, ich habe gewonnen“ in der Eingangshalle des Kundenservicezentrums, wobei er das T-Shirt mit dem Aufdruck des Urteils sichtbar getragen habe, den Betriebsfrieden gestört. Der Kläger habe seine Äußerungen bewusst so getan, dass sämtliche Menschen, die sich in der Eingangshalle befunden hätten, dies mitbekommen hätten. Bei dem vorgeworfenen Fehlverhalten handele es sich um einen schwerwiegenden Vorwurf, der Grund für eine außerordentliche Kündigung sein könne. Zwar bestreite der Kläger dieses Verhalten und gebe an, dass das Präsentieren des T-Shirts und die eigentümliche Wortwahl zwar ungewöhnlich seien, aber keine Provokation darstellten. Diese Ansicht teile er aber nicht, Das Bedrucken eines T-Shirts zeuge von der sorgfältigen Vorbereitung des Klägers auf sein Erscheinen am Arbeitsplatz. Der Kläger habe nach seiner Auffassung die Äußerungen und sein Auftreten bewusst so getan, um Kolleginnen und Vorgesetzte zu provozieren. Im Übrigen seien die Stellungnahmen des Betriebsrats und der Schwerbehindertenvertretung berücksichtigt worden, in welchen diese der Kündigung ausdrücklich zugestimmt hätten. Aus diesen Stellungnahmen ergäben sich keine Gesichtspunkte für eine abweichende Entscheidung. Weiterhin werte er, dass die Beigeladene die gesetzliche Pflichtquote zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen erfülle. Nach seiner Auffassung bedürfe es auch keiner vorherigen Abmahnung, um außerordentlich zu kündigen. Es handele sich bei dem vorgeworfenen Verhalten um ein Fehlverhalten im Vertrauensbereich, bei dem eine Abmahnung entbehrlich sei. Der Kläger habe von vorneherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen können. Bei Abwägung der vorstehend genannten Belange gelange er zu der Überzeugung, dass die angefochtene Entscheidung vom 9. Januar 2012 zu Recht ergangen sei. Dem Interesse der Beigeladenen an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei im Ergebnis das größere Gewicht beizumessen. 19Der Kläger hat am 8. März 2013 die vorliegende Klage erhoben. 20Zu deren Begründung führt er im Wesentlichen aus: Der Widerspruchsausschuss des Beklagten habe zwar zutreffend angenommen, dass die von der Beigeladenen behaupteten, zu ihrem Kündigungsentschluss führenden, verhaltensbedingten Gründe im Zusammenhang mit seiner Erkrankung stünden. Die vom Widerspruchsausschuss vorgenommene Ermessensentscheidung sei aber fehlerhaft. Es fehle bereits an einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts. Denn bereits die zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Krankheit und der Ursache der Äußerung notwendigen Feststellungen seien nicht getroffen worden. Der Beklagte hätte sich mit dem Ursachenzusammenhang zwischen dem vermeintlichen Fehlverhalten und seiner Erkrankung befassen müssen. Dabei wäre zu Tage getreten, dass er aufgrund seiner Erkrankung insbesondere aufgrund der fehlenden Wiedereingliederung nach langer Krankheit und der daraus resultierenden Überforderung nicht in der Lage gewesen sei, sein Verhalten zu steuern. Die Erkrankung und die mit der Erkrankung zusammenhängende Belastungssituation am Arbeitsplatz hätten zu einer dauerhaften Persönlichkeitsänderung geführt. Er sei in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, was durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bestätigt werden könne. Er sei seit geraumer Zeit in multidisziplinärer, fachärztlicher Behandlung. Der Beklagte berücksichtige aber auch nicht die besondere Situation des Klägers und werte sein vermeintlich geübtes Verhalten gerade nicht vor dem Hintergrund der Erkrankung, obwohl er – der Beklagte - zuvor selbst festgestellt habe, dass ein Zusammenhang bestehe. Zudem bestreite er weiterhin die ihm vorgehaltenen Pflichtverstöße. Der Beklagte setzte sich nicht mit der gebotenen Neutralität mit dem Sachverhalt auseinander. Die Ausführungen im Widerspruchsbescheid stellten letztlich eine mögliche – im Ergebnis unzutreffende – arbeitsrechtliche Wertung des Geschehens dar. Dagegen seien seine Interessen oder zu seinen Gunsten sprechende Umstände nicht berücksichtigt worden. Schließlich wahre der Zustimmungsantrag der Beigeladenen schon nicht die Schriftform i.S.v. § 126 BGB, da er nicht vom Vorstand der Aktiengesellschaft unterschrieben sei. 21Der Kläger beantragt, 22den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 aufzuheben. 23Der Beklagte beantragt, 24die Klage abzuweisen. 25Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus: Der Hinweis des Klägers, er habe von seinem Ermessen keinen Gebrauch gemacht, gehe fehl. Er sei davon ausgegangen, dass ein mittelbarer Zusammenhang zwischen Behinderung und vorgetragenem Kündigungsgrund nicht ausgeschlossen werden könne. Daher sei er nicht durch die Sollvorschrift des § 91 Absatz 4 SGB IX in seinem Ermessen eingeschränkt gewesen. Die Entscheidung sei vielmehr nach freiem, pflichtgemäßen Ermessen erfolgt. Durch das ihm vorgeworfene Verhalten habe der Kläger sich i.S.v. §§ 611, 241 Abs. 2 BGB vertragswidrig verhalten. Der Betrieb sei ein Organismus, an dessen Funktionieren ohne vermeidbare, eigenmächtige Störungen seitens einzelner Arbeitnehmer nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch weitere Beteiligte insbesondere die Vorgesetzten des betreffenden Arbeitnehmers und die übrigen Arbeitnehmer, berechtigterweise interessiert seien (Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 10.06.1997 – 6 Sa 309/97-). In diesem Rahmen habe der Arbeitgeber darauf zu achten, dass die Ehre seiner Arbeitnehmer nicht durch Angriffe eines einzelnen Arbeitnehmers beeinträchtigt werde. Mögliche Meinungsverschiedenheiten müssten sachlich und in angemessener Form ausgetragen werden. Gegen die entsprechende Verhaltenspflicht habe der Kläger in schuldhaft-pflichtwidriger Weise verstoßen. Selbst wenn ein direkter Zusammenhang zwischen den vorgeworfenen Kündigungsgründen und der Schwerbehinderung angenommen worden wäre, hätte dies zu keinem anderen Ergebnis geführt. 26Die Beteiligten haben im Erörterungstermin am 17. Februar 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und diesen Verzicht mit Schriftsätzen vom 11. März 2014 nochmals bestätigt. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 5. März 2014 gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen worden ist. 30Die Entscheidung konnte gemäß § 101 Absatz 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen, nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin am 17. Februar 2014 sowie nach der Einzelrichterübertragung mit Schriftsätzen vom 11. März 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben. 31Die zulässige Klage ist begründet. 32Der Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO. 33Rechtsgrundlage für eine Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers sind die §§ 85 ff. SGB IX. Nach § 85 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Dies gilt gemäß § 91 Absatz 1 SGB IX auch im Fall der außerordentlichen Kündigung. 34Für den Kläger wurde mit Feststellungsbescheid der Stadt E. vom 25. November 2009 rückwirkend ab dem 18. April 2007 ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt. Er ist daher schwerbehindert im Sinne des § 2 Absatz 2 SGB IX und unterfällt dem besonderen schwerbehindertenrechtlichen Kündigungsschutz. 35Die Zustimmungsentscheidung des Beklagten ist zwar entgegen der Auffassung des Klägers formell rechtmäßig, insbesondere verfahrensfehlerfrei ergangen (I.). Sie ist aber in materieller Hinsicht rechtsfehlerhaft (II.). 36I. Der Entscheidung des Beklagten liegt zunächst ein ordnungsgemäßer Antrag der Beigeladenen auf Erteilung der Zustimmung zugrunde. Nach § 87 Absatz 1 Satz 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Zustimmung zur Kündigung schriftlich bei dem für den Sitz des Betriebs zuständigen Integrationsamt zu beantragen. Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 die Zustimmung bei dem für sie zuständigen Integrationsamt des Beklagten beantragt. Das Schreiben wahrt entgegen der Auffassung des Klägers auch die Schriftform im Sinne von § 61 Satz 2 SGB X i.V.m. § 126 BGB. Danach muss der Zustimmungsantrag vom Arbeitgeber eigenhändig unterzeichnet sein. Handelt es sich bei dem Arbeitgeber - wie vorliegend - nicht um eine natürliche Person, wird das Schriftformerfordernis durch die eigenhändige Unterschrift einer vertretungsberechtigten Person erfüllt. Den Antrag vom 21. Dezember 2011 hat – neben der Personalreferentin - der Personalleiter der Beigeladenen unterzeichnet. Die durch den Arbeitgeber mit der Funktion des Personalleiters betraute Person ist in Personalangelegenheiten aber regelmäßig rechtsgeschäftlich zur Vertretung des Arbeitgebers bevollmächtigt, 37vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09, juris, Urteil vom 29. Oktober 1992 – 2 AZ 469/92- und vom 30. Mai 1972 – 2 AZR 298/71-, juris und BAG 24, 273; Trenk‑Hinterberger in: Lachwitz, Schellhorn, Welti, HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 87 Rn 12. 38Der Personalleiter der Beigeladenen hat den Zustimmungsantrag eigenhändig und mit dem ausdrücklichen Zusatz „i.V.“ in Vertretung für die Beigeladene unterzeichnet. Dass er dessen ungeachtet im Innenverhältnis tatsächlich nicht über die erforderliche Vertretungsvollmacht zum Ausspruch von Kündigungen und zur Stellung von hierzu erforderlichen Zustimmungsanträgen beim Integrationsamt verfügt hat, hat der Kläger mit dem bloßen Hinweis auf die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Vorstands nicht nachvollziehbar dargelegt. Die gesetzliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Vorstandes der Beigeladenen, einer Aktiengesellschaft, nach §§ 77, 78 AktienG steht der Erteilung rechtsgeschäftlicher Vollmachten an weitere Personen nicht entgegen, vgl. §§ 48 ff., 54 HGB. Sonstige Anhaltspunkte für das Fehlen der Vertretungsbefugnis des Personalleiters sind für das Gericht - die Beigeladene beschäftigt mehr als 1.000 Mitarbeiter und hat damit einen erheblichen, vom Vorstand selbst regelmäßig nicht zu bewältigenden Entscheidungsbedarf in Personalangelegenheiten - nicht ersichtlich. 39Die Beigeladene hat die Zustimmung auch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist gemäß § 91 Absatz 2 SGB IX beantragt. Der im Zustimmungsantrag als kündigungsauslösend bezeichnete Vorfall ereignete sich am 14. Dezember 2011. Der Zustimmungsantrag ging am 23. Dezember 2011 und mithin innerhalb der Zwei-Wochen-Frist beim Beklagten ein. 40Der Beklagte hat mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 die gemäß § 87 Absatz 2 SGB IX erforderlichen Stellungnahmen des Klägers, des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung der Beigeladenen eingeholt. 41Dass der Beklagte – auch im Widerspruchsverfahren - keine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, begründet entgegen der Auffassung des Klägers keinen Verfahrensfehler, da die mündliche Verhandlung nach § 88 Absatz 1 SGB IX keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Entscheidung des Integrationsamtes ist, 42vgl. Trenk-Hinterberger in: Lachwitz, Schellhorn, Welti, HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 88 Rn 33; Knittel, SGB IX, 6. Auflage 2012, § 88 Rn 6. 43Gleiches gilt, soweit der Beklagte – soweit ersichtlich – seiner Verpflichtung nach § 87 Absatz 4 SGB IX, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hinzuwirken, nicht nachgekommen ist, da insoweit keine Verfahrensrechte der Beteiligten verletzt werden und die Regelungen der §§ 85 ff. SGB IX an das Unterlassen eines solchen Einigungsversuchs keine Rechtsfolgen anknüpfen, 44vgl. Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 9. März 2004 – 5 K 3302/02-, juris; Trenk-Hinterberger in: Lachwitz, Schellhorn, Welti, HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 87 Rn 33. 45II. Die angegriffene Entscheidung des Beklagten ist aber materiell rechtswidrig. 46Das bei der Erteilung der Zustimmung zur Kündigung nach § 85 SGB IX bestehende Ermessen ist fehlerhaft ausgeübt worden. 47Bei der Ausübung des besonderen Kündigungsschutzes trifft das Integrationsamt, soweit – wie hier – nicht die besonderen Voraussetzungen des § 89 SGB IX vorliegen, seine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen. 48Dies gilt grundsätzlich auch im Fall einer außerordentlichen Kündigung, wenn die Voraussetzungen des § 91 Absatz 4 SGB IX nicht vorliegen. 49Gemäß § 91 Absatz 4 SGB IX soll das Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung erteilen, wenn die Kündigung aus Gründen erfolgt, die nicht im Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Die Entscheidung, ob der Kündigungsgrund im Zusammenhang mit der Behinderung steht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf der Grundlage des vom Arbeitgeber angegebenen, nur im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu überprüfenden Kündigungsgrundes zu treffen. Besteht danach kein Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung, ist das freie Ermessen nach § 85 SGB IX durch § 91 Absatz 4 SGB IX dahingehend eingeschränkt, dass das Integrationsamt im Regelfall die Zustimmung zu erteilen hat und nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden darf, 50vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 20. April 2009 – 12 A 2431/08 -, juris Rn 12 ff. m.w.N. 51Im vorliegenden Fall hat der Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt des Beklagten einen Zusammenhang zwischen dem der Kündigung zugrunde liegenden Verhalten des Klägers vom 14. Dezember 2011 und seiner Behinderung angenommen. Im Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 heißt es hierzu, dass ein mittelbarer Zusammenhang zwischen dem vorgetragenen Kündigungsgrund und der anerkannten Schwerbehinderung des Klägers nicht ausgeschlossen werden könne. Im Erörterungstermin am 17. Februar 2014 hat der Beklagte hierzu ergänzend erläutert, dass er seine Einschätzung auf die beim Kläger vorliegende Funktionsbeeinträchtigung „Depressionen“ stütze, die auch der Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft zugrunde liege. Der Wirkungszusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und dem Verhalten einer erkrankten Person sei so komplex, dass nach der Erfahrung des Beklagten zugunsten des Schwerbehinderten zumindest von einem mittelbaren Zusammenhang ausgegangen werden müsse, wenn – wie vorliegend – die Kündigung gerade auf verhaltensbedingte Gründe gestützt werde. 52Das Bestehen eines Zusammenhangs im Sinne von § 91 Absatz 4 SGB IX zwischen der Schwerbehinderung des Klägers und dem Kündigungsgrund ist von den Beteiligten einschließlich der Beigeladenen auch im weiteren Verfahren nicht in Frage gestellt worden. 53Für das Bestehen des von den Beteiligten angenommenen Zusammenhangs spricht aber auch nachdrücklich, dass es nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Erörterungstermin erstmals nach der Bypass-Operation des Klägers im Jahr 2007 zu Verhaltensauffälligkeiten und Problemen am Arbeitsplatz kam. Gerade die gesundheitlichen Schwierigkeiten des Klägers nach der Bypass-Operation waren aber auch Grundlage der Feststellung des für das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft maßgeblichen Grades der Schwerbehinderung von 50 ab dem 18. April 2007. Ausweislich des vom Kläger vorgelegten Protokolls des Erörterungstermins vor dem Sozialgericht E. am 29. Oktober 2009 beruhte das von der Fürsorgestelle ausgesprochene Anerkenntnis ausgehend vom Gegenstand des Erörterungstermins im Wesentlichen auf der durch die Bypass-Operation verschlechterten physischen, vor allem aber psychischen Situation des Klägers. Denn der Kläger schilderte im Erörterungstermin, dass er mit der einschneidenden Veränderung in seinem Leben durch die Bypass-Operation, insbesondere der hieraus folgenden Beeinträchtigung seiner körperlichen Leistungsfähigkeit und der Angst vor einem weiteren Herzinfarkt nicht zurechtkomme und sich seither nicht mehr als vollwertiger Mensch fühle. Auch fühle er sich am Arbeitsplatz seither gemobbt und bedroht und sei wegen seiner psychischen Situation seit mehr als einem Jahr krankgeschrieben. Das kündigungsauslösende Geschehen am 14. Dezember 2011, das seinen Auslöser letztlich darin hatte, dass der Kläger in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren gegen die Beigeladene obsiegt hatte und sich damit in seiner Einschätzung bestätigt fühlte, dass ihm seitens der Beigeladenen und seiner Vorgesetzten Unrecht widerfuhr, lässt sich vor diesem Hintergrund zwanglos aus den beim Kläger festgestellten, insbesondere psychischen Funktionsbeeinträchtigungen erklären und steht nicht nur in einem entfernten Zusammenhang zu diesen Erkrankungen, 54vgl. zu diesem Maßstab OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2011 – 12 A 705/10 -, juris, Rn 25 ff., Urteil vom 28. Januar 2013 – 12 A 1635/10-, juris, Rn 58 ff.; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 12. Juli 2012 – 5 C 16/11 -, juris, Rn 27. 55Greift mithin die Ermessensbindung nach § 91 Absatz 4 SGB IX nicht, ist dementsprechend über die Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung im Rahmen der allgemeinen, nicht gebundenen Ermessensentscheidung nach § 85 SGB IX zu befinden. 56Die dem Integrationsamt in diesen Fällen überantwortete Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen überprüft das Gericht gemäß § 114 VwGO allein daraufhin, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Insbesondere hat die Behörde alle den Streitfall kennzeichnenden widerstreitenden Interessen einzustellen, die Gesichtspunkte angemessen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen und sich dabei ausschließlich an sachlichen Erwägungen zu orientieren, 57vgl. zu diesem Maßstab etwa Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 4. Mai 2012 – 13 K 6422/11 – juris, Rn 44 ff., m.w.N., Urteil vom 27. September 2011 - 19 K 2234/11 -, n.v. 58Bei der Entscheidung nach § 85 SGB IX ist das Interesse des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Interesse des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes abzuwägen. Entscheidend für die Berücksichtigung abwägungserheblicher Umstände sind ihr Bezug zur Behinderung und ihre an der Zweckrichtung des behindertenrechtlichen Sonderkündigungsschutzes gemessene Bedeutung. 59Sinn und Zweck der Schwerbehindertenschutzvorschriften als Fürsorgevorschriften bestehen vor allem darin, Nachteile eines schwerbehinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugleichen. Die Vorschriften über den Sonderkündigungsschutz sollen den schwerbehinderten Menschen vor den besonderen Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, bewahren und sicherstellen, dass er gegenüber nicht schwerbehinderten Menschen nicht ins Hintertreffen gerät. 60Dabei gewinnt der Schwerbehindertenschutz an Gewicht, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben. In diesem Fall sind an die im Rahmen der interessenabwägenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigende Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber besonders hohe Anforderungen zu stellen, um auch den im Schwerbehindertenrecht zum Ausdruck gekommenen Schutzgedanken der Rehabilitation verwirklichen zu können, 61vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995 - 5 C 24/93 -, BVerwGE 99, 336 (339) m.w.N.; dem folgend etwa OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2009 - 12 A 2431/08 -, juris, Rn 21. 62So kann der Arbeitgeber in Ausnahmefällen sogar verpflichtet sein, den schwerbehinderten Arbeitnehmer "durchzuschleppen", während andererseits die im Interesse der Schwerbehindertenfürsorge gebotene Sicherung des Arbeitsplatzes auf jeden Fall dort ihre Grenze findet, wo eine Weiterbeschäftigung des Schwerbehinderten allen Gesetzen wirtschaftlicher Vernunft widersprechen, insbesondere dem Arbeitgeber einseitig die Lohnzahlungspflicht auferlegt würde, 63vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995 – 5 C 24/93-, a.a.O. 64In einem Fall, in dem – wie hier – die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben, reicht daher nicht jeder als Kündigungsgrund geltend gemachte Umstand aus, um die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber, an die in einem derartigen Fall besonders hohe Anforderungen zu stellen sind, zu überschreiten. Vielmehr bedingen die auf der einen Seite zu Lasten des Arbeitgebers bestehenden besonders hohen Anforderungen an dessen Zumutbarkeitsgrenze, dass auf der anderen Seite der Kündigungsgrund nach Art und Umfang besonderes Gewicht haben muss, um im Rahmen der Ermessensabwägung die besonders hohen Anforderungen an die für den Arbeitgeber geltende besonders hohe Zumutbarkeitsgrenze signifikant überschreiten zu können, 65vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Mai 2009 - 12 A 472/09 -, juris, Rn 19, und vom 20. April 2009 ‑ 12 A 2431/08 -, juris, Rn 25. 66Die danach an die Schwere des Kündigungsgrundes zu stellenden besonders hohen Anforderungen sind umso mehr von zentraler Bedeutung, wenn sie nicht nur als Grund für eine ordentliche Kündigung, sondern zum Anlass für eine – hier allein in Betracht kommende – außerordentliche Kündigung genommen werden und zugunsten des Schwerbehinderten weitere abwägungsrelevante Umstände – wie vorliegend die im Widerspruchsbescheid berücksichtigte besonders lange Betriebszugehörigkeit des Klägers und seine unter Berücksichtigung von Alter und der Schwerbehinderung sehr schwere Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt – streiten, 67vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Mai 2009 - 12 A 472/09 -, juris, Rn 21, und vom 20. April 2009 ‑ 12 A 2431/08 -, juris, Rn 27. 68Soweit danach ein behinderungsbedingter Umstand materiell-rechtlich für die gebotene Interessenabwägung Bedeutung hat, unterliegt er der Aufklärungspflicht. Das Integrationsamt ist dabei nicht der Pflicht enthoben, sich von der Richtigkeit der für seine Entscheidung wesentlichen Behauptungen eine eigene Überzeugung zu verschaffen; gründet es seine Entscheidung auf unrichtige Behauptungen, dann begeht es einen Ermessensfehler. Die Aufklärungspflicht wird verletzt, wenn das Integrationsamt (oder der zuständige Widerspruchsausschuss) sich damit begnügt, das Vorbringen des Arbeitgebers, soweit es in der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist, nur auf Schlüssigkeit zu prüfen, 69vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 2009 – 12 A 472/09 -, juris, Rn 22, m.w.N. 70Grundsätzlich nicht zu prüfen hat das Integrationsamt in diesem Zusammenhang allerdings die arbeitsrechtliche bzw. kündigungsschutzrechtliche Wirksamkeit der Kündigung, 71vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995 - 5 C 24.93 -, a.a.O., S. 340; OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2009 - 12 A 2431/08 -, juris, Rn 30. 72Nur wenn die beabsichtigte Kündigung arbeitsrechtlich evident unzulässig ist, darf das Integrationsamt dies bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen, da es an einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung zum Nachteil des Schwerbehinderten nicht mitwirken soll, 73vgl. Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Juni 2011 - 3 L 246/09 -, juris, Rn 32; Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 6. Oktober 2011 - AN 14 K 11.01275 -, juris, Rn 33. 74Nach diesen Maßstäben erweist sich die von dem Beklagten getroffene Ermessensentscheidung als rechtsfehlerhaft. 75Die Zustimmungsentscheidung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 erweist sich zunächst als ermessensfehlerhaft, weil die Ermessensentscheidung auf einem unzureichend ermittelten und damit unvollständigen Sachverhalt beruht und dieses Aufklärungsdefizit auch gerade den kündigungsrelevanten Sachverhalt betrifft. Insoweit bleibt der Beklagte zugleich deutlich hinter seiner – rechtlich zutreffend - aufgestellten eigenen Anforderung im Widerspruchsbescheid (vgl. Seite 5 letzter Absatz) zurück, „seine Entscheidung nach einer umfassenden Aufklärung des Sachverhalts“ zu treffen. 76Dies gilt zunächst für die Ermittlung des dem Kündigungsgrund zugrunde liegenden historischen Sachverhalts. 77Der genaue Ablauf der kündigungsauslösenden Ereignisse wird von Kläger und Beigeladener ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Stellungnahmen in den Einzelheiten unterschiedlich geschildert. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass er am 14. Dezember 2011 ein T-Shirt mit dem Aufdruck des Urteils bzw. der ersten Seite der Entscheidung aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren getragen hat. Der Zeitpunkt, wann er dieses T-Shirt getragen hat (bereits bei der Ankunft im Kundenservicezentrum oder erst vor dem Kaffeetrinken in der Eingangshalle) und welche und wieviele Personen hiervon überhaupt Kenntnis genommen und daran Anstoß genommen haben, wurde aber von Kläger und Beigeladener unterschiedlich geschildert. Dies gilt auch für den genauen Inhalt sowie für den Zeitpunkt und die Häufigkeit der Verwendung der Phrase „Im Namen des Volkes…“ und die Größe des dabei erreichten Adressatenkreises sowie für weitere Einzelheiten des kündigungsauslösenden Sachverhalts. Schon mit Blick auf die nach oben dargelegten Maßstäben erforderliche Gewichtung des klägerischen Fehlverhaltens im Rahmen der Interessenabwägung hätte der Beklagte sich aber eine eigene Überzeugung von den maßgeblichen Vorgängen verschaffen und den tatsächlichen Hergang aufklären müssen. Eine angemessene Bewertung der Schwere der Pflichtverletzung setzt voraus, dass zunächst der Pflichtverstoß selbst nach Art und Umfang aufgeklärt wird. Eigene Ermittlungen hat der Beklagte ausweislich des Verwaltungsvorgangs jedoch nicht vorgenommen. Nach der Widerspruchsbegründung hat er sich stattdessen mit dem Vorbringen der Beigeladenen begnügt und nur dieses seiner Würdigung zugrunde gelegt (vgl. S. 7). Zwar stellt er fest, dass der Kläger das ihm vorgeworfene Verhalten bestreitet. Hieraus zieht der Beklagte aber keine Konsequenzen, sondern erläutert anschließend auf der Grundlage des von ihm unterstellten Geschehensablaufs, warum er die Einschätzung des Beigeladenen teilt, dass es sich bei dem Bedrucken des T-Shirts und der Wortwahl des Klägers um eine gezielte Provokation von Vorgesetzten und Kollegen handele. Er hat damit nach oben dargelegten Maßstäben seine Aufklärungspflicht verletzt, 78vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 2009 – 12 A 472/09 -, juris, Rn 22 m.w.N. 79In einem Fall, in dem – wie vorliegend – die Kündigung auf ein konkretes Fehlverhalten gestützt wird, das nach den oben dargestellten Grundsätzen im Rahmen der Ermessensbetätigung zu gewichten ist, ist es zudem erforderlich, nicht nur das Fehlverhalten selbst, sondern auch die für die Bewertung der Schwere des Fehlverhaltens unerlässlichen Begleitumstände einschließlich etwaiger Verantwortungsanteile des Arbeitgebers oder von Kollegen zu ermitteln, 80vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. April 2009 – 12 A 2431/08-, juris, Rn 32, m.w.N., und vom 12. Februar 2009 – 12 A 3108/08 -, juris, Rn 9 m.w.N. 81Auch insoweit hat der Beklagte ersichtlich keine eigenen Feststellungen getroffen. Hierzu bestand aber Anlass, weil der Kläger und der Beigeladene ihren Umgang miteinander am 14. Dezember 2011 unterschiedlich schildern und u.a. die Frage, ob es von einer Seite zu einem (versuchten) körperlichen Übergriff gekommen ist und in welcher Weise der Kläger das Freistellungschreiben von der Beigeladenen überreicht bekommen hat, für die Frage, wie das Fehlverhalten des Klägers im Rahmen der Interessenabwägung zu gewichten ist, - jedenfalls im Hinblick auf die verbalen Äußerungen in der konkreten Situation - nicht von vorneherein ohne Bedeutung ist. 82Ein weiteres Aufklärungsdefizit ergibt sich im Hinblick auf die psychischen und körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen, die der Schwerbehinderung des Klägers zugrunde liegen. 83Wird die Kündigung – wie vorliegend - auf ein Fehlverhalten gestützt, das nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten seine Ursache jedenfalls auch in der Behinderung selbst hat, und das im Rahmen der Ermessensbetätigung daher gerade im Hinblick auf die nach obigen Grundsätzen hohen Anforderungen an die Schwere der Pflichtverletzung einerseits und die Zumutbarkeitsgrenze des Arbeitgebers andererseits zu gewichten ist, muss der Beklagte, um eine sachgerechte Gewichtung des Fehlverhaltens vornehmen zu können, den Zusammenhang zwischen der Behinderung und dem konkreten Fehlverhalten näher aufklären. Dem Verwaltungsvorgang ist aber nicht ansatzweise zu entnehmen, dass der Beklagte, obwohl er selbst von einem Zusammenhang zwischen der Behinderung des Klägers und dem vorgeworfenen Verhalten i.S.v § 91 Absatz 4 SGB IX ausgeht, in dem immerhin knapp eineinhalb Jahre dauernden Widerspruchsverfahren eigene Ermittlungen vorgenommen hat, um die Schwere der beim Kläger festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen „Depressionen“ und „Angststörung“ einerseits und ihre konkreten Auswirkungen auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Klägers andererseits näher aufzuklären. Hierzu bestand aber insbesondere deshalb Anlass, weil der Kläger im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgetragen hat, dass seine krankheitsbedingt geschwächte psychische Konstitution offenkundig und für sein Verhalten mitursächlich sei. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs lagen dem Widerspruchsausschuss im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung aber ausschließlich die beiden Festsetzungsbescheide über die Anerkennung eines Grades der Schwerbehinderung von 40 bzw. 50 vom 26. Juni 2007 sowie 25. November 2009 vor. Weitere Ermittlungen hat der Beklagte ‑ auch nach eigenen Angaben im Erörterungstermin – nicht durchgeführt. Insbesondere hat er weder den Kläger zur Vorlage ärztlicher Unterlagen aufgefordert, noch die Unterlagen des Versorgungsamtes, die der Feststellung der Schwerbehinderung zugrunde lagen, beigezogen. Gerade die dem Beklagten bekannte, erst aufgrund eines Anerkenntnisses im sozialgerichtlichen Verfahren rückwirkend zum 18. April 2007 erfolgte Erhöhung des Grades der Schwerbehinderung von 40 auf 50 hätte aber eine Beiziehung der Akten des Versorgungsamtes bzw. der Fürsorgestelle nahegelegt. 84Schließlich hat der Kläger im Widerspruchsverfahren angeführt, dass ihm nach seiner lange währenden Krankheit kein Wiedereingliederungsverfahren ermöglicht worden sei und die auf Seiten der Beigeladenen handelnden Mitarbeiter ihm gegenüber jegliche Objektivität und Fürsorge vermissen ließen. Auch dieser – im Falle des Zutreffens - für die Bewertung der Schwere seines Fehlverhaltens maßgebliche Umstand hätte der weiteren Aufklärung bedurft und Feststellungen dazu geboten, ob der Beigeladene die ihm nach § 84 Absatz 1 SGB IX obliegenden Maßnahmen zur Vermeidung einer Kündigung ergriffen hat und mit welchem Ergebnis. 85Unabhängig von diesen Defiziten der Sachverhaltsaufklärung erweist sich die von dem Beklagten getroffene Entscheidung aber auch deshalb als ermessensfehlerhaft, weil er in dem Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 maßgeblich auf die arbeitsrechtliche Zulässigkeit der beabsichtigten Kündigung abgestellt hat, obwohl diese Frage für die ihm überantwortete Interessenabwägung nach den oben dargelegten Maßgaben gerade keine maßgebliche Rolle spielen darf. Damit hat der Beklagte seine Entscheidung insoweit auf ein sachwidriges, weil von seinem Prüfauftrag nicht umfasstes Kriterium gestützt. 86In seinem Widerspruchsbescheid hat der Beklagte die Zustimmungsentscheidung darauf gestützt, dass es sich bei dem Verhalten des Klägers um bewusste Provokationen von Vorgesetzten und Kollegen gehandelt habe. Es liege ein Fehlverhalten des Klägers im Vertrauensbereich vor, das Grund für eine außerordentliche Kündigung sein könne. Es sei auch keine vorherige Abmahnung erforderlich, weil es sich um einen schweren Verstoß handele, bei dem der Kläger von vorneherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen könne. 87Mit diesen Erwägungen hat der Beklagte aber seiner Entscheidung ausschließlich solche Kriterien zugrunde gelegt, die für die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung maßgeblich sind, 88vgl. BAG, Urteile vom 18. September 2008 – 2 AZR 827/06 -, juris, Rn 33 f., m.w.N., und vom 15. November 2001 – 2 AZR 605/00 -, juris Rn 17. 89Hiervon ist der Beklagte auch im gerichtlichen Verfahren nicht abgerückt, sondern hat zur Verdeutlichung seiner im Widerspruchsbescheid getroffenen Einschätzung nochmals ergänzend und vertiefend vorgetragen, dass der Kläger durch sein Verhalten seine arbeitsvertraglichen (Neben-)Pflichten aus § 611 i.V.m. § 241 Absatz 2 BGB verletzt habe. Insbesondere seien mögliche Meinungsverschiedenheiten sachlich und in angemessener Form auszutragen. Gegen die entsprechende arbeitsvertragliche Verhaltenspflicht habe der Kläger in schuldhaft-pflichtwidriger Weise verstoßen und nicht nur den Betriebsfrieden sondern auch das notwendige Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber zerstört. Damit hat der Beklagte weiterhin ausschließlich arbeitsrechtlich argumentiert. 90Die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB unterliegt jedoch nach den oben genannten Grundsätzen nicht seiner Entscheidungskompetenz und ist damit – abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall der Frage nach der offensichtlichen arbeitsrechtlichen Unzulässigkeit der beabsichtigten Kündigung 91vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992 – 5 C 39/90 -, juris, Rn 30 m.w.N. - 92für die dem Beklagten überantwortete Ermessensentscheidung gerade ohne Belang. 93Insbesondere stellt die arbeitsrechtliche Zulässigkeit der beabsichtigten Kündigung keine Rechtfertigung für die in Rede stehende Zustimmung dar, sondern wird die Kündigung erst durch die Zustimmung ermöglicht. Ob sie nach den insoweit maßgeblichen arbeitsrechtlichen Kriterien zulässig ist, obliegt allein den insoweit zur Entscheidung berufenen – und vom Kläger auch tatsächlich angerufenen - Arbeitsgerichten. 94Schließlich erweist sich die von dem Beklagten getroffene Entscheidung aber auch deshalb als ermessensfehlerhaft, weil er die oben genannten Anforderungen an die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber nicht berücksichtigt hat. 95In seinem Widerspruchsbescheid finden sich keine über die Frage der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung hinausgehenden Erwägungen. Obwohl der Beklagte selbst ausgeführt hat, dass ein Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der anerkannten Behinderung des Klägers nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne, und im Erörterungstermin nochmals ausdrücklich erläutert hat, dass man gerade in das freie Ermessen nach § 85 SGB IX „hineingewollt habe“, hat er in den Ermessenserwägungen gerade nicht - auch nicht ansatzweise – angesprochen, wie dieser Zusammenhang der Behinderung im Hinblick auf das dem Kläger konkret vorgeworfene Fehlverhalten zu gewichten ist. Dabei handelt es sich jedoch – gerade vor dem Hintergrund des angenommenen Zusammenhangs zwischen Behinderung und Kündigungsgrund - um einen sich von der Sache her aufdrängenden zentralen und daher in die Abwägung einzustellenden Gesichtspunkt, dessen Nichtberücksichtigung bereits für sich genommen die Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge hat. 96Schließlich sind die genannten Ermessensfehler auch nicht deshalb unbeachtlich, weil die Weiterbeschäftigung des Klägers allen Grenzen wirtschaftlicher Vernunft widerspräche und deshalb die Zustimmung zu seiner Kündigung erteilt werden müsste. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beigeladenen einseitig die Lohnzahlungspflicht auferlegt würde und daher die Interessenabwägung zwingend zu ihren Gunsten ausgehen müsste. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger aufgrund seiner Schwerbehinderung die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht hat und auch nicht erbringen könnte. Soweit der Kläger nach dem 14. Dezember 2011 tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht hat, beruht dies allein auf der von der Beigeladenen ausgesprochenen Freistellung des Klägers von der Arbeitsverpflichtung bis zum Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wegen der Kündigung vom 7. September 2011. 97Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO, § 188 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keine eigenen Anträge gestellt und sich mithin keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, war sie gemäß § 154 Absatz 3 VwGO weder neben dem Beklagten an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen, noch steht ihr ein Kostenerstattungsanspruch zu, § 162 Absatz 3 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO. | der bescheid des beklagten vom 9. januar 2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. februar 2013 wird aufgehoben. der beklagte trägt die kosten des gerichtskostenfreien verfahrens, mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die diese selbst trägt. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung des klägers durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des aus dem urteil jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2die beteiligten streiten um die rechtmäßigkeit der zustimmung des beklagten zu der von der beigeladenen mit schreiben vom 10. januar 2012 ausgesprochenen außerordentlichen kündigung. 3der am 0.0.1958 geborene kläger ist schwerbehindert mit einem grad der behinderung von 50. ausweislich des feststellungsbescheides des versorgungsamtes e. vom 26. juli 2007, mit dem für den kläger rückwirkend zum 18. april 2007 zunächst ein grad der behinderung von 40 festgestellt wurde, beruht die feststellung der schwerbehinderung auf folgenden beeinträchtigungen: 41. bluthochdruck, kreislaufregulationsstörungen, koronare herzerkrankung, bypass-op2. chronisch-degeneratives ws-syndrom, bandscheibenschäden3. depressionen, angststörung. 5die erhöhung auf einen grad der schwerbehinderung von 50 erfolgte mit weiterem festsetzungsbescheid der stadt e. vom 25. november 2009 – wiederum rückwirkend zum 18. april 2007 –, nachdem die stadt e. in einem vom kläger mit dem ziel der erhöhung des grades der schwerbehinderung durchgeführten sozialgerichtlichen klageverfahren vor dem sozialgericht e. am 29. oktober 2009 ein entsprechendes anerkenntnis erklärt hatte. 6der kläger war seit dem 1. september 1975 bei der beigeladenen beschäftigt und zuletzt als sachbearbeiter einnahmesicherung im kundenservicezentrum e. tätig. der kläger war aufgrund des geltenden basistarifvertrags in verbindung mit dem funktionsgruppenvertrag der tätigkeiten für die unternehmen der e1. ag nicht mehr ordentlich kündbar. 7zwischen dem kläger und der beigeladenen kam es in den letzten jahren bereits zu verschiedenen rechtsstreitigkeiten, die aber bisher nicht zu einer beendigung des arbeitsverhältnisses geführt haben. zuletzt erhob der kläger klage gegen die zustimmung des beklagten zu einer von der beigeladenen am 7. september 2011 ausgesprochenen außerordentlichen kündigung mit sozialer auslauffrist, die gegenstand des parallelverfahrens 13 k 2979/13 ist. 8mit schreiben vom 21. dezember 2011 beantragte die beigeladene wegen eines vorfalls am 14. dezember 2011 die zustimmung des beklagten zu einer weiteren außerordentlichen verhaltensbedingten kündigung des klägers, hilfsweise zur – vorliegend nicht streitgegenständlichen - außerordentlichen verhaltensbedingten kündigung mit sozialer auslauffrist. den zustimmungsantrag hatten der personalleiter herr i. sowie die personalreferentin frau l. handschriftlich mit dem zusatz „i.v.“ unterzeichnet. zur begründung führte die beigeladene im wesentlichen aus: der kläger habe am 14. dezember 2011 seine tätigkeit im kundenservicezentrum wiederaufgenommen, nachdem seiner klage in einem rechtsstreit vor dem arbeitsgericht e. stattgegeben worden sei. an seinem ersten arbeitstag habe er ein t-shirt getragen, auf dem das aktuelle urteil abgedruckt gewesen sei. darüber hinaus habe er orden getragen, bei denen es sich offensichtlich um karnevalsorden gehandelt habe. gegen 7.15 uhr habe er die eingangshalle betreten und durch den lauten ausruf „im namen des volkes, ich habe gewonnen“ die umstehenden mitarbeiter bewusst provoziert. der personalreferent herr h. , der vertreter des vorgesetzten, herr a. sowie der schwerbehindertenvertreter herr t. hätten den kläger dann mehrfach zum verlassen des gebäudes aufgefordert, um einer weiteren eskalation entgegenzuwirken. dies habe der kläger verweigert. stattdessen habe er das urteil in der hand gehalten und mehrfach lautstark, in der gesamten eingangshalle vernehmlich und zusammenhanglos die juristische eingangsformel „im namen des volkes“ in äußerst aggressivem tonfall wiederholt. durch dieses provokante verhalten sei der betriebsfrieden nachhaltig gestört. die notwendige basis für eine vertrauensvolle zusammenarbeit sei erneut und in voller absicht vom kläger zerstört worden. sein verhalten stelle einen wichtigen grund zur beendigung des arbeitsverhältnisses dar. die weiterbeschäftigung nach einem solchen vorfall sei unzumutbar. 9im zeitpunkt des antrags auf erteilung der zustimmung zur außerordentlichen kündigung beschäftigte die beigeladene 1.125 arbeitnehmer, davon 104 schwerbehinderte. 10mit schreiben vom 23. dezember 2011 gab der beklagte dem kläger, der schwerbehindertenvertretung und dem betriebsrat der beigeladenen gelegenheit, bis zum 4. januar 2012 schriftlich zu dem zustimmungsantrag stellung zu nehmen und informierte mit schreiben vom selben tag auch die fürsorgestelle der stadt e. über den zustimmungsantrag. 11der betriebsrat der beigeladenen erklärte in seiner stellungnahme vom 3. januar 2012 gegenüber dem beklagten seine zustimmung zu der beabsichtigten kündigung. der vom arbeitgeber geschilderte vorfall sei bereits in der sitzung am 22. dezember 2011 diskutiert und beraten worden. an seiner bezüglich des früheren zustimmungsantrags des arbeitgebers am 23. august 2011 getroffenen einschätzung, nach der das destruktive und von anfeindungen gegenüber kollegen und führungskräften geprägte verhalten des klägers das arbeitsklima derart belaste, dass ein „normales miteinander“ nicht mehr möglich sei, werde durch den jüngsten vorfall bestätigt. der kläger habe den betriebsfrieden zum wiederholten male ernstlich gestört. 12der schwerbehindertenvertreter erklärte mit schreiben vom 3. januar 2012 ebenfalls die zustimmung zur beabsichtigten kündigung des klägers. die schwerbehindertenvertretung habe über jahre in unzähligen einzelgesprächen mit dem kläger versucht, eine veränderung des persönlichen verhaltens im umgang mit dem arbeitgeber sowie den direkten arbeitskollegen zu erreichen. am 14. dezember 2011 sei nochmals ein persönliches gespräch geführt worden auch dieses sei aus seiner sicht ergebnislos verlaufen. 13der kläger beantragte in seiner stellungnahme vom 4. januar 2012, die zustimmung zur kündigung zu versagen und schilderte eine abweichende fassung der ereignisse am 14. dezember 2011. er sei bis zum 13. dezember 2011 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. nach seiner rückkehr am 14. dezember 2011 sei er zunächst in sein büro gegangen, habe sich dort aber nicht in das computersystem einloggen können und zunächst einige minuten mit der lektüre von arbeitsunterlagen verbracht. er habe zu diesem zeitpunkt weder ein t-shirt mit dem urteilsaufdruck noch karnevalsorden getragen. er habe auch nicht zuvor in der eingangshalle den ausruf „im namen des volkes, ich habe gewonnen.“ getätigt. wenige minuten später seien herr a. und herr h. in sein büro gestürmt und hätten ihm ein schreiben auf den schreibtisch geknallt, mit dem seine freistellung von der arbeitsleistung bis zum rechtskräftigen abschluss des anhängigen kündigungsschutzprozesses wegen der kündigung vom 7. september 2011 ausgesprochen worden sei. im affekt habe er zu den umstehenden herren „im namen des volkes, guten morgen!“ gesagt. herr a. habe dann versucht, ihn körperlich anzugehen und mit der hand nach seiner brust/seinem oberkörper gegriffen. hiergegen habe er sich verwahrt. der schwerbehindertenvertreter herr t. habe dann zur deeskalation vorgeschlagen, dass man einen kaffee trinken gehen solle. der kaffee habe in der eingangshalle an den dortigen stehtischen eingenommen werden sollen. auf dem weg zur eingangshalle habe er dann auf der toilette das t-shirt angezogen, auf welchem die erste seite des urteils abgedruckt gewesen sei. er habe dann aber seine jacke wieder angezogen und sich mit herrn t. in die eingangshalle begeben. er sei von anderen kollegen begrüßt worden. erst als dann die vorgesetzten wieder dazu getreten seien, sei diesen das t-shirt aufgefallen. sie hätten ihn dann aufgefordert, das gebäude zu verlassen. dem sei er nachgekommen. unangemessenes verhalten, provokationen oder störungen des betriebsfriedens oder des arbeitsklimas habe es nicht gegeben. die zustimmung zur kündigung sei aber auch deshalb zu versagen, weil ein zusammenhang mit seiner krankheitsbedingt geschwächten psychischen konstitution offenkundig sei. das präsentieren eines t-shirts und die eigentümliche wortwahl „im namen des volkes, guten morgen“ sei ungewöhnlich, stelle aber keine provokation dar, sondern seien ausdruck eines übersteigerten abwehr- und behauptungswillens. die beigeladene habe seit märz 2010 versucht, ihn loszuwerden und er befinde sich seither in ständiger rechtlicher auseinandersetzung. ausgangspunkt sei stets der ausspruch unwirksamer kündigungen. die auf seiten der beigeladenen handelnden mitarbeiter ließen jegliche objektivität und fürsorge vermissen. die beigeladene habe es zudem unterlassen, ein betriebliches wiedereingliederungsmanagement zu beginnen. 14die beigeladene nahm am 6. januar 2012 ergänzend stellung und erklärte, dass die ausführungen des klägers unzutreffend seien. er habe in voller absicht die verfehlungen begangen und seinen arbeitgeber provoziert, bei gleichzeitiger erheblicher störung des betriebsfriedens. er habe am morgen des 14. dezember 2011 in seinem büro das t-shirt mit den aufgedruckten urteilen und gleichzeitig karnevalsorden getragen. herr h. und herr a. sowie herr t. hätten sich beim betreten des büros ordnungsgemäß verhalten. der kläger sei gleich aufgebraust und habe sogleich auf das t-shirt mit den urteilen hingewiesen und lauthals „im namen des volkes, ich habe gewonnen“ gerufen. der kläger habe in der eingangshalle beim kaffe auch keine jacke über dem t-shirt und den karnevalsorden getragen und außerdem lauthals jeden vorbeigehenden mitarbeiter auf die urteile mit dem ausruf „im namen des volkes, ich habe gewonnen“ aufmerksam gemacht. um den aufruhr im eingangsbereich zu beenden, sei das gespräch mit dem kläger im besprechungsraum des personalmanagements fortgesetzt worden. erst da sei herr h. wieder anwesend gewesen. seitens des arbeitgebers sei dem kläger dann das freistellungsschreiben ausgehändigt worden. der körperliche übergriff im büro des klägers werde bestritten. im gegenteil habe der kläger herrn a. beim verlassen des zimmers angerempelt. außerdem sei im märz 2010 nach längerer erkrankung des klägers in einer leidensgerechten tätigkeit als sachbearbeiter zentrale auftragsbearbeitung ein befristeter arbeitsversuch durchgeführt worden. dieser sei in kürzester zeit gescheitert, weil der kläger die arbeit dort verweigert habe. in einem gespräch am 15. april 2010 habe er den arbeitsversuch und die einweisung als „zirkus“ bezeichnet und auf eine rückkehr an seinen alten arbeitsplatz bestanden. der vorwurf, ein wiedereingliederungsmanagement sei unterblieben, werde daher zurückgewiesen. zu konstruktiven gesprächen sei der kläger nicht bereit. zuletzt habe er ein personalgespräch mit dem zuständigen referenten des personalmanagements am 9. dezember 2011 schriftlich verweigert. 15mit bescheid vom 9. januar 2012 stellte der beklagte fest, dass die zustimmung zur außerordentlichen kündigung nach § 91 absatz 3 satz 2 sgb ix als erteilt gelte. mit gesondertem – hier nicht streitgegenständlichen – bescheid gleichen datums stellte der beklagte den fiktionseintritt auch hinsichtlich des antrags auf zustimmung zur außerordentlichen fristlosen kündigung mit sozialer auslauffrist fest. 16die beigeladene sprach unter dem 10. januar 2012 die außerordentliche fristlose kündigung aus. der kläger erhob hiergegen kündigungsschutzklage vor dem arbeitsgericht e. , die nach angaben der beteiligten wegen der vorgreiflichkeit des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen verfahrens ruht. 17mit schreiben vom 13. januar 2012 legte er widerspruch gegen die bescheide des beklagten vom 9. januar 2012 ein. 18mit widerspruchsbescheid vom 6. februar 2013 wies der beklagte den widerspruch des klägers gegen die fiktion der zustimmung zur außerordentlichen kündigung – sowie mit gesondertem bescheid gegen die hier nicht streitgegenständliche fiktion der zustimmung zur außerordentlichen fristlosen kündigung mit sozialer auslauffrist - als unbegründet zurück. zur begründung führte er aus, dass die voraussetzungen des § 91 absatz 4 sgb ix nicht vorlägen. ein mittelbarer zusammenhang zwischen dem vorgetragenen kündigungsgrund und der anerkannten schwerbehinderung des klägers könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden. liege ein solcher zusammenhang vor, habe er nach pflichtgemäßem ermessen zu entscheiden. er habe die interessen des klägers und der beigeladenen gegeneinander abzuwägen. einerseits sei die gesteigerte fürsorgepflicht des arbeitgebers gegenüber dem schwerbehinderten menschen in betracht zu ziehen. andererseits müsse das integrationsamt bei seiner entscheidung bestrebt sein, möglichst viel von der gestaltungsfreiheit des arbeitgebers in bezug auf seine im zusammenhang mit dem arbeitsverhältnis bestehenden berechtigen interessen zu erhalten. dagegen sei es nicht aufgabe des integrationsamtes, die soziale rechtfertigung der kündigung zu prüfen. zugunsten des klägers seien sein alter, die lange beschäftigungszeit seit dem 1. september 1975 und seine schlechte vermittelbarkeit auf dem arbeitsmarkt berücksichtigt worden. dennoch gelange er zu der überzeugung, dass der beigeladenen die zustimmung zur kündigung nicht verwehrt werden dürfe. nach seiner auffassung liege ein fehlverhalten des klägers vor. der kläger habe durch den mehrfachen wiederholten lauten ausruf „im namen des volkes, ich habe gewonnen“ in der eingangshalle des kundenservicezentrums, wobei er das t-shirt mit dem aufdruck des urteils sichtbar getragen habe, den betriebsfrieden gestört. der kläger habe seine äußerungen bewusst so getan, dass sämtliche menschen, die sich in der eingangshalle befunden hätten, dies mitbekommen hätten. bei dem vorgeworfenen fehlverhalten handele es sich um einen schwerwiegenden vorwurf, der grund für eine außerordentliche kündigung sein könne. zwar bestreite der kläger dieses verhalten und gebe an, dass das präsentieren des t-shirts und die eigentümliche wortwahl zwar ungewöhnlich seien, aber keine provokation darstellten. diese ansicht teile er aber nicht, das bedrucken eines t-shirts zeuge von der sorgfältigen vorbereitung des klägers auf sein erscheinen am arbeitsplatz. der kläger habe nach seiner auffassung die äußerungen und sein auftreten bewusst so getan, um kolleginnen und vorgesetzte zu provozieren. im übrigen seien die stellungnahmen des betriebsrats und der schwerbehindertenvertretung berücksichtigt worden, in welchen diese der kündigung ausdrücklich zugestimmt hätten. aus diesen stellungnahmen ergäben sich keine gesichtspunkte für eine abweichende entscheidung. weiterhin werte er, dass die beigeladene die gesetzliche pflichtquote zur beschäftigung von schwerbehinderten menschen erfülle. nach seiner auffassung bedürfe es auch keiner vorherigen abmahnung, um außerordentlich zu kündigen. es handele sich bei dem vorgeworfenen verhalten um ein fehlverhalten im vertrauensbereich, bei dem eine abmahnung entbehrlich sei. der kläger habe von vorneherein nicht mit einer billigung seines verhaltens rechnen können. bei abwägung der vorstehend genannten belange gelange er zu der überzeugung, dass die angefochtene entscheidung vom 9. januar 2012 zu recht ergangen sei. dem interesse der beigeladenen an der beendigung des arbeitsverhältnisses sei im ergebnis das größere gewicht beizumessen. 19der kläger hat am 8. märz 2013 die vorliegende klage erhoben. 20zu deren begründung führt er im wesentlichen aus: der widerspruchsausschuss des beklagten habe zwar zutreffend angenommen, dass die von der beigeladenen behaupteten, zu ihrem kündigungsentschluss führenden, verhaltensbedingten gründe im zusammenhang mit seiner erkrankung stünden. die vom widerspruchsausschuss vorgenommene ermessensentscheidung sei aber fehlerhaft. es fehle bereits an einer vollständigen aufklärung des sachverhalts. denn bereits die zur vollständigen aufklärung des sachverhalts und der krankheit und der ursache der äußerung notwendigen feststellungen seien nicht getroffen worden. der beklagte hätte sich mit dem ursachenzusammenhang zwischen dem vermeintlichen fehlverhalten und seiner erkrankung befassen müssen. dabei wäre zu tage getreten, dass er aufgrund seiner erkrankung insbesondere aufgrund der fehlenden wiedereingliederung nach langer krankheit und der daraus resultierenden überforderung nicht in der lage gewesen sei, sein verhalten zu steuern. die erkrankung und die mit der erkrankung zusammenhängende belastungssituation am arbeitsplatz hätten zu einer dauerhaften persönlichkeitsänderung geführt. er sei in seiner steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, was durch einholung eines sachverständigengutachtens bestätigt werden könne. er sei seit geraumer zeit in multidisziplinärer, fachärztlicher behandlung. der beklagte berücksichtige aber auch nicht die besondere situation des klägers und werte sein vermeintlich geübtes verhalten gerade nicht vor dem hintergrund der erkrankung, obwohl er – der beklagte - zuvor selbst festgestellt habe, dass ein zusammenhang bestehe. zudem bestreite er weiterhin die ihm vorgehaltenen pflichtverstöße. der beklagte setzte sich nicht mit der gebotenen neutralität mit dem sachverhalt auseinander. die ausführungen im widerspruchsbescheid stellten letztlich eine mögliche – im ergebnis unzutreffende – arbeitsrechtliche wertung des geschehens dar. dagegen seien seine interessen oder zu seinen gunsten sprechende umstände nicht berücksichtigt worden. schließlich wahre der zustimmungsantrag der beigeladenen schon nicht die schriftform i.s.v. § 126 bgb, da er nicht vom vorstand der aktiengesellschaft unterschrieben sei. 21der kläger beantragt, 22den bescheid des beklagten vom 9. januar 2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. februar 2013 aufzuheben. 23der beklagte beantragt, 24die klage abzuweisen. 25zur begründung verweist er auf die ausführungen im widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus: der hinweis des klägers, er habe von seinem ermessen keinen gebrauch gemacht, gehe fehl. er sei davon ausgegangen, dass ein mittelbarer zusammenhang zwischen behinderung und vorgetragenem kündigungsgrund nicht ausgeschlossen werden könne. daher sei er nicht durch die sollvorschrift des § 91 absatz 4 sgb ix in seinem ermessen eingeschränkt gewesen. die entscheidung sei vielmehr nach freiem, pflichtgemäßen ermessen erfolgt. durch das ihm vorgeworfene verhalten habe der kläger sich i.s.v. §§ 611, 241 abs. 2 bgb vertragswidrig verhalten. der betrieb sei ein organismus, an dessen funktionieren ohne vermeidbare, eigenmächtige störungen seitens einzelner arbeitnehmer nicht nur der arbeitgeber, sondern auch weitere beteiligte insbesondere die vorgesetzten des betreffenden arbeitnehmers und die übrigen arbeitnehmer, berechtigterweise interessiert seien (urteil des lag rheinland-pfalz vom 10.06.1997 – 6 sa 309/97-). in diesem rahmen habe der arbeitgeber darauf zu achten, dass die ehre seiner arbeitnehmer nicht durch angriffe eines einzelnen arbeitnehmers beeinträchtigt werde. mögliche meinungsverschiedenheiten müssten sachlich und in angemessener form ausgetragen werden. gegen die entsprechende verhaltenspflicht habe der kläger in schuldhaft-pflichtwidriger weise verstoßen. selbst wenn ein direkter zusammenhang zwischen den vorgeworfenen kündigungsgründen und der schwerbehinderung angenommen worden wäre, hätte dies zu keinem anderen ergebnis geführt. 26die beteiligten haben im erörterungstermin am 17. februar 2014 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet und diesen verzicht mit schriftsätzen vom 11. märz 2014 nochmals bestätigt. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs des beklagten bezug genommen. 28 | 29die einzelrichterin ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihr der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 5. märz 2014 gemäß § 6 absatz 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zur entscheidung übertragen worden ist. 30die entscheidung konnte gemäß § 101 absatz 2 vwgo ohne mündliche verhandlung ergehen, nachdem die beteiligten im erörterungstermin am 17. februar 2014 sowie nach der einzelrichterübertragung mit schriftsätzen vom 11. märz 2014 auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet haben. 31die zulässige klage ist begründet. 32der bescheid des beklagten vom 9. januar 2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. februar 2013 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, § 113 absatz 1 satz 1 vwgo. 33rechtsgrundlage für eine zustimmung zur kündigung des arbeitsverhältnisses des klägers sind die §§ 85 ff. sgb ix. nach § 85 sgb ix bedarf die kündigung des arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten menschen durch den arbeitgeber der vorherigen zustimmung des integrationsamtes. dies gilt gemäß § 91 absatz 1 sgb ix auch im fall der außerordentlichen kündigung. 34für den kläger wurde mit feststellungsbescheid der stadt e. vom 25. november 2009 rückwirkend ab dem 18. april 2007 ein grad der behinderung von 50 festgestellt. er ist daher schwerbehindert im sinne des § 2 absatz 2 sgb ix und unterfällt dem besonderen schwerbehindertenrechtlichen kündigungsschutz. 35die zustimmungsentscheidung des beklagten ist zwar entgegen der auffassung des klägers formell rechtmäßig, insbesondere verfahrensfehlerfrei ergangen (i.). sie ist aber in materieller hinsicht rechtsfehlerhaft (ii.). 36i. der entscheidung des beklagten liegt zunächst ein ordnungsgemäßer antrag der beigeladenen auf erteilung der zustimmung zugrunde. nach § 87 absatz 1 satz 1 sgb ix hat der arbeitgeber die zustimmung zur kündigung schriftlich bei dem für den sitz des betriebs zuständigen integrationsamt zu beantragen. die beigeladene hat mit schreiben vom 21. dezember 2011 die zustimmung bei dem für sie zuständigen integrationsamt des beklagten beantragt. das schreiben wahrt entgegen der auffassung des klägers auch die schriftform im sinne von § 61 satz 2 sgb x i.v.m. § 126 bgb. danach muss der zustimmungsantrag vom arbeitgeber eigenhändig unterzeichnet sein. handelt es sich bei dem arbeitgeber - wie vorliegend - nicht um eine natürliche person, wird das schriftformerfordernis durch die eigenhändige unterschrift einer vertretungsberechtigten person erfüllt. den antrag vom 21. dezember 2011 hat – neben der personalreferentin - der personalleiter der beigeladenen unterzeichnet. die durch den arbeitgeber mit der funktion des personalleiters betraute person ist in personalangelegenheiten aber regelmäßig rechtsgeschäftlich zur vertretung des arbeitgebers bevollmächtigt, 37vgl. bundesarbeitsgericht (bag), urteil vom 14. april 2011 – 6 azr 727/09, juris, urteil vom 29. oktober 1992 – 2 az 469/92- und vom 30. mai 1972 – 2 azr 298/71-, juris und bag 24, 273; trenk‑hinterberger in: lachwitz, schellhorn, welti, hk-sgb ix, 3. auflage 2010, § 87 rn 12. 38der personalleiter der beigeladenen hat den zustimmungsantrag eigenhändig und mit dem ausdrücklichen zusatz „i.v.“ in vertretung für die beigeladene unterzeichnet. dass er dessen ungeachtet im innenverhältnis tatsächlich nicht über die erforderliche vertretungsvollmacht zum ausspruch von kündigungen und zur stellung von hierzu erforderlichen zustimmungsanträgen beim integrationsamt verfügt hat, hat der kläger mit dem bloßen hinweis auf die gesetzliche vertretungsbefugnis des vorstands nicht nachvollziehbar dargelegt. die gesetzliche geschäftsführungs- und vertretungsbefugnis des vorstandes der beigeladenen, einer aktiengesellschaft, nach §§ 77, 78 aktieng steht der erteilung rechtsgeschäftlicher vollmachten an weitere personen nicht entgegen, vgl. §§ 48 ff., 54 hgb. sonstige anhaltspunkte für das fehlen der vertretungsbefugnis des personalleiters sind für das gericht - die beigeladene beschäftigt mehr als 1.000 mitarbeiter und hat damit einen erheblichen, vom vorstand selbst regelmäßig nicht zu bewältigenden entscheidungsbedarf in personalangelegenheiten - nicht ersichtlich. 39die beigeladene hat die zustimmung auch innerhalb der zwei-wochen-frist gemäß § 91 absatz 2 sgb ix beantragt. der im zustimmungsantrag als kündigungsauslösend bezeichnete vorfall ereignete sich am 14. dezember 2011. der zustimmungsantrag ging am 23. dezember 2011 und mithin innerhalb der zwei-wochen-frist beim beklagten ein. 40der beklagte hat mit schreiben vom 23. dezember 2011 die gemäß § 87 absatz 2 sgb ix erforderlichen stellungnahmen des klägers, des betriebsrates und der schwerbehindertenvertretung der beigeladenen eingeholt. 41dass der beklagte – auch im widerspruchsverfahren - keine mündliche verhandlung durchgeführt hat, begründet entgegen der auffassung des klägers keinen verfahrensfehler, da die mündliche verhandlung nach § 88 absatz 1 sgb ix keine wirksamkeitsvoraussetzung der entscheidung des integrationsamtes ist, 42vgl. trenk-hinterberger in: lachwitz, schellhorn, welti, hk-sgb ix, 3. auflage 2010, § 88 rn 33; knittel, sgb ix, 6. auflage 2012, § 88 rn 6. 43gleiches gilt, soweit der beklagte – soweit ersichtlich – seiner verpflichtung nach § 87 absatz 4 sgb ix, in jeder lage des verfahrens auf eine gütliche einigung der beteiligten hinzuwirken, nicht nachgekommen ist, da insoweit keine verfahrensrechte der beteiligten verletzt werden und die regelungen der §§ 85 ff. sgb ix an das unterlassen eines solchen einigungsversuchs keine rechtsfolgen anknüpfen, 44vgl. verwaltungsgericht karlsruhe, urteil vom 9. märz 2004 – 5 k 3302/02-, juris; trenk-hinterberger in: lachwitz, schellhorn, welti, hk-sgb ix, 3. auflage 2010, § 87 rn 33. 45ii. die angegriffene entscheidung des beklagten ist aber materiell rechtswidrig. 46das bei der erteilung der zustimmung zur kündigung nach § 85 sgb ix bestehende ermessen ist fehlerhaft ausgeübt worden. 47bei der ausübung des besonderen kündigungsschutzes trifft das integrationsamt, soweit – wie hier – nicht die besonderen voraussetzungen des § 89 sgb ix vorliegen, seine entscheidung nach pflichtgemäßem ermessen. 48dies gilt grundsätzlich auch im fall einer außerordentlichen kündigung, wenn die voraussetzungen des § 91 absatz 4 sgb ix nicht vorliegen. 49gemäß § 91 absatz 4 sgb ix soll das integrationsamt die zustimmung zur außerordentlichen kündigung erteilen, wenn die kündigung aus gründen erfolgt, die nicht im zusammenhang mit der behinderung stehen. die entscheidung, ob der kündigungsgrund im zusammenhang mit der behinderung steht, ist nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts auf der grundlage des vom arbeitgeber angegebenen, nur im arbeitsgerichtlichen verfahren zu überprüfenden kündigungsgrundes zu treffen. besteht danach kein zusammenhang zwischen dem kündigungsgrund und der behinderung, ist das freie ermessen nach § 85 sgb ix durch § 91 absatz 4 sgb ix dahingehend eingeschränkt, dass das integrationsamt im regelfall die zustimmung zu erteilen hat und nur bei vorliegen von umständen, die den fall als atypisch erscheinen lassen, nach pflichtgemäßem ermessen entscheiden darf, 50vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 20. april 2009 – 12 a 2431/08 -, juris rn 12 ff. m.w.n. 51im vorliegenden fall hat der widerspruchsausschuss beim integrationsamt des beklagten einen zusammenhang zwischen dem der kündigung zugrunde liegenden verhalten des klägers vom 14. dezember 2011 und seiner behinderung angenommen. im widerspruchsbescheid vom 6. februar 2013 heißt es hierzu, dass ein mittelbarer zusammenhang zwischen dem vorgetragenen kündigungsgrund und der anerkannten schwerbehinderung des klägers nicht ausgeschlossen werden könne. im erörterungstermin am 17. februar 2014 hat der beklagte hierzu ergänzend erläutert, dass er seine einschätzung auf die beim kläger vorliegende funktionsbeeinträchtigung „depressionen“ stütze, die auch der zuerkennung der schwerbehinderteneigenschaft zugrunde liege. der wirkungszusammenhang zwischen psychischen erkrankungen und dem verhalten einer erkrankten person sei so komplex, dass nach der erfahrung des beklagten zugunsten des schwerbehinderten zumindest von einem mittelbaren zusammenhang ausgegangen werden müsse, wenn – wie vorliegend – die kündigung gerade auf verhaltensbedingte gründe gestützt werde. 52das bestehen eines zusammenhangs im sinne von § 91 absatz 4 sgb ix zwischen der schwerbehinderung des klägers und dem kündigungsgrund ist von den beteiligten einschließlich der beigeladenen auch im weiteren verfahren nicht in frage gestellt worden. 53für das bestehen des von den beteiligten angenommenen zusammenhangs spricht aber auch nachdrücklich, dass es nach den übereinstimmenden angaben der beteiligten im erörterungstermin erstmals nach der bypass-operation des klägers im jahr 2007 zu verhaltensauffälligkeiten und problemen am arbeitsplatz kam. gerade die gesundheitlichen schwierigkeiten des klägers nach der bypass-operation waren aber auch grundlage der feststellung des für das vorliegen der schwerbehinderteneigenschaft maßgeblichen grades der schwerbehinderung von 50 ab dem 18. april 2007. ausweislich des vom kläger vorgelegten protokolls des erörterungstermins vor dem sozialgericht e. am 29. oktober 2009 beruhte das von der fürsorgestelle ausgesprochene anerkenntnis ausgehend vom gegenstand des erörterungstermins im wesentlichen auf der durch die bypass-operation verschlechterten physischen, vor allem aber psychischen situation des klägers. denn der kläger schilderte im erörterungstermin, dass er mit der einschneidenden veränderung in seinem leben durch die bypass-operation, insbesondere der hieraus folgenden beeinträchtigung seiner körperlichen leistungsfähigkeit und der angst vor einem weiteren herzinfarkt nicht zurechtkomme und sich seither nicht mehr als vollwertiger mensch fühle. auch fühle er sich am arbeitsplatz seither gemobbt und bedroht und sei wegen seiner psychischen situation seit mehr als einem jahr krankgeschrieben. das kündigungsauslösende geschehen am 14. dezember 2011, das seinen auslöser letztlich darin hatte, dass der kläger in einem arbeitsgerichtlichen verfahren gegen die beigeladene obsiegt hatte und sich damit in seiner einschätzung bestätigt fühlte, dass ihm seitens der beigeladenen und seiner vorgesetzten unrecht widerfuhr, lässt sich vor diesem hintergrund zwanglos aus den beim kläger festgestellten, insbesondere psychischen funktionsbeeinträchtigungen erklären und steht nicht nur in einem entfernten zusammenhang zu diesen erkrankungen, 54vgl. zu diesem maßstab ovg nrw, urteil vom 27. juni 2011 – 12 a 705/10 -, juris, rn 25 ff., urteil vom 28. januar 2013 – 12 a 1635/10-, juris, rn 58 ff.; bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 12. juli 2012 – 5 c 16/11 -, juris, rn 27. 55greift mithin die ermessensbindung nach § 91 absatz 4 sgb ix nicht, ist dementsprechend über die erteilung der zustimmung zur außerordentlichen kündigung im rahmen der allgemeinen, nicht gebundenen ermessensentscheidung nach § 85 sgb ix zu befinden. 56die dem integrationsamt in diesen fällen überantwortete entscheidung nach pflichtgemäßem ermessen überprüft das gericht gemäß § 114 vwgo allein daraufhin, ob die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten sind oder ob von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht wurde. insbesondere hat die behörde alle den streitfall kennzeichnenden widerstreitenden interessen einzustellen, die gesichtspunkte angemessen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen und sich dabei ausschließlich an sachlichen erwägungen zu orientieren, 57vgl. zu diesem maßstab etwa verwaltungsgericht düsseldorf, urteil vom 4. mai 2012 – 13 k 6422/11 – juris, rn 44 ff., m.w.n., urteil vom 27. september 2011 - 19 k 2234/11 -, n.v. 58bei der entscheidung nach § 85 sgb ix ist das interesse des arbeitgebers an der erhaltung seiner gestaltungsmöglichkeiten gegen das interesse des schwerbehinderten arbeitnehmers an der erhaltung seines arbeitsplatzes abzuwägen. entscheidend für die berücksichtigung abwägungserheblicher umstände sind ihr bezug zur behinderung und ihre an der zweckrichtung des behindertenrechtlichen sonderkündigungsschutzes gemessene bedeutung. 59sinn und zweck der schwerbehindertenschutzvorschriften als fürsorgevorschriften bestehen vor allem darin, nachteile eines schwerbehinderten menschen auf dem allgemeinen arbeitsmarkt auszugleichen. die vorschriften über den sonderkündigungsschutz sollen den schwerbehinderten menschen vor den besonderen gefahren, denen er wegen seiner behinderung auf dem arbeitsmarkt ausgesetzt ist, bewahren und sicherstellen, dass er gegenüber nicht schwerbehinderten menschen nicht ins hintertreffen gerät. 60dabei gewinnt der schwerbehindertenschutz an gewicht, wenn die kündigung des arbeitsverhältnisses auf gründe gestützt wird, die in der behinderung selbst ihre ursache haben. in diesem fall sind an die im rahmen der interessenabwägenden ermessensentscheidung zu berücksichtigende zumutbarkeitsgrenze für den arbeitgeber besonders hohe anforderungen zu stellen, um auch den im schwerbehindertenrecht zum ausdruck gekommenen schutzgedanken der rehabilitation verwirklichen zu können, 61vgl. bverwg, urteil vom 19. oktober 1995 - 5 c 24/93 -, bverwge 99, 336 (339) m.w.n.; dem folgend etwa ovg nrw, beschluss vom 20. april 2009 - 12 a 2431/08 -, juris, rn 21. 62so kann der arbeitgeber in ausnahmefällen sogar verpflichtet sein, den schwerbehinderten arbeitnehmer "durchzuschleppen", während andererseits die im interesse der schwerbehindertenfürsorge gebotene sicherung des arbeitsplatzes auf jeden fall dort ihre grenze findet, wo eine weiterbeschäftigung des schwerbehinderten allen gesetzen wirtschaftlicher vernunft widersprechen, insbesondere dem arbeitgeber einseitig die lohnzahlungspflicht auferlegt würde, 63vgl. bverwg, urteil vom 19. oktober 1995 – 5 c 24/93-, a.a.o. 64in einem fall, in dem – wie hier – die kündigung des arbeitsverhältnisses auf gründe gestützt wird, die in der behinderung selbst ihre ursache haben, reicht daher nicht jeder als kündigungsgrund geltend gemachte umstand aus, um die zumutbarkeitsgrenze für den arbeitgeber, an die in einem derartigen fall besonders hohe anforderungen zu stellen sind, zu überschreiten. vielmehr bedingen die auf der einen seite zu lasten des arbeitgebers bestehenden besonders hohen anforderungen an dessen zumutbarkeitsgrenze, dass auf der anderen seite der kündigungsgrund nach art und umfang besonderes gewicht haben muss, um im rahmen der ermessensabwägung die besonders hohen anforderungen an die für den arbeitgeber geltende besonders hohe zumutbarkeitsgrenze signifikant überschreiten zu können, 65vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 25. mai 2009 - 12 a 472/09 -, juris, rn 19, und vom 20. april 2009 ‑ 12 a 2431/08 -, juris, rn 25. 66die danach an die schwere des kündigungsgrundes zu stellenden besonders hohen anforderungen sind umso mehr von zentraler bedeutung, wenn sie nicht nur als grund für eine ordentliche kündigung, sondern zum anlass für eine – hier allein in betracht kommende – außerordentliche kündigung genommen werden und zugunsten des schwerbehinderten weitere abwägungsrelevante umstände – wie vorliegend die im widerspruchsbescheid berücksichtigte besonders lange betriebszugehörigkeit des klägers und seine unter berücksichtigung von alter und der schwerbehinderung sehr schwere vermittelbarkeit auf dem arbeitsmarkt – streiten, 67vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 25. mai 2009 - 12 a 472/09 -, juris, rn 21, und vom 20. april 2009 ‑ 12 a 2431/08 -, juris, rn 27. 68soweit danach ein behinderungsbedingter umstand materiell-rechtlich für die gebotene interessenabwägung bedeutung hat, unterliegt er der aufklärungspflicht. das integrationsamt ist dabei nicht der pflicht enthoben, sich von der richtigkeit der für seine entscheidung wesentlichen behauptungen eine eigene überzeugung zu verschaffen; gründet es seine entscheidung auf unrichtige behauptungen, dann begeht es einen ermessensfehler. die aufklärungspflicht wird verletzt, wenn das integrationsamt (oder der zuständige widerspruchsausschuss) sich damit begnügt, das vorbringen des arbeitgebers, soweit es in der interessenabwägung zu berücksichtigen ist, nur auf schlüssigkeit zu prüfen, 69vgl. ovg nrw, beschluss vom 25. mai 2009 – 12 a 472/09 -, juris, rn 22, m.w.n. 70grundsätzlich nicht zu prüfen hat das integrationsamt in diesem zusammenhang allerdings die arbeitsrechtliche bzw. kündigungsschutzrechtliche wirksamkeit der kündigung, 71vgl. bverwg, urteil vom 19. oktober 1995 - 5 c 24.93 -, a.a.o., s. 340; ovg nrw, beschluss vom 20. april 2009 - 12 a 2431/08 -, juris, rn 30. 72nur wenn die beabsichtigte kündigung arbeitsrechtlich evident unzulässig ist, darf das integrationsamt dies bei seiner ermessensentscheidung berücksichtigen, da es an einer offensichtlich rechtswidrigen kündigung zum nachteil des schwerbehinderten nicht mitwirken soll, 73vgl. oberverwaltungsgericht des landes sachsen-anhalt, urteil vom 22. juni 2011 - 3 l 246/09 -, juris, rn 32; verwaltungsgericht ansbach, urteil vom 6. oktober 2011 - an 14 k 11.01275 -, juris, rn 33. 74nach diesen maßstäben erweist sich die von dem beklagten getroffene ermessensentscheidung als rechtsfehlerhaft. 75die zustimmungsentscheidung in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 6. februar 2013 erweist sich zunächst als ermessensfehlerhaft, weil die ermessensentscheidung auf einem unzureichend ermittelten und damit unvollständigen sachverhalt beruht und dieses aufklärungsdefizit auch gerade den kündigungsrelevanten sachverhalt betrifft. insoweit bleibt der beklagte zugleich deutlich hinter seiner – rechtlich zutreffend - aufgestellten eigenen anforderung im widerspruchsbescheid (vgl. seite 5 letzter absatz) zurück, „seine entscheidung nach einer umfassenden aufklärung des sachverhalts“ zu treffen. 76dies gilt zunächst für die ermittlung des dem kündigungsgrund zugrunde liegenden historischen sachverhalts. 77der genaue ablauf der kündigungsauslösenden ereignisse wird von kläger und beigeladener ausweislich der im verwaltungsvorgang befindlichen stellungnahmen in den einzelheiten unterschiedlich geschildert. zwar hat der kläger eingeräumt, dass er am 14. dezember 2011 ein t-shirt mit dem aufdruck des urteils bzw. der ersten seite der entscheidung aus dem arbeitsgerichtlichen verfahren getragen hat. der zeitpunkt, wann er dieses t-shirt getragen hat (bereits bei der ankunft im kundenservicezentrum oder erst vor dem kaffeetrinken in der eingangshalle) und welche und wieviele personen hiervon überhaupt kenntnis genommen und daran anstoß genommen haben, wurde aber von kläger und beigeladener unterschiedlich geschildert. dies gilt auch für den genauen inhalt sowie für den zeitpunkt und die häufigkeit der verwendung der phrase „im namen des volkes…“ und die größe des dabei erreichten adressatenkreises sowie für weitere einzelheiten des kündigungsauslösenden sachverhalts. schon mit blick auf die nach oben dargelegten maßstäben erforderliche gewichtung des klägerischen fehlverhaltens im rahmen der interessenabwägung hätte der beklagte sich aber eine eigene überzeugung von den maßgeblichen vorgängen verschaffen und den tatsächlichen hergang aufklären müssen. eine angemessene bewertung der schwere der pflichtverletzung setzt voraus, dass zunächst der pflichtverstoß selbst nach art und umfang aufgeklärt wird. eigene ermittlungen hat der beklagte ausweislich des verwaltungsvorgangs jedoch nicht vorgenommen. nach der widerspruchsbegründung hat er sich stattdessen mit dem vorbringen der beigeladenen begnügt und nur dieses seiner würdigung zugrunde gelegt (vgl. s. 7). zwar stellt er fest, dass der kläger das ihm vorgeworfene verhalten bestreitet. hieraus zieht der beklagte aber keine konsequenzen, sondern erläutert anschließend auf der grundlage des von ihm unterstellten geschehensablaufs, warum er die einschätzung des beigeladenen teilt, dass es sich bei dem bedrucken des t-shirts und der wortwahl des klägers um eine gezielte provokation von vorgesetzten und kollegen handele. er hat damit nach oben dargelegten maßstäben seine aufklärungspflicht verletzt, 78vgl. ovg nrw, beschluss vom 25. mai 2009 – 12 a 472/09 -, juris, rn 22 m.w.n. 79in einem fall, in dem – wie vorliegend – die kündigung auf ein konkretes fehlverhalten gestützt wird, das nach den oben dargestellten grundsätzen im rahmen der ermessensbetätigung zu gewichten ist, ist es zudem erforderlich, nicht nur das fehlverhalten selbst, sondern auch die für die bewertung der schwere des fehlverhaltens unerlässlichen begleitumstände einschließlich etwaiger verantwortungsanteile des arbeitgebers oder von kollegen zu ermitteln, 80vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 20. april 2009 – 12 a 2431/08-, juris, rn 32, m.w.n., und vom 12. februar 2009 – 12 a 3108/08 -, juris, rn 9 m.w.n. 81auch insoweit hat der beklagte ersichtlich keine eigenen feststellungen getroffen. hierzu bestand aber anlass, weil der kläger und der beigeladene ihren umgang miteinander am 14. dezember 2011 unterschiedlich schildern und u.a. die frage, ob es von einer seite zu einem (versuchten) körperlichen übergriff gekommen ist und in welcher weise der kläger das freistellungschreiben von der beigeladenen überreicht bekommen hat, für die frage, wie das fehlverhalten des klägers im rahmen der interessenabwägung zu gewichten ist, - jedenfalls im hinblick auf die verbalen äußerungen in der konkreten situation - nicht von vorneherein ohne bedeutung ist. 82ein weiteres aufklärungsdefizit ergibt sich im hinblick auf die psychischen und körperlichen funktionsbeeinträchtigungen, die der schwerbehinderung des klägers zugrunde liegen. 83wird die kündigung – wie vorliegend - auf ein fehlverhalten gestützt, das nach übereinstimmender auffassung der beteiligten seine ursache jedenfalls auch in der behinderung selbst hat, und das im rahmen der ermessensbetätigung daher gerade im hinblick auf die nach obigen grundsätzen hohen anforderungen an die schwere der pflichtverletzung einerseits und die zumutbarkeitsgrenze des arbeitgebers andererseits zu gewichten ist, muss der beklagte, um eine sachgerechte gewichtung des fehlverhaltens vornehmen zu können, den zusammenhang zwischen der behinderung und dem konkreten fehlverhalten näher aufklären. dem verwaltungsvorgang ist aber nicht ansatzweise zu entnehmen, dass der beklagte, obwohl er selbst von einem zusammenhang zwischen der behinderung des klägers und dem vorgeworfenen verhalten i.s.v § 91 absatz 4 sgb ix ausgeht, in dem immerhin knapp eineinhalb jahre dauernden widerspruchsverfahren eigene ermittlungen vorgenommen hat, um die schwere der beim kläger festgestellten funktionsbeeinträchtigungen „depressionen“ und „angststörung“ einerseits und ihre konkreten auswirkungen auf die einsichts- und steuerungsfähigkeit des klägers andererseits näher aufzuklären. hierzu bestand aber insbesondere deshalb anlass, weil der kläger im rahmen des verwaltungsverfahrens vorgetragen hat, dass seine krankheitsbedingt geschwächte psychische konstitution offenkundig und für sein verhalten mitursächlich sei. ausweislich des verwaltungsvorgangs lagen dem widerspruchsausschuss im zeitpunkt der widerspruchsentscheidung aber ausschließlich die beiden festsetzungsbescheide über die anerkennung eines grades der schwerbehinderung von 40 bzw. 50 vom 26. juni 2007 sowie 25. november 2009 vor. weitere ermittlungen hat der beklagte ‑ auch nach eigenen angaben im erörterungstermin – nicht durchgeführt. insbesondere hat er weder den kläger zur vorlage ärztlicher unterlagen aufgefordert, noch die unterlagen des versorgungsamtes, die der feststellung der schwerbehinderung zugrunde lagen, beigezogen. gerade die dem beklagten bekannte, erst aufgrund eines anerkenntnisses im sozialgerichtlichen verfahren rückwirkend zum 18. april 2007 erfolgte erhöhung des grades der schwerbehinderung von 40 auf 50 hätte aber eine beiziehung der akten des versorgungsamtes bzw. der fürsorgestelle nahegelegt. 84schließlich hat der kläger im widerspruchsverfahren angeführt, dass ihm nach seiner lange währenden krankheit kein wiedereingliederungsverfahren ermöglicht worden sei und die auf seiten der beigeladenen handelnden mitarbeiter ihm gegenüber jegliche objektivität und fürsorge vermissen ließen. auch dieser – im falle des zutreffens - für die bewertung der schwere seines fehlverhaltens maßgebliche umstand hätte der weiteren aufklärung bedurft und feststellungen dazu geboten, ob der beigeladene die ihm nach § 84 absatz 1 sgb ix obliegenden maßnahmen zur vermeidung einer kündigung ergriffen hat und mit welchem ergebnis. 85unabhängig von diesen defiziten der sachverhaltsaufklärung erweist sich die von dem beklagten getroffene entscheidung aber auch deshalb als ermessensfehlerhaft, weil er in dem widerspruchsbescheid vom 6. februar 2013 maßgeblich auf die arbeitsrechtliche zulässigkeit der beabsichtigten kündigung abgestellt hat, obwohl diese frage für die ihm überantwortete interessenabwägung nach den oben dargelegten maßgaben gerade keine maßgebliche rolle spielen darf. damit hat der beklagte seine entscheidung insoweit auf ein sachwidriges, weil von seinem prüfauftrag nicht umfasstes kriterium gestützt. 86in seinem widerspruchsbescheid hat der beklagte die zustimmungsentscheidung darauf gestützt, dass es sich bei dem verhalten des klägers um bewusste provokationen von vorgesetzten und kollegen gehandelt habe. es liege ein fehlverhalten des klägers im vertrauensbereich vor, das grund für eine außerordentliche kündigung sein könne. es sei auch keine vorherige abmahnung erforderlich, weil es sich um einen schweren verstoß handele, bei dem der kläger von vorneherein nicht mit einer billigung seines verhaltens rechnen könne. 87mit diesen erwägungen hat der beklagte aber seiner entscheidung ausschließlich solche kriterien zugrunde gelegt, die für die arbeitsgerichtliche rechtsprechung zur außerordentlichen verhaltensbedingten kündigung maßgeblich sind, 88vgl. bag, urteile vom 18. september 2008 – 2 azr 827/06 -, juris, rn 33 f., m.w.n., und vom 15. november 2001 – 2 azr 605/00 -, juris rn 17. 89hiervon ist der beklagte auch im gerichtlichen verfahren nicht abgerückt, sondern hat zur verdeutlichung seiner im widerspruchsbescheid getroffenen einschätzung nochmals ergänzend und vertiefend vorgetragen, dass der kläger durch sein verhalten seine arbeitsvertraglichen (neben-)pflichten aus § 611 i.v.m. § 241 absatz 2 bgb verletzt habe. insbesondere seien mögliche meinungsverschiedenheiten sachlich und in angemessener form auszutragen. gegen die entsprechende arbeitsvertragliche verhaltenspflicht habe der kläger in schuldhaft-pflichtwidriger weise verstoßen und nicht nur den betriebsfrieden sondern auch das notwendige vertrauensverhältnis zu seinem arbeitgeber zerstört. damit hat der beklagte weiterhin ausschließlich arbeitsrechtlich argumentiert. 90die frage des vorliegens eines wichtigen grundes im sinne von § 626 bgb unterliegt jedoch nach den oben genannten grundsätzen nicht seiner entscheidungskompetenz und ist damit – abgesehen von dem hier nicht einschlägigen fall der frage nach der offensichtlichen arbeitsrechtlichen unzulässigkeit der beabsichtigten kündigung 91vgl. bverwg, urteil vom 2. juli 1992 – 5 c 39/90 -, juris, rn 30 m.w.n. - 92für die dem beklagten überantwortete ermessensentscheidung gerade ohne belang. 93insbesondere stellt die arbeitsrechtliche zulässigkeit der beabsichtigten kündigung keine rechtfertigung für die in rede stehende zustimmung dar, sondern wird die kündigung erst durch die zustimmung ermöglicht. ob sie nach den insoweit maßgeblichen arbeitsrechtlichen kriterien zulässig ist, obliegt allein den insoweit zur entscheidung berufenen – und vom kläger auch tatsächlich angerufenen - arbeitsgerichten. 94schließlich erweist sich die von dem beklagten getroffene entscheidung aber auch deshalb als ermessensfehlerhaft, weil er die oben genannten anforderungen an die zumutbarkeitsgrenze für den arbeitgeber nicht berücksichtigt hat. 95in seinem widerspruchsbescheid finden sich keine über die frage der arbeitsrechtlichen zulässigkeit der kündigung hinausgehenden erwägungen. obwohl der beklagte selbst ausgeführt hat, dass ein zusammenhang zwischen dem kündigungsgrund und der anerkannten behinderung des klägers nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne, und im erörterungstermin nochmals ausdrücklich erläutert hat, dass man gerade in das freie ermessen nach § 85 sgb ix „hineingewollt habe“, hat er in den ermessenserwägungen gerade nicht - auch nicht ansatzweise – angesprochen, wie dieser zusammenhang der behinderung im hinblick auf das dem kläger konkret vorgeworfene fehlverhalten zu gewichten ist. dabei handelt es sich jedoch – gerade vor dem hintergrund des angenommenen zusammenhangs zwischen behinderung und kündigungsgrund - um einen sich von der sache her aufdrängenden zentralen und daher in die abwägung einzustellenden gesichtspunkt, dessen nichtberücksichtigung bereits für sich genommen die rechtswidrigkeit der entscheidung zur folge hat. 96schließlich sind die genannten ermessensfehler auch nicht deshalb unbeachtlich, weil die weiterbeschäftigung des klägers allen grenzen wirtschaftlicher vernunft widerspräche und deshalb die zustimmung zu seiner kündigung erteilt werden müsste. es kann nicht festgestellt werden, dass der beigeladenen einseitig die lohnzahlungspflicht auferlegt würde und daher die interessenabwägung zwingend zu ihren gunsten ausgehen müsste. denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der kläger aufgrund seiner schwerbehinderung die vertraglich geschuldete arbeitsleistung nicht erbracht hat und auch nicht erbringen könnte. soweit der kläger nach dem 14. dezember 2011 tatsächlich keine arbeitsleistung erbracht hat, beruht dies allein auf der von der beigeladenen ausgesprochenen freistellung des klägers von der arbeitsverpflichtung bis zum abschluss des arbeitsgerichtlichen verfahrens wegen der kündigung vom 7. september 2011. 97die kostenentscheidung beruht auf § 154 absatz 1 vwgo, § 188 satz 2 vwgo. da die beigeladene keine eigenen anträge gestellt und sich mithin keinem kostenrisiko ausgesetzt hat, war sie gemäß § 154 absatz 3 vwgo weder neben dem beklagten an den kosten des verfahrens zu beteiligen, noch steht ihr ein kostenerstattungsanspruch zu, § 162 absatz 3 vwgo. die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 s. 2, 711 zpo. | Klaeger*in | 1 |
165,274 | 4 O 391/13 | 2015-05-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger ließ sich am 14.11.2007 bei der Zweigstelle der Beklagten in Kleve von deren Mitarbeiter L hinsichtlich einer Vermögensanlage beraten. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der Spedition S GmbH, deren Gesellschafter er auch gewesen war. Im Zeitpunkt der Beratung hatte er die Gesellschaftsanteile aber bereits an seinen Sohn übertragen. Der Ablauf des Beratungsgespräches ist zwischen den Parteien streitig. Im Anschluss an das Gespräch zeichnete der Kläger einen Treuhand-Kommanditanteil an der E GmbH & Co. KG (nachfolgend: Fonds) mit einen Nennbetrag von 30.000,- € für 30.000,- € zzgl. eines Aufgeldes in Höhe von 3 %. Der Beitrittsantrag wurde am 23.11.2007 angenommen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beitrittserklärung vom 14.11./23.11.2007 (Anlage K1 zur Klageschrift = Bl. 11-12 GA) Bezug genommen. Bei dem Fonds handelt es sich um eine geschlossene Beteiligung, welche Fotovoltaikanlagen in Deutschland und Spanien auf gepachteten Gewerbeflächen betreibt, insbesondere auch auf Dachflächen von Immobilien der Unternehmensgruppen B Nord und B Süd. Wegen weiterer Einzelheiten hinsichtlich des streitgegenständlichen Fonds wird auf den Prospekt (Anlage K3 zur Klageschrift = Bl. 13-156 GA) verwiesen. 3Der Kläger trägt vor: 4Die Beklagte habe ihn fehlerhaft beraten. Er sei ein konservativer Anleger, der auf einen sicheren Rückfluss des eingesetzten Kapitals Wert lege und nicht bereit sei, für eine höhere Rendite ein Verlustrisiko, schon gar kein Totalverlustrisiko auf sich zu nehmen. Dies zeigten auch seine übrigen Geldanlagen, da sein Depot insbesondere Aktienfonds, Aktienzertifikate, Rentenfonds, offene Immobilienfonds und Geldmarktfonds enthalte, die alle eine geringe Risikostufe hätten und sämtlich kein Totalverlustrisiko bergen würden. Ein mehrjähriger Anlagehorizont sei für ihn denkbar. Dass er Kapitalvermögen in Höhe von rund 300.000,- € gehalten habe, sei unrichtig. Ihm sei bei bestem Willen nicht mehr erinnerlich, ob ihm ein Prospekt übergeben worden sei. Jedenfalls finde er diesen in seinen Unterlagen nicht, die den streitgegenständlichen Fonds betreffen. Er müsse daher bestreiten, dass er den Prospekt erhalten habe. Jedenfalls sei eine Prospektübergabe nur dann rechtzeitig, wenn sie mindestens zwei Wochen vor der Beratung erfolge. Der Berater L habe ihm gesagt, dass die Anlage seriös sei. Dies könne man auch an der Beteiligung der B-Gruppe sehen, die sich nicht auf unseriöse Geschäfte einlassen würde. Derartige Aussagen dürfe man in einem Beratungsgespräch nicht machen. Ihm sei im Beratungsgespräch nicht gesagt worden, dass die Fotovoltaikanlagen nicht nur auf deutschen B-Immobilien, sondern auch auf spanischen B-Immobilien installiert werden sollten. Die Kapitalanlage sei auch wegen der gesetzlich vorgegebenen Einspeisevergütungen sicher. Dabei habe man aber nicht erwähnt, dass die Förderquote nach und nach abgesenkt wird. Zudem könnte diese durch nachträgliche Eingriffe des Gesetzgebers weiter gesenkt werden, was in Spanien nunmehr geschehen sei. Auch darauf sei er nicht hingewiesen worden. Er sei zudem weder über das Totalverlustrisiko der Anlage aufgeklärt worden, noch auf die eingeschränkte Fungibilität der Anlage. Der Prospekt sei nicht Gegenstand des Beratungsgesprächs gewesen, ob der Berater im Gespräch Faltblätter („Flyer“) vorgelegt habe, wisse er nicht mehr. Die Beklagte müsse ihm daher das eingesetzte Kapital erstatten zuzüglich eines entgangenen Gewinns in Höhe von 2 % per annum. Gleichfalls seien ihm außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten zu erstatten, die ihm entstanden seien, weil er sich für 60,- € brutto bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. habe beraten und sich für weitere 60,- € brutto von dieser auch außergerichtlich habe vertreten lassen. 5Der Kläger beantragt, 61. 7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.900,- € nebst Zinsen in Höhe von 2 % vom 15.11.2007 bis zur Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der E GmbH & Co. KG im Nennwert von 30.000,- € zu zahlen; 82. 9die Beklagte zu verurteilen, an ihn 120,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit für die außergerichtliche Rechtsverfolgung zu zahlen. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie wendet ein: 13Der Kläger habe sich 2007 nach einer langfristigen Investition erkundigt, die überdurchschnittliche Renditen erzielen könne. Dafür sei er bereit gewesen, Risiken in Kauf zu nehmen. Der Kläger sei kein konservativer Anleger. Er habe im Beratungszeitpunkt ein Kapitalvermögen von rund 300.000,- € bei der Beklagten und anderen Banken innegehabt, in seinem Depot hätten sich Anlagen aller Art befunden, insbesondere Aktienfonds, Aktienzertifikate, Rentenfonds, offene Immobilienfonds und Geldmarktfonds. Der Berater L habe dem Kläger den Prospekt bereits etwa eine Woche vor der Zeichnung übergeben. Der Berater L habe auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handele, die ein Verlust-, auch Totalverlustrisiko habe. Dies sei dem Kläger aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Unternehmer aber auch klar gewesen. Der Berater L habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Fotovoltaikanlagen auch in Spanien errichtet werden sollten. Die Absenkung der Förderquoten werde im Prospekt mehrfach erwähnt und sei den Renditeprognosen bereits zugrundegelegt worden. Sie erhebt die Einrede der Verjährung. Aufgrund des Prospektes habe der Kläger bereits im Jahr der Zeichnung Kenntnis oder zumindest grobfahrlässige Unkenntnis aller anspruchsbegründenden Umstände gehabt. 14Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die zulässige Klage ist unbegründet. 17I. 18Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 30.900,- € Zug um Zug gegen Übertragung seines Treuhand-Kommanditanteils an der E GmbH & Co. KG aus §§ 311, 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat ihre Pflicht zur anlage- und anlegergerechten Beratung im Rahmen des zwischen den Parteien zustande gekommenen Anlageberatungsvertrages nicht verletzt. 19Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist hinsichtlich des Erwerbs des streitgegenständlichen Fonds ein Anlageberatungsvertrag und nicht (lediglich) ein Anlagevermittlungs- bzw. Auskunftsvertrag zustande gekommen. Ein Beratungsvertrag kommt regelmäßig dann konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattgefunden hat. Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages zu beraten beziehungsweise beraten zu werden, so wird das darin liegende Angebot auf Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (vgl. BGH BKR 2008, 199, 200 m.w.N). Beide Parteien gehen vorliegend auch zutreffend von einem Beratungsvertrage aus. 20Die beratende Bank ist zu einer anleger- und anlagegerechten Beratung verpflichtet (BGH NJW-RR 2012, 43, 44 m.w.N.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH NJW-RR 2012, 43, 44 m.w.N.). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat (BGH NJW-RR 2012, 43, 44 m.w.N.), muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und anlagegerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH NJW-RR 2012, 43, 44 m.w.N.). 211.) 22Die Beklagte hat den Kläger anlegergerecht beraten. Die anlegergerechte Beratung bezieht sich auf die Person und insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse dessen, der die Beratung in Anspruch nimmt. Entscheidend für die Pflichten der Bank sind insoweit die Wünsche und Vorstellungen des Kunden und Beratungsempfängers, ferner sein Informationsstand und Erfahrungshorizont sowie seine objektiven wirtschaftlichen Interessen und seine finanzielle Situation. Wichtig hierfür ist die Einordnung des Kunden als in solchen Geschäften entweder unerfahrenen, „unprofessionellen“ Privatkunden oder als ausreichend erfahrenen, versierten und informierten professionellen Kunden. Eine anlegergerechte Beratung setzt demnach voraus, dass die Bank den Wissensstand ihres Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art, seine Risikobereitschaft und sein Anlageziel berücksichtigt. 23Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall hat der insoweit darlegungsbelastete Kläger nicht dargetan, dass die Beklagte ihn nicht anlegergerecht beraten hätte. Der Kläger trägt bereits nicht vor, dass er der Beklagten mitgeteilt hätte, ein konservativer Anleger zu sein, der nicht bereit ist, Verlustrisiken in Kauf zu nehmen. Aus der objektiv ersichtlichen Sachlage lässt sich ein derartiger Schluss nicht ziehen. Der Kläger verfügte unstreitig über Vermögensanlagen aller Art, unter Einschluss von Aktien und Aktienzertifikaten. Entgegen dem Bekunden des Klägers hält er damit zahlreiche Papiere mit Totalverlustrisiko. Jede Aktie trägt naturgemäß ein Totalverlustrisiko in sich, wenn die Aktiengesellschaft in Insolvenz fällt. Dies musste dem Kläger auch bewusst gewesen sein, der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gewesen war, da auch bei einem GmbH-Geschäftsanteil bei Insolvenz der GmbH der Totalverlust des eingesetzten Kapitals droht. Bei Aktienzertifikaten besteht überdies zusätzlich ein Totalverlustrisiko, weil die Rückzahlung bei Zertifikaten zusätzlich noch von der Bonität des Emittenten abhängt (vgl. BGH ZIP 2011, 2237, 2239/2240). 24Angesichts des Umfangs des klägerischen Vermögens ist die Empfehlung des streitgegenständlichen Fonds als anlegergerecht anzusehen. Es ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen, dass der Kläger im Zeitpunkt des Beratungsgesprächs ein Anlagevermögen von rund 300.000,- € innehatte, weil das Bestreiten des Klägers unsubstantiiert und damit unbeachtlich ist. Nach § 138 Abs. 2 ZPO ist die Erklärungslast des Gegners in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 138, Rn. 8a). Der Kläger ist dem entsprechenden Vorbringen der Beklagten nicht hinreichend entgegengetreten, sondern hat lediglich ausgeführt, dies sei „unrichtig“. Der Kläger muss am besten wissen, wie viel Vermögen er hatte, insbesondere, weil dieses unbestritten nicht nur bei der Beklagten, sondern auch bei anderen Banken angelegt war. Jedenfalls darf er sich nicht auf ein bloßes einfaches Bestreiten beschränken, ohne auch nur eine ungefähre Größenordnung anzugeben. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich noch nicht einmal entnehmen, ob er damit vortragen will, sein Vermögen sei größer oder kleiner gewesen, als von der Beklagten behauptet. 25Die Laufzeit der Anlage (über die der Prospekt zutreffend aufklärt, siehe unter I. 2.) a.)) steht einer anlegergerechten Beratung trotz des Alters des Klägers nicht entgegen. Es handelte sich nur um die Anlage eines Teils des klägerischen Vermögens. Überdies führt der Kläger in der Klageschrift selbst aus, ein mehrjähriger Anlagehorizont sei für ihn denkbar gewesen. 26Selbst wenn man – anders als die Kammer – davon ausginge, der Kläger habe dargetan, dass die Beklagte ihn nicht anlegergerecht beraten habe, so wäre der insoweit nicht nur darlegungs-, sondern auch beweisbelastete Kläger zumindest beweisfällig geblieben. Er hat nicht ordnungsgemäß Beweis angetreten. Der Kläger hat nur seine eigene informatorische Anhörung nach § 141 ZPO bzw. seine eigene Vernehmung als Partei als Beweis angeboten. Die Vernehmung des Klägers als Partei gemäß § 447 ZPO kommt nicht in Betracht, weil die Beklagte dem widersprochen hat. Das Angebot der eigenen Anhörung/Vernehmung nach § 141 ZPO/§ 448 ZPO ist auch unter Berücksichtigung der „Vieraugengespräch-Rechtsprechung“ kein hinreichender Beweisantritt. Diese bestimmt lediglich, dass zum Zwecke der prozessualen Waffengleichheit und um einen lauteren Prozess und wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewährleisten, der Partei eines Vieraugengesprächs Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen und gemäߠ § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören ist, wenn der Zeuge dem „Lager der Gegenpartei“ angehört (vgl. BGH NJW 2010, 3292, 3293; EGMR NJW 1995, 1413, 1414). Diese Rechtsprechung soll lediglich eine konventionsfreundliche Auslegung der zivilprozessualen Vorschriften gewährleisten, die Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht verletzt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil vom 27.10.1993 ausdrücklich ausgeführt, dass er nicht dazu berufen ist, allgemein zu entscheiden, ob es zulässig ist, die Zeugenaussage einer Partei gesetzlich auszuschließen (EGMR NJW 1995, 1413, Rn. 31), sondern lediglich prüfe, ob die konkrete Handhabung der Pflicht eines lauteren Verfahrens durch eine lautere Anhörung zum Zwecke der prozessualen Waffengleichheit genüge (EGMR NJW 1995, 1413, Rn. 32/33). Demgemäß besteht für die Gerichte nur die Pflicht, die Partei ebenfalls anzuhören und nicht nur den „im Lager der Gegenseite“ stehenden Zeugen. Dies enthebt die Partei aber nicht, überhaupt einen ordnungsgemäßen Beweis im Sinne der ZPO anzutreten. Damit hätte der Kläger den Bankberater L als Zeugen benennen müssen. Diesen als Zeugen zu benennen, ist ihm nicht unzumutbar, auch wenn der Zeuge L Mitarbeiter der Beklagten ist. Es gibt keinen gesicherten Erfahrungssatz, dass ein Bankangestellter von Vornherein geneigt sein könnte, einen falschen Sachverhalt zur eigenen Rechtfertigung und zum Nachteil eines Kunden zu konstruieren (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.2014, Az.: 14 U 144/13, Seite 3). Es gibt überdies keine Beweisregel, dass in derartigen Konstellationen den Bekundungen der Partei stets der Vorrang einzuräumen wäre (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.11.2013, Az.: 14 U 40/13, Seite 7; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BGH, Beschluss vom 25.09.2014, Az.: III ZR 511/13). 272.) 28Die Beklagte hat den Kläger auch anlagegerecht beraten. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. BGH NJW-RR 2014, 1075, 1076 m.w.N.). Die Bank hat über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten (vgl. BGH NJW-RR 2012, 43, 44 m.w.N.). Sie kann den Kunden ordnungsgemäß durch die Übergabe des Prospekts aufklären, soweit dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, dem Anlageinteressenten die nötigen Hinweise wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, wenn der Prospekt so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden konnte (BGH NJW-RR 2014, 1075, 1076). Für die nicht rechtzeitige Übergabe des Prospektes ist der Anleger darlegungs- und beweisbelastet (BGH NJW-RR 2006, 1345, 1346). 29a.) 30Die Beklagte hat dem Kläger im Streitfall den Prospekt rechtzeitig übergeben. Gemäß § 138 Abs. 3 ZPO ist das Vorbringen der Beklagten als zugestanden anzusehen, den Prospekt etwa eine Woche vor dem Beratungsgespräch vom 14.11.2007 übergeben zu haben. Der für das Gegenteil darlegungsbelastete Kläger (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1345, 1346) hat das Vorbringen der Beklagten mit Nichtwissen bestritten. Das Bestreiten mit Nichtwissen ist vorliegend aber gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. Es ist Gegenstand der eigenen Wahrnehmung des Klägers gewesen, ob er den Prospekt erhalten hat oder nicht. Die Übergabe etwa eine Woche vor dem Beratungsgespräch ist rechtzeitig gewesen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht nötig, eine Mindestfrist von zwei Wochen einzuhalten. Für eine analoge Anwendung der Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG ist mangels Gesetzeslücke kein Raum. Anders als im Beurkundungsverfahren hat der Gesetzgeber für eine derartige Frist bei der Anlageberatung keinen Bedarf gesehen. Dies zeigt sich darin, dass die Gesetze zur Prospektpflicht bei Wertpapieren, einschließlich des nunmehr umfassend kodifizierten KAGB keine entsprechende Frist vorsehen (vgl. § 306 KAGB). Maßgebend ist daher allein, ob der Prospektinhalt innerhalb der Frist zur Kenntnis hätte genommen werden können. Eine Frist von etwa einer Woche ist dabei für den vorliegenden Prospekt ausreichend. Grundsätzlich ist ein Zeitraum von 4 Tagen ausreichend, um sich mit dem Inhalt eines Wertpapierprospektes vertraut zu machen (vgl. OLG Brandenburg BKR 2014, 345, 350/351). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Anleger in dem Beratungsgespräch, welches der Prospektübergabe folgt, gegenüber dem Berater nicht äußert, nicht genügend Zeit gehabt zu haben, um den Prospekt zu lesen. Dass der Kläger Derartiges gegenüber dem Bankberater L habe verlauten lassen, behauptet er nicht einmal selbst. Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob der Unterschrift des Klägers unter die Empfangsbestätigung: „Ich/wir bestätige/n, dass ich/wir den Beteiligungsprospekt […] erhalten habe/n und ausreichende Gelegenheit zur Kenntnisnahme gehabt habe/n.“, Rechtswirkungen beizumessen sind. Jedenfalls ergibt sich daraus nicht, dass die Übergabe erst im Rahmen des Beratungsgespräches erfolgt wäre. Dies ergibt sich aus dem folgenden Satz der Empfangsbestätigung: „Ferner bestätige/n ich/wir, heute einen Durchschlag dieser Beitrittserklärung mit Widerrufsbelehrung erhalten zu haben.“ Anders als die Bestätigung zum Erhalt der Beitrittserklärung enthält die Bestätigung für den Erhalt des Prospektes gerade nicht das Wort „heute“. 31Zwar kann auch die Beklagte als Beraterin bei der Verwendung eines fehlerhaften Prospektes eine Haftungspflicht treffen. Ein Anlageberater ist zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet (vgl. BGH NJW-RR 2011, 329). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Kunden auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt zu verschaffen, das er empfehlen will. Derjenige Anlageberater, der den Anlageinteressenten durch Übergabe eines fehlerhaften Anlageprospekts berät oder und den Prospekt zur Grundlage seiner mündlichen Beratung macht, hat den Anleger falsch beraten (BGH BKR 2009, 471). Die Pflichtverletzung des Anlageberaters steht dann aufgrund der Übergabe des falschen Prospektes fest und entfällt nur dann, wenn er diesen Fehler im Beratungsgespräch berichtigt hat (BGH BKR 2009, 471). 32Allerdings ist der hier streitgegenständliche Fondsprospekt nicht fehlerhaft. Der Prospekt über ein Beteiligungsangebot ist für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit und hat den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (BGH NJW-RR 2008, 1365, 1366). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (BGH NJW-RR 2008, 1365, 1366). Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt (BGH NJW-RR 2008, 1365, 1366). Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (BGH NJW-RR 2008, 1365, 1366). 33Der Prospekt der streitgegenständlichen Anlage genügt den oben dargestellten Anforderungen. 34Der Prospekt klärt den Anleger über die eingeschränkte Fungibilität der Fondsanteile hinreichend auf. Zu den Umständen, auf die ein Anlageberater hiernach hinzuweisen hat, gehört insbesondere die in Ermangelung eines entsprechenden Markts fehlende oder sehr erschwerte Möglichkeit, eine Kommanditbeteiligung an einem Fotovoltaikfonds zu veräußern. Die praktisch fehlende Aussicht, eine solche Beteiligung zu angemessenen Konditionen verkaufen zu können, ist ein Umstand, der für den durchschnittlichen Anleger für seine Anlageentscheidung von erheblicher Bedeutung ist. Die Bedingungen, zu denen ein Anleger auch auf langfristig festgelegtes Geld vorzeitig zurückgreifen kann, sind typischerweise ein wesentliches Element seiner Investitionsentscheidung. Dies gilt grundsätzlich auch für langfristige Anlagen, da auch in diesen Fällen ein vorzeitiges Bedürfnis entstehen kann, die festgelegten Vermögenswerte liquide zu machen, wie etwa bei Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, krankheitsbedingtem Verlust der Erwerbsfähigkeit oder auch nur bei einer Änderung der Anlageziele (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2009, Az.: III ZR 169/08, Juris-Rn. 20). Die die Fungibilität betreffenden Hinweise auf Seite 11/12 und Seite 26 des Prospektes (Bl. 23/24 GA und Bl. 38 GA) sind ausreichend. Es genügt, wenn ein verständiger Anleger den Hinweisen entnehmen kann, dass die Anteilsverwertung praktischen Schwierigkeiten begegnen kann, weil Marktmechanismen (noch) nicht vorhanden sind, die den Abschluss solcher Geschäfte einschließlich der Bildung angemessener Preise erleichtern (BGH BKR 2014, 504, 506). Vorliegend weist der Prospekt auf Seite 11/12 ausdrücklich darauf hin, dass die freie Handelbarkeit der Anteile eingeschränkt ist, weil kein geregelter Zweitmarkt besteht. Dieser Hinweis wird auf Seite 26 des Prospekts wiederholt und dahingehend vertieft, dass es nur einen eingeschränkten Markt gebe, so dass die Veräußerung unmöglich oder zumindest mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein könne und ggf. nur unter Inkaufnahme von entsprechenden Wertverlusten möglich sei. Diese Hinweise sind ausreichend (vgl. BGH BKR 2014, 504, 506). Der Anlageinteressent kann ihnen zweifelsfrei entnehmen, die Beteiligung gerade nicht problemlos veräußern zu können. 35Der Prospekt klärt hinreichend über die Verlustrisiken der Kapitalanlage auf. Bereits unter Ziffer 1 auf Seite 19 des Prospektes (Bl. 31 GA) wird ausgeführt, dass es sich um eine „unternehmerische Beteiligung“ handelt. Schon dieser Hinweis wäre im Hinblick auf den Kläger grundsätzlich ausreichend gewesen. Als (ehemaligem) Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH musste ihm klar sein, dass im Grundsatz jede unternehmerische Beteiligung ein Totalverlustrisiko birgt. Dieses Wissen kam dem Kläger auch durch die Übertragung der GmbH-Anteile auf seinen Sohn nicht abhanden. Doch kann dies vorliegend dahinstehen. Der Prospekt führt ebenfalls unter Ziffer 1 auf Seite 19 (Bl. 31 GA) ausdrücklich auf, es bestehe „das Risiko des Totalverlusts des eingezahlten Kapitals“. Dieser Hinweis ist selbst dann eindeutig und unmissverständlich, wenn man den Begriff der „unternehmerischen Beteiligung“ nicht versteht. 36Dem Prospekt lässt sich eindeutig entnehmen, dass die Fotovoltaikanlagen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien vom Fonds errichtet und betrieben werden. Schon im Vorwort auf Seite 6 des Prospekts (Bl. 18 GA) wird ausgeführt: „Diese Anlagen werden […] in Deutschland und Spanien errichtet.“ Dies setzt sich auf Seite 11 des Prospekts (Bl. 23 GA) fort, man wolle „ca. 40 Photovoltaik-Anlagen in Deutschland und Spanien“ erwerben, an zahlreichen Stellen des Prospekts werden rechtliche und steuerliche Grundlagen in Deutschland und Spanien erläutert. Seite 17 des Prospektes (Bl. 29 GA) enthält eine Auflistung der Standorte der fertiggestellten, im Bau befindlichen und geplanten Anlagen. Diese unmissverständlichen Hinweise können einem aufmerksamen Leser des Prospekts nicht entgangen sein. 37Der Prospekt klärt auf Seite 13 (Bl. 25 GA) auch zuverlässig darüber auf, dass die „Unternehmensgruppen B Nord und B Süd als Verpächter des Großteils der Dachflächen [auftreten]. Mit Ausnahme der in den Pachtverträgen vereinbarten Pflichten übernehmen die Verpächter keine Verantwortung für den Erfolg des Fonds.“ Diese Angaben sind unstreitig zutreffend. Sie sind auch eindeutig. 38Gleichfalls klärt der Prospekt zutreffend über die rechtlichen Grundlagen der Einspeisevergütungen für Strom aus Sonnenenergie nach dem deutschen EEG und dem spanischen Einspeisegesetz (Real Decreto 661/2007) auf. Insbesondere wird auf Seite 13 (Bl. 25 GA) und 40 (Bl. 52 GA) des Prospekts ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach dem EEG die Einspeisevergütung jedes Jahr für neu ans Netz gehende Anlagen um 5 % reduziert wird. Über die Regelungen des Real Decreto 661/2007 wird gleichfalls auf Seite 40 des Prospekts aufgeklärt. Auf Seite 21 des Prospekts (Bl. 33 GA) wird darüber aufgeklärt, dass das Risiko besteht, der deutsche und der spanische Gesetzgeber könnten die Einspeisevergütung herabsetzen oder abschaffen, was die Rentabilität des Fonds beeinträchtigen könne. Dass dies bei verspäteter Fertigstellung von Fotovoltaikanlagen zu Einbußen führen kann, wird auf Seite 19/20 (Bl. 31/32 GA) des Prospekts unter Ziffer 2.2 und 2.3 hinreichend erläutert. Im Prospekt wird stets deutlich ersichtlich, dass die dort angestellten Ertragsberechnungen nur Prognosen sind. Dass eine Prognose gerade keine Gewissheit zu vermitteln vermag, ergibt sich aus der Natur der Sache und ist nicht gesondert aufklärungsbedürftig. Dass die Prognoseberechnungen ex ante unvertretbar gewesen wären, ist nicht ersichtlich. 39Über die Laufzeit der Anlage klärt der Prospekt auf Seite 70/71 (Bl. 82/83) zutreffend und eindeutig auf. 40b.) 41Ein Beratungsfehler der Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, dass sie die im Prospekt zutreffend dargestellten Umstände im Beratungsgespräch am 14.11.2007 verfälscht hätte. Ein rechtzeitig übergebener, zutreffend aufklärender Prospekt ist kein Freibrief für den Anlageberater, Risiken abweichend darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, welches die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlageinteressenten mindert (BGH NJW-RR 2007, 1690, 1691). Dass der Bankberater L im Gespräch am 14.11.2007 derartige Angaben gemacht hätte, legt der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht dar. 42Soweit der Kläger ausführt, der Bankberater L habe mündlich zu bestimmten Punkten keine Angaben gemacht, ist dieses Vorbringen unerheblich. Angesichts des rechtzeitig übergebenen und zutreffend aufklärenden Prospekts waren weitere mündliche Erläuterungen im Grundsatz entbehrlich. Dass der Kläger den Berater L um mündliche Erläuterungen gebeten hat, weil er bestimmte Stellen des Prospekts nicht verstanden habe, behauptet der Kläger selbst nicht. Nicht erfolgte mündliche Erläuterungen zeichnen grundsätzlich auch kein vom Prospekt abweichendes Bild der Anlage. 43Der Berater L hat auch dann kein abweichendes Bild vom Anlageprospekt gezeichnet, wenn er gesagt hat, die Anlage sei seriös. Um ein betrügerisches Anlagemodell handelt es sich vorliegend unstreitig nicht. Mag das Geschäftsmodell des Fonds bislang auch nicht die erwartete Rendite erbracht haben, spricht dies nicht gegen dessen Seriosität. Nichts anderes ergibt sich aus dem Hinweis, für die Seriosität spreche auch die Beteiligung der B-Gruppe, die sich nicht auf unseriöse Geschäfte einlasse. Die B-Gruppe ist als Verpächter tatsächlich Geschäftspartner des Fonds. Dass der Erfolg der weltumspannenden B-Gruppe eine gewisse Gewähr dafür bietet, diese werde ihr gehörende Flächen nicht an windige Geschäftsleute verpachten, ist ebenfalls naheliegend. Dass der Berater L behauptet habe, die B-Gruppe garantiere die Stabilität oder die Gewinne des Fonds, behauptet auch der Kläger nicht. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der vom Berater L angeblich getätigten Äußerung, die Anlage sei „sicher“. Dies ist zum einen im Zusammenhang der auch nach dem Vorbringen des Klägers getätigten Äußerungen des Beraters zu betrachten. Daraus ergibt sich eindeutig, dass gerade keine absolute Sicherheit der Investition suggeriert wurde. Zutreffend ist die Angabe insoweit, als dass die gesetzlich garantierten Einspeisevergütungen das Geschäftsmodell des streitgegenständlichen Fonds im Grundsatz kalkulierbarer – und damit „sicherer“ – als das Geschäftsmodell eines Unternehmens machen, das sich auf einem freien Markt bewegt, der nur dem marktwirtschaftlichen Gesetz von Angebot und Nachfrage unterliegt. Dass es – trotz der Einspeisevergütungen – keine gesetzlich garantierten Unternehmensgewinne geben kann, war dem Kläger bewusst. Jede andere Annahme wäre bei einem langjährigen GmbH-Geschäftsführer lebensfremd. Jeder Unternehmer weiß, dass garantierte Preise allenfalls zu sicheren Betriebseinnahmen, aber nicht zu sicheren Gewinnen führen können, weil Gewinn nun einmal die Differenz zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ist. Garantierte Preise haben aber auf die Ausgaben eines Unternehmens keinen Einfluss. Dementsprechend kann dahinstehen, ob der Bankberater L die vorgenannten Äußerungen tatsächlich so getätigt hat. 44Selbst wenn man – anders als die Kammer – davon ausginge, der Kläger habe dargetan, dass die Beklagte durch den Berater L im Gespräch am 14.11.2007 die Inhalte des Prospektes mündlich verzerrend und entstellend dargestellt habe, so wäre der insoweit nicht nur darlegungs-, sondern auch beweisbelastete Kläger zumindest beweisfällig geblieben. Er hat nicht ordnungsgemäß Beweis angetreten. Der Kläger hat nur seine eigene informatorische Anhörung nach § 141 ZPO bzw. seine eigene Vernehmung als Partei als Beweis angeboten. Die Vernehmung des Klägers als Partei gemäß § 447 ZPO kommt nicht in Betracht, weil die Beklagte dem widersprochen hat. Das Angebot der eigenen Anhörung/Vernehmung nach § 141 ZPO/§ 448 ZPO ist auch unter Berücksichtigung der „Vieraugengespräch-Rechtsprechung“ kein hinreichender Beweisantritt. Diese bestimmt lediglich, dass zum Zwecke der prozessualen Waffengleichheit und um einen lauteren Prozess und wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewährleisten, der Partei eines Vieraugengesprächs Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen und gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören ist, wenn der Zeuge dem „Lager der Gegenpartei“ angehört (vgl. BGH NJW 2010, 3292, 3293; EGMR NJW 1995, 1413, 1414). Diese Rechtsprechung soll lediglich eine konventionsfreundliche Auslegung der zivilprozessualen Vorschriften gewährleisten, die Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht verletzt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil vom 27.10.1993 ausdrücklich ausgeführt, dass er nicht dazu berufen ist, allgemein zu entscheiden, ob es zulässig ist, die Zeugenaussage einer Partei gesetzlich auszuschließen (EGMR NJW 1995, 1413, Rn. 31), sondern lediglich prüfe, ob die konkrete Handhabung der Pflicht eines lauteren Verfahrens durch eine lautere Anhörung zum Zwecke der prozessualen Waffengleichheit genüge (EGMR NJW 1995, 1413, Rn. 32/33). Demgemäß besteht für die Gerichte nur die Pflicht, die Partei ebenfalls anzuhören und nicht nur den „im Lager der Gegenseite“ stehenden Zeugen. Dies enthebt die Partei aber nicht, überhaupt einen ordnungsgemäßen Beweis im Sinne der ZPO anzutreten. Damit hätte der Kläger den Bankberater L als Zeugen benennen müssen. Diesen als Zeugen zu benennen ist ihm nicht unzumutbar, auch wenn der Zeuge L Mitarbeiter der Beklagten ist. Es gibt keinen gesicherten Erfahrungssatz, dass ein Bankangestellter von Vornherein geneigt sein könnte, einen falschen Sachverhalt zur eigenen Rechtfertigung und zum Nachteil eines Kunden zu konstruieren (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.2014, Az.: 14 U 144/13, Seite 3). Es gibt überdies keine Beweisregel, dass in derartigen Konstellationen den Bekundungen der Partei stets der Vorrang einzuräumen wäre (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.11.2013, Az.: 14 U 40/13, Seite 7; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BGH, Beschluss vom 25.09.2014, Az.: III ZR 511/13). 45II. 46Mangels Hauptanspruchs hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen nach § 291 BGB oder den Ersatz entgangenen Gewinns in Höhe von 2 % per annum nach §§ 249, 252 BGB. Es besteht mangels Hauptanspruchs ebenfalls kein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Kosten für die behauptete Beratung und Vertretung durch die Verbraucherzentrale. Dementsprechend kann offenbleiben, ob Kosten für die rechtliche Beratung und Vertretung durch eine Verbraucherzentrale überhaupt nach § 249 BGB ersatzfähige „erforderliche und zweckmäßige“ Rechtsverfolgungskosten sein können. 47III. 48Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. 49IV. 50Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. 51Streitwert: 30.900,- € 52Rechtsbehelfsbelehrung zur Streitwertfestsetzung: 53Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Kleve statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- € übersteigt. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Kleve, Schloßberg 1 (Schwanenburg), 47533 Kleve, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 54(Unterschriften) | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der kläger ließ sich am 14.11.2007 bei der zweigstelle der beklagten in kleve von deren mitarbeiter l hinsichtlich einer vermögensanlage beraten. der kläger war zu diesem zeitpunkt geschäftsführer der spedition s gmbh, deren gesellschafter er auch gewesen war. im zeitpunkt der beratung hatte er die gesellschaftsanteile aber bereits an seinen sohn übertragen. der ablauf des beratungsgespräches ist zwischen den parteien streitig. im anschluss an das gespräch zeichnete der kläger einen treuhand-kommanditanteil an der e gmbh & co. kg (nachfolgend: fonds) mit einen nennbetrag von 30.000,- € für 30.000,- € zzgl. eines aufgeldes in höhe von 3 %. der beitrittsantrag wurde am 23.11.2007 angenommen. wegen weiterer einzelheiten wird auf die beitrittserklärung vom 14.11./23.11.2007 (anlage k1 zur klageschrift = bl. 11-12 ga) bezug genommen. bei dem fonds handelt es sich um eine geschlossene beteiligung, welche fotovoltaikanlagen in deutschland und spanien auf gepachteten gewerbeflächen betreibt, insbesondere auch auf dachflächen von immobilien der unternehmensgruppen b nord und b süd. wegen weiterer einzelheiten hinsichtlich des streitgegenständlichen fonds wird auf den prospekt (anlage k3 zur klageschrift = bl. 13-156 ga) verwiesen. 3der kläger trägt vor: 4die beklagte habe ihn fehlerhaft beraten. er sei ein konservativer anleger, der auf einen sicheren rückfluss des eingesetzten kapitals wert lege und nicht bereit sei, für eine höhere rendite ein verlustrisiko, schon gar kein totalverlustrisiko auf sich zu nehmen. dies zeigten auch seine übrigen geldanlagen, da sein depot insbesondere aktienfonds, aktienzertifikate, rentenfonds, offene immobilienfonds und geldmarktfonds enthalte, die alle eine geringe risikostufe hätten und sämtlich kein totalverlustrisiko bergen würden. ein mehrjähriger anlagehorizont sei für ihn denkbar. dass er kapitalvermögen in höhe von rund 300.000,- € gehalten habe, sei unrichtig. ihm sei bei bestem willen nicht mehr erinnerlich, ob ihm ein prospekt übergeben worden sei. jedenfalls finde er diesen in seinen unterlagen nicht, die den streitgegenständlichen fonds betreffen. er müsse daher bestreiten, dass er den prospekt erhalten habe. jedenfalls sei eine prospektübergabe nur dann rechtzeitig, wenn sie mindestens zwei wochen vor der beratung erfolge. der berater l habe ihm gesagt, dass die anlage seriös sei. dies könne man auch an der beteiligung der b-gruppe sehen, die sich nicht auf unseriöse geschäfte einlassen würde. derartige aussagen dürfe man in einem beratungsgespräch nicht machen. ihm sei im beratungsgespräch nicht gesagt worden, dass die fotovoltaikanlagen nicht nur auf deutschen b-immobilien, sondern auch auf spanischen b-immobilien installiert werden sollten. die kapitalanlage sei auch wegen der gesetzlich vorgegebenen einspeisevergütungen sicher. dabei habe man aber nicht erwähnt, dass die förderquote nach und nach abgesenkt wird. zudem könnte diese durch nachträgliche eingriffe des gesetzgebers weiter gesenkt werden, was in spanien nunmehr geschehen sei. auch darauf sei er nicht hingewiesen worden. er sei zudem weder über das totalverlustrisiko der anlage aufgeklärt worden, noch auf die eingeschränkte fungibilität der anlage. der prospekt sei nicht gegenstand des beratungsgesprächs gewesen, ob der berater im gespräch faltblätter („flyer“) vorgelegt habe, wisse er nicht mehr. die beklagte müsse ihm daher das eingesetzte kapital erstatten zuzüglich eines entgangenen gewinns in höhe von 2 % per annum. gleichfalls seien ihm außergerichtliche rechtsverfolgungskosten zu erstatten, die ihm entstanden seien, weil er sich für 60,- € brutto bei der verbraucherzentrale nordrhein-westfalen e.v. habe beraten und sich für weitere 60,- € brutto von dieser auch außergerichtlich habe vertreten lassen. 5der kläger beantragt, 61. 7die beklagte zu verurteilen, an ihn 30.900,- € nebst zinsen in höhe von 2 % vom 15.11.2007 bis zur rechtshängigkeit sowie in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz ab rechtshängigkeit zug um zug gegen übertragung der beteiligung an der e gmbh & co. kg im nennwert von 30.000,- € zu zahlen; 82. 9die beklagte zu verurteilen, an ihn 120,- € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz ab rechtshängigkeit für die außergerichtliche rechtsverfolgung zu zahlen. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie wendet ein: 13der kläger habe sich 2007 nach einer langfristigen investition erkundigt, die überdurchschnittliche renditen erzielen könne. dafür sei er bereit gewesen, risiken in kauf zu nehmen. der kläger sei kein konservativer anleger. er habe im beratungszeitpunkt ein kapitalvermögen von rund 300.000,- € bei der beklagten und anderen banken innegehabt, in seinem depot hätten sich anlagen aller art befunden, insbesondere aktienfonds, aktienzertifikate, rentenfonds, offene immobilienfonds und geldmarktfonds. der berater l habe dem kläger den prospekt bereits etwa eine woche vor der zeichnung übergeben. der berater l habe auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine unternehmerische beteiligung handele, die ein verlust-, auch totalverlustrisiko habe. dies sei dem kläger aufgrund seiner beruflichen tätigkeit als unternehmer aber auch klar gewesen. der berater l habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die fotovoltaikanlagen auch in spanien errichtet werden sollten. die absenkung der förderquoten werde im prospekt mehrfach erwähnt und sei den renditeprognosen bereits zugrundegelegt worden. sie erhebt die einrede der verjährung. aufgrund des prospektes habe der kläger bereits im jahr der zeichnung kenntnis oder zumindest grobfahrlässige unkenntnis aller anspruchsbegründenden umstände gehabt. 14wegen weiterer einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gewechselten schriftsätze der parteien nebst anlagen bezug genommen. 15 | 16die zulässige klage ist unbegründet. 17i. 18der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf zahlung von 30.900,- € zug um zug gegen übertragung seines treuhand-kommanditanteils an der e gmbh & co. kg aus §§ 311, 280 abs. 1 bgb. die beklagte hat ihre pflicht zur anlage- und anlegergerechten beratung im rahmen des zwischen den parteien zustande gekommenen anlageberatungsvertrages nicht verletzt. 19zwischen dem kläger und der beklagten ist hinsichtlich des erwerbs des streitgegenständlichen fonds ein anlageberatungsvertrag und nicht (lediglich) ein anlagevermittlungs- bzw. auskunftsvertrag zustande gekommen. ein beratungsvertrag kommt regelmäßig dann konkludent zustande, wenn im zusammenhang mit der anlage eines geldbetrages tatsächlich eine beratung stattgefunden hat. tritt ein anlageinteressent an eine bank oder der anlageberater einer bank an einen kunden heran, um über die anlage eines geldbetrages zu beraten beziehungsweise beraten zu werden, so wird das darin liegende angebot auf abschluss eines beratungsvertrages stillschweigend durch die aufnahme des beratungsgespräches angenommen (vgl. bgh bkr 2008, 199, 200 m.w.n). beide parteien gehen vorliegend auch zutreffend von einem beratungsvertrage aus. 20die beratende bank ist zu einer anleger- und anlagegerechten beratung verpflichtet (bgh njw-rr 2012, 43, 44 m.w.n.). inhalt und umfang der beratungspflichten hängen dabei von den umständen des einzelfalls ab. maßgeblich sind einerseits der wissensstand, die risikobereitschaft und das anlageziel des kunden und andererseits die allgemeinen risiken, wie etwa die konjunkturlage und die entwicklung des kapitalmarktes, sowie die speziellen risiken, die sich aus den besonderheiten des anlageobjekts ergeben (bgh njw-rr 2012, 43, 44 m.w.n.). in bezug auf das anlageobjekt hat sich die beratung auf diejenigen eigenschaften und risiken zu beziehen, die für die jeweilige anlageentscheidung wesentliche bedeutung haben oder haben können. während die bank über diese umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den kunden verständlich zu unterrichten hat (bgh njw-rr 2012, 43, 44 m.w.n.), muss die bewertung und empfehlung des anlageobjekts unter berücksichtigung der genannten gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. das risiko, dass eine aufgrund anleger- und anlagegerechter beratung getroffene anlageentscheidung sich im nachhinein als falsch erweist, trägt der anleger (bgh njw-rr 2012, 43, 44 m.w.n.). 211.) 22die beklagte hat den kläger anlegergerecht beraten. die anlegergerechte beratung bezieht sich auf die person und insbesondere die wirtschaftlichen verhältnisse dessen, der die beratung in anspruch nimmt. entscheidend für die pflichten der bank sind insoweit die wünsche und vorstellungen des kunden und beratungsempfängers, ferner sein informationsstand und erfahrungshorizont sowie seine objektiven wirtschaftlichen interessen und seine finanzielle situation. wichtig hierfür ist die einordnung des kunden als in solchen geschäften entweder unerfahrenen, „unprofessionellen“ privatkunden oder als ausreichend erfahrenen, versierten und informierten professionellen kunden. eine anlegergerechte beratung setzt demnach voraus, dass die bank den wissensstand ihres kunden über anlagegeschäfte der vorgesehenen art, seine risikobereitschaft und sein anlageziel berücksichtigt. 23unter anwendung der vorstehenden grundsätze auf den streitfall hat der insoweit darlegungsbelastete kläger nicht dargetan, dass die beklagte ihn nicht anlegergerecht beraten hätte. der kläger trägt bereits nicht vor, dass er der beklagten mitgeteilt hätte, ein konservativer anleger zu sein, der nicht bereit ist, verlustrisiken in kauf zu nehmen. aus der objektiv ersichtlichen sachlage lässt sich ein derartiger schluss nicht ziehen. der kläger verfügte unstreitig über vermögensanlagen aller art, unter einschluss von aktien und aktienzertifikaten. entgegen dem bekunden des klägers hält er damit zahlreiche papiere mit totalverlustrisiko. jede aktie trägt naturgemäß ein totalverlustrisiko in sich, wenn die aktiengesellschaft in insolvenz fällt. dies musste dem kläger auch bewusst gewesen sein, der gesellschafter-geschäftsführer einer gmbh gewesen war, da auch bei einem gmbh-geschäftsanteil bei insolvenz der gmbh der totalverlust des eingesetzten kapitals droht. bei aktienzertifikaten besteht überdies zusätzlich ein totalverlustrisiko, weil die rückzahlung bei zertifikaten zusätzlich noch von der bonität des emittenten abhängt (vgl. bgh zip 2011, 2237, 2239/2240). 24angesichts des umfangs des klägerischen vermögens ist die empfehlung des streitgegenständlichen fonds als anlegergerecht anzusehen. es ist gemäß § 138 abs. 3 zpo als zugestanden anzusehen, dass der kläger im zeitpunkt des beratungsgesprächs ein anlagevermögen von rund 300.000,- € innehatte, weil das bestreiten des klägers unsubstantiiert und damit unbeachtlich ist. nach § 138 abs. 2 zpo ist die erklärungslast des gegners in bestehen und umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige partei vorgetragen hat (vgl. zöller/greger, zpo, 30. aufl. 2014, § 138, rn. 8a). der kläger ist dem entsprechenden vorbringen der beklagten nicht hinreichend entgegengetreten, sondern hat lediglich ausgeführt, dies sei „unrichtig“. der kläger muss am besten wissen, wie viel vermögen er hatte, insbesondere, weil dieses unbestritten nicht nur bei der beklagten, sondern auch bei anderen banken angelegt war. jedenfalls darf er sich nicht auf ein bloßes einfaches bestreiten beschränken, ohne auch nur eine ungefähre größenordnung anzugeben. dem vorbringen des klägers lässt sich noch nicht einmal entnehmen, ob er damit vortragen will, sein vermögen sei größer oder kleiner gewesen, als von der beklagten behauptet. 25die laufzeit der anlage (über die der prospekt zutreffend aufklärt, siehe unter i. 2.) a.)) steht einer anlegergerechten beratung trotz des alters des klägers nicht entgegen. es handelte sich nur um die anlage eines teils des klägerischen vermögens. überdies führt der kläger in der klageschrift selbst aus, ein mehrjähriger anlagehorizont sei für ihn denkbar gewesen. 26selbst wenn man – anders als die kammer – davon ausginge, der kläger habe dargetan, dass die beklagte ihn nicht anlegergerecht beraten habe, so wäre der insoweit nicht nur darlegungs-, sondern auch beweisbelastete kläger zumindest beweisfällig geblieben. er hat nicht ordnungsgemäß beweis angetreten. der kläger hat nur seine eigene informatorische anhörung nach § 141 zpo bzw. seine eigene vernehmung als partei als beweis angeboten. die vernehmung des klägers als partei gemäß § 447 zpo kommt nicht in betracht, weil die beklagte dem widersprochen hat. das angebot der eigenen anhörung/vernehmung nach § 141 zpo/§ 448 zpo ist auch unter berücksichtigung der „vieraugengespräch-rechtsprechung“ kein hinreichender beweisantritt. diese bestimmt lediglich, dass zum zwecke der prozessualen waffengleichheit und um einen lauteren prozess und wirkungsvollen rechtsschutz zu gewährleisten, der partei eines vieraugengesprächs gelegenheit gegeben wird, ihre darstellung des gesprächs in den prozess persönlich einzubringen und gemäߠ § 448 zpo zu vernehmen oder gemäß § 141 zpo persönlich anzuhören ist, wenn der zeuge dem „lager der gegenpartei“ angehört (vgl. bgh njw 2010, 3292, 3293; egmr njw 1995, 1413, 1414). diese rechtsprechung soll lediglich eine konventionsfreundliche auslegung der zivilprozessualen vorschriften gewährleisten, die art. 6 abs. 1 emrk nicht verletzt. der europäische gerichtshof für menschenrechte hat in seinem urteil vom 27.10.1993 ausdrücklich ausgeführt, dass er nicht dazu berufen ist, allgemein zu entscheiden, ob es zulässig ist, die zeugenaussage einer partei gesetzlich auszuschließen (egmr njw 1995, 1413, rn. 31), sondern lediglich prüfe, ob die konkrete handhabung der pflicht eines lauteren verfahrens durch eine lautere anhörung zum zwecke der prozessualen waffengleichheit genüge (egmr njw 1995, 1413, rn. 32/33). demgemäß besteht für die gerichte nur die pflicht, die partei ebenfalls anzuhören und nicht nur den „im lager der gegenseite“ stehenden zeugen. dies enthebt die partei aber nicht, überhaupt einen ordnungsgemäßen beweis im sinne der zpo anzutreten. damit hätte der kläger den bankberater l als zeugen benennen müssen. diesen als zeugen zu benennen, ist ihm nicht unzumutbar, auch wenn der zeuge l mitarbeiter der beklagten ist. es gibt keinen gesicherten erfahrungssatz, dass ein bankangestellter von vornherein geneigt sein könnte, einen falschen sachverhalt zur eigenen rechtfertigung und zum nachteil eines kunden zu konstruieren (olg düsseldorf, beschluss vom 03.04.2014, az.: 14 u 144/13, seite 3). es gibt überdies keine beweisregel, dass in derartigen konstellationen den bekundungen der partei stets der vorrang einzuräumen wäre (olg düsseldorf, beschluss vom 05.11.2013, az.: 14 u 40/13, seite 7; nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch bgh, beschluss vom 25.09.2014, az.: iii zr 511/13). 272.) 28die beklagte hat den kläger auch anlagegerecht beraten. in bezug auf das anlageobjekt hat sich die beratung auf diejenigen eigenschaften und risiken zu beziehen, die für die jeweilige anlageentscheidung wesentliche bedeutung haben oder haben können (vgl. bgh njw-rr 2014, 1075, 1076 m.w.n.). die bank hat über diese umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den kunden verständlich zu unterrichten (vgl. bgh njw-rr 2012, 43, 44 m.w.n.). sie kann den kunden ordnungsgemäß durch die übergabe des prospekts aufklären, soweit dieser nach form und inhalt geeignet ist, dem anlageinteressenten die nötigen hinweise wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, wenn der prospekt so rechtzeitig vor dem vertragsschluss übergeben wird, dass sein inhalt noch zur kenntnis genommen werden konnte (bgh njw-rr 2014, 1075, 1076). für die nicht rechtzeitige übergabe des prospektes ist der anleger darlegungs- und beweisbelastet (bgh njw-rr 2006, 1345, 1346). 29a.) 30die beklagte hat dem kläger im streitfall den prospekt rechtzeitig übergeben. gemäß § 138 abs. 3 zpo ist das vorbringen der beklagten als zugestanden anzusehen, den prospekt etwa eine woche vor dem beratungsgespräch vom 14.11.2007 übergeben zu haben. der für das gegenteil darlegungsbelastete kläger (vgl. bgh njw-rr 2006, 1345, 1346) hat das vorbringen der beklagten mit nichtwissen bestritten. das bestreiten mit nichtwissen ist vorliegend aber gemäß § 138 abs. 4 zpo unzulässig. es ist gegenstand der eigenen wahrnehmung des klägers gewesen, ob er den prospekt erhalten hat oder nicht. die übergabe etwa eine woche vor dem beratungsgespräch ist rechtzeitig gewesen. entgegen der auffassung des klägers ist es nicht nötig, eine mindestfrist von zwei wochen einzuhalten. für eine analoge anwendung der zweiwochenfrist des § 17 abs. 2a s. 2 nr. 2 beurkg ist mangels gesetzeslücke kein raum. anders als im beurkundungsverfahren hat der gesetzgeber für eine derartige frist bei der anlageberatung keinen bedarf gesehen. dies zeigt sich darin, dass die gesetze zur prospektpflicht bei wertpapieren, einschließlich des nunmehr umfassend kodifizierten kagb keine entsprechende frist vorsehen (vgl. § 306 kagb). maßgebend ist daher allein, ob der prospektinhalt innerhalb der frist zur kenntnis hätte genommen werden können. eine frist von etwa einer woche ist dabei für den vorliegenden prospekt ausreichend. grundsätzlich ist ein zeitraum von 4 tagen ausreichend, um sich mit dem inhalt eines wertpapierprospektes vertraut zu machen (vgl. olg brandenburg bkr 2014, 345, 350/351). dies gilt insbesondere dann, wenn der anleger in dem beratungsgespräch, welches der prospektübergabe folgt, gegenüber dem berater nicht äußert, nicht genügend zeit gehabt zu haben, um den prospekt zu lesen. dass der kläger derartiges gegenüber dem bankberater l habe verlauten lassen, behauptet er nicht einmal selbst. dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob der unterschrift des klägers unter die empfangsbestätigung: „ich/wir bestätige/n, dass ich/wir den beteiligungsprospekt […] erhalten habe/n und ausreichende gelegenheit zur kenntnisnahme gehabt habe/n.“, rechtswirkungen beizumessen sind. jedenfalls ergibt sich daraus nicht, dass die übergabe erst im rahmen des beratungsgespräches erfolgt wäre. dies ergibt sich aus dem folgenden satz der empfangsbestätigung: „ferner bestätige/n ich/wir, heute einen durchschlag dieser beitrittserklärung mit widerrufsbelehrung erhalten zu haben.“ anders als die bestätigung zum erhalt der beitrittserklärung enthält die bestätigung für den erhalt des prospektes gerade nicht das wort „heute“. 31zwar kann auch die beklagte als beraterin bei der verwendung eines fehlerhaften prospektes eine haftungspflicht treffen. ein anlageberater ist zu mehr als nur zu einer plausibilitätsprüfung verpflichtet (vgl. bgh njw-rr 2011, 329). in bezug auf das anlageobjekt hat sich seine beratung auf diejenigen eigenschaften und risiken zu beziehen, die für die jeweilige entscheidung wesentliche bedeutung haben oder haben können. er muss deshalb eine anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem sachverstand prüfen oder den kunden auf ein diesbezügliches unterlassen hinweisen. ein berater, der sich in bezug auf eine bestimmte anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle informationen über das objekt zu verschaffen, das er empfehlen will. derjenige anlageberater, der den anlageinteressenten durch übergabe eines fehlerhaften anlageprospekts berät oder und den prospekt zur grundlage seiner mündlichen beratung macht, hat den anleger falsch beraten (bgh bkr 2009, 471). die pflichtverletzung des anlageberaters steht dann aufgrund der übergabe des falschen prospektes fest und entfällt nur dann, wenn er diesen fehler im beratungsgespräch berichtigt hat (bgh bkr 2009, 471). 32allerdings ist der hier streitgegenständliche fondsprospekt nicht fehlerhaft. der prospekt über ein beteiligungsangebot ist für einen beitrittsinteressenten im allgemeinen die einzige unterrichtungsmöglichkeit und hat den anleger über alle umstände, die für seine entschließung von wesentlicher bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (bgh njw-rr 2008, 1365, 1366). dazu gehört eine aufklärung über umstände, die den vertragszweck vereiteln oder den vom anleger verfolgten zweck gefährden können (bgh njw-rr 2008, 1365, 1366). ob ein prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen einzeltatsachen, sondern nach dem gesamtbild zu beurteilen, das er von den verhältnissen des unternehmens vermittelt (bgh njw-rr 2008, 1365, 1366). dabei dürfen die prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende lektüre des prospekts bei den anlegern voraussetzen (bgh njw-rr 2008, 1365, 1366). 33der prospekt der streitgegenständlichen anlage genügt den oben dargestellten anforderungen. 34der prospekt klärt den anleger über die eingeschränkte fungibilität der fondsanteile hinreichend auf. zu den umständen, auf die ein anlageberater hiernach hinzuweisen hat, gehört insbesondere die in ermangelung eines entsprechenden markts fehlende oder sehr erschwerte möglichkeit, eine kommanditbeteiligung an einem fotovoltaikfonds zu veräußern. die praktisch fehlende aussicht, eine solche beteiligung zu angemessenen konditionen verkaufen zu können, ist ein umstand, der für den durchschnittlichen anleger für seine anlageentscheidung von erheblicher bedeutung ist. die bedingungen, zu denen ein anleger auch auf langfristig festgelegtes geld vorzeitig zurückgreifen kann, sind typischerweise ein wesentliches element seiner investitionsentscheidung. dies gilt grundsätzlich auch für langfristige anlagen, da auch in diesen fällen ein vorzeitiges bedürfnis entstehen kann, die festgelegten vermögenswerte liquide zu machen, wie etwa bei arbeitslosigkeit, kurzarbeit, krankheitsbedingtem verlust der erwerbsfähigkeit oder auch nur bei einer änderung der anlageziele (vgl. bgh, urteil vom 19.11.2009, az.: iii zr 169/08, juris-rn. 20). die die fungibilität betreffenden hinweise auf seite 11/12 und seite 26 des prospektes (bl. 23/24 ga und bl. 38 ga) sind ausreichend. es genügt, wenn ein verständiger anleger den hinweisen entnehmen kann, dass die anteilsverwertung praktischen schwierigkeiten begegnen kann, weil marktmechanismen (noch) nicht vorhanden sind, die den abschluss solcher geschäfte einschließlich der bildung angemessener preise erleichtern (bgh bkr 2014, 504, 506). vorliegend weist der prospekt auf seite 11/12 ausdrücklich darauf hin, dass die freie handelbarkeit der anteile eingeschränkt ist, weil kein geregelter zweitmarkt besteht. dieser hinweis wird auf seite 26 des prospekts wiederholt und dahingehend vertieft, dass es nur einen eingeschränkten markt gebe, so dass die veräußerung unmöglich oder zumindest mit erheblichen schwierigkeiten verbunden sein könne und ggf. nur unter inkaufnahme von entsprechenden wertverlusten möglich sei. diese hinweise sind ausreichend (vgl. bgh bkr 2014, 504, 506). der anlageinteressent kann ihnen zweifelsfrei entnehmen, die beteiligung gerade nicht problemlos veräußern zu können. 35der prospekt klärt hinreichend über die verlustrisiken der kapitalanlage auf. bereits unter ziffer 1 auf seite 19 des prospektes (bl. 31 ga) wird ausgeführt, dass es sich um eine „unternehmerische beteiligung“ handelt. schon dieser hinweis wäre im hinblick auf den kläger grundsätzlich ausreichend gewesen. als (ehemaligem) gesellschafter-geschäftsführer einer gmbh musste ihm klar sein, dass im grundsatz jede unternehmerische beteiligung ein totalverlustrisiko birgt. dieses wissen kam dem kläger auch durch die übertragung der gmbh-anteile auf seinen sohn nicht abhanden. doch kann dies vorliegend dahinstehen. der prospekt führt ebenfalls unter ziffer 1 auf seite 19 (bl. 31 ga) ausdrücklich auf, es bestehe „das risiko des totalverlusts des eingezahlten kapitals“. dieser hinweis ist selbst dann eindeutig und unmissverständlich, wenn man den begriff der „unternehmerischen beteiligung“ nicht versteht. 36dem prospekt lässt sich eindeutig entnehmen, dass die fotovoltaikanlagen nicht nur in deutschland, sondern auch in spanien vom fonds errichtet und betrieben werden. schon im vorwort auf seite 6 des prospekts (bl. 18 ga) wird ausgeführt: „diese anlagen werden […] in deutschland und spanien errichtet.“ dies setzt sich auf seite 11 des prospekts (bl. 23 ga) fort, man wolle „ca. 40 photovoltaik-anlagen in deutschland und spanien“ erwerben, an zahlreichen stellen des prospekts werden rechtliche und steuerliche grundlagen in deutschland und spanien erläutert. seite 17 des prospektes (bl. 29 ga) enthält eine auflistung der standorte der fertiggestellten, im bau befindlichen und geplanten anlagen. diese unmissverständlichen hinweise können einem aufmerksamen leser des prospekts nicht entgangen sein. 37der prospekt klärt auf seite 13 (bl. 25 ga) auch zuverlässig darüber auf, dass die „unternehmensgruppen b nord und b süd als verpächter des großteils der dachflächen [auftreten]. mit ausnahme der in den pachtverträgen vereinbarten pflichten übernehmen die verpächter keine verantwortung für den erfolg des fonds.“ diese angaben sind unstreitig zutreffend. sie sind auch eindeutig. 38gleichfalls klärt der prospekt zutreffend über die rechtlichen grundlagen der einspeisevergütungen für strom aus sonnenenergie nach dem deutschen eeg und dem spanischen einspeisegesetz (real decreto 661/2007) auf. insbesondere wird auf seite 13 (bl. 25 ga) und 40 (bl. 52 ga) des prospekts ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach dem eeg die einspeisevergütung jedes jahr für neu ans netz gehende anlagen um 5 % reduziert wird. über die regelungen des real decreto 661/2007 wird gleichfalls auf seite 40 des prospekts aufgeklärt. auf seite 21 des prospekts (bl. 33 ga) wird darüber aufgeklärt, dass das risiko besteht, der deutsche und der spanische gesetzgeber könnten die einspeisevergütung herabsetzen oder abschaffen, was die rentabilität des fonds beeinträchtigen könne. dass dies bei verspäteter fertigstellung von fotovoltaikanlagen zu einbußen führen kann, wird auf seite 19/20 (bl. 31/32 ga) des prospekts unter ziffer 2.2 und 2.3 hinreichend erläutert. im prospekt wird stets deutlich ersichtlich, dass die dort angestellten ertragsberechnungen nur prognosen sind. dass eine prognose gerade keine gewissheit zu vermitteln vermag, ergibt sich aus der natur der sache und ist nicht gesondert aufklärungsbedürftig. dass die prognoseberechnungen ex ante unvertretbar gewesen wären, ist nicht ersichtlich. 39über die laufzeit der anlage klärt der prospekt auf seite 70/71 (bl. 82/83) zutreffend und eindeutig auf. 40b.) 41ein beratungsfehler der beklagten ergibt sich auch nicht daraus, dass sie die im prospekt zutreffend dargestellten umstände im beratungsgespräch am 14.11.2007 verfälscht hätte. ein rechtzeitig übergebener, zutreffend aufklärender prospekt ist kein freibrief für den anlageberater, risiken abweichend darzustellen und mit seinen erklärungen ein bild zu zeichnen, welches die hinweise im prospekt entwertet oder für die entscheidungsbildung des anlageinteressenten mindert (bgh njw-rr 2007, 1690, 1691). dass der bankberater l im gespräch am 14.11.2007 derartige angaben gemacht hätte, legt der insoweit darlegungs- und beweisbelastete kläger nicht dar. 42soweit der kläger ausführt, der bankberater l habe mündlich zu bestimmten punkten keine angaben gemacht, ist dieses vorbringen unerheblich. angesichts des rechtzeitig übergebenen und zutreffend aufklärenden prospekts waren weitere mündliche erläuterungen im grundsatz entbehrlich. dass der kläger den berater l um mündliche erläuterungen gebeten hat, weil er bestimmte stellen des prospekts nicht verstanden habe, behauptet der kläger selbst nicht. nicht erfolgte mündliche erläuterungen zeichnen grundsätzlich auch kein vom prospekt abweichendes bild der anlage. 43der berater l hat auch dann kein abweichendes bild vom anlageprospekt gezeichnet, wenn er gesagt hat, die anlage sei seriös. um ein betrügerisches anlagemodell handelt es sich vorliegend unstreitig nicht. mag das geschäftsmodell des fonds bislang auch nicht die erwartete rendite erbracht haben, spricht dies nicht gegen dessen seriosität. nichts anderes ergibt sich aus dem hinweis, für die seriosität spreche auch die beteiligung der b-gruppe, die sich nicht auf unseriöse geschäfte einlasse. die b-gruppe ist als verpächter tatsächlich geschäftspartner des fonds. dass der erfolg der weltumspannenden b-gruppe eine gewisse gewähr dafür bietet, diese werde ihr gehörende flächen nicht an windige geschäftsleute verpachten, ist ebenfalls naheliegend. dass der berater l behauptet habe, die b-gruppe garantiere die stabilität oder die gewinne des fonds, behauptet auch der kläger nicht. abweichendes ergibt sich auch nicht aus der vom berater l angeblich getätigten äußerung, die anlage sei „sicher“. dies ist zum einen im zusammenhang der auch nach dem vorbringen des klägers getätigten äußerungen des beraters zu betrachten. daraus ergibt sich eindeutig, dass gerade keine absolute sicherheit der investition suggeriert wurde. zutreffend ist die angabe insoweit, als dass die gesetzlich garantierten einspeisevergütungen das geschäftsmodell des streitgegenständlichen fonds im grundsatz kalkulierbarer – und damit „sicherer“ – als das geschäftsmodell eines unternehmens machen, das sich auf einem freien markt bewegt, der nur dem marktwirtschaftlichen gesetz von angebot und nachfrage unterliegt. dass es – trotz der einspeisevergütungen – keine gesetzlich garantierten unternehmensgewinne geben kann, war dem kläger bewusst. jede andere annahme wäre bei einem langjährigen gmbh-geschäftsführer lebensfremd. jeder unternehmer weiß, dass garantierte preise allenfalls zu sicheren betriebseinnahmen, aber nicht zu sicheren gewinnen führen können, weil gewinn nun einmal die differenz zwischen betriebseinnahmen und betriebsausgaben ist. garantierte preise haben aber auf die ausgaben eines unternehmens keinen einfluss. dementsprechend kann dahinstehen, ob der bankberater l die vorgenannten äußerungen tatsächlich so getätigt hat. 44selbst wenn man – anders als die kammer – davon ausginge, der kläger habe dargetan, dass die beklagte durch den berater l im gespräch am 14.11.2007 die inhalte des prospektes mündlich verzerrend und entstellend dargestellt habe, so wäre der insoweit nicht nur darlegungs-, sondern auch beweisbelastete kläger zumindest beweisfällig geblieben. er hat nicht ordnungsgemäß beweis angetreten. der kläger hat nur seine eigene informatorische anhörung nach § 141 zpo bzw. seine eigene vernehmung als partei als beweis angeboten. die vernehmung des klägers als partei gemäß § 447 zpo kommt nicht in betracht, weil die beklagte dem widersprochen hat. das angebot der eigenen anhörung/vernehmung nach § 141 zpo/§ 448 zpo ist auch unter berücksichtigung der „vieraugengespräch-rechtsprechung“ kein hinreichender beweisantritt. diese bestimmt lediglich, dass zum zwecke der prozessualen waffengleichheit und um einen lauteren prozess und wirkungsvollen rechtsschutz zu gewährleisten, der partei eines vieraugengesprächs gelegenheit gegeben wird, ihre darstellung des gesprächs in den prozess persönlich einzubringen und gemäß § 448 zpo zu vernehmen oder gemäß § 141 zpo persönlich anzuhören ist, wenn der zeuge dem „lager der gegenpartei“ angehört (vgl. bgh njw 2010, 3292, 3293; egmr njw 1995, 1413, 1414). diese rechtsprechung soll lediglich eine konventionsfreundliche auslegung der zivilprozessualen vorschriften gewährleisten, die art. 6 abs. 1 emrk nicht verletzt. der europäische gerichtshof für menschenrechte hat in seinem urteil vom 27.10.1993 ausdrücklich ausgeführt, dass er nicht dazu berufen ist, allgemein zu entscheiden, ob es zulässig ist, die zeugenaussage einer partei gesetzlich auszuschließen (egmr njw 1995, 1413, rn. 31), sondern lediglich prüfe, ob die konkrete handhabung der pflicht eines lauteren verfahrens durch eine lautere anhörung zum zwecke der prozessualen waffengleichheit genüge (egmr njw 1995, 1413, rn. 32/33). demgemäß besteht für die gerichte nur die pflicht, die partei ebenfalls anzuhören und nicht nur den „im lager der gegenseite“ stehenden zeugen. dies enthebt die partei aber nicht, überhaupt einen ordnungsgemäßen beweis im sinne der zpo anzutreten. damit hätte der kläger den bankberater l als zeugen benennen müssen. diesen als zeugen zu benennen ist ihm nicht unzumutbar, auch wenn der zeuge l mitarbeiter der beklagten ist. es gibt keinen gesicherten erfahrungssatz, dass ein bankangestellter von vornherein geneigt sein könnte, einen falschen sachverhalt zur eigenen rechtfertigung und zum nachteil eines kunden zu konstruieren (olg düsseldorf, beschluss vom 03.04.2014, az.: 14 u 144/13, seite 3). es gibt überdies keine beweisregel, dass in derartigen konstellationen den bekundungen der partei stets der vorrang einzuräumen wäre (olg düsseldorf, beschluss vom 05.11.2013, az.: 14 u 40/13, seite 7; nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch bgh, beschluss vom 25.09.2014, az.: iii zr 511/13). 45ii. 46mangels hauptanspruchs hat der kläger auch keinen anspruch auf rechtshängigkeitszinsen nach § 291 bgb oder den ersatz entgangenen gewinns in höhe von 2 % per annum nach §§ 249, 252 bgb. es besteht mangels hauptanspruchs ebenfalls kein anspruch auf ersatz außergerichtlicher kosten für die behauptete beratung und vertretung durch die verbraucherzentrale. dementsprechend kann offenbleiben, ob kosten für die rechtliche beratung und vertretung durch eine verbraucherzentrale überhaupt nach § 249 bgb ersatzfähige „erforderliche und zweckmäßige“ rechtsverfolgungskosten sein können. 47iii. 48die kostenentscheidung beruht auf § 91 zpo. 49iv. 50die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 709 zpo. 51streitwert: 30.900,- € 52rechtsbehelfsbelehrung zur streitwertfestsetzung: 53gegen die streitwertfestsetzung ist die beschwerde an das landgericht kleve statthaft, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,- € übersteigt. die beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem landgericht kleve, schloßberg 1 (schwanenburg), 47533 kleve, schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann die beschwerde noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 54(unterschriften) | Verklagte*r | 0 |
116,350 | 3 O 164/13 | 2016-11-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der 1933 geborene Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Feststellung wegen angeblich fehlerhafter ärztlicher Behandlung geltend. 3Am 10.12.2009 fand sich der Kläger -dem bereits im Jahr 2008 eine Hüftgelenksprothese rechts eingesetzt worden war- erstmals in der Ambulanz im Haus der Beklagten zu 1) wegen Beschwerden in der linken Hüfte ein. Am 11.10.2010 setzte der Beklagte zu 2) dem Kläger im Hause der Beklagten zu 1) ein künstliches Hüftgelenk linksseitig ein. Eine am 17.03.2010 durchgeführte Punktion des linken Hüftgelenks ergab einen Befall mit Bazillus subtilis. Daraufhin wurde am 23.03.2010 das am 11.01.2010 eingesetzte Hüftgelenk wieder entfernt. Der Kläger war sodann für die Dauer von drei Monaten nicht mit einer Hüftgelenksprothese versorgt. Am 15.06.2010 wurde erneut ein künstliches Hüftgelenk linksseitig durch den Beklagten zu 2) im Hause der Beklagten zu 1) eingebracht. Am 01.06.2011 wurde an der Universitätsklinik C eine Revisionsoperation durchgeführt, bei welcher das durch den Beklagten zu 2) implantierte Hüftgelenk ausgetauscht wurde. 4Mit Schreiben vom 03.08.2012 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeld i.H.v. 60.000 € bis zum 20.08.2012 auf. 5Der Kläger wirft den Beklagten grobe Behandlungsfehler vor. Die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks sei bereits nicht indiziert gewesen. Bei der Operation vom 11.01.2010 seien die erforderlichen Hygiene-und Sterilitätsmaßnahmen nicht eingehalten worden. Auf die bakterielle Infektion des linken Hüftgelenks sei nicht rechtzeitig und zielgerichtet reagiert worden. Am 23.03.2010 sei statt der Explantation der Hüftgelenksprothese ein einseitiges Verfahren indiziert gewesen. Schließlich habe der Beklagte zu 2) bei der Operation am 15.06.2010 die modularen Endprothesenschaftteile der Hyperion-Endoprothese nicht regelrecht miteinander verspannt. Außerdem sei das Implantat 2 cm zu kurz gewählt worden. Ferner sei er sowohl vor dem Eingriff am 08.01.2010 als auch vor dem Eingriff am 14.06.2010 nicht über die Risiken der anstehenden Implantation aufgeklärt worden. 6Aufgrund des Behandlungsfehlers leide er unter einer schmerzhaften Muskel-und Weichteildystrophie links, einer hochgradigen Muskelatrophie im linken Ober-und Unterschenkel mit Funktionseinbußen, Narbenbeschwerden in der linken Glutealregion und im linken Oberschenkel, einer fast vollständigen Aufhebung der Fortbewegungsmöglichkeit durch Belastungsschmerz und Beugekontraktur im linken Hüftgelenk, hochgradiger Insuffizienz der Glutealmuskulatur links nach TEP-Lockerung und Girdelstone-Zustand, Dauer-und Ruheschmerzen. Schließlich sei außerhalb des Hauses rollstuhlpflichtig, langes Sitzen sei ihm nicht möglich. 7Mit der Klage verlangt der Kläger neben der Zahlung eines Schmerzensgeldes, dass er seiner Höhe nach in das Ermessensgericht stellt, welches einen Betrag von 60.000 € jedoch nicht unterschreiten sollte, die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich aller materiellen und immateriellen Schäden der Vergangenheit und Zukunft. 8Der Kläger beantragt, 91. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn aus der fehlerhaften Behandlung ab Januar 2010 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 60.000 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2108.2012, 102. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm alle künftigen immateriellen sowie alle vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihm infolge der fehlerhaften Behandlung ab Januar 2010 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden. 11Die Beklagten beantragen, 12die Klage abzuweisen. 13Sie bestreiten eine nicht lege artis erfolgte Behandlung. Ein einseitiges Verfahren sei nicht infrage gekommen. Sämtliche geltende Hygiene-und Sterilitätsanforderungen seien eingehalten worden. Eine etwa aufgetretene Infektion sei schicksalhaft. Die Hüftgelenksprothese sei ordnungsgemäß montiert worden. 14Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher und mündlicher Sachverständigengutachten des Herrn Professor Dr. Q sowie die Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird aus das Gutachten des Sachverständigen Professor Dr. Q nebst mündlicher Erläuterung verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. 17Dem Kläger steht gegen keinen der Beklagten ein Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz - weder aus dem Gesichtspunkt schuldhafter Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) noch wegen einer unerlaubten Handlung (§ 823 BGB) - zu. 18Die Beweisaufnahme hat einen relevanten Behandlungsfehler nicht ergeben. Dies geht zu Lasten des Klägers. 19Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Voraussetzung zur Implantation einer Hüft-TEP in Zusammenschau der klinischen und radiologischen Befunde gegeben war. Die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks in die linke Hüfte sei indiziert gewesen. 20Der vorgelegte Hygieneplan der Beklagten zu 1) habe dem allgemein medizinischen Standard entsprochen. Weiterhin seien aus den Behandlungsunterlagen keine Hinweise zu gewinnen, welche das Nicht-Einhalten der oben genannten Maßnahmen als wahrscheinlich erkennen lassen würden. Eindeutige beziehungsweise dokumentierte Hinweise hierauf würden sich nicht ergeben. Alleine der einmalige Nachweis eines Bakteriums in der Punktion am 17.03.2010 stelle keinen entsprechenden Hinweis dar, denn die Wertigkeit einer präoperativen Punktion sei für die Diagnostik einer periprothetischen Infektion alleine nicht aussagekräftig genug. Da bei der Revisionsoperation am 23.03.2010 mehrere Gewebeproben entnommen worden seien, welche allesamt keine Bakterienbesiedlung gezeigt hätten, dürfe die zunächst vermutete bakterielle Infektion des Implantates bei retrograder Betrachtungsweise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als ausgeschlossen gelten. Wahrscheinlicher sei eine Verunreinigung der Punktion durch den Hautkeim Bacillus subtilis. Das bei dem Kläger bestehende Beschwerdebild könne sich auch durch eine aseptische Lockerung des Schaftes erklären. 21Da schon keine bakterielle periprothetische Infektion vorgelegen hat, kommt ein hieran anschließender Behandlungs -oder Befunderhebungsfehler der Beklagten nicht in Betracht. 22Der Sachverständige führt außerdem ergänzend aus, dass, auch wenn intraoperativ Proben aus dem OP Gebiet entnommen worden wären, um eine Infektion festzustellen – was hier nicht geschehen ist –auch bei mehreren Proben eine Grauzone von 5-10 % bestünde, das trotz negativer Probenergebnisse eine septische Lockerung vorliege. Vor diesem Hintergrund wäre es auch dann, wenn mehrere Proben entnommen worden wären und diese keine bakterielle Infektion ergeben hätten, vertretbar gewesen, wie geschehen abzuwarten. Es bestehe dann eine größere Chance auf Ausheilung. 23Auch der Beweis eines behandlungsfehlerhaften operativen Vorgehens gelingt dem Kläger nicht. 24Der Sachverständige hat ausgeführt, dass eine eindeutige Indikation bzw. Überlegenheit des einseitigen Verfahrens gegenüber dem zweizeitigen Verfahren nicht bestehe. Gegen den einseitigen Wechsel im vorliegenden Fall spreche, dass nach Ausbau der Pfanne bereits ein Defekt im Bereich des Pfannenbodens beschrieben war. Würde hier eine zementierte Pfanne gesetzt werden, müsse bei teilinsuffizienter knöcherner Situation mit einer mittelfristig bis langfristig vorzeitigen Lockerung gerechnet werden. 25Die Prothese sei ebenfalls nicht 2 cm zu kurz eingebracht worden. Der Sachverständige hat zwar angegeben, dass in dem ihm vorliegenden Röntgenbild eine Längenabweichung von ca. 1 cm vorliegen würde. Einen Behandlungsfehler kann er hier aber dennoch nicht feststellen. Dies selbst dann nicht, wenn tatsächlich eine Längenabweichung von 2 cm vorgelegen hätte. Bei einer Revisionsoperation, wie sie bei dem Kläger stattgefunden hat, sei eine Längendifferenz von 2 cm durchaus üblich, eine genauere Abstimmung der Prothetik sei nicht möglich. Eine entsprechende Längenabweichung sei nicht unüblich und entspreche noch dem Facharztstandard. Erst bei einer Längenabweichung von 4-5 cm würde man sich in einem Bereich bewegen, der einem Behandlungsfehler zuzuordnen wäre. 26Die vorstehend wiedergegebenen gutachterlichen Feststellungen konnte die Kammer ihrer Entscheidung uneingeschränkt zugrundelegen. Hierbei hat sie zunächst berücksichtigt, dass die fachliche Kompetenz des Sachverständigen unter keinem Gesichtspunkt in Zweifel gezogen werden kann. Der beauftragte Gutachter bezieht seine Fachkunde nicht nur aus seiner langjährigen ärztlichen und wissenschaftlichen Tätigkeit, sondern ist überdies umfassend erfahrene Gerichtsgutachter. Hinzu kommt, dass der Sachverständige das von ihm Festgestellte überzeugend und nachvollziehbar zu erläutern vermocht und alle Rückfragen in jedem einzelnen Fall verständlich und präzise beantwortet hat. Die Grundlagen seiner Erkenntnisse, insbesondere die eingesehenen vollständigen ärztlichen Behandlungsunterlagen nebst der Ergebnisse bildgebender Verfahren hat der Gutachter durchgängig kenntlich gemacht und im einzelnen verdeutlicht, aus welchem Grund die vorhandenen Anknüpfungstatsachen jeweils zu den gefundenen Ergebnissen geführt haben. Mängel der Begutachtung sind hiernach unter keinem Aspekt erkennbar, so dass sich die Kammer den Ausführungen des Sachverständigen in vollem Umfang anschließt. 27Der von dem Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 08.09.2014 mit Blick auf die gutachterlichen Feststellungen beantragten Einholung eines weiteren Gutachtens bedurfte es demgegenüber nicht. 28Die Voraussetzungen des § 412 Abs. 1 ZPO, unter denen das Gericht eine neue Begutachtung anzuordnen hat, liegen nicht vor. Denn nach dieser Gesetzesbestimmung kommt eine weitere Begutachtung nur in Betracht, soweit das Gericht ein Gutachten als ungenügend erachtet. Dies ist – wie ausgeführt – nicht der Fall. Der Sachverständige Prof. Dr. Q hat sich mit allen gegen das Ergebnis seines Gutachtens vom Kläger erhobenen Einwendungen ausführlich auseinandergesetzt. Umstände, aufgrund derer die sorgfältig begründeten Schlussfolgerungen dieses Sachverständigen in Zweifel zu ziehen sein sollten, trägt der Kläger nicht vor. 29Dem Kläger ist auch der Beweis nicht gelungen, dass der Beklagte zu 2) bei der Operation am 05.06.2010 die modularen Endoprothesenschaftteile nicht regelrecht miteinander verspannt hat. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Sachverständige zu dem Schluss kommt, die Tatsache, ob die Verspannung der Montageanleitung entsprechend und somit regelrecht erfolgt ist, lasse sich dem Operationsbericht nicht entnehmen. Zwar sei -so der Sachverständige, dem die Kammer auch insoweit folgt- grundsätzlich ausreichend, dass der Beklagte zu 2) in seinem OP Bericht ausführt, dass er Schaftteil und Halsteil gekoppelt in den Oberschenkel eingebracht hat. Das Wort gekoppelt bedeute mehr als bloßes Aufeinanderstecken. Dies sei jedoch nicht geschehen. Die Dokumentation reicht nach Angaben des Sachverständigen nicht aus um klar festzustellen, dass entsprechend der Montageanleitung des Herstellers, mithin fehlerfrei montiert wurde. Der Beklagte zu 2) hätte zumindest das Wort verspannen statt der Formulierung gekoppelt verwenden müssen. Das Wort gekoppelt spreche nur dafür, dass zwei Teile miteinander verbunden worden seien, es lasse jedoch nicht darauf schließen, wie genau die Verbindung stattgefunden habe. Sekundäre Lockerungen des Halsteils bei ordnungsgemäß verspannten Teilen seien so selten, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, dass dem Beklagten zu 2) ein Fehler bei dem Verspannen von Kopfteilen und Schaffteil unterlaufen sei. Aber auch ein technisches Versagen könne nicht sicher ausgeschlossen werden. Gleichwohl geht die Kammer nicht von einem Montagefehler aus. 30Zwar führt der von dem Sachverständigen festgestellte Dokumentationsmangel zu der widerleglichen Vermutung, dass die nicht hinreichend dokumentierte Maßnahme tatsächlich unterblieben ist. Die Vermutung kann jedoch durch den Behandler widerlegt werden (BGH NJW 1986, 1362), insbesondere durch die Zeugenaussagen der am Eingriff beteiligten Ärzte (OLG Köln, Urteil vom 14.11.2001-5 U232/99). Dies gilt erst recht für die Interpretation einer verkürzten oder unvollständigen Dokumentation (OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.01.2006-7U 36 / 05). Die entsprechende Widerlegung der Vermutung ist den Beklagten gelungen. 31Der Zeuge T hat insoweit bekundet, dass er zwar keine konkreten Erinnerungen an die Operation des Klägers habe, er sei jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum im Operationsteam des Beklagten zu 2) tätig gewesen. Er habe mit dem Beklagten zu 2) zusammen etliche solcher Eingriffe durchgeführt, nämlich in den Jahren 2007-2010 arbeitstäglich. Die Verschraubung der Prothetik sei immer durch den Operateur, in diesem Fall den Beklagten zu 2) erfolgt. Die Verschraubung habe immer auf dieselbe Art und Weise stattgefunden. Zunächst sei das Kopplungselement aufgebracht worden. Im Anschluss sei so lange eine Verblockung erfolgt, bis es zu dem gewünschten Bolzenbruch gekommen sei. Dann sei die Prothese fest verblockt gewesen. 32Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Dem steht zunächst nicht entgegen, dass der Zeuge keine konkrete Erinnerung an die Operation des Klägers mehr hatte. Angesichts der Vielzahl von Behandlungen, die Ärzte täglich führen, kann nicht erwartet werden, dass sich ein Arzt an jeden einzelnen Patienten sowie das konkrete operative Vorgehen erinnert. Auch wenn der Arzt erklärt, ihm sei die strittige Behandlung nicht im Gedächtnis geblieben, darf das Gericht den Angaben des Arztes glauben, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und „einiger“ Beweis für ein behandlungsfehlerfreies Vorgehen erbracht ist (vgl. zum Aufklärungsfehler BGH vom 8.1.1985, Az. BGH Aktenzeichen VIZR1583 VI ZR 15/83). Der Zeuge konnte den Verspannungsvorgang der Prothetik detailreich erläutern. Seine Angaben decken sich insoweit ebenfalls mit den Angaben des Beklagten zu 2), die dieser im Rahmen seiner informatorischen Anhörung gemacht hat. Für die Glaubhaftigkeit der Aussage spricht ebenfalls, dass der Zeuge bekundet hat, sich im Vorfeld die Unterlagen zu der streitgegenständlichen Operation nicht noch einmal angeschaut zu haben. Auch besteht kein berufliches Näheverhältnis zu einem der Beklagten mehr, da der Zeuge unterdessen weder im Hause der Beklagten zu 1) tätig ist noch mit dem Beklagten zu 2) zusammenarbeitet. 33Auf die Vernehmung der ebenfalls zu der streitigen Behauptung der ordnungsgemäßen Verspannung der Prothese benannten Zeugin B haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 20.10.2016 verzichtet. 34Ist vom Vorliegen eines Behandlungsfehlers somit nicht auszugehen, so haften die Beklagten dem Kläger auch nicht wegen einer Verletzung von Aufklärungspflichten, schon weil sich der Kläger weder vor dem Eingriff am 08.01.2010 noch vor dem Eingriff vom 22.03.2010 und vom 14.06.2010 in einem Entscheidungskonflikt befunden hat. 35Ein solcher ist bereits deshalb zu verneinen, weil sich der Kläger in Kenntnis des Risikos einer Pfannenlockerung am 15.06.2010 im Hause der Beklagten und sodann am 01.06.2011 anderenorts erneut der Implantation einer Hüftgelenksprothese unterzogen hat. Dass den Kläger aber selbst das – wiederholte – Erleben einer Pfannenlockerung mit der Folge einer Revisionsoperation nicht davon abgehalten hat, sich dem entsprechenden Eingriff nochmals zu unterziehen, schließt nach dem Dafürhalten der Kammer die Annahme aus, eine weitergehende Risikoaufklärung hätte den Kläger von der Operation Abstand nehmen lassen. Erst recht gilt das, weil der Kläger – informatorisch angehört – mit Blick auf den Eingriff vom 15.06.2010 angegeben hat, er hätte sich auch im Falle ausführlicherer Aufklärung unter allen Umständen für die neuerliche Insertion einer Hüft-TEP entschieden. Der Eingriff vom 22.03.2010 war darüber hinaus den Ausführungen des Sachverständigen zur Folge alternativlos. 36Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 2 ZPO. 37Der Streitwert wird auf 90.000,00 € festgesetzt. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der 1933 geborene kläger macht gegen die beklagte einen anspruch auf schmerzensgeld und feststellung wegen angeblich fehlerhafter ärztlicher behandlung geltend. 3am 10.12.2009 fand sich der kläger -dem bereits im jahr 2008 eine hüftgelenksprothese rechts eingesetzt worden war- erstmals in der ambulanz im haus der beklagten zu 1) wegen beschwerden in der linken hüfte ein. am 11.10.2010 setzte der beklagte zu 2) dem kläger im hause der beklagten zu 1) ein künstliches hüftgelenk linksseitig ein. eine am 17.03.2010 durchgeführte punktion des linken hüftgelenks ergab einen befall mit bazillus subtilis. daraufhin wurde am 23.03.2010 das am 11.01.2010 eingesetzte hüftgelenk wieder entfernt. der kläger war sodann für die dauer von drei monaten nicht mit einer hüftgelenksprothese versorgt. am 15.06.2010 wurde erneut ein künstliches hüftgelenk linksseitig durch den beklagten zu 2) im hause der beklagten zu 1) eingebracht. am 01.06.2011 wurde an der universitätsklinik c eine revisionsoperation durchgeführt, bei welcher das durch den beklagten zu 2) implantierte hüftgelenk ausgetauscht wurde. 4mit schreiben vom 03.08.2012 forderten die prozessbevollmächtigten des klägers die beklagten zur zahlung eines schmerzensgeld i.h.v. 60.000 € bis zum 20.08.2012 auf. 5der kläger wirft den beklagten grobe behandlungsfehler vor. die implantation eines künstlichen hüftgelenks sei bereits nicht indiziert gewesen. bei der operation vom 11.01.2010 seien die erforderlichen hygiene-und sterilitätsmaßnahmen nicht eingehalten worden. auf die bakterielle infektion des linken hüftgelenks sei nicht rechtzeitig und zielgerichtet reagiert worden. am 23.03.2010 sei statt der explantation der hüftgelenksprothese ein einseitiges verfahren indiziert gewesen. schließlich habe der beklagte zu 2) bei der operation am 15.06.2010 die modularen endprothesenschaftteile der hyperion-endoprothese nicht regelrecht miteinander verspannt. außerdem sei das implantat 2 cm zu kurz gewählt worden. ferner sei er sowohl vor dem eingriff am 08.01.2010 als auch vor dem eingriff am 14.06.2010 nicht über die risiken der anstehenden implantation aufgeklärt worden. 6aufgrund des behandlungsfehlers leide er unter einer schmerzhaften muskel-und weichteildystrophie links, einer hochgradigen muskelatrophie im linken ober-und unterschenkel mit funktionseinbußen, narbenbeschwerden in der linken glutealregion und im linken oberschenkel, einer fast vollständigen aufhebung der fortbewegungsmöglichkeit durch belastungsschmerz und beugekontraktur im linken hüftgelenk, hochgradiger insuffizienz der glutealmuskulatur links nach tep-lockerung und girdelstone-zustand, dauer-und ruheschmerzen. schließlich sei außerhalb des hauses rollstuhlpflichtig, langes sitzen sei ihm nicht möglich. 7mit der klage verlangt der kläger neben der zahlung eines schmerzensgeldes, dass er seiner höhe nach in das ermessensgericht stellt, welches einen betrag von 60.000 € jedoch nicht unterschreiten sollte, die feststellung der ersatzpflicht hinsichtlich aller materiellen und immateriellen schäden der vergangenheit und zukunft. 8der kläger beantragt, 91. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn aus der fehlerhaften behandlung ab januar 2010 ein angemessenes schmerzensgeld zu zahlen, dessen höhe in das pflichtgemäße ermessen des gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 60.000 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 2108.2012, 102. festzustellen, dass die beklagten als gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm alle künftigen immateriellen sowie alle vergangenen und künftigen materiellen schäden, die ihm infolge der fehlerhaften behandlung ab januar 2010 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese ersatzansprüche nicht auf sozialversicherungsträger oder sonstige dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden. 11die beklagten beantragen, 12die klage abzuweisen. 13sie bestreiten eine nicht lege artis erfolgte behandlung. ein einseitiges verfahren sei nicht infrage gekommen. sämtliche geltende hygiene-und sterilitätsanforderungen seien eingehalten worden. eine etwa aufgetretene infektion sei schicksalhaft. die hüftgelenksprothese sei ordnungsgemäß montiert worden. 14die kammer hat beweis erhoben durch einholung schriftlicher und mündlicher sachverständigengutachten des herrn professor dr. q sowie die vernehmung von zeugen. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird aus das gutachten des sachverständigen professor dr. q nebst mündlicher erläuterung verwiesen. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes im übrigen wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 15 | 16die klage ist zulässig, aber nicht begründet. 17dem kläger steht gegen keinen der beklagten ein anspruch auf schmerzensgeld oder schadensersatz - weder aus dem gesichtspunkt schuldhafter vertragsverletzung (§ 280 abs. 1 bgb) noch wegen einer unerlaubten handlung (§ 823 bgb) - zu. 18die beweisaufnahme hat einen relevanten behandlungsfehler nicht ergeben. dies geht zu lasten des klägers. 19der sachverständige hat festgestellt, dass die voraussetzung zur implantation einer hüft-tep in zusammenschau der klinischen und radiologischen befunde gegeben war. die implantation eines künstlichen hüftgelenks in die linke hüfte sei indiziert gewesen. 20der vorgelegte hygieneplan der beklagten zu 1) habe dem allgemein medizinischen standard entsprochen. weiterhin seien aus den behandlungsunterlagen keine hinweise zu gewinnen, welche das nicht-einhalten der oben genannten maßnahmen als wahrscheinlich erkennen lassen würden. eindeutige beziehungsweise dokumentierte hinweise hierauf würden sich nicht ergeben. alleine der einmalige nachweis eines bakteriums in der punktion am 17.03.2010 stelle keinen entsprechenden hinweis dar, denn die wertigkeit einer präoperativen punktion sei für die diagnostik einer periprothetischen infektion alleine nicht aussagekräftig genug. da bei der revisionsoperation am 23.03.2010 mehrere gewebeproben entnommen worden seien, welche allesamt keine bakterienbesiedlung gezeigt hätten, dürfe die zunächst vermutete bakterielle infektion des implantates bei retrograder betrachtungsweise mit hinreichender wahrscheinlichkeit als ausgeschlossen gelten. wahrscheinlicher sei eine verunreinigung der punktion durch den hautkeim bacillus subtilis. das bei dem kläger bestehende beschwerdebild könne sich auch durch eine aseptische lockerung des schaftes erklären. 21da schon keine bakterielle periprothetische infektion vorgelegen hat, kommt ein hieran anschließender behandlungs -oder befunderhebungsfehler der beklagten nicht in betracht. 22der sachverständige führt außerdem ergänzend aus, dass, auch wenn intraoperativ proben aus dem op gebiet entnommen worden wären, um eine infektion festzustellen – was hier nicht geschehen ist –auch bei mehreren proben eine grauzone von 5-10 % bestünde, das trotz negativer probenergebnisse eine septische lockerung vorliege. vor diesem hintergrund wäre es auch dann, wenn mehrere proben entnommen worden wären und diese keine bakterielle infektion ergeben hätten, vertretbar gewesen, wie geschehen abzuwarten. es bestehe dann eine größere chance auf ausheilung. 23auch der beweis eines behandlungsfehlerhaften operativen vorgehens gelingt dem kläger nicht. 24der sachverständige hat ausgeführt, dass eine eindeutige indikation bzw. überlegenheit des einseitigen verfahrens gegenüber dem zweizeitigen verfahren nicht bestehe. gegen den einseitigen wechsel im vorliegenden fall spreche, dass nach ausbau der pfanne bereits ein defekt im bereich des pfannenbodens beschrieben war. würde hier eine zementierte pfanne gesetzt werden, müsse bei teilinsuffizienter knöcherner situation mit einer mittelfristig bis langfristig vorzeitigen lockerung gerechnet werden. 25die prothese sei ebenfalls nicht 2 cm zu kurz eingebracht worden. der sachverständige hat zwar angegeben, dass in dem ihm vorliegenden röntgenbild eine längenabweichung von ca. 1 cm vorliegen würde. einen behandlungsfehler kann er hier aber dennoch nicht feststellen. dies selbst dann nicht, wenn tatsächlich eine längenabweichung von 2 cm vorgelegen hätte. bei einer revisionsoperation, wie sie bei dem kläger stattgefunden hat, sei eine längendifferenz von 2 cm durchaus üblich, eine genauere abstimmung der prothetik sei nicht möglich. eine entsprechende längenabweichung sei nicht unüblich und entspreche noch dem facharztstandard. erst bei einer längenabweichung von 4-5 cm würde man sich in einem bereich bewegen, der einem behandlungsfehler zuzuordnen wäre. 26die vorstehend wiedergegebenen gutachterlichen feststellungen konnte die kammer ihrer entscheidung uneingeschränkt zugrundelegen. hierbei hat sie zunächst berücksichtigt, dass die fachliche kompetenz des sachverständigen unter keinem gesichtspunkt in zweifel gezogen werden kann. der beauftragte gutachter bezieht seine fachkunde nicht nur aus seiner langjährigen ärztlichen und wissenschaftlichen tätigkeit, sondern ist überdies umfassend erfahrene gerichtsgutachter. hinzu kommt, dass der sachverständige das von ihm festgestellte überzeugend und nachvollziehbar zu erläutern vermocht und alle rückfragen in jedem einzelnen fall verständlich und präzise beantwortet hat. die grundlagen seiner erkenntnisse, insbesondere die eingesehenen vollständigen ärztlichen behandlungsunterlagen nebst der ergebnisse bildgebender verfahren hat der gutachter durchgängig kenntlich gemacht und im einzelnen verdeutlicht, aus welchem grund die vorhandenen anknüpfungstatsachen jeweils zu den gefundenen ergebnissen geführt haben. mängel der begutachtung sind hiernach unter keinem aspekt erkennbar, so dass sich die kammer den ausführungen des sachverständigen in vollem umfang anschließt. 27der von dem kläger mit anwaltlichem schriftsatz vom 08.09.2014 mit blick auf die gutachterlichen feststellungen beantragten einholung eines weiteren gutachtens bedurfte es demgegenüber nicht. 28die voraussetzungen des § 412 abs. 1 zpo, unter denen das gericht eine neue begutachtung anzuordnen hat, liegen nicht vor. denn nach dieser gesetzesbestimmung kommt eine weitere begutachtung nur in betracht, soweit das gericht ein gutachten als ungenügend erachtet. dies ist – wie ausgeführt – nicht der fall. der sachverständige prof. dr. q hat sich mit allen gegen das ergebnis seines gutachtens vom kläger erhobenen einwendungen ausführlich auseinandergesetzt. umstände, aufgrund derer die sorgfältig begründeten schlussfolgerungen dieses sachverständigen in zweifel zu ziehen sein sollten, trägt der kläger nicht vor. 29dem kläger ist auch der beweis nicht gelungen, dass der beklagte zu 2) bei der operation am 05.06.2010 die modularen endoprothesenschaftteile nicht regelrecht miteinander verspannt hat. dieser annahme steht nicht entgegen, dass der sachverständige zu dem schluss kommt, die tatsache, ob die verspannung der montageanleitung entsprechend und somit regelrecht erfolgt ist, lasse sich dem operationsbericht nicht entnehmen. zwar sei -so der sachverständige, dem die kammer auch insoweit folgt- grundsätzlich ausreichend, dass der beklagte zu 2) in seinem op bericht ausführt, dass er schaftteil und halsteil gekoppelt in den oberschenkel eingebracht hat. das wort gekoppelt bedeute mehr als bloßes aufeinanderstecken. dies sei jedoch nicht geschehen. die dokumentation reicht nach angaben des sachverständigen nicht aus um klar festzustellen, dass entsprechend der montageanleitung des herstellers, mithin fehlerfrei montiert wurde. der beklagte zu 2) hätte zumindest das wort verspannen statt der formulierung gekoppelt verwenden müssen. das wort gekoppelt spreche nur dafür, dass zwei teile miteinander verbunden worden seien, es lasse jedoch nicht darauf schließen, wie genau die verbindung stattgefunden habe. sekundäre lockerungen des halsteils bei ordnungsgemäß verspannten teilen seien so selten, dass mit hinreichender wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, dass dem beklagten zu 2) ein fehler bei dem verspannen von kopfteilen und schaffteil unterlaufen sei. aber auch ein technisches versagen könne nicht sicher ausgeschlossen werden. gleichwohl geht die kammer nicht von einem montagefehler aus. 30zwar führt der von dem sachverständigen festgestellte dokumentationsmangel zu der widerleglichen vermutung, dass die nicht hinreichend dokumentierte maßnahme tatsächlich unterblieben ist. die vermutung kann jedoch durch den behandler widerlegt werden (bgh njw 1986, 1362), insbesondere durch die zeugenaussagen der am eingriff beteiligten ärzte (olg köln, urteil vom 14.11.2001-5 u232/99). dies gilt erst recht für die interpretation einer verkürzten oder unvollständigen dokumentation (olg karlsruhe, urteil vom 25.01.2006-7u 36 / 05). die entsprechende widerlegung der vermutung ist den beklagten gelungen. 31der zeuge t hat insoweit bekundet, dass er zwar keine konkreten erinnerungen an die operation des klägers habe, er sei jedoch im streitgegenständlichen zeitraum im operationsteam des beklagten zu 2) tätig gewesen. er habe mit dem beklagten zu 2) zusammen etliche solcher eingriffe durchgeführt, nämlich in den jahren 2007-2010 arbeitstäglich. die verschraubung der prothetik sei immer durch den operateur, in diesem fall den beklagten zu 2) erfolgt. die verschraubung habe immer auf dieselbe art und weise stattgefunden. zunächst sei das kopplungselement aufgebracht worden. im anschluss sei so lange eine verblockung erfolgt, bis es zu dem gewünschten bolzenbruch gekommen sei. dann sei die prothese fest verblockt gewesen. 32die aussage des zeugen ist glaubhaft. dem steht zunächst nicht entgegen, dass der zeuge keine konkrete erinnerung an die operation des klägers mehr hatte. angesichts der vielzahl von behandlungen, die ärzte täglich führen, kann nicht erwartet werden, dass sich ein arzt an jeden einzelnen patienten sowie das konkrete operative vorgehen erinnert. auch wenn der arzt erklärt, ihm sei die strittige behandlung nicht im gedächtnis geblieben, darf das gericht den angaben des arztes glauben, wenn seine darstellung in sich schlüssig und „einiger“ beweis für ein behandlungsfehlerfreies vorgehen erbracht ist (vgl. zum aufklärungsfehler bgh vom 8.1.1985, az. bgh aktenzeichen vizr1583 vi zr 15/83). der zeuge konnte den verspannungsvorgang der prothetik detailreich erläutern. seine angaben decken sich insoweit ebenfalls mit den angaben des beklagten zu 2), die dieser im rahmen seiner informatorischen anhörung gemacht hat. für die glaubhaftigkeit der aussage spricht ebenfalls, dass der zeuge bekundet hat, sich im vorfeld die unterlagen zu der streitgegenständlichen operation nicht noch einmal angeschaut zu haben. auch besteht kein berufliches näheverhältnis zu einem der beklagten mehr, da der zeuge unterdessen weder im hause der beklagten zu 1) tätig ist noch mit dem beklagten zu 2) zusammenarbeitet. 33auf die vernehmung der ebenfalls zu der streitigen behauptung der ordnungsgemäßen verspannung der prothese benannten zeugin b haben die beklagten mit schriftsatz vom 20.10.2016 verzichtet. 34ist vom vorliegen eines behandlungsfehlers somit nicht auszugehen, so haften die beklagten dem kläger auch nicht wegen einer verletzung von aufklärungspflichten, schon weil sich der kläger weder vor dem eingriff am 08.01.2010 noch vor dem eingriff vom 22.03.2010 und vom 14.06.2010 in einem entscheidungskonflikt befunden hat. 35ein solcher ist bereits deshalb zu verneinen, weil sich der kläger in kenntnis des risikos einer pfannenlockerung am 15.06.2010 im hause der beklagten und sodann am 01.06.2011 anderenorts erneut der implantation einer hüftgelenksprothese unterzogen hat. dass den kläger aber selbst das – wiederholte – erleben einer pfannenlockerung mit der folge einer revisionsoperation nicht davon abgehalten hat, sich dem entsprechenden eingriff nochmals zu unterziehen, schließt nach dem dafürhalten der kammer die annahme aus, eine weitergehende risikoaufklärung hätte den kläger von der operation abstand nehmen lassen. erst recht gilt das, weil der kläger – informatorisch angehört – mit blick auf den eingriff vom 15.06.2010 angegeben hat, er hätte sich auch im falle ausführlicherer aufklärung unter allen umständen für die neuerliche insertion einer hüft-tep entschieden. der eingriff vom 22.03.2010 war darüber hinaus den ausführungen des sachverständigen zur folge alternativlos. 36die prozessualen nebenentscheidungen haben ihre grundlage in §§ 91 abs. 1, 709 s. 1, 2 zpo. 37der streitwert wird auf 90.000,00 € festgesetzt. | Verklagte*r | 0 |
164,992 | 68 C 180/15 | 2015-06-08T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 490,99 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.03.2015 zu zahlen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 83,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.03.2015 zu zahlen. 3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen. 4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Gemäß §§ 313a, 495a ZPO ohne Tatbestand. 3Entscheidungsgründe: 4Die Klage ist zulässig. 5Nach der von der Beklagten selbst zitierten Rechtsprechung des BGH besteht für die Klage vorliegend ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Möglichkeit, das Gebührenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG (die Entscheidung erging zum alten § 86a RAGebO) zu betreiben, schließt das Rechtsschutzinteresse an einer Gebührenklage dann nicht aus, wenn die Partei dem Rechtsanwalt einen außergebührenrechtlichen Einwand entgegenhält (BGH, Urteil vom 03.07.1956 – VI ZR 99/55 –, zitiert nach beck-online). Alles andere wäre sinnlose Förmelei. Vorliegend wendet die Klägerin ein, es mangele an einer wirksamen Vergütungsvereinbarung im Sinne des § 3a RVG und macht zudem weitere inhaltliche Mängel der Rechnung geltend. Schließlich beruft sich die Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht. 6Die Klage ist begründet. 7Der Kläger hat gegen die Beklagte aus der Rechnung vom 05.08.2014 (Anlage K 3, Bl. 26 f. GA) einen Anspruch auf Zahlung von 490,99 € für die Vornahme der Tätigkeit eines Stempelanwalts in dem Verfahren „R.P. ./. Liebliches Taubertal aus §§ 675, 611 Abs. 1 BGB. 8Die Beklagte hat in ihrer E-Mail vom 02.02.2015 (Anlage K 6, Bl. 34 f. GA) ein kausales Schuldanerkenntnis abgegeben, welches ihr verwehrt, nunmehr Einwendungen gegen die Rechnung vom 05.08.2014 vorzubringen. Die Beklagte hat auf das Mahnschreiben des Klägers vom 20.01.2015 (Anlage K 7, Bl. 36 f. GA) mit E-Mail vom 02.02.2015 angekündigt, „noch in dieser Woche Zahlung [an den Kläger] vorzunehmen“. Hierin liegt ein kausales Schuldanerkenntnis zugunsten des Klägers. Der Schuldner wird durch ein solches Schuldanerkenntnis grundsätzlich mit allen Einwänden tatsächlicher und rechtlicher Natur präkludiert, die er bei Abgabe des kausalen Anerkenntnisses kannte oder mit denen er zumindest rechnete. Dadurch werden dem Schuldner nicht nur Einreden, rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen, sondern auch jedes tatsächliche oder rechtliche Bestreiten der anspruchsbegründenden Tatsachen abgeschnitten (BeckOK BGB/Gehrlein BGB § 781 Rn. 10 f. GA). Das kausale Anerkenntnis untersteht grundsätzlich keinem Formzwang. Anderes gilt nur, wenn Schuldbegründung oder -änderung die Beachtung einer Form gebieten (BeckOK BGB/Gehrlein BGB § 781 Rn. 13 GA). Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform gem. § 3a RVG. Die E-Mail vom 02.02.2015 wahrt die Textform im Sinne des § 126b BGB. 9Die Zinsforderungen ergeben sich aus Verzug. In der einseitigen Bestimmung eines Zahlungsziels durch den Gläubiger (wie vorliegend mit Rechnung vom 05.08.2014) liegt eine Mahnung, wenn – wie hier – der Gläubiger den Schuldner, der kein Verbraucher ist, auffordert, die Rechnung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (hier: binnen 14 Tagen ohne Abzug) zu begleichen, und damit die für eine Mahnung erforderliche eindeutige Leistungsaufforderung zum Ausdruck bringt. Der Wirksamkeit dieser Mahnung steht nicht entgegen, dass sie Teil der Rechnung war, welche Voraussetzung für die Fälligkeit der Entgeltforderung war. Denn die Mahnung kann mit der Erklärung verbunden werden, welche die Fälligkeit erst herbeiführt (BGH, Urteil vom 12.07.2006 – X ZR 157/05 –, Rn. 10, juris). 10Ebenfalls aufgrund Verzugs hat die Beklagte die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers zu tragen. Bei einem Gegenstandswert von 490,99 € und einer 1,3-Geschäftsgebühr ergibt sich der ausgeurteilte Betrag in Höhe von 83,54 €. Zur Rechtsverfolgung sind insbesondere die zur gerichtlichen und außergerichtlichen Schadensregulierung angefallenen Anwaltskosten erforderlich. Der Ersatzanspruch besteht auch, wenn ein Anwalt einen Schaden erleidet und ihn selbst reguliert, es sei denn, dass selbst für einen anderen Geschädigten das Einschalten des Anwalts nicht erforderlich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 12.12.2006 – VI ZR 175/05 –, juris; BeckOK BGB/Schubert BGB § 249 Rn. 81). Zur Rechtsverfolgung sind insbesondere die zur gerichtlichen und außergerichtlichen Schadensregulierung angefallenen Anwaltskosten erforderlich, § 249 BGB. Die anwaltliche Rechtsverfolgung ist nur dann nicht notwendig, wenn der Schädiger seine Ersatzpflicht dem Grunde und der Höhe nach im vollen Umfang anerkannt hat und an seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit keine Zweifel bestehen (Schubert in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Hrsg.: Bamberger/Roth, Stand: 01.03.2011, § 249 BGB Rn. 81). ). Die Zahlungswilligkeit der Beklagten ist vorliegend nicht gegeben, da sie trotz Mahnung durch den Kläger und Abgabe eines Schuldanerkenntnisses keine Zahlungen erbracht hat. 11Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO. | 1. die beklagte wird verurteilt, an den kläger 490,99 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 19.03.2015 zu zahlen. 2. die beklagte wird verurteilt, an den kläger weitere 83,54 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 19.03.2015 zu zahlen. 3. die kosten des rechtsstreits hat die beklagte zu tragen. 4. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1 | 2gemäß §§ 313a, 495a zpo ohne tatbestand. 3 | 4die klage ist zulässig. 5nach der von der beklagten selbst zitierten rechtsprechung des bgh besteht für die klage vorliegend ein rechtsschutzbedürfnis. die möglichkeit, das gebührenfestsetzungsverfahren nach § 11 rvg (die entscheidung erging zum alten § 86a ragebo) zu betreiben, schließt das rechtsschutzinteresse an einer gebührenklage dann nicht aus, wenn die partei dem rechtsanwalt einen außergebührenrechtlichen einwand entgegenhält (bgh, urteil vom 03.07.1956 – vi zr 99/55 –, zitiert nach beck-online). alles andere wäre sinnlose förmelei. vorliegend wendet die klägerin ein, es mangele an einer wirksamen vergütungsvereinbarung im sinne des § 3a rvg und macht zudem weitere inhaltliche mängel der rechnung geltend. schließlich beruft sich die beklagte auf ein zurückbehaltungsrecht. 6die klage ist begründet. 7der kläger hat gegen die beklagte aus der rechnung vom 05.08.2014 (anlage k 3, bl. 26 f. ga) einen anspruch auf zahlung von 490,99 € für die vornahme der tätigkeit eines stempelanwalts in dem verfahren „r.p. ./. liebliches taubertal aus §§ 675, 611 abs. 1 bgb. 8die beklagte hat in ihrer e-mail vom 02.02.2015 (anlage k 6, bl. 34 f. ga) ein kausales schuldanerkenntnis abgegeben, welches ihr verwehrt, nunmehr einwendungen gegen die rechnung vom 05.08.2014 vorzubringen. die beklagte hat auf das mahnschreiben des klägers vom 20.01.2015 (anlage k 7, bl. 36 f. ga) mit e-mail vom 02.02.2015 angekündigt, „noch in dieser woche zahlung [an den kläger] vorzunehmen“. hierin liegt ein kausales schuldanerkenntnis zugunsten des klägers. der schuldner wird durch ein solches schuldanerkenntnis grundsätzlich mit allen einwänden tatsächlicher und rechtlicher natur präkludiert, die er bei abgabe des kausalen anerkenntnisses kannte oder mit denen er zumindest rechnete. dadurch werden dem schuldner nicht nur einreden, rechtshindernde oder rechtsvernichtende einwendungen, sondern auch jedes tatsächliche oder rechtliche bestreiten der anspruchsbegründenden tatsachen abgeschnitten (beckok bgb/gehrlein bgb § 781 rn. 10 f. ga). das kausale anerkenntnis untersteht grundsätzlich keinem formzwang. anderes gilt nur, wenn schuldbegründung oder -änderung die beachtung einer form gebieten (beckok bgb/gehrlein bgb § 781 rn. 13 ga). eine vereinbarung über die vergütung bedarf der textform gem. § 3a rvg. die e-mail vom 02.02.2015 wahrt die textform im sinne des § 126b bgb. 9die zinsforderungen ergeben sich aus verzug. in der einseitigen bestimmung eines zahlungsziels durch den gläubiger (wie vorliegend mit rechnung vom 05.08.2014) liegt eine mahnung, wenn – wie hier – der gläubiger den schuldner, der kein verbraucher ist, auffordert, die rechnung bis zu einem bestimmten zeitpunkt (hier: binnen 14 tagen ohne abzug) zu begleichen, und damit die für eine mahnung erforderliche eindeutige leistungsaufforderung zum ausdruck bringt. der wirksamkeit dieser mahnung steht nicht entgegen, dass sie teil der rechnung war, welche voraussetzung für die fälligkeit der entgeltforderung war. denn die mahnung kann mit der erklärung verbunden werden, welche die fälligkeit erst herbeiführt (bgh, urteil vom 12.07.2006 – x zr 157/05 –, rn. 10, juris). 10ebenfalls aufgrund verzugs hat die beklagte die vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten des klägers zu tragen. bei einem gegenstandswert von 490,99 € und einer 1,3-geschäftsgebühr ergibt sich der ausgeurteilte betrag in höhe von 83,54 €. zur rechtsverfolgung sind insbesondere die zur gerichtlichen und außergerichtlichen schadensregulierung angefallenen anwaltskosten erforderlich. der ersatzanspruch besteht auch, wenn ein anwalt einen schaden erleidet und ihn selbst reguliert, es sei denn, dass selbst für einen anderen geschädigten das einschalten des anwalts nicht erforderlich gewesen wäre (bgh, urteil vom 12.12.2006 – vi zr 175/05 –, juris; beckok bgb/schubert bgb § 249 rn. 81). zur rechtsverfolgung sind insbesondere die zur gerichtlichen und außergerichtlichen schadensregulierung angefallenen anwaltskosten erforderlich, § 249 bgb. die anwaltliche rechtsverfolgung ist nur dann nicht notwendig, wenn der schädiger seine ersatzpflicht dem grunde und der höhe nach im vollen umfang anerkannt hat und an seiner zahlungsfähigkeit und -willigkeit keine zweifel bestehen (schubert in: beck'scher online-kommentar bgb, hrsg.: bamberger/roth, stand: 01.03.2011, § 249 bgb rn. 81). ). die zahlungswilligkeit der beklagten ist vorliegend nicht gegeben, da sie trotz mahnung durch den kläger und abgabe eines schuldanerkenntnisses keine zahlungen erbracht hat. 11die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 708 nr. 11, 713 zpo. | Klaeger*in | 1 |
168,599 | 15 K 2845/13 U | 2015-01-20T00:00:00 | Urteil | Tenor Unter Änderung des Bescheides des Beklagten vom 06.08.2013 wird die Umsatzsteuer für 2011 auf 6.100,97 € festgesetzt. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob die Umsätze des vom Kläger (Kl.) im Streitjahr 2011 betriebenen Unternehmensteils „landwirtschaftliche Dienstleistungen“ der allgemeinen Besteuerung im Sinne der §§ 1 ff des Umsatzsteuergesetzes (UStG) oder der Durchschnittssatzbesteuerung im Sinne des § 24 UStG unterliegen. 3Der Kl. betrieb einen landwirtschaftlichen Gemüsebau, dessen Anbaufläche im Wirtschaftsjahr 2007/2008 circa 40 ha betrug und sich ab dem Wirtschaftsjahr 2008/2009 auf circa 30 ha in 2011 reduzierte. Ab dem Wirtschaftsjahr 2009/2010 führte der Kl. an die Firma G GmbH (GmbH), mit der er nicht organschaftlich im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG verbunden war, Dienstleistungen gegen Entgelt aus, nämlich die Bodenbearbeitung, das Pflanzen von Salatpflanzen, den Pflanzenschutz und die Ernte der erzeugten Erzeugnissen auf dazu dem Kl. von der GmbH zugewiesenen Grundstücken. Für seine Dienste an die GmbH setzte der Kl. von ihm beschäftigte Arbeitskräfte und von ihm gestellte landwirtschaftliche Geräte ein. Laut der Bilanz des Kl. im Wirtschaftsjahr 2007/2008 betrug das Verhältnis des von ihm verausgabten Arbeitslohnes zu seinen Umsätzen aus landwirtschaftlicher Urproduktion circa 22,25 %; im Wirtschaftsjahr 2010/2011 betrug das Verhältnis rund 35 %. 4Der Kl. unterwarf die Umsätze mit seiner landwirtschaftlichen Urproduktion ebenso wie die Umsätze mit den Dienstleistungen an die GmbH der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. In seiner beim Beklagten (Bekl.) am 07.01.2013 eingereichten Umsatzsteuer(USt)-Erklärung für 2011 vom 05.01.2013 versteuerte der Kl. zum Regelsteuersatz nur Umsätze mit dem Betrieb zweier Photovoltaikanlagen und berechnete die USt für 2011 mit 6.100,97 €. Abweichend nahm der Bekl. im USt-Bescheid für 2011 vom 06.08.2013 auf der Grundlage des Berichts des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung F vom 31.05.2013, Tz. 2.4.1, unter Hinweis auf Abschnitt 24 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) in der für 2013 geltenden Fassung an, die Umsätze des Kl. an die GmbH unterlägen der Regelbesteuerung. Der Kl. habe an die GmbH keine Umsätze im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 24 UStG ausgeführt. Nach Abschnitt 24 Abs. 3 Sätze 3 ff des UStAE seien Dienstleistungen dann nicht - mehr - dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen, wenn z.B. ein unverhältnismäßig hoher Anteil der Umsätze auf die Erbringung der Dienstleistung entfalle oder ein Maschinen- und Ausrüstungsbestand vorgehalten werde, der über die Anforderungen des eigenen Betriebs hinausgehe. Diese Voraussetzung sei im Streitjahr angesichts des Verhältnisses von 35 % der verausgabten Lohnkosten zu den Umsätzen aus landwirtschaftlicher Urproduktion des Kl. und der Beschäftigung eines Personalbestands, der für die Bewirtschaftung der eigenen Flächen nicht benötigt werde, erfüllt. Auch die Umsatzgrenze von 51.500 €, deren Überschreitung für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung schädlich sei, sei im Streitfall nicht eingehalten worden. Der Bekl. berechnete für die Dienstleistungen des Kl. an die GmbH ein USt-Mehr von 19.838,67 € laut einer Bemessungsgrundlage von 104.414,03 € und berücksichtigte auf die Umsätze an die GmbH entfallende Vorsteuerbeträge von 8.159,81 € (Tz. 2.4.1.5). Er setzte die USt für 2011 auf 17.779,82 € fest. 5Hiergegen erhob der Kl. am 05.09.2013 die vorliegende, dem Bekl. am 06.09.2013 zugestellte Sprungklage, der der Bekl. am 01.10.2013 zustimmte. Der Kl. vertritt die Auffassung, im Sinne des § 24 UStG landwirtschaftliche, der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegende Dienstleistungen an die GmbH ausgeführt zu haben. Das Gesetz sehe keine betragsmäßige Beschränkung der Umsatzhöhe für die unter die Durchschnittssatzbesteuerung fallenden landwirtschaftlichen Dienstleistungen vor. 6Der Kl. beantragt, 7unter Änderung des USt-Bescheides vom 06.08.2013 die USt für 2011 auf 6.100,97 € herabzusetzen, 8hilfsweise, die Revision zuzulassen. 9Der Bekl. beantragt, 10die Klage abzuweisen, 11hilfsweise, die Revision zuzulassen. 12Zur Begründung verweist er auf den Ap-Bericht vom 31.05.2013 und seine im Streitfall vertretene Rechtsauffassung. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage ist begründet. 16Der USt-Bescheid vom 06.08.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kl. in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Unzutreffender Weise hat der Bekl. angenommen, dass die Umsätze des Kl. an die GmbH der Regelbesteuerung unterliegen, d.h. dass die nach § 1 UStG steuerbaren Umsätze an die GmbH mit dem Regelsteuersatz gemäß 12 Abs. 1 UStG zu besteuern und die auf die Umsätze an die GmbH entfallenden Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1 UStG abzuziehen sind. Mit seinen Dienstleistungen an die GmbH führte der Kl. vielmehr der Durchschnittssatzbesteuerung im Sinne des § 24 Abs. 1 UStG unterliegende Umsätze aus, für die weder Steuer noch Vorsteuer zu berücksichtigen sind. 17Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird für „die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze“ vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Steuer für die nicht näher bezeichneten, hier aber einschlägigen „übrigen Umsätze“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG auf 10,7 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den „übrigen Umsätzen“ zuzurechnen sind, auf 10,7 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt, § 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG. Durch diese Regelungen gleichen Steuer und Vorsteuer sich aus, so dass der Landwirt für diese Umsätze im Ergebnis keine USt zu entrichten hat (vgl. BFH-Urteile vom 13. 11. 2013 XI R 2/11, BFH/NV 2014, 467; vom 10. 9. 2014 XI R 33/13, juris). 18§ 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH (zuletzt Urteil vom 10. 9. 2014 XI R 33/13, juris) unionsrechtskonform auszulegen. § 24 UStG beruht auf Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG (seit dem 01.01.2007 Art. 295 ff der MwStSystRL). Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben beider Richtlinien aber nicht vollständig, sondern lediglich dadurch „umgesetzt“, dass er die im Zeitpunkt der Verabschiedung der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden nationalen Regelungen im Wesentlichen fortgeführt hat (vgl. BFH-Urteil vom 10. 9. 2014 XI R 33/13, juris). 19Die unionsrechtliche Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Dienstleistungen gilt nur für die in Art. 295 Abs.1 Nr. 5 der MwStSystRL in Verbindung mit den in den Anhängen VII und VIII der MwStSystRL definierten Lieferungen und sonstigen Leistungen (vgl. zuletzt EuGH-Urteil vom 8. 3. 2012 Kommission/Portugal Rs. C-524/10, UR 2012, 685). Die Umsätze des die Pauschalierung in Anspruch nehmenden Landwirts (zum Wahlrecht zwischen der Regelbesteuerung und der Durchschnittssatzbesteuerung vgl. BFH-Beschluss vom 28. 8. 2014 V B 28/14, BFH/NV 2014, 1916) unterliegen der allgemeinen Besteuerung, sofern auf die Umsätze nicht die Regelungen der Art. 295 ff der MwStSystRL anwendbar sind (vgl. BFH-Urteile vom 28. 5. 2013 XI R 32/11, BFH/NV 2014, 626 m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH und des BFH; vom 10. 9. 2014 XI R 33/13, juris). Die im Unionsrecht in den Art. 295 ff einschließlich der Anhänge VII und VIII der MwStSystRL verwendeten Begriffe sind autonom und einheitlich auszulegen. Wie auch die Sonderregelung des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG so ist auch die Sonderregelung der Art. 295 ff der MwStSystRL eng auszulegen und nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung des mit der Sonderregelung verfolgten Zieles erforderlich ist. Das Ziel und der Zweck der Sonderregelung bestehen darin, die Belastung durch die Steuer auf die von den Landwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, das den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Betriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen (vgl. EuGH-Urteil vom 8. 3. 2012 Kommission/Portugal Rs. C-524/10, UR 2012, 685). Entsprechend dieser Zielsetzung des Unionsrechts sind Leistungen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und die sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen, keine „landwirtschaftlichen Dienstleistungen“ im Sinne der Art. 295 ff der MwStSystRL in Verbindung mit den Anhängen VII und VIII der MwStSystRL (vgl. BFH-Urteile vom 28. 5. 2013 XI R 32/11, BFH/NV 2014, 626; vom 10. 9. 2014, XI R 33/13, juris). Dementsprechend hat der BFH etwa die Verpachtung eines Eigenjagdbezirks durch eine Kommune im Urteil vom 22. 5. 2005 V R 28/03 (BFHE 211, 566, BStBl II 2006, 280) ebenso wie die Abholung und Entsorgung von Speiseabfällen aus Restaurants und Großküchen im Urteil vom 24. 1. 2014 V R 34/11 (BFHE 239, 552, BStBl II 2013, 460) bzw. die Zurverfügungstellung eines Grundstücks durch einen Landwirt für ökologische Ausgleichmaßnahmen im Urteil vom 28. 5. 2013 XI R 32/11(BFH/NV 2014, 626) nicht als eine der Regelung des § 24 UStG unterfallende landwirtschaftliche Dienstleistung angesehen. 20Mit seinen entgeltlich an die GmbH ausgeführten Dienstleistungen erbrachte der Kl. der unionsrechtlichen Pauschalierungsregelung unterliegende landwirtschaftliche Dienstleistungen. Im Sinne des Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL setzte er seine für die Erfüllung landwirtschaftlicher Tätigkeiten beschäftigten Arbeitskräfte und die von ihm für seinen landwirtschaftlichen Betrieb vorgehaltene Ausrüstung für Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung im Sinne der Ziffer 1 b des Anhangs VII der MwStSystRL ein. Nach Ziffer 1 b des Anhangs VII zu Art. 295 der MwStSystRL umfasst die Tätigkeit der landwirtschaftlichen Erzeugung u.a. den Gemüsebau. Die an die GmbH erbrachten Tätigkeiten waren zudem landwirtschaftliche Erzeugertätigkeiten im Sinne der Ziffer 1 des Anhangs VIII zu Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL, der u.a. den Anbau und Erntearbeiten einschließlich Säen und Pflanzen umfasst. Somit übte der Kl. Dienstleistungen aus, die im Sinne des Unionsrechts zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen (vgl. dazu FG Niedersachsen Urteil vom 12. 3. 2009 16 K 450/07, EFG 2009, 1071; Nichtzulassungsbeschwerde der Finanzverwaltung abgewiesen durch BFH-Beschluss vom 24. 9. 2009 XI B 30/09, BFH/NV 2010, 72). 21Der Auffassung des Bekl. unter Hinweis auf die Normauslegung des UStAE, dass Landwirte der unionsrechtlichen Pauschalierungsregelung unterliegende Dienstleistungen nicht in unbegrenztem Umfang und somit auch nicht im unbegrenztem Umfang der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegender Umsätze ausführen können, ist nicht zu folgen. Die verwaltungsseitige Normauslegung bindet den Senat nicht bei seiner Rechtsauslegung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 3. 7. 2014 V R 1/14, BFHE 246, 562, BFH/NV 2014, 2126). Die Auffassung des Bekl. widerspricht dem Unionsrecht, das in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL für den Anwendungskreis der Durchschnittssatzbesteuerung insbesondere keine betragsmäßige Beschränkung vorsieht. Für eine die betragsmäßige Beschränkung der Pauschalierung rechtfertigende Auslegung findet sich in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL kein ausdrücklicher Anknüpfungspunkt (vgl. schon Klenk in UR 2009, 79, Ziffer III 1; Lange in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 14 Rdn. 260 ff). Das FG Niedersachsen hat in seinem Urteil vom 12. 3. 2009 16 K 450/07 (EFG 2009, 1071) ausgeführt, dass Lohnarbeiten, die ein pauschalierender Landwirt für andere Land- und Forstwirte erbringt, betragsmäßig unbeschränkt dem Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG unterfallen. Im Beschluss vom 24. 9. 2009 XI B 30/09 (BFH/NV 2010, 72) hat der BFH dargelegt, dass der vom FG Niedersachsen entschiedenen Rechtsfrage infolge Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen sei. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass eine an nationalen ertragsteuerrechtlichen Kriterien orientierte Beschränkung des Anwendungsbereichs der Durchschnittssatzbesteuerung unzulässig und für die Beurteilung der Frage, ob ein Umsatz im Sinne des § 24 UStG ausgeführt worden ist, ohne Bedeutung ist. Die von der Finanzverwaltung aufgeworfene Rechtsfrage, ob Lohn- und Maschinenleistungen, die ein pauschalierender Landwirt für andere Landwirte erbringt, insbesondere ohne betragsmäßige Beschränkung in den Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG fallen, sei anhand der bisherigen BFH-Rechtsprechung eindeutig im Sinne der vom niedersächsischen Finanzgericht getroffenen Entscheidung zu beantworten. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Der mit der Zielsetzung der Sonderregelung des Art. 295 der MwStSystRL verfolgte Zweck, landwirtschaftliche Tätigkeiten ohne Rücksicht auf deren Umfang und ohne Rücksicht auf deren Verhältnis zu weiteren vom Landwirt erzielten Umsätzen zu entlasten – anderes mag für den Fall des Missbrauchs gelten -, steht einer durch Verwaltungserlass (willkürlich) gezogenen Grenze, etwa in Form einer Umsatzgrenze oder einer Verhältnisgrenze zwischen dem Umsatz aus eigener Urproduktion und aus landwirtschaftlicher Dienstleistung für Dritte, deren Überschreitung die Anwendung der Pauschalierung ausschließen soll, entgegen. Anderes könnte nur dann gelten, wenn das Unionsrecht ausdrücklich eine Grenze für die Anwendung der Pauschalierungsregelung vorsähe. Daran fehlt es aber für die Streitjahre. Die Normauslegung im UStAE zu § 24 UStG übersieht, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH gerade keine ertragsteuerlichen Kriterien zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG herangezogen werden können. 22Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. 23Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. 24Gründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. | unter änderung des bescheides des beklagten vom 06.08.2013 wird die umsatzsteuer für 2011 auf 6.100,97 € festgesetzt. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des kostenerstattungsanspruchs des klägers abwenden, soweit nicht der kläger zuvor sicherheit in derselben höhe leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2streitig ist, ob die umsätze des vom kläger (kl.) im streitjahr 2011 betriebenen unternehmensteils „landwirtschaftliche dienstleistungen“ der allgemeinen besteuerung im sinne der §§ 1 ff des umsatzsteuergesetzes (ustg) oder der durchschnittssatzbesteuerung im sinne des § 24 ustg unterliegen. 3der kl. betrieb einen landwirtschaftlichen gemüsebau, dessen anbaufläche im wirtschaftsjahr 2007/2008 circa 40 ha betrug und sich ab dem wirtschaftsjahr 2008/2009 auf circa 30 ha in 2011 reduzierte. ab dem wirtschaftsjahr 2009/2010 führte der kl. an die firma g gmbh (gmbh), mit der er nicht organschaftlich im sinne des § 2 abs. 2 nr. 2 ustg verbunden war, dienstleistungen gegen entgelt aus, nämlich die bodenbearbeitung, das pflanzen von salatpflanzen, den pflanzenschutz und die ernte der erzeugten erzeugnissen auf dazu dem kl. von der gmbh zugewiesenen grundstücken. für seine dienste an die gmbh setzte der kl. von ihm beschäftigte arbeitskräfte und von ihm gestellte landwirtschaftliche geräte ein. laut der bilanz des kl. im wirtschaftsjahr 2007/2008 betrug das verhältnis des von ihm verausgabten arbeitslohnes zu seinen umsätzen aus landwirtschaftlicher urproduktion circa 22,25 %; im wirtschaftsjahr 2010/2011 betrug das verhältnis rund 35 %. 4der kl. unterwarf die umsätze mit seiner landwirtschaftlichen urproduktion ebenso wie die umsätze mit den dienstleistungen an die gmbh der durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 ustg. in seiner beim beklagten (bekl.) am 07.01.2013 eingereichten umsatzsteuer(ust)-erklärung für 2011 vom 05.01.2013 versteuerte der kl. zum regelsteuersatz nur umsätze mit dem betrieb zweier photovoltaikanlagen und berechnete die ust für 2011 mit 6.100,97 €. abweichend nahm der bekl. im ust-bescheid für 2011 vom 06.08.2013 auf der grundlage des berichts des finanzamtes für groß- und konzernbetriebsprüfung f vom 31.05.2013, tz. 2.4.1, unter hinweis auf abschnitt 24 des umsatzsteueranwendungserlasses (ustae) in der für 2013 geltenden fassung an, die umsätze des kl. an die gmbh unterlägen der regelbesteuerung. der kl. habe an die gmbh keine umsätze im rahmen eines landwirtschaftlichen betriebs im sinne des § 24 ustg ausgeführt. nach abschnitt 24 abs. 3 sätze 3 ff des ustae seien dienstleistungen dann nicht - mehr - dem landwirtschaftlichen betrieb zuzurechnen, wenn z.b. ein unverhältnismäßig hoher anteil der umsätze auf die erbringung der dienstleistung entfalle oder ein maschinen- und ausrüstungsbestand vorgehalten werde, der über die anforderungen des eigenen betriebs hinausgehe. diese voraussetzung sei im streitjahr angesichts des verhältnisses von 35 % der verausgabten lohnkosten zu den umsätzen aus landwirtschaftlicher urproduktion des kl. und der beschäftigung eines personalbestands, der für die bewirtschaftung der eigenen flächen nicht benötigt werde, erfüllt. auch die umsatzgrenze von 51.500 €, deren überschreitung für die anwendung der durchschnittssatzbesteuerung schädlich sei, sei im streitfall nicht eingehalten worden. der bekl. berechnete für die dienstleistungen des kl. an die gmbh ein ust-mehr von 19.838,67 € laut einer bemessungsgrundlage von 104.414,03 € und berücksichtigte auf die umsätze an die gmbh entfallende vorsteuerbeträge von 8.159,81 € (tz. 2.4.1.5). er setzte die ust für 2011 auf 17.779,82 € fest. 5hiergegen erhob der kl. am 05.09.2013 die vorliegende, dem bekl. am 06.09.2013 zugestellte sprungklage, der der bekl. am 01.10.2013 zustimmte. der kl. vertritt die auffassung, im sinne des § 24 ustg landwirtschaftliche, der durchschnittssatzbesteuerung unterliegende dienstleistungen an die gmbh ausgeführt zu haben. das gesetz sehe keine betragsmäßige beschränkung der umsatzhöhe für die unter die durchschnittssatzbesteuerung fallenden landwirtschaftlichen dienstleistungen vor. 6der kl. beantragt, 7unter änderung des ust-bescheides vom 06.08.2013 die ust für 2011 auf 6.100,97 € herabzusetzen, 8hilfsweise, die revision zuzulassen. 9der bekl. beantragt, 10die klage abzuweisen, 11hilfsweise, die revision zuzulassen. 12zur begründung verweist er auf den ap-bericht vom 31.05.2013 und seine im streitfall vertretene rechtsauffassung. 13wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf die gerichtsakte und auf die beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 14 | 15die klage ist begründet. 16der ust-bescheid vom 06.08.2013 ist rechtswidrig und verletzt den kl. in seinen rechten, § 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung (fgo). unzutreffender weise hat der bekl. angenommen, dass die umsätze des kl. an die gmbh der regelbesteuerung unterliegen, d.h. dass die nach § 1 ustg steuerbaren umsätze an die gmbh mit dem regelsteuersatz gemäß 12 abs. 1 ustg zu besteuern und die auf die umsätze an die gmbh entfallenden vorsteuerbeträge nach § 15 abs. 1 ustg abzuziehen sind. mit seinen dienstleistungen an die gmbh führte der kl. vielmehr der durchschnittssatzbesteuerung im sinne des § 24 abs. 1 ustg unterliegende umsätze aus, für die weder steuer noch vorsteuer zu berücksichtigen sind. 17nach § 24 abs. 1 satz 1 nr. 3 ustg wird für „die im rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen betriebs ausgeführten umsätze“ vorbehaltlich der sätze 2 bis 4 die steuer für die nicht näher bezeichneten, hier aber einschlägigen „übrigen umsätze“ im sinne des § 1 abs. 1 nr. 1 ustg auf 10,7 % der bemessungsgrundlage festgesetzt. die vorsteuerbeträge werden, soweit sie den „übrigen umsätzen“ zuzurechnen sind, auf 10,7 % der bemessungsgrundlage festgesetzt; ein weiterer vorsteuerabzug entfällt, § 24 abs. 1 sätze 3 und 4 ustg. durch diese regelungen gleichen steuer und vorsteuer sich aus, so dass der landwirt für diese umsätze im ergebnis keine ust zu entrichten hat (vgl. bfh-urteile vom 13. 11. 2013 xi r 2/11, bfh/nv 2014, 467; vom 10. 9. 2014 xi r 33/13, juris). 18§ 24 ustg ist nach ständiger rechtsprechung des bfh (zuletzt urteil vom 10. 9. 2014 xi r 33/13, juris) unionsrechtskonform auszulegen. § 24 ustg beruht auf art. 25 der richtlinie 77/388/ewg (seit dem 01.01.2007 art. 295 ff der mwstsystrl). der deutsche gesetzgeber hat die vorgaben beider richtlinien aber nicht vollständig, sondern lediglich dadurch „umgesetzt“, dass er die im zeitpunkt der verabschiedung der richtlinie 77/388/ewg bestehenden nationalen regelungen im wesentlichen fortgeführt hat (vgl. bfh-urteil vom 10. 9. 2014 xi r 33/13, juris). 19die unionsrechtliche pauschalregelung für landwirtschaftliche erzeugnisse und dienstleistungen gilt nur für die in art. 295 abs.1 nr. 5 der mwstsystrl in verbindung mit den in den anhängen vii und viii der mwstsystrl definierten lieferungen und sonstigen leistungen (vgl. zuletzt eugh-urteil vom 8. 3. 2012 kommission/portugal rs. c-524/10, ur 2012, 685). die umsätze des die pauschalierung in anspruch nehmenden landwirts (zum wahlrecht zwischen der regelbesteuerung und der durchschnittssatzbesteuerung vgl. bfh-beschluss vom 28. 8. 2014 v b 28/14, bfh/nv 2014, 1916) unterliegen der allgemeinen besteuerung, sofern auf die umsätze nicht die regelungen der art. 295 ff der mwstsystrl anwendbar sind (vgl. bfh-urteile vom 28. 5. 2013 xi r 32/11, bfh/nv 2014, 626 m.w.n. aus der rechtsprechung des eugh und des bfh; vom 10. 9. 2014 xi r 33/13, juris). die im unionsrecht in den art. 295 ff einschließlich der anhänge vii und viii der mwstsystrl verwendeten begriffe sind autonom und einheitlich auszulegen. wie auch die sonderregelung des art. 25 der richtlinie 77/388/ewg so ist auch die sonderregelung der art. 295 ff der mwstsystrl eng auszulegen und nur insoweit anzuwenden, als dies zur erreichung des mit der sonderregelung verfolgten zieles erforderlich ist. das ziel und der zweck der sonderregelung bestehen darin, die belastung durch die steuer auf die von den landwirten bezogenen gegenstände und dienstleistungen dadurch auszugleichen, das den landwirtschaftlichen erzeugern, die ihre tätigkeit im rahmen eines land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen betriebs ausüben, ein pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche dienstleistungen erbringen (vgl. eugh-urteil vom 8. 3. 2012 kommission/portugal rs. c-524/10, ur 2012, 685). entsprechend dieser zielsetzung des unionsrechts sind leistungen, die keinen landwirtschaftlichen zwecken dienen und die sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen betrieben verwendete mittel beziehen, keine „landwirtschaftlichen dienstleistungen“ im sinne der art. 295 ff der mwstsystrl in verbindung mit den anhängen vii und viii der mwstsystrl (vgl. bfh-urteile vom 28. 5. 2013 xi r 32/11, bfh/nv 2014, 626; vom 10. 9. 2014, xi r 33/13, juris). dementsprechend hat der bfh etwa die verpachtung eines eigenjagdbezirks durch eine kommune im urteil vom 22. 5. 2005 v r 28/03 (bfhe 211, 566, bstbl ii 2006, 280) ebenso wie die abholung und entsorgung von speiseabfällen aus restaurants und großküchen im urteil vom 24. 1. 2014 v r 34/11 (bfhe 239, 552, bstbl ii 2013, 460) bzw. die zurverfügungstellung eines grundstücks durch einen landwirt für ökologische ausgleichmaßnahmen im urteil vom 28. 5. 2013 xi r 32/11(bfh/nv 2014, 626) nicht als eine der regelung des § 24 ustg unterfallende landwirtschaftliche dienstleistung angesehen. 20mit seinen entgeltlich an die gmbh ausgeführten dienstleistungen erbrachte der kl. der unionsrechtlichen pauschalierungsregelung unterliegende landwirtschaftliche dienstleistungen. im sinne des art. 295 abs. 1 nr. 5 der mwstsystrl setzte er seine für die erfüllung landwirtschaftlicher tätigkeiten beschäftigten arbeitskräfte und die von ihm für seinen landwirtschaftlichen betrieb vorgehaltene ausrüstung für tätigkeiten der landwirtschaftlichen erzeugung im sinne der ziffer 1 b des anhangs vii der mwstsystrl ein. nach ziffer 1 b des anhangs vii zu art. 295 der mwstsystrl umfasst die tätigkeit der landwirtschaftlichen erzeugung u.a. den gemüsebau. die an die gmbh erbrachten tätigkeiten waren zudem landwirtschaftliche erzeugertätigkeiten im sinne der ziffer 1 des anhangs viii zu art. 295 abs. 1 nr. 5 der mwstsystrl, der u.a. den anbau und erntearbeiten einschließlich säen und pflanzen umfasst. somit übte der kl. dienstleistungen aus, die im sinne des unionsrechts zur landwirtschaftlichen erzeugung beitragen (vgl. dazu fg niedersachsen urteil vom 12. 3. 2009 16 k 450/07, efg 2009, 1071; nichtzulassungsbeschwerde der finanzverwaltung abgewiesen durch bfh-beschluss vom 24. 9. 2009 xi b 30/09, bfh/nv 2010, 72). 21der auffassung des bekl. unter hinweis auf die normauslegung des ustae, dass landwirte der unionsrechtlichen pauschalierungsregelung unterliegende dienstleistungen nicht in unbegrenztem umfang und somit auch nicht im unbegrenztem umfang der durchschnittssatzbesteuerung unterliegender umsätze ausführen können, ist nicht zu folgen. die verwaltungsseitige normauslegung bindet den senat nicht bei seiner rechtsauslegung (vgl. dazu bfh-urteil vom 3. 7. 2014 v r 1/14, bfhe 246, 562, bfh/nv 2014, 2126). die auffassung des bekl. widerspricht dem unionsrecht, das in art. 295 abs. 1 nr. 5 der mwstsystrl für den anwendungskreis der durchschnittssatzbesteuerung insbesondere keine betragsmäßige beschränkung vorsieht. für eine die betragsmäßige beschränkung der pauschalierung rechtfertigende auslegung findet sich in art. 295 abs. 1 nr. 5 der mwstsystrl kein ausdrücklicher anknüpfungspunkt (vgl. schon klenk in ur 2009, 79, ziffer iii 1; lange in offerhaus/söhn/lange, ustg, § 14 rdn. 260 ff). das fg niedersachsen hat in seinem urteil vom 12. 3. 2009 16 k 450/07 (efg 2009, 1071) ausgeführt, dass lohnarbeiten, die ein pauschalierender landwirt für andere land- und forstwirte erbringt, betragsmäßig unbeschränkt dem anwendungsbereich der durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 ustg unterfallen. im beschluss vom 24. 9. 2009 xi b 30/09 (bfh/nv 2010, 72) hat der bfh dargelegt, dass der vom fg niedersachsen entschiedenen rechtsfrage infolge eindeutigkeit der sach- und rechtslage keine grundsätzliche bedeutung beizumessen sei. zur begründung hat er ausgeführt, dass eine an nationalen ertragsteuerrechtlichen kriterien orientierte beschränkung des anwendungsbereichs der durchschnittssatzbesteuerung unzulässig und für die beurteilung der frage, ob ein umsatz im sinne des § 24 ustg ausgeführt worden ist, ohne bedeutung ist. die von der finanzverwaltung aufgeworfene rechtsfrage, ob lohn- und maschinenleistungen, die ein pauschalierender landwirt für andere landwirte erbringt, insbesondere ohne betragsmäßige beschränkung in den anwendungsbereich der durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 ustg fallen, sei anhand der bisherigen bfh-rechtsprechung eindeutig im sinne der vom niedersächsischen finanzgericht getroffenen entscheidung zu beantworten. dieser auffassung schließt sich der erkennende senat an. der mit der zielsetzung der sonderregelung des art. 295 der mwstsystrl verfolgte zweck, landwirtschaftliche tätigkeiten ohne rücksicht auf deren umfang und ohne rücksicht auf deren verhältnis zu weiteren vom landwirt erzielten umsätzen zu entlasten – anderes mag für den fall des missbrauchs gelten -, steht einer durch verwaltungserlass (willkürlich) gezogenen grenze, etwa in form einer umsatzgrenze oder einer verhältnisgrenze zwischen dem umsatz aus eigener urproduktion und aus landwirtschaftlicher dienstleistung für dritte, deren überschreitung die anwendung der pauschalierung ausschließen soll, entgegen. anderes könnte nur dann gelten, wenn das unionsrecht ausdrücklich eine grenze für die anwendung der pauschalierungsregelung vorsähe. daran fehlt es aber für die streitjahre. die normauslegung im ustae zu § 24 ustg übersieht, dass nach ständiger rechtsprechung des bfh gerade keine ertragsteuerlichen kriterien zur bestimmung des anwendungsbereichs der durchschnittssatzbesteuerung des § 24 ustg herangezogen werden können. 22die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. 23die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 abs. 3, 155 fgo i.v.m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung. 24gründe im sinne des § 115 abs. 2 fgo für die zulassung der revision liegen nicht vor. | Klaeger*in | 1 |
338,437 | 14 O 167/20 | 2021-05-20T00:00:00 | Urteil | Tenor . Es wird festgestellt, dass dem Beklagten gegen den Kläger kein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 2.415,92 € für Lizenzschaden zusteht, wie geltend gemacht mit Schreiben vom 22.04.2020, Anlage K1. 2. Es wird festgestellt, dass dem Beklagten gegen den Kläger kein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 1.564,26 € für die vorgerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zusteht, wie geltend gemacht mit Schreiben vom 22.04.2020, Anlage K1. 3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Aufwendungsersatz in Höhe von 1.314,50 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2020 zu zahlen. 4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 5. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 1.113,05 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.000,- € seit dem 13.05.2020 zu zahlen. 6. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen. 7. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. 8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i. H. v. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Im Übrigen kann der Kläger die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist ein in der Schweiz ansässiger Heilpraktiker. Er unterhält eine Webseite (https://www.entfernt/), auf der er seine Leistungen beschreibt und bewirbt. Der Kläger nutzte auf seiner Webseite das nachfolgend eingeblendete Lichtbild: 3Bilddatei entfernt 4Der Beklagte ist Fotograf. Er ist Ersteller des oben eingeblendeten, streitgegenständlichen Lichtbildes. 5Der Beklagte ließ den Kläger mit Schreiben vom 22.04.2020 abmahnen (Anlage K1 Bl. 74 GA). Er forderte unter Berufung auf deutsches Urheberrecht Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz von Rechtsanwaltsgebühren. Er verwies dabei auf seine Tätigkeit als Fotograf und zur Berechnung seines Schadensersatzanspruchs auf seine Preisliste unter http://entfernt/. Als Nutzungszeitraum gab er den 21.04.2017 bis 04.04.2020 an. 6Der Kläger rügt diverse Mängel der Abmahnung, u.a. dass eine Angabe der Anschrift des Beklagten fehlte, und dass die streitgegenständliche Fotografie nicht beigefügt war oder sonst beschreibend konkretisiert war. 7Der Kläger stellte die Nutzung des streitgegenständlichen Lichtbildes nach Abmahnung ein und bot dem Beklagten eine weltweit geltende Unterlassungsverpflichtungserklärung an. Im Übrigen wies er die Abmahnung mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21.05.2020 (Anlage K3 Bl. 81 GA) zurück und forderte Aufwendungsersatz zur Verteidigung gegen die Abmahnung. Der Beklagte nahm diese Unterlassungserklärung ausweislich der E-Mail seines Prozessbevollmächtigten vom 02.06.2020 (Anlage K4 Bl. 90 GA) an. 8Der Kläger rügte die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Dieser legte sodann eine Originalvollmacht vor (Bl. 51 GA). 9Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der Beklagte ein professioneller Fotograf sei. Ferner bestreitet mit Nichtwissen, dass der Beklagte die hier gegenständliche Fotografie jemals kommerziell verwertet habe, insbesondere dass er jemals seine eigene Preisliste realisieren konnte. 10Er ist der Ansicht, dass es sich bei der Fotografie nicht um ein Lichtbildwerk handele, sondern allenfalls um ein einfaches Lichtbild. Er meint außerdem, dass deutsches Urheberrecht nicht anwendbar sei bzw. es sich nicht um eine in Deutschland erfolgte Rechtsverletzung handele, weil der Kläger Schweizer ist und nur in der Schweiz tätig sei sowie der Beklagte ein Italiener ohne Bezug zu Deutschland sei. Sollte deutsches Recht anwendbar sein, so sei die Schadensersatzforderung des Beklagten extrem überhöht. Abmahnkosten stünden dem Beklagten nicht zu, weil die Abmahnung mangels Erfüllung der Anforderung von § 97a Abs. 2 UrhG unwirksam sei. Aus demselben Grunde stehe ihm ein Ersatzanspruch nach § 97a Abs. 4 UrhG zu. 11Der Kläger beantragte zunächst, 121. es wird festgestellt, dass dem Beklagten gegen den Kläger kein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 22.015,92 € für Lizenzschaden zusteht, wie geltend gemacht mit Schreiben vom 22.04.2020, Anlage K1; 132. es wird festgestellt, dass dem Beklagten gegen den Kläger kein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 1.564,26 € für die vorgerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zusteht, wie geltend gemacht mit Schreiben vom 22.04.2020, Anlage K1; 143. den Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Aufwendungsersatz in Höhe von 1.564,26 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2020 zu zahlen. 15In der mündlichen Verhandlung am 29.04.2021 hat der Kläger den Klageantrag zu 1.) in Höhe von 19.600,00 € zzgl. Zinsen für erledigt erklärt. Dieser Erledigungserklärung hat sich der Beklagte angeschlossen. 16Der Beklagte beantragt, 17 die Klage abzuweisen. 18Widerklagend beantragt der Beklagte, 191. den Kläger bzw. Widerbeklagten zu verurteilen, an den Beklagten bzw. Widerkläger Schadensersatz i.H.v. 19.600,- € Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2020 zu zahlen; 202. den Kläger bzw. Widerbeklagten zu verurteilen, dem Beklagten bzw. Widerkläger die entstandenen Dokumentationskosten i.H.v. 113,05 € zu ersetzen. 21Der Kläger beantragt, 22 die Widerklage abzuweisen. 23Der Beklagte behauptet, dass er professioneller Fotograf sei, und dass er die Nutzungsrechte an der streitgegenständlichen Fotografie zu den Preisen anbiete, die sich aus seiner Webseite ergeben (siehe Anl. K3, Bl. 33 GA). 24Er ist der Ansicht, dass sich ein lizenzanaloger Schadensersatz auf Grundlage seiner Preisliste berechne. Für die Online Nutzung vom 21.04.2017 bis zum 04.04.2020 (Bl. 28 GA) errechne sich ein Betrag von 9.800,- €, der wegen unterlassener Urhebernennung zu verdoppeln sei, d. h. insgesamt 19.600,- €. Ihm stünden außerdem Dokumentationskosten i.H.v. 113,05 € als Schadensersatz zu. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage ist im nicht erledigten Umfang zulässig und überwiegend begründet. Die Widerklage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. 27I. Widerklage 28Der Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 1.113,05 € zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.000,- € seit dem 13.05.2020. 291. Die Widerklage ist zulässig. Das Landgericht Köln ist gemäß § 33 ZPO örtlich zuständig. Dabei folgt die Zuständigkeit der Zuständigkeit der Klage, für die das Landgericht Köln gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, § 32 ZPO international und örtlich aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung zuständig ist (siehe dazu auch die Ausführungen unten; vgl. BGH GRUR 2016, 1048, Rn. 16 ff. - An Evening with Marlene Dietrich). Die übrigen Voraussetzungen der Zulässigkeit der Widerklage liegen vor, insbesondere ist der geltend gemachte Anspruch konnex im Sinne von § 33 ZPO, weil die Streitgegenstände hier identisch sind. 302. Die Widerklage ist jedoch nur im geringen Umfang begründet. 31a) Dabei hat der Beklagte einen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung von Schadensersatz aus § 97 Abs. 2 S. 1 und 3, 19a UrhG dem Grunde nach. 32aa) Der Beklagte ist unstreitig Fotograf und Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an der streitgegenständlichen Fotografie (Anlage K1). Er ist folglich aktivlegitimiert. 33bb) Die streitgegenständliche Fotografie ist ein Lichtbildwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG. Seit der Umsetzung der Schutzdauer-RL (2006/116/EG) ist der Werkbegriff des § 2 Abs. 2 für Lichtbildwerke im Sinne von deren Art. 6 auszulegen (BGH GRUR 2000, 318, 318 – Werbefotos). Eine Fotografie erreicht daher den Schutz als Lichtbildwerk gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5, wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers darstellt; andere Kriterien zur Bestimmung der Schutzfähigkeit sind nicht anzuwenden, insbesondere keine qualitativen oder ästhetischen (Art. 6 Schutzdauer-RL). Dies bedeutet, dass es eines besonderen Maßes an schöpferischer Gestaltung definitiv nicht bedarf (BGH GRUR 2000, 318, 318 – Werbefotos) und damit letztendlich auch durchschnittliche und unterdurchschnittliche fotografische Gestaltungen als Lichtbildwerke Schutz genießen, sofern eine unterscheidbare Gestaltung vorliegt und ein anderer Fotograf das Foto möglicherweise anders gestaltet hätte, also den Blickwinkel, den Ausschnitt oder die Beleuchtung anders gewählt, einen anderen Geschehensmoment festgehalten, die abgebildeten Personen anders gruppiert oder das Foto zu einem anderen Zeitpunkt aufgenommen hätte (Fromm/Nordemann, 12. Aufl. 2018, UrhG § 2 Rn. 198). Demnach sind die Einwendungen des Klägers zur Qualität des Lichtbildes unerheblich. 34Die Kammer hat keinen Zweifel am Vorliegen einer eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers. Das Kriterium der persönlichen Schöpfung schließt Zufallsfotografien vom urheberrechtlichen Schutz aus. Individualität einer Fotografie liegt immer dann vor, wenn sie eine Aussage enthält, die auf Gestaltung beruht. Die Gestaltung kann beispielsweise in der allgemeinen Bildorganisation (Ausgewogenheit der Bildgestaltung, Unterdrückung des „optischen Rauschens“, Platzierung des Motives im „goldenen Schnitt“), in dem Bildwinkel (sowie Ausschnitt, Brennweite, Standpunkt, Perspektive etc.), der Linien und Linienführung (kompositorischer Einsatz optischer Linien), der Flächen und Formen (kompositorischer Einsatz optischer Flächen und Formen), dem Licht und der Beleuchtung (Licht und Schatten, Helligkeitsverteilung), in Farben und Farbkontrasten (Farbharmonie und Farbwirkung), dem Aufnahmezeitpunkt (insbesondere Wahl des richtigen Zeitpunktes), im Format oder in experimentellen Gestaltungen (Verfremdung, Fotomontagen, Farbmanipulationen), aber auch in der Auswahl des Aufnahmeortes, eines bestimmten Kameratyps oder -objektivs sowie in der Wahl von Blende und Zeit sowie weiterer Feineinstellungen liegen (Fromm/Nordemann, UrhG § 2 Rn. 196 f. m.w.N. aus der Rspr.). Nach diesen Grundsätzen folgt die Individualität allein schon aus dem Umstand, dass das Lichtbild offenbar während einer Ballonfahrt zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt der Dämmerung erstellt worden ist und dabei einen besonderen Kontrast zwischen Sonnenuntergang und dem übrigen Himmel herausstellt. Dies wird durch die in der Mitte des Bildes erkennbare Wolke, aus der Sonnenstrahlen hinaus scheinen noch bekräftigt. Auch die insoweit im Schatten liegenden anderen Heißluftballons erscheinen als Gestaltungsmittel. Dabei ist auch die Wahl des Bildausschnitts nicht notwendig gewesen, sondern die Zentrierung der Wolke mit dem Sonnenuntergang darunter ist Ausdruck von Individualität. 35cc) Die Einbindung des Lichtbildes auf der Webseite des Klägers stellt einen Eingriff in das dem Beklagten zustehende ausschließliche Verwertungsrecht zur öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG dar. 36dd) Der Kläger als Betreiber der Webseite ist passivlegitimiert. Die Nutzung des Lichtbildes durch den Kläger erfolgte ohne Zustimmung des Beklagten, mithin widerrechtlich. 37ee) Der Kläger handelte auch schuldhaft. Das für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs erforderliche Verschulden liegt darin, dass der Kläger zumindest fahrlässig gemäß § 276 Abs. 2 BGB verkannt hat, zur Nutzung des Lichtbildes ohne Erwerb eines Lizenzrechtes von dem Beklagten nicht berechtigt zu sein. 38ff) Es liegt auch eine Verletzung des wegen des Territorialitätsprinzips vom Gericht nur anwendbaren deutschen Urheberrechts vor. Die Webseite des Klägers ist in deutscher Sprache verfasst (Anl. K1 Bl. 31 GA). Sie adressiert damit grundsätzlich das gesamte deutschsprachige Publikum. Die Leistungen des Klägers sind auch nicht derart stationär und auf die Schweiz beschränkt, sodass auszuschließen ist, dass deutsche Internetnutzer die Webseite besuchen. Hinzu kommt, dass die konkrete Verletzung im Rahmen eines Blogs geschehen ist. Der Blog enthält offenbar Meditationstexte. Diese Inhalte sind ggf. auch für Internetnutzer aus Deutschland interessant. Ein ausreichender Inlandsbezug für das Vorliegen einer vom Gericht nur zu prüfenden materiell-rechtlichen Verletzung deutscher Urheberrechte des Beklagten (vgl. hierzu EuGH GRUR 2014, 100, Rn. 45 – Pinckney/Mediatech; GRUR 2015, 296, Rn. 36 – Hejduk/EnergieAgentur) liegt deshalb vor. Der Umstand, dass der Beklagte Italiener ist und in Italien seinen Wohnsitz hat, nicht aber in Deutschland, ist ebenso unerheblich wie der Umstand, dass der Kläger Schweizer mit Wohnsitz in der Schweiz ist. Die Entstehung von Rechten nach deutschem Urheberrecht ist nicht vom Wohnsitz oder Tätigkeitsgebiet des Urhebers abhängig. 39b) Der Schadensersatzanspruch kann entsprechend der von dem Beklagten vorgenommenen Methode der Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG) beziffert werden. 40aa) Allerdings ist eine Berechnung auf Grundlage der Preisliste des Beklagten nicht möglich. Der Beklagte hat eine - vom Kläger mit Nichtwissen bestrittene - tatsächliche Lizenzpraxis nach dieser Preisliste weder vorgetragen, noch bewiesen. Der bloße Verweis auf die Veröffentlichung einer Preisliste genügt dafür nicht. Insoweit hätte der Beklagte Rechnungen oder andere Nachweise der tatsächlich erfolgten Abrechnung nach dieser Preisliste vortragen und ggf. beweisen müssen. 41bb) Andere Anknüpfungspunkte für eine Berechnung der Beklagten liegen nicht vor, insbesondere bezieht er sich nicht auf branchenüblicher Vergütungssätze (etwa die MFM-Tabelle). Die MFM-Tabellen hält das Gericht im Streitfall auch nicht für branchenüblich. Insbesondere ist weder ersichtlich, noch dargetan, dass der Beklagte selbst Mitglied der MFM ist. Hinzu kommt, dass weder der Kläger noch der Beklagte in Deutschland geschäftsansässig sind. Es liegt deshalb fern, dass es üblich wäre für die Parteien, Lizenzkosten für Nutzungsrechte an Lichtbildern nach den deutschen MFM-Tabellen zu berechnen. 42cc) Gibt es keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gem. § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu (BGH GRUR 2019, 292 – Foto eines Sportwagens). 43Auf dieser Grundlage hält das Gericht einen lizenzanalogen Schadensersatz in Höhe von 500,- €. Dabei geht das Gericht im Ausgangspunkt – trotz der oben beschriebenen nicht möglichen direkten Anwendbarkeit – mangels anderer Anknüpfungspunkte von dem in der MFM-Tabelle für das Jahr 2017 ausgewiesenen Betrag für eine Online Nutzung auf einer Homepage aus (siehe S. 59 der MFM-Tabelle 2017). Allerdings können die MFM-Empfehlungen nicht schematisch angewendet werden, sondern sind unter Einbeziehung sämtlicher individueller Sachverhaltsumstände zu modifizieren, weil die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr bieten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 11.01.2019 - 6 U 10/16 - Palast der Republik - Rn. 96 ff., juris). 44Da der Kläger der in der Abmahnung ausgewiesenen Nutzungsdauer von ca. 3 Jahren ab April 2017 nicht entgegengetreten ist, zieht die Kammer insoweit den Betrag von 695,- € für eine dreijährige Nutzungsdauer heran. Auch wenn der Kläger bestreitet, dass der Beklagte ein professioneller Fotograf sei, hält das Gericht die grundsätzliche Anlehnung an die MFM-Tabelle vorliegend aufgrund der Eigenart des streitgegenständlichen Lichtbildes für angemessen. Die oben beschriebenen eigentümlichen Eigenschaften des Lichtbildes sprechen insoweit für eine nicht nur „hobbymäßige“ Erstellung von Lichtbildern. Auch die vom Kläger selbst mit Anlagen K3 und K4 zitierte Webseite des Beklagten legt den Schluss nahe, dass der Beklagte diverse Lichtbildwerke geschaffen hat und jedenfalls keine kostenfreien oder günstigen Lizenzen vergibt. Der Vergleich des Klägers mit Stockfotos überzeugt insoweit nicht. Die bloße Verfügbarkeit von kostenlosen Dateien im Netz oder günstigen Stockfotos mit ähnlichem Motiv lässt nicht den Rückschluss zu, dass auch der Beklagte seine Werke unter solchen Bedingungen anbietet oder dies beabsichtigt. 45Dabei ist auch zu beachten, dass die konkrete Nutzung des Lichtbildes durch den Kläger auf seiner Webseite im gewerblichen Kontext erfolgte und auch dem Absatz seiner Dienstleistungen (z.B. Seminare) zu fördern bestimmt war. Die Nutzung im Internet hat auch ein nicht unerhebliches Verletzungspotential, da einerseits der Besuch einer Vielzahl von Personen möglich und gewollt ist sowie andererseits auch ein Vervielfältigen des Fotos durch Seitenbesucher einfach ist. Genau dieser Aspekt wird durch die feingliedrige Unterscheidung von Nutzungsarten in der MFM-Tabelle Rechnung getragen, sodass die Heranziehung auch deshalb zweckmäßig ist. 46Jedoch hält die Kammer eine Anpassung des aus der MFM-Tabelle herangezogenen Betrages für notwendig. Denn die Kammer darf mit seiner Schadensschätzung nur die Verletzungsfolgen abgelten, die durch die Verletzung deutschen Urheberrechts entstanden ist (vgl. EuGH GRUR 2014, 100, Rn. 45 – Pinckney/Mediatech; GRUR 2015, 296, Rn. 36 – Hejduk/EnergieAgentur). Wird eine Lizenz auf Grundlage der MFM-Tabellen vergütet, ist jedoch in der Regel von einer weltweiten Lizenz auszugehen. Allein deshalb ist ein Abzug von dem oben genannten Betrag notwendig und geboten. 47Jedoch hält das Gericht nach Abwägung aller Umstände immer noch einen Betrag von 500,- € für angemessen. Dies beruht auf der Erwägung, dass die konkrete Nutzung auf einer deutschsprachigen Webseite in Verbindung mit deutschsprachigen Texten und gewerblichen Angeboten erfolgt ist. Die Webseite ist erreichbar unter der Top-Level-Domain „.li“ für Liechtenstein, obwohl der Kläger Schweizer ist und seinen Sitz in der Schweiz hat. Die relativ kleinen Population des Fürstentums Liechtenstein und die allein aufgrund des Auseinanderfallens von Geschäftssitz und Top-Level Domain ersichtliche „grenzüberschreitende Tätigkeit“ sprechen dafür, dass der gesamte deutschsprachige Verkehr angesprochen wird. Dies ist auch durch die konkrete Art der Texte und der Angebote (v.a. Meditation) indiziert, da sie keine räumliche Beschränkung nahe legen. Da jedoch die Population der Bundesrepublik Deutschland den weit überwiegenden Teil des deutschsprachigen Adressatenkreises ausmacht, betrifft die Rechtsverletzung auch maßgeblich den territorialen Anwendungsbereich des deutschen Urheberrechts. Vor diesem Hintergrund hält die Kammer im vorliegenden Fall einen Abschlag von dem MFM-Betrag von ca. 30 % für angemessen, sodass sich statt 695,- € ein gerundeter Betrag von 500,- € ergibt. 48dd) Wegen der unstreitig unterbliebenen Urheberbenennung ist dieser Betrag um 100 % auf 1.000,- € zu erhöhen. Wegen der Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft kann der Urheber gem. § 97 Abs. 2 S. 1 und 3 UrhG eine weitere Entschädigung verlangen. Die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines für die fehlende Urhebernennung verursachten Vermögensschadens geschuldet ist, kann in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen werden, die für die jeweilige Nutzung (hier das Vervielfältigen und öffentliche Zugänglichmachen der Fotografie) zu zahlen ist (BGH GRUR 2019, 292, Rn. 28 – Foto eines Sportwagens). Die fehlende Benennung des Urhebers oder des Lichtbildners führt insbesondere dann zu einem Vermögensschaden, wenn dem Urheber oder Lichtbildner dadurch Folgeaufträge entgehen (BGH GRUR 2015, 780, Rn. 39 – Motorradteile). Davon geht die Kammer bei dem Beklagten, der nach den obigen Ausführungen mindestens im Nebenerwerb als Fotograf tätig ist, aus. Eine Erhöhung um 100 % ist vorliegend auch nach der obigen Abwägung aller Umstände angemessen. 49ee) Der Beklagte kann außerdem als materiellen Schaden die Zahlung der vom Kläger in ihrer Entstehung und ihrer Höhe nicht bestrittenen Dokumentationskosten in Höhe von 113,05 € verlangen. Bei Dokumentations- und Ermittlungskosten im Zusammenhang mit einer Rechtsverletzung handelt es sich um einen nach § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG iVm § 249 Abs. 1 BGB ersatzfähigen Schaden. 50c) Der Beklagte hat einen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung von Verzugszinsen aus 1.000,- € seit dem 13.05.2020 aus §§ 286, 288 BGB. Dabei war zu beachten, dass der Beklagte nur Zinsen aus dem lizenzanalogen Schadensersatz (Widerklageantrag zu 1.), nicht aber aus den Dokumentationskosten (Widerklageantrag zu 2.) fordert. In dem oben festgestellten Umfang hat der Beklagte einen Anspruch, weil der Kläger die in der Abmahnung gesetzte Zahlungsfrist bis zum 12.05.2020 fruchtlos hat verstreichen lassen. 51II. Klage 52Es war festzustellen, dass Ansprüche des Beklagten gegen den Kläger im tenorierten Umfang nicht bestehen. Außerdem hat der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 1.314,50 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2020. 531. Die Klage ist zulässig. 54Das Landgericht Köln ist gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, § 32 ZPO zur Entscheidung des Rechtsstreits international und örtlich aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung zuständig. Der im Rahmen der negativen Feststellung als behaupteter Verletzungsgegenstand maßgebliche Internetauftritt des Klägers, über welchen das streitgegenständliche Lichtbild einsehbar war, war bundesweit und damit auch im Gerichtsbezirk des angerufenen Gerichts abrufbar (vgl. BGH GRUR 2016, 1048, Rn. 16 ff. - An Evening with Marlene Dietrich m.V.a. EuGH GRUR 2014, 100 – Pinckney/Mediatech; GRUR 2015, 296 – Hejduk/EnergieAgentur). 55Das für die Anträge zu 1. und 2 der Klage nach § 256 ZPO notwendige Feststellungsinteresse folgt aus der Berühmung der Ansprüche in der Abmahnung des Beklagten. Auch nach Erhebung der Widerklage und insoweit erfolgter teilweisen Erledigung des Rechtsstreits bleibt weiterhin ein Teil übrig, der zulässig bleibt, weil die Widerklage einen geringeren Betrag betrifft als die negative Feststellungsklage. Der Antrag zu 3. der Klage ist ein ohne weiteres zulässiger Leistungsantrag. 562. Die Klage ist auch begründet. 57Dem Beklagten steht weder ein Anspruch auf (nicht im Wege der Widerklage geltend gemachten) Schadensersatz in Höhe von 2.415,92 € (22.015,92 € abzüglich 19.600,- €) noch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.564,26 € zu. Außerdem hat der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 1.564,26 € zzgl. Verzugszinsen seit dem 03.06.2020 aus § 97a Abs. 4 UrhG, §§ 286, 288 BGB. 58a) Aus den obigen Erwägungen zur Widerklage ergibt sich spiegelbildlich, dass der Beklagte keinen über 1.113,05 € hinaus gehenden Schadensersatzanspruch gegen den Kläger hat. Der Klageantrag zu 1. ist folglich begründet. Dabei war der Klageantrag nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung dahingehend zu korrigieren, dass die Feststellung nur den tenorieren Betrag von 2.415,92 € betrifft. 59b) Der Antrag zu 2. der Klage ist ebenfalls begründet, weil der Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten aus § 97a Abs. 3 UrhG hat, weil die Abmahnung nicht den Anforderungen aus § 97a Abs. 2 UrhG entspricht. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Abmahnung keine Ablichtung oder sonstige eindeutige Konkretisierung des streitgegenständlichen Lichtbilds enthielt und somit die Rechtsverletzung nicht genau bezeichnet war im Sinne von § 97a Abs. 2 Nr. 2 UrhG. Dies genügt bereits, um die Abmahnung unwirksam zu machen. Auf die anderen Einwände des Klägers gegen die Abmahnung kommt es nicht weiter an, sodass weitere Ausführungen entbehrlich sind. 60c) Aus den vorstehenden Erwägungen ist auch der Antrag zu 3. der Klage dem Grunde nach begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 97a Abs. 4 UrhG. Mit Blick auf die Höhe hat der Kläger seine erforderlichen Aufwendungen spiegelbildlich zur Höhe der Abmahnkosten berechnet. Dabei hat er einen Gegenstandswert i.H.v. 29.576,18 € und eine 1,5 Geschäftsgebühr angesetzt und einen Betrag von 1.584,26 € berechnet. Mit Ausnahme der fehlerhaften Berechnung der Gebühr begegnet dies im Ergebnis angesichts der Berühmung von Ansprüchen des Beklagten keinen Bedenken. Der Gegenstandswert errechnet sich zwar aus der Höhe der in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche und zwar Schadensersatz in Höhe von 19.600,- €, dem Unterlassungsanspruch zu 6.000,- € sowie der eigenen Forderung in Höhe von 1.584,26 €, mithin 27.184,26 € (in der Abmahnung geltend gemachte Zinsen in Höhe von 2.415,92 € bleiben als Nebenforderung außer Betracht). Da mit dieser leicht überhöhten Angabe des Gegenstandswerts jedoch kein Gebührensprung verbunden ist, bleibt sie im Ergebnis ohne Folge. Der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr ist berechtigt. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nach Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist. Eine höher festgesetzte Gebühr ist voll durch die Gerichte überprüfbar. In der Literatur wird vertreten, dass im Regelfall bei urheberrechtlichen Angelegenheiten von einem hohen Schwierigkeitsgrad auszugehen sei. Es handelt sich um eine Spezialmaterie, die eine umfassende Einarbeitung eines nicht darauf spezialisierten Anwalts erfordert (Fromm/Nordemann, UrhG § 97a Rn. 41). Ob jede urheberrechtliche Angelegenheit einen hohen Schwierigkeitsgrad hat, lässt die Kammer ausdrücklich offen. Im vorliegenden Fall der Abwehr einer sehr hohen Schadensersatzforderung in einem Fall mit beiderseitigem Auslandsbezug ist dieser hohe Schwierigkeitsgrad jedoch anzunehmen und der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr angemessen. Jedoch beläuft sich eine 1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, 1008 VV RVG auf 1.294,50 € (nicht wie vom Klägerbevollmächtigten in seinem vorgerichtlichen Schreiben errechnet: 1564,26 €). Zuzüglich der Auslagen nach Nr. 7001 und 7002 VV RVG von 20,- € errechnen sich damit Nettogebühren von 1.314,50 €. Der Kläger forderte dabei in seinem Schreiben nur den Nettobetrag. Umsatzsteuer dürfte wegen § 3a Abs. 2 UStG auch nicht anfallen, sodass der Kläger nur den Nettobetrag ersetzt verlangen kann. Dass der Kläger Umsatzsteuer in Deutschland oder der Schweiz gezahlt hat und deshalb auch insoweit Ersatz verlangen kann, hat er nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. 61d) Aus dem vorgenannten Betrag kann der Kläger Verzugszinsen gem. § 288 Abs. 1 BGB seit dem 03.06.2020 fordern, weil der Beklagte durch E-Mail seines Rechtsanwalts vom 02.06.2020 die Zahlung von Aufwendungsersatz eindeutig abgelehnt hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). 62III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Über die Kosten des teilweise erledigten Rechtsstreits war im Wege der einheitlichen Kostenentscheidung zu befinden. Diese Kosten hat unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes und nach billigem Ermessen der Beklagte zu tragen. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat sich der Beklagte außergerichtlich einer weit überhöhten Schadensersatzforderung berühmt. Die negative Feststellungsklage war insoweit ursprünglich zulässig und begründet und wurde erst durch Erhebung der Leistungswiderklage unzulässig. Auch aus Gründen der Billigkeit ergibt sich keine andere Kostentragung. Soweit der Beklagte mit seiner Klage obsiegt hat, entspricht dies gemessen am Gesamtstreitwert nur einer Quote von ca. 5 %. Demnach ist § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO anwendbar, nach dem bei einem Unterliegen von weniger als 10% die Kosten der insoweit überwiegend unterlegenen Partei insgesamt auferlegt werden können (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, § 92, Rn. 8). 63Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO. 64IV. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 30.04.2021 hat vorgelegen. Dieser bietet keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO im Hinblick auf die Rechtsausführungen, die schriftsätzlich vertieft, von den Parteien aber bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden und von der erkennenden Kammer berücksichtigt worden sind. | . es wird festgestellt, dass dem beklagten gegen den kläger kein anspruch auf zahlung i.h.v. 2.415,92 € für lizenzschaden zusteht, wie geltend gemacht mit schreiben vom 22.04.2020, anlage k1. 2. es wird festgestellt, dass dem beklagten gegen den kläger kein anspruch auf zahlung i.h.v. 1.564,26 € für die vorgerichtliche inanspruchnahme eines rechtsanwalts zusteht, wie geltend gemacht mit schreiben vom 22.04.2020, anlage k1. 3. der beklagte wird verurteilt, an den kläger aufwendungsersatz in höhe von 1.314,50 € zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 03.06.2020 zu zahlen. 4. im übrigen wird die klage abgewiesen. 5. auf die widerklage wird der kläger verurteilt, an den beklagten 1.113,05 € zzgl. zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus 1.000,- € seit dem 13.05.2020 zu zahlen. 6. im übrigen wird die widerklage abgewiesen. 7. die kosten des rechtsstreits trägt der beklagte. 8. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. für den kläger jedoch nur gegen sicherheitsleistung i. h. v. von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrags. im übrigen kann der kläger die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung i. h. v. 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit i. h. v. von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2der kläger ist ein in der schweiz ansässiger heilpraktiker. er unterhält eine webseite (https://www.entfernt/), auf der er seine leistungen beschreibt und bewirbt. der kläger nutzte auf seiner webseite das nachfolgend eingeblendete lichtbild: 3bilddatei entfernt 4der beklagte ist fotograf. er ist ersteller des oben eingeblendeten, streitgegenständlichen lichtbildes. 5der beklagte ließ den kläger mit schreiben vom 22.04.2020 abmahnen (anlage k1 bl. 74 ga). er forderte unter berufung auf deutsches urheberrecht unterlassung, schadensersatz und ersatz von rechtsanwaltsgebühren. er verwies dabei auf seine tätigkeit als fotograf und zur berechnung seines schadensersatzanspruchs auf seine preisliste unter http://entfernt/. als nutzungszeitraum gab er den 21.04.2017 bis 04.04.2020 an. 6der kläger rügt diverse mängel der abmahnung, u.a. dass eine angabe der anschrift des beklagten fehlte, und dass die streitgegenständliche fotografie nicht beigefügt war oder sonst beschreibend konkretisiert war. 7der kläger stellte die nutzung des streitgegenständlichen lichtbildes nach abmahnung ein und bot dem beklagten eine weltweit geltende unterlassungsverpflichtungserklärung an. im übrigen wies er die abmahnung mit schreiben seines prozessbevollmächtigten vom 21.05.2020 (anlage k3 bl. 81 ga) zurück und forderte aufwendungsersatz zur verteidigung gegen die abmahnung. der beklagte nahm diese unterlassungserklärung ausweislich der e-mail seines prozessbevollmächtigten vom 02.06.2020 (anlage k4 bl. 90 ga) an. 8der kläger rügte die vollmacht des prozessbevollmächtigten des beklagten. dieser legte sodann eine originalvollmacht vor (bl. 51 ga). 9der kläger bestreitet mit nichtwissen, dass der beklagte ein professioneller fotograf sei. ferner bestreitet mit nichtwissen, dass der beklagte die hier gegenständliche fotografie jemals kommerziell verwertet habe, insbesondere dass er jemals seine eigene preisliste realisieren konnte. 10er ist der ansicht, dass es sich bei der fotografie nicht um ein lichtbildwerk handele, sondern allenfalls um ein einfaches lichtbild. er meint außerdem, dass deutsches urheberrecht nicht anwendbar sei bzw. es sich nicht um eine in deutschland erfolgte rechtsverletzung handele, weil der kläger schweizer ist und nur in der schweiz tätig sei sowie der beklagte ein italiener ohne bezug zu deutschland sei. sollte deutsches recht anwendbar sein, so sei die schadensersatzforderung des beklagten extrem überhöht. abmahnkosten stünden dem beklagten nicht zu, weil die abmahnung mangels erfüllung der anforderung von § 97a abs. 2 urhg unwirksam sei. aus demselben grunde stehe ihm ein ersatzanspruch nach § 97a abs. 4 urhg zu. 11der kläger beantragte zunächst, 121. es wird festgestellt, dass dem beklagten gegen den kläger kein anspruch auf zahlung i.h.v. 22.015,92 € für lizenzschaden zusteht, wie geltend gemacht mit schreiben vom 22.04.2020, anlage k1; 132. es wird festgestellt, dass dem beklagten gegen den kläger kein anspruch auf zahlung i.h.v. 1.564,26 € für die vorgerichtliche inanspruchnahme eines rechtsanwalts zusteht, wie geltend gemacht mit schreiben vom 22.04.2020, anlage k1; 143. den beklagte zu verurteilen, an den kläger aufwendungsersatz in höhe von 1.564,26 € zuzüglich zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 03.06.2020 zu zahlen. 15in der mündlichen verhandlung am 29.04.2021 hat der kläger den klageantrag zu 1.) in höhe von 19.600,00 € zzgl. zinsen für erledigt erklärt. dieser erledigungserklärung hat sich der beklagte angeschlossen. 16der beklagte beantragt, 17 die klage abzuweisen. 18widerklagend beantragt der beklagte, 191. den kläger bzw. widerbeklagten zu verurteilen, an den beklagten bzw. widerkläger schadensersatz i.h.v. 19.600,- € zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 13.05.2020 zu zahlen; 202. den kläger bzw. widerbeklagten zu verurteilen, dem beklagten bzw. widerkläger die entstandenen dokumentationskosten i.h.v. 113,05 € zu ersetzen. 21der kläger beantragt, 22 die widerklage abzuweisen. 23der beklagte behauptet, dass er professioneller fotograf sei, und dass er die nutzungsrechte an der streitgegenständlichen fotografie zu den preisen anbiete, die sich aus seiner webseite ergeben (siehe anl. k3, bl. 33 ga). 24er ist der ansicht, dass sich ein lizenzanaloger schadensersatz auf grundlage seiner preisliste berechne. für die online nutzung vom 21.04.2017 bis zum 04.04.2020 (bl. 28 ga) errechne sich ein betrag von 9.800,- €, der wegen unterlassener urhebernennung zu verdoppeln sei, d. h. insgesamt 19.600,- €. ihm stünden außerdem dokumentationskosten i.h.v. 113,05 € als schadensersatz zu. 25 | 26die klage ist im nicht erledigten umfang zulässig und überwiegend begründet. die widerklage ist zulässig, aber nur zum teil begründet. 27i. widerklage 28der beklagte hat gegen den kläger einen anspruch auf zahlung von 1.113,05 € zzgl. verzugszinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz aus 1.000,- € seit dem 13.05.2020. 291. die widerklage ist zulässig. das landgericht köln ist gemäß § 33 zpo örtlich zuständig. dabei folgt die zuständigkeit der zuständigkeit der klage, für die das landgericht köln gem. art. 7 nr. 2 eugvvo, § 32 zpo international und örtlich aus dem gesichtspunkt der unerlaubten handlung zuständig ist (siehe dazu auch die ausführungen unten; vgl. bgh grur 2016, 1048, rn. 16 ff. - an evening with marlene dietrich). die übrigen voraussetzungen der zulässigkeit der widerklage liegen vor, insbesondere ist der geltend gemachte anspruch konnex im sinne von § 33 zpo, weil die streitgegenstände hier identisch sind. 302. die widerklage ist jedoch nur im geringen umfang begründet. 31a) dabei hat der beklagte einen anspruch gegen den kläger auf zahlung von schadensersatz aus § 97 abs. 2 s. 1 und 3, 19a urhg dem grunde nach. 32aa) der beklagte ist unstreitig fotograf und inhaber der ausschließlichen nutzungsrechte an der streitgegenständlichen fotografie (anlage k1). er ist folglich aktivlegitimiert. 33bb) die streitgegenständliche fotografie ist ein lichtbildwerk im sinne von § 2 abs. 1 nr. 5, abs. 2 urhg. seit der umsetzung der schutzdauer-rl (2006/116/eg) ist der werkbegriff des § 2 abs. 2 für lichtbildwerke im sinne von deren art. 6 auszulegen (bgh grur 2000, 318, 318 – werbefotos). eine fotografie erreicht daher den schutz als lichtbildwerk gem. § 2 abs. 1 nr. 5, wenn sie das ergebnis der eigenen geistigen schöpfung ihres urhebers darstellt; andere kriterien zur bestimmung der schutzfähigkeit sind nicht anzuwenden, insbesondere keine qualitativen oder ästhetischen (art. 6 schutzdauer-rl). dies bedeutet, dass es eines besonderen maßes an schöpferischer gestaltung definitiv nicht bedarf (bgh grur 2000, 318, 318 – werbefotos) und damit letztendlich auch durchschnittliche und unterdurchschnittliche fotografische gestaltungen als lichtbildwerke schutz genießen, sofern eine unterscheidbare gestaltung vorliegt und ein anderer fotograf das foto möglicherweise anders gestaltet hätte, also den blickwinkel, den ausschnitt oder die beleuchtung anders gewählt, einen anderen geschehensmoment festgehalten, die abgebildeten personen anders gruppiert oder das foto zu einem anderen zeitpunkt aufgenommen hätte (fromm/nordemann, 12. aufl. 2018, urhg § 2 rn. 198). demnach sind die einwendungen des klägers zur qualität des lichtbildes unerheblich. 34die kammer hat keinen zweifel am vorliegen einer eigenen geistigen schöpfung des urhebers. das kriterium der persönlichen schöpfung schließt zufallsfotografien vom urheberrechtlichen schutz aus. individualität einer fotografie liegt immer dann vor, wenn sie eine aussage enthält, die auf gestaltung beruht. die gestaltung kann beispielsweise in der allgemeinen bildorganisation (ausgewogenheit der bildgestaltung, unterdrückung des „optischen rauschens“, platzierung des motives im „goldenen schnitt“), in dem bildwinkel (sowie ausschnitt, brennweite, standpunkt, perspektive etc.), der linien und linienführung (kompositorischer einsatz optischer linien), der flächen und formen (kompositorischer einsatz optischer flächen und formen), dem licht und der beleuchtung (licht und schatten, helligkeitsverteilung), in farben und farbkontrasten (farbharmonie und farbwirkung), dem aufnahmezeitpunkt (insbesondere wahl des richtigen zeitpunktes), im format oder in experimentellen gestaltungen (verfremdung, fotomontagen, farbmanipulationen), aber auch in der auswahl des aufnahmeortes, eines bestimmten kameratyps oder -objektivs sowie in der wahl von blende und zeit sowie weiterer feineinstellungen liegen (fromm/nordemann, urhg § 2 rn. 196 f. m.w.n. aus der rspr.). nach diesen grundsätzen folgt die individualität allein schon aus dem umstand, dass das lichtbild offenbar während einer ballonfahrt zu einem ganz bestimmten zeitpunkt der dämmerung erstellt worden ist und dabei einen besonderen kontrast zwischen sonnenuntergang und dem übrigen himmel herausstellt. dies wird durch die in der mitte des bildes erkennbare wolke, aus der sonnenstrahlen hinaus scheinen noch bekräftigt. auch die insoweit im schatten liegenden anderen heißluftballons erscheinen als gestaltungsmittel. dabei ist auch die wahl des bildausschnitts nicht notwendig gewesen, sondern die zentrierung der wolke mit dem sonnenuntergang darunter ist ausdruck von individualität. 35cc) die einbindung des lichtbildes auf der webseite des klägers stellt einen eingriff in das dem beklagten zustehende ausschließliche verwertungsrecht zur öffentlichen zugänglichmachung gemäß § 19a urhg dar. 36dd) der kläger als betreiber der webseite ist passivlegitimiert. die nutzung des lichtbildes durch den kläger erfolgte ohne zustimmung des beklagten, mithin widerrechtlich. 37ee) der kläger handelte auch schuldhaft. das für die geltendmachung eines schadensersatzanspruchs erforderliche verschulden liegt darin, dass der kläger zumindest fahrlässig gemäß § 276 abs. 2 bgb verkannt hat, zur nutzung des lichtbildes ohne erwerb eines lizenzrechtes von dem beklagten nicht berechtigt zu sein. 38ff) es liegt auch eine verletzung des wegen des territorialitätsprinzips vom gericht nur anwendbaren deutschen urheberrechts vor. die webseite des klägers ist in deutscher sprache verfasst (anl. k1 bl. 31 ga). sie adressiert damit grundsätzlich das gesamte deutschsprachige publikum. die leistungen des klägers sind auch nicht derart stationär und auf die schweiz beschränkt, sodass auszuschließen ist, dass deutsche internetnutzer die webseite besuchen. hinzu kommt, dass die konkrete verletzung im rahmen eines blogs geschehen ist. der blog enthält offenbar meditationstexte. diese inhalte sind ggf. auch für internetnutzer aus deutschland interessant. ein ausreichender inlandsbezug für das vorliegen einer vom gericht nur zu prüfenden materiell-rechtlichen verletzung deutscher urheberrechte des beklagten (vgl. hierzu eugh grur 2014, 100, rn. 45 – pinckney/mediatech; grur 2015, 296, rn. 36 – hejduk/energieagentur) liegt deshalb vor. der umstand, dass der beklagte italiener ist und in italien seinen wohnsitz hat, nicht aber in deutschland, ist ebenso unerheblich wie der umstand, dass der kläger schweizer mit wohnsitz in der schweiz ist. die entstehung von rechten nach deutschem urheberrecht ist nicht vom wohnsitz oder tätigkeitsgebiet des urhebers abhängig. 39b) der schadensersatzanspruch kann entsprechend der von dem beklagten vorgenommenen methode der lizenzanalogie (§ 97 abs. 2 s. 3 urhg) beziffert werden. 40aa) allerdings ist eine berechnung auf grundlage der preisliste des beklagten nicht möglich. der beklagte hat eine - vom kläger mit nichtwissen bestrittene - tatsächliche lizenzpraxis nach dieser preisliste weder vorgetragen, noch bewiesen. der bloße verweis auf die veröffentlichung einer preisliste genügt dafür nicht. insoweit hätte der beklagte rechnungen oder andere nachweise der tatsächlich erfolgten abrechnung nach dieser preisliste vortragen und ggf. beweisen müssen. 41bb) andere anknüpfungspunkte für eine berechnung der beklagten liegen nicht vor, insbesondere bezieht er sich nicht auf branchenüblicher vergütungssätze (etwa die mfm-tabelle). die mfm-tabellen hält das gericht im streitfall auch nicht für branchenüblich. insbesondere ist weder ersichtlich, noch dargetan, dass der beklagte selbst mitglied der mfm ist. hinzu kommt, dass weder der kläger noch der beklagte in deutschland geschäftsansässig sind. es liegt deshalb fern, dass es üblich wäre für die parteien, lizenzkosten für nutzungsrechte an lichtbildern nach den deutschen mfm-tabellen zu berechnen. 42cc) gibt es keine branchenüblichen vergütungssätze und tarife, ist die höhe der als schadensersatz zu zahlenden lizenzgebühr vom tatrichter gem. § 287 zpo unter würdigung aller umstände des einzelfalls nach seiner freien überzeugung zu bemessen. dabei sind an art und umfang der vom geschädigten beizubringenden schätzgrundlagen nur geringe anforderungen zu stellen; dem tatrichter kommt zudem in den grenzen eines freien ermessens ein großer spielraum zu (bgh grur 2019, 292 – foto eines sportwagens). 43auf dieser grundlage hält das gericht einen lizenzanalogen schadensersatz in höhe von 500,- €. dabei geht das gericht im ausgangspunkt – trotz der oben beschriebenen nicht möglichen direkten anwendbarkeit – mangels anderer anknüpfungspunkte von dem in der mfm-tabelle für das jahr 2017 ausgewiesenen betrag für eine online nutzung auf einer homepage aus (siehe s. 59 der mfm-tabelle 2017). allerdings können die mfm-empfehlungen nicht schematisch angewendet werden, sondern sind unter einbeziehung sämtlicher individueller sachverhaltsumstände zu modifizieren, weil die einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere grundlage für die schätzung der angemessenen lizenzgebühr bieten (vgl. olg köln, urteil vom 11.01.2019 - 6 u 10/16 - palast der republik - rn. 96 ff., juris). 44da der kläger der in der abmahnung ausgewiesenen nutzungsdauer von ca. 3 jahren ab april 2017 nicht entgegengetreten ist, zieht die kammer insoweit den betrag von 695,- € für eine dreijährige nutzungsdauer heran. auch wenn der kläger bestreitet, dass der beklagte ein professioneller fotograf sei, hält das gericht die grundsätzliche anlehnung an die mfm-tabelle vorliegend aufgrund der eigenart des streitgegenständlichen lichtbildes für angemessen. die oben beschriebenen eigentümlichen eigenschaften des lichtbildes sprechen insoweit für eine nicht nur „hobbymäßige“ erstellung von lichtbildern. auch die vom kläger selbst mit anlagen k3 und k4 zitierte webseite des beklagten legt den schluss nahe, dass der beklagte diverse lichtbildwerke geschaffen hat und jedenfalls keine kostenfreien oder günstigen lizenzen vergibt. der vergleich des klägers mit stockfotos überzeugt insoweit nicht. die bloße verfügbarkeit von kostenlosen dateien im netz oder günstigen stockfotos mit ähnlichem motiv lässt nicht den rückschluss zu, dass auch der beklagte seine werke unter solchen bedingungen anbietet oder dies beabsichtigt. 45dabei ist auch zu beachten, dass die konkrete nutzung des lichtbildes durch den kläger auf seiner webseite im gewerblichen kontext erfolgte und auch dem absatz seiner dienstleistungen (z.b. seminare) zu fördern bestimmt war. die nutzung im internet hat auch ein nicht unerhebliches verletzungspotential, da einerseits der besuch einer vielzahl von personen möglich und gewollt ist sowie andererseits auch ein vervielfältigen des fotos durch seitenbesucher einfach ist. genau dieser aspekt wird durch die feingliedrige unterscheidung von nutzungsarten in der mfm-tabelle rechnung getragen, sodass die heranziehung auch deshalb zweckmäßig ist. 46jedoch hält die kammer eine anpassung des aus der mfm-tabelle herangezogenen betrages für notwendig. denn die kammer darf mit seiner schadensschätzung nur die verletzungsfolgen abgelten, die durch die verletzung deutschen urheberrechts entstanden ist (vgl. eugh grur 2014, 100, rn. 45 – pinckney/mediatech; grur 2015, 296, rn. 36 – hejduk/energieagentur). wird eine lizenz auf grundlage der mfm-tabellen vergütet, ist jedoch in der regel von einer weltweiten lizenz auszugehen. allein deshalb ist ein abzug von dem oben genannten betrag notwendig und geboten. 47jedoch hält das gericht nach abwägung aller umstände immer noch einen betrag von 500,- € für angemessen. dies beruht auf der erwägung, dass die konkrete nutzung auf einer deutschsprachigen webseite in verbindung mit deutschsprachigen texten und gewerblichen angeboten erfolgt ist. die webseite ist erreichbar unter der top-level-domain „.li“ für liechtenstein, obwohl der kläger schweizer ist und seinen sitz in der schweiz hat. die relativ kleinen population des fürstentums liechtenstein und die allein aufgrund des auseinanderfallens von geschäftssitz und top-level domain ersichtliche „grenzüberschreitende tätigkeit“ sprechen dafür, dass der gesamte deutschsprachige verkehr angesprochen wird. dies ist auch durch die konkrete art der texte und der angebote (v.a. meditation) indiziert, da sie keine räumliche beschränkung nahe legen. da jedoch die population der bundesrepublik deutschland den weit überwiegenden teil des deutschsprachigen adressatenkreises ausmacht, betrifft die rechtsverletzung auch maßgeblich den territorialen anwendungsbereich des deutschen urheberrechts. vor diesem hintergrund hält die kammer im vorliegenden fall einen abschlag von dem mfm-betrag von ca. 30 % für angemessen, sodass sich statt 695,- € ein gerundeter betrag von 500,- € ergibt. 48dd) wegen der unstreitig unterbliebenen urheberbenennung ist dieser betrag um 100 % auf 1.000,- € zu erhöhen. wegen der verletzung des rechts auf anerkennung der urheberschaft kann der urheber gem. § 97 abs. 2 s. 1 und 3 urhg eine weitere entschädigung verlangen. die höhe der fiktiven lizenzgebühr, die zum ausgleich eines für die fehlende urhebernennung verursachten vermögensschadens geschuldet ist, kann in form eines zuschlags auf die (fiktive) lizenzgebühr bemessen werden, die für die jeweilige nutzung (hier das vervielfältigen und öffentliche zugänglichmachen der fotografie) zu zahlen ist (bgh grur 2019, 292, rn. 28 – foto eines sportwagens). die fehlende benennung des urhebers oder des lichtbildners führt insbesondere dann zu einem vermögensschaden, wenn dem urheber oder lichtbildner dadurch folgeaufträge entgehen (bgh grur 2015, 780, rn. 39 – motorradteile). davon geht die kammer bei dem beklagten, der nach den obigen ausführungen mindestens im nebenerwerb als fotograf tätig ist, aus. eine erhöhung um 100 % ist vorliegend auch nach der obigen abwägung aller umstände angemessen. 49ee) der beklagte kann außerdem als materiellen schaden die zahlung der vom kläger in ihrer entstehung und ihrer höhe nicht bestrittenen dokumentationskosten in höhe von 113,05 € verlangen. bei dokumentations- und ermittlungskosten im zusammenhang mit einer rechtsverletzung handelt es sich um einen nach § 97 abs. 2 s. 1 urhg ivm § 249 abs. 1 bgb ersatzfähigen schaden. 50c) der beklagte hat einen anspruch gegen den kläger auf zahlung von verzugszinsen aus 1.000,- € seit dem 13.05.2020 aus §§ 286, 288 bgb. dabei war zu beachten, dass der beklagte nur zinsen aus dem lizenzanalogen schadensersatz (widerklageantrag zu 1.), nicht aber aus den dokumentationskosten (widerklageantrag zu 2.) fordert. in dem oben festgestellten umfang hat der beklagte einen anspruch, weil der kläger die in der abmahnung gesetzte zahlungsfrist bis zum 12.05.2020 fruchtlos hat verstreichen lassen. 51ii. klage 52es war festzustellen, dass ansprüche des beklagten gegen den kläger im tenorierten umfang nicht bestehen. außerdem hat der kläger einen anspruch gegen den beklagten auf zahlung von 1.314,50 € zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 03.06.2020. 531. die klage ist zulässig. 54das landgericht köln ist gemäß art. 7 nr. 2 eugvvo, § 32 zpo zur entscheidung des rechtsstreits international und örtlich aus dem gesichtspunkt der unerlaubten handlung zuständig. der im rahmen der negativen feststellung als behaupteter verletzungsgegenstand maßgebliche internetauftritt des klägers, über welchen das streitgegenständliche lichtbild einsehbar war, war bundesweit und damit auch im gerichtsbezirk des angerufenen gerichts abrufbar (vgl. bgh grur 2016, 1048, rn. 16 ff. - an evening with marlene dietrich m.v.a. eugh grur 2014, 100 – pinckney/mediatech; grur 2015, 296 – hejduk/energieagentur). 55das für die anträge zu 1. und 2 der klage nach § 256 zpo notwendige feststellungsinteresse folgt aus der berühmung der ansprüche in der abmahnung des beklagten. auch nach erhebung der widerklage und insoweit erfolgter teilweisen erledigung des rechtsstreits bleibt weiterhin ein teil übrig, der zulässig bleibt, weil die widerklage einen geringeren betrag betrifft als die negative feststellungsklage. der antrag zu 3. der klage ist ein ohne weiteres zulässiger leistungsantrag. 562. die klage ist auch begründet. 57dem beklagten steht weder ein anspruch auf (nicht im wege der widerklage geltend gemachten) schadensersatz in höhe von 2.415,92 € (22.015,92 € abzüglich 19.600,- €) noch auf vorgerichtliche rechtsanwaltskosten in höhe von 1.564,26 € zu. außerdem hat der kläger einen anspruch gegen den beklagten auf zahlung von 1.564,26 € zzgl. verzugszinsen seit dem 03.06.2020 aus § 97a abs. 4 urhg, §§ 286, 288 bgb. 58a) aus den obigen erwägungen zur widerklage ergibt sich spiegelbildlich, dass der beklagte keinen über 1.113,05 € hinaus gehenden schadensersatzanspruch gegen den kläger hat. der klageantrag zu 1. ist folglich begründet. dabei war der klageantrag nach der übereinstimmenden erledigungserklärung dahingehend zu korrigieren, dass die feststellung nur den tenorieren betrag von 2.415,92 € betrifft. 59b) der antrag zu 2. der klage ist ebenfalls begründet, weil der beklagte gegen den kläger keinen anspruch auf ersatz der abmahnkosten aus § 97a abs. 3 urhg hat, weil die abmahnung nicht den anforderungen aus § 97a abs. 2 urhg entspricht. es ist zwischen den parteien unstreitig, dass die abmahnung keine ablichtung oder sonstige eindeutige konkretisierung des streitgegenständlichen lichtbilds enthielt und somit die rechtsverletzung nicht genau bezeichnet war im sinne von § 97a abs. 2 nr. 2 urhg. dies genügt bereits, um die abmahnung unwirksam zu machen. auf die anderen einwände des klägers gegen die abmahnung kommt es nicht weiter an, sodass weitere ausführungen entbehrlich sind. 60c) aus den vorstehenden erwägungen ist auch der antrag zu 3. der klage dem grunde nach begründet. der kläger hat gegen den beklagten einen anspruch aus § 97a abs. 4 urhg. mit blick auf die höhe hat der kläger seine erforderlichen aufwendungen spiegelbildlich zur höhe der abmahnkosten berechnet. dabei hat er einen gegenstandswert i.h.v. 29.576,18 € und eine 1,5 geschäftsgebühr angesetzt und einen betrag von 1.584,26 € berechnet. mit ausnahme der fehlerhaften berechnung der gebühr begegnet dies im ergebnis angesichts der berühmung von ansprüchen des beklagten keinen bedenken. der gegenstandswert errechnet sich zwar aus der höhe der in der abmahnung geltend gemachten ansprüche und zwar schadensersatz in höhe von 19.600,- €, dem unterlassungsanspruch zu 6.000,- € sowie der eigenen forderung in höhe von 1.584,26 €, mithin 27.184,26 € (in der abmahnung geltend gemachte zinsen in höhe von 2.415,92 € bleiben als nebenforderung außer betracht). da mit dieser leicht überhöhten angabe des gegenstandswerts jedoch kein gebührensprung verbunden ist, bleibt sie im ergebnis ohne folge. der ansatz einer 1,5 geschäftsgebühr ist berechtigt. eine gebühr von mehr als 1,3 kann nach anmerkung zu nr. 2400 vv rvg nur gefordert werden, wenn die tätigkeit umfangreich oder schwierig ist. eine höher festgesetzte gebühr ist voll durch die gerichte überprüfbar. in der literatur wird vertreten, dass im regelfall bei urheberrechtlichen angelegenheiten von einem hohen schwierigkeitsgrad auszugehen sei. es handelt sich um eine spezialmaterie, die eine umfassende einarbeitung eines nicht darauf spezialisierten anwalts erfordert (fromm/nordemann, urhg § 97a rn. 41). ob jede urheberrechtliche angelegenheit einen hohen schwierigkeitsgrad hat, lässt die kammer ausdrücklich offen. im vorliegenden fall der abwehr einer sehr hohen schadensersatzforderung in einem fall mit beiderseitigem auslandsbezug ist dieser hohe schwierigkeitsgrad jedoch anzunehmen und der ansatz einer 1,5 geschäftsgebühr angemessen. jedoch beläuft sich eine 1,5 geschäftsgebühr nach nr. 2300, 1008 vv rvg auf 1.294,50 € (nicht wie vom klägerbevollmächtigten in seinem vorgerichtlichen schreiben errechnet: 1564,26 €). zuzüglich der auslagen nach nr. 7001 und 7002 vv rvg von 20,- € errechnen sich damit nettogebühren von 1.314,50 €. der kläger forderte dabei in seinem schreiben nur den nettobetrag. umsatzsteuer dürfte wegen § 3a abs. 2 ustg auch nicht anfallen, sodass der kläger nur den nettobetrag ersetzt verlangen kann. dass der kläger umsatzsteuer in deutschland oder der schweiz gezahlt hat und deshalb auch insoweit ersatz verlangen kann, hat er nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. 61d) aus dem vorgenannten betrag kann der kläger verzugszinsen gem. § 288 abs. 1 bgb seit dem 03.06.2020 fordern, weil der beklagte durch e-mail seines rechtsanwalts vom 02.06.2020 die zahlung von aufwendungsersatz eindeutig abgelehnt hat (§ 286 abs. 2 nr. 3 bgb). 62iii. die kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 abs. 2 nr. 1 zpo. über die kosten des teilweise erledigten rechtsstreits war im wege der einheitlichen kostenentscheidung zu befinden. diese kosten hat unter berücksichtigung des bisherigen sach- und streitstandes und nach billigem ermessen der beklagte zu tragen. wie sich aus den obigen ausführungen ergibt, hat sich der beklagte außergerichtlich einer weit überhöhten schadensersatzforderung berühmt. die negative feststellungsklage war insoweit ursprünglich zulässig und begründet und wurde erst durch erhebung der leistungswiderklage unzulässig. auch aus gründen der billigkeit ergibt sich keine andere kostentragung. soweit der beklagte mit seiner klage obsiegt hat, entspricht dies gemessen am gesamtstreitwert nur einer quote von ca. 5 %. demnach ist § 92 abs. 2 nr. 1 zpo anwendbar, nach dem bei einem unterliegen von weniger als 10% die kosten der insoweit überwiegend unterlegenen partei insgesamt auferlegt werden können (vgl. thomas/putzo, zpo, § 92, rn. 8). 63der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 nr. 11, 709 s. 2, 711 zpo. 64iv. der nicht nachgelassene schriftsatz des klägers vom 30.04.2021 hat vorgelegen. dieser bietet keine veranlassung zur wiedereröffnung der mündlichen verhandlung gemäß § 156 zpo im hinblick auf die rechtsausführungen, die schriftsätzlich vertieft, von den parteien aber bereits im rahmen der mündlichen verhandlung vorgetragen worden und von der erkennenden kammer berücksichtigt worden sind. | Klaeger*in | 1 |
188,893 | 5 Ca 2135/13 | 2013-10-16T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Es wird festgestellt, dass der Klägerin Ansprüche nach Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 gegen die Beklagte zustehen. 2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. 3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 76/83 und die Beklagte zu 7/83. 4. Der Streitwert wird auf 51.554,75 € festgesetzt. 1Tatbestand:2Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.3Die am 03.07.1962 geborene Klägerin ist ledig und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 01.09.1979 war sie im Dienste der Bundesrepublik Deutschland als Beamtin bei der Deutschen Bundespost tätig. Seit der Privatisierung der Deutschen Bundespost nimmt die Deutsche Telekom AG die Dienstherreneigenschaft aufgrund des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz – PostPersRG) wahr. Die Deutsche Telekom AG beurlaubte die Klägerin nach § 13 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung unter Wegfall der Besoldung für eine Tätigkeit bei der V1 T1 S1 GmbH. Zum 01.01.2008 erwarb die Beklagte den Geschäftsbetrieb der V1 T1 S1 GmbH von der Deutschen Telekom AG. Sämtliche bei der V1 T1 S1 GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisse, darunter auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin, gingen auf die Beklagte über. Die Beklagte erbrachte zuletzt mit rund 950 Mitarbeitern, darunter rund 190 beurlaubte Beamte der Deutschen Telekom AG, an 16 Standorten in Deutschland Dienstleistungen auf dem Telekommunikationssektor, insbesondere die Wartung und Installation von Netzwerkinfrasturktur.4Am 29.04.2013 schlossen die Beklagte und der bei ihr gewählte Betriebsrat im Hinblick auf eine beabsichtigte Betriebsstilllegung einen Interessenausgleich (Bl. 5 ff d. A.) ab. Ebenfalls unter dem 29.04.2013 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Sozialplan zur Betriebsstilllegung (Bl. 8 ff d. A.) ab. In diesem Sozialplan heißt es u. a. wörtlich:5„Präambel6(1) Infolge der Betriebsstilllegung, die im Interessenausgleich vom 29.04.2013 beschrieben ist, entsteht die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen und sozialen Nachteile auszugleichen bzw. abzumildern, die den Mitarbeitern entstehen. 7(2) Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der N1 S bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden. 8(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur Deutschen Telekom AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur Deutschen Telekom AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.91. Geltungsbereich 101.1 Dieser Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter der N1 S an allen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie von personellen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung gemäß des Interessenausgleichs betroffen sind oder betroffen sein werden. 111.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für- …- beurlaubte Beamte.- …"12Schließlich schlossen die Beklagte und der Betriebsrat am 29.04.2013 eine Betriebsvereinbarung Sonderprämie (Bl. 18 ff d. A.) ab. In dieser Betriebsvereinbarung heißt es u. a. wörtlich:13 Präambel14 Der gesamte Betrieb der N1 S wird stillgelegt. Über diese Maßnahme existiert ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan. Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: „Mitarbeiter") zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (weil sie sich z. B. in Elternzeit befinden), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der N1 S nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, indem sie keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit N1 S schließen. Auerdem soll honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der N1 S nachweisbar an N1 S zurückgeben. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien Folgendes:151. GeltungsbereichDiese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der N1 S, die- dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen;- nicht vom Erhalt einer Abfindung gem. Ziff. 3 des Sozialplans vom 29.04.13 ausgeschlossen sind;- einen dreiseitigen Vertrag mit N1 S innerhalb der Angebotsfrist abschlie ßen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhe benoderdas Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitige Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder (1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder (2) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.16Mit Schreiben vom 06.05.2013 (Bl. 21 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31.12.2013 „wegen Schließung des Geschäftsbetriebes von N1 S GmbH & Co. KG". Die Klägerin erhob gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage.17Mit ihrer am 15.06.2013 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen und später verwiesenen Klage macht die Klägerin gegen die Beklagte die Zahlung einer Sozialplanabfindung sowie die Zahlung einer Sonderprämie geltend.18Die Klägerin ist der Ansicht, sie werde durch die Bereichsausnahme im Sozialplan und der Betriebsvereinbarung Sonderprämie diskriminiert. Der Sozialplangeber könne sich nicht darauf berufen, dass die Beamten weder eine Abfindung noch eine sonstige Leistung aus dem Sozialplan und der Betriebsvereinbarung benötigen, weil diese dauerhaft einer Erwerbstätigkeit als Beamte ausüben könnten. In der Präambel zum Sozialplan hätten die Sozialplanparteien ausdrücklich anerkannt, dass auch Beamte Nachteile erleiden könnten. Wären die Sozialplangeber konsequent gewesen, so hätten sie allenfalls über eine Minderung der Leistung an Beamte nachdenken können, nicht jedoch an ihren vollständigen Ausschluss. Eine ganz wesentliche Diskriminierung liege darin, dass die getroffenen Vereinbarungen, die die Beamten wegen eines Rückkehrrechts von Leistungen ausschließen, bei Arbeitsnehmern in keiner Weise danach differenziere, ob diese einen Rückkehranspruch zur Deutschen Telekom AG hätten oder nicht. Arbeitnehmer, bei denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Deutschen Telekom AG vor der Überlassung an Tochtergesellschaft und letztlich an die Beklagte nicht dargelegt werden könne, hätten ebenfalls, wie die Beamten, ein gesichertes, insbesondere unbefristetes Beschäftigungsverhältnis. Im Gegensatz zu den Beamten erhalten die Arbeitnehmer jedoch die Leistungen aus den getroffenen betrieblichen Vereinbarungen uneingeschränkt in voller Höhe. Im Rahmen der Sozialplanverhandlungen hätte den Betriebsparteien eine namentliche Liste vorgelegen, in der die Arbeitsnehmer mit Rückkehrrecht einzeln aufgeführt gewesen seien. Diese Liste habe mit wenigen Ausnahmen mit dem Ergebnis der Erörterungen zwischen ver.di und der Deutschen Telekom AG entsprochen. Besonders deutlich zeige sich der diskriminierende Charakter der Bereichsausnahme, wenn die Beamten auch von der Betriebsvereinbarung Sonderprämie ausgeschlossen würden. Die Sozialplanparteien hätten ausweislich der Präambel Rechtssicherheit für die Beklagte schaffen wollen, indem sie diejenigen belohnt, die keine Kündigungsschutzklage erheben. Diese Rechtssicherheit erhielten sie bei Beamten, die nicht klagen würden, ebenfalls.19Die Klägerin beantragt,201. die Beklagte zu verurteilen, an ihn mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2013 einen Betrag in Höhe von 47.208,75 € brutto zu zahlen;212. festzustellen, dass dem Kläger nach Ziff. 2 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 gegen die Beklagte zustehen.22Die Beklagte beantragt,23 die Klage abzuweisen.24Sie ist der Ansicht, dass der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans gerechtfertigt sei. Hierzu behauptet sie, die bei ihr beschäftigten beurlaubten Beamten seien nach wie vor Beamte der Deutschen Telekom AG. Sie würden nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nahtlos zur Deutschen Telekom AG zurückkehren, das Dienstverhältnis lebe wieder auf, die Beamten erhielten unter Berücksichtigung ihres Wohnortes, einen freien Dauerarbeitsplatz und erhielten dort sofort als aktiver Beamter die ihm zustehende Besoldung. Die Beurlaubung habe keinerlei Einfluss auf den Stand des Beamtenverhältnisses und den auch während der Beschäftigung bei ihr weiter erworbenen Besitzstand des Beamten. Lediglich Art und Ort der Tätigkeit, die der Beamte nach seiner Rückkehr bei der Deutschen Telekom AG ausüben werde, sei bei seiner Rückkehr nicht immer klar. Angesichts ihrer finanziellen Situation und der von der Muttergesellschaft zur Verfügung gestellten eingeschränkten Mittel für einen Sozialplan hätten die Betriebsparteien eine Abwägung treffen müssen, welches Nachteile sie ausgleichen und welche nicht. Sie hätten dabei die bei dem beurlaubten Beamten verbleibenden Nachteile hinsichtlich Vergütung, Art und Dauer der Tätigkeit im Vergleich zu den wirtschaftlichen Nachteilen der anderen Arbeitnehmer als deutlich geringer eingeschätzt. Die sichere Aussicht der beurlaubten Beamten auf einen nahtlosen Anschlussarbeitsplatz bei der Deutschen Telekom AG unter Wahrung ihres gesamten Besitzstandes als Beamter rechtfertige trotz verbleibender Nachteile aus ihrer Sicht die Herausnahme der Beamten aus dem Sozialplan. Bei den Mitarbeitern ohne Beamtenstatus, die mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von 50 Jahren von Arbeitslosigkeit bedroht seien, hätten die Betriebsparteien gefürchtet, dass sie aufgrund des reinen „Telekom-Lebenslaufes" und ihres Lebensalters nur schwer und nur nach einer langen Überbrückungszeit ein Anschlussbeschäftigungsverhältnis zu wesentlich schlechteren Konditionen erhalten würden. Ein Rückkehranspruch sonstiger Arbeitnehmer zur Deutschen Telekom AG außer den beurlaubten Beamten gebe es hingegen nicht. Sie wisse lediglich, dass es 4 Arbeitnehmer gebe, die sich ihre Beschäftigung bei der Deutschen Telekom AG nach ihrem Ausscheiden bei ihr vor einigen Jahren in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten erstritten hätten. Welche Arbeitsverhältnisse bei der Deutschen Telekom AG ordnungsgemäß beendet worden seien, welche aufgrund von Betriebsübergängen bzw. Verschmelzungen/Umwandlung von verschiedenen Gesellschaften des Telekom-Konzerns kraft Gesetzes auf die V1 T1 S1 GmbH bzw. ihre Vorgängergesellschaften übergegangen seien und welche Arbeitsverhältnisse vor diesem Hintergrund mit der Deutschen Telekom AG möglicherweise als ruhendes Arbeitsverhältnis fortbestehen, entziehe sich ihrer Kenntnis. Die Betriebsparteien seien typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht seien. Es habe lediglich die Chance für einzelne Arbeitnehmer bestanden, die eigene Situation zu verbessern, indem sie z. B. aufgrund eigener Bemühungen unmittelbar eine Anschlussbeschäftigung finden oder erfolgreich Rechtsansprüche gegen frühere Arbeitgeber geltend machen. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit der Deutschen Telekom AG sei sie davon ausgegangen, dass die Deutsche Telekom AG freiwillig keine Mitarbeiter einstellen würde, sondern jeden Einzelfall gerichtlich überprüfen lassen würde. Durch die Betriebsvereinbarung Sonderprämie hätten die Betriebspartner besonders entlohnen wollen, wenn die von Arbeitslosigkeit betroffenen Mitarbeiter ihr Interesse an Betriebsfrieden respektieren würden. Bei beurlaubten Beamten seien die Betriebsparteien davon ausgegangen, dass an der Erhebung einer Kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur Deutschen Telekom AG kaum Interesse bestünde und deshalb ein Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage keine besondere Honorierung verdiene.25Bzgl. des weiteren Vorbringens wird auf die wechselseitigen schriftsätzlichen Ausführungen der Parteien einschließlich der Anlagen Bezug genommen.26Entscheidungsgründe:27Die zulässige Feststellungsklage ist begründet. Die Zahlungsklage ist hingegen unbegründet.28I.29Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.301.31Der Feststellungsantrag ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistung beschränken – sogenannte Elementenfeststellungsklage (BAG, Urteil vom 03.07.2013 – 4 AZR 41/12 – juris; Urteil vom 22.10.2008 – 4 AZR 784/07 – EZA § 3 TVG in Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39). Der Antrag ist hinreichend bestimmt. Zwischen den Parteien besteht eine tatsächliche Unsicherheit, ob Ziff. 2 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung findet. Dem Feststellungsinteresse der Klägerin steht nicht der sogenannte Vorrang der Leistungsklage entgegen. Zwar wäre auch eine Klage auf zukünftige Leistung nach § 259 ZPO denkbar. In einem solchen Antrag müsste jedoch die für die Zwangsvollstreckung wesentlichen Bedingungen des Zahlungsanspruchs aufgenommen werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.2002 – 5 AZR 755/00 – EZA § 259 ZPO Nr. 1), insbesondere der Nichteintritt der in Ziff. 2.3 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie geregelten auflösenden Bedingungen. Dieses würde dazu führen, dass wesentliche Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs im Zwangsvollstreckungsverfahren zu überprüfen wären, so dass die hier gewählte Feststellungsklage prozessual besser geeignet erscheint, den Streit zwischen den Parteien beizulegen.322.33Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung einer Sonderprämie in Höhe von 4.346,00 € brutto aus Ziff. 2.1 Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 i.V.m. dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 S. BetrVG. Zwar ist die Betriebsvereinbarung Sonderprämie nach Ziff. 1 nicht auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anwendbar, da nach Ziff. 1, erster Spiegelpunkt nur die unter den Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 fallenden Arbeitsverhältnisse auch unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Sonderprämie fallen. Keiner abschließenden Entscheidung bedarf jedoch die Frage, ob die nach Ziff. 1.2 des Sozialplans erfolgte Ausnahme der beurlaubten Beamten – zu denen auch die Klägerin gehört – aus dem Geltungsbereich des Sozialplans wirksam ist. Jedenfalls im Bezug auf die Betriebsvereinbarung Sonderprämie verstößt die Ausschlussklausel gegen Recht und Billigkeit und ist deshalb unwirksam.34a)35Die Betriebsparteien haben bei Betriebsvereinbarungen, in denen sie die Verteilung von Leistungen regeln, gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu beachten. Dazu gehört insbesondere der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Dieser ist Ausdruck des Gerechtigkeitsgedanken im Grundgesetz und fundamentales Rechtsprinzip (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.05.1988 – 1 BvL 22/85 – NJW 1988, 3258). Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicher zu stellen und eine gleichheitswidrige Regelung auszuschließen (vgl. BAG, Urteil vom 27.05.2004 – 6 AZR 129/03 – EZA Art. 3 GG Nr. 101). Er kommt insbesondere zur Anwendung, wenn die Betriebsparteien bei einer Regelung unterschiedliche Gruppen bilden. Eine Gruppenbildung kann nicht nur dadurch erfolgen, dass für vermeintliche Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen vorgesehen werden oder eine bestimmte Gruppe von einer Regelung ausdrücklich ausgenommen wird. Vielmehr werden unterschiedliche Gruppen auch dann gebildet, wenn eine Regelung nur für eine Arbeitnehmergruppe getroffen wird und für eine andere unterbleibt (BAG, Urteil vom 22.03.2005 – 1 AZR 49/04 – EZA § 75 BetrVG 2001 Nr. 2).36Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen – insbesondere unterschiedliche Leistungen – vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Unterschiedlichkeit sachlich gerechtfertigt ist. Dabei verstößt eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung erst dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen kein Unterschied von solcher Art und solchem Gewicht besteht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BAG, Urteil vom 22.03.2005 – 1 AZR 49/04 – a.a.O; Urteil vom 27.05.2004 – 6 AZR 129/03 – a.a.O.). Die Übergänge zwischen sachverhaltsbezogenen und personenbezogenen Differenzierungen sind bisweilen fließend. Insbesondere kann eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten unmittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirken (BAG, Urteil vom 22.03.2005 – 1 AZR 49/04 a.a.O.).37Maßgeblich für das Vorliegen eines hinreichenden Sachgrunds ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG, Urteil vom 07.06.2011 – 1 AZR 34/10 – EZA § 112 BetrVG 2001 Nr. 45; Urteil vom 19.03.2002 – 2 AZR 229/01 – juris). Unter dessen Berücksichtigung müssen die Merkmale, an welche die Gruppenbildung anknüpft, die Differenzierung bei den Rechtsfolgen rechtfertigen. Die Betriebsparteien haben ebenso wie andere Normgeber einen Beurteilungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen und Folgen der von ihnen gesetzten Regelungen.38b)39Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Ausnahme der sogenannten beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Sonderprämie sachwidrig und deshalb unwirksam.40Ausweislich der Präambel der Betriebsvereinbarung sollte durch die dort aufgeführten Leistungen honoriert werden, dass Arbeitnehmer das Bedürfnis der Beklagten nach Planungssicherheit berücksichtigen, indem sie keine Klagen gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten abschließen. Zudem soll honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der Beklagten nachweisbar an diese zurückgeben. Der Regelungszweck ist mithin nicht auf die Interessen der Beschäftigten, sondern auf die Interessen der Beklagten ausgerichtet. Die Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten soll durch die Sonderprämie honoriert werden.41Gemessen an diesem Regelungszweck ist die Differenzierung zwischen beurlaubten Beamten und sonstigen Arbeitnehmern sachlich nicht gerechtfertigt. Auch die beurlaubten Beamten stehen zur Beklagten in einem „normalen" Arbeitsverhältnis. Auch für sie gelten die kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften. Wie auch alle übrigen Beschäftigten können die beurlaubten Beamten die Rechtmäßigkeit einer ihnen gegenüber ausgesprochenen Kündigung durch die Arbeitsgericht überprüfen lassen. Auch sie können, wie alle übrigen Arbeitnehmer auch, überlassene Arbeitsmittel beim Austritt faktisch zurückhalten und somit eine Abwicklung des Arbeitsverhältnisses verzögern. Soweit die Beklagte meint, beurlaubte Beamte hätten aufgrund ihrer sozialen Absicherung durch das Beamtenverhältnis kaum ein Interesse an einer Kündigungsschutzklage, verfängt dieses Argument nicht. Die Betriebsparteien haben in der Präambel des Sozialplans vom 29.04.2013 ausdrücklich anerkannt, dass auch beurlaubten Beamten wirtschaftliche Nachteile durch die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses drohen. Daraus folgt zwangsläufig, dass auch beurlaubte Beamte nicht nur ein ideelles, sondern auch ein wirtschaftliches Interesse an einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung haben. Unter Berücksichtigung des Regelungszweckes der Betriebsvereinbarung Sonderprämie ist ein beurlaubter Beamter mithin in der gleichen Situation wie ein normaler Arbeitnehmer der Beklagten, der von Kündigung betroffen ist. Die Differenzierung zwischen beurlaubten Beamten und übrigen Arbeitnehmern ist deshalb bereits ungeeignet, dem Regelungszweck der Betriebsvereinbarung Geltung zu verschaffen. Gerichtsbekannt haben eine Reihe der beurlaubten Beamten der Beklagten gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses Klage vor den Arbeitsgerichten erhoben. Sie haben damit in gleicher Weise wie „normale" Arbeitnehmer zur Rechtsunsicherheit bei der Beklagten beigetragen.42c)43Ist mithin die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Sonderprämie wegen Verstoßes gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unwirksam, so hat auch die Klägerin Anspruch auf Zahlung einer Sonderprämie nach Ziff. 2 der Betriebsvereinbarung. Sie ist nicht nach Ziff. 3.1 des Sozialplans vom 29.04.2013 vom Erhalt einer Abfindung ausgeschlossen. Gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2013 hat sie unstreitig keine Kündigungsschutzklage erhoben. Mit Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist nach Zugang der Kündigung ist deshalb der Prämienanspruch nach Ziff. 2 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie entstanden unter der auflösenden Bedingung, dass die Klägerin bis zum Austritt bei der Beklagten nachweisbar seine ihm überlassenen Arbeitsmittel an die Beklagte zurückgibt.44II.45Die weitergehende Zahlungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung von 48.095,83 € aus § 611 BGB i.V.m. Ziff. 3 des Sozialplans zur Betriebsschließung vom 29.04.2013.461.47Als beurlaubter Beamter fällt die Klägerin nach dem Wortlaut nicht in den in Ziff. 1 des Sozialplans geregelten Geltungsbereich. Nach Ziff. 1.1. des Sozialplans gilt dieser zwar für alle Mitarbeiter der Beklagten an allen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie von den personellen Maßnahmen infolge der Betriebsschließung gemäß des Interessenausgleichs vom 29.04.2013 getroffen sind oder betroffen sein werden. Ziff. 1.2 des Sozialplans nimmt jedoch die sogenannten beurlaubten Beamten von dem Geltungsbereich ausdrücklich wieder aus.482.49Der Abfindungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.50a)51Das an die Betriebsparteien gerichtete Gebot des § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG, die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu beachten, gilt auch für Sozialpläne (BAG, Urteil vom 22.07.2003 – 1 AZR 575/02 – EZA § 112 BetrVG 2001 Nr. 7). Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist auch hier vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG, Urteil vom 07.06.2011 – 1 AZR 34/10 – EZA § 112 BetrVG 2001 Nr. 45; Urteil vom 14.12.2010 – 1 AZR 279/09 – EZA § 112 BetrVG 2001 Nr. 39; Urteil vom 18.05.2010 – 1 AZR 187/09 – EZA § 112 BetrVG 2001 Nr. 38).52Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung entstehen können (BAG, Urteil vom 07.06.2011 – 1 AZR 34/10 – a.a.O., Urteil vom 18.05.2010 – 1 AZR 187/09 – a.a.O.). Die Sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar (BAG, Urteil vom 26.05.2009 – 1 AZR 198/08 – EZA § 112 BetrVG 2001 Nr. 31). Hiervon ausgehend sind nicht alle Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung verloren haben, bereits aus diesem Grunde in einer vergleichbaren Situation. Die Vergleichbarkeit bestimmt sich vielmehr nach der zukunftsbezogenen Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans. Dementsprechend kommt es darauf an, ob sich die Klägerin und die vom Sozialplan begünstigten Arbeitnehmer in Bezug auf ihre durch die Betriebsstilllegung verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation befinden (vgl. BAG, Urteil vom 07.06.2011 – 1 AZR 34/10 – a.a.O.).53Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume (BAG, Urteil vom 11.11.2008 – 1 AZR 475/07 – EZA § 112 BetrVG 2001 Nr. 30; Urteil vom 06.11.2007 – 1 AZR 960/06 – EZA § 112 BetrVG 2001 Nr. 25). Ein Beurteilungsspielraum besteht hinsichtlich der den Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile. Ein Gestaltungsspielraum besteht beim Ausgleich oder der Abmilderung der von ihnen prognostizierten Nachteile.54Der Beurteilungsspielraum betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Diese lassen sich regelmäßig nicht in allen Einzelheiten sicher vorhersagen, sondern können nur Gegenstand einer Prognose sein. Bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen hängen die Chancen der einzelnen Arbeitnehmer überhaupt oder in absehbarer Zeit einen gleichwertigen neuen Arbeitsplatz zu finden, von einer Vielzahl subjektiver und objektiver Umstände ab und lassen sich nicht qualifizieren. Da Sozialpläne in der Regel schon vor der Betriebsänderung geschlossen werden sollen, ist es unumgänglich, den Betriebsparteien bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile einen erheblichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. Dieser gestattet eine pauschalisierende und typisierende Betrachtung (BAG, Urteil vom 11.11.2008 – 1 AZR 475/07 – a.a.O.; Beschluss vom 24.08.2004 – 1 ABR 23/03 – EZA § 112 BetrVG 2001 Nr. 12). Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und die gesetzlichen Diskriminierungsverbote sind bei der Einschätzung der dem Arbeitnehmer entstehenden wirtschaftlichen Nachteile unbeachtlich. Es handelt sich insoweit um eine tatsächliche Beurteilung, nicht um normative Gestaltung. Die Betriebsparteien dürfen deshalb bei der Abschätzung der dem Arbeitnehmer aus der Betriebsänderung entstehenden Nachteile auch berücksichtigen, ob diese bei bestimmten Personengruppen schon durch anderweitige, z. B. sozialversicherungsrechtliche Ansprüche abgemildert werden. Die Betriebsparteien schaffen diese Privilegierung nicht, sondern finden sie vor und können sie nach der gesetzlichen Konzeption des § 112 BetrVG in der Sozialplangestaltung auch zugrunde legen (vgl. BAG, Urteil vom 11.11.2008 – 1 AZR 475/07 – a.a.O.).55b)56Gemessen an diesen Grundsätzen verstößt die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei der gebotenen typisierten Betrachtung durften die Betriebsparteien davon ausgehen, dass Arbeitnehmer, die zeitgleich in einem ruhenden Beamtenverhältnis zu Bundesrepublik Deutschland stehen, durch die geplante Betriebsstilllegung keine oder sehr viel geringere wirtschaftlichen Nachteile drohen als anderen Arbeitnehmern, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Bei den sogenannten beurlaubten Beamten lebt das Beamtenverhältnis unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten wieder auf. Die wirtschaftliche Zukunft der beurlaubten Beamten ist durch das Beamtenverhältnis sicher gestellt. Es ist daher nicht sachwidrig, beurlaubte Beamte aus dem Geltungsbereich des Sozialplans heraus zu nehmen.57Eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Klägerin liegt auch nicht im Verhältnis zu den Beschäftigten der Beklagten vor, die zeitlich in einem ruhenden Arbeitsverhältnis zur Deutschen Telekom AG stehen. Auch insoweit fehlt es bei einer zukunftsbezogenen Betrachtungsweise an einer Vergleichbarkeit. Beurlaubte Beamte haben ein nach der Sonderurlaubsverordnung und dem Postpersonalrechtsgesetz klar geregelte, von der Deutschen Telekom AG nicht in Zweifel gezogenes Rückkehrrecht in ihr Beamtenverhältnis. Demgegenüber ist bei den übrigen Angestellten der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses zur Deutschen Telekom AG von individuellen und im Einzelfall unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig. So wie insbesondere die auch von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichte zeigt, hängt ein mögliches Rückkehrrecht der Angestellten nicht allein davon ab, ob vormals ein dreiseitiger Vertrag zwischen den Angestellten, der Deutschen Telekom AG und der V1 T1 S8 GmbH zustande gekommen ist, sondern insbesondere auch davon, ob der jeweilige Angestellte mögliche Ansprüche gegen die Deutsche Telekom AG zwischenzeitlich verwirkt hat oder nicht. Darüber hinaus mussten die Betriebsparteien jedenfalls bei Abschluss des Sozialplans am 29.04.2013 auch dem Vortrag der Klägerin noch davon ausgehen, dass Angestellte mögliche Ansprüche gegenüber der Deutschen Telekom AG gerichtlich geltend machen müssten. Auch wenn man unterstellen würde, dass eine solche gerichtliche Geltendmachung stets erfolgreich wäre, würde allein ein solches Verfahren nicht eine unerhebliche wirtschaftliche Belastung für den Arbeitnehmer darstellen. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplans ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn sie Angestellten mit einem möglichen arbeitsvertraglichen Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG nicht von dem Sozialplan ausgenommen haben.58III.59Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.60Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 3 ff ZPO. | 1. es wird festgestellt, dass der klägerin ansprüche nach ziffer 2 der betriebsvereinbarung sonderprämie vom 29.04.2013 gegen die beklagte zustehen. 2. die weitergehende klage wird abgewiesen. 3. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin zu 76/83 und die beklagte zu 7/83. 4. der streitwert wird auf 51.554,75 € festgesetzt. 1 | 2die parteien streiten über zahlungsansprüche im zusammenhang mit der beendigung ihres arbeitsverhältnisses.3die am 03.07.1962 geborene klägerin ist ledig und einem kind zum unterhalt verpflichtet. seit dem 01.09.1979 war sie im dienste der bundesrepublik deutschland als beamtin bei der deutschen bundespost tätig. seit der privatisierung der deutschen bundespost nimmt die deutsche telekom ag die dienstherreneigenschaft aufgrund des gesetzes zum personalrecht der beschäftigten der früheren deutschen bundespost (postpersonalrechtsgesetz – postpersrg) wahr. die deutsche telekom ag beurlaubte die klägerin nach § 13 abs. 1 der sonderurlaubsverordnung unter wegfall der besoldung für eine tätigkeit bei der v1 t1 s1 gmbh. zum 01.01.2008 erwarb die beklagte den geschäftsbetrieb der v1 t1 s1 gmbh von der deutschen telekom ag. sämtliche bei der v1 t1 s1 gmbh bestehenden arbeitsverhältnisse, darunter auch das arbeitsverhältnis der klägerin, gingen auf die beklagte über. die beklagte erbrachte zuletzt mit rund 950 mitarbeitern, darunter rund 190 beurlaubte beamte der deutschen telekom ag, an 16 standorten in deutschland dienstleistungen auf dem telekommunikationssektor, insbesondere die wartung und installation von netzwerkinfrasturktur.4am 29.04.2013 schlossen die beklagte und der bei ihr gewählte betriebsrat im hinblick auf eine beabsichtigte betriebsstilllegung einen interessenausgleich (bl. 5 ff d. a.) ab. ebenfalls unter dem 29.04.2013 schlossen die beklagte und der betriebsrat einen sozialplan zur betriebsstilllegung (bl. 8 ff d. a.) ab. in diesem sozialplan heißt es u. a. wörtlich:5„präambel6(1) infolge der betriebsstilllegung, die im interessenausgleich vom 29.04.2013 beschrieben ist, entsteht die notwendigkeit, die wirtschaftlichen und sozialen nachteile auszugleichen bzw. abzumildern, die den mitarbeitern entstehen. 7(2) die betriebsparteien möchten durch diesen sozialplan insbesondere die bedingungen dafür schaffen, dass die von arbeitslosigkeit bedrohten mitarbeiter der n1 s bei ihrer notwendigen beruflichen neuorientierung unterstützt werden. zu diesem zweck soll den mitarbeitern nach maßgabe dieses sozialplans neben der zahlung von abfindungen auch der abschluss von transferarbeitsverhältnissen angeboten werden. 8(3) das zur verfügung stehende sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den ausgleich der wirtschaftlichen nachteile aller mitarbeiter aus. vor diesem hintergrund haben die betriebsparteien das ihnen zustehende ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer sicht gravierendsten wirtschaftlichen nachteile gemildert werden, die im hinblick auf die zukunftsgerichtete ausgleichs- und überbrückungsfunktion des sozialplans in erster linie durch arbeitslosigkeit entstehen. sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten beamten bei rückkehr zur deutschen telekom ag nachteile entstehen können, z. b. durch ein geringeres entgelt oder einen ortswechsel. beurlaubte beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche nachteile als diejenigen ohne beamtenstatus, da sie normalerweise weder von arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr rückkehranspruch zur deutschen telekom ag bzw. ihr erworbener besitzstand bestritten wird.91. geltungsbereich 101.1 dieser sozialplan gilt für alle mitarbeiter der n1 s an allen standorten in der bundesrepublik deutschland, soweit sie von personellen maßnahmen infolge der betriebsstilllegung gemäß des interessenausgleichs betroffen sind oder betroffen sein werden. 111.2 dieser sozialplan gilt nicht für- …- beurlaubte beamte.- …"12schließlich schlossen die beklagte und der betriebsrat am 29.04.2013 eine betriebsvereinbarung sonderprämie (bl. 18 ff d. a.) ab. in dieser betriebsvereinbarung heißt es u. a. wörtlich:13 präambel14 der gesamte betrieb der n1 s wird stillgelegt. über diese maßnahme existiert ein interessenausgleich sowie ein sozialplan. dabei liegt es im vorrangigen interesse der betriebsparteien, die arbeitslosigkeit der betroffenen mitarbeiterinnen und mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: „mitarbeiter") zu vermeiden und ihnen neue berufliche perspektiven zu eröffnen, weshalb der wechsel in eine transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. soweit mitarbeiter trotz des angebots den wechsel in eine transfergesellschaft ablehnen oder kein angebot auf einen wechsel in die transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte kündigung von arbeitslosigkeit bedroht sind und dem geltungsbereich des sozialplans unterfallen (weil sie sich z. b. in elternzeit befinden), soll honoriert werden, wenn sie das bedürfnis der n1 s nach planungssicherheit dennoch berücksichtigen, indem sie keine klage gegen die beendigung ihres arbeitsverhältnisses erhoben oder innerhalb der dreiwöchigen klagefrist einen abwicklungsvertrag mit n1 s schließen. auerdem soll honoriert werden, wenn die mitarbeiter alle überlassenen arbeitsmittel vor austritt bei der n1 s nachweisbar an n1 s zurückgeben. vor diesem hintergrund vereinbaren die parteien folgendes:151. geltungsbereichdiese betriebsvereinbarung findet anwendung auf diejenigen mitarbeiter der n1 s, die- dem geltungsbereich des sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen;- nicht vom erhalt einer abfindung gem. ziff. 3 des sozialplans vom 29.04.13 ausgeschlossen sind;- einen dreiseitigen vertrag mit n1 s innerhalb der angebotsfrist abschlie ßen und keine klage gegen die beendigung ihres arbeitsverhältnisses erhe benoderdas angebot auf abschluss eines dreiseitigen vertrages ablehnen (bzw. trotz bedrohung durch arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitige kündigung kein angebot erhalten) und entweder (1) keine klage gegen die beendigung ihres arbeitsverhältnisses erhoben oder (2) innerhalb von drei wochen nach zugang der arbeitgeberseitigen kündigung einen abwicklungsvertrag schließen, wobei kein anspruch auf abschluss eines abwicklungsvertrages besteht.16mit schreiben vom 06.05.2013 (bl. 21 d. a.) kündigte die beklagte das arbeitsverhältnis mit der klägerin zum 31.12.2013 „wegen schließung des geschäftsbetriebes von n1 s gmbh & co. kg". die klägerin erhob gegen diese kündigung keine kündigungsschutzklage.17mit ihrer am 15.06.2013 beim arbeitsgericht bonn eingegangenen und später verwiesenen klage macht die klägerin gegen die beklagte die zahlung einer sozialplanabfindung sowie die zahlung einer sonderprämie geltend.18die klägerin ist der ansicht, sie werde durch die bereichsausnahme im sozialplan und der betriebsvereinbarung sonderprämie diskriminiert. der sozialplangeber könne sich nicht darauf berufen, dass die beamten weder eine abfindung noch eine sonstige leistung aus dem sozialplan und der betriebsvereinbarung benötigen, weil diese dauerhaft einer erwerbstätigkeit als beamte ausüben könnten. in der präambel zum sozialplan hätten die sozialplanparteien ausdrücklich anerkannt, dass auch beamte nachteile erleiden könnten. wären die sozialplangeber konsequent gewesen, so hätten sie allenfalls über eine minderung der leistung an beamte nachdenken können, nicht jedoch an ihren vollständigen ausschluss. eine ganz wesentliche diskriminierung liege darin, dass die getroffenen vereinbarungen, die die beamten wegen eines rückkehrrechts von leistungen ausschließen, bei arbeitsnehmern in keiner weise danach differenziere, ob diese einen rückkehranspruch zur deutschen telekom ag hätten oder nicht. arbeitnehmer, bei denen die beendigung des arbeitsverhältnisses zur deutschen telekom ag vor der überlassung an tochtergesellschaft und letztlich an die beklagte nicht dargelegt werden könne, hätten ebenfalls, wie die beamten, ein gesichertes, insbesondere unbefristetes beschäftigungsverhältnis. im gegensatz zu den beamten erhalten die arbeitnehmer jedoch die leistungen aus den getroffenen betrieblichen vereinbarungen uneingeschränkt in voller höhe. im rahmen der sozialplanverhandlungen hätte den betriebsparteien eine namentliche liste vorgelegen, in der die arbeitsnehmer mit rückkehrrecht einzeln aufgeführt gewesen seien. diese liste habe mit wenigen ausnahmen mit dem ergebnis der erörterungen zwischen ver.di und der deutschen telekom ag entsprochen. besonders deutlich zeige sich der diskriminierende charakter der bereichsausnahme, wenn die beamten auch von der betriebsvereinbarung sonderprämie ausgeschlossen würden. die sozialplanparteien hätten ausweislich der präambel rechtssicherheit für die beklagte schaffen wollen, indem sie diejenigen belohnt, die keine kündigungsschutzklage erheben. diese rechtssicherheit erhielten sie bei beamten, die nicht klagen würden, ebenfalls.19die klägerin beantragt,201. die beklagte zu verurteilen, an ihn mit beendigung des arbeitsverhältnisses am 31.12.2013 einen betrag in höhe von 47.208,75 € brutto zu zahlen;212. festzustellen, dass dem kläger nach ziff. 2 der betriebsvereinbarung sonderprämie vom 29.04.2013 gegen die beklagte zustehen.22die beklagte beantragt,23 die klage abzuweisen.24sie ist der ansicht, dass der ausschluss der beurlaubten beamten aus dem geltungsbereich des sozialplans gerechtfertigt sei. hierzu behauptet sie, die bei ihr beschäftigten beurlaubten beamten seien nach wie vor beamte der deutschen telekom ag. sie würden nach beendigung ihres arbeitsverhältnisses nahtlos zur deutschen telekom ag zurückkehren, das dienstverhältnis lebe wieder auf, die beamten erhielten unter berücksichtigung ihres wohnortes, einen freien dauerarbeitsplatz und erhielten dort sofort als aktiver beamter die ihm zustehende besoldung. die beurlaubung habe keinerlei einfluss auf den stand des beamtenverhältnisses und den auch während der beschäftigung bei ihr weiter erworbenen besitzstand des beamten. lediglich art und ort der tätigkeit, die der beamte nach seiner rückkehr bei der deutschen telekom ag ausüben werde, sei bei seiner rückkehr nicht immer klar. angesichts ihrer finanziellen situation und der von der muttergesellschaft zur verfügung gestellten eingeschränkten mittel für einen sozialplan hätten die betriebsparteien eine abwägung treffen müssen, welches nachteile sie ausgleichen und welche nicht. sie hätten dabei die bei dem beurlaubten beamten verbleibenden nachteile hinsichtlich vergütung, art und dauer der tätigkeit im vergleich zu den wirtschaftlichen nachteilen der anderen arbeitnehmer als deutlich geringer eingeschätzt. die sichere aussicht der beurlaubten beamten auf einen nahtlosen anschlussarbeitsplatz bei der deutschen telekom ag unter wahrung ihres gesamten besitzstandes als beamter rechtfertige trotz verbleibender nachteile aus ihrer sicht die herausnahme der beamten aus dem sozialplan. bei den mitarbeitern ohne beamtenstatus, die mit einer durchschnittlichen betriebszugehörigkeit von 26 jahren und einem durchschnittlichen lebensalter von 50 jahren von arbeitslosigkeit bedroht seien, hätten die betriebsparteien gefürchtet, dass sie aufgrund des reinen „telekom-lebenslaufes" und ihres lebensalters nur schwer und nur nach einer langen überbrückungszeit ein anschlussbeschäftigungsverhältnis zu wesentlich schlechteren konditionen erhalten würden. ein rückkehranspruch sonstiger arbeitnehmer zur deutschen telekom ag außer den beurlaubten beamten gebe es hingegen nicht. sie wisse lediglich, dass es 4 arbeitnehmer gebe, die sich ihre beschäftigung bei der deutschen telekom ag nach ihrem ausscheiden bei ihr vor einigen jahren in arbeitsrechtlichen streitigkeiten erstritten hätten. welche arbeitsverhältnisse bei der deutschen telekom ag ordnungsgemäß beendet worden seien, welche aufgrund von betriebsübergängen bzw. verschmelzungen/umwandlung von verschiedenen gesellschaften des telekom-konzerns kraft gesetzes auf die v1 t1 s1 gmbh bzw. ihre vorgängergesellschaften übergegangen seien und welche arbeitsverhältnisse vor diesem hintergrund mit der deutschen telekom ag möglicherweise als ruhendes arbeitsverhältnis fortbestehen, entziehe sich ihrer kenntnis. die betriebsparteien seien typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass alle arbeitnehmer bis auf die beurlaubten beamten gleichermaßen von arbeitslosigkeit bedroht seien. es habe lediglich die chance für einzelne arbeitnehmer bestanden, die eigene situation zu verbessern, indem sie z. b. aufgrund eigener bemühungen unmittelbar eine anschlussbeschäftigung finden oder erfolgreich rechtsansprüche gegen frühere arbeitgeber geltend machen. aufgrund ihrer erfahrungen mit der deutschen telekom ag sei sie davon ausgegangen, dass die deutsche telekom ag freiwillig keine mitarbeiter einstellen würde, sondern jeden einzelfall gerichtlich überprüfen lassen würde. durch die betriebsvereinbarung sonderprämie hätten die betriebspartner besonders entlohnen wollen, wenn die von arbeitslosigkeit betroffenen mitarbeiter ihr interesse an betriebsfrieden respektieren würden. bei beurlaubten beamten seien die betriebsparteien davon ausgegangen, dass an der erhebung einer kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten rückkehrmöglichkeit zur deutschen telekom ag kaum interesse bestünde und deshalb ein verzicht auf erhebung der kündigungsschutzklage keine besondere honorierung verdiene.25bzgl. des weiteren vorbringens wird auf die wechselseitigen schriftsätzlichen ausführungen der parteien einschließlich der anlagen bezug genommen.26 | 27die zulässige feststellungsklage ist begründet. die zahlungsklage ist hingegen unbegründet.28i.29die feststellungsklage ist zulässig und begründet.301.31der feststellungsantrag ist nach § 256 abs. 1 zpo zulässig. eine feststellungsklage kann sich auf einzelne beziehungen oder folgen aus einem rechtsverhältnis, auf bestimmte ansprüche oder verpflichtungen oder auf den umfang einer leistung beschränken – sogenannte elementenfeststellungsklage (bag, urteil vom 03.07.2013 – 4 azr 41/12 – juris; urteil vom 22.10.2008 – 4 azr 784/07 – eza § 3 tvg in bezugnahme auf tarifvertrag nr. 39). der antrag ist hinreichend bestimmt. zwischen den parteien besteht eine tatsächliche unsicherheit, ob ziff. 2 der betriebsvereinbarung sonderprämie vom 29.04.2013 auf das arbeitsverhältnis der klägerin anwendung findet. dem feststellungsinteresse der klägerin steht nicht der sogenannte vorrang der leistungsklage entgegen. zwar wäre auch eine klage auf zukünftige leistung nach § 259 zpo denkbar. in einem solchen antrag müsste jedoch die für die zwangsvollstreckung wesentlichen bedingungen des zahlungsanspruchs aufgenommen werden (vgl. bag, urteil vom 13.03.2002 – 5 azr 755/00 – eza § 259 zpo nr. 1), insbesondere der nichteintritt der in ziff. 2.3 der betriebsvereinbarung sonderprämie geregelten auflösenden bedingungen. dieses würde dazu führen, dass wesentliche voraussetzungen des zahlungsanspruchs im zwangsvollstreckungsverfahren zu überprüfen wären, so dass die hier gewählte feststellungsklage prozessual besser geeignet erscheint, den streit zwischen den parteien beizulegen.322.33die klägerin hat gegen die beklagte anspruch auf zahlung einer sonderprämie in höhe von 4.346,00 € brutto aus ziff. 2.1 betriebsvereinbarung sonderprämie vom 29.04.2013 i.v.m. dem betriebsverfassungsrechtlichen gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 abs. 1 s. betrvg. zwar ist die betriebsvereinbarung sonderprämie nach ziff. 1 nicht auf das arbeitsverhältnis der klägerin anwendbar, da nach ziff. 1, erster spiegelpunkt nur die unter den geltungsbereich des sozialplans vom 29.04.2013 fallenden arbeitsverhältnisse auch unter den geltungsbereich der betriebsvereinbarung sonderprämie fallen. keiner abschließenden entscheidung bedarf jedoch die frage, ob die nach ziff. 1.2 des sozialplans erfolgte ausnahme der beurlaubten beamten – zu denen auch die klägerin gehört – aus dem geltungsbereich des sozialplans wirksam ist. jedenfalls im bezug auf die betriebsvereinbarung sonderprämie verstößt die ausschlussklausel gegen recht und billigkeit und ist deshalb unwirksam.34a)35die betriebsparteien haben bei betriebsvereinbarungen, in denen sie die verteilung von leistungen regeln, gemäß § 75 abs. 1 s. 1 betrvg die grundsätze von recht und billigkeit zu beachten. dazu gehört insbesondere der betriebsverfassungsrechtliche gleichbehandlungsgrundsatz, dem wiederum der allgemeine gleichheitssatz des art. 3 abs. 1 gg zugrunde liegt. dieser ist ausdruck des gerechtigkeitsgedanken im grundgesetz und fundamentales rechtsprinzip (vgl. bverfg, beschluss vom 31.05.1988 – 1 bvl 22/85 – njw 1988, 3258). er zielt darauf ab, eine gleichbehandlung von personen in vergleichbaren sachverhalten sicher zu stellen und eine gleichheitswidrige regelung auszuschließen (vgl. bag, urteil vom 27.05.2004 – 6 azr 129/03 – eza art. 3 gg nr. 101). er kommt insbesondere zur anwendung, wenn die betriebsparteien bei einer regelung unterschiedliche gruppen bilden. eine gruppenbildung kann nicht nur dadurch erfolgen, dass für vermeintliche arbeitnehmergruppen unterschiedliche rechtsfolgen vorgesehen werden oder eine bestimmte gruppe von einer regelung ausdrücklich ausgenommen wird. vielmehr werden unterschiedliche gruppen auch dann gebildet, wenn eine regelung nur für eine arbeitnehmergruppe getroffen wird und für eine andere unterbleibt (bag, urteil vom 22.03.2005 – 1 azr 49/04 – eza § 75 betrvg 2001 nr. 2).36sind für verschiedene arbeitnehmergruppen unterschiedliche rechtsfolgen – insbesondere unterschiedliche leistungen – vorgesehen, verlangt der gleichheitssatz, dass diese unterschiedlichkeit sachlich gerechtfertigt ist. dabei verstößt eine sachverhaltsbezogene ungleichbehandlung erst dann gegen den allgemeinen gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger grund für die differenzierung nicht finden lässt. dagegen ist bei einer personenbezogenen ungleichbehandlung der gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine gruppe von normadressaten im vergleich zu anderen normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden gruppen kein unterschied von solcher art und solchem gewicht besteht, dass sie die ungleiche behandlung rechtfertigen können (bag, urteil vom 22.03.2005 – 1 azr 49/04 – a.a.o; urteil vom 27.05.2004 – 6 azr 129/03 – a.a.o.). die übergänge zwischen sachverhaltsbezogenen und personenbezogenen differenzierungen sind bisweilen fließend. insbesondere kann eine ungleichbehandlung von sachverhalten unmittelbar eine ungleichbehandlung von personengruppen bewirken (bag, urteil vom 22.03.2005 – 1 azr 49/04 a.a.o.).37maßgeblich für das vorliegen eines hinreichenden sachgrunds ist vor allem der mit der regelung verfolgte zweck (bag, urteil vom 07.06.2011 – 1 azr 34/10 – eza § 112 betrvg 2001 nr. 45; urteil vom 19.03.2002 – 2 azr 229/01 – juris). unter dessen berücksichtigung müssen die merkmale, an welche die gruppenbildung anknüpft, die differenzierung bei den rechtsfolgen rechtfertigen. die betriebsparteien haben ebenso wie andere normgeber einen beurteilungsspielraum und eine einschätzungsprärogative hinsichtlich der tatsächlichen voraussetzungen und folgen der von ihnen gesetzten regelungen.38b)39gemessen an diesen grundsätzen ist die ausnahme der sogenannten beurlaubten beamten aus dem geltungsbereich der betriebsvereinbarung sonderprämie sachwidrig und deshalb unwirksam.40ausweislich der präambel der betriebsvereinbarung sollte durch die dort aufgeführten leistungen honoriert werden, dass arbeitnehmer das bedürfnis der beklagten nach planungssicherheit berücksichtigen, indem sie keine klagen gegen die beendigung ihres arbeitsverhältnisses erheben oder innerhalb der dreiwöchigen klagefrist einen abwicklungsvertrag mit der beklagten abschließen. zudem soll honoriert werden, wenn die mitarbeiter alle überlassenen arbeitsmittel vor austritt bei der beklagten nachweisbar an diese zurückgeben. der regelungszweck ist mithin nicht auf die interessen der beschäftigten, sondern auf die interessen der beklagten ausgerichtet. die rücksichtnahme auf die interessen der beklagten soll durch die sonderprämie honoriert werden.41gemessen an diesem regelungszweck ist die differenzierung zwischen beurlaubten beamten und sonstigen arbeitnehmern sachlich nicht gerechtfertigt. auch die beurlaubten beamten stehen zur beklagten in einem „normalen" arbeitsverhältnis. auch für sie gelten die kündigungsschutzrechtlichen vorschriften. wie auch alle übrigen beschäftigten können die beurlaubten beamten die rechtmäßigkeit einer ihnen gegenüber ausgesprochenen kündigung durch die arbeitsgericht überprüfen lassen. auch sie können, wie alle übrigen arbeitnehmer auch, überlassene arbeitsmittel beim austritt faktisch zurückhalten und somit eine abwicklung des arbeitsverhältnisses verzögern. soweit die beklagte meint, beurlaubte beamte hätten aufgrund ihrer sozialen absicherung durch das beamtenverhältnis kaum ein interesse an einer kündigungsschutzklage, verfängt dieses argument nicht. die betriebsparteien haben in der präambel des sozialplans vom 29.04.2013 ausdrücklich anerkannt, dass auch beurlaubten beamten wirtschaftliche nachteile durch die kündigung ihres arbeitsverhältnisses drohen. daraus folgt zwangsläufig, dass auch beurlaubte beamte nicht nur ein ideelles, sondern auch ein wirtschaftliches interesse an einer überprüfung der rechtmäßigkeit der kündigung haben. unter berücksichtigung des regelungszweckes der betriebsvereinbarung sonderprämie ist ein beurlaubter beamter mithin in der gleichen situation wie ein normaler arbeitnehmer der beklagten, der von kündigung betroffen ist. die differenzierung zwischen beurlaubten beamten und übrigen arbeitnehmern ist deshalb bereits ungeeignet, dem regelungszweck der betriebsvereinbarung geltung zu verschaffen. gerichtsbekannt haben eine reihe der beurlaubten beamten der beklagten gegen die kündigung ihres arbeitsverhältnisses klage vor den arbeitsgerichten erhoben. sie haben damit in gleicher weise wie „normale" arbeitnehmer zur rechtsunsicherheit bei der beklagten beigetragen.42c)43ist mithin die herausnahme der beurlaubten beamten aus dem geltungsbereich der betriebsvereinbarung sonderprämie wegen verstoßes gegen den betriebsverfassungsrechtlichen gleichbehandlungsgrundsatz unwirksam, so hat auch die klägerin anspruch auf zahlung einer sonderprämie nach ziff. 2 der betriebsvereinbarung. sie ist nicht nach ziff. 3.1 des sozialplans vom 29.04.2013 vom erhalt einer abfindung ausgeschlossen. gegen die kündigung ihres arbeitsverhältnisses zum 31.12.2013 hat sie unstreitig keine kündigungsschutzklage erhoben. mit ablauf der dreiwöchigen klagefrist nach zugang der kündigung ist deshalb der prämienanspruch nach ziff. 2 der betriebsvereinbarung sonderprämie entstanden unter der auflösenden bedingung, dass die klägerin bis zum austritt bei der beklagten nachweisbar seine ihm überlassenen arbeitsmittel an die beklagte zurückgibt.44ii.45die weitergehende zahlungsklage ist unbegründet. die klägerin hat gegen die beklagte keinen anspruch auf zahlung einer abfindung von 48.095,83 € aus § 611 bgb i.v.m. ziff. 3 des sozialplans zur betriebsschließung vom 29.04.2013.461.47als beurlaubter beamter fällt die klägerin nach dem wortlaut nicht in den in ziff. 1 des sozialplans geregelten geltungsbereich. nach ziff. 1.1. des sozialplans gilt dieser zwar für alle mitarbeiter der beklagten an allen standorten in der bundesrepublik deutschland, soweit sie von den personellen maßnahmen infolge der betriebsschließung gemäß des interessenausgleichs vom 29.04.2013 getroffen sind oder betroffen sein werden. ziff. 1.2 des sozialplans nimmt jedoch die sogenannten beurlaubten beamten von dem geltungsbereich ausdrücklich wieder aus.482.49der abfindungsanspruch der klägerin ergibt sich auch nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 abs. 1 betrvg.50a)51das an die betriebsparteien gerichtete gebot des § 75 abs. 1 s. 1 betrvg, die grundsätze von recht und billigkeit zu beachten, gilt auch für sozialpläne (bag, urteil vom 22.07.2003 – 1 azr 575/02 – eza § 112 betrvg 2001 nr. 7). maßgeblich für das vorliegen eines die bildung unterschiedlicher gruppen rechtfertigenden sachgrundes ist auch hier vor allem der mit der regelung verfolgte zweck (bag, urteil vom 07.06.2011 – 1 azr 34/10 – eza § 112 betrvg 2001 nr. 45; urteil vom 14.12.2010 – 1 azr 279/09 – eza § 112 betrvg 2001 nr. 39; urteil vom 18.05.2010 – 1 azr 187/09 – eza § 112 betrvg 2001 nr. 38).52sozialpläne haben nach der ständigen rechtsprechung des bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene ausgleichs- und überbrückungsfunktion. die in ihnen vorgesehenen leistungen sollen gem. § 112 abs. 1 s. 2 betrvg die künftigen nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem arbeitnehmer durch die betriebsänderung entstehen können (bag, urteil vom 07.06.2011 – 1 azr 34/10 – a.a.o., urteil vom 18.05.2010 – 1 azr 187/09 – a.a.o.). die sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches entgelt für die in der vergangenheit erbrachten dienste dar (bag, urteil vom 26.05.2009 – 1 azr 198/08 – eza § 112 betrvg 2001 nr. 31). hiervon ausgehend sind nicht alle arbeitnehmer, die ihren arbeitsplatz aufgrund einer betriebsbedingten kündigung verloren haben, bereits aus diesem grunde in einer vergleichbaren situation. die vergleichbarkeit bestimmt sich vielmehr nach der zukunftsbezogenen ausgleichs- und überbrückungsfunktion des sozialplans. dementsprechend kommt es darauf an, ob sich die klägerin und die vom sozialplan begünstigten arbeitnehmer in bezug auf ihre durch die betriebsstilllegung verursachten wirtschaftlichen nachteile in einer vergleichbaren situation befinden (vgl. bag, urteil vom 07.06.2011 – 1 azr 34/10 – a.a.o.).53die zukunftsbezogene ausgleichsfunktion von sozialplänen eröffnet den betriebsparteien beurteilungs- und gestaltungsspielräume (bag, urteil vom 11.11.2008 – 1 azr 475/07 – eza § 112 betrvg 2001 nr. 30; urteil vom 06.11.2007 – 1 azr 960/06 – eza § 112 betrvg 2001 nr. 25). ein beurteilungsspielraum besteht hinsichtlich der den arbeitnehmer durch die betriebsänderung voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen nachteile. ein gestaltungsspielraum besteht beim ausgleich oder der abmilderung der von ihnen prognostizierten nachteile.54der beurteilungsspielraum betrifft die tatsächliche einschätzung der mit der betriebsänderung für die arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen folgen. diese lassen sich regelmäßig nicht in allen einzelheiten sicher vorhersagen, sondern können nur gegenstand einer prognose sein. bei der beendigung von arbeitsverhältnissen hängen die chancen der einzelnen arbeitnehmer überhaupt oder in absehbarer zeit einen gleichwertigen neuen arbeitsplatz zu finden, von einer vielzahl subjektiver und objektiver umstände ab und lassen sich nicht qualifizieren. da sozialpläne in der regel schon vor der betriebsänderung geschlossen werden sollen, ist es unumgänglich, den betriebsparteien bei der einschätzung der wirtschaftlichen nachteile einen erheblichen beurteilungsspielraum einzuräumen. dieser gestattet eine pauschalisierende und typisierende betrachtung (bag, urteil vom 11.11.2008 – 1 azr 475/07 – a.a.o.; beschluss vom 24.08.2004 – 1 abr 23/03 – eza § 112 betrvg 2001 nr. 12). der betriebsverfassungsrechtliche gleichbehandlungsgrundsatz und die gesetzlichen diskriminierungsverbote sind bei der einschätzung der dem arbeitnehmer entstehenden wirtschaftlichen nachteile unbeachtlich. es handelt sich insoweit um eine tatsächliche beurteilung, nicht um normative gestaltung. die betriebsparteien dürfen deshalb bei der abschätzung der dem arbeitnehmer aus der betriebsänderung entstehenden nachteile auch berücksichtigen, ob diese bei bestimmten personengruppen schon durch anderweitige, z. b. sozialversicherungsrechtliche ansprüche abgemildert werden. die betriebsparteien schaffen diese privilegierung nicht, sondern finden sie vor und können sie nach der gesetzlichen konzeption des § 112 betrvg in der sozialplangestaltung auch zugrunde legen (vgl. bag, urteil vom 11.11.2008 – 1 azr 475/07 – a.a.o.).55b)56gemessen an diesen grundsätzen verstößt die herausnahme der beurlaubten beamten aus dem geltungsbereich des sozialplans vom 29.04.2013 nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen gleichbehandlungsgrundsatz. bei der gebotenen typisierten betrachtung durften die betriebsparteien davon ausgehen, dass arbeitnehmer, die zeitgleich in einem ruhenden beamtenverhältnis zu bundesrepublik deutschland stehen, durch die geplante betriebsstilllegung keine oder sehr viel geringere wirtschaftlichen nachteile drohen als anderen arbeitnehmern, die von arbeitslosigkeit bedroht sind. bei den sogenannten beurlaubten beamten lebt das beamtenverhältnis unmittelbar mit beendigung des arbeitsverhältnisses zur beklagten wieder auf. die wirtschaftliche zukunft der beurlaubten beamten ist durch das beamtenverhältnis sicher gestellt. es ist daher nicht sachwidrig, beurlaubte beamte aus dem geltungsbereich des sozialplans heraus zu nehmen.57eine sachwidrige ungleichbehandlung der klägerin liegt auch nicht im verhältnis zu den beschäftigten der beklagten vor, die zeitlich in einem ruhenden arbeitsverhältnis zur deutschen telekom ag stehen. auch insoweit fehlt es bei einer zukunftsbezogenen betrachtungsweise an einer vergleichbarkeit. beurlaubte beamte haben ein nach der sonderurlaubsverordnung und dem postpersonalrechtsgesetz klar geregelte, von der deutschen telekom ag nicht in zweifel gezogenes rückkehrrecht in ihr beamtenverhältnis. demgegenüber ist bei den übrigen angestellten der fortbestand eines arbeitsverhältnisses zur deutschen telekom ag von individuellen und im einzelfall unterschiedlichen voraussetzungen abhängig. so wie insbesondere die auch von der klägerin zitierte rechtsprechung des landesarbeitsgerichte zeigt, hängt ein mögliches rückkehrrecht der angestellten nicht allein davon ab, ob vormals ein dreiseitiger vertrag zwischen den angestellten, der deutschen telekom ag und der v1 t1 s8 gmbh zustande gekommen ist, sondern insbesondere auch davon, ob der jeweilige angestellte mögliche ansprüche gegen die deutsche telekom ag zwischenzeitlich verwirkt hat oder nicht. darüber hinaus mussten die betriebsparteien jedenfalls bei abschluss des sozialplans am 29.04.2013 auch dem vortrag der klägerin noch davon ausgehen, dass angestellte mögliche ansprüche gegenüber der deutschen telekom ag gerichtlich geltend machen müssten. auch wenn man unterstellen würde, dass eine solche gerichtliche geltendmachung stets erfolgreich wäre, würde allein ein solches verfahren nicht eine unerhebliche wirtschaftliche belastung für den arbeitnehmer darstellen. vor diesem hintergrund haben die betriebsparteien bei abschluss des sozialplans ihren beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn sie angestellten mit einem möglichen arbeitsvertraglichen rückkehrrecht zur deutschen telekom ag nicht von dem sozialplan ausgenommen haben.58iii.59die kostenentscheidung folgt aus § 92 abs. 1 zpo.60die streitwertfestsetzung beruht auf § 61 abs. 1 arbgg i.v.m. § 3 ff zpo. | Klaeger*in | 1 |
168,746 | 21 K 4713/13 | 2015-01-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 25. April 2013 wird insoweit aufgehoben, als er einen Erstattungsbetrag über den Betrag von 266,00 Euro hinaus festsetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Klägerin zu 94 % und die Beklagte zu 6%. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Erstattung überzahlter Leistungen nach dem Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder –ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz - UVG -). 3Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 4. Februar 2010 ab dem 1. Februar 2010 für ihren am 00.00.2009 geborenen Sohn Leistungen nach dem UVG. Da die Klägerin laut Antragsformular vom 28. Januar 2010 Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz in voller Höhe bezog, legte die Beklagte bei der Ermittlung der Höhe des Unterhaltsvorschusses den Mindestunterhalt in Höhe von 317,00 Euro abzüglich des gesamten Erstkindergeldbetrages in Höhe von 184,00 Euro zugrunde und gewährte sodann fortlaufend Unterhaltsvorschuss in Höhe von 133,00 Euro. 4Am 15. Januar 2013 schlossen die Klägerin und der Kindesvater vor dem Amtsgericht – Familiengericht – N. -S. (17 F 239/12) einen Vergleich, in dem sich der Kindesvater verpflichtete, für seinen Sohn zu Händen der Klägerin einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 1.000,00 Euro für den Zeitraum bis einschließlich Januar 2013 zahlen. Die Tilgung der Rückstände solle mit monatlichen Raten von 50,00 Euro beginnend ab dem 1. Februar 2013 erfolgen. Ferner wurde festgelegt, dass der Kindesvater ab Februar 2013 für seinen Sohn laufenden Unterhalt in Höhe von monatlich 92,00 Euro zahlen werde. Nach Ziff. 4) ist „Grundlage dieses Vergleichs (…) ein monatliches Nettoeinkommen des Antragsgegners in Höhe von 1032,89 Euro, sowie der Umstand, dass der Antragsteller Leistungen von der Unterhaltsvorschusskasse erhält.“ 5Der Kindesvater überwies auf das Konto der Kindesmutter für seinen Sohn sowohl am 18. Februar 2013 als auch am 18. März 2013 jeweils 142,00 Euro Unterhalt, zeigte die Zahlungen gegenüber der Beklagten an und legte entsprechende Buchungsbelege vor. 6Mit Schreiben vom 15. April 2013 teilte die Klägerin der Beklagten unter Vorlage einer Ablichtung des familiengerichtlichen Vergleichs mit, der Kindesvater sei inzwischen verpflichtet worden, monatlichen Unterhalt in Höhe von 92,00 Euro für ihr gemeinsames Kind zu zahlen; der Zahlungspflicht sei er allerdings widerwillig nachgegangen. Ob er zukünftig in der Lage sei, regelmäßige Unterhaltszahlungen an sie zu leisten, sei aufgrund früherer Erfahrungen ungewiss. 7Unter dem 17. April 2013 hörte die Beklagte die Klägerin dahingehend an, dass ihr Sohn in den Monaten Februar und März 2013 jeweils 142,00 Euro Unterhaltsleistungen des Vaters erhalten habe, so dass die Anspruchsvoraussetzungen für eine Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen in diesem Zeitraum nicht vorgelegen hätten und bereits zu Unrecht ausgezahlte Beträge von der Klägerin zurück zu erstatten seien. 8Daraufhin entgegnete die Klägerin am 23. April 2013, der Kindesvater zahle keine 142,00 Euro monatlichen Unterhalt, sondern lediglich 92,00 Euro laufenden Unterhalt. Diese bildeten den Differenzbetrag zwischen den Unterhaltsvorschussleistungen der Beklagten und dem vollen Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes (225,00 Euro). Dieser nicht von der Unterhaltsvorschusskasse gedeckte zusätzliche Unterhaltsanspruch sei nicht auf die Unterhaltsvorschussleistungen anzurechnen und könne daher von dem Kindesvater direkt an sie, und zwar anrechnungsfrei, ausgezahlt werden. Die darüber hinausgehenden 50,00 Euro beträfen Tilgungsraten zur Begleichung von Unterhaltsrückständen der letzten drei Jahre, die ihrem Sohn aufgrund des gerichtlichen Vergleiches ebenfalls zustünden. 9Durch Bescheid vom 25. April 2013, mittels Postzustellungsurkunde am 3. Mai 2013 zugestellt, forderte die Beklagte die Klägerin zu einer Rückzahlung überzahlter Leistungen nach dem UVG für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis zum 31. März 2013 in Höhe von 284,00 Euro auf. Zur Begründung führte sie aus, die für die Monate Februar und März 2013 geleisteten rückständigen Unterhaltsleistungen in Höhe von jeweils 50,00 Euro seien auf die Beklagte im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangen; diese Beträge seien von der Klägerin nunmehr an die Beklagte in voller Höhe zu erstatten. Ferner seien die laufenden Unterhaltszahlungen in Höhe von jeweils 92,00 Euro an die Beklagte zurückzuzahlen. Daraus errechne sich ein Erstattungsbetrag in Höhe von 284,00 Euro. 10Dagegen hat die Klägerin am 27. Mai 2013 Klage erhoben. 11Zu Begründung macht sie geltend, die Voraussetzungen für eine Zahlungspflicht lägen nicht vor. Bei den im familiengerichtlichen Vergleich titulierten Beträgen handele es sich nicht um gemäß § 7 UVG übergegangene Ansprüche, sondern vielmehr um die Differenz zwischen dem von einem Unterhaltsschuldner zu zahlenden Mindestbetrag und der gewährten Unterhaltsvorschussleistung. Da die eingeklagten Zahlungen ausschließlich den Teil des Unterhaltsanspruches des Kindes betroffen hätten, der über die bewilligten UVG-Leistungen hinausgehe, stelle der Zahlungseingang bei der Klägerin kein Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG dar. Denn wegen des Abzuges des Kindergeldes entsprechend der Vorschrift des § 2 Abs. 2 UVG seien diejenigen Beträge isoliert eingeklagt worden, die nicht von der Unterhaltsvorschusskasse gezahlt werden. Derartige Unterhaltsteile, die von den Zahlungen der Unterhaltsvorschusskasse nicht umfasst seien, könnten aber auch nicht gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG auf die jeweiligen Unterhaltsvorschusskassen übergehen. Bei Abschluss des familiengerichtlichen Vergleiches sei auch allen Beteiligten klar gewesen, dass der dortige Streitgegenstand gerade nicht die auf den Beklagten übergegangenen Ansprüche umfassen solle, sondern lediglich die Zahlung des sogenannten Differenzunterhalts. Unterfiele dieser Differenzbetrag der Anrechnungsregel des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG, bestünde für ein Kind, das im Bezug von Unterhaltsvorschussleistungen stehe, nie die Möglichkeit, den vollen Unterhalt zu realisieren. 12Die Klägerin beantragt, 13den Bescheid der Beklagten vom 25. April 2013 aufzuheben. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Zur Begründung führt sie unter Bezugnahme auf den angegriffenen Bescheid ergänzend aus, es handele sich bei den im Vergleich titulierten Beträgen um gemäß § 7 UVG auf das Land NRW übergegangene Ansprüche, die nunmehr mittels Leistungsbescheides von der Klägerin in Höhe von 284,00 Euro zurückgefordert werden. Im Übrigen seien die Leistungen in Höhe von jeweils 142,00 Euro als laufender Unterhalt anzurechnen, d.h. bei der Berechnung der Unterhaltsvorschussleistung des Monats, in dem die Zahlung eingehe. Dies gelte unabhängig davon, ob die Zahlungen den laufenden Unterhalt oder Unterhaltsrückstände beträfen. Da die beigetriebenen Zahlungen erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geworden seien, bestehe nunmehr eine Rückzahlungspflicht nach § 5 Abs. 2 UVG, es wären also zumindest für Februar und März 2013 die Leistungen in Höhe von monatlich 133,00 Euro, also in Höhe von 266,00 Euro, zurückzufordern. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage hat lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. 20Die Klage ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, soweit die Klägerin zu einer Erstattung von Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von 266,00 Euro verpflichtet wird. Insoweit ist der Bescheid vom 25. April 2013 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden 18,00 Euro ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). 21Richtige Rechtsgrundlage für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gegenüber der Klägerin, die hier sowohl Inhalts- als auch Bekanntgabeadressatin des angefochtenen Bescheides ist, ist die Regelung in § 5 Abs. 1 UVG. Diese Vorschrift setzt als spezieller öffentlich-rechtlicher Schadensersatzanspruch nicht die (teilweise) Aufhebung des an das Kind gerichteten Bewilligungsbescheides voraus. 22BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2006 - 5 B 42/06 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Juni 2014 - 21 K 5374/13 -; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 11. November 2010 - 12 E 701/10 -. Siehe zum Ganzen ebenfalls VG Freiburg, Urteil vom 4. Februar 2010 - 4 K 1627/08 -, juris; Helmbrecht, Unterhaltsvorschussgesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 5 Rn. 4; Grube, Unterhaltsvorschussrecht, Kommentar, 2009, § 5, Rn. 4. 23Die Voraussetzungen der Ersatzzahlungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 UVG sind erfüllt. Danach gilt: Haben die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt worden ist, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen, so hat der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, oder der gesetzliche Vertreter des Berechtigten den geleisteten Betrag insoweit zu ersetzen, als er die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 UVG unterlassen hat (Nr. 1) oder gewusst oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht erfüllt waren (Nr. 2). 24Die Leistungsvoraussetzungen haben in dem Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis zum 31. März 2013 nicht vorgelegen. Denn der Sohn der Klägerin hat hier anrechenbare Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG erzielt. Nach dieser Regelung werden auf die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in demselben Monat geleistete Unterhaltszahlungen des Elternteils, bei dem der Berechtigte nicht lebt, als Einkünfte des Berechtigten angerechnet. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG sind ebenfalls erfüllt, denn die Unterhaltszahlungen des barunterhaltspflichtigen Kindesvaters an die Klägerin am 18. Februar 2013 und am 18. März 2013 jeweils in Höhe von 142,00 sind im jeweiligen Monat des Zahlungseingangs Einkünfte des berechtigen Kindes. Diese Zahlungen sind auch in voller Höhe anzurechnen. Da die Unterhaltszahlung in Höhe von 142,00 Euro jeweils den Betrag des gewährten Unterhaltsvorschusses in Höhe von 133,00 Euro überstieg, errechnet sich für diese zwei Monate kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 UVG sind demnach in Höhe von 266,00 Euro (zwei Monate x 133,00 Euro) erfüllt. 25Den von der Klägerin dagegen erhobenen Einwänden kann nicht gefolgt werden. Die von ihr zunächst vorgebrachte Differenzierung zwischen dem Zahlbetrag in Höhe von 50,00 Euro aufgrund von Unterhaltsrückständen sowie dem laufenden Unterhalt in Höhe von 92,00 Euro ist im Rahmen von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG nicht von Belang. Denn auch Zahlungen, mit denen alte Unterhaltsrückstände beglichen werden sollen, sind bei der Ermittlung der Höhe des Unterhaltsvorschusses gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG anzurechnen. Allerdings gibt das Gericht mit Blick auf den familiengerichtlichen Vergleich zu bedenken, dass in Höhe der bereits in der Vergangenheit gewährten Unterhaltsvorschussleistungen der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den anderen Elternteil auf das Land übergegangen sein dürfte; mit der Folge, dass der andere Elternteil bei der Begleichung von Schulden aus rückständigem Kindesunterhalt in aller Regel insoweit nicht mehr befreiend an das Kind leisten kann. 26Vgl. dazu Grube, a.a.O., § 2 Rn. 24, 27. Zur Begleichung rückständigen Kindesunterhaltes näher VG Gera, Urteil vom 7. April 2003 - 6 K 983/00. GE -, juris. 27Im Übrigen gibt der klare und eindeutige Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG für Differenzierungen von Unterhaltszahlungen in einzelne (anrechnungsfreie) Bestandteile nichts her. Vielmehr ist danach zwingend jegliche Unterhaltszahlung des Unterhaltspflichtigen als Einkommen des Berechtigten anzurechnen, und zwar unabhängig davon, ob der Unterhaltspflichtige laufenden oder rückständigen Unterhalt zahlen will. Dabei ist auf den tatsächlichen Zufluss abzustellen, wie sich auch aus der Formulierung „in demselben Monat erzielte Einkünfte“ ergibt. Im Übrigen hat der von dem barunterhaltspflichtigen Vater an das Kind gezahlte Betrag diesem in den Monaten Februar und März 2013 tatsächlich zur Verfügung gestanden. Dies verdeutlicht, dass der gleichzeitige Bezug (rückständiger) Unterhaltsleistungen aufgrund eines Unterhaltstitels neben Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz auch dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG, die Nachrangigkeit der Hilfeleistung zu sichern, widersprechen würde. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sind nämlich nur dann zu gewähren, wenn der Berechtigte keine anderweitige Möglichkeit hat, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. 28Vgl. dazu die Fallkonstellationen in den Entscheidungen des OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2010 - 6 B 10.09 -, juris, und VGH München, Urteil vom 15. Januar 2008 - 12 BV 06.80 -, juris. 29In diesem Zusammenhang ist daher einerseits von Bedeutung, dass das Unterhaltsvorschussgesetz den gegenwärtigen Unterhaltsanspruch eines berechtigten Kindes absichern will. Andererseits zeichnet das UVG aber auch nicht die nach bürgerlichem Recht bestehenden unterhaltsrechtlichen Regelungen in allen Einzelheiten nach, sondern beschränkt sich auf eine vereinfachte Typisierung. Mit der Anrechnung allein von „Unterhaltszahlungen“, die nach Zeitpunkt und Höhe eindeutig und einfach nachvollziehbar sind, wird sichergestellt, dass die typisierten öffentlich-rechtlichen Unterhaltsleistungen bewilligt werden können, ohne die Unterhaltsvorschussbehörden mit der Aufklärung sonstiger unterhaltsrechtlich etwa beachtlicher Leistungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils an den Berechtigten und die Bestimmung von deren Bedeutung für den Kindesunterhalt zu belasten. 30Zitiert nach VGH München, Urteil vom 15. Januar 2008 - 12 BV 80/06 -, juris; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2005 - 5 C 17.04 -, juris. 31Daraus folgt, dass die von der Klägerin vorgebrachten Zahlungsbestimmungen, die sich aus dem familiengerichtlichen Vergleich ergeben sollen, unterhaltsvorschussrechtlich unbeachtlich sind. 32Dies gilt auch für das weitere Vorbringen der Klägerin, der vom familiengerichtlichen Vergleich umfasste Anspruch auf rückständigen Kindesunterhalt habe schon deshalb nicht auf das Land übergehen können, da wegen der Berechnung der Unterhaltsvorschusskasse nach den Vorgaben des § 2 Abs. 2 UVG (pauschaler Abzug des Erstkindergeldes) die Beträge isoliert eingeklagt worden seien, die nicht von der Unterhaltsvorschusskasse gezahlt werden; derartige Unterhaltsteile, die nicht vom Unterhaltsvorschuss umfasst seien, könnten auch nicht gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG „auf die jeweiligen Unterhaltsvorschusskassen übergehen“ und müssten daher von der Anrechnung befreit bleiben. 33Mit Blick auf vorstehende Erwägungen kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Unabhängig davon, dass der Vergleich lediglich von „Unterhaltsrückstand in Höhe von 1.000,00 Euro spricht“, der an die Kindesmutter auszukehren sei, verkennt diese Argumentation, dass der gesetzliche Forderungsübergang ausschließlich nach den Regelungen des § 7 Abs. 1 UVG erfolgt und allein im Verhältnis zwischen barunterhaltspflichtigem Elternteil und Unterhaltsvorschusskasse abzuwickeln ist. Dieses Rückabwicklungsverhältnis ist einer Vergleichsregelung im familiengerichtlichen Verfahren schlicht nicht zugänglich. Auch insoweit gilt daher, dass bei Anwendung der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG im Verhältnis zwischen Unterhaltsvorschusskasse und berechtigtem Kind allein der Gesetzeswortlaut maßgeblich ist und nicht etwa die Höhe übergegangener Ansprüche oder etwaige Tilgungsbestimmungen des barunterhaltspflichtigen Kindesvaters. 34Vgl. dazu näher Grube, a.a.O., § 2 Rn. 24 unter Bezugnahme auf VG Gera, Urteil vom 7. April 2003 - 6 K 983/00 GE -, juris. 35Zwar mag der dahingehende Einwand der Klägerin zutreffend sein, dass die Forderung des Landes gegenüber dem Kindesvater nur in Höhe der gewährten Unterhaltsvorschussleistungen entstehen könne. Für die Prüfung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UVG sind diese Erwägungen jedoch ohne Relevanz, denn § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG bestimmt insoweit (lediglich): Hat der Berechtigte für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach dem UVG gezahlt wird, einen Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem er nicht lebt, oder einen Anspruch auf eine sonstige Leistung, die bei rechtzeitiger Gewährung nach § 2 Abs. 3 als Einkommen anzurechnen wäre, so geht dieser Anspruch in Höhe der Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf das Land über. Die Norm bezweckt, der öffentlichen Hand die Möglichkeit zu geben, sich bis zur Höhe der von ihr im Einzelfall erbrachten Leistung bei dem zahlungspflichtigen Elternteil schadlos zu halten. Sie bezweckt dagegen nicht, den Berechtigten von Rückzahlungspflichten nach § 5 Abs. 2 UVG oder den Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, von Ersatzzahlungspflichten nach § 5 Abs. 1 UVG freizustellen. Beide Zahlungspflichten, also diejenige nach § 5 UVG einerseits und diejenige nach § 7 UVG andererseits, können vielmehr grundsätzlich selbstständig nebeneinander bestehen. 36So ausdrücklich, OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2010 - 6 B 10.09 -, juris; ebenso BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2006 - 5 B 42.06 -, juris. Vgl. Grube, UVG, 2009, § 2 Rn. 30 und § 5 Rn. 3. 37Soweit die Klägerin schließlich einwendet, sowohl die Zahlungen aufgrund der Unterhaltsrückstände in Höhe von 50,00 Euro als auch die laufenden Unterhaltszahlungen in Höhe von 92,00 Euro unterfielen bereits aus dem Grund nicht der Anrechnung nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG, weil es sich um die Differenz zwischen den Unterhaltsvorschussleistungen und dem gesetzlich geschuldeten Mindestunterhalt handele, die die Klägerin für das Kind unabhängig von dem Regelungssystem des Unterhaltsvorschusses habe einklagen können, vermag das Gericht dem ebenfalls nicht zu folgen. 38Mit Blick auf die eindeutige Regelung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG und unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen, wonach die Unterhaltsvorschusskasse gerade keine nähere Prüfung der eingegangen Unterhaltszahlungen vornehmen soll, ist kein Raum für eine derartige Differenzierung, die zudem das Zusammenspiel der gesetzlichen Vorgaben in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 UVG einerseits und § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG andererseits in Frage stellt. Unabhängig davon, dass die Anrechnung des vollen Erstkindergeldes entsprechend der Vorgaben des § 2 Abs. 2 Satz 1 UVG auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist, 39vgl. dazu nur OVG NRW, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - 12 A 1269/10 - , juris, 40kann auch den weiteren Ausführungen der Klägerin nicht gefolgt werden, gerade der Gesetzeswortlaut regele insoweit, dass die Differenz zwischen den Unterhaltsvorschussleistungen und dem zivilrechtlich geschuldeten Unterhalt des Kindes in Höhe von 92,00 Euro nicht der Anrechnungspflicht nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG unterliege. 41Allenfalls in der Fallkonstellation, dass die Unterhaltsleistung nach dem UVG geringer ist als der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem barunterhaltspflichtigem Elternteil, ist der überschießende Teil des bereits gewährten Unterhaltsanspruchs nicht auf das Land übergegangen. Dies wird im Regelfall – sollte der barunterhaltspflichtige Elternteil insoweit leistungsfähig sein – zutreffen, da das Kindergeld unterhaltsrechtlich nur mit der Hälfte auf den Mindestunterhalt angerechnet wird und daher zumindest in Höhe des halben Kindergeldes noch ein nicht übergegangener Unterhaltsanspruch bestehen kann. Diese Fallkonstellation ist vorliegend jedoch gerade nicht gegeben. Hier hat die Klägerin ausschließlich den Differenzbetrag in Höhe von 92,00 Euro in der rechtsirrigen Annahme eingeklagt, dieser unterfiele sowohl hinsichtlich des rückständigen Unterhaltes als auch zukünftig nicht der Anrechnung im Rahmen des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG. Vor dem Hintergrund der im Wortlaut klaren Regelung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG ist die Realisierung eines rückständigen oder laufenden Unterhalts-Spitzbetrages und der gleichzeitige Bezug der vollen Unterhaltsvorschussleistungen allerdings nicht möglich. 42Vgl. auch Grube, a.a.O., § 2 Rn. 29 unter Hinweis auf die insoweit missverständlichen Ausführungen in Peschel-Gutzeit, Unterhaltsrecht aktuell, Die Auswirkungen der Unterhaltsreform auf die Beratungspraxis, Rn. 347 (Dort allerdings ohne die Anrechnungsproblematik des § 2 Abs. 3 UVG zu berücksichtigen); Hußmann, Die Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes, FPR 2008, S. 93, 94 (mit dem Hinweis darauf, dass die unterhaltsberechtigten Kinder selbst ihre Mindestunterhaltsansprüche realisieren müssen). Im Ergebnis wie hier: VG Freiburg, Urteil vom 4. Februar 2010 - 4 K 1627/08 -, juris. Wie hier den Differenzbetrag in Höhe des hälftigen Kindergeldes betreffend: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 O 6/11 -, juris. 43Auch die weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UVG sind erfüllt. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin entsprechend dem Erfordernis in § 5 Abs. 1 Nr. 1 die Zahlung der Unterhaltsvorschussleistungen durch eine unterlassene Anzeige der erfolgten Zahlungen des Vaters der Kinder nach § 6 UVG (zumindest soweit der Monat März 2013 betroffen ist) „herbeigeführt“ hat. Jedenfalls hat sie im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 UVG – bezogen auf die Monate Februar und März 2013 – gewusst oder zumindest infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsvorschussleistungen nicht erfüllt waren. Die Klägerin war mit Bewilligungsbescheid vom 4. Februar 2010 darüber belehrt worden, dass eine Ersatzzahlungspflicht besteht, wenn für einen bestimmten Zeitraum der Leistungsgewährung gleichzeitig Leistungen durch den Unterhaltspflichtigen eingehen, und ihr war jedenfalls bekannt, dass ihr Sohn gleichzeitig Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz und Unterhaltsleistungen vom Vater erhalten hat. Dass sie hinsichtlich der eingegangenen Zahlungen eine andere Rechtsansicht vertreten hat, ist unerheblich. Dies entbindet sich keinesfalls von der Anzeigepflicht geänderter Umstände. 44Allerdings kann die Beklagte von der Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 UVG lediglich die tatsächlich gewährten Unterhaltsvorschussleistungen in voller Höhe (d.h. zwei Mal 133,00 Euro = 266,00 Euro) verlangen. Eine „Abschöpfung“ gegenüber der Kindesmutter von darüber hinausgehenden Leistungen des barunterhaltspflichtigen Vaters in Höhe von monatlich 9,00 Euro (insgesamt 18,00 Euro) unter Berufung auf übergegangene Ansprüche im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs ist in diesem Verhältnis dagegen ausgeschlossen. Die Beklagte hat sich insoweit an die Vorgaben des § 7 UVG zu halten. 45Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt das jeweilige Unterliegen der Beteiligten. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO gerichtskostenfrei. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. | der bescheid der beklagten vom 25. april 2013 wird insoweit aufgehoben, als er einen erstattungsbetrag über den betrag von 266,00 euro hinaus festsetzt. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die klägerin zu 94 % und die beklagte zu 6%. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige schuldner darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige gläubiger zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die beteiligten streiten um die erstattung überzahlter leistungen nach dem gesetz zur sicherung des unterhalts von kindern alleinstehender mütter und väter durch unterhaltsvorschüsse oder –ausfallleistungen (unterhaltsvorschussgesetz - uvg -). 3die beklagte bewilligte der klägerin mit bescheid vom 4. februar 2010 ab dem 1. februar 2010 für ihren am 00.00.2009 geborenen sohn leistungen nach dem uvg. da die klägerin laut antragsformular vom 28. januar 2010 kindergeld nach dem bundeskindergeldgesetz in voller höhe bezog, legte die beklagte bei der ermittlung der höhe des unterhaltsvorschusses den mindestunterhalt in höhe von 317,00 euro abzüglich des gesamten erstkindergeldbetrages in höhe von 184,00 euro zugrunde und gewährte sodann fortlaufend unterhaltsvorschuss in höhe von 133,00 euro. 4am 15. januar 2013 schlossen die klägerin und der kindesvater vor dem amtsgericht – familiengericht – n. -s. (17 f 239/12) einen vergleich, in dem sich der kindesvater verpflichtete, für seinen sohn zu händen der klägerin einen unterhaltsrückstand in höhe von 1.000,00 euro für den zeitraum bis einschließlich januar 2013 zahlen. die tilgung der rückstände solle mit monatlichen raten von 50,00 euro beginnend ab dem 1. februar 2013 erfolgen. ferner wurde festgelegt, dass der kindesvater ab februar 2013 für seinen sohn laufenden unterhalt in höhe von monatlich 92,00 euro zahlen werde. nach ziff. 4) ist „grundlage dieses vergleichs (…) ein monatliches nettoeinkommen des antragsgegners in höhe von 1032,89 euro, sowie der umstand, dass der antragsteller leistungen von der unterhaltsvorschusskasse erhält.“ 5der kindesvater überwies auf das konto der kindesmutter für seinen sohn sowohl am 18. februar 2013 als auch am 18. märz 2013 jeweils 142,00 euro unterhalt, zeigte die zahlungen gegenüber der beklagten an und legte entsprechende buchungsbelege vor. 6mit schreiben vom 15. april 2013 teilte die klägerin der beklagten unter vorlage einer ablichtung des familiengerichtlichen vergleichs mit, der kindesvater sei inzwischen verpflichtet worden, monatlichen unterhalt in höhe von 92,00 euro für ihr gemeinsames kind zu zahlen; der zahlungspflicht sei er allerdings widerwillig nachgegangen. ob er zukünftig in der lage sei, regelmäßige unterhaltszahlungen an sie zu leisten, sei aufgrund früherer erfahrungen ungewiss. 7unter dem 17. april 2013 hörte die beklagte die klägerin dahingehend an, dass ihr sohn in den monaten februar und märz 2013 jeweils 142,00 euro unterhaltsleistungen des vaters erhalten habe, so dass die anspruchsvoraussetzungen für eine gewährung von unterhaltsvorschussleistungen in diesem zeitraum nicht vorgelegen hätten und bereits zu unrecht ausgezahlte beträge von der klägerin zurück zu erstatten seien. 8daraufhin entgegnete die klägerin am 23. april 2013, der kindesvater zahle keine 142,00 euro monatlichen unterhalt, sondern lediglich 92,00 euro laufenden unterhalt. diese bildeten den differenzbetrag zwischen den unterhaltsvorschussleistungen der beklagten und dem vollen unterhalt nach der düsseldorfer tabelle abzüglich des hälftigen kindergeldes (225,00 euro). dieser nicht von der unterhaltsvorschusskasse gedeckte zusätzliche unterhaltsanspruch sei nicht auf die unterhaltsvorschussleistungen anzurechnen und könne daher von dem kindesvater direkt an sie, und zwar anrechnungsfrei, ausgezahlt werden. die darüber hinausgehenden 50,00 euro beträfen tilgungsraten zur begleichung von unterhaltsrückständen der letzten drei jahre, die ihrem sohn aufgrund des gerichtlichen vergleiches ebenfalls zustünden. 9durch bescheid vom 25. april 2013, mittels postzustellungsurkunde am 3. mai 2013 zugestellt, forderte die beklagte die klägerin zu einer rückzahlung überzahlter leistungen nach dem uvg für den zeitraum vom 1. februar 2013 bis zum 31. märz 2013 in höhe von 284,00 euro auf. zur begründung führte sie aus, die für die monate februar und märz 2013 geleisteten rückständigen unterhaltsleistungen in höhe von jeweils 50,00 euro seien auf die beklagte im wege des gesetzlichen forderungsübergangs übergegangen; diese beträge seien von der klägerin nunmehr an die beklagte in voller höhe zu erstatten. ferner seien die laufenden unterhaltszahlungen in höhe von jeweils 92,00 euro an die beklagte zurückzuzahlen. daraus errechne sich ein erstattungsbetrag in höhe von 284,00 euro. 10dagegen hat die klägerin am 27. mai 2013 klage erhoben. 11zu begründung macht sie geltend, die voraussetzungen für eine zahlungspflicht lägen nicht vor. bei den im familiengerichtlichen vergleich titulierten beträgen handele es sich nicht um gemäß § 7 uvg übergegangene ansprüche, sondern vielmehr um die differenz zwischen dem von einem unterhaltsschuldner zu zahlenden mindestbetrag und der gewährten unterhaltsvorschussleistung. da die eingeklagten zahlungen ausschließlich den teil des unterhaltsanspruches des kindes betroffen hätten, der über die bewilligten uvg-leistungen hinausgehe, stelle der zahlungseingang bei der klägerin kein einkommen im sinne des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg dar. denn wegen des abzuges des kindergeldes entsprechend der vorschrift des § 2 abs. 2 uvg seien diejenigen beträge isoliert eingeklagt worden, die nicht von der unterhaltsvorschusskasse gezahlt werden. derartige unterhaltsteile, die von den zahlungen der unterhaltsvorschusskasse nicht umfasst seien, könnten aber auch nicht gemäß § 2 abs. 3 nr. 1 uvg auf die jeweiligen unterhaltsvorschusskassen übergehen. bei abschluss des familiengerichtlichen vergleiches sei auch allen beteiligten klar gewesen, dass der dortige streitgegenstand gerade nicht die auf den beklagten übergegangenen ansprüche umfassen solle, sondern lediglich die zahlung des sogenannten differenzunterhalts. unterfiele dieser differenzbetrag der anrechnungsregel des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg, bestünde für ein kind, das im bezug von unterhaltsvorschussleistungen stehe, nie die möglichkeit, den vollen unterhalt zu realisieren. 12die klägerin beantragt, 13den bescheid der beklagten vom 25. april 2013 aufzuheben. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16zur begründung führt sie unter bezugnahme auf den angegriffenen bescheid ergänzend aus, es handele sich bei den im vergleich titulierten beträgen um gemäß § 7 uvg auf das land nrw übergegangene ansprüche, die nunmehr mittels leistungsbescheides von der klägerin in höhe von 284,00 euro zurückgefordert werden. im übrigen seien die leistungen in höhe von jeweils 142,00 euro als laufender unterhalt anzurechnen, d.h. bei der berechnung der unterhaltsvorschussleistung des monats, in dem die zahlung eingehe. dies gelte unabhängig davon, ob die zahlungen den laufenden unterhalt oder unterhaltsrückstände beträfen. da die beigetriebenen zahlungen erst zu einem späteren zeitpunkt bekannt geworden seien, bestehe nunmehr eine rückzahlungspflicht nach § 5 abs. 2 uvg, es wären also zumindest für februar und märz 2013 die leistungen in höhe von monatlich 133,00 euro, also in höhe von 266,00 euro, zurückzufordern. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten ergänzend bezug genommen. 18 | 19die klage hat lediglich in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang erfolg. 20die klage ist zulässig. sie ist jedoch unbegründet, soweit die klägerin zu einer erstattung von unterhaltsvorschussleistungen in höhe von 266,00 euro verpflichtet wird. insoweit ist der bescheid vom 25. april 2013 rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten. hinsichtlich der darüber hinausgehenden 18,00 euro ist der bescheid rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten (§ 113 abs. 1 der verwaltungsgerichtsordnung - vwgo -). 21richtige rechtsgrundlage für die geltendmachung von ersatzansprüchen nach dem unterhaltsvorschussgesetz gegenüber der klägerin, die hier sowohl inhalts- als auch bekanntgabeadressatin des angefochtenen bescheides ist, ist die regelung in § 5 abs. 1 uvg. diese vorschrift setzt als spezieller öffentlich-rechtlicher schadensersatzanspruch nicht die (teilweise) aufhebung des an das kind gerichteten bewilligungsbescheides voraus. 22bverwg, beschluss vom 22. juni 2006 - 5 b 42/06 -, juris; vg düsseldorf, urteil vom 6. juni 2014 - 21 k 5374/13 -; vgl. auch ovg nrw, beschluss vom 11. november 2010 - 12 e 701/10 -. siehe zum ganzen ebenfalls vg freiburg, urteil vom 4. februar 2010 - 4 k 1627/08 -, juris; helmbrecht, unterhaltsvorschussgesetz, kommentar, 5. aufl., § 5 rn. 4; grube, unterhaltsvorschussrecht, kommentar, 2009, § 5, rn. 4. 23die voraussetzungen der ersatzzahlungspflicht gemäß § 5 abs. 1 uvg sind erfüllt. danach gilt: haben die voraussetzungen für die zahlung der unterhaltsleistung in dem kalendermonat, für den sie gezahlt worden ist, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen, so hat der elternteil, bei dem der berechtigte lebt, oder der gesetzliche vertreter des berechtigten den geleisteten betrag insoweit zu ersetzen, als er die zahlung der unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige angaben gemacht oder eine anzeige nach § 6 uvg unterlassen hat (nr. 1) oder gewusst oder infolge fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die voraussetzungen für die zahlung der unterhaltsleistung nicht erfüllt waren (nr. 2). 24die leistungsvoraussetzungen haben in dem zeitraum vom 1. februar 2013 bis zum 31. märz 2013 nicht vorgelegen. denn der sohn der klägerin hat hier anrechenbare einkünfte im sinne des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg erzielt. nach dieser regelung werden auf die unterhaltsleistungen nach dem unterhaltsvorschussgesetz in demselben monat geleistete unterhaltszahlungen des elternteils, bei dem der berechtigte nicht lebt, als einkünfte des berechtigten angerechnet. die tatbestandsvoraussetzungen des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg sind ebenfalls erfüllt, denn die unterhaltszahlungen des barunterhaltspflichtigen kindesvaters an die klägerin am 18. februar 2013 und am 18. märz 2013 jeweils in höhe von 142,00 sind im jeweiligen monat des zahlungseingangs einkünfte des berechtigen kindes. diese zahlungen sind auch in voller höhe anzurechnen. da die unterhaltszahlung in höhe von 142,00 euro jeweils den betrag des gewährten unterhaltsvorschusses in höhe von 133,00 euro überstieg, errechnet sich für diese zwei monate kein anspruch auf unterhaltsvorschuss. die voraussetzungen des § 5 abs. 2 uvg sind demnach in höhe von 266,00 euro (zwei monate x 133,00 euro) erfüllt. 25den von der klägerin dagegen erhobenen einwänden kann nicht gefolgt werden. die von ihr zunächst vorgebrachte differenzierung zwischen dem zahlbetrag in höhe von 50,00 euro aufgrund von unterhaltsrückständen sowie dem laufenden unterhalt in höhe von 92,00 euro ist im rahmen von § 2 abs. 3 nr. 1 uvg nicht von belang. denn auch zahlungen, mit denen alte unterhaltsrückstände beglichen werden sollen, sind bei der ermittlung der höhe des unterhaltsvorschusses gemäß § 2 abs. 3 nr. 1 uvg anzurechnen. allerdings gibt das gericht mit blick auf den familiengerichtlichen vergleich zu bedenken, dass in höhe der bereits in der vergangenheit gewährten unterhaltsvorschussleistungen der unterhaltsanspruch des kindes gegen den anderen elternteil auf das land übergegangen sein dürfte; mit der folge, dass der andere elternteil bei der begleichung von schulden aus rückständigem kindesunterhalt in aller regel insoweit nicht mehr befreiend an das kind leisten kann. 26vgl. dazu grube, a.a.o., § 2 rn. 24, 27. zur begleichung rückständigen kindesunterhaltes näher vg gera, urteil vom 7. april 2003 - 6 k 983/00. ge -, juris. 27im übrigen gibt der klare und eindeutige wortlaut des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg für differenzierungen von unterhaltszahlungen in einzelne (anrechnungsfreie) bestandteile nichts her. vielmehr ist danach zwingend jegliche unterhaltszahlung des unterhaltspflichtigen als einkommen des berechtigten anzurechnen, und zwar unabhängig davon, ob der unterhaltspflichtige laufenden oder rückständigen unterhalt zahlen will. dabei ist auf den tatsächlichen zufluss abzustellen, wie sich auch aus der formulierung „in demselben monat erzielte einkünfte“ ergibt. im übrigen hat der von dem barunterhaltspflichtigen vater an das kind gezahlte betrag diesem in den monaten februar und märz 2013 tatsächlich zur verfügung gestanden. dies verdeutlicht, dass der gleichzeitige bezug (rückständiger) unterhaltsleistungen aufgrund eines unterhaltstitels neben leistungen nach dem unterhaltsvorschussgesetz auch dem sinn und zweck des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg, die nachrangigkeit der hilfeleistung zu sichern, widersprechen würde. leistungen nach dem unterhaltsvorschussgesetz sind nämlich nur dann zu gewähren, wenn der berechtigte keine anderweitige möglichkeit hat, seinen lebensunterhalt zu bestreiten. 28vgl. dazu die fallkonstellationen in den entscheidungen des ovg berlin-brandenburg, urteil vom 27. januar 2010 - 6 b 10.09 -, juris, und vgh münchen, urteil vom 15. januar 2008 - 12 bv 06.80 -, juris. 29in diesem zusammenhang ist daher einerseits von bedeutung, dass das unterhaltsvorschussgesetz den gegenwärtigen unterhaltsanspruch eines berechtigten kindes absichern will. andererseits zeichnet das uvg aber auch nicht die nach bürgerlichem recht bestehenden unterhaltsrechtlichen regelungen in allen einzelheiten nach, sondern beschränkt sich auf eine vereinfachte typisierung. mit der anrechnung allein von „unterhaltszahlungen“, die nach zeitpunkt und höhe eindeutig und einfach nachvollziehbar sind, wird sichergestellt, dass die typisierten öffentlich-rechtlichen unterhaltsleistungen bewilligt werden können, ohne die unterhaltsvorschussbehörden mit der aufklärung sonstiger unterhaltsrechtlich etwa beachtlicher leistungen des barunterhaltspflichtigen elternteils an den berechtigten und die bestimmung von deren bedeutung für den kindesunterhalt zu belasten. 30zitiert nach vgh münchen, urteil vom 15. januar 2008 - 12 bv 80/06 -, juris; vgl. auch bverwg, urteil vom 24. februar 2005 - 5 c 17.04 -, juris. 31daraus folgt, dass die von der klägerin vorgebrachten zahlungsbestimmungen, die sich aus dem familiengerichtlichen vergleich ergeben sollen, unterhaltsvorschussrechtlich unbeachtlich sind. 32dies gilt auch für das weitere vorbringen der klägerin, der vom familiengerichtlichen vergleich umfasste anspruch auf rückständigen kindesunterhalt habe schon deshalb nicht auf das land übergehen können, da wegen der berechnung der unterhaltsvorschusskasse nach den vorgaben des § 2 abs. 2 uvg (pauschaler abzug des erstkindergeldes) die beträge isoliert eingeklagt worden seien, die nicht von der unterhaltsvorschusskasse gezahlt werden; derartige unterhaltsteile, die nicht vom unterhaltsvorschuss umfasst seien, könnten auch nicht gemäß § 2 abs. 3 nr. 1 uvg „auf die jeweiligen unterhaltsvorschusskassen übergehen“ und müssten daher von der anrechnung befreit bleiben. 33mit blick auf vorstehende erwägungen kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. unabhängig davon, dass der vergleich lediglich von „unterhaltsrückstand in höhe von 1.000,00 euro spricht“, der an die kindesmutter auszukehren sei, verkennt diese argumentation, dass der gesetzliche forderungsübergang ausschließlich nach den regelungen des § 7 abs. 1 uvg erfolgt und allein im verhältnis zwischen barunterhaltspflichtigem elternteil und unterhaltsvorschusskasse abzuwickeln ist. dieses rückabwicklungsverhältnis ist einer vergleichsregelung im familiengerichtlichen verfahren schlicht nicht zugänglich. auch insoweit gilt daher, dass bei anwendung der vorschrift des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg im verhältnis zwischen unterhaltsvorschusskasse und berechtigtem kind allein der gesetzeswortlaut maßgeblich ist und nicht etwa die höhe übergegangener ansprüche oder etwaige tilgungsbestimmungen des barunterhaltspflichtigen kindesvaters. 34vgl. dazu näher grube, a.a.o., § 2 rn. 24 unter bezugnahme auf vg gera, urteil vom 7. april 2003 - 6 k 983/00 ge -, juris. 35zwar mag der dahingehende einwand der klägerin zutreffend sein, dass die forderung des landes gegenüber dem kindesvater nur in höhe der gewährten unterhaltsvorschussleistungen entstehen könne. für die prüfung der voraussetzungen des § 5 abs. 1 uvg sind diese erwägungen jedoch ohne relevanz, denn § 7 abs. 1 satz 1 uvg bestimmt insoweit (lediglich): hat der berechtigte für die zeit, für die ihm die unterhaltsleistung nach dem uvg gezahlt wird, einen unterhaltsanspruch gegen den elternteil, bei dem er nicht lebt, oder einen anspruch auf eine sonstige leistung, die bei rechtzeitiger gewährung nach § 2 abs. 3 als einkommen anzurechnen wäre, so geht dieser anspruch in höhe der unterhaltsleistung nach diesem gesetz zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen auskunftsanspruch auf das land über. die norm bezweckt, der öffentlichen hand die möglichkeit zu geben, sich bis zur höhe der von ihr im einzelfall erbrachten leistung bei dem zahlungspflichtigen elternteil schadlos zu halten. sie bezweckt dagegen nicht, den berechtigten von rückzahlungspflichten nach § 5 abs. 2 uvg oder den elternteil, bei dem der berechtigte lebt, von ersatzzahlungspflichten nach § 5 abs. 1 uvg freizustellen. beide zahlungspflichten, also diejenige nach § 5 uvg einerseits und diejenige nach § 7 uvg andererseits, können vielmehr grundsätzlich selbstständig nebeneinander bestehen. 36so ausdrücklich, ovg berlin-brandenburg, urteil vom 27. januar 2010 - 6 b 10.09 -, juris; ebenso bverwg, beschluss vom 22. juni 2006 - 5 b 42.06 -, juris. vgl. grube, uvg, 2009, § 2 rn. 30 und § 5 rn. 3. 37soweit die klägerin schließlich einwendet, sowohl die zahlungen aufgrund der unterhaltsrückstände in höhe von 50,00 euro als auch die laufenden unterhaltszahlungen in höhe von 92,00 euro unterfielen bereits aus dem grund nicht der anrechnung nach § 2 abs. 3 nr. 1 uvg, weil es sich um die differenz zwischen den unterhaltsvorschussleistungen und dem gesetzlich geschuldeten mindestunterhalt handele, die die klägerin für das kind unabhängig von dem regelungssystem des unterhaltsvorschusses habe einklagen können, vermag das gericht dem ebenfalls nicht zu folgen. 38mit blick auf die eindeutige regelung des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg und unter berücksichtigung der vorstehenden erwägungen, wonach die unterhaltsvorschusskasse gerade keine nähere prüfung der eingegangen unterhaltszahlungen vornehmen soll, ist kein raum für eine derartige differenzierung, die zudem das zusammenspiel der gesetzlichen vorgaben in § 2 abs. 1 und abs. 2 satz 1 uvg einerseits und § 2 abs. 3 nr. 1 uvg andererseits in frage stellt. unabhängig davon, dass die anrechnung des vollen erstkindergeldes entsprechend der vorgaben des § 2 abs. 2 satz 1 uvg auch unter verfassungsrechtlichen gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist, 39vgl. dazu nur ovg nrw, beschluss vom 21. oktober 2010 - 12 a 1269/10 - , juris, 40kann auch den weiteren ausführungen der klägerin nicht gefolgt werden, gerade der gesetzeswortlaut regele insoweit, dass die differenz zwischen den unterhaltsvorschussleistungen und dem zivilrechtlich geschuldeten unterhalt des kindes in höhe von 92,00 euro nicht der anrechnungspflicht nach § 2 abs. 3 nr. 1 uvg unterliege. 41allenfalls in der fallkonstellation, dass die unterhaltsleistung nach dem uvg geringer ist als der unterhaltsanspruch des kindes gegenüber dem barunterhaltspflichtigem elternteil, ist der überschießende teil des bereits gewährten unterhaltsanspruchs nicht auf das land übergegangen. dies wird im regelfall – sollte der barunterhaltspflichtige elternteil insoweit leistungsfähig sein – zutreffen, da das kindergeld unterhaltsrechtlich nur mit der hälfte auf den mindestunterhalt angerechnet wird und daher zumindest in höhe des halben kindergeldes noch ein nicht übergegangener unterhaltsanspruch bestehen kann. diese fallkonstellation ist vorliegend jedoch gerade nicht gegeben. hier hat die klägerin ausschließlich den differenzbetrag in höhe von 92,00 euro in der rechtsirrigen annahme eingeklagt, dieser unterfiele sowohl hinsichtlich des rückständigen unterhaltes als auch zukünftig nicht der anrechnung im rahmen des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg. vor dem hintergrund der im wortlaut klaren regelung des § 2 abs. 3 nr. 1 uvg ist die realisierung eines rückständigen oder laufenden unterhalts-spitzbetrages und der gleichzeitige bezug der vollen unterhaltsvorschussleistungen allerdings nicht möglich. 42vgl. auch grube, a.a.o., § 2 rn. 29 unter hinweis auf die insoweit missverständlichen ausführungen in peschel-gutzeit, unterhaltsrecht aktuell, die auswirkungen der unterhaltsreform auf die beratungspraxis, rn. 347 (dort allerdings ohne die anrechnungsproblematik des § 2 abs. 3 uvg zu berücksichtigen); hußmann, die änderung des unterhaltsvorschussgesetzes, fpr 2008, s. 93, 94 (mit dem hinweis darauf, dass die unterhaltsberechtigten kinder selbst ihre mindestunterhaltsansprüche realisieren müssen). im ergebnis wie hier: vg freiburg, urteil vom 4. februar 2010 - 4 k 1627/08 -, juris. wie hier den differenzbetrag in höhe des hälftigen kindergeldes betreffend: ovg mecklenburg-vorpommern, beschluss vom 24. januar 2012 - 1 o 6/11 -, juris. 43auch die weiteren voraussetzungen des § 5 abs. 1 uvg sind erfüllt. dabei kann dahinstehen, ob die klägerin entsprechend dem erfordernis in § 5 abs. 1 nr. 1 die zahlung der unterhaltsvorschussleistungen durch eine unterlassene anzeige der erfolgten zahlungen des vaters der kinder nach § 6 uvg (zumindest soweit der monat märz 2013 betroffen ist) „herbeigeführt“ hat. jedenfalls hat sie im sinne des § 5 abs. 1 nr. 2 uvg – bezogen auf die monate februar und märz 2013 – gewusst oder zumindest infolge fahrlässigkeit nicht gewusst, dass die voraussetzungen für die zahlung der unterhaltsvorschussleistungen nicht erfüllt waren. die klägerin war mit bewilligungsbescheid vom 4. februar 2010 darüber belehrt worden, dass eine ersatzzahlungspflicht besteht, wenn für einen bestimmten zeitraum der leistungsgewährung gleichzeitig leistungen durch den unterhaltspflichtigen eingehen, und ihr war jedenfalls bekannt, dass ihr sohn gleichzeitig leistungen nach dem unterhaltsvorschussgesetz und unterhaltsleistungen vom vater erhalten hat. dass sie hinsichtlich der eingegangenen zahlungen eine andere rechtsansicht vertreten hat, ist unerheblich. dies entbindet sich keinesfalls von der anzeigepflicht geänderter umstände. 44allerdings kann die beklagte von der klägerin gemäß § 5 abs. 1 uvg lediglich die tatsächlich gewährten unterhaltsvorschussleistungen in voller höhe (d.h. zwei mal 133,00 euro = 266,00 euro) verlangen. eine „abschöpfung“ gegenüber der kindesmutter von darüber hinausgehenden leistungen des barunterhaltspflichtigen vaters in höhe von monatlich 9,00 euro (insgesamt 18,00 euro) unter berufung auf übergegangene ansprüche im wege des gesetzlichen forderungsübergangs ist in diesem verhältnis dagegen ausgeschlossen. die beklagte hat sich insoweit an die vorgaben des § 7 uvg zu halten. 45die kostenentscheidung beruht auf § 155 abs. 1 satz 1 vwgo und berücksichtigt das jeweilige unterliegen der beteiligten. das verfahren ist gemäß § 188 satz 2 halbsatz 1 vwgo gerichtskostenfrei. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. | Klaeger*in | 1 |
168,441 | 26 O 100/14 | 2015-01-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits, zu denen auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens LG Köln 18 OH 8/13 gehören, trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Die Klägerin klagt aus eigenem und abgetretenem Recht wegen aus ihrer Sicht bestehender Mängel an einem von ihr und ihrem Ehemann von den Beklagten erworbenen Hausgrundstücks. 3Auf Vermittlung der Zeugin H besichtigten die Klägerin und ihr Ehemann im Sommer 2012 das zum Verkauf stehende mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück der Beklagten im G-Weg in Gummersbach, welches in dem von der Zeugin H erstellten Exposé (Bl. 130f. GA) als „Ende der 90er Jahre kernsaniert“ beschrieben war. Im Keller des Hauses waren zwei Räume zu Wohnzwecken ausgebaut, d.h. die Bruchsteinwände mit Rigipswänden verkleidet und die Böden mit Teppich ausgelegt, und möbliert. Am 15.06.2012 schlossen die Parteien und der Ehemann der Klägerin bei der Zeugin Dr. I einen notariellen Grundstückskaufvertrag (Bl. 8ff. GA) über das streitgegenständliche Grundstück. § 6 des Kaufvertrags lautet auszugsweise: 4„ Beschaffenheit, Mängel, Gewährleistung 51. Der Käufer hat das Kaufobjekt eingehend besichtigt. Das Gebäude wurde im Jahr ca. 1950 als Massivhaus mit Bruchsteinkeller errichtet“. Es wurde seither instand gehalten und seit den 1990er Jahren teilweise modernisiert. Insbesondere wurden folgende wesentliche Renovierungen bisher vorgenommen: 6- im Jahre 1998 Einbau einer neuen Gaszentralheizung einschließlich Leitungen, 7- im Jahre 2006 Erneuerung der Dacheindeckung. 8Die Rechte des Käufers wegen Sach- und Rechtsmängeln werden ausgeschlossen. Unberührt bleiben Ansprüche bei Vorsatz oder arglistigem Verschweigen.“ 9Jedenfalls im Winter 2012 kam es im Keller des streitgegenständlichen Hauses der Klägerin und ihres Ehemannes zu einem Wassereintritt, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob Ursache für diesen Wassereintritt die Mangelhaftigkeit der Kellerabdichtung oder katastrophenartiger Starkregen gewesen ist. 10Die Klägerin und ihr Ehemann führten wegen der aus ihrer Sicht bestehenden Mängel der Kellerabdichtung ein selbständige Beweisverfahren vor dem Landgericht Köln (Az. 18 OH 8/13), in dessen Rahmen der Sachverständige Q in seinem Gutachten vom 29.08.2013 (Bl. 57ff. d.A: 18 OH 8/13) zu dem Ergebnis kam, dass im Wandbereich der hangseitigen Außenwand sowie im Kellerbodenbereich Feuchtigkeitserscheinungen und Feuchtigkeitsschäden vorhanden seien, dass Ursache eine fehlende / ungeeignete Abdichtung sei und dass die Ausführung einer ordnungsgemäßen Abdichtung und die Beseitigung der Schäden 37.499,50 € netto kosten würde. 11Der Ehemann der Klägerin trat seine Ansprüche mit Erklärung vom 01.03.2013 an diese ab (Bl. 22 GA). 12Die Klägerin behauptet, es sei nach Übernahme des Hauses im Herbst beziehungsweise Winter 2012 und auch später zu massivem Wassereintritt und Schimmelbildung im Keller gekommen. Die Kellerabdichtung entspreche – wie dies auch der Sachverständige Q im selbständigen Beweisverfahren festgestellt habe – nicht den anerkannten Regeln der Technik. Bei Besichtigung der Kellerräume sei die zum Hang gelegene Wand und insbesondere der Bereich unter der Kellertreppe mit Gegenständen zugestellt und im Übrigen die Räumlichkeiten neu renoviert gewesen, so dass die Mängel nicht erkennbar gewesen seien. Auf Nachfrage hätten die Beklagten angegeben, dass es nie Probleme mit Schimmel gegeben habe. Die Mängel seien den Beklagten vor Verkauf des Hauses bekannt gewesen, denn diese seien nur notdürftig kaschiert gewesen und der Sachverständigen Q habe im selbständigen Beweisverfahren festgestellt, dass es auch schon vor dem 15.06.2012 zu Feuchtigkeitsschäden gekommen sein müsse. Für die Sanierung der Mängel sei der vom Sachverständigen Q im selbständigen Beweisverfahren festgestellte Betrag von 37.499,50 € angemessen und erforderlich. 13Die Klägerin beantragt: 141. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 37.499,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2013 zu zahlen. 152. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin Mehrwertsteuer in Höhe von 7.124,91 € nach Durchführung der Mangelbeseitigungsmaßnahmen an dem Objekt G-Weg, 51647 Gummersbach und Vorlage entsprechender Rechnungen zu erstatten. 16Die Beklagten beantragen, 17die Klage abzuweisen. 18Die Beklagten behaupten, sie hätten in den zehn Jahren ihrer Wohnzeit mit Feuchtigkeit bis auf einen einzigen Wassereintritt im Kellerflur bei Starkregen nie Probleme gehabt. Die für einen Bruchsteinkeller typische und keinen Mangel darstellende Feuchtigkeit hätten sie mit regelmäßigem Heizen in den Griff bekommen. Die Klägerin könne auch bei einem Haus, welches ausdrücklich als „gebaut 1950 mit Bruchsteinkeller“ verkauft worden sei, keinen trockenen Keller erwarten. Es sei bei der Notarin darauf hingewiesen worden, dass das Haus nicht kernsaniert sei und bei den Besichtigungen darauf, dass – wenn man die Kellerräume weitere als Wohnräume nutzen wolle – ausreichend geheizt werden müsse. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 20Das Gericht hat die Klägerin und die Beklagten persönlich angehört sowie Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. I, H, D und J F. sowie durch Anhörung des Sachverständigen Q. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15.12.2014 (Bl. 161ff. GA) Bezug genommen. Die Akte LG Köln - 18 OH 8/13 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 21Entscheidungsgründe: 22I. 23Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf den geltend gemachten Schadensersatz zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 280 Abs.1, Abs.3, 281 Abs.1 S.1 i.V.m. 437 Nr.3, 434 Abs.1, 433 BGB. 241. 25Es fehlt bereits an einem Mangel des Grundstücks, der gem. § 437 Nr. 3 BGB Voraussetzung für das Bestehen eines Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB ist. Gem. § 434 Abs. 1 S. 1, 2 BGB ist eine Sache mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder, soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. 26Zwar ist letztlich unstreitig und entspricht auch den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Q in seinem im selbständigen Beweisverfahren erstatteten Gutachten vom 29.08.2013, dass es im Kellerbereich des streitgegenständlichen Hauses zu eindringender Feuchtigkeit kommt und das Bauwerk nicht den allgemeinen Regeln der Technik entsprechend gegen drückendes Wasser abgedichtet ist. Dies stellt sich indes vorliegend nicht als Mangel dar, weil die Klägerin und ihr Ehemann vorliegend eine entsprechende Abdichtung nicht erwarten konnten. 27a. 28Das streitgegenständliche Haus ist unstreitig ca. 1950 erbaut worden. Dass die vom Sachverständigen als fehlend bemängelte vertikale Abdichtung gegen drückendes Wasser bereits zum damaligen Zeitpunkt den anerkannten Regeln der Technik entsprochen hat, ist nicht dargelegt. Hiervon ist nach den ergänzenden Erläuterungen des Sachverständigen im Termin am 15.12.2014 (Bl. 161ff. GA) auch nicht auszugehen. Auf Befragen der Kammer hat der Sachverständige insoweit ausgeführt, dass zum damaligen Zeitpunkt in der Regel entweder gar keine oder allenfalls rudimentäre Abdichtungsmaßnahmen ergriffen worden seien und die von ihm als erforderlich angesehene Abdichtung dem Stand der heutigen Technik und nicht dem Stand der Technik bei Errichtung des Gebäudes entspricht. 29Damit können aber die Klägerin und ihr Ehemann als Käufer eines solchen Hauses weder eine dem heutigen Stand der Technik entsprechende Abdichtung noch eine Offenbarung dieses Umstandes erwarten (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 19.01.1995, 22 U 187/93, Rn. 5, zit. nach Juris). 30b. 31Soweit der Sachverständige im Termin auf die stattgefundene Nutzungsänderung der Kellerräume und die sich hieraus aus einer Sicht ergebenden steigenden Anforderungen an die Abdichtung hingewiesen hat, ergibt sich hieraus nichts anderes. Zwar kommt es bei Häusern, die zu einer Zeit errichtet worden sind, zu denen Kellerabdichtungen noch nicht üblich waren, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Frage der Mangelhaftigkeit auf die Umstände des Einzelfalls an; entscheidend hinsichtlich der zu erwartenden Beschaffenheit kann dabei etwa ein Verkauf in „saniertem Zustand“ sein oder ob der Keller zu Wohnzwecken diente, welcher Zustand bei Besichtigung erkennbar war und wie stark die Feuchtigkeitserscheinungen sind. Vertraglich vereinbart kann eine ausreichende Abdichtung auch bei älteren Gebäuden nach diesen Grundsätzen etwa dann sein, wenn der Ausbauzustand und die konkrete Nutzung der Kellerräume auf eine Eignung zur Verwendung als Wohnräume schließen lassen oder wenn sich eine solche Beschaffenheit aus dem verwandten Exposé ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2012 – V ZR 18/11, Rn. 14ff.; Urt. v. 07.11.2008 – V ZR 138/07, Rn. 13, zit. nach Juris). 32aa. 33Soweit das Haus in dem von der Maklerin und Zeugin H erstellten Exposé als „Ende der 90er Jahre kernsaniert“ beschrieben wurde, rechtfertigt dies im konkreten Fall nicht die Erwartung, das Haus sei mit einer dem Stand der Technik Ende der 90er Jahre entsprechenden Abdichtung versehen. Zwar liegt ein Mangel gem. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB auch dann vor, wenn es an einer Beschaffenheit fehlt, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann. Auch legt der Begriff „kernsaniert“ zunächst jedenfalls nahe, dass auch die Abdichtung des Hauses gegen Wasser erfasst und damit Ende der 90er Jahre erneuert worden ist. Selbst wenn aber ein solches Verständnis des Begriffes „kernsaniert“ zugrunde gelegt würde, fehlt es vorliegend an einer entsprechend geschuldeten Beschaffenheit, weil die Kammer auf Grundlage des notariellen Kaufvertrags vom 15.06.2012 und nach der durchgeführten Beweisaufnahme, namentlich nach Vernehmung der Zeugin Dr. I überzeugt ist, dass die entsprechende Angabe vor Abschluss des Vertrages korrigiert worden ist. 34Angaben in Werbungen oder Kennzeichnungen sind insoweit vorläufig und unverbindlich, als sie durch den Verkäufer vor oder bei Abschluss eines Vertrages noch korrigiert werden können (vgl. BGH, Urt. v. 04.02.2009 – VIII ZR 32/08, Rn. 13, zit. nach Juris). Eine solche Korrektur ist vorliegend erfolgt. Im notariellen Kaufvertrag findet sich der Begriff der Kernsanierung nicht. Vielmehr ist im dortigen § 6 nur die Rede davon, dass das Haus seit den 1990er Jahren teilweise modernisiert, insbesondere im Jahre 1998 eine neue Gaszentralheizung einschließlich Leitungen eingebaut wurde und im Jahre 2006 die Dacheindeckung erneuert wurde. Hierzu hat die Zeugin Dr. I in ihrer Vernehmung (Bl. 163Rf. GA) unter Hinzuziehung ihrer ursprünglichen, handschriftlich korrigierten Vertragsversion nachvollziehbar und widerspruchsfrei angegeben, dass der in der ursprünglichen Vertragsversion enthaltene Begriff „kernsaniert“ auf Grundlage von Erörterungen des tatsächlichen Sanierungsumfangs im Notartermin gestrichen und stattdessen die nach Kenntnis der Beklagten tatsächlich durchgeführten Sanierungsarbeiten aufgenommen worden sind. Damit konnten die Klägerin und ihr Ehemann nicht mehr davon ausgehen, dass die Abdichtung des Kellers nach Errichtung des Hauses erneuert worden ist und dass in dieser Hinsicht ein anderer Stand der Technik als der zum Zeitpunkt der Errichtung des Hauses geschuldet gewesen ist. 35bb. 36Auch aus dem Umstand, dass die Räumlichkeiten – ebenfalls unstreitig – zu Wohnzwecken ausgebaut waren, ergibt sich hinsichtlich der von der Klägerin und ihrem Ehemann zu erwartenden Beschaffenheit des Hauses nichts anderes. Denn es ist – hiervon ist die Kammer nach Anhörung der Parteien und der durchgeführten Beweisaufnahme ebenfalls mit hinreichender Gewissheit überzeugt – anlässlich der Besichtigungstermine mit ausreichender Deutlichkeit darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den Räumlichkeiten um Keller- und nicht um Wohnräume handelt. Sowohl die Zeugin H als auch die Beklagte zu 1) haben angegeben, dass sie bei den Besichtigungsterminen ausdrücklich darauf hingewiesen hätten, dass es sich insgesamt um Keller- und nicht um Wohnräume handele. Die Klägerin hat die Angaben der Zeugin H in ihrer persönlichen Anhörung bestätigt, so dass diese letztlich unstreitig sind, Zweifel an der Aussage der Zeugin H jedenfalls nicht bestehen. Die Räume sind auch im Exposé als Keller- und nicht als Wohnräume bezeichnet. Vor diesem Hintergrund kann letztlich dahinstehen, ob die Beklagte zu1) die Klägerin auf erforderliches Beheizen und Lüften der Räumlichkeiten – so man sie weiter zu Wohnzwecken nutzen will – hingewiesen hat. Denn aufgrund des ausdrücklichen Hinweises, dass es sich nicht um Wohn – sondern Kellerräume handelt und aufgrund des Umstands, dass diese Räume im Exposé weder textlich noch bildlich als Wohnräume beschrieben worden sind, konnten die Klägerin und ihr Ehemann auch unter Berücksichtigung des Ausbauzustands keine der Nutzung als Wohnraum angepasste Abdichtung gegen Wasser erwarten, sondern es verbleibt vielmehr bei dem Zustand, wie er bei einem ca. im Jahr 1950 geschuldeten Bruchsteinkeller geschuldet ist. 37c. 38Sollte die Klägerin mit ihrer Behauptung, dass Wasser in den Keller hineinlaufe, gegebenenfalls geltend machen, dass auch in Ansehung des Alters des Hauses und des Umstands, dass es sich um einen Bruchsteinkeller handelt, ein Mangel vorliege, hat dies der Sachverständige Q nicht festgestellt, steht also insbesondere nicht fest, dass es sich bei den von der Klägerin beschriebenen Ereignissen nicht um Folgen von Starkregenereignissen gehandelt hat, anlässlich derer auch andere Ursachen (etwa Austreten des Wasser aus Abläufen) als eine fehlerhafte Abdichtung für einen Wassereintritt in Betracht kommen. Insoweit hat der Sachverständige in seiner Anhörung (Bl. 162R GA) nachvollziehbar erläutert, dass grundsätzlich mehrere Ursachen für einen Wassereintritt verantwortlich sein können und dass die einzige Feststellung, die er auf Grundlage seiner Begutachtung machen könne, die sei, dass durch die Wände wegen der nicht nach dem heutigen Stand der Technik erfolgten Abdichtung Feuchtigkeit in die Räume gelange. Zum Umfang und konkreter Ursachen für die von der Klägerin in Bezug genommenen Ereignisse konnte der Sachverständige daher eine Aussage nicht treffen. Dieser vom Sachverständigen als einziges festgestellte Abdichtungsmangel stellt aber wie ausgeführt bei einem ca. 1950 errichteten Haus keinen Mangel dar. 392. 40Kann nach alledem mangels Vorliegen eines Mangels auch dahinstehen, ob die Beklagten den Eintritt von Feuchtigkeit in den Keller arglistig verschwiegen haben, ist der Klägerin auch dieser Beweis nicht zur Überzeugung der Kammer gelungen, so dass selbst unterstellt, es läge ein Mangel vor, Ansprüche der Klägerin nicht bestehen, weil die Beklagten sich auf den in § 6 des Vertrages vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen könnten. 41Die Beweisaufnahme hat die Behauptung der Kläger nicht bestätigt, dass die Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrages von eindringender Feuchtigkeit und damit einer unzureichender Abdichtung des Hauses Kenntnis hatten. 42Zwar hat der Sachverständige Q in seinem Gutachten ausgeführt, aus den ermittelten Ursachen könne abgeleitet werden, dass es auch vor dem 15.06.2012 zu Feuchtigkeitsschäden "der jetzt festgestellten Art" gekommen sein muss. Hierzu hat der Sachverständige indes auf Nachfrage in seiner mündlichen Erläuterung klargestellt, dass er zu deren Umfang keine genaueren Angaben machen könne und dass ein besonders intensives Heiz- und Lüftungsverhalten Einfluss auf den Feuchtigkeitseintritt und die Feuchtigkeitsschäden gehabt haben könne. Es verbleibt damit auch unter Berücksichtigung der Feststellungen des Sachverständigen die Möglichkeit, dass es während der Besitzzeit der Beklagten aufgrund des von diesen behaupteten Heiz- und Lüftungsverhalten gerade nicht zu Feuchtigkeitsschäden in einer Art und Weise gekommen ist, die den Beklagten hätte als möglicherweise mangelbedingt auffallen müssen und die dementsprechend offenbarungspflichtig gewesen wären. Hierzu fügt sich auch, dass der Sachverständige weder an der Rückseite der montierten Gipskartonplatten, die nach den Recherchen des Sachverständigen zuletzt im Jahr 2006 an den Z-Baumarkt in Gummersbach ausgeliefert worden waren, noch an dem verlegten Teppich Spuren von Feuchtigkeit feststellen konnte. 43Auch hat sich im Rahmen der Vernehmung der Zeugen D und J F. die Behauptung der Klägerin nicht bestätigt, dass es während der Besitzzeit der Beklagten mehrfach zu Wassereintritten in den Keller des streitgegenständlichen Hauses gekommen sei. Beide Zeugen haben insofern angegeben, dass sie von entsprechenden Wassereintritten keine Kenntnis haben und dass ihnen gegenüber von den Beklagten auch zu keinem Zeitpunkt von entsprechenden Problemen berichtet worden sei. 44Auch der am Hang befindliche und offenbar ursprünglich als natürliche Drainage angelegte Graben lässt nicht zwingend auf eine Kenntnis der Beklagten von Feuchtigkeitsmängeln schließen. Insofern ist schon nicht widerlegt, dass dieser Graben von den Voreigentümern angelegt und von den Beklagten lediglich erhalten worden ist. Kenntnis von einer unzureichenden Abdichtung können sich allein aus der Unterhaltung eines solchen Grabens nicht ergeben. 45Soweit die Klägerin schließlich behauptet hat, die Beklagten hätten Feuchtigkeitserscheinungen kaschiert, indem sie entsprechende Stellen zugestellt oder überstrichen hätten, kann dies schon mangels nachgewiesener Existenz solcher „zu kaschierender“ Feuchtigkeitsschäden dahinstehen. Nur ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selber auf Nachfrage der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 23.06.2014 – insoweit nicht protokolliert – angegeben hat, dass der Keller bei Übernahme des Hauses im Oktober 2012 leer gewesen sei. Gleichwohl haben die Klägerin und ihr Ehemann die Mängel erst eine gewisse Zeit später, nach einem Starkregenereignis im Winter 2012 bemerkt und bei Beklagten geltend gemacht, was zumindest nahe legt, dass entsprechende Feuchtigkeitsschäden bei Übernahme nicht vorhanden waren. 463. 47Der Schriftsatz der Klägerin vom 22.01.2015 lag der Kammer bei der Entscheidung vor und rechtfertigt weder eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung noch eine weitere Beweisaufnahme. Auf die Aussage der von der Klägerin benannten Zeugen O und S kommt es nach Vorstehendem nicht an, weil diese zur Frage der Mangelhaftigkeit der Abdichtung ebenso wenig bekunden können wie zur Frage der Erkennbarkeit und dem Auftreten von Feuchtigkeitsschäden während der Besitzzeit der Beklagten. 48III. 49Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO. 50Streitwert: 37.499,50 € | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits, zu denen auch die kosten des selbständigen beweisverfahrens lg köln 18 oh 8/13 gehören, trägt die klägerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1 | 2die klägerin klagt aus eigenem und abgetretenem recht wegen aus ihrer sicht bestehender mängel an einem von ihr und ihrem ehemann von den beklagten erworbenen hausgrundstücks. 3auf vermittlung der zeugin h besichtigten die klägerin und ihr ehemann im sommer 2012 das zum verkauf stehende mit einem einfamilienhaus bebaute grundstück der beklagten im g-weg in gummersbach, welches in dem von der zeugin h erstellten exposé (bl. 130f. ga) als „ende der 90er jahre kernsaniert“ beschrieben war. im keller des hauses waren zwei räume zu wohnzwecken ausgebaut, d.h. die bruchsteinwände mit rigipswänden verkleidet und die böden mit teppich ausgelegt, und möbliert. am 15.06.2012 schlossen die parteien und der ehemann der klägerin bei der zeugin dr. i einen notariellen grundstückskaufvertrag (bl. 8ff. ga) über das streitgegenständliche grundstück. § 6 des kaufvertrags lautet auszugsweise: 4„ beschaffenheit, mängel, gewährleistung 51. der käufer hat das kaufobjekt eingehend besichtigt. das gebäude wurde im jahr ca. 1950 als massivhaus mit bruchsteinkeller errichtet“. es wurde seither instand gehalten und seit den 1990er jahren teilweise modernisiert. insbesondere wurden folgende wesentliche renovierungen bisher vorgenommen: 6- im jahre 1998 einbau einer neuen gaszentralheizung einschließlich leitungen, 7- im jahre 2006 erneuerung der dacheindeckung. 8die rechte des käufers wegen sach- und rechtsmängeln werden ausgeschlossen. unberührt bleiben ansprüche bei vorsatz oder arglistigem verschweigen.“ 9jedenfalls im winter 2012 kam es im keller des streitgegenständlichen hauses der klägerin und ihres ehemannes zu einem wassereintritt, wobei zwischen den parteien streitig ist, ob ursache für diesen wassereintritt die mangelhaftigkeit der kellerabdichtung oder katastrophenartiger starkregen gewesen ist. 10die klägerin und ihr ehemann führten wegen der aus ihrer sicht bestehenden mängel der kellerabdichtung ein selbständige beweisverfahren vor dem landgericht köln (az. 18 oh 8/13), in dessen rahmen der sachverständige q in seinem gutachten vom 29.08.2013 (bl. 57ff. d.a: 18 oh 8/13) zu dem ergebnis kam, dass im wandbereich der hangseitigen außenwand sowie im kellerbodenbereich feuchtigkeitserscheinungen und feuchtigkeitsschäden vorhanden seien, dass ursache eine fehlende / ungeeignete abdichtung sei und dass die ausführung einer ordnungsgemäßen abdichtung und die beseitigung der schäden 37.499,50 € netto kosten würde. 11der ehemann der klägerin trat seine ansprüche mit erklärung vom 01.03.2013 an diese ab (bl. 22 ga). 12die klägerin behauptet, es sei nach übernahme des hauses im herbst beziehungsweise winter 2012 und auch später zu massivem wassereintritt und schimmelbildung im keller gekommen. die kellerabdichtung entspreche – wie dies auch der sachverständige q im selbständigen beweisverfahren festgestellt habe – nicht den anerkannten regeln der technik. bei besichtigung der kellerräume sei die zum hang gelegene wand und insbesondere der bereich unter der kellertreppe mit gegenständen zugestellt und im übrigen die räumlichkeiten neu renoviert gewesen, so dass die mängel nicht erkennbar gewesen seien. auf nachfrage hätten die beklagten angegeben, dass es nie probleme mit schimmel gegeben habe. die mängel seien den beklagten vor verkauf des hauses bekannt gewesen, denn diese seien nur notdürftig kaschiert gewesen und der sachverständigen q habe im selbständigen beweisverfahren festgestellt, dass es auch schon vor dem 15.06.2012 zu feuchtigkeitsschäden gekommen sein müsse. für die sanierung der mängel sei der vom sachverständigen q im selbständigen beweisverfahren festgestellte betrag von 37.499,50 € angemessen und erforderlich. 13die klägerin beantragt: 141. die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, an die klägerin 37.499,50 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 15.11.2013 zu zahlen. 152. es wird festgestellt, dass die beklagten verpflichtet sind, der klägerin mehrwertsteuer in höhe von 7.124,91 € nach durchführung der mangelbeseitigungsmaßnahmen an dem objekt g-weg, 51647 gummersbach und vorlage entsprechender rechnungen zu erstatten. 16die beklagten beantragen, 17die klage abzuweisen. 18die beklagten behaupten, sie hätten in den zehn jahren ihrer wohnzeit mit feuchtigkeit bis auf einen einzigen wassereintritt im kellerflur bei starkregen nie probleme gehabt. die für einen bruchsteinkeller typische und keinen mangel darstellende feuchtigkeit hätten sie mit regelmäßigem heizen in den griff bekommen. die klägerin könne auch bei einem haus, welches ausdrücklich als „gebaut 1950 mit bruchsteinkeller“ verkauft worden sei, keinen trockenen keller erwarten. es sei bei der notarin darauf hingewiesen worden, dass das haus nicht kernsaniert sei und bei den besichtigungen darauf, dass – wenn man die kellerräume weitere als wohnräume nutzen wolle – ausreichend geheizt werden müsse. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 20das gericht hat die klägerin und die beklagten persönlich angehört sowie beweis erhoben durch vernehmung der zeugen dr. i, h, d und j f. sowie durch anhörung des sachverständigen q. wegen des ergebnisses der anhörung und der beweisaufnahme wird auf das sitzungsprotokoll vom 15.12.2014 (bl. 161ff. ga) bezug genommen. die akte lg köln - 18 oh 8/13 war beigezogen und gegenstand der mündlichen verhandlung. 21 | 22i. 23die klage ist zulässig, aber unbegründet. der klägerin steht gegen die beklagten unter keinem rechtlichen gesichtspunkt ein anspruch auf den geltend gemachten schadensersatz zu. ein solcher anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 280 abs.1, abs.3, 281 abs.1 s.1 i.v.m. 437 nr.3, 434 abs.1, 433 bgb. 241. 25es fehlt bereits an einem mangel des grundstücks, der gem. § 437 nr. 3 bgb voraussetzung für das bestehen eines schadensersatz nach §§ 280 abs. 1, 281 abs. 1 bgb ist. gem. § 434 abs. 1 s. 1, 2 bgb ist eine sache mangelhaft, wenn sie bei gefahrübergang nicht die vereinbarte beschaffenheit hat oder, soweit die beschaffenheit nicht vereinbart ist, sich nicht für die nach dem vertrag vorausgesetzte verwendung eignet oder nicht die beschaffenheit aufweist, die bei sachen der gleichen art üblich ist und die der käufer nach der art der sache erwarten kann. 26zwar ist letztlich unstreitig und entspricht auch den insoweit nicht angegriffenen feststellungen des sachverständigen q in seinem im selbständigen beweisverfahren erstatteten gutachten vom 29.08.2013, dass es im kellerbereich des streitgegenständlichen hauses zu eindringender feuchtigkeit kommt und das bauwerk nicht den allgemeinen regeln der technik entsprechend gegen drückendes wasser abgedichtet ist. dies stellt sich indes vorliegend nicht als mangel dar, weil die klägerin und ihr ehemann vorliegend eine entsprechende abdichtung nicht erwarten konnten. 27a. 28das streitgegenständliche haus ist unstreitig ca. 1950 erbaut worden. dass die vom sachverständigen als fehlend bemängelte vertikale abdichtung gegen drückendes wasser bereits zum damaligen zeitpunkt den anerkannten regeln der technik entsprochen hat, ist nicht dargelegt. hiervon ist nach den ergänzenden erläuterungen des sachverständigen im termin am 15.12.2014 (bl. 161ff. ga) auch nicht auszugehen. auf befragen der kammer hat der sachverständige insoweit ausgeführt, dass zum damaligen zeitpunkt in der regel entweder gar keine oder allenfalls rudimentäre abdichtungsmaßnahmen ergriffen worden seien und die von ihm als erforderlich angesehene abdichtung dem stand der heutigen technik und nicht dem stand der technik bei errichtung des gebäudes entspricht. 29damit können aber die klägerin und ihr ehemann als käufer eines solchen hauses weder eine dem heutigen stand der technik entsprechende abdichtung noch eine offenbarung dieses umstandes erwarten (vgl. olg hamm, urt. v. 19.01.1995, 22 u 187/93, rn. 5, zit. nach juris). 30b. 31soweit der sachverständige im termin auf die stattgefundene nutzungsänderung der kellerräume und die sich hieraus aus einer sicht ergebenden steigenden anforderungen an die abdichtung hingewiesen hat, ergibt sich hieraus nichts anderes. zwar kommt es bei häusern, die zu einer zeit errichtet worden sind, zu denen kellerabdichtungen noch nicht üblich waren, nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofs bei der frage der mangelhaftigkeit auf die umstände des einzelfalls an; entscheidend hinsichtlich der zu erwartenden beschaffenheit kann dabei etwa ein verkauf in „saniertem zustand“ sein oder ob der keller zu wohnzwecken diente, welcher zustand bei besichtigung erkennbar war und wie stark die feuchtigkeitserscheinungen sind. vertraglich vereinbart kann eine ausreichende abdichtung auch bei älteren gebäuden nach diesen grundsätzen etwa dann sein, wenn der ausbauzustand und die konkrete nutzung der kellerräume auf eine eignung zur verwendung als wohnräume schließen lassen oder wenn sich eine solche beschaffenheit aus dem verwandten exposé ergibt (vgl. bgh, urt. v. 16.03.2012 – v zr 18/11, rn. 14ff.; urt. v. 07.11.2008 – v zr 138/07, rn. 13, zit. nach juris). 32aa. 33soweit das haus in dem von der maklerin und zeugin h erstellten exposé als „ende der 90er jahre kernsaniert“ beschrieben wurde, rechtfertigt dies im konkreten fall nicht die erwartung, das haus sei mit einer dem stand der technik ende der 90er jahre entsprechenden abdichtung versehen. zwar liegt ein mangel gem. § 434 abs. 1 s. 3 bgb auch dann vor, wenn es an einer beschaffenheit fehlt, die der käufer nach den öffentlichen äußerungen des verkäufers, insbesondere in der werbung oder bei der kennzeichnung über bestimmte eigenschaften der sache erwarten kann. auch legt der begriff „kernsaniert“ zunächst jedenfalls nahe, dass auch die abdichtung des hauses gegen wasser erfasst und damit ende der 90er jahre erneuert worden ist. selbst wenn aber ein solches verständnis des begriffes „kernsaniert“ zugrunde gelegt würde, fehlt es vorliegend an einer entsprechend geschuldeten beschaffenheit, weil die kammer auf grundlage des notariellen kaufvertrags vom 15.06.2012 und nach der durchgeführten beweisaufnahme, namentlich nach vernehmung der zeugin dr. i überzeugt ist, dass die entsprechende angabe vor abschluss des vertrages korrigiert worden ist. 34angaben in werbungen oder kennzeichnungen sind insoweit vorläufig und unverbindlich, als sie durch den verkäufer vor oder bei abschluss eines vertrages noch korrigiert werden können (vgl. bgh, urt. v. 04.02.2009 – viii zr 32/08, rn. 13, zit. nach juris). eine solche korrektur ist vorliegend erfolgt. im notariellen kaufvertrag findet sich der begriff der kernsanierung nicht. vielmehr ist im dortigen § 6 nur die rede davon, dass das haus seit den 1990er jahren teilweise modernisiert, insbesondere im jahre 1998 eine neue gaszentralheizung einschließlich leitungen eingebaut wurde und im jahre 2006 die dacheindeckung erneuert wurde. hierzu hat die zeugin dr. i in ihrer vernehmung (bl. 163rf. ga) unter hinzuziehung ihrer ursprünglichen, handschriftlich korrigierten vertragsversion nachvollziehbar und widerspruchsfrei angegeben, dass der in der ursprünglichen vertragsversion enthaltene begriff „kernsaniert“ auf grundlage von erörterungen des tatsächlichen sanierungsumfangs im notartermin gestrichen und stattdessen die nach kenntnis der beklagten tatsächlich durchgeführten sanierungsarbeiten aufgenommen worden sind. damit konnten die klägerin und ihr ehemann nicht mehr davon ausgehen, dass die abdichtung des kellers nach errichtung des hauses erneuert worden ist und dass in dieser hinsicht ein anderer stand der technik als der zum zeitpunkt der errichtung des hauses geschuldet gewesen ist. 35bb. 36auch aus dem umstand, dass die räumlichkeiten – ebenfalls unstreitig – zu wohnzwecken ausgebaut waren, ergibt sich hinsichtlich der von der klägerin und ihrem ehemann zu erwartenden beschaffenheit des hauses nichts anderes. denn es ist – hiervon ist die kammer nach anhörung der parteien und der durchgeführten beweisaufnahme ebenfalls mit hinreichender gewissheit überzeugt – anlässlich der besichtigungstermine mit ausreichender deutlichkeit darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den räumlichkeiten um keller- und nicht um wohnräume handelt. sowohl die zeugin h als auch die beklagte zu 1) haben angegeben, dass sie bei den besichtigungsterminen ausdrücklich darauf hingewiesen hätten, dass es sich insgesamt um keller- und nicht um wohnräume handele. die klägerin hat die angaben der zeugin h in ihrer persönlichen anhörung bestätigt, so dass diese letztlich unstreitig sind, zweifel an der aussage der zeugin h jedenfalls nicht bestehen. die räume sind auch im exposé als keller- und nicht als wohnräume bezeichnet. vor diesem hintergrund kann letztlich dahinstehen, ob die beklagte zu1) die klägerin auf erforderliches beheizen und lüften der räumlichkeiten – so man sie weiter zu wohnzwecken nutzen will – hingewiesen hat. denn aufgrund des ausdrücklichen hinweises, dass es sich nicht um wohn – sondern kellerräume handelt und aufgrund des umstands, dass diese räume im exposé weder textlich noch bildlich als wohnräume beschrieben worden sind, konnten die klägerin und ihr ehemann auch unter berücksichtigung des ausbauzustands keine der nutzung als wohnraum angepasste abdichtung gegen wasser erwarten, sondern es verbleibt vielmehr bei dem zustand, wie er bei einem ca. im jahr 1950 geschuldeten bruchsteinkeller geschuldet ist. 37c. 38sollte die klägerin mit ihrer behauptung, dass wasser in den keller hineinlaufe, gegebenenfalls geltend machen, dass auch in ansehung des alters des hauses und des umstands, dass es sich um einen bruchsteinkeller handelt, ein mangel vorliege, hat dies der sachverständige q nicht festgestellt, steht also insbesondere nicht fest, dass es sich bei den von der klägerin beschriebenen ereignissen nicht um folgen von starkregenereignissen gehandelt hat, anlässlich derer auch andere ursachen (etwa austreten des wasser aus abläufen) als eine fehlerhafte abdichtung für einen wassereintritt in betracht kommen. insoweit hat der sachverständige in seiner anhörung (bl. 162r ga) nachvollziehbar erläutert, dass grundsätzlich mehrere ursachen für einen wassereintritt verantwortlich sein können und dass die einzige feststellung, die er auf grundlage seiner begutachtung machen könne, die sei, dass durch die wände wegen der nicht nach dem heutigen stand der technik erfolgten abdichtung feuchtigkeit in die räume gelange. zum umfang und konkreter ursachen für die von der klägerin in bezug genommenen ereignisse konnte der sachverständige daher eine aussage nicht treffen. dieser vom sachverständigen als einziges festgestellte abdichtungsmangel stellt aber wie ausgeführt bei einem ca. 1950 errichteten haus keinen mangel dar. 392. 40kann nach alledem mangels vorliegen eines mangels auch dahinstehen, ob die beklagten den eintritt von feuchtigkeit in den keller arglistig verschwiegen haben, ist der klägerin auch dieser beweis nicht zur überzeugung der kammer gelungen, so dass selbst unterstellt, es läge ein mangel vor, ansprüche der klägerin nicht bestehen, weil die beklagten sich auf den in § 6 des vertrages vereinbarten gewährleistungsausschluss berufen könnten. 41die beweisaufnahme hat die behauptung der kläger nicht bestätigt, dass die beklagten bei abschluss des kaufvertrages von eindringender feuchtigkeit und damit einer unzureichender abdichtung des hauses kenntnis hatten. 42zwar hat der sachverständige q in seinem gutachten ausgeführt, aus den ermittelten ursachen könne abgeleitet werden, dass es auch vor dem 15.06.2012 zu feuchtigkeitsschäden "der jetzt festgestellten art" gekommen sein muss. hierzu hat der sachverständige indes auf nachfrage in seiner mündlichen erläuterung klargestellt, dass er zu deren umfang keine genaueren angaben machen könne und dass ein besonders intensives heiz- und lüftungsverhalten einfluss auf den feuchtigkeitseintritt und die feuchtigkeitsschäden gehabt haben könne. es verbleibt damit auch unter berücksichtigung der feststellungen des sachverständigen die möglichkeit, dass es während der besitzzeit der beklagten aufgrund des von diesen behaupteten heiz- und lüftungsverhalten gerade nicht zu feuchtigkeitsschäden in einer art und weise gekommen ist, die den beklagten hätte als möglicherweise mangelbedingt auffallen müssen und die dementsprechend offenbarungspflichtig gewesen wären. hierzu fügt sich auch, dass der sachverständige weder an der rückseite der montierten gipskartonplatten, die nach den recherchen des sachverständigen zuletzt im jahr 2006 an den z-baumarkt in gummersbach ausgeliefert worden waren, noch an dem verlegten teppich spuren von feuchtigkeit feststellen konnte. 43auch hat sich im rahmen der vernehmung der zeugen d und j f. die behauptung der klägerin nicht bestätigt, dass es während der besitzzeit der beklagten mehrfach zu wassereintritten in den keller des streitgegenständlichen hauses gekommen sei. beide zeugen haben insofern angegeben, dass sie von entsprechenden wassereintritten keine kenntnis haben und dass ihnen gegenüber von den beklagten auch zu keinem zeitpunkt von entsprechenden problemen berichtet worden sei. 44auch der am hang befindliche und offenbar ursprünglich als natürliche drainage angelegte graben lässt nicht zwingend auf eine kenntnis der beklagten von feuchtigkeitsmängeln schließen. insofern ist schon nicht widerlegt, dass dieser graben von den voreigentümern angelegt und von den beklagten lediglich erhalten worden ist. kenntnis von einer unzureichenden abdichtung können sich allein aus der unterhaltung eines solchen grabens nicht ergeben. 45soweit die klägerin schließlich behauptet hat, die beklagten hätten feuchtigkeitserscheinungen kaschiert, indem sie entsprechende stellen zugestellt oder überstrichen hätten, kann dies schon mangels nachgewiesener existenz solcher „zu kaschierender“ feuchtigkeitsschäden dahinstehen. nur ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass die klägerin selber auf nachfrage der kammer in der mündlichen verhandlung vom 23.06.2014 – insoweit nicht protokolliert – angegeben hat, dass der keller bei übernahme des hauses im oktober 2012 leer gewesen sei. gleichwohl haben die klägerin und ihr ehemann die mängel erst eine gewisse zeit später, nach einem starkregenereignis im winter 2012 bemerkt und bei beklagten geltend gemacht, was zumindest nahe legt, dass entsprechende feuchtigkeitsschäden bei übernahme nicht vorhanden waren. 463. 47der schriftsatz der klägerin vom 22.01.2015 lag der kammer bei der entscheidung vor und rechtfertigt weder eine wiedereröffnung der mündlichen verhandlung noch eine weitere beweisaufnahme. auf die aussage der von der klägerin benannten zeugen o und s kommt es nach vorstehendem nicht an, weil diese zur frage der mangelhaftigkeit der abdichtung ebenso wenig bekunden können wie zur frage der erkennbarkeit und dem auftreten von feuchtigkeitsschäden während der besitzzeit der beklagten. 48iii. 49die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 abs. 1, 709 zpo. 50streitwert: 37.499,50 € | Verklagte*r | 0 |
171,738 | 25 K 7093/13 | 2014-08-25T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 5. August 2013 wird aufgehoben, soweit der Antrag des Klägers abgelehnt worden ist. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 1. Oktober 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger betreibt in O. seit Januar 2001 ein B. Nachhilfeinstitut. Er ist Franchisenehmer der B. Franchise GmbH. Diese bietet seit Beginn ihrer Tätigkeit im Jahr 1992 die Dienstleistung „Einzelnachhilfe zu Hause beim Schüler“ mit der 1 : 1 Situation zwischen Nachhilfelehrer und Schüler an, welche durch die einzelnen Franchise-Institute ausgeübt wird. Nach den Angaben in der Klagebegründung gibt es bundesweit über 90 B. Nachhilfeinstitute. 3Die Bezirksregierung E. bescheinigte dem Kläger zunächst mit Bescheid vom 29. Juni 2001 gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG, dass er mit der Bildungsmaßnahme „Nachhilfeunterricht in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch, Latein, Mathematik, Physik und Chemie“ ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereite. Diese Bescheinigung galt für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001. In einem Begleitschreiben vom selben Tag ist ausgeführt, dass bei einem Verlängerungsantrag Bestätigungen von Schülern über die Verbesserung von Noten / erfolgreiche Prüfungsvorbereitung beizufügen seien. 4Mit Datum vom 27. November 2002 erteilte die Bezirksregierung E. dem Kläger eine inhaltsgleiche Bescheinigung, gültig für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 30. November 2005, zusätzlich zu den vorgenannten Fächern auch für die Fächer Spanisch, Italienisch, Biologie und Rechnungswesen. 5Mit Bescheid vom 26. Juni 2006 bescheinigte die Bezirksregierung E. dem Kläger widerruflich für die Zeit ab 1. Dezember 2005 gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG, dass er mit der Bildungsmaßnahme „Nachhilfeunterricht in den Fächern Mathematik, Spanisch, Italienisch, Russisch, Sozialwissenschaft, Geschichte, Pädagogik, Philosophie und Anatomie/Physiologie“ ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereite; zu den einzelnen Fächern waren jeweils die einzelnen Namen konkreter Nachhilfelehrer aufgeführt. 6Auf eine Anfrage der B. Franchise GmbH, welche Qualifikationsanforderungen von den Lehrkräften zu erfüllen seien, damit die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ausgestellt werden könne, teilte die Bezirksregierung E. der B. Franchise GmbH mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 mit, 7„dass es mir nicht möglich ist, Ihnen eine verbindliche Zusage zu geben, welche Qualifikationen Lehrkräfte besitzen müssen, um die Erteilung der Bescheinigung zu garantieren, da es sich bei der Qualifikationsprüfung der Lehrkräfte um eine Einzelfallentscheidung handelt. Hierbei wird jede einzelne Lehrkraft hinsichtlich ihrer „formalen Qualifikation“ und ggf. ihrer Berufs- und Lebenserfahrung beurteilt. Eignungsgrundsätze im Sinne von Mindestqualifikationen sind nicht festgelegt. Aus diesem Grund ist mir eine Aussage, welche Qualifikation eine Lehrkraft besitzen muss, um die Bescheinigung zu erhalten, nicht möglich.“ 8Unter dem 1. Oktober 2012 beantragte der Kläger bei der Bezirksregierung E. die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für insgesamt 204 Lehrkräfte und Nachhilfeunterricht in insgesamt 18 Fächern, wobei verschiedene Nachhilfelehrer mehrere Fächer unterrichten; insgesamt wurden 691 „Fachbefreiungen“ beantragt. Die Lehrkräfte sind in 18 einzelnen Listen je Fach jeweils mit Angabe ihrer Qualifikation und dem Einsatzbereich (Primarstufe, Erprobungsstufe, S 1, S 2, Sonderpädagogik – zutreffendes jeweils angekreuzt) aufgeführt. Die 691 „Fachbefreiungen“ betreffen Mathematik (123), Physik (22), Chemie (21), Biologie (23), Sonderpädagogik (4), Primarstufe (93), Rechnungswesen/BWL (12), Informatik (9), Elektrotechnik (5), Sozialwissenschaften (8), Geschichte (26), Philosophie (8), Deutsch (138), Englisch (125), Französisch (28), Latein (25), Spanisch (12), Pädagogik (9). Der Kläger fügte die ihm vorliegenden Qualifikationsnachweise der einzelnen Lehrkräfte bei. 9Auf Anfrage der Bezirksregierung E. vom 28. November 2012, wann die einzelnen Lehrkräfte erstmals beim Kläger gearbeitet hätten (Monat/Jahr), übersandte der Kläger unter dem 4. Januar 2013 eine Liste hinsichtlich der einzelnen Lehrkräfte; die Anfangsdaten liegen zwischen Februar 2001 und November 2011. 10Die Bezirksregierung E. hörte den Kläger unter dem 18. April 2013 zur beabsichtigten teilweisen Ablehnung des Antrags an, bezogen auf 168 einzeln benannte Lehrer mit einzeln genannten Fächern, und legte ihre allgemeinen Kriterien hinsichtlich des Qualifikationsnachweises dar: Mindestvoraussetzung für Nachhilfe im Bereich Primarstufe – Abitur mit Nachweis, dass das zu unterrichtende Fach bis zum Abitur erfolgreich belegt wurde; Mindestvoraussetzung für Nachhilfe im Bereich Sekundarstufe I – abgeschlossenes Grundstudium oder Vordiplom; Voraussetzung für Nachhilfe im Bereich Sekundarstufe II: abgeschlossenes Hochschulstudium. Im einzelnen wurde ausgeführt, welche Kriterien bei welchen Lehrern nicht erfüllt seien. 11Am 2. Mai 2013 fragte der Kläger telefonisch an, ob für die Lehrkräfte, die vor der Verschärfung der Qualifikationsanforderungen bei ihm gearbeitet hätten, die alten Qualifikationsanforderungen herangezogen werden könnten. Die Bezirksregierung E. teilte mit e-mail vom 6. Mai 2013 mit, maßgeblich seien die Qualifikationsanforderungen, die im Zeitpunkt der Antragstellung landeseinheitlich galten. Die verspätete Antragstellung für die Jahre ab 2001 habe der Kläger selbst zu vertreten und rechtfertige keine Besserstellung gegenüber anderen Nachhilfeunternehmen. 12Der Kläger bat daraufhin die Bezirksregierung E. am 6. Mai 2013 telefonisch um eine „Positivliste“, in der automatisch sämtliche Lehrkräfte, die bestimmte Stufen nicht unterrichten sollen, mit der nächstmöglichen Stufe bescheinigt werden. 13Ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25. Juni 2013, in welchem diese Rechtsausführungen zu der Verpflichtung, die Bescheinigung auszustellen, machten, ist nicht zu den Verwaltungsvorgängen gelangt. 14Die Prozessbevollmächtigten des Klägers wandten sich mit Schreiben vom 25. Juni 2013 namens der B. Franchise GmbH an das Wirtschaftsministerium NRW, verwiesen auf die unterschiedliche Bescheinigungspraxis in den einzelnen Bundesländern; einige Bundesländer prüften die Qualität der Nachhilfelehrer, einige nicht; einige Bundesländer befreiten den Unterricht von der Umsatzsteuer, andere das gesamte B. Institut; die Bezirksregierung E. stelle bundesweit die strengsten Anforderungen; diese Anforderungen seien weder mit § 4 Nr. 21 a) bb) UStG noch mit den europarechtlichen, umzusetzenden Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vereinbar. Das Wirtschaftsministerium teilte unter dem 14. August 2013 mit, die Bezirksregierungen des Landes seien in einer Dienstbesprechung am 30. Juli 2013 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bescheinigung dem Unternehmen und nicht den einzelnen Lehrkräften zu erteilen sei, dass in der Bescheinigung aber die einzelnen Lehrkräfte mit ihren entsprechenden Lehrfächern aufzuführen seien; hierdurch sei eine einheitliche Bescheinigungspraxis der Bezirksregierungen des Landes Nordrhein-Westfalen sichergestellt. 15Mit Bescheid vom 5. August 2013, zugestellt am 8. August 2013, bescheinigte die Bezirksregierung E. dem Kläger gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG, dass er mit den in der Anlage aufgeführten Lehrkräften und den aufgeführten Fächern ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet. Die Bescheinigung gilt ab 1. Januar 2001. In der Anlage sind die Lehrkräfte für die Fächer Mathematik, Physik, Informatik, Elektrotechnik, Chemie, ReWe/BWL, Biologie, Deutsch, Englisch, Französisch, Latein, Spanisch, Geschichte, Philosophie, Sozialwissenschaften und Pädagogik jeweils mit den Stufen Primarstufe, Sek I oder Sek II aufgeführt. 16Hinsichtlich 148 im einzelnen genannter Lehrkräfte mit jeweils im einzelnen genannten Fächern wurde der Antrag abgelehnt. Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. aus, die Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der Vorbereitung beziehe sich auch auf Eignung, Fähigkeiten und Kenntnisse der unterrichtenden Lehrkräfte. Als Mindestvoraussetzung zum Nachweis der Qualifikation der Lehrkräfte für den Unterricht im Bereich der Primarstufe werde die Allgemeine Hochschulreife vorausgesetzt; aus dem Zeugnis müsse hervorgehen, dass das zu unterrichtende Fach bis zum Abitur erfolgreich belegt wurde. Zum Nachweis der Eignung, Unterricht für die Sekundarstufe I zu erteilen, werde mindestens ein abgeschlossenes Grundstudium bzw. Vordiplom gefordert; das Studium müsse fachliche Kenntnisse, die einen angemessenen Unterricht in dem jeweiligen Fach ermöglichen, vermitteln. Für die Unterrichtung in der Sekundarstufe II werde ein abgeschlossenes Hochschulstudium vorausgesetzt. Bei der überwiegenden Zahl der Lehrkräfte liege entweder nur das Abiturzeugnis vor, oder die Lehrkräfte könnten keine für die genannten Fächer geeigneten Studiengänge vorweisen, so dass eine Bescheinigung für diese Kurse nicht oder allenfalls für die Primarstufe erteilt werden könne. Für drei Lehrkräfte seien nur fremdsprachige Qualifikationsnachweise ohne Übersetzung vorgelegt worden. Für eine Lehrkraft sei nur ein unvollständiger Arbeitsvertrag und eine inoffizielle Studienbescheinigung eines amerikanischen Colleges vorgelegt worden, die als Nachweis nicht ausreichten. Für mehrere Lehrkräfte seien keine weiteren Nachweise eingereicht worden darüber, dass diese mindestens zwei Semester abgeschlossen hätten (für Sek. I) bzw. bereits einen Hochschulabschluss erworben hätten (für Sek. II). Bei sechs Lehrkräften sei nicht bekannt, was sie studiert hätten; förmliche Qualifikationsnachweise mit Angaben zu den Studienfächern seien nicht vorgelegt worden. Bei vier Lehrkräften lägen keine geeigneten offiziellen Dokumente bzw. Bescheinigungen vor, denen zu entnehmen sei, dass die jeweiligen Fächer wesentlicher Bestandteil des Studiums seien bzw. gewesen seien. 17Zur Begründung der am 5. September 2013 erhobenen Klage führt der Kläger aus, sein Institut sei objektiv geeignet, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, wie sich aus Infratest-Berichten über die B. -Nachhilfe aus den Jahren 2007 und 2012 ergebe, wonach über 90 % der Nachhilfeschüler sich aufgrund des Nachhilfeunterrichts in ihren schulischen Leistungen verbessert hätten. Die eingesetzten Lehrkräfte besäßen die erforderliche Eignung, die Anforderungen der Bezirksregierung E. seien rechtswidrig. Abzustellen sei nach dem Wortlaut von § 4 Nr. 1 a) bb) UStG auf seine Einrichtung und nicht auf die einzelnen Lehrkräfte; er gewährleiste die Eignung der Lehrkräfte im Rahmen seiner Personalauswahl, die sich nach der fachlichen Qualifikation und den didaktischen Fähigkeiten richte. Die gesetzliche Vorschrift diene der Umsetzung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, die in Art. 132 Abs. 1 i) auf die Einrichtung abstelle; das Abstellen auf einzelne Nachhilfelehrer setze die Richtlinie nicht entsprechend ihrer Intention um. Durch die Umsatzsteuerbelastung werde der Zugang zur schulischen Förderung durch die Ablehnung einzelner Nachhilfelehrer erschwert. Die Praxis der Bezirksregierung E. bedeute auch einen Wertungswiderspruch zu Art. 132 Abs. 1 j) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, da ein abgelehnter Nachhilfelehrer als Einzelunternehmen als Privatlehrer vom Finanzamt die Umsatzsteuerbefreiung verlangen könne; die Qualifikation könne hier auch anders als durch Hochschulabschluss nachgewiesen werden. Nach einer Rundverfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt/Main vom 23. August 2010 seien spezielle Qualifikationen der ausführenden Personen nicht Voraussetzung für die Steuerbefreiung; auch nach einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30. Juni 2010 an den Bundesverband Nachhilfe- und Nachmittagsschulen müssten private Nachhilfeinstitute keine speziellen Qualitätsanforderungen erfüllen. Die Anforderungen der Bezirksregierungen hätten sich an den für die Finanzverwaltungen geltenden Grundsätzen zu orientieren. Es komme bei der Praxis der Bezirksregierung E. zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Filialunternehmen, bei denen nach dem Umsatzsteueranwendungserlass eine Bescheinigung der zuständigen Behörde desjenigen Landes ausreiche, in dem der Unternehmer steuerlich geführt werde; bei Franchise-Unternehmen müsse demgegenüber jeder einzelne Franchise-Nehmer die Bescheinigung beantragen mit der Folge, dass etwa im Grenzbereich der Bundesländer ein Unternehmen umsatzsteuerpflichtig sei, während 10 km entfernt in einem anderen Bundesland die gleiche Leistung von gleichqualifizierten Anbietern umsatzsteuerfrei angeboten werden könne. Es sei rechtswidrig, die Bescheinigung an einzelne Lehrer und nicht an das Nachhilfeinstitut zu erteilen. Die Eignung des Lehrpersonals könne nicht anhand starrer Qualifikationsanforderungen beurteilt werden; es wäre sachgerechter, diese Beurteilung der einstellenden Nachhilfeeinrichtung und / oder der Beurteilung der Schüler zu überlassen, wobei der Nachhilfeerfolg durch statistische Auswertungen nachgewiesen werden könne. Die Bezirksregierung E. habe in ihrer Bescheinigung vom 29. Juni 2001 auch Schülerbestätigungen als Nachweis einer erfolgreichen Prüfungsvorbereitung akzeptiert. Die Ablehnung der Bescheinigung sei schließlich rechtswidrig, weil das Verhältnis zu den Bescheinigungen vom 29. Juni 2001, 27. November 2002 und 26. Juni 2006 unklar sei; ein etwa konkludent erklärter Widerruf wäre rechtswidrig. 18Der Klägerin beantragt, 19die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides der Bezirksregierung E. vom 5. August 2013 zu verpflichten, ihm die Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG entsprechend seinem Antrag vom 1. Oktober 2012 zu erteilen, 20hilfsweise festzustellen, dass die Bescheinigung vom 26. Juni 2006 Gültigkeit habe bis zur Rechtskraft der Entscheidung in diesem Verfahren. 21Die Beklagte beantragt, 22 die Klage abzuweisen. 23Sie führt aus, das Erfordernis der Qualifikation der Lehrkräfte stehe in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des OVG NRW. Hinsichtlich der fachlichen und pädagogischen Eignung der eingesetzten Lehrkräfte stehe ihr ein Beurteilungsspielraum zu; insoweit seien die zu stellenden Anforderungen landeseinheitlich mit den fünf Bezirksregierungen und dem Wirtschafts- sowie dem Finanzministerium des Landes abgestimmt. Diese gemeinsamen Anforderungen würden seit dem Jahr 2011 zugrunde gelegt, da zuvor selbst innerhalb von Nordrhein-Westfalen unterschiedliche Qualifikationsanforderungen gestellt worden seien. Die Landesbehörde entscheide nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG nicht über die Umsatzsteuerbefreiung, sondern nur über die Bescheinigung; Erlasse und Verfügungen des Bundesministeriums der Finanzen oder einer Oberfinanzdirektion hätten im Bescheinigungsverfahren keine Bindungswirkung. Auch die europarechtlichen Vorschriften gälten nicht für das Bescheinigungsverfahren. Ein Widerspruch zu den früheren Bescheinigungen bestehe nicht; die ersten beiden Bescheinigungen seien befristet gewesen; die Bescheinigung vom 26. Juni 2006 sei nicht zu widerrufen gewesen, weil hierin andere Lehrkräfte und Maßnahmen als in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 5. August 2013 bescheinigt worden seien und eine inhaltliche Überschneidung nicht vorliege. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Die zulässige Klage hat im zuerkannten Umfang Erfolg. Insoweit ist der ablehnende Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; wegen des Beurteilungsspielraums der Beklagten konnte nur ein Bescheidungsurteil ergehen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der weiter geltend gemachte Anspruch unmittelbar auf Erteilung der Bescheinigung für die beantragten Lehrkräfte steht dem Kläger hingegen nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 27Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Danach sind umsatzsteuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. 28Die Zuständigkeit der Bezirksregierung E. ergibt sich aus § 8 Abs. 3 des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (LOG NRW) in Verbindung mit Ziffer I. 1.3 der Bekanntmachung der Bezirke der Landesmittelbehörden und der unteren Landesbehörden vom 12. November 2013 (GV.NRW. S. 632). 29Die Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung, die der Kläger unter dem 1. Oktober 2012 beantragt hat, liegen – hinsichtlich der abgelehnten Lehrkräfte – nicht vor, wenn insoweit die Anforderungen der Bezirksregierung E. zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zugrunde gelegt werden. 30Die Bescheinigung erstreckt sich dabei nicht auf alle von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG statuierte Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung, sondern ist auf die Feststellung beschränkt, dass die in Rede stehenden Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Nur diese Frage unterliegt der Prüfung durch die Bezirksregierung und die Verwaltungsgerichte. Ob der Antragsteller eine Privatschule oder eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung unterhält, ist nicht Gegenstand der Bescheinigung und von den Finanzbehörden und ggf. Finanzgerichten zu prüfen. 31Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 – VII C 73/75 –, juris, Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009 – 14 A 2934/07 –, juris, Rn. 30; BFH, Urteil vom 28. Mai 2013 – XI R 35/11 –, juris, Rn. 40, jeweils m.w.N. 32Der Begriff der „ordnungsgemäßen Prüfungsvorbereitung“ ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Ordnungsgemäß ist die steuerlich privilegierte Leistung dann, wenn sie (1.) objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen, (2.) von einem seriösen Institut erbracht wird und (3.) die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen. 33Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 – VII C 73/75 –, juris, Rn. 18; Urteil vom 12. Juni 2013 – 9 C 4/12 –, juris, Rn. 16; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2011 – 14 A 48/09 –, juris, Rn. 3 ff. 34Dass der von den Mitarbeitern des Klägers angebotene Nachhilfeunterricht objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung zu dienen (1. Voraussetzung), und dass der Kläger ein seriöses Institut betreibt (2. Voraussetzung), steht außer Streit; diese Fragen hat die Beklagte bejaht, soweit sie dem Kläger für einzelne Lehrkräfte und Fächer in der Anlage zum Bescheid vom 5. August 2013 die begehrte Bescheinigung erteilt hat. 35Hinsichtlich der abgelehnten Lehrkräfte ist indes die erforderliche Eignung nach den aktuellen Kriterien nicht nachgewiesen. Im Hinblick auf die erforderliche Vergleichbarkeit mit den staatlichen Einrichtungen kommt es insoweit im wesentlichen auf die Qualifikation der einzelnen Lehrkräfte an, 36OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009 – 14 A 2934/07 – (vom Kläger selbst zitiert) sowie das hierin in Bezug genommene Urteil des OVG NRW vom 6. Februar 2006 – 14 A 2086/03 –. 37Bei der Bewertung der Qualifikation steht der Beklagten ein fachlich-wissenschaftlicher Beurteilungsspielraum zu, der vom Gericht nur beschränkt überprüft werden kann. Die von der Beklagten – nach ihrer Darstellung seit dem Jahr 2011 – gestellten Anforderungen sind nicht sachwidrig. Verlangt wird hiernach für den Nachhilfeunterricht in der Primarstufe das Abitur mit erfolgreicher Belegung des unterrichteten Fachs bis zum Abschluss, für den Nachhilfeunterricht in der Sekundarstufe I der Abschluss eines Grundstudiums bzw. Vordiploms mit Nachweis erworbener Kenntnisse im unterrichteten Fach, für den Nachhilfeunterricht in der Sekundarstufe II ein abgeschlossenes Hochschulstudium mit Bezügen zum unterrichteten Fach. Diese Anforderungen sind von der Kammer in ihrer bisherigen Rechtsprechung jeweils gebilligt worden, entsprechende Klagen sind sodann zurückgenommen worden. Die Anforderungen sind ohne weiteres geeignet, einen qualifizierten Nachhilfeunterricht zu gewährleisten. Das Abstellen auf Prüfungsleistungen in staatlichen Prüfungen stellt auch sicher, dass das geforderte Niveau des Unterrichts tatsächlich gegeben ist. So stellt auch das OVG NRW in seinem 38 Urteil vom 6. Februar 2006 – 14 A 2086/03 – 39im Fall einer Bescheinigung für eine Vielzahl von Lehrern an einer privaten Musikschule in verschiedenen Fächern auf den jeweiligen Abschluss der einzelnen Lehrkraft und auch auf das einzelne Fach ab; 40z.B. Nr. 6 und Nr. 8 – Examen nicht belegt (Nr. 6) bzw. Lehrkraft erst noch im Studium, kein Qualifikationsnachweis schon für die Studienzeit (Nr. 8) –; Nr. 10 – Qualifikation für „Klavier“ mit 1. Staatsprüfung Primarstufe mit Schwerpunkt Musik und Klavier als Pflichtfach hinreichend erbracht; Nr. 17 – Studium „Rehabilitationswissenschaft“ mit Schwerpunkt Musiktherapie stimmt mit Studienziel des Musikstudiums nicht überein; Nr. 20 – Qualifikation für den begehrten Zeitraum nicht nachgewiesen, da das Studium gerade erst begonnen hatte; Nr. 22 – keine Bescheinigung für das Fach „Gitarre“, da die Nachweise sich im wesentlichen auf das Instrument „Saxophon“ bezogen. 41Wegen des bestehenden fachlich-wissenschaftlichen Beurteilungsspielraums besteht keine Verpflichtung der Beklagten, sich die Qualifikation der Lehrkräfte auch auf andere Weise nachweisen zu lassen, z.B. durch die vom Kläger vorgelegten Infratest-Ergebnisse, die sich auch nur allgemein auf die B. -Institute insgesamt beziehen, oder auch durch Eltern- bzw. Schülerbescheinigungen über erfolgreichen Nachhilfeunterricht, wie sie auch die Beklagte in ihrer früheren Praxis (vgl. Bescheinigung vom 29. Juni 2001 an den Kläger) verlangt hatte, 42vgl. gegen die Eignung von Schülerbescheinigungen auch Urteil des OVG NRW vom 6. Februar 2006 a.a.O. 43Gleiches gilt, soweit der Kläger meint, er gewährleiste selbst die Eignung der Lehrkräfte im Rahmen seiner Personalauswahl, die sich nach der fachlichen Qualifikation und den didaktischen Fähigkeiten richte. Insoweit mag es tatsächlich zutreffen, dass eine fachlich oder didaktisch nicht geeignete Nachhilfelehrkraft nach kurzer Zeit nicht weiter beschäftigt wird, wenn sich die mangelnde Eignung im konkreten Nachhilfeunterricht bestätigt hat. Gleichwohl ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte bei ihrer von Amts wegen durchgeführten Prüfung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Bescheinigung vorliegen, sich – entgegen der subjektiven Eignungseinschätzung des Klägers – objektive Prüfungsnachweise aus staatlichen Prüfungen vorlegen lässt; die Grenzen ihres fachlich-wissenschaftlichen Beurteilungsspielraums sind damit nicht überschritten. 44Gleiches gilt auch, soweit sich der Kläger auf das 45 Urteil des Bay.VGH vom 30. September 2010 – 21 B 09.140 –, juris Rn. 29, 46bezieht, in welchem der Bay.VGH die ordnungsgemäße Vorbereitung bejaht unter der Voraussetzung, dass mindestens 25 % der vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen und die übrigen Nachhilfelehrkräfte jedenfalls fachlich geeignet sind. Dies ist das Ergebnis einer statistischen Erhebung des Bay.VGH über den Einsatz von Aushilfslehrkräften an bayrischen Gymnasien und Realschulen, bei der sich ergeben hatte, dass die mehreren 1.000 an staatlichen Schulen eingesetzten Aushilfslehrkräfte zu ca. 25 % eine Lehramtsbefähigung besaßen und zu ca. 75 % keine Lehramtsbefähigung besaßen; hieraus hat der Bay.VGH die fachliche Bewertung der Kultusverwaltung entnommen, dass bei einem solchen Verhältnis der Qualifikation von Aushilfslehrkräften die reguläre Unterrichtsversorgung noch sichergestellt sei (juris Rn. 31), und hat dies auf die Nachhilfeinstitute übertragen. Die für den hier zu beurteilenden Fall wesentliche Frage, unter welchen Voraussetzungen die übrigen Nachhilfelehrkräfte (ohne Lehramtsbefähigung) die auch vom Bay.VGH geforderte fachliche Eignung besitzen, brauchte der Bay.VGH nicht zu beantworten, da im dort entschiedenen Fall der Anteil von 25 % Nachhilfelehrkräfte mit Lehramtsbefähigung nicht erreicht war. 47Die Einwände des Klägers hiergegen greifen dem Grunde nach nicht durch. 48Die Beklagte ist nicht an die von dem Kläger genannten Erlasse der Finanzverwaltung gebunden, denn diese betreffen die Prüfung des Tatbestandsmerkmals „Einrichtung“, nicht hingegen die „ordnungsgemäße Vorbereitung auf …“, worüber sich die Bescheinigung der Beklagten allein verhält. 49Die Bescheinigung ist auch entgegen der Auffassung des Klägers nicht für das von ihm betriebene B. Institut als Gesamtheit, sondern für die einzelnen Lehrer zu erteilen. Das OVG NRW hat in seinem Urteil vom 6. Februar 2006 a.a.O. hierzu ausgeführt: 50„Dabei kann die Bescheinigung regelmäßig nicht für die „Einrichtung“, hier also die Musikschule der Klägerin, als Ganzes erteilt werden. Sinn des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist es, der Beklagten als sachverständiger Stelle die Beurteilung zu überlassen, ob die Ausbildungsleistungen einer privaten Einrichtung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung oder beides vorbereiten. Hierzu wird der Einrichtung die Eignung dieser Ausbildungsleistungen bescheinigt. Private Bildungseinrichtungen sind jedoch nicht verpflichtet, nur solche Unterrichtsleistungen anzubieten, die ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten. Sie können vielmehr neben der Ausbildung auch andere Kurse anbieten, die nicht der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung dienen, sondern eher in den Hobbybereich fallen. Für derartige Kurse ist eine Umsatzsteuerbefreiung nicht vorgesehen. Die privaten Bildungseinrichtungen sind nur insoweit von der Umsatzsteuer befreit, als sie den staatlichen Bildungseinrichtungen vergleichbar sind. Unter diesen Umständen ist es Aufgabe der zuständigen Stelle im Sinne von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG, die aufgrund ihrer Sachkunde dafür von den Landesregierungen ausgewählt wurden, die Kurse bzw. Unterrichtsleistungen im Einzelnen zu bezeichnen, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen (so schon VG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2003 – 25 K 144/02 –).“ 51In einem Beschluss vom 9. März 2006 – 14 A 2086/03 –, mit welchem ein Antrag der Klägerin des vorgenannten Verfahrens auf Urteilsberichtigung abgelehnt wurde, hat das OVG NRW ergänzend ausgeführt: 52„Soweit die Klägerin die Erteilung lediglich einer (wohl umfassenden) Bescheinigung für richtig hält, ist der Antrag abzulehnen. Denn es entspricht der Rechtsauffassung des Senats, dass im Hinblick auf die mit den einzelnen Unterrichtstätigkeiten verbundenen Abweichungen jeweils gesonderte Bescheinigungen zu erteilen sind.“ 53In gleicher Weise ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Kunde in einem der vom Kläger angebotenen Fächer Unterricht aus Gründen nimmt, die nicht denen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG entsprechen. Soweit der Kläger die Erteilung von Einzelbescheinigungen für die einzelnen Lehrkräfte in der Klagebegründung vom 17. Dezember 2013 (S. 12) im Anschluss an das 54 Urteil des BayVGH vom 30. September 2010 – 21 B 09.140 –, juris Rdn. 31 55für „wenig praxisorientiert und wegen des damit verbundenen Aufwands weder erforderlich noch durchführbar“ hält, wird dies durch die von der Beklagten erteilte Bescheinigung mit ihrer Anlage widerlegt. 56Die Bescheinigungspraxis der Beklagten verstößt auch nicht gegen Art. 132 Abs. 1 i) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, denn diese betrifft den Begriff der „Einrichtung“, der von der Beklagten bei der Erteilung der Bescheinigung nicht zu prüfen ist. Der Gleichheitsgrundsatz bindet ferner nur die jeweilige Behörde bzw. ihren Rechtsträger, hier das beklagte Land; eine Bindung an eine abweichende Verwaltungspraxis anderer Bundesländer besteht nicht. Auch der vom Kläger gesehene Wertungswiderspruch zur Umsatzsteuerbefreiung des Privatlehrers nach Art. 132 Abs. 1 j) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie besteht nicht. Der Kläger kann sich unabhängig von der Bescheinigung der Beklagten gegenüber dem Finanzamt auch unmittelbar auf die Vorschriften des Art. 132 Abs. 1 i), j) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen, 57vgl. BFH, Urteil vom 20. März 2014 – V R 3/13 –; hier wird unter 1. die Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG mangels ausreichender Bescheinigung verneint und sodann unter 2. die Möglichkeit von Umsatzsteuerbefreiung unmittelbar nach 132 Abs. 1 i), j) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (im konkreten Fall noch zur Vorgängervorschrift, Richtlinie 77/388/EWG) geprüft. 58Der Bescheid der Beklagten vom 5. August 2013 ist ferner nicht aus dem Grund rechtswidrig, dass er keine Regelungen zu den zuvor erteilten Bescheinigungen trifft. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, überlagern sich die Bescheinigungen; die neue Bescheinigung vom 5. August 2013 betrifft Lehrkräfte, die in den zuvor erteilten Bescheinigungen noch nicht enthalten waren. Der Bescheid vom 5. August 2013 ist mit Wirkung ab 1. Januar 2001 erteilt worden, weil das vom Kläger auf Anfrage der Beklagten mitgeteilte früheste Anfangsdatum eines Nachhilfeunterrichts, für den die Bescheinigung beantragt wurde, im Jahr 2001 lag. 59Nach Auffassung der Kammer ist es jedoch rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), dass die Beklagte auch hinsichtlich derjenigen Lehrkräfte, die schon seit vielen Jahren beim Kläger eingesetzt sind, bei ihrer jetzt getroffenen Entscheidung ohne weiteres die neuen – nach ihren Angaben seit dem Jahr 2011 praktizierten – Anforderungen stellt. Dies gilt jedenfalls für die Zeit bis zur Änderung der Verwaltungspraxis, die – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert – von der Beklagten den betroffenen Unternehmern nicht kommuniziert worden ist. In Kenntnis der bundesweit unterschiedlichen Handhabung der Erteilung der Bescheinigungen hatte der Franchisegeber des Klägers bereits im Jahr 2006 die Übermittlung der Richtlinien für die Bewertung der Nachhilfelehrer (für Umsatzsteuerbefreiung) erbeten; ausweislich einer e-mail vom 27. Juli 2006 an einen Mitarbeiter der Bezirksregierung E. sei vereinbart worden, dass die Bezirksregierung der B. Zentrale diese Richtlinien zwecks weiterer Verteilung zukommen lasse. Mit dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben vom 8. Dezember 2006 hat die Bezirksregierung E. der B. Franchise GmbH sodann mitgeteilt, verbindliche Zusagen hinsichtlich der Qualifikation könnten nicht gegeben werden, da es sich um Einzelfallentscheidungen handele; Eignungsgrundsätze im Sinne von Mindestqualifikationen seien nicht festgelegt. Hiernach konnten die von der B. Zentrale entsprechend unterrichteten einzelnen Franchisenehmer, darunter auch der Kläger, darauf vertrauen, dass die bisherige Praxis weitergeführt werde. Dem Kläger war kurz zuvor noch die Bescheinigung vom 26. Juni 2006 erteilt worden; er konnte davon ausgehen, dass die hier zugrunde gelegten Kriterien weiterhin gelten würden. In dem Schreiben der Bezirksregierung E. vom 8. Dezember 2006 war zudem weiter ausgeführt, dass jede Lehrkraft – abgesehen von der „formalen Qualifikation“ – auch ggf. hinsichtlich ihrer Berufs- und Lebenserfahrung beurteilt werde. Dies bedeutet, dass die Beklagte auch bereit war, bei im Beruf befindlichen Lehrern Nachhilfeunterricht ggf. in nicht durch „formale Qualifikation“ (Studienabschluss im unterrichteten Fach) nachgewiesenen Fächern zu akzeptieren. Entsprechende Überlegungen können auch für verschiedene von der Beklagten nicht berücksichtigte Lehrkräfte gelten; so ist z.B. der Volksschullehrerin D. D1. im Jahr 1972, d.h. vor 40 Jahren, die Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit verliehen worden; die Lehrkraft F. F1. befindet sich im Ruhestand, erhält Versorgungsbezüge vom LBV NRW und war zuvor Schuldirektor. Wenn bei seit vielen Jahren eingesetzten Nachhilfelehrern die Qualifikationsanforderungen geändert werden, hätte es insoweit eines Hinweises der Beklagten bedurft, da der Kläger – wie auch die anderen Nachhilfeinstitute – auf die bisherige Praxis vertraut hatte. Wenn eine individuelle Unterrichtung der einzelnen Unternehmen nicht möglich war, wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf eine große Zahl jährlich gestellter Bescheinigungsanträge ausgeführt hat, so wäre es doch unschwer möglich gewesen, einen entsprechenden Hinweis jedenfalls etwa auf einer Internet-Seite der Beklagten zu platzieren. Eine entsprechende Handhabung ist, wie der Kammer bekannt ist, bei vielen Kommunen üblich, die in ihrem Internet-Auftritt etwa auf geänderte Satzungsbestimmungen und hiernach etwa zu beachtende neue Anforderungen hinweisen, dies unbeschadet der „offiziellen“ Veröffentlichung der Satzung im amtlichen Verkündungsblatt der jeweiligen Kommune. In gleicher Weise wäre auch eine Unterrichtung durch die Bezirksregierung möglich gewesen. 60Die unvermittelt eingeführte geänderte Praxis der Beklagten führt auch zu einer Ungleichbehandlung zu anderen Lehrkräften, die beim Kläger eingesetzt sind und die noch nach den früheren Kriterien mit ihrem jeweiligen Unterricht etwa in der früheren Bescheinigung vom 26. Juni 2006, die unbefristet gültig ist, weiterhin als den Anforderungen der „ordnungsgemäßen Vorbereitung …“ genügend bescheinigt sind. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich. 61Wegen des der Beklagten zustehenden fachlich-wissenschaftlichen Beurteilungsspielraums war es dem Gericht verwehrt, selbst die Sache spruchreif zu machen durch Ermittlung der früheren Kriterien und deren Anwendung auf die jeweils von der Bescheinigung ausgenommenen Lehrkräfte. Deshalb kam nur die Aufhebung des Versagungsbescheides sowie der Erlass eines Bescheidungsurteils nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO in Betracht. Die Beklagte hat hinsichtlich der bis 2010 (vor Änderung der Kriterien) eingesetzten Lehrkräfte über den Antrag nach Maßgabe der bis dahin geltenden Kriterien zu entscheiden. 62Einer Entscheidung über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag bedurfte es hiernach nicht mehr; angemerkt sei, wie zuvor bereits ausgeführt, dass die Bescheinigung von 26. Juni 2006 selbständig neben der im vorliegenden Verfahren streitigen Bescheinigung steht. 63Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 64Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt. 65Gründe: 66Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt und folgt der Rechtsprechung des OVG NRW (Beschluss vom 30. Mai 2011 – 14 E 379/ 11 –). | der bescheid der beklagten vom 5. august 2013 wird aufgehoben, soweit der antrag des klägers abgelehnt worden ist. die beklagte wird verpflichtet, über den antrag des klägers vom 1. oktober 2012 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu entscheiden. die weitergehende klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die beteiligten je zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige schuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des jeweils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige gläubiger vor der vollstreckung sicherheit in entsprechender höhe leistet. 1 | 2der kläger betreibt in o. seit januar 2001 ein b. nachhilfeinstitut. er ist franchisenehmer der b. franchise gmbh. diese bietet seit beginn ihrer tätigkeit im jahr 1992 die dienstleistung „einzelnachhilfe zu hause beim schüler“ mit der 1 : 1 situation zwischen nachhilfelehrer und schüler an, welche durch die einzelnen franchise-institute ausgeübt wird. nach den angaben in der klagebegründung gibt es bundesweit über 90 b. nachhilfeinstitute. 3die bezirksregierung e. bescheinigte dem kläger zunächst mit bescheid vom 29. juni 2001 gemäß § 4 nr. 21 a) bb) ustg, dass er mit der bildungsmaßnahme „nachhilfeunterricht in den fächern deutsch, englisch, französisch, latein, mathematik, physik und chemie“ ordnungsgemäß auf einen beruf oder auf eine vor einer juristischen person des öffentlichen rechts abzulegende prüfung vorbereite. diese bescheinigung galt für die zeit vom 1. januar 2001 bis 31. dezember 2001. in einem begleitschreiben vom selben tag ist ausgeführt, dass bei einem verlängerungsantrag bestätigungen von schülern über die verbesserung von noten / erfolgreiche prüfungsvorbereitung beizufügen seien. 4mit datum vom 27. november 2002 erteilte die bezirksregierung e. dem kläger eine inhaltsgleiche bescheinigung, gültig für die zeit vom 1. januar 2002 bis 30. november 2005, zusätzlich zu den vorgenannten fächern auch für die fächer spanisch, italienisch, biologie und rechnungswesen. 5mit bescheid vom 26. juni 2006 bescheinigte die bezirksregierung e. dem kläger widerruflich für die zeit ab 1. dezember 2005 gemäß § 4 nr. 21 a) bb) ustg, dass er mit der bildungsmaßnahme „nachhilfeunterricht in den fächern mathematik, spanisch, italienisch, russisch, sozialwissenschaft, geschichte, pädagogik, philosophie und anatomie/physiologie“ ordnungsgemäß auf einen beruf oder auf eine vor einer juristischen person des öffentlichen rechts abzulegende prüfung vorbereite; zu den einzelnen fächern waren jeweils die einzelnen namen konkreter nachhilfelehrer aufgeführt. 6auf eine anfrage der b. franchise gmbh, welche qualifikationsanforderungen von den lehrkräften zu erfüllen seien, damit die bescheinigung nach § 4 nr. 21 a) bb) ustg ausgestellt werden könne, teilte die bezirksregierung e. der b. franchise gmbh mit schreiben vom 8. dezember 2006 mit, 7„dass es mir nicht möglich ist, ihnen eine verbindliche zusage zu geben, welche qualifikationen lehrkräfte besitzen müssen, um die erteilung der bescheinigung zu garantieren, da es sich bei der qualifikationsprüfung der lehrkräfte um eine einzelfallentscheidung handelt. hierbei wird jede einzelne lehrkraft hinsichtlich ihrer „formalen qualifikation“ und ggf. ihrer berufs- und lebenserfahrung beurteilt. eignungsgrundsätze im sinne von mindestqualifikationen sind nicht festgelegt. aus diesem grund ist mir eine aussage, welche qualifikation eine lehrkraft besitzen muss, um die bescheinigung zu erhalten, nicht möglich.“ 8unter dem 1. oktober 2012 beantragte der kläger bei der bezirksregierung e. die erteilung einer bescheinigung nach § 4 nr. 21 a) bb) ustg für insgesamt 204 lehrkräfte und nachhilfeunterricht in insgesamt 18 fächern, wobei verschiedene nachhilfelehrer mehrere fächer unterrichten; insgesamt wurden 691 „fachbefreiungen“ beantragt. die lehrkräfte sind in 18 einzelnen listen je fach jeweils mit angabe ihrer qualifikation und dem einsatzbereich (primarstufe, erprobungsstufe, s 1, s 2, sonderpädagogik – zutreffendes jeweils angekreuzt) aufgeführt. die 691 „fachbefreiungen“ betreffen mathematik (123), physik (22), chemie (21), biologie (23), sonderpädagogik (4), primarstufe (93), rechnungswesen/bwl (12), informatik (9), elektrotechnik (5), sozialwissenschaften (8), geschichte (26), philosophie (8), deutsch (138), englisch (125), französisch (28), latein (25), spanisch (12), pädagogik (9). der kläger fügte die ihm vorliegenden qualifikationsnachweise der einzelnen lehrkräfte bei. 9auf anfrage der bezirksregierung e. vom 28. november 2012, wann die einzelnen lehrkräfte erstmals beim kläger gearbeitet hätten (monat/jahr), übersandte der kläger unter dem 4. januar 2013 eine liste hinsichtlich der einzelnen lehrkräfte; die anfangsdaten liegen zwischen februar 2001 und november 2011. 10die bezirksregierung e. hörte den kläger unter dem 18. april 2013 zur beabsichtigten teilweisen ablehnung des antrags an, bezogen auf 168 einzeln benannte lehrer mit einzeln genannten fächern, und legte ihre allgemeinen kriterien hinsichtlich des qualifikationsnachweises dar: mindestvoraussetzung für nachhilfe im bereich primarstufe – abitur mit nachweis, dass das zu unterrichtende fach bis zum abitur erfolgreich belegt wurde; mindestvoraussetzung für nachhilfe im bereich sekundarstufe i – abgeschlossenes grundstudium oder vordiplom; voraussetzung für nachhilfe im bereich sekundarstufe ii: abgeschlossenes hochschulstudium. im einzelnen wurde ausgeführt, welche kriterien bei welchen lehrern nicht erfüllt seien. 11am 2. mai 2013 fragte der kläger telefonisch an, ob für die lehrkräfte, die vor der verschärfung der qualifikationsanforderungen bei ihm gearbeitet hätten, die alten qualifikationsanforderungen herangezogen werden könnten. die bezirksregierung e. teilte mit e-mail vom 6. mai 2013 mit, maßgeblich seien die qualifikationsanforderungen, die im zeitpunkt der antragstellung landeseinheitlich galten. die verspätete antragstellung für die jahre ab 2001 habe der kläger selbst zu vertreten und rechtfertige keine besserstellung gegenüber anderen nachhilfeunternehmen. 12der kläger bat daraufhin die bezirksregierung e. am 6. mai 2013 telefonisch um eine „positivliste“, in der automatisch sämtliche lehrkräfte, die bestimmte stufen nicht unterrichten sollen, mit der nächstmöglichen stufe bescheinigt werden. 13ein schreiben der prozessbevollmächtigten des klägers vom 25. juni 2013, in welchem diese rechtsausführungen zu der verpflichtung, die bescheinigung auszustellen, machten, ist nicht zu den verwaltungsvorgängen gelangt. 14die prozessbevollmächtigten des klägers wandten sich mit schreiben vom 25. juni 2013 namens der b. franchise gmbh an das wirtschaftsministerium nrw, verwiesen auf die unterschiedliche bescheinigungspraxis in den einzelnen bundesländern; einige bundesländer prüften die qualität der nachhilfelehrer, einige nicht; einige bundesländer befreiten den unterricht von der umsatzsteuer, andere das gesamte b. institut; die bezirksregierung e. stelle bundesweit die strengsten anforderungen; diese anforderungen seien weder mit § 4 nr. 21 a) bb) ustg noch mit den europarechtlichen, umzusetzenden regelungen der mehrwertsteuersystemrichtlinie vereinbar. das wirtschaftsministerium teilte unter dem 14. august 2013 mit, die bezirksregierungen des landes seien in einer dienstbesprechung am 30. juli 2013 zu dem ergebnis gekommen, dass die bescheinigung dem unternehmen und nicht den einzelnen lehrkräften zu erteilen sei, dass in der bescheinigung aber die einzelnen lehrkräfte mit ihren entsprechenden lehrfächern aufzuführen seien; hierdurch sei eine einheitliche bescheinigungspraxis der bezirksregierungen des landes nordrhein-westfalen sichergestellt. 15mit bescheid vom 5. august 2013, zugestellt am 8. august 2013, bescheinigte die bezirksregierung e. dem kläger gemäß § 4 nr. 21 a) bb) ustg, dass er mit den in der anlage aufgeführten lehrkräften und den aufgeführten fächern ordnungsgemäß auf einen beruf oder auf eine vor einer juristischen person des öffentlichen rechts abzulegende prüfung vorbereitet. die bescheinigung gilt ab 1. januar 2001. in der anlage sind die lehrkräfte für die fächer mathematik, physik, informatik, elektrotechnik, chemie, rewe/bwl, biologie, deutsch, englisch, französisch, latein, spanisch, geschichte, philosophie, sozialwissenschaften und pädagogik jeweils mit den stufen primarstufe, sek i oder sek ii aufgeführt. 16hinsichtlich 148 im einzelnen genannter lehrkräfte mit jeweils im einzelnen genannten fächern wurde der antrag abgelehnt. zur begründung führte die bezirksregierung e. aus, die überprüfung der ordnungsgemäßheit der vorbereitung beziehe sich auch auf eignung, fähigkeiten und kenntnisse der unterrichtenden lehrkräfte. als mindestvoraussetzung zum nachweis der qualifikation der lehrkräfte für den unterricht im bereich der primarstufe werde die allgemeine hochschulreife vorausgesetzt; aus dem zeugnis müsse hervorgehen, dass das zu unterrichtende fach bis zum abitur erfolgreich belegt wurde. zum nachweis der eignung, unterricht für die sekundarstufe i zu erteilen, werde mindestens ein abgeschlossenes grundstudium bzw. vordiplom gefordert; das studium müsse fachliche kenntnisse, die einen angemessenen unterricht in dem jeweiligen fach ermöglichen, vermitteln. für die unterrichtung in der sekundarstufe ii werde ein abgeschlossenes hochschulstudium vorausgesetzt. bei der überwiegenden zahl der lehrkräfte liege entweder nur das abiturzeugnis vor, oder die lehrkräfte könnten keine für die genannten fächer geeigneten studiengänge vorweisen, so dass eine bescheinigung für diese kurse nicht oder allenfalls für die primarstufe erteilt werden könne. für drei lehrkräfte seien nur fremdsprachige qualifikationsnachweise ohne übersetzung vorgelegt worden. für eine lehrkraft sei nur ein unvollständiger arbeitsvertrag und eine inoffizielle studienbescheinigung eines amerikanischen colleges vorgelegt worden, die als nachweis nicht ausreichten. für mehrere lehrkräfte seien keine weiteren nachweise eingereicht worden darüber, dass diese mindestens zwei semester abgeschlossen hätten (für sek. i) bzw. bereits einen hochschulabschluss erworben hätten (für sek. ii). bei sechs lehrkräften sei nicht bekannt, was sie studiert hätten; förmliche qualifikationsnachweise mit angaben zu den studienfächern seien nicht vorgelegt worden. bei vier lehrkräften lägen keine geeigneten offiziellen dokumente bzw. bescheinigungen vor, denen zu entnehmen sei, dass die jeweiligen fächer wesentlicher bestandteil des studiums seien bzw. gewesen seien. 17zur begründung der am 5. september 2013 erhobenen klage führt der kläger aus, sein institut sei objektiv geeignet, der prüfungsvorbereitung zu dienen, wie sich aus infratest-berichten über die b. -nachhilfe aus den jahren 2007 und 2012 ergebe, wonach über 90 % der nachhilfeschüler sich aufgrund des nachhilfeunterrichts in ihren schulischen leistungen verbessert hätten. die eingesetzten lehrkräfte besäßen die erforderliche eignung, die anforderungen der bezirksregierung e. seien rechtswidrig. abzustellen sei nach dem wortlaut von § 4 nr. 1 a) bb) ustg auf seine einrichtung und nicht auf die einzelnen lehrkräfte; er gewährleiste die eignung der lehrkräfte im rahmen seiner personalauswahl, die sich nach der fachlichen qualifikation und den didaktischen fähigkeiten richte. die gesetzliche vorschrift diene der umsetzung der mehrwertsteuersystemrichtlinie, die in art. 132 abs. 1 i) auf die einrichtung abstelle; das abstellen auf einzelne nachhilfelehrer setze die richtlinie nicht entsprechend ihrer intention um. durch die umsatzsteuerbelastung werde der zugang zur schulischen förderung durch die ablehnung einzelner nachhilfelehrer erschwert. die praxis der bezirksregierung e. bedeute auch einen wertungswiderspruch zu art. 132 abs. 1 j) der mehrwertsteuersystemrichtlinie, da ein abgelehnter nachhilfelehrer als einzelunternehmen als privatlehrer vom finanzamt die umsatzsteuerbefreiung verlangen könne; die qualifikation könne hier auch anders als durch hochschulabschluss nachgewiesen werden. nach einer rundverfügung der oberfinanzdirektion frankfurt/main vom 23. august 2010 seien spezielle qualifikationen der ausführenden personen nicht voraussetzung für die steuerbefreiung; auch nach einem schreiben des bundesministeriums der finanzen vom 30. juni 2010 an den bundesverband nachhilfe- und nachmittagsschulen müssten private nachhilfeinstitute keine speziellen qualitätsanforderungen erfüllen. die anforderungen der bezirksregierungen hätten sich an den für die finanzverwaltungen geltenden grundsätzen zu orientieren. es komme bei der praxis der bezirksregierung e. zu einer ungleichbehandlung gegenüber filialunternehmen, bei denen nach dem umsatzsteueranwendungserlass eine bescheinigung der zuständigen behörde desjenigen landes ausreiche, in dem der unternehmer steuerlich geführt werde; bei franchise-unternehmen müsse demgegenüber jeder einzelne franchise-nehmer die bescheinigung beantragen mit der folge, dass etwa im grenzbereich der bundesländer ein unternehmen umsatzsteuerpflichtig sei, während 10 km entfernt in einem anderen bundesland die gleiche leistung von gleichqualifizierten anbietern umsatzsteuerfrei angeboten werden könne. es sei rechtswidrig, die bescheinigung an einzelne lehrer und nicht an das nachhilfeinstitut zu erteilen. die eignung des lehrpersonals könne nicht anhand starrer qualifikationsanforderungen beurteilt werden; es wäre sachgerechter, diese beurteilung der einstellenden nachhilfeeinrichtung und / oder der beurteilung der schüler zu überlassen, wobei der nachhilfeerfolg durch statistische auswertungen nachgewiesen werden könne. die bezirksregierung e. habe in ihrer bescheinigung vom 29. juni 2001 auch schülerbestätigungen als nachweis einer erfolgreichen prüfungsvorbereitung akzeptiert. die ablehnung der bescheinigung sei schließlich rechtswidrig, weil das verhältnis zu den bescheinigungen vom 29. juni 2001, 27. november 2002 und 26. juni 2006 unklar sei; ein etwa konkludent erklärter widerruf wäre rechtswidrig. 18der klägerin beantragt, 19die beklagte unter aufhebung des ablehnungsbescheides der bezirksregierung e. vom 5. august 2013 zu verpflichten, ihm die bescheinigung gemäß § 4 nr. 21 a) bb) ustg entsprechend seinem antrag vom 1. oktober 2012 zu erteilen, 20hilfsweise festzustellen, dass die bescheinigung vom 26. juni 2006 gültigkeit habe bis zur rechtskraft der entscheidung in diesem verfahren. 21die beklagte beantragt, 22 die klage abzuweisen. 23sie führt aus, das erfordernis der qualifikation der lehrkräfte stehe in übereinstimmung mit der rechtsprechung des ovg nrw. hinsichtlich der fachlichen und pädagogischen eignung der eingesetzten lehrkräfte stehe ihr ein beurteilungsspielraum zu; insoweit seien die zu stellenden anforderungen landeseinheitlich mit den fünf bezirksregierungen und dem wirtschafts- sowie dem finanzministerium des landes abgestimmt. diese gemeinsamen anforderungen würden seit dem jahr 2011 zugrunde gelegt, da zuvor selbst innerhalb von nordrhein-westfalen unterschiedliche qualifikationsanforderungen gestellt worden seien. die landesbehörde entscheide nach § 4 nr. 21 a) bb) ustg nicht über die umsatzsteuerbefreiung, sondern nur über die bescheinigung; erlasse und verfügungen des bundesministeriums der finanzen oder einer oberfinanzdirektion hätten im bescheinigungsverfahren keine bindungswirkung. auch die europarechtlichen vorschriften gälten nicht für das bescheinigungsverfahren. ein widerspruch zu den früheren bescheinigungen bestehe nicht; die ersten beiden bescheinigungen seien befristet gewesen; die bescheinigung vom 26. juni 2006 sei nicht zu widerrufen gewesen, weil hierin andere lehrkräfte und maßnahmen als in dem streitgegenständlichen bescheid vom 5. august 2013 bescheinigt worden seien und eine inhaltliche überschneidung nicht vorliege. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakten sowie der verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 25 | 26die zulässige klage hat im zuerkannten umfang erfolg. insoweit ist der ablehnende bescheid rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten; wegen des beurteilungsspielraums der beklagten konnte nur ein bescheidungsurteil ergehen (§ 113 abs. 5 satz 2 vwgo). der weiter geltend gemachte anspruch unmittelbar auf erteilung der bescheinigung für die beantragten lehrkräfte steht dem kläger hingegen nicht zu (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 27anspruchsgrundlage für das begehren des klägers ist § 4 nr. 21 a) bb) ustg. danach sind umsatzsteuerfrei die unmittelbar dem schul- und bildungszweck dienenden leistungen privater schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender einrichtungen, wenn die zuständige landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen beruf oder eine vor einer juristischen person des öffentlichen rechts abzulegende prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. 28die zuständigkeit der bezirksregierung e. ergibt sich aus § 8 abs. 3 des gesetzes über die organisation der landesverwaltung (log nrw) in verbindung mit ziffer i. 1.3 der bekanntmachung der bezirke der landesmittelbehörden und der unteren landesbehörden vom 12. november 2013 (gv.nrw. s. 632). 29die voraussetzungen für die erteilung der bescheinigung, die der kläger unter dem 1. oktober 2012 beantragt hat, liegen – hinsichtlich der abgelehnten lehrkräfte – nicht vor, wenn insoweit die anforderungen der bezirksregierung e. zum zeitpunkt der mündlichen verhandlung zugrunde gelegt werden. 30die bescheinigung erstreckt sich dabei nicht auf alle von § 4 nr. 21 a) bb) ustg statuierte voraussetzungen der umsatzsteuerbefreiung, sondern ist auf die feststellung beschränkt, dass die in rede stehenden leistungen auf einen beruf oder eine vor einer juristischen person des öffentlichen rechts abzulegende prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. nur diese frage unterliegt der prüfung durch die bezirksregierung und die verwaltungsgerichte. ob der antragsteller eine privatschule oder eine andere allgemeinbildende oder berufsbildende einrichtung unterhält, ist nicht gegenstand der bescheinigung und von den finanzbehörden und ggf. finanzgerichten zu prüfen. 31vgl. bverwg, urteil vom 3. dezember 1976 – vii c 73/75 –, juris, rn. 22; ovg nrw, urteil vom 7. mai 2009 – 14 a 2934/07 –, juris, rn. 30; bfh, urteil vom 28. mai 2013 – xi r 35/11 –, juris, rn. 40, jeweils m.w.n. 32der begriff der „ordnungsgemäßen prüfungsvorbereitung“ ist in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts geklärt. ordnungsgemäß ist die steuerlich privilegierte leistung dann, wenn sie (1.) objektiv geeignet ist, der prüfungsvorbereitung zu dienen, (2.) von einem seriösen institut erbracht wird und (3.) die eingesetzten lehrkräfte die erforderliche eignung besitzen. 33vgl. bverwg, urteil vom 3. dezember 1976 – vii c 73/75 –, juris, rn. 18; urteil vom 12. juni 2013 – 9 c 4/12 –, juris, rn. 16; ovg nrw, beschluss vom 18. juli 2011 – 14 a 48/09 –, juris, rn. 3 ff. 34dass der von den mitarbeitern des klägers angebotene nachhilfeunterricht objektiv geeignet ist, der prüfungsvorbereitung zu dienen (1. voraussetzung), und dass der kläger ein seriöses institut betreibt (2. voraussetzung), steht außer streit; diese fragen hat die beklagte bejaht, soweit sie dem kläger für einzelne lehrkräfte und fächer in der anlage zum bescheid vom 5. august 2013 die begehrte bescheinigung erteilt hat. 35hinsichtlich der abgelehnten lehrkräfte ist indes die erforderliche eignung nach den aktuellen kriterien nicht nachgewiesen. im hinblick auf die erforderliche vergleichbarkeit mit den staatlichen einrichtungen kommt es insoweit im wesentlichen auf die qualifikation der einzelnen lehrkräfte an, 36ovg nrw, urteil vom 7. mai 2009 – 14 a 2934/07 – (vom kläger selbst zitiert) sowie das hierin in bezug genommene urteil des ovg nrw vom 6. februar 2006 – 14 a 2086/03 –. 37bei der bewertung der qualifikation steht der beklagten ein fachlich-wissenschaftlicher beurteilungsspielraum zu, der vom gericht nur beschränkt überprüft werden kann. die von der beklagten – nach ihrer darstellung seit dem jahr 2011 – gestellten anforderungen sind nicht sachwidrig. verlangt wird hiernach für den nachhilfeunterricht in der primarstufe das abitur mit erfolgreicher belegung des unterrichteten fachs bis zum abschluss, für den nachhilfeunterricht in der sekundarstufe i der abschluss eines grundstudiums bzw. vordiploms mit nachweis erworbener kenntnisse im unterrichteten fach, für den nachhilfeunterricht in der sekundarstufe ii ein abgeschlossenes hochschulstudium mit bezügen zum unterrichteten fach. diese anforderungen sind von der kammer in ihrer bisherigen rechtsprechung jeweils gebilligt worden, entsprechende klagen sind sodann zurückgenommen worden. die anforderungen sind ohne weiteres geeignet, einen qualifizierten nachhilfeunterricht zu gewährleisten. das abstellen auf prüfungsleistungen in staatlichen prüfungen stellt auch sicher, dass das geforderte niveau des unterrichts tatsächlich gegeben ist. so stellt auch das ovg nrw in seinem 38 urteil vom 6. februar 2006 – 14 a 2086/03 – 39im fall einer bescheinigung für eine vielzahl von lehrern an einer privaten musikschule in verschiedenen fächern auf den jeweiligen abschluss der einzelnen lehrkraft und auch auf das einzelne fach ab; 40z.b. nr. 6 und nr. 8 – examen nicht belegt (nr. 6) bzw. lehrkraft erst noch im studium, kein qualifikationsnachweis schon für die studienzeit (nr. 8) –; nr. 10 – qualifikation für „klavier“ mit 1. staatsprüfung primarstufe mit schwerpunkt musik und klavier als pflichtfach hinreichend erbracht; nr. 17 – studium „rehabilitationswissenschaft“ mit schwerpunkt musiktherapie stimmt mit studienziel des musikstudiums nicht überein; nr. 20 – qualifikation für den begehrten zeitraum nicht nachgewiesen, da das studium gerade erst begonnen hatte; nr. 22 – keine bescheinigung für das fach „gitarre“, da die nachweise sich im wesentlichen auf das instrument „saxophon“ bezogen. 41wegen des bestehenden fachlich-wissenschaftlichen beurteilungsspielraums besteht keine verpflichtung der beklagten, sich die qualifikation der lehrkräfte auch auf andere weise nachweisen zu lassen, z.b. durch die vom kläger vorgelegten infratest-ergebnisse, die sich auch nur allgemein auf die b. -institute insgesamt beziehen, oder auch durch eltern- bzw. schülerbescheinigungen über erfolgreichen nachhilfeunterricht, wie sie auch die beklagte in ihrer früheren praxis (vgl. bescheinigung vom 29. juni 2001 an den kläger) verlangt hatte, 42vgl. gegen die eignung von schülerbescheinigungen auch urteil des ovg nrw vom 6. februar 2006 a.a.o. 43gleiches gilt, soweit der kläger meint, er gewährleiste selbst die eignung der lehrkräfte im rahmen seiner personalauswahl, die sich nach der fachlichen qualifikation und den didaktischen fähigkeiten richte. insoweit mag es tatsächlich zutreffen, dass eine fachlich oder didaktisch nicht geeignete nachhilfelehrkraft nach kurzer zeit nicht weiter beschäftigt wird, wenn sich die mangelnde eignung im konkreten nachhilfeunterricht bestätigt hat. gleichwohl ist es nicht zu beanstanden, wenn die beklagte bei ihrer von amts wegen durchgeführten prüfung, ob die gesetzlichen voraussetzungen der bescheinigung vorliegen, sich – entgegen der subjektiven eignungseinschätzung des klägers – objektive prüfungsnachweise aus staatlichen prüfungen vorlegen lässt; die grenzen ihres fachlich-wissenschaftlichen beurteilungsspielraums sind damit nicht überschritten. 44gleiches gilt auch, soweit sich der kläger auf das 45 urteil des bay.vgh vom 30. september 2010 – 21 b 09.140 –, juris rn. 29, 46bezieht, in welchem der bay.vgh die ordnungsgemäße vorbereitung bejaht unter der voraussetzung, dass mindestens 25 % der vorgehaltenen nachhilfelehrkräfte die befähigung für ein lehramt an öffentlichen schulen besitzen und die übrigen nachhilfelehrkräfte jedenfalls fachlich geeignet sind. dies ist das ergebnis einer statistischen erhebung des bay.vgh über den einsatz von aushilfslehrkräften an bayrischen gymnasien und realschulen, bei der sich ergeben hatte, dass die mehreren 1.000 an staatlichen schulen eingesetzten aushilfslehrkräfte zu ca. 25 % eine lehramtsbefähigung besaßen und zu ca. 75 % keine lehramtsbefähigung besaßen; hieraus hat der bay.vgh die fachliche bewertung der kultusverwaltung entnommen, dass bei einem solchen verhältnis der qualifikation von aushilfslehrkräften die reguläre unterrichtsversorgung noch sichergestellt sei (juris rn. 31), und hat dies auf die nachhilfeinstitute übertragen. die für den hier zu beurteilenden fall wesentliche frage, unter welchen voraussetzungen die übrigen nachhilfelehrkräfte (ohne lehramtsbefähigung) die auch vom bay.vgh geforderte fachliche eignung besitzen, brauchte der bay.vgh nicht zu beantworten, da im dort entschiedenen fall der anteil von 25 % nachhilfelehrkräfte mit lehramtsbefähigung nicht erreicht war. 47die einwände des klägers hiergegen greifen dem grunde nach nicht durch. 48die beklagte ist nicht an die von dem kläger genannten erlasse der finanzverwaltung gebunden, denn diese betreffen die prüfung des tatbestandsmerkmals „einrichtung“, nicht hingegen die „ordnungsgemäße vorbereitung auf …“, worüber sich die bescheinigung der beklagten allein verhält. 49die bescheinigung ist auch entgegen der auffassung des klägers nicht für das von ihm betriebene b. institut als gesamtheit, sondern für die einzelnen lehrer zu erteilen. das ovg nrw hat in seinem urteil vom 6. februar 2006 a.a.o. hierzu ausgeführt: 50„dabei kann die bescheinigung regelmäßig nicht für die „einrichtung“, hier also die musikschule der klägerin, als ganzes erteilt werden. sinn des § 4 nr. 21 a) bb) ustg ist es, der beklagten als sachverständiger stelle die beurteilung zu überlassen, ob die ausbildungsleistungen einer privaten einrichtung ordnungsgemäß auf einen beruf oder auf eine vor einer juristischen person des öffentlichen rechts abzulegende prüfung oder beides vorbereiten. hierzu wird der einrichtung die eignung dieser ausbildungsleistungen bescheinigt. private bildungseinrichtungen sind jedoch nicht verpflichtet, nur solche unterrichtsleistungen anzubieten, die ordnungsgemäß auf einen beruf oder eine vor einer juristischen person des öffentlichen rechts abzulegende prüfung vorbereiten. sie können vielmehr neben der ausbildung auch andere kurse anbieten, die nicht der berufs- oder prüfungsvorbereitung dienen, sondern eher in den hobbybereich fallen. für derartige kurse ist eine umsatzsteuerbefreiung nicht vorgesehen. die privaten bildungseinrichtungen sind nur insoweit von der umsatzsteuer befreit, als sie den staatlichen bildungseinrichtungen vergleichbar sind. unter diesen umständen ist es aufgabe der zuständigen stelle im sinne von § 4 nr. 21 a) bb) ustg, die aufgrund ihrer sachkunde dafür von den landesregierungen ausgewählt wurden, die kurse bzw. unterrichtsleistungen im einzelnen zu bezeichnen, die die gesetzlichen voraussetzungen erfüllen (so schon vg düsseldorf, urteil vom 10. märz 2003 – 25 k 144/02 –).“ 51in einem beschluss vom 9. märz 2006 – 14 a 2086/03 –, mit welchem ein antrag der klägerin des vorgenannten verfahrens auf urteilsberichtigung abgelehnt wurde, hat das ovg nrw ergänzend ausgeführt: 52„soweit die klägerin die erteilung lediglich einer (wohl umfassenden) bescheinigung für richtig hält, ist der antrag abzulehnen. denn es entspricht der rechtsauffassung des senats, dass im hinblick auf die mit den einzelnen unterrichtstätigkeiten verbundenen abweichungen jeweils gesonderte bescheinigungen zu erteilen sind.“ 53in gleicher weise ist es nicht ausgeschlossen, dass ein kunde in einem der vom kläger angebotenen fächer unterricht aus gründen nimmt, die nicht denen des § 4 nr. 21 a) bb) ustg entsprechen. soweit der kläger die erteilung von einzelbescheinigungen für die einzelnen lehrkräfte in der klagebegründung vom 17. dezember 2013 (s. 12) im anschluss an das 54 urteil des bayvgh vom 30. september 2010 – 21 b 09.140 –, juris rdn. 31 55für „wenig praxisorientiert und wegen des damit verbundenen aufwands weder erforderlich noch durchführbar“ hält, wird dies durch die von der beklagten erteilte bescheinigung mit ihrer anlage widerlegt. 56die bescheinigungspraxis der beklagten verstößt auch nicht gegen art. 132 abs. 1 i) der mehrwertsteuersystemrichtlinie, denn diese betrifft den begriff der „einrichtung“, der von der beklagten bei der erteilung der bescheinigung nicht zu prüfen ist. der gleichheitsgrundsatz bindet ferner nur die jeweilige behörde bzw. ihren rechtsträger, hier das beklagte land; eine bindung an eine abweichende verwaltungspraxis anderer bundesländer besteht nicht. auch der vom kläger gesehene wertungswiderspruch zur umsatzsteuerbefreiung des privatlehrers nach art. 132 abs. 1 j) der mehrwertsteuersystemrichtlinie besteht nicht. der kläger kann sich unabhängig von der bescheinigung der beklagten gegenüber dem finanzamt auch unmittelbar auf die vorschriften des art. 132 abs. 1 i), j) der mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen, 57vgl. bfh, urteil vom 20. märz 2014 – v r 3/13 –; hier wird unter 1. die umsatzsteuerfreiheit von leistungen nach § 4 nr. 21 a) bb) ustg mangels ausreichender bescheinigung verneint und sodann unter 2. die möglichkeit von umsatzsteuerbefreiung unmittelbar nach 132 abs. 1 i), j) der mehrwertsteuersystemrichtlinie (im konkreten fall noch zur vorgängervorschrift, richtlinie 77/388/ewg) geprüft. 58der bescheid der beklagten vom 5. august 2013 ist ferner nicht aus dem grund rechtswidrig, dass er keine regelungen zu den zuvor erteilten bescheinigungen trifft. wie die beklagte zutreffend ausgeführt hat, überlagern sich die bescheinigungen; die neue bescheinigung vom 5. august 2013 betrifft lehrkräfte, die in den zuvor erteilten bescheinigungen noch nicht enthalten waren. der bescheid vom 5. august 2013 ist mit wirkung ab 1. januar 2001 erteilt worden, weil das vom kläger auf anfrage der beklagten mitgeteilte früheste anfangsdatum eines nachhilfeunterrichts, für den die bescheinigung beantragt wurde, im jahr 2001 lag. 59nach auffassung der kammer ist es jedoch rechtswidrig und der kläger dadurch in seinen rechten verletzt (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo), dass die beklagte auch hinsichtlich derjenigen lehrkräfte, die schon seit vielen jahren beim kläger eingesetzt sind, bei ihrer jetzt getroffenen entscheidung ohne weiteres die neuen – nach ihren angaben seit dem jahr 2011 praktizierten – anforderungen stellt. dies gilt jedenfalls für die zeit bis zur änderung der verwaltungspraxis, die – wie in der mündlichen verhandlung erörtert – von der beklagten den betroffenen unternehmern nicht kommuniziert worden ist. in kenntnis der bundesweit unterschiedlichen handhabung der erteilung der bescheinigungen hatte der franchisegeber des klägers bereits im jahr 2006 die übermittlung der richtlinien für die bewertung der nachhilfelehrer (für umsatzsteuerbefreiung) erbeten; ausweislich einer e-mail vom 27. juli 2006 an einen mitarbeiter der bezirksregierung e. sei vereinbart worden, dass die bezirksregierung der b. zentrale diese richtlinien zwecks weiterer verteilung zukommen lasse. mit dem in der mündlichen verhandlung vorgelegten schreiben vom 8. dezember 2006 hat die bezirksregierung e. der b. franchise gmbh sodann mitgeteilt, verbindliche zusagen hinsichtlich der qualifikation könnten nicht gegeben werden, da es sich um einzelfallentscheidungen handele; eignungsgrundsätze im sinne von mindestqualifikationen seien nicht festgelegt. hiernach konnten die von der b. zentrale entsprechend unterrichteten einzelnen franchisenehmer, darunter auch der kläger, darauf vertrauen, dass die bisherige praxis weitergeführt werde. dem kläger war kurz zuvor noch die bescheinigung vom 26. juni 2006 erteilt worden; er konnte davon ausgehen, dass die hier zugrunde gelegten kriterien weiterhin gelten würden. in dem schreiben der bezirksregierung e. vom 8. dezember 2006 war zudem weiter ausgeführt, dass jede lehrkraft – abgesehen von der „formalen qualifikation“ – auch ggf. hinsichtlich ihrer berufs- und lebenserfahrung beurteilt werde. dies bedeutet, dass die beklagte auch bereit war, bei im beruf befindlichen lehrern nachhilfeunterricht ggf. in nicht durch „formale qualifikation“ (studienabschluss im unterrichteten fach) nachgewiesenen fächern zu akzeptieren. entsprechende überlegungen können auch für verschiedene von der beklagten nicht berücksichtigte lehrkräfte gelten; so ist z.b. der volksschullehrerin d. d1. im jahr 1972, d.h. vor 40 jahren, die eigenschaft einer beamtin auf lebenszeit verliehen worden; die lehrkraft f. f1. befindet sich im ruhestand, erhält versorgungsbezüge vom lbv nrw und war zuvor schuldirektor. wenn bei seit vielen jahren eingesetzten nachhilfelehrern die qualifikationsanforderungen geändert werden, hätte es insoweit eines hinweises der beklagten bedurft, da der kläger – wie auch die anderen nachhilfeinstitute – auf die bisherige praxis vertraut hatte. wenn eine individuelle unterrichtung der einzelnen unternehmen nicht möglich war, wie der vertreter der beklagten in der mündlichen verhandlung unter verweis auf eine große zahl jährlich gestellter bescheinigungsanträge ausgeführt hat, so wäre es doch unschwer möglich gewesen, einen entsprechenden hinweis jedenfalls etwa auf einer internet-seite der beklagten zu platzieren. eine entsprechende handhabung ist, wie der kammer bekannt ist, bei vielen kommunen üblich, die in ihrem internet-auftritt etwa auf geänderte satzungsbestimmungen und hiernach etwa zu beachtende neue anforderungen hinweisen, dies unbeschadet der „offiziellen“ veröffentlichung der satzung im amtlichen verkündungsblatt der jeweiligen kommune. in gleicher weise wäre auch eine unterrichtung durch die bezirksregierung möglich gewesen. 60die unvermittelt eingeführte geänderte praxis der beklagten führt auch zu einer ungleichbehandlung zu anderen lehrkräften, die beim kläger eingesetzt sind und die noch nach den früheren kriterien mit ihrem jeweiligen unterricht etwa in der früheren bescheinigung vom 26. juni 2006, die unbefristet gültig ist, weiterhin als den anforderungen der „ordnungsgemäßen vorbereitung …“ genügend bescheinigt sind. ein sachlicher grund für diese ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich. 61wegen des der beklagten zustehenden fachlich-wissenschaftlichen beurteilungsspielraums war es dem gericht verwehrt, selbst die sache spruchreif zu machen durch ermittlung der früheren kriterien und deren anwendung auf die jeweils von der bescheinigung ausgenommenen lehrkräfte. deshalb kam nur die aufhebung des versagungsbescheides sowie der erlass eines bescheidungsurteils nach § 113 abs. 5 satz 2 vwgo in betracht. die beklagte hat hinsichtlich der bis 2010 (vor änderung der kriterien) eingesetzten lehrkräfte über den antrag nach maßgabe der bis dahin geltenden kriterien zu entscheiden. 62einer entscheidung über den hilfsweise gestellten feststellungsantrag bedurfte es hiernach nicht mehr; angemerkt sei, wie zuvor bereits ausgeführt, dass die bescheinigung von 26. juni 2006 selbständig neben der im vorliegenden verfahren streitigen bescheinigung steht. 63die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 satz 1 vwgo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit aus §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. 64der streitwert wird auf 5.000,-- euro festgesetzt. 65gründe: 66die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt und folgt der rechtsprechung des ovg nrw (beschluss vom 30. mai 2011 – 14 e 379/ 11 –). | Klaeger*in | 1 |
127,058 | 8 O 119/15 | 2016-01-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die einstweilige Verfügung der Kammer gemäß Beschluss vom 06.11.2015 bleibt aufrechterhalten. Die Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits. 1 2Tatbestand: 3Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) macht gegen die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) Unterlassungsansprüche geltend. 4Sie hält es für wettbewerbswidrig, dass die Beklagte über die Internetplattform „E“ Sonnenschirme und das entsprechende Zubehör in verschiedenen Variationen an Verbraucher verkauft, ohne dass unmittelbar nach der Einleitung des Bestellvorganges die konkreten Versandkosten angegeben werden, wobei wegen der genauen Art und Weise des Internetauftritts der Beklagten auf die Wiedergabe im Antrag zu 1. (Seiten 2 – 4 des Antragschriftsatzes, Blatt 3 – 5 d. A.) Bezug genommen wird. 5Mit dem weiteren Antrag macht sie geltend, es sei ebenfalls wettbewerbswidrig, dass die Beklagte über die genannte Internetplattform Sonnenschirme verkaufe, ohne dass dem Verbraucher, unmittelbar bevor er seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise die Informationen über die wesentlichen Merkmale der Ware, nämlich des Materials, der Stoffbeschaffenheit, der Größe und des Gewichts, zur Verfügung gestellt werden, wobei hinsichtlich der konkreten Beanstan- dung auf die Wiedergabe des entsprechenden Internetauftritts der Beklagten auf den Seiten 6 – 8 des vorgenannten Antragsschriftsatzes (Bl. 7 – 9 d. A.) Bezug genommen wird. 6Die Kammer hat diesen Unterlassungsanträgen durch Beschluss vom 06.11.2015 stattgegeben. Zur Begründung wird auf diesen Beschluss Bezug genommen. 7Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beklagte mit ihren Widerspruch vom 26.11.2015. 8Die Verfügungsklägerin beantragt nunmehr, 9die einstweilige Verfügung der Kammer gemäß Beschluss vom 06.11.2015 aufrechtzuerhalten. 10Die Verfügungsbeklagte beantragt, 11die einstweilige Verfügung des Landgerichts Arnsberg vom 06.11.2015 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. 12Sie vertritt die Ansicht, die beanstandete Werbung stelle sich nicht als wettbewerbswidrig dar. Sie meint, die Art und Weise ihrer Werbung entspreche den Vorschriften der Preisangabenverordnung, wobei hinsichtlich der dazu erfolgten Ausführungen auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 21.12.2015 (Bl. 43 d. A.) verwiesen wird. 13Hinsichtlich des weiteren Antrages vertritt sie die Ansicht, die Beschreibung des Artikels, die angegeben wird, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung aufgibt, nämlich die Angabe „Sonnenschirm eckig mit Kurbel 2 x 3 m blau Marktschirm Rechteckschirm Sonnenschutz“ genüge den gesetzlichen Anforderungen. 14Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der genannten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 15Entscheidungsgründe: 16Der zulässige, auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtete Antrag der Klägerin ist begründet, so dass die einstweilige Verfügung der Kammer gemäß Beschluss vom 06.11.2015 aufrecht zu erhalten war (§§ 936, 925 Abs. 2 ZPO). 17I. Zulässigkeit des Antrages 18Der auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtete Antrag der Klägerin vom 06. 11.2015 ist zulässig. Er genügt insbesondere den Anforderungen gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da die Klägerin durch Darstellung des Internetauftritts der Beklagten die konkret beanstandeten Wettbewerbshandlungen konkretisiert hat. 19Ein Verfügungsgrund ist entbehrlich (§ 12 Abs. 2 UWG). 20Weitergehende Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit bestehen nicht. 21II. Begründetheit des Antrags 22Der Antrag ist auch begründet. 231. Verfügungsantrag zu 1. 24Der insoweit geltend gemachte Anspruch folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 2, Abs. 6 Satz 2 PAngV. Danach hatte die Beklagte als diejenige, die Letztverbrauchern geschäftsmäßig Waren und Leistungen zum Abschluss eines Fernvertrages anbietet, Angaben dazu zu machen, ob zu dem angegebenem Preis Liefer- und Versandkosten anfallen, wobei die Angaben dem Angebot und der dazu gemachten Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar wahrnehmbar zu machen sind. Diesen Anforderungen genügt der von der Klägerin beanstandete Internetauftritt der Beklagten nicht: 25Der Bundesgerichtshof hat dazu im Urteil vom 08.10.2007 – I ZR 143/04 –, veröffentlicht u.a. in NJW 2008, 1384, dort Seite 1387, ausgeführt, die durch § 1 Abs. 2, Abs. 6 Satz 2 PAngV geforderten Angaben müssten alsbald und leicht erkennbar sowie gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorganges notwendig aufgerufen werden müsse. Schon diesen Anforderungen genügt der beanstandete Internetauftritt nicht. Daraus ergibt sich nur, dass eine leicht wahrnehmbare Möglichkeit besteht, Klarheit über die auftretenden Versandkosten zu erlangen, da durch einen Klick auf die Seite, die im Ausdruck als Anlage AG 1 von der Beklagten zur Akte gereicht worden ist, dort das Wort „Versandkosten“, die Seite erreicht werden kann, aus der sich die notwendigen Angaben zur Berechnung der Versandkosten ergeben (siehe Anlage AG 2 zur Widerspruchsschrift der Beklagten). Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich jedoch nicht, dass dieses Feld während des Bestellvorgangs angeklickt werden muss, sodass schon insoweit den obergerichtlichen Anforderungen, denen die Kammer sich anschließt, nicht genügt worden ist. 26Zusätzlich wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung ausweislich des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 16.07.2009 – I ZR 50/07 -, veröffentlicht u.a. in NJW- RR 2010, 915, 917, verlangt, dass außerdem die tatsächliche Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jedenfalls bei Aufruf des virtuellen Warenkorbes in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird; auch diesen Anforderungen wird 27ausweislich der von der Beklagten als Anlage AG 1 – AG 3 zur Widerspruchsschrift zur Akte gereichten Unterlagen nicht genügt. 28Somit ist der Unterlassungsantrag zu 1. begründet. 292. Verfügungsantrag zu 2. 30Gleiches gilt für den Unterlassungsantrag zu 2.. Der Anspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG, § 312 j Abs. 2 BGB, Artikel 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB. 31Nach der letztgenannten Bestimmung ist ein Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen in dem für das Kommunikationsmittel und für die Ware oder Dienstleistungen angemessenen Umfang zur Verfügung zu stellen, wobei sich aus § 312 j Abs. 2 BGB ergibt, dass bei einem hier vorliegenden Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, diese Angaben unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt werden müssen. Dem genügt der beanstandete Internetauftritt der Beklagten nicht. Es genügt danach eben nicht, dass die Mitteilung dieser Angaben zu Beginn des Bestellvorgangs erfolgt; vielmehr müssen die Angaben unmittelbar vor Abgabe der Bestellung zumindest wiederholt werden, was die Beklagte - wie sich aus dem von der Klägerin als Inhalt der Antragsschrift zur Akte gereichten Ausdruck des Internetauftritts der Beklagten ergibt, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Beklagte die Richtigkeit nicht bestritten hat mit der sich aus § 138 Abs. 3 Hs. 1 ZPO ergebenden Rechtsfolge - nicht tut. Vielmehr wird dort der Sonnenschirm mit den Worten „Sonnenschirm eckig mit Kurbel 2 x 3 m blau Marktschirm Rechteckschirm Sonnenschutz“ gekennzeichnet. Aus Artikel 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB folgt jedoch, dass hinsichtlich der dort genannten „wesentlichen Merkmale“ nähere Angaben erforderlich sind. Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung der Klägerin an, dass zumindest Angaben zum Material, der Stoffbeschaffenheit, der Größe und des Gewichts erforderlich sind, wobei sich aus einem veröffentlichtem Beschluss des OLG Hamburg (MMR 2014, 818) ergibt, dass dieses jedenfalls Angaben zum Material des Bezugsstoffs und zum Material des Gestells für erforderlich erachtet, die hier, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, nicht gemacht werden. 32Dieses Fehlen führt nach – soweit ersichtlich – einhelliger obergerichtlicher Ansicht (vgl. ergänzend OLG Koblenz, CR 2014, 716 ff) dazu, dass ein unlauteres Verhalten im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG und damit auch im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG vorliegt, welches die Bagatellgrenze überschreitet und deshalb von der Klägerin als Mitbewerberin der Beklagten beanstandet werden kann, so dass dieser ein Unterlassungsanspruch zusteht (§ 8 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 UWG). 33III. Androhungsantrag 34Dementsprechend ist auch dem Androhungsantrag gemäß Ziffer 3. stattzugeben (§ 890 Abs. 2 ZPO). 35IV. Nebenentscheidungen 36Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst. | die einstweilige verfügung der kammer gemäß beschluss vom 06.11.2015 bleibt aufrechterhalten. die verfügungsbeklagte trägt die weiteren kosten des rechtsstreits. 1 2 | 3die verfügungsklägerin (im folgenden: klägerin) macht gegen die verfügungsbeklagte (im folgenden: beklagte) unterlassungsansprüche geltend. 4sie hält es für wettbewerbswidrig, dass die beklagte über die internetplattform „e“ sonnenschirme und das entsprechende zubehör in verschiedenen variationen an verbraucher verkauft, ohne dass unmittelbar nach der einleitung des bestellvorganges die konkreten versandkosten angegeben werden, wobei wegen der genauen art und weise des internetauftritts der beklagten auf die wiedergabe im antrag zu 1. (seiten 2 – 4 des antragschriftsatzes, blatt 3 – 5 d. a.) bezug genommen wird. 5mit dem weiteren antrag macht sie geltend, es sei ebenfalls wettbewerbswidrig, dass die beklagte über die genannte internetplattform sonnenschirme verkaufe, ohne dass dem verbraucher, unmittelbar bevor er seine bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener weise die informationen über die wesentlichen merkmale der ware, nämlich des materials, der stoffbeschaffenheit, der größe und des gewichts, zur verfügung gestellt werden, wobei hinsichtlich der konkreten beanstan- dung auf die wiedergabe des entsprechenden internetauftritts der beklagten auf den seiten 6 – 8 des vorgenannten antragsschriftsatzes (bl. 7 – 9 d. a.) bezug genommen wird. 6die kammer hat diesen unterlassungsanträgen durch beschluss vom 06.11.2015 stattgegeben. zur begründung wird auf diesen beschluss bezug genommen. 7gegen diesen beschluss wendet sich die beklagte mit ihren widerspruch vom 26.11.2015. 8die verfügungsklägerin beantragt nunmehr, 9die einstweilige verfügung der kammer gemäß beschluss vom 06.11.2015 aufrechtzuerhalten. 10die verfügungsbeklagte beantragt, 11die einstweilige verfügung des landgerichts arnsberg vom 06.11.2015 aufzuheben und den antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung zurückzuweisen. 12sie vertritt die ansicht, die beanstandete werbung stelle sich nicht als wettbewerbswidrig dar. sie meint, die art und weise ihrer werbung entspreche den vorschriften der preisangabenverordnung, wobei hinsichtlich der dazu erfolgten ausführungen auf seite 2 des schriftsatzes vom 21.12.2015 (bl. 43 d. a.) verwiesen wird. 13hinsichtlich des weiteren antrages vertritt sie die ansicht, die beschreibung des artikels, die angegeben wird, unmittelbar bevor der verbraucher seine bestellung aufgibt, nämlich die angabe „sonnenschirm eckig mit kurbel 2 x 3 m blau marktschirm rechteckschirm sonnenschutz“ genüge den gesetzlichen anforderungen. 14zur ergänzung des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der genannten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 15 | 16der zulässige, auf erlass einer einstweiligen verfügung gerichtete antrag der klägerin ist begründet, so dass die einstweilige verfügung der kammer gemäß beschluss vom 06.11.2015 aufrecht zu erhalten war (§§ 936, 925 abs. 2 zpo). 17i. zulässigkeit des antrages 18der auf erlass einer einstweiligen verfügung gerichtete antrag der klägerin vom 06. 11.2015 ist zulässig. er genügt insbesondere den anforderungen gemäß § 253 abs. 2 nr. 2 zpo, da die klägerin durch darstellung des internetauftritts der beklagten die konkret beanstandeten wettbewerbshandlungen konkretisiert hat. 19ein verfügungsgrund ist entbehrlich (§ 12 abs. 2 uwg). 20weitergehende bedenken hinsichtlich der zulässigkeit bestehen nicht. 21ii. begründetheit des antrags 22der antrag ist auch begründet. 231. verfügungsantrag zu 1. 24der insoweit geltend gemachte anspruch folgt aus § 8 abs. 3 nr. 1, abs. 1, § 2 abs. 1 nrn. 1 und 3, § 3 abs. 1, § 4 nr. 11 uwg, § 1 abs. 2, abs. 6 satz 2 pangv. danach hatte die beklagte als diejenige, die letztverbrauchern geschäftsmäßig waren und leistungen zum abschluss eines fernvertrages anbietet, angaben dazu zu machen, ob zu dem angegebenem preis liefer- und versandkosten anfallen, wobei die angaben dem angebot und der dazu gemachten werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar wahrnehmbar zu machen sind. diesen anforderungen genügt der von der klägerin beanstandete internetauftritt der beklagten nicht: 25der bundesgerichtshof hat dazu im urteil vom 08.10.2007 – i zr 143/04 –, veröffentlicht u.a. in njw 2008, 1384, dort seite 1387, ausgeführt, die durch § 1 abs. 2, abs. 6 satz 2 pangv geforderten angaben müssten alsbald und leicht erkennbar sowie gut wahrnehmbar auf einer gesonderten seite gegeben werden, die noch vor einleitung des bestellvorganges notwendig aufgerufen werden müsse. schon diesen anforderungen genügt der beanstandete internetauftritt nicht. daraus ergibt sich nur, dass eine leicht wahrnehmbare möglichkeit besteht, klarheit über die auftretenden versandkosten zu erlangen, da durch einen klick auf die seite, die im ausdruck als anlage ag 1 von der beklagten zur akte gereicht worden ist, dort das wort „versandkosten“, die seite erreicht werden kann, aus der sich die notwendigen angaben zur berechnung der versandkosten ergeben (siehe anlage ag 2 zur widerspruchsschrift der beklagten). aus dem vorbringen der beklagten ergibt sich jedoch nicht, dass dieses feld während des bestellvorgangs angeklickt werden muss, sodass schon insoweit den obergerichtlichen anforderungen, denen die kammer sich anschließt, nicht genügt worden ist. 26zusätzlich wird von der obergerichtlichen rechtsprechung ausweislich des urteils des bundesgerichtshofs vom 16.07.2009 – i zr 50/07 -, veröffentlicht u.a. in njw- rr 2010, 915, 917, verlangt, dass außerdem die tatsächliche höhe der für den einkauf anfallenden versandkosten jedenfalls bei aufruf des virtuellen warenkorbes in der preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird; auch diesen anforderungen wird 27ausweislich der von der beklagten als anlage ag 1 – ag 3 zur widerspruchsschrift zur akte gereichten unterlagen nicht genügt. 28somit ist der unterlassungsantrag zu 1. begründet. 292. verfügungsantrag zu 2. 30gleiches gilt für den unterlassungsantrag zu 2.. der anspruch ergibt sich aus § 8 abs. 3 nr. 1, § 2 abs. 1 nrn. 1 und 3, § 3 abs. 1, § 4 nr. 11 uwg, § 312 j abs. 2 bgb, artikel 246a § 1 abs. 1 satz 1 nr. 1 egbgb. 31nach der letztgenannten bestimmung ist ein unternehmer verpflichtet, dem verbraucher informationen über die wesentlichen eigenschaften der waren oder dienstleistungen in dem für das kommunikationsmittel und für die ware oder dienstleistungen angemessenen umfang zur verfügung zu stellen, wobei sich aus § 312 j abs. 2 bgb ergibt, dass bei einem hier vorliegenden verbrauchervertrag im elektronischen geschäftsverkehr, der eine entgeltliche leistung des unternehmers zum gegenstand hat, diese angaben unmittelbar bevor der verbraucher seine bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener weise zur verfügung gestellt werden müssen. dem genügt der beanstandete internetauftritt der beklagten nicht. es genügt danach eben nicht, dass die mitteilung dieser angaben zu beginn des bestellvorgangs erfolgt; vielmehr müssen die angaben unmittelbar vor abgabe der bestellung zumindest wiederholt werden, was die beklagte - wie sich aus dem von der klägerin als inhalt der antragsschrift zur akte gereichten ausdruck des internetauftritts der beklagten ergibt, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die beklagte die richtigkeit nicht bestritten hat mit der sich aus § 138 abs. 3 hs. 1 zpo ergebenden rechtsfolge - nicht tut. vielmehr wird dort der sonnenschirm mit den worten „sonnenschirm eckig mit kurbel 2 x 3 m blau marktschirm rechteckschirm sonnenschutz“ gekennzeichnet. aus artikel 246a § 1 abs. 1 satz 1 nr. 1 egbgb folgt jedoch, dass hinsichtlich der dort genannten „wesentlichen merkmale“ nähere angaben erforderlich sind. die kammer schließt sich insoweit der auffassung der klägerin an, dass zumindest angaben zum material, der stoffbeschaffenheit, der größe und des gewichts erforderlich sind, wobei sich aus einem veröffentlichtem beschluss des olg hamburg (mmr 2014, 818) ergibt, dass dieses jedenfalls angaben zum material des bezugsstoffs und zum material des gestells für erforderlich erachtet, die hier, unmittelbar bevor der verbraucher seine bestellung abgibt, nicht gemacht werden. 32dieses fehlen führt nach – soweit ersichtlich – einhelliger obergerichtlicher ansicht (vgl. ergänzend olg koblenz, cr 2014, 716 ff) dazu, dass ein unlauteres verhalten im sinne des § 4 nr. 11 uwg und damit auch im sinne des § 3 abs. 1 uwg vorliegt, welches die bagatellgrenze überschreitet und deshalb von der klägerin als mitbewerberin der beklagten beanstandet werden kann, so dass dieser ein unterlassungsanspruch zusteht (§ 8 abs. 3 nr. 1, abs. 1 uwg). 33iii. androhungsantrag 34dementsprechend ist auch dem androhungsantrag gemäß ziffer 3. stattzugeben (§ 890 abs. 2 zpo). 35iv. nebenentscheidungen 36die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo. eine entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst. | Verklagte*r | 0 |
325,898 | 14 K 3127/18.A | 2020-01-21T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die am 0.0.0000 geborene Klägerin ist ausweislich der Visumserteilung indische Staatsangehörige. 3Nach ihren eigenen Angaben verließ sie Indien über den Flughafen Neu-Delhi gemeinsam mit ihrem Ehemann im Januar 2016 Richtung Italien und reiste von dort mit einem PKW am 12. Februar 2016 in Deutschland ein. 4Am 16. Februar 2016 stellte sie einen Asylantrag, der mit Bescheid vom 13. Februar 2017, bestandskräftig am 14. März 2017, abgelehnt wurde, nachdem die Klägerin einen Anhörungstermin unentschuldigt nicht wahrgenommen hatte. 5Am 29. November 2017 stellte die Klägerin einen Antrag zur Wiederaufnahme des Verfahrens. 6Im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 21. Februar 2018 trug die Klägerin zur Begründung ihres Asylbegehrens im Wesentlichen vor, dass sie in Indien noch ihre Mutter, einen Bruder und seine Frau habe. Sie habe einen Mann geliebt, den sie 2014 geheiratet habe. Ihre Familie sei allerdings gegen die Hochzeit gewesen, so dass sie zusammen beschlossen hätten, nach Europa zu gehen. Die Familie habe aber ihren Mann nicht kennengelernt und wisse auch nicht, dass sie in Deutschland sei. Ihre Familie habe sie nach England zum Studieren schicken wollen. Als sie mit ihrem Mann in Deutschland angekommen sei, habe er sich innerhalb von einigen Tagen komplett verändert, habe angefangen Alkohol zu trinken und sei gewalttätig geworden. Er habe sie eines Tages einfach auf der Straße stehenlassen und sei weggegangen. Seitdem habe sie ihn nie wiedergesehen. Sie wisse nur, dass er N. L. heiße und 1988 oder 1989 geboren sei. 7Die Klägerin habe Abitur gemacht, danach den Bachelor of Arts und dann 2012 oder 2013 ein Diplom in Medizin in L1. gemacht. Sie habe anschließend bis etwa Anfang 2015 in einem Labor in Q. gearbeitet und Blut- und Urintests durchgeführt. Ab 2015 habe sie sich auf Prüfungen vorbereitet, um im Ausland weiter zu studieren. 8Mit Bescheid vom 19. März 2018 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Asylanerkennung und auf subsidiären Schutz ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen. Zur Begründung führte es aus, dass der Vortrag der Klägerin nicht den aufgeführten Kriterien einer glaubhaften Darstellung eines Verfolgungsschicksals genüge. Die Angaben seien nicht nachvollziehbar. So sei nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin den jungen Mann, mit dem sie das Land verlassen habe, ungefähr drei Jahre vor ihrer Ausreise kennen und lieben gelernt habe, ihn im Jahr 2014 geheiratet habe und nicht wisse, wo er herkomme, wo er wohne, wann er geboren sei und wo und was er studiert habe. Völlig blass seien auch die Schilderungen der Klägerin der Begegnungen mit dem jungen Mann und die Schilderung der Umstände, unter denen der Mann sie in Deutschland habe sitzen lassen. Aufgrund der farblosen Schilderungen erscheine der junge Mann, mit dem sie Indien verlassen haben will, nicht existent. Die Klägerin scheine den jungen Mann lediglich erfunden zu haben, um ihre Verfolgungsangst vor der Familie begründen zu können. Da die Existenz des Mannes allerdings nicht glaubhaft sei, sei auch die Verfolgungsangst vor der Familie unglaubhaft. Auch bei Annahme einer Rückkehrgefährdung sei die Klägerin auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes zu verweisen. Die Klägerin sei jung, sehr gut ausgebildet und arbeitsfähig. Sie könne sogar auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen, da eine Gefährdung durch die eigene Familie nicht glaubhaft sei. 9Die Klägerin hat am 4. April 2018 Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes erhoben, mit der sie ihr Vorbringen aus der Anhörung wiederholt. 10Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit erhalten, ihre Asylgründe erneut und erweitert darzustellen. Sie hat auf Nachfrage des Gerichts ausgeführt, dass ihr Ehemann die Ausreise organisiert und finanziert habe. Sie habe ihn am 00.0.2015 geheiratet; es handele sich um N. L. , geboren am 00.0.1988. Direkt nach der Ankunft in Deutschland habe ihr Mann sie verlassen, so dass sie am 16. Februar 2016 einen Asylantrag gestellt habe. Sie habe seit März 2018 einen unbefristeten Vertrag bei N1. in I. -Ost, sodass sie zum 1. Februar 2020 nach X. in eine Wohnung umziehe, die sie zusammen mit einem weiteren Mitarbeiter von N1. bewohnen werde. Wegen ihrer Angaben im Einzelnen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. 11Die Klägerin beantragt, 12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. März 2018 zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) zuzuerkennen, 13hilfsweise, 14ihr subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen, 15weiter hilfsweise, 16festzustellen, dass in ihrer Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. 17Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 18die Klage abzuweisen. 19Zur Begründung beruft sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides. 20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Bundesamtes, die beigezogenen Ausländerakten sowie die Erkenntnisse, auf die hingewiesen worden ist, Bezug genommen. 21Entscheidungsgründe: 22Das Gericht kann trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sie mit der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 23Die zulässige Klage ist unbegründet. 24Der Bescheid des Bundesamtes vom 19. März 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. 25Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 19. März 2018 und sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe – mit Ausnahme der folgenden ergänzenden Ausführungen – ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). 26Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG besteht nicht, weil der Klägerin in Indien keine flüchtlingsrechtlich beachtliche Verfolgung droht. Unterstellt man den Vortrag im Verwaltungsverfahren vor dem Bundesamt als wahr, kann die Klage schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg haben, weil sich die Klägerin gemäß § 3e AsylG auf die bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes verweisen lassen muss. Es ist ihr möglich und zuzumuten, sich etwaigen Nachstellungen privater Dritter durch einen Umzug innerhalb Indiens in eine der Großstädte zu entziehen (inländische Fluchtalternative). Bei der Klägerin handelt es sich um eine junge, gut ausgebildete Frau, so dass sie durch Aufnahme einer Arbeit bei entsprechendem Einsatz ihrer Arbeitskraft in der Lage ist, sich auch in einem anderen Landesteil Indiens eine wirtschaftliche Existenzgrundlage aufzubauen und ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. 27Vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 12. August 2013 – A 1 A 181/13 – juris. 28Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Klägerin nach ihrer Darstellung um eine alleinstehende Frau handelt. Zwar werden nach der dem Gericht vorliegenden Auskunft von Terre des Femmes zu der Rückkehrsituation einer alleinstehenden Frau vom 10. Februar 2012 alleinstehende Frauen (unverheiratete, geschiedene, verwitwete, außerhalb ihres ehelichen Wohnsitzes lebende Frauen) von ihrem gesellschaftlichen Umfeld stigmatisiert. Sie werden häufig eines unmoralischen Verhaltens bezichtigt, oft wird ihnen sexuelle Freizügigkeit unterstellt, so dass sie als „sexuelle Beute“ betrachtet werden. 29Auch nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. September 2018 (Stand Juni 2018, S. 12, der sich insofern mit dem Lagebericht vom 19. Juli 2019 deckt) bleibt die soziale Realität von Frauen trotz verfassungsmäßigen Schutzes, einer Vielzahl entsprechender Gesetze und einer breiten öffentlichen Debatte von systematischer Benachteiligung und Diskriminierung bestimmt – weniger aufgrund staatlichen Handelns, als vielmehr aufgrund tief verwurzelter sozialer Traditionen. Materielle Benachteiligung, Ausbeutung, Unterdrückung und fehlende sexuelle Selbstbestimmung prägen häufig den Alltag von Frauen. Mitgiftmorde, Entrechtung von Witwen, Analphabetentum und Unterernährung bleiben regional unterschiedlich, insgesamt aber stark verbreitet. Frauen sind in vielen Fällen Ungleichbehandlungen in Sachen Bildung, Beruf und gesellschaftliche Anerkennung ausgesetzt. 30Allerdings bemüht sich die Regierung durch Sozialprogramme und Sensibilisierungskampagnen gezielt um besondere Förderung von Frauen sowohl bei der Integration ins Erwerbsleben als auch in Bezug auf ihre sozialen Rechte. Insofern besteht aus Sicht des Gerichts jedenfalls inzwischen in den Millionen-Metropolen wie Neu-Delhi, Bangalore oder Mumbai für junge alleinstehende Frauen die Möglichkeit, in sogenannten „Paying-Guest“-Zimmern in einer Art Wohngemeinschaft mit anderen jungen Leuten zusammen zu wohnen, die zum Studium oder für ihren ersten Job in eine andere Stadt ziehen. Dabei teilt man sich ein Zimmer zu zweit oder zu dritt, wobei die Vermieter im selben Haus wohnen, 31vgl. Deutschlandfunk Kultur – Weltzeit vom 28. November 2017 – „Frauen in Indien - weibliche Singles gelten als Freiwild“, www.deutschlandfunkkultur.de. 32Diese Form des Wohnens als Grundlage einer Existenzsicherung durch eine Beschäftigung ist daher inzwischen eine Möglichkeit für junge arbeitsfähige Frauen, auch allein zu leben und ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern. 33Dabei scheint es durchaus möglich zu sein, dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Indien auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen kann, da sie bisher mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrer Schwägerin unter einem Dach zusammengelebt hat. Das Gericht folgt insofern der Einschätzung des Bundesamtes, dass die Klägerin ihr Verfolgungsschicksal nicht glaubhaft dargestellt hat. Es erscheint nicht glaubhaft, dass die Klägerin Indien zusammen mit ihrem Ehemann, den sie aus Liebe geheiratet hat, verlässt, der Ehemann die Reise organisiert und finanziert und er sie dann innerhalb von vier Tagen nach der Ankunft in Deutschland verlässt. Denn die Klägerin hat angegeben, am 12. Februar 2016 in Deutschland angekommen zu sein und am 16. Februar 2016 in L2. einen Asylantrag gestellt zu haben. Auch hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, ihren Ehemann am 19. Januar 2015 geheiratet zu haben, während sie gegenüber dem Bundesamt angegeben hat, ihn im Jahr 2014 geheiratet zu haben. 34Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf das Vorliegen der Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berufen. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Regelung in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solche ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können, 35ständige Rechtsprechung vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18/05 – juris. 36Angesichts der oben stehenden Ausführungen zu der Möglichkeit einer Existenzsicherung auch durch die Klägerin allein kann nicht davon ausgegangen werden, dass für sie bei einer Rückkehr in Indien eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. 37Nach alledem liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung vor, §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG. Rechtliche Bedenken gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG und dessen Länge bestehen nicht. 38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. 39Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. 40Rechtsmittelbelehrung: 41Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 42Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 431. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 442. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 453. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 46Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 47Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 48In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 49Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). 50Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die klägerin. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die am 0.0.0000 geborene klägerin ist ausweislich der visumserteilung indische staatsangehörige. 3nach ihren eigenen angaben verließ sie indien über den flughafen neu-delhi gemeinsam mit ihrem ehemann im januar 2016 richtung italien und reiste von dort mit einem pkw am 12. februar 2016 in deutschland ein. 4am 16. februar 2016 stellte sie einen asylantrag, der mit bescheid vom 13. februar 2017, bestandskräftig am 14. märz 2017, abgelehnt wurde, nachdem die klägerin einen anhörungstermin unentschuldigt nicht wahrgenommen hatte. 5am 29. november 2017 stellte die klägerin einen antrag zur wiederaufnahme des verfahrens. 6im rahmen ihrer persönlichen anhörung durch das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) am 21. februar 2018 trug die klägerin zur begründung ihres asylbegehrens im wesentlichen vor, dass sie in indien noch ihre mutter, einen bruder und seine frau habe. sie habe einen mann geliebt, den sie 2014 geheiratet habe. ihre familie sei allerdings gegen die hochzeit gewesen, so dass sie zusammen beschlossen hätten, nach europa zu gehen. die familie habe aber ihren mann nicht kennengelernt und wisse auch nicht, dass sie in deutschland sei. ihre familie habe sie nach england zum studieren schicken wollen. als sie mit ihrem mann in deutschland angekommen sei, habe er sich innerhalb von einigen tagen komplett verändert, habe angefangen alkohol zu trinken und sei gewalttätig geworden. er habe sie eines tages einfach auf der straße stehenlassen und sei weggegangen. seitdem habe sie ihn nie wiedergesehen. sie wisse nur, dass er n. l. heiße und 1988 oder 1989 geboren sei. 7die klägerin habe abitur gemacht, danach den bachelor of arts und dann 2012 oder 2013 ein diplom in medizin in l1. gemacht. sie habe anschließend bis etwa anfang 2015 in einem labor in q. gearbeitet und blut- und urintests durchgeführt. ab 2015 habe sie sich auf prüfungen vorbereitet, um im ausland weiter zu studieren. 8mit bescheid vom 19. märz 2018 lehnte das bundesamt den antrag auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft, auf asylanerkennung und auf subsidiären schutz ab und stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 s. 1 des aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen. zur begründung führte es aus, dass der vortrag der klägerin nicht den aufgeführten kriterien einer glaubhaften darstellung eines verfolgungsschicksals genüge. die angaben seien nicht nachvollziehbar. so sei nicht nachvollziehbar, dass die klägerin den jungen mann, mit dem sie das land verlassen habe, ungefähr drei jahre vor ihrer ausreise kennen und lieben gelernt habe, ihn im jahr 2014 geheiratet habe und nicht wisse, wo er herkomme, wo er wohne, wann er geboren sei und wo und was er studiert habe. völlig blass seien auch die schilderungen der klägerin der begegnungen mit dem jungen mann und die schilderung der umstände, unter denen der mann sie in deutschland habe sitzen lassen. aufgrund der farblosen schilderungen erscheine der junge mann, mit dem sie indien verlassen haben will, nicht existent. die klägerin scheine den jungen mann lediglich erfunden zu haben, um ihre verfolgungsangst vor der familie begründen zu können. da die existenz des mannes allerdings nicht glaubhaft sei, sei auch die verfolgungsangst vor der familie unglaubhaft. auch bei annahme einer rückkehrgefährdung sei die klägerin auf die möglichkeit der inanspruchnahme internen schutzes zu verweisen. die klägerin sei jung, sehr gut ausgebildet und arbeitsfähig. sie könne sogar auf ein familiäres netzwerk zurückgreifen, da eine gefährdung durch die eigene familie nicht glaubhaft sei. 9die klägerin hat am 4. april 2018 klage gegen den bescheid des bundesamtes erhoben, mit der sie ihr vorbringen aus der anhörung wiederholt. 10die klägerin hat in der mündlichen verhandlung gelegenheit erhalten, ihre asylgründe erneut und erweitert darzustellen. sie hat auf nachfrage des gerichts ausgeführt, dass ihr ehemann die ausreise organisiert und finanziert habe. sie habe ihn am 00.0.2015 geheiratet; es handele sich um n. l. , geboren am 00.0.1988. direkt nach der ankunft in deutschland habe ihr mann sie verlassen, so dass sie am 16. februar 2016 einen asylantrag gestellt habe. sie habe seit märz 2018 einen unbefristeten vertrag bei n1. in i. -ost, sodass sie zum 1. februar 2020 nach x. in eine wohnung umziehe, die sie zusammen mit einem weiteren mitarbeiter von n1. bewohnen werde. wegen ihrer angaben im einzelnen wird auf die sitzungsniederschrift bezug genommen. 11die klägerin beantragt, 12die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 19. märz 2018 zu verpflichten, ihr die flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylgesetz (asylg) zuzuerkennen, 13hilfsweise, 14ihr subsidiären schutz gemäß § 4 abs. 1 asylg zuzuerkennen, 15weiter hilfsweise, 16festzustellen, dass in ihrer person abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 oder 7 satz 1 aufenthg vorliegen. 17die beklagte beantragt schriftsätzlich, 18die klage abzuweisen. 19zur begründung beruft sie sich auf den inhalt des angefochtenen bescheides. 20wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte, den beigezogenen verwaltungsvorgang des bundesamtes, die beigezogenen ausländerakten sowie die erkenntnisse, auf die hingewiesen worden ist, bezug genommen. 21 | 22das gericht kann trotz ausbleibens der beklagten in der mündlichen verhandlung entscheiden, weil sie mit der ladung auf diese rechtsfolge hingewiesen wurde, § 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 23die zulässige klage ist unbegründet. 24der bescheid des bundesamtes vom 19. märz 2018 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. darüber hinaus besteht auch kein anspruch auf feststellung nationaler abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg. 25das gericht folgt den tragenden feststellungen und der im wesentlichen zutreffenden begründung des bescheides des bundesamtes vom 19. märz 2018 und sieht von einer weiteren darstellung des tatbestandes und der entscheidungsgründe – mit ausnahme der folgenden ergänzenden ausführungen – ab (§ 77 abs. 2 asylg). 26ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylg besteht nicht, weil der klägerin in indien keine flüchtlingsrechtlich beachtliche verfolgung droht. unterstellt man den vortrag im verwaltungsverfahren vor dem bundesamt als wahr, kann die klage schon deshalb keine aussicht auf erfolg haben, weil sich die klägerin gemäß § 3e asylg auf die bestehende möglichkeit der inanspruchnahme internen schutzes verweisen lassen muss. es ist ihr möglich und zuzumuten, sich etwaigen nachstellungen privater dritter durch einen umzug innerhalb indiens in eine der großstädte zu entziehen (inländische fluchtalternative). bei der klägerin handelt es sich um eine junge, gut ausgebildete frau, so dass sie durch aufnahme einer arbeit bei entsprechendem einsatz ihrer arbeitskraft in der lage ist, sich auch in einem anderen landesteil indiens eine wirtschaftliche existenzgrundlage aufzubauen und ihren lebensunterhalt sicherzustellen. 27vgl. sächsisches ovg, beschluss vom 12. august 2013 – a 1 a 181/13 – juris. 28dies gilt auch vor dem hintergrund, dass es sich bei der klägerin nach ihrer darstellung um eine alleinstehende frau handelt. zwar werden nach der dem gericht vorliegenden auskunft von terre des femmes zu der rückkehrsituation einer alleinstehenden frau vom 10. februar 2012 alleinstehende frauen (unverheiratete, geschiedene, verwitwete, außerhalb ihres ehelichen wohnsitzes lebende frauen) von ihrem gesellschaftlichen umfeld stigmatisiert. sie werden häufig eines unmoralischen verhaltens bezichtigt, oft wird ihnen sexuelle freizügigkeit unterstellt, so dass sie als „sexuelle beute“ betrachtet werden. 29auch nach dem lagebericht des auswärtigen amtes vom 18. september 2018 (stand juni 2018, s. 12, der sich insofern mit dem lagebericht vom 19. juli 2019 deckt) bleibt die soziale realität von frauen trotz verfassungsmäßigen schutzes, einer vielzahl entsprechender gesetze und einer breiten öffentlichen debatte von systematischer benachteiligung und diskriminierung bestimmt – weniger aufgrund staatlichen handelns, als vielmehr aufgrund tief verwurzelter sozialer traditionen. materielle benachteiligung, ausbeutung, unterdrückung und fehlende sexuelle selbstbestimmung prägen häufig den alltag von frauen. mitgiftmorde, entrechtung von witwen, analphabetentum und unterernährung bleiben regional unterschiedlich, insgesamt aber stark verbreitet. frauen sind in vielen fällen ungleichbehandlungen in sachen bildung, beruf und gesellschaftliche anerkennung ausgesetzt. 30allerdings bemüht sich die regierung durch sozialprogramme und sensibilisierungskampagnen gezielt um besondere förderung von frauen sowohl bei der integration ins erwerbsleben als auch in bezug auf ihre sozialen rechte. insofern besteht aus sicht des gerichts jedenfalls inzwischen in den millionen-metropolen wie neu-delhi, bangalore oder mumbai für junge alleinstehende frauen die möglichkeit, in sogenannten „paying-guest“-zimmern in einer art wohngemeinschaft mit anderen jungen leuten zusammen zu wohnen, die zum studium oder für ihren ersten job in eine andere stadt ziehen. dabei teilt man sich ein zimmer zu zweit oder zu dritt, wobei die vermieter im selben haus wohnen, 31vgl. deutschlandfunk kultur – weltzeit vom 28. november 2017 – „frauen in indien - weibliche singles gelten als freiwild“, www.deutschlandfunkkultur.de. 32diese form des wohnens als grundlage einer existenzsicherung durch eine beschäftigung ist daher inzwischen eine möglichkeit für junge arbeitsfähige frauen, auch allein zu leben und ihren lebensunterhalt selbst zu sichern. 33dabei scheint es durchaus möglich zu sein, dass die klägerin bei einer rückkehr nach indien auf ein familiäres netzwerk zurückgreifen kann, da sie bisher mit ihrer mutter, ihrem bruder und ihrer schwägerin unter einem dach zusammengelebt hat. das gericht folgt insofern der einschätzung des bundesamtes, dass die klägerin ihr verfolgungsschicksal nicht glaubhaft dargestellt hat. es erscheint nicht glaubhaft, dass die klägerin indien zusammen mit ihrem ehemann, den sie aus liebe geheiratet hat, verlässt, der ehemann die reise organisiert und finanziert und er sie dann innerhalb von vier tagen nach der ankunft in deutschland verlässt. denn die klägerin hat angegeben, am 12. februar 2016 in deutschland angekommen zu sein und am 16. februar 2016 in l2. einen asylantrag gestellt zu haben. auch hat die klägerin im rahmen der mündlichen verhandlung angegeben, ihren ehemann am 19. januar 2015 geheiratet zu haben, während sie gegenüber dem bundesamt angegeben hat, ihn im jahr 2014 geheiratet zu haben. 34die klägerin kann sich schließlich auch nicht mit erfolg auf das vorliegen der voraussetzungen eines nationalen abschiebungsverbotes nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg berufen. nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. die regelung in § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg erfasst nur solche gefahren, die in den spezifischen verhältnissen im zielstaat begründet sind, während gefahren, die sich aus der abschiebung als solche ergeben, nur von der ausländerbehörde als inlandsbezogenes vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können, 35ständige rechtsprechung vgl. bverwg, urteil vom 17. oktober 2006 – 1 c 18/05 – juris. 36angesichts der oben stehenden ausführungen zu der möglichkeit einer existenzsicherung auch durch die klägerin allein kann nicht davon ausgegangen werden, dass für sie bei einer rückkehr in indien eine konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. 37nach alledem liegen auch die gesetzlichen voraussetzungen für die im angefochtenen bescheid enthaltene ausreiseaufforderung und abschiebungsandrohung vor, §§ 34 abs. 1, 38 abs. 1 asylg in verbindung mit § 59 aufenthg. rechtliche bedenken gegen das einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg und dessen länge bestehen nicht. 38die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. gerichtskosten werden gemäß § 83b asylg nicht erhoben. 39die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung. 40rechtsmittelbelehrung: 41gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 42die berufung ist nur zuzulassen, wenn 431. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 442. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 453. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 46der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 47der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 48in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 49im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). 50die antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. | Verklagte*r | 0 |
185,012 | S 39 KR 1585/13 | 2014-01-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 wird aufgehoben. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Entrichtung von Beiträgen zur Krankenversicherung. 3Die Beklagte erließ unter dem 14.02.2013 einen an die Klägerin gerichteten Bescheid, in welchem sie die Klägerin unter anderem aufforderte, Beiträge zu entrichten von einer von der Klägerin erhaltenen Kapitalleistung der XXX Lebensversicherung AG. 4Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein, welchen sie damit begründete, dass alle Auskünfte der XXX Lebensversicherung AG zur angeblichen Beitragszahlung unverbindlich seien und keine Haftung begründeten. 5Die Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 11.09.2013 als unbegründet zurück. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass die Klägerin eine Kapitalleistung erhalten habe, die eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung darstelle, weil ein Bezug zum früheren Berufsleben der Klägerin gegeben sei. Diese Kapitalleistung unterliege der Beitragspflicht. 6Hiergegen ist am 11.10.2013 beim erkennenden Gericht Klage erhoben worden. 7Die Klägerin bezieht sich zur Begründung der Klage auf ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. 8Sie beantragt, 9den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 aufzuheben. 10Die im Termin zur mündlichen Verhandlung und Entscheidung vom 22.01.2014 nicht vertretene Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Die Beklagte hält ihre Entscheidung für rechtmäßig und trägt ergänzend vor, sie habe seitens der Zahlstelle eine Meldung über einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug erhalten. Sie habe keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Meldung, sodass weitere Unterlagen oder individuelle Ausführungen nicht erforderlich seien. 13Die Beklagte hat dem erkennenden Gericht ihre Verwaltungsakte am 18.11.2013 übermittelt. 14Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage ist zulässig und mit dem Ergebnis begründet, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 aufzuheben gewesen ist, da die Beklagte keine hinreichende Sachaufklärung betrieben hat. 17Das Gericht hat sich entschlossen, die Vorschrift des § 131 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Anwendung zu bringen. Nach Maßgabe von Satz 1 dieser Norm kann das Gericht, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Nach Satz 5 der Vorschrift kann eine Entscheidung nach Satz 1 nur binnen 6 Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen. 18Letztgenannte Frist ist hier gewahrt. Am Tag der gerichtlichen Entscheidung vom 22.01.2014 hat die am 18.11.2013 bei Gericht eingegangene Verwaltungsakte dem Gericht etwas mehr als 2 Monate vorgelegen. Auch der Tatbestand des Satzes 1 von § 131 Abs. 5 SGG ist erfüllt. Das Gericht hält eine weitere Sachaufklärung für unerlässlich. Die Beklagte hat nach dem Inhalt der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakte hier überhaupt keine Sachaufklärung zu der Frage geleistet, ob die an die Klägerin erbrachte Kapitalauszahlung Ergebnis eines Vertrages zur betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) ist. Der auf Bl. 4 des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 11.09.2013 dem Subsumtionsteil vorangestellte Obersatz, die der Klägerin im Januar 2013 ausgezahlte Kapitalleistung stelle in Höhe von 23.443,29 (EUR) eine einmalige Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar, weil ein Bezug zu dem früheren Berufsleben der Klägerin gegeben sei, erscheint frei erfunden, denn die Beklagte hat nach dem Inhalt der Verwaltungsakte nicht im Ansatz Ermittlungen dazu geführt, wie das frühere Berufsleben der Klägerin ausgestaltet gewesen ist. Die Beklagte verkennt augenscheinlich, dass die Meldepflicht der Zahlstelle nach § 202 SGB V nur Anstoß zur Durchführung von Ermittlungen sein kann, welche dem Untersuchungsgrundsatz des § 20 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) genügen. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Die Behörde hat nach Abs. 2 alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Beklagte im Mindestmaß verpflichtet ist, den zugrunde liegenden Versicherungsvertrag anzufordern und dessen Inhalt einschließlich etwaiger Nebenabreden zur Kenntnis zu nehmen. Bestehen nach dem Vertragsinhalt vernünftige Restzweifel daran, dass es sich um einen Vertrag der betrieblichen Altersversorgung handelt, ist eine ergänzende Anfrage beim ehemaligen Arbeitgeber der Klägerin zu den Vertragsumständen zu stellen. Erforderlichenfalls ist der Arbeitsvertrag zu sichten. Andere geeignete Ermittlungen können sich anschließen. Die Beklagte würdigt augenscheinlich insgesamt nur unzureichend, dass die für den hiesigen Sachverhalt zentral bedeutsame Vorschrift des § 229 SGB V erhebliches Konfliktpotenzial in sich birgt. Allein die Rechtsdatenbank Juris hat zum Zeitpunkt der hiesigen gerichtlichen Entscheidung insgesamt 244 Verweise auf gerichtliche Entscheidungen zu dieser Vorschrift enthalten. Das erkennende Gericht selbst ist in dem Jahre 2010 in zwei Fällen zu dem Ergebnis gekommen, dass dort betroffene Pflegekassen im Ergebnis Verträge zu Unrecht als Abreden zur betrieblichen Altersversorgung angesehen hatten, und hat den betreffenden Klagen stattgegeben. Die oben genannten Ermittlungen sind auch erheblich im Sinne der zitierten Vorschrift des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG. Eine Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 14.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 ist auch sachdienlich. Die Klägerin hat ein Anrecht darauf, dass, bevor sie ein Gericht bemüht, ein Sozialleistungsträger sämtliche gebotenen Ermittlungen durchführt. 19Der Umstand, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 aufgehoben ist, bedeutet gleichsam, dass eine Rechtsgrundlage für Beitragserhebungen insoweit – zumindest einstweilen – entfallen ist, so dass die von der Klägerin bereits entrichteten Beiträge dieser zu erstatten sind. 20Der Klage war damit stattzugeben, wobei sich die Kostenentscheidung aus § 193 SGG ergibt. | der bescheid der beklagten vom 14.02.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 wird aufgehoben. die beklagte hat die außergerichtlichen kosten der klägerin zu erstatten. 1 | 2die beteiligten streiten um die entrichtung von beiträgen zur krankenversicherung. 3die beklagte erließ unter dem 14.02.2013 einen an die klägerin gerichteten bescheid, in welchem sie die klägerin unter anderem aufforderte, beiträge zu entrichten von einer von der klägerin erhaltenen kapitalleistung der xxx lebensversicherung ag. 4die klägerin legte hiergegen widerspruch ein, welchen sie damit begründete, dass alle auskünfte der xxx lebensversicherung ag zur angeblichen beitragszahlung unverbindlich seien und keine haftung begründeten. 5die beklagte wies den widerspruch durch bescheid vom 11.09.2013 als unbegründet zurück. die beklagte begründete ihre entscheidung damit, dass die klägerin eine kapitalleistung erhalten habe, die eine leistung der betrieblichen altersversorgung darstelle, weil ein bezug zum früheren berufsleben der klägerin gegeben sei. diese kapitalleistung unterliege der beitragspflicht. 6hiergegen ist am 11.10.2013 beim erkennenden gericht klage erhoben worden. 7die klägerin bezieht sich zur begründung der klage auf ihr vorbringen aus dem widerspruchsverfahren. 8sie beantragt, 9den bescheid der beklagten vom 14.02.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 aufzuheben. 10die im termin zur mündlichen verhandlung und entscheidung vom 22.01.2014 nicht vertretene beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 11die klage abzuweisen. 12die beklagte hält ihre entscheidung für rechtmäßig und trägt ergänzend vor, sie habe seitens der zahlstelle eine meldung über einen beitragspflichtigen versorgungsbezug erhalten. sie habe keine zweifel an der richtigkeit dieser meldung, sodass weitere unterlagen oder individuelle ausführungen nicht erforderlich seien. 13die beklagte hat dem erkennenden gericht ihre verwaltungsakte am 18.11.2013 übermittelt. 14wegen weiterer einzelheiten wird auf den inhalt der schriftsätze der beteiligten und der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten bezug genommen. 15 | 16die klage ist zulässig und mit dem ergebnis begründet, dass der bescheid der beklagten vom 14.02.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 aufzuheben gewesen ist, da die beklagte keine hinreichende sachaufklärung betrieben hat. 17das gericht hat sich entschlossen, die vorschrift des § 131 abs. 5 des sozialgerichtsgesetzes (sgg) in anwendung zu bringen. nach maßgabe von satz 1 dieser norm kann das gericht, wenn es eine weitere sachaufklärung für erforderlich hält, ohne in der sache selbst zu entscheiden, den verwaltungsakt und den widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach art oder umfang die noch erforderlichen ermittlungen erheblich sind und die aufhebung auch unter berücksichtigung der belange der beteiligten sachdienlich ist. nach satz 5 der vorschrift kann eine entscheidung nach satz 1 nur binnen 6 monaten seit eingang der akten der behörde bei gericht ergehen. 18letztgenannte frist ist hier gewahrt. am tag der gerichtlichen entscheidung vom 22.01.2014 hat die am 18.11.2013 bei gericht eingegangene verwaltungsakte dem gericht etwas mehr als 2 monate vorgelegen. auch der tatbestand des satzes 1 von § 131 abs. 5 sgg ist erfüllt. das gericht hält eine weitere sachaufklärung für unerlässlich. die beklagte hat nach dem inhalt der dem gericht vorliegenden verwaltungsakte hier überhaupt keine sachaufklärung zu der frage geleistet, ob die an die klägerin erbrachte kapitalauszahlung ergebnis eines vertrages zur betrieblichen altersversorgung im sinne von § 229 abs. 1 satz 1 nr. 5 des fünften buches des sozialgesetzbuches (sgb v) ist. der auf bl. 4 des widerspruchsbescheides der beklagten vom 11.09.2013 dem subsumtionsteil vorangestellte obersatz, die der klägerin im januar 2013 ausgezahlte kapitalleistung stelle in höhe von 23.443,29 (eur) eine einmalige leistung der betrieblichen altersversorgung dar, weil ein bezug zu dem früheren berufsleben der klägerin gegeben sei, erscheint frei erfunden, denn die beklagte hat nach dem inhalt der verwaltungsakte nicht im ansatz ermittlungen dazu geführt, wie das frühere berufsleben der klägerin ausgestaltet gewesen ist. die beklagte verkennt augenscheinlich, dass die meldepflicht der zahlstelle nach § 202 sgb v nur anstoß zur durchführung von ermittlungen sein kann, welche dem untersuchungsgrundsatz des § 20 des zehnten buches des sozialgesetzbuches (sgb x) genügen. nach abs. 1 satz 1 dieser vorschrift ermittelt die behörde den sachverhalt von amts wegen. die behörde hat nach abs. 2 alle für den einzelfall bedeutsamen, auch die für die beteiligten günstigen umstände zu berücksichtigen. für den vorliegenden fall bedeutet dies, dass die beklagte im mindestmaß verpflichtet ist, den zugrunde liegenden versicherungsvertrag anzufordern und dessen inhalt einschließlich etwaiger nebenabreden zur kenntnis zu nehmen. bestehen nach dem vertragsinhalt vernünftige restzweifel daran, dass es sich um einen vertrag der betrieblichen altersversorgung handelt, ist eine ergänzende anfrage beim ehemaligen arbeitgeber der klägerin zu den vertragsumständen zu stellen. erforderlichenfalls ist der arbeitsvertrag zu sichten. andere geeignete ermittlungen können sich anschließen. die beklagte würdigt augenscheinlich insgesamt nur unzureichend, dass die für den hiesigen sachverhalt zentral bedeutsame vorschrift des § 229 sgb v erhebliches konfliktpotenzial in sich birgt. allein die rechtsdatenbank juris hat zum zeitpunkt der hiesigen gerichtlichen entscheidung insgesamt 244 verweise auf gerichtliche entscheidungen zu dieser vorschrift enthalten. das erkennende gericht selbst ist in dem jahre 2010 in zwei fällen zu dem ergebnis gekommen, dass dort betroffene pflegekassen im ergebnis verträge zu unrecht als abreden zur betrieblichen altersversorgung angesehen hatten, und hat den betreffenden klagen stattgegeben. die oben genannten ermittlungen sind auch erheblich im sinne der zitierten vorschrift des § 131 abs. 5 satz 1 sgg. eine aufhebung des bescheides der beklagten vom 14.02.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 ist auch sachdienlich. die klägerin hat ein anrecht darauf, dass, bevor sie ein gericht bemüht, ein sozialleistungsträger sämtliche gebotenen ermittlungen durchführt. 19der umstand, dass der bescheid der beklagten vom 14.02.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 aufgehoben ist, bedeutet gleichsam, dass eine rechtsgrundlage für beitragserhebungen insoweit – zumindest einstweilen – entfallen ist, so dass die von der klägerin bereits entrichteten beiträge dieser zu erstatten sind. 20der klage war damit stattzugeben, wobei sich die kostenentscheidung aus § 193 sgg ergibt. | Klaeger*in | 1 |
179,242 | 26 K 4729/13 | 2014-05-09T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger stand bis Ende des Jahres 2012 als Beamter im Dienst der Beklagten und ist seitdem Ruhestandbeamter der Beklagten. 3Die Beklagte übertrug durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung vom 17. Juli 2012 im Rahmen einer Mandatierung gemäß § 23 Abs. 1 Fallvariante 2 Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG) die Bearbeitung der Beihilfeangelegenheiten für die bei ihr Beihilfeberechtigten auf die Beihilfestelle der Stadt N. . Nach § 1 Abs. 1 der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung umfasst die Bearbeitung insbesondere u.a. die Berechnung der Beihilfe für die Beihilfeberechtigten sowie deren Festsetzung durch Beihilfebescheid in Vertretung für die Beklagte, die Durchführung von Widerspruchsverfahren und die Durchführung von verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten. 4Unter dem 26. November 2012 beantragte der Kläger bei der Oberbürgermeisterin der Stadt N. die Gewährung einer Beihilfe. Der Antrag betraf u.a. eine am 15. August 2012 durch den Arzt für Orthopädie Dr. C. durchgeführte, mit Rechnung der Gesellschaft für B. - C1. C2. - W. mbH (B1. ) vom 3. September 2012 nach der Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur Gebührenverordnung für Ärzte (GOÄ) mit dem 2,5fachen Steigerungssatz und damit mit insgesamt 349,73 EUR berechnete Magnetresonanztomographie eines Kniegelenks des Klägers. Zur Begründung der erfolgten Abrechnung war in der Rechnung ausgeführt: „Femuropatellares & Tibiofemulares Gelenk Außergewöhnlicher Mehraufwand durch die Beurteilung der femurpatellaren und tibiofemularen Gelenke des Patienten in ihrer dreidimensionalen Zusammengehörigkeit und ihrem räumlichen Bewegungsspiel, dadurch erhöhter Zeitaufwand mit mehrfacher Schnittneubeurteilung.“ Der Antrag betraf desweiteren insgesamt fünf am 3., 10., 17. und 24. September sowie 1. Oktober 2012 durch Dr. C. durchgeführte Injektionen mit dem den Wirkstoff Hyaluronsäure enthaltenden Medizinprodukt „Hya-ject“, welche durch Rechnungen der B1. vom 2. Oktober und 2. November 2012 mit jeweils 15,18 EUR, zusammen also mit 75,90 EUR, berechnet worden waren. 5Durch Beihilfebescheid vom 5. Dezember 2012 gewährte die Oberbürgermeisterin der Stadt N. – ohne dabei ausdrücklich erkennbar werden zu lassen, in Vertretung der Beklagten zu handeln – dem Kläger auf dessen Antrag vom 26. November 2012 eine Beihilfe in Höhe von 950,78 EUR für sonstige mit dem Antrag geltend gemachte Aufwendungen, lehnte jedoch sinngemäß die Gewährung einer Beihilfe für die Differenz zwischen dem 1,8fachen und dem 2,5fachen Steigerungssatz hinsichtlich der Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur GOÄ und für die fünf Injektionen mit „Hya-ject“ ab; insgesamt ergab sich gemäß dem dem Beihilfebescheid beigefügten Berechnungsbogen eine Differenz zwischen mit dem Beihilfeantrag geltend gemachten Aufwendungen und den als beihilfefähig anerkannten Aufwendungen von 173,83 EUR. Zur Begründung für die teilweise Beihilfeablehnung führte die Oberbürgermeisterin zum Einen aus: „Bei Leistungen die mittels medizinischer Großgeräte erbracht werden (z.B. Computertomographie Nr. 5369 – 5380 GOÄ), ist zu beachten, dass die Gebühr einen hohen Sachkostenanteil enthält und ein Steigerungssatz sich auch auf diesen Anteil erstreckt. Aus diesem Grunde kann die persönliche Leistung des Arztes auch bei überdurchschnittlichen Schwierigkeiten und überdurchschnittlichem Zeitaufwand bei der Auswertung der Untersuchung im Allgemeinen innerhalb der Regelspanne angemessen ausgeglichen werden, so dass ein Überschreiten dieser Spanne regelmäßig nicht gerechtfertigt ist. Ich stelle anheim, sich mit dem behandelnden Arzt in Verbindung zu setzen.“ Zum anderen führte die Oberbürgermeisterin aus: „Aufwendungen für hyaluronsäurehaltige Medizinprodukte sind nicht beihilfefähig.“ 6Gegen diesen Bescheid, soweit hierdurch sein Beihilfeantrag abgelehnt wurde, erhob der Kläger unter dem 27. Dezember 2012 Widerspruch. Der Kläger trat der zur Ablehnung angeführten Begründung der Oberbürgermeisterin der Stadt N. entgegen, berief sich hinsichtlich der Injektionen mit „Hya-ject“ außerdem auf die Möglichkeit für seinen Dienstvorgesetzten gemäß §§ 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 1, 16 Abs. 1 S. 2 Beihilfeverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BVO NRW) in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung, in medizinisch begründeten Einzelfällen Ausnahmen von einem möglichen Beihilfeausschluss zuzulassen, und legte der Oberbürgermeisterin zusätzliche Erläuterungen der B1. und des Dr. C. zu den streitigen Abrechnungen vor. 7Die B1. führte unter dem 5. Februar 2013 – an den Kläger gerichtet – zur Erläuterung der erfolgten sog. Schwellenwertüberschreitung im Rahmen der abgerechneten Magnetresonanztomographie aus: „Bei Ihnen ergab sich ein außergewöhnlicher Mehraufwand durch Rekonstruktion der Kniefunktionsebenen in allen drei räumlichen Richtungen. Dabei galt es insbesondere, das Zusammenspiel des femuro-patellaren sowie des femuro-tibialen Gleitlagers zu berücksichtigen, um Diskongruenzen zu erkennen, respektive Mehrbelastungsbereiche zu identifizieren. Das mehrfache Anfertigen neuer Schnittbilder in Bezug auf beide Gelenke bedurfte eines deutlich erhöhten Zeitaufwandes.“ 8Dr. C. selbst führte in seinem an den Kläger gerichteten undatierten Schreiben mit der Überschrift „Antwort auf das Schreiben vom 22.01.13“ aus:„1. Steigerungsfaktor kernspintomographische Untersuchung vom 15.08.12Wegen erheblicher Arthrose in Verbindung mit einem Kniegelenkserguss war es notwendig sowohl das Hauptkniegelenk (Oberschenkel und Unterschenkel, das Femurotibialgelenk) aber auch das Gelenk zwischen Oberschenkel und Kniescheibe (Femuropatellargelenk) separat zu beurteilen. Darüber hinaus war es notwendig beide Gelenke in ihrem Zusammenspiel zu betrachten, insbesondere mit der Fragestellung bei welcher Gelenkposition ein Knorpelschaden unter Druckbelastung gerät. Deswegen war ein außergewöhnlicher Mehraufwand zur Beurteilung dieser Gelenkflächen in ihrem dreidimensionalen Zusammenspiel individuell notwendig. Die Begründung wurde bereits mit der Rechnung detailliert dargestellt. (…)2. Frage hinsichtlich der HyaluronsäureVerwendet wurde das Präparat Hyaject. Der Inhalt dieses Präparats ist Hyaluronsäure. Das Präparat wird als Medizinprodukt vertrieben, ist aber verschreibungspflichtig. Die Auswahl dieses Präparats erfolgte nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, da ein Medizinprodukt wesentlich geringerer Zulassungskosten bedarf, ist es auch deutlich günstiger als ein Arzneimittel. So kostet derselbe Wirkstoff mit einem anderen Handelsnamen etwa 250 Euro/5 Injektionen, das Medizinprodukt, das ich verwendet habe kostet 75,90 Euro/5 Injektionen. Aus orthopädisch medizinischen Gesichtspunkten besteht in der Verwendung und Wirksamkeit kein Unterschied. Seit Jahren verwenden wir aus Kostengründen, insbesondere im Kassenbereich das Medizinprodukt und haben gemessen an den statistischen und wissenschaftlichen Veröffentlichungen keinen Unterschied in ihrer Wirksamkeit. Medizinisch war die Injektion von Hyaluronsäure unter Berücksichtigung des kernspintomographisch erhobenen Befundes notwendig und diente dazu eine wesentlich teurere Operation (in diesem Falle Kniespiegelung mit Knorpelbehandlung) zu ersparen.“ 9Im Zuge des weiteren Widerspruchsverfahrens holte die Oberbürgermeisterin der Stadt N. eine Stellungnahme des amtsärztlichen Dienstes der Beklagten zur Frage der Berechtigung der sog. Schwellenwertüberschreitung im Rahmen der abgerechneten Magnetresonanztomographie ein. Der amtsärztliche Dienst führte unter dem 15. April 2013 aus: „Nach Prüfung der eingereichten Rechnung vom 03.09.2012 muss aus amtsärztlicher Sicht und nach Rücksprache mit der Ärztekammer festgestellt werden, dass die Berechnung der Ziffer 5729 mit dem Faktor 2,5 aufgrund des vorliegenden Krankheitsbildes und der Begründung nicht zur Übernahme empfohlen werden kann.“ 10Daraufhin wies die Oberbürgermeisterin der Stadt N. durch Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2013 – wiederum ohne dabei ausdrücklich erkennbar werden zu lassen, in Vertretung der Beklagten zu handeln – sinngemäß den Widerspruch des Klägers zurück. Hinsichtlich der sog. Schwellenwertüberschreitung im Rahmen der abgerechneten Magnetresonanztomographie berief sie sich auf die Stellungnahme des amtsärztlichen Dienstes der Beklagten. Hinsichtlich „Hya-ject“ führte sie zur Begründung an, nach der insofern maßgeblichen Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 BVO NRW seien nur arzneimittelrechtlich zugelassene Arzneimittel, um welche es sich bei Medizinprodukten und damit auch bei „Hya-ject“ nicht handele, beihilfefähig. 11Am 24. Mai 2013 hat der Kläger Klage erhoben. 12Nachdem er die Klage zunächst gegen die Stadt N. gerichtet hatte, hat er im Laufe des Klageverfahrens eine Auswechselung der Beklagten dahingehend vorgenommen, die Klage nunmehr (ausschließlich) gegen die Beklagte zu richten. Sowohl die Stadt N. als auch die Beklagte haben diesem Beklagtenwechsel ausdrücklich zugestimmt. 13Der Kläger vertritt die Ansicht, die von Dr. C. vorgenommene Berechnung der durchgeführten Magnetresonanztomographie mit dem Steigerungsfaktor 2,5 entspreche einer vertretbaren Auslegung des ärztlichen Gebührenrechts, sei insbesondere ausreichend begründet und sei deshalb auch beihilfefähig. Die Stellungnahme des amtsärztlichen Dienstes der Beklagten entkräfte die ärztliche Begründung für die Schwellenwertüberschreitung nicht, weil sie sich überhaupt nicht mit dieser auseinandersetze, sondern sich in allgemeinen Ausführungen erschöpfe. Hinsichtlich der Beihilfefähigkeit von „Hya-ject“ ist der Kläger der Auffassung, § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung stehe der Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten nicht entgegen, weil diese Vorschrift die Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln zwar in der Tat auf solche mit arzneimittelrechtlicher Zulassung beschränke, die Vorschrift aber darüber hinaus auch die Beihilfefähigkeit von Verbandmitteln und „dergleichen“ statuiere. „Dergleichen“ sei im Sinne von zugelassenen Arzneimitteln und Verbandsmitteln ähnlichen Präparaten zu verstehen und erfasse damit auch Medizinprodukte. Selbst wenn ungeachtet dessen eine beihilferechtliche Ausschlussvorschrift betreffend Medizinprodukte eingreifen sollte, habe er zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf ausnahmsweise Gewährung einer Beihilfe in seinem Einzelfall gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung 14Der Kläger beantragt, 15die Beklagte zu verpflichten, 161.17ihm zu den Kosten der Rechnung vom 3. September 2012 eine über die durch Beihilfebescheid der Oberbürgermeisterin der Stadt N. vom 5. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2013 bereits gewährte Beihilfe hinausgehende Beihilfe in Höhe von 48,97 Euro zu gewähren, 2.18ihm zu den Kosten der Rechnung vom 2. Oktober und 2. November 2012 eine über die durch die unter Nr. 1 genannten Bescheide bereits gewährte Beihilfe hinausgehende Beihilfe in Höhe von insgesamt 37,95 Euro zu gewähren,hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insoweit erneut zu bescheiden. 19Die Beklagte beantragt mit de bereits von der Oberbürgermeisterin der Stadt N. im Widerspruchsbescheid gegebenen Begründung, 20die Klage abzuweisen. 21Unter dem 15. April 2014 hat das Gericht dem Kläger aufgegeben, Dr. C. zu einer (ganz kurzen) ergänzenden Stellungnahme, welchen zeitlichen Umfang die MRT-Untersuchung des Kniegelenks des Klägers am 15. August 2012 hatte, und welchen zeitlichen Umfang demgegenüber MRT-Untersuchungen von Kniegelenken durchschnittlich haben, zu veranlassen. 22Dr. C. antwortete unter dem 23. April 2014 schriftlich: „Nach Vorlage des Schreibens vom 14.04.14 stelle ich fest, dass aus heutiger Sicht die Dauer der Untersuchung vom 15.08.12 nicht zu rekonstruieren ist. Die Dauer einer MRT-Untersuchung wird nicht dokumentiert, darüber hinaus muss festgestellt werden, dass bereits vor Durchführung der ersten Schicht eine aufwendige Lagerung des Patienten erfolgt, die 10 Minuten dauern kann. Nach Durchführung der einzelnen Schichten erfolgt die Durchsicht der kernspintomographischen Sequenzen, oft in Anwesenheit der Patienten, mit Diskussion der Befunde, ggf. der Neurekonstruktion der Schichten am Computer. Durchschnittliche Behandlungszeiten sind schwer festzulegen, da die Untersuchung eines Kniegelenks bei jedem Patienten nach anderen Kriterien erfolgt und individuell durchgeführt und abgerechnet wird. Knie ist mit dem nächsten Knie nicht vergleichbar, so dass eine durchschnittliche Angabe zur Untersuchungszeit nicht sinnvoll erscheint.“ 23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Oberbürgermeisterin der Stadt N. verwiesen. 24Entscheidungsgründe: 25A. Die Klage hat keinen Erfolg 26I. Sie ist zwar zulässig. 27Dies gilt insbesondere für die erfolgte Auswechselung der Beklagten, welche wie eine Klageänderung nach § 91 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu behandeln ist, 28vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1993 – 7 B 158/92 -, DVBl 1993, 562 f. = juris (Rn. 5), 29und zu deren Zulässigkeit gemäß § 91 Abs. 1 VwGO führend – neben der ohnehin zu bejahenden Sachdienlichkeit – eine ausdrückliche Einwilligung sowohl der Stadt N. als vormaliger Beklagter als auch der Stadt P. als neuer Beklagter erfolgt ist. 30Die gemäß § 42 Abs. 1 Fallvariante 2 VwGO als Verpflichtungsklage statthafte Klage ist gemäß § 75 S. 1 VwGO als sog. Untätigkeitsklage zulässig, weil die Beklagte über den Beihilfeantrag des Klägers ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Zwar hatte die Oberbürgermeisterin der Stadt N. den Beihilfebescheid vom 5. Dezember 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2013 erlassen und sie war aufgrund der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vom 17. Juli 2012 als Behörde auch befugt und zuständig, in Vertretung der Beklagten gegenüber deren Beihilfeberechtigten Beihilfe- und hierauf bezogene Widerspruchsbescheide zu erlassen. Handelt ein Bürgermeister außerhalb der gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) für seine Gemeinde bestehenden gesetzlichen Vertretungsmacht für einen anderen Rechtsträger, muss er dies jedoch klar und deutlich zum Ausdruck bringen; andernfalls ist vom „Normalfall“ des § 63 Abs. 1 S. 1 GO NRW auszugehen. Deshalb können Beihilfebescheid vom 5. Dezember 2012 und Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2013 nicht der Stadt P. als Körperschaft zugerechnet werden, denn in beiden hatte die Oberbürgermeisterin der Stadt N. eine Vertretung der Stadt P. nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, so dass die Bescheide – dem „Normalfall“ des § 63 Abs. 1 S. 1 GO NRW entsprechend – der Stadt N. als Körperschaft zuzurechnen sind. 31Soweit durch den Beklagtenwechsel wegen des Entfallens eines Prozessrechtsverhältnisses zwischen Kläger und Stadt N. 32- vgl. zur Auswirkung eines Beklagtenwechsels auf das Prozessrechtsverhältnis BVerwG a.a.O. (juris Rn. 7) - 33der Beihilfebescheid der Oberbürgermeisterin der Stadt N. vom 5. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2013 auch hinsichtlich des die Gewährung einer Beihilfe ablehnenden Bescheidteils bestandskräftig geworden ist, führt dies nicht zu einer Unzulässigkeit der Klage. Durch den Beihilfebescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides steht nämlich bestandskräftig – auch im Sinne einer Tatbestandswirkung – wegen der soeben dargelegten Zurechenbarkeit der Bescheide allein fest, dass der Kläger gegenüber der Stadt N. keinen über die erfolgte Beihilfegewährung hinausgehenden Beihilfeanspruch hat. Mangels Zurechenbarkeit der Bescheide gegenüber der Beklagten liegt eine bestandskräftige Entscheidung über einen möglichen Beihilfeanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten hingegen gerade noch nicht vor. 34Gemäß § 1 Abs. 1 der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Stadt N. vom 17. Juli 2012 wird die Beklagte vor dem Verwaltungsgericht (wirksam) vertreten durch die Oberbürgermeisterin der Stadt N. . 35II. Die Klage ist jedoch unbegründet. 36Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung der beantragten Beihilfe. 37Maßgeblich für die Beurteilung der Beihilfefähigkeit der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen ist die BVO NRW in der Fassung desjenigen Zeitpunkts bzw. Zeitraums, in dem die jeweiligen Aufwendungen entstanden sind, 38vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2011 – 1 A 308/09 -, www.nrwe.de = juris (Rn. 32). 391. Der Kläger hat hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachten Kosten für die in der Rechnung der B1. vom 3. September 2012 nach der Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur GOÄ mit dem 2,5fachen Steigerungssatz und damit mit insgesamt 349,73 EUR berechnete Magnetresonanztomographie, welche am 15. August 2012 durchgeführt worden war keinen Beihilfeanspruch, denn insoweit sind dem Kläger keine Aufwendungen entstanden. Das Entstehen von Aufwendungen ist jedoch gemäß § 3 Abs. 1 BVO NRW in der seit dem 1. April 2009 geltenden Fassung Voraussetzung für eine Beihilfefähigkeit. 40Im Sinne des Beihilferechts ist eine Aufwendung (noch) nicht entstanden, wenn eine Arzt- oder Zahnarztforderung zivilrechtlich (noch) nicht fällig ist. 41Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 - 2 C 19/06 -, ZBR 2009, 39 ff. = juris (Rn. 20). 42Die mit Rechnung vom 3. September 2012 geltend gemachte Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur GOÄ ist zivilrechtlich (noch) nicht fällig geworden, wie sich aus § 12 GOÄ ergibt. 43Für die Beurteilung der Frage, ob eine Arzt- oder Zahnarztforderung zivilrechtlich fällig geworden ist, gelten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die von der Rechtsprechung für die Beurteilung der beihilferechtlichen Angemessenheit einer Gebührenforderung entwickelten Grundsätze. 44Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2008, a.a.O. (juris Rn. 20). 45Ob der Arzt seine Forderung zu Recht geltend gemacht hat, ist eine der Beihilfegewährung vorgreifliche Rechtsfrage, die nach der Natur des Rechtsverhältnisses zwischen Arzt und Patient dem Zivilrecht zuzuordnen ist. Den Streit über die Berechtigung einer ärztlichen Liquidation entscheiden letztverbindlich die Zivilgerichte. Deren Beurteilung präjudiziert die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen im beihilferechtlichen Sinne. Ist eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg nicht ergangen, haben der Dienstherr und im Streitfall auch das Verwaltungsgericht zu prüfen, ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind. Im Rahmen einer solchen Prüfung sind Aufwendungen für ärztliche oder zahnärztliche Leistungen, deren Berechnung auf einer zweifelhaften Auslegung der einschlägigen Gebührenordnung beruht, beihilferechtlich schon dann als angemessen anzusehen, wenn der vom Arzt in Rechnung gestellte Betrag bei objektiver Betrachtung einer zumindest vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht und der beihilfepflichtige Dienstherr nicht rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung gesorgt hat. 46Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. März 2008, a.a.O. (juris Rn. 18), und vom 16. Dezember 2009 - 2 C 79/08 – NVwZ-RR 2010, 365 f. = juris (Rn. 14), jeweils m.w.N. 47Rechtlicher Ausgangspunkt für die Beantwortung der zivilrechtlichen Frage, wann die Vergütung eines Arztes fällig wird, ist § 12 GOÄ. Gemäß § 12 Abs. 1 GOÄ wird die Vergütung eines Arztes fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine dieser Verordnung entsprechende Rechnung erteilt worden ist. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ muss die Rechnung bei Gebühren die Nummer und die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung einschließlich einer in der Leistungsbeschreibung gegebenenfalls genannten Mindestdauer sowie den jeweiligen Betrag und den Steigerungssatz enthalten. Überschreitet eine berechnete Gebühr dabei das 2,3fache des Gebührensatzes, ist dies nach § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ auf die einzelne Leistung bezogen für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen; das gleiche gilt bei den in § 5 Abs. 3 genannten Leistungen, wenn das 1,8fache des Gebührensatzes überschritten wird, sowie bei den in § 5 Abs. 4 genannten Leistungen, wenn das 1,15fache des Gebührensatzes überschritten wird; nach Satz 2 der Vorschrift ist die Begründung auf Verlangen näher zu erläutern. 48Bei der Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur GOÄ handelt es sich um eine von § 5 Abs. 3 GOÄ erfasste, nämlich eine im Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses genannte Leistung. Da für diese Leistung in der Rechnung vom 3. September 2012 das 2,5fache des Gebührensatzes berechnet wurde und damit das 1,8fache des Gebührensatzes überschritten wurde, bedurfte es gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 GOÄ in der Rechnung einer verständlichen und nachvollziehbaren schriftlichen Begründung dieser sog. Schwellenwertüberschreitung, damit die Rechnung der Verordnung entspricht und damit gemäß § 12 Abs. 1 GOÄ die Fälligkeit der Gebührenforderung auslöst. 49Eine verständliche und nachvollziehbare schriftliche Begründung in diesem Sinne enthält weder die Rechnung vom 3. September 2012 selbst noch das Erläuterungsschreiben der B1. vom 5. Februar 2013 noch das undatierte Erläuterungsschreiben des Dr. C. mit der Überschrift „Antwort auf das Schreiben vom 22.01.13“ noch das Antwortschreiben des Dr. C. vom 23. April 2014. 50Da es Zweck der komplexen Regelung über den notwendigen Inhalt einer Rechnung ist, dem Zahlungspflichtigen, von dem weder medizinische noch gebührenrechtliche Kenntnisse erwartet werden können, eine Grundlage für eine Überprüfung der in Rechnung gestellten Leistungen zu geben, 51so BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 – III ZR 117/06 -, BGHZ 170, 252 ff. = juris (Rn. 13), vgl. auch BGH, Urteil vom 8. November 2007 – III ZR 54/07 -, BGHZ 174, 101 ff. = juris (Rn. 20), 52muss die von § 12 Abs. 3 GOÄ geforderte Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Begründung aus der Sicht eines medizinischen und gebührenrechtlichen Laien gegeben sein. 53Welchen inhaltlichen Bezugspunkt die Begründung dabei haben muss, ergibt sich aus § 5 GOÄ. Nach dessen Abs. 1 S. 1 bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr, soweit in den Absätzen 3 bis 5 nichts anderes bestimmt ist, nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes; abweichend hiervon bestimmt u.a. Abs. 3 S. 1, dass – hier streitgegenständliche – Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses genannten Leistungen sich nach dem Einfachen bis Zweieinhalbfachen des Gebührensatzes bemessen. Die Bemessungskriterien benennt dabei Abs. 2 S. 1 der Vorschrift. Hiernach sind innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nach § 5 Abs. 2 S. 4 i.V.m. Abs. 3 S. 2 GOÄ darf für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses genannten Leistungen dabei eine Gebühr in der Regel nur zwischen dem Einfachen und dem 1,8fachen des Gebührensatzes bemessen werden; ein Überschreiten des 1,8fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. 54Zieht man die Rechtsprechung des BGH in die Betrachtung mit ein, nach der ein Fehlgebrauch des einem Arzt bei der Bestimmung des für die Abrechnung maßgeblichen Steigerungssatzes obliegenden Ermessens nicht anzunehmen ist, wenn Leistungen, die sich in einem Bereich durchschnittlicher Schwierigkeit befinden, zum Schwellenwert abgerechnet werden, 55vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 – III ZR 54/07 -, BGHZ 174, 101 ff. = juris (Rn. 18), 56ergibt sich im Umkehrschluss aus dieser Rechtsprechung, dass als Mindestanforderung für die Rechtmäßigkeit der Abrechnung ärztlicher Leistungen oberhalb des Schwellenwertes anzunehmen ist, dass hinsichtlich der der in § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ genannten Bemessungskriterien ein überdurchschnittlicher Aufwand vorlag. 57Vgl. zu der Frage, ob nicht über diese Mindestanforderung hinausgehende Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Abrechnung ärztlicher Leistungen oberhalb des Schwellenwertes zu stellen sind, die vom BGH im Urteil vom 8. November 2007, a.a.O. (juris Rn. 10 ff.), gemachten Andeutungen. 58Aus dieser Rechtsprechung des BGH ist der weitere Schluss zu ziehen, dass sich jedenfalls die Erfüllung der Mindestanforderung für die Rechtmäßigkeit der Abrechnung von Leistungen oberhalb des sog. Schwellenwerts aus der gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 GOÄ erforderlichen Begründung ablesen lassen muss, dass sich also hieraus für einen medizinischen Laien verständlich und nachvollziehbar ergeben muss, dass der erbrachten Leistung eine überdurchschnittliche Schwierigkeit und/oder ein überdurchschnittlicher Zeitaufwand zugrunde lag, wobei beides – Schwierigkeit und Zeitaufwand – häufig in einer Wechselbeziehung steht, 59vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007, a.a.O. (juris Rn. 12). 60Wird eine Schwellenwertüberschreitung mit einem überdurchschnittlichen Zeitaufwand begründet, ist dies für einen medizinischen Laien aber nur dann nachvollziehbar, wenn der Zeitaufwand der erbrachten Leistung in Verhältnis gesetzt wird zum durchschnittlichen Zeitaufwand vergleichbarer Leistungen. Diesen minimalen Begründungsaufwand muss die Rechnungsbegründung leisten, um die Fälligkeit einer mit einem oberhalb des sog. Schwellenwertes abgerechneten Leistung zu begründen. 61In Übereinstimmung mit diesem auf der Rechtsprechung des BGH fußenden Ansatz verlangt das OVG NRW in seiner Rechtsprechung, dass die Begründung hinsichtlich des Überschreitens des Schwellenwertes den Zeitaufwand und den Schwierigkeitsgrad plausibel erläutern muss und dass der Höchstsatz innerhalb des Gebührenrahmens nur in den Fällen gilt, die in der ärztlichen Praxis außergewöhnliche Anforderungen stellen. Das OVG NRW geht konsequent weiter davon aus, dass sich diese Fälle nur daraus ergeben können, dass die Verhältnisse des konkret zu beurteilenden Falles mit den Verhältnissen der vom Gebührentatbestand erfassten (normalen) Fälle verglichen werden (können). Deshalb fordert das OVG NRW eine Darlegung des behandelnden Arztes oder Zahnarztes, welchen zeitlichen Rahmen (vom einfachen Fall bis hin zu den schwierigsten Fällen) der vorgenommene Eingriff in der ärztlichen Praxis in Anspruch nimmt und inwieweit sich der Fall des konkreten Patienten unter Berücksichtigung der Schwierigkeit sowie der Umstände bei der Ausführung von einem normalen Fall unterscheidet, ferner eine Darstellung, wie sich der konkrete Fall im Vergleich mit anderen Fällen verhält und wieso er sich deutlich vom Durchschnitt unterscheidet und abhebt. 62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 1993 ‑ 6 A 511/92 ‑, nicht veröffentlicht; vgl. zu den Anforderungen an eine den Anforderungen des § 12 Abs. 3 GOÄ genügende Begründung auch OVG NRW, Urteile vom 3. Dezember 1999 ‑ 12 A 2889/99 ‑, juris (Rn. 37 ff.) und vom 7. Dezember 2001 ‑ 6 A 2017/99 ‑, nicht veröffentlicht, sowie Beschlüsse vom 8. Oktober 2001 ‑ 6 A 1265/01 ‑ und vom 23. März 2009 ‑ 3 A 407/07 ‑, nicht veröffentlicht. 63Soweit in der Rechtsprechung zugleich davon ausgegangen wird, dass an die Begründung einer Schwellenwertüberschreitung keine ins Einzelne gehenden Anforderungen zu stellen sind, um von einer formell ausreichenden Begründung im Rahmen des § 12 Abs. 3 S. 1 GOÄ ausgehen zu können, 64so OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 1999, a.a.O. (juris Rn. 37) und Beschluss vom 20. Oktober 2004 - 6 A 215/02 –, juris (Rn. 12), 65steht dies nicht in Widerspruch zum vorgenannten Ansatz. Entscheidender Maßstab ist – wie ausgeführt – die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Begründung für einen medizinischen Laien und im Rahmen dessen die Eignung der Begründung, das Vorliegen solcher Umstände nachvollziehbar zu machen, welche nach dem materiellen Gebührenrecht eine Überschreitung des Schwellenwertes und ggf. insbesondere den Ansatz des Höchstwertes rechtfertigen können, 66vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 1999, a.a.O. (juris Rn. 39) und Beschluss vom 20. Oktober 2004 - 6 A 215/02 –, a.a.O. 67wobei es in der Natur der Sache liegt, dass die Anforderungen an die Liquidation einer bestimmten Gebührenposition unterschiedlich sein können, 68vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006, a.a.O. (juris Rn. 13), 69es also durchaus auch vom Einzelfall abhängen kann, ob der Begründungsaufwand hoch oder niedrig ist. Jedenfalls ist es durchaus möglich, dass der Spagat zwischen einer Begründung, an die zum einen keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden, die aber zum anderen für einen medizinischen Laien verständlich und zugleich geeignet ist, eine Schwellenwertüberschreitung zu rechtfertigen, gelingt, indem bei einer zeitaufwandsbezogenen Begründung zumindest stichwortartig der zeitliche Rahmen und der durchschnittliche Zeitaufwand der erbrachten Leistung in der Berufspraxis des behandelnden Arztes einerseits und der konkrete Zeitaufwand der erbrachten Leistung im Einzelfall andererseits dargelegt werden, etwa nach folgendem beispielhaften Muster: „Zeitlicher Rahmen für die erbrachte Leistung 30 min bis 120 min, durchschnittlicher Zeitaufwand 50 min, konkreter Zeitaufwand 90 min.“ 70In Anwendung dieser Grundsätze ist die in der Rechnung vom 3. September 2012 für die Schwellenwertüberschreitung bzw. für den Ansatz des Höchstsatzes innerhalb des Gebührenrahmens hinsichtlich der Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur GOÄ gegebene Begründung deshalb nicht verständlich und nachvollziehbar im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 GOÄ, weil sie sich zwar auf das in § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ enthaltene Bemessungskriterium des Zeitaufwandes bezieht („außergewöhnlicher Mehraufwand“, „erhöhter Zeitaufwand“), jedoch nicht einmal einen ansatzweisen Anhaltspunkt dafür enthält, wie die im konkreten Fall erbrachte Leistung in zeitlicher Hinsicht im Vergleich mit anderen vom behandelnden Arzt durchgeführten Magnetresonanztomographien eines oder mehrerer Gelenke oder Abschnitte von Extremitäten zeitlich einzuordnen ist. Sie ist deshalb nicht geeignet, zu begründen, dass hinsichtlich der im Falle des Klägers erbrachten Leistung ein überdurchschnittlicher Zeitaufwand vorlag. Dies gilt umso mehr, als dass in der Begründung noch nicht einmal der Bezugspunkt für den benannten „außergewöhnlichen Mehraufwand“ und „erhöhten Zeitaufwand“ benannt wird. Bezugspunkt einer zeitlichen Vergleichsbetrachtung kann nämlich theoretisch sowohl der geringstdenkbare Zeitaufwand für eine sehr einfach gelagerte Behandlung sein, als auch der zeitliche Mittelwert zwischen einfachst und schwierigst gelagertem Fall als auch der durchschnittliche Zeitaufwand, welcher nicht mit dem zeitlichen Mittelwert identisch sein muss, aber für die Rechtmäßigkeit einer Schwellenwertüberschreitung maßgeblich ist. Nur eine Begründung, die die im konkreten Fall erbrachte Leistung als gegenüber dem durchschnittlichen Zeitaufwand vergleichbarer Leistungen zeitaufwendiger kennzeichnet, ist jedoch geeignet, verständlich und nachvollziehbar in Bezug auf den Zeitaufwand als Bemessungsfaktor eine Schwellenwertüberschreitung zu rechtfertigen. 71Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß zugleich für das Erläuterungsschreiben der B1. vom 5. Februar 2013 und das undatierte Erläuterungsschreiben des Dr. C. mit der Überschrift „Antwort auf das Schreiben vom 22.01.13“. Beide Schreiben beschränken sich in Bezug auf den Bemessungsfaktor Zeitaufwand ebenso wie bereits die Rechnung vom 3. September 2012 auf die Vokabeln „außergewöhnlicher Mehraufwand“ und „deutlich erhöhter Zeitaufwand“, ohne zumindest – als ersten Schritt im Sinne einer notwendigen, aber nicht hinreichenden Bedingung für eine Nachvollziehbarkeit im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 GOÄ – den zeitlichen Bezugspunkt dieser Aussage zu benennen. 72Im Antwortschreiben vom 23. April 2013 hat Dr. C. nicht einmal mehr einen Versuch unternommen, einen zeitlichen Bezug der im konkreten Einzelfall des Klägers erbrachten Leistung zu vergleichbaren Leistungen nach der der Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur GOÄ herzustellen, sondern erachtet eine durchschnittliche Angabe zur Untersuchungszeit als „nicht sinnvoll“. Kann und will Dr. C. aber keine Angaben zu Behandlungsdauern von in seiner Arztpraxis durchgeführten Magnetresonanztomographien eines oder mehrerer Gelenke oder Abschnitte von Extremitäten im Einzelfall und im Durchschnitt machen, ist er an einer Abrechnung der Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur GOÄ unter Überschreitung des 1,8fachen Gebührensatzes in Anknüpfung an das Bemessungskriterium des Zeitaufwandes rechtlich gehindert, denn § 5 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 4 i.V.m. S. 1 erlaubt ein Überschreiten des 1,8fachen des Gebührensatzes für eine in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses genannte Leistung nur, wenn Besonderheiten beim Zeitaufwand dazu führen, dass kein Regelfall vorliegt, nach dem die Gebühr nur zwischen dem Einfachen und dem 1,8fachen des Gebührensatzes bemessen werden darf. Ist dem behandelnden Arzt der Zeitaufwand für die berechnete Leistung aber gar nicht bekannt, stellt es sich ungeachtet der Frage, ob der Arzt diese Leistung dann zumindest zum Schwellenwert abrechnen darf, 73vgl. zu dieser Frage BGH, Urteil vom 8. November 2007, a.a.O. (juris Rn. 18), 74jedenfalls als Ermessensfehlgebrauch des Arztes dar, diese Leistung als vom Zeitaufwand her mit Besonderheiten behaftet zu bewerten. Dass, wie Dr. C. in seinem Antwortschreiben vorbringt, eine durchschnittliche Angabe zur Untersuchungszeit nicht sinnvoll erscheine, trifft auf der Grundlage des § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ, wo der Zeitaufwand als einer der möglichen Bemessungskriterien ausdrücklich benannt ist, ersichtlich nicht zu. Es entspricht bereits dem Grundansatz der GOÄ, in deren Gebührenverzeichnis unterschiedliche medizinische Leistungen mit unterschiedlichen Punktwerten belegt sind, aus welchen sich über § 5 Abs. 1 S. 3 GOÄ ein Geldwert errechnen lässt, dass unterschiedlichen Leistungen unterschiedliche Spannen hinsichtlich Schwierigkeit und Zeitaufwand aufweisen – anderenfalls bedürfte es unterschiedlicher Punkt- bzw. Geldwerte nicht, sondern sämtliche medizinische Leistungen könnten „über einen Kamm geschert“ werden. Diesen Grundansatz verfeinert § 5 GOÄ bezogen auf einzelne Leistungen, indem bezüglich einer einzelnen Leistungsposition nach dem Gebührenverzeichnis vorausgesetzt wird, dass hinsichtlich Zeitaufwand und Schwierigkeit eine Spannbreite besteht: Gerade weil, wie Dr. C. formuliert, „Knie (…) mit dem nächsten Knie nicht vergleichbar“ ist, besteht etwa hinsichtlich einer Vielzahl nach der Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur GOÄ berechneten Magnetresonanztomographien verschiedener Knie eine Spannbreite hinsichtlich des zeitlichen Aufwandes, der § 5 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 durch den für die Abrechnung eröffneten Gebührenrahmen gerecht werden will. Die ermessensfehlerfreie Ausnutzung des Gebührenrahmens durch den Arzt setzt dann aber auch voraus, dass der Arzt die für die sachgerechte Gebührenbemessung innerhalb des vorgegebenen Rahmens gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ vorgegebenen Bemessungskriterien, darunter den Zeitaufwand, im Rahmen seiner Ermessensausübung heranzieht, 75vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007, a.a.O. (juris Rn. 11, a.E.). 76Weil sich die Frage, ob der Kläger für die mit Rechnung vom 3. September 2012 geltend gemachte Ziffer 5729 Gebührenverzeichnis zur GOÄ einen Beihilfeanspruch hat, im Sinne einer reinen Rechtsfrage durch Auslegung der §§ 3 Abs. 1 BVO NRW, 5, 12 GOÄ beantworten lässt, ohne dass sich insoweit fachlich-medizinische Beweisfragen stellten, bedurfte es keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung, insbesondere nicht – wie vom Kläger angeregt – der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Insbesondere bedarf auch die Beantwortung der Frage, ob eine Begründung im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 GOÄ nachvollziehbar ist, keines medizinischen Sachverstandes, sondern einer vom Gericht selbst vorzunehmenden Würdigung. Lässt sich nämlich nicht bereits allein anhand der in einer Rechnung gegebenen Begründung, sondern nur unter Hinzuziehung medizinischen Sachverstandes klären, ob eine Schwellenwertüberschreitung gebührenrechtlich gerechtfertigt ist, folgt daraus, dass die Begründung für einen medizinischen Laien gerade nicht verständlich und nachvollziehbar ist. 77Eine weitere Sachverhaltsaufklärung – etwa im Wege der Einholung eines Sachverständigengutachtens – in vergleichbaren Fällen im Ergebnis ebenfalls, aber mit anderer Begründung ablehnend OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 1999, a.a.O. (juris Rn. 48). 782. Der Kläger hat auch hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachten Kosten für die fünf in den Rechnungen der B1. vom 2. Oktober und 2. November 2012 enthaltenen Injektionen mit dem Medizinprodukt „Hya-ject“ weder einen direkten Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe noch einen – hilfsweise geltend gemachten – Anspruch auf erneute Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insoweit. 79Der Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe scheitert daran, dass es sich bei den Kosten für das am 3., 10., 17. und 24. September sowie 1. Oktober 2012 dem Kläger injizierte Medizinprodukt „Hya-ject“ nicht um beihilfefähige Aufwendungen im Sinne von § 4 Abs. 1 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung handelt. 80Nach Satz 1 der insoweit allein in Betracht kommenden Nr. 7 des § 4 Abs. 1 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung umfassen die beihilfefähigen Aufwendungen Kosten für die von Behandlern nach Nr. 1 der Vorschrift – darunter Ärzte – bei ihren Verrichtungen verbrauchten oder nach Art und Umfang schriftlich verordneten zugelassenen Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen. 81Die genannten Aufwendungen des Klägers für das Medizinprodukt „Hya-ject“ Medizinprodukt im Zeitraum 1. April 2009 bis 31. Dezember 2012 sind deshalb nicht beihilfefähig, weil es sich bei diesem Präparat nicht um ein arzneimittelrechtlich zugelassenes Arzneimittel handelt. 82Ungeachtet der Frage der Überzeugungskraft der vom Kläger vorgebrachten Argumente dafür, dass ein Medizinprodukt im Sinne des § 3 Medizinproduktegesetz (MPG), um ein welches es sich bei dem Präparat „Hya-ject“ handelt, unter den Begriff „dergleichen“ subsumierbar und damit vom Tatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung erfasst sein könnte, folgt das Gericht aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Auffassung des OVG NRW, nach der ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 MPG mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung als Arzneimittel nicht vom Tatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 BVO NRW in der zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. März 2009 geltenden, mit Gesetzeskraft ausgestatteten Fassung, welche mit der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung des § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 BVO NRW wortgleich ist, erfasst ist, 83vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2011, a.a.O. (juris Rn. 33 ff.). 84Ist ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 MPG aber nicht von § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung erfasst, folgt daraus zugleich, dass der Kläger keinen – ausdrücklich hilfsweise geltend gemachten und ungeachtet dessen bereits als im Hauptantrag zu 2. enthaltenes Begehren anzusehenden – Anspruch auf Entscheidung der Beklagten im Wege des Ermessens darüber, ob ihm gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 i.V.m. § 16 Abs. 1 BVO NRW (ausnahmsweise) eine Beihilfe zu gewähren ist, hat. 85Nach § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung kann das Finanzministerium abweichend von S. 1 der Vorschrift in medizinisch begründeten Einzelfällen sowie allgemein in der Anlage 2 und ergänzend in den Verwaltungsvorschriften zu dieser Verordnung bestimmen, zu welchen Arzneimitteln (verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen), die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten oder die sich in der klinischen Erprobung befinden, Beihilfen gewährt werden können. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung tritt dabei bei Beihilfeberechtigten der Gemeinden und Gemeindeverbände der Dienstvorgesetzte an die Stelle des Finanzministeriums. 86Ausnahmeregelungen auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung setzen nämlich voraus, dass es sich um zugelassene Arzneimitteln im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 BVO NRW 2007 handelt. Denn die durch § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 4 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung ermöglichten Rückausnahmen beziehen sich auf die in § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 BVO in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung vorgesehenen Ausnahmen von den im Grundsatz beihilfefähigen Arzneimitteln im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung, die aber an die arzneimittelrechtliche Zulassung des Arzneimittels anknüpfen und damit Medizinprodukte generell von der Beihilfefähigkeit ausnehmen. 87Vgl. zu § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 BVO NRW in der zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. März 2009 geltenden Fassung, welche wiederum mit der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung des § 4 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 BVO NRW im Wesentlichen wortgleich ist, OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2011, a.a.O. (juris Rn. 114); vgl. im Übrigen zur rechtlichen Unbedenklichkeit des sich aus der Gesamtregelung des § 4 Abs. 1 Nr. 7 BVO NRW in der zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. März 2009 geltenden Fassung ergebenden Beihilfeausschlusses für Medizinprodukte – wiederum übertragbar auf § 4 Abs. 1 Nr. 7 BVO NRW in der zwischen dem 1. April 2009 und dem 31. Dezember 2012 geltenden Fassung – ebenfalls OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2011, a.a.O. (juris Rn. 121 ff.). 88B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der kläger stand bis ende des jahres 2012 als beamter im dienst der beklagten und ist seitdem ruhestandbeamter der beklagten. 3die beklagte übertrug durch öffentlich-rechtliche vereinbarung vom 17. juli 2012 im rahmen einer mandatierung gemäß § 23 abs. 1 fallvariante 2 gesetz über kommunale gemeinschaftsarbeit (gkg) die bearbeitung der beihilfeangelegenheiten für die bei ihr beihilfeberechtigten auf die beihilfestelle der stadt n. . nach § 1 abs. 1 der öffentlich-rechtlichen vereinbarung umfasst die bearbeitung insbesondere u.a. die berechnung der beihilfe für die beihilfeberechtigten sowie deren festsetzung durch beihilfebescheid in vertretung für die beklagte, die durchführung von widerspruchsverfahren und die durchführung von verwaltungsgerichtlichen rechtsstreitigkeiten. 4unter dem 26. november 2012 beantragte der kläger bei der oberbürgermeisterin der stadt n. die gewährung einer beihilfe. der antrag betraf u.a. eine am 15. august 2012 durch den arzt für orthopädie dr. c. durchgeführte, mit rechnung der gesellschaft für b. - c1. c2. - w. mbh (b1. ) vom 3. september 2012 nach der ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur gebührenverordnung für ärzte (goä) mit dem 2,5fachen steigerungssatz und damit mit insgesamt 349,73 eur berechnete magnetresonanztomographie eines kniegelenks des klägers. zur begründung der erfolgten abrechnung war in der rechnung ausgeführt: „femuropatellares & tibiofemulares gelenk außergewöhnlicher mehraufwand durch die beurteilung der femurpatellaren und tibiofemularen gelenke des patienten in ihrer dreidimensionalen zusammengehörigkeit und ihrem räumlichen bewegungsspiel, dadurch erhöhter zeitaufwand mit mehrfacher schnittneubeurteilung.“ der antrag betraf desweiteren insgesamt fünf am 3., 10., 17. und 24. september sowie 1. oktober 2012 durch dr. c. durchgeführte injektionen mit dem den wirkstoff hyaluronsäure enthaltenden medizinprodukt „hya-ject“, welche durch rechnungen der b1. vom 2. oktober und 2. november 2012 mit jeweils 15,18 eur, zusammen also mit 75,90 eur, berechnet worden waren. 5durch beihilfebescheid vom 5. dezember 2012 gewährte die oberbürgermeisterin der stadt n. – ohne dabei ausdrücklich erkennbar werden zu lassen, in vertretung der beklagten zu handeln – dem kläger auf dessen antrag vom 26. november 2012 eine beihilfe in höhe von 950,78 eur für sonstige mit dem antrag geltend gemachte aufwendungen, lehnte jedoch sinngemäß die gewährung einer beihilfe für die differenz zwischen dem 1,8fachen und dem 2,5fachen steigerungssatz hinsichtlich der ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur goä und für die fünf injektionen mit „hya-ject“ ab; insgesamt ergab sich gemäß dem dem beihilfebescheid beigefügten berechnungsbogen eine differenz zwischen mit dem beihilfeantrag geltend gemachten aufwendungen und den als beihilfefähig anerkannten aufwendungen von 173,83 eur. zur begründung für die teilweise beihilfeablehnung führte die oberbürgermeisterin zum einen aus: „bei leistungen die mittels medizinischer großgeräte erbracht werden (z.b. computertomographie nr. 5369 – 5380 goä), ist zu beachten, dass die gebühr einen hohen sachkostenanteil enthält und ein steigerungssatz sich auch auf diesen anteil erstreckt. aus diesem grunde kann die persönliche leistung des arztes auch bei überdurchschnittlichen schwierigkeiten und überdurchschnittlichem zeitaufwand bei der auswertung der untersuchung im allgemeinen innerhalb der regelspanne angemessen ausgeglichen werden, so dass ein überschreiten dieser spanne regelmäßig nicht gerechtfertigt ist. ich stelle anheim, sich mit dem behandelnden arzt in verbindung zu setzen.“ zum anderen führte die oberbürgermeisterin aus: „aufwendungen für hyaluronsäurehaltige medizinprodukte sind nicht beihilfefähig.“ 6gegen diesen bescheid, soweit hierdurch sein beihilfeantrag abgelehnt wurde, erhob der kläger unter dem 27. dezember 2012 widerspruch. der kläger trat der zur ablehnung angeführten begründung der oberbürgermeisterin der stadt n. entgegen, berief sich hinsichtlich der injektionen mit „hya-ject“ außerdem auf die möglichkeit für seinen dienstvorgesetzten gemäß §§ 4 abs. 1 nr. 7 s. 1, 16 abs. 1 s. 2 beihilfeverordnung für das land nordrhein-westfalen (bvo nrw) in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung, in medizinisch begründeten einzelfällen ausnahmen von einem möglichen beihilfeausschluss zuzulassen, und legte der oberbürgermeisterin zusätzliche erläuterungen der b1. und des dr. c. zu den streitigen abrechnungen vor. 7die b1. führte unter dem 5. februar 2013 – an den kläger gerichtet – zur erläuterung der erfolgten sog. schwellenwertüberschreitung im rahmen der abgerechneten magnetresonanztomographie aus: „bei ihnen ergab sich ein außergewöhnlicher mehraufwand durch rekonstruktion der kniefunktionsebenen in allen drei räumlichen richtungen. dabei galt es insbesondere, das zusammenspiel des femuro-patellaren sowie des femuro-tibialen gleitlagers zu berücksichtigen, um diskongruenzen zu erkennen, respektive mehrbelastungsbereiche zu identifizieren. das mehrfache anfertigen neuer schnittbilder in bezug auf beide gelenke bedurfte eines deutlich erhöhten zeitaufwandes.“ 8dr. c. selbst führte in seinem an den kläger gerichteten undatierten schreiben mit der überschrift „antwort auf das schreiben vom 22.01.13“ aus:„1. steigerungsfaktor kernspintomographische untersuchung vom 15.08.12wegen erheblicher arthrose in verbindung mit einem kniegelenkserguss war es notwendig sowohl das hauptkniegelenk (oberschenkel und unterschenkel, das femurotibialgelenk) aber auch das gelenk zwischen oberschenkel und kniescheibe (femuropatellargelenk) separat zu beurteilen. darüber hinaus war es notwendig beide gelenke in ihrem zusammenspiel zu betrachten, insbesondere mit der fragestellung bei welcher gelenkposition ein knorpelschaden unter druckbelastung gerät. deswegen war ein außergewöhnlicher mehraufwand zur beurteilung dieser gelenkflächen in ihrem dreidimensionalen zusammenspiel individuell notwendig. die begründung wurde bereits mit der rechnung detailliert dargestellt. (…)2. frage hinsichtlich der hyaluronsäureverwendet wurde das präparat hyaject. der inhalt dieses präparats ist hyaluronsäure. das präparat wird als medizinprodukt vertrieben, ist aber verschreibungspflichtig. die auswahl dieses präparats erfolgte nach wirtschaftlichen gesichtspunkten, da ein medizinprodukt wesentlich geringerer zulassungskosten bedarf, ist es auch deutlich günstiger als ein arzneimittel. so kostet derselbe wirkstoff mit einem anderen handelsnamen etwa 250 euro/5 injektionen, das medizinprodukt, das ich verwendet habe kostet 75,90 euro/5 injektionen. aus orthopädisch medizinischen gesichtspunkten besteht in der verwendung und wirksamkeit kein unterschied. seit jahren verwenden wir aus kostengründen, insbesondere im kassenbereich das medizinprodukt und haben gemessen an den statistischen und wissenschaftlichen veröffentlichungen keinen unterschied in ihrer wirksamkeit. medizinisch war die injektion von hyaluronsäure unter berücksichtigung des kernspintomographisch erhobenen befundes notwendig und diente dazu eine wesentlich teurere operation (in diesem falle kniespiegelung mit knorpelbehandlung) zu ersparen.“ 9im zuge des weiteren widerspruchsverfahrens holte die oberbürgermeisterin der stadt n. eine stellungnahme des amtsärztlichen dienstes der beklagten zur frage der berechtigung der sog. schwellenwertüberschreitung im rahmen der abgerechneten magnetresonanztomographie ein. der amtsärztliche dienst führte unter dem 15. april 2013 aus: „nach prüfung der eingereichten rechnung vom 03.09.2012 muss aus amtsärztlicher sicht und nach rücksprache mit der ärztekammer festgestellt werden, dass die berechnung der ziffer 5729 mit dem faktor 2,5 aufgrund des vorliegenden krankheitsbildes und der begründung nicht zur übernahme empfohlen werden kann.“ 10daraufhin wies die oberbürgermeisterin der stadt n. durch widerspruchsbescheid vom 3. mai 2013 – wiederum ohne dabei ausdrücklich erkennbar werden zu lassen, in vertretung der beklagten zu handeln – sinngemäß den widerspruch des klägers zurück. hinsichtlich der sog. schwellenwertüberschreitung im rahmen der abgerechneten magnetresonanztomographie berief sie sich auf die stellungnahme des amtsärztlichen dienstes der beklagten. hinsichtlich „hya-ject“ führte sie zur begründung an, nach der insofern maßgeblichen vorschrift des § 4 abs. 1 nr. 7 s. 1 bvo nrw seien nur arzneimittelrechtlich zugelassene arzneimittel, um welche es sich bei medizinprodukten und damit auch bei „hya-ject“ nicht handele, beihilfefähig. 11am 24. mai 2013 hat der kläger klage erhoben. 12nachdem er die klage zunächst gegen die stadt n. gerichtet hatte, hat er im laufe des klageverfahrens eine auswechselung der beklagten dahingehend vorgenommen, die klage nunmehr (ausschließlich) gegen die beklagte zu richten. sowohl die stadt n. als auch die beklagte haben diesem beklagtenwechsel ausdrücklich zugestimmt. 13der kläger vertritt die ansicht, die von dr. c. vorgenommene berechnung der durchgeführten magnetresonanztomographie mit dem steigerungsfaktor 2,5 entspreche einer vertretbaren auslegung des ärztlichen gebührenrechts, sei insbesondere ausreichend begründet und sei deshalb auch beihilfefähig. die stellungnahme des amtsärztlichen dienstes der beklagten entkräfte die ärztliche begründung für die schwellenwertüberschreitung nicht, weil sie sich überhaupt nicht mit dieser auseinandersetze, sondern sich in allgemeinen ausführungen erschöpfe. hinsichtlich der beihilfefähigkeit von „hya-ject“ ist der kläger der auffassung, § 4 abs. 1 nr. 7 s. 1 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung stehe der beihilfefähigkeit von medizinprodukten nicht entgegen, weil diese vorschrift die beihilfefähigkeit von arzneimitteln zwar in der tat auf solche mit arzneimittelrechtlicher zulassung beschränke, die vorschrift aber darüber hinaus auch die beihilfefähigkeit von verbandmitteln und „dergleichen“ statuiere. „dergleichen“ sei im sinne von zugelassenen arzneimitteln und verbandsmitteln ähnlichen präparaten zu verstehen und erfasse damit auch medizinprodukte. selbst wenn ungeachtet dessen eine beihilferechtliche ausschlussvorschrift betreffend medizinprodukte eingreifen sollte, habe er zumindest einen anspruch auf ermessensfehlerfreie entscheidung über seinen antrag auf ausnahmsweise gewährung einer beihilfe in seinem einzelfall gemäß § 4 abs. 1 nr. 7 s. 4 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung 14der kläger beantragt, 15die beklagte zu verpflichten, 161.17ihm zu den kosten der rechnung vom 3. september 2012 eine über die durch beihilfebescheid der oberbürgermeisterin der stadt n. vom 5. dezember 2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 3. mai 2013 bereits gewährte beihilfe hinausgehende beihilfe in höhe von 48,97 euro zu gewähren, 2.18ihm zu den kosten der rechnung vom 2. oktober und 2. november 2012 eine über die durch die unter nr. 1 genannten bescheide bereits gewährte beihilfe hinausgehende beihilfe in höhe von insgesamt 37,95 euro zu gewähren,hilfsweise, die beklagte zu verpflichten, ihn unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts insoweit erneut zu bescheiden. 19die beklagte beantragt mit de bereits von der oberbürgermeisterin der stadt n. im widerspruchsbescheid gegebenen begründung, 20die klage abzuweisen. 21unter dem 15. april 2014 hat das gericht dem kläger aufgegeben, dr. c. zu einer (ganz kurzen) ergänzenden stellungnahme, welchen zeitlichen umfang die mrt-untersuchung des kniegelenks des klägers am 15. august 2012 hatte, und welchen zeitlichen umfang demgegenüber mrt-untersuchungen von kniegelenken durchschnittlich haben, zu veranlassen. 22dr. c. antwortete unter dem 23. april 2014 schriftlich: „nach vorlage des schreibens vom 14.04.14 stelle ich fest, dass aus heutiger sicht die dauer der untersuchung vom 15.08.12 nicht zu rekonstruieren ist. die dauer einer mrt-untersuchung wird nicht dokumentiert, darüber hinaus muss festgestellt werden, dass bereits vor durchführung der ersten schicht eine aufwendige lagerung des patienten erfolgt, die 10 minuten dauern kann. nach durchführung der einzelnen schichten erfolgt die durchsicht der kernspintomographischen sequenzen, oft in anwesenheit der patienten, mit diskussion der befunde, ggf. der neurekonstruktion der schichten am computer. durchschnittliche behandlungszeiten sind schwer festzulegen, da die untersuchung eines kniegelenks bei jedem patienten nach anderen kriterien erfolgt und individuell durchgeführt und abgerechnet wird. knie ist mit dem nächsten knie nicht vergleichbar, so dass eine durchschnittliche angabe zur untersuchungszeit nicht sinnvoll erscheint.“ 23wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs der oberbürgermeisterin der stadt n. verwiesen. 24 | 25a. die klage hat keinen erfolg 26i. sie ist zwar zulässig. 27dies gilt insbesondere für die erfolgte auswechselung der beklagten, welche wie eine klageänderung nach § 91 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zu behandeln ist, 28vgl. bverwg, beschluss vom 20. januar 1993 – 7 b 158/92 -, dvbl 1993, 562 f. = juris (rn. 5), 29und zu deren zulässigkeit gemäß § 91 abs. 1 vwgo führend – neben der ohnehin zu bejahenden sachdienlichkeit – eine ausdrückliche einwilligung sowohl der stadt n. als vormaliger beklagter als auch der stadt p. als neuer beklagter erfolgt ist. 30die gemäß § 42 abs. 1 fallvariante 2 vwgo als verpflichtungsklage statthafte klage ist gemäß § 75 s. 1 vwgo als sog. untätigkeitsklage zulässig, weil die beklagte über den beihilfeantrag des klägers ohne zureichenden grund in angemessener frist sachlich nicht entschieden hat. zwar hatte die oberbürgermeisterin der stadt n. den beihilfebescheid vom 5. dezember 2012 und den widerspruchsbescheid vom 3. mai 2013 erlassen und sie war aufgrund der öffentlich-rechtlichen vereinbarung vom 17. juli 2012 als behörde auch befugt und zuständig, in vertretung der beklagten gegenüber deren beihilfeberechtigten beihilfe- und hierauf bezogene widerspruchsbescheide zu erlassen. handelt ein bürgermeister außerhalb der gemäß § 63 abs. 1 s. 1 gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen (go nrw) für seine gemeinde bestehenden gesetzlichen vertretungsmacht für einen anderen rechtsträger, muss er dies jedoch klar und deutlich zum ausdruck bringen; andernfalls ist vom „normalfall“ des § 63 abs. 1 s. 1 go nrw auszugehen. deshalb können beihilfebescheid vom 5. dezember 2012 und widerspruchsbescheid vom 3. mai 2013 nicht der stadt p. als körperschaft zugerechnet werden, denn in beiden hatte die oberbürgermeisterin der stadt n. eine vertretung der stadt p. nicht eindeutig zum ausdruck gebracht, so dass die bescheide – dem „normalfall“ des § 63 abs. 1 s. 1 go nrw entsprechend – der stadt n. als körperschaft zuzurechnen sind. 31soweit durch den beklagtenwechsel wegen des entfallens eines prozessrechtsverhältnisses zwischen kläger und stadt n. 32- vgl. zur auswirkung eines beklagtenwechsels auf das prozessrechtsverhältnis bverwg a.a.o. (juris rn. 7) - 33der beihilfebescheid der oberbürgermeisterin der stadt n. vom 5. dezember 2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 3. mai 2013 auch hinsichtlich des die gewährung einer beihilfe ablehnenden bescheidteils bestandskräftig geworden ist, führt dies nicht zu einer unzulässigkeit der klage. durch den beihilfebescheid in gestalt des widerspruchsbescheides steht nämlich bestandskräftig – auch im sinne einer tatbestandswirkung – wegen der soeben dargelegten zurechenbarkeit der bescheide allein fest, dass der kläger gegenüber der stadt n. keinen über die erfolgte beihilfegewährung hinausgehenden beihilfeanspruch hat. mangels zurechenbarkeit der bescheide gegenüber der beklagten liegt eine bestandskräftige entscheidung über einen möglichen beihilfeanspruch des klägers gegenüber der beklagten hingegen gerade noch nicht vor. 34gemäß § 1 abs. 1 der öffentlich-rechtlichen vereinbarung zwischen der beklagten und der stadt n. vom 17. juli 2012 wird die beklagte vor dem verwaltungsgericht (wirksam) vertreten durch die oberbürgermeisterin der stadt n. . 35ii. die klage ist jedoch unbegründet. 36der kläger hat keinen anspruch auf bewilligung der beantragten beihilfe. 37maßgeblich für die beurteilung der beihilfefähigkeit der vom kläger geltend gemachten aufwendungen ist die bvo nrw in der fassung desjenigen zeitpunkts bzw. zeitraums, in dem die jeweiligen aufwendungen entstanden sind, 38vgl. ovg nrw, urteil vom 21. februar 2011 – 1 a 308/09 -, www.nrwe.de = juris (rn. 32). 391. der kläger hat hinsichtlich der mit dem klageantrag zu 1. geltend gemachten kosten für die in der rechnung der b1. vom 3. september 2012 nach der ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur goä mit dem 2,5fachen steigerungssatz und damit mit insgesamt 349,73 eur berechnete magnetresonanztomographie, welche am 15. august 2012 durchgeführt worden war keinen beihilfeanspruch, denn insoweit sind dem kläger keine aufwendungen entstanden. das entstehen von aufwendungen ist jedoch gemäß § 3 abs. 1 bvo nrw in der seit dem 1. april 2009 geltenden fassung voraussetzung für eine beihilfefähigkeit. 40im sinne des beihilferechts ist eine aufwendung (noch) nicht entstanden, wenn eine arzt- oder zahnarztforderung zivilrechtlich (noch) nicht fällig ist. 41vgl. bverwg, urteil vom 20. märz 2008 - 2 c 19/06 -, zbr 2009, 39 ff. = juris (rn. 20). 42die mit rechnung vom 3. september 2012 geltend gemachte ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur goä ist zivilrechtlich (noch) nicht fällig geworden, wie sich aus § 12 goä ergibt. 43für die beurteilung der frage, ob eine arzt- oder zahnarztforderung zivilrechtlich fällig geworden ist, gelten im verwaltungsgerichtlichen verfahren die von der rechtsprechung für die beurteilung der beihilferechtlichen angemessenheit einer gebührenforderung entwickelten grundsätze. 44vgl. bverwg, urteil vom 20. märz 2008, a.a.o. (juris rn. 20). 45ob der arzt seine forderung zu recht geltend gemacht hat, ist eine der beihilfegewährung vorgreifliche rechtsfrage, die nach der natur des rechtsverhältnisses zwischen arzt und patient dem zivilrecht zuzuordnen ist. den streit über die berechtigung einer ärztlichen liquidation entscheiden letztverbindlich die zivilgerichte. deren beurteilung präjudiziert die angemessenheit der aufwendungen für ärztliche leistungen im beihilferechtlichen sinne. ist eine entscheidung im ordentlichen rechtsweg nicht ergangen, haben der dienstherr und im streitfall auch das verwaltungsgericht zu prüfen, ob die vom arzt geltend gemachten ansprüche nach materiellem recht begründet sind. im rahmen einer solchen prüfung sind aufwendungen für ärztliche oder zahnärztliche leistungen, deren berechnung auf einer zweifelhaften auslegung der einschlägigen gebührenordnung beruht, beihilferechtlich schon dann als angemessen anzusehen, wenn der vom arzt in rechnung gestellte betrag bei objektiver betrachtung einer zumindest vertretbaren auslegung der gebührenordnung entspricht und der beihilfepflichtige dienstherr nicht rechtzeitig für klarheit über seine auslegung gesorgt hat. 46vgl. bverwg, urteile vom 20. märz 2008, a.a.o. (juris rn. 18), und vom 16. dezember 2009 - 2 c 79/08 – nvwz-rr 2010, 365 f. = juris (rn. 14), jeweils m.w.n. 47rechtlicher ausgangspunkt für die beantwortung der zivilrechtlichen frage, wann die vergütung eines arztes fällig wird, ist § 12 goä. gemäß § 12 abs. 1 goä wird die vergütung eines arztes fällig, wenn dem zahlungspflichtigen eine dieser verordnung entsprechende rechnung erteilt worden ist. gemäß § 12 abs. 2 nr. 2 goä muss die rechnung bei gebühren die nummer und die bezeichnung der einzelnen berechneten leistung einschließlich einer in der leistungsbeschreibung gegebenenfalls genannten mindestdauer sowie den jeweiligen betrag und den steigerungssatz enthalten. überschreitet eine berechnete gebühr dabei das 2,3fache des gebührensatzes, ist dies nach § 12 abs. 3 satz 1 goä auf die einzelne leistung bezogen für den zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen; das gleiche gilt bei den in § 5 abs. 3 genannten leistungen, wenn das 1,8fache des gebührensatzes überschritten wird, sowie bei den in § 5 abs. 4 genannten leistungen, wenn das 1,15fache des gebührensatzes überschritten wird; nach satz 2 der vorschrift ist die begründung auf verlangen näher zu erläutern. 48bei der ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur goä handelt es sich um eine von § 5 abs. 3 goä erfasste, nämlich eine im abschnitt o des gebührenverzeichnisses genannte leistung. da für diese leistung in der rechnung vom 3. september 2012 das 2,5fache des gebührensatzes berechnet wurde und damit das 1,8fache des gebührensatzes überschritten wurde, bedurfte es gemäß § 12 abs. 3 s. 1 goä in der rechnung einer verständlichen und nachvollziehbaren schriftlichen begründung dieser sog. schwellenwertüberschreitung, damit die rechnung der verordnung entspricht und damit gemäß § 12 abs. 1 goä die fälligkeit der gebührenforderung auslöst. 49eine verständliche und nachvollziehbare schriftliche begründung in diesem sinne enthält weder die rechnung vom 3. september 2012 selbst noch das erläuterungsschreiben der b1. vom 5. februar 2013 noch das undatierte erläuterungsschreiben des dr. c. mit der überschrift „antwort auf das schreiben vom 22.01.13“ noch das antwortschreiben des dr. c. vom 23. april 2014. 50da es zweck der komplexen regelung über den notwendigen inhalt einer rechnung ist, dem zahlungspflichtigen, von dem weder medizinische noch gebührenrechtliche kenntnisse erwartet werden können, eine grundlage für eine überprüfung der in rechnung gestellten leistungen zu geben, 51so bgh, urteil vom 21. dezember 2006 – iii zr 117/06 -, bghz 170, 252 ff. = juris (rn. 13), vgl. auch bgh, urteil vom 8. november 2007 – iii zr 54/07 -, bghz 174, 101 ff. = juris (rn. 20), 52muss die von § 12 abs. 3 goä geforderte verständlichkeit und nachvollziehbarkeit der begründung aus der sicht eines medizinischen und gebührenrechtlichen laien gegeben sein. 53welchen inhaltlichen bezugspunkt die begründung dabei haben muss, ergibt sich aus § 5 goä. nach dessen abs. 1 s. 1 bemisst sich die höhe der einzelnen gebühr, soweit in den absätzen 3 bis 5 nichts anderes bestimmt ist, nach dem einfachen bis dreieinhalbfachen des gebührensatzes; abweichend hiervon bestimmt u.a. abs. 3 s. 1, dass – hier streitgegenständliche – gebühren für die in den abschnitten a, e und o des gebührenverzeichnisses genannten leistungen sich nach dem einfachen bis zweieinhalbfachen des gebührensatzes bemessen. die bemessungskriterien benennt dabei abs. 2 s. 1 der vorschrift. hiernach sind innerhalb des gebührenrahmens die gebühren unter berücksichtigung der schwierigkeit und des zeitaufwandes der einzelnen leistung sowie der umstände bei der ausführung nach billigem ermessen zu bestimmen. nach § 5 abs. 2 s. 4 i.v.m. abs. 3 s. 2 goä darf für die in den abschnitten a, e und o des gebührenverzeichnisses genannten leistungen dabei eine gebühr in der regel nur zwischen dem einfachen und dem 1,8fachen des gebührensatzes bemessen werden; ein überschreiten des 1,8fachen des gebührensatzes ist nur zulässig, wenn besonderheiten der in § 5 abs. 2 s. 1 goä genannten bemessungskriterien dies rechtfertigen. 54zieht man die rechtsprechung des bgh in die betrachtung mit ein, nach der ein fehlgebrauch des einem arzt bei der bestimmung des für die abrechnung maßgeblichen steigerungssatzes obliegenden ermessens nicht anzunehmen ist, wenn leistungen, die sich in einem bereich durchschnittlicher schwierigkeit befinden, zum schwellenwert abgerechnet werden, 55vgl. bgh, urteil vom 8. november 2007 – iii zr 54/07 -, bghz 174, 101 ff. = juris (rn. 18), 56ergibt sich im umkehrschluss aus dieser rechtsprechung, dass als mindestanforderung für die rechtmäßigkeit der abrechnung ärztlicher leistungen oberhalb des schwellenwertes anzunehmen ist, dass hinsichtlich der der in § 5 abs. 2 s. 1 goä genannten bemessungskriterien ein überdurchschnittlicher aufwand vorlag. 57vgl. zu der frage, ob nicht über diese mindestanforderung hinausgehende anforderungen an die rechtmäßigkeit der abrechnung ärztlicher leistungen oberhalb des schwellenwertes zu stellen sind, die vom bgh im urteil vom 8. november 2007, a.a.o. (juris rn. 10 ff.), gemachten andeutungen. 58aus dieser rechtsprechung des bgh ist der weitere schluss zu ziehen, dass sich jedenfalls die erfüllung der mindestanforderung für die rechtmäßigkeit der abrechnung von leistungen oberhalb des sog. schwellenwerts aus der gemäß § 12 abs. 3 s. 1 goä erforderlichen begründung ablesen lassen muss, dass sich also hieraus für einen medizinischen laien verständlich und nachvollziehbar ergeben muss, dass der erbrachten leistung eine überdurchschnittliche schwierigkeit und/oder ein überdurchschnittlicher zeitaufwand zugrunde lag, wobei beides – schwierigkeit und zeitaufwand – häufig in einer wechselbeziehung steht, 59vgl. bgh, urteil vom 8. november 2007, a.a.o. (juris rn. 12). 60wird eine schwellenwertüberschreitung mit einem überdurchschnittlichen zeitaufwand begründet, ist dies für einen medizinischen laien aber nur dann nachvollziehbar, wenn der zeitaufwand der erbrachten leistung in verhältnis gesetzt wird zum durchschnittlichen zeitaufwand vergleichbarer leistungen. diesen minimalen begründungsaufwand muss die rechnungsbegründung leisten, um die fälligkeit einer mit einem oberhalb des sog. schwellenwertes abgerechneten leistung zu begründen. 61in übereinstimmung mit diesem auf der rechtsprechung des bgh fußenden ansatz verlangt das ovg nrw in seiner rechtsprechung, dass die begründung hinsichtlich des überschreitens des schwellenwertes den zeitaufwand und den schwierigkeitsgrad plausibel erläutern muss und dass der höchstsatz innerhalb des gebührenrahmens nur in den fällen gilt, die in der ärztlichen praxis außergewöhnliche anforderungen stellen. das ovg nrw geht konsequent weiter davon aus, dass sich diese fälle nur daraus ergeben können, dass die verhältnisse des konkret zu beurteilenden falles mit den verhältnissen der vom gebührentatbestand erfassten (normalen) fälle verglichen werden (können). deshalb fordert das ovg nrw eine darlegung des behandelnden arztes oder zahnarztes, welchen zeitlichen rahmen (vom einfachen fall bis hin zu den schwierigsten fällen) der vorgenommene eingriff in der ärztlichen praxis in anspruch nimmt und inwieweit sich der fall des konkreten patienten unter berücksichtigung der schwierigkeit sowie der umstände bei der ausführung von einem normalen fall unterscheidet, ferner eine darstellung, wie sich der konkrete fall im vergleich mit anderen fällen verhält und wieso er sich deutlich vom durchschnitt unterscheidet und abhebt. 62vgl. ovg nrw, urteil vom 9. dezember 1993 ‑ 6 a 511/92 ‑, nicht veröffentlicht; vgl. zu den anforderungen an eine den anforderungen des § 12 abs. 3 goä genügende begründung auch ovg nrw, urteile vom 3. dezember 1999 ‑ 12 a 2889/99 ‑, juris (rn. 37 ff.) und vom 7. dezember 2001 ‑ 6 a 2017/99 ‑, nicht veröffentlicht, sowie beschlüsse vom 8. oktober 2001 ‑ 6 a 1265/01 ‑ und vom 23. märz 2009 ‑ 3 a 407/07 ‑, nicht veröffentlicht. 63soweit in der rechtsprechung zugleich davon ausgegangen wird, dass an die begründung einer schwellenwertüberschreitung keine ins einzelne gehenden anforderungen zu stellen sind, um von einer formell ausreichenden begründung im rahmen des § 12 abs. 3 s. 1 goä ausgehen zu können, 64so ovg nrw, urteil vom 3. dezember 1999, a.a.o. (juris rn. 37) und beschluss vom 20. oktober 2004 - 6 a 215/02 –, juris (rn. 12), 65steht dies nicht in widerspruch zum vorgenannten ansatz. entscheidender maßstab ist – wie ausgeführt – die verständlichkeit und nachvollziehbarkeit der begründung für einen medizinischen laien und im rahmen dessen die eignung der begründung, das vorliegen solcher umstände nachvollziehbar zu machen, welche nach dem materiellen gebührenrecht eine überschreitung des schwellenwertes und ggf. insbesondere den ansatz des höchstwertes rechtfertigen können, 66vgl. ovg nrw, urteil vom 3. dezember 1999, a.a.o. (juris rn. 39) und beschluss vom 20. oktober 2004 - 6 a 215/02 –, a.a.o. 67wobei es in der natur der sache liegt, dass die anforderungen an die liquidation einer bestimmten gebührenposition unterschiedlich sein können, 68vgl. bgh, urteil vom 21. dezember 2006, a.a.o. (juris rn. 13), 69es also durchaus auch vom einzelfall abhängen kann, ob der begründungsaufwand hoch oder niedrig ist. jedenfalls ist es durchaus möglich, dass der spagat zwischen einer begründung, an die zum einen keine übersteigerten anforderungen gestellt werden, die aber zum anderen für einen medizinischen laien verständlich und zugleich geeignet ist, eine schwellenwertüberschreitung zu rechtfertigen, gelingt, indem bei einer zeitaufwandsbezogenen begründung zumindest stichwortartig der zeitliche rahmen und der durchschnittliche zeitaufwand der erbrachten leistung in der berufspraxis des behandelnden arztes einerseits und der konkrete zeitaufwand der erbrachten leistung im einzelfall andererseits dargelegt werden, etwa nach folgendem beispielhaften muster: „zeitlicher rahmen für die erbrachte leistung 30 min bis 120 min, durchschnittlicher zeitaufwand 50 min, konkreter zeitaufwand 90 min.“ 70in anwendung dieser grundsätze ist die in der rechnung vom 3. september 2012 für die schwellenwertüberschreitung bzw. für den ansatz des höchstsatzes innerhalb des gebührenrahmens hinsichtlich der ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur goä gegebene begründung deshalb nicht verständlich und nachvollziehbar im sinne von § 12 abs. 3 s. 1 goä, weil sie sich zwar auf das in § 5 abs. 2 s. 1 goä enthaltene bemessungskriterium des zeitaufwandes bezieht („außergewöhnlicher mehraufwand“, „erhöhter zeitaufwand“), jedoch nicht einmal einen ansatzweisen anhaltspunkt dafür enthält, wie die im konkreten fall erbrachte leistung in zeitlicher hinsicht im vergleich mit anderen vom behandelnden arzt durchgeführten magnetresonanztomographien eines oder mehrerer gelenke oder abschnitte von extremitäten zeitlich einzuordnen ist. sie ist deshalb nicht geeignet, zu begründen, dass hinsichtlich der im falle des klägers erbrachten leistung ein überdurchschnittlicher zeitaufwand vorlag. dies gilt umso mehr, als dass in der begründung noch nicht einmal der bezugspunkt für den benannten „außergewöhnlichen mehraufwand“ und „erhöhten zeitaufwand“ benannt wird. bezugspunkt einer zeitlichen vergleichsbetrachtung kann nämlich theoretisch sowohl der geringstdenkbare zeitaufwand für eine sehr einfach gelagerte behandlung sein, als auch der zeitliche mittelwert zwischen einfachst und schwierigst gelagertem fall als auch der durchschnittliche zeitaufwand, welcher nicht mit dem zeitlichen mittelwert identisch sein muss, aber für die rechtmäßigkeit einer schwellenwertüberschreitung maßgeblich ist. nur eine begründung, die die im konkreten fall erbrachte leistung als gegenüber dem durchschnittlichen zeitaufwand vergleichbarer leistungen zeitaufwendiger kennzeichnet, ist jedoch geeignet, verständlich und nachvollziehbar in bezug auf den zeitaufwand als bemessungsfaktor eine schwellenwertüberschreitung zu rechtfertigen. 71die vorstehenden ausführungen gelten sinngemäß zugleich für das erläuterungsschreiben der b1. vom 5. februar 2013 und das undatierte erläuterungsschreiben des dr. c. mit der überschrift „antwort auf das schreiben vom 22.01.13“. beide schreiben beschränken sich in bezug auf den bemessungsfaktor zeitaufwand ebenso wie bereits die rechnung vom 3. september 2012 auf die vokabeln „außergewöhnlicher mehraufwand“ und „deutlich erhöhter zeitaufwand“, ohne zumindest – als ersten schritt im sinne einer notwendigen, aber nicht hinreichenden bedingung für eine nachvollziehbarkeit im sinne von § 12 abs. 3 s. 1 goä – den zeitlichen bezugspunkt dieser aussage zu benennen. 72im antwortschreiben vom 23. april 2013 hat dr. c. nicht einmal mehr einen versuch unternommen, einen zeitlichen bezug der im konkreten einzelfall des klägers erbrachten leistung zu vergleichbaren leistungen nach der der ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur goä herzustellen, sondern erachtet eine durchschnittliche angabe zur untersuchungszeit als „nicht sinnvoll“. kann und will dr. c. aber keine angaben zu behandlungsdauern von in seiner arztpraxis durchgeführten magnetresonanztomographien eines oder mehrerer gelenke oder abschnitte von extremitäten im einzelfall und im durchschnitt machen, ist er an einer abrechnung der ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur goä unter überschreitung des 1,8fachen gebührensatzes in anknüpfung an das bemessungskriterium des zeitaufwandes rechtlich gehindert, denn § 5 abs. 3 i.v.m. abs. 2 s. 4 i.v.m. s. 1 erlaubt ein überschreiten des 1,8fachen des gebührensatzes für eine in den abschnitten a, e und o des gebührenverzeichnisses genannte leistung nur, wenn besonderheiten beim zeitaufwand dazu führen, dass kein regelfall vorliegt, nach dem die gebühr nur zwischen dem einfachen und dem 1,8fachen des gebührensatzes bemessen werden darf. ist dem behandelnden arzt der zeitaufwand für die berechnete leistung aber gar nicht bekannt, stellt es sich ungeachtet der frage, ob der arzt diese leistung dann zumindest zum schwellenwert abrechnen darf, 73vgl. zu dieser frage bgh, urteil vom 8. november 2007, a.a.o. (juris rn. 18), 74jedenfalls als ermessensfehlgebrauch des arztes dar, diese leistung als vom zeitaufwand her mit besonderheiten behaftet zu bewerten. dass, wie dr. c. in seinem antwortschreiben vorbringt, eine durchschnittliche angabe zur untersuchungszeit nicht sinnvoll erscheine, trifft auf der grundlage des § 5 abs. 2 s. 1 goä, wo der zeitaufwand als einer der möglichen bemessungskriterien ausdrücklich benannt ist, ersichtlich nicht zu. es entspricht bereits dem grundansatz der goä, in deren gebührenverzeichnis unterschiedliche medizinische leistungen mit unterschiedlichen punktwerten belegt sind, aus welchen sich über § 5 abs. 1 s. 3 goä ein geldwert errechnen lässt, dass unterschiedlichen leistungen unterschiedliche spannen hinsichtlich schwierigkeit und zeitaufwand aufweisen – anderenfalls bedürfte es unterschiedlicher punkt- bzw. geldwerte nicht, sondern sämtliche medizinische leistungen könnten „über einen kamm geschert“ werden. diesen grundansatz verfeinert § 5 goä bezogen auf einzelne leistungen, indem bezüglich einer einzelnen leistungsposition nach dem gebührenverzeichnis vorausgesetzt wird, dass hinsichtlich zeitaufwand und schwierigkeit eine spannbreite besteht: gerade weil, wie dr. c. formuliert, „knie (…) mit dem nächsten knie nicht vergleichbar“ ist, besteht etwa hinsichtlich einer vielzahl nach der ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur goä berechneten magnetresonanztomographien verschiedener knie eine spannbreite hinsichtlich des zeitlichen aufwandes, der § 5 abs. 3 s. 1 i.v.m. abs. 2 s. 1 durch den für die abrechnung eröffneten gebührenrahmen gerecht werden will. die ermessensfehlerfreie ausnutzung des gebührenrahmens durch den arzt setzt dann aber auch voraus, dass der arzt die für die sachgerechte gebührenbemessung innerhalb des vorgegebenen rahmens gemäß § 5 abs. 2 s. 1 goä vorgegebenen bemessungskriterien, darunter den zeitaufwand, im rahmen seiner ermessensausübung heranzieht, 75vgl. bgh, urteil vom 8. november 2007, a.a.o. (juris rn. 11, a.e.). 76weil sich die frage, ob der kläger für die mit rechnung vom 3. september 2012 geltend gemachte ziffer 5729 gebührenverzeichnis zur goä einen beihilfeanspruch hat, im sinne einer reinen rechtsfrage durch auslegung der §§ 3 abs. 1 bvo nrw, 5, 12 goä beantworten lässt, ohne dass sich insoweit fachlich-medizinische beweisfragen stellten, bedurfte es keiner weiteren sachverhaltsaufklärung, insbesondere nicht – wie vom kläger angeregt – der einholung eines medizinischen sachverständigengutachtens. insbesondere bedarf auch die beantwortung der frage, ob eine begründung im sinne von § 12 abs. 3 s. 1 goä nachvollziehbar ist, keines medizinischen sachverstandes, sondern einer vom gericht selbst vorzunehmenden würdigung. lässt sich nämlich nicht bereits allein anhand der in einer rechnung gegebenen begründung, sondern nur unter hinzuziehung medizinischen sachverstandes klären, ob eine schwellenwertüberschreitung gebührenrechtlich gerechtfertigt ist, folgt daraus, dass die begründung für einen medizinischen laien gerade nicht verständlich und nachvollziehbar ist. 77eine weitere sachverhaltsaufklärung – etwa im wege der einholung eines sachverständigengutachtens – in vergleichbaren fällen im ergebnis ebenfalls, aber mit anderer begründung ablehnend ovg nrw, urteil vom 3. dezember 1999, a.a.o. (juris rn. 48). 782. der kläger hat auch hinsichtlich der mit dem klageantrag zu 2. geltend gemachten kosten für die fünf in den rechnungen der b1. vom 2. oktober und 2. november 2012 enthaltenen injektionen mit dem medizinprodukt „hya-ject“ weder einen direkten anspruch auf gewährung einer beihilfe noch einen – hilfsweise geltend gemachten – anspruch auf erneute bescheidung unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts insoweit. 79der anspruch auf gewährung einer beihilfe scheitert daran, dass es sich bei den kosten für das am 3., 10., 17. und 24. september sowie 1. oktober 2012 dem kläger injizierte medizinprodukt „hya-ject“ nicht um beihilfefähige aufwendungen im sinne von § 4 abs. 1 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung handelt. 80nach satz 1 der insoweit allein in betracht kommenden nr. 7 des § 4 abs. 1 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung umfassen die beihilfefähigen aufwendungen kosten für die von behandlern nach nr. 1 der vorschrift – darunter ärzte – bei ihren verrichtungen verbrauchten oder nach art und umfang schriftlich verordneten zugelassenen arzneimittel, verbandmittel und dergleichen. 81die genannten aufwendungen des klägers für das medizinprodukt „hya-ject“ medizinprodukt im zeitraum 1. april 2009 bis 31. dezember 2012 sind deshalb nicht beihilfefähig, weil es sich bei diesem präparat nicht um ein arzneimittelrechtlich zugelassenes arzneimittel handelt. 82ungeachtet der frage der überzeugungskraft der vom kläger vorgebrachten argumente dafür, dass ein medizinprodukt im sinne des § 3 medizinproduktegesetz (mpg), um ein welches es sich bei dem präparat „hya-ject“ handelt, unter den begriff „dergleichen“ subsumierbar und damit vom tatbestand des § 4 abs. 1 nr. 7 s. 1 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung erfasst sein könnte, folgt das gericht aus gründen der einheitlichkeit der rechtsprechung der auffassung des ovg nrw, nach der ein medizinprodukt im sinne von § 3 mpg mangels arzneimittelrechtlicher zulassung als arzneimittel nicht vom tatbestand des § 4 abs. 1 nr. 7 s. 1 bvo nrw in der zwischen dem 1. januar 2007 und dem 31. märz 2009 geltenden, mit gesetzeskraft ausgestatteten fassung, welche mit der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung des § 4 abs. 1 nr. 7 s. 1 bvo nrw wortgleich ist, erfasst ist, 83vgl. ovg nrw, urteil vom 21. februar 2011, a.a.o. (juris rn. 33 ff.). 84ist ein medizinprodukt im sinne von § 3 mpg aber nicht von § 4 abs. 1 nr. 7 s. 1 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung erfasst, folgt daraus zugleich, dass der kläger keinen – ausdrücklich hilfsweise geltend gemachten und ungeachtet dessen bereits als im hauptantrag zu 2. enthaltenes begehren anzusehenden – anspruch auf entscheidung der beklagten im wege des ermessens darüber, ob ihm gemäß § 4 abs. 1 nr. 7 s. 4 i.v.m. § 16 abs. 1 bvo nrw (ausnahmsweise) eine beihilfe zu gewähren ist, hat. 85nach § 4 abs. 1 nr. 7 s. 4 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung kann das finanzministerium abweichend von s. 1 der vorschrift in medizinisch begründeten einzelfällen sowie allgemein in der anlage 2 und ergänzend in den verwaltungsvorschriften zu dieser verordnung bestimmen, zu welchen arzneimitteln (verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen), die bei der behandlung schwerwiegender erkrankungen als therapiestandard gelten oder die sich in der klinischen erprobung befinden, beihilfen gewährt werden können. gemäß § 16 abs. 1 s. 2 i.v.m. s. 1 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung tritt dabei bei beihilfeberechtigten der gemeinden und gemeindeverbände der dienstvorgesetzte an die stelle des finanzministeriums. 86ausnahmeregelungen auf der grundlage des § 4 abs. 1 nr. 7 s. 4 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung setzen nämlich voraus, dass es sich um zugelassene arzneimitteln im sinne des § 4 abs. 1 nr. 7 satz 1 bvo nrw 2007 handelt. denn die durch § 4 abs. 1 nr. 7 satz 4 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung ermöglichten rückausnahmen beziehen sich auf die in § 4 abs. 1 nr. 7 satz 2 bvo in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung vorgesehenen ausnahmen von den im grundsatz beihilfefähigen arzneimitteln im sinne des § 4 abs. 1 nr. 7 satz 1 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung, die aber an die arzneimittelrechtliche zulassung des arzneimittels anknüpfen und damit medizinprodukte generell von der beihilfefähigkeit ausnehmen. 87vgl. zu § 4 abs. 1 nr. 7 s. 4 bvo nrw in der zwischen dem 1. januar 2007 und dem 31. märz 2009 geltenden fassung, welche wiederum mit der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung des § 4 abs. 1 nr. 7 s. 4 bvo nrw im wesentlichen wortgleich ist, ovg nrw, urteil vom 21. februar 2011, a.a.o. (juris rn. 114); vgl. im übrigen zur rechtlichen unbedenklichkeit des sich aus der gesamtregelung des § 4 abs. 1 nr. 7 bvo nrw in der zwischen dem 1. januar 2007 und dem 31. märz 2009 geltenden fassung ergebenden beihilfeausschlusses für medizinprodukte – wiederum übertragbar auf § 4 abs. 1 nr. 7 bvo nrw in der zwischen dem 1. april 2009 und dem 31. dezember 2012 geltenden fassung – ebenfalls ovg nrw, urteil vom 21. februar 2011, a.a.o. (juris rn. 121 ff.). 88b. die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |
165,338 | 18 K 5630/14 | 2015-05-21T00:00:00 | Urteil | Tenor Das beklagte Land wird verpflichtet, die auf Grund des Bescheides des Polizeipräsidiums E. vom 22. Februar 2011 erfolgte Sicherstellung von 53.500,- Euro zu beenden. Das beklagte Land wird verurteilt, einen Teilbetrag des sichergestellten Bargeldes in Höhe von 21.194,56 Euro, hilfsweise eine gleich hohe Summe Bargeld in Euro, an den Kläger herauszugeben. Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Land. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.0000 in der Türkei geborene Kläger und zwei unbekannte Mittäter hatten am 14. Februar 2011 den nach einem Autounfall gelähmten Apotheker L. in dessen Haus überfallen und beraubt. Der Kläger war auf Grund eines mitgenommenen I-Phone geortet und als Mittäter überführt worden. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung waren unter anderem 53.500,- Euro Bargeld gefunden worden, die nach den zeitnahen Angaben des Geschädigten L. nicht aus dem Raub stammten. Mit Bescheid vom 22. Februar 2011 hatte das Polizeipräsidium E. das Bargeld auf der Grundlage von § 43 Nr. 2 PolG NW mit der Begründung sichergestellt, der Kläger habe das Eigentum an dem Geld nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der letzten Jahre vor dem Raub nicht legal erwerben können. Daher sei der noch unbekannte wirkliche Eigentümer des Bargeldes zu ermitteln, um es diesem zurückzugeben. Am 22. Februar 2011 war das Bargeld auf ein Behördenkonto eingezahlt worden. Die Klage des Klägers gegen den Bescheid vom 22. Februar 2011 wies das erkennende Gericht mit seit dem 22. Februar 2013 rechtskräftigem Urteil vom 19. Januar 2012 (18 K 1776/11) als unbegründet zurück. Der Kläger hat seinen Anspruch auf Herausgabe des Bargeldes in Höhe von 20.000,- EUR am 23. November 2011 an den Geschädigten L. zur Sicherung von Entschädigungsansprüchen (Schadensersatz und Schmerzensgeld) und in Höhe von 32.305,44 EUR am 26. August 2011 zur Sicherung eines Anspruchs auf Rückzahlung von Leistungen nach dem SGB II an das Jobcenter E. sicherungsabgetreten. 3Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 16. Juli 2013 beantragte der Kläger bei dem Polizeipräsidium E. die Beendigung der Sicherstellung und Herausgabe des Geldes. Das Polizeipräsidium E. lehnte mit Schreiben vom 30. Oktober 2013 ab. Das Herausgabeverlangen des Klägers sei rechtsmissbräuchlich, weil dieser sein Eigentum an dem Geld nicht nachweisen könne. 4Am 1. Dezember 2014 hat der Kläger Klage gegen das beklagte Land erhoben und einen auf Beendigung der Sicherstellung und Herausgabe des Bargeldes gerichteten Antrag angekündigt. Er trägt vor, die Sicherstellung sei zu beenden, nachdem es der Polizei über mehrere Jahre hinweg nicht gelungen sei, Personen ausfindig zu machen, denen Rechte an dem bei ihm sichergestellten Bargeld zustünden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts komme eine endgültige Entziehung des Eigentums an dem Bargeld auf der Grundlage des Polizeirechts nicht in Betracht. 5In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ein (von ihm jedenfalls durch Verwendung der mit überreichten Original-Abtretungsurkunde angenommenes) Rückabtretungsangebot des Herausgabeanspruchs durch den Geschädigten L. an ihn und die ihm vom Geschädigten überreichte Original- Abtretungsurkunde vorgelegt. 6Der Kläger beantragt, 71.8das beklagte Land zu verpflichten, die aufgrund des Bescheides des Polizeipräsidiums E. vom 22. Februar 2011 erfolgte Sicherstellung von 53.500,‑ Euro zu beenden und 2.9das beklagte Land zu verurteilen, einen Teilbetrag des sichergestellten Bargeldes in Höhe von 21.194,56 Euro, hilfsweise eine gleichhohe Summe in Euro, an ihn herauszugeben. 10Das beklagte Land verteidigt die Sicherstellung und beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen. Ferner wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte des erkennenden Gerichts mit dem Aktenzeichen 18 K 1776/11 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft E. mit den Aktenzeichen 183 Js 53/11 V und 183 Js 231/11 V. 13Entscheidungsgründe: 14Die Klage ist mit beiden Anträgen zulässig und begründet. 15Der Antrag zu 1 ist als Verpflichtungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Der Antrag zu 1 ist begründet. Der Kläger hat Anspruch darauf, dass das Polizeipräsidium E. die Sicherstellung von Bargeld in Höhe 53.500,- Euro bzw. eines Bankguthabens in entsprechender Höhe beendet, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. 16Mit der Sicherstellung war dem Kläger der Besitz an einer bestimmten Menge Bargeld temporär entzogen worden mit der zutreffenden Begründung, es sei zu prüfen, ob es vorrangig Berechtigte an dem Bargeld gebe. Für eine Sicherstellung nach § 43 Nr. 2 PolG NW genügte es, dass eine Ermittlung des Eigentümers der sichergestellten Sachen nicht auszuschließen war. In diesem Fall diente die Sicherstellung dem Schutz des noch unbekannten Eigentümers vor Verlust (oder Beschädigung) seines Eigentums. Aus diesen Erwägungen folgt zugleich, dass die nach § 43 Nr. 2 PolG NW begründete Sicherstellung zu beenden ist, wenn die Ermittlung eines (anderen) Eigentümers der sichergestellten Sachen nach den konkreten Umständen des Einzelfalles nicht mehr beachtlich wahrscheinlich zu erwarten ist. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung konnte das beklagte Land nicht auf konkrete Ermittlungsansätze verweisen, auf Grund derer in absehbarer Zeit mit der Ermittlung eines anderen Eigentümers zu rechnen ist. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Aus den beigezogenen Strafverfahren gegen den Kläger wegen Raub und wegen Erschleichens von Sozialleistungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Existenz von abweichenden Berechtigten an dem bei dem Kläger gefundenen Bargeld. Für diese ist das beklagte Land darlegungspflichtig. Deshalb ist die Ermittlung eines anderen Eigentümers gegenwärtig nicht mehr hinreichend beachtlich wahrscheinlich. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes ist es nicht Voraussetzung für eine Beendigung der Sicherstellung, dass der Kläger sein Eigentum an dem sichergestellten Bargeld beweist. Der Kläger war im Zeitpunkt der Sicherstellung Besitzer des Bargeldes. Nur dieser Besitz ist durch die Sicherstellung beseitigt worden. 17Auch der neben dem Antrag zu 1 nach § 113 Abs. 4 VwGO zulässige Leistungsantrag zu 2 hat Erfolg. Der Kläger hat aus § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG NW Anspruch darauf, dass ihm das beklagte Land Besitz an Bargeld im Nennwert von 21.194,56 Euro verschafft. Der Besitzverschaffungsanspruch richtet sich wegen der Einzahlung des vormals sichergestellten Geldes auf ein Bankkonto des beklagten Landes auf eine der Art nach gleichwertige Leistung, mithin auf Bargeld in der Währung Euro in entsprechender Höhe in möglichst gleicher Stückelung. Auf Grund der zu Ziffer 1 ausgesprochenen Verpflichtung zur Beendigung der Sicherstellung ist das beklagte Land zum Besitz des Bargeldes nicht mehr berechtigt. Das beklagte Land hat die sichergestellte Sache vielmehr gemäß § 46 Absatz 1 Satz 1 PolG NW an diejenige Person herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden ist. Dies ist der Kläger. Der Kläger kann den Herausgabeanspruch an ihn selbst betreffend einen Teilbetrag in Höhe von 21.194,56 Euro gerichtlich geltend machen, nachdem die Sicherungsabtretung zwischen ihm und dem Geschädigten L. betreffend eine Teilmenge des sichergestellten Bargeldes in Höhe von 20.000,- Euro aufgehoben worden ist. Betreffend eine Teilmenge in Höhe von 32.305,44 Euro kann der Kläger den Herausgabeanspruch gegenwärtig gerichtlich nicht durchsetzen. Dieser Teil des Herausgabeanspruchs ist an das Jobcenter E. sicherungsabgetreten. Insofern kommt eine Herausgabe an das Jobcenter in Betracht, wenn dieses dem Kläger eine Ermächtigung hierzu erteilt, oder eine Herausgabe an den Kläger selbst, wenn die zugrunde liegende Sicherungsabtretung aufgehoben wird. Bis zur Klärung, an wen dieser Teilbetrag des Bargeldes herauszugeben ist, ist es durch das beklagte Land treuhänderisch zu verwahren. 18Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Dass der Kläger die Herausgabe des an das Jobcenter abgetretenen Teilbetrages gerichtlich nicht weiterverfolgt, stellt mit Rücksicht auf den Erfolg des Antrages zu 1, der den wirtschaftlichen Schwerpunkt des Verfahrens darstellt, keine versteckte Klagerücknahme und damit auch kein Teilunterliegen dar. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt hinsichtlich des Antrages zu 1 aus § 167 Abs. 2 VwGO. Der Herausgabeanspruch kann, weil er die Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag zu 1 (Stufenklage gem. § 113 Abs. 4 VwGO) voraussetzt, ebenfalls nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, mithin nur die Kostenentscheidung, § 167 Abs. 1 VwGO, 709 ZPO. | das beklagte land wird verpflichtet, die auf grund des bescheides des polizeipräsidiums e. vom 22. februar 2011 erfolgte sicherstellung von 53.500,- euro zu beenden. das beklagte land wird verurteilt, einen teilbetrag des sichergestellten bargeldes in höhe von 21.194,56 euro, hilfsweise eine gleich hohe summe bargeld in euro, an den kläger herauszugeben. die kosten des verfahrens trägt das beklagte land. die kostenentscheidung ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der am 00.00.0000 in der türkei geborene kläger und zwei unbekannte mittäter hatten am 14. februar 2011 den nach einem autounfall gelähmten apotheker l. in dessen haus überfallen und beraubt. der kläger war auf grund eines mitgenommenen i-phone geortet und als mittäter überführt worden. bei einer durchsuchung seiner wohnung waren unter anderem 53.500,- euro bargeld gefunden worden, die nach den zeitnahen angaben des geschädigten l. nicht aus dem raub stammten. mit bescheid vom 22. februar 2011 hatte das polizeipräsidium e. das bargeld auf der grundlage von § 43 nr. 2 polg nw mit der begründung sichergestellt, der kläger habe das eigentum an dem geld nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen verhältnissen der letzten jahre vor dem raub nicht legal erwerben können. daher sei der noch unbekannte wirkliche eigentümer des bargeldes zu ermitteln, um es diesem zurückzugeben. am 22. februar 2011 war das bargeld auf ein behördenkonto eingezahlt worden. die klage des klägers gegen den bescheid vom 22. februar 2011 wies das erkennende gericht mit seit dem 22. februar 2013 rechtskräftigem urteil vom 19. januar 2012 (18 k 1776/11) als unbegründet zurück. der kläger hat seinen anspruch auf herausgabe des bargeldes in höhe von 20.000,- eur am 23. november 2011 an den geschädigten l. zur sicherung von entschädigungsansprüchen (schadensersatz und schmerzensgeld) und in höhe von 32.305,44 eur am 26. august 2011 zur sicherung eines anspruchs auf rückzahlung von leistungen nach dem sgb ii an das jobcenter e. sicherungsabgetreten. 3mit schreiben seines bevollmächtigten vom 16. juli 2013 beantragte der kläger bei dem polizeipräsidium e. die beendigung der sicherstellung und herausgabe des geldes. das polizeipräsidium e. lehnte mit schreiben vom 30. oktober 2013 ab. das herausgabeverlangen des klägers sei rechtsmissbräuchlich, weil dieser sein eigentum an dem geld nicht nachweisen könne. 4am 1. dezember 2014 hat der kläger klage gegen das beklagte land erhoben und einen auf beendigung der sicherstellung und herausgabe des bargeldes gerichteten antrag angekündigt. er trägt vor, die sicherstellung sei zu beenden, nachdem es der polizei über mehrere jahre hinweg nicht gelungen sei, personen ausfindig zu machen, denen rechte an dem bei ihm sichergestellten bargeld zustünden. nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts komme eine endgültige entziehung des eigentums an dem bargeld auf der grundlage des polizeirechts nicht in betracht. 5in der mündlichen verhandlung hat der kläger ein (von ihm jedenfalls durch verwendung der mit überreichten original-abtretungsurkunde angenommenes) rückabtretungsangebot des herausgabeanspruchs durch den geschädigten l. an ihn und die ihm vom geschädigten überreichte original- abtretungsurkunde vorgelegt. 6der kläger beantragt, 71.8das beklagte land zu verpflichten, die aufgrund des bescheides des polizeipräsidiums e. vom 22. februar 2011 erfolgte sicherstellung von 53.500,‑ euro zu beenden und 2.9das beklagte land zu verurteilen, einen teilbetrag des sichergestellten bargeldes in höhe von 21.194,56 euro, hilfsweise eine gleichhohe summe in euro, an ihn herauszugeben. 10das beklagte land verteidigt die sicherstellung und beantragt, 11die klage abzuweisen. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs der beklagten verwiesen. ferner wird verwiesen auf den inhalt der gerichtsakte des erkennenden gerichts mit dem aktenzeichen 18 k 1776/11 sowie auf den inhalt der beigezogenen ermittlungsakten der staatsanwaltschaft e. mit den aktenzeichen 183 js 53/11 v und 183 js 231/11 v. 13 | 14die klage ist mit beiden anträgen zulässig und begründet. 15der antrag zu 1 ist als verpflichtungsklage statthaft und auch sonst zulässig. der antrag zu 1 ist begründet. der kläger hat anspruch darauf, dass das polizeipräsidium e. die sicherstellung von bargeld in höhe 53.500,- euro bzw. eines bankguthabens in entsprechender höhe beendet, § 113 abs. 5 satz 1 vwgo. 16mit der sicherstellung war dem kläger der besitz an einer bestimmten menge bargeld temporär entzogen worden mit der zutreffenden begründung, es sei zu prüfen, ob es vorrangig berechtigte an dem bargeld gebe. für eine sicherstellung nach § 43 nr. 2 polg nw genügte es, dass eine ermittlung des eigentümers der sichergestellten sachen nicht auszuschließen war. in diesem fall diente die sicherstellung dem schutz des noch unbekannten eigentümers vor verlust (oder beschädigung) seines eigentums. aus diesen erwägungen folgt zugleich, dass die nach § 43 nr. 2 polg nw begründete sicherstellung zu beenden ist, wenn die ermittlung eines (anderen) eigentümers der sichergestellten sachen nach den konkreten umständen des einzelfalles nicht mehr beachtlich wahrscheinlich zu erwarten ist. im zeitpunkt der mündlichen verhandlung konnte das beklagte land nicht auf konkrete ermittlungsansätze verweisen, auf grund derer in absehbarer zeit mit der ermittlung eines anderen eigentümers zu rechnen ist. solche sind auch sonst nicht ersichtlich. aus den beigezogenen strafverfahren gegen den kläger wegen raub und wegen erschleichens von sozialleistungen ergeben sich keine anhaltspunkte für die existenz von abweichenden berechtigten an dem bei dem kläger gefundenen bargeld. für diese ist das beklagte land darlegungspflichtig. deshalb ist die ermittlung eines anderen eigentümers gegenwärtig nicht mehr hinreichend beachtlich wahrscheinlich. entgegen der auffassung des beklagten landes ist es nicht voraussetzung für eine beendigung der sicherstellung, dass der kläger sein eigentum an dem sichergestellten bargeld beweist. der kläger war im zeitpunkt der sicherstellung besitzer des bargeldes. nur dieser besitz ist durch die sicherstellung beseitigt worden. 17auch der neben dem antrag zu 1 nach § 113 abs. 4 vwgo zulässige leistungsantrag zu 2 hat erfolg. der kläger hat aus § 46 abs. 1 satz 1 polg nw anspruch darauf, dass ihm das beklagte land besitz an bargeld im nennwert von 21.194,56 euro verschafft. der besitzverschaffungsanspruch richtet sich wegen der einzahlung des vormals sichergestellten geldes auf ein bankkonto des beklagten landes auf eine der art nach gleichwertige leistung, mithin auf bargeld in der währung euro in entsprechender höhe in möglichst gleicher stückelung. auf grund der zu ziffer 1 ausgesprochenen verpflichtung zur beendigung der sicherstellung ist das beklagte land zum besitz des bargeldes nicht mehr berechtigt. das beklagte land hat die sichergestellte sache vielmehr gemäß § 46 absatz 1 satz 1 polg nw an diejenige person herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden ist. dies ist der kläger. der kläger kann den herausgabeanspruch an ihn selbst betreffend einen teilbetrag in höhe von 21.194,56 euro gerichtlich geltend machen, nachdem die sicherungsabtretung zwischen ihm und dem geschädigten l. betreffend eine teilmenge des sichergestellten bargeldes in höhe von 20.000,- euro aufgehoben worden ist. betreffend eine teilmenge in höhe von 32.305,44 euro kann der kläger den herausgabeanspruch gegenwärtig gerichtlich nicht durchsetzen. dieser teil des herausgabeanspruchs ist an das jobcenter e. sicherungsabgetreten. insofern kommt eine herausgabe an das jobcenter in betracht, wenn dieses dem kläger eine ermächtigung hierzu erteilt, oder eine herausgabe an den kläger selbst, wenn die zugrunde liegende sicherungsabtretung aufgehoben wird. bis zur klärung, an wen dieser teilbetrag des bargeldes herauszugeben ist, ist es durch das beklagte land treuhänderisch zu verwahren. 18die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. dass der kläger die herausgabe des an das jobcenter abgetretenen teilbetrages gerichtlich nicht weiterverfolgt, stellt mit rücksicht auf den erfolg des antrages zu 1, der den wirtschaftlichen schwerpunkt des verfahrens darstellt, keine versteckte klagerücknahme und damit auch kein teilunterliegen dar. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt hinsichtlich des antrages zu 1 aus § 167 abs. 2 vwgo. der herausgabeanspruch kann, weil er die rechtskraft der entscheidung über den antrag zu 1 (stufenklage gem. § 113 abs. 4 vwgo) voraussetzt, ebenfalls nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, mithin nur die kostenentscheidung, § 167 abs. 1 vwgo, 709 zpo. | Klaeger*in | 1 |
319,020 | S 17 U 1169/16 | 2019-03-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall, die Erstattung von Heilbehandlungskosten und die Bewilligung von Verletztengeld und Verletztenrente. 3Die Beklagte erhielt eine Unfallanzeige der Arbeitgeberin des im Jahre 1954 geborenen, als Möbelverkäufer beschäftigten Klägers, wonach der Kläger am 22.06.2016 von einer Kollegin mehrfach ausgerufen worden sei und nach seinen Angaben dabei einen Tinnitus entwickelt habe. 4Die Beklagte sichtete medizinische Befundunterlagen und holte eine beratungsärztliche Stellungnahme von dem HNO-Heilkundler Dr. A aus I ein. Mit Bescheid vom 09.09.2016 lehnte die Beklagte es ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger Entschädigungsleistungen zu bewilligen. Zur Begründung ist ausgeführt, es sei bei den vorhandenen Befundunterlagen davon auszugehen, dass der Kläger einen stressbedingten Hörsturz erlitten habe. Die Lautsprecherdurchsage könne nicht für das Geschehen verantwortlich gemacht werden. 5Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, welchen er damit begründete, dass sein behandelnder Arzt wie auch er selbst der Auffassung sei, dass hier von einem Arbeitsunfall auszugehen sei. 6Die Beklagte holte eine ergänzende Stellungnahme von Herrn Dr. A ein. Unter dem 12.12.2016 erließ die Beklagte einen zurückweisenden Widerspruchsbescheid. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass die Überprüfung der Angelegenheit zu keinem anderen Ergebnis geführt habe. 7Hiergegen ist am 15.12.2016 beim erkennenden Gericht Klage erhoben worden. 8Der Kläger wiederholt zur Begründung der Klage sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. 9Der Kläger beantragt, 10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2016 zu verurteilen, das Ereignis vom 22.06.2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm Erstattung von Heilbehandlungskosten, Verletztengeld und Verletztenrente zu bewilligen. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Die Beklagte hält ihre Entscheidung für rechtmäßig. 14Das Gericht hat von behandelnden Ärzten des Klägers Befundunterlagen beigezogen und von der Arbeitgeberin des Klägers eine Auskunft eingeholt. Wegen der Inhalte der Befundunterlagen und der Auskunft wird auf die Gerichtsakte verwiesen. 15Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 18Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 09.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2016 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zurecht hat die Beklagte es mit diesem Bescheid abgelehnt, das Ereignis vom 22.06.2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger Leistungen zu erbringen. 19Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Im vorliegenden Fall fehlt es an einem durch ein solches Ereignis hervorgerufenen Gesundheitsschaden des Klägers. Bei dem Kläger ist zwar ein Schaden des Hörapparates diagnostiziert, die Kammer schließt indes aus, dass dieser Schaden auf das Ereignis vom 22.06.2016 zurückzuführen ist. Die Kammer ist verpflichtet, ihr unterbreitete Sachverhalte einer lebensnahen Würdigung zuzuführen und nicht jeglichen Spekulationen nachzugehen. Es ist gleichwohl eine Auskunft von der Arbeitgeberin des Klägers eingeholt worden, in welcher eine Schadhaftigkeit der in Rede stehenden Lautsprecheranlage für den Tag des Ereignisses verneint worden ist. Die Kammer hat auch keine Veranlassung zu der Annahme, dass die Lautsprecheranlage vor Inbetriebnahme technisch nicht überprüft worden ist. Dass eine demnach überprüfte und am Ereignistag nicht schadhafte Anlage selbst bei unterstellt lautem Einsprechen des oder der Mitteilenden zu einem nachhaltigen Hörschaden auf Seiten des Empfängers der Mitteilung führen kann, dessen Kopf sich nach seinen eigenen Angaben etwa 2 bis 2,50 Meter unterhalb des Lautsprechers befunden hat, schließt die Kammer bei lebensnaher Würdigung schlechterdings aus. 20Nachdem sich bereits ein Arbeitsunfall nicht ereignet hat, können dem Kläger auch nicht die mit dem hiesigen Klageverfahren ebenfalls begehrten Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen. 21Die Klage war daher abzuweisen, wobei sich die Kostenentscheidung aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes ergibt | die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten haben die beteiligten einander nicht zu erstatten. 1 | 2die beteiligten streiten um die anerkennung eines ereignisses als arbeitsunfall, die erstattung von heilbehandlungskosten und die bewilligung von verletztengeld und verletztenrente. 3die beklagte erhielt eine unfallanzeige der arbeitgeberin des im jahre 1954 geborenen, als möbelverkäufer beschäftigten klägers, wonach der kläger am 22.06.2016 von einer kollegin mehrfach ausgerufen worden sei und nach seinen angaben dabei einen tinnitus entwickelt habe. 4die beklagte sichtete medizinische befundunterlagen und holte eine beratungsärztliche stellungnahme von dem hno-heilkundler dr. a aus i ein. mit bescheid vom 09.09.2016 lehnte die beklagte es ab, das ereignis als arbeitsunfall anzuerkennen und dem kläger entschädigungsleistungen zu bewilligen. zur begründung ist ausgeführt, es sei bei den vorhandenen befundunterlagen davon auszugehen, dass der kläger einen stressbedingten hörsturz erlitten habe. die lautsprecherdurchsage könne nicht für das geschehen verantwortlich gemacht werden. 5der kläger legte hiergegen widerspruch ein, welchen er damit begründete, dass sein behandelnder arzt wie auch er selbst der auffassung sei, dass hier von einem arbeitsunfall auszugehen sei. 6die beklagte holte eine ergänzende stellungnahme von herrn dr. a ein. unter dem 12.12.2016 erließ die beklagte einen zurückweisenden widerspruchsbescheid. die beklagte begründete ihre entscheidung damit, dass die überprüfung der angelegenheit zu keinem anderen ergebnis geführt habe. 7hiergegen ist am 15.12.2016 beim erkennenden gericht klage erhoben worden. 8der kläger wiederholt zur begründung der klage sein vorbringen aus dem widerspruchsverfahren. 9der kläger beantragt, 10die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 09.09.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.12.2016 zu verurteilen, das ereignis vom 22.06.2016 als arbeitsunfall anzuerkennen und ihm erstattung von heilbehandlungskosten, verletztengeld und verletztenrente zu bewilligen. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13die beklagte hält ihre entscheidung für rechtmäßig. 14das gericht hat von behandelnden ärzten des klägers befundunterlagen beigezogen und von der arbeitgeberin des klägers eine auskunft eingeholt. wegen der inhalte der befundunterlagen und der auskunft wird auf die gerichtsakte verwiesen. 15wegen weiterer einzelheiten wird auf den inhalt der schriftsätze der beteiligten und der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten bezug genommen. 16 | 17die klage ist zulässig, aber unbegründet. 18der angefochtene bescheid der beklagten vom 09.09.2016 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.12.2016 ist rechtlich nicht zu beanstanden. zurecht hat die beklagte es mit diesem bescheid abgelehnt, das ereignis vom 22.06.2016 als arbeitsunfall anzuerkennen und dem kläger leistungen zu erbringen. 19arbeitsunfälle sind nach § 8 abs. 1 s. 1 sgb vii unfälle von versicherten infolge einer den versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 sgb vii begründenden tätigkeit. unfälle sind nach § 8 abs. 1 s. 2 sgb vii zeitlich begrenzte, von außen auf den körper einwirkende ereignisse, die zu einem gesundheitsschaden oder zum tod führen. im vorliegenden fall fehlt es an einem durch ein solches ereignis hervorgerufenen gesundheitsschaden des klägers. bei dem kläger ist zwar ein schaden des hörapparates diagnostiziert, die kammer schließt indes aus, dass dieser schaden auf das ereignis vom 22.06.2016 zurückzuführen ist. die kammer ist verpflichtet, ihr unterbreitete sachverhalte einer lebensnahen würdigung zuzuführen und nicht jeglichen spekulationen nachzugehen. es ist gleichwohl eine auskunft von der arbeitgeberin des klägers eingeholt worden, in welcher eine schadhaftigkeit der in rede stehenden lautsprecheranlage für den tag des ereignisses verneint worden ist. die kammer hat auch keine veranlassung zu der annahme, dass die lautsprecheranlage vor inbetriebnahme technisch nicht überprüft worden ist. dass eine demnach überprüfte und am ereignistag nicht schadhafte anlage selbst bei unterstellt lautem einsprechen des oder der mitteilenden zu einem nachhaltigen hörschaden auf seiten des empfängers der mitteilung führen kann, dessen kopf sich nach seinen eigenen angaben etwa 2 bis 2,50 meter unterhalb des lautsprechers befunden hat, schließt die kammer bei lebensnaher würdigung schlechterdings aus. 20nachdem sich bereits ein arbeitsunfall nicht ereignet hat, können dem kläger auch nicht die mit dem hiesigen klageverfahren ebenfalls begehrten leistungen der gesetzlichen unfallversicherung zustehen. 21die klage war daher abzuweisen, wobei sich die kostenentscheidung aus § 193 des sozialgerichtsgesetzes ergibt | Verklagte*r | 0 |
167,632 | 8 K 6063/14 | 2015-02-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00. Februar 1991 in Birecik, Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Nachdem er am 16. April 2013 in der Türkei die deutsche Staatsangehörige H. H1. geheiratet hatte, reiste er am 11. März 2014 mit einem Visum zur Familienzusammenführung zu seiner Ehefrau in das Bundesgebiet ein und nahm seinen Wohnsitz in E. , Lahn-Dill-Kreis. Am 1. April 2014 wurde ihm durch die Ausländerbehörde des Lahn-Dill-Kreises eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung mit Gültigkeit bis zum 31. März 2015 erteilt. 3Am 4. Juni 2014 meldete er seinen Wohnsitz in E1. an. Die Ehefrau des Klägers sprach am 12. Juni 2014 bei der Ausländerbehörde des Lahn-Dill-Kreises vor und gab an, dass sie sich zwei Wochen zuvor von dem Kläger getrennt habe; man habe sich nicht verstanden und unentwegt gestritten. Der Kläger sei daraufhin zu seinem Onkel nach E1. verzogen. 4Mit Schreiben vom 29. Juli 2014 hörte die Beklagte den Kläger und seine Ehefrau zu der ihrerseits beabsichtigten nachträglichen Befristung der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltserlaubnis sowie Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung an. Mit Schreiben vom 10. August 2014 bestätigte die Ehefrau des Klägers nochmals die Trennung der Eheleute und gab an, zukünftig keinerlei Kontakt mehr zum Kläger zu wünschen. Der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers bat mit Schreiben vom 13. August 2014 darum, einstweilen keine Verkürzungsentscheidung zu treffen, da zwischen den Eheleuten – vermittelt durch Familienangehörige – Aussöhnungsgespräche stattfänden. Eine Aussöhnung der Eheleute fand in der Folgezeit indessen nicht statt. 5Mit Ordnungsverfügung vom 27. August 2014, dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers am 29. August 2014 zugestellt, befristete die Beklagte die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis auf den Tag der Zustellung, forderte ihn auf, das Bundesgebiet binnen 30 Tagen ab Zustellung der Ordnungsverfügung zu verlassen und drohte für den Fall der nicht fristgerechten freiwilligen Ausreise seine Abschiebung in die Türkei oder einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen Folgendes aus: 6Eine wesentliche Erteilungsvoraussetzung für die Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung sei nachträglich entfallen. Der Kläger lebe seit mindestens acht Wochen von seiner Ehefrau getrennt. Anders als klägerseits zunächst in Aussicht gestellt, habe eine Aussöhnung der Eheleute bis heute nicht stattgefunden. Eine solche stehe mit Blick auf die eindeutigen Ausführungen der Ehefrau, keinen weiteren Kontakt zum Kläger zu wünschen, auch zukünftig nicht zu erwarten. Mit dem Wegfall einer der zentralen Erteilungsvoraussetzungen könne die Gültigkeitsdauer der dem Kläger erteilten Aufenthaltserlaubnis nachträglich verkürzt werden (§ 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Ob eine solche Verkürzung erfolge, stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Dabei habe die Ausländerbehörde das klägerische Interesse am weiteren Verbleib im Bundesgebiet bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer mit dem öffentlichen Interesse an der Beendigung eines nachträglich rechtswidrig gewordenen Aufenthalts abzuwägen. Im Rahmen dieser Prüfung seien auch potentiell sich anschließende Aufenthaltsrechte des Ausländers zu berücksichtigen. Vorliegend überwiege das öffentliche Interesse an einer vorzeitigen Aufenthaltsbeendigung des Klägers. Anderenfalls würde der Eindruck vermittelt, jeder Ausländer, der die Voraussetzungen für einen weiteren Aufenthalt nicht mehr erfüllt, könne gleichwohl – zumindest bis zum zeitlichen Ablauf der erteilten Aufenthaltserlaubnis – im Bundesgebiet verbleiben. Die nachträgliche Befristung der klägerischen Aufenthaltserlaubnis sei auch verhältnismäßig. Es entspreche insbesondere der ständigen Verwaltungspraxis, Aufenthaltserlaubnisse, deren ursprüngliche Voraussetzungen nachträglich entfallen seien und die eine Gültigkeitsdauer von noch mehr als sechs Monaten aufwiesen, nachträglich zeitlich zu befristen (vgl. Ziff. 7.2.2.7 Satz der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz). Höherrangige Rechte des Klägers, insbesondere solche aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK würden durch die Verkürzungsentscheidung nicht verletzt. Eine nachhaltige Verwurzelung des Klägers im Bundesgebiet sei mit Blick auf den nur fünf Monate andauernden Aufenthalt in Deutschland sowie mit Blick darauf, dass er sein gesamtes bisheriges Leben in der Türkei verbracht habe, nicht erfolgt. Losgelöst von der Befristungsentscheidung könne dem Kläger auch sonst keine (neue) Aufenthaltserlaubnis aus einem anderen Grund erteilt werden. Denn der Kläger könne kein Recht auf weiteren Aufenthalt für sich beanspruchen. Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 und 2 AufenthG komme nicht in Betracht, da eine besondere Härte i.S.d. § 31 Abs. 2 AufenthG weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sei. Mit Blick auf die kurze Aufenthaltsdauer habe der Kläger auch keine Rechte aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) erworben. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung scheide aus, da die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 und Abs. 3 AufenthG nicht vorlägen bzw. klägerseits nicht substantiiert geltend gemacht worden seien. 7Da der Kläger nicht (mehr) über einen gültigen Aufenthaltstitel verfüge, sei er kraft Gesetzes ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die gesetzte Ausreisefrist sei mit Blick auf die Regelung des § 59 Abs. 1 AufenthG auch angemessen lang bemessen. Die Abschiebungsandrohung für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise des Klägers finde ihre Rechtsgrundlage in § 59 AufenthG. 8Der Kläger hat am 16. September 2014 Klage erhoben. Zu deren Begründung führt er aus: Zutreffend sei, dass seine Ehefrau und er getrennt seien. Seine Ehefrau sei Deutsche und damit Unionsbürgerin i.S.d. Art. 20 Abs. 1 Satz 2 AEUV. Hätte sie von ihren Unionsbürgerfreiheiten, etwa von ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit, Gebrauch gemacht, so würde auf sie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Diatta, Rechtssache C-244/13 und Ogieriakhi, Rechtssache C-267/83) Anwendung finden, wonach der Bestand der Ehe aufenthaltsrechtlich so lange anzuerkennen sei, wie die Ehe nicht geschieden sei; auf ein Getrenntleben komme es danach nicht an. Zwar sei streitig, ob sich nicht gewanderte Deutsche, die von ihren Unionsbürgerfreiheiten keinen Gebrauch gemacht haben – wie seine Ehefrau –, auf diese Rechtsprechung des EuGH berufen könnten. Mit Blick auf die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 -) aufgestellten Maßstäbe sei aber von einer vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung gewanderter und nicht gewanderter Unionsbürger auszugehen. Es erscheine willkürlich, den Bestand der Ehe aufenthaltsrechtlich anders zu behandeln, je nachdem, ob der deutsche Ehegatte von seinen Unionsbürgerfreiheiten Gebrauch gemacht hat oder nicht. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb der Ehe von gewanderten Deutschen größere Chancen zur Aussöhnung einzuräumen seien als der Ehe von nicht gewanderten Deutschen und Drittstaatlern. 9Der Kläger beantragt, 10die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 27. August 2014 aufzuheben, 11hilfsweise, 12die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis aus allen anderen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu erteilen. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen in der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung. 16Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 10. und 12. Februar 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen. 18Entscheidungsgründe: 19Das Gericht kann durch die Einzelrichterin entscheiden, nachdem ihr der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 8. Januar 2015 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 6 Abs. 1 VwGO). 20Die Einzelrichterin kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). 21Die zulässige Klage ist sowohl mit ihren Haupt- (I.) wie auch mit ihrem Hilfsantrag (II.) unbegründet. 22I. Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 27. August 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat auf der Rechtsgrundlage des § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ermessensfehlerfrei die Aufenthaltserlaubnis des Klägers nachträglich auf den Tag der Zustellung der Verfügung befristet sowie Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung verfügt. 23Die Ermessensentscheidung der Beklagten, die dem Kläger am 1. April 2014 mit Gültigkeit bis zum 31. März 2015 zur Familienzusammenführung mit seiner deutschen Ehefrau erteilte Aufenthaltserlaubnis nachträglich zeitlich zu befristen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. 24Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG kann die Frist (Geltungsdauer) der Aufenthaltserlaubnis nachträglich verkürzt werden, wenn eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt, weil die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner deutschen Ehefrau unstreitig nicht mehr besteht. Die Beklagte war daher grundsätzlich berechtigt („kann“), die Geltungsdauer der dem Kläger erteilten Aufenthaltserlaubnis nachträglich zu verkürzen. Das Gericht kann diese Ermessensentscheidung der Beklagten gemäß § 114 Satz 1 VwGO lediglich daraufhin überprüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Ermessensfehler lässt die streitgegenständliche Ordnungsverfügung indes nicht erkennen. Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen ausgeübt und alle entscheidungserheblichen Belange in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise in ihre Entscheidung eingestellt. Insbesondere hat sie das Interesse des Klägers, bis zum Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu bleiben, und das öffentliche Interesse an der Beendigung eines materiell rechtswidrig gewordenen Aufenthalts gegeneinander abgewogen, 25vgl. dazu eingehend: BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2009 – 1 C 11/08 -, Juris. 26Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden und ausführlichen Gründe der angefochtenen Ordnungsverfügung Bezug genommen. 27Mit Blick auf den klägerischen Vortrag im gerichtlichen Verfahren sei ergänzend lediglich Folgendes ausgeführt: 28Der Einwand des Klägers, die nachträgliche Befristung seiner Aufenthaltserlaubnis stelle mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH (Rechtssache „Diatta“) eine vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gewanderter und nicht gewanderter Unionsbürger dar, da es willkürlich erscheine, den Bestand der Ehe aufenthaltsrechtlich anders zu behandeln, je nachdem, ob einer der Ehegatten von seinen Unionsbürgerfreiheiten Gebrauch gemacht hat oder nicht, greift nicht durch. 29Zutreffend ist, dass für ausländische Familienangehörige von in der Bundesrepublik lebenden Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union („Unionsbürger“, vgl. § 1 FreizügG/EU), auch wenn sie aus Drittstaaten stammen, die Trennung der Eheleute noch keine aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen nach sich zieht, solange die Auflösung des ehelichen Bundes noch nicht durch eine zuständige Stelle bzw. ein Gericht ausgesprochen worden ist, 30vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 1985 – C-267/83 -, Juris, „Diatta/Land Berlin“; § 3 Abs. 5 FreizügG/EU). 31Denn bei ausländischen Familienangehörigen von in der Bundesrepublik lebenden Unionsbürgern ist das diesen durch die Eheschließung vermittelte Aufenthaltsrecht unabhängig vom Fortbestand der familiären Lebensgemeinschaft und bleibt auch dann bestehen, wenn die Eheleute dauerhaft getrennt leben, 32vgl. im Anschluss an das Urteil des EuGH in der Rechtssache „Diatta“: BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1985 – BverwG 1 C 36.82 – Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 55. 33Auf den ausländischen Ehegatten eines deutschen Staatsangehörigen, dem eine Aufenthaltserlaubnis im Rahmen des Familiennachzugs gleichfalls nur nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 AufenthG erteilt worden ist (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG), kann diese Rechtsprechung des EuGH indes grundsätzlich nicht übertragen werden. Etwas anderes gilt nur für den Fall, dass der deutsche Ehegatte seine Unionsbürgerfreiheiten in Anspruch nimmt, etwa als grenzüberschreitend tätiger Arbeitnehmer oder Selbstständiger, und damit selbst in den Bereich der EG-Freizügigkeit fällt, 34vgl. auch Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand: Februar 2008, § 27 Rn. 63. 35Der sachliche Grund für die vom Kläger aufgeworfene Ungleichbehandlung liegt mithin darin, dass erst und nur dann, wenn der deutsche Unionsbürger seine unionsrechtlichen Grundfreiheiten tatsächlich in Anspruch nimmt, er seinerseits in den Bereich der EG-Freizügigkeit fällt mit der Folge, dass für ihn und seinen Ehegatten andere und insoweit günstigere Vorschriften als die des AufenthG gelten. 36Solange der deutsche Ehegatte hingegen – wie hier – seine Unionsbürgerfreiheiten nicht aktiviert, unterfällt die rechtliche Bewertung der ehelichen Lebensgemeinschaft ausländerrechtlich ausschließlich dem Anwendungsbereich des AufenthG. Insoweit ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass der aufenthaltsrechtliche Schutz der ehelichen Lebensgemeinschaft entfällt, sobald die Ehegatten – wie hier – dauerhaft, also nicht nur vorübergehend getrennt leben, 37vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom12. Juni 1992 – BVerwG 1 B 48.92 -, InfAuslR 1992, 305, und vom 30. September 1998 – 1 B 92.98 -, InfAuslR 1999, 72; OVG NRW, Beschluss vom 28. Februar 2000 – 18 B 814/99 -, NVwZ-Beil. 2000, 115. 38Auch die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auch insoweit auf die Ausführungen der Beklagten in der angefochtenen Ordnungsverfügung Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO). 39II. Dem Hilfsantrag bleibt ebenfalls der Erfolg versagt. 40Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 und 2 AufenthG noch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem sonstigen Aufenthaltszweck (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 und 2 AufenthG bzw. für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Aufenthaltszweck (insbesondere nach § 18 AufenthG) wurden klägerseits schon nicht substantiiert dargelegt; sie sind auch ersichtlich nicht gegeben. Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Ordnungsverfügung Bezug genommen. 41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 43Beschluss: 44Der Streitwert wird auf 10.000.- Euro festgesetzt. 45Gründe: 46Die Festsetzung des Streitwertes ist nach §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Sätze 2 und 3, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffern 8.1 und 8.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2004) erfolgt, wobei die Abschiebungsandrohung nicht streitwerterhöhend berücksichtigt wurde. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vorher sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der am 00. februar 1991 in birecik, türkei geborene kläger ist türkischer staatsangehöriger. nachdem er am 16. april 2013 in der türkei die deutsche staatsangehörige h. h1. geheiratet hatte, reiste er am 11. märz 2014 mit einem visum zur familienzusammenführung zu seiner ehefrau in das bundesgebiet ein und nahm seinen wohnsitz in e. , lahn-dill-kreis. am 1. april 2014 wurde ihm durch die ausländerbehörde des lahn-dill-kreises eine aufenthaltserlaubnis zur familienzusammenführung mit gültigkeit bis zum 31. märz 2015 erteilt. 3am 4. juni 2014 meldete er seinen wohnsitz in e1. an. die ehefrau des klägers sprach am 12. juni 2014 bei der ausländerbehörde des lahn-dill-kreises vor und gab an, dass sie sich zwei wochen zuvor von dem kläger getrennt habe; man habe sich nicht verstanden und unentwegt gestritten. der kläger sei daraufhin zu seinem onkel nach e1. verzogen. 4mit schreiben vom 29. juli 2014 hörte die beklagte den kläger und seine ehefrau zu der ihrerseits beabsichtigten nachträglichen befristung der gültigkeitsdauer der aufenthaltserlaubnis sowie ausreiseaufforderung und abschiebungsandrohung an. mit schreiben vom 10. august 2014 bestätigte die ehefrau des klägers nochmals die trennung der eheleute und gab an, zukünftig keinerlei kontakt mehr zum kläger zu wünschen. der verfahrensbevollmächtigte des klägers bat mit schreiben vom 13. august 2014 darum, einstweilen keine verkürzungsentscheidung zu treffen, da zwischen den eheleuten – vermittelt durch familienangehörige – aussöhnungsgespräche stattfänden. eine aussöhnung der eheleute fand in der folgezeit indessen nicht statt. 5mit ordnungsverfügung vom 27. august 2014, dem verfahrensbevollmächtigten des klägers am 29. august 2014 zugestellt, befristete die beklagte die dem kläger erteilte aufenthaltserlaubnis auf den tag der zustellung, forderte ihn auf, das bundesgebiet binnen 30 tagen ab zustellung der ordnungsverfügung zu verlassen und drohte für den fall der nicht fristgerechten freiwilligen ausreise seine abschiebung in die türkei oder einen anderen zur aufnahme bereiten oder verpflichteten staat an. zur begründung führte sie im wesentlichen folgendes aus: 6eine wesentliche erteilungsvoraussetzung für die aufenthaltserlaubnis zur familienzusammenführung sei nachträglich entfallen. der kläger lebe seit mindestens acht wochen von seiner ehefrau getrennt. anders als klägerseits zunächst in aussicht gestellt, habe eine aussöhnung der eheleute bis heute nicht stattgefunden. eine solche stehe mit blick auf die eindeutigen ausführungen der ehefrau, keinen weiteren kontakt zum kläger zu wünschen, auch zukünftig nicht zu erwarten. mit dem wegfall einer der zentralen erteilungsvoraussetzungen könne die gültigkeitsdauer der dem kläger erteilten aufenthaltserlaubnis nachträglich verkürzt werden (§ 7 abs. 2 satz 2 aufenthg). ob eine solche verkürzung erfolge, stehe im pflichtgemäßen ermessen der behörde. dabei habe die ausländerbehörde das klägerische interesse am weiteren verbleib im bundesgebiet bis zum ablauf der gültigkeitsdauer mit dem öffentlichen interesse an der beendigung eines nachträglich rechtswidrig gewordenen aufenthalts abzuwägen. im rahmen dieser prüfung seien auch potentiell sich anschließende aufenthaltsrechte des ausländers zu berücksichtigen. vorliegend überwiege das öffentliche interesse an einer vorzeitigen aufenthaltsbeendigung des klägers. anderenfalls würde der eindruck vermittelt, jeder ausländer, der die voraussetzungen für einen weiteren aufenthalt nicht mehr erfüllt, könne gleichwohl – zumindest bis zum zeitlichen ablauf der erteilten aufenthaltserlaubnis – im bundesgebiet verbleiben. die nachträgliche befristung der klägerischen aufenthaltserlaubnis sei auch verhältnismäßig. es entspreche insbesondere der ständigen verwaltungspraxis, aufenthaltserlaubnisse, deren ursprüngliche voraussetzungen nachträglich entfallen seien und die eine gültigkeitsdauer von noch mehr als sechs monaten aufwiesen, nachträglich zeitlich zu befristen (vgl. ziff. 7.2.2.7 satz der allgemeinen verwaltungsvorschrift zum aufenthaltsgesetz). höherrangige rechte des klägers, insbesondere solche aus art. 6 gg und art. 8 emrk würden durch die verkürzungsentscheidung nicht verletzt. eine nachhaltige verwurzelung des klägers im bundesgebiet sei mit blick auf den nur fünf monate andauernden aufenthalt in deutschland sowie mit blick darauf, dass er sein gesamtes bisheriges leben in der türkei verbracht habe, nicht erfolgt. losgelöst von der befristungsentscheidung könne dem kläger auch sonst keine (neue) aufenthaltserlaubnis aus einem anderen grund erteilt werden. denn der kläger könne kein recht auf weiteren aufenthalt für sich beanspruchen. eine verlängerung der aufenthaltserlaubnis nach § 31 abs. 1 und 2 aufenthg komme nicht in betracht, da eine besondere härte i.s.d. § 31 abs. 2 aufenthg weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sei. mit blick auf die kurze aufenthaltsdauer habe der kläger auch keine rechte aus dem beschluss nr. 1/80 des assoziationsrates vom 19. september 1980 über die entwicklung der assoziation (arb 1/80) erworben. die erteilung einer aufenthaltserlaubnis zur ausübung einer beschäftigung scheide aus, da die voraussetzungen des § 18 abs. 2 und abs. 3 aufenthg nicht vorlägen bzw. klägerseits nicht substantiiert geltend gemacht worden seien. 7da der kläger nicht (mehr) über einen gültigen aufenthaltstitel verfüge, sei er kraft gesetzes ausreisepflichtig (§ 50 abs. 1 aufenthg). die gesetzte ausreisefrist sei mit blick auf die regelung des § 59 abs. 1 aufenthg auch angemessen lang bemessen. die abschiebungsandrohung für den fall der nicht fristgerechten ausreise des klägers finde ihre rechtsgrundlage in § 59 aufenthg. 8der kläger hat am 16. september 2014 klage erhoben. zu deren begründung führt er aus: zutreffend sei, dass seine ehefrau und er getrennt seien. seine ehefrau sei deutsche und damit unionsbürgerin i.s.d. art. 20 abs. 1 satz 2 aeuv. hätte sie von ihren unionsbürgerfreiheiten, etwa von ihrer arbeitnehmerfreizügigkeit, gebrauch gemacht, so würde auf sie die rechtsprechung des europäischen gerichtshofs (diatta, rechtssache c-244/13 und ogieriakhi, rechtssache c-267/83) anwendung finden, wonach der bestand der ehe aufenthaltsrechtlich so lange anzuerkennen sei, wie die ehe nicht geschieden sei; auf ein getrenntleben komme es danach nicht an. zwar sei streitig, ob sich nicht gewanderte deutsche, die von ihren unionsbürgerfreiheiten keinen gebrauch gemacht haben – wie seine ehefrau –, auf diese rechtsprechung des eugh berufen könnten. mit blick auf die vom bundesverfassungsgericht (bverfg, beschluss vom 15. oktober 1985 – 2 bvl 4/83 -) aufgestellten maßstäbe sei aber von einer vor art. 3 abs. 1 gg nicht zu rechtfertigenden ungleichbehandlung gewanderter und nicht gewanderter unionsbürger auszugehen. es erscheine willkürlich, den bestand der ehe aufenthaltsrechtlich anders zu behandeln, je nachdem, ob der deutsche ehegatte von seinen unionsbürgerfreiheiten gebrauch gemacht hat oder nicht. es sei kein sachlicher grund ersichtlich, weshalb der ehe von gewanderten deutschen größere chancen zur aussöhnung einzuräumen seien als der ehe von nicht gewanderten deutschen und drittstaatlern. 9der kläger beantragt, 10die ordnungsverfügung der beklagten vom 27. august 2014 aufzuheben, 11hilfsweise, 12die beklagte zu verpflichten, ihm eine aufenthaltserlaubnis aus allen anderen in betracht kommenden rechtlichen gesichtspunkten zu erteilen. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15zur begründung bezieht sie sich auf die ausführungen in der streitgegenständlichen ordnungsverfügung. 16die beteiligten haben sich mit schriftsätzen vom 10. und 12. februar 2015 mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorganges der beklagten bezug genommen. 18 | 19das gericht kann durch die einzelrichterin entscheiden, nachdem ihr der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 8. januar 2015 zur entscheidung übertragen worden ist (§ 6 abs. 1 vwgo). 20die einzelrichterin kann ohne mündliche verhandlung entscheiden, da die beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 abs. 2 vwgo). 21die zulässige klage ist sowohl mit ihren haupt- (i.) wie auch mit ihrem hilfsantrag (ii.) unbegründet. 22i. die ordnungsverfügung der beklagten vom 27. august 2014 ist rechtmäßig und verletzt den kläger daher nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). die beklagte hat auf der rechtsgrundlage des § 7 abs. 2 satz 2 aufenthg ermessensfehlerfrei die aufenthaltserlaubnis des klägers nachträglich auf den tag der zustellung der verfügung befristet sowie ausreiseaufforderung und abschiebungsandrohung verfügt. 23die ermessensentscheidung der beklagten, die dem kläger am 1. april 2014 mit gültigkeit bis zum 31. märz 2015 zur familienzusammenführung mit seiner deutschen ehefrau erteilte aufenthaltserlaubnis nachträglich zeitlich zu befristen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. 24nach § 7 abs. 2 satz 2 aufenthg kann die frist (geltungsdauer) der aufenthaltserlaubnis nachträglich verkürzt werden, wenn eine für die erteilung, die verlängerung oder die bestimmung der geltungsdauer wesentliche voraussetzung entfallen ist. die voraussetzungen dieser vorschrift sind erfüllt, weil die eheliche lebensgemeinschaft zwischen dem kläger und seiner deutschen ehefrau unstreitig nicht mehr besteht. die beklagte war daher grundsätzlich berechtigt („kann“), die geltungsdauer der dem kläger erteilten aufenthaltserlaubnis nachträglich zu verkürzen. das gericht kann diese ermessensentscheidung der beklagten gemäß § 114 satz 1 vwgo lediglich daraufhin überprüfen, ob der verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten wurden oder von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht worden ist. ermessensfehler lässt die streitgegenständliche ordnungsverfügung indes nicht erkennen. die beklagte hat das ihr zustehende ermessen ausgeübt und alle entscheidungserheblichen belange in einer rechtlich nicht zu beanstandenden weise in ihre entscheidung eingestellt. insbesondere hat sie das interesse des klägers, bis zum ablauf der ursprünglichen geltungsdauer seiner aufenthaltserlaubnis in deutschland zu bleiben, und das öffentliche interesse an der beendigung eines materiell rechtswidrig gewordenen aufenthalts gegeneinander abgewogen, 25vgl. dazu eingehend: bverwg, urteil vom 9. juni 2009 – 1 c 11/08 -, juris. 26zur weiteren begründung wird zur vermeidung von wiederholungen gemäß § 117 abs. 5 vwgo auf die zutreffenden und ausführlichen gründe der angefochtenen ordnungsverfügung bezug genommen. 27mit blick auf den klägerischen vortrag im gerichtlichen verfahren sei ergänzend lediglich folgendes ausgeführt: 28der einwand des klägers, die nachträgliche befristung seiner aufenthaltserlaubnis stelle mit blick auf die rechtsprechung des eugh (rechtssache „diatta“) eine vor art. 3 abs. 1 gg nicht zu rechtfertigende ungleichbehandlung gewanderter und nicht gewanderter unionsbürger dar, da es willkürlich erscheine, den bestand der ehe aufenthaltsrechtlich anders zu behandeln, je nachdem, ob einer der ehegatten von seinen unionsbürgerfreiheiten gebrauch gemacht hat oder nicht, greift nicht durch. 29zutreffend ist, dass für ausländische familienangehörige von in der bundesrepublik lebenden staatsangehörigen anderer mitgliedstaaten der europäischen union („unionsbürger“, vgl. § 1 freizügg/eu), auch wenn sie aus drittstaaten stammen, die trennung der eheleute noch keine aufenthaltsrechtlichen konsequenzen nach sich zieht, solange die auflösung des ehelichen bundes noch nicht durch eine zuständige stelle bzw. ein gericht ausgesprochen worden ist, 30vgl. eugh, urteil vom 13. februar 1985 – c-267/83 -, juris, „diatta/land berlin“; § 3 abs. 5 freizügg/eu). 31denn bei ausländischen familienangehörigen von in der bundesrepublik lebenden unionsbürgern ist das diesen durch die eheschließung vermittelte aufenthaltsrecht unabhängig vom fortbestand der familiären lebensgemeinschaft und bleibt auch dann bestehen, wenn die eheleute dauerhaft getrennt leben, 32vgl. im anschluss an das urteil des eugh in der rechtssache „diatta“: bverwg, urteil vom 21. mai 1985 – bverwg 1 c 36.82 – buchholz 451.90 ewg-recht nr. 55. 33auf den ausländischen ehegatten eines deutschen staatsangehörigen, dem eine aufenthaltserlaubnis im rahmen des familiennachzugs gleichfalls nur nach maßgabe des § 27 abs. 1 aufenthg erteilt worden ist (§ 28 abs. 1 satz 1 nr. 1 aufenthg), kann diese rechtsprechung des eugh indes grundsätzlich nicht übertragen werden. etwas anderes gilt nur für den fall, dass der deutsche ehegatte seine unionsbürgerfreiheiten in anspruch nimmt, etwa als grenzüberschreitend tätiger arbeitnehmer oder selbstständiger, und damit selbst in den bereich der eg-freizügigkeit fällt, 34vgl. auch hailbronner, kommentar zum ausländerrecht, stand: februar 2008, § 27 rn. 63. 35der sachliche grund für die vom kläger aufgeworfene ungleichbehandlung liegt mithin darin, dass erst und nur dann, wenn der deutsche unionsbürger seine unionsrechtlichen grundfreiheiten tatsächlich in anspruch nimmt, er seinerseits in den bereich der eg-freizügigkeit fällt mit der folge, dass für ihn und seinen ehegatten andere und insoweit günstigere vorschriften als die des aufenthg gelten. 36solange der deutsche ehegatte hingegen – wie hier – seine unionsbürgerfreiheiten nicht aktiviert, unterfällt die rechtliche bewertung der ehelichen lebensgemeinschaft ausländerrechtlich ausschließlich dem anwendungsbereich des aufenthg. insoweit ist in der höchstrichterlichen rechtsprechung geklärt, dass der aufenthaltsrechtliche schutz der ehelichen lebensgemeinschaft entfällt, sobald die ehegatten – wie hier – dauerhaft, also nicht nur vorübergehend getrennt leben, 37vgl. nur bverwg, beschlüsse vom12. juni 1992 – bverwg 1 b 48.92 -, infauslr 1992, 305, und vom 30. september 1998 – 1 b 92.98 -, infauslr 1999, 72; ovg nrw, beschluss vom 28. februar 2000 – 18 b 814/99 -, nvwz-beil. 2000, 115. 38auch die ausreiseaufforderung und abschiebungsandrohung begegnen keinen rechtlichen bedenken. zur vermeidung unnötiger wiederholungen wird auch insoweit auf die ausführungen der beklagten in der angefochtenen ordnungsverfügung bezug genommen (§ 117 abs. 5 vwgo). 39ii. dem hilfsantrag bleibt ebenfalls der erfolg versagt. 40der kläger hat weder einen anspruch auf verlängerung seiner aufenthaltserlaubnis nach § 31 abs. 1 und 2 aufenthg noch auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis zu einem sonstigen aufenthaltszweck (§ 113 abs. 5 vwgo). die tatbestandlichen voraussetzungen für die verlängerung seiner aufenthaltserlaubnis nach § 31 abs. 1 und 2 aufenthg bzw. für die erteilung einer aufenthaltserlaubnis zu einem anderen aufenthaltszweck (insbesondere nach § 18 aufenthg) wurden klägerseits schon nicht substantiiert dargelegt; sie sind auch ersichtlich nicht gegeben. zur weiteren begründung wird zur vermeidung von wiederholungen gemäß § 117 abs. 5 vwgo auf die zutreffenden gründe der angefochtenen ordnungsverfügung bezug genommen. 41die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 42die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 43beschluss: 44der streitwert wird auf 10.000.- euro festgesetzt. 45gründe: 46die festsetzung des streitwertes ist nach §§ 39 abs. 1, 45 abs. 1 sätze 2 und 3, 52 abs. 2 gkg i.v.m. ziffern 8.1 und 8.3 des streitwertkataloges für die verwaltungsgerichtsbarkeit (2004) erfolgt, wobei die abschiebungsandrohung nicht streitwerterhöhend berücksichtigt wurde. | Verklagte*r | 0 |
338,826 | 6 K 2389/19 | 2021-06-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind jeweils zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks A.-----straße (Gemarkung V. , Flur , Flurstück ) in V. . Das Grundstück ist mit einem dreigeschossigen Mehrfamilienhaus sowie einem Nebengebäude bebaut. Es liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „I.----straße “ aus dem Jahre 1989, der hier unter anderem ein „Mischgebiet“ und eine Bebauung in offener Bauweise mit maximal drei Vollgeschossen festsetzt. 3Weitere Einzelheiten zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt: 4An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze 5Das Gebäude A.-----straße 62/64, dessen nordwestliche Außenwand offenbar einen Abstand von ca. 3,40 m (vordere Ecke) bis ca. 3,60 m (hintere Ecke) zur Grundstücksgrenze aufweist, wurde auf der Grundlage eines Bauscheins vom 18. August 1900 errichtet. Die seinerzeitigen Bauvorlagen sahen ein spiegelbildlich gebautes traufständiges Doppelhaus mit einem rund 45° steilen Satteldach vor, das über zwei kurze, etwa vier Meter breite rückwärtige Anbauten verfügte. Diese Anbauten waren ihrerseits mit einem rechtwinklig zum Hauptfirst angeordneten Satteldach abgeschlossen, dessen First etwa 1,70 m tiefer verlief als der Hauptfirst des Gebäudes. Das Nebengebäude im rückwärtigen Grundstücksbereich wurde als Stallgebäude genehmigt und in den fünfziger Jahren um eine „Waschküche“ erweitert. 6Im Jahre 2004 erwarben die Kläger das Grundstück. In der Folgezeit kam es zu einem ordnungsbehördlichen Verfahren wegen Mängeln der Feuerstätte und des vorbeugenden Brandschutzes. 7Im Februar und Juni 2018 nahm die Beklagte das Gebäude bei Ortsterminen (von außen) in Augenschein und stellte fest, dass erhebliche Baumaßnahmen durchgeführt worden waren. Im Wesentlichen handelte es sich um Umbauarbeiten im Bereich des Daches. Auf einem großen Teil der Fläche war die rückwärtige Hälfte des Satteldaches entfernt und durch ein annähernd flaches Dach ersetzt worden, das die Höhe des Firsts aufnimmt und somit ein viertes Geschoss ermöglicht. Dieses Dach überdeckte auch den rückwärtigen Anbau an der Nordecke des Gebäudes, bei dem das Satteldach entfernt und die Außenwände aufgemauert worden waren. Zudem war auch die Breite dieses Anbaus erweitert worden. 8Mit Ordnungsverfügung vom 4. Juli 2018 wies die Beklagte die Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes an, die Bauarbeiten auf dem streitgegenständlichen Grundstück sofort einzustellen. Den dagegen gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (6 L 1386/18) lehnte die Kammer mit Beschluss vom 20. August 2018 ab. Das Klageverfahren (6 K 3913/18) wurde später nach Klagerücknahme eingestellt. 9Ebenfalls im Juli 2018 meldete sich ein „bautechnischer Dienstleister“ bei der Beklagten und erklärte, er sei von den Klägern beauftragt, Planunterlagen zu erstellen. Dafür werde er etwa vier Monate benötigen. Im August 2018 meldete sich ein weiteres Planungsbüro mit dem gleichen Anliegen. Bei einem Erörterungsgespräch im Oktober 2018 wurde über denkbare Lösungen, namentlich über einen Teilrückbau, diskutiert. Dabei kam laut Gesprächsvermerk der Beklagten unter anderem zur Sprache, dass die Abstandsflächen des Gebäudes weder in seiner Ursprungs- noch in der neuen Gestalt auf dem Baugrundstück liegen. Im Nachgang zu dem Gespräch teilte die Beklagte dem „bautechnischen Dienstleister“ mit, dass aufgrund der Umbauten kein Bestandsschutz mehr bestehe. Es gelte der rechtskräftige Bebauungsplan, der hier unter anderem maximal zwei Vollgeschosse zulasse. 10Unter dem 2. Januar 2019 hörte die Beklagte die Kläger zum Erlass einer Beseitigungsverfügung an. 11Mit Ordnungsverfügung vom 25. Februar 2019 forderte die Beklagte die Kläger auf, ihr die Besichtigung des Gebäudeinneren zu ermöglichen. Die entsprechende Ortsbesichtigung fand am 28. Februar 2019 unter Beteiligung der Brandschutzdienststelle statt. Bei dieser Gelegenheit wurde den Klägern laut Protokoll der Beklagten noch einmal erklärt, dass es ohne ihre Mitwirkung auf den Erlass der angekündigten Abrissverfügung hinauslaufen werde. Die Ortsbesichtigung ergab, dass auch im Inneren des Gebäudes erhebliche Änderungen vorgenommen worden waren. So waren etwa die Dachgeschosswohnungen in den beiden Haushälften zu einer einzigen Wohnung zusammengelegt worden. Die Treppe vom Ober- zum Dachgeschoss in der östlichen Ecke des Gebäudes war entfernt worden, so dass die Dachgeschosswohnung nur noch durch die Treppe in der nördlichen Ecke des Gebäudes erreichbar war. Das durch die Aufstockung entstandene vierte Geschoss war noch weitgehend leer. 12Mit Ordnungsverfügung vom 9. April 2019 untersagte die Beklagte den Klägern die Nutzung der Dachgeschosswohnung. Zur Begründung verwies sie auf die formelle Rechtswidrigkeit der Umbauarbeiten sowie auf einen Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht. Um die Ordnungsfunktion des Baurechts zu wahren, sei die Nutzungsuntersagung – auch in Abwägung mit den wirtschaftlichen Interessen der Kläger – angemessen. 13Eine entsprechende, im Mai 2019 erlassene Nutzungsuntersagungsverfügung gegen die Mieter einer anderen Wohnung in dem Gebäude war Gegenstand des durch Klagerücknahme beendeten Verfahrens 6 K 3034/19. 14Mit Ordnungsverfügung vom 6. Mai 2019 forderte die Beklagte die Kläger auf, innerhalb von drei Monaten nach Bestandskraft das Wohngebäude zu beseitigen, und drohte ihnen für den Fall der Nichterfüllung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- € an. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Die umfangreichen Veränderungen an dem Gebäude seien baugenehmigungspflichtig gewesen. Eine Baugenehmigung sei indes weder beantragt noch erteilt worden. Eine Genehmigung für den jetzigen Bauzustand könne auch nicht erteilt werden. Die Abstandsfläche der nordwestlichen Giebelwand habe im günstigsten Fall eine Tiefe von 4,45 m und liege damit teilweise auf dem Nachbargrundstück. Abgesehen von diesem zur materiellen Rechtswidrigkeit führenden Mangel bestünden Bedenken in Bezug auf den Nachweis der Standsicherheit, den Brandschutz und die planungsrechtliche Zulässigkeit. Der Bestandsschutz des Gebäudes sei aufgrund der massiven Änderungen erloschen. Der Erlass einer Beseitigungsverfügung erscheine bei pflichtgemäßer Ermessensausübung geboten. Die Bauaufsichtsbehörde sei regelmäßig gehalten, den vollständigen Abriss eines die Abstandsflächen nicht einhaltenden Gebäudes anzuordnen, wenn dieses nicht bautechnisch und nach den Vorstellungen des Bauherrn teilbar sei. Denn es sei nicht Aufgabe der Behörde, für den Bauherrn die Planung eines bauordnungsrechtlich beanstandungsfreien Vorhabens zu übernehmen, und sie dürfe dem Bauherrn auch nicht gegen seinen Willen eine neue Anlage aufdrängen. 15Mit Schreiben an die Kläger vom 5. Juni 2019 erklärte die Beklagte, die von ihr im November 2018 erteilte Auskunft betreffend die planungsrechtlichen Vorgaben für das Grundstück sei aufgrund schlechter Qualität der eingescannten Plankarte fehlerhaft gewesen. Der Bebauungsplan erlaube nicht maximal zwei, sondern maximal drei Vollgeschosse. Dies ändere allerdings nichts an der Rechtmäßigkeit der erlassenen Abrissverfügung. 16Am 16. Mai 2019 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. 17Zur Begründung führen sie aus: In die die Abrissverfügung tragende Ermessensentscheidung sei auch die Annahme einer planungsrechtlichen Unzulässigkeit eingeflossen, die sich inzwischen als unzutreffend erwiesen habe. Unklar sei, in welchem Umfang die Abstandsflächenverletzung sich durch die Umbauarbeiten „vertieft“ habe, wie von der Behörde angenommen. Ungeklärt sei auch, ob die Abstandsflächenverletzung durch das streitgegenständliche Gebäude oder durch das Nachbargebäude verursacht worden sei. Zudem komme hinsichtlich der Abstandsflächenverletzung ein Dispens in Betracht. Soweit in der Ordnungsverfügung brandschutzrechtliche Bedenken geäußert würden, habe die Behörde es versäumt, die Bedenken ausreichend zu konkretisieren. Dasselbe gelte für die Frage der Standsicherheit. Zu Unrecht leite die Behörde aus den Änderungen des Gebäudes einen Verzicht auf den Bestandsschutz ab. Sie selbst hätten ausdrücklich ihre Bereitschaft erklärt, das Gebäude notfalls zurückzubauen. Die Abrissverfügung könne stets nur ultima ratio sein. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, auf eine sachgerechte Lösung hinzuwirken. Äußerstenfalls hätte sie einen Rückbau der vorgenommenen Erweiterung fordern dürfen. 18Die Kläger beantragen, 19201. die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 9. April 2019 aufzuheben, 212. die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 6. Mai 2019 aufzuheben. 22Die Beklagte beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Sie führt zur Begründung aus: Die Klage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung sei bereits unzulässig, da die Klagefrist versäumt worden sei. Die Klage gegen die Abrissverfügung sei unbegründet. Das Gebäude habe seinen Bestandsschutz durch die bedeutsamen Eingriffe in die Gebäudesubstanz verloren. Bestands- und Funktionsänderungen würden durch den Bestandsschutz grundsätzlich nicht erfasst. Die Abstandsflächen könnten nicht auf dem eigenen Grundstück nachgewiesen werden. Die Abrissverfügung sei auch verhältnismäßig. Auch nach § 82 der Bauordnung NRW von 2018 sei es nur ausnahmsweise geboten, sich auf die Forderung nach einer teilweisen Beseitigung der Anlage zu beschränken. In der Regel sei es Sache des Bauherrn, den Rückbau auf ein genehmigungsfähiges Maß als Austauschmittel anzubieten. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Die weiteren in der Ordnungsverfügung angesprochenen Bedenken hätten letztlich nicht abschließend geprüft werden können; sie seien nicht Grundlage der Annahme der materiellen Illegalität des Vorhabens. 25Gegen einen von der Kammer am 15. Februar 2021 erlassenen Gerichtsbescheid haben die Kläger fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt. 26Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 27Entscheidungsgründe: 28Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 29Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage gegen die Ordnungsverfügung vom 9. April 2019 nicht wegen Versäumung der Klagefrist (§ 74 VwGO) unzulässig. Zwar ist die Ordnungsverfügung den Klägern ausweislich der Postzustellungsurkunde bereits am 10. April 2019 zugestellt worden. Allerdings hatte sich unter dem 31. Januar 2019 ein Bevollmächtigter für die Kläger bestellt und eine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Landeszustellungsgesetz NRW war die Zustellung der Ordnungsverfügung somit an ihn zu richten. Tatsächlich hat die Beklagte dem Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis „eine Durchschrift der Ordnungsverfügungen“ übersandt. Dies mag man möglicherweise als Zustellung (auch) an ihn ansehen können. Das Empfangsbekenntnis befindet sich allerdings nicht in der Behördenakte. Der (frühere) Bevollmächtigte hat mit der Klageschrift die Ordnungsverfügung vom 9. April 2019 samt angehängtem, von ihm mit Datum vom 16. April 2019 unterzeichnetem Empfangsbekenntnis übermittelt. Dass ihm die Ordnungsverfügung tatsächlich schon früher zugegangen ist, lässt sich anhand der Akten nicht feststellen. Die einmonatige Klagefrist lief somit gemäß § 57 Abs. 1 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB erst am Donnerstag, dem 16. Mai 2019, ab und ist mit der an eben diesem Tag erhobenen Klage gewahrt. 30Die Klage ist indes hinsichtlich beider Ordnungsverfügungen unbegründet. Die Ordnungsverfügungen sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). 311. 32Die Ordnungsverfügung vom 9. April 2019 (Nutzungsuntersagung) ist rechtmäßig. 33Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Ordnungsverfügung vom 9. April 2019 ist § 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 82 Satz 2 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018). 34In formeller Hinsicht begegnet die Ordnungsverfügung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Kläger sind vor Erlass der Ordnungsverfügung – wie in § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) vorgeschrieben – angehört worden, nämlich im Rahmen der auf ihrem Grundstück durchgeführten Ortstermine. Insbesondere bei dem Ortstermin vom 28. Februar 2019 hat ein Mitarbeiter der Beklagten laut Protokoll angekündigt, es seien „weitere ordnungsbehördliche Maßnahmen (Nutzungsuntersagung) abzuwägen“ und die Kläger sollten sich bis zum Ablauf der zehnten Kalenderwoche telefonisch mit ihm in Verbindung setzen. 35Die Ordnungsverfügung vom 9. April 2019 ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 58 Abs. 2 Satz 2 BauO NRW 2018 haben die Bauaufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Aufgabe, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung und der Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. § 82 Satz 2 BauO NRW 2018 sieht insoweit vor, dass die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen kann, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften in diesem Sinne gehören unter anderem die §§ 60 ff. BauO NRW 2018, denen zufolge bestimmte Vorhaben der Einholung einer Baugenehmigung bedürfen. Wird ein solches genehmigungsbedürftiges Vorhaben ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführt, hat die Behörde ein Einschreiten zu erwägen. 36Die Voraussetzungen für ein solches Einschreiten liegen hier vor. Die an dem Gebäude A.-----straße 62/64 durchgeführten Umbauarbeiten bedurften als „Änderung“ im Sinne von § 60 Abs. 1 BauO NRW 2018 der Baugenehmigung. Dies steht angesichts des Umfangs der durchgeführten Arbeiten außer Zweifel. Auf die Ausführungen in der Begründung der Ordnungsverfügung kann insoweit Bezug genommen werden. In der jetzigen Gestalt sind das Gebäude und seine Nutzung nicht mehr von der am 18. August 1900 erteilten baupolizeilichen Erlaubnis gedeckt. 37Soweit die Beklagte sich zusätzlich auf einen Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht beruft, bestehen ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit ihrer Einschätzung: Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 BauO NRW 2018 sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Diese Abstandsflächen müssen nach § 6 Abs. 2 S. 1 BauO NRW 2018 auf dem Grundstück selbst, dürfen also nicht auf dem Nachbargrundstück liegen. Vorliegend liegen die Abstandsflächen der nordwestlichen Giebelwand indes zu einem erheblichen Teil auf dem Nachbargrundstück. Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich nämlich gemäß § 6 Abs. 4 BauO NRW 2018 nach der Wandhöhe, wobei Wandhöhe das Maß von der Geländeoberfläche bis zur Schnittlinie der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand ist. Giebelflächen im Bereich von Dächern, die eine Neigung von weniger als 70 Grad haben, werden gemäß § 6 Abs. 4 S. 7 BauO NRW 2018 nur zu einem Drittel berücksichtigt. Bei einem asymmetrischen wie dem vorliegend durch den Umbau entstandenen Giebel sind insoweit verschiedene Wandabschnitte zu bilden. 38Vgl. Johlen, in: Gädtke u.a., Bauordnung NRW, Kommentar, 13. Aufl. 2019, § 6 Rn. 421; BeckOK Bauordnungsrecht NRW/Kockler, § 6 Rn. 91; ebenso für die Vorgängervorschriften OVG NRW, Beschluss vom 5. September 1995 - 7 B 1886/95 -; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Bauordnung NRW, Kommentar, Stand: Februar 2016, § 6 Rn. 197 f. 39Bei Zugrundelegung der Maße aus den mit Schriftsatz vom 18. August 2019 vorgelegten Ansichtszeichnungen des bautechnischen Dienstleisters Alberti (Blatt 91 f. der Gerichtsakte) ergibt sich vor dem hinteren, höheren Teil der nordwestlichen Giebelwand eine Wandhöhe von 13,61 + (30,5 : 3) = ca. 13,71 m. Multipliziert mit dem Regelabstandsmaß von 0,4 (§ 6 Abs. 5 S. 1 BauO NRW 2018) ergibt diese Höhe eine Abstandsflächentiefe von ca. 5,485 m. Für den vorderen Teil der Wand ergeben sich eine Wandhöhe von 9,44 + (4,17 : 3) = 10,83 m und eine Abstandsflächentiefe von 4,332 m. Der Grenzabstand der betreffenden Wand beträgt hingegen – folgt man dem mit Bauantrag für das Bauvorhaben A.-----straße eingereichten Amtlichen Lageplan (Blatt 159 der Gerichtsakte) – durchgehend deutlich weniger als 4 m. 40Soweit die Beklagte in der Ordnungsverfügung über das Abstandsflächenrecht hinaus weitere „materiell-rechtliche Verstöße bzw. Bedenken“ anspricht, handelt es sich ersichtlich nicht um tragende Erwägungen der Behörde. Aus den Formulierungen in dem entsprechenden Abschnitt ist zu ersehen, dass die Behörde hier keine Detailprüfung vorgenommen hat, die ihr ohne entsprechende Bauvorlagen und fachliche Nachweise auch nur bedingt möglich gewesen wäre, sondern lediglich auf Bedenken hinweisen will, die sich nach den diversen Ortsterminen aufdrängen. 41Ermessensfehler sind nicht erkennbar. Die Behörde hat ihren Entscheidungsspielraum hinsichtlich des „Ob und Wie“ eines ordnungsbehördlichen Einschreitens erkannt und sich von vertretbaren Überlegungen (§ 40 VwVfG NRW) leiten lassen. 42Das Nutzungsverbot ist auch nicht unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber hat durch das Erfordernis der Baugenehmigung dem öffentlichen Interesse an einer vor Aufnahme der Nutzung erfolgenden Überprüfung des Vorhabens den Vorrang vor dem Interesse des Bauherrn an der sofortigen Aufnahme einer genehmigungsbedürftigen Nutzung gegeben. Durch die Untersagung einer formell illegalen Nutzung wird lediglich dieser Wertung des Gesetzgebers Rechnung getragen, ohne dass dem Antragsteller für den Fall, dass sich in einem Genehmigungsverfahren die materielle Rechtmäßigkeit der Nutzung ergeben sollte, unbeabsichtigte Nachteile entstehen. Der Nachteil, der dadurch entsteht, dass das Genehmigungsverfahren abgewartet werden muss, ist durch die gesetzliche Regelung vorgegeben und regelmäßig in Kauf zu nehmen. 43Vgl. dazu nur OVG NRW, Beschluss vom 23. November 2020 - 10 A 2316/20 -, juris, mit weiteren Nachweisen. 44Vorliegend kommt hinzu, dass das Gebäude – wie oben aufgezeigt – die abstandsflächenrechtlichen Vorgaben deutlich verfehlt und damit auch Rechte der Grundstücksnachbarn verletzt. 45Die für die Räumung der Wohnung gesetzte Frist erscheint mit vierzehn Tagen recht knapp bemessen, ist angesichts der ungeklärten brandschutztechnischen und statischen Situation und des Umstands, dass den Klägern die Möglichkeiten ordnungsbehördlichen Einschreitens bei den Ortsterminen mehrfach vor Augen geführt worden waren, aber noch nicht unvertretbar. Die Kläger haben im Übrigen zu keinem Zeitpunkt eine unangemessene Kürze der Frist geltend gemacht. 46Die Kläger als Eigentümer des Gebäudes und Nutzer der von der Ordnungsverfügung erfassten Dachgeschosswohnung durften schließlich auch zu Adressaten der Ordnungsverfügung gemacht werden. 47Die Androhung der Zwangsgelder findet ihre Grundlage in §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) NRW und ist nach Lage der Dinge nicht zu beanstanden. 482. 49Die Ordnungsverfügung vom 6. Mai 2019 (Beseitigungsanordnung) ist rechtmäßig. 50Ermächtigungsgrundlage für den Erlass dieser Ordnungsverfügung ist § 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 82 Satz 1 BauO NRW 2018. 51Verfahrens- oder Formfehler sind nicht erkennbar. Insbesondere sind die Kläger vor Erlass der Ordnungsverfügung gemäß § 28 VwVfG NRW angehört worden, nämlich mit Schreiben vom 2. Januar 2019. 52Die Ordnungsverfügung vom 6. Mai 2019 ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 58 Abs. 2 Satz 2 BauO NRW 2018 haben die Bauaufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Aufgabe, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung und der Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. § 82 Satz 1 BauO NRW 2018 sieht insoweit vor, dass die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung anordnen kann, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. 53Der Erlass einer Beseitigungsverfügung setzt dabei regelmäßig voraus, dass die bauliche Anlage formell und seit ihrer Errichtung bzw. Änderung materiell baurechtswidrig ist und nicht aus sonstigen Gründen Bestandsschutz genießt. 54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Dezember 2014 - 2 A 1675/13 -, juris (Rn. 34), und Beschluss vom 25. April 2016 - 7 A 184/14 -, NVwZ-RR 2017, 17 f.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. April 2019 - 6 K 8502/17 -, juris (Rn. 27). 55Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. 56Wie oben bereits aufgezeigt worden ist, ist das in Rede stehende Wohnhaus infolge der massiven Änderungen nicht mehr von der unter dem 18. August 1900 erteilten baupolizeilichen Erlaubnis gedeckt und es verletzt deutlich die Vorgaben des Abstandsflächenrechts. Es ist somit seit der Durchführung der Änderungen formell und materiell baurechtswidrig. 57Auch der (materielle) Bestandsschutz des Gebäudes ist aufgrund der Änderungen erloschen. Eine nicht nur unwesentliche bauliche Änderung führt grundsätzlich zur Beendigung des Bestandsschutzes. Ist die Änderung so erheblich, dass das geänderte Gebäude nicht mehr mit dem alten, bestandsgeschützten identisch ist, so genießt es auch nicht dessen Bestandsschutz gegenüber dem entgegenstehenden Baurecht. Entscheidend sind also Art und Umfang der baulichen Maßnahmen. Ist das Gebäude durch sie derart verändert worden, dass es sich gegenüber dem früheren Zustand als etwas anderes („aliud") darstellt, so ist der Bestandsschutz entfallen. 58Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1994 - 4 B 48.94 -, juris (Rn. 6); OVG NRW, Urteile vom 4. September 2008 - 7 A 2358/07 -, juris (Rn. 78), vom 16. März 2012 - 2 A 760/10 -, juris (Rn. 39), und vom 20. April 2016 - 7 A 1367/14 -, juris (Rn. 27). 59Vom Bestandsschutz gedeckte Baumaßnahmen liegen also nur vor, wenn die Identität des veränderten Bauwerks mit dem Ursprungsbauwerk gewahrt bleibt. Hieran fehlt es etwa, wenn der mit der Baumaßnahme verbundene Eingriff in den vorhandenen Bestand seiner Qualität nach so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berührt, also nicht mehr isoliert geprüft werden kann, sondern eine statische Nachberechnung des gesamten Gebäudes erforderlich macht, wenn der für die Instandsetzung oder die Baumaßnahme notwendige Arbeitsaufwand seiner Quantität nach den Arbeitsaufwand für einen Neubau erreicht oder gar übersteigt, wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder wenn das Bauvolumen wesentlich erweitert wird. 60Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Mai 2014 - 2 A 2819/13 -, juris (Rn. 22); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. Oktober 2010 - 6 K 3620/08 -, juris (Rn. 54), mit weiteren Nachweisen. 61Gemessen daran liegt vorliegend eine Identitätsänderung vor. Durch die vorgenommenen Baumaßnahmen ist die Kubatur des Wohnhauses wesentlich geändert worden. Bis zu den Baumaßnahmen war das gesamte Doppelhaus mit einem Satteldach versehen, das auch auf der Rückseite eine Dachneigung von rund 45 Grad und eine Traufhöhe von gut neun Metern aufwies. Nach der rückwärtigen Aufstockung des Gebäudes liegt die Traufhöhe hier bei über dreizehneinhalb Metern. Die Rückwand ist also um rund 50% der ursprünglichen Höhe angehoben worden. Damit hat gerade die dem nordwestlichen Nachbargrundstück zugewandte Giebelwand eine deutlich veränderte Gestalt angenommen. Auch das Volumen des Gebäudes ist durch die Maßnahmen ganz erheblich erweitert worden. Die Geschossigkeit hat ebenfalls eine gravierende Änderung erfahren: Während das Haus bisher über zwei „Normalgeschosse“ und ein „klassisches Dachgeschoss“ nebst Spitzboden verfügte, sind nunmehr vier Geschosse vorhanden, bei denen es sich um Vollgeschosse handeln dürfte. Durch die baulichen Veränderungen sind zugleich erhebliche Eingriffe in die Statik vorgenommen worden, die eine Neubetrachtung der Gesamtanlage erforderlich machen dürften. Die zahlreichen Änderungen im Gebäudeinneren, zu denen auch die teilweise Beseitigung der das Haus früher mittig in zwei Hälften trennenden Wand, die Neuaufteilung der Nutzungseinheiten und die Neugestaltung der Zugänge zu den oberen Nutzungseinheiten gehören, haben ebenfalls gravierenden Charakter und werfen Fragen des Brandschutzes auf. In der Summe kann von einer Identität des alten Gebäudes mit dem neuem keine Rede mehr sein. 62Ermessensfehler der Beklagten sind auch hier nicht ersichtlich. Bei der Frage des Entschließungsermessens ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass bei der Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften, namentlich von Vorschriften des Abstandsflächenrechts, regelmäßig ein Anspruch des Nachbarn auf ordnungsbehördliches Einschreiten besteht. Das Ermessen der Behörde ist entsprechend reduziert. 63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. März 2012 - 2 A 2732/10 -, juris (Rn. 29), und Beschluss vom 5. Februar 2019 - 2 A 3131/18 -, juris (Rn. 11); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Januar 2014 - 6 K 2222/11 -, juris (Rn. 62). 64Soweit die Beklagte in der Ordnungsverfügung über das Abstandsflächenrecht hinaus weitere „materiell-rechtliche Verstöße bzw. Bedenken“ anspricht, handelt es sich auch hier ersichtlich nicht um tragende Erwägungen der Behörde, sondern um bloße Hinweise. Insoweit gilt das zur Ordnungsverfügung vom 9. April 2019 Gesagte. 65Die Beklagte durfte auch den Komplettabriss anordnen. Die Bauaufsichtsbehörde ist regelmäßig gehalten, den vollständigen Abriss einer die Abstandsflächen nicht einhaltenden Anlage anzuordnen, sofern diese weder bautechnisch noch nach den Vorstellungen des Bauherrn teilbar ist. Dies beruht auf der Erwägung, dass es einerseits nicht Aufgabe der Bauaufsicht ist, für den Bauherrn die Planung eines bauordnungsrechtlich beanstandungsfreien Vorhabens zu übernehmen, und dass andererseits dem Bauherrn nicht gegen seinen Willen eine neue Anlage aufgedrängt werden darf. Der Bauherr bzw. Eigentümer hat seinerseits die Möglichkeit, den Rückbau einer baulichen Anlage auf ein rechtlich zulässiges und deshalb genehmigungsfähiges Maß als Austauschmittel (§ 21 S. 2 Ordnungsbehördengesetz NRW) anzubieten und die dafür erforderlichen Unterlagen vorzulegen, um einen Komplettabriss zu vermeiden. 66Vgl. OVG NRW, Urteile vom 13. Oktober 1999 - 7 A 998/99 -, juris (Rn. 27 ff.), und vom 22. August 2005 - 10 A 3611/03 -, juris (Rn. 101); Beschlüsse vom 4. Dezember 2009 - 10 A 1671/09 -, juris (Rn. 49), und vom 26. Januar 2015 - 7 A 1070/14 -, juris (Rn. 4 ff.); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Januar 2014 - 6 K 2222/11 -, juris (Rn. 73). 67Daran ist auch nach Inkrafttreten des § 82 S. 1 BauO NRW 2018 grundsätzlich festzuhalten. 68So auch Rasche-Sutmeier, in: Schulte u.a., Die neue Bauordnung Nordrhein-Westfalen, 2019, § 82 Rn. 7 f. 69Zwar ermöglicht diese Vorschrift ausdrücklich auch die Anordnung einer „teilweisen“ Beseitigung. Auch dies darf aber regelmäßig nicht dazu führen, dass die Behörde dem Eigentümer eine bestimmte Form von Rückbau oder Änderung aufzwingt und damit seine verfassungskräftige Befugnis einschränkt, selbst – im Rahmen des geltenden Baurechts – über die Bebauung seines Grundstücks zu entscheiden. Etwas anderes mag möglicherweise gelten, wenn eine klare baukonstruktive und rechtliche Teilbarkeit gegeben ist, so dass sich eine bestimmte Form des Rückbaus aufdrängt und diese vom hypothetischen Willen des Eigentümers gedeckt ist. 70Vgl. BeckOK Bauordnungsrecht NRW/Keller, § 82 Rn. 20. 71Eine solche Situation ist vorliegend indes nicht gegeben. 72Die Ordnungsverfügung ist auch nicht unverhältnismäßig. Zwar verursacht der Abriss des Gebäudes erhebliche Kosten und es wird Bausubstanz in bedeutendem Umfang vernichtet. Dies allein gebietet aber nicht, den fortdauernden Verstoß gegen das Baurecht weiter hinzunehmen. Im Übrigen können die Kläger den Totalabriss des Gebäudes – wie aufgezeigt – verhindern, indem sie den Rückbau auf ein mit dem Baurecht vereinbares Maß als Austauschmittel anbieten und durchführen. 73Die Kläger konnten als Zustandsverantwortliche in Anspruch genommen werden, da sie Eigentümer des Grundstücks sind. 74Die Androhung des Zwangsgeldes findet ihre Grundlage in §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 VwVG NRW und ist nach Lage der Dinge nicht zu beanstanden. 753. 76Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 77Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 78Rechtsmittelbelehrung: 79Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 801. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 812. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 823. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 834. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 845. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 85Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen. 86Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens tragen die kläger. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. den klägern wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die kläger sind jeweils zur hälfte eigentümer des grundstücks a.-----straße (gemarkung v. , flur , flurstück ) in v. . das grundstück ist mit einem dreigeschossigen mehrfamilienhaus sowie einem nebengebäude bebaut. es liegt im geltungsbereich des bebauungsplans „i.----straße “ aus dem jahre 1989, der hier unter anderem ein „mischgebiet“ und eine bebauung in offener bauweise mit maximal drei vollgeschossen festsetzt. 3weitere einzelheiten zeigt der nachfolgende kartenausschnitt: 4an dieser stelle befindet sich in der originalentscheidung eine skizze 5das gebäude a.-----straße 62/64, dessen nordwestliche außenwand offenbar einen abstand von ca. 3,40 m (vordere ecke) bis ca. 3,60 m (hintere ecke) zur grundstücksgrenze aufweist, wurde auf der grundlage eines bauscheins vom 18. august 1900 errichtet. die seinerzeitigen bauvorlagen sahen ein spiegelbildlich gebautes traufständiges doppelhaus mit einem rund 45° steilen satteldach vor, das über zwei kurze, etwa vier meter breite rückwärtige anbauten verfügte. diese anbauten waren ihrerseits mit einem rechtwinklig zum hauptfirst angeordneten satteldach abgeschlossen, dessen first etwa 1,70 m tiefer verlief als der hauptfirst des gebäudes. das nebengebäude im rückwärtigen grundstücksbereich wurde als stallgebäude genehmigt und in den fünfziger jahren um eine „waschküche“ erweitert. 6im jahre 2004 erwarben die kläger das grundstück. in der folgezeit kam es zu einem ordnungsbehördlichen verfahren wegen mängeln der feuerstätte und des vorbeugenden brandschutzes. 7im februar und juni 2018 nahm die beklagte das gebäude bei ortsterminen (von außen) in augenschein und stellte fest, dass erhebliche baumaßnahmen durchgeführt worden waren. im wesentlichen handelte es sich um umbauarbeiten im bereich des daches. auf einem großen teil der fläche war die rückwärtige hälfte des satteldaches entfernt und durch ein annähernd flaches dach ersetzt worden, das die höhe des firsts aufnimmt und somit ein viertes geschoss ermöglicht. dieses dach überdeckte auch den rückwärtigen anbau an der nordecke des gebäudes, bei dem das satteldach entfernt und die außenwände aufgemauert worden waren. zudem war auch die breite dieses anbaus erweitert worden. 8mit ordnungsverfügung vom 4. juli 2018 wies die beklagte die kläger unter anordnung der sofortigen vollziehung und androhung eines zwangsgeldes an, die bauarbeiten auf dem streitgegenständlichen grundstück sofort einzustellen. den dagegen gestellten antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes (6 l 1386/18) lehnte die kammer mit beschluss vom 20. august 2018 ab. das klageverfahren (6 k 3913/18) wurde später nach klagerücknahme eingestellt. 9ebenfalls im juli 2018 meldete sich ein „bautechnischer dienstleister“ bei der beklagten und erklärte, er sei von den klägern beauftragt, planunterlagen zu erstellen. dafür werde er etwa vier monate benötigen. im august 2018 meldete sich ein weiteres planungsbüro mit dem gleichen anliegen. bei einem erörterungsgespräch im oktober 2018 wurde über denkbare lösungen, namentlich über einen teilrückbau, diskutiert. dabei kam laut gesprächsvermerk der beklagten unter anderem zur sprache, dass die abstandsflächen des gebäudes weder in seiner ursprungs- noch in der neuen gestalt auf dem baugrundstück liegen. im nachgang zu dem gespräch teilte die beklagte dem „bautechnischen dienstleister“ mit, dass aufgrund der umbauten kein bestandsschutz mehr bestehe. es gelte der rechtskräftige bebauungsplan, der hier unter anderem maximal zwei vollgeschosse zulasse. 10unter dem 2. januar 2019 hörte die beklagte die kläger zum erlass einer beseitigungsverfügung an. 11mit ordnungsverfügung vom 25. februar 2019 forderte die beklagte die kläger auf, ihr die besichtigung des gebäudeinneren zu ermöglichen. die entsprechende ortsbesichtigung fand am 28. februar 2019 unter beteiligung der brandschutzdienststelle statt. bei dieser gelegenheit wurde den klägern laut protokoll der beklagten noch einmal erklärt, dass es ohne ihre mitwirkung auf den erlass der angekündigten abrissverfügung hinauslaufen werde. die ortsbesichtigung ergab, dass auch im inneren des gebäudes erhebliche änderungen vorgenommen worden waren. so waren etwa die dachgeschosswohnungen in den beiden haushälften zu einer einzigen wohnung zusammengelegt worden. die treppe vom ober- zum dachgeschoss in der östlichen ecke des gebäudes war entfernt worden, so dass die dachgeschosswohnung nur noch durch die treppe in der nördlichen ecke des gebäudes erreichbar war. das durch die aufstockung entstandene vierte geschoss war noch weitgehend leer. 12mit ordnungsverfügung vom 9. april 2019 untersagte die beklagte den klägern die nutzung der dachgeschosswohnung. zur begründung verwies sie auf die formelle rechtswidrigkeit der umbauarbeiten sowie auf einen verstoß gegen das abstandsflächenrecht. um die ordnungsfunktion des baurechts zu wahren, sei die nutzungsuntersagung – auch in abwägung mit den wirtschaftlichen interessen der kläger – angemessen. 13eine entsprechende, im mai 2019 erlassene nutzungsuntersagungsverfügung gegen die mieter einer anderen wohnung in dem gebäude war gegenstand des durch klagerücknahme beendeten verfahrens 6 k 3034/19. 14mit ordnungsverfügung vom 6. mai 2019 forderte die beklagte die kläger auf, innerhalb von drei monaten nach bestandskraft das wohngebäude zu beseitigen, und drohte ihnen für den fall der nichterfüllung ein zwangsgeld in höhe von 5.000,- € an. zur begründung führte die beklagte aus: die umfangreichen veränderungen an dem gebäude seien baugenehmigungspflichtig gewesen. eine baugenehmigung sei indes weder beantragt noch erteilt worden. eine genehmigung für den jetzigen bauzustand könne auch nicht erteilt werden. die abstandsfläche der nordwestlichen giebelwand habe im günstigsten fall eine tiefe von 4,45 m und liege damit teilweise auf dem nachbargrundstück. abgesehen von diesem zur materiellen rechtswidrigkeit führenden mangel bestünden bedenken in bezug auf den nachweis der standsicherheit, den brandschutz und die planungsrechtliche zulässigkeit. der bestandsschutz des gebäudes sei aufgrund der massiven änderungen erloschen. der erlass einer beseitigungsverfügung erscheine bei pflichtgemäßer ermessensausübung geboten. die bauaufsichtsbehörde sei regelmäßig gehalten, den vollständigen abriss eines die abstandsflächen nicht einhaltenden gebäudes anzuordnen, wenn dieses nicht bautechnisch und nach den vorstellungen des bauherrn teilbar sei. denn es sei nicht aufgabe der behörde, für den bauherrn die planung eines bauordnungsrechtlich beanstandungsfreien vorhabens zu übernehmen, und sie dürfe dem bauherrn auch nicht gegen seinen willen eine neue anlage aufdrängen. 15mit schreiben an die kläger vom 5. juni 2019 erklärte die beklagte, die von ihr im november 2018 erteilte auskunft betreffend die planungsrechtlichen vorgaben für das grundstück sei aufgrund schlechter qualität der eingescannten plankarte fehlerhaft gewesen. der bebauungsplan erlaube nicht maximal zwei, sondern maximal drei vollgeschosse. dies ändere allerdings nichts an der rechtmäßigkeit der erlassenen abrissverfügung. 16am 16. mai 2019 haben die kläger die vorliegende klage erhoben. 17zur begründung führen sie aus: in die die abrissverfügung tragende ermessensentscheidung sei auch die annahme einer planungsrechtlichen unzulässigkeit eingeflossen, die sich inzwischen als unzutreffend erwiesen habe. unklar sei, in welchem umfang die abstandsflächenverletzung sich durch die umbauarbeiten „vertieft“ habe, wie von der behörde angenommen. ungeklärt sei auch, ob die abstandsflächenverletzung durch das streitgegenständliche gebäude oder durch das nachbargebäude verursacht worden sei. zudem komme hinsichtlich der abstandsflächenverletzung ein dispens in betracht. soweit in der ordnungsverfügung brandschutzrechtliche bedenken geäußert würden, habe die behörde es versäumt, die bedenken ausreichend zu konkretisieren. dasselbe gelte für die frage der standsicherheit. zu unrecht leite die behörde aus den änderungen des gebäudes einen verzicht auf den bestandsschutz ab. sie selbst hätten ausdrücklich ihre bereitschaft erklärt, das gebäude notfalls zurückzubauen. die abrissverfügung könne stets nur ultima ratio sein. die beklagte sei verpflichtet gewesen, auf eine sachgerechte lösung hinzuwirken. äußerstenfalls hätte sie einen rückbau der vorgenommenen erweiterung fordern dürfen. 18die kläger beantragen, 19201. die ordnungsverfügung der beklagten vom 9. april 2019 aufzuheben, 212. die ordnungsverfügung der beklagten vom 6. mai 2019 aufzuheben. 22die beklagte beantragt, 23die klage abzuweisen. 24sie führt zur begründung aus: die klage gegen die nutzungsuntersagungsverfügung sei bereits unzulässig, da die klagefrist versäumt worden sei. die klage gegen die abrissverfügung sei unbegründet. das gebäude habe seinen bestandsschutz durch die bedeutsamen eingriffe in die gebäudesubstanz verloren. bestands- und funktionsänderungen würden durch den bestandsschutz grundsätzlich nicht erfasst. die abstandsflächen könnten nicht auf dem eigenen grundstück nachgewiesen werden. die abrissverfügung sei auch verhältnismäßig. auch nach § 82 der bauordnung nrw von 2018 sei es nur ausnahmsweise geboten, sich auf die forderung nach einer teilweisen beseitigung der anlage zu beschränken. in der regel sei es sache des bauherrn, den rückbau auf ein genehmigungsfähiges maß als austauschmittel anzubieten. dies sei vorliegend nicht geschehen. die weiteren in der ordnungsverfügung angesprochenen bedenken hätten letztlich nicht abschließend geprüft werden können; sie seien nicht grundlage der annahme der materiellen illegalität des vorhabens. 25gegen einen von der kammer am 15. februar 2021 erlassenen gerichtsbescheid haben die kläger fristgerecht mündliche verhandlung beantragt. 26wegen der sonstigen einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 27 | 28die klage ist zulässig, aber unbegründet. 29entgegen der auffassung der beklagten ist die klage gegen die ordnungsverfügung vom 9. april 2019 nicht wegen versäumung der klagefrist (§ 74 vwgo) unzulässig. zwar ist die ordnungsverfügung den klägern ausweislich der postzustellungsurkunde bereits am 10. april 2019 zugestellt worden. allerdings hatte sich unter dem 31. januar 2019 ein bevollmächtigter für die kläger bestellt und eine schriftliche vollmacht vorgelegt. gemäß § 7 abs. 1 s. 2 landeszustellungsgesetz nrw war die zustellung der ordnungsverfügung somit an ihn zu richten. tatsächlich hat die beklagte dem bevollmächtigten gegen empfangsbekenntnis „eine durchschrift der ordnungsverfügungen“ übersandt. dies mag man möglicherweise als zustellung (auch) an ihn ansehen können. das empfangsbekenntnis befindet sich allerdings nicht in der behördenakte. der (frühere) bevollmächtigte hat mit der klageschrift die ordnungsverfügung vom 9. april 2019 samt angehängtem, von ihm mit datum vom 16. april 2019 unterzeichnetem empfangsbekenntnis übermittelt. dass ihm die ordnungsverfügung tatsächlich schon früher zugegangen ist, lässt sich anhand der akten nicht feststellen. die einmonatige klagefrist lief somit gemäß § 57 abs. 1 vwgo, § 222 abs. 1 zpo, § 188 abs. 2 bgb erst am donnerstag, dem 16. mai 2019, ab und ist mit der an eben diesem tag erhobenen klage gewahrt. 30die klage ist indes hinsichtlich beider ordnungsverfügungen unbegründet. die ordnungsverfügungen sind rechtmäßig und verletzen die kläger nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 1 vwgo). 311. 32die ordnungsverfügung vom 9. april 2019 (nutzungsuntersagung) ist rechtmäßig. 33ermächtigungsgrundlage für den erlass der ordnungsverfügung vom 9. april 2019 ist § 58 abs. 2 satz 2 i.v.m. § 82 satz 2 bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw 2018). 34in formeller hinsicht begegnet die ordnungsverfügung keinen durchgreifenden rechtlichen bedenken. die kläger sind vor erlass der ordnungsverfügung – wie in § 28 verwaltungsverfahrensgesetz nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) vorgeschrieben – angehört worden, nämlich im rahmen der auf ihrem grundstück durchgeführten ortstermine. insbesondere bei dem ortstermin vom 28. februar 2019 hat ein mitarbeiter der beklagten laut protokoll angekündigt, es seien „weitere ordnungsbehördliche maßnahmen (nutzungsuntersagung) abzuwägen“ und die kläger sollten sich bis zum ablauf der zehnten kalenderwoche telefonisch mit ihm in verbindung setzen. 35die ordnungsverfügung vom 9. april 2019 ist auch materiell rechtmäßig. nach § 58 abs. 2 satz 2 bauo nrw 2018 haben die bauaufsichtsbehörden im rahmen ihrer aufgabe, die einhaltung der öffentlich-rechtlichen vorschriften bei der errichtung, der änderung, der nutzungsänderung und der beseitigung sowie bei der nutzung und instandhaltung von anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem ermessen die erforderlichen maßnahmen zu treffen. § 82 satz 2 bauo nrw 2018 sieht insoweit vor, dass die bauaufsichtsbehörde die nutzung untersagen kann, wenn anlagen im widerspruch zu öffentlich-rechtlichen vorschriften genutzt werden. zu den öffentlich-rechtlichen vorschriften in diesem sinne gehören unter anderem die §§ 60 ff. bauo nrw 2018, denen zufolge bestimmte vorhaben der einholung einer baugenehmigung bedürfen. wird ein solches genehmigungsbedürftiges vorhaben ohne die erforderliche genehmigung durchgeführt, hat die behörde ein einschreiten zu erwägen. 36die voraussetzungen für ein solches einschreiten liegen hier vor. die an dem gebäude a.-----straße 62/64 durchgeführten umbauarbeiten bedurften als „änderung“ im sinne von § 60 abs. 1 bauo nrw 2018 der baugenehmigung. dies steht angesichts des umfangs der durchgeführten arbeiten außer zweifel. auf die ausführungen in der begründung der ordnungsverfügung kann insoweit bezug genommen werden. in der jetzigen gestalt sind das gebäude und seine nutzung nicht mehr von der am 18. august 1900 erteilten baupolizeilichen erlaubnis gedeckt. 37soweit die beklagte sich zusätzlich auf einen verstoß gegen das abstandsflächenrecht beruft, bestehen ebenfalls keine zweifel an der richtigkeit ihrer einschätzung: gemäß § 6 abs. 1 s. 1 bauo nrw 2018 sind vor den außenwänden von gebäuden abstandsflächen von oberirdischen gebäuden freizuhalten. diese abstandsflächen müssen nach § 6 abs. 2 s. 1 bauo nrw 2018 auf dem grundstück selbst, dürfen also nicht auf dem nachbargrundstück liegen. vorliegend liegen die abstandsflächen der nordwestlichen giebelwand indes zu einem erheblichen teil auf dem nachbargrundstück. die tiefe der abstandsfläche bemisst sich nämlich gemäß § 6 abs. 4 bauo nrw 2018 nach der wandhöhe, wobei wandhöhe das maß von der geländeoberfläche bis zur schnittlinie der wand mit der dachhaut oder bis zum oberen abschluss der wand ist. giebelflächen im bereich von dächern, die eine neigung von weniger als 70 grad haben, werden gemäß § 6 abs. 4 s. 7 bauo nrw 2018 nur zu einem drittel berücksichtigt. bei einem asymmetrischen wie dem vorliegend durch den umbau entstandenen giebel sind insoweit verschiedene wandabschnitte zu bilden. 38vgl. johlen, in: gädtke u.a., bauordnung nrw, kommentar, 13. aufl. 2019, § 6 rn. 421; beckok bauordnungsrecht nrw/kockler, § 6 rn. 91; ebenso für die vorgängervorschriften ovg nrw, beschluss vom 5. september 1995 - 7 b 1886/95 -; boeddinghaus/hahn/schulte, bauordnung nrw, kommentar, stand: februar 2016, § 6 rn. 197 f. 39bei zugrundelegung der maße aus den mit schriftsatz vom 18. august 2019 vorgelegten ansichtszeichnungen des bautechnischen dienstleisters alberti (blatt 91 f. der gerichtsakte) ergibt sich vor dem hinteren, höheren teil der nordwestlichen giebelwand eine wandhöhe von 13,61 + (30,5 : 3) = ca. 13,71 m. multipliziert mit dem regelabstandsmaß von 0,4 (§ 6 abs. 5 s. 1 bauo nrw 2018) ergibt diese höhe eine abstandsflächentiefe von ca. 5,485 m. für den vorderen teil der wand ergeben sich eine wandhöhe von 9,44 + (4,17 : 3) = 10,83 m und eine abstandsflächentiefe von 4,332 m. der grenzabstand der betreffenden wand beträgt hingegen – folgt man dem mit bauantrag für das bauvorhaben a.-----straße eingereichten amtlichen lageplan (blatt 159 der gerichtsakte) – durchgehend deutlich weniger als 4 m. 40soweit die beklagte in der ordnungsverfügung über das abstandsflächenrecht hinaus weitere „materiell-rechtliche verstöße bzw. bedenken“ anspricht, handelt es sich ersichtlich nicht um tragende erwägungen der behörde. aus den formulierungen in dem entsprechenden abschnitt ist zu ersehen, dass die behörde hier keine detailprüfung vorgenommen hat, die ihr ohne entsprechende bauvorlagen und fachliche nachweise auch nur bedingt möglich gewesen wäre, sondern lediglich auf bedenken hinweisen will, die sich nach den diversen ortsterminen aufdrängen. 41ermessensfehler sind nicht erkennbar. die behörde hat ihren entscheidungsspielraum hinsichtlich des „ob und wie“ eines ordnungsbehördlichen einschreitens erkannt und sich von vertretbaren überlegungen (§ 40 vwvfg nrw) leiten lassen. 42das nutzungsverbot ist auch nicht unverhältnismäßig. der gesetzgeber hat durch das erfordernis der baugenehmigung dem öffentlichen interesse an einer vor aufnahme der nutzung erfolgenden überprüfung des vorhabens den vorrang vor dem interesse des bauherrn an der sofortigen aufnahme einer genehmigungsbedürftigen nutzung gegeben. durch die untersagung einer formell illegalen nutzung wird lediglich dieser wertung des gesetzgebers rechnung getragen, ohne dass dem antragsteller für den fall, dass sich in einem genehmigungsverfahren die materielle rechtmäßigkeit der nutzung ergeben sollte, unbeabsichtigte nachteile entstehen. der nachteil, der dadurch entsteht, dass das genehmigungsverfahren abgewartet werden muss, ist durch die gesetzliche regelung vorgegeben und regelmäßig in kauf zu nehmen. 43vgl. dazu nur ovg nrw, beschluss vom 23. november 2020 - 10 a 2316/20 -, juris, mit weiteren nachweisen. 44vorliegend kommt hinzu, dass das gebäude – wie oben aufgezeigt – die abstandsflächenrechtlichen vorgaben deutlich verfehlt und damit auch rechte der grundstücksnachbarn verletzt. 45die für die räumung der wohnung gesetzte frist erscheint mit vierzehn tagen recht knapp bemessen, ist angesichts der ungeklärten brandschutztechnischen und statischen situation und des umstands, dass den klägern die möglichkeiten ordnungsbehördlichen einschreitens bei den ortsterminen mehrfach vor augen geführt worden waren, aber noch nicht unvertretbar. die kläger haben im übrigen zu keinem zeitpunkt eine unangemessene kürze der frist geltend gemacht. 46die kläger als eigentümer des gebäudes und nutzer der von der ordnungsverfügung erfassten dachgeschosswohnung durften schließlich auch zu adressaten der ordnungsverfügung gemacht werden. 47die androhung der zwangsgelder findet ihre grundlage in §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 verwaltungsvollstreckungsgesetz (vwvg) nrw und ist nach lage der dinge nicht zu beanstanden. 482. 49die ordnungsverfügung vom 6. mai 2019 (beseitigungsanordnung) ist rechtmäßig. 50ermächtigungsgrundlage für den erlass dieser ordnungsverfügung ist § 58 abs. 2 satz 2 i.v.m. § 82 satz 1 bauo nrw 2018. 51verfahrens- oder formfehler sind nicht erkennbar. insbesondere sind die kläger vor erlass der ordnungsverfügung gemäß § 28 vwvfg nrw angehört worden, nämlich mit schreiben vom 2. januar 2019. 52die ordnungsverfügung vom 6. mai 2019 ist auch materiell rechtmäßig. nach § 58 abs. 2 satz 2 bauo nrw 2018 haben die bauaufsichtsbehörden im rahmen ihrer aufgabe, die einhaltung der öffentlich-rechtlichen vorschriften bei der errichtung, der änderung, der nutzungsänderung und der beseitigung sowie bei der nutzung und instandhaltung von anlagen zu überwachen, nach pflichtgemäßem ermessen die erforderlichen maßnahmen zu treffen. § 82 satz 1 bauo nrw 2018 sieht insoweit vor, dass die bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige beseitigung anordnen kann, wenn anlagen im widerspruch zu öffentlich-rechtlichen vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere weise rechtmäßige zustände hergestellt werden können. 53der erlass einer beseitigungsverfügung setzt dabei regelmäßig voraus, dass die bauliche anlage formell und seit ihrer errichtung bzw. änderung materiell baurechtswidrig ist und nicht aus sonstigen gründen bestandsschutz genießt. 54vgl. ovg nrw, urteil vom 2. dezember 2014 - 2 a 1675/13 -, juris (rn. 34), und beschluss vom 25. april 2016 - 7 a 184/14 -, nvwz-rr 2017, 17 f.; vg gelsenkirchen, urteil vom 9. april 2019 - 6 k 8502/17 -, juris (rn. 27). 55diese voraussetzungen sind vorliegend gegeben. 56wie oben bereits aufgezeigt worden ist, ist das in rede stehende wohnhaus infolge der massiven änderungen nicht mehr von der unter dem 18. august 1900 erteilten baupolizeilichen erlaubnis gedeckt und es verletzt deutlich die vorgaben des abstandsflächenrechts. es ist somit seit der durchführung der änderungen formell und materiell baurechtswidrig. 57auch der (materielle) bestandsschutz des gebäudes ist aufgrund der änderungen erloschen. eine nicht nur unwesentliche bauliche änderung führt grundsätzlich zur beendigung des bestandsschutzes. ist die änderung so erheblich, dass das geänderte gebäude nicht mehr mit dem alten, bestandsgeschützten identisch ist, so genießt es auch nicht dessen bestandsschutz gegenüber dem entgegenstehenden baurecht. entscheidend sind also art und umfang der baulichen maßnahmen. ist das gebäude durch sie derart verändert worden, dass es sich gegenüber dem früheren zustand als etwas anderes („aliud") darstellt, so ist der bestandsschutz entfallen. 58vgl. bverwg, beschluss vom 27. juli 1994 - 4 b 48.94 -, juris (rn. 6); ovg nrw, urteile vom 4. september 2008 - 7 a 2358/07 -, juris (rn. 78), vom 16. märz 2012 - 2 a 760/10 -, juris (rn. 39), und vom 20. april 2016 - 7 a 1367/14 -, juris (rn. 27). 59vom bestandsschutz gedeckte baumaßnahmen liegen also nur vor, wenn die identität des veränderten bauwerks mit dem ursprungsbauwerk gewahrt bleibt. hieran fehlt es etwa, wenn der mit der baumaßnahme verbundene eingriff in den vorhandenen bestand seiner qualität nach so intensiv ist, dass er die standfestigkeit des gesamten bauwerks berührt, also nicht mehr isoliert geprüft werden kann, sondern eine statische nachberechnung des gesamten gebäudes erforderlich macht, wenn der für die instandsetzung oder die baumaßnahme notwendige arbeitsaufwand seiner quantität nach den arbeitsaufwand für einen neubau erreicht oder gar übersteigt, wenn die bausubstanz ausgetauscht oder wenn das bauvolumen wesentlich erweitert wird. 60vgl. ovg nrw, beschluss vom 9. mai 2014 - 2 a 2819/13 -, juris (rn. 22); vg gelsenkirchen, urteil vom 29. oktober 2010 - 6 k 3620/08 -, juris (rn. 54), mit weiteren nachweisen. 61gemessen daran liegt vorliegend eine identitätsänderung vor. durch die vorgenommenen baumaßnahmen ist die kubatur des wohnhauses wesentlich geändert worden. bis zu den baumaßnahmen war das gesamte doppelhaus mit einem satteldach versehen, das auch auf der rückseite eine dachneigung von rund 45 grad und eine traufhöhe von gut neun metern aufwies. nach der rückwärtigen aufstockung des gebäudes liegt die traufhöhe hier bei über dreizehneinhalb metern. die rückwand ist also um rund 50% der ursprünglichen höhe angehoben worden. damit hat gerade die dem nordwestlichen nachbargrundstück zugewandte giebelwand eine deutlich veränderte gestalt angenommen. auch das volumen des gebäudes ist durch die maßnahmen ganz erheblich erweitert worden. die geschossigkeit hat ebenfalls eine gravierende änderung erfahren: während das haus bisher über zwei „normalgeschosse“ und ein „klassisches dachgeschoss“ nebst spitzboden verfügte, sind nunmehr vier geschosse vorhanden, bei denen es sich um vollgeschosse handeln dürfte. durch die baulichen veränderungen sind zugleich erhebliche eingriffe in die statik vorgenommen worden, die eine neubetrachtung der gesamtanlage erforderlich machen dürften. die zahlreichen änderungen im gebäudeinneren, zu denen auch die teilweise beseitigung der das haus früher mittig in zwei hälften trennenden wand, die neuaufteilung der nutzungseinheiten und die neugestaltung der zugänge zu den oberen nutzungseinheiten gehören, haben ebenfalls gravierenden charakter und werfen fragen des brandschutzes auf. in der summe kann von einer identität des alten gebäudes mit dem neuem keine rede mehr sein. 62ermessensfehler der beklagten sind auch hier nicht ersichtlich. bei der frage des entschließungsermessens ist im übrigen zu berücksichtigen, dass bei der verletzung von nachbarschützenden vorschriften, namentlich von vorschriften des abstandsflächenrechts, regelmäßig ein anspruch des nachbarn auf ordnungsbehördliches einschreiten besteht. das ermessen der behörde ist entsprechend reduziert. 63vgl. ovg nrw, urteil vom 9. märz 2012 - 2 a 2732/10 -, juris (rn. 29), und beschluss vom 5. februar 2019 - 2 a 3131/18 -, juris (rn. 11); vg gelsenkirchen, urteil vom 14. januar 2014 - 6 k 2222/11 -, juris (rn. 62). 64soweit die beklagte in der ordnungsverfügung über das abstandsflächenrecht hinaus weitere „materiell-rechtliche verstöße bzw. bedenken“ anspricht, handelt es sich auch hier ersichtlich nicht um tragende erwägungen der behörde, sondern um bloße hinweise. insoweit gilt das zur ordnungsverfügung vom 9. april 2019 gesagte. 65die beklagte durfte auch den komplettabriss anordnen. die bauaufsichtsbehörde ist regelmäßig gehalten, den vollständigen abriss einer die abstandsflächen nicht einhaltenden anlage anzuordnen, sofern diese weder bautechnisch noch nach den vorstellungen des bauherrn teilbar ist. dies beruht auf der erwägung, dass es einerseits nicht aufgabe der bauaufsicht ist, für den bauherrn die planung eines bauordnungsrechtlich beanstandungsfreien vorhabens zu übernehmen, und dass andererseits dem bauherrn nicht gegen seinen willen eine neue anlage aufgedrängt werden darf. der bauherr bzw. eigentümer hat seinerseits die möglichkeit, den rückbau einer baulichen anlage auf ein rechtlich zulässiges und deshalb genehmigungsfähiges maß als austauschmittel (§ 21 s. 2 ordnungsbehördengesetz nrw) anzubieten und die dafür erforderlichen unterlagen vorzulegen, um einen komplettabriss zu vermeiden. 66vgl. ovg nrw, urteile vom 13. oktober 1999 - 7 a 998/99 -, juris (rn. 27 ff.), und vom 22. august 2005 - 10 a 3611/03 -, juris (rn. 101); beschlüsse vom 4. dezember 2009 - 10 a 1671/09 -, juris (rn. 49), und vom 26. januar 2015 - 7 a 1070/14 -, juris (rn. 4 ff.); vg gelsenkirchen, urteil vom 14. januar 2014 - 6 k 2222/11 -, juris (rn. 73). 67daran ist auch nach inkrafttreten des § 82 s. 1 bauo nrw 2018 grundsätzlich festzuhalten. 68so auch rasche-sutmeier, in: schulte u.a., die neue bauordnung nordrhein-westfalen, 2019, § 82 rn. 7 f. 69zwar ermöglicht diese vorschrift ausdrücklich auch die anordnung einer „teilweisen“ beseitigung. auch dies darf aber regelmäßig nicht dazu führen, dass die behörde dem eigentümer eine bestimmte form von rückbau oder änderung aufzwingt und damit seine verfassungskräftige befugnis einschränkt, selbst – im rahmen des geltenden baurechts – über die bebauung seines grundstücks zu entscheiden. etwas anderes mag möglicherweise gelten, wenn eine klare baukonstruktive und rechtliche teilbarkeit gegeben ist, so dass sich eine bestimmte form des rückbaus aufdrängt und diese vom hypothetischen willen des eigentümers gedeckt ist. 70vgl. beckok bauordnungsrecht nrw/keller, § 82 rn. 20. 71eine solche situation ist vorliegend indes nicht gegeben. 72die ordnungsverfügung ist auch nicht unverhältnismäßig. zwar verursacht der abriss des gebäudes erhebliche kosten und es wird bausubstanz in bedeutendem umfang vernichtet. dies allein gebietet aber nicht, den fortdauernden verstoß gegen das baurecht weiter hinzunehmen. im übrigen können die kläger den totalabriss des gebäudes – wie aufgezeigt – verhindern, indem sie den rückbau auf ein mit dem baurecht vereinbares maß als austauschmittel anbieten und durchführen. 73die kläger konnten als zustandsverantwortliche in anspruch genommen werden, da sie eigentümer des grundstücks sind. 74die androhung des zwangsgeldes findet ihre grundlage in §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60, 63 vwvg nrw und ist nach lage der dinge nicht zu beanstanden. 753. 76die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 77die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 78rechtsmittelbelehrung: 79gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 801. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 812. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 823. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 834. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 845. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 85die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv, einzureichen. 86im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. | Verklagte*r | 0 |
168,772 | 9 K 6091/13 | 2015-01-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung E. , Flur 82, Flurstück 393 (postalische Anschrift L. 12, E. ), welches mit einem Einfamilienhaus bebaut ist. Dieses ist Bestandteil einer Häuserzeile aus insgesamt fünf Häusern. Die Länge der Bebauung beträgt ausweislich des mit dem Bauantrag vorgelegten Flurkartenausschnitts, der mit der online unter www.tim-online.nrw.de durch das Gericht eingesehenen Liegenschaftskarte (zuletzt abgerufen am 13. Januar 2015) übereinstimmt, ca. 55,4 m. 3Das südlichst gelegene Haus (Flurstück 394, L. 10) ist ca. 11 m breit und 8 m tief. An der gartenseitigen südöstlichen Ecke dieses Hauses ist ein ca. 5,5 m breiter und 4 m tiefer Erker angesetzt. Das Haus der Kläger schließt sich nach Norden an der gemeinsamen Grundstücksgrenze nahezu deckungsgleich, nämlich mit einem kleinen Rücksprung an der Vorderseite der Häuser, an und ist im übrigen ebenfalls ca. 11 m breit und 8 m tief, verfügt aber nicht über einen Erker. Es folgt das Haus der Beigeladenen, dessen Vorderseite um einen Meter zurückspringt, gartenseitig bisher mit dem Haus der Kläger bündig abschloss und damit an der gemeinsamen Grundstücksgrenze nur eine Tiefe von 7 m aufwies. Erst in einem Abstand von 2 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze sprang die gartenseitige Hauswand um einen Meter vor. Auf diesen Altbestand folgt an der nördlichen Grundstücksgrenze der Beigeladenen das Haus L. 16 (Flurstück 389), welches an der Vorderseite deckungsgleich und gartenseitig mit einem Vorsprung von ca. 4 m anschließt. Der Vorsprung ist durch einen zweigeschossigen genehmigten Anbau entstanden. Dieses Haus ist damit ca. 11 m breit und 12 m tief. Im Rahmen der Errichtung des nachträglich errichteten rückwärtigen Anbaus wurde die gesamte rückwärtige Dachkonstruktion so verändert, dass der Anbau nicht mehr als solcher erkennbar ist, sondern als Teil eines einheitlichen Hauses erscheint. An dieses Haus schließt sich an der nördlichen Grundstücksgrenze das letzte Haus dieser Häuserzeile an. Es ist ca. 11 m breit und 10 m tief. Im Verhältnis zum Haus der Beigeladenen springt seine Vorderseite um ca. 1 m zurück. Die gartenseitige Hauswand ist um ca. 1,5 m Richtung Garten verschoben. Alle Grundstücke im Bereich dieser Häuserzeile weisen eine Tiefe von mehr als 20 m auf. 4In dem Bereich um das Vorhabengrundstück finden sich sowohl in offener Bauweise errichtete Gebäude (Doppelhäuser und Hausgruppen mit einer Länge unter 50 m) wie auch solche, die in geschlossener Bauweise errichtet worden sind (Häuserzeilen mit einer Länge von über 50 m). Dies gilt sowohl, wenn nur der durch die Straßen N. , T. und U. umschlossene Bereich betrachtet wird, als auch, wenn auch der Bereich zwischen den Grünflächen im Norden und Süden sowie dem E1. im Westen einbezogen wird. 5Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den nachfolgenden Kartenausschnitt Bezug genommen: 6Am 31. Juli 2013 beantragten die Beigeladenen bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines gartenseitigen zweigeschossigen Anbaus und den Umbau der vorhandenen Wohnbebauung in zwei Wohneinheiten. Der auf beiden Seiten grenzständige Anbau schließt an der nördlichen Grundstücksgrenze in einer Linie mit dem auf dem Flurstück 389 bereits errichteten Anbau ab. An der südlichen Grundstücksgrenze zu dem Grundstück der Kläger entsteht ein Versprung von ca. 5 m Tiefe, wobei die Wandhöhe im Mittel ca. 6 m beträgt. Das Dach des Anbaus weist im Gegensatz zu dem Satteldach des Hauses (ca. 32 Grad) eine Neigung von nur 5 Grad auf. Im ersten Obergeschoss fassen die grenzständigen Wohnräume gartenseitig eine Dachterrasse von beiden Seiten ein. Diese ist von der zu den Klägern gelegenen Grundstücksgrenze 3,13 m entfernt. 7Die Beklagte hat den Beigeladenen die begehrte Baugenehmigung am 26. August 2013 erteilt. Eine Bekanntgabe an die Kläger erfolgte zunächst nicht. Auf Schreiben vom 22. November 2013 übersandte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten der Kläger am 25. November 2013 eine Ablichtung der Baugenehmigung. 8Die Kläger haben am 20. Dezember 2013 die vorliegende Klage erhoben. Zu ihrer Begründung machen sie geltend: Das Vorhaben sei ihnen gegenüber rücksichtslos. Der verfahrensgegenständliche Anbau erweise sich auf der Grundlage der sog. „Doppelhaus-Rechtsprechung“ des Bundesverwaltungsgerichts als nicht mehr wechselseitig verträglich und abgestimmt. Im Gegenteil wirke der Anbau gegenüber ihrem Grundstück erdrückend. Er nehme ihnen in erheblicher Weise die Sonneneinstrahlung und verhindere eine angemessene Nutzung des rückwärtigen Grundstücksbereichs. Auch führe er zu einem unerträglichen Hitzestau auf der Terrasse. Bei Starkregenereignissen führe die große grenzständig errichtete Wandfläche zu einem rücksichtslosen Wassereintrag auf dem Grundstück. Schließlich ermögliche der Anbau nunmehr eine Einblicknahmemöglichkeit auf ihr Grundstück, welche mit der bisherigen Situation nicht vergleichbar sei. Auch die Standsicherheit des Anbaus sei nicht gesichert. 9Die Kläger beantragen, 10die den Beigeladenen von der Beklagten am 27. August 2013 erteilte Baugenehmigung aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Sie ist der Auffassung, die Baugenehmigung verletzte die Kläger nicht in nachbarschützenden Vorschriften. 14Die Beigeladenen stellen keinen Antrag. 15Der Einzelrichter hat die Örtlichkeit am 20. August 2014 in Augenschein genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Ortsterminsprotokoll nebst gefertigten Lichtbildern Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 18Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klagefrist eingehalten worden. Die Kläger haben nach ihrem unwidersprochenen Vortrag erst nach dem 25. November 2013 Kenntnis von der Baugenehmigung erlangt. Durch die Erhebung der Klage am 20. Dezember 2013 ist selbst die einmonatige Klagefrist der §§ 74 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 110 Abs. 1, 3 Satz 2 Nr. 7 Justizgesetz NRW (JustG NRW) gewahrt worden, so dass es auf die Frage der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung nicht ankommt. 19Die Klage ist aber unbegründet. Die Anfechtungsklage gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO begründet, wenn den Klägern ein Abwehrrecht gegen das Vorhaben der Beigeladenen zusteht. Dies setzt voraus, dass das Vorhaben in einer nicht durch einen rechtmäßigen Dispens ausräumbaren Weise gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind, und – sofern sich dies aus der nachbarschützenden Vorschrift ergibt – die Kläger durch das Vorhaben tatsächlich spürbar beeinträchtigt werden. Ob das Vorhaben objektiv, d.h. hinsichtlich der Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, wird im Klageverfahren hingegen nicht geprüft. 20Vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1969 – IV C 234.65 –, BVerwGE 32, 173 = juris Rn 15; vgl. weiter BVerwG, Urteil vom 13. März 1981 – 4 C 1/78 –, BRS 38 Nr. 186 = juris Rn 35. 21Das Vorhaben, das im unbeplanten Innenbereich liegt, verstößt nicht gegen die Kläger schützende Normen des Bauplanungsrechts. Es ist hinsichtlich seiner Bauweise planungsrechtlich an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen, da es insoweit an bauplanerischen Festsetzungen fehlt und das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt. Maßstabsbildend im Sinne dieser Vorschrift ist die Umgebung, in der sich die Ausführung eines Vorhabens auswirken kann und umgekehrt ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. 22Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Mai 1978 – 4 C 9.77 –, BVerwGE 55, 369 = juris Rn 33, und vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 –, NVwZ 2014, 370 = juris Rn 10. 23Dem maßgeblichen objektiv-rechtlichen Rücksichtnahmegebot, das Bestandteil des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB ist, kommt eine solche drittschützende Wirkung nur ausnahmsweise zu. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt zunächst einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus. 24Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. September 1991 – 4 C 5.87 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 103 S. 76 = juris Rn 36, und vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 –, NVwZ 2014, 370 = juris Rn 21. 25Objektiv-rechtlich ist ein solcher Verstoß gegeben, wenn sich ein Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise oder der überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, 26vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 – 4 B 128.98 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 S. 3 = juris Rn 6; Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 –, NVwZ 2014, 370 = juris Rn 21, 27oder aber, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt. 28Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Mai 1978 –4 C 9.77 –, BVerwGE 55, 369 = juris Rn 46, und vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 –, NVwZ 2014, 370 = juris Rn 21. 29Drittschutz ist dabei nur dann anzunehmen, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. 30Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 13. März 1981 – 4 C 1/78 –, BRS 38 Nr. 186 = juris Rn 35, vom 18. Oktober 1985 – 4 C 19/82 –, BRS 44 Nr. 71 = juris Rn 14, und vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 –, NVwZ 2014, 370 = juris Rn 21; vgl. zum Rücksichtnahmegebot im Bauplanungsrecht generell BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 – IV C 22.75 –, BVerwGE 52, 122 = juris Rn 26; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: September 2013, § 34 Rn 141 mit weiteren Nachweisen. 31Das Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind. 32Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 – IV C 22.75 –, BVerwGE 52, 122 = juris Rn 22, vom 21. Januar 1983 – 4 C 59.79 –, BRS 40 Nr. 199 = juris Rn 14, und vom 23. Mai 1986 – 4 C 34/85 –, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 114 = juris Rn 15; OVG NRW, Beschlüsse vom 3. September 1999 – 10 B 1283/99 –, NVwZ 1999, 1360 = juris Rn 33, und vom 29. August 2011 – 2 B 940/11 –, juris Rn 9. 33Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots gegenüber dem Grundstück der Kläger durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht vor. 34In der näheren Umgebung des Vorhabens der Beigeladenen – losgelöst von der Frage, ob nur das Straßengeviert N. , T. und U. oder auch der Bereich zwischen den Grünflächen im Norden und Süden sowie dem E1. im Westen einzubeziehen ist – findet sich sowohl offene (Doppelhäuser und Hausgruppen mit einer Länge unter 50 m) als auch geschlossene Bauweise (Häuserzeilen mit einer Länge von über 50 m, hier 55,4 m). 35Für die Bestimmung der Bauweise kann auch im unbeplanten Innenbereich § 22 Abs. 2 Satz 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) als Auslegungshilfe herangezogen werden, obwohl es an einer diesbezüglichen Festsetzung fehlt. 36Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. März 1994 – 4 C 18.92 – BVerwGE 95, 277 = juris Rn 7, und vom 15. Dezember 1994 – 4 C 19.93 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 30 = juris Rn 19; Beschluss vom 27. Juli 2011 – 4 B 4.11 –, BRS 78 Nr. 102 = juris Rn 4; Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 –, NVwZ 2014, 370 = juris Rn 12. 37Diese Vorschrift enthält definitorische Grundsätze, wie etwa die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise zu verstehen sind. 38Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 1994 – 4 B 131.94 –, juris Rn 3; Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 –, NVwZ 2014, 370 = juris Rn 12. 39Soweit die Kläger auf eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens aufgrund der durch den Anbau erfolgenden Aufhebung der baulichen Einheit der vorhandenen Gebäude, 40vgl. Urteil des VG Würzburg vom 23. Januar 2014 – W 5 K 13.88 –, 41Bezug nehmen und sich somit auf die sog. „Doppelhaus-Rechtsprechung“ des Bundesverwaltungsgerichts und das damit einhergehende Erfordernis der wechselseitig verträglichen und abgestimmten Bauweise berufen, 42vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12.98 – BVerwGE 110, 355 = juris Rn 20 ff, Beschluss vom 23. April 2013 – 4 B 17.13 –, BauR 2013, 1427 = juris Rn 5; zur Prüfung dieses Aspektes im unbeplanten Innenbereich im Rahmen des Rücksichtnahmegebots vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12 –, NVwZ 2014, 370 = juris Rn 21, 43führt dies nicht zum Erfolg. Diese Rechtsprechung ist jedenfalls nicht unmittelbar auf das streitgegenständliche Vorhaben anwendbar. 44Das Haus der Beigeladenen in der Gestalt der angefochtenen Baugenehmigung sowie das Haus der Kläger sind keine Doppelhäuser. Beide Häuser weisen zwar eine gemeinsame Grundstücksgrenze auf, sind aber Bestandteil einer Häuserzeile, bei der fünf Häuser – und nicht nur zwei – aneinandergebaut sind. 45Die Häuserzeile ist auch sonst nicht in offener Bauweise errichtet. Eine Hausgruppe als offene Bebauung entsteht dadurch, dass mindestens drei bauliche Anlagen auf in Reihe liegenden Grundstücken durch Aneinanderbauen an der bzw. in der Mitte an den gemeinsamen Grundstückgrenzen zu einer Einheit zusammengefügt werden, wobei gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO die Länge höchstens 50 m betragen darf. 46Vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Auflage 2008, § 22 Rn 6.4; Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: September 2013, § 22 BauNVO Rn 29; Schilder, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, § 22 Rn 22. 47Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. Die Länge der Bebauung beträgt ausweislich des Flurkartenausschnitts und der Liegenschaftskarte ca. 55,4 m und damit über 50 m. Dabei wird die maßgebliche Länge der Bebauung nicht dadurch in mehrere selbständig zu berücksichtigende Abschnitte unterteilt, dass der Bebauungsriegel Versprünge von ein bis zwei Metern aufweist. Derartige Versprünge stehen der Annahme von Doppelhäusern in Abgrenzung zu Einzelhäusern nicht entgegen, weil eine Doppelhausbebauung auch dann besteht, wenn Häuser nicht deckungsgleich errichtet werden. 48Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12/98 –, BVerwGE 110, 355 = juris Rn 25; zu einem der Doppelhausqualität nicht entgegenstehenden Versatz von 3,90 m BayVGH, Beschluss vom 29. April 2009 – 3 S 569/09 – BRS 74 Nr. 89 = juris Rn 8. 49Einen sachlichen Grund, dies nicht auf Häuserzeilen zu übertragen, ist nicht ersichtlich. 50Ob das Gebot der Wechselbezüglichkeit der Bebauung auf Häuserzeilen mit einer Länge von über 50 m und somit auf die geschlossene Bauweise zu übertragen ist, 51bejahend Kamp/Schmickler, in: Schönenbroicher/Kamp, BauO NRW, § 6 Rn 13 „im Einzelfall“; König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, § 22 Rn 25 für Fälle des Abrückens von der Grenze bei geschlossener Bauweise; zu Anwendbarkeit auf Hausgruppen bis zu 50 m als Unterfall der offenen Bauweise vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juli 2010 – 7 A 44/09 –, BRS 76 Nr. 79 = juris Rn 47, 52ist – soweit ersichtlich – gerichtlich noch nicht abschließend geklärt. Die Entscheidung dieser Frage kann aber vorliegend offen bleiben. Auch im Fall der Anwendbarkeit des Gebots der Wechselbezüglichkeit fügt sich das Vorhaben der Beigeladenen in die nähere Umgebung ein. 53Maßgeblich für das Einhalten des Gebots der Wechselbezüglichkeit der Bebauung ist, dass die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs eingebunden sind, wodurch deren Baufreiheit zugleich erweitert und beschränkt wird. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der (häufig schmalen) Grundstücke erhöht. Das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, "erkauft". Dies bedingt, dass die unterschiedlichen baulichen Anlagen einen Gesamtbaukörper bilden. Dies ist nicht der Fall, wenn sie als zwei oder mehr selbständige Baukörper erscheinen. 54So grundlegend zum Doppelhaus BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12/98 –, BVerwGE 110, 355 = juris Rn 18 ff. 55Unter Anwendung dieses Maßstabs erweist sich das Vorhaben der Beigeladenen zur rückwärtigen Erweiterung ihres Wohnhauses nicht als Verletzung des Gebots der Wechselbezüglichkeit innerhalb der Häuserzeile. Dabei ist im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblich auf den vorhandenen Bestand abzustellen. Dieser ist gekennzeichnet durch eine von Süden nach Norden verlaufende zweigeschossige Häuserzeile, bestehend aus fünf Häusern und einer Gesamtlänge von 55,4 m. Das südlichst gelegene Haus ist ca. 11 m breit und 8 m tief. An der gartenseitigen südöstlichen Ecke dieses Hauses ist ein ca. 5,5 m breiter und 4 m tiefer Erker angesetzt. Das Haus der Kläger schließt sich nach Norden an der gemeinsamen Grundstücksgrenze nahezu deckungsgleich an und ist im Übrigen auch ca. 11 m breit und 8 m tief. Es folgt das Haus der Beigeladenen, dessen Vorderseite um einen Meter zurückspringt, gartenseitig mit dem Haus der Kläger bisher abschloss und an der gemeinsamen Grundstücksgrenze nur eine Tiefe von 7 m aufwies. Erst in einem Abstand von 2 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze sprang die gartenseitige Hauswand um einen Meter vor. Auf diesen Altbestand folgt nördlich das Haus L. 16 und zwar an der Vorderseite deckungsgleich und gartenseitig mit einem Vorsprung von ca. 4 m. Der Vorsprung ist durch einen nachträglichen zweigeschossigen, genehmigten Anbau entstanden. Dieses Haus ist damit ca. 11 m breit und 12 m tief. Ihm schließt sich an der nördlichen Grundstücksgrenze das letzte Haus dieser Häuserzeile an. Es ist ca. 11 m breit und 10 m tief. Diesem Bestand wird durch den Anbau der Beigeladenen nicht der wechselbezügliche Charakter einer Häuserzeile genommen. Der zweigeschossige gartenseitige Anbau schließt sich an den baugenehmigten Anbau des nördlich gelegenen Nachbarhauses an, so dass beide Häuser gartenseitig eine bündige Hausrückseite aufweisen. Die gemeinsame Grundstücksgrenze ist dann deckungsgleich bebaut. An der gemeinsamen Grundstücksgrenze zwischen Kläger und Beigeladenen springt damit das Haus der Kläger 1 m vor, dann folgen eine beidseitige Bebauung von ca. 7 m und eine einseitige Grenzbebauung auf Seiten der Beigeladenen von 5 m. 56Im Verhältnis zu den Ausmaßen der bisher vorhandenen Häuserzeile erweist sich dieser Anbau als wechselbezüglich verträglich. Er nimmt dem Vorhandenen nicht die Eigenschaft einer Häuserzeile. Durch diesen Anbau wird die maßgebliche Erscheinung des Gesamtkörpers nicht derart verändert, dass dieser nicht mehr als einheitlicher Bebauungsriegel erscheint. Hierbei ist wesentlich zu berücksichtigen, dass innerhalb der Häuserzeile unmittelbar an das Vorhaben der Beigeladenen anschließend auf dem Grundstück L. 16 (Flurstück 389) bereits ein vergleichbarer Anbau errichtet worden ist. Dieser unterscheidet sich von dem der Beigeladenen sogar noch dadurch, dass dort das Dach des Anbaus nicht nur an das des Haupthauses anschließt, sondern die gesamte rückwärtige Dachkonstruktion so verändert wurde, dass der Anbau als Teil eines einheitlichen Hauses erscheint. Hinzu kommen der Erker am südlichen Ende der Häuserzeile, der – ungeachtet seiner Geschossigkeit – ebenfalls nicht unerheblich, nämlich im Umfang von ca. 4 m gartenseitig hervortritt, und die sonstigen Vor– und Rücksprünge in den Fassaden der Häuserzeile. 57Das Gebot der Rücksichtnahme wird durch den Anbau der Beigeladenen auch im unmittelbaren grenznachbarlichen Bereich nicht zu Lasten der Kläger verletzt. 58Für die Zumutbarkeit einer Verschattung bzw. der Beschränkung von Belichtung und Besonnung durch einen Baukörper gibt es keinen normativ verbindlichen Maßstab. Vielmehr beantwortet sich diese Frage nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung. Aus dem Blickwinkel des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots sind Verschattungseffekte regelmäßig hinzunehmen, wenn die landesrechtlichen Abstandflächenvorschriften – hier des § 6 Bauordnung NRW (BauO NRW) – eingehalten sind. Die landesrechtlichen Abstandflächenbestimmungen zielen im Interesse der Wahrung sozial verträglicher Verhältnisse unter anderem darauf, eine ausreichende Belichtung und Besonnung von Gebäuden und von sonstigen Teilen des jeweiligen Nachbargrundstücks sicherzustellen. Die Vorschriften des Abstandflächenrechts in Form des § 6 BauO NRW sind – wie nachfolgend im Einzelnen ausgeführt – hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Anbaus eingehalten. 59Vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 – 4 B 128/98 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 = juris Rn 4; OVG NRW, Urteil vom 29. August 2005 – 10 A 3138/02 –, juris Rn 59; Beschluss vom 9. Februar 2009 – 10 B 1713/08 –, juris Rn 9 ff; Urteil vom 6. Juli 2012 – 2 D 27/11.NE –, juris Rn 63 m.w.N. 60Im Übrigen fordert das Gebot der Rücksichtnahme nicht, dass alle Fenster eines Hauses bzw. das gesamte Grundstück das ganze Jahr über optimal durch Sonneneinstrahlung belichtet werden. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet muss immer damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt. 61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Februar 2009 – 10 B 1713/08 –, BRS 74 Nr. 181 = juris Rn 30; Urteil vom 6. Juli 2012 – 2 D 27/11.NE –, juris Rn 63 m.w.N. 62Im vorliegenden Fall ist ausweislich der Bauvorlagen eine besondere Verschattung des Grundstücks der Kläger nicht zu erwarten. Der geplante Anbau der Beigeladenen steht auf der nördlichen Grenze des Klägergrundstücks und ist schon aus diesem Grund nicht geeignet, den Sonneneinfall und damit die Belichtung zu beeinträchtigen. Besonders außergewöhnliche Umstände, die ungeachtet der Einhaltung des Abstandflächenrechts die Annahme rechtfertigten, dass das Vorhaben der Beigeladenen rücksichtslos sei, liegen bei den gegebenen Umständen nicht vor. 63Eine zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme führende erdrückende Wirkung hat das Bauvorhaben der Beigeladenen für das Grundstück der Kläger nicht. Insoweit ist zu beachten, dass bei Einhaltung der landesrechtlichen Abstandsflächen-Vorschriften zumindest aus tatsächlichen Gründen das Rücksichtnahmegebot im Regelfall nicht verletzt sein wird. 64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 – 4 B 128/98 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 = juris Rn 3. 65Besondere Gründe, die gleichwohl in diesem Einzelfall eine erdrückende Wirkung gegeben sein lassen, sind nicht erkennbar. Eine bauliche Anlage hat erdrückende Wirkung, wenn sie wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem sie diesem förmlich "die Luft nimmt", wenn für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht oder wenn die Größe des "erdrückenden" Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird. 66Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 13. März 1981 – 4 C 1/78 –, BRS 38 Nr. 186 = juris Rn 38; OVG NRW, Urteil vom 29. August 2005 – 10 A 3138/02 –, juris Rn 50. 67Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Erweiterung des Hauses der Beigeladenen um einen Anbau mit einer Tiefe von ca. 5 m auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze von Klägern und Beigeladenen sowie einer Höhe von gemittelt etwa 6 m ist angesichts des Zuschnitts des Grundstücks mit einer Breite von ungefähr 11 m und der verhältnismäßig großen Tiefe des Grundstücksgartens von mehr als 20 m nicht geeignet, dem Haus der Kläger den eigenständigen Charakter als gleichwertiger Bestandteil der Häuserzeile zu nehmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Anbau der Beigeladenen in der Höhe hinter dem Haupthaus zurückbleibt und somit in seiner eigenständigen Wirkung auf das Grundstück der Kläger abgeschwächt wird. 68Der von den Klägern angeführte „Hitzestau“ an der grenzständigen Wand des Anbaus der Beigeladenen ist nicht unzumutbar. Die Möglichkeit der sich über der Terrasse erwärmenden Luft aufzusteigen, wird durch die grenzständige Bebauung der Kläger schon der Natur nach nicht beeinträchtigt. Soweit mit dem Begriff die besonders starke Erwärmung dieser Luft durch die zusätzliche von der Wand des Anbaus reflektierte Sonnenenergie und die Veränderung von Windströmungen gemeint sein soll, ist dies in innerstädtischen Wohnlagen grundsätzlich hinzunehmen. In Anbetracht der Bedeutung der Baufreiheit als Ausfluss des Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) besteht keinerlei planungsrechtlicher Anspruch auf Beibehaltung des bisherigen Zustandes. Hinzu kommt, dass eine stärkere Erwärmung im Bereich der Terrasse weder zu ungesunden Wohnverhältnissen führt (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) noch den überwiegenden rückwärtigen Bereich des Grundstücks der Kläger erfasst mit der Folge, dass der Garten bei entsprechender Sonneneinstrahlung nicht mehr freizeitmäßig sinnvoll genutzt werden könnte. Das Gegenteil ist der Fall. Die Kläger können – einen „Hitzestau“ unterstellt – ohne weiteres in den hinteren Grundstücksteil ausweichen. In den rückwärtigen Zimmern könnte einem solchen Effekt durch Anpassung der Lüftungszeiten in zumutbarer Weise begegnet werden. 69Gleiches gilt für durch Windeinfluss schräg an die Hauswand des Anbaus fallenden Regen. Aufgrund der Grenzständigkeit des Anbaus wird dieser zwar zwangsläufig auf das Grundstück der Kläger fließen. Dies erweist sich aber angesichts der Größe der Wand von ca. 30 m² und unter Berücksichtigung des Zuschnitts und der Größe des Klägergrundstücks sowie der Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen nicht als rücksichtslos. Vielmehr sind solche punktuellen Beeinträchtigungen regelmäßig geringfügiger Art und im innerstädtischen Bereich – insbesondere bei zulässiger grenzständiger Bebauung – ohne weiteres hinzunehmen. Soweit die Kläger auf die Gefahr einer Überflutung ihres Kellers hinweisen, bleibt der Vortrag unsubstantiiert. 70Die Rüge von durch den Anbau entstehenden Einblickmöglichkeiten (in die rückwärtigen Wohnräume oder den Garten) führt nicht zur Annahme einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens, da in bebauten Bereichen – speziell wenn (wie hier) eine Hauszeilenbebauung gegeben ist – Einsichtnahmemöglichkeiten durch Nachbarn auf das eigene Grundstück regelmäßig als im Rahmen dieser Bauweise selbstverständlich hingenommen werden müssen. 71Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 22. August 2005 – 10 A 3611/03 –, BRS 69 Nr. 91 = juris Rn 57. 72Dies findet zu Gunsten des betroffenen Nachbarn nur dort eine Grenze, wo durch eine nachträgliche Erweiterung eine neue Qualität von Einsichtnahmemöglichkeiten geschaffen wird, also wenn im Bereich des Obergeschosses eine vor die Gebäuderückseite der Reihenhaus- oder Hausgruppenbebauung vorgelagerte "Aussichtsplattform" geschaffen wird und deshalb fortan nicht nur (gegenseitige) Einblicke in den Gartenbereich, sondern mehr als nur kurze Blicke auch in Richtung der benachbarten Fenster möglich sind. Der Blick in Richtung der Fenster des Nachbarn ist umso schützenswerter, wenn hierdurch solche Räume betroffen sind, die – wie Schlafzimmer – der Intims-, jedenfalls aber der Privatsphäre zuzurechnen sind und aufgrund der räumlichen Verhältnisse gleichsam "zum Greifen" nah sind, so dass nicht einmal ein Mindestmaß an privater Wohnsphäre verbleibt. 73Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. August 2005 – 10 A 3611/03 –, BRS 69 Nr. 91 = juris Rn 60. 74Diese Grenze zur Rücksichtslosigkeit wird durch den verfahrensgegenständlichen rückwärtigen Anbau der Beigeladenen nicht überschritten. Vielmehr weist der Anbau keine unmittelbar zum Grundstück der Kläger gerichteten Fenster auf. Die Fenster zum Garten der Beigeladenen wie auch die mittig vorgesehene Dachterrasse ermöglichen lediglich einen Blick in den hinteren Teil des Gartens der Kläger, wie er auch bisher schon grundsätzlich bestand. Dass durch die Schaffung einer mittig liegenden Dachterrasse dort nunmehr eine zusätzliche Aufenthaltsmöglichkeit bei gutem Wetter geschaffen wird, vermag hieran nichts zu ändern, weil keine neue Qualität an Einblick geschaffen wird. 75Die von den Klägern gerügte nicht ausreichende Gründung des Anbaus der Beigeladen führt nicht zu einer Rücksichtslosigkeit. Auch insoweit bleibt der Vortrag der Kläger insbesondere im Hinblick auf die vorgelegte statische Berechnung des Ing.-Büros K. I. ohne Substanz. Sonstige Hinweise, dass die durch die angefochtene Baugenehmigung genehmigte Bauausführung nicht selbst hinreichend standsicher ist, bestehen nicht. 76Das Vorhaben widerspricht nicht den nachbarschützenden Vorschriften des Bauordnungsrechts. 77Ein Verstoß gegen die drittschützende Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauO NRW ist nicht gegeben. Hiernach sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandflächen von Bebauung durch oberirdische Gebäude freizuhalten, wobei die Abstandflächen auf dem Grundstück selbst liegen müssen. Der verfahrensgegenständliche Anbau ist an der Grundstücksgrenze zu dem Grundstück der Kläger grenzständig, also ohne auf dem eigenen Grundstück liegende Abstandflächen genehmigt worden. Der Einhaltung von nach § 6 Abs. 1 Satz 1 notwendigen Abstandflächen bedarf es aber nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) BauO NRW nicht, da nach den maßgeblichen planungsrechtlichen Vorschriften ohne Grenzabstand gebaut werden muss. Die Reihenhauszeile stellt eine geschlossene Bebauung i.S.d. § 22 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BauNVO dar, bei der die einzelnen Reihenhäuser zueinander ohne Grenzabstand zu errichten sind. 78Auch ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW, wonach bauliche Anlagen die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen nicht gefährden dürfen, ist – wie oben schon ausgeführt – nicht erkennbar. 79Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil sich diese mangels eigenem Antrag keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO. 80Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. die kläger tragen die kosten des verfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen, die diese selbst tragen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar.die kläger dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die kläger sind eigentümer des grundstücks gemarkung e. , flur 82, flurstück 393 (postalische anschrift l. 12, e. ), welches mit einem einfamilienhaus bebaut ist. dieses ist bestandteil einer häuserzeile aus insgesamt fünf häusern. die länge der bebauung beträgt ausweislich des mit dem bauantrag vorgelegten flurkartenausschnitts, der mit der online unter www.tim-online.nrw.de durch das gericht eingesehenen liegenschaftskarte (zuletzt abgerufen am 13. januar 2015) übereinstimmt, ca. 55,4 m. 3das südlichst gelegene haus (flurstück 394, l. 10) ist ca. 11 m breit und 8 m tief. an der gartenseitigen südöstlichen ecke dieses hauses ist ein ca. 5,5 m breiter und 4 m tiefer erker angesetzt. das haus der kläger schließt sich nach norden an der gemeinsamen grundstücksgrenze nahezu deckungsgleich, nämlich mit einem kleinen rücksprung an der vorderseite der häuser, an und ist im übrigen ebenfalls ca. 11 m breit und 8 m tief, verfügt aber nicht über einen erker. es folgt das haus der beigeladenen, dessen vorderseite um einen meter zurückspringt, gartenseitig bisher mit dem haus der kläger bündig abschloss und damit an der gemeinsamen grundstücksgrenze nur eine tiefe von 7 m aufwies. erst in einem abstand von 2 m zur gemeinsamen grundstücksgrenze sprang die gartenseitige hauswand um einen meter vor. auf diesen altbestand folgt an der nördlichen grundstücksgrenze der beigeladenen das haus l. 16 (flurstück 389), welches an der vorderseite deckungsgleich und gartenseitig mit einem vorsprung von ca. 4 m anschließt. der vorsprung ist durch einen zweigeschossigen genehmigten anbau entstanden. dieses haus ist damit ca. 11 m breit und 12 m tief. im rahmen der errichtung des nachträglich errichteten rückwärtigen anbaus wurde die gesamte rückwärtige dachkonstruktion so verändert, dass der anbau nicht mehr als solcher erkennbar ist, sondern als teil eines einheitlichen hauses erscheint. an dieses haus schließt sich an der nördlichen grundstücksgrenze das letzte haus dieser häuserzeile an. es ist ca. 11 m breit und 10 m tief. im verhältnis zum haus der beigeladenen springt seine vorderseite um ca. 1 m zurück. die gartenseitige hauswand ist um ca. 1,5 m richtung garten verschoben. alle grundstücke im bereich dieser häuserzeile weisen eine tiefe von mehr als 20 m auf. 4in dem bereich um das vorhabengrundstück finden sich sowohl in offener bauweise errichtete gebäude (doppelhäuser und hausgruppen mit einer länge unter 50 m) wie auch solche, die in geschlossener bauweise errichtet worden sind (häuserzeilen mit einer länge von über 50 m). dies gilt sowohl, wenn nur der durch die straßen n. , t. und u. umschlossene bereich betrachtet wird, als auch, wenn auch der bereich zwischen den grünflächen im norden und süden sowie dem e1. im westen einbezogen wird. 5hinsichtlich der einzelheiten wird auf den nachfolgenden kartenausschnitt bezug genommen: 6am 31. juli 2013 beantragten die beigeladenen bei der beklagten die erteilung einer baugenehmigung für die errichtung eines gartenseitigen zweigeschossigen anbaus und den umbau der vorhandenen wohnbebauung in zwei wohneinheiten. der auf beiden seiten grenzständige anbau schließt an der nördlichen grundstücksgrenze in einer linie mit dem auf dem flurstück 389 bereits errichteten anbau ab. an der südlichen grundstücksgrenze zu dem grundstück der kläger entsteht ein versprung von ca. 5 m tiefe, wobei die wandhöhe im mittel ca. 6 m beträgt. das dach des anbaus weist im gegensatz zu dem satteldach des hauses (ca. 32 grad) eine neigung von nur 5 grad auf. im ersten obergeschoss fassen die grenzständigen wohnräume gartenseitig eine dachterrasse von beiden seiten ein. diese ist von der zu den klägern gelegenen grundstücksgrenze 3,13 m entfernt. 7die beklagte hat den beigeladenen die begehrte baugenehmigung am 26. august 2013 erteilt. eine bekanntgabe an die kläger erfolgte zunächst nicht. auf schreiben vom 22. november 2013 übersandte die beklagte den prozessbevollmächtigten der kläger am 25. november 2013 eine ablichtung der baugenehmigung. 8die kläger haben am 20. dezember 2013 die vorliegende klage erhoben. zu ihrer begründung machen sie geltend: das vorhaben sei ihnen gegenüber rücksichtslos. der verfahrensgegenständliche anbau erweise sich auf der grundlage der sog. „doppelhaus-rechtsprechung“ des bundesverwaltungsgerichts als nicht mehr wechselseitig verträglich und abgestimmt. im gegenteil wirke der anbau gegenüber ihrem grundstück erdrückend. er nehme ihnen in erheblicher weise die sonneneinstrahlung und verhindere eine angemessene nutzung des rückwärtigen grundstücksbereichs. auch führe er zu einem unerträglichen hitzestau auf der terrasse. bei starkregenereignissen führe die große grenzständig errichtete wandfläche zu einem rücksichtslosen wassereintrag auf dem grundstück. schließlich ermögliche der anbau nunmehr eine einblicknahmemöglichkeit auf ihr grundstück, welche mit der bisherigen situation nicht vergleichbar sei. auch die standsicherheit des anbaus sei nicht gesichert. 9die kläger beantragen, 10die den beigeladenen von der beklagten am 27. august 2013 erteilte baugenehmigung aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13sie ist der auffassung, die baugenehmigung verletzte die kläger nicht in nachbarschützenden vorschriften. 14die beigeladenen stellen keinen antrag. 15der einzelrichter hat die örtlichkeit am 20. august 2014 in augenschein genommen. hinsichtlich der einzelheiten wird auf das ortsterminsprotokoll nebst gefertigten lichtbildern bezug genommen. 16 | 17die klage ist zulässig, aber unbegründet. 18die klage ist zulässig, insbesondere ist die klagefrist eingehalten worden. die kläger haben nach ihrem unwidersprochenen vortrag erst nach dem 25. november 2013 kenntnis von der baugenehmigung erlangt. durch die erhebung der klage am 20. dezember 2013 ist selbst die einmonatige klagefrist der §§ 74 abs. 1 satz 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo), 110 abs. 1, 3 satz 2 nr. 7 justizgesetz nrw (justg nrw) gewahrt worden, so dass es auf die frage der ordnungsgemäßen rechtsbehelfsbelehrung nicht ankommt. 19die klage ist aber unbegründet. die anfechtungsklage gegen die den beigeladenen erteilte baugenehmigung ist gemäß § 113 abs. 1 satz 1 vwgo begründet, wenn den klägern ein abwehrrecht gegen das vorhaben der beigeladenen zusteht. dies setzt voraus, dass das vorhaben in einer nicht durch einen rechtmäßigen dispens ausräumbaren weise gegen öffentlich-rechtliche vorschriften verstößt, die auch dem schutz der kläger zu dienen bestimmt sind, und – sofern sich dies aus der nachbarschützenden vorschrift ergibt – die kläger durch das vorhaben tatsächlich spürbar beeinträchtigt werden. ob das vorhaben objektiv, d.h. hinsichtlich der vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, wird im klageverfahren hingegen nicht geprüft. 20vgl. hierzu grundlegend bverwg, urteil vom 13. juni 1969 – iv c 234.65 –, bverwge 32, 173 = juris rn 15; vgl. weiter bverwg, urteil vom 13. märz 1981 – 4 c 1/78 –, brs 38 nr. 186 = juris rn 35. 21das vorhaben, das im unbeplanten innenbereich liegt, verstößt nicht gegen die kläger schützende normen des bauplanungsrechts. es ist hinsichtlich seiner bauweise planungsrechtlich an § 34 abs. 1 baugb zu messen, da es insoweit an bauplanerischen festsetzungen fehlt und das vorhaben innerhalb eines im zusammenhang bebauten ortsteils liegt. maßstabsbildend im sinne dieser vorschrift ist die umgebung, in der sich die ausführung eines vorhabens auswirken kann und umgekehrt ihrerseits den bodenrechtlichen charakter des baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. 22vgl. bverwg, urteile vom 26. mai 1978 – 4 c 9.77 –, bverwge 55, 369 = juris rn 33, und vom 5. dezember 2013 – 4 c 5/12 –, nvwz 2014, 370 = juris rn 10. 23dem maßgeblichen objektiv-rechtlichen rücksichtnahmegebot, das bestandteil des „einfügens“ in § 34 abs. 1 baugb ist, kommt eine solche drittschützende wirkung nur ausnahmsweise zu. ein verstoß gegen das gebot der rücksichtnahme setzt zunächst einen verstoß gegen das objektive recht voraus. 24vgl. bverwg, urteile vom 26. september 1991 – 4 c 5.87 –, buchholz 406.19 nachbarschutz nr. 103 s. 76 = juris rn 36, und vom 5. dezember 2013 – 4 c 5/12 –, nvwz 2014, 370 = juris rn 21. 25objektiv-rechtlich ist ein solcher verstoß gegeben, wenn sich ein vorhaben nach dem maß der baulichen nutzung, der bauweise oder der überbauten grundstücksfläche nicht in die eigenart der näheren umgebung einfügt, 26vgl. bverwg, beschluss vom 11. januar 1999 – 4 b 128.98 –, buchholz 406.19 nachbarschutz nr. 159 s. 3 = juris rn 6; urteil vom 5. dezember 2013 – 4 c 5/12 –, nvwz 2014, 370 = juris rn 21, 27oder aber, wenn ein vorhaben zwar in jeder hinsicht den aus seiner umgebung hervorgehenden rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine umgebung nicht einfügt, weil es an der gebotenen rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren nähe vorhandene bebauung fehlen lässt. 28vgl. bverwg, urteile vom 26. mai 1978 –4 c 9.77 –, bverwge 55, 369 = juris rn 46, und vom 5. dezember 2013 – 4 c 5/12 –, nvwz 2014, 370 = juris rn 21. 29drittschutz ist dabei nur dann anzunehmen, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter weise auf schutzwürdige interessen eines erkennbar abgegrenzten kreises dritter rücksicht zu nehmen ist. 30vgl. hierzu bverwg, urteile vom 13. märz 1981 – 4 c 1/78 –, brs 38 nr. 186 = juris rn 35, vom 18. oktober 1985 – 4 c 19/82 –, brs 44 nr. 71 = juris rn 14, und vom 5. dezember 2013 – 4 c 5/12 –, nvwz 2014, 370 = juris rn 21; vgl. zum rücksichtnahmegebot im bauplanungsrecht generell bverwg, urteil vom 25. februar 1977 – iv c 22.75 –, bverwge 52, 122 = juris rn 26; söfker, in: ernst/zinkahn/bielenberg/krautzberger, baugb, stand: september 2013, § 34 rn 141 mit weiteren nachweisen. 31das gebot der rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen verflechtungen der baulichen situation benachbarter grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen ausgleich schaffen, der einerseits dem bauherrn ermöglicht, was von seiner interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem nachbarn erspart, was an belästigungen und nachteilen für ihn unzumutbar ist. die beachtung des rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, nutzungen, die geeignet sind, spannungen und störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass konflikte möglichst vermieden werden. die sich daraus ergebenden anforderungen sind im einzelfall festzustellen, wobei die konkreten umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen interessen des bauherrn und des nachbarn in anwendung des maßstabes der planungsrechtlichen zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. dabei kann desto mehr an rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die stellung dessen ist, dem die rücksichtnahme im gegebenen zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der das vorhaben verwirklichen will, desto weniger rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem bauvorhaben verfolgten interessen sind. 32vgl. bverwg, urteile vom 25. februar 1977 – iv c 22.75 –, bverwge 52, 122 = juris rn 22, vom 21. januar 1983 – 4 c 59.79 –, brs 40 nr. 199 = juris rn 14, und vom 23. mai 1986 – 4 c 34/85 –, buchholz 406.11 § 34 bbaug nr. 114 = juris rn 15; ovg nrw, beschlüsse vom 3. september 1999 – 10 b 1283/99 –, nvwz 1999, 1360 = juris rn 33, und vom 29. august 2011 – 2 b 940/11 –, juris rn 9. 33ausgehend von diesen grundsätzen liegt eine verletzung des rücksichtnahmegebots gegenüber dem grundstück der kläger durch das vorhaben der beigeladenen nicht vor. 34in der näheren umgebung des vorhabens der beigeladenen – losgelöst von der frage, ob nur das straßengeviert n. , t. und u. oder auch der bereich zwischen den grünflächen im norden und süden sowie dem e1. im westen einzubeziehen ist – findet sich sowohl offene (doppelhäuser und hausgruppen mit einer länge unter 50 m) als auch geschlossene bauweise (häuserzeilen mit einer länge von über 50 m, hier 55,4 m). 35für die bestimmung der bauweise kann auch im unbeplanten innenbereich § 22 abs. 2 satz 1 baunutzungsverordnung (baunvo) als auslegungshilfe herangezogen werden, obwohl es an einer diesbezüglichen festsetzung fehlt. 36vgl. bverwg, urteile vom 23. märz 1994 – 4 c 18.92 – bverwge 95, 277 = juris rn 7, und vom 15. dezember 1994 – 4 c 19.93 –, buchholz 406.11 § 34 baugb nr. 173 s. 30 = juris rn 19; beschluss vom 27. juli 2011 – 4 b 4.11 –, brs 78 nr. 102 = juris rn 4; urteil vom 5. dezember 2013 – 4 c 5/12 –, nvwz 2014, 370 = juris rn 12. 37diese vorschrift enthält definitorische grundsätze, wie etwa die begriffe der offenen oder geschlossenen bauweise zu verstehen sind. 38vgl. bverwg, beschluss vom 7. juli 1994 – 4 b 131.94 –, juris rn 3; urteil vom 5. dezember 2013 – 4 c 5/12 –, nvwz 2014, 370 = juris rn 12. 39soweit die kläger auf eine rücksichtslosigkeit des vorhabens aufgrund der durch den anbau erfolgenden aufhebung der baulichen einheit der vorhandenen gebäude, 40vgl. urteil des vg würzburg vom 23. januar 2014 – w 5 k 13.88 –, 41bezug nehmen und sich somit auf die sog. „doppelhaus-rechtsprechung“ des bundesverwaltungsgerichts und das damit einhergehende erfordernis der wechselseitig verträglichen und abgestimmten bauweise berufen, 42vgl. bverwg, urteil vom 24. februar 2000 – 4 c 12.98 – bverwge 110, 355 = juris rn 20 ff, beschluss vom 23. april 2013 – 4 b 17.13 –, baur 2013, 1427 = juris rn 5; zur prüfung dieses aspektes im unbeplanten innenbereich im rahmen des rücksichtnahmegebots vgl. bverwg, urteil vom 5. dezember 2013 – 4 c 5/12 –, nvwz 2014, 370 = juris rn 21, 43führt dies nicht zum erfolg. diese rechtsprechung ist jedenfalls nicht unmittelbar auf das streitgegenständliche vorhaben anwendbar. 44das haus der beigeladenen in der gestalt der angefochtenen baugenehmigung sowie das haus der kläger sind keine doppelhäuser. beide häuser weisen zwar eine gemeinsame grundstücksgrenze auf, sind aber bestandteil einer häuserzeile, bei der fünf häuser – und nicht nur zwei – aneinandergebaut sind. 45die häuserzeile ist auch sonst nicht in offener bauweise errichtet. eine hausgruppe als offene bebauung entsteht dadurch, dass mindestens drei bauliche anlagen auf in reihe liegenden grundstücken durch aneinanderbauen an der bzw. in der mitte an den gemeinsamen grundstückgrenzen zu einer einheit zusammengefügt werden, wobei gemäß § 22 abs. 2 satz 2 baunvo die länge höchstens 50 m betragen darf. 46vgl. fickert/fieseler, baunvo, 11. auflage 2008, § 22 rn 6.4; blechschmidt, in: ernst/zinkahn/bielenberg/ krautzberger, baugb, stand: september 2013, § 22 baunvo rn 29; schilder, in: bönker/bischopink, baunvo, § 22 rn 22. 47letzteres ist vorliegend nicht der fall. die länge der bebauung beträgt ausweislich des flurkartenausschnitts und der liegenschaftskarte ca. 55,4 m und damit über 50 m. dabei wird die maßgebliche länge der bebauung nicht dadurch in mehrere selbständig zu berücksichtigende abschnitte unterteilt, dass der bebauungsriegel versprünge von ein bis zwei metern aufweist. derartige versprünge stehen der annahme von doppelhäusern in abgrenzung zu einzelhäusern nicht entgegen, weil eine doppelhausbebauung auch dann besteht, wenn häuser nicht deckungsgleich errichtet werden. 48vgl. bverwg, urteil vom 24. februar 2000 – 4 c 12/98 –, bverwge 110, 355 = juris rn 25; zu einem der doppelhausqualität nicht entgegenstehenden versatz von 3,90 m bayvgh, beschluss vom 29. april 2009 – 3 s 569/09 – brs 74 nr. 89 = juris rn 8. 49einen sachlichen grund, dies nicht auf häuserzeilen zu übertragen, ist nicht ersichtlich. 50ob das gebot der wechselbezüglichkeit der bebauung auf häuserzeilen mit einer länge von über 50 m und somit auf die geschlossene bauweise zu übertragen ist, 51bejahend kamp/schmickler, in: schönenbroicher/kamp, bauo nrw, § 6 rn 13 „im einzelfall“; könig, in: könig/roeser/stock, baunvo, 2. auflage 2003, § 22 rn 25 für fälle des abrückens von der grenze bei geschlossener bauweise; zu anwendbarkeit auf hausgruppen bis zu 50 m als unterfall der offenen bauweise vgl. ovg nrw, beschluss vom 19. juli 2010 – 7 a 44/09 –, brs 76 nr. 79 = juris rn 47, 52ist – soweit ersichtlich – gerichtlich noch nicht abschließend geklärt. die entscheidung dieser frage kann aber vorliegend offen bleiben. auch im fall der anwendbarkeit des gebots der wechselbezüglichkeit fügt sich das vorhaben der beigeladenen in die nähere umgebung ein. 53maßgeblich für das einhalten des gebots der wechselbezüglichkeit der bebauung ist, dass die benachbarten grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein verhältnis des gegenseitigen interessenausgleichs eingebunden sind, wodurch deren baufreiheit zugleich erweitert und beschränkt wird. durch die möglichkeit des grenzanbaus wird die bauliche nutzbarkeit der (häufig schmalen) grundstücke erhöht. das wird durch den verlust seitlicher grenzabstände an der gemeinsamen grenze, die freiflächen schaffen und dem wohnfrieden dienen, "erkauft". dies bedingt, dass die unterschiedlichen baulichen anlagen einen gesamtbaukörper bilden. dies ist nicht der fall, wenn sie als zwei oder mehr selbständige baukörper erscheinen. 54so grundlegend zum doppelhaus bverwg, urteil vom 24. februar 2000 – 4 c 12/98 –, bverwge 110, 355 = juris rn 18 ff. 55unter anwendung dieses maßstabs erweist sich das vorhaben der beigeladenen zur rückwärtigen erweiterung ihres wohnhauses nicht als verletzung des gebots der wechselbezüglichkeit innerhalb der häuserzeile. dabei ist im rahmen des § 34 abs. 1 baugb maßgeblich auf den vorhandenen bestand abzustellen. dieser ist gekennzeichnet durch eine von süden nach norden verlaufende zweigeschossige häuserzeile, bestehend aus fünf häusern und einer gesamtlänge von 55,4 m. das südlichst gelegene haus ist ca. 11 m breit und 8 m tief. an der gartenseitigen südöstlichen ecke dieses hauses ist ein ca. 5,5 m breiter und 4 m tiefer erker angesetzt. das haus der kläger schließt sich nach norden an der gemeinsamen grundstücksgrenze nahezu deckungsgleich an und ist im übrigen auch ca. 11 m breit und 8 m tief. es folgt das haus der beigeladenen, dessen vorderseite um einen meter zurückspringt, gartenseitig mit dem haus der kläger bisher abschloss und an der gemeinsamen grundstücksgrenze nur eine tiefe von 7 m aufwies. erst in einem abstand von 2 m zur gemeinsamen grundstücksgrenze sprang die gartenseitige hauswand um einen meter vor. auf diesen altbestand folgt nördlich das haus l. 16 und zwar an der vorderseite deckungsgleich und gartenseitig mit einem vorsprung von ca. 4 m. der vorsprung ist durch einen nachträglichen zweigeschossigen, genehmigten anbau entstanden. dieses haus ist damit ca. 11 m breit und 12 m tief. ihm schließt sich an der nördlichen grundstücksgrenze das letzte haus dieser häuserzeile an. es ist ca. 11 m breit und 10 m tief. diesem bestand wird durch den anbau der beigeladenen nicht der wechselbezügliche charakter einer häuserzeile genommen. der zweigeschossige gartenseitige anbau schließt sich an den baugenehmigten anbau des nördlich gelegenen nachbarhauses an, so dass beide häuser gartenseitig eine bündige hausrückseite aufweisen. die gemeinsame grundstücksgrenze ist dann deckungsgleich bebaut. an der gemeinsamen grundstücksgrenze zwischen kläger und beigeladenen springt damit das haus der kläger 1 m vor, dann folgen eine beidseitige bebauung von ca. 7 m und eine einseitige grenzbebauung auf seiten der beigeladenen von 5 m. 56im verhältnis zu den ausmaßen der bisher vorhandenen häuserzeile erweist sich dieser anbau als wechselbezüglich verträglich. er nimmt dem vorhandenen nicht die eigenschaft einer häuserzeile. durch diesen anbau wird die maßgebliche erscheinung des gesamtkörpers nicht derart verändert, dass dieser nicht mehr als einheitlicher bebauungsriegel erscheint. hierbei ist wesentlich zu berücksichtigen, dass innerhalb der häuserzeile unmittelbar an das vorhaben der beigeladenen anschließend auf dem grundstück l. 16 (flurstück 389) bereits ein vergleichbarer anbau errichtet worden ist. dieser unterscheidet sich von dem der beigeladenen sogar noch dadurch, dass dort das dach des anbaus nicht nur an das des haupthauses anschließt, sondern die gesamte rückwärtige dachkonstruktion so verändert wurde, dass der anbau als teil eines einheitlichen hauses erscheint. hinzu kommen der erker am südlichen ende der häuserzeile, der – ungeachtet seiner geschossigkeit – ebenfalls nicht unerheblich, nämlich im umfang von ca. 4 m gartenseitig hervortritt, und die sonstigen vor– und rücksprünge in den fassaden der häuserzeile. 57das gebot der rücksichtnahme wird durch den anbau der beigeladenen auch im unmittelbaren grenznachbarlichen bereich nicht zu lasten der kläger verletzt. 58für die zumutbarkeit einer verschattung bzw. der beschränkung von belichtung und besonnung durch einen baukörper gibt es keinen normativ verbindlichen maßstab. vielmehr beantwortet sich diese frage nach den umständen des jeweiligen einzelfalls im rahmen einer wertenden gesamtbetrachtung. aus dem blickwinkel des bauplanungsrechtlichen rücksichtnahmegebots sind verschattungseffekte regelmäßig hinzunehmen, wenn die landesrechtlichen abstandflächenvorschriften – hier des § 6 bauordnung nrw (bauo nrw) – eingehalten sind. die landesrechtlichen abstandflächenbestimmungen zielen im interesse der wahrung sozial verträglicher verhältnisse unter anderem darauf, eine ausreichende belichtung und besonnung von gebäuden und von sonstigen teilen des jeweiligen nachbargrundstücks sicherzustellen. die vorschriften des abstandflächenrechts in form des § 6 bauo nrw sind – wie nachfolgend im einzelnen ausgeführt – hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen anbaus eingehalten. 59vgl. zu diesem aspekt bverwg, beschluss vom 11. januar 1999 – 4 b 128/98 –, buchholz 406.19 nachbarschutz nr. 159 = juris rn 4; ovg nrw, urteil vom 29. august 2005 – 10 a 3138/02 –, juris rn 59; beschluss vom 9. februar 2009 – 10 b 1713/08 –, juris rn 9 ff; urteil vom 6. juli 2012 – 2 d 27/11.ne –, juris rn 63 m.w.n. 60im übrigen fordert das gebot der rücksichtnahme nicht, dass alle fenster eines hauses bzw. das gesamte grundstück das ganze jahr über optimal durch sonneneinstrahlung belichtet werden. in einem bebauten innerstädtischen wohngebiet muss immer damit gerechnet werden, dass nachbargrundstücke innerhalb des durch das bauplanungs- und das bauordnungsrecht (insbesondere § 6 bauo nrw) vorgegebenen rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine bebauung zu einer verschattung des eigenen grundstücks bzw. von wohnräumen kommt. 61vgl. ovg nrw, beschluss vom 9. februar 2009 – 10 b 1713/08 –, brs 74 nr. 181 = juris rn 30; urteil vom 6. juli 2012 – 2 d 27/11.ne –, juris rn 63 m.w.n. 62im vorliegenden fall ist ausweislich der bauvorlagen eine besondere verschattung des grundstücks der kläger nicht zu erwarten. der geplante anbau der beigeladenen steht auf der nördlichen grenze des klägergrundstücks und ist schon aus diesem grund nicht geeignet, den sonneneinfall und damit die belichtung zu beeinträchtigen. besonders außergewöhnliche umstände, die ungeachtet der einhaltung des abstandflächenrechts die annahme rechtfertigten, dass das vorhaben der beigeladenen rücksichtslos sei, liegen bei den gegebenen umständen nicht vor. 63eine zu einer verletzung des gebots der rücksichtnahme führende erdrückende wirkung hat das bauvorhaben der beigeladenen für das grundstück der kläger nicht. insoweit ist zu beachten, dass bei einhaltung der landesrechtlichen abstandsflächen-vorschriften zumindest aus tatsächlichen gründen das rücksichtnahmegebot im regelfall nicht verletzt sein wird. 64vgl. bverwg, beschluss vom 11. januar 1999 – 4 b 128/98 –, buchholz 406.19 nachbarschutz nr. 159 = juris rn 3. 65besondere gründe, die gleichwohl in diesem einzelfall eine erdrückende wirkung gegeben sein lassen, sind nicht erkennbar. eine bauliche anlage hat erdrückende wirkung, wenn sie wegen ihrer ausmaße, ihrer baumasse oder ihrer massiven gestaltung ein benachbartes grundstück unangemessen benachteiligt, indem sie diesem förmlich "die luft nimmt", wenn für den nachbarn das gefühl des "eingemauertseins" entsteht oder wenn die größe des "erdrückenden" gebäudes auf grund der besonderheiten des einzelfalls derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" gebäude oder grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" gebäude dominierte fläche ohne eigene baurechtliche charakteristik wahrgenommen wird. 66vgl. nur bverwg, urteil vom 13. märz 1981 – 4 c 1/78 –, brs 38 nr. 186 = juris rn 38; ovg nrw, urteil vom 29. august 2005 – 10 a 3138/02 –, juris rn 50. 67dies ist vorliegend nicht der fall. die erweiterung des hauses der beigeladenen um einen anbau mit einer tiefe von ca. 5 m auf der gemeinsamen grundstücksgrenze von klägern und beigeladenen sowie einer höhe von gemittelt etwa 6 m ist angesichts des zuschnitts des grundstücks mit einer breite von ungefähr 11 m und der verhältnismäßig großen tiefe des grundstücksgartens von mehr als 20 m nicht geeignet, dem haus der kläger den eigenständigen charakter als gleichwertiger bestandteil der häuserzeile zu nehmen. dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der anbau der beigeladenen in der höhe hinter dem haupthaus zurückbleibt und somit in seiner eigenständigen wirkung auf das grundstück der kläger abgeschwächt wird. 68der von den klägern angeführte „hitzestau“ an der grenzständigen wand des anbaus der beigeladenen ist nicht unzumutbar. die möglichkeit der sich über der terrasse erwärmenden luft aufzusteigen, wird durch die grenzständige bebauung der kläger schon der natur nach nicht beeinträchtigt. soweit mit dem begriff die besonders starke erwärmung dieser luft durch die zusätzliche von der wand des anbaus reflektierte sonnenenergie und die veränderung von windströmungen gemeint sein soll, ist dies in innerstädtischen wohnlagen grundsätzlich hinzunehmen. in anbetracht der bedeutung der baufreiheit als ausfluss des eigentumsrechts aus art. 14 abs. 1 grundgesetz (gg) besteht keinerlei planungsrechtlicher anspruch auf beibehaltung des bisherigen zustandes. hinzu kommt, dass eine stärkere erwärmung im bereich der terrasse weder zu ungesunden wohnverhältnissen führt (vgl. § 34 abs. 1 satz 2 baugb) noch den überwiegenden rückwärtigen bereich des grundstücks der kläger erfasst mit der folge, dass der garten bei entsprechender sonneneinstrahlung nicht mehr freizeitmäßig sinnvoll genutzt werden könnte. das gegenteil ist der fall. die kläger können – einen „hitzestau“ unterstellt – ohne weiteres in den hinteren grundstücksteil ausweichen. in den rückwärtigen zimmern könnte einem solchen effekt durch anpassung der lüftungszeiten in zumutbarer weise begegnet werden. 69gleiches gilt für durch windeinfluss schräg an die hauswand des anbaus fallenden regen. aufgrund der grenzständigkeit des anbaus wird dieser zwar zwangsläufig auf das grundstück der kläger fließen. dies erweist sich aber angesichts der größe der wand von ca. 30 m² und unter berücksichtigung des zuschnitts und der größe des klägergrundstücks sowie der häufigkeit und intensität von starkregenereignissen nicht als rücksichtslos. vielmehr sind solche punktuellen beeinträchtigungen regelmäßig geringfügiger art und im innerstädtischen bereich – insbesondere bei zulässiger grenzständiger bebauung – ohne weiteres hinzunehmen. soweit die kläger auf die gefahr einer überflutung ihres kellers hinweisen, bleibt der vortrag unsubstantiiert. 70die rüge von durch den anbau entstehenden einblickmöglichkeiten (in die rückwärtigen wohnräume oder den garten) führt nicht zur annahme einer rücksichtslosigkeit des vorhabens, da in bebauten bereichen – speziell wenn (wie hier) eine hauszeilenbebauung gegeben ist – einsichtnahmemöglichkeiten durch nachbarn auf das eigene grundstück regelmäßig als im rahmen dieser bauweise selbstverständlich hingenommen werden müssen. 71vgl. etwa ovg nrw, urteil vom 22. august 2005 – 10 a 3611/03 –, brs 69 nr. 91 = juris rn 57. 72dies findet zu gunsten des betroffenen nachbarn nur dort eine grenze, wo durch eine nachträgliche erweiterung eine neue qualität von einsichtnahmemöglichkeiten geschaffen wird, also wenn im bereich des obergeschosses eine vor die gebäuderückseite der reihenhaus- oder hausgruppenbebauung vorgelagerte "aussichtsplattform" geschaffen wird und deshalb fortan nicht nur (gegenseitige) einblicke in den gartenbereich, sondern mehr als nur kurze blicke auch in richtung der benachbarten fenster möglich sind. der blick in richtung der fenster des nachbarn ist umso schützenswerter, wenn hierdurch solche räume betroffen sind, die – wie schlafzimmer – der intims-, jedenfalls aber der privatsphäre zuzurechnen sind und aufgrund der räumlichen verhältnisse gleichsam "zum greifen" nah sind, so dass nicht einmal ein mindestmaß an privater wohnsphäre verbleibt. 73vgl. ovg nrw, urteil vom 22. august 2005 – 10 a 3611/03 –, brs 69 nr. 91 = juris rn 60. 74diese grenze zur rücksichtslosigkeit wird durch den verfahrensgegenständlichen rückwärtigen anbau der beigeladenen nicht überschritten. vielmehr weist der anbau keine unmittelbar zum grundstück der kläger gerichteten fenster auf. die fenster zum garten der beigeladenen wie auch die mittig vorgesehene dachterrasse ermöglichen lediglich einen blick in den hinteren teil des gartens der kläger, wie er auch bisher schon grundsätzlich bestand. dass durch die schaffung einer mittig liegenden dachterrasse dort nunmehr eine zusätzliche aufenthaltsmöglichkeit bei gutem wetter geschaffen wird, vermag hieran nichts zu ändern, weil keine neue qualität an einblick geschaffen wird. 75die von den klägern gerügte nicht ausreichende gründung des anbaus der beigeladen führt nicht zu einer rücksichtslosigkeit. auch insoweit bleibt der vortrag der kläger insbesondere im hinblick auf die vorgelegte statische berechnung des ing.-büros k. i. ohne substanz. sonstige hinweise, dass die durch die angefochtene baugenehmigung genehmigte bauausführung nicht selbst hinreichend standsicher ist, bestehen nicht. 76das vorhaben widerspricht nicht den nachbarschützenden vorschriften des bauordnungsrechts. 77ein verstoß gegen die drittschützende vorschrift des § 6 abs. 1 satz 1 i.v.m. abs. 2 satz 1 bauo nrw ist nicht gegeben. hiernach sind vor den außenwänden von gebäuden abstandflächen von bebauung durch oberirdische gebäude freizuhalten, wobei die abstandflächen auf dem grundstück selbst liegen müssen. der verfahrensgegenständliche anbau ist an der grundstücksgrenze zu dem grundstück der kläger grenzständig, also ohne auf dem eigenen grundstück liegende abstandflächen genehmigt worden. der einhaltung von nach § 6 abs. 1 satz 1 notwendigen abstandflächen bedarf es aber nach § 6 abs. 1 satz 2 buchst. a) bauo nrw nicht, da nach den maßgeblichen planungsrechtlichen vorschriften ohne grenzabstand gebaut werden muss. die reihenhauszeile stellt eine geschlossene bebauung i.s.d. § 22 abs. 3 i.v.m. abs. 2 satz 2 baunvo dar, bei der die einzelnen reihenhäuser zueinander ohne grenzabstand zu errichten sind. 78auch ein verstoß gegen § 15 abs. 1 satz 2 bauo nrw, wonach bauliche anlagen die standsicherheit anderer baulicher anlagen nicht gefährden dürfen, ist – wie oben schon ausgeführt – nicht erkennbar. 79die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. es entspricht der billigkeit, die außergerichtlichen kosten der beigeladenen nach § 162 abs. 3 vwgo nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil sich diese mangels eigenem antrag keinem eigenen kostenrisiko ausgesetzt haben, vgl. § 154 abs. 3 vwgo. 80die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
168,763 | 1 K 2332/12 F | 2015-01-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Zukauf, der Ausbildung und dem Verkauf von Reitpferden eine den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zugehörige Tierhaltung i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) mit der Folge betreibt, dass sie den Gewinn nach Durchschnittssätzen ermitteln kann (§ 13a EStG), oder statt dessen – wovon das beklagte Finanzamt ausgeht – gewerbliche Einkünfte erwirtschaftet (§ 15 EStG). 3Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die mit Vertrag vom 01.08.2008 gegründet wurde. Gesellschafter sind S (50%), C (25%) und F (25%). Gegenstand des Unternehmens ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Pferdezucht und Pferdehaltung. Bei der Gründung brachte der Gesellschafter S seinen bisher als Einzelunternehmen betriebenen Pferdehandelsbetrieb in das Vermögen der Klägerin ein. Der Gesellschafter C ist ausgebildeter Pferdewirt. Er unterhält in X einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Pferdehaltung und Hengststation (nebst Hofstelle, Stallungen, Reitanlagen, Inventar, landwirtschaftlichen Flächen etc., mit Kapazitäten für bis zu 70 Pferde). Dort befindet sich auch der Sitz der Klägerin. Der Gesellschafter F ist ausgebildeter Reitlehrer. Die Gesellschafter C und F betreiben zudem in der Rechtsform einer GmbH und Co. KG einen Pferdehandelsbetrieb, dessen Sitz sich ebenfalls am Gestüt des Gesellschafters C befindet. 4Mit zunächst mündlich geschlossenem und am 15.01.2008 schriftlich abgefassten Vertrag hatte der Gesellschafter S zunächst als Einzelunternehmer von dem Landwirt M als Grünland genutzte Fläche in der Gemarkung E, Flur 20, Flurstücke 65 und 66, in einer Gesamtgröße von 21.604 qm gepachtet. Der Vertrag war auf einen Zeitraum von fünf Jahren angelegt (Pachtdauer vom 01.10.2007 bis zum 30.09.2013). Die jährliche Pacht belief sich auf 800,- EUR und war nachträglich zum 30.08. eines jeden Jahres zu zahlen. Bei der gepachteten Fläche handelte es sich um mit Stacheldraht eingezäuntes Weideland / Grünland. Nach § 19 des Pachtvertrages stimmte der Verpächter mit Abschluss des Pachtvertrages zu, dass der Gesellschafter S die Pachtfläche zur Nutzung in eine Personengesellschaft einbringen kann. Mit ihrer Gründung zum 01.08.2008 übernahm die Klägerin die gepachtete Fläche und zahlte den jährlichen Pachtzins an den Verpächter. 5Die Klägerin hielt in den Streitjahren 2008 und 2009 insgesamt vier Pferde. Hierbei handelte es sich um hochwertige Reitpferde, deren Lebensversicherungsprämien sich jeweils auf ca. 10.000,- EUR pro Jahr beliefen. Die Pferde wurden als Jungtiere erworben, waren auf dem landwirtschaftlichen Betrieb des Gesellschafters C untergebracht und sind dort – insbesondere durch die Gesellschafter C und F – über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr zu Dressurpferden ausgebildet worden, um bei einem späteren Verkauf einen Wertzuwachs zu erfahren. 6Das Pferd „1“ (DE) gehörte ursprünglich dem Gesellschafter S, der es zum 01.08.2008 in den Betrieb der Klägerin einbrachte. Laut Rechnung vom 01.09.2008 veräußerte die Klägerin das Pferd für brutto 285.000,- EUR an die C und F GmbH & Co KG. Diese veräußerte das Pferd wiederum am 26.09.2008 zum gleichen Preis an einen Erwerber aus den USA. 7Das Pferd „2“ (DE) gehörte ursprünglich ebenfalls dem Gesellschafter S, der es zum 01.08.2008 in den Betrieb der Klägerin einbrachte. Laut Rechnung vom 16.08.2009 veräußerte die Klägerin das Pferd für brutto 120.000,- EUR an den Gesellschafter F. 8Das Pferd „3“ (DE) erwarb die Klägerin laut Rechnung vom 08.10.2008 vom Gesellschafter C zu einem Preis von brutto 80.000,- EUR. Im Dezember 2008 verendete das Tier an den Folgen einer Darmkolik. Die an die Klägerin am 20.01.2009 ausgezahlte Versicherungsentschädigung belief sich auf 80.000,- EUR. 9Das Pferd „4“ (DE) erwarb die Klägerin laut Rechnung vom 16.11.2009 vom Gesellschafter C zu einem Preis von brutto 95.000,- EUR. Zum Ende des Streitzeitraums (31.12.2009) befand sich das Pferd noch im Besitz der Klägerin. 10In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2008 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und ermittelte ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen (§§ 13, 13a EStG). Der dabei ermittelte Gewinn betrug 0,- EUR (2,1604 ha x 358 EUR/ha Grundbetrag = 773,- EUR abzüglich 800,- EUR Pachtzinsen, wobei die abzusetzenden Beträge nicht zu einem Verlust führen dürfen, vgl. § 13a Abs. 3 S. 2 EStG). Mit Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 21.12.2010 veranlagte der Beklagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß und setzte den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 2008 auf 0,- EUR fest. 11Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N führte bei der Klägerin im Jahr 2011 eine steuerliche Außenprüfung durch. Dabei stellte es fest, dass die Klägerin mit dem gepachteten Grünland bei isolierter Betrachtung einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalte, für den der Gewinn nach Durchschnittssätzen ermittelt werden könne (§ 13a EStG). Die Einkünfte aus den Pferdehandelsgeschäften ordnete das Finanzamt jedoch nicht diesem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu, sondern erfasste sie als selbständige Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zur Begründung führte die Betriebsprüfung aus, die Klägerin erfülle mit dem Pferdehandel die Voraussetzungen einer gewerblichen Tätigkeit i.S. des § 15 EStG (Ausübung einer selbständigen und nachhaltigen Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht, die unter Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr ausgeübt werde). Eine Verbindung zwischen dem aus dem gepachteten Grünland bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und dem Pferdehandel sei nicht erkennbar. Für die Frage, ob ein einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege, sei auf das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung abzustellen. Dabei sei zu prüfen, ob ein organisatorischer, wirtschaftlicher und finanzieller Zusammenhang vorliege und ob es sich um gleichartige oder ungleichartige Betätigungen handele. Diese Aspekte seien im Streitfall zu verneinen. Das Unternehmen der Klägerin – der Zukauf, die Ausbildung und der Verkauf von Reitpferden – werde auf einem speziell geeigneten Pferdehof, dem Gestüt des Gesellschafters C, betrieben. Die Pacht der Weidefläche sei zur Verwirklichung des Unternehmenszwecks nicht erforderlich gewesen. Das mit Stacheldraht umzäunte Grünland sei schon gar nicht zum Weidegang der hochpreisigen Pferde geeignet, weil die Verletzungsgefahr insofern zu groß sei. Ob und wie die Bewirtschaftung des Grünlandes erfolgt sei, habe im Rahmen der Betriebsprüfung nicht festgestellt werden können. Die Pferde würden ausschließlich im Pensionspferdestall C und F auf dem Hof des Gesellschafters C gehalten und dort ausgebildet. Eine räumliche Verbindung zu der gepachteten Grünfläche und damit zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin bestünde also nicht. Die Entfernung der Grünfläche zum Wohnhaus des Gesellschafters S in M betrage 7,9 km und zur Hofstelle des Gesellschafters C in E 13,8 km. Finanziell erfordere die Tätigkeit der Bodenbewirtschaftung nur geringe Mittel (Zahlung von Pacht und eventuelle Bewirtschaftung durch Lohnunternehmer). Eigene Maschinen zur Bodenbewirtschaftung seien bei der Klägerin nicht vorhanden. Auch organisatorisch sei die Bewirtschaftung der Grünfläche ohne größeren Aufwand möglich. Demgegenüber sei der Handel mit Pferden mit einem hohen Organisations-, Arbeits- und Zeitaufwand sowie mit einem großen finanziellen Risiko verbunden. Das Halten und die Ausbildung der Pferde, die als Jungpferde erworben und nach intensiver Ausbildung mit erheblicher Wertsteigerung weiter veräußert werden sollten, sei vollständig in die Hände von Spezialisten gegeben worden. Durch die Einbringung des Einzelunternehmens des Gesellschafters S in den Betrieb der Klägerin unter Beteiligung der Gesellschafter C (Inhaber eines Pensionspferdestalles) und F (ausgebildeter Reitlehrer) seien insofern Kompetenzen gebündelt und eine Risikostreuung vorgenommen worden. Nach dem Gesamtbild der betrieblichen Verhältnisse sei die Bodenbewirtschaftung durch Pachtung des Grünlands in der Gemarkung E lediglich vorgeschoben und ausschließlich mit dem Ziel betrieben worden, um den gewerblichen Pferdehandel als land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erscheinen zu lassen sowie die Vergünstigung der Durchschnittsgewinnermittlung nach § 13a EStG in Anspruch zu nehmen. 12Für den als gewerblichen Pferdehandel eingestuften Betrieb der Klägerin ermittelte die Betriebsprüfung einen einheitlich und gesondert festzustellenden Gewinn für das Jahr 2008 i.H. von 121.439,- EUR und für das Jahr 2009 i.H. von 24.247,68 EUR. Hinsichtlich der Gewinnermittlung sowie der weiteren Feststellungen der Betriebsprüfung wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 31.05.2011 verwiesen. 13Der Beklagte übernahm die Feststellungen des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N. Er erließ am 02.08.2011 einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2008 sowie einen erstmaligen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2009. 14Mit Schreiben vom 04.08.2011 – Eingang beim Beklagten am 05.08.2011 – legte die Klägerin Einsprüche gegen die Feststellungsbescheide ein. Zur Begründung trug die Klägerin vor, durch die Pacht der Grünfläche sei ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb entstanden. Die Pacht der Fläche habe über den gesamten Prüfungszeitraum Bestand gehabt. Gleichzeitig seien insgesamt drei Pferde gehalten und ausgebildet worden. Da die Pferde während der Ausbildung jeweils über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr im Betrieb verblieben seien, handele es sich nicht um einen gewerblichen Pferdehandel, sondern um eine land- und forstwirtschaftliche Tierhaltung. Die gesetzlichen Vorgaben zum Verhältnis von Tierbestand und Nutzfläche seien eingehalten worden (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Das von der Betriebsprüfung vorgetragene Argument, die Tätigkeit der Bodenbewirtschaftung erfordere nur geringe Mittel und der Handel mit Pferden beinhalte dagegen ein erhebliches wirtschaftliches Risiko, führe nicht zu einer Umqualifikation der landwirtschaftlichen Tätigkeit. Schließlich habe auch ein räumlicher Zusammenhang zwischen der Grünfläche und den auf dem Hof des Gesellschafters C untergestellten Pferden bestanden. In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sei anerkannt, dass ein solcher räumlicher Zusammenhang im Einzelfall auch dann noch bestehen könne, wenn weitaus größere Entfernungen zwischen Hofstellen und landwirtschaftlichen Flächen (über 40 km) als im Streitfall lägen. In diesem Zusammenhang sei auch die Regelung des § 51a Bewertungsgesetz (BewG) zu beachten, die für die Gründung einer Tierkooperation mehrerer Landwirte eine Grenze von 40 km zwischen Produktionsstätte und den einzelnen Betrieben der Mitglieder enthalte. Diese Grenze könne für die Beantwortung der Frage nach einer räumlichen Einheit von einzelnen Betriebsteilen argumentativ herangezogen werden. 15Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 29.06.2012 als unbegründet zurück. Die Einkünfte aus den Pferdehandelsgeschäften stellten solche aus Gewerbebetrieb dar. Der Gewerbebetrieb sei durch den Gesellschafter S in dessen Einzelunternehmen begründet und nach der Einbringung von der Klägerin fortgeführt worden. Die Pferdehandelsgeschäfte seien nicht der gepachteten Grünfläche zuzuordnen. Eine wirtschaftliche Verbindung zwischen der Fläche und dem Betrieb des Pferdehandels liege nicht vor. Betrieb i.S. des § 13 EStG sei in Anlehnung an das Bewertungsgesetz (BewG) die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 33 Abs. 1 BewG). Der Umfang der wirtschaftlichen Einheit sei gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 u. 4 BewG nach der Verkehrsanschauung zu bestimmen, wobei örtliche Gewohnheit, tatsächliche Übung und die Zweckbestimmung sowie wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen seien. Insofern habe eine Gesamtwürdigung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu erfolgen (Verweis auf BFH, Urteil v. 19.07.2011, IV R 10/09, juris). Eine solche Gesamtwürdigung der betrieblichen Verhältnisse führe im Streitfall nicht zu der Annahme eines einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Darüber hinaus handele es sich bei dem Pferdehandel auch nicht um eine ihrem Wesen nach landwirtschaftliche Tätigkeit. 16Die Klägerin hat am 11.07.2012 die vorliegende Klage erhoben. 17Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie mit der Zucht und Haltung von Pferden land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erziele. In dem Betrieb würden durchschnittlich zwei Pferde im Alter von einem bis zu vier Jahren gehalten. Die Pferde würden als Jungtiere zugekauft und über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr im Betrieb ausgebildet. In ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei anerkannt, dass der Zukauf, die Ausbildung und der Weiterverkauf von Reitpferden als landwirtschaftliche Tierhaltung einzuordnen sei, wenn die Haltedauer der Tiere über einem Jahr liege. Die spätere Verwendung und die Wertigkeit der Pferde seien in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Die von ihr – der Klägerin – gepachtete Fläche mit einer Gesamtgröße von 21.604 qm gewährleiste auch eine ausreichende Futtergrundlage für die gehaltenen Pferde. Die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG i.V. mit § 51 BewG enthaltenen Vieheinheits-Grenzen seien in den Streitjahren deutlich unterschritten worden. Für den Streitfall trägt die Klägerin ferner vor, dass die Grünfläche der Heugewinnung diene, zweimal pro Jahr gemäht werde und das dabei anfallende Heu auf dem Hof des Gesellschafters C Verwendung finde. Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung lägen aber auch bei einem Betrieb, der die gesamten Erzeugnisse seiner selbst bewirtschafteten Flächen fremd vermarkte und sodann das Futter für seine eigenen Tiere wieder zukaufte, noch land- und forstwirtschaftliche Einkünfte vor. 18Im Übrigen gehörten Viehhaltung und Bodenbewirtschaftung als einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb zusammen. Es gäbe viele Betriebe, die Viehhaltung auf gepachteten Flächen durchführten und gleichzeitig auch gepachtete Ställe hätten. 19Die von dem Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19.07.2011 (IV R 10/09) sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Das Urteil sei zu dem Sachverhalt ergangen, ob bei einer Entfernung zwischen der Hofstelle und weiteren Grundstücken von über 80 km noch ein einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegen könne. Im hiesigen Fall läge die Entfernung zwischen den Ställen, in denen die Reitpferde untergestellt seien, und der bewirtschafteten Grünfläche aber wesentlich unter dieser Entfernungsgrenze. 20Schließlich lägen auch die Voraussetzung des § 13a EStG für eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen in den Streitjahren vor. Die selbstbewirtschaftete Fläche liege deutlich unter 20 Hektar und die Tierbestände lägen deutlich unter 50 Vieheinheiten. 21Die Klägerin beantragt, 22unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 29.06.2012 und Abänderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 02.08.2011 die Einkünfte aus der Zucht und Haltung von Pferden für die Jahre 2008 und 2009 als solche aus Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren und den Gewinn mit jeweils 0,- EUR festzustellen. 23Der Beklagte beantragt, 24die Klage abzuweisen. 25Im Rahmen der Gegenäußerung wiederholt der Beklagte seinen bereits in der Einspruchsentscheidung vertretenen Standpunkt. Nach der Verkehrsanschauung sei nicht davon auszugehen, dass es sich bei dem Pferdehandel und der gepachteten Wiese um einen einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb handele. 26Der erkennende Senat hat am 13.01.2015 mündlich in der Sache verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. 27Entscheidungsgründe: 28Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 29I. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2008 und 2009 vom 02.08.2011 sowie die Einspruchsentscheidung vom 29.06.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO). 301. Die Klägerin betreibt mit dem Zukauf, der Ausbildung und dem Verkauf von Reitpferden (Pferdeveredelung und Pferdehandel) einen eigenständigen gewerblichen Betrieb, und zwar überwiegend als Auftraggeberin einer sog. Pensionstierhaltung, d.h. unter Nutzung fremder Betriebsressourcen. Das von der Klägerin gepachtete Grünland stellt ebenfalls einen selbständigen Betrieb dar, der dem Bereich der Landwirtschaft (Bodenbewirtschaftung) zuzuordnen ist. Zwischen beiden Betrieben besteht keine organisatorische, wirtschaftliche und finanzielle Verpflechtung, die es rechtfertigen würde, insgesamt von einem einheitlichen Betrieb auszugehen. Demzufolge hat der Beklagte die auf die Pferdeveredelung und den Pferdehandel entfallenden Gewinne zu Recht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) qualifiziert und nicht den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) zugeordnet, mit der Folge, dass insofern eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) ausscheidet. 31a. Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören neben den Einkünften aus dem Betrieb der Bodenbewirtschaftung (Urproduktion) auch die Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung, wenn die Tierbestände bestimmte in § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG angegebene Grenzen nicht übersteigen, mithin die regelmäßig landwirtschaftlich genutzte Fläche bei typisierender Betrachtung – gemessen am gesetzlichen Flächenschlüssel – eine ausreichende Ernährungsgrundlage für die Tiere bildet. Sind die Grenzen überschritten, so sind die Tierzucht oder die Tierhaltung gewerblich. Zu landwirtschaftlichen Einkünften aus Tierzucht oder Tierhaltung kann es deshalb nur kommen, wenn die Tiere zu einem einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb mit entsprechender Bodenproduktion gehören. Eine von der Bodenbewirtschaftung gelöste Tierzucht oder Tierhaltung ist dagegen stets als Gewerbebetrieb zu behandeln (vgl. BFH, Urteile v. 16.11.1978, IV R 191/74, juris; v. 10.04.1997, IV R 48/96, juris; v. 31.03.2004, I R 71/03, juris; Kulosa in Schmidt, EStG33, § 13 EStG Rz. 18 ff.; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A 31 ff.; Stalbold in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kapitel 6 Rz. 1 ff., 11; Paul in Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 13 EStG Rz. 77 ff.). 32Im Streitfall unterhält die Klägerin zwei betriebliche Einheiten, nämlich zum einen die Pferdeveredelung und den Pferdehandel (vorrangig ausgeübt im fremden Betrieb des Gesellschafters C) sowie zum anderen die Bodenbewirtschaftung auf von ihr gepachtetem Grünland. Ihr Begehren, die Gewinne aus der Pferdeveredelung und dem Pferdehandel den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen und nach Durchschnittssätzen zu ermitteln, setzt zwingend voraus, dass beide Tätigkeiten einen zusammengehörigen landwirtschaftlichen Betrieb bilden. 33b. Was als (einheitlicher) Betrieb i.S. des § 13 EStG zu verstehen ist, regelt die Vorschrift nicht ausdrücklich. Die Rechtsprechung greift insofern auf das Bewertungsgesetz zurück, wonach Betrieb der Land- und Forstwirtschaft die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ist (§ 33 Abs. 1 BewG). Der Umfang einer wirtschaftlichen Einheit ist nach der Verkehrsanschauung zu bestimmen, wobei örtliche Gewohnheit, tatsächliche Übung sowie die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen sind (§ 2 Abs. 1 S. 3 u. 4 BewG). Die Frage, was noch zu einem einheitlichen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gehört, ist insofern auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der betrieblichen Verhältnisse im Einzelfall zu beantworten. Entscheidend ist dabei insbesondere, ob zwischen den einzelnen Betriebseinheiten ein organisatorischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Zusammenhang besteht und ob es sich um gleichartige oder ungleichartige Betätigungen handelt. Anknüpfend an die Betriebswirtschaftslehre und unter Einbeziehung selbstbewirtschafteter Pachtflächen hat die Rechtsprechung den Begriff des Betriebes einkommensteuerrechtlich ferner als eine auf die Erreichung eines arbeits- und produktionstechnischen Zwecks gerichtete organisatorische Zusammenfassung personeller, sachlicher und anderer Arbeitsmittel zu einer selbständigen Einheit definiert (vgl. insgesamt BFH, Urteile v. 16.11.1978, IV R 191/74, juris; v. 27.10.1983, IV R 217/81, juris; v. 13.10.1988, IV R 136/85, juris; v. 10.04.1997, IV R 48/96, juris; v. 29.03.2001, IV R 62/99, juris; v. 19.07.2011, IV R 10/09, juris). 34c. Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall geht der erkennende Senat davon aus, dass zwischen der Pferdeveredelung und dem Pferdehandel einerseits sowie der gepachteten Grünfläche (Bodenbewirtschaftung) andererseits kein organisatorischer, sachlicher, personeller, wirtschaftlicher oder finanzieller Zusammenhang derart besteht, dass von einem einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen wäre. Dafür sind folgende Erwägungen ausschlaggebend: 35(1) Beide Betriebe verfügen zunächst über einen selbständigen Inhalt sowie eine eigene Struktur und sind damit im Grundsatz jeweils auch ohne den Anderen lebensfähig. 36Die Tierhaltung wird vollständig auf dem landwirtschaftlichen Betrieb (Gestüt) des Gesellschafters C unter Einbeziehungen der dort vorhandenen betrieblichen Ressourcen ausgeübt. Die Pferde sind dort untergebracht und werden dort komplett versorgt, d.h. ernährt, gepflegt und ausgebildet. Die Klägerin ist zwar Eigentümerin der Pferde, verfügt jedoch selbst weder über die zur Tierhaltung notwendigen betrieblichen Grundlagen (Stallungen, Reitanlagen, landwirtschaftliches Inventar etc.) noch über die für eine Pferdeveredelung (Ausbildung) und einen Pferdehandel (Branchenkontakte) entsprechenden personellen Ressourcen. Insofern ist sie auf die Leistungen (Beiträge) ihrer Gesellschafter angewiesen. Dieser Sachverhalt ist mit der sog. Lohntierhaltung vergleichbar, bei der die Haltung von Tieren auf der Basis schuldrechtlicher Leistungsbeziehungen in dritte Hände gelegt wird. Grundlage der Tierhaltung im Streitfall sind zwar keine gesonderten schuldrechtlichen, sondern gesellschaftsrechtliche Beziehungen. Entscheidend ist aber, dass die Tierhaltung in beiden Fällen nicht unmittelbar vom Eigentümer der Tiere, sondern von einer anderen Person und in einem fremden Betrieb ausgeübt wird. Es liegt mithin ein Fall der sog. Pensionstierhaltung vor. Für diese Art der Betätigung ist allgemein anerkannt, dass es sich um einen autarken Betrieb handelt, der beim Pensionsgeber Bestandteil eines landwirtschaftlichen Betriebes sein kann und beim Pensionsnehmer (Eigentümer) typischerweise zu gewerblichen Einkünften führt (vgl. Stalbold in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kapitel 6 Rz. 21). 37Auch das von der Klägerin gepachtete Grünland mit einer Fläche von ca. 2 Hektar stellt für sich betrachtet potentiell einen eigenständigen Betrieb in Form der Bodenbewirtschaftung dar. Denn das Bestehen eines solchen typischerweise landwirtschaftlichen Betriebs erfordert weder einen vollen landwirtschaftlichen Besatz (Betriebsgebäude, Maschinen, Inventar) noch eine Hofstelle und wird bei einer selbstbewirtschafteten Fläche ab einer Größe von 3.000 qm typisierend vermutet (vgl. Kulosa in Schmidt, EStG33, § 13 EStG Rz. 4 m.w.N.). 38Beide Betriebe sind nach der Verkehrsanschauung weder tätigkeitsspezifisch noch organisatorisch und auch wirtschaftlich nicht in einem solchen Maß voneinander abhängig, dass sie ohne die jeweils andere Betriebseinheit nicht existieren könnten. Sie sind vielmehr objektiv selbständig und bedingen sich gegenseitig nicht. Gerade die Pensionstierhaltung zeichnet sich ihrem Wesen und ihrem Charakter nach durch Unabhängigkeit aus. Der aufnehmende Pensionsbetrieb verfügt in betriebswirtschaftlicher, organisationsrechtlicher, arbeitswirtschaftlicher und personeller Hinsicht in der Regel über eine funktionsfähige Struktur und ist damit selbständig. Umgekehrt ist aber auch die landwirtschaftliche Bodenbewirtschaftung nicht generell auf eine Tierhaltung angewiesen, um überhaupt daseinsfähig zu sein. Ob sie im Einzelfall rentabel betrieben werden kann, ist eine der potentiellen Eigenständigkeit nachgeordnete Frage. 39(2) Ferner stellt sich die Betätigung der Klägerin im Streitfall für den erkennenden Senat schon aus systematischen Gesichtspunkten nicht als wirtschaftliche Einheit dar. 40Die Pensionstierhaltung ist eine besondere Bewirtschaftungsform. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Tierhaltung ausschließlich, jedenfalls aber ganz überwiegend unter Einbeziehung und Nutzung fremder Betriebsgrundlagen erfolgt. Regelmäßig wird die komplette Haltung der Tiere – und damit auch deren Ernährung – in die Hände des Pensionsbetriebs gegeben, d.h. entweder verfügt der die Tiere aufnehmende Betrieb selbst über landwirtschaftliche Flächen und damit über die notwendigen Futtergrundlagen für die Tierhaltung oder er befriedigt seinen Bedarf durch einen Zukauf von Futtermitteln. Dass daneben auch der Eigentümer der Tiere und Pensionsnehmer eine landwirtschaftliche Bodenbewirtschaftung betreibt, um insofern selbst für eine ausreichende Futtergrundlage für die in Pensionshaltung gegebenen Tiere zu sorgen, ist bei struktureller und wirtschaftlicher Betrachtung weder zwingend erforderlich noch entspricht es den üblichen Gepflogenheiten. Vor diesem Hintergrund scheitert ein etwaiger Zusammenhang der beiden Betriebseinheiten im Streitfall schon an dem grundlegenden Umstand, dass die Pferdehaltung in Form der Pensionstierhaltung ihrem Wesen und Charakter nach auf Nutzung fremder Ressourcen ausgerichtet ist und demzufolge prinzipiell keiner eigenen Bodenbewirtschaftung durch die Klägerin als Pensionsnehmerin bedarf. Die eigentliche bodenwirtschaftliche Grundlage der Pferdehaltung bilden die vom Pensionsgeber (Gestüt C) selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen, nicht aber etwaige durch die Klägerin als Eigentümerin der Tiere in räumlicher Entfernung zum Pensionsbetrieb hinzu gepachtete Flächen (vgl. auch BFH, Urteil v. 14.04.1988, IV R 40/86, juris: „Nach den bewertungsrechtlichen Maßstäben kann Vieh, das zur Aufzucht oder Haltung in fremde Betriebe gegeben wird, nicht dem Aufzüchter, sondern nur dem Eigentümer zugerechnet werden (…). Das ändert aber nichts daran, dass auch die fremden Tiere beim Pensionshalter und Aufzüchter wegen des Veredelungscharakters für die Frage der Erfüllung der flächenmäßigen Voraussetzungen in der Regel als dessen Tierhaltung i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG anzusehen sind.“; s.a. Paul in Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 13 EStG Rz. 78). 41Verfügt der Eigentümer und zugleich Auftraggeber einer Pensionstierhaltung nicht selbst über einen gewachsenen landwirtschaftlichen Betrieb, sondern pachtet er in räumlicher Entfernung zum Pensionsbetrieb belegene Flächen hinzu, so spricht dies nach Ansicht des Gerichts aufgrund des Charakters der Lohn- bzw. Pensionstierhaltung als Form der Fremdbewirtschaftung prima facie dafür, dass insoweit selbständige Betriebe vorliegen und dass die Pensionstierhaltung in Bezug auf den Eigentümer regelmäßig als Gewerbebetrieb einzuordnen ist (ähnlich: Hiller in Lademann, Kommentar zum EStG, § 13 EStG Rz. 25; Schnitter in Schwarz, Einkommensteuergesetz, § 13 EStG Rz. 108; Stalbold in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kapitel 6 Rz. 21). 42(3) Auch unter Berücksichtigung teleologischer Aspekte betreibt die Klägerin im Streitfall keinen einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. 43Die Vorschriften über die Tierzucht und die Tierhaltung in § 51 BewG sowie § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG definieren den landwirtschaftlichen Betrieb bzw. das Erzielen landwirtschaftlicher Einkünfte typisierend über den Zusammenhang (ein bestimmtes Verhältnis) zwischen Tierbeständen (Vieheinheiten) und landwirtschaftlichen Flächen. Sie enthalten damit eine agrarpolitisch begründete nicht widerlegbare gesetzliche Fiktion. Zwar hat der Gesetzgeber dabei aus Vereinfachungsgründen nicht auf die tatsächliche Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen zur Futtergewinnung, sondern lediglich auf das Vorhandensein einer potentiell ausreichenden Futtergrundlage abgestellt. Diese hypothetische Sichtweise ändert aber nichts an dem Umstand, dass das für die Landwirtschaft charakteristische Kriterium der Bodenbewirtschaftung weiterhin im Vordergrund sowohl der bewertungsrechtlichen als auch der einkommensteuerlichen Tatbestände steht (vgl. BFH, Urteile v. 16.11.1978, IV R 191/74; v. 29.06.1988, X R 33/82, juris; s.a. BT/Drucks IV/1488, S. 45 ff. zu § 39 BewG a.F. und BT/Drucks IV/3568, S. 6 zu § 13 EStG). Daher kann die Beurteilung, ob Tierzucht und Tierhaltung gewerblich oder wegen ausreichender Verpflechtung zur Bodenproduktion landwirtschaftlich sind, ausschließlich aus der Sicht der Bodenproduktion und nicht aus der Sicht der Tierproduktion bzw. Tierhaltung vorgenommen werden. Es kommt also grundsätzlich darauf an, welcher Nutzen der Bodenproduktion durch die Tierzucht oder Tierhaltung entsteht, und nicht umgekehrt (zutreffend: Stalbold in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kapitel 6 Rz. 11). 44Angesichts der besonderen Bewirtschaftungsart der Pensionstierhaltung (Haltung der Tiere in einem fremden Betrieb) ist im Streitfall jedenfalls nicht ersichtlich, welche Bedeutung die Tierbestände überhaupt für die von der Klägerin gepachtete Grünfläche haben könnten. Ein wie auch immer gearteter Nutzen der Pferdehaltung für die klägerische Bodenbewirtschaftung ist nicht erkennbar. Das wird auch durch die zeitliche Reihenfolge der Tätigkeitsaufnahme belegt. Der Gesellschafter S hat im Rahmen seines Einzelbetriebs, der von der Klägerin nach deren Gründung fortgeführt wurde, zunächst die Pferdehaltung aufgenommen (Erwerb des ersten Pferdes „T“ im Juni 2007), bevor dann später die Grünfläche gepachtet worden ist (mündlicher Pachtvertrag vom 01.10.2007). 45(4) Der Senat hat aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens auch nicht die Überzeugung gewinnen können, dass zwischen dem von der Klägerin gepachteten Grünland und der Pferdehaltung eine konkrete sachliche Verpflechtung besteht, die die Annahme einer betrieblichen Einheit zu rechtfertigen in der Lage wäre. 46Alleine der Umstand, dass die Pferdehaltung und die Bodenbewirtschaftung unter der (einheitlichen) Leitung der Klägerin stehen, begründet für sich betrachtet keine ausreichende sachliche Verpflechtung (vgl. Nacke in Blümich, EStG/KStG/GewStG Kommentar, § 13 EStG Rz. 60a). 47Ein darüber hinausgehender sachlicher Zusammenhang (etwa in Form der gegenseitigen Nutzung von Ressourcen oder in Gestalt eines Leistungsaustausches) besteht nicht. Die von der Klägerin gehaltenen Pferde sind ausschließlich im Pensionspferdestall des Gesellschafters C untergebracht. Sie werden dort ausgebildet und intensiv betreut. Dagegen kommen die Tiere mit der gepachteten Grünfläche nicht in Berührung. Als Weidefläche ist das Grünland aufgrund der örtlichen Gegebenheiten schon gar nicht geeignet. Aufgrund der Eingrenzung mit einem Stacheldrahtzaun bestünde für die Pferde ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Im Falle einer Verletzung liefe die Klägerin Gefahr, insofern den Versicherungsschutz für die Pferde zu verlieren. Im Übrigen wäre der Aufwand, die Pferde (täglich oder mehrmals wöchentlich) zum Weiden auf die gepachtete Fläche und später wieder zur Ausbildung bzw. Haltung zum Gestüt des Gesellschafters C zu bringen, aus der Sicht des Gerichts organisatorisch und wirtschaftlich kaum tragbar. Vor diesem Hintergrund erscheint der Vortrag der Klägerin, die Motivation für die Pacht habe ursprünglich darin gelegen, die Grünfläche als Weideland zu nutzen und den Pferden Auslauf zu verschaffen, wenig glaubhaft. Jedenfalls ist zwischen den Beteiligten aber unstreitig, dass derartige Pläne der Klägerin tatsächlich nicht verwirklicht worden sind. 48Die Klägerin hat auch nicht nachgewiesen, dass das von ihr gepachtete Grünland tatsächlich als Futtergrundlage ihrer eigenen Pferde dient und insofern eine produktmäßige Verknüpfung zwischen den landwirtschaftlichen Flächen und der Pferdehaltung besteht. Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin im steuerlichen Verwaltungsverfahren (einschließlich des Betriebsprüfungsverfahrens) keine Angaben bzw. Nachweise zur Art und Weise der Bewirtschaftung der Grünfläche gemacht hat (vgl. Betriebsprüfungsbericht vom 31.05.2011, Tz. 2.3.2.1). Auch im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren hat die Klägerin nicht zu einer etwaigen tatsächlichen Nutzung des Grünlandes als Futtergrundlage vorgetragen. Erst im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens (mit Schreiben vom 11.12.2014 im Anschluss an die gerichtliche Aufklärungsanordnung vom 27.11.2014) hat die Klägerin behauptet, die von ihr gepachtete Wiese würde zweimal pro Jahr gemäht und das dabei gewonnenen Heu (ca. 30 bis 35 Ballen) würde an ihre Pferde verfüttert. Diesen Vortrag hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung so aber nicht aufrecht erhalten, sondern ausgeführt, dass das Heu zum Hof des Gesellschafters C verbracht, dort zusammen mit von dessen Weideflächen gewonnenem sowie zugekauftem Heu an zentraler Stelle gesammelt und später im Betrieb verwendet wird („zum Einsatz gekommen ist“). Damit aber ist zur Überzeugung des Gerichts nicht hinreichend nachgewiesen, dass das von der Klägerin gepachtete Grünland tatsächlich als Futtergrundlage gerade für ihre Pferde dient. Denn auf dem Gestüt des Gesellschafters C befindet sich eine Vielzahl von Pferden; ferner dürften die Verwendungsmöglichkeiten breit gefächert sein (Einstreu, Futter etc.). Angesichts dessen braucht das Gericht den Zweifeln, ob etwaiges vom Grünland der Klägerin stammendes Heu überhaupt als Futtergrundlage für die hochwertigen Dressurpferde geeignet ist, nicht weiter nachgehen. Die bei der regionalen Landwirtschaftskammer eingeholten Informationen, entsprechende Sportpferde würden nur mit speziell aufbereitetem (zugekauften) Futter versorgt, sprechen jedenfalls dagegen. 49(5) Eine arbeitswirtschaftliche Verknüpfung zwischen der Pferdehaltung einerseits und der Bodenbewirtschaftung andererseits ist im Streitfall ebenfalls nicht erkennbar. Die Klägerin selbst verfügt weder über eigenes Personal noch über eigene Bewirtschaftungsmittel. Sie hat sowohl die Pferdehaltung als auch die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen in fremde Hände gelegt und ist insofern auf die Beiträge ihrer Gesellschafter oder die (potentielle) Hinzuziehung von Subunternehmern angewiesen. 50(6) Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten besteht zwischen der gepachteten Grünfläche und der Pferdehaltung kein hinreichender Zusammenhang. Aus der Sicht des Gerichts bestehen jedenfalls Zweifel, ob die Nutzung des Grünlandes als Futtergrundlage für die klägerischen Pferde tatsächlich rentabel ist. Die Klägerin zahlt jährlich eine Pacht von 800,- EUR. Hinzu kommt der Aufwand für die konkrete Bewirtschaftung der Grünfläche (vgl. alleine die diversen Ernteschritte: Mähen, Wenden, Pressen, Abfahren etc.). Der Umstand, dass die Bewirtschaftung nach klägerischen Angaben über den Betrieb des Gesellschafters C erfolgt (Gesellschafterbeitrag), bedeutet dem Grunde nach nicht, dass insofern kein Aufwand entsteht. Gerade mit Blick auf die räumliche Entfernung zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb des Gesellschafters C und der Pachtfläche erscheint die Rentabilität der Bodenbewirtschaftung fraglich. Auch der Umstand, dass von der Klägerin durchschnittlich lediglich zwei Pferde pro Jahr gehalten werden, lässt Zweifel daran aufkommen, ob die Bereitstellung einer eigenen Futtergrundlage für die Tiere aus ökonomischer Sicht effektiv ist. Denn der Futterbedarf der klägerischen Pferde ließe sich mit hoher Wahrscheinlichkeit wirtschaftlich ebenso sinnvoll auch durch Zukäufe von dritter Seite befriedigen (nach Auskunft der regionalen Landwirtschaftskammer betragen die durchschnittlichen Heukosten pro Jahr und Pferd zwischen 500,- und 1.200,- EUR). Jedenfalls hat die Klägerin weder im Betriebsprüfungsverfahren noch im finanzgerichtlichen Verfahren hinreichend konkrete Angaben zur Frage der Wirtschaftlichkeit der Bodennutzung gemacht (etwa in Form einer Rentabilitätsberechnung etc.). Sie hat damit den Nachweis einer ökonomisch planmäßigen Verbindung zwischen Pferdehaltung und Bodennutzung nicht erbracht. 51(7) Die – aus der Sicht der Klägerin geringe – räumliche Entfernung zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb des Gesellschafters C (Ort an dem die klägerischen Pferde untergebracht sind und ausgebildet werden) sowie dem von der Klägerin gepachteten Grünland (Wegstrecke ca. 13 km) vermag nach Ansicht des erkennenden Senats für sich genommen keinen ausreichenden Zusammenhang zwischen den Betriebseinheiten Pferdehaltung und Bodenbewirtschaftung zu begründen. Die Rechtsprechung sieht in der räumlichen Entfernung eines von mehreren Kriterien, die bei der Beantwortung der Frage, ob mehrere Betriebe oder ein einheitlicher Betrieb vorliegen, zu berücksichtigen sind. So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 27.10.1983 in einem Fall der Teilbetriebsverlegung entschieden, dass bei einer Entfernung von 10 km zwischen dem alten und dem neuen Betrieb nicht mehr von einer wirtschaftlichen Einheit auszugehen sei (IV R 217/81). In seiner Entscheidung vom 10.04.1997 hat er ausgeführt, dass der strukturelle Wandel der Landwirtschaft, die nicht mehr vom Leitbild des arrondierten Hofes geprägt sei, es im Einzelfall auch denkbar erscheinen lasse, dass über 10 km oder 40 km hinausgehende Entfernungen das Gesamtbild eines einheitlichen Betriebs nicht hindern würden (IV R 48/96). Schließlich hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 19.07.2011 ausgeführt, im Regelfall sei jedenfalls davon auszugehen, dass ein Grundstück, welches mehr als 100 km von der Hofstelle eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes entfernt liege, diesem Betrieb weder als notwendiges noch als gewillkürtes Betriebsvermögen zugeordnet werden könne (IV R 10/09). In allen Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof stets betont, dass es für die Beurteilung der Zusammengehörigkeit von Betriebseinheiten maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalles ankomme. Von der Festlegung einer konkreten Mindest- oder Höchstgrenze hat die Rechtsprechung daher ausdrücklich abgesehen. Die entsprechende Anwendung der in § 51a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BewG geregelten Grenze von 40 km im Ertragssteuerrecht hat sie mehrfach verneint. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung kontinuierlich klargestellt, dass das Kriterium der räumlichen Entfernung nicht isoliert zu betrachten, sondern im Kontext einer Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen Sachverhaltes zu berücksichtigen sei. Ihm komme umso weniger Gewicht zu, je intensiver der Leistungsaustausch zwischen den Betrieben und deren organisatorische und sachliche Verzahnung seien. Umgekehrt würden mit zunehmender Entfernung die Anforderungen an die Intensität der Verknüpfung der Betriebseinheiten steigen (vgl. exemplarisch BFH, Urteil v. 19.07.2011, IV R 10/09, juris). 52Da das Gericht – wie dargestellt – im Streitfall weder bei abstrakter noch bei konkreter Betrachtungsweise überhaupt einen sachlichen, personellen, organisatorischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Pferdehaltung und der Bodenbewirtschaftung der Klägerin feststellen kann, kommt es auf die räumliche Entfernung der beiden Betriebseinheiten zueinander schon gar nicht an. 53(8) Schließlich geht der erkennende Senat davon aus, dass es sich bei der vorliegend ausgeübten (Pensions-)Pferdehaltung einerseits sowie der Bodenbewirtschaftung andererseits sowohl ihrem Wesen, ihrer Struktur als auch ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nach um höchst ungleichartige Tätigkeiten handelt. Die Pferdehaltung (insbesondere die Ausbildung der Pferde zu Dressurpferden) und der Pferdehandel sind sehr arbeits-, zeit- und kostenintensiv. Die Tätigkeit erfordert ein beträchtliches Maß an landwirtschaftlicher Grundausstattung (Stallungen, Reitanlagen etc.) sowie umfangreiche Kompetenzen. Mit ihr gehen ein erhebliches finanzielles Engagement und ein merkliches wirtschaftliches Risiko einher. Im Vergleich dazu ist die reine Bewirtschaftung einer Grünfläche von 20 Hektar in der Regel im Nebenerwerb möglich. Der finanzielle Aufwand und das wirtschaftliche Risiko im Kontext mit dieser Tätigkeit sind minimal. 54d. Das Gericht weicht mit den vorstehenden Erwägungen nicht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ab, wonach die Ausbildung von (angekauften) Pferden zu Renn- und Turnierpferden unabhängig vom Alter und Ausbildungsstand sowie von einem späteren Weiterverkauf der Tiere an Dritte (selbst zu außerlandwirtschaftlichen Zwecken) grundsätzlich dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen ist, wenn nur der Betrieb seiner Größe nach eine ausreichende Futtergrundlage bietet und die Pferde nicht nur ganz kurzfristig dort verbleiben (vgl. dazu Urteile v. 16.11.1978, IV R 191/74, juris; v. 31.03.2004, I R 71/03, juris; v. 17.12.2008, IV R 34/06, juris). Denn zum einen ist diese Rechtsprechung jeweils zu typischen landwirtschaftlichen Betrieben mit komplettem Besatz (Hofstelle bzw. Wohngebäude, Betriebsgebäude, Stallungen, Inventar und Nutzflächen) ergangen. Sie hatte gerade nicht die atypische Konstruktion eines reinen Pensions- oder Lohnbetriebs mit in räumlicher Entfernung gepachteten Weideflächen durch den Pensionsnehmer zum Gegenstand. Zum anderen hat der Bundesfinanzhof in den genannten Entscheidungen zwar mehrfach klargestellt, dass das Vorhandensein einer ausreichenden Futtergrundlage gerade nicht bedeutet, dass der landwirtschaftliche Ertrag tatsächlich für die Ernährung der dort gehaltenen Tiere verwendet werden muss. Vielmehr setzen die Tatbestände der Tierzucht und der Tierhaltung lediglich voraus, dass ein im Wege der gesetzlichen Typisierung festgelegtes Verhältnis zwischen dem Tierbestand und der Größe der landwirtschaftlichen Fläche nicht überschritten wird. Daraus folgt nach Ansicht des erkennenden Senats jedoch nicht, dass zur Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall überhaupt ein einheitlicher Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vorliegt, nicht trotzdem auf konkrete sachliche Verpflechtungen (u.a. auch auf den Aspekt der tatsächlichen Fütterung von Tieren mit eigenen Erzeugnissen) abgestellt werden darf. Denn die Frage nach der einheitlichen Betriebseigenschaft ist der tatbestandlichen Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG (Einkünftequalifikation) insofern dogmatisch zwingend vorgeschaltet. Folgerichtig hat der Bundesfinanzhof in einer der Entscheidungen selbst ausgeführt, dass „etwas anderes gelten mag, wenn die Tierhaltung keinerlei Bezug zur Fläche des Betriebs aufweist“ (vgl. BFH, Urteil v. 31.03.2004, I R 71/03, juris, unter Verweis auf das Urteil des FG Schleswig-Holstein v. 18.09.1986, III 150/83, EFG 1987, 117). 552. Der Senat vertritt zudem hilfsweise die Ansicht, dass selbst im Falle der Annahme eines einheitlichen Betriebes insgesamt von einer gewerblichen Betätigung der Klägerin auszugehen wäre. Denn der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt ganz überwiegend auf der Pensionstierhaltung und damit im gewerblichen Bereich (§ 15 EStG). Die Pferdeveredelung und der Pferdehandel sind sowohl für das tatsächliche als auch das wirtschaftliche Handeln der Klägerin prägend. Einkünfte erzielt die Klägerin ausschließlich durch den Einkauf, die Ausbildung und den Verkauf der Pferde, nicht dagegen mit der quasi beiläufig ausgeübten Bodenbewirtschaftung. Die Tätigkeit der Klägerin ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auch insofern typischerweise gewerblich geprägt, als sie auf einem Zusammenschluss von sachlichen Ressourcen (Nutzung der Stallungen, der Reitanlagen, der Betriebsgebäude, des Inventars und des Personals eines anderen landwirtschaftlichen Betriebes, Gestüt C), von persönlichen Kenntnissen und Erfahrungen (Gesellschafter C als Land- und Pferdewirt, Gesellschafter F als Reitlehrer und in der Pferdebranche erfahrener und vernetzter Fachmann) sowie von Kapital (Einbringung der Pferde durch den Gesellschafter S) beruht. Eine solche Bündelung von Betriebsgrundlagen, Kompetenzen („Know-how“) und Kapital zum Zwecke der Gewinnerzielung unter gleichzeitiger Streuung wirtschaftlicher Risiken hat dem Grunde nach gewerblichen Charakter. 563. Die Höhe der Gewinnfeststellung begegnet aus der Sicht des Gerichts keinen Bedenken. Einwände hat die Klägerin insofern auch nicht erhoben. 57II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. 58III. Die Revision ist zum Zwecke der Rechtsfortbildung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen. 1 | 2streitig ist, ob die klägerin als gesellschaft bürgerlichen rechts mit dem zukauf, der ausbildung und dem verkauf von reitpferden eine den einkünften aus land- und forstwirtschaft zugehörige tierhaltung i.s. des § 13 abs. 1 nr. 1 s. 2 einkommensteuergesetz (estg) mit der folge betreibt, dass sie den gewinn nach durchschnittssätzen ermitteln kann (§ 13a estg), oder statt dessen – wovon das beklagte finanzamt ausgeht – gewerbliche einkünfte erwirtschaftet (§ 15 estg). 3die klägerin ist eine gesellschaft bürgerlichen rechts (gbr), die mit vertrag vom 01.08.2008 gegründet wurde. gesellschafter sind s (50%), c (25%) und f (25%). gegenstand des unternehmens ist nach dem gesellschaftsvertrag ein landwirtschaftlicher betrieb mit pferdezucht und pferdehaltung. bei der gründung brachte der gesellschafter s seinen bisher als einzelunternehmen betriebenen pferdehandelsbetrieb in das vermögen der klägerin ein. der gesellschafter c ist ausgebildeter pferdewirt. er unterhält in x einen landwirtschaftlichen betrieb mit pferdehaltung und hengststation (nebst hofstelle, stallungen, reitanlagen, inventar, landwirtschaftlichen flächen etc., mit kapazitäten für bis zu 70 pferde). dort befindet sich auch der sitz der klägerin. der gesellschafter f ist ausgebildeter reitlehrer. die gesellschafter c und f betreiben zudem in der rechtsform einer gmbh und co. kg einen pferdehandelsbetrieb, dessen sitz sich ebenfalls am gestüt des gesellschafters c befindet. 4mit zunächst mündlich geschlossenem und am 15.01.2008 schriftlich abgefassten vertrag hatte der gesellschafter s zunächst als einzelunternehmer von dem landwirt m als grünland genutzte fläche in der gemarkung e, flur 20, flurstücke 65 und 66, in einer gesamtgröße von 21.604 qm gepachtet. der vertrag war auf einen zeitraum von fünf jahren angelegt (pachtdauer vom 01.10.2007 bis zum 30.09.2013). die jährliche pacht belief sich auf 800,- eur und war nachträglich zum 30.08. eines jeden jahres zu zahlen. bei der gepachteten fläche handelte es sich um mit stacheldraht eingezäuntes weideland / grünland. nach § 19 des pachtvertrages stimmte der verpächter mit abschluss des pachtvertrages zu, dass der gesellschafter s die pachtfläche zur nutzung in eine personengesellschaft einbringen kann. mit ihrer gründung zum 01.08.2008 übernahm die klägerin die gepachtete fläche und zahlte den jährlichen pachtzins an den verpächter. 5die klägerin hielt in den streitjahren 2008 und 2009 insgesamt vier pferde. hierbei handelte es sich um hochwertige reitpferde, deren lebensversicherungsprämien sich jeweils auf ca. 10.000,- eur pro jahr beliefen. die pferde wurden als jungtiere erworben, waren auf dem landwirtschaftlichen betrieb des gesellschafters c untergebracht und sind dort – insbesondere durch die gesellschafter c und f – über einen zeitraum von mehr als einem jahr zu dressurpferden ausgebildet worden, um bei einem späteren verkauf einen wertzuwachs zu erfahren. 6das pferd „1“ (de) gehörte ursprünglich dem gesellschafter s, der es zum 01.08.2008 in den betrieb der klägerin einbrachte. laut rechnung vom 01.09.2008 veräußerte die klägerin das pferd für brutto 285.000,- eur an die c und f gmbh & co kg. diese veräußerte das pferd wiederum am 26.09.2008 zum gleichen preis an einen erwerber aus den usa. 7das pferd „2“ (de) gehörte ursprünglich ebenfalls dem gesellschafter s, der es zum 01.08.2008 in den betrieb der klägerin einbrachte. laut rechnung vom 16.08.2009 veräußerte die klägerin das pferd für brutto 120.000,- eur an den gesellschafter f. 8das pferd „3“ (de) erwarb die klägerin laut rechnung vom 08.10.2008 vom gesellschafter c zu einem preis von brutto 80.000,- eur. im dezember 2008 verendete das tier an den folgen einer darmkolik. die an die klägerin am 20.01.2009 ausgezahlte versicherungsentschädigung belief sich auf 80.000,- eur. 9das pferd „4“ (de) erwarb die klägerin laut rechnung vom 16.11.2009 vom gesellschafter c zu einem preis von brutto 95.000,- eur. zum ende des streitzeitraums (31.12.2009) befand sich das pferd noch im besitz der klägerin. 10in der erklärung zur gesonderten und einheitlichen feststellung der einkünfte für das jahr 2008 erklärte die klägerin einkünfte aus land- und forstwirtschaft und ermittelte ihren gewinn nach durchschnittssätzen (§§ 13, 13a estg). der dabei ermittelte gewinn betrug 0,- eur (2,1604 ha x 358 eur/ha grundbetrag = 773,- eur abzüglich 800,- eur pachtzinsen, wobei die abzusetzenden beträge nicht zu einem verlust führen dürfen, vgl. § 13a abs. 3 s. 2 estg). mit bescheid über die einheitliche und gesonderte feststellung von besteuerungsgrundlagen vom 21.12.2010 veranlagte der beklagte die klägerin zunächst erklärungsgemäß und setzte den gewinn aus land- und forstwirtschaft für das jahr 2008 auf 0,- eur fest. 11das finanzamt für groß- und konzernbetriebsprüfung n führte bei der klägerin im jahr 2011 eine steuerliche außenprüfung durch. dabei stellte es fest, dass die klägerin mit dem gepachteten grünland bei isolierter betrachtung einen land- und forstwirtschaftlichen betrieb unterhalte, für den der gewinn nach durchschnittssätzen ermittelt werden könne (§ 13a estg). die einkünfte aus den pferdehandelsgeschäften ordnete das finanzamt jedoch nicht diesem land- und forstwirtschaftlichen betrieb zu, sondern erfasste sie als selbständige einkünfte aus gewerbebetrieb. zur begründung führte die betriebsprüfung aus, die klägerin erfülle mit dem pferdehandel die voraussetzungen einer gewerblichen tätigkeit i.s. des § 15 estg (ausübung einer selbständigen und nachhaltigen tätigkeit mit gewinnerzielungsabsicht, die unter beteiligung am wirtschaftlichen verkehr ausgeübt werde). eine verbindung zwischen dem aus dem gepachteten grünland bestehenden land- und forstwirtschaftlichen betrieb und dem pferdehandel sei nicht erkennbar. für die frage, ob ein einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher betrieb vorliege, sei auf das gesamtbild der verhältnisse im einzelfall unter berücksichtigung der verkehrsanschauung abzustellen. dabei sei zu prüfen, ob ein organisatorischer, wirtschaftlicher und finanzieller zusammenhang vorliege und ob es sich um gleichartige oder ungleichartige betätigungen handele. diese aspekte seien im streitfall zu verneinen. das unternehmen der klägerin – der zukauf, die ausbildung und der verkauf von reitpferden – werde auf einem speziell geeigneten pferdehof, dem gestüt des gesellschafters c, betrieben. die pacht der weidefläche sei zur verwirklichung des unternehmenszwecks nicht erforderlich gewesen. das mit stacheldraht umzäunte grünland sei schon gar nicht zum weidegang der hochpreisigen pferde geeignet, weil die verletzungsgefahr insofern zu groß sei. ob und wie die bewirtschaftung des grünlandes erfolgt sei, habe im rahmen der betriebsprüfung nicht festgestellt werden können. die pferde würden ausschließlich im pensionspferdestall c und f auf dem hof des gesellschafters c gehalten und dort ausgebildet. eine räumliche verbindung zu der gepachteten grünfläche und damit zum land- und forstwirtschaftlichen betrieb der klägerin bestünde also nicht. die entfernung der grünfläche zum wohnhaus des gesellschafters s in m betrage 7,9 km und zur hofstelle des gesellschafters c in e 13,8 km. finanziell erfordere die tätigkeit der bodenbewirtschaftung nur geringe mittel (zahlung von pacht und eventuelle bewirtschaftung durch lohnunternehmer). eigene maschinen zur bodenbewirtschaftung seien bei der klägerin nicht vorhanden. auch organisatorisch sei die bewirtschaftung der grünfläche ohne größeren aufwand möglich. demgegenüber sei der handel mit pferden mit einem hohen organisations-, arbeits- und zeitaufwand sowie mit einem großen finanziellen risiko verbunden. das halten und die ausbildung der pferde, die als jungpferde erworben und nach intensiver ausbildung mit erheblicher wertsteigerung weiter veräußert werden sollten, sei vollständig in die hände von spezialisten gegeben worden. durch die einbringung des einzelunternehmens des gesellschafters s in den betrieb der klägerin unter beteiligung der gesellschafter c (inhaber eines pensionspferdestalles) und f (ausgebildeter reitlehrer) seien insofern kompetenzen gebündelt und eine risikostreuung vorgenommen worden. nach dem gesamtbild der betrieblichen verhältnisse sei die bodenbewirtschaftung durch pachtung des grünlands in der gemarkung e lediglich vorgeschoben und ausschließlich mit dem ziel betrieben worden, um den gewerblichen pferdehandel als land- und forstwirtschaftlichen betrieb erscheinen zu lassen sowie die vergünstigung der durchschnittsgewinnermittlung nach § 13a estg in anspruch zu nehmen. 12für den als gewerblichen pferdehandel eingestuften betrieb der klägerin ermittelte die betriebsprüfung einen einheitlich und gesondert festzustellenden gewinn für das jahr 2008 i.h. von 121.439,- eur und für das jahr 2009 i.h. von 24.247,68 eur. hinsichtlich der gewinnermittlung sowie der weiteren feststellungen der betriebsprüfung wird auf den betriebsprüfungsbericht vom 31.05.2011 verwiesen. 13der beklagte übernahm die feststellungen des finanzamts für groß- und konzernbetriebsprüfung n. er erließ am 02.08.2011 einen geänderten bescheid über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen 2008 sowie einen erstmaligen bescheid über die gesonderte und einheitliche feststellung der besteuerungsgrundlagen 2009. 14mit schreiben vom 04.08.2011 – eingang beim beklagten am 05.08.2011 – legte die klägerin einsprüche gegen die feststellungsbescheide ein. zur begründung trug die klägerin vor, durch die pacht der grünfläche sei ein land- und forstwirtschaftlicher betrieb entstanden. die pacht der fläche habe über den gesamten prüfungszeitraum bestand gehabt. gleichzeitig seien insgesamt drei pferde gehalten und ausgebildet worden. da die pferde während der ausbildung jeweils über einen zeitraum von mehr als einem jahr im betrieb verblieben seien, handele es sich nicht um einen gewerblichen pferdehandel, sondern um eine land- und forstwirtschaftliche tierhaltung. die gesetzlichen vorgaben zum verhältnis von tierbestand und nutzfläche seien eingehalten worden (§ 13 abs. 1 nr. 1 s. 2 estg). das von der betriebsprüfung vorgetragene argument, die tätigkeit der bodenbewirtschaftung erfordere nur geringe mittel und der handel mit pferden beinhalte dagegen ein erhebliches wirtschaftliches risiko, führe nicht zu einer umqualifikation der landwirtschaftlichen tätigkeit. schließlich habe auch ein räumlicher zusammenhang zwischen der grünfläche und den auf dem hof des gesellschafters c untergestellten pferden bestanden. in der rechtsprechung des bundesfinanzhofes sei anerkannt, dass ein solcher räumlicher zusammenhang im einzelfall auch dann noch bestehen könne, wenn weitaus größere entfernungen zwischen hofstellen und landwirtschaftlichen flächen (über 40 km) als im streitfall lägen. in diesem zusammenhang sei auch die regelung des § 51a bewertungsgesetz (bewg) zu beachten, die für die gründung einer tierkooperation mehrerer landwirte eine grenze von 40 km zwischen produktionsstätte und den einzelnen betrieben der mitglieder enthalte. diese grenze könne für die beantwortung der frage nach einer räumlichen einheit von einzelnen betriebsteilen argumentativ herangezogen werden. 15der beklagte wies die einsprüche mit einspruchsentscheidung vom 29.06.2012 als unbegründet zurück. die einkünfte aus den pferdehandelsgeschäften stellten solche aus gewerbebetrieb dar. der gewerbebetrieb sei durch den gesellschafter s in dessen einzelunternehmen begründet und nach der einbringung von der klägerin fortgeführt worden. die pferdehandelsgeschäfte seien nicht der gepachteten grünfläche zuzuordnen. eine wirtschaftliche verbindung zwischen der fläche und dem betrieb des pferdehandels liege nicht vor. betrieb i.s. des § 13 estg sei in anlehnung an das bewertungsgesetz (bewg) die wirtschaftliche einheit des land- und forstwirtschaftlichen vermögens (§ 33 abs. 1 bewg). der umfang der wirtschaftlichen einheit sei gemäß § 2 abs. 1 s. 3 u. 4 bewg nach der verkehrsanschauung zu bestimmen, wobei örtliche gewohnheit, tatsächliche übung und die zweckbestimmung sowie wirtschaftliche zusammengehörigkeit der einzelnen wirtschaftsgüter zu berücksichtigen seien. insofern habe eine gesamtwürdigung der wirtschaftlichen verhältnisse zu erfolgen (verweis auf bfh, urteil v. 19.07.2011, iv r 10/09, juris). eine solche gesamtwürdigung der betrieblichen verhältnisse führe im streitfall nicht zu der annahme eines einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen betriebes. darüber hinaus handele es sich bei dem pferdehandel auch nicht um eine ihrem wesen nach landwirtschaftliche tätigkeit. 16die klägerin hat am 11.07.2012 die vorliegende klage erhoben. 17die klägerin ist der ansicht, dass sie mit der zucht und haltung von pferden land- und forstwirtschaftliche einkünfte erziele. in dem betrieb würden durchschnittlich zwei pferde im alter von einem bis zu vier jahren gehalten. die pferde würden als jungtiere zugekauft und über einen zeitraum von mehr als einem jahr im betrieb ausgebildet. in ständiger rechtsprechung des bundesfinanzhofs sei anerkannt, dass der zukauf, die ausbildung und der weiterverkauf von reitpferden als landwirtschaftliche tierhaltung einzuordnen sei, wenn die haltedauer der tiere über einem jahr liege. die spätere verwendung und die wertigkeit der pferde seien in diesem zusammenhang unbeachtlich. die von ihr – der klägerin – gepachtete fläche mit einer gesamtgröße von 21.604 qm gewährleiste auch eine ausreichende futtergrundlage für die gehaltenen pferde. die in § 13 abs. 1 nr. 1 s. 2 estg i.v. mit § 51 bewg enthaltenen vieheinheits-grenzen seien in den streitjahren deutlich unterschritten worden. für den streitfall trägt die klägerin ferner vor, dass die grünfläche der heugewinnung diene, zweimal pro jahr gemäht werde und das dabei anfallende heu auf dem hof des gesellschafters c verwendung finde. nach der finanzgerichtlichen rechtsprechung lägen aber auch bei einem betrieb, der die gesamten erzeugnisse seiner selbst bewirtschafteten flächen fremd vermarkte und sodann das futter für seine eigenen tiere wieder zukaufte, noch land- und forstwirtschaftliche einkünfte vor. 18im übrigen gehörten viehhaltung und bodenbewirtschaftung als einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher betrieb zusammen. es gäbe viele betriebe, die viehhaltung auf gepachteten flächen durchführten und gleichzeitig auch gepachtete ställe hätten. 19die von dem beklagten zitierte entscheidung des bundesfinanzhofs vom 19.07.2011 (iv r 10/09) sei auf den streitfall nicht übertragbar. das urteil sei zu dem sachverhalt ergangen, ob bei einer entfernung zwischen der hofstelle und weiteren grundstücken von über 80 km noch ein einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher betrieb vorliegen könne. im hiesigen fall läge die entfernung zwischen den ställen, in denen die reitpferde untergestellt seien, und der bewirtschafteten grünfläche aber wesentlich unter dieser entfernungsgrenze. 20schließlich lägen auch die voraussetzung des § 13a estg für eine gewinnermittlung nach durchschnittssätzen in den streitjahren vor. die selbstbewirtschaftete fläche liege deutlich unter 20 hektar und die tierbestände lägen deutlich unter 50 vieheinheiten. 21die klägerin beantragt, 22unter aufhebung der einspruchsentscheidung vom 29.06.2012 und abänderung der bescheide über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen vom 02.08.2011 die einkünfte aus der zucht und haltung von pferden für die jahre 2008 und 2009 als solche aus land- und forstwirtschaft zu qualifizieren und den gewinn mit jeweils 0,- eur festzustellen. 23der beklagte beantragt, 24die klage abzuweisen. 25im rahmen der gegenäußerung wiederholt der beklagte seinen bereits in der einspruchsentscheidung vertretenen standpunkt. nach der verkehrsanschauung sei nicht davon auszugehen, dass es sich bei dem pferdehandel und der gepachteten wiese um einen einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen betrieb handele. 26der erkennende senat hat am 13.01.2015 mündlich in der sache verhandelt. auf die sitzungsniederschrift wird bezug genommen. hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge verwiesen. 27 | 28die klage ist zulässig, aber unbegründet. 29i. die bescheide über die gesonderte und einheitliche feststellung von besteuerungsgrundlagen für die jahre 2008 und 2009 vom 02.08.2011 sowie die einspruchsentscheidung vom 29.06.2012 sind rechtmäßig und verletzen die klägerin nicht in ihren rechten (§ 100 abs. 1 s. 1 finanzgerichtsordnung - fgo). 301. die klägerin betreibt mit dem zukauf, der ausbildung und dem verkauf von reitpferden (pferdeveredelung und pferdehandel) einen eigenständigen gewerblichen betrieb, und zwar überwiegend als auftraggeberin einer sog. pensionstierhaltung, d.h. unter nutzung fremder betriebsressourcen. das von der klägerin gepachtete grünland stellt ebenfalls einen selbständigen betrieb dar, der dem bereich der landwirtschaft (bodenbewirtschaftung) zuzuordnen ist. zwischen beiden betrieben besteht keine organisatorische, wirtschaftliche und finanzielle verpflechtung, die es rechtfertigen würde, insgesamt von einem einheitlichen betrieb auszugehen. demzufolge hat der beklagte die auf die pferdeveredelung und den pferdehandel entfallenden gewinne zu recht als einkünfte aus gewerbebetrieb (§ 15 estg) qualifiziert und nicht den einkünften aus land- und forstwirtschaft (§ 13 estg) zugeordnet, mit der folge, dass insofern eine gewinnermittlung nach durchschnittssätzen (§ 13a estg) ausscheidet. 31a. zu den einkünften aus land- und forstwirtschaft i.s. des § 13 abs. 1 nr. 1 estg gehören neben den einkünften aus dem betrieb der bodenbewirtschaftung (urproduktion) auch die einkünfte aus tierzucht und tierhaltung, wenn die tierbestände bestimmte in § 13 abs. 1 nr. 1 s. 2 estg angegebene grenzen nicht übersteigen, mithin die regelmäßig landwirtschaftlich genutzte fläche bei typisierender betrachtung – gemessen am gesetzlichen flächenschlüssel – eine ausreichende ernährungsgrundlage für die tiere bildet. sind die grenzen überschritten, so sind die tierzucht oder die tierhaltung gewerblich. zu landwirtschaftlichen einkünften aus tierzucht oder tierhaltung kann es deshalb nur kommen, wenn die tiere zu einem einheitlichen landwirtschaftlichen betrieb mit entsprechender bodenproduktion gehören. eine von der bodenbewirtschaftung gelöste tierzucht oder tierhaltung ist dagegen stets als gewerbebetrieb zu behandeln (vgl. bfh, urteile v. 16.11.1978, iv r 191/74, juris; v. 10.04.1997, iv r 48/96, juris; v. 31.03.2004, i r 71/03, juris; kulosa in schmidt, estg33, § 13 estg rz. 18 ff.; felsmann, einkommensbesteuerung der land- und forstwirte, a 31 ff.; stalbold in leingärtner, besteuerung der landwirte, kapitel 6 rz. 1 ff., 11; paul in hermann/heuer/raupach, estg/kstg, § 13 estg rz. 77 ff.). 32im streitfall unterhält die klägerin zwei betriebliche einheiten, nämlich zum einen die pferdeveredelung und den pferdehandel (vorrangig ausgeübt im fremden betrieb des gesellschafters c) sowie zum anderen die bodenbewirtschaftung auf von ihr gepachtetem grünland. ihr begehren, die gewinne aus der pferdeveredelung und dem pferdehandel den einkünften aus land- und forstwirtschaft zuzuordnen und nach durchschnittssätzen zu ermitteln, setzt zwingend voraus, dass beide tätigkeiten einen zusammengehörigen landwirtschaftlichen betrieb bilden. 33b. was als (einheitlicher) betrieb i.s. des § 13 estg zu verstehen ist, regelt die vorschrift nicht ausdrücklich. die rechtsprechung greift insofern auf das bewertungsgesetz zurück, wonach betrieb der land- und forstwirtschaft die wirtschaftliche einheit des land- und forstwirtschaftlichen vermögens ist (§ 33 abs. 1 bewg). der umfang einer wirtschaftlichen einheit ist nach der verkehrsanschauung zu bestimmen, wobei örtliche gewohnheit, tatsächliche übung sowie die zweckbestimmung und die wirtschaftliche zusammengehörigkeit der einzelnen wirtschaftsgüter zu berücksichtigen sind (§ 2 abs. 1 s. 3 u. 4 bewg). die frage, was noch zu einem einheitlichen betrieb der land- und forstwirtschaft gehört, ist insofern auf der grundlage einer gesamtwürdigung der betrieblichen verhältnisse im einzelfall zu beantworten. entscheidend ist dabei insbesondere, ob zwischen den einzelnen betriebseinheiten ein organisatorischer, wirtschaftlicher oder finanzieller zusammenhang besteht und ob es sich um gleichartige oder ungleichartige betätigungen handelt. anknüpfend an die betriebswirtschaftslehre und unter einbeziehung selbstbewirtschafteter pachtflächen hat die rechtsprechung den begriff des betriebes einkommensteuerrechtlich ferner als eine auf die erreichung eines arbeits- und produktionstechnischen zwecks gerichtete organisatorische zusammenfassung personeller, sachlicher und anderer arbeitsmittel zu einer selbständigen einheit definiert (vgl. insgesamt bfh, urteile v. 16.11.1978, iv r 191/74, juris; v. 27.10.1983, iv r 217/81, juris; v. 13.10.1988, iv r 136/85, juris; v. 10.04.1997, iv r 48/96, juris; v. 29.03.2001, iv r 62/99, juris; v. 19.07.2011, iv r 10/09, juris). 34c. bei übertragung dieser grundsätze auf den streitfall geht der erkennende senat davon aus, dass zwischen der pferdeveredelung und dem pferdehandel einerseits sowie der gepachteten grünfläche (bodenbewirtschaftung) andererseits kein organisatorischer, sachlicher, personeller, wirtschaftlicher oder finanzieller zusammenhang derart besteht, dass von einem einheitlichen landwirtschaftlichen betrieb auszugehen wäre. dafür sind folgende erwägungen ausschlaggebend: 35(1) beide betriebe verfügen zunächst über einen selbständigen inhalt sowie eine eigene struktur und sind damit im grundsatz jeweils auch ohne den anderen lebensfähig. 36die tierhaltung wird vollständig auf dem landwirtschaftlichen betrieb (gestüt) des gesellschafters c unter einbeziehungen der dort vorhandenen betrieblichen ressourcen ausgeübt. die pferde sind dort untergebracht und werden dort komplett versorgt, d.h. ernährt, gepflegt und ausgebildet. die klägerin ist zwar eigentümerin der pferde, verfügt jedoch selbst weder über die zur tierhaltung notwendigen betrieblichen grundlagen (stallungen, reitanlagen, landwirtschaftliches inventar etc.) noch über die für eine pferdeveredelung (ausbildung) und einen pferdehandel (branchenkontakte) entsprechenden personellen ressourcen. insofern ist sie auf die leistungen (beiträge) ihrer gesellschafter angewiesen. dieser sachverhalt ist mit der sog. lohntierhaltung vergleichbar, bei der die haltung von tieren auf der basis schuldrechtlicher leistungsbeziehungen in dritte hände gelegt wird. grundlage der tierhaltung im streitfall sind zwar keine gesonderten schuldrechtlichen, sondern gesellschaftsrechtliche beziehungen. entscheidend ist aber, dass die tierhaltung in beiden fällen nicht unmittelbar vom eigentümer der tiere, sondern von einer anderen person und in einem fremden betrieb ausgeübt wird. es liegt mithin ein fall der sog. pensionstierhaltung vor. für diese art der betätigung ist allgemein anerkannt, dass es sich um einen autarken betrieb handelt, der beim pensionsgeber bestandteil eines landwirtschaftlichen betriebes sein kann und beim pensionsnehmer (eigentümer) typischerweise zu gewerblichen einkünften führt (vgl. stalbold in leingärtner, besteuerung der landwirte, kapitel 6 rz. 21). 37auch das von der klägerin gepachtete grünland mit einer fläche von ca. 2 hektar stellt für sich betrachtet potentiell einen eigenständigen betrieb in form der bodenbewirtschaftung dar. denn das bestehen eines solchen typischerweise landwirtschaftlichen betriebs erfordert weder einen vollen landwirtschaftlichen besatz (betriebsgebäude, maschinen, inventar) noch eine hofstelle und wird bei einer selbstbewirtschafteten fläche ab einer größe von 3.000 qm typisierend vermutet (vgl. kulosa in schmidt, estg33, § 13 estg rz. 4 m.w.n.). 38beide betriebe sind nach der verkehrsanschauung weder tätigkeitsspezifisch noch organisatorisch und auch wirtschaftlich nicht in einem solchen maß voneinander abhängig, dass sie ohne die jeweils andere betriebseinheit nicht existieren könnten. sie sind vielmehr objektiv selbständig und bedingen sich gegenseitig nicht. gerade die pensionstierhaltung zeichnet sich ihrem wesen und ihrem charakter nach durch unabhängigkeit aus. der aufnehmende pensionsbetrieb verfügt in betriebswirtschaftlicher, organisationsrechtlicher, arbeitswirtschaftlicher und personeller hinsicht in der regel über eine funktionsfähige struktur und ist damit selbständig. umgekehrt ist aber auch die landwirtschaftliche bodenbewirtschaftung nicht generell auf eine tierhaltung angewiesen, um überhaupt daseinsfähig zu sein. ob sie im einzelfall rentabel betrieben werden kann, ist eine der potentiellen eigenständigkeit nachgeordnete frage. 39(2) ferner stellt sich die betätigung der klägerin im streitfall für den erkennenden senat schon aus systematischen gesichtspunkten nicht als wirtschaftliche einheit dar. 40die pensionstierhaltung ist eine besondere bewirtschaftungsform. sie zeichnet sich dadurch aus, dass die tierhaltung ausschließlich, jedenfalls aber ganz überwiegend unter einbeziehung und nutzung fremder betriebsgrundlagen erfolgt. regelmäßig wird die komplette haltung der tiere – und damit auch deren ernährung – in die hände des pensionsbetriebs gegeben, d.h. entweder verfügt der die tiere aufnehmende betrieb selbst über landwirtschaftliche flächen und damit über die notwendigen futtergrundlagen für die tierhaltung oder er befriedigt seinen bedarf durch einen zukauf von futtermitteln. dass daneben auch der eigentümer der tiere und pensionsnehmer eine landwirtschaftliche bodenbewirtschaftung betreibt, um insofern selbst für eine ausreichende futtergrundlage für die in pensionshaltung gegebenen tiere zu sorgen, ist bei struktureller und wirtschaftlicher betrachtung weder zwingend erforderlich noch entspricht es den üblichen gepflogenheiten. vor diesem hintergrund scheitert ein etwaiger zusammenhang der beiden betriebseinheiten im streitfall schon an dem grundlegenden umstand, dass die pferdehaltung in form der pensionstierhaltung ihrem wesen und charakter nach auf nutzung fremder ressourcen ausgerichtet ist und demzufolge prinzipiell keiner eigenen bodenbewirtschaftung durch die klägerin als pensionsnehmerin bedarf. die eigentliche bodenwirtschaftliche grundlage der pferdehaltung bilden die vom pensionsgeber (gestüt c) selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen flächen, nicht aber etwaige durch die klägerin als eigentümerin der tiere in räumlicher entfernung zum pensionsbetrieb hinzu gepachtete flächen (vgl. auch bfh, urteil v. 14.04.1988, iv r 40/86, juris: „nach den bewertungsrechtlichen maßstäben kann vieh, das zur aufzucht oder haltung in fremde betriebe gegeben wird, nicht dem aufzüchter, sondern nur dem eigentümer zugerechnet werden (…). das ändert aber nichts daran, dass auch die fremden tiere beim pensionshalter und aufzüchter wegen des veredelungscharakters für die frage der erfüllung der flächenmäßigen voraussetzungen in der regel als dessen tierhaltung i.s. von § 13 abs. 1 nr. 1 s. 2 estg anzusehen sind.“; s.a. paul in hermann/heuer/raupach, estg/kstg, § 13 estg rz. 78). 41verfügt der eigentümer und zugleich auftraggeber einer pensionstierhaltung nicht selbst über einen gewachsenen landwirtschaftlichen betrieb, sondern pachtet er in räumlicher entfernung zum pensionsbetrieb belegene flächen hinzu, so spricht dies nach ansicht des gerichts aufgrund des charakters der lohn- bzw. pensionstierhaltung als form der fremdbewirtschaftung prima facie dafür, dass insoweit selbständige betriebe vorliegen und dass die pensionstierhaltung in bezug auf den eigentümer regelmäßig als gewerbebetrieb einzuordnen ist (ähnlich: hiller in lademann, kommentar zum estg, § 13 estg rz. 25; schnitter in schwarz, einkommensteuergesetz, § 13 estg rz. 108; stalbold in leingärtner, besteuerung der landwirte, kapitel 6 rz. 21). 42(3) auch unter berücksichtigung teleologischer aspekte betreibt die klägerin im streitfall keinen einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen betrieb. 43die vorschriften über die tierzucht und die tierhaltung in § 51 bewg sowie § 13 abs. 1 nr. 1 s. 2 estg definieren den landwirtschaftlichen betrieb bzw. das erzielen landwirtschaftlicher einkünfte typisierend über den zusammenhang (ein bestimmtes verhältnis) zwischen tierbeständen (vieheinheiten) und landwirtschaftlichen flächen. sie enthalten damit eine agrarpolitisch begründete nicht widerlegbare gesetzliche fiktion. zwar hat der gesetzgeber dabei aus vereinfachungsgründen nicht auf die tatsächliche nutzung der landwirtschaftlichen flächen zur futtergewinnung, sondern lediglich auf das vorhandensein einer potentiell ausreichenden futtergrundlage abgestellt. diese hypothetische sichtweise ändert aber nichts an dem umstand, dass das für die landwirtschaft charakteristische kriterium der bodenbewirtschaftung weiterhin im vordergrund sowohl der bewertungsrechtlichen als auch der einkommensteuerlichen tatbestände steht (vgl. bfh, urteile v. 16.11.1978, iv r 191/74; v. 29.06.1988, x r 33/82, juris; s.a. bt/drucks iv/1488, s. 45 ff. zu § 39 bewg a.f. und bt/drucks iv/3568, s. 6 zu § 13 estg). daher kann die beurteilung, ob tierzucht und tierhaltung gewerblich oder wegen ausreichender verpflechtung zur bodenproduktion landwirtschaftlich sind, ausschließlich aus der sicht der bodenproduktion und nicht aus der sicht der tierproduktion bzw. tierhaltung vorgenommen werden. es kommt also grundsätzlich darauf an, welcher nutzen der bodenproduktion durch die tierzucht oder tierhaltung entsteht, und nicht umgekehrt (zutreffend: stalbold in leingärtner, besteuerung der landwirte, kapitel 6 rz. 11). 44angesichts der besonderen bewirtschaftungsart der pensionstierhaltung (haltung der tiere in einem fremden betrieb) ist im streitfall jedenfalls nicht ersichtlich, welche bedeutung die tierbestände überhaupt für die von der klägerin gepachtete grünfläche haben könnten. ein wie auch immer gearteter nutzen der pferdehaltung für die klägerische bodenbewirtschaftung ist nicht erkennbar. das wird auch durch die zeitliche reihenfolge der tätigkeitsaufnahme belegt. der gesellschafter s hat im rahmen seines einzelbetriebs, der von der klägerin nach deren gründung fortgeführt wurde, zunächst die pferdehaltung aufgenommen (erwerb des ersten pferdes „t“ im juni 2007), bevor dann später die grünfläche gepachtet worden ist (mündlicher pachtvertrag vom 01.10.2007). 45(4) der senat hat aus dem gesamtergebnis des verfahrens auch nicht die überzeugung gewinnen können, dass zwischen dem von der klägerin gepachteten grünland und der pferdehaltung eine konkrete sachliche verpflechtung besteht, die die annahme einer betrieblichen einheit zu rechtfertigen in der lage wäre. 46alleine der umstand, dass die pferdehaltung und die bodenbewirtschaftung unter der (einheitlichen) leitung der klägerin stehen, begründet für sich betrachtet keine ausreichende sachliche verpflechtung (vgl. nacke in blümich, estg/kstg/gewstg kommentar, § 13 estg rz. 60a). 47ein darüber hinausgehender sachlicher zusammenhang (etwa in form der gegenseitigen nutzung von ressourcen oder in gestalt eines leistungsaustausches) besteht nicht. die von der klägerin gehaltenen pferde sind ausschließlich im pensionspferdestall des gesellschafters c untergebracht. sie werden dort ausgebildet und intensiv betreut. dagegen kommen die tiere mit der gepachteten grünfläche nicht in berührung. als weidefläche ist das grünland aufgrund der örtlichen gegebenheiten schon gar nicht geeignet. aufgrund der eingrenzung mit einem stacheldrahtzaun bestünde für die pferde ein erhöhtes verletzungsrisiko. im falle einer verletzung liefe die klägerin gefahr, insofern den versicherungsschutz für die pferde zu verlieren. im übrigen wäre der aufwand, die pferde (täglich oder mehrmals wöchentlich) zum weiden auf die gepachtete fläche und später wieder zur ausbildung bzw. haltung zum gestüt des gesellschafters c zu bringen, aus der sicht des gerichts organisatorisch und wirtschaftlich kaum tragbar. vor diesem hintergrund erscheint der vortrag der klägerin, die motivation für die pacht habe ursprünglich darin gelegen, die grünfläche als weideland zu nutzen und den pferden auslauf zu verschaffen, wenig glaubhaft. jedenfalls ist zwischen den beteiligten aber unstreitig, dass derartige pläne der klägerin tatsächlich nicht verwirklicht worden sind. 48die klägerin hat auch nicht nachgewiesen, dass das von ihr gepachtete grünland tatsächlich als futtergrundlage ihrer eigenen pferde dient und insofern eine produktmäßige verknüpfung zwischen den landwirtschaftlichen flächen und der pferdehaltung besteht. zunächst ist festzustellen, dass die klägerin im steuerlichen verwaltungsverfahren (einschließlich des betriebsprüfungsverfahrens) keine angaben bzw. nachweise zur art und weise der bewirtschaftung der grünfläche gemacht hat (vgl. betriebsprüfungsbericht vom 31.05.2011, tz. 2.3.2.1). auch im außergerichtlichen rechtsbehelfsverfahren hat die klägerin nicht zu einer etwaigen tatsächlichen nutzung des grünlandes als futtergrundlage vorgetragen. erst im laufe des finanzgerichtlichen verfahrens (mit schreiben vom 11.12.2014 im anschluss an die gerichtliche aufklärungsanordnung vom 27.11.2014) hat die klägerin behauptet, die von ihr gepachtete wiese würde zweimal pro jahr gemäht und das dabei gewonnenen heu (ca. 30 bis 35 ballen) würde an ihre pferde verfüttert. diesen vortrag hat die klägerin in der mündlichen verhandlung so aber nicht aufrecht erhalten, sondern ausgeführt, dass das heu zum hof des gesellschafters c verbracht, dort zusammen mit von dessen weideflächen gewonnenem sowie zugekauftem heu an zentraler stelle gesammelt und später im betrieb verwendet wird („zum einsatz gekommen ist“). damit aber ist zur überzeugung des gerichts nicht hinreichend nachgewiesen, dass das von der klägerin gepachtete grünland tatsächlich als futtergrundlage gerade für ihre pferde dient. denn auf dem gestüt des gesellschafters c befindet sich eine vielzahl von pferden; ferner dürften die verwendungsmöglichkeiten breit gefächert sein (einstreu, futter etc.). angesichts dessen braucht das gericht den zweifeln, ob etwaiges vom grünland der klägerin stammendes heu überhaupt als futtergrundlage für die hochwertigen dressurpferde geeignet ist, nicht weiter nachgehen. die bei der regionalen landwirtschaftskammer eingeholten informationen, entsprechende sportpferde würden nur mit speziell aufbereitetem (zugekauften) futter versorgt, sprechen jedenfalls dagegen. 49(5) eine arbeitswirtschaftliche verknüpfung zwischen der pferdehaltung einerseits und der bodenbewirtschaftung andererseits ist im streitfall ebenfalls nicht erkennbar. die klägerin selbst verfügt weder über eigenes personal noch über eigene bewirtschaftungsmittel. sie hat sowohl die pferdehaltung als auch die bewirtschaftung der landwirtschaftlichen flächen in fremde hände gelegt und ist insofern auf die beiträge ihrer gesellschafter oder die (potentielle) hinzuziehung von subunternehmern angewiesen. 50(6) auch unter wirtschaftlichen gesichtspunkten besteht zwischen der gepachteten grünfläche und der pferdehaltung kein hinreichender zusammenhang. aus der sicht des gerichts bestehen jedenfalls zweifel, ob die nutzung des grünlandes als futtergrundlage für die klägerischen pferde tatsächlich rentabel ist. die klägerin zahlt jährlich eine pacht von 800,- eur. hinzu kommt der aufwand für die konkrete bewirtschaftung der grünfläche (vgl. alleine die diversen ernteschritte: mähen, wenden, pressen, abfahren etc.). der umstand, dass die bewirtschaftung nach klägerischen angaben über den betrieb des gesellschafters c erfolgt (gesellschafterbeitrag), bedeutet dem grunde nach nicht, dass insofern kein aufwand entsteht. gerade mit blick auf die räumliche entfernung zwischen dem landwirtschaftlichen betrieb des gesellschafters c und der pachtfläche erscheint die rentabilität der bodenbewirtschaftung fraglich. auch der umstand, dass von der klägerin durchschnittlich lediglich zwei pferde pro jahr gehalten werden, lässt zweifel daran aufkommen, ob die bereitstellung einer eigenen futtergrundlage für die tiere aus ökonomischer sicht effektiv ist. denn der futterbedarf der klägerischen pferde ließe sich mit hoher wahrscheinlichkeit wirtschaftlich ebenso sinnvoll auch durch zukäufe von dritter seite befriedigen (nach auskunft der regionalen landwirtschaftskammer betragen die durchschnittlichen heukosten pro jahr und pferd zwischen 500,- und 1.200,- eur). jedenfalls hat die klägerin weder im betriebsprüfungsverfahren noch im finanzgerichtlichen verfahren hinreichend konkrete angaben zur frage der wirtschaftlichkeit der bodennutzung gemacht (etwa in form einer rentabilitätsberechnung etc.). sie hat damit den nachweis einer ökonomisch planmäßigen verbindung zwischen pferdehaltung und bodennutzung nicht erbracht. 51(7) die – aus der sicht der klägerin geringe – räumliche entfernung zwischen dem landwirtschaftlichen betrieb des gesellschafters c (ort an dem die klägerischen pferde untergebracht sind und ausgebildet werden) sowie dem von der klägerin gepachteten grünland (wegstrecke ca. 13 km) vermag nach ansicht des erkennenden senats für sich genommen keinen ausreichenden zusammenhang zwischen den betriebseinheiten pferdehaltung und bodenbewirtschaftung zu begründen. die rechtsprechung sieht in der räumlichen entfernung eines von mehreren kriterien, die bei der beantwortung der frage, ob mehrere betriebe oder ein einheitlicher betrieb vorliegen, zu berücksichtigen sind. so hat der bundesfinanzhof mit urteil vom 27.10.1983 in einem fall der teilbetriebsverlegung entschieden, dass bei einer entfernung von 10 km zwischen dem alten und dem neuen betrieb nicht mehr von einer wirtschaftlichen einheit auszugehen sei (iv r 217/81). in seiner entscheidung vom 10.04.1997 hat er ausgeführt, dass der strukturelle wandel der landwirtschaft, die nicht mehr vom leitbild des arrondierten hofes geprägt sei, es im einzelfall auch denkbar erscheinen lasse, dass über 10 km oder 40 km hinausgehende entfernungen das gesamtbild eines einheitlichen betriebs nicht hindern würden (iv r 48/96). schließlich hat der bundesfinanzhof mit urteil vom 19.07.2011 ausgeführt, im regelfall sei jedenfalls davon auszugehen, dass ein grundstück, welches mehr als 100 km von der hofstelle eines land- und forstwirtschaftlichen betriebes entfernt liege, diesem betrieb weder als notwendiges noch als gewillkürtes betriebsvermögen zugeordnet werden könne (iv r 10/09). in allen entscheidungen hat der bundesfinanzhof stets betont, dass es für die beurteilung der zusammengehörigkeit von betriebseinheiten maßgeblich auf die umstände des einzelfalles ankomme. von der festlegung einer konkreten mindest- oder höchstgrenze hat die rechtsprechung daher ausdrücklich abgesehen. die entsprechende anwendung der in § 51a abs. 1 s. 1 nr. 3 bewg geregelten grenze von 40 km im ertragssteuerrecht hat sie mehrfach verneint. darüber hinaus hat die rechtsprechung kontinuierlich klargestellt, dass das kriterium der räumlichen entfernung nicht isoliert zu betrachten, sondern im kontext einer gesamtwürdigung aller umstände des jeweiligen sachverhaltes zu berücksichtigen sei. ihm komme umso weniger gewicht zu, je intensiver der leistungsaustausch zwischen den betrieben und deren organisatorische und sachliche verzahnung seien. umgekehrt würden mit zunehmender entfernung die anforderungen an die intensität der verknüpfung der betriebseinheiten steigen (vgl. exemplarisch bfh, urteil v. 19.07.2011, iv r 10/09, juris). 52da das gericht – wie dargestellt – im streitfall weder bei abstrakter noch bei konkreter betrachtungsweise überhaupt einen sachlichen, personellen, organisatorischen oder wirtschaftlichen zusammenhang zwischen der pferdehaltung und der bodenbewirtschaftung der klägerin feststellen kann, kommt es auf die räumliche entfernung der beiden betriebseinheiten zueinander schon gar nicht an. 53(8) schließlich geht der erkennende senat davon aus, dass es sich bei der vorliegend ausgeübten (pensions-)pferdehaltung einerseits sowie der bodenbewirtschaftung andererseits sowohl ihrem wesen, ihrer struktur als auch ihrer wirtschaftlichen bedeutung nach um höchst ungleichartige tätigkeiten handelt. die pferdehaltung (insbesondere die ausbildung der pferde zu dressurpferden) und der pferdehandel sind sehr arbeits-, zeit- und kostenintensiv. die tätigkeit erfordert ein beträchtliches maß an landwirtschaftlicher grundausstattung (stallungen, reitanlagen etc.) sowie umfangreiche kompetenzen. mit ihr gehen ein erhebliches finanzielles engagement und ein merkliches wirtschaftliches risiko einher. im vergleich dazu ist die reine bewirtschaftung einer grünfläche von 20 hektar in der regel im nebenerwerb möglich. der finanzielle aufwand und das wirtschaftliche risiko im kontext mit dieser tätigkeit sind minimal. 54d. das gericht weicht mit den vorstehenden erwägungen nicht von der ständigen rechtsprechung des bundesfinanzhofs ab, wonach die ausbildung von (angekauften) pferden zu renn- und turnierpferden unabhängig vom alter und ausbildungsstand sowie von einem späteren weiterverkauf der tiere an dritte (selbst zu außerlandwirtschaftlichen zwecken) grundsätzlich dem bereich der land- und forstwirtschaft zuzurechnen ist, wenn nur der betrieb seiner größe nach eine ausreichende futtergrundlage bietet und die pferde nicht nur ganz kurzfristig dort verbleiben (vgl. dazu urteile v. 16.11.1978, iv r 191/74, juris; v. 31.03.2004, i r 71/03, juris; v. 17.12.2008, iv r 34/06, juris). denn zum einen ist diese rechtsprechung jeweils zu typischen landwirtschaftlichen betrieben mit komplettem besatz (hofstelle bzw. wohngebäude, betriebsgebäude, stallungen, inventar und nutzflächen) ergangen. sie hatte gerade nicht die atypische konstruktion eines reinen pensions- oder lohnbetriebs mit in räumlicher entfernung gepachteten weideflächen durch den pensionsnehmer zum gegenstand. zum anderen hat der bundesfinanzhof in den genannten entscheidungen zwar mehrfach klargestellt, dass das vorhandensein einer ausreichenden futtergrundlage gerade nicht bedeutet, dass der landwirtschaftliche ertrag tatsächlich für die ernährung der dort gehaltenen tiere verwendet werden muss. vielmehr setzen die tatbestände der tierzucht und der tierhaltung lediglich voraus, dass ein im wege der gesetzlichen typisierung festgelegtes verhältnis zwischen dem tierbestand und der größe der landwirtschaftlichen fläche nicht überschritten wird. daraus folgt nach ansicht des erkennenden senats jedoch nicht, dass zur beantwortung der frage, ob im einzelfall überhaupt ein einheitlicher betrieb der land- und forstwirtschaft vorliegt, nicht trotzdem auf konkrete sachliche verpflechtungen (u.a. auch auf den aspekt der tatsächlichen fütterung von tieren mit eigenen erzeugnissen) abgestellt werden darf. denn die frage nach der einheitlichen betriebseigenschaft ist der tatbestandlichen anwendung des § 13 abs. 1 nr. 1 s. 2 estg (einkünftequalifikation) insofern dogmatisch zwingend vorgeschaltet. folgerichtig hat der bundesfinanzhof in einer der entscheidungen selbst ausgeführt, dass „etwas anderes gelten mag, wenn die tierhaltung keinerlei bezug zur fläche des betriebs aufweist“ (vgl. bfh, urteil v. 31.03.2004, i r 71/03, juris, unter verweis auf das urteil des fg schleswig-holstein v. 18.09.1986, iii 150/83, efg 1987, 117). 552. der senat vertritt zudem hilfsweise die ansicht, dass selbst im falle der annahme eines einheitlichen betriebes insgesamt von einer gewerblichen betätigung der klägerin auszugehen wäre. denn der schwerpunkt der tätigkeit liegt ganz überwiegend auf der pensionstierhaltung und damit im gewerblichen bereich (§ 15 estg). die pferdeveredelung und der pferdehandel sind sowohl für das tatsächliche als auch das wirtschaftliche handeln der klägerin prägend. einkünfte erzielt die klägerin ausschließlich durch den einkauf, die ausbildung und den verkauf der pferde, nicht dagegen mit der quasi beiläufig ausgeübten bodenbewirtschaftung. die tätigkeit der klägerin ist nach dem gesamtbild der verhältnisse auch insofern typischerweise gewerblich geprägt, als sie auf einem zusammenschluss von sachlichen ressourcen (nutzung der stallungen, der reitanlagen, der betriebsgebäude, des inventars und des personals eines anderen landwirtschaftlichen betriebes, gestüt c), von persönlichen kenntnissen und erfahrungen (gesellschafter c als land- und pferdewirt, gesellschafter f als reitlehrer und in der pferdebranche erfahrener und vernetzter fachmann) sowie von kapital (einbringung der pferde durch den gesellschafter s) beruht. eine solche bündelung von betriebsgrundlagen, kompetenzen („know-how“) und kapital zum zwecke der gewinnerzielung unter gleichzeitiger streuung wirtschaftlicher risiken hat dem grunde nach gewerblichen charakter. 563. die höhe der gewinnfeststellung begegnet aus der sicht des gerichts keinen bedenken. einwände hat die klägerin insofern auch nicht erhoben. 57ii. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. 58iii. die revision ist zum zwecke der rechtsfortbildung zuzulassen (§ 115 abs. 2 nr. 2 fgo). | Verklagte*r | 0 |
182,100 | 4 K 1106/13 Erb | 2014-03-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen 1Tatbestand: 2Die am …2010 verstorbene A, die Erblasserin, war zu einem Anteil von ½ Eigentümerin des Grundbesitzes …. 3Der Grundbesitz war zugunsten einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit einem Erbbaurecht belastet, das nach dem Erbbaurechtsvertrag nur eine Bebauung zu Wohnzwecken vorsah. 4Die Erblasserin vermachte diesen Grundbesitz ihren Vettern sowie ihrer Cousine bzw. bei deren Vorversterben deren Abkömmlingen. In diesem Zusammenhang erhielt der Kläger als Großneffe der Erlasserin und Vermächtnisnehmer einen Anteil von 1/12 am Anteil der Erblasserin an dem Grundbesitz. 5Das Finanzamt … stellte den Grundbesitzwert für den Anteil der Erlasserin mit Bescheid vom 11.05.2011 auf 970.134 € fest, wobei es den Grundbesitzwert nur auf Grund des abgezinsten Bodenwerts zuzüglich des kapitalisierten Erbbauszinses ermittelte. Ein Gebäudewertanteil blieb unberücksichtigt, da die Gebäude nach Ablauf des Erbbaurechts mit dem Verkehrswert zu entschädigen sei. 6Der Beklagte nahm den Kläger mit Erbschaftsteuerbescheid vom 15.06.2011 für seinen Erwerb nach der Erblasserin auf 18.240 € Erbschaftsteuer in Anspruch, wobei er den steuerlichen Erwerb des Klägers mit 80.844 € annahm. 7Mit seinem fristgerecht eingelegten Einspruch begehrte der Kläger eine Kürzung des Wertansatzes gemäß § 13c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG), da dieser für bebaute Grundstücke, die zu Wohnzwecken vermietet worden seien, gelte. Das gelte auch dann, wenn das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet worden sei. Die Vergünstigung beziehe sich immer auf das gesamte Objekt. 8Die von einem Mieter gezahlte Miete beinhalte auch einen Anteil für das Grundstück. Daher gehe auch der von dem Erbbauberechtigten gezahlte Erbbauzins in die dem Erbbauberechtigten vom Wohnungsmieter gezahlte Miete ein. Deshalb sei § 13c ErbStG seinem Sinne und Zweck nach auch auf den von ihm geerbten Grundstücksanteil anzuwenden. Wer Vermieter des Objekts sei, sei unerheblich. Was unter bebauten Grundstücken zu verstehen sei, ergebe sich aus § 180 des Bewertungsgesetzes (BewG). So ergebe sich aus § 180 Abs. 2 BewG, dass auch dann, wenn das Eigentum an einem Grundstück und einem Gebäude auseinanderfallen sollten, sowohl das Grundstück als auch das Gebäude als bebautes Grundstück anzusehen seien. 9Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13.03.2013 als unbegründet zurück und führte dazu aus, die Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke könne nicht gewährt werden, da es sich hier um nicht begünstigtes Grundvermögen handele. 10Der Kläger habe kein zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück erworben, sondern nur den mit dem einen Erbbaurecht belasteten Grund und Boden, der dem Erbbauberechtigten gegen Zahlung des Erbbauzinses überlassen worden sei, aber nicht zu Wohnzwecken vermietet werde. Eine Vermietung zu Wohnzwecken finde nur durch den Erbbauberechtigten in den von diesem errichteten Gebäuden statt, die nicht im (Mit-)Eigentum des Klägers stünden. 11Auch wenn § 180 Abs. 1 BewG bebaute Grundstücke beschreibe und § 181 Abs. 1 BewG ergänzend alle Grundstücksarten aufzähle, regelten die §§ 192 ff. BewG Sonderfälle, zu denen auch das Erbbaurecht gehöre. Ein Gebäude und der Grund und Boden, auf dem das Gebäude stehe, bildeten nur dann eine rechtliche Einheit, wenn sie demselben Eigentümer gehörten, § 2 Abs. 2 BewG. 12Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor, § 13c ErbStG wolle die Nutzung des Objekts zu Wohnzwecken begünstigen. Diese sei auch gegeben, wenn das erworbene Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet sei. § 13c ErbStG stelle gerade nicht auf die Vorschriften des BewG ab. 13Der Kläger beantragt, 14151. den Erbschaftsteuerbescheid des Beklagten vom 15.06.2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.03.2013 aufzuheben, soweit die darin festgesetzte Erbschaftsteuer 15.800 € übersteigt; 16172. hilfsweise, die Revision zuzulassen. 18Der Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen, 20und verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. 21Entscheidungsgründe: 22Die Klage ist unbegründet. 23Der Beklagte hat den Kläger zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid auf die darin festgesetzte Erbschaftsteuer in Anspruch genommen. Dadurch wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Er hat keinen Anspruch auf die Steuerbefreiung nach § 13c ErbStG. 24§ 13c Abs. 1 und 3 ErbStG begünstigt den erbschaftsteuerlichen Erwerb bebauter Grundstücke und Grundstücksteile mit einem um 10% niedrigeren Wertansatz, wenn sie zu Wohnzwecken vermietet werden und – wie hier – nicht als Betriebsvermögen anderweit begünstigt sind. 25Der Kläger hat durch das Vermächtnis der Erblasserin einen Grundstücksanteil erworben, der in Folge der Bestellung des Erbbaurechts mit dem Recht des Erbbauberechtigten, auf diesem Grundstück ein Gebäude zu errichten, belastet war (s. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsgesetz – ErbbauRG). Dieses Recht ist in besonderer Weise geschützt (s. zB. §§ 1 Abs. 4, 10 ErbbauRG). 26Das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück, für das die Erbbauberechtigten mit Ablauf des Erbbaurechts eine Entschädigung für die auf ihm stehenden Gebäude in Höhe des Verkehrswerts erhalten, ist kein bebautes Grundstück im Sinne des § 13c Abs. 1 ErbStG (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher ErbStG § 13c Rz. 7; s.a. Wachter in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter ErbStG Kommentar 4. Aufl. § 13c Rz. 6; Kapp/Ebeling ErbStG § 13c Rz. 11). 27Dem entspricht auch die Bewertung des Grundbesitzanteils, nach der gerade die Nutzung des Grundbesitzteils zu Wohnzwecken keine Rolle spielt. Vielmehr beschränkt sich die Bewertung des Grundbesitzes nach dem Feststellungsbescheid des zuständigen Finanzamts vom 11.05.2011 auf den abgezinsten Bodenwert zuzüglich des kapitalisierten Erbbauszinses, die von jeder Nutzung zu Wohnzwecken unabhängig sind und deshalb auch die vom Kläger begehrte Steuerbefreiung ausschließen. 28Nach § 12 Abs. 3 ErbStG ist Grundbesitz mit dem nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG auf den Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) festgestellten Wert anzusetzen. 29Dazu gehören u.a die Grundbesitzwerte (§ 157 BewG), wenn sie für die Erbschaftsteuer bedeutsam sind, § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG. 30Nach § 157 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BewG werden Grundbesitzwerte unter Berücksichtigung der tatsächliche Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag festgestellt, wobei sie für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens unter Anwendung der §§ 176 bis 198 BewG zu ermitteln sind. 31Dabei sind nicht nur die Vorschriften über die bebauten Grundstücke (§§ 180 ff. BewG), sondern auch die über die Sonderfälle (§§ 192 ff. BewG) anzuwenden. Dazu gehört auch die in § 192 BewG a.F. bestimmte Trennung der Bewertung in Erbbaurechtsfällen zwischen der wirtschaftlichen Einheit des Erbbaurechts (§ 193 BewG) und der des damit belasteten Grundstücks (§ 194 BewG). Danach ist ‑ wie im Streitfall geschehen ‑ der Wert des Erbbaugrundstücks nach dem Bodenwertanteil gemäß § 194 Abs. 2 und 3 BewG mit dem abgezinsten Bodenwert und den kapitalisierten Erbbauzinsen zu ermitteln. 32Für dieses Ergebnis spricht auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/7918 S. 36). Der Bewertungsabschlag soll nämlich dem Wettbewerbsnachteil von Vermietern, die als Privatleute oder Personenunternehmer anders als institutionelle Vermieter mit Erbschaftsteuer belastet werden können, Rechnung tragen. Eigentümer von Grundstücken, die wie im Streitfall mit einem Erbbaurecht belastet sind, stehen jedoch nicht in Konkurrenz zu institutionellen Vermietern. Vielmehr sind Eigentümer dieser Grundstücke – jedenfalls dann, wenn wie im Streitfall die Erbbauberechtigten mit Ablauf des Erbbaurechts eine Entschädigung für die auf ihm stehenden Gebäude in Höhe des Verkehrswerts erhalten – in einer Lage, die mit Eigentümern unbebauter Grundstücke verglichen werden kann. 33Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO; die Zulassung der Revision aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen 1 | 2die am …2010 verstorbene a, die erblasserin, war zu einem anteil von ½ eigentümerin des grundbesitzes …. 3der grundbesitz war zugunsten einer gesellschaft bürgerlichen rechts (gbr) mit einem erbbaurecht belastet, das nach dem erbbaurechtsvertrag nur eine bebauung zu wohnzwecken vorsah. 4die erblasserin vermachte diesen grundbesitz ihren vettern sowie ihrer cousine bzw. bei deren vorversterben deren abkömmlingen. in diesem zusammenhang erhielt der kläger als großneffe der erlasserin und vermächtnisnehmer einen anteil von 1/12 am anteil der erblasserin an dem grundbesitz. 5das finanzamt … stellte den grundbesitzwert für den anteil der erlasserin mit bescheid vom 11.05.2011 auf 970.134 € fest, wobei es den grundbesitzwert nur auf grund des abgezinsten bodenwerts zuzüglich des kapitalisierten erbbauszinses ermittelte. ein gebäudewertanteil blieb unberücksichtigt, da die gebäude nach ablauf des erbbaurechts mit dem verkehrswert zu entschädigen sei. 6der beklagte nahm den kläger mit erbschaftsteuerbescheid vom 15.06.2011 für seinen erwerb nach der erblasserin auf 18.240 € erbschaftsteuer in anspruch, wobei er den steuerlichen erwerb des klägers mit 80.844 € annahm. 7mit seinem fristgerecht eingelegten einspruch begehrte der kläger eine kürzung des wertansatzes gemäß § 13c des erbschaftsteuer- und schenkungsteuergesetzes (erbstg), da dieser für bebaute grundstücke, die zu wohnzwecken vermietet worden seien, gelte. das gelte auch dann, wenn das grundstück mit einem erbbaurecht belastet worden sei. die vergünstigung beziehe sich immer auf das gesamte objekt. 8die von einem mieter gezahlte miete beinhalte auch einen anteil für das grundstück. daher gehe auch der von dem erbbauberechtigten gezahlte erbbauzins in die dem erbbauberechtigten vom wohnungsmieter gezahlte miete ein. deshalb sei § 13c erbstg seinem sinne und zweck nach auch auf den von ihm geerbten grundstücksanteil anzuwenden. wer vermieter des objekts sei, sei unerheblich. was unter bebauten grundstücken zu verstehen sei, ergebe sich aus § 180 des bewertungsgesetzes (bewg). so ergebe sich aus § 180 abs. 2 bewg, dass auch dann, wenn das eigentum an einem grundstück und einem gebäude auseinanderfallen sollten, sowohl das grundstück als auch das gebäude als bebautes grundstück anzusehen seien. 9den einspruch wies der beklagte mit einspruchsentscheidung vom 13.03.2013 als unbegründet zurück und führte dazu aus, die steuerbefreiung für zu wohnzwecken vermietete grundstücke könne nicht gewährt werden, da es sich hier um nicht begünstigtes grundvermögen handele. 10der kläger habe kein zu wohnzwecken vermietetes grundstück erworben, sondern nur den mit dem einen erbbaurecht belasteten grund und boden, der dem erbbauberechtigten gegen zahlung des erbbauzinses überlassen worden sei, aber nicht zu wohnzwecken vermietet werde. eine vermietung zu wohnzwecken finde nur durch den erbbauberechtigten in den von diesem errichteten gebäuden statt, die nicht im (mit-)eigentum des klägers stünden. 11auch wenn § 180 abs. 1 bewg bebaute grundstücke beschreibe und § 181 abs. 1 bewg ergänzend alle grundstücksarten aufzähle, regelten die §§ 192 ff. bewg sonderfälle, zu denen auch das erbbaurecht gehöre. ein gebäude und der grund und boden, auf dem das gebäude stehe, bildeten nur dann eine rechtliche einheit, wenn sie demselben eigentümer gehörten, § 2 abs. 2 bewg. 12mit seiner fristgerecht erhobenen klage verfolgt der kläger sein begehren weiter und trägt ergänzend vor, § 13c erbstg wolle die nutzung des objekts zu wohnzwecken begünstigen. diese sei auch gegeben, wenn das erworbene grundstück mit einem erbbaurecht belastet sei. § 13c erbstg stelle gerade nicht auf die vorschriften des bewg ab. 13der kläger beantragt, 14151. den erbschaftsteuerbescheid des beklagten vom 15.06.2011 in der gestalt der einspruchsentscheidung vom 13.03.2013 aufzuheben, soweit die darin festgesetzte erbschaftsteuer 15.800 € übersteigt; 16172. hilfsweise, die revision zuzulassen. 18der beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen, 20und verweist zur begründung auf seine ausführungen in der einspruchsentscheidung. 21 | 22die klage ist unbegründet. 23der beklagte hat den kläger zu recht mit dem angefochtenen bescheid auf die darin festgesetzte erbschaftsteuer in anspruch genommen. dadurch wird der kläger nicht in seinen rechten verletzt, § 100 abs. 1 satz 1 der finanzgerichtsordnung (fgo). er hat keinen anspruch auf die steuerbefreiung nach § 13c erbstg. 24§ 13c abs. 1 und 3 erbstg begünstigt den erbschaftsteuerlichen erwerb bebauter grundstücke und grundstücksteile mit einem um 10% niedrigeren wertansatz, wenn sie zu wohnzwecken vermietet werden und – wie hier – nicht als betriebsvermögen anderweit begünstigt sind. 25der kläger hat durch das vermächtnis der erblasserin einen grundstücksanteil erworben, der in folge der bestellung des erbbaurechts mit dem recht des erbbauberechtigten, auf diesem grundstück ein gebäude zu errichten, belastet war (s. § 1 abs. 1 des gesetzes über das erbbaurecht (erbbaurechtsgesetz – erbbaurg). dieses recht ist in besonderer weise geschützt (s. zb. §§ 1 abs. 4, 10 erbbaurg). 26das mit einem erbbaurecht belastete grundstück, für das die erbbauberechtigten mit ablauf des erbbaurechts eine entschädigung für die auf ihm stehenden gebäude in höhe des verkehrswerts erhalten, ist kein bebautes grundstück im sinne des § 13c abs. 1 erbstg (jülicher in troll/gebel/jülicher erbstg § 13c rz. 7; s.a. wachter in fischer/jüptner/pahlke/wachter erbstg kommentar 4. aufl. § 13c rz. 6; kapp/ebeling erbstg § 13c rz. 11). 27dem entspricht auch die bewertung des grundbesitzanteils, nach der gerade die nutzung des grundbesitzteils zu wohnzwecken keine rolle spielt. vielmehr beschränkt sich die bewertung des grundbesitzes nach dem feststellungsbescheid des zuständigen finanzamts vom 11.05.2011 auf den abgezinsten bodenwert zuzüglich des kapitalisierten erbbauszinses, die von jeder nutzung zu wohnzwecken unabhängig sind und deshalb auch die vom kläger begehrte steuerbefreiung ausschließen. 28nach § 12 abs. 3 erbstg ist grundbesitz mit dem nach § 151 abs. 1 satz 1 nr. 1 bewg auf den bewertungsstichtag (§ 11 erbstg) festgestellten wert anzusetzen. 29dazu gehören u.a die grundbesitzwerte (§ 157 bewg), wenn sie für die erbschaftsteuer bedeutsam sind, § 151 abs. 1 satz 1 nr. 1 bewg. 30nach § 157 abs. 1, abs. 3 satz 1 bewg werden grundbesitzwerte unter berücksichtigung der tatsächliche verhältnisse und der wertverhältnisse zum bewertungsstichtag festgestellt, wobei sie für die wirtschaftlichen einheiten des grundvermögens unter anwendung der §§ 176 bis 198 bewg zu ermitteln sind. 31dabei sind nicht nur die vorschriften über die bebauten grundstücke (§§ 180 ff. bewg), sondern auch die über die sonderfälle (§§ 192 ff. bewg) anzuwenden. dazu gehört auch die in § 192 bewg a.f. bestimmte trennung der bewertung in erbbaurechtsfällen zwischen der wirtschaftlichen einheit des erbbaurechts (§ 193 bewg) und der des damit belasteten grundstücks (§ 194 bewg). danach ist ‑ wie im streitfall geschehen ‑ der wert des erbbaugrundstücks nach dem bodenwertanteil gemäß § 194 abs. 2 und 3 bewg mit dem abgezinsten bodenwert und den kapitalisierten erbbauzinsen zu ermitteln. 32für dieses ergebnis spricht auch die gesetzesbegründung (bt-drs. 16/7918 s. 36). der bewertungsabschlag soll nämlich dem wettbewerbsnachteil von vermietern, die als privatleute oder personenunternehmer anders als institutionelle vermieter mit erbschaftsteuer belastet werden können, rechnung tragen. eigentümer von grundstücken, die wie im streitfall mit einem erbbaurecht belastet sind, stehen jedoch nicht in konkurrenz zu institutionellen vermietern. vielmehr sind eigentümer dieser grundstücke – jedenfalls dann, wenn wie im streitfall die erbbauberechtigten mit ablauf des erbbaurechts eine entschädigung für die auf ihm stehenden gebäude in höhe des verkehrswerts erhalten – in einer lage, die mit eigentümern unbebauter grundstücke verglichen werden kann. 33die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo; die zulassung der revision aus § 115 abs. 2 nr. 1 fgo. | Verklagte*r | 0 |
182,358 | L 18 KN 78/13 | 2014-03-11T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 22.5.2013 wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 5000,00 Euro festgesetzt. 1Tatbestand: 2Streitig ist die Berechnung von Beiträgen durch Schätzung des für die Beitragsberechnung maßgeblichen Arbeitsentgelts. 3Der Kläger ist selbständiger Steuerberater. Er beschäftigt Arbeitnehmer in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, für die er als Arbeitgeber regelmäßig u.a. Sozialabgaben an die Beklagte abführt. Am 26.3.2012 schätzte die Beklagte das den Beschäftigten des Klägers für März 2012 gezahlte Arbeitsentgelt und zog auf der Basis ihrer Schätzung am 28.3.2012 per Lastschrift einen Betrag in Höhe von 92,64 Euro vom Konto des Klägers ein. Der Kläger übermittelte der Beklagten im Laufe des 26.3.2012 den monatlichen Beitragsnachweis für März 2012, der einen Sollbetrag von 92,67 Euro auswies. Die Beklagte zog am 30.3.2012 den Differenzbetrag von 0,03 Euro ein. 4Mit am 14.6.2012 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben erhob der Kläger Widerspruch gegen die Beitragserhebung für März 2012 und beantragte die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von (geschätzt) 0,80 Euro. Die vorläufige Schätzung sowie der doppelte Lastschrifteinzug seien rechtswidrig. Er habe den Beitragsnachweis am 26.3.2012 fristgerecht zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung bei der Beklagten eingereicht. Fällig seien die Beiträge spätestens am 28.3.2012 gewesen, dem drittletzten Bankarbeitstag des Monats März 2012. Ausgehend hiervon habe die Frist am 26.3.2012 um 24 Uhr geendet. 5Die Beklagte lehnte die Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen bzw die Zahlung von Schadensersatz ab. Ihr sei kein schuldhaftes und schadensverursachendes Handeln vorzuwerfen. Die Schätzung sei rechtmäßig erfolgt. Der Beitragsnachweis müsse nach § 28f Abs 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) spätestens zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge vorliegen. Der Beitragsnachweises für den Abrechnungsmonat März 2012 habe somit am 26.3.2012 um 0:00 Uhr vorliegen müssen. Die Übermittlung im Laufe des 26.3.2012 sei verspätet. Liege der vom Arbeitgeber einzureichende Beitragsnachweis nicht rechtzeitig vor, würden die Beiträge vorbehaltlich der tatsächlichen Verhältnisse geschätzt. Die Beitragsschätzung habe so lange Bestand, bis der Beitragsnachweis eingereicht werde (Bescheid vom 12.7.2012; Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012). 6Mit seiner Klage vom 2.11.2012 hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vertieft. 7Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger indes nur noch beantragt, 8den Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 aufzuheben, soweit dieser eine Schätzung der Sozialversicherungsbeiträge für den Monat März 2012 enthält. 9Die Beklagte hat beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen: Die Beklagte habe die vom Kläger für März 2012 zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge im Wege der Schätzung festsetzen dürfen, weil der Kläger den Beitragsnachweis für diesen Monat nicht fristgemäß an die Beklagte übermittelt habe. Der Beitragsnachweis für März 2012 hätte der Beklagten spätestens am 26.3.2012 um 0:00 Uhr zur Verfügung stehen müssen. Der Kläger habe den Beitragsnachweis hingegen erst im Laufe des 26.3.2012 an die Beklagte übermittelt (Urteil vom 22.5.2013, zugestellt am 26.6.2013). 12Mit seiner am 16.7.2013 beim erkennenden Gericht eingegangenen Berufung hält der Kläger an seiner Rechtsauffassung zur Fristberechnung fest. Die durch das SG vorgenommene Auslegung des Gesetzes sei fehlerhaft. Die Frist für die Fälligkeit der Beitragsschuld für März 2012 sei am 28.3.2012 um 24 Uhr abgelaufen. Die Frist für die Meldung des Beitragsnachweises habe zwei Arbeitstage vorher geendet, also am 26.3.2012 um 24 Uhr. 13Er begehre die generelle Feststellung, dass ihm für die Übermittlung des Beitragsnachweises eine um einen Tag längere Frist einzuräumen sei. Das auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Begehren habe er bereits in erster Instanz nicht weiter verfolgt, da das SG die Auskunft erteilt habe, dass es insoweit nicht zuständig und ein dahingehender Klageantrag mithin unzulässig sei. 14Der Kläger beantragt, 15das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 22.05.2013 zu ändern, die Schätzungsverfügung der Beklagten vom 26.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2012 aufzuheben und festzustellen, dass er zur Übermittlung des Beitragsnachweises für den laufenden Monat noch im Verlauf des fünftletzten Bankarbeitstages des Monats berechtigt ist. 16Die Beklagte beantragt, 17die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen. 18Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Für März 2012 sei die Beitragsfestsetzung (auf der Grundlage einer Schätzung des Arbeitsentgelts) durch Verwaltungsakt erfolgt. Es liege ein Verwaltungsakt "in anderer Weise" gemäß § 33 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vor. Die konkrete Ausgestaltung bzw die - zunächst fehlende - Begründung seien im Widerspruchsbescheid erfolgt. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 20Entscheidungsgründe: 21I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft, § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie bedurfte nicht der Zulassung im Urteil des SG, § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG. Hiernach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Die Klage betrifft weder eine Geldleistung in diesem Sinne noch einen auf eine solche gerichteten Verwaltungsakt. Der Kläger wendet sich offensichtlich weder gegen Grund noch gegen Höhe der Beitragsforderung (vgl zum Charakter von Beitragsforderungen als Geldleistungen Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer. SGG. 10. Aufl 2012. § 144 RdNr 10), sondern geht davon aus, dass diese für März 2012 in Höhe von EUR 92,67 besteht. Er greift die streitgegenständlichen Bescheide ausdrücklich nur insoweit an, als die Beklagte darin ihre Beitragsforderung auf der Basis einer Schätzung des Arbeitsentgelts festgesetzt und dadurch zusätzliche Kosten verursacht hat. 22II. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ausweislich des Sachantrags in zweiter Instanz - anders als noch in erster Instanz - auch ein Feststellungsantrag, der darauf gerichtet ist festzustellen, dass der Kläger als Arbeitgeber berechtigt ist, die Beitragsnachweise für den laufenden Monat jeweils noch im Verlauf des fünftletzten Bankarbeitstages zu übermitteln. Um diesen Feststellungsantrag hat der Kläger seine Klage im Berufungsverfahren erweitert. Diese Erweiterung der Klage ist nach § 153 Abs 1 iVm § 99 SGG zulässig. Es liegt keine Klageänderung, sondern eine zulässige Erweiterung der Klage nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG vor, da der Kläger den Klagegrund, also den dem Klageantrag zugrunde liegenden Lebenssachverhalt, nicht geändert hat. Der Sachverhalt, aus dem der Kläger seinen Anspruch auf Aufhebung der Schätzungsverfügung sowie sein Feststellungsbegehren herleitet, ist derselbe geblieben. In Bezug auf die erweiterte Klage hat der Senat nicht auf Berufung, sondern auf Klage zu entscheiden. 23III. Die im Berufungsverfahren erhobene Klage ist als Feststellungsklage statthaft und zulässig. Gegenstand dieser Klage ist die generelle, also auch künftige Befugnis der Beklagten, das für die Beitragsberechnung maßgebende Arbeitsentgelt zu schätzen, wenn der Kläger den Beitragsnachweis für den laufenden Monat nicht vor Beginn des fünftletzten Bankarbeitstages, sondern erst in dessen Verlauf an die Beklagte übermittelt. 24Die Feststellungsklage ist statthaft, § 55 Abs 1 Nr 1, Abs 2 SGG. Entgegen dem Wortlaut dieser Vorschrift muss sich die Feststellungsklage nicht auf das (Nicht-)Bestehen eines gesamten Rechtsverhältnisses beziehen, sondern kann sich auf einzelne Rechte und Pflichten innerhalb des bestehenden Rechtsverhältnisses beschränken (Breitkreuz in: Breitkreuz-Fichte. SGG. Kommentar. 2. Aufl. 2014, § 55 Rdnr 4). § 55 Abs 2 SGG regelt ausdrücklich, dass darunter auch die Feststellung fällt, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen sind. Genau darum geht es dem Kläger. Zwischen ihm als Arbeitgeber und der Beklagten als Einzugsstelle besteht ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Es ist streitig, ab welchem Zeitpunkt die Beklagte befugt ist, die Beiträge auf der Grundlage einer Schätzung des maßgebenden Arbeitsentgelts zu berechnen und einzuziehen. 25Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der von ihm erstrebten Feststellung, weil das Vorgehen der Beklagten - jedenfalls nach seinem Vortrag - bei ihm zu höheren Lastschriftgebühren führt und abzusehen ist, dass die Beklagte auch in Zukunft ebenso wie im März 2012 verfahren wird. Da die Feststellung (auch) auf die zukünftige Klärung der Schätzungsbefugnis der Beklagten gerichtet ist, handelt es sich um eine vorbeugende Feststellungsklage. 26IV. Berufung und (zweitinstanzliche) Feststellungsklage sind unbegründet. Das SG hat die bei ihm angefallene Klage zu Recht abgewiesen. Dabei hat es implizit auch über die (im Sachantrag des Klägers nicht ausdrücklich genannte) Schätzungsverfügung vom 26.3.2012 entschieden. Wäre es nämlich von einer Regelung (nur) im Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 ausgegangen, wäre dieser Bescheid schon wegen fehlender Erstregelungsbefugnis der Widerspruchsbehörde aufzuheben gewesen. 271. Die ursprünglich erhobene Klage ist zulässig. Sie ist als isolierte Anfechtungsklage statthaft, § 54 Abs 1 Satz 1 SGG. Der Kläger begehrt mit dieser Klage die Aufhebung der am 26.3.2012 erfolgten Schätzung des für die Berechnung der für März 2012 zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge maßgebenden Arbeitsentgelts, dh die Berechnung der Beiträge auf der Grundlage eines durch Schätzung ermittelten Arbeitsentgelts. Die Schätzung des für die Beitragsberechnung maßgebenden Arbeitsentgelts bzw die entsprechende Verfügung der Beklagten stellt einen Verwaltungsakt iS des § 31 Satz 1 SGB X dar (aA, nämlich Realakt, jedoch ohne Begründung: Werner in: jurisPK-SGB IV. 2. Aufl 2011. § 28f RdNr 94). Die Schätzung des Arbeitsentgelts ist insbesondere auf die Regelung eines Einzelfalls gerichtet. Ein Verwaltungsakt trifft eine Regelung, wenn er darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu setzen, also ein subjektives öffentliches Recht bzw eine öffentlich-rechtliche Pflicht festzustellen, zu begründen, zu ändern oder aufzuheben (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 5.9.2006, Az B 4 R 71/06 R, juris RdNr 17). Mit der Schätzung des Arbeitsentgelts hat die Beklagte die Grundlage für die Pflicht des Klägers geschaffen, die auf Grund dieses Arbeitsentgelts abzuführenden Beiträge an die Beklagte als zuständige Einzugsstelle (§ 28i Satz 5 SGB IV) zu zahlen, § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV. Zur Beseitigung dieser Verpflichtung ist es ausreichend, die Schätzungsverfügung aufzuheben, da damit automatisch der vom Kläger (später) eingereichte Beitragsnachweis als Leistungsbescheid der Einzugsstelle gilt, § 28f Abs 3 Satz 3 SGB IV. 28Die Anfechtungsklage ist auch nicht unzulässig, weil sich der angefochtene Verwaltungsakt erledigt hätte. Die am 26.3.2012 erfolgte Schätzung des Arbeitsentgelts hat sich nicht durch die Übermittlung des Beitragsnachweises im Verlaufe desselben Tages erledigt, sondern blieb weiterhin wirksam, § 39 Abs 2 SGB X. Denn auch nach (späterer) Übermittlung eines Beitragsnachweises bleibt die Schätzung in Kraft und stellt insoweit den Rechtsgrund für die Beitragsforderung sowie die Einziehung des Betrags in Höhe von EUR 92,64 dar. Zwar stellt § 28f Abs 3 Satz 2 SGB IV fest, dass die Einzugsstelle das für die Beitragsberechnung maßgebende Arbeitsentgelt schätzen kann, bis der Nachweis ordnungsgemäß übermittelt wird. Dieser letzte Halbsatz ist jedoch nicht in der Weise zu verstehen, dass die Schätzung nur so lange Bestand hat, bis der Beitragsnachweis übermittelt wird, dass sie also mit Eingang des Beitragsnachweises gegenstandslos wird (so aber unter Annahme einer auflösenden Bedingung: Werner in: jurisPK-SGB IV. 2. Aufl 2011. § 28f RdNr 95). Eine solche materielle Rechtsfolge der Übermittlung des Nachweises für die Wirksamkeit der Schätzung kann diesem Halbsatz nicht entnommen werden. Vielmehr besagt er lediglich, dass die Einzugsstelle nach ordnungsgemäßem, aber verspätetem Eingang des Beitragsnachweises nicht mehr zur Schätzung des Arbeitsentgelts befugt ist. Hat sie also bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Schätzung vorgenommen, obwohl sie dazu befugt war, so darf nun keine Schätzung mehr erfolgen; maßgebend für die Beitragsforderung ist nun der (verspätet eingegangene) Beitragsnachweis. Denn da dieser nach § 28f Abs 3 Satz 3 SGB IV als Leistungsbescheid der Einzugsstelle gilt, ist eine Schätzung nicht mehr erforderlich. Dass die Schätzung nach Übermittlung des Beitragsnachweises wirksam bleibt, zeigt die Betrachtung eines Sachverhalts, in dem zunächst die Schätzung und die entsprechende Abbuchung der Beiträge erfolgen, und der Beitragsnachweis erst zu einem späteren Zeitpunkt übermittelt wird. Hätte die Schätzung in diesem Fall nach Eingang des Beitragsnachweises keinen Bestand mehr, sondern würde gegenstandslos, wäre die vorangehende Abbuchung rückwirkend ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Beitragsnachweis als Leistungsbescheid noch nicht in Kraft. Der verspätet eingegangene Beitragsnachweis ergänzt daher lediglich die vorherige Schätzung und bildet somit die Grundlage für eine eventuelle (positive oder negative) Differenz zu der geschätzten Beitragsforderung, also entweder für eine Pflicht des Arbeitgebers zur Nachentrichtung oder für eine Pflicht der Einzugsstelle zur Erstattung zu viel gezahlter Beiträge. Grundlage für die ursprünglich festgestellte Beitragsforderung bleibt hingegen die Schätzung. 29Vor Erhebung der Anfechtungsklage hat der Kläger das erforderliche Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Der Kläger hat gegen die Schätzung des Arbeitsentgelts für März 2012 form- und fristgerecht Widerspruch erhoben, § 84 Abs 1 Satz 1 SGG. Die Schätzung erfolgte am 26.3.2012. Bekanntgegeben wurde sie dem Kläger durch die Abbuchung des von seinem Beitragsnachweis abweichenden Betrages in Höhe von 92,64 Euro am 28.3.2012. Der Widerspruch des Klägers, den er mit am 14.6.2012 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben erhoben hat, ist fristgerecht. Denn die Schätzungsverfügung ist ohne die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung ergangen, so dass für die Erhebung des Widerspruchs eine Jahresfrist ab Bekanntgabe gilt, § 66 Abs 2 Satz 1 SGG. 30Der Bescheid vom 12.7.2012 ist dagegen nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens. Darin hat die Beklagte (nur) geregelt, dass dem Kläger Aufwendungen nicht zu erstatten seien. Dieses Begehren hat der Kläger aber bereits in erster Instanz fallen gelassen. 312. Anfechtungsklage und Feststellungsklage sind unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der Schätzungsverfügung vom 26.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2012 (§ 95 SGG) und aus den gleichen Gründen auch nicht auf die begehrte Feststellung. 32a) Die angefochtene Schätzungsverfügung ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte war nach § 28f Abs 3 Satz 2 SGB IV berechtigt, das Arbeitsentgelt für März 2012 zu schätzen. Denn der Kläger hat den Beitragsnachweis für März 2012 erst im Verlauf des 26.3.2012 und damit nicht "zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge" an die Beklagte übermittelt. 33Nach § 28f Abs 3 Satz 2 SGB IV kann die Einzugsstelle das für die Beitragsberechnung maßgebende Arbeitsentgelt schätzen, wenn der Arbeitgeber den Beitragsnachweis nicht zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge übermittelt, bis der Nachweis ordnungsgemäß übermittelt wird. 34Die Berechnung der Frist des § 28f Abs 3 Satz 2 SGB IV bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln zur Fristbestimmung in den §§ 187 bis 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 26 Abs 1 SGB X. Bei der Anwendung dieser Vorschriften ist allerdings zu beachten, dass die Frist von zwei Arbeitstagen von einem bestimmten Zeitpunkt aus (Eintritt der Fälligkeit der Beiträge) in die Vergangenheit berechnet wird. Es liegt also eine so genannte Rückwärtsfrist vor. Deren Berechnung ist in den §§ 187ff BGB nicht explizit geregelt, da diese Vorschriften davon ausgehen, dass der Fristbeginn festgelegt ist und von diesem Zeitpunkt aus das Fristende zukunftsgerichtet zu ermitteln ist (so genannte Vorwärtsberechnung von Fristen). Die Regelungen sind jedoch entsprechend anwendbar, wenn die Frist - wie hier - von einem Endzeitpunkt in die Vergangenheit zu berechnen ist (BSG, Urteil vom 22.3.1995, + Az 10 RAr 1/94, juris RdNr 52; Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 14.1.2008, Az 8 U 61/07, juris RdNr 32; Grothe in: Münchener Kommentar zum BGB. 6. Aufl 2012. § 187 RdNr 4). Bei Rückwärtsfristen zählt der Tag des Endzeitpunkts, von dem ab zurückzurechnen ist, analog § 187 Abs 1 BGB nicht mit. Nur dann, wenn die Frist ab dem Ende eines Tages zurückzurechnen ist, ist dieser Tag analog § 187 Abs 2 BGB mitzurechnen (Ellenberger in: Palandt. BGB. 73. Aufl 2014. § 187 RdNr 4 mwN). 35Nach § 28f Abs 3 Satz 2 SGB IV ist der feststehende Endzeitpunkt der Eintritt der Fälligkeit der Beiträge. Daher zählt nach den dargestellten Grundsätzen der Tag, an dem die Beiträge fällig werden, bei der Berechnung der Frist nicht mit. Der oben genannte Ausnahmefall, dass die Frist ab dem Ende eines Tages zurückzurechnen ist, liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. Denn die Fälligkeit der Beiträge tritt nicht - wie der Kläger meint - am Ende eines Tages ein (also um 24:00 Uhr), sondern am Anfang (um 0:00 Uhr). 36Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt, § 23 Abs 1 Satz 2 SGB IV. Der Kläger missversteht offenbar den Begriff der Fälligkeit bzw den Zeitpunkt, der mit diesem Begriff verbunden ist. Denn er geht davon aus, die Fälligkeit der Beitragsschuld für März 2012 trete erst am 28.3.2012 um 24:00 Uhr ein (so ausdrücklich in der Berufungsbegründung). Jedoch bestimmt sich die Fälligkeit einer Leistung nicht nach einer Frist, die an einem Tag - bzw. am Ende eines Tages - abläuft. Vielmehr bestimmt die Fälligkeit, ab welchem Zeitpunkt der Gläubiger des Anspruchs dessen Erfüllung bzw das geschuldete Tun oder Unterlassen vom Schuldner verlangen kann (Jochim in: jurisPK-SGB IV. 2. Aufl 2011. § 23 RdNr 63). Dies bedeutet, dass die Einzugsstellen ab Beginn des drittletzten Bankarbeitstages des laufenden Monats die Zahlung der Beiträge verlangen können. Die Fälligkeit der Beiträge endet also nicht - wie der Kläger meint - mit Ablauf des drittletzten Bankarbeitstages, sondern sie beginnt mit Beginn dieses Tages. Die Beiträge für März 2012 waren damit ab Mittwoch, dem 28.3.2012, 0:00 Uhr fällig. Ab diesem Zeitpunkt war die Beklagte berechtigt, die Zahlung der Beiträge für diesen Monat von dem Kläger zu verlangen bzw diese Beiträge vom Konto des Klägers im Wege des Lastschriftverfahrens einzuziehen, § 28i Satz 5 iVm § 28h Abs 3 Satz 1 SGB IV. 37Ausgehend von diesem Endzeitpunkt wird die Frist von zwei Arbeitstagen in die Vergangenheit zurückgerechnet. Da der Tag des Endzeitpunkts (28.3.2012) nicht mitgerechnet wird, ist Anfangszeitpunkt der Frist Montag, der 26.3.2012, ebenfalls 0:00 Uhr. Zwar endet nach § 188 Abs 2 BGB eine nach Tagen bestimmte Frist mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. Bei der Rückwärtsberechnung ist jedoch zu beachten, dass, eben weil die Frist rückwärts gerechnet wird und die Vorschriften des BGB entsprechend anzuwenden sind, die Frist nicht mit dem Ablauf des Tages, sondern mit dem Beginn des jeweiligen Tages, also um 0:00 Uhr, "endet" (vgl OLG Hamm, aaO; OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.12.2011, Az 13 UF 128/11, juris RdNr 7 mwN). 38Der Beitragsnachweis für März 2012 hätte demnach spätestens bis zum 25.3.2012 um 24:00 Uhr bei der Beklagten eingegangen sein müssen. Nur so ist gewährleistet, dass zwischen Eingang des Beitragsnachweises und dem Beginn der Fälligkeit mindestens der gesetzliche vorgesehene Zeitraum von zwei Arbeitstagen liegt. 39b) Daraus ergibt sich, dass auch die Feststellungsklage unbegründet ist: Die Beiträge sind ab Beginn des drittletzten Bankarbeitstages des laufenden Monats fällig, so dass die Beklagte zu einer Schätzung des Arbeitsentgelts berechtigt ist, falls der Kläger den Beitragsnachweis für den laufenden Monat nicht vor Beginn des fünftletzten Bankarbeitstages an die Beklagte übermittelt hat. 40V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193 Abs 1 Satz 1, 183 Satz 1 SGG. 41VI. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil für die Entscheidung keine ungeklärten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung ausschlaggebend sind. 42VII. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 52 Abs 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Da es dem Kläger um die generelle Klärung der Befugnis der Beklagten zur Schätzung des Arbeitsentgelts ging, bietet der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für eine betragsmäßige Bestimmung des Streitwerts (iS des § 52 Abs 1 GKG). Die Befugnis des Rechtsmittelgerichts, den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren abweichend zu bestimmen, ergibt sich aus § 63 Abs 3 Satz 1 Nr 2 GKG. Auch in erster Instanz richtete sich die Klage nicht gegen die Beitragsforderung an sich, sondern gegen die Schätzung der Beklagten. | die berufung des klägers gegen das urteil des sozialgerichts aachen vom 22.5.2013 wird zurückgewiesen. die klage wird abgewiesen. kosten sind auch im zweiten rechtszug nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. der streitwert wird für beide rechtszüge auf jeweils 5000,00 euro festgesetzt. 1 | 2streitig ist die berechnung von beiträgen durch schätzung des für die beitragsberechnung maßgeblichen arbeitsentgelts. 3der kläger ist selbständiger steuerberater. er beschäftigt arbeitnehmer in geringfügigen beschäftigungsverhältnissen, für die er als arbeitgeber regelmäßig u.a. sozialabgaben an die beklagte abführt. am 26.3.2012 schätzte die beklagte das den beschäftigten des klägers für märz 2012 gezahlte arbeitsentgelt und zog auf der basis ihrer schätzung am 28.3.2012 per lastschrift einen betrag in höhe von 92,64 euro vom konto des klägers ein. der kläger übermittelte der beklagten im laufe des 26.3.2012 den monatlichen beitragsnachweis für märz 2012, der einen sollbetrag von 92,67 euro auswies. die beklagte zog am 30.3.2012 den differenzbetrag von 0,03 euro ein. 4mit am 14.6.2012 bei der beklagten eingegangenen schreiben erhob der kläger widerspruch gegen die beitragserhebung für märz 2012 und beantragte die zahlung von schadensersatz in höhe von (geschätzt) 0,80 euro. die vorläufige schätzung sowie der doppelte lastschrifteinzug seien rechtswidrig. er habe den beitragsnachweis am 26.3.2012 fristgerecht zwei arbeitstage vor fälligkeit der beiträge durch datenübertragung bei der beklagten eingereicht. fällig seien die beiträge spätestens am 28.3.2012 gewesen, dem drittletzten bankarbeitstag des monats märz 2012. ausgehend hiervon habe die frist am 26.3.2012 um 24 uhr geendet. 5die beklagte lehnte die erstattung von arbeitgeberaufwendungen bzw die zahlung von schadensersatz ab. ihr sei kein schuldhaftes und schadensverursachendes handeln vorzuwerfen. die schätzung sei rechtmäßig erfolgt. der beitragsnachweis müsse nach § 28f abs 3 sozialgesetzbuch viertes buch (sgb iv) spätestens zwei arbeitstage vor fälligkeit der beiträge vorliegen. der beitragsnachweises für den abrechnungsmonat märz 2012 habe somit am 26.3.2012 um 0:00 uhr vorliegen müssen. die übermittlung im laufe des 26.3.2012 sei verspätet. liege der vom arbeitgeber einzureichende beitragsnachweis nicht rechtzeitig vor, würden die beiträge vorbehaltlich der tatsächlichen verhältnisse geschätzt. die beitragsschätzung habe so lange bestand, bis der beitragsnachweis eingereicht werde (bescheid vom 12.7.2012; widerspruchsbescheid vom 24.10.2012). 6mit seiner klage vom 2.11.2012 hat der kläger sein begehren weiterverfolgt und sein vorbringen aus dem verwaltungs- und widerspruchsverfahren vertieft. 7im termin zur mündlichen verhandlung hat der kläger indes nur noch beantragt, 8den widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 aufzuheben, soweit dieser eine schätzung der sozialversicherungsbeiträge für den monat märz 2012 enthält. 9die beklagte hat beantragt, 10die klage abzuweisen. 11das sozialgericht (sg) hat die klage abgewiesen: die beklagte habe die vom kläger für märz 2012 zu zahlenden sozialversicherungsbeiträge im wege der schätzung festsetzen dürfen, weil der kläger den beitragsnachweis für diesen monat nicht fristgemäß an die beklagte übermittelt habe. der beitragsnachweis für märz 2012 hätte der beklagten spätestens am 26.3.2012 um 0:00 uhr zur verfügung stehen müssen. der kläger habe den beitragsnachweis hingegen erst im laufe des 26.3.2012 an die beklagte übermittelt (urteil vom 22.5.2013, zugestellt am 26.6.2013). 12mit seiner am 16.7.2013 beim erkennenden gericht eingegangenen berufung hält der kläger an seiner rechtsauffassung zur fristberechnung fest. die durch das sg vorgenommene auslegung des gesetzes sei fehlerhaft. die frist für die fälligkeit der beitragsschuld für märz 2012 sei am 28.3.2012 um 24 uhr abgelaufen. die frist für die meldung des beitragsnachweises habe zwei arbeitstage vorher geendet, also am 26.3.2012 um 24 uhr. 13er begehre die generelle feststellung, dass ihm für die übermittlung des beitragsnachweises eine um einen tag längere frist einzuräumen sei. das auf zahlung von schadensersatz gerichtete begehren habe er bereits in erster instanz nicht weiter verfolgt, da das sg die auskunft erteilt habe, dass es insoweit nicht zuständig und ein dahingehender klageantrag mithin unzulässig sei. 14der kläger beantragt, 15das urteil des sozialgerichts aachen vom 22.05.2013 zu ändern, die schätzungsverfügung der beklagten vom 26.03.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.10.2012 aufzuheben und festzustellen, dass er zur übermittlung des beitragsnachweises für den laufenden monat noch im verlauf des fünftletzten bankarbeitstages des monats berechtigt ist. 16die beklagte beantragt, 17die berufung zurückzuweisen und die klage abzuweisen. 18sie hält die erstinstanzliche entscheidung für zutreffend. für märz 2012 sei die beitragsfestsetzung (auf der grundlage einer schätzung des arbeitsentgelts) durch verwaltungsakt erfolgt. es liege ein verwaltungsakt "in anderer weise" gemäß § 33 abs 2 satz 1 sozialgesetzbuch zehntes buch (sgb x) vor. die konkrete ausgestaltung bzw die - zunächst fehlende - begründung seien im widerspruchsbescheid erfolgt. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes verweist der senat auf die gerichtsakten sowie die verwaltungsvorgänge der beklagten, die sämtlich gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind. 20 | 21i. die berufung ist zulässig, insbesondere statthaft, § 143 sozialgerichtsgesetz (sgg). sie bedurfte nicht der zulassung im urteil des sg, § 144 abs 1 satz 1 nr 1 sgg. hiernach bedarf die berufung der zulassung in dem urteil des sg, wenn der wert des beschwerdegegenstandes bei einer klage, die eine geld-, dienst- oder sachleistung oder einen hierauf gerichteten verwaltungsakt betrifft, 750 euro nicht übersteigt. die klage betrifft weder eine geldleistung in diesem sinne noch einen auf eine solche gerichteten verwaltungsakt. der kläger wendet sich offensichtlich weder gegen grund noch gegen höhe der beitragsforderung (vgl zum charakter von beitragsforderungen als geldleistungen leitherer in: meyer-ladewig/keller/leitherer. sgg. 10. aufl 2012. § 144 rdnr 10), sondern geht davon aus, dass diese für märz 2012 in höhe von eur 92,67 besteht. er greift die streitgegenständlichen bescheide ausdrücklich nur insoweit an, als die beklagte darin ihre beitragsforderung auf der basis einer schätzung des arbeitsentgelts festgesetzt und dadurch zusätzliche kosten verursacht hat. 22ii. gegenstand des berufungsverfahrens ist ausweislich des sachantrags in zweiter instanz - anders als noch in erster instanz - auch ein feststellungsantrag, der darauf gerichtet ist festzustellen, dass der kläger als arbeitgeber berechtigt ist, die beitragsnachweise für den laufenden monat jeweils noch im verlauf des fünftletzten bankarbeitstages zu übermitteln. um diesen feststellungsantrag hat der kläger seine klage im berufungsverfahren erweitert. diese erweiterung der klage ist nach § 153 abs 1 ivm § 99 sgg zulässig. es liegt keine klageänderung, sondern eine zulässige erweiterung der klage nach § 99 abs 3 nr 2 sgg vor, da der kläger den klagegrund, also den dem klageantrag zugrunde liegenden lebenssachverhalt, nicht geändert hat. der sachverhalt, aus dem der kläger seinen anspruch auf aufhebung der schätzungsverfügung sowie sein feststellungsbegehren herleitet, ist derselbe geblieben. in bezug auf die erweiterte klage hat der senat nicht auf berufung, sondern auf klage zu entscheiden. 23iii. die im berufungsverfahren erhobene klage ist als feststellungsklage statthaft und zulässig. gegenstand dieser klage ist die generelle, also auch künftige befugnis der beklagten, das für die beitragsberechnung maßgebende arbeitsentgelt zu schätzen, wenn der kläger den beitragsnachweis für den laufenden monat nicht vor beginn des fünftletzten bankarbeitstages, sondern erst in dessen verlauf an die beklagte übermittelt. 24die feststellungsklage ist statthaft, § 55 abs 1 nr 1, abs 2 sgg. entgegen dem wortlaut dieser vorschrift muss sich die feststellungsklage nicht auf das (nicht-)bestehen eines gesamten rechtsverhältnisses beziehen, sondern kann sich auf einzelne rechte und pflichten innerhalb des bestehenden rechtsverhältnisses beschränken (breitkreuz in: breitkreuz-fichte. sgg. kommentar. 2. aufl. 2014, § 55 rdnr 4). § 55 abs 2 sgg regelt ausdrücklich, dass darunter auch die feststellung fällt, in welchem umfang beiträge zu berechnen sind. genau darum geht es dem kläger. zwischen ihm als arbeitgeber und der beklagten als einzugsstelle besteht ein öffentlich-rechtliches rechtsverhältnis. es ist streitig, ab welchem zeitpunkt die beklagte befugt ist, die beiträge auf der grundlage einer schätzung des maßgebenden arbeitsentgelts zu berechnen und einzuziehen. 25der kläger hat ein berechtigtes interesse an der von ihm erstrebten feststellung, weil das vorgehen der beklagten - jedenfalls nach seinem vortrag - bei ihm zu höheren lastschriftgebühren führt und abzusehen ist, dass die beklagte auch in zukunft ebenso wie im märz 2012 verfahren wird. da die feststellung (auch) auf die zukünftige klärung der schätzungsbefugnis der beklagten gerichtet ist, handelt es sich um eine vorbeugende feststellungsklage. 26iv. berufung und (zweitinstanzliche) feststellungsklage sind unbegründet. das sg hat die bei ihm angefallene klage zu recht abgewiesen. dabei hat es implizit auch über die (im sachantrag des klägers nicht ausdrücklich genannte) schätzungsverfügung vom 26.3.2012 entschieden. wäre es nämlich von einer regelung (nur) im widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 ausgegangen, wäre dieser bescheid schon wegen fehlender erstregelungsbefugnis der widerspruchsbehörde aufzuheben gewesen. 271. die ursprünglich erhobene klage ist zulässig. sie ist als isolierte anfechtungsklage statthaft, § 54 abs 1 satz 1 sgg. der kläger begehrt mit dieser klage die aufhebung der am 26.3.2012 erfolgten schätzung des für die berechnung der für märz 2012 zu zahlenden sozialversicherungsbeiträge maßgebenden arbeitsentgelts, dh die berechnung der beiträge auf der grundlage eines durch schätzung ermittelten arbeitsentgelts. die schätzung des für die beitragsberechnung maßgebenden arbeitsentgelts bzw die entsprechende verfügung der beklagten stellt einen verwaltungsakt is des § 31 satz 1 sgb x dar (aa, nämlich realakt, jedoch ohne begründung: werner in: jurispk-sgb iv. 2. aufl 2011. § 28f rdnr 94). die schätzung des arbeitsentgelts ist insbesondere auf die regelung eines einzelfalls gerichtet. ein verwaltungsakt trifft eine regelung, wenn er darauf gerichtet ist, eine rechtsfolge zu setzen, also ein subjektives öffentliches recht bzw eine öffentlich-rechtliche pflicht festzustellen, zu begründen, zu ändern oder aufzuheben (bundessozialgericht (bsg), urteil vom 5.9.2006, az b 4 r 71/06 r, juris rdnr 17). mit der schätzung des arbeitsentgelts hat die beklagte die grundlage für die pflicht des klägers geschaffen, die auf grund dieses arbeitsentgelts abzuführenden beiträge an die beklagte als zuständige einzugsstelle (§ 28i satz 5 sgb iv) zu zahlen, § 28e abs 1 satz 1 sgb iv. zur beseitigung dieser verpflichtung ist es ausreichend, die schätzungsverfügung aufzuheben, da damit automatisch der vom kläger (später) eingereichte beitragsnachweis als leistungsbescheid der einzugsstelle gilt, § 28f abs 3 satz 3 sgb iv. 28die anfechtungsklage ist auch nicht unzulässig, weil sich der angefochtene verwaltungsakt erledigt hätte. die am 26.3.2012 erfolgte schätzung des arbeitsentgelts hat sich nicht durch die übermittlung des beitragsnachweises im verlaufe desselben tages erledigt, sondern blieb weiterhin wirksam, § 39 abs 2 sgb x. denn auch nach (späterer) übermittlung eines beitragsnachweises bleibt die schätzung in kraft und stellt insoweit den rechtsgrund für die beitragsforderung sowie die einziehung des betrags in höhe von eur 92,64 dar. zwar stellt § 28f abs 3 satz 2 sgb iv fest, dass die einzugsstelle das für die beitragsberechnung maßgebende arbeitsentgelt schätzen kann, bis der nachweis ordnungsgemäß übermittelt wird. dieser letzte halbsatz ist jedoch nicht in der weise zu verstehen, dass die schätzung nur so lange bestand hat, bis der beitragsnachweis übermittelt wird, dass sie also mit eingang des beitragsnachweises gegenstandslos wird (so aber unter annahme einer auflösenden bedingung: werner in: jurispk-sgb iv. 2. aufl 2011. § 28f rdnr 95). eine solche materielle rechtsfolge der übermittlung des nachweises für die wirksamkeit der schätzung kann diesem halbsatz nicht entnommen werden. vielmehr besagt er lediglich, dass die einzugsstelle nach ordnungsgemäßem, aber verspätetem eingang des beitragsnachweises nicht mehr zur schätzung des arbeitsentgelts befugt ist. hat sie also bis zu diesem zeitpunkt noch keine schätzung vorgenommen, obwohl sie dazu befugt war, so darf nun keine schätzung mehr erfolgen; maßgebend für die beitragsforderung ist nun der (verspätet eingegangene) beitragsnachweis. denn da dieser nach § 28f abs 3 satz 3 sgb iv als leistungsbescheid der einzugsstelle gilt, ist eine schätzung nicht mehr erforderlich. dass die schätzung nach übermittlung des beitragsnachweises wirksam bleibt, zeigt die betrachtung eines sachverhalts, in dem zunächst die schätzung und die entsprechende abbuchung der beiträge erfolgen, und der beitragsnachweis erst zu einem späteren zeitpunkt übermittelt wird. hätte die schätzung in diesem fall nach eingang des beitragsnachweises keinen bestand mehr, sondern würde gegenstandslos, wäre die vorangehende abbuchung rückwirkend ohne rechtsgrundlage erfolgt. denn zu diesem zeitpunkt war der beitragsnachweis als leistungsbescheid noch nicht in kraft. der verspätet eingegangene beitragsnachweis ergänzt daher lediglich die vorherige schätzung und bildet somit die grundlage für eine eventuelle (positive oder negative) differenz zu der geschätzten beitragsforderung, also entweder für eine pflicht des arbeitgebers zur nachentrichtung oder für eine pflicht der einzugsstelle zur erstattung zu viel gezahlter beiträge. grundlage für die ursprünglich festgestellte beitragsforderung bleibt hingegen die schätzung. 29vor erhebung der anfechtungsklage hat der kläger das erforderliche vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. der kläger hat gegen die schätzung des arbeitsentgelts für märz 2012 form- und fristgerecht widerspruch erhoben, § 84 abs 1 satz 1 sgg. die schätzung erfolgte am 26.3.2012. bekanntgegeben wurde sie dem kläger durch die abbuchung des von seinem beitragsnachweis abweichenden betrages in höhe von 92,64 euro am 28.3.2012. der widerspruch des klägers, den er mit am 14.6.2012 bei der beklagten eingegangenen schreiben erhoben hat, ist fristgerecht. denn die schätzungsverfügung ist ohne die erforderliche rechtsbehelfsbelehrung ergangen, so dass für die erhebung des widerspruchs eine jahresfrist ab bekanntgabe gilt, § 66 abs 2 satz 1 sgg. 30der bescheid vom 12.7.2012 ist dagegen nicht (mehr) gegenstand des verfahrens. darin hat die beklagte (nur) geregelt, dass dem kläger aufwendungen nicht zu erstatten seien. dieses begehren hat der kläger aber bereits in erster instanz fallen gelassen. 312. anfechtungsklage und feststellungsklage sind unbegründet. der kläger hat keinen anspruch auf aufhebung der schätzungsverfügung vom 26.3.2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 24.10.2012 (§ 95 sgg) und aus den gleichen gründen auch nicht auf die begehrte feststellung. 32a) die angefochtene schätzungsverfügung ist rechtmäßig und beschwert den kläger nicht, § 54 abs 2 satz 1 sgg. die beklagte war nach § 28f abs 3 satz 2 sgb iv berechtigt, das arbeitsentgelt für märz 2012 zu schätzen. denn der kläger hat den beitragsnachweis für märz 2012 erst im verlauf des 26.3.2012 und damit nicht "zwei arbeitstage vor fälligkeit der beiträge" an die beklagte übermittelt. 33nach § 28f abs 3 satz 2 sgb iv kann die einzugsstelle das für die beitragsberechnung maßgebende arbeitsentgelt schätzen, wenn der arbeitgeber den beitragsnachweis nicht zwei arbeitstage vor fälligkeit der beiträge übermittelt, bis der nachweis ordnungsgemäß übermittelt wird. 34die berechnung der frist des § 28f abs 3 satz 2 sgb iv bestimmt sich nach den allgemeinen regeln zur fristbestimmung in den §§ 187 bis 193 bürgerliches gesetzbuch (bgb), § 26 abs 1 sgb x. bei der anwendung dieser vorschriften ist allerdings zu beachten, dass die frist von zwei arbeitstagen von einem bestimmten zeitpunkt aus (eintritt der fälligkeit der beiträge) in die vergangenheit berechnet wird. es liegt also eine so genannte rückwärtsfrist vor. deren berechnung ist in den §§ 187ff bgb nicht explizit geregelt, da diese vorschriften davon ausgehen, dass der fristbeginn festgelegt ist und von diesem zeitpunkt aus das fristende zukunftsgerichtet zu ermitteln ist (so genannte vorwärtsberechnung von fristen). die regelungen sind jedoch entsprechend anwendbar, wenn die frist - wie hier - von einem endzeitpunkt in die vergangenheit zu berechnen ist (bsg, urteil vom 22.3.1995, + az 10 rar 1/94, juris rdnr 52; oberlandesgericht (olg) hamm, urteil vom 14.1.2008, az 8 u 61/07, juris rdnr 32; grothe in: münchener kommentar zum bgb. 6. aufl 2012. § 187 rdnr 4). bei rückwärtsfristen zählt der tag des endzeitpunkts, von dem ab zurückzurechnen ist, analog § 187 abs 1 bgb nicht mit. nur dann, wenn die frist ab dem ende eines tages zurückzurechnen ist, ist dieser tag analog § 187 abs 2 bgb mitzurechnen (ellenberger in: palandt. bgb. 73. aufl 2014. § 187 rdnr 4 mwn). 35nach § 28f abs 3 satz 2 sgb iv ist der feststehende endzeitpunkt der eintritt der fälligkeit der beiträge. daher zählt nach den dargestellten grundsätzen der tag, an dem die beiträge fällig werden, bei der berechnung der frist nicht mit. der oben genannte ausnahmefall, dass die frist ab dem ende eines tages zurückzurechnen ist, liegt entgegen der auffassung des klägers nicht vor. denn die fälligkeit der beiträge tritt nicht - wie der kläger meint - am ende eines tages ein (also um 24:00 uhr), sondern am anfang (um 0:00 uhr). 36beiträge, die nach dem arbeitsentgelt oder dem arbeitseinkommen zu bemessen sind, sind in voraussichtlicher höhe der beitragsschuld spätestens am drittletzten bankarbeitstag des monats fällig, in dem die beschäftigung oder tätigkeit, mit der das arbeitsentgelt oder arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt, § 23 abs 1 satz 2 sgb iv. der kläger missversteht offenbar den begriff der fälligkeit bzw den zeitpunkt, der mit diesem begriff verbunden ist. denn er geht davon aus, die fälligkeit der beitragsschuld für märz 2012 trete erst am 28.3.2012 um 24:00 uhr ein (so ausdrücklich in der berufungsbegründung). jedoch bestimmt sich die fälligkeit einer leistung nicht nach einer frist, die an einem tag - bzw. am ende eines tages - abläuft. vielmehr bestimmt die fälligkeit, ab welchem zeitpunkt der gläubiger des anspruchs dessen erfüllung bzw das geschuldete tun oder unterlassen vom schuldner verlangen kann (jochim in: jurispk-sgb iv. 2. aufl 2011. § 23 rdnr 63). dies bedeutet, dass die einzugsstellen ab beginn des drittletzten bankarbeitstages des laufenden monats die zahlung der beiträge verlangen können. die fälligkeit der beiträge endet also nicht - wie der kläger meint - mit ablauf des drittletzten bankarbeitstages, sondern sie beginnt mit beginn dieses tages. die beiträge für märz 2012 waren damit ab mittwoch, dem 28.3.2012, 0:00 uhr fällig. ab diesem zeitpunkt war die beklagte berechtigt, die zahlung der beiträge für diesen monat von dem kläger zu verlangen bzw diese beiträge vom konto des klägers im wege des lastschriftverfahrens einzuziehen, § 28i satz 5 ivm § 28h abs 3 satz 1 sgb iv. 37ausgehend von diesem endzeitpunkt wird die frist von zwei arbeitstagen in die vergangenheit zurückgerechnet. da der tag des endzeitpunkts (28.3.2012) nicht mitgerechnet wird, ist anfangszeitpunkt der frist montag, der 26.3.2012, ebenfalls 0:00 uhr. zwar endet nach § 188 abs 2 bgb eine nach tagen bestimmte frist mit dem ablauf des letzten tages der frist. bei der rückwärtsberechnung ist jedoch zu beachten, dass, eben weil die frist rückwärts gerechnet wird und die vorschriften des bgb entsprechend anzuwenden sind, die frist nicht mit dem ablauf des tages, sondern mit dem beginn des jeweiligen tages, also um 0:00 uhr, "endet" (vgl olg hamm, aao; olg brandenburg, beschluss vom 20.12.2011, az 13 uf 128/11, juris rdnr 7 mwn). 38der beitragsnachweis für märz 2012 hätte demnach spätestens bis zum 25.3.2012 um 24:00 uhr bei der beklagten eingegangen sein müssen. nur so ist gewährleistet, dass zwischen eingang des beitragsnachweises und dem beginn der fälligkeit mindestens der gesetzliche vorgesehene zeitraum von zwei arbeitstagen liegt. 39b) daraus ergibt sich, dass auch die feststellungsklage unbegründet ist: die beiträge sind ab beginn des drittletzten bankarbeitstages des laufenden monats fällig, so dass die beklagte zu einer schätzung des arbeitsentgelts berechtigt ist, falls der kläger den beitragsnachweis für den laufenden monat nicht vor beginn des fünftletzten bankarbeitstages an die beklagte übermittelt hat. 40v. die kostenentscheidung beruht auf §§ 193 abs 1 satz 1, 183 satz 1 sgg. 41vi. anlass, die revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 abs 2 sgg. insbesondere hat die rechtssache keine grundsätzliche bedeutung, weil für die entscheidung keine ungeklärten rechtsfragen von grundsätzlicher bedeutung ausschlaggebend sind. 42vii. die streitwertfestsetzung beruht auf § 197a abs 1 satz 1 sgg ivm § 52 abs 2 gerichtskostengesetz (gkg). da es dem kläger um die generelle klärung der befugnis der beklagten zur schätzung des arbeitsentgelts ging, bietet der sach- und streitstand keine genügenden anhaltspunkte für eine betragsmäßige bestimmung des streitwerts (is des § 52 abs 1 gkg). die befugnis des rechtsmittelgerichts, den streitwert für das erstinstanzliche verfahren abweichend zu bestimmen, ergibt sich aus § 63 abs 3 satz 1 nr 2 gkg. auch in erster instanz richtete sich die klage nicht gegen die beitragsforderung an sich, sondern gegen die schätzung der beklagten. | Verklagte*r | 0 |
143,284 | 9 K 1463/15 | 2015-11-19T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 29.01.2015 (X.0.00 ‑00000/12) wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung L. , Flur 20, Flurstück 1116, G.-------straße 14 in L. und betreibt auf diesem ein Seniorenheim. Am 02.02.2015 erteilte die Beklagte dem Kläger auf Antrag eine Baugenehmigung zur Umstrukturierung des Seniorenhauses: Anbau mit 42 Wohnungen, Anbau Windfang, Treppenhaus und Cafeteriaerweiterung, Abbruch Verwaltungstrakt und Café, Umbau/Sanierung. 3Mit Gebührenbescheid vom 29.01.2015 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger für die Baugenehmigung eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 12.662,00 Euro fest. 4Der Kläger hat hiergegen am 24.02.2015 Klage erhoben. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, er sei als Gemeindeverband gemäß § 8 Abs. 1 Ziff. 4 GebG NRW von der Zahlung von Verwaltungsgebühren befreit. Bei dem Seniorenheim L. handele es sich um eine rechtlich unselbständige Einrichtung des Kreises, die nicht einmal kostendeckend betrieben werden könne. Nach § 107 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 GO NRW gelte der Betrieb von Seniorenheimen nicht als wirtschaftliche Betätigung. Er könne die Gebühr auch nicht Dritten auferlegen. Die Kosten für die Heimpflege hilfebedürftiger Menschen würden ganz überwiegend aus staatlichen Mitteln bestritten. Ein Großteil der Heimbewohner sei nicht in der Lage, die darüber hinausgehenden Kosten aus eigenem Einkommen und Vermögen zu bestreiten und habe deshalb auch noch einen Anspruch auf Übernahme der weiteren ungedeckten Kosten im Rahmen der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII. Letztlich sei es also er als Sozialhilfeträger und nicht ein Dritter, der für einen Teil der Heimkosten, insbesondere der Investitionskosten, aufkomme. 5Der Kläger beantragt, 6den Gebührenbescheid der Beklagten vom 29.01.2015 (X.0.00 ‑ 00000/14) aufzuheben. 7Die Beklagte beantragt, 8die Klage abzuweisen. 9Sie macht im Wesentlichen geltend, die Befreiung nach § 8 Abs. 1 GebG NRW trete entsprechend § 8 Abs. 2 GebG NRW nicht in, soweit die in Absatz 1 Genannten berechtigt seien, die zu zahlenden Gebühren Dritten aufzuerlegen oder wenn sonstwie Dritte mit dem betreffenden Betrag belastet werden können. Dabei sei nur auf die rechtliche Möglichkeit abzustellen, nicht aber darauf, ob das Entgelt tatsächlich entrichtet werde. Gemäß § 82 Abs. 3 und 4 der Sozialgesetzbuches XI könnten betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nach Abs. 2 Nr. 1 den Pflegebedürftigen gesondert berechnet werden. 10Mit Verfügung vom 03.06.2015 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid angehört worden. 11Mit Beschluss der Kammer vom 13.10.2015 ist das Verfahren der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Nach Anhörung der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 84 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. 15Die zulässige Klage ist begründet. 16Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 29.01.2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs.1 S.1 VwGO). Die Erhebung der von der Beklagten festgesetzten Verwaltungsgebühr scheidet aus, weil der Kläger gem. § 8 GebG NRW von Verwaltungsgebühren befreit ist. 17Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 GebG NRW sind u. a. die Gemeindeverbände, sofern die Amtshandlung - wie hier - nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmen betrifft (vgl. § 107 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 GO NRW) von Verwaltungsgebühren befreit. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die persönliche Gebührenfreiheit des Klägers nicht nach § 8 Abs. 2 GebG NRW ausgeschlossen. Danach tritt ein Ausschluss der Gebührenfreiheit ein, soweit die zu zahlenden Gebühren Dritten auferlegt oder wenn sonstwie Dritte mit dem betreffenden Betrag belastet werden können. Diese Wendung wurde durch Art. 7 des Ersten Modernisierungsgesetzes vom 15. Juni 1999, GV. NRW. S. 386, 390, in das Gebührengesetz eingefügt. In der Begründung zum Gesetzesentwurf der Landesregierung (LT-Drs. 12/3730, S. 117) heißt es: „Die Änderung soll bewirken, dass in Zukunft auch solche Fälle erfasst werden, in denen die Gebühr über eine zwischengeschaltete Stelle einem Dritten auferlegt werden soll. Dabei braucht der Dritte, der letztlich mit den Kosten belastet wird, zunächst noch nicht festzustehen. Auch ist nicht erforderlich, dass die Gebühr als individualisierter Kostenbeitrag einem Dritten angelastet wird. Sie kann auch als Rechnungsfaktor in allgemeine Gebühren, Beiträge oder private Entgelte einfließen.“ 18Die Frage, ob eine Verwaltungsgebühr auf Dritte umgelegt werden kann, bestimmt sich nach dem jeweiligen Fachrecht. 19Vgl. OVG NRW, Urt. v. 16.02.2007 – 9 A 605/04 –, juris Rdnr. 24. 20In Anwendung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 GebG NRW nicht vor. 21Zunächst besteht keine Möglichkeit, die Baugenehmigungsgebühr in die Pflegevergütung (§ 82 Abs.1 S.1 Nr.1 SGB XI) oder das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung (§ 82 Abs.1 S.1 Nr.2 SGB XI) einzupreisen. Nach § 82 Abs. 2 Nr.1 SGB XI dürfen in der Pflegevergütung oder dem Entgelt nicht die Aufwendungen berücksichtigt werden, die für die Herstellung oder Instandhaltung der für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen Gebäude erforderlich sind. Zu diesen sogenannten betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen zählen auch die Baugenehmigungsgebühren. 22Vgl. OVG NRW, Urt. v. 16.02.2007 – 9 A 605/04, juris Rdnr.29. 23Zwar bestimmt § 82 Abs. 3 SGB XI, dass die Pflegeeinrichtung betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen den Pflegebewohnern gesondert berechnen kann, wenn diese durch öffentliche Förderung gemäß § 9 SGB XI nicht vollständig abgedeckt sind. Die gesonderte Berechnung bedarf im Fall von – wie hier - landesrechtlich geförderten Pflegeeinrichtungen gemäß § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde. Abgesehen davon, dass die Zustimmung des Landschaftsverbandes Rheinland als überörtlichem Träger der Sozialhilfe derzeit nicht vorliegt, führt der § 82 Abs. 3 SGB XI hier nicht zum Wegfall der Gebührenbefreiung gemäß § 8 Abs. 2 GebG NRW. 24Die Verwaltungsgebühr kann der Kläger schon nicht, wie von § 8 Abs. 2, 2. Fall GebG NRW vorausgesetzt, rechtlich an einen "Dritten" weiterleiten. Dabei kann auf sich beruhen, welcher Personenkreis genau unter diesen Begriff zu fassen ist, insbesondere, ob Dritter im Sinne von § 8 Abs. 2 GebG NRW nur solche (natürlichen oder juristischen) Personen sind, die nicht in Abs. 1 der Vorschrift aufgeführt sind. Denn der Kläger selbst in seiner Eigenschaft als überörtlicher Träger der Sozialhilfe gewährt - unstreitig – einem Teil der Pflegebewohner Pflegewohngeld und Sozialhilfe, so dass er darüber letztlich selbst für die Investitionskosten aufkommen würde. 25Zudem widerspricht eine solche Auslegung der Vorschrift des § 83 Abs. 3 SGB XI dem Sinn und Zweck der Norm. Dieser besteht darin, den Pflegeeinrichtungen eine kostendeckende Finanzierung zu ermöglichen. 26Vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 04.05.2011 – Az. L 2 P 20/09 -, juris. 27Nach § 9 SGB XI ist zuvorderst das Land für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur verantwortlich. Diese Pflicht ist in NRW durch das Alten- und Pflegegesetz konkretisiert. § 11 Alten- und Pflegegesetz sieht vor, dass die Pflegeeinrichtungen durch Fördermittel des Landes gefördert werden sollen. Aus § 82 Abs. 3 S.1 Hlbs.1 SGB XI ergibt sich, dass Teil dieser Förderung die Deckung der Kosten für betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen ist. Wenn die Förderung ausreicht, um die Kosten für die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen zu decken, kann eine Verwaltungsgebühr nicht entstehen, da in diesem Fall eine Umlagemöglichkeit überhaupt nicht in Betracht kommt, denn in diesem Fall greift der Ausschluss gemäß § 82 Abs. 2 SGB XI (s.o.). Der Fall, dass die Förderung durch das Land nicht ausreicht, um die Kosten für betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen zu decken, stellt somit den Ausnahmefall dar. Da es Zweck des § 82 Abs. 3 S.1 Hlbs. 2 SGB XI ist, Deckungslücken bei den Kosten für die betriebsnotwendigen Investitionen zu schließen, die dadurch entstehen, dass das Land nicht ausreichend Fördermittel zur Verfügung stellt, 28Schütze in Udsching, SGB XI 3. Auflage 2010 Rdnr.15; Kasseler Kommentar/Leitherer SGB XI § 82 Rn.19. 29kann der Vorschrift schwerlich eine Wirkung beigemessen werden, die dazu führt, dass diese Lücke noch größer wird und zwar dadurch, dass nun auch noch Gebühren anfallen. 30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr.11 ZPO. | der gebührenbescheid der beklagten vom 29.01.2015 (x.0.00 ‑00000/12) wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. die beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der kläger ist eigentümer des grundstücks gemarkung l. , flur 20, flurstück 1116, g.-------straße 14 in l. und betreibt auf diesem ein seniorenheim. am 02.02.2015 erteilte die beklagte dem kläger auf antrag eine baugenehmigung zur umstrukturierung des seniorenhauses: anbau mit 42 wohnungen, anbau windfang, treppenhaus und cafeteriaerweiterung, abbruch verwaltungstrakt und café, umbau/sanierung. 3mit gebührenbescheid vom 29.01.2015 setzte die beklagte gegenüber dem kläger für die baugenehmigung eine verwaltungsgebühr in höhe von 12.662,00 euro fest. 4der kläger hat hiergegen am 24.02.2015 klage erhoben. zur begründung macht er im wesentlichen geltend, er sei als gemeindeverband gemäß § 8 abs. 1 ziff. 4 gebg nrw von der zahlung von verwaltungsgebühren befreit. bei dem seniorenheim l. handele es sich um eine rechtlich unselbständige einrichtung des kreises, die nicht einmal kostendeckend betrieben werden könne. nach § 107 abs. 2 satz 1 ziff. 2 go nrw gelte der betrieb von seniorenheimen nicht als wirtschaftliche betätigung. er könne die gebühr auch nicht dritten auferlegen. die kosten für die heimpflege hilfebedürftiger menschen würden ganz überwiegend aus staatlichen mitteln bestritten. ein großteil der heimbewohner sei nicht in der lage, die darüber hinausgehenden kosten aus eigenem einkommen und vermögen zu bestreiten und habe deshalb auch noch einen anspruch auf übernahme der weiteren ungedeckten kosten im rahmen der sozialhilfe nach dem sozialgesetzbuch xii. letztlich sei es also er als sozialhilfeträger und nicht ein dritter, der für einen teil der heimkosten, insbesondere der investitionskosten, aufkomme. 5der kläger beantragt, 6den gebührenbescheid der beklagten vom 29.01.2015 (x.0.00 ‑ 00000/14) aufzuheben. 7die beklagte beantragt, 8die klage abzuweisen. 9sie macht im wesentlichen geltend, die befreiung nach § 8 abs. 1 gebg nrw trete entsprechend § 8 abs. 2 gebg nrw nicht in, soweit die in absatz 1 genannten berechtigt seien, die zu zahlenden gebühren dritten aufzuerlegen oder wenn sonstwie dritte mit dem betreffenden betrag belastet werden können. dabei sei nur auf die rechtliche möglichkeit abzustellen, nicht aber darauf, ob das entgelt tatsächlich entrichtet werde. gemäß § 82 abs. 3 und 4 der sozialgesetzbuches xi könnten betriebsnotwendige investitionsaufwendungen nach abs. 2 nr. 1 den pflegebedürftigen gesondert berechnet werden. 10mit verfügung vom 03.06.2015 sind die beteiligten zu einer entscheidung ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid angehört worden. 11mit beschluss der kammer vom 13.10.2015 ist das verfahren der berichterstatterin zur entscheidung als einzelrichterin übertragen worden. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten ergänzend bezug genommen. 13 | 14nach anhörung der beteiligten kann das gericht gemäß § 84 abs. 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung durch gerichtsbescheid entscheiden, weil die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist. 15die zulässige klage ist begründet. 16der gebührenbescheid der beklagten vom 29.01.2015 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (vgl. § 113 abs.1 s.1 vwgo). die erhebung der von der beklagten festgesetzten verwaltungsgebühr scheidet aus, weil der kläger gem. § 8 gebg nrw von verwaltungsgebühren befreit ist. 17gemäß § 8 abs. 1 nr. 4 gebg nrw sind u. a. die gemeindeverbände, sofern die amtshandlung - wie hier - nicht ihre wirtschaftlichen unternehmen betrifft (vgl. § 107 abs. 2 satz 1 ziff. 2 go nrw) von verwaltungsgebühren befreit. entgegen der auffassung der beklagten ist die persönliche gebührenfreiheit des klägers nicht nach § 8 abs. 2 gebg nrw ausgeschlossen. danach tritt ein ausschluss der gebührenfreiheit ein, soweit die zu zahlenden gebühren dritten auferlegt oder wenn sonstwie dritte mit dem betreffenden betrag belastet werden können. diese wendung wurde durch art. 7 des ersten modernisierungsgesetzes vom 15. juni 1999, gv. nrw. s. 386, 390, in das gebührengesetz eingefügt. in der begründung zum gesetzesentwurf der landesregierung (lt-drs. 12/3730, s. 117) heißt es: „die änderung soll bewirken, dass in zukunft auch solche fälle erfasst werden, in denen die gebühr über eine zwischengeschaltete stelle einem dritten auferlegt werden soll. dabei braucht der dritte, der letztlich mit den kosten belastet wird, zunächst noch nicht festzustehen. auch ist nicht erforderlich, dass die gebühr als individualisierter kostenbeitrag einem dritten angelastet wird. sie kann auch als rechnungsfaktor in allgemeine gebühren, beiträge oder private entgelte einfließen.“ 18die frage, ob eine verwaltungsgebühr auf dritte umgelegt werden kann, bestimmt sich nach dem jeweiligen fachrecht. 19vgl. ovg nrw, urt. v. 16.02.2007 – 9 a 605/04 –, juris rdnr. 24. 20in anwendung dieser grundsätze liegen die voraussetzungen des § 8 abs. 2 gebg nrw nicht vor. 21zunächst besteht keine möglichkeit, die baugenehmigungsgebühr in die pflegevergütung (§ 82 abs.1 s.1 nr.1 sgb xi) oder das entgelt für unterkunft und verpflegung (§ 82 abs.1 s.1 nr.2 sgb xi) einzupreisen. nach § 82 abs. 2 nr.1 sgb xi dürfen in der pflegevergütung oder dem entgelt nicht die aufwendungen berücksichtigt werden, die für die herstellung oder instandhaltung der für den betrieb der pflegeeinrichtung notwendigen gebäude erforderlich sind. zu diesen sogenannten betriebsnotwendigen investitionsaufwendungen zählen auch die baugenehmigungsgebühren. 22vgl. ovg nrw, urt. v. 16.02.2007 – 9 a 605/04, juris rdnr.29. 23zwar bestimmt § 82 abs. 3 sgb xi, dass die pflegeeinrichtung betriebsnotwendige investitionsaufwendungen den pflegebewohnern gesondert berechnen kann, wenn diese durch öffentliche förderung gemäß § 9 sgb xi nicht vollständig abgedeckt sind. die gesonderte berechnung bedarf im fall von – wie hier - landesrechtlich geförderten pflegeeinrichtungen gemäß § 82 abs. 3 satz 3 sgb xi der zustimmung der zuständigen landesbehörde. abgesehen davon, dass die zustimmung des landschaftsverbandes rheinland als überörtlichem träger der sozialhilfe derzeit nicht vorliegt, führt der § 82 abs. 3 sgb xi hier nicht zum wegfall der gebührenbefreiung gemäß § 8 abs. 2 gebg nrw. 24die verwaltungsgebühr kann der kläger schon nicht, wie von § 8 abs. 2, 2. fall gebg nrw vorausgesetzt, rechtlich an einen "dritten" weiterleiten. dabei kann auf sich beruhen, welcher personenkreis genau unter diesen begriff zu fassen ist, insbesondere, ob dritter im sinne von § 8 abs. 2 gebg nrw nur solche (natürlichen oder juristischen) personen sind, die nicht in abs. 1 der vorschrift aufgeführt sind. denn der kläger selbst in seiner eigenschaft als überörtlicher träger der sozialhilfe gewährt - unstreitig – einem teil der pflegebewohner pflegewohngeld und sozialhilfe, so dass er darüber letztlich selbst für die investitionskosten aufkommen würde. 25zudem widerspricht eine solche auslegung der vorschrift des § 83 abs. 3 sgb xi dem sinn und zweck der norm. dieser besteht darin, den pflegeeinrichtungen eine kostendeckende finanzierung zu ermöglichen. 26vgl. bayerisches lsg, beschluss vom 04.05.2011 – az. l 2 p 20/09 -, juris. 27nach § 9 sgb xi ist zuvorderst das land für die vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen versorgungsstruktur verantwortlich. diese pflicht ist in nrw durch das alten- und pflegegesetz konkretisiert. § 11 alten- und pflegegesetz sieht vor, dass die pflegeeinrichtungen durch fördermittel des landes gefördert werden sollen. aus § 82 abs. 3 s.1 hlbs.1 sgb xi ergibt sich, dass teil dieser förderung die deckung der kosten für betriebsnotwendigen investitionsaufwendungen ist. wenn die förderung ausreicht, um die kosten für die betriebsnotwendigen investitionsaufwendungen zu decken, kann eine verwaltungsgebühr nicht entstehen, da in diesem fall eine umlagemöglichkeit überhaupt nicht in betracht kommt, denn in diesem fall greift der ausschluss gemäß § 82 abs. 2 sgb xi (s.o.). der fall, dass die förderung durch das land nicht ausreicht, um die kosten für betriebsnotwendige investitionsaufwendungen zu decken, stellt somit den ausnahmefall dar. da es zweck des § 82 abs. 3 s.1 hlbs. 2 sgb xi ist, deckungslücken bei den kosten für die betriebsnotwendigen investitionen zu schließen, die dadurch entstehen, dass das land nicht ausreichend fördermittel zur verfügung stellt, 28schütze in udsching, sgb xi 3. auflage 2010 rdnr.15; kasseler kommentar/leitherer sgb xi § 82 rn.19. 29kann der vorschrift schwerlich eine wirkung beigemessen werden, die dazu führt, dass diese lücke noch größer wird und zwar dadurch, dass nun auch noch gebühren anfallen. 30die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs.1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr.11 zpo. | Klaeger*in | 1 |
165,392 | 8 K 1694/15.A | 2015-05-20T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. Januar 2015 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der nach eigenen Angaben am 0.0.1995 geborene Kläger ist ghanaischer Staatsangehöriger islamischer Religionszugehörigkeit. 3Der Kläger stellte am 1. Juli 2014 in Italien einen Asylantrag. Während der Prüfung seines Asylantrags in Italien reiste er am 25. Oktober 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 7. November 2014 einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Er hat das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten seither nicht verlassen. 4Das Bundesamt stellte auf der Grundlage eines Eurodac-Treffers fest, dass Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit Italiens vorlagen. Daraufhin richtete es am 5. Januar 2015 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-Verordnung an die italienischen Behörden, das unbeantwortet blieb. 5Es lehnte mit Bescheid vom 22. Januar 2015, dem Kläger persönlich zugestellt am 28. Februar 2015, den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. 6Der Kläger hat am 3. März 2015 die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (8 L 728/15.A). Dem Eilantrag hat die erkennende Einzelrichterin mit Beschluss vom 27. April 2015 stattgegeben. 7Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. Februar 2015 zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen, 9hilfsweise 10festzustellen, dass in Bezug auf ihn Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 1 – 7 AufenthG vorliegen. 11Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die Klage abzuweisen. 13Der Kläger hat auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Beklagte hat durch allgemeine Prozesserklärung auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der Gerichtsakte in dem Verfahren 8 L 728/15.A, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Ausländerbehörde der Stadt N. Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Das Gericht kann durch die Einzelrichterin entscheiden, nachdem ihr das Verfahren durch Beschluss der Kammer vom 27. April 2015 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). 17Die Entscheidung kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 VwGO). 18Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. 19Sie ist unzulässig, soweit der Kläger mit ihr die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines Asylverfahrens begehrt. Statthafte Klageart ist einzig die Anfechtungsklage. Ein solcher Antrag ist indes in dem klägerseits gestellten (Verpflichtungs-)Antrag als Minus mit enthalten. Der nach dem Begehren des Klägers so auszulegende Klageantrag ist zulässig (§ 88 VwGO). 20Der Kläger wendet sich (auch) gegen den Bescheid vom 22. Februar 2015, mit welchem die Beklagte seinen Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt hat. Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist (nur) ein isoliertes Aufhebungsbegehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel führt. Denn das Bundesamt ist gemäß §§ 31, 24 AsylVfG nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen. Das Bundesamt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorgelagerten - Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen. 21Vgl. ausführlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris Rn. 28 ff.; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 2. Februar 2015 – 1 Bf 208/14.AZ -, juris (Leitsatz); BayVGH, Urteil vom 29. Januar 2015 – 13a B 14.50039 -, juris (Leitsatz); OVG Niedersachsen, Beschluss vom 6. November 2014 – 13 LA 66/14 –, juris Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, juris Rn. 18; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris Rn. 21 f. 22Der nach dem Begehren des Klägers so auszulegende zulässige Klage(haupt-)antrag ist auch begründet. 23Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. Februar 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Unrecht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seine Abschiebung nach Italien angeordnet. 24Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). 25Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin III-Verordnung). 26Zwar bestand eine Zuständigkeit Italiens für die Prüfung des Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin III-Verordnung, weil der Kläger während der Prüfung seines am 1. Juli 2014 in Italien gestellten Asylantrages am 7. November 2014 in der Bundesrepublik einen weiteren Asylantrag gestellt und das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten seither nicht verlassen hat. 27Der Kläger hat aber einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-Verordnung. 28Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Europäischen Grundrechtecharta (GRCh) aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 GRCh und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten. 29Vgl. ausführlich EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. -, NVwZ 2012, 417 Rn. 96; Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11, Puid -, NVwZ 2014, 170 Rn. 33; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 -, juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A -, juris Rn. 28 ff. 30Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die nach der Aufnahmerichtlinie erforderlichen Aufnahmebedingungen zu gewährleisten, beginnt mit der Stellung des Asylantrags. Systematik und Zweck der Richtlinie und auch die Wahrung der Grundrechte verbieten es, dass einem Asylbewerber der mit den in der Richtlinie festgelegten Mindestnormen verbundene Schutz entzogen wird, und sei es auch nur vorübergehend nach Asylantragstellung. 31Vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2014 - C- 79/13 - (Saciri u. a.), juris Rn. 33 ff., und Urteil vom 27. September 2012 - C-179/11 - (Cimade), juris Rn. 39, 56, jeweils zur Richtlinie 2003/9/EG; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A -, juris Rn. 122. 32Davon ausgehend kann ein Staat im Rahmen von Art. 3 EMRK (bzw. entsprechend Art. 4 GRCh) - zumindest in Gestalt einer in Betracht kommenden Möglichkeit - für eine Behandlung verantwortlich sein, bei der sich ein von staatlicher Unterstützung vollständig abhängiger Asylsuchender in einer gravierenden Mangel- oder Notsituation staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sieht, die mit der Menschenwürde unvereinbar ist. Dies kann der Fall sein, wenn ein Asylsuchender erkanntermaßen mehrere Monate obdachlos auf der Straße gelebt hat, ohne Einnahmen oder Zugang zu Sanitäreinrichtungen und ohne die Mittel zur Befriedigung seiner Grundbedürfnisse. 33EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243, Rn. 253, 263; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A -, juris Rn. 124. 34Hiernach ergibt sich: Eine systemisch begründete, ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK liegt (insbesondere) vor, wenn mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass dem Betroffenen in dem Mitgliedstaat, in den er als den nach der Dublin III-Verordnung „zuständigen“ Staat überstellt werden soll, entweder schon der Zugang zu einem Asylverfahren, welches nicht mit grundlegenden Mängeln behaftet ist, verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder dass er während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbarer Weise befriedigen kann. 35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A -, juris Rn. 126. 36Nach diesen Maßstäben liegen Voraussetzungen vor, unter denen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Durchbrechung des den Bestimmungen der Dublin III-Verordnung zugrunde liegenden Systems des gegenseitigen Vertrauens gerechtfertigt ist. Die Aufnahmebedingungen in Italien sind aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär, dass anzunehmen ist, dass dem Kläger im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. 37Vgl. zum Maßstab BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6/14 –, juris. 38Das Gericht geht in tatsächlicher Hinsicht übereinstimmend mit dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte davon aus, dass aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen und des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von erheblichen Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer in Italien bestehen und nicht auszuschließen ist, dass eine erhebliche Zahl Asylsuchender ohne Unterkunft bleibt oder in überfüllten Einrichtungen ohne jede Privatsphäre oder sogar in einer gesundheitsgefährdenden oder gewalttätigen Umgebung untergebracht werden könnte. 39Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 939/14 –, juris Rn. 13; EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – Nr. 29217/12, Rn. 115 – Tarakhel. 40Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind diejenigen Umstände heranzuziehen, die auch auf die Situation des konkreten Asylantragstellers – hier des Klägers – zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des konkreten Asylantragstellers auswirken (können). 41Vgl. ausführlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A -, juris Rn. 130. 42Demgemäß ist auf diejenigen Personen abzustellen, die einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt haben, über den noch nicht endgültig entschieden wurde (Art. 2 Buchstaben b und c Dublin III-Verordnung). Hierunter fallen auch die sog. Dublin-Rückkehrer, die nach den vorliegenden Erkenntnissen keine besondere Behandlung erfahren. 43In Anwendung dieser Grundsätze sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bei der Unterbringungssituation in Italien systemische Mängel festzustellen. Die Kapazitäten der CARA und des SPRAR-Systems reichen bei weitem nicht aus, um auch nur einen überwiegenden Teil der Asylantragsteller in Italien aufzunehmen. Hierbei geht das Gericht von folgender Situation aus: 44Zuständig für die erste Unterbringung von Asylsuchenden sind die sog. CARA (Centri di Accoglienza per Richiedenti Asilo). Die offizielle maximale Aufenthaltsdauer in den CARA beträgt 35 Tage, weil ursprünglich die Vorstellung bestand, dass bis zu diesem Zeitpunkt das Asylverfahren abgeschlossen sein würde. In der Praxis wird die Aufenthaltsdauer bis zu sechs Monaten verlängert. Die Anzahl der in den CARA zur Verfügung stehenden Plätze beträgt je nach Quelle bis zu knapp über 10.000 Plätzen. 45Daneben bestehen die Unterbringungseinrichtungen des sog. SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati). In diesen können sich Asylsuchende, die nicht in CARA wohnen müssen, bis zu einer Entscheidung der Kommission aufhalten. Personen, denen eine Form des internationalen Schutzes gewährt worden ist, dürfen sich noch maximal sechs Monate in den SPRAR-Einrichtungen aufhalten. Aufgrund außergewöhnlicher Umstände kann die Aufenthaltsdauer um bis zu sechs Monate verlängert werden. Bei Vorliegen besonderer Schutzbedürftigkeit ist eine Verlängerung um bis zu 11 Monate möglich. In den SPRAR wurden in 2011 rund 3.000 Plätze angeboten. Bis 2016 sollte die Gesamtzahl an Plätzen auf 16.000 erhöht werden. Indes teilte das italienische Innenministerium bereits im September 2014 mit, das Aufnahmesystem SPRAR verfüge (bereits) über 19.000 Plätze. 46Neben diesen staatlichen Einrichtungen gibt es noch einige Kommunen, die eigene Unterbringungsmöglichkeiten vorhalten, wobei diese nicht speziell für Asylsuchende betrieben werden. So soll die Stadt Rom in insgesamt 21 Einrichtungen zwischen 1.300 und 1.400 Plätze vorhalten, Mailand rund 400 Plätze und Turin rund 200 Plätze. 47Vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A -, juris Rn. 147 ff.; VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2015 – 9 L 168/15.A -, juris Rn. 26 ff.; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Leitfaden Italien (Stand: Oktober 2014), Seite 10 ff.. 48Diesem Angebot standen in Italien für das Jahr 2013 über 25.000 neue Asylantragsteller und für das Jahr 2014 über 63.000 neue Asylantragsteller gegenüber. 49Siehe die amtlichen Zahlen von eurostat für die Jahre 2013 und 2014, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&plugin=1&pcode=tps00191&language=en; UNHCR, Asylum Trends 2014, Levels and Trends in Industrialized Countries vom 26. März 2015, Seite 20 (Tabelle 1), abrufbar unter http://www.unhcr.org/551128679.html. 50Das Ungleichgewicht zwischen verfügbaren Unterkunftsplätzen und Asylantragstellern hat sich seit Anfang des Jahres 2015 noch deutlich verschärft. In den Monaten Januar und Februar 2015 kamen knapp 7.900 Flüchtlinge nach Italien. 51Vgl. die amtlichen Zahlen von eurostat für Januar 2015, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&plugin=1&pcode=tps00189&language=en borderline-europe, Newsletter März 2015, Seite 3, abrufbar unter http://www.borderline-europe.de/sites/default/files/background/Newsletter%20M%C3%A4rz%202015.pdf. 52Seither sind die Flüchtlingszahlen erneut stark gestiegen. Nachdem am Osterwochenende mehr als 1.800 Bootsflüchtlinge gerettet wurden, 53http://www.focus.de/politik/ausland/seenot-im-mittelmeer-italienische-kuestwenwache-rettet-1800-bootsfluechtlinge_id_4592375.html 54hat Italiens Küstenwache in der darauffolgenden Woche 10.000 Menschen an Land gebracht. 55http://www.spiegel.de/politik/ausland/europa-und-die-mittelmeer-fluechtlinge-hilflos-a-1028935.html. 56Am ersten Maiwochenende wurden erneut etwa 5.800 Flüchtlinge von der italienischen Küstenwache gerettet. 57Vgl. http://www.sueddeutsche.de/politik/drama-im-mittelmehr-mehr-als-bootsfluechtlinge-im-mittelmeer-gerettet-1.2463509. 58Der Bundesinnenminister geht davon aus, dass in Libyen etwa eine Million Flüchtlinge warten. 59http://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_73712474/in-libyen-warten-1-million-fluechtlinge-merkel-kuendigt-kurswechsel-an.html. 60Die Notunterkünfte in Italien sind überfüllt. Die Auffanglager stehen vor dem Kollaps. 61http://www.spiegel.de/politik/ausland/europa-und-die-mittelmeer-fluechtlinge-hilflos-a-1028935.html; http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlingsdrama-tod-in-den-schwarzen-wogen-1.2441804. 62Damit stehen auch bei Zugrundelegung der amtlichen Zahlen den neuen Asylantragstellern in Italien – und auch dem Kläger als sog. Dublin-Rückkehrer – keine ausreichenden Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung. 63Vgl. ebenso VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2015 – 9 L 168/15.A -; VG Köln, Beschluss vom 20. Februar 2015 – 20 L 114/15.A -; VG Arnsberg, Urteil vom 12. März 2015 – 13 K 488/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 7a L 1718/14.A -; VG Minden, Beschluss vom 22. April 2015 – 10 L 136/15.A –. 64Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des OVG NRW vom 24. April 2015 (- 14 A 2356/12.A -, juris). Es nimmt lediglich Bezug auf die obergerichtliche Rechtsprechung aus den Jahren 2013 und 2014 und setzt sich auch im Übrigen nicht mit den zitierten neuesten Erkenntnissen zu den seit Januar 2015 stark gestiegenen Flüchtlingszahlen, den damit unmittelbar einhergehenden Kapazitätsproblemen der italienischen Aufnahmeeinrichtungen sowie der daraus resultierenden weit verbreiteten Obdachlosigkeit einer hohen Zahl von Asylsuchenden auseinander. Diese Entwicklungen können auch in der durch das OVG NRW zitierten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 6. Januar 2015 - naturgemäß - noch keine Berücksichtigung gefunden haben. 65Es liegen auch keine sonstigen Erkenntnisse vor, dass dem Kläger bei einer Überstellung nach Italien eine ausreichende Unterkunftsmöglichkeit zur Verfügung stünde. Es ist gerichtsbekannt, dass Italien keine individuellen Zusicherungen mehr gibt. 66Vgl. die Auskunft der Liasonbeamtin des Bundesamtes in Italien vom 13. April 2015. 67Einer Entscheidung über den gestellten Hilfsantrag bedurfte es nicht. Denn der Kläger hat sein mit dem Hauptantrag verfolgtes Ziel, die Beklagte zur Durchführung eines Asylverfahrens zu verpflichten, (mittelbar) dadurch erreicht, dass die Beklagte hierzu infolge der gerichtlichen Aufhebung des Bescheides kraft Gesetzes (§§ 31, 24 AsylVfG) verpflichtet ist. Dessen ungeachtet ist mit der gerichtlichen Aufhebung des angefochtenen Bescheides dem Hilfsantrag auch der Boden entzogen. Da die in Ziffer 2 des Bescheides getroffene Abschiebungsanordnung nach Italien beseitigt ist, bedarf es auch keiner Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 1 – 7 AufenthG. 68Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, § 83b AsylVfG. 69Dem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit liegt § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO zugrunde. | der bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 22. januar 2015 wird aufgehoben. im übrigen wird die klage abgewiesen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die klägerin vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der nach eigenen angaben am 0.0.1995 geborene kläger ist ghanaischer staatsangehöriger islamischer religionszugehörigkeit. 3der kläger stellte am 1. juli 2014 in italien einen asylantrag. während der prüfung seines asylantrags in italien reiste er am 25. oktober 2014 in die bundesrepublik deutschland ein und stellte am 7. november 2014 einen asylantrag beim bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt). er hat das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten seither nicht verlassen. 4das bundesamt stellte auf der grundlage eines eurodac-treffers fest, dass anhaltspunkte für eine zuständigkeit italiens vorlagen. daraufhin richtete es am 5. januar 2015 ein übernahmeersuchen nach der dublin iii-verordnung an die italienischen behörden, das unbeantwortet blieb. 5es lehnte mit bescheid vom 22. januar 2015, dem kläger persönlich zugestellt am 28. februar 2015, den asylantrag als unzulässig ab und ordnete die abschiebung des klägers nach italien an. 6der kläger hat am 3. märz 2015 die vorliegende klage erhoben und einen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes gestellt (8 l 728/15.a). dem eilantrag hat die erkennende einzelrichterin mit beschluss vom 27. april 2015 stattgegeben. 7der kläger beantragt schriftsätzlich, 8die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 22. februar 2015 zu verpflichten, ein asylverfahren durchzuführen, 9hilfsweise 10festzustellen, dass in bezug auf ihn abschiebungshindernisse gemäß § 60 abs. 1 – 7 aufenthg vorliegen. 11die beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die klage abzuweisen. 13der kläger hat auf durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. die beklagte hat durch allgemeine prozesserklärung auf durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der streitakte, der gerichtsakte in dem verfahren 8 l 728/15.a, der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten und der ausländerbehörde der stadt n. bezug genommen. 15 | 16das gericht kann durch die einzelrichterin entscheiden, nachdem ihr das verfahren durch beschluss der kammer vom 27. april 2015 zur entscheidung übertragen worden ist (§ 76 abs. 1 asylvfg). 17die entscheidung kann im einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung ergehen (§ 101 abs. 2 vwgo). 18die klage hat nur in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang erfolg. 19sie ist unzulässig, soweit der kläger mit ihr die verpflichtung der beklagten zur durchführung eines asylverfahrens begehrt. statthafte klageart ist einzig die anfechtungsklage. ein solcher antrag ist indes in dem klägerseits gestellten (verpflichtungs-)antrag als minus mit enthalten. der nach dem begehren des klägers so auszulegende klageantrag ist zulässig (§ 88 vwgo). 20der kläger wendet sich (auch) gegen den bescheid vom 22. februar 2015, mit welchem die beklagte seinen asylantrag gemäß § 27a asylvfg als unzulässig abgelehnt hat. gegen eine solche unzulässigkeitsentscheidung ist (nur) ein isoliertes aufhebungsbegehren statthaft. die entscheidungen nach § 27a und § 34a abs. 1 satz 1 asylvfg stellen verwaltungsakte im sinne des § 35 satz 1 vwvfg dar, deren isolierte aufhebung - anders als in sonstigen fällen eines verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen prüfung des gestellten asylantrages und damit zu dem erstrebten rechtschutzziel führt. denn das bundesamt ist gemäß §§ 31, 24 asylvfg nach aufhebung des bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das asylverfahren durchzuführen. das bundesamt hat sich in den fällen des § 27a asylvfg lediglich mit der - einer materiellen prüfung des asylbegehrens vorgelagerten - frage befasst, welcher staat nach den rechtsvorschriften der europäischen union für die prüfung des asylbegehrens des klägers zuständig ist; eine prüfung des asylbegehrens ist in der sache nicht erfolgt. mit der aufhebung des bescheides wird ein verfahrenshindernis für die inhaltliche prüfung des asylbegehrens beseitigt, und das asylverfahren ist in dem stadium, in dem es zu unrecht beendet worden ist, durch das bundesamt weiterzuführen. 21vgl. ausführlich ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 - 1 a 21/12.a -, juris rn. 28 ff.; hamburgisches ovg, beschluss vom 2. februar 2015 – 1 bf 208/14.az -, juris (leitsatz); bayvgh, urteil vom 29. januar 2015 – 13a b 14.50039 -, juris (leitsatz); ovg niedersachsen, beschluss vom 6. november 2014 – 13 la 66/14 –, juris rn. 7; vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014 – a 11 s 1721/13 –, juris rn. 18; ovg sachsen-anhalt, urteil vom 2. oktober 2013 - 3 l 643/12 -, juris rn. 21 f. 22der nach dem begehren des klägers so auszulegende zulässige klage(haupt-)antrag ist auch begründet. 23der angefochtene bescheid des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 22. februar 2015 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). das bundesamt hat den asylantrag des klägers zu unrecht nach § 27a asylvfg als unzulässig abgelehnt und auf der grundlage des § 34a abs. 1 satz 1 asylvfg seine abschiebung nach italien angeordnet. 24gemäß § 27a asylvfg ist ein asylantrag unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der europäischen gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen vertrages für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. in einem solchen fall prüft die beklagte den asylantrag nicht, sondern ordnet die abschiebung in den zuständigen staat an (§ 34a abs. 1 satz 1 asylvfg). 25maßgebliche rechtsvorschrift zur bestimmung des zuständigen staates ist die verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates vom 26. juni 2013 zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaates, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen in einem mitgliedstaat gestellten asylantrags zuständig ist (dublin iii-verordnung). 26zwar bestand eine zuständigkeit italiens für die prüfung des asylantrags gemäß art. 18 abs. 1 lit. b) dublin iii-verordnung, weil der kläger während der prüfung seines am 1. juli 2014 in italien gestellten asylantrages am 7. november 2014 in der bundesrepublik einen weiteren asylantrag gestellt und das hoheitsgebiet der mitgliedstaaten seither nicht verlassen hat. 27der kläger hat aber einen anspruch auf ausübung des selbsteintrittsrechts der bundesrepublik deutschland im sinne von art. 3 abs. 2 dublin iii-verordnung. 28ausgehend von der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs ist ein mitglied- oder vertragsstaat unter bestimmten umständen dazu verpflichtet, von der rückführung in den an sich zuständigen mitgliedstaat abzusehen. das ihm insofern eingeräumte ermessen ist teil des verfahrens zur bestimmung des zuständigen mitgliedstaats und stellt ein element des gemeinsamen europäischen asylsystems dar. bei der ermessensausübung führt der mitgliedstaat daher unionsrecht im sinne von art. 51 abs. 1 der europäischen grundrechtecharta (grch) aus. das gemeinsame europäische asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende anwendung der europäischen grundrechtecharta, aber auch der genfer flüchtlingskonvention (vgl. art. 18 grch und art. 78 aeuv). die mitgliedstaaten müssen bei ihrer entscheidung, ob sie von dem selbsteintrittsrecht gebrauch machen, diese grundsätze beachten. 29vgl. ausführlich eugh, urteil vom 21. dezember 2011 - c-411/10 u.a., n.s. u.a. -, nvwz 2012, 417 rn. 96; urteil vom 14. november 2013 - c-4/11, puid -, nvwz 2014, 170 rn. 33; vgh baden-württemberg, urteil vom 16. april 2014 – a 11 s 1721/13 -, juris rn. 18; ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a -, juris rn. 28 ff. 30die verpflichtung der mitgliedstaaten, die nach der aufnahmerichtlinie erforderlichen aufnahmebedingungen zu gewährleisten, beginnt mit der stellung des asylantrags. systematik und zweck der richtlinie und auch die wahrung der grundrechte verbieten es, dass einem asylbewerber der mit den in der richtlinie festgelegten mindestnormen verbundene schutz entzogen wird, und sei es auch nur vorübergehend nach asylantragstellung. 31vgl. eugh, urteil vom 27. februar 2014 - c- 79/13 - (saciri u. a.), juris rn. 33 ff., und urteil vom 27. september 2012 - c-179/11 - (cimade), juris rn. 39, 56, jeweils zur richtlinie 2003/9/eg; ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a -, juris rn. 122. 32davon ausgehend kann ein staat im rahmen von art. 3 emrk (bzw. entsprechend art. 4 grch) - zumindest in gestalt einer in betracht kommenden möglichkeit - für eine behandlung verantwortlich sein, bei der sich ein von staatlicher unterstützung vollständig abhängiger asylsuchender in einer gravierenden mangel- oder notsituation staatlicher gleichgültigkeit ausgesetzt sieht, die mit der menschenwürde unvereinbar ist. dies kann der fall sein, wenn ein asylsuchender erkanntermaßen mehrere monate obdachlos auf der straße gelebt hat, ohne einnahmen oder zugang zu sanitäreinrichtungen und ohne die mittel zur befriedigung seiner grundbedürfnisse. 33egmr, urteil vom 21. januar 2011 - 30696/09 - (m.s.s.), eugrz 2011, 243, rn. 253, 263; ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a -, juris rn. 124. 34hiernach ergibt sich: eine systemisch begründete, ernsthafte gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung im sinne von art. 4 grch bzw. art. 3 emrk liegt (insbesondere) vor, wenn mit blick auf das gewicht und ausmaß einer drohenden beeinträchtigung dieses grundrechts mit einem beachtlichen grad von wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte tatsachengrundlage belegte gefahr besteht, dass dem betroffenen in dem mitgliedstaat, in den er als den nach der dublin iii-verordnung „zuständigen“ staat überstellt werden soll, entweder schon der zugang zu einem asylverfahren, welches nicht mit grundlegenden mängeln behaftet ist, verwehrt oder massiv erschwert wird, das asylverfahren an grundlegenden mängeln leidet oder dass er während der dauer des asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären ausstattung mit den notwendigen mitteln elementare grundbedürfnisse des menschen (wie z.b. unterkunft, nahrungsaufnahme und hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbarer weise befriedigen kann. 35vgl. ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a -, juris rn. 126. 36nach diesen maßstäben liegen voraussetzungen vor, unter denen nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs eine durchbrechung des den bestimmungen der dublin iii-verordnung zugrunde liegenden systems des gegenseitigen vertrauens gerechtfertigt ist. die aufnahmebedingungen in italien sind aufgrund größerer funktionsstörungen regelhaft so defizitär, dass anzunehmen ist, dass dem kläger im konkreten einzelfall mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung droht. 37vgl. zum maßstab bverwg, beschluss vom 19. märz 2014 – 10 b 6/14 –, juris. 38das gericht geht in tatsächlicher hinsicht übereinstimmend mit dem bundesverfassungsgericht und dem europäischen gerichtshof für menschenrechte davon aus, dass aufgrund von berichten international anerkannter flüchtlingsschutzorganisationen und des auswärtigen amtes belastbare anhaltspunkte für das bestehen von erheblichen kapazitätsengpässen bei der unterbringung rückgeführter ausländer in italien bestehen und nicht auszuschließen ist, dass eine erhebliche zahl asylsuchender ohne unterkunft bleibt oder in überfüllten einrichtungen ohne jede privatsphäre oder sogar in einer gesundheitsgefährdenden oder gewalttätigen umgebung untergebracht werden könnte. 39vgl. bverfg, beschluss vom 17. september 2014 – 2 bvr 939/14 –, juris rn. 13; egmr, urteil vom 4. november 2014 – nr. 29217/12, rn. 115 – tarakhel. 40bei der bewertung der in italien anzutreffenden umstände der durchführung des asylverfahrens und der aufnahme von flüchtlingen sind diejenigen umstände heranzuziehen, die auch auf die situation des konkreten asylantragstellers – hier des klägers – zutreffen. abzustellen ist demnach auf die situation von flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen lage, wohingegen die situation von flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen umständen keine unmittelbare rolle spielt. sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese umstände auch auf die situation des konkreten asylantragstellers auswirken (können). 41vgl. ausführlich ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a -, juris rn. 130. 42demgemäß ist auf diejenigen personen abzustellen, die einen antrag auf gewährung internationalen schutzes gestellt haben, über den noch nicht endgültig entschieden wurde (art. 2 buchstaben b und c dublin iii-verordnung). hierunter fallen auch die sog. dublin-rückkehrer, die nach den vorliegenden erkenntnissen keine besondere behandlung erfahren. 43in anwendung dieser grundsätze sind zum maßgeblichen zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung bei der unterbringungssituation in italien systemische mängel festzustellen. die kapazitäten der cara und des sprar-systems reichen bei weitem nicht aus, um auch nur einen überwiegenden teil der asylantragsteller in italien aufzunehmen. hierbei geht das gericht von folgender situation aus: 44zuständig für die erste unterbringung von asylsuchenden sind die sog. cara (centri di accoglienza per richiedenti asilo). die offizielle maximale aufenthaltsdauer in den cara beträgt 35 tage, weil ursprünglich die vorstellung bestand, dass bis zu diesem zeitpunkt das asylverfahren abgeschlossen sein würde. in der praxis wird die aufenthaltsdauer bis zu sechs monaten verlängert. die anzahl der in den cara zur verfügung stehenden plätze beträgt je nach quelle bis zu knapp über 10.000 plätzen. 45daneben bestehen die unterbringungseinrichtungen des sog. sprar (sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugati). in diesen können sich asylsuchende, die nicht in cara wohnen müssen, bis zu einer entscheidung der kommission aufhalten. personen, denen eine form des internationalen schutzes gewährt worden ist, dürfen sich noch maximal sechs monate in den sprar-einrichtungen aufhalten. aufgrund außergewöhnlicher umstände kann die aufenthaltsdauer um bis zu sechs monate verlängert werden. bei vorliegen besonderer schutzbedürftigkeit ist eine verlängerung um bis zu 11 monate möglich. in den sprar wurden in 2011 rund 3.000 plätze angeboten. bis 2016 sollte die gesamtzahl an plätzen auf 16.000 erhöht werden. indes teilte das italienische innenministerium bereits im september 2014 mit, das aufnahmesystem sprar verfüge (bereits) über 19.000 plätze. 46neben diesen staatlichen einrichtungen gibt es noch einige kommunen, die eigene unterbringungsmöglichkeiten vorhalten, wobei diese nicht speziell für asylsuchende betrieben werden. so soll die stadt rom in insgesamt 21 einrichtungen zwischen 1.300 und 1.400 plätze vorhalten, mailand rund 400 plätze und turin rund 200 plätze. 47vgl. zum ganzen: ovg nrw, urteil vom 7. märz 2014 – 1 a 21/12.a -, juris rn. 147 ff.; vg aachen, beschluss vom 3. märz 2015 – 9 l 168/15.a -, juris rn. 26 ff.; bundesamt für migration und flüchtlinge, leitfaden italien (stand: oktober 2014), seite 10 ff.. 48diesem angebot standen in italien für das jahr 2013 über 25.000 neue asylantragsteller und für das jahr 2014 über 63.000 neue asylantragsteller gegenüber. 49siehe die amtlichen zahlen von eurostat für die jahre 2013 und 2014, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&plugin=1&pcode=tps00191&language=en; unhcr, asylum trends 2014, levels and trends in industrialized countries vom 26. märz 2015, seite 20 (tabelle 1), abrufbar unter http://www.unhcr.org/551128679.html. 50das ungleichgewicht zwischen verfügbaren unterkunftsplätzen und asylantragstellern hat sich seit anfang des jahres 2015 noch deutlich verschärft. in den monaten januar und februar 2015 kamen knapp 7.900 flüchtlinge nach italien. 51vgl. die amtlichen zahlen von eurostat für januar 2015, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&plugin=1&pcode=tps00189&language=en borderline-europe, newsletter märz 2015, seite 3, abrufbar unter http://www.borderline-europe.de/sites/default/files/background/newsletter%20m%c3%a4rz%202015.pdf. 52seither sind die flüchtlingszahlen erneut stark gestiegen. nachdem am osterwochenende mehr als 1.800 bootsflüchtlinge gerettet wurden, 53http://www.focus.de/politik/ausland/seenot-im-mittelmeer-italienische-kuestwenwache-rettet-1800-bootsfluechtlinge_id_4592375.html 54hat italiens küstenwache in der darauffolgenden woche 10.000 menschen an land gebracht. 55http://www.spiegel.de/politik/ausland/europa-und-die-mittelmeer-fluechtlinge-hilflos-a-1028935.html. 56am ersten maiwochenende wurden erneut etwa 5.800 flüchtlinge von der italienischen küstenwache gerettet. 57vgl. http://www.sueddeutsche.de/politik/drama-im-mittelmehr-mehr-als-bootsfluechtlinge-im-mittelmeer-gerettet-1.2463509. 58der bundesinnenminister geht davon aus, dass in libyen etwa eine million flüchtlinge warten. 59http://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_73712474/in-libyen-warten-1-million-fluechtlinge-merkel-kuendigt-kurswechsel-an.html. 60die notunterkünfte in italien sind überfüllt. die auffanglager stehen vor dem kollaps. 61http://www.spiegel.de/politik/ausland/europa-und-die-mittelmeer-fluechtlinge-hilflos-a-1028935.html; http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlingsdrama-tod-in-den-schwarzen-wogen-1.2441804. 62damit stehen auch bei zugrundelegung der amtlichen zahlen den neuen asylantragstellern in italien – und auch dem kläger als sog. dublin-rückkehrer – keine ausreichenden unterkunftsmöglichkeiten zur verfügung. 63vgl. ebenso vg aachen, beschluss vom 3. märz 2015 – 9 l 168/15.a -; vg köln, beschluss vom 20. februar 2015 – 20 l 114/15.a -; vg arnsberg, urteil vom 12. märz 2015 – 13 k 488/14.a -; vg gelsenkirchen, beschluss vom 27. januar 2015 – 7a l 1718/14.a -; vg minden, beschluss vom 22. april 2015 – 10 l 136/15.a –. 64eine andere bewertung ergibt sich auch nicht aus dem urteil des ovg nrw vom 24. april 2015 (- 14 a 2356/12.a -, juris). es nimmt lediglich bezug auf die obergerichtliche rechtsprechung aus den jahren 2013 und 2014 und setzt sich auch im übrigen nicht mit den zitierten neuesten erkenntnissen zu den seit januar 2015 stark gestiegenen flüchtlingszahlen, den damit unmittelbar einhergehenden kapazitätsproblemen der italienischen aufnahmeeinrichtungen sowie der daraus resultierenden weit verbreiteten obdachlosigkeit einer hohen zahl von asylsuchenden auseinander. diese entwicklungen können auch in der durch das ovg nrw zitierten auskunft des auswärtigen amtes vom 6. januar 2015 - naturgemäß - noch keine berücksichtigung gefunden haben. 65es liegen auch keine sonstigen erkenntnisse vor, dass dem kläger bei einer überstellung nach italien eine ausreichende unterkunftsmöglichkeit zur verfügung stünde. es ist gerichtsbekannt, dass italien keine individuellen zusicherungen mehr gibt. 66vgl. die auskunft der liasonbeamtin des bundesamtes in italien vom 13. april 2015. 67einer entscheidung über den gestellten hilfsantrag bedurfte es nicht. denn der kläger hat sein mit dem hauptantrag verfolgtes ziel, die beklagte zur durchführung eines asylverfahrens zu verpflichten, (mittelbar) dadurch erreicht, dass die beklagte hierzu infolge der gerichtlichen aufhebung des bescheides kraft gesetzes (§§ 31, 24 asylvfg) verpflichtet ist. dessen ungeachtet ist mit der gerichtlichen aufhebung des angefochtenen bescheides dem hilfsantrag auch der boden entzogen. da die in ziffer 2 des bescheides getroffene abschiebungsanordnung nach italien beseitigt ist, bedarf es auch keiner feststellung von abschiebungshindernissen nach § 60 abs. 1 – 7 aufenthg. 68die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 satz 3 vwgo, § 83b asylvfg. 69dem ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit liegt § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo zugrunde. | Klaeger*in | 1 |
186,561 | 14 K 4596/13 | 2013-12-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.0000 geborene Kläger wehrt sich mit seiner Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. 3Der Kläger wurde am Montag, dem 29. Oktober 2012 gegen 01.24 Uhr von einer Polizeistreife kontrolliert, als er wegen Benzinmangels in der Ausfahrt I. der A 3 stand. Ein vor Ort erfolgter Alkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 54 AAK. Ein Schnelltest hinsichtlich von Betäubungsmitteln ergab einen positiven Wert von THC und Amphetamin. In der Anlage zur Strafanzeige ist unter „eingeräumter BtM-Konsum in den letzten 24 Stunden“ vermerkt: „Freitag, gegen 22 Uhr, Amphetamine in Pulverform zum Schnupfen; keine Angaben zu Menge und genaues Betäubungsmittel“. 4Bei der Untersuchung der um 2:14 Uhr entnommenen Blutprobe wurden ausweislich des Gutachtens des Institutes für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums E. vom 17. Dezember 2012 folgende Werte festgestellt: 5Tetrahydrodannabinol (THC): 2,0 ng/ml; 611-OH-THC (THC-Metabolit): 0,8 ng/ml; 7THC-COOH (THC-Metabolit): 18 ng/ml; 8Amphetamin: 126 ng/ml. 9Nach den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. E1. spreche die festgestellte Menge an Cannaboiden für einen einmaligen oder gelegentlichen Konsum von Haschisch. THC, 11-OH-THC und THC-COOH lägen in einem Konzentrationsverhältnis (CIF=16) vor, wie es bei Personen gefunden werde, die stärkergradig unter der Einwirkung von Cannabisprodukten stünden. 10Der Beklagte erlangte von diesem Vorfall durch Schreiben des Polizeipräsidiums E. vom 20. Dezember 2012 Kenntnis. 11Mit Schreiben vom 27. Februar 2013 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis an. 12Mit Schreiben vom 15. April 2013 machte der Kläger nach erfolgter Akteneinsicht über seine Verfahrensbevollmächtigten geltend, dass er am Freitag dem 26. Oktober 2012 zu Hause gewesen sei und dort keine Drogen konsumiert habe. Am Samstag, dem 27. Oktober 2012 sei er mit Freunden in der Disco „D. “ in E. gewesen. Dort habe er, angestiftet von seinen Freunden, das erste Mal in seinem Leben ein – bis zweimal an einem Joint gezogen. Andere Drogen habe er nicht konsumiert. Er habe die Befürchtung, dass einer seiner Bekannten oder eine dritte Person ihm in der Disco möglicherweise eine Amphetamindroge oder etwas ähnlich Aufputschendes untergeschoben habe. 13Mit Ordnungsverfügung vom 17. April 2013 entzog der Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis, ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an und forderte den Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes von 500,00 Euro auf, den Führerschein innerhalb von drei Tagen nach Zustellung der Ordnungsverfügung abzugeben. Außerdem setzte sie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 150,00 Euro fest und machte Auslagen für die Postzustellung in Höhe von 2,63 Euro geltend. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Kläger habe sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen, weil er Amphetamine konsumiere. Es sei unerheblich, ob der Konsum von Amphetaminen bewusst oder unbewusst erfolgt sei. 14Der Kläger hat am 22. Mai 2013 Klage erhoben. 15Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, er könne nicht sagen, welche Motive den Täter getrieben haben könnten, ihm Amphetamine unterzuschieben. 16Der Kläger beantragt, 17die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 17. April 2013 aufzuheben. 18Der Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Zur Begründung wiederholt er seine Ausführungen aus dem angegriffenen Bescheid und führt ergänzend aus, dass die Angaben des Klägers zu einer unwissentlichen Amphetaminaufnahme unglaubhaft seien, da das polizeiliche Protokoll eine ausdrückliche entgegenstehende Aussage festgehalten habe. 21Mit Beschluss der Kammer vom 15. Oktober 2013 ist das Verfahren der Vorsitzenden zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden. 22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. 23Entscheidungsgründe: 24Die zulässige Klage ist unbegründet. 25Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 17. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 26Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgeblich. 27Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 3 C 26.07 –, Rn. 16, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 2. April 2012 – 16 B 356/12 –, Rn. 6, juris. 28Die Entziehung der Fahrerlaubnis findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV –). Hiernach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV ist u.a. derjenige regelmäßig zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet anzusehen, der gelegentlich Cannabis konsumiert und nicht zwischen Konsum und Fahren trennen kann. 29In materieller Hinsicht sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt. Es kann dahinstehen, ob der Kläger unbewusst Amphetamine zu sich genommen hat. 30Denn der Kläger hat sich allein deshalb als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen (vgl. § 11 Abs. 7 FeV), weil er als gelegentlicher Cannabiskonsument anzusehen ist, der nicht zwischen Konsum und Fahren trennen kann. 31Ein gelegentlicher, d.h. mindestens zweimaliger Cannabiskonsum des Klägers ist gegeben, denn er hat zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten Cannabis zu sich genommen. 32Der erste Konsumakt folgt aus seinen Einlassungen im Verwaltungs- und Klageverfahren. Hiernach hat der Kläger ausdrücklich eingeräumt, am 27. Oktober 2012, mithin etwa 24 Stunden vor der Verkehrskontrolle, Cannabis konsumiert zu haben. An diesen Einlassungen muss er sich festhalten lassen. 33Dieser zugestandene Konsumakt kann indes nicht allein ursächlich sein für den nach dem toxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der I1. -I2. -Universität E. vom 17. Dezember 2012 im Rahmen der Blutanalyse festgestellten Tetrahydrocannabinolwert (THC-Wert) von 2,0 ng/ml im Blutserum. Nach den im Rahmen der sog. 1. Maastricht-Studie gewonnenen Erkenntnissen über die Abbaugeschwindigkeit von THC im Blutserum sinkt dessen Konzentration bei Gelegenheitskonsumenten auch nach der Zufuhr hoher Dosierungen von 500 µg THC pro Kilogramm Körpergewicht innerhalb von sechs Stunden nach Rauchende im Mittel auf einen Wert von etwa 1 ng/ml ab. Nur in Fällen eines wiederholten oder gar regelmäßigen Konsums, den der Kläger jedoch hier bestreitet, kann THC gelegentlich auch noch nach über 24 Stunden nachgewiesen werden. 34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2011 – 16 B 470/11 –, Rn. 4 ff., mit zahlreichen Nachweisen zu den Grundlagen der Erkenntnisse und zu weiterer Rechtsprechung- juris. 35Angesichts der Tatsache, dass zwischen dem eingestandenen Konsum am 27. Oktober 2012 und der am 29. Oktober 2012 entnommenen Blutprobe mehr als sechs Stunden vergangen sind, steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass es innerhalb der sechs Stunden vor der Blutentnahme zu einem zweiten Konsumakt gekommen sein muss. 36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2011 – 16 B 470/11 –, Rn. 6, juris. 37Mit der Fahrt unter Cannabiseinfluss am 29. Oktober 2012 hat der Kläger zudem gezeigt, dass er den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV nicht trennen kann. 38Das fehlende Trennungsvermögen ergibt sich bereits aus dem festgestellten THC-Wert von 2,0 ng/ml im Blutserum. Nach der fast einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung, der das erkennende Gericht folgt, führt schon ein THC-Wert ab 1,0 ng/ml im Blutserum zur Annahme mangelnder Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV. 39Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 34 ff., juris, m.w.N.; OVG Thüringen, Beschluss vom 6. September 2012 – 2 EO 37/11 –, Rn. 16 ff., juris; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 ‑ 2 B 341/11 –, Rn. 14 ff., juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Dezember 2005– 3 Bs 214/05 –, Rn. 20, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. November 2012– 10 S 3174/11 –, Rn. 30 ff., juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2006– 10 S 2519/05 –, Rn. 7, juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. Februar 2009 – 4 LB 61/08 –, Rn. 35 f., juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. September 2009 – 1 S 17.09 –, Rn. 6, juris. 40Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist, dass nach dem Beschluss der sog. Grenzwertkommission vom 20. November 2002 – aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007, Blutalkohol 44 (2007), 311 ‑ der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1 ng/ml Serum liegen soll. Eine solche Konzentration kann ‑ einschließlich eines entsprechenden Sicherheitszuschlags ‑ sicher nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden. Insbesondere erscheint bei Erreichen einer derartigen Konzentration eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit möglich. 41Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 34 ff., juris, m.w.N.. 42Nimmt ein Fahrerlaubnisinhaber trotz eines nicht lange zurückliegenden Cannabiskonsums und einer deshalb jedenfalls möglichen cannabisbedingten Fahrungeeignetheit am Straßenverkehr teil, ist das als ein hinreichend aussagekräftiger Beleg dafür zu werten, dass ihm das zu fordernde Trennungsvermögen fehlt. 43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 38, juris. 44Folglich kann bereits bei einem THC-Wert von 1,0 ng/ml im Blutserum ein Verstoß gegen das in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV zum Ausdruck gebrachte Trennungsgebot als im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV erwiesen angesehen werden. 45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 54, juris. 46In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der Cannabiskonsum tatsächliche Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit gezeitigt hat und bereits eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs eingetreten ist. Ausschlaggebend ist vielmehr, da bei der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis Gefahrenabwehrrecht in Rede steht, dass ab dem THC-Grenzwert von 1,0 ng/ml im Blutserum eine Wirkung und damit eine drogenkonsumbedingte Gefährdung des Straßenverkehrs möglich ist. 47Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. März 2013 – 16 A 2006/12 –, Rn. 34 ff., juris. 48Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung die Kraftfahreignung mit hoher Wahrscheinlichkeit wiedererlangt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Zwingende Voraussetzung für die Wiedererlangung der Kraftfahreignung ist der Nachweis, dass der Kläger in der Lage ist, auf den Konsum von Betäubungsmitteln dauerhaft ganz zu verzichten bzw. bei fortgesetzter gelegentlicher Einnahme von Cannabis ein nach den Wertungen der FeV hinnehmbares Konsummuster (Verzicht auf den zusätzlichen Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, Trennung zwischen dem gelegentlichem Konsum und dem Fahren, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust) einzuhalten. Dieser Nachweis kann grundsätzlich nur im Rahmen des Neuerteilungsverfahrens durch die Vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 2 FeV geführt werden. 49Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. April 2012 – 16 B 356/12 –, Rn. 8, juris; OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2006 – 16 B 1538/06 –, Rn. 4, juris. 50Einen derartigen Nachweis hat der Kläger vorliegend nicht ansatzweise geführt. 51Rechtliche Bedenken gegen die in der Ordnungsverfügung vom 17. April 2013 getroffenen sonstigen Entscheidungen bestehen ebenfalls nicht. 52Die Aufforderung zur Ablieferung des Führerscheins stützt sich auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG. Die Gebührenfestsetzung in Höhe von 150,00 Euro beruht auf § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a StVG, § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) und Nr. 206 der Anlage zu § 1 GebOSt. Die Verpflichtung zum Ersatz der Auslagen für die Zustellung in Höhe von 2,63 Euro ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt. 53Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 54Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, soweit nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der am 00.00.0000 geborene kläger wehrt sich mit seiner klage gegen die entziehung seiner fahrerlaubnis. 3der kläger wurde am montag, dem 29. oktober 2012 gegen 01.24 uhr von einer polizeistreife kontrolliert, als er wegen benzinmangels in der ausfahrt i. der a 3 stand. ein vor ort erfolgter alkoholtest ergab eine atemalkoholkonzentration von 54 aak. ein schnelltest hinsichtlich von betäubungsmitteln ergab einen positiven wert von thc und amphetamin. in der anlage zur strafanzeige ist unter „eingeräumter btm-konsum in den letzten 24 stunden“ vermerkt: „freitag, gegen 22 uhr, amphetamine in pulverform zum schnupfen; keine angaben zu menge und genaues betäubungsmittel“. 4bei der untersuchung der um 2:14 uhr entnommenen blutprobe wurden ausweislich des gutachtens des institutes für rechtsmedizin des universitätsklinikums e. vom 17. dezember 2012 folgende werte festgestellt: 5tetrahydrodannabinol (thc): 2,0 ng/ml; 611-oh-thc (thc-metabolit): 0,8 ng/ml; 7thc-cooh (thc-metabolit): 18 ng/ml; 8amphetamin: 126 ng/ml. 9nach den ausführungen des gutachters prof. dr. e1. spreche die festgestellte menge an cannaboiden für einen einmaligen oder gelegentlichen konsum von haschisch. thc, 11-oh-thc und thc-cooh lägen in einem konzentrationsverhältnis (cif=16) vor, wie es bei personen gefunden werde, die stärkergradig unter der einwirkung von cannabisprodukten stünden. 10der beklagte erlangte von diesem vorfall durch schreiben des polizeipräsidiums e. vom 20. dezember 2012 kenntnis. 11mit schreiben vom 27. februar 2013 hörte der beklagte den kläger zur beabsichtigten entziehung seiner fahrerlaubnis an. 12mit schreiben vom 15. april 2013 machte der kläger nach erfolgter akteneinsicht über seine verfahrensbevollmächtigten geltend, dass er am freitag dem 26. oktober 2012 zu hause gewesen sei und dort keine drogen konsumiert habe. am samstag, dem 27. oktober 2012 sei er mit freunden in der disco „d. “ in e. gewesen. dort habe er, angestiftet von seinen freunden, das erste mal in seinem leben ein – bis zweimal an einem joint gezogen. andere drogen habe er nicht konsumiert. er habe die befürchtung, dass einer seiner bekannten oder eine dritte person ihm in der disco möglicherweise eine amphetamindroge oder etwas ähnlich aufputschendes untergeschoben habe. 13mit ordnungsverfügung vom 17. april 2013 entzog der beklagte dem kläger die fahrerlaubnis, ordnete die sofortige vollziehung der verfügung an und forderte den kläger unter androhung eines zwangsgeldes von 500,00 euro auf, den führerschein innerhalb von drei tagen nach zustellung der ordnungsverfügung abzugeben. außerdem setzte sie eine verwaltungsgebühr in höhe von 150,00 euro fest und machte auslagen für die postzustellung in höhe von 2,63 euro geltend. zur begründung führte er im wesentlichen aus, der kläger habe sich als ungeeignet zum führen von kraftfahrzeugen erwiesen, weil er amphetamine konsumiere. es sei unerheblich, ob der konsum von amphetaminen bewusst oder unbewusst erfolgt sei. 14der kläger hat am 22. mai 2013 klage erhoben. 15zur begründung wiederholt er im wesentlichen sein vorbringen aus dem verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, er könne nicht sagen, welche motive den täter getrieben haben könnten, ihm amphetamine unterzuschieben. 16der kläger beantragt, 17die ordnungsverfügung des beklagten vom 17. april 2013 aufzuheben. 18der beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20zur begründung wiederholt er seine ausführungen aus dem angegriffenen bescheid und führt ergänzend aus, dass die angaben des klägers zu einer unwissentlichen amphetaminaufnahme unglaubhaft seien, da das polizeiliche protokoll eine ausdrückliche entgegenstehende aussage festgehalten habe. 21mit beschluss der kammer vom 15. oktober 2013 ist das verfahren der vorsitzenden zur entscheidung als einzelrichterin übertragen worden. 22wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten ergänzend bezug genommen. 23 | 24die zulässige klage ist unbegründet. 25die ordnungsverfügung des beklagten vom 17. april 2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 26für die beurteilung der rechtmäßigkeit der ordnungsverfügung ist die sach- und rechtslage im zeitpunkt der behördlichen entscheidung maßgeblich. 27vgl. bverwg, urteil vom 11. dezember 2008 – 3 c 26.07 –, rn. 16, juris; oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), beschluss vom 2. april 2012 – 16 b 356/12 –, rn. 6, juris. 28die entziehung der fahrerlaubnis findet ihre ermächtigungsgrundlage in § 3 abs. 1 satz 1 stvg i.v.m. § 46 abs. 1 satz 1 der verordnung über die zulassung von personen zum straßenverkehr (fahrerlaubnis-verordnung – fev –). hiernach hat die fahrerlaubnisbehörde die fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum führen von kraftfahrzeugen erweist. dies gilt gemäß § 46 abs. 1 satz 2 fev insbesondere, wenn erkrankungen oder mängel nach den anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche vorschriften oder strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die eignung zum führen von kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. nach nr. 9.2.2 der anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 fev ist u.a. derjenige regelmäßig zum führen von kraftfahrzeugen als ungeeignet anzusehen, der gelegentlich cannabis konsumiert und nicht zwischen konsum und fahren trennen kann. 29in materieller hinsicht sind die tatbestandlichen voraussetzungen der ermächtigungsgrundlage erfüllt. es kann dahinstehen, ob der kläger unbewusst amphetamine zu sich genommen hat. 30denn der kläger hat sich allein deshalb als ungeeignet zum führen von kraftfahrzeugen erwiesen (vgl. § 11 abs. 7 fev), weil er als gelegentlicher cannabiskonsument anzusehen ist, der nicht zwischen konsum und fahren trennen kann. 31ein gelegentlicher, d.h. mindestens zweimaliger cannabiskonsum des klägers ist gegeben, denn er hat zu zwei unterschiedlichen zeitpunkten cannabis zu sich genommen. 32der erste konsumakt folgt aus seinen einlassungen im verwaltungs- und klageverfahren. hiernach hat der kläger ausdrücklich eingeräumt, am 27. oktober 2012, mithin etwa 24 stunden vor der verkehrskontrolle, cannabis konsumiert zu haben. an diesen einlassungen muss er sich festhalten lassen. 33dieser zugestandene konsumakt kann indes nicht allein ursächlich sein für den nach dem toxikologischen gutachten des instituts für rechtsmedizin der i1. -i2. -universität e. vom 17. dezember 2012 im rahmen der blutanalyse festgestellten tetrahydrocannabinolwert (thc-wert) von 2,0 ng/ml im blutserum. nach den im rahmen der sog. 1. maastricht-studie gewonnenen erkenntnissen über die abbaugeschwindigkeit von thc im blutserum sinkt dessen konzentration bei gelegenheitskonsumenten auch nach der zufuhr hoher dosierungen von 500 µg thc pro kilogramm körpergewicht innerhalb von sechs stunden nach rauchende im mittel auf einen wert von etwa 1 ng/ml ab. nur in fällen eines wiederholten oder gar regelmäßigen konsums, den der kläger jedoch hier bestreitet, kann thc gelegentlich auch noch nach über 24 stunden nachgewiesen werden. 34vgl. ovg nrw, beschluss vom 2. september 2011 – 16 b 470/11 –, rn. 4 ff., mit zahlreichen nachweisen zu den grundlagen der erkenntnisse und zu weiterer rechtsprechung- juris. 35angesichts der tatsache, dass zwischen dem eingestandenen konsum am 27. oktober 2012 und der am 29. oktober 2012 entnommenen blutprobe mehr als sechs stunden vergangen sind, steht zur überzeugung des erkennenden gerichts fest, dass es innerhalb der sechs stunden vor der blutentnahme zu einem zweiten konsumakt gekommen sein muss. 36vgl. ovg nrw, beschluss vom 2. september 2011 – 16 b 470/11 –, rn. 6, juris. 37mit der fahrt unter cannabiseinfluss am 29. oktober 2012 hat der kläger zudem gezeigt, dass er den konsum von cannabis und das führen eines kraftfahrzeugs im sinne von nr. 9.2.2 der anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 fev nicht trennen kann. 38das fehlende trennungsvermögen ergibt sich bereits aus dem festgestellten thc-wert von 2,0 ng/ml im blutserum. nach der fast einhelligen obergerichtlichen rechtsprechung, der das erkennende gericht folgt, führt schon ein thc-wert ab 1,0 ng/ml im blutserum zur annahme mangelnder trennung im sinne von nr. 9.2.2 der anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 fev. 39vgl. ovg nrw, urteil vom 21. märz 2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 34 ff., juris, m.w.n.; ovg thüringen, beschluss vom 6. september 2012 – 2 eo 37/11 –, rn. 16 ff., juris; ovg bremen, beschluss vom 20. juli 2012 ‑ 2 b 341/11 –, rn. 14 ff., juris; ovg hamburg, beschluss vom 15. dezember 2005– 3 bs 214/05 –, rn. 20, juris; vgh baden-württemberg, urteil vom 22. november 2012– 10 s 3174/11 –, rn. 30 ff., juris; vgh baden-württemberg, beschluss vom 27. märz 2006– 10 s 2519/05 –, rn. 7, juris; ovg schleswig-holstein, urteil vom 17. februar 2009 – 4 lb 61/08 –, rn. 35 f., juris; ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 16. september 2009 – 1 s 17.09 –, rn. 6, juris. 40ausschlaggebend für diese einschätzung ist, dass nach dem beschluss der sog. grenzwertkommission vom 20. november 2002 – aktualisiert durch beschluss vom 22. mai 2007, blutalkohol 44 (2007), 311 ‑ der grenzwert für die annahme einer ordnungswidrigkeit nach § 24a abs. 2 stvg für thc bei 1 ng/ml serum liegen soll. eine solche konzentration kann ‑ einschließlich eines entsprechenden sicherheitszuschlags ‑ sicher nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden. insbesondere erscheint bei erreichen einer derartigen konzentration eine einschränkung der fahrtauglichkeit möglich. 41vgl. ovg nrw, urteil vom 21. märz 2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 34 ff., juris, m.w.n.. 42nimmt ein fahrerlaubnisinhaber trotz eines nicht lange zurückliegenden cannabiskonsums und einer deshalb jedenfalls möglichen cannabisbedingten fahrungeeignetheit am straßenverkehr teil, ist das als ein hinreichend aussagekräftiger beleg dafür zu werten, dass ihm das zu fordernde trennungsvermögen fehlt. 43vgl. ovg nrw, urteil vom 21. märz 2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 38, juris. 44folglich kann bereits bei einem thc-wert von 1,0 ng/ml im blutserum ein verstoß gegen das in nr. 9.2.2 der anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 fev zum ausdruck gebrachte trennungsgebot als im sinne von § 11 abs. 7 fev erwiesen angesehen werden. 45vgl. ovg nrw, urteil vom 21. märz 2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 54, juris. 46in diesem zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der cannabiskonsum tatsächliche auswirkungen auf die fahrtauglichkeit gezeitigt hat und bereits eine konkrete gefährdung des straßenverkehrs eingetreten ist. ausschlaggebend ist vielmehr, da bei der frage der entziehung der fahrerlaubnis gefahrenabwehrrecht in rede steht, dass ab dem thc-grenzwert von 1,0 ng/ml im blutserum eine wirkung und damit eine drogenkonsumbedingte gefährdung des straßenverkehrs möglich ist. 47vgl. ovg nrw, urteil vom 21. märz 2013 – 16 a 2006/12 –, rn. 34 ff., juris. 48anhaltspunkte dafür, dass der kläger im maßgeblichen zeitpunkt der behördenentscheidung die kraftfahreignung mit hoher wahrscheinlichkeit wiedererlangt haben könnte, sind nicht ersichtlich. zwingende voraussetzung für die wiedererlangung der kraftfahreignung ist der nachweis, dass der kläger in der lage ist, auf den konsum von betäubungsmitteln dauerhaft ganz zu verzichten bzw. bei fortgesetzter gelegentlicher einnahme von cannabis ein nach den wertungen der fev hinnehmbares konsummuster (verzicht auf den zusätzlichen gebrauch von alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden stoffen, trennung zwischen dem gelegentlichem konsum und dem fahren, keine störung der persönlichkeit und kein kontrollverlust) einzuhalten. dieser nachweis kann grundsätzlich nur im rahmen des neuerteilungsverfahrens durch die vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen gutachtens gemäß § 14 abs. 2 fev geführt werden. 49vgl. ovg nrw, beschluss vom 2. april 2012 – 16 b 356/12 –, rn. 8, juris; ovg nrw, beschluss vom 6. oktober 2006 – 16 b 1538/06 –, rn. 4, juris. 50einen derartigen nachweis hat der kläger vorliegend nicht ansatzweise geführt. 51rechtliche bedenken gegen die in der ordnungsverfügung vom 17. april 2013 getroffenen sonstigen entscheidungen bestehen ebenfalls nicht. 52die aufforderung zur ablieferung des führerscheins stützt sich auf § 3 abs. 2 satz 3 stvg. die gebührenfestsetzung in höhe von 150,00 euro beruht auf § 6a abs. 1 nr. 1 lit. a stvg, § 1 abs. 1, § 4 abs. 1 nr. 1 gebührenordnung für maßnahmen im straßenverkehr (gebost) und nr. 206 der anlage zu § 1 gebost. die verpflichtung zum ersatz der auslagen für die zustellung in höhe von 2,63 euro ergibt sich aus § 2 abs. 1 nr. 1 gebost. 53die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 54die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11, § 711 zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
342,027 | 6 K 2887/19 | 2021-11-29T00:00:00 | Urteil | Tenor Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Es wird festgestellt, dass die am 00.00.0000 durch das Jugendamt des Beklagten erfolgte Inobhutnahme des am 00.00.0000 geborenen Kindes K. B1. W1. rechtswidrig war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Klägerin zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist die Mutter des am 00.00.0000 geborenen K. B1. W1. . Vater des Kindes ist der am 00.00.0000 geborene C1. C2. . Die nicht miteinander verheirateten Eltern trennten sich im G. . Der Junge lebte nach der Trennung im Haushalt der Klägerin. Die Eltern übten gemeinsam das Sorgerecht aus. Insbesondere hinsichtlich des Umgangsrechts des Vaters gab es gerichtliche Auseinandersetzungen beim Amtsgericht Detmold - nachfolgend: Familiengericht - (00 F 00/18, 00 F 00/18, 00 F 00/18, 00 F 00/18, 00 F 00/19, 00 F 00/19, 00 F 00/19, 00 F 00/19, 00 F 00/19, 00 F 00/19), die überwiegend von der Klägerin initiiert wurden. 3Unter dem 00.00.0000 vereinbarten die Eltern im Verfahren 00 F 00/18 Besuchskontakte mit Übernachtungen beim Vater durch Abholen des Kindes an jedem zweiten Freitag bei der L. M1. und Verbringen dorthin am nächsten Montagmorgen. 4Am 00.00.0000 und 00.00.0000 traf die in P. praktizierende Kinderärztin E. . T1. nach Vorstellungen des Jungen durch die Klägerin folgende Feststellungen: „… Anus hochrot in kreisrunder Form um den Anus herum, keine Verletzungszeichen. …“ und „Schmerzen am Po, hatte bis Montag Kontakt mit dem Vater … Analring deutlich gerötet, kreisrund, ca. 3 - 4 mm, nach lateral von rot in lila übergehend …“. Nach Aktenlage suchte die Klägerin diese Ärztin mit K. B1. auch in der Folgezeit mehrfach auf und konsultierte zudem zwei Beratungsstellen im Hinblick auf einen potentiellen sexuellen Missbrauch des Kindes durch seinen Vater. 5Unter dem 00.00.0000 regte die Kinderklinik des T2. . W2. -L1. Q. nach einem stationären Aufenthalt des Kindes vom 00. bis 00.00.0000 beim Familiengericht an, wegen des dringenden Verdachts auf eine akute Kindeswohlgefährdung durch sexuellen Missbrauch in wahrscheinlich mehreren Fällen die Umgangskontakte von K. B1. und seinem Vater bis zum Abschluss der Verdachtsabklärung auszusetzen und die Gesundheitsfürsorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Rahmen einer einstweiligen Anordnung auf die Klägerin zu übertragen. Es wurde unter anderem ausgeführt, dass die körperliche Untersuchung des Jungen mit Sicherung möglicher Spuren wegen dessen panikartiger Reaktionen auf Ärztinnen in Sedierung stattgefunden habe. 6Dies nahm das Familiengericht zum Anlass, ein Verfahren nach § 1666 BGB einzuleiten (00 F 00/19). 7Mit Schreiben vom 00.00.0000 äußerte sich das Jugendamt des Beklagten (nachfolgend: Jugendamt) gegenüber dem Familiengericht in ähnlicher Weise. Das Jugendamt hatte sich zuvor am 00.00.0000 an die E1. Kriminalpolizei gewandt. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft E2. nach Maßgabe des § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (00 Js 00/19). 8Am 00.00.0000 stellte die Klägerin beim Familiengericht im Rahmen des laufenden Verfahrens 00 F 00/19 einen Antrag auf Maßnahmen nach § 1666 BGB im Sinne eines Kontakt- und Näherungsverbots gegen den Kindesvater. Sie gab - wie bereits gegenüber der Q1. Kinderklinik - als Verhaltensauffälligkeiten von K. B1. , die sie etwa seit 00.00.0000 bemerkt habe, unter anderem das Einnässen nach Umgangskontakten mit dem Vater bis zu sieben Mal täglich an, ferner eine ausgeprägte Nachtangst, ein anklammerndes Verhalten in Bezug auf sie, Ängste, Jammern und Sprechen in „Babysprache“, Wutanfälle, das Sprechen von bösen Drachen und dunklen Gestalten an seinem Bett, eine starke motorische Unruhe, einen entzündeten, roten und schmerzenden Po nach Besuchskontakten mit dem Vater, mit dem das Kind Geheimnisse habe, und Bauchschmerzen. Zudem benannte die Klägerin Aussagen, die das Kind ihr gegenüber in der Zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 getätigt habe. Unter anderem hieß es im Zusammenhang mit einem extrem geröteten Po „Das war der Drache, der hat sein Horn in meinen Popo getan.“, „Papa macht immer Popoklatsche mit mir und ich will das nicht.“ und im Zusammenhang mit der klägerischen Darstellung, dass sich der Junge abends an seinen Genitalbereich fasse, reibe und knete, „Ich mache ihn größer, weil ich schon ein großer Junge bin.“. Diesen Beschreibungen trat der Vater des Kindes mit Ausnahme des Einnässens, das seit der Trennung der Eltern aufgetreten sei, entgegen. Geheimnisse habe er mit seinem Sohn nur hinsichtlich Süßigkeiten und Fernsehen. 9Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - entschied das Familiengericht, dass das Umgangsrecht des Kindesvaters vorläufig ausgeschlossen werde, weil Anhaltspunkte für eine akute Gefährdung des Kindeswohls bei einem Aufenthalt des Kindes beim Vater bestünden. Diese Anordnung wurde bis zum 00.00.0000 befristet. 10Unter dem 00.00.0000 nahm die für K. B1. vom Familiengericht bestellte Verfahrensbeiständin T3. Stellung. Sie führte im Ergebnis aus, dass sie einen begleiteten Umgang mit dem Vater, auf den sich das Kind nach Aussage seiner Erzieherinnen freue, als mit dem Kindeswohl vereinbar einschätze. 11Unter dem 00.00.0000 einigten sich die Eltern im familiengerichtlichen Verfahren 00 F 00/19 auf einen zweimal wöchentlich vom Jugendamt begleiteten Umgang des Kindes mit seinem Vater. 12Nach Aktenlage stellte die Klägerin das Kind im 00.00.0000 erneut wegen einer perianalen Rötung im T2. . W2. -Krankenhaus Q. vor. 13Aufgrund eines entsprechenden familiengerichtlichen Beweisbeschlusses vom 00.00.0000 im Verfahren 00 F 00/19 erstattete der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Diplom-Sozialpädagoge W3. vom N. J1. für forensische Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters unter dem Datum „ 00.00.0000“ ein 150 Seiten umfassendes Gutachten zur Beweisfrage, ob sorgerechtliche Maßnahmen zum Wohle des Kindes erforderlich seien. Der Gutachter würdigte dabei auch Vorkommnisse in den Folgemonaten und kam zu dem Ergebnis, dass der Kindesvater in vollem Umfang beziehungs- und erziehungsfähig sei, während bei der ausgesprochen verschlossenen Klägerin insoweit erhebliche Einschränkungen vorhanden seien. Es sei fraglich/möglich, dass bei ihr das Münchhausen-by-proxy-Syndrom vorliege. Darauf gebe es durchaus Warnhinweise. Das Einnässen des Kindes habe eindeutig mit dem Loyalitätskonflikt zwischen den Eltern zu tun. Es gehe der Klägerin hauptsächlich darum, den Jungen in intensivster Form an sich zu binden. Nach Besuchskontakten mit dem Vater stelle sie K. B1. der Kinderärztin vor, um neuerliche somatische Erkrankungen finden zu lassen, damit der Umgang mit dem Vater verhindert werde bzw. allenfalls nur begleitet stattfinde. Bei ihr liege eine deutliche Bindungsintoleranz vor. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind dürfte dem Vater zu übertragen sein. Der Lebensmittelpunkt des Jungen sollte nun zwingend wechseln. Die vielzähligen, teilweise wöchentlichen Arztbesuche mit dem Ziel der Untersuchung des Anus des Kindes erschienen eher kindeswohlfeindlich als -dienlich zu sein; die kinderärztliche Dokumentation habe in vielen Fällen ein unauffälliges Gesamtbild ergeben. Es sei schon über Monate zu einer erheblichen Kindeswohlbeeinträchtigung gekommen. Die Klägerin sei zwingend angehalten, sich einer intensiven psychotherapeutischen Behandlung zu stellen. Ihr sollte - unter gewissen Bedingungen - ein Besuchsrecht an jedem zweiten Wochenende eingeräumt werden. 14Dieses Gutachten, das beim Familiengericht am 00.00.0000 eintraf, wurde den Kindeseltern, dem Jugendamt und der Verfahrensbeiständin mit gerichtlicher Verfügung vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - mit der Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen zugeleitet. Unter dem 00.00.0000 bestimmte das Familiengericht in dieser Sache einen Verhandlungstermin auf den 00.00.0000. 15Am 00.00.0000 traf das Gutachten beim Jugendamt und bei der Klägerin ein. Daraufhin nahm das Jugendamt K. B1. am selben Tag in der L. M1. in Obhut und brachte ihn beim Kindesvater unter. Die Klägerin widersprach der Inobhutnahme am 00.00.0000 mündlich und am nächsten Tag schriftlich. 16In seinem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 00.00.0000 führte das Jugendamt aus, dass diese Maßnahme aufgrund des Vorliegens fundierter gewichtiger Anhaltspunkte für eine akute Kindeswohlgefährdung erfolgt sei. Das Kind sei bis zur gerichtlichen Klärung bei seinem Vater untergebracht. 17Mit Schreiben vom selben Tag, das vorab per Fax übermittelt wurde (Eingang 18:03 Uhr), machte das Jugendamt dem Familiengericht im Verfahren 00 F 00/19 eine entsprechende Mitteilung und ergänzte, dass für die Inobhutnahme vor allem das Gutachten ausschlaggebend gewesen sei. Das bei der Klägerin vorliegende Münchhausen-by-proxy-Syndrom stelle eine akute Kindeswohlgefährdung dar, da die Symptome des Kindes mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von ihr gefördert oder hervorgebracht worden seien. Sie habe der Unterbringung beim Kindesvater nicht zugestimmt. 18Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - entschied das Familiengericht, dass der Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 00.00.0000 - der vom Verfahren 00 F 00/19 abgetrennt worden war - zurückgewiesen werde. Hinsichtlich der begehrten Herausgabe des Kindes mangele es an einem alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrecht der Klägerin. Auch für den hilfsweise gestellten Antrag auf Einräumung eines angemessenen Umgangsrechts fehle ein Eilbedürfnis. 19Mit seiner fachpsychologischen Stellungnahme vom 00.00.0000 führte der von der Klägerin beauftragte Diplom-Psychologe Prof. E. . U. zusammengefasst aus, dass das Gutachten des Herrn W3. an gravierenden Mängeln leide und kaum verwertbar sei. 20Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/18 - setzte das Familiengericht ein Ordnungsgeld gegen die Klägerin fest, weil sie den Umgang des Kindesvaters nicht gewährte. 21Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - übertrug das Familiengericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind auf Antrag des Vaters vom 00.00.0000 an diesen. Im Übrigen wurde die gemeinsame elterliche Sorge beibehalten. 22Mit Beschluss vom 00.00.0000- 00 F 00/19 - billigte das Familiengericht den Umgangsvergleich der Beteiligten vom 00.00.0000. Unter anderem wurde die Vereinbarung getroffen, dass K. B1. die Wochenenden jeder ungeraden Kalenderwoche bei der Klägerin verbringe. 23Am 00.00.0000 erließ das Familiengericht im Verfahren 00 F 00/19 einen Beschluss, dass unter Hinweis auf die Entscheidung im Verfahren 00 F 00/19 von Maßnahmen nach § 1666 BGB abgesehen werde. Auf die daraufhin von der Klägerin erhobene Beschwerde entschied das Oberlandesgericht I1. mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 UF 00/20 -, dass die Beschwerde der Klägerin verworfen werde. 24Am 00.00.0000 erklärte die Klägerin telefonisch gegenüber dem Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtages, dass die Symptome bei ihrem Sohn bis heute wiederkehrend aufträten. Dieser wandte sich daraufhin am nächsten Tag an das zuständige Ministerium, das sich mit dem Beklagten in Verbindung setzte. 25Mit Bericht des Kinderarztes E. . G1. vom Klinikum M2. E2. vom 00.00.0000 wurden nach einer vom Jugendamt veranlassten Untersuchung des Jungen am 00.00.0000 als Diagnosen „Rezidivierende perianale Dermatitiden“ und „Zum Ausschluss sex. Übergriff“ benannt. Es gebe keine sonstigen Auffälligkeiten, insbesondere keine Rhagaden, alte Narben oder sonstigen trophischen Veränderungen. Der Verdacht einer Streptokokken-Dermatitis habe sich in Q. nicht erhärten lassen. Die Konsultation der ärztlichen Beratungsstelle in C3. sei sinnvoll. Tatsächlich bestehe ein starker anamnestischer Hinweis auf einen sexuellen Missbrauch des Kindes. Eine gewisse Observation der Gesamtsituation sei durchaus sinnvoll. 26Mit Beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 UF 00/19 - wies das Oberlandesgericht I. die von der Klägerin gegen den Beschluss vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 - erhobene Beschwerde zurück und übertrug dem Vater zusätzlich die Gesundheitsfürsorge für das Kind. In der Entscheidung wurde unter anderem dargelegt, dass der Vater als geeignet zur Pflege und Erziehung des Kindes anzusehen sei. Es seien keine greifbaren Anhaltspunkte für einen sexuellen Missbrauch des Kindes ersichtlich. Die perianale Entzündung im 00.00.0000 sei auf Streptokokken und die Entzündung im 00.00.0000 auf Staphylokokken zurückzuführen. Es gebe bislang keine Erkenntnisse zu den Ursachen der geringgradigen Rötung und der festgestellten Rhagaden am 00.00.0000. Anhaltspunkte für eine anhaltende Entzündung gebe es nicht. Auch die vom Jugendamt ohne Wissen des Vaters arrangierte Untersuchung des Kindes am 00.00.0000 in der Kinderklinik M2. habe keine Auffälligkeiten ergeben. Zudem sei eine (diskrete) Rötung des Anus von der Kinderärztin auch in der umgangsfreien Zeit am 00.00.0000 festgestellt worden. Das Kind habe sich bei seinem Vater gut entwickelt. Nach dem Kindergartenbericht aus 00.00.0000 sei ein Einnässen dort nicht mehr beobachtet worden. Die Klägerin sei grundsätzlich erziehungsgeeignet. Etwas anderes lasse sich auch dem Gutachten des Sachverständigen W3. nicht entnehmen. Insbesondere gehe der Senat nicht davon aus, dass sie an einem Münchhausen-by-proxy-Syndrom leide. Der Vorrang des Vaters ergebe sich unter anderem wegen seiner besseren Bindungstoleranz. Das Kind habe zu beiden Elternteilen eine enge Bindung. Der Einholung weiterer Gutachten bedürfe es nicht. Die dagegen von der Klägerin erhobene Anhörungsrüge und Gegenvorstellung wurden mit Beschluss vom 00.00.0000 zurückgewiesen. 27Zur Begründung ihrer beim erkennenden Gericht am 00.00.0000 erhobenen Klage trägt die Klägerin Folgendes vor: 28Die Inobhutnahme ihres Kindes vom 00.00.0000 sei rechtswidrig erfolgt. Ihr Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus Gründen der Rehabilitierung nach einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff. Die Herangehensweise des Gutachters W3. , der bei ihr ungefragt ein Münchhausen-by-proxy-Syndrom festgestellt habe, sei völlig inakzeptabel und unwissenschaftlich. Sie beziehe sich dazu maßgeblich auf das Privatgutachten des Prof. E. . U. vom 00.00.0000. Sie habe ein Recht auf die Feststellung, dass es sich dabei um eine Fehldiagnose handele, und nehme Bezug auf den Bericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie M3. vom 00.00.0000. Das Familiengericht habe das im Verfahren 00 F 00/19 selbst eingeholte Gutachten im Gegensatz zum Jugendamt nicht verwertet und auch keinen Anlass für Eilmaßnahmen gesehen. Auch das Oberlandesgericht I. gehe davon aus, dass sie nicht an einem Münchhausen-by-proxy-Syndrom leide. Die schweren qualitativen Mängel des Sachverständigengutachtens seien auch für das Jugendamt, das sich bei der Inobhutnahme darauf gestützt und unter anderem hinsichtlich ihrer befürchteten Reaktion auf das Gutachten reine Mutmaßungen angestellt habe, unschwer zu erkennen gewesen. Die internen Veranlassungsgründe für die Inobhutnahme stimmten nicht mit den gegenüber dem Familiengericht angegebenen Gründen überein. Ungeachtet dessen lasse sich dem Gutachten eine akute Kindeswohlgefährdung, die ein sofortiges Handeln des Jugendamtes erfordert hätte, nicht entnehmen, zumal der Sachverständige unbegleitete Besuchswochenenden mit ihr vorgeschlagen habe. Zudem habe seitens des Jugendamtes vor der Inobhutnahme keine sozialpädagogische Krisenintervention stattgefunden. Es habe gegen zahlreiche Vorschriften - unter anderem §§ 8a, 50 SGB VIII - sowie gegen die eigenen Handlungsleitlinien in Fällen einer Kindeswohlgefährdung verstoßen. Das Jugendamt habe Gespräche mit ihr abgelehnt, obwohl sie zu einer Zusammenarbeit grundsätzlich bereit sei. Auch erbetene Hilfeplangespräche hätten nicht stattgefunden. Die Maßnahme sei zudem unverhältnismäßig. Ferner habe das Jugendamt vor der Inobhutnahme keine familiengerichtliche Entscheidung beantragt, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. Eine Klärung im bereits anhängigen familiengerichtlichen Verfahren hätte abgewartet werden müssen, zumal noch Fristen zur Stellungnahme zum Gutachten gelaufen seien. Das Jugendamt habe ohne eine Ermächtigungsgrundlage - § 42 SGB VIII sei nicht einschlägig - gehandelt und amtsanmaßend eine gerichtliche Entscheidung nach § 1671 BGB ersetzt. Die Entscheidung des Jugendamtes zur Inobhutnahme sei unmittelbar nach Erhalt des 150-seitigen Gutachtens des Herrn W3. am 00.00.0000 zur Mittagszeit gefallen, sodass es das Gutachten offenbar nicht vollständig gelesen habe. Die nötige Abklärung durch qualifizierte Fachkräfte habe nicht stattgefunden. Das in diesem Fall nicht neutral eingestellte Jugendamt habe offenbar dem Kindesvater einen Vorteil verschaffen wollen, denn anders sei die Beendigung der Inobhutnahme am Folgetag - gemeint: am selben Tag - nicht zu erklären. Die Maßnahme sei auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil das Jugendamt ursprünglich sogar eine Strafanzeige gegen den Kindesvater erstattet habe und von einer sicheren Bindung des Kindes an sie - die Klägerin - ausgegangen sei. Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Inobhutnahme verweise sie auch auf ihren an das Oberlandesgericht I. (00-00 UF 00/19) gerichteten Schriftsatz vom 00.00.0000 zur Begründung ihrer Anhörungsrüge. Ihr Versuch, in der Vergangenheit eine Klärung der ärztlich dokumentierten Entzündungen und der Aussagen ihres Jungen herbeizuführen, sei daran gescheitert, dass sich der Kindesvater zwei Mal geweigert habe, mit ihr eine Beratungsstelle aufzusuchen. Sie habe lediglich einmal am 00.00.0000 einen Umgang des Kindes mit seinem Vater verweigert, weil der ausschließlich von sachkundigen Dritten aufgeworfene Missbrauchsverdacht noch im Raum gestanden habe und sie kurzfristig überrumpelt worden sei. Der Vorwurf, sie sei bindungsintolerant, sei falsch, was durch die unerschütterte Beziehung des Kindes zu seinem Vater belegt werde. Sie habe lediglich jeweils zwei Ärzte und Beratungsstellen konsultiert und ihren Sohn nicht wöchentlich zu einer ärztlichen Untersuchung vorgestellt. Nach den Feststellungen einer Erzieherin von 00.00.0000 habe K. B1. nach der Unterbringung bei seinem Vater wieder vermehrt eingenässt. Die Sichtweise des Kindesvaters, dass K. B1. keine Auffälligkeiten zeige und sich seit der Herausnahme gut entwickelt habe, stehe im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen der C4. B2. C5. gegen W4. und N1. von L2. e.V. vom 00.00.0000 nach zwölf Diagnostikterminen. Die Angst vor einem Drachen in Verbindung mit Schmerzen am Anus sei nach wie vor ein Belastungsthema für den Jungen. Seine Rückkehr in ihren Haushalt entspreche dem Kindeswohl. Wie eine Akteneinsicht bei der Behörde ergeben habe, habe das Jugendamt dem erkennenden Gericht keine vollständigen Verwaltungsvorgänge, die ihr Kind und sie selbst beträfen, überreicht. 29Ferner sei im Zusammenhang mit der Inobhutnahme gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen worden. Insoweit verweise sie auf die Stellungnahme des Sachverständigen H. für Datenschutz vom 00.00.0000. 30Auch die kindeswohlgefährdende Vorstellung ihres Sohns am 00.00.0000in der Klinik E2. durch das Jugendamt während eines laufenden familiengerichtlichen Beschwerdeverfahrens sei ungekündigt und unter Anmaßung von richterlichen Kompetenzen erfolgt. Dies sei gezielt manipulativ geschehen, sodass das Ergebnis quasi vorprogrammiert gewesen sei. Auch insoweit habe sich der Beklagte kindeswohlschädlich verhalten. 31Ebenso wenig hätten die Voraussetzungen für die kindeswohlgefährdende Einleitung und Fortführung des Verfahrens nach § 8a SGB VIII durch das Jugendamt im 00.00.0000 vorgelegen. Es verwundere sie - die Klägerin -, dass der Anlass für dieses Verfahren laut Jugendamt ein Schriftsatz gewesen sein solle, den sie dem Oberlandesgericht I. unter anderem mit Tatsachenvortrag übermittelt habe. 32Die Klägerin hat ursprünglich in ihrer Klageschrift beantragt, 33festzustellen, dass die Inobhutnahme des Kindes der Klägerin K. B1. W1. , geb. am 00.00.0000, vom 00.00.0000 rechtswidrig ist, und die Beklagte dazu zu verpflichten, das Kind umgehend an die Kindesmutter herauszugeben. 34Mit Schriftsatz vom 00.00.0000 hat die Klägerin zudem beantragt, 35festzustellen, dass aus dem Sachverständigengutachten K1. W3. vom 00.00.0000, der Kindesmutter kenntlich gemacht am 00.00.0000, nicht hergeleitet werden kann, dass die Kindesmutter am Münchhausen-by-proxy-Syndrom erkrankt ist und es sich somit um eine Falschdiagnose des Sachverständigen W3. handelt, 36Am 00.00.0000 hat die Klägerin mit der Formulierung „Erweitere ich meinen Antrag…“ beantragt 37die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung in dem hier angefochtenen Verwaltungsakt gemäß Artikel 79 DSGVO. 38Mit Schriftsatz vom 00.00.0000 hat die Klägerin mit dem Zusatz „… wird der Klageantrag … neu gefasst …“ beantragt, 391. festzustellen, dass die am 00.00.0000 durch das Jugendamt des Beklagten erfolgte „Inobhutnahme“ des am 00.00.0000 geborenen Kindes K. B1. W1. rechtswidrig war und sie in ihren Rechten verletzte, 40und im Wege der Klageerweiterung beantragt, 412. festzustellen, dass die Vorstellung des am 00.00.0000 geborenen Kindes K. B1. W1. am 00.00.0000 bei der Kinderklinik M2. durch das Jugendamt des Beklagten rechtswidrig war, 423. festzustellen, dass das beim Jugendamt des Beklagten laufende, im 00.00.0000 nach § 8a SGB VIII eingeleitete Verfahren betreffend K. B1. W1. , geboren am 00.00.0000, rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. 43In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, sie verfolge lediglich die mit Schriftsatz vom 00.00.0000 angekündigten Anträge weiter. Sie beantragt nunmehr, 441. festzustellen, dass die am 00.00.0000 durch das Jugendamt des Beklagten erfolgte Inobhutnahme des am 00.00.0000 geborenen Kindes K1. B1. W1. rechtswidrig war, 452. festzustellen, dass die veranlasste Vorstellung des am 00.00.0000 geborenen Kindes K. B1. W1. am 00.00.0000 bei der Kinderklinik M2. durch das Jugendamt des Beklagten rechtswidrig war, und 463. festzustellen, dass das beim Jugendamt des Beklagten laufende im T4. 0000 nach § 8a SGB VIII eingeleitete Verfahren betreffend K. B1. W1. , geb. am 00.00.0000, rechtswidrig war. 47Der Beklagte beantragt, 48die Klage abzuweisen. 49Nach seiner Auffassung sei die Fortsetzungsfeststellungsklage mangels eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses bereits unzulässig. Unabhängig davon habe im Zeitpunkt der Inobhutnahme eine dringende Gefährdung des Kindeswohls bestanden. Anhaltspunkte für eine Nichteignung des Gutachters W3. , mit dem das Familiengericht bislang gute Erfahrungen gemacht habe, hätten nicht vorgelegen. Aufgrund der vom Gutachter diagnostizierten Erkrankung der Klägerin und festgestellten Erziehungsunfähigkeit sowie der von ihr gezeigten Verhaltensweisen sei zu befürchten gewesen, dass sie nach Kenntnis des Gutachtens überkompensieren und das Kind weiter schädigen würde. Die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes habe sich am 00.00.0000 nach Erhalt des Gutachtens umgehend mit zwei weiteren Fachkräften zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos beraten. Sie seien gemeinsam zu dem Ergebnis gelangt, dass allein die Feststellungen des Sachverständigen ausgereicht hätten, um K. B1. in Obhut zu nehmen und zum Kindesvater zu bringen. Die von der Klägerin immer wieder gegen den Kindesvater erhobenen Anschuldigungen seien nicht durch Tatsachen belegt. Ihr Verhalten, den Anus ihres Kindes zum Nachweis der von ihr behaupteten sexuellen Übergriffe des Kindesvaters fast wöchentlich ärztlich untersuchen zu lassen, sei kindeswohlgefährdend. Dies habe zu panischen Reaktionen des Kindes auf Arztbesuche geführt, sodass eine Untersuchung im Krankenhaus nur nach einer Sedierung habe erfolgen können. Hinzu komme, dass die Klägerin seit der Trennung vom Kindesvater immer wieder versucht habe, dessen Umgangskontakte mit dem Kind z. B. aus dem Grund zu unterbinden, dass sich der Junge bei einem Besuch beim Vater mit einer nicht der Witterung entsprechenden Kopfbedeckung im Freien aufgehalten habe. Das Oberlandesgericht I. habe der Klägerin zusätzlich zum Aufenthaltsbestimmungsrecht auch die Gesundheitssorge für das Kind entzogen. Ihr Sohn habe sich seit der Unterbringung bei seinem Vater positiv entwickelt. Das Jugendamt sei in dem Fall nie voreingenommen gewesen. Eine sozialpädagogische Krisenintervention vor der Inobhutnahme oder das Abwarten auf die Klärung durch das Familiengericht, das am 00.00.0000 darüber informiert worden sei, sei nicht nötig gewesen. Die Klägerin allein habe durch ihr Verhalten Veranlassung für die Erstattung der Strafanzeige gegeben. Das Privatgutachten des Prof. E. . U. vom 00.00.0000 sei ungeachtet der Frage seiner Richtigkeit schon deshalb unbeachtlich, weil es im maßgeblichen Zeitpunkt der Inobhutnahme nicht vorgelegen habe. Gleiches gelte für den Bericht der B2. C5. gegen W4. und N1. von L2. e.V. vom 00.00.0000, der im Übrigen eine Reihe von - näher benannten - Unstimmigkeiten und Unklarheiten aufweise. 50Die Vorstellung des Kindes in der Kinderklinik M2. am 00.00.0000 sei ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Nachdem das Jugendamt Kenntnis von der Petition der Klägerin und deren Inhalt erlangt habe, habe es umgehend ein Verfahren nach § 8a SGB VIII zur Überprüfung einer Kindeswohlgefährdung eingeleitet, den Arzttermin vereinbart und den Kindesvater am 00.00.0000 telefonisch gebeten, den Termin mit K. B1. wahrzunehmen. Da der Arzt keine Verletzungen/Entzündungen im Analbereich des Kindes habe feststellen können, sei das Verfahren beendet worden. Die Klageerweiterung sei im Hinblick darauf, dass das Jugendamt dem von der Klägerin selbst erhobenen Verdacht nachgegangen sei, nicht verständlich. 51Ebenso sei im 00.00.0000 rechtmäßig ein Verfahren nach § 8a SGB VIII eingeleitet worden. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin beim Oberlandesgericht I. vorgetragen habe, es komme seit dem Wechsel ihres Kindes in den väterlichen Haushalt weiterhin zu Auffälligkeiten des Jungen und Entzündungen am After, und Lichtbilder vom Analbereich ihres Kindes vorgelegt habe. Den Gesprächstermin beim Jugendamt am 00.00.0000 habe sie nicht wahrgenommen. Um eine Kindeswohlgefährdung durch das ständige Fotografieren abzuwenden, habe eine Schutzvereinbarung abgeschlossen werden sollen. Diese sei von der Klägerin nicht unterschrieben worden. Wegen ihrer schriftlichen Erklärung, dass sie zukünftig keine Fotos mehr von ihrem Jungen anfertigen werde, sei das Verfahren beendet gewesen. Dass das Jugendamt im Rahmen der Gefährdungseinschätzung angesichts der schweren Anschuldigungen zunächst Gespräche mit den Mitarbeitern der L. geführt habe, entspreche der üblichen Vorgehensweise. Der Kindesvater sei vor der Klägerin informiert worden, weil er das Jugendamt wegen der von der Klägerin gegen ihn erhobenen massiven Vorwürfe um eine Klärung gebeten habe. 52Mit Beschluss vom 00.00.0000 hat die Kammer das Verfahren hinsichtlich der von der Klägerin begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung im angegriffenen Verwaltungsakt abgetrennt und an die dafür zuständige 00. Kammer abgegeben. Aufgrund der klägerischen Mitteilung vom 00.00.0000, dass es sich bei den gerügten Datenschutzverstößen nicht um einen eigenständigen Klageantrag, sondern lediglich um ein Element der Klagebegründung handele, ist das Verfahren (00 K 00/21) als auf sonstige Weise erledigt eingestuft worden. 53Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens (bis zur mündlichen Verhandlung 548 Seiten), der beigezogenen Akten des Familiengerichts zum Verfahren 00 F 00/19 (zwei Bände mit insgesamt 503 Seiten) sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (zwei Bände mit insgesamt 273 Seiten) verwiesen. 54Entscheidungsgründe: 55Das Verfahren war einzustellen, soweit die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der mit Klageerhebung am 00.00.0000 zunächst auch beantragten Verpflichtung des Beklagten, das Kind umgehend an sie herauszugeben, sinngemäß zurückgenommen hat. Gleiches gilt für die von der Klägerin in der Sitzung entsprechend erklärte Rücknahme ihres auf die Feststellung gerichteten Klageantrags vom 00.00.0000, dass der Sachverständige W3. bei ihr fälschlicherweise das Münchhausen-by-proxy-Syndrom diagnostiziert habe (§ 92 Abs. 3 VwGO). 56Soweit die Klage noch anhängig ist, hat sie nur teilweise Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass die am 00.00.0000 erfolgte Inobhutnahme des Kindes K. B1. durch das Jugendamt rechtswidrig war (1.). Im Übrigen war die Klage hinsichtlich der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit von anderweitigem Verwaltungshandeln des Jugendamtes - Veranlassung der Vorstellung des Kindes beim Klinikum M2. E2. am 00.00.0000 (2.) und Durchführung eines im 00.00.0000 eingeleiteten Verfahrens nach § 8a SGB VIII (3.) - abzuweisen. 571. Soweit die Klägerin ihren in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag zu 1. weiter aufrechterhalten hat, geht das Gericht zu ihren Gunsten davon aus, dass es sich bei der mit Schriftsatz vom 00.00.0000 formulierten und von ihr als maßgeblich erklärten Neufassung ihres ursprünglichen Antrags nicht um eine objektive Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO, sondern lediglich um die Klarstellung des von Anfang an Gewollten handelt. Namentlich nimmt die Kammer an, dass die Klägerin, die nach dem Wortlaut ihrer Klageschrift vom 00.00.0000 zunächst die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer noch andauernden Inobhutnahme („rechtswidrig ist“) beantragt hat, von vornherein die Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit der Herausgabe des Kindes an den sorgeberechtigten Vater nach § 42 Abs. 4 Nr. 1 SGB VIII bereits am 00.00.0000 beendeten Inobhutnahme („rechtswidrig war“) begehrt hat. Denn nach dem sog. Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung ist im Zweifelsfall anzunehmen, dass das Rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig ist. Dass die Klägerin schon im Zeitpunkt der Klageerhebung anwaltlich vertreten war, ist unbeachtlich, weil der vorbezeichnete Grundsatz auch bei von rechtskundigen Prozessvertretern abgegebenen Prozesserklärungen zur Anwendung kommt. 58So grundlegend in ständiger Rechtsprechung BFH, u.a. Urteile vom 19. April 2007 - IV R 28/05 -, juris Rn. 18 f., und vom 25. Juni 2014 - I R 29/13 -, juris Rn. 12, jeweils m. w. N.; siehe zum obigen Grundsatz ferner BayLSG, Beschluss vom 23. September 2020 - L 11 SF 263/20 AB -, juris Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 4 B 813/18 -, juris Rn. 19 ff. 59Die so verstandene Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig - a) - und begründet - b) -. 60a) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist für - wie hier - vorprozessual erledigte Verwaltungsakte analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. 61Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 6 C 7/98 -, juris Rn. 20 ff., und Urteil vom 25. Juli 2007 - 6 C 39/06 -, juris Rn. 23. 62Sie ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse gegeben. 63Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht in den Fällen, in denen sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. 64Ein berechtigtes ideelles Interesse in Form einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern. Die Schwelle wird erst mit dem konkreten personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten. 65Vgl. jeweils im Zusammenhang mit einer glücksspiel-rechtlichen Untersagung BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 -, juris Rn. 24, und vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris Rn. 25; im Zusammenhang mit einer Inobhutnahme unter Bezugnahme auf diese Entscheidungen OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2015 - 12 A 1787/15 -, juris Rn. 11. 66Nach der jüngeren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen kann ein Rehabilitationsinteresse nicht offensichtlich ausgeschlossen werden, wenn die Inobhutnahme von L2. - jedenfalls wenn sie mit der Herausnahme der Kinder aus öffentlichen Einrichtungen (Kindergarten, Schule) einhergeht - eine gewisse Außenwirkung hat und dem Ansehen des oder der Sorgeberechtigten in der Öffentlichkeit und im sozialen Umfeld nicht zuträglich ist. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dürfte in Fällen dieser Art jedenfalls in Bezug auf den mit einer Inobhutnahme einhergehenden erheblichen Grundrechtseingriff in das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Elternrecht nicht ohne weiteres zu verneinen sein. 67Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. März 2019 - 12 E 805/18 -, juris Rn. 6, und Beschluss vom 24. August 2020 - 12 E 123/19 -, juris Rn. 9; demgegenüber kritisch im Falle eines kurzen Zeitraums zwischen Inobhutnahme und deren Erledigung in nur vier Stunden Hess. VGH, Urteil vom 8. September 2020 - 10 A 82/19 -, juris Rn. 33. 68Daran gemessen ist hier ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin zu bejahen. Zwar ist eine Stigmatisierung ihrer Person, die zudem noch fortbestehen muss, zweifelhaft. Denn die Inobhutnahme von K. B1. wurde am 00.00.0000 durch das Jugendamt intern in der L. M1. abgewickelt und der Junge sodann - nach relativ kurzer Zeit - seinem sorgeberechtigten Vater übergeben. Laut dem Vermerk einer Erzieherin vom 00.00.0000 saß diese mit der Klägerin in einem anderen Raum der Kindestagesstätte und eröffnete ihr die Maßnahme; die Gesprächsatmosphäre war demnach ruhig, sodass die Inobhutnahme kaum bzw. kein Aufsehen erregt haben dürfte. Die Abholung des Kindes von der L. durch seinen Vater war zudem nichts Ungewöhnliches, weil bereits dessen Umgangskontakte mit K. B1. auf diese Weise bewerkstelligt wurden. Der Klägerin wurde vom Jugendamt auch kein schuldhaft-kriminelles Verhalten vorgeworfen, sondern auf einem angenommenen Münchhausen-by-proxy-Syndrom beruhende und somit krankheitsbedingte Verhaltensweisen. Dass sich die vom Jugendamt unterstellte Diagnose in der Öffentlichkeit verbreitete, ist jedenfalls in erster Linie auf die Klägerin selbst zurückzuführen, weil sie sich nicht nur an zahlreiche Personen und Institutionen wie unter anderem Ärzte, Gerichte und Beratungsstellen - die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind -, sondern auch an die Presse und das Fernsehen wandte. Jedoch nimmt die Kammer im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu Gunsten der Klägerin das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf den tiefgreifenden Eingriff in ihr durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschütztes Elternrecht an. 69b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Die Inobhutnahme des Kindes K. B1. durch das Jugendamt vom 00.00.0000 war rechtswidrig und hat die Klägerin in ihren Rechten verletzt. 70Nach § 8a Abs. 2, § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhut-nahme erfordert und, sofern - wie im vorliegenden Fall - ein Personensorgeberechtigter widerspricht, eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. Die genannten Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht sämtlich erfüllt. 71Eine Gefahr im kinder- und jugendhilferechtlichen Sinn liegt - wie im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht - dann vor, wenn im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung im Rahmen der prognostischen ex-ante-Betrachtung bei ungehinderten Ablauf des zu erwartenden Geschehens der Eintritt des Schadens hinreichend wahrscheinlich ist. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit verlangt einerseits nicht Gewissheit, dass der Schaden eintreten wird. Andererseits genügt die bloße Möglichkeit eines Schadenseintritts grundsätzlich nicht zur Annahme einer Gefahr. Dabei ist allerdings zu beachten, dass hinsichtlich des Grades der Wahrscheinlichkeit insbesondere mit Blick auf das betroffene Schutzgut differenziert werden muss: Je größer und folgen-schwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist, umso geringer sind die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit zu stellen sind. Wo es um den Schutz besonders hochwertiger Schutzgüter geht, kann deshalb auch schon eine entfernte Möglichkeit eines Schadens die begründete Befürchtung seines Eintritts auslösen. Von letzterem ist im Jugendhilferecht regelmäßig auszugehen. 72Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Dezember 2017 - 12 B 1553/17 -, juris Rn. 11, vom 7. November 2007 - 12 A 635/06 -, juris Rn. 9, und vom 27. Februar 2007 - 12 B 72/07 -, juris Rn. 30 ff., jeweils m. w. N. 73Eine Gefahr für das Kindeswohl liegt vor, wenn eine Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraus-sehen lässt; typische Anwendungsfälle sind Kindesmisshandlung, sexuelle Gewalt und W4. . 74Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Oktober 2019 - 12 B 448/19 -, juris Rn. 17, vom 20. Dezember 2016 - 12 B 1262/16 -, juris Rn. 17, und vom 8. November 2006 - 12 B 2077/06 -, juris Rn. 10, m. w. N. 75Der Umstand, dass die Inobhutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII das Vorliegen einer "dringenden" Gefahr voraussetzt, begründet für den anzuwendenden Gefahrenbegriff keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen. Eine "dringende Gefahr" besteht zwar nicht schon bei einer "bevorstehenden" oder "drohenden" Gefahr, aber auch nicht erst bei einer "unmittelbar bevorstehenden Gefahr". 76Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Oktober 2019 - 12 B 448/19 -, juris Rn. 19, und vom 7. November 2007 - 12 A 635/06 -, juris Rn. 13, m. w. N. 77Die Annahme einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl muss jedoch durch konkrete Tatsachen gerechtfertigt sein, wobei das Jugendamt im Rahmen des Möglichen zu prüfen hat, ob die Hinweise, die auf eine solche Gefahr schließen lassen, zutreffend sind. 78Vgl. BayVGH, Beschluss vom 9. Januar 2017 - 12 CS 16.2181 -, juris Rn. 12; Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2018 (Stand: 15. Dezember 2020), § 42 Rn. 79. 79Daran gemessen lag hier im maßgeblichen Zeitpunkt der Inobhutnahme am 00.00.0000 keine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes K. B1. vor. 80Das Jugendamt stützte sich, wie sich aus seinem Schreiben an das Familiengericht vom 00.00.0000 ergibt, bei der Inobhutnahme des Jungen maßgeblich auf das vom Familiengericht im Verfahren 00 F 00/19 eingeholte Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Diplom-Sozialpädagoge W3. vom N. J1. für forensische Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters, das das Datum „ 00.00.0000“ trägt und dem Jugendamt am 00.00.0000 vorlag. Das Jugendamt ging davon aus, dass der Gutachter bei der Klägerin das sog. Münchhausen-by-proxy-Syndrom festgestellt habe, weil diese ihr Kind überobligatorisch häufig Ärzten zum Zwecke der Untersuchung von Rötungen seines Analbereichs vorgestellt habe. Dieses Syndrom geht mit dem Erfinden, Übersteigern oder tatsächlichen Verursachen von Krankheiten oder Symptomen bei Dritten, mehrheitlich L2. einher, meist um anschließend eine medizinische Behandlung zu verlangen und/oder um selbst die Rolle eines scheinbar liebe- und aufopferungsvollen Pflegenden zu übernehmen. Dabei handelt es sich um eine subtile Form der Kindesmisshandlung, die bis zum Tod des Opfers führen kann. Die Täter - 90 bis 95 % sind Frauen - sind meistens die leiblichen Mütter. 81Vgl. „Artifizielle Störungen: Rätselhaft und gefährlich“ von September 2010, https://www.aerzteblatt.de. 82Ferner nahm das Jugendamt an - was ebenfalls aus seinem Schreiben an das Familiengericht vom 00.00.0000 hervorgeht -, dass die Symptome bei dem Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Klägerin selbst gefördert oder hervorgebracht worden seien. Zudem wurde befürchtet, dass die Klägerin nach Sichtung des Gutachtens des Herrn W3. überreagieren und das Kind weiter schädigen könnte. Hinzu kommt, dass nach den Darlegungen des Jugendamtes in der mündlichen Verhandlung auch die Vorgeschichte in die Entscheidung eingeflossen sei. Demnach sei der Klägerin daran gelegen gewesen, den Umgang des Kindesvaters mit dem Jungen zu verhindern. Die Situation habe sich im Laufe der Zeit zugespitzt. Außerdem hätten die behandelnden Ärzte der Kinderklinik des T2. . W2. -L1. Q. telefonisch erklärt, dass ihre ursprüngliche Einschätzung zu einem sexuellen Missbrauch des Kindes im Wesentlichen auf den Angaben der Klägerin beruht habe; beim zweiten stationären Aufenthalt des Jungen habe sich ein Arzt im Rahmen eines Telefonats zu einem etwaigen sexuellen Missbrauch deutlich kritischer geäußert. Die von der Klägerin erwähnten Äußerungen ihres Kindes, die auf einen solchen Missbrauch hingedeutet hätten, seien nie gegenüber Dritten wie z. B. den Erzieherinnen gefallen; auch die körperlichen Symptome des Jungen seien nur bei der Klägerin aufgetreten. Des Weiteren sei der Kontakt des Kindes mit seinem Vater, dessen Strafverfahren am 00.00.0000 abgeschlossen gewesen sei, vom Jugendamt als herzlich und deutlich unproblematischer wahrgenommen worden, beispielsweise was das Verzehren von süßen Nahrungsmitteln anbelange. In der Gesamtschau habe das Jugendamt daher nach Erhalt des Gutachtens ein schnelles Einschreiten noch am selben Tag für geboten gehalten. 83Diese Annahmen des Jugendamtes vermögen die Inobhutnahme des Kindes K. B1. indes nicht zu tragen. Dabei kann offen bleiben, ob das letztlich den Ausschlag für diese Maßnahme gebende Gutachten des Herrn W3. - wie der von der Klägerin beauftragte Diplom-Psychologe Prof. E. . U. in seiner fachpsychologischen Stellungnahme vom 00.00.0000 im Einzelnen monierte - tatsächlich an schwerwiegenden Mängeln leidet und deshalb kaum bzw. nicht zu verwerten ist. Denn nach Ansicht des Gerichts lässt sich jedenfalls diesem Gutachten eine gesicherte Diagnose eines Münchhausen-by-proxy-Syndroms bei der Klägerin nicht entnehmen, wenngleich zu Gunsten des Jugendamtes zu konzedieren ist, dass das Gutachten mitunter die wünschenswerte Klarheit vermissen lässt. Der Sachverständige äußerte lediglich einen Verdacht, indem er ausführte, dass das Vorliegen eines Münchhausen-by-proxy-Syndroms bei der Klägerin, deren Erziehungsfähigkeit und Bindungstoleranz - im Gegensatz zum Kindesvater - in erheblicher Weise eingeschränkt sei, „fraglich“ bzw. „möglich“ sei (S. 128 f.) bzw. dass für dieses Syndrom „durchaus“ „Warnhinweise“ zu erkennen seien (S. 138). Diese Sichtweise der Kammer deckt sich mit der Auffassung des Oberlandesgerichts I. im Beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 UF 00/19 -, mit dem die Beschwerde der Klägerin gegen die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind auf dessen Vater (Beschluss des Familiengerichts vom 00.00.0000 - 00 F 00/19 -) zurückgewiesen und dem Vater überdies die Gesundheitsfürsorge für K. B1. zur alleinigen Ausübung übertragen wurde. Der Senat gelangte nach Auswertung des Gutachtens zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nicht an einem Münchhausen-by-proxy-Syndrom leide und auch grundsätzlich erziehungsgeeignet sei. Deshalb kann auch dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin eingeholten - sehr knapp gehaltenen Stellungnahmen - der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie M3. vom 00.00.0000 und der Diplom-Psychologin S2. vom 00.00.0000 aussagekräftig sind, wonach bei der Klägerin keine behandlungsbedürftige psychische Krankheit, sondern lediglich eine Belastungsreaktion wegen der erfolgten Inobhutnahme ihres Kindes vorliege. 84Ebenso wenig geht aus dem vom Jugendamt als maßgeblich eingestuften Gutachten des Herrn W3. deutlich hervor, dass eine akute Kindeswohlgefährdung und ein sofortiger Handlungsbedarf für eine Herausnahme des Jungen aus dem mütterlichen Haushalt bestanden. Zwar heißt es gegen Ende des Gutachtens (Seite 145), dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind dem Vater zu übertragen sein „dürfte“ und der Lebensmittelpunkt des Jungen nun „zwingend“ wechseln sollte. Zugleich sprach sich der Gutachter aber - unter gewissen Bedingungen - für Besuchskontakte des Kindes mit der Klägerin an jedem zweiten Wochenende aus. Dass die auf Veranlassung der Klägerin nach Aktenlage seit F1. 0000 relativ oft durchgeführten ärztlichen Untersuchungen des lediglich vereinzelt geröteten Anus ihres seinerzeit etwa vierjährigen Kindes, die teilweise nur unter Sedierung erfolgen konnten, nicht uneingeschränkt dem Kindeswohl dienten, liegt - wie bereits das Oberlandesgericht I. darlegte - auf der Hand. Davon ging auch der Gutachter W3. aus („… erscheint sicherlich eher kindeswohlfeindlich als kindeswohldienlich zu sein …“, S. 146, „ausgesprochen kindeswohlschädlich“, „erhebliche Kindeswohlbeeinträchtigung“, S. 147). Jedoch lässt sich ein Umkehrschluss, dass die relativ häufigen Inspektionen des Analbereichs eine dringende Gefahr für das Kindeswohl im Sinne des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII begründeten, daraus nicht ohne weiteres ziehen. Daher kann es auch auf sich beruhen, ob der Vortrag der Klägerin zutreffend ist, dass ihr zu dieser Vorgehensweise von Fachleuten und Kinderärzten geraten worden sei. Die Auffassung der Kammer wird auch dadurch gestützt, dass die für das Verfahren 00 F 00/19 zuständige und mit dem Fall auch aus den anderen zahlreichen familiengerichtlichen Verfahren vertraute S. am Amtsgericht nach Eingang des Gutachtens am 00.00.0000 keine Veranlassung für sofortige Maßnahmen im Hinblick auf das Wohl von K. B1. sah. Denn sie erließ keine einstweilige Anordnung, gab den Beteiligten der Sache mit Verfügung vom 00.00.0000 Gelegenheit zur Stellungnahme mit einer Fristsetzung von zwei Wochen und beraumte unter dem 00.00.0000 einen Verhandlungstermin für den 00.00.0000 an. Auch in der Folgezeit zog die S. am Amtsgericht aus dem Gutachten des Herrn W3. keine für die Klägerin nachteiligen Schlüsse. 85Im Hinblick auf die Vermutung des Jugendamtes, dass die Klägerin die Symptome am Anusbereich ihres Kindes selbst verursacht habe, ergeben sich aus den Akten ebenfalls keine zureichenden Anhaltspunkte. Gleiches gilt für die Besorgnis des Jugendamtes, dass die Klägerin auf die im Gutachten des Herrn W3. getroffenen Feststellungen ihre Person betreffend im Hinblick auf das Wohl des Kindes eskalierend reagieren und dieses (weiter) schädigen könnte. Denn es gibt insbesondere keine Anzeichen von körperlichen Misshandlungen des Kindes durch die Klägerin in der Vergangenheit; vielmehr wird ihr Verhältnis zu ihrem Sohn ausnahmslos - auch vom Jugendamt sowie vom Gutachter W3. - als innig beschrieben. 86Auf die weiteren von der Klägerin thematisierten Gesichtspunkte kommt es nicht mehr an, weil der Streitgegenstand in diesem Verfahren bezüglich des Klageantrags zu 1. lediglich die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme ihres Kindes nach § 42 SGB VIII ist. Dies gilt insbesondere in Bezug auf ihre regelmäßig, auch gegenwärtig noch wiederholten Andeutungen, der Kindesvater missbrauche den Jungen sexuell - was übrigens nach Aktenlage noch nicht einmal ärztlicherseits festgestellt wurde -, sowie in Bezug auf die Ursache der in der Vergangenheit von Ärzten festgestellten Rötungen des Anus ihres Kindes. Die Frage, bei welchem Elternteil K. B1. besser aufgehoben ist, unterliegt nicht der verwaltungsgerichtlichen Prüfungskompetenz. 87Zudem mangelt es vorliegend an der weiteren Voraussetzung § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) SGB VIII, dass vor der Inobhutnahme eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden konnte. Diese Tatbestandsalternative ist zu prüfen, weil die Klägerin als einer der sorgeberechtigten Elternteile der Inobhutnahme ihres Sohnes am 00. und 00.00.0000 widersprach. 88Die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) SGB VIII verdeutlicht, dass die Inob-hutnahme gegenüber familiengerichtlichen Entscheidungen nachrangig ist und des-halb grundsätzlich nur in besonders gelagerten akuten Gefährdungssituationen in Betracht kommt. 89Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. März 2017 - OVG 6 S 8.17 -, juris Rn. 7. 90Die Kompetenz des Jugendamtes nach § 42 SGB VIII ist nach der gesetzlichen Konzeption in Abs. 3 der Vorschrift, die entweder eine unverzügliche familiengerichtliche Entscheidung (Satz 2 bis 4) oder ein unverzügliches Verfahren zur Gewährung von Hilfen (Satz 5, §§ 36 ff. SGB VIII) verlangt, eine enge Notkompetenz bzw. eine Befugnis in Eil- und Notfällen. 91Vgl. VG Schwerin, Urteil vom 3. Juni 2015 - 6 A 719/12 -, juris Rn. 36; Trenczeck, in: Münder u.a., Frankf. Komm. SGB VIII 8. Auflage 2019, § 42 Rn. 1. 92Wenn möglich soll gemäß § 8a Abs. 2 Satz 1 und § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) SGB VIII das in erster Linie zum Eingriff in die elterliche Sorge berufene Familiengericht tätig werden. Nur wenn dies ausgeschlossen ist und seine Entscheidung wegen der Dringlichkeit der Gefahr nicht abgewartet werden kann (§ 8a Abs. 2 Satz 2 SGB VIII), darf das Jugendamt entscheiden und tätig werden. 93Eine familiengerichtliche Entscheidung kann i. S. v. § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII nicht schon dann rechtzeitig, 94vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2015 - 12 E 717/15 -, n. v., 95eingeholt werden, wenn das Familiengericht vor der Inobhutnahme noch hätte angerufen werden können, sondern erst dann, wenn eine familiengerichtliche Entscheidung, und sei es eine einstweilige Anordnung, zur Begegnung der Kindeswohlgefährdung rechtzeitig hätte erwirkt werden können. 96Vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. März 2016 - 6 S 60.15 -, juris Rn. 4. 97Dies zugrunde gelegt stand § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) SGB VIII einer rechtmäßigen Inobhutnahme von K. B1. ebenfalls entgegen. Selbst wenn eine dringende Gefahr für das Kindeswohl vorgelegen hätte, wäre eine familiengerichtliche Entscheidung rechtzeitig vor der Maßnahme zu erreichen gewesen. Nach Aktenlage setzte das Jugendamt das Familiengericht erst am Abend des 00.00.0000 schriftlich von der bereits erfolgten Inobhutnahme in Kenntnis. Soweit eine Jugendamtsmitarbeiterin in der mündlichen Verhandlung erstmalig geltend gemacht hat, sie habe an diesem Tag vor der Durchführung der Inobhutnahme mit der ihr unter anderem aus dem laufenden Verfahren 00 F 00/19 bekannten S. am Amtsgericht telefoniert und ihr von der beabsichtigten Maßnahme berichtet, folgt daraus keine andere Bewertung. Denn die Mitarbeiterin hat den genauen Gesprächsablauf nicht mehr rekonstruieren können. Nach ihrer Erinnerung habe die S. damals sinngemäß geäußert, dass das Jugendamt gemäß seiner Einschätzung handeln solle; ob auch über den vorrangigen Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Familiengericht gesprochen worden sei, wisse sie - die Jugendamtsmitarbeiterin - nicht mehr. 982. Die Klage bleibt ohne Erfolg, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die vom Jugendamt veranlasste Vorstellung des Kindes bei der Kinderklinik M2. am 00.00.0000 rechtswidrig gewesen sei. Diesen Antrag hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 00.00.0000 im Wege einer Klageerweiterung in das Verfahren eingeführt und ihn darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung umformuliert. Ungeachtet der Frage, ob hierfür die Voraussetzungen des § 91 VwGO erfüllt sind, hat die Klägerin jedenfalls keinen Anspruch auf die beantragte Feststellung. Dabei kommt mangels Verwaltungsaktsqualität (§ 35 Satz 1 VwVfG NRW) des von der Klägerin gerügten Verwaltungshandelns nur die allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO in Betracht. 99Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. 100Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der vom Beklagten initiierten Vorstellung des Jungen zum Zwecke seiner ärztlichen Untersuchung im Klinikum M2. E2. um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis in diesem Sinne handelt. Ein solches setzt voraus, dass sich Rechtsbeziehungen - hier zwischen einer juristischen Person und einer natürlichen Person - verdichtet haben. Die bloße Pflicht für eine Behörde, Gesetze zu befolgen und sie nicht zu übertreten, bildet für sich allein kein Rechtsverhältnis. 101Vgl. Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 43 Rn. 7 und 10. 102Die Bedenken der Kammer resultieren daraus, dass das Jugendamt lediglich den Termin mit dem Klinikum M2. E2. vereinbart hatte und sodann den die Gesundheitssorge für den Jungen ausübenden Kindesvater kurzfristig bat, den Arzttermin mit K. B1. wahrzunehmen - was der Vater hätte ablehnen können -, und die Klägerin in diese Aktion nicht involviert war. Dass die Klägerin dieses erkennbar der Amtsermittlung des Jugendamtes dienende Vorgehen im Klagewege rügt, ist nicht nachvollziehbar. Denn sie machte am Vortag der ärztlichen Untersuchung beim Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtages geltend, dass die Symptome bei ihrem Sohn weiterhin wiederkehrend aufträten und das Jugendamt diese Sache in der Vergangenheit nicht angemessen behandelt habe. Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin ein Rechtsverhältnis im obigen Sinne unterstellt wird, mangelt es jedenfalls an einem Feststellungsinteresse. Denn ein berechtigtes Interesse bei - wie hier - bereits der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnissen ist grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn das Rechtsverhältnis über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart entfaltet, insbesondere bei fortdauernden Rechtsbeeinträchtigungen und bei Wiederholungsgefahr. 103Vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 43 Rn. 25; Sodan, in: Sodan/Ziekow, 5. Auflage 2018, § 43 Rn. 18. 104Dafür sieht die Kammer hier auch unter Würdigung des klägerischen Vorbringens keine Anhaltspunkte. 1053. Zumindest aus dem Grund des fehlenden Feststellungsinteresses bleibt auch dem weiteren Feststellungsantrag der Klägerin, der ebenso am 00.00.0000 klageerweiternd gestellt und in der mündlichen Verhandlung neugefasst worden ist, der Erfolg versagt. Das vom Jugendamt im 00.00.0000 aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin den Analbereich ihres Sohns unstreitig fotografiert hatte, nach § 8a SGB VIII eingeleitete Verfahren war mit der Abgabe ihrer Erklärung, dies zukünftig zu unterlassen, beendet. Dass von dem - etwaigen - der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnis noch Wirkungen ausgehen, ist nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht mit Substanz vorgetragen worden. 106Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit fußt auf § 188 Satz 2 Halbsatz 1, Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. | soweit die klage zurückgenommen worden ist, wird das verfahren eingestellt. es wird festgestellt, dass die am 00.00.0000 durch das jugendamt des beklagten erfolgte inobhutnahme des am 00.00.0000 geborenen kindes k. b1. w1. rechtswidrig war. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des gerichtskostenfreien verfahrens trägt die klägerin zu 4/5 und der beklagte zu 1/5. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung des jeweiligen vollstreckungsgläubigers durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die am 00.00.0000 geborene klägerin ist die mutter des am 00.00.0000 geborenen k. b1. w1. . vater des kindes ist der am 00.00.0000 geborene c1. c2. . die nicht miteinander verheirateten eltern trennten sich im g. . der junge lebte nach der trennung im haushalt der klägerin. die eltern übten gemeinsam das sorgerecht aus. insbesondere hinsichtlich des umgangsrechts des vaters gab es gerichtliche auseinandersetzungen beim amtsgericht detmold - nachfolgend: familiengericht - (00 f 00/18, 00 f 00/18, 00 f 00/18, 00 f 00/18, 00 f 00/19, 00 f 00/19, 00 f 00/19, 00 f 00/19, 00 f 00/19, 00 f 00/19), die überwiegend von der klägerin initiiert wurden. 3unter dem 00.00.0000 vereinbarten die eltern im verfahren 00 f 00/18 besuchskontakte mit übernachtungen beim vater durch abholen des kindes an jedem zweiten freitag bei der l. m1. und verbringen dorthin am nächsten montagmorgen. 4am 00.00.0000 und 00.00.0000 traf die in p. praktizierende kinderärztin e. . t1. nach vorstellungen des jungen durch die klägerin folgende feststellungen: „… anus hochrot in kreisrunder form um den anus herum, keine verletzungszeichen. …“ und „schmerzen am po, hatte bis montag kontakt mit dem vater … analring deutlich gerötet, kreisrund, ca. 3 - 4 mm, nach lateral von rot in lila übergehend …“. nach aktenlage suchte die klägerin diese ärztin mit k. b1. auch in der folgezeit mehrfach auf und konsultierte zudem zwei beratungsstellen im hinblick auf einen potentiellen sexuellen missbrauch des kindes durch seinen vater. 5unter dem 00.00.0000 regte die kinderklinik des t2. . w2. -l1. q. nach einem stationären aufenthalt des kindes vom 00. bis 00.00.0000 beim familiengericht an, wegen des dringenden verdachts auf eine akute kindeswohlgefährdung durch sexuellen missbrauch in wahrscheinlich mehreren fällen die umgangskontakte von k. b1. und seinem vater bis zum abschluss der verdachtsabklärung auszusetzen und die gesundheitsfürsorge und das aufenthaltsbestimmungsrecht im rahmen einer einstweiligen anordnung auf die klägerin zu übertragen. es wurde unter anderem ausgeführt, dass die körperliche untersuchung des jungen mit sicherung möglicher spuren wegen dessen panikartiger reaktionen auf ärztinnen in sedierung stattgefunden habe. 6dies nahm das familiengericht zum anlass, ein verfahren nach § 1666 bgb einzuleiten (00 f 00/19). 7mit schreiben vom 00.00.0000 äußerte sich das jugendamt des beklagten (nachfolgend: jugendamt) gegenüber dem familiengericht in ähnlicher weise. das jugendamt hatte sich zuvor am 00.00.0000 an die e1. kriminalpolizei gewandt. das daraufhin eingeleitete ermittlungsverfahren wurde von der staatsanwaltschaft e2. nach maßgabe des § 170 abs. 2 stpo eingestellt (00 js 00/19). 8am 00.00.0000 stellte die klägerin beim familiengericht im rahmen des laufenden verfahrens 00 f 00/19 einen antrag auf maßnahmen nach § 1666 bgb im sinne eines kontakt- und näherungsverbots gegen den kindesvater. sie gab - wie bereits gegenüber der q1. kinderklinik - als verhaltensauffälligkeiten von k. b1. , die sie etwa seit 00.00.0000 bemerkt habe, unter anderem das einnässen nach umgangskontakten mit dem vater bis zu sieben mal täglich an, ferner eine ausgeprägte nachtangst, ein anklammerndes verhalten in bezug auf sie, ängste, jammern und sprechen in „babysprache“, wutanfälle, das sprechen von bösen drachen und dunklen gestalten an seinem bett, eine starke motorische unruhe, einen entzündeten, roten und schmerzenden po nach besuchskontakten mit dem vater, mit dem das kind geheimnisse habe, und bauchschmerzen. zudem benannte die klägerin aussagen, die das kind ihr gegenüber in der zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 getätigt habe. unter anderem hieß es im zusammenhang mit einem extrem geröteten po „das war der drache, der hat sein horn in meinen popo getan.“, „papa macht immer popoklatsche mit mir und ich will das nicht.“ und im zusammenhang mit der klägerischen darstellung, dass sich der junge abends an seinen genitalbereich fasse, reibe und knete, „ich mache ihn größer, weil ich schon ein großer junge bin.“. diesen beschreibungen trat der vater des kindes mit ausnahme des einnässens, das seit der trennung der eltern aufgetreten sei, entgegen. geheimnisse habe er mit seinem sohn nur hinsichtlich süßigkeiten und fernsehen. 9mit beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - entschied das familiengericht, dass das umgangsrecht des kindesvaters vorläufig ausgeschlossen werde, weil anhaltspunkte für eine akute gefährdung des kindeswohls bei einem aufenthalt des kindes beim vater bestünden. diese anordnung wurde bis zum 00.00.0000 befristet. 10unter dem 00.00.0000 nahm die für k. b1. vom familiengericht bestellte verfahrensbeiständin t3. stellung. sie führte im ergebnis aus, dass sie einen begleiteten umgang mit dem vater, auf den sich das kind nach aussage seiner erzieherinnen freue, als mit dem kindeswohl vereinbar einschätze. 11unter dem 00.00.0000 einigten sich die eltern im familiengerichtlichen verfahren 00 f 00/19 auf einen zweimal wöchentlich vom jugendamt begleiteten umgang des kindes mit seinem vater. 12nach aktenlage stellte die klägerin das kind im 00.00.0000 erneut wegen einer perianalen rötung im t2. . w2. -krankenhaus q. vor. 13aufgrund eines entsprechenden familiengerichtlichen beweisbeschlusses vom 00.00.0000 im verfahren 00 f 00/19 erstattete der facharzt für kinder- und jugendpsychiatrie, psychotherapie und diplom-sozialpädagoge w3. vom n. j1. für forensische psychiatrie des kindes- und jugendalters unter dem datum „ 00.00.0000“ ein 150 seiten umfassendes gutachten zur beweisfrage, ob sorgerechtliche maßnahmen zum wohle des kindes erforderlich seien. der gutachter würdigte dabei auch vorkommnisse in den folgemonaten und kam zu dem ergebnis, dass der kindesvater in vollem umfang beziehungs- und erziehungsfähig sei, während bei der ausgesprochen verschlossenen klägerin insoweit erhebliche einschränkungen vorhanden seien. es sei fraglich/möglich, dass bei ihr das münchhausen-by-proxy-syndrom vorliege. darauf gebe es durchaus warnhinweise. das einnässen des kindes habe eindeutig mit dem loyalitätskonflikt zwischen den eltern zu tun. es gehe der klägerin hauptsächlich darum, den jungen in intensivster form an sich zu binden. nach besuchskontakten mit dem vater stelle sie k. b1. der kinderärztin vor, um neuerliche somatische erkrankungen finden zu lassen, damit der umgang mit dem vater verhindert werde bzw. allenfalls nur begleitet stattfinde. bei ihr liege eine deutliche bindungsintoleranz vor. das aufenthaltsbestimmungsrecht für das kind dürfte dem vater zu übertragen sein. der lebensmittelpunkt des jungen sollte nun zwingend wechseln. die vielzähligen, teilweise wöchentlichen arztbesuche mit dem ziel der untersuchung des anus des kindes erschienen eher kindeswohlfeindlich als -dienlich zu sein; die kinderärztliche dokumentation habe in vielen fällen ein unauffälliges gesamtbild ergeben. es sei schon über monate zu einer erheblichen kindeswohlbeeinträchtigung gekommen. die klägerin sei zwingend angehalten, sich einer intensiven psychotherapeutischen behandlung zu stellen. ihr sollte - unter gewissen bedingungen - ein besuchsrecht an jedem zweiten wochenende eingeräumt werden. 14dieses gutachten, das beim familiengericht am 00.00.0000 eintraf, wurde den kindeseltern, dem jugendamt und der verfahrensbeiständin mit gerichtlicher verfügung vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - mit der gelegenheit zur stellungnahme binnen zwei wochen zugeleitet. unter dem 00.00.0000 bestimmte das familiengericht in dieser sache einen verhandlungstermin auf den 00.00.0000. 15am 00.00.0000 traf das gutachten beim jugendamt und bei der klägerin ein. daraufhin nahm das jugendamt k. b1. am selben tag in der l. m1. in obhut und brachte ihn beim kindesvater unter. die klägerin widersprach der inobhutnahme am 00.00.0000 mündlich und am nächsten tag schriftlich. 16in seinem an die klägerin gerichteten schreiben vom 00.00.0000 führte das jugendamt aus, dass diese maßnahme aufgrund des vorliegens fundierter gewichtiger anhaltspunkte für eine akute kindeswohlgefährdung erfolgt sei. das kind sei bis zur gerichtlichen klärung bei seinem vater untergebracht. 17mit schreiben vom selben tag, das vorab per fax übermittelt wurde (eingang 18:03 uhr), machte das jugendamt dem familiengericht im verfahren 00 f 00/19 eine entsprechende mitteilung und ergänzte, dass für die inobhutnahme vor allem das gutachten ausschlaggebend gewesen sei. das bei der klägerin vorliegende münchhausen-by-proxy-syndrom stelle eine akute kindeswohlgefährdung dar, da die symptome des kindes mit sehr hoher wahrscheinlichkeit von ihr gefördert oder hervorgebracht worden seien. sie habe der unterbringung beim kindesvater nicht zugestimmt. 18mit beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - entschied das familiengericht, dass der antrag der klägerin auf erlass einer einstweiligen anordnung vom 00.00.0000 - der vom verfahren 00 f 00/19 abgetrennt worden war - zurückgewiesen werde. hinsichtlich der begehrten herausgabe des kindes mangele es an einem alleinigen aufenthaltsbestimmungsrecht der klägerin. auch für den hilfsweise gestellten antrag auf einräumung eines angemessenen umgangsrechts fehle ein eilbedürfnis. 19mit seiner fachpsychologischen stellungnahme vom 00.00.0000 führte der von der klägerin beauftragte diplom-psychologe prof. e. . u. zusammengefasst aus, dass das gutachten des herrn w3. an gravierenden mängeln leide und kaum verwertbar sei. 20mit beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/18 - setzte das familiengericht ein ordnungsgeld gegen die klägerin fest, weil sie den umgang des kindesvaters nicht gewährte. 21mit beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - übertrug das familiengericht das aufenthaltsbestimmungsrecht für das kind auf antrag des vaters vom 00.00.0000 an diesen. im übrigen wurde die gemeinsame elterliche sorge beibehalten. 22mit beschluss vom 00.00.0000- 00 f 00/19 - billigte das familiengericht den umgangsvergleich der beteiligten vom 00.00.0000. unter anderem wurde die vereinbarung getroffen, dass k. b1. die wochenenden jeder ungeraden kalenderwoche bei der klägerin verbringe. 23am 00.00.0000 erließ das familiengericht im verfahren 00 f 00/19 einen beschluss, dass unter hinweis auf die entscheidung im verfahren 00 f 00/19 von maßnahmen nach § 1666 bgb abgesehen werde. auf die daraufhin von der klägerin erhobene beschwerde entschied das oberlandesgericht i1. mit beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 uf 00/20 -, dass die beschwerde der klägerin verworfen werde. 24am 00.00.0000 erklärte die klägerin telefonisch gegenüber dem petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen landtages, dass die symptome bei ihrem sohn bis heute wiederkehrend aufträten. dieser wandte sich daraufhin am nächsten tag an das zuständige ministerium, das sich mit dem beklagten in verbindung setzte. 25mit bericht des kinderarztes e. . g1. vom klinikum m2. e2. vom 00.00.0000 wurden nach einer vom jugendamt veranlassten untersuchung des jungen am 00.00.0000 als diagnosen „rezidivierende perianale dermatitiden“ und „zum ausschluss sex. übergriff“ benannt. es gebe keine sonstigen auffälligkeiten, insbesondere keine rhagaden, alte narben oder sonstigen trophischen veränderungen. der verdacht einer streptokokken-dermatitis habe sich in q. nicht erhärten lassen. die konsultation der ärztlichen beratungsstelle in c3. sei sinnvoll. tatsächlich bestehe ein starker anamnestischer hinweis auf einen sexuellen missbrauch des kindes. eine gewisse observation der gesamtsituation sei durchaus sinnvoll. 26mit beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 uf 00/19 - wies das oberlandesgericht i. die von der klägerin gegen den beschluss vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 - erhobene beschwerde zurück und übertrug dem vater zusätzlich die gesundheitsfürsorge für das kind. in der entscheidung wurde unter anderem dargelegt, dass der vater als geeignet zur pflege und erziehung des kindes anzusehen sei. es seien keine greifbaren anhaltspunkte für einen sexuellen missbrauch des kindes ersichtlich. die perianale entzündung im 00.00.0000 sei auf streptokokken und die entzündung im 00.00.0000 auf staphylokokken zurückzuführen. es gebe bislang keine erkenntnisse zu den ursachen der geringgradigen rötung und der festgestellten rhagaden am 00.00.0000. anhaltspunkte für eine anhaltende entzündung gebe es nicht. auch die vom jugendamt ohne wissen des vaters arrangierte untersuchung des kindes am 00.00.0000 in der kinderklinik m2. habe keine auffälligkeiten ergeben. zudem sei eine (diskrete) rötung des anus von der kinderärztin auch in der umgangsfreien zeit am 00.00.0000 festgestellt worden. das kind habe sich bei seinem vater gut entwickelt. nach dem kindergartenbericht aus 00.00.0000 sei ein einnässen dort nicht mehr beobachtet worden. die klägerin sei grundsätzlich erziehungsgeeignet. etwas anderes lasse sich auch dem gutachten des sachverständigen w3. nicht entnehmen. insbesondere gehe der senat nicht davon aus, dass sie an einem münchhausen-by-proxy-syndrom leide. der vorrang des vaters ergebe sich unter anderem wegen seiner besseren bindungstoleranz. das kind habe zu beiden elternteilen eine enge bindung. der einholung weiterer gutachten bedürfe es nicht. die dagegen von der klägerin erhobene anhörungsrüge und gegenvorstellung wurden mit beschluss vom 00.00.0000 zurückgewiesen. 27zur begründung ihrer beim erkennenden gericht am 00.00.0000 erhobenen klage trägt die klägerin folgendes vor: 28die inobhutnahme ihres kindes vom 00.00.0000 sei rechtswidrig erfolgt. ihr fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus gründen der rehabilitierung nach einem tiefgreifenden grundrechtseingriff. die herangehensweise des gutachters w3. , der bei ihr ungefragt ein münchhausen-by-proxy-syndrom festgestellt habe, sei völlig inakzeptabel und unwissenschaftlich. sie beziehe sich dazu maßgeblich auf das privatgutachten des prof. e. . u. vom 00.00.0000. sie habe ein recht auf die feststellung, dass es sich dabei um eine fehldiagnose handele, und nehme bezug auf den bericht der fachärztin für neurologie und psychiatrie, psychosomatische medizin und psychotherapie m3. vom 00.00.0000. das familiengericht habe das im verfahren 00 f 00/19 selbst eingeholte gutachten im gegensatz zum jugendamt nicht verwertet und auch keinen anlass für eilmaßnahmen gesehen. auch das oberlandesgericht i. gehe davon aus, dass sie nicht an einem münchhausen-by-proxy-syndrom leide. die schweren qualitativen mängel des sachverständigengutachtens seien auch für das jugendamt, das sich bei der inobhutnahme darauf gestützt und unter anderem hinsichtlich ihrer befürchteten reaktion auf das gutachten reine mutmaßungen angestellt habe, unschwer zu erkennen gewesen. die internen veranlassungsgründe für die inobhutnahme stimmten nicht mit den gegenüber dem familiengericht angegebenen gründen überein. ungeachtet dessen lasse sich dem gutachten eine akute kindeswohlgefährdung, die ein sofortiges handeln des jugendamtes erfordert hätte, nicht entnehmen, zumal der sachverständige unbegleitete besuchswochenenden mit ihr vorgeschlagen habe. zudem habe seitens des jugendamtes vor der inobhutnahme keine sozialpädagogische krisenintervention stattgefunden. es habe gegen zahlreiche vorschriften - unter anderem §§ 8a, 50 sgb viii - sowie gegen die eigenen handlungsleitlinien in fällen einer kindeswohlgefährdung verstoßen. das jugendamt habe gespräche mit ihr abgelehnt, obwohl sie zu einer zusammenarbeit grundsätzlich bereit sei. auch erbetene hilfeplangespräche hätten nicht stattgefunden. die maßnahme sei zudem unverhältnismäßig. ferner habe das jugendamt vor der inobhutnahme keine familiengerichtliche entscheidung beantragt, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. eine klärung im bereits anhängigen familiengerichtlichen verfahren hätte abgewartet werden müssen, zumal noch fristen zur stellungnahme zum gutachten gelaufen seien. das jugendamt habe ohne eine ermächtigungsgrundlage - § 42 sgb viii sei nicht einschlägig - gehandelt und amtsanmaßend eine gerichtliche entscheidung nach § 1671 bgb ersetzt. die entscheidung des jugendamtes zur inobhutnahme sei unmittelbar nach erhalt des 150-seitigen gutachtens des herrn w3. am 00.00.0000 zur mittagszeit gefallen, sodass es das gutachten offenbar nicht vollständig gelesen habe. die nötige abklärung durch qualifizierte fachkräfte habe nicht stattgefunden. das in diesem fall nicht neutral eingestellte jugendamt habe offenbar dem kindesvater einen vorteil verschaffen wollen, denn anders sei die beendigung der inobhutnahme am folgetag - gemeint: am selben tag - nicht zu erklären. die maßnahme sei auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil das jugendamt ursprünglich sogar eine strafanzeige gegen den kindesvater erstattet habe und von einer sicheren bindung des kindes an sie - die klägerin - ausgegangen sei. hinsichtlich der rechtswidrigkeit der inobhutnahme verweise sie auch auf ihren an das oberlandesgericht i. (00-00 uf 00/19) gerichteten schriftsatz vom 00.00.0000 zur begründung ihrer anhörungsrüge. ihr versuch, in der vergangenheit eine klärung der ärztlich dokumentierten entzündungen und der aussagen ihres jungen herbeizuführen, sei daran gescheitert, dass sich der kindesvater zwei mal geweigert habe, mit ihr eine beratungsstelle aufzusuchen. sie habe lediglich einmal am 00.00.0000 einen umgang des kindes mit seinem vater verweigert, weil der ausschließlich von sachkundigen dritten aufgeworfene missbrauchsverdacht noch im raum gestanden habe und sie kurzfristig überrumpelt worden sei. der vorwurf, sie sei bindungsintolerant, sei falsch, was durch die unerschütterte beziehung des kindes zu seinem vater belegt werde. sie habe lediglich jeweils zwei ärzte und beratungsstellen konsultiert und ihren sohn nicht wöchentlich zu einer ärztlichen untersuchung vorgestellt. nach den feststellungen einer erzieherin von 00.00.0000 habe k. b1. nach der unterbringung bei seinem vater wieder vermehrt eingenässt. die sichtweise des kindesvaters, dass k. b1. keine auffälligkeiten zeige und sich seit der herausnahme gut entwickelt habe, stehe im widerspruch zu den getroffenen feststellungen der c4. b2. c5. gegen w4. und n1. von l2. e.v. vom 00.00.0000 nach zwölf diagnostikterminen. die angst vor einem drachen in verbindung mit schmerzen am anus sei nach wie vor ein belastungsthema für den jungen. seine rückkehr in ihren haushalt entspreche dem kindeswohl. wie eine akteneinsicht bei der behörde ergeben habe, habe das jugendamt dem erkennenden gericht keine vollständigen verwaltungsvorgänge, die ihr kind und sie selbst beträfen, überreicht. 29ferner sei im zusammenhang mit der inobhutnahme gegen datenschutzbestimmungen verstoßen worden. insoweit verweise sie auf die stellungnahme des sachverständigen h. für datenschutz vom 00.00.0000. 30auch die kindeswohlgefährdende vorstellung ihres sohns am 00.00.0000in der klinik e2. durch das jugendamt während eines laufenden familiengerichtlichen beschwerdeverfahrens sei ungekündigt und unter anmaßung von richterlichen kompetenzen erfolgt. dies sei gezielt manipulativ geschehen, sodass das ergebnis quasi vorprogrammiert gewesen sei. auch insoweit habe sich der beklagte kindeswohlschädlich verhalten. 31ebenso wenig hätten die voraussetzungen für die kindeswohlgefährdende einleitung und fortführung des verfahrens nach § 8a sgb viii durch das jugendamt im 00.00.0000 vorgelegen. es verwundere sie - die klägerin -, dass der anlass für dieses verfahren laut jugendamt ein schriftsatz gewesen sein solle, den sie dem oberlandesgericht i. unter anderem mit tatsachenvortrag übermittelt habe. 32die klägerin hat ursprünglich in ihrer klageschrift beantragt, 33festzustellen, dass die inobhutnahme des kindes der klägerin k. b1. w1. , geb. am 00.00.0000, vom 00.00.0000 rechtswidrig ist, und die beklagte dazu zu verpflichten, das kind umgehend an die kindesmutter herauszugeben. 34mit schriftsatz vom 00.00.0000 hat die klägerin zudem beantragt, 35festzustellen, dass aus dem sachverständigengutachten k1. w3. vom 00.00.0000, der kindesmutter kenntlich gemacht am 00.00.0000, nicht hergeleitet werden kann, dass die kindesmutter am münchhausen-by-proxy-syndrom erkrankt ist und es sich somit um eine falschdiagnose des sachverständigen w3. handelt, 36am 00.00.0000 hat die klägerin mit der formulierung „erweitere ich meinen antrag…“ beantragt 37die feststellung der rechtswidrigkeit der datenverarbeitung in dem hier angefochtenen verwaltungsakt gemäß artikel 79 dsgvo. 38mit schriftsatz vom 00.00.0000 hat die klägerin mit dem zusatz „… wird der klageantrag … neu gefasst …“ beantragt, 391. festzustellen, dass die am 00.00.0000 durch das jugendamt des beklagten erfolgte „inobhutnahme“ des am 00.00.0000 geborenen kindes k. b1. w1. rechtswidrig war und sie in ihren rechten verletzte, 40und im wege der klageerweiterung beantragt, 412. festzustellen, dass die vorstellung des am 00.00.0000 geborenen kindes k. b1. w1. am 00.00.0000 bei der kinderklinik m2. durch das jugendamt des beklagten rechtswidrig war, 423. festzustellen, dass das beim jugendamt des beklagten laufende, im 00.00.0000 nach § 8a sgb viii eingeleitete verfahren betreffend k. b1. w1. , geboren am 00.00.0000, rechtswidrig ist und die klägerin in ihren rechten verletzt. 43in der mündlichen verhandlung hat die klägerin erklärt, sie verfolge lediglich die mit schriftsatz vom 00.00.0000 angekündigten anträge weiter. sie beantragt nunmehr, 441. festzustellen, dass die am 00.00.0000 durch das jugendamt des beklagten erfolgte inobhutnahme des am 00.00.0000 geborenen kindes k1. b1. w1. rechtswidrig war, 452. festzustellen, dass die veranlasste vorstellung des am 00.00.0000 geborenen kindes k. b1. w1. am 00.00.0000 bei der kinderklinik m2. durch das jugendamt des beklagten rechtswidrig war, und 463. festzustellen, dass das beim jugendamt des beklagten laufende im t4. 0000 nach § 8a sgb viii eingeleitete verfahren betreffend k. b1. w1. , geb. am 00.00.0000, rechtswidrig war. 47der beklagte beantragt, 48die klage abzuweisen. 49nach seiner auffassung sei die fortsetzungsfeststellungsklage mangels eines fortsetzungsfeststellungsinteresses bereits unzulässig. unabhängig davon habe im zeitpunkt der inobhutnahme eine dringende gefährdung des kindeswohls bestanden. anhaltspunkte für eine nichteignung des gutachters w3. , mit dem das familiengericht bislang gute erfahrungen gemacht habe, hätten nicht vorgelegen. aufgrund der vom gutachter diagnostizierten erkrankung der klägerin und festgestellten erziehungsunfähigkeit sowie der von ihr gezeigten verhaltensweisen sei zu befürchten gewesen, dass sie nach kenntnis des gutachtens überkompensieren und das kind weiter schädigen würde. die zuständige mitarbeiterin des jugendamtes habe sich am 00.00.0000 nach erhalt des gutachtens umgehend mit zwei weiteren fachkräften zur einschätzung des gefährdungsrisikos beraten. sie seien gemeinsam zu dem ergebnis gelangt, dass allein die feststellungen des sachverständigen ausgereicht hätten, um k. b1. in obhut zu nehmen und zum kindesvater zu bringen. die von der klägerin immer wieder gegen den kindesvater erhobenen anschuldigungen seien nicht durch tatsachen belegt. ihr verhalten, den anus ihres kindes zum nachweis der von ihr behaupteten sexuellen übergriffe des kindesvaters fast wöchentlich ärztlich untersuchen zu lassen, sei kindeswohlgefährdend. dies habe zu panischen reaktionen des kindes auf arztbesuche geführt, sodass eine untersuchung im krankenhaus nur nach einer sedierung habe erfolgen können. hinzu komme, dass die klägerin seit der trennung vom kindesvater immer wieder versucht habe, dessen umgangskontakte mit dem kind z. b. aus dem grund zu unterbinden, dass sich der junge bei einem besuch beim vater mit einer nicht der witterung entsprechenden kopfbedeckung im freien aufgehalten habe. das oberlandesgericht i. habe der klägerin zusätzlich zum aufenthaltsbestimmungsrecht auch die gesundheitssorge für das kind entzogen. ihr sohn habe sich seit der unterbringung bei seinem vater positiv entwickelt. das jugendamt sei in dem fall nie voreingenommen gewesen. eine sozialpädagogische krisenintervention vor der inobhutnahme oder das abwarten auf die klärung durch das familiengericht, das am 00.00.0000 darüber informiert worden sei, sei nicht nötig gewesen. die klägerin allein habe durch ihr verhalten veranlassung für die erstattung der strafanzeige gegeben. das privatgutachten des prof. e. . u. vom 00.00.0000 sei ungeachtet der frage seiner richtigkeit schon deshalb unbeachtlich, weil es im maßgeblichen zeitpunkt der inobhutnahme nicht vorgelegen habe. gleiches gelte für den bericht der b2. c5. gegen w4. und n1. von l2. e.v. vom 00.00.0000, der im übrigen eine reihe von - näher benannten - unstimmigkeiten und unklarheiten aufweise. 50die vorstellung des kindes in der kinderklinik m2. am 00.00.0000 sei ebenfalls rechtmäßig erfolgt. nachdem das jugendamt kenntnis von der petition der klägerin und deren inhalt erlangt habe, habe es umgehend ein verfahren nach § 8a sgb viii zur überprüfung einer kindeswohlgefährdung eingeleitet, den arzttermin vereinbart und den kindesvater am 00.00.0000 telefonisch gebeten, den termin mit k. b1. wahrzunehmen. da der arzt keine verletzungen/entzündungen im analbereich des kindes habe feststellen können, sei das verfahren beendet worden. die klageerweiterung sei im hinblick darauf, dass das jugendamt dem von der klägerin selbst erhobenen verdacht nachgegangen sei, nicht verständlich. 51ebenso sei im 00.00.0000 rechtmäßig ein verfahren nach § 8a sgb viii eingeleitet worden. dies sei darauf zurückzuführen, dass die klägerin beim oberlandesgericht i. vorgetragen habe, es komme seit dem wechsel ihres kindes in den väterlichen haushalt weiterhin zu auffälligkeiten des jungen und entzündungen am after, und lichtbilder vom analbereich ihres kindes vorgelegt habe. den gesprächstermin beim jugendamt am 00.00.0000 habe sie nicht wahrgenommen. um eine kindeswohlgefährdung durch das ständige fotografieren abzuwenden, habe eine schutzvereinbarung abgeschlossen werden sollen. diese sei von der klägerin nicht unterschrieben worden. wegen ihrer schriftlichen erklärung, dass sie zukünftig keine fotos mehr von ihrem jungen anfertigen werde, sei das verfahren beendet gewesen. dass das jugendamt im rahmen der gefährdungseinschätzung angesichts der schweren anschuldigungen zunächst gespräche mit den mitarbeitern der l. geführt habe, entspreche der üblichen vorgehensweise. der kindesvater sei vor der klägerin informiert worden, weil er das jugendamt wegen der von der klägerin gegen ihn erhobenen massiven vorwürfe um eine klärung gebeten habe. 52mit beschluss vom 00.00.0000 hat die kammer das verfahren hinsichtlich der von der klägerin begehrten feststellung der rechtswidrigkeit der datenverarbeitung im angegriffenen verwaltungsakt abgetrennt und an die dafür zuständige 00. kammer abgegeben. aufgrund der klägerischen mitteilung vom 00.00.0000, dass es sich bei den gerügten datenschutzverstößen nicht um einen eigenständigen klageantrag, sondern lediglich um ein element der klagebegründung handele, ist das verfahren (00 k 00/21) als auf sonstige weise erledigt eingestuft worden. 53wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte dieses verfahrens (bis zur mündlichen verhandlung 548 seiten), der beigezogenen akten des familiengerichts zum verfahren 00 f 00/19 (zwei bände mit insgesamt 503 seiten) sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des beklagten (zwei bände mit insgesamt 273 seiten) verwiesen. 54 | 55das verfahren war einzustellen, soweit die klägerin die klage in der mündlichen verhandlung hinsichtlich der mit klageerhebung am 00.00.0000 zunächst auch beantragten verpflichtung des beklagten, das kind umgehend an sie herauszugeben, sinngemäß zurückgenommen hat. gleiches gilt für die von der klägerin in der sitzung entsprechend erklärte rücknahme ihres auf die feststellung gerichteten klageantrags vom 00.00.0000, dass der sachverständige w3. bei ihr fälschlicherweise das münchhausen-by-proxy-syndrom diagnostiziert habe (§ 92 abs. 3 vwgo). 56soweit die klage noch anhängig ist, hat sie nur teilweise erfolg. die klägerin hat einen anspruch auf die feststellung, dass die am 00.00.0000 erfolgte inobhutnahme des kindes k. b1. durch das jugendamt rechtswidrig war (1.). im übrigen war die klage hinsichtlich der begehrten feststellung der rechtswidrigkeit von anderweitigem verwaltungshandeln des jugendamtes - veranlassung der vorstellung des kindes beim klinikum m2. e2. am 00.00.0000 (2.) und durchführung eines im 00.00.0000 eingeleiteten verfahrens nach § 8a sgb viii (3.) - abzuweisen. 571. soweit die klägerin ihren in der mündlichen verhandlung gestellten klageantrag zu 1. weiter aufrechterhalten hat, geht das gericht zu ihren gunsten davon aus, dass es sich bei der mit schriftsatz vom 00.00.0000 formulierten und von ihr als maßgeblich erklärten neufassung ihres ursprünglichen antrags nicht um eine objektive klageänderung im sinne des § 91 vwgo, sondern lediglich um die klarstellung des von anfang an gewollten handelt. namentlich nimmt die kammer an, dass die klägerin, die nach dem wortlaut ihrer klageschrift vom 00.00.0000 zunächst die feststellung der rechtswidrigkeit einer noch andauernden inobhutnahme („rechtswidrig ist“) beantragt hat, von vornherein die feststellung der rechtswidrigkeit der mit der herausgabe des kindes an den sorgeberechtigten vater nach § 42 abs. 4 nr. 1 sgb viii bereits am 00.00.0000 beendeten inobhutnahme („rechtswidrig war“) begehrt hat. denn nach dem sog. grundsatz der rechtsschutzgewährenden auslegung ist im zweifelsfall anzunehmen, dass das rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig ist. dass die klägerin schon im zeitpunkt der klageerhebung anwaltlich vertreten war, ist unbeachtlich, weil der vorbezeichnete grundsatz auch bei von rechtskundigen prozessvertretern abgegebenen prozesserklärungen zur anwendung kommt. 58so grundlegend in ständiger rechtsprechung bfh, u.a. urteile vom 19. april 2007 - iv r 28/05 -, juris rn. 18 f., und vom 25. juni 2014 - i r 29/13 -, juris rn. 12, jeweils m. w. n.; siehe zum obigen grundsatz ferner baylsg, beschluss vom 23. september 2020 - l 11 sf 263/20 ab -, juris rn. 12; ovg nrw, beschluss vom 28. februar 2020 - 4 b 813/18 -, juris rn. 19 ff. 59die so verstandene klage ist als fortsetzungsfeststellungsklage zulässig - a) - und begründet - b) -. 60a) die fortsetzungsfeststellungsklage ist für - wie hier - vorprozessual erledigte verwaltungsakte analog § 113 abs. 1 satz 4 vwgo statthaft. 61vgl. bverwg, urteil vom 14. juli 1999 - 6 c 7/98 -, juris rn. 20 ff., und urteil vom 25. juli 2007 - 6 c 39/06 -, juris rn. 23. 62sie ist auch im übrigen zulässig; insbesondere ist ein fortsetzungsfeststellungsinteresse gegeben. 63nach § 113 abs. 1 satz 4 vwgo spricht das gericht in den fällen, in denen sich der verwaltungsakt vorher durch zurücknahme oder anders erledigt hat, auf antrag durch urteil aus, dass der verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an dieser feststellung hat. 64ein berechtigtes ideelles interesse in form einer rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen maßnahme eine stigmatisierung des betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein ansehen in der öffentlichkeit oder im sozialen umfeld herabzusetzen. diese stigmatisierung muss außenwirkung erlangt haben und noch in der gegenwart andauern. die schwelle wird erst mit dem konkreten personenbezogenen vorwurf eines schuldhaft-kriminellen verhaltens überschritten. 65vgl. jeweils im zusammenhang mit einer glücksspiel-rechtlichen untersagung bverwg, urteile vom 20. juni 2013 - 8 c 39.12 -, juris rn. 24, und vom 16. mai 2013 - 8 c 14.12 -, juris rn. 25; im zusammenhang mit einer inobhutnahme unter bezugnahme auf diese entscheidungen ovg nrw, beschluss vom 23. september 2015 - 12 a 1787/15 -, juris rn. 11. 66nach der jüngeren rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen kann ein rehabilitationsinteresse nicht offensichtlich ausgeschlossen werden, wenn die inobhutnahme von l2. - jedenfalls wenn sie mit der herausnahme der kinder aus öffentlichen einrichtungen (kindergarten, schule) einhergeht - eine gewisse außenwirkung hat und dem ansehen des oder der sorgeberechtigten in der öffentlichkeit und im sozialen umfeld nicht zuträglich ist. ein fortsetzungsfeststellungsinteresse dürfte in fällen dieser art jedenfalls in bezug auf den mit einer inobhutnahme einhergehenden erheblichen grundrechtseingriff in das durch art. 6 abs. 2 satz 1 gg geschützte elternrecht nicht ohne weiteres zu verneinen sein. 67vgl. ovg nrw, beschluss vom 5. märz 2019 - 12 e 805/18 -, juris rn. 6, und beschluss vom 24. august 2020 - 12 e 123/19 -, juris rn. 9; demgegenüber kritisch im falle eines kurzen zeitraums zwischen inobhutnahme und deren erledigung in nur vier stunden hess. vgh, urteil vom 8. september 2020 - 10 a 82/19 -, juris rn. 33. 68daran gemessen ist hier ein fortsetzungsfeststellungsinteresse der klägerin zu bejahen. zwar ist eine stigmatisierung ihrer person, die zudem noch fortbestehen muss, zweifelhaft. denn die inobhutnahme von k. b1. wurde am 00.00.0000 durch das jugendamt intern in der l. m1. abgewickelt und der junge sodann - nach relativ kurzer zeit - seinem sorgeberechtigten vater übergeben. laut dem vermerk einer erzieherin vom 00.00.0000 saß diese mit der klägerin in einem anderen raum der kindestagesstätte und eröffnete ihr die maßnahme; die gesprächsatmosphäre war demnach ruhig, sodass die inobhutnahme kaum bzw. kein aufsehen erregt haben dürfte. die abholung des kindes von der l. durch seinen vater war zudem nichts ungewöhnliches, weil bereits dessen umgangskontakte mit k. b1. auf diese weise bewerkstelligt wurden. der klägerin wurde vom jugendamt auch kein schuldhaft-kriminelles verhalten vorgeworfen, sondern auf einem angenommenen münchhausen-by-proxy-syndrom beruhende und somit krankheitsbedingte verhaltensweisen. dass sich die vom jugendamt unterstellte diagnose in der öffentlichkeit verbreitete, ist jedenfalls in erster linie auf die klägerin selbst zurückzuführen, weil sie sich nicht nur an zahlreiche personen und institutionen wie unter anderem ärzte, gerichte und beratungsstellen - die zur verschwiegenheit verpflichtet sind -, sondern auch an die presse und das fernsehen wandte. jedoch nimmt die kammer im hinblick auf die jüngere rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen zu gunsten der klägerin das fortsetzungsfeststellungsinteresse im hinblick auf den tiefgreifenden eingriff in ihr durch art. 6 abs. 2 satz 1 gg geschütztes elternrecht an. 69b) die fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. die inobhutnahme des kindes k. b1. durch das jugendamt vom 00.00.0000 war rechtswidrig und hat die klägerin in ihren rechten verletzt. 70nach § 8a abs. 2, § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb viii ist das jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein kind oder einen jugendlichen in seine obhut zu nehmen, wenn eine dringende gefahr für das wohl des kindes oder des jugendlichen die inobhut-nahme erfordert und, sofern - wie im vorliegenden fall - ein personensorgeberechtigter widerspricht, eine familiengerichtliche entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. die genannten voraussetzungen waren im vorliegenden fall nicht sämtlich erfüllt. 71eine gefahr im kinder- und jugendhilferechtlichen sinn liegt - wie im allgemeinen gefahrenabwehrrecht - dann vor, wenn im zeitpunkt der behördlichen entscheidung im rahmen der prognostischen ex-ante-betrachtung bei ungehinderten ablauf des zu erwartenden geschehens der eintritt des schadens hinreichend wahrscheinlich ist. die hinreichende wahrscheinlichkeit verlangt einerseits nicht gewissheit, dass der schaden eintreten wird. andererseits genügt die bloße möglichkeit eines schadenseintritts grundsätzlich nicht zur annahme einer gefahr. dabei ist allerdings zu beachten, dass hinsichtlich des grades der wahrscheinlichkeit insbesondere mit blick auf das betroffene schutzgut differenziert werden muss: je größer und folgen-schwerer der möglicherweise eintretende schaden ist, umso geringer sind die anforderungen, die an die wahrscheinlichkeit zu stellen sind. wo es um den schutz besonders hochwertiger schutzgüter geht, kann deshalb auch schon eine entfernte möglichkeit eines schadens die begründete befürchtung seines eintritts auslösen. von letzterem ist im jugendhilferecht regelmäßig auszugehen. 72vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 22. dezember 2017 - 12 b 1553/17 -, juris rn. 11, vom 7. november 2007 - 12 a 635/06 -, juris rn. 9, und vom 27. februar 2007 - 12 b 72/07 -, juris rn. 30 ff., jeweils m. w. n. 73eine gefahr für das kindeswohl liegt vor, wenn eine gefahr für die kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer fortdauer eine erhebliche schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen wohls des kindes mit ziemlicher sicherheit voraus-sehen lässt; typische anwendungsfälle sind kindesmisshandlung, sexuelle gewalt und w4. . 74vgl. dazu ovg nrw, beschlüsse vom 31. oktober 2019 - 12 b 448/19 -, juris rn. 17, vom 20. dezember 2016 - 12 b 1262/16 -, juris rn. 17, und vom 8. november 2006 - 12 b 2077/06 -, juris rn. 10, m. w. n. 75der umstand, dass die inobhutnahme nach § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb viii das vorliegen einer "dringenden" gefahr voraussetzt, begründet für den anzuwendenden gefahrenbegriff keine wesentlichen inhaltlichen änderungen. eine "dringende gefahr" besteht zwar nicht schon bei einer "bevorstehenden" oder "drohenden" gefahr, aber auch nicht erst bei einer "unmittelbar bevorstehenden gefahr". 76vgl. dazu ovg nrw, beschlüsse vom 31. oktober 2019 - 12 b 448/19 -, juris rn. 19, und vom 7. november 2007 - 12 a 635/06 -, juris rn. 13, m. w. n. 77die annahme einer dringenden gefahr für das kindeswohl muss jedoch durch konkrete tatsachen gerechtfertigt sein, wobei das jugendamt im rahmen des möglichen zu prüfen hat, ob die hinweise, die auf eine solche gefahr schließen lassen, zutreffend sind. 78vgl. bayvgh, beschluss vom 9. januar 2017 - 12 cs 16.2181 -, juris rn. 12; kirchhoff, in: jurispk-sgb viii, 2. aufl. 2018 (stand: 15. dezember 2020), § 42 rn. 79. 79daran gemessen lag hier im maßgeblichen zeitpunkt der inobhutnahme am 00.00.0000 keine dringende gefahr für das wohl des kindes k. b1. vor. 80das jugendamt stützte sich, wie sich aus seinem schreiben an das familiengericht vom 00.00.0000 ergibt, bei der inobhutnahme des jungen maßgeblich auf das vom familiengericht im verfahren 00 f 00/19 eingeholte gutachten des facharztes für kinder- und jugendpsychiatrie, psychotherapie und diplom-sozialpädagoge w3. vom n. j1. für forensische psychiatrie des kindes- und jugendalters, das das datum „ 00.00.0000“ trägt und dem jugendamt am 00.00.0000 vorlag. das jugendamt ging davon aus, dass der gutachter bei der klägerin das sog. münchhausen-by-proxy-syndrom festgestellt habe, weil diese ihr kind überobligatorisch häufig ärzten zum zwecke der untersuchung von rötungen seines analbereichs vorgestellt habe. dieses syndrom geht mit dem erfinden, übersteigern oder tatsächlichen verursachen von krankheiten oder symptomen bei dritten, mehrheitlich l2. einher, meist um anschließend eine medizinische behandlung zu verlangen und/oder um selbst die rolle eines scheinbar liebe- und aufopferungsvollen pflegenden zu übernehmen. dabei handelt es sich um eine subtile form der kindesmisshandlung, die bis zum tod des opfers führen kann. die täter - 90 bis 95 % sind frauen - sind meistens die leiblichen mütter. 81vgl. „artifizielle störungen: rätselhaft und gefährlich“ von september 2010, https://www.aerzteblatt.de. 82ferner nahm das jugendamt an - was ebenfalls aus seinem schreiben an das familiengericht vom 00.00.0000 hervorgeht -, dass die symptome bei dem kind mit hoher wahrscheinlichkeit von der klägerin selbst gefördert oder hervorgebracht worden seien. zudem wurde befürchtet, dass die klägerin nach sichtung des gutachtens des herrn w3. überreagieren und das kind weiter schädigen könnte. hinzu kommt, dass nach den darlegungen des jugendamtes in der mündlichen verhandlung auch die vorgeschichte in die entscheidung eingeflossen sei. demnach sei der klägerin daran gelegen gewesen, den umgang des kindesvaters mit dem jungen zu verhindern. die situation habe sich im laufe der zeit zugespitzt. außerdem hätten die behandelnden ärzte der kinderklinik des t2. . w2. -l1. q. telefonisch erklärt, dass ihre ursprüngliche einschätzung zu einem sexuellen missbrauch des kindes im wesentlichen auf den angaben der klägerin beruht habe; beim zweiten stationären aufenthalt des jungen habe sich ein arzt im rahmen eines telefonats zu einem etwaigen sexuellen missbrauch deutlich kritischer geäußert. die von der klägerin erwähnten äußerungen ihres kindes, die auf einen solchen missbrauch hingedeutet hätten, seien nie gegenüber dritten wie z. b. den erzieherinnen gefallen; auch die körperlichen symptome des jungen seien nur bei der klägerin aufgetreten. des weiteren sei der kontakt des kindes mit seinem vater, dessen strafverfahren am 00.00.0000 abgeschlossen gewesen sei, vom jugendamt als herzlich und deutlich unproblematischer wahrgenommen worden, beispielsweise was das verzehren von süßen nahrungsmitteln anbelange. in der gesamtschau habe das jugendamt daher nach erhalt des gutachtens ein schnelles einschreiten noch am selben tag für geboten gehalten. 83diese annahmen des jugendamtes vermögen die inobhutnahme des kindes k. b1. indes nicht zu tragen. dabei kann offen bleiben, ob das letztlich den ausschlag für diese maßnahme gebende gutachten des herrn w3. - wie der von der klägerin beauftragte diplom-psychologe prof. e. . u. in seiner fachpsychologischen stellungnahme vom 00.00.0000 im einzelnen monierte - tatsächlich an schwerwiegenden mängeln leidet und deshalb kaum bzw. nicht zu verwerten ist. denn nach ansicht des gerichts lässt sich jedenfalls diesem gutachten eine gesicherte diagnose eines münchhausen-by-proxy-syndroms bei der klägerin nicht entnehmen, wenngleich zu gunsten des jugendamtes zu konzedieren ist, dass das gutachten mitunter die wünschenswerte klarheit vermissen lässt. der sachverständige äußerte lediglich einen verdacht, indem er ausführte, dass das vorliegen eines münchhausen-by-proxy-syndroms bei der klägerin, deren erziehungsfähigkeit und bindungstoleranz - im gegensatz zum kindesvater - in erheblicher weise eingeschränkt sei, „fraglich“ bzw. „möglich“ sei (s. 128 f.) bzw. dass für dieses syndrom „durchaus“ „warnhinweise“ zu erkennen seien (s. 138). diese sichtweise der kammer deckt sich mit der auffassung des oberlandesgerichts i. im beschluss vom 00.00.0000 - 00-00 uf 00/19 -, mit dem die beschwerde der klägerin gegen die übertragung des aufenthaltsbestimmungsrechts für das kind auf dessen vater (beschluss des familiengerichts vom 00.00.0000 - 00 f 00/19 -) zurückgewiesen und dem vater überdies die gesundheitsfürsorge für k. b1. zur alleinigen ausübung übertragen wurde. der senat gelangte nach auswertung des gutachtens zu dem ergebnis, dass die klägerin nicht an einem münchhausen-by-proxy-syndrom leide und auch grundsätzlich erziehungsgeeignet sei. deshalb kann auch dahingestellt bleiben, ob die von der klägerin eingeholten - sehr knapp gehaltenen stellungnahmen - der fachärztin für neurologie und psychiatrie, psychosomatische medizin und psychotherapie m3. vom 00.00.0000 und der diplom-psychologin s2. vom 00.00.0000 aussagekräftig sind, wonach bei der klägerin keine behandlungsbedürftige psychische krankheit, sondern lediglich eine belastungsreaktion wegen der erfolgten inobhutnahme ihres kindes vorliege. 84ebenso wenig geht aus dem vom jugendamt als maßgeblich eingestuften gutachten des herrn w3. deutlich hervor, dass eine akute kindeswohlgefährdung und ein sofortiger handlungsbedarf für eine herausnahme des jungen aus dem mütterlichen haushalt bestanden. zwar heißt es gegen ende des gutachtens (seite 145), dass das aufenthaltsbestimmungsrecht für das kind dem vater zu übertragen sein „dürfte“ und der lebensmittelpunkt des jungen nun „zwingend“ wechseln sollte. zugleich sprach sich der gutachter aber - unter gewissen bedingungen - für besuchskontakte des kindes mit der klägerin an jedem zweiten wochenende aus. dass die auf veranlassung der klägerin nach aktenlage seit f1. 0000 relativ oft durchgeführten ärztlichen untersuchungen des lediglich vereinzelt geröteten anus ihres seinerzeit etwa vierjährigen kindes, die teilweise nur unter sedierung erfolgen konnten, nicht uneingeschränkt dem kindeswohl dienten, liegt - wie bereits das oberlandesgericht i. darlegte - auf der hand. davon ging auch der gutachter w3. aus („… erscheint sicherlich eher kindeswohlfeindlich als kindeswohldienlich zu sein …“, s. 146, „ausgesprochen kindeswohlschädlich“, „erhebliche kindeswohlbeeinträchtigung“, s. 147). jedoch lässt sich ein umkehrschluss, dass die relativ häufigen inspektionen des analbereichs eine dringende gefahr für das kindeswohl im sinne des § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb viii begründeten, daraus nicht ohne weiteres ziehen. daher kann es auch auf sich beruhen, ob der vortrag der klägerin zutreffend ist, dass ihr zu dieser vorgehensweise von fachleuten und kinderärzten geraten worden sei. die auffassung der kammer wird auch dadurch gestützt, dass die für das verfahren 00 f 00/19 zuständige und mit dem fall auch aus den anderen zahlreichen familiengerichtlichen verfahren vertraute s. am amtsgericht nach eingang des gutachtens am 00.00.0000 keine veranlassung für sofortige maßnahmen im hinblick auf das wohl von k. b1. sah. denn sie erließ keine einstweilige anordnung, gab den beteiligten der sache mit verfügung vom 00.00.0000 gelegenheit zur stellungnahme mit einer fristsetzung von zwei wochen und beraumte unter dem 00.00.0000 einen verhandlungstermin für den 00.00.0000 an. auch in der folgezeit zog die s. am amtsgericht aus dem gutachten des herrn w3. keine für die klägerin nachteiligen schlüsse. 85im hinblick auf die vermutung des jugendamtes, dass die klägerin die symptome am anusbereich ihres kindes selbst verursacht habe, ergeben sich aus den akten ebenfalls keine zureichenden anhaltspunkte. gleiches gilt für die besorgnis des jugendamtes, dass die klägerin auf die im gutachten des herrn w3. getroffenen feststellungen ihre person betreffend im hinblick auf das wohl des kindes eskalierend reagieren und dieses (weiter) schädigen könnte. denn es gibt insbesondere keine anzeichen von körperlichen misshandlungen des kindes durch die klägerin in der vergangenheit; vielmehr wird ihr verhältnis zu ihrem sohn ausnahmslos - auch vom jugendamt sowie vom gutachter w3. - als innig beschrieben. 86auf die weiteren von der klägerin thematisierten gesichtspunkte kommt es nicht mehr an, weil der streitgegenstand in diesem verfahren bezüglich des klageantrags zu 1. lediglich die überprüfung der rechtmäßigkeit der inobhutnahme ihres kindes nach § 42 sgb viii ist. dies gilt insbesondere in bezug auf ihre regelmäßig, auch gegenwärtig noch wiederholten andeutungen, der kindesvater missbrauche den jungen sexuell - was übrigens nach aktenlage noch nicht einmal ärztlicherseits festgestellt wurde -, sowie in bezug auf die ursache der in der vergangenheit von ärzten festgestellten rötungen des anus ihres kindes. die frage, bei welchem elternteil k. b1. besser aufgehoben ist, unterliegt nicht der verwaltungsgerichtlichen prüfungskompetenz. 87zudem mangelt es vorliegend an der weiteren voraussetzung § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 b) sgb viii, dass vor der inobhutnahme eine familiengerichtliche entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden konnte. diese tatbestandsalternative ist zu prüfen, weil die klägerin als einer der sorgeberechtigten elternteile der inobhutnahme ihres sohnes am 00. und 00.00.0000 widersprach. 88die vorschrift des § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 b) sgb viii verdeutlicht, dass die inob-hutnahme gegenüber familiengerichtlichen entscheidungen nachrangig ist und des-halb grundsätzlich nur in besonders gelagerten akuten gefährdungssituationen in betracht kommt. 89vgl. ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 28. märz 2017 - ovg 6 s 8.17 -, juris rn. 7. 90die kompetenz des jugendamtes nach § 42 sgb viii ist nach der gesetzlichen konzeption in abs. 3 der vorschrift, die entweder eine unverzügliche familiengerichtliche entscheidung (satz 2 bis 4) oder ein unverzügliches verfahren zur gewährung von hilfen (satz 5, §§ 36 ff. sgb viii) verlangt, eine enge notkompetenz bzw. eine befugnis in eil- und notfällen. 91vgl. vg schwerin, urteil vom 3. juni 2015 - 6 a 719/12 -, juris rn. 36; trenczeck, in: münder u.a., frankf. komm. sgb viii 8. auflage 2019, § 42 rn. 1. 92wenn möglich soll gemäß § 8a abs. 2 satz 1 und § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 b) sgb viii das in erster linie zum eingriff in die elterliche sorge berufene familiengericht tätig werden. nur wenn dies ausgeschlossen ist und seine entscheidung wegen der dringlichkeit der gefahr nicht abgewartet werden kann (§ 8a abs. 2 satz 2 sgb viii), darf das jugendamt entscheiden und tätig werden. 93eine familiengerichtliche entscheidung kann i. s. v. § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgb viii nicht schon dann rechtzeitig, 94vgl. ovg nrw, beschluss vom 21. dezember 2015 - 12 e 717/15 -, n. v., 95eingeholt werden, wenn das familiengericht vor der inobhutnahme noch hätte angerufen werden können, sondern erst dann, wenn eine familiengerichtliche entscheidung, und sei es eine einstweilige anordnung, zur begegnung der kindeswohlgefährdung rechtzeitig hätte erwirkt werden können. 96vgl. dazu ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 4. märz 2016 - 6 s 60.15 -, juris rn. 4. 97dies zugrunde gelegt stand § 42 abs. 1 satz 1 nr. 2 b) sgb viii einer rechtmäßigen inobhutnahme von k. b1. ebenfalls entgegen. selbst wenn eine dringende gefahr für das kindeswohl vorgelegen hätte, wäre eine familiengerichtliche entscheidung rechtzeitig vor der maßnahme zu erreichen gewesen. nach aktenlage setzte das jugendamt das familiengericht erst am abend des 00.00.0000 schriftlich von der bereits erfolgten inobhutnahme in kenntnis. soweit eine jugendamtsmitarbeiterin in der mündlichen verhandlung erstmalig geltend gemacht hat, sie habe an diesem tag vor der durchführung der inobhutnahme mit der ihr unter anderem aus dem laufenden verfahren 00 f 00/19 bekannten s. am amtsgericht telefoniert und ihr von der beabsichtigten maßnahme berichtet, folgt daraus keine andere bewertung. denn die mitarbeiterin hat den genauen gesprächsablauf nicht mehr rekonstruieren können. nach ihrer erinnerung habe die s. damals sinngemäß geäußert, dass das jugendamt gemäß seiner einschätzung handeln solle; ob auch über den vorrangigen erlass einer einstweiligen anordnung durch das familiengericht gesprochen worden sei, wisse sie - die jugendamtsmitarbeiterin - nicht mehr. 982. die klage bleibt ohne erfolg, soweit die klägerin die feststellung begehrt, dass die vom jugendamt veranlasste vorstellung des kindes bei der kinderklinik m2. am 00.00.0000 rechtswidrig gewesen sei. diesen antrag hat die klägerin mit schriftsatz vom 00.00.0000 im wege einer klageerweiterung in das verfahren eingeführt und ihn darüber hinaus in der mündlichen verhandlung umformuliert. ungeachtet der frage, ob hierfür die voraussetzungen des § 91 vwgo erfüllt sind, hat die klägerin jedenfalls keinen anspruch auf die beantragte feststellung. dabei kommt mangels verwaltungsaktsqualität (§ 35 satz 1 vwvfg nrw) des von der klägerin gerügten verwaltungshandelns nur die allgemeine feststellungsklage nach § 43 vwgo in betracht. 99nach § 43 abs. 1 vwgo kann durch klage die feststellung des bestehens oder nichtbestehens eines rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der kläger ein berechtigtes interesse an der baldigen feststellung hat. 100es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der vom beklagten initiierten vorstellung des jungen zum zwecke seiner ärztlichen untersuchung im klinikum m2. e2. um ein feststellungsfähiges rechtsverhältnis in diesem sinne handelt. ein solches setzt voraus, dass sich rechtsbeziehungen - hier zwischen einer juristischen person und einer natürlichen person - verdichtet haben. die bloße pflicht für eine behörde, gesetze zu befolgen und sie nicht zu übertreten, bildet für sich allein kein rechtsverhältnis. 101vgl. sodan, in: sodan/ziekow, vwgo, 5. auflage 2018, § 43 rn. 7 und 10. 102die bedenken der kammer resultieren daraus, dass das jugendamt lediglich den termin mit dem klinikum m2. e2. vereinbart hatte und sodann den die gesundheitssorge für den jungen ausübenden kindesvater kurzfristig bat, den arzttermin mit k. b1. wahrzunehmen - was der vater hätte ablehnen können -, und die klägerin in diese aktion nicht involviert war. dass die klägerin dieses erkennbar der amtsermittlung des jugendamtes dienende vorgehen im klagewege rügt, ist nicht nachvollziehbar. denn sie machte am vortag der ärztlichen untersuchung beim petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen landtages geltend, dass die symptome bei ihrem sohn weiterhin wiederkehrend aufträten und das jugendamt diese sache in der vergangenheit nicht angemessen behandelt habe. selbst wenn zu gunsten der klägerin ein rechtsverhältnis im obigen sinne unterstellt wird, mangelt es jedenfalls an einem feststellungsinteresse. denn ein berechtigtes interesse bei - wie hier - bereits der vergangenheit angehörenden rechtsverhältnissen ist grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn das rechtsverhältnis über seine beendigung hinaus anhaltende wirkung in der gegenwart entfaltet, insbesondere bei fortdauernden rechtsbeeinträchtigungen und bei wiederholungsgefahr. 103vgl. dazu kopp/schenke, vwgo, 27. auflage 2021, § 43 rn. 25; sodan, in: sodan/ziekow, 5. auflage 2018, § 43 rn. 18. 104dafür sieht die kammer hier auch unter würdigung des klägerischen vorbringens keine anhaltspunkte. 1053. zumindest aus dem grund des fehlenden feststellungsinteresses bleibt auch dem weiteren feststellungsantrag der klägerin, der ebenso am 00.00.0000 klageerweiternd gestellt und in der mündlichen verhandlung neugefasst worden ist, der erfolg versagt. das vom jugendamt im 00.00.0000 aufgrund der tatsache, dass die klägerin den analbereich ihres sohns unstreitig fotografiert hatte, nach § 8a sgb viii eingeleitete verfahren war mit der abgabe ihrer erklärung, dies zukünftig zu unterlassen, beendet. dass von dem - etwaigen - der vergangenheit angehörenden rechtsverhältnis noch wirkungen ausgehen, ist nicht ersichtlich und auch von der klägerin nicht mit substanz vorgetragen worden. 106die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo. die gerichtskostenfreiheit fußt auf § 188 satz 2 halbsatz 1, satz 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo, § 708 nr. 11, § 711 zpo. | Klaeger*in | 1 |
185,020 | 11 K 652/13 | 2014-01-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger und sein Bruder betreiben Landwirtschaft. Sie sind mit ihren Flächen am Flurbereinigungsverfahren C. beteiligt. Aufgrund von Erbfolge wurde der Kläger am 19. Januar 2007 als Eigentümer u.a. von mehreren landwirtschaftlich genutzten Flächen ins Grundbuch eingetragen. Ein Teil der Flächen, zu diesen zählt die Fläche Gemarkung (neu), war an seinen Bruder verpachtet gewesen. Diesen Pachtvertrag kündigte der Kläger. Mit Urteil des Amtsgerichts Halle (Westfalen) vom 17. April 2008 – 2 C 280/08 – wurde dem Bruder des Klägers in einem einstweiligen Verfügungsverfahren das Betreten dieser Grundstücke verboten und zugleich bestätigt, dass dem Kläger das Besitzrecht an den Grundstücken zustehe. Im Tatbestand des Urteils heißt es: „Die Parteien sind Brüder, aber verfeindet.“ 3Im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens ist allen Beteiligten im September 2011 ein endgültiger Abwicklungsplan bekanntgegeben worden. Gegen diesen Flurbereinigungsplan erhob der Kläger Klage vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen – 9a D 79/11.G –, über die noch nicht entschieden ist. Am 25. November 2011 erließ die Bezirksregierung E. auf Grundlage der §§ 65 und 62 Abs. 2 und 3 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) eine vorläufige Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen – für den Bruder des Klägers bezüglich der Fläche Gemarkung (neu) –, die für sofort vollziehbar erklärt wurde. In der vorläufigen Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen heißt es unter Punkt 2: „Mit dem in den Überleitungsbestimmungen bestimmten Zeitpunkt 01.12.2011 gehen der Besitz, die Verwaltung und die Nutzung der neuen Grundstücke auf die in der neuen Feldeinteilung benannten Empfänger über (§ 66 Abs. 1 FlurbG). Die Besitz-, Verwaltungs- und Nutzungsrechte an den alten Grundstücken erlöschen. Gleichwohl bleiben die Teilnehmer zunächst noch Eigentümer ihrer alten Grundstücke“. Die vorläufige Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen erlangte Bestandskraft. 4Am 24. April 2012 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Betriebsprämie 2012. In seinem Flächenverzeichnis gab er unter lfd. Nr. 11 auch die Fläche Gemarkung mit einer Größe von 1,79 ha an. 5Am 21. Mai 2012 begann der Bruder des Klägers auf der o.g. Fläche Gras zu mähen. Der Kläger untersagt ihm daraufhin mit polizeilicher Hilfe die Fortsetzung der Mäharbeiten und berief sich ausdrücklich auf das im Verfahren 2 C 280/08 ergangene Urteil des Amtsgerichts Halle (Westfalen). 6Mit Schreiben vom 28. August 2012 hörte der Beklagte den Kläger dazu an, dass auch sein Bruder bezüglich der streitbefangenen Fläche einen Antrag auf Auszahlung der Betriebsprämie gestellt habe. Daraufhin übersandte der Kläger das Urteil des Amtsgerichts Halle (Westfalen) und verwies sinngemäß darauf, dass er die Fläche rechtmäßig genutzt habe. 7Mit Urteil vom 16. Oktober 2012 hob das Amtsgericht Halle (Westfalen) im Verfahren 2 C 280/08 die einstweilige Verfügung vom 07. April 2008 hinsichtlich des Grundstücks Gemarkungauf. Zur Begründung führte es an, der Bruder des Klägers habe glaubhaft gemacht, dass aufgrund des Bescheides der Bezirksregierung E. vom 25. November 2011 über die vorläufige Besitzeinweisung mit Überleitungsbestimmungen seit dem 01. Dezember 2011 die bestehenden Besitz-, Verwaltungs- und Nutzungsrechte an dem Grundstück Gemarkung (neu) erloschen seien. Der Besitz sei daher ab dem 01. Dezember 2011 auf den Bruder des Klägers übergegangen. Die Flurbereinigungsbehörde habe die sofortige Vollziehung angeordnet. Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei nicht gestellt und durchgesetzt worden. Ungeachtet der Klage gegen die endgültige Ausführungsanordnung müsse der Kläger die vorläufige Besitzeinweisung respektieren. 8Unter dem 31. Oktober 2012 übersandte der Bruder des Klägers dem Beklagten eine Ausfertigung des vorgenannten Urteils vom 16. Oktober 2012 und wies darauf hin, dass, soweit der Kläger auf der streitbefangenen Fläche gearbeitet habe, es sich bei der Bewirtschaftung um verbotene Eigenmacht i.S.d. § 858 BGB gehandelt habe. 9Im Dezember 2012 legte der Kläger dem Beklagten eine Rechnung vom 22. Oktober 2012 des Lohnbetriebes H. über Mäharbeiten und das Umpacken von Heu im Oktober 2012 sowie eine Bestätigung des Lohnunternehmers Everding vom 17. November 2012 über eine Heuernte im Juni 2012 auf dem Grundstück (neu) vor. 10Mit Bescheid vom 22. Januar 2013 gewährte der Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 24. April 2012 Betriebsprämie 2012 in Höhe von 3.143,68 €. Dabei erkannte er hinsichtlich der lfd. Nr. 11 des Flächenverzeichnisses Teilschlag 8 a statt beantragter 1,79 ha eine Fläche von 0,35 ha an. Ferner teilte er dem Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 2013 mit, er sichere ihm schriftlich zu, dass er auch nach Ablauf der Klagefrist von einem Monat gegen den im Betreff genannten Bescheid die Sach- und Rechtslage erneut überprüfen und dann einen entweder inhaltlich gleichen oder geänderten Bescheid erlassen werde. Mit dem Erlass des dann inhaltlich gleichlautenden oder geänderten Bescheides beginne die Klagefrist von einem Monat erneut zu laufen. Den bisher erlassenen Bescheid werde er dann aufheben. 11Am 18. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, ihm stehe Betriebsprämie 2012 für die Fläche Gemarkung, (neu) in einem Umfang von weiteren 1,44 ha zu. Er habe diese Fläche im Jahre 2012 durchgehend bewirtschaftet und die tatsächliche Bewirtschaftung durch die vorgelegten Bescheinigungen der Lohnunternehmer nachgewiesen. Verbotene Eigenmacht habe er nicht begangen. Zwar habe die vorläufige Besitzeinweisung der Bezirksregierung E. vom 25. November 2011 Bestandskraft erlangt, dies bedeute aber nicht, dass sein Bruder hierdurch ab dem 01. Dezember 2011 auch den unmittelbaren Besitz an der Fläche habe. Hierzu hätte es eines weiteren Rechtsaktes bedurft, wie dies z.B. in Fällen der streitigen Auflösung von Pachtverhältnissen der Fall sei. Darüber hinaus hätte die Bezirksregierung E. mit Blick darauf, dass das Flurbereinigungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, gar keine vorläufige Besitzeinweisung vornehmen dürfen. Hinzu komme, dass das Urteil des Amtsgerichts Halle vom 16. Oktober 2012 – 2 C 280/08 – erst mit der Rücknahme der Berufung am 09. Juli 2013 vor dem Landgericht Bielefeld Rechtskraft erlangt habe. So lange habe das Betretungs- und Befahrungsverbot für seinen Bruder bezüglich der streitbefangenen Fläche Bestand gehabt. Darüber hinaus sei er als Eigentümer der Fläche zur Ausübung des Besitzrechtes berechtigt. 12Der Kläger beantragt, 13der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 22. Januar 2013 verpflichtet, ihm auf seinen Antrag vom 24. April 2012 zusätzlich für die Fläche laufende Feldblocknummer 11, Feldblock für den doppelt beantragten Überlauf von 141,44 ha Betriebsprämie 2012 zu gewähren. 15Der Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Er macht geltend, auf die tatsächliche Nutzung der streitbefangenen Fläche durch den Kläger komme es nicht an. Mit Blick darauf, dass die vorläufige Besitzeinweisung seitens der Bezirksregierung E. Bestandskraft erlangt habe, sei der Bruder des Klägers mit Wirkung ab dem 01. Dezember 2011 unmittelbarer Besitzer der streitbefangenen Fläche geworden. Die Einräumung des unmittelbaren Besitzes ergebe sich unmittelbar aus der entsprechenden Verfügung der Bezirksregierung E. . Für die Frage der rechtmäßigen Bewirtschaftung einer Fläche komme es nicht auf eigentumsrechtliche, sondern allein auf besitzrechtliche Verhältnisse an der Fläche an. Die streitbefangene Fläche sei dem Betrieb des Klägers daher nicht zuzurechnen gewesen. Überdies liege ein Fall der verbotenen Eigenmacht vor. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Heft) Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die statthafte Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg. Das Gericht lässt offen, ob und in welchem Umfang das Schreiben des Beklagten vom 25. Januar 2013 Auswirkungen auf das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers hat, denn die Klage ist in jedem Fall unbegründet. 21Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Betriebsprämie für das Jahr 2012 in Höhe von 447,32 € (1,44 x 310,64 €) für weitere 1,44 ha bezüglich der Fläche mit der lfd. Nr. 11 des Flächenverzeichnisses Feldblock. Der insoweit entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 22. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 VwGO). 22Nach Art. 33 und 34 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 kann der Betriebsinhaber die Betriebsprämienregelung nur in Anspruch nehmen, wenn er über entsprechende Zahlungsansprüche und beihilfefähige Flächen verfügt. Gemäß Art. 34 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 wird dem Betriebsinhaber grundsätzlich eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähiger Hektarfläche gewährt. Nach Art. 35 der vorgenannten Verordnung hat der Betriebsinhaber die Parzellen anzumelden, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Diese Parzellen müssen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedsstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen. § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie – Betriebsprämiendurchführungsverordnung (BetrPrämDurchfV) i.V.m. § 7 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoSV) bestimmt insoweit, dass der 15. Mai des Jahres, für das die Zahlung beantragt wird, der maßgebliche Zeitpunkt ist. Ausgehend hiervon, kann nur derjenige eine Betriebsprämienzahlung gewährt bekommen, der am 15. Mai 2012 über die streitbefangene Fläche verfügte. 23Zur Frage, wann eine Fläche einem landwirtschaftlichen Betrieb zur Verfügung steht, hat der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 14. Oktober 2010 – C 61/09 –, juris) hinsichtlich Art. 44 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 entschieden, dass die Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Betrieb des Landwirts nicht voraussetze, dass sie diesem aufgrund eines Pachtvertrages oder eines anderen gleichartigen Überlassungsvertrages gegen Entgelt zur Verfügung stehe. Weder Abs. 2 noch Abs. 3 des Art. 44 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 bestimme näher die Art des Rechtsverhältnisses, auf dessen Grundlage die betreffende Fläche genutzt werde. Die Fläche gehöre dann zum Betrieb des Landwirtes, wenn dieser befugt sei, sie zum Zwecke der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwalten. Der Begriff der Verwaltung bedeute dabei nicht, dass dem Landwirt uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die Fläche in Bezug auf deren landwirtschaftliche Nutzung zustehen müsse. Der Landwirt müsse jedoch hinsichtlich dieser Fläche über eine hinreichende Selbständigkeit bei der Ausübung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügen, also in der Lage sein, bei der Nutzung der betreffenden Fläche eine gewisse Entscheidungsbefugnis auszuüben. Darüber hinaus dürften die streitigen Flächen in dieser Zeit nicht von einem Dritten landwirtschaftlich genutzt werden. Um zu verhindern, dass mehrere Landwirte geltend machten, dass die betreffenden Parzellen zu ihrem Betrieb gehörten, sei es nämlich erforderlich, dass diese Flächen in dieser Zeit nicht im Sinne der Betriebsprämienregelung dem Betrieb anderer Landwirte zugeordnet werden könnten. 24Diese Ausführungen des EuGH sind in der Rechtsprechung der nationalen Gerichte – mit zum Teil unterschiedlicher Akzentuierung – berücksichtigt worden. Das OVG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 05. Mai 2011 – 2 L 170/09 –, juris Rdnr. 60) sieht es für die Zuordnung einer Fläche zu einem Betrieb für erforderlich an, dass der jeweilige Betriebsinhaber auch zur Nutzung der betreffenden Fläche berechtigt ist. Das Sächsische OVG (Beschluss vom 01. November 2012 – 1 A 613/09 –, juris Rdnr. 6) ordnet tatsächliche Maßnahmen der Bewirtschaftung dem nach nationalem Recht Nutzungsberechtigten zu. Nach dem Bay. VGH (Beschluss vom 30. Januar 2012 – 21 ZB 11.223 –, juris Rdnr. 5) ist bei Doppelbeantragungen der ordnungsgemäße Nachweis des Nutzungsrechts sogar stets eine zwingende Voraussetzung für die Beantragung der Förderung. Das VG Augsburg hat in jüngster Zeit (Urteil vom 16. April 2013 – Au 3 K 12.158 –, juris Rdnr. 31 m.w.N) die zu dem Thema ergangene Rechtsprechung dahingehend zusammengefasst, dass für die Frage nach der subjektiven Zuordnung der Flächen vorrangig auf die tatsächliche Nutzung im maßgeblichen Zeitpunkt, d.h. die tatsächliche Bewirtschaftung abzustellen ist. Lediglich in den Fällen, in denen von mehreren Antragstellern gleichzeitig eine Förderung in Bezug auf ein und dieselbe Fläche beansprucht wird („Doppelantragstellung“), sowie bei angemaßter Besitzerstellung aufgrund verbotener Eigenmacht soll ergänzend die zivilrechtlich-vertragliche Nutzungsberechtigung als Kollisionsregel herangezogen werden. 25Ausgehend hiervon scheidet eine Zuordnung der streitbefangenen Fläche zum Betrieb des Klägers aus. Im vorliegenden Fall ist – und dies hat der Beklagte nicht in Abrede gestellt – zwar eine tatsächliche Nutzung der streitbefangenen Fläche durch den Kläger gegeben. Dies ergibt sich bereits aus den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheinigungen und Rechnungen der Lohnunternehmer bezüglich der für das Jahr 2012 geleisteten Arbeiten. Gleichwohl war die streitbefangene Fläche im Rahmen der Gewährung von Betriebsprämie 2012 nicht dem klägerischen Betrieb zuzurechnen, da der Kläger mit Blick auf die sofort vollziehbare und bestandskräftige zu Gunsten seines Bruders ergangene vorläufige Besitzeinweisung der Bezirksregierung E. vom 25. November 2011 nicht befugt war, die Fläche ab dem 01. Dezember 2011 zu nutzen. Da keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Verfügung vom 25. November 2011 gegeben sind, kann offen bleiben, ob diese überhaupt ergehen durfte. 26Mit der vorläufigen Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG und dem Übergang von Besitz und Nutzung nach § 66 FlurbG treten nur die aus dem Besitz folgenden Rechtswirkungen ein. Es gehen mit dem Besitz die Verwaltung und die Nutzung der neuen Grundstücke auf die Empfänger über. Die Teilnehmer bleiben Eigentümer der betroffenen Grundstücke. Eine Handlung der Teilnehmer für den Besitzübergang, d.h. eine Besitzergreifung, ist nicht erforderlich. Es bedarf – entgegen der Auffassung des Klägers – daher keiner Übergabe des Grundstücks zur Begründung des Besitzes (vgl. § 854 BGB), der Besitz geht vielmehr durch die Anordnung selbst zu dem in den Überleitungsbestimmungen festgesetzten Zeitpunkt kraft Gesetzes auf den Empfänger über wie im Erbfall. 27Vgl. Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, Kommentar, 8. Auflage 2008, § 66 Rdnr. 1; Steuer, Flurbereinigungsgesetz, Kommentar, 1956, § 66 Seite 226. 28Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall ein Fall der sog. verbotenen Eigenmacht i.S.d. §§ 858, 861 BGB gegeben. Verbotene Eigenmacht im vorgenannten Sinne kann nur gegen den unmittelbaren Besitzer, nicht aber gegen einen mittelbaren Besitzer verübt werden. 29Vgl. BGH, Urteil vom 06. Juli 1977 – VIII ZR 277/75 –, juris. 30Eine angemaßte Besitzerstellung des Klägers ergibt sich hier daraus, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die Bewirtschaftung der Fläche seinen Bruder, mithin den unmittelbaren Besitzer, aus dessen Besitzerstellung gedrängt und ihm so den Besitz daran entzogen hatte. Unerheblich ist dabei, dass das Amtsgericht Halle (Westfalen) erst mit Urteil vom 16. Oktober 2012 – 2 C 280/08 – das Betretungs- und Befahrverbot zu Lasten des Bruders des Klägers aufgehoben hat. Wie bereits oben dargetan, ist dem Bruder des Klägers mit der Verfügung vom 25. November 2011 unmittelbar das Besitz- und Nutzungsrecht ab dem 01. Dezember 2011 kraft Gesetzes – und damit unabhängig von der Rechtswirkung des vorgenannten Urteils – eingeräumt worden. 31Entgegen der Auffassung des Klägers konnte er aus seiner Stellung als Eigentümer der Fläche auch kein Besitzrecht ableiten. Die eingewiesenen Besitzer genießen ab dem jeweiligen Stichtag Besitzschutz auch gegenüber dem Eigentümer nach §§ 861, 862 BGB. 32 Vgl. Schwantag/Wingerter, a.a.O., § 66 Rdnr. 2. 33Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abzuwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der kläger und sein bruder betreiben landwirtschaft. sie sind mit ihren flächen am flurbereinigungsverfahren c. beteiligt. aufgrund von erbfolge wurde der kläger am 19. januar 2007 als eigentümer u.a. von mehreren landwirtschaftlich genutzten flächen ins grundbuch eingetragen. ein teil der flächen, zu diesen zählt die fläche gemarkung (neu), war an seinen bruder verpachtet gewesen. diesen pachtvertrag kündigte der kläger. mit urteil des amtsgerichts halle (westfalen) vom 17. april 2008 – 2 c 280/08 – wurde dem bruder des klägers in einem einstweiligen verfügungsverfahren das betreten dieser grundstücke verboten und zugleich bestätigt, dass dem kläger das besitzrecht an den grundstücken zustehe. im tatbestand des urteils heißt es: „die parteien sind brüder, aber verfeindet.“ 3im rahmen des flurbereinigungsverfahrens ist allen beteiligten im september 2011 ein endgültiger abwicklungsplan bekanntgegeben worden. gegen diesen flurbereinigungsplan erhob der kläger klage vor dem oberverwaltungsgericht des landes nordrhein-westfalen – 9a d 79/11.g –, über die noch nicht entschieden ist. am 25. november 2011 erließ die bezirksregierung e. auf grundlage der §§ 65 und 62 abs. 2 und 3 flurbereinigungsgesetz (flurbg) eine vorläufige besitzeinweisung mit überleitungsbestimmungen – für den bruder des klägers bezüglich der fläche gemarkung (neu) –, die für sofort vollziehbar erklärt wurde. in der vorläufigen besitzeinweisung mit überleitungsbestimmungen heißt es unter punkt 2: „mit dem in den überleitungsbestimmungen bestimmten zeitpunkt 01.12.2011 gehen der besitz, die verwaltung und die nutzung der neuen grundstücke auf die in der neuen feldeinteilung benannten empfänger über (§ 66 abs. 1 flurbg). die besitz-, verwaltungs- und nutzungsrechte an den alten grundstücken erlöschen. gleichwohl bleiben die teilnehmer zunächst noch eigentümer ihrer alten grundstücke“. die vorläufige besitzeinweisung mit überleitungsbestimmungen erlangte bestandskraft. 4am 24. april 2012 stellte der kläger beim beklagten einen antrag auf gewährung von betriebsprämie 2012. in seinem flächenverzeichnis gab er unter lfd. nr. 11 auch die fläche gemarkung mit einer größe von 1,79 ha an. 5am 21. mai 2012 begann der bruder des klägers auf der o.g. fläche gras zu mähen. der kläger untersagt ihm daraufhin mit polizeilicher hilfe die fortsetzung der mäharbeiten und berief sich ausdrücklich auf das im verfahren 2 c 280/08 ergangene urteil des amtsgerichts halle (westfalen). 6mit schreiben vom 28. august 2012 hörte der beklagte den kläger dazu an, dass auch sein bruder bezüglich der streitbefangenen fläche einen antrag auf auszahlung der betriebsprämie gestellt habe. daraufhin übersandte der kläger das urteil des amtsgerichts halle (westfalen) und verwies sinngemäß darauf, dass er die fläche rechtmäßig genutzt habe. 7mit urteil vom 16. oktober 2012 hob das amtsgericht halle (westfalen) im verfahren 2 c 280/08 die einstweilige verfügung vom 07. april 2008 hinsichtlich des grundstücks gemarkungauf. zur begründung führte es an, der bruder des klägers habe glaubhaft gemacht, dass aufgrund des bescheides der bezirksregierung e. vom 25. november 2011 über die vorläufige besitzeinweisung mit überleitungsbestimmungen seit dem 01. dezember 2011 die bestehenden besitz-, verwaltungs- und nutzungsrechte an dem grundstück gemarkung (neu) erloschen seien. der besitz sei daher ab dem 01. dezember 2011 auf den bruder des klägers übergegangen. die flurbereinigungsbehörde habe die sofortige vollziehung angeordnet. ein antrag auf wiederherstellung der aufschiebenden wirkung sei nicht gestellt und durchgesetzt worden. ungeachtet der klage gegen die endgültige ausführungsanordnung müsse der kläger die vorläufige besitzeinweisung respektieren. 8unter dem 31. oktober 2012 übersandte der bruder des klägers dem beklagten eine ausfertigung des vorgenannten urteils vom 16. oktober 2012 und wies darauf hin, dass, soweit der kläger auf der streitbefangenen fläche gearbeitet habe, es sich bei der bewirtschaftung um verbotene eigenmacht i.s.d. § 858 bgb gehandelt habe. 9im dezember 2012 legte der kläger dem beklagten eine rechnung vom 22. oktober 2012 des lohnbetriebes h. über mäharbeiten und das umpacken von heu im oktober 2012 sowie eine bestätigung des lohnunternehmers everding vom 17. november 2012 über eine heuernte im juni 2012 auf dem grundstück (neu) vor. 10mit bescheid vom 22. januar 2013 gewährte der beklagte dem kläger auf seinen antrag vom 24. april 2012 betriebsprämie 2012 in höhe von 3.143,68 €. dabei erkannte er hinsichtlich der lfd. nr. 11 des flächenverzeichnisses teilschlag 8 a statt beantragter 1,79 ha eine fläche von 0,35 ha an. ferner teilte er dem kläger mit schreiben vom 25. januar 2013 mit, er sichere ihm schriftlich zu, dass er auch nach ablauf der klagefrist von einem monat gegen den im betreff genannten bescheid die sach- und rechtslage erneut überprüfen und dann einen entweder inhaltlich gleichen oder geänderten bescheid erlassen werde. mit dem erlass des dann inhaltlich gleichlautenden oder geänderten bescheides beginne die klagefrist von einem monat erneut zu laufen. den bisher erlassenen bescheid werde er dann aufheben. 11am 18. februar 2013 hat der kläger klage erhoben. zur begründung macht er geltend, ihm stehe betriebsprämie 2012 für die fläche gemarkung, (neu) in einem umfang von weiteren 1,44 ha zu. er habe diese fläche im jahre 2012 durchgehend bewirtschaftet und die tatsächliche bewirtschaftung durch die vorgelegten bescheinigungen der lohnunternehmer nachgewiesen. verbotene eigenmacht habe er nicht begangen. zwar habe die vorläufige besitzeinweisung der bezirksregierung e. vom 25. november 2011 bestandskraft erlangt, dies bedeute aber nicht, dass sein bruder hierdurch ab dem 01. dezember 2011 auch den unmittelbaren besitz an der fläche habe. hierzu hätte es eines weiteren rechtsaktes bedurft, wie dies z.b. in fällen der streitigen auflösung von pachtverhältnissen der fall sei. darüber hinaus hätte die bezirksregierung e. mit blick darauf, dass das flurbereinigungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, gar keine vorläufige besitzeinweisung vornehmen dürfen. hinzu komme, dass das urteil des amtsgerichts halle vom 16. oktober 2012 – 2 c 280/08 – erst mit der rücknahme der berufung am 09. juli 2013 vor dem landgericht bielefeld rechtskraft erlangt habe. so lange habe das betretungs- und befahrungsverbot für seinen bruder bezüglich der streitbefangenen fläche bestand gehabt. darüber hinaus sei er als eigentümer der fläche zur ausübung des besitzrechtes berechtigt. 12der kläger beantragt, 13der beklagte wird unter teilweiser aufhebung des bescheides vom 22. januar 2013 verpflichtet, ihm auf seinen antrag vom 24. april 2012 zusätzlich für die fläche laufende feldblocknummer 11, feldblock für den doppelt beantragten überlauf von 141,44 ha betriebsprämie 2012 zu gewähren. 15der beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17er macht geltend, auf die tatsächliche nutzung der streitbefangenen fläche durch den kläger komme es nicht an. mit blick darauf, dass die vorläufige besitzeinweisung seitens der bezirksregierung e. bestandskraft erlangt habe, sei der bruder des klägers mit wirkung ab dem 01. dezember 2011 unmittelbarer besitzer der streitbefangenen fläche geworden. die einräumung des unmittelbaren besitzes ergebe sich unmittelbar aus der entsprechenden verfügung der bezirksregierung e. . für die frage der rechtmäßigen bewirtschaftung einer fläche komme es nicht auf eigentumsrechtliche, sondern allein auf besitzrechtliche verhältnisse an der fläche an. die streitbefangene fläche sei dem betrieb des klägers daher nicht zuzurechnen gewesen. überdies liege ein fall der verbotenen eigenmacht vor. 18wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die verwaltungsvorgänge des beklagten (1 heft) bezug genommen. 19 | 20die statthafte verpflichtungsklage hat keinen erfolg. das gericht lässt offen, ob und in welchem umfang das schreiben des beklagten vom 25. januar 2013 auswirkungen auf das rechtsschutzbedürfnis des klägers hat, denn die klage ist in jedem fall unbegründet. 21der kläger hat keinen anspruch auf die gewährung von betriebsprämie für das jahr 2012 in höhe von 447,32 € (1,44 x 310,64 €) für weitere 1,44 ha bezüglich der fläche mit der lfd. nr. 11 des flächenverzeichnisses feldblock. der insoweit entgegenstehende bescheid des beklagten vom 22. januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 und abs. 1 vwgo). 22nach art. 33 und 34 abs. 1 der verordnung (eg) nr. 73/2009 kann der betriebsinhaber die betriebsprämienregelung nur in anspruch nehmen, wenn er über entsprechende zahlungsansprüche und beihilfefähige flächen verfügt. gemäß art. 34 abs. 1 der verordnung (eg) nr. 73/2009 wird dem betriebsinhaber grundsätzlich eine stützung im rahmen der betriebsprämienregelung bei aktivierung eines zahlungsanspruchs je beihilfefähiger hektarfläche gewährt. nach art. 35 der vorgenannten verordnung hat der betriebsinhaber die parzellen anzumelden, die der beihilfefähigen hektarfläche für jeden zahlungsanspruch entsprechen. diese parzellen müssen dem betriebsinhaber zu einem vom mitgliedsstaat festzusetzenden zeitpunkt zur verfügung stehen. § 3 abs. 1 der verordnung zur durchführung der einheitlichen betriebsprämie – betriebsprämiendurchführungsverordnung (betrprämdurchfv) i.v.m. § 7 der verordnung über die durchführung von stützungsregelungen und des integrierten verwaltungs- und kontrollsystems (invekosv) bestimmt insoweit, dass der 15. mai des jahres, für das die zahlung beantragt wird, der maßgebliche zeitpunkt ist. ausgehend hiervon, kann nur derjenige eine betriebsprämienzahlung gewährt bekommen, der am 15. mai 2012 über die streitbefangene fläche verfügte. 23zur frage, wann eine fläche einem landwirtschaftlichen betrieb zur verfügung steht, hat der europäische gerichtshof (urteil vom 14. oktober 2010 – c 61/09 –, juris) hinsichtlich art. 44 abs. 2 der verordnung (eg) nr. 1782/2003 entschieden, dass die zuordnung einer landwirtschaftlichen fläche zum betrieb des landwirts nicht voraussetze, dass sie diesem aufgrund eines pachtvertrages oder eines anderen gleichartigen überlassungsvertrages gegen entgelt zur verfügung stehe. weder abs. 2 noch abs. 3 des art. 44 der verordnung (eg) nr. 1782/2003 bestimme näher die art des rechtsverhältnisses, auf dessen grundlage die betreffende fläche genutzt werde. die fläche gehöre dann zum betrieb des landwirtes, wenn dieser befugt sei, sie zum zwecke der ausübung einer landwirtschaftlichen tätigkeit zu verwalten. der begriff der verwaltung bedeute dabei nicht, dass dem landwirt uneingeschränkte verfügungsgewalt über die fläche in bezug auf deren landwirtschaftliche nutzung zustehen müsse. der landwirt müsse jedoch hinsichtlich dieser fläche über eine hinreichende selbständigkeit bei der ausübung seiner landwirtschaftlichen tätigkeit verfügen, also in der lage sein, bei der nutzung der betreffenden fläche eine gewisse entscheidungsbefugnis auszuüben. darüber hinaus dürften die streitigen flächen in dieser zeit nicht von einem dritten landwirtschaftlich genutzt werden. um zu verhindern, dass mehrere landwirte geltend machten, dass die betreffenden parzellen zu ihrem betrieb gehörten, sei es nämlich erforderlich, dass diese flächen in dieser zeit nicht im sinne der betriebsprämienregelung dem betrieb anderer landwirte zugeordnet werden könnten. 24diese ausführungen des eugh sind in der rechtsprechung der nationalen gerichte – mit zum teil unterschiedlicher akzentuierung – berücksichtigt worden. das ovg sachsen-anhalt (urteil vom 05. mai 2011 – 2 l 170/09 –, juris rdnr. 60) sieht es für die zuordnung einer fläche zu einem betrieb für erforderlich an, dass der jeweilige betriebsinhaber auch zur nutzung der betreffenden fläche berechtigt ist. das sächsische ovg (beschluss vom 01. november 2012 – 1 a 613/09 –, juris rdnr. 6) ordnet tatsächliche maßnahmen der bewirtschaftung dem nach nationalem recht nutzungsberechtigten zu. nach dem bay. vgh (beschluss vom 30. januar 2012 – 21 zb 11.223 –, juris rdnr. 5) ist bei doppelbeantragungen der ordnungsgemäße nachweis des nutzungsrechts sogar stets eine zwingende voraussetzung für die beantragung der förderung. das vg augsburg hat in jüngster zeit (urteil vom 16. april 2013 – au 3 k 12.158 –, juris rdnr. 31 m.w.n) die zu dem thema ergangene rechtsprechung dahingehend zusammengefasst, dass für die frage nach der subjektiven zuordnung der flächen vorrangig auf die tatsächliche nutzung im maßgeblichen zeitpunkt, d.h. die tatsächliche bewirtschaftung abzustellen ist. lediglich in den fällen, in denen von mehreren antragstellern gleichzeitig eine förderung in bezug auf ein und dieselbe fläche beansprucht wird („doppelantragstellung“), sowie bei angemaßter besitzerstellung aufgrund verbotener eigenmacht soll ergänzend die zivilrechtlich-vertragliche nutzungsberechtigung als kollisionsregel herangezogen werden. 25ausgehend hiervon scheidet eine zuordnung der streitbefangenen fläche zum betrieb des klägers aus. im vorliegenden fall ist – und dies hat der beklagte nicht in abrede gestellt – zwar eine tatsächliche nutzung der streitbefangenen fläche durch den kläger gegeben. dies ergibt sich bereits aus den im verwaltungsverfahren vorgelegten bescheinigungen und rechnungen der lohnunternehmer bezüglich der für das jahr 2012 geleisteten arbeiten. gleichwohl war die streitbefangene fläche im rahmen der gewährung von betriebsprämie 2012 nicht dem klägerischen betrieb zuzurechnen, da der kläger mit blick auf die sofort vollziehbare und bestandskräftige zu gunsten seines bruders ergangene vorläufige besitzeinweisung der bezirksregierung e. vom 25. november 2011 nicht befugt war, die fläche ab dem 01. dezember 2011 zu nutzen. da keine anhaltspunkte für eine nichtigkeit der verfügung vom 25. november 2011 gegeben sind, kann offen bleiben, ob diese überhaupt ergehen durfte. 26mit der vorläufigen besitzeinweisung nach § 65 flurbg und dem übergang von besitz und nutzung nach § 66 flurbg treten nur die aus dem besitz folgenden rechtswirkungen ein. es gehen mit dem besitz die verwaltung und die nutzung der neuen grundstücke auf die empfänger über. die teilnehmer bleiben eigentümer der betroffenen grundstücke. eine handlung der teilnehmer für den besitzübergang, d.h. eine besitzergreifung, ist nicht erforderlich. es bedarf – entgegen der auffassung des klägers – daher keiner übergabe des grundstücks zur begründung des besitzes (vgl. § 854 bgb), der besitz geht vielmehr durch die anordnung selbst zu dem in den überleitungsbestimmungen festgesetzten zeitpunkt kraft gesetzes auf den empfänger über wie im erbfall. 27vgl. schwantag/wingerter, flurbereinigungsgesetz, kommentar, 8. auflage 2008, § 66 rdnr. 1; steuer, flurbereinigungsgesetz, kommentar, 1956, § 66 seite 226. 28darüber hinaus ist im vorliegenden fall ein fall der sog. verbotenen eigenmacht i.s.d. §§ 858, 861 bgb gegeben. verbotene eigenmacht im vorgenannten sinne kann nur gegen den unmittelbaren besitzer, nicht aber gegen einen mittelbaren besitzer verübt werden. 29vgl. bgh, urteil vom 06. juli 1977 – viii zr 277/75 –, juris. 30eine angemaßte besitzerstellung des klägers ergibt sich hier daraus, dass er zum zeitpunkt der antragstellung durch die bewirtschaftung der fläche seinen bruder, mithin den unmittelbaren besitzer, aus dessen besitzerstellung gedrängt und ihm so den besitz daran entzogen hatte. unerheblich ist dabei, dass das amtsgericht halle (westfalen) erst mit urteil vom 16. oktober 2012 – 2 c 280/08 – das betretungs- und befahrverbot zu lasten des bruders des klägers aufgehoben hat. wie bereits oben dargetan, ist dem bruder des klägers mit der verfügung vom 25. november 2011 unmittelbar das besitz- und nutzungsrecht ab dem 01. dezember 2011 kraft gesetzes – und damit unabhängig von der rechtswirkung des vorgenannten urteils – eingeräumt worden. 31entgegen der auffassung des klägers konnte er aus seiner stellung als eigentümer der fläche auch kein besitzrecht ableiten. die eingewiesenen besitzer genießen ab dem jeweiligen stichtag besitzschutz auch gegenüber dem eigentümer nach §§ 861, 862 bgb. 32 vgl. schwantag/wingerter, a.a.o., § 66 rdnr. 2. 33die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 34die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 vwgo i.v.m. den §§ 708 nr. 11, 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |
185,149 | 17 C 597/12 | 2014-01-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung einer Sicherheit i. H. v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt von der Beklagten die weitere Rückzahlung von geleisteten Beiträgen zuzüglich Zinsen aus einer vorzeitig beendeten Kapitallebensversicherung. 3Zwischen den Parteien wurde eine Kapitallebensversicherung zum 01.11.2003 zur Vertragsnummer 1-32.619.504-1 geschlossen. 4Mit Antrag vom 18.11.2003 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der …………………….., den Abschluss des Versicherungsvertrags. Auf den Inhalt des Antrags vom 18.11.2003 wird Bezug genommen (Bl. 105 d. A.). Nach Antragstellung erfolgte eine umfangreiche Gesundheitsprüfung der Klägerin. Danach wurde der Klägerin der fest verbundene, linksseitig geöste, 23- seitige Versicherungsschein einschließlich AVB und Verbraucherinformation übersandt. Der Versicherungsschein wurde am 15.01.2014 ausgefertigt. Auf Seite 1 des Versicherungsscheins befindet sich folgender Hinweis: 5„Es gelten die anwendbaren Versicherungsbedingungen und Tarifbestimmungen. Falls Sie nicht einverstanden sind, können Sie als Versicherungsnehmer innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins in Textform widersprechen. Weitere Einzelheiten zum Widerspruchsrecht finden sie in den Allgemeinen Informationen.“ 6Ferner befindet sich auf Seite 1 des Versicherungsscheines in fettgedruckter Schrift folgender Hinweis: 7„Die folgenden Angaben weichen vom Antrag ab und gelten gemäß § 5 des Versicherungsvertragsgesetzes als genehmigt, wenn die Versicherungsnehmerin nicht innerhalb eines Monats nach Empfang des Versicherungsscheines widerspricht: 8- Versicherungssumme im Erlebensfall und Versicherungssumme im Todesfall“ 9Die monatliche Beitragszahlung wurde auf 25,50 Euro festgesetzt. 10Unter den Allgemeinen Informationen, 1. Abschnitt, 5. Seite des Versicherungsscheines befindet sich unter der fettgedruckten Überschrift Verbraucherinformation, Widerspruchsrecht folgende zum Teil fettgedruckte Information: 11„Sie haben das Recht, dem Abschluss des Versicherungsvertrages innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses Versicherungsscheines, der Versicherungsbedingungen, der Tarifbestimmungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen in Textform zu widersprechen. Andernfalls gilt der Vertrag auf der Grundlage dieser Unterlagen als abgeschlossen. Die Frist beginnt mit deren vollständiger Überlassung. Zur Wahrung der Frist genügt das rechtzeitige Absenden des Widerspruchs. Das Recht zum Widerspruch erlischt spätestens ein Jahr nach Zahlung des ersten Beitrags“. 12Auf den übrigen Inhalt des Versicherungsscheines wird Bezug genommen (Bl. 106 ff. d. A.). 13Sämtliche vorgenannten Unterlagen sind der Klägerin zugegangen. Die Klägerin machte von ihrem Widerspruchsrecht zunächst keinen Gebrauch und nahm die monatlichen Beitragszahlungen auf. Der Monatsbeitrag von 25,50 Euro wurde erstmals zum 01.12.2004 und zuletzt zum 01.12.2011 gezahlt. Des Weiteren wurde die Klägerin nach Vertragsschluss jährlich über die Wertentwicklung des Vertrags informiert. 14Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.12.2011 widerrief die Klägerin gegenüber der Beklagten den streitgegenständlichen Vertrag und erklärte zugleich hilfsweise die Kündigung. 15Mit Schreiben vom 06.12.2011 bestätigte die Beklagte die Vertragsbeendigung zum 01.01.2012. Mit Schreiben vom 02.01.2012 berechnete die Beklagte den Rückkaufswert der Versicherung mit 1.014,03 Euro. Auf die Berechnung im Einzelnen wird Bezug genommen (Bl. 21 ff. d. A.). Der Rückkaufswert i. H. v. 1.014,03 Euro wurde an die Klägerin ausgezahlt. 16Mit der Klage begehrt die Klägerin nunmehr die Rückzahlung aller geleisteten Beiträge (2.499,00 Euro) abzüglich Rückkaufswert (1.014,03 Euro) zzgl. Zinsen auf alle Beiträge (848,15 Euro) sowie die Erstattung von außergerichtlichen Anwaltskosten. Bezüglich der Berechnung der Klageforderung wird auf die Forderungsaufstellung der Klägerin (Bl. 22 ff. d. A.) Bezug genommen. 17Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung. 18Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beitragszahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt seien. Sie habe dem Abschluss des schwebend unwirksamen Versicherungsvertrags wirksam widersprochen. 19Eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung sei nicht erfolgt. Aus diesem Grund habe ihr weiterhin das Widerrufsrecht nach § 5 a Abs. 1 VVG a. F. zugestanden. Ein Ausschluss des Widerrufsrechtes nach § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. liege nicht vor. 20Im Einzelnen ist die Klägerin der Ansicht, dass § 5 a VVG a. F. und das sogenannte Policenmodell europarechtswidrig seien. Die nachträgliche Übersendung von Verbraucherinformationen nach Antragsstellung stelle ein Verstoß gegen Art. 31 (1) i. V. m. Anhang II lit. A der Richtlinie 92/96 EWG und Art. 36 (1) i. V. m. Anhang III lit. A der Richtlinie 2002/83 G dar, da diese Richtlinien von einer vorvertraglichen Informationspflicht ausgingen. Durch die gleichzeitige Übersendung der Verbraucherinformationen und des Versicherungsscheines durch die Beklagte sei sie – die Klägerin – in ihrer vertraglichen Selbstbestimmung verletzt worden. 21Die Rechtsfolge der Europarechtswidrigkeit sei das Fortbestehen des Widerspruchsrechts. 22Die Klägerin ist zudem der Ansicht, dass sie nicht wirksam belehrt worden sei: Durch die gewählte Art und Weise der optischen Darstellung der hier vorliegenden Belehrung seien die Möglichkeiten des Verbrauchers, das ihm zustehende Widerspruchsrecht und seine Voraussetzungen zu entdecken, stark eingeschränkt. Die Benennung unterschiedlich langer Widerspruchsfristen mache den Wortlaut der Belehrung intransparent. Beim Durchblättern der mehrseitigen Vertragsunterlagen führe das überwiegend gleichbleibende Schriftbild nicht dazu, dass die eigentliche Belehrung ins Auge falle. 23Die Klägerin ist auch der Ansicht, dass die Belehrungen inhaltliche Mängel aufwiesen, da auf Seite 1 des Versicherungsscheines die Rede vom Fristbeginn „nach Erhalt des Versicherungsscheines“, während auf Seite 5 der Fristbeginn „ nach Zugang dieses Versicherungsscheines, der Versicherungsbedingungen, der Tarifbestimmungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen….“ eintreten solle. 24Die Belehrung sei zudem inhaltlich intransparent, da ihr nicht zu entnehmen sei, in welcher Form der Widerspruch erklärt werden könne und an wen er zu richten sei. 25Die Klägerin ist zudem der Ansicht, dass ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht keiner Verwirkung unterliege. Die Beklagte könne sich mangels Schutzbedürfnis auch nicht auf § 242 BGB berufen. 26Die Klägerin meint zudem, dass die Nichtangabe des effektiven Jahreszinses im Falle eine abweichenden Zahlungsvereinbarung gegen § 6 Abs. 1 der Preisangabenverordnung und gegen die §§ 499 Abs. 2, 502 Abs. 1 Nr. 4 BGB verstoße. Die Folge von diesem Rechtsverstoß sei ein nach dem Verbraucherkreditrecht nach § 495 BGB bestehendes generelles Widerrufrecht. Bei den verdeckten Prämienzuschlägen für unterjährige Zahlungen bei gleichzeitiger jährlicher Versicherungsperiode handele es sich um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub. 27Die Klägerin ist zuletzt der Ansicht, dass ihr unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns ein Anspruch auf Zahlung der Klageforderung zustünde. Die Berechnung des Rückkaufswertes durch die Beklagte sei nicht nachvollziehbar. 28Die Klägerin beantragt, 29die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.333,12 Euro zuzüglich weiterer Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.09.2012 sowie außergerichtliche Kosten i. H. v. 387,82 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 30Die Beklagte beantragt, 31 die Klage abzuweisen. 32Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin dem Vertragsschluss nicht wirksam widersprochen habe. Auf eine Europarechtswidrigkeit des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. komme es hier nicht an, da hier die kurze Frist des § 5 a Abs. 1 VVG a. F. einschlägig sei. 33Die Beklagte ist zudem der Ansicht, dass § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. europarechtskonform sei. 34Die Beklagte meint darüber hinaus, dass die streitgegenständliche Widerspruchsbelehrung den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Insbesondere sei sie hinreichend deutlich. Die Angabe eines Adressaten sei nicht erforderlich. 35Die Beklagte meint entgegen der Klägerin, dass ein Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditrecht nicht bestehe. Die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien stelle keine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs dar. 36Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Höhe der Klageforderung unschlüssig sei, da die Berechnung nicht nachvollziehbar, ein Rechtsgrund für die Geltendmachung von Zinsen nicht ersichtlich und die Geltendmachung von Zinseszinsen gesetzlich untersagt sei. 37Die Beklagte ist zuletzt der Ansicht, dass ein Widerrufsrecht der Klägerin jedenfalls verwirkt sei. Indem die Klägerin acht Jahre lang den Vertrag unbeanstandet habe laufen lassen, habe sie zu verstehen gegeben, dass sie den Vertrag durchführen werde und nicht widersprechen möchte. 38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 39Entscheidungsgründe: 40Die zulässige Klage ist unbegründet. 41Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung sämtlicher Versicherungsbeiträge aus § 812 Abs. 1 BGB. 42Die Lebensversicherung ist zwischen den Parteien wirksam geschlossen worden und nicht durch Widerruf i. S. d. § 5 a VVG (a. F.) rückwirkend aufgehoben worden. 43Der Vertragsschluss erfolgte nach § 5 a Absatz 1 und 2 VVG in der Fassung vom 13.7.2001 (gültig vom 01.8.2001 bis 7.12.2004). § 5 a VVG a. F. normiert das sogenannte Policenmodell. Hierbei erhält der Versicherungsnehmer die Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10 a VAG erst nach Antragstellung, zusammen mit dem Versicherungsschein. 44Ein solches Vorgehen ist nach § 5 a Abs. 1 VVG a. F. zulässig. In diesem Fall sieht § 5 a Abs. 1 VVG a. F. vor, dass der Vertrag auf Grundlage des Versicherungsscheines, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen gilt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterlagen in Textform widerspricht. 45Das Gericht folgt hier der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass das Policenmodell des § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. nicht gegen europäisches Recht verstößt (vgl. insbesondere LG Stuttgart, Urteil vom 20. November 2013 – 13 S 100/13 –, juris; OLG München, Urt. v. 20.06.2013, Az.: 14 U 103/13, VersR 2013, 1025). 46Diese Regelung genügt insbesondere den Vorgaben der Richtlinie 92/96/EWG (Art. 31 Abs. 1), bzw. der Richtlinie 2002/83 EG, wonach dem Versicherungsnehmer näher bezeichnete Verbraucherinformationen „vor Vertragsschluss“ mitzuteilen sind. 47Dabei ist die Formulierung „vor Vertragsschluss“ so zu verstehen, dass dem Versicherungsnehmer die Verbraucherinformationen vor dem bindenden Zustandekommen des Vertrags erteilt werden müssen. 48Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die rechtliche Konstruktion des § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. gewährleistet, dass der Versicherungsvertrag bei Erhalt der Verbraucherinformationen noch nicht bindet zustande gekommen, sondern bis zum Ablauf der Widerrufsfrist zunächst schwebend unwirksam ist (vgl. auch OLG München, Urt. v. 20.06.2013; Az.: 14 U 103/13, VersR 2013, 1025; AG Solingen, Urt. v. 15.03.2012, 12 C 340/11). 49Unerheblich ist, dass bei diesem Modell der schwebenden Unwirksamkeit nach § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a. F. die Widerrufslast beim Versicherungsnehmer liegt. Der Wirksamkeit des Policenmodells steht entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht entgegen, dass die Verbraucherinformation vor Vertragsschluss nach Erwägungsgründen der Richtlinie 92/96/EWG dazu dienen soll, den Verbraucher in die Lage zu versetzen, einen „seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen“. 50Diesem Erfordernis wird das Policenmodell dadurch gerecht, indem derjenige Verbraucher, der nach Erhalt der vorgeschriebenen Informationen zu dem Schluss gelangt, dass andere Angebote am Markt möglicherweise vorteilhafter sind, durch Widerspruch das Wirksamwerden des Vertrags verhindern kann (OLG München, Urt. v. 20.06.2013; Az.: 14 U 103/13, VersR 2013, 1025). 51Auch der BGH geht in seinem Vorlagebeschluss vom 28.03.2012 (IV ZR 76/11) von einer prinzipiellen Europarechtskonformität des sogenannten Policenmodells aus. In seinem Vorlagebeschluss an den EuGH vom 28.03.2012 (IV ZR 76/11 - VersR 2012, 608) äußert er lediglich Zweifel an der Europarechtskonformität von § 5 a Abs. 2. S. 4 VVG a. F. (BGH, Beschl. v. 28.03.2012 – IV ZR 76/11), wonach das Widerspruchsrechtes im Falle einer nicht ordnungsgemäßen oder unterlassenen Belehrung ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlöschen soll. Insoweit verhält sich das auf diesen Vorlagebeschluss ergangene Urteil des EuGH vom 19.12.2013 – C – 209/12 (BeckRS 2013, 82372) auch lediglich über die Europarechtswidrigkeit des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F.. 52Auf eine Europarechtswidrigkeit des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a. F. kommt es hier aber nicht an. Diese Vorschrift ist auf den streitgegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar, da die Klägerin ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt wurde. Aus diesem Grund gilt hier das 14-tägige Widerrufsrecht. 53Gemäß § 5 a Absatz 1 und 2 VVG in der Fassung vom 13.7.2001 (gültig vom 01.8.2001 bis 7.12.2004) betrug die Widerspruchsfrist 14 Tage. Der Lauf dieser Frist beginnt nach § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1, nämlich die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a.F. vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist (LG Köln, Urteil vom 13. Februar 2013 – 26 S 8/12 –, juris). 54Die hier auf Seite 5 des Versicherungsscheines erteilte Belehrung über das Widerspruchsrecht entspricht diesen Vorgaben. Denn sie ist drucktechnisch durch ihre fette Schriftart hervorgehoben. Zudem hebt sich die Belehrung durch ihre Stellung und ihrer ebenfalls fett gedruckten Überschrift in den Allgemeinen Informationen hervor. Die Belehrung über das Widerrufsrecht befindet sich auf der ersten Seite der Allgemeinen Informationen im ersten Abschnitt und ist mit der ebenfalls fett gedruckten Überschrift „Verbraucherinformation Widerspruchsrecht“ übertitelt. 55Dass es sich bei den Allgemeinen Informationen und den Versicherungsbedingungen um ein mehrseitiges Werk handelt, steht der Wirksamkeit der Belehrung nicht entgegen. Denn die Belehrung ist keinesfalls versteckt, sondern fällt direkt beim Aufschlagen der ersten Seite der Allgemeinen Informationen wegen ihrer fetten Druckart ins Auge. Der Umstand, dass auch weitere Wörter auf derselben Seite fett gedruckt sind, lenkt von der Belehrung nicht ab. Denn bei den weiteren fettgedruckten Wörtern handelt es sich lediglich um Überschriften, aber nicht vollständige Sätze. 56Zuletzt ist die Widerrufsbelehrung auch deshalb für den Verbraucher deutlich erkennbar, weil Seite 1 des Versicherungsscheines auf das Widerrufsrecht sowie die Belehrung in den Allgemeinen Informationen hinweist. Unschädlich ist insoweit, dass Seite 1 des Versicherungsscheines keine vollständige Belehrung enthält, da es sich hier lediglich um einen Verweis auf die vollständige Belehrung über das in den Allgemeinen Vertragsbedingungen zu findende Widerrufsrecht handelt. 57Auch ist der letzte Abschnitt auf Seite 1 des Versicherungsscheines nicht insofern irreführend, als dass dort auf ein Widerspruchsrecht binnen eines Monats nach § 5 VVG hingewiesen wird. Denn das dort genannte Widerspruchsrecht bezieht sich ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Belehrung nicht auf den gesamten Versicherungsvertrag, sondern ausschließlich auf die vom Antrag abweichenden Angaben, nämlich ausschließlich auf die Versicherungssumme im Erlebensfall und im Todesfall. 58Die Belehrung über das Widerrufsrecht in den Allgemeinen Informationen wird auch inhaltlich den Anforderungen des § 5 a Abs. 2 VVG a. F. gerecht. Die Klägerin wurde über den Fristbeginn („nach Zugang dieses Versicherungsscheines, der Versicherungsbedingungen, der Tarifbestimmungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen“) sowie die Dauer der Frist („14 Tage“) informiert. Ferner wurde sie darauf hingewiesen, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genügt. 59Es ist unschädlich, dass auf Seite 1 des Versicherungsscheines ein anderer Wortlaut („nach Erhalt des Versicherungsscheines“) gebraucht wird. Dies ist nicht irreführend, da es sich bei dem Text auf Seite 1 des Versicherungsscheines lediglich um einen Hinweis auf die in den Allgemeinen Informationen befindliche Belehrung und nicht um die vollständige Belehrung handelt. Der anderslautende Wortlaut hat zuletzt auch keine Auswirkungen auf das Verhalten des Verbrauches, da beide Ausdrucksweisen denselben Inhalt vermitteln, zumal sämtliche Unterlagen Teil des Versicherungsscheines sind. 60Ferner verweist die streitgegenständliche Belehrung auf die gesetzlich vorausgesetzte Form, nämlich Textform. Dass nicht im Einzelnen erläutert wird, was Textform bedeutet, führt jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit der Belehrung. Denn § 5 a VVG a. F. erfordert keine nähere Erläuterung des Begriffes der Textform. 61Auch führt die fehlende Nennung des Empfängers unmittelbar in der Widerspruchsbelehrung nicht zu deren Unwirksamkeit. § 5 a VVG a. F. sieht nicht vor, dass der Empfänger des Widerrufs in der Belehrung genannt werden muss. Im Übrigen ist die Anschrift des Vertragspartners hier unproblematisch auf Seite 1 des Versicherungsscheines finden. 62Nach alledem wurde die Klägerin wirksam belehrt, mit der Folge dass die vierzehntägige Widerrufsfrist hier einschlägig ist. 63Die Frist begann ab Erhalt des Versicherungsscheins nebst weiteren Unterlagen im Januar 2004 zu laufen und endete spätestens im Februar 2004. Der Versicherungsschein wurde im Januar 2004 ausgefertigt. Das Gericht geht nach dem Vortrag der Beklagten davon aus, dass der Versicherungsschein nach der körperlichen Untersuchung der Klägerin erstellt, danach versandt wurde und der Klägerin daraufhin zugegangen ist. Diesem Vortrag ist die Klägerin hier nicht entgegen getreten. 64Der Widerspruch vom 02.12.2011 erfolgte damit nach Ablauf der Frist. 65Darüber hinaus ist ein etwaiges Widerspruchsrecht unter den konkreten Umständen des Einzelfalles auch verwirkt. 66Der Vertrag ist beanstandungslos von Januar 2004 bis zum Widerspruch im Dezember 2011 von der Klägerin bedient worden. Ein Recht ist dann verwirkt, wenn der Berechtigte es über einen längeren Zeitraum hindurch nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich hierauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, weil er nach dem Verhalten des Berechtigten annehmen konnte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Sinn und Zweck des zeitlich befristeten Widerspruchsrechts nach § 5 a VVG a. F. war es, dem Versicherungsnehmer eine Überlegungsfrist einzuräumen und es ihm zu ermöglichen, sich von einem ggfls. übereilt getroffenen Entschluss, sich vertraglich gegenüber einem Versicherer zu binden, ohne Angabe von Gründen wieder lösen zu können (LG Köln, Urteil vom 13. Februar 2013 – 26 S 8/12 –, juris). 67Hier hat die Klägerin seit Vertragsbeginn über die gesamte Vertragslaufzeit von fast acht Jahren beanstandungslos die vereinbarten Prämien gezahlt und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie an dem Vertrag festhalten will. Angesichts dessen durfte die Beklagte auf den Bestand des Vertrags vertrauen. 68Die Beklagte ist hier auch schutzbedürftig. Wollte man nämlich dem Versicherungsnehmer bei einer unterbliebenen oder unrichtigen Widerspruchsbelehrung eine zeitlich unbegrenzte Widerspruchsmöglichkeit zugestehen, könnte der Versicherungsnehmer quasi kostenlosen Versicherungsschutz in Anspruch nehmen. Wenn der Versicherungsfall während der Vertragslaufzeit eintritt, kann er die Leistungen des Versicherers in Anspruch nehmen. Könnte er aber, wenn der Versicherungsfall demgegenüber nicht eintritt, nach längerer Vertragslaufzeit noch widersprechen und den Vertrag rückabwickeln, würde dies zu einer unvertretbaren Schlechterstellung des Versicherers und zu einem massiven Ungleichgewicht der beiderseitigen Leistungspflichten führen. Dies widerspricht eklatant dem Gedanken einer Risikoversicherung und dem Funktionieren der Versichertengemeinschaft (vgl. hierzu LG Köln, Urteil vom 13. Februar 2013 – 26 S 8/12 –, juris). 69Aus demselben Grund scheidet auch ein Widerruf nach dem Verbraucherkreditrecht nach §§ 495, 355 BGB aus. 70Nach alledem stehen der Klägerin keine Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen Widerrufs des Versicherungsvertrags zu. 71Da der Klägerin keinen Anspruch auf weitere Zahlung der geleisteten Beiträge aus ungerechtfertigter Bereicherung zusteht, kann sie auch nicht den hierauf entfallenden entgangenen Gewinn von der Beklagten verlangen. 72Die geltend gemachten Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung. 73Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 S. 2 analog ZPO. 74Streitwert: 2.333,12 Euro. 75Rechtsbehelfsbelehrung: 76Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 77a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 78b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 79Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Kleve, Schloßberg 1 (Schwanenburg), 47533 Kleve, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 80Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Kleve zu begründen. 81Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Kleve durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 82Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung gegen sicherheitsleistung i. h. v. 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung einer sicherheit i. h. v. 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klägerin begehrt von der beklagten die weitere rückzahlung von geleisteten beiträgen zuzüglich zinsen aus einer vorzeitig beendeten kapitallebensversicherung. 3zwischen den parteien wurde eine kapitallebensversicherung zum 01.11.2003 zur vertragsnummer 1-32.619.504-1 geschlossen. 4mit antrag vom 18.11.2003 beantragte die klägerin bei der rechtsvorgängerin der beklagten, der …………………….., den abschluss des versicherungsvertrags. auf den inhalt des antrags vom 18.11.2003 wird bezug genommen (bl. 105 d. a.). nach antragstellung erfolgte eine umfangreiche gesundheitsprüfung der klägerin. danach wurde der klägerin der fest verbundene, linksseitig geöste, 23- seitige versicherungsschein einschließlich avb und verbraucherinformation übersandt. der versicherungsschein wurde am 15.01.2014 ausgefertigt. auf seite 1 des versicherungsscheins befindet sich folgender hinweis: 5„es gelten die anwendbaren versicherungsbedingungen und tarifbestimmungen. falls sie nicht einverstanden sind, können sie als versicherungsnehmer innerhalb von 14 tagen nach erhalt des versicherungsscheins in textform widersprechen. weitere einzelheiten zum widerspruchsrecht finden sie in den allgemeinen informationen.“ 6ferner befindet sich auf seite 1 des versicherungsscheines in fettgedruckter schrift folgender hinweis: 7„die folgenden angaben weichen vom antrag ab und gelten gemäß § 5 des versicherungsvertragsgesetzes als genehmigt, wenn die versicherungsnehmerin nicht innerhalb eines monats nach empfang des versicherungsscheines widerspricht: 8- versicherungssumme im erlebensfall und versicherungssumme im todesfall“ 9die monatliche beitragszahlung wurde auf 25,50 euro festgesetzt. 10unter den allgemeinen informationen, 1. abschnitt, 5. seite des versicherungsscheines befindet sich unter der fettgedruckten überschrift verbraucherinformation, widerspruchsrecht folgende zum teil fettgedruckte information: 11„sie haben das recht, dem abschluss des versicherungsvertrages innerhalb von 14 tagen nach zugang dieses versicherungsscheines, der versicherungsbedingungen, der tarifbestimmungen und der weiteren für den vertragsinhalt maßgeblichen verbraucherinformationen in textform zu widersprechen. andernfalls gilt der vertrag auf der grundlage dieser unterlagen als abgeschlossen. die frist beginnt mit deren vollständiger überlassung. zur wahrung der frist genügt das rechtzeitige absenden des widerspruchs. das recht zum widerspruch erlischt spätestens ein jahr nach zahlung des ersten beitrags“. 12auf den übrigen inhalt des versicherungsscheines wird bezug genommen (bl. 106 ff. d. a.). 13sämtliche vorgenannten unterlagen sind der klägerin zugegangen. die klägerin machte von ihrem widerspruchsrecht zunächst keinen gebrauch und nahm die monatlichen beitragszahlungen auf. der monatsbeitrag von 25,50 euro wurde erstmals zum 01.12.2004 und zuletzt zum 01.12.2011 gezahlt. des weiteren wurde die klägerin nach vertragsschluss jährlich über die wertentwicklung des vertrags informiert. 14mit anwaltlichem schreiben vom 02.12.2011 widerrief die klägerin gegenüber der beklagten den streitgegenständlichen vertrag und erklärte zugleich hilfsweise die kündigung. 15mit schreiben vom 06.12.2011 bestätigte die beklagte die vertragsbeendigung zum 01.01.2012. mit schreiben vom 02.01.2012 berechnete die beklagte den rückkaufswert der versicherung mit 1.014,03 euro. auf die berechnung im einzelnen wird bezug genommen (bl. 21 ff. d. a.). der rückkaufswert i. h. v. 1.014,03 euro wurde an die klägerin ausgezahlt. 16mit der klage begehrt die klägerin nunmehr die rückzahlung aller geleisteten beiträge (2.499,00 euro) abzüglich rückkaufswert (1.014,03 euro) zzgl. zinsen auf alle beiträge (848,15 euro) sowie die erstattung von außergerichtlichen anwaltskosten. bezüglich der berechnung der klageforderung wird auf die forderungsaufstellung der klägerin (bl. 22 ff. d. a.) bezug genommen. 17die beklagte erhob die einrede der verjährung. 18die klägerin ist der ansicht, dass die beitragszahlungen ohne rechtsgrund erfolgt seien. sie habe dem abschluss des schwebend unwirksamen versicherungsvertrags wirksam widersprochen. 19eine ordnungsgemäße widerspruchsbelehrung sei nicht erfolgt. aus diesem grund habe ihr weiterhin das widerrufsrecht nach § 5 a abs. 1 vvg a. f. zugestanden. ein ausschluss des widerrufsrechtes nach § 5 a abs. 2 s. 4 vvg a. f. liege nicht vor. 20im einzelnen ist die klägerin der ansicht, dass § 5 a vvg a. f. und das sogenannte policenmodell europarechtswidrig seien. die nachträgliche übersendung von verbraucherinformationen nach antragsstellung stelle ein verstoß gegen art. 31 (1) i. v. m. anhang ii lit. a der richtlinie 92/96 ewg und art. 36 (1) i. v. m. anhang iii lit. a der richtlinie 2002/83 g dar, da diese richtlinien von einer vorvertraglichen informationspflicht ausgingen. durch die gleichzeitige übersendung der verbraucherinformationen und des versicherungsscheines durch die beklagte sei sie – die klägerin – in ihrer vertraglichen selbstbestimmung verletzt worden. 21die rechtsfolge der europarechtswidrigkeit sei das fortbestehen des widerspruchsrechts. 22die klägerin ist zudem der ansicht, dass sie nicht wirksam belehrt worden sei: durch die gewählte art und weise der optischen darstellung der hier vorliegenden belehrung seien die möglichkeiten des verbrauchers, das ihm zustehende widerspruchsrecht und seine voraussetzungen zu entdecken, stark eingeschränkt. die benennung unterschiedlich langer widerspruchsfristen mache den wortlaut der belehrung intransparent. beim durchblättern der mehrseitigen vertragsunterlagen führe das überwiegend gleichbleibende schriftbild nicht dazu, dass die eigentliche belehrung ins auge falle. 23die klägerin ist auch der ansicht, dass die belehrungen inhaltliche mängel aufwiesen, da auf seite 1 des versicherungsscheines die rede vom fristbeginn „nach erhalt des versicherungsscheines“, während auf seite 5 der fristbeginn „ nach zugang dieses versicherungsscheines, der versicherungsbedingungen, der tarifbestimmungen und der weiteren für den vertragsinhalt maßgeblichen verbraucherinformationen….“ eintreten solle. 24die belehrung sei zudem inhaltlich intransparent, da ihr nicht zu entnehmen sei, in welcher form der widerspruch erklärt werden könne und an wen er zu richten sei. 25die klägerin ist zudem der ansicht, dass ein zeitlich unbegrenztes widerrufsrecht keiner verwirkung unterliege. die beklagte könne sich mangels schutzbedürfnis auch nicht auf § 242 bgb berufen. 26die klägerin meint zudem, dass die nichtangabe des effektiven jahreszinses im falle eine abweichenden zahlungsvereinbarung gegen § 6 abs. 1 der preisangabenverordnung und gegen die §§ 499 abs. 2, 502 abs. 1 nr. 4 bgb verstoße. die folge von diesem rechtsverstoß sei ein nach dem verbraucherkreditrecht nach § 495 bgb bestehendes generelles widerrufrecht. bei den verdeckten prämienzuschlägen für unterjährige zahlungen bei gleichzeitiger jährlicher versicherungsperiode handele es sich um einen entgeltlichen zahlungsaufschub. 27die klägerin ist zuletzt der ansicht, dass ihr unter dem gesichtspunkt des entgangenen gewinns ein anspruch auf zahlung der klageforderung zustünde. die berechnung des rückkaufswertes durch die beklagte sei nicht nachvollziehbar. 28die klägerin beantragt, 29die beklagte zu verurteilen, an sie 2.333,12 euro zuzüglich weiterer zinsen über dem jeweils gültigen basiszinssatz seit dem 01.09.2012 sowie außergerichtliche kosten i. h. v. 387,82 euro nebst 5 % zinsen über dem jeweils gültigen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 30die beklagte beantragt, 31 die klage abzuweisen. 32die beklagte ist der ansicht, dass die klägerin dem vertragsschluss nicht wirksam widersprochen habe. auf eine europarechtswidrigkeit des § 5 a abs. 2 s. 4 vvg a. f. komme es hier nicht an, da hier die kurze frist des § 5 a abs. 1 vvg a. f. einschlägig sei. 33die beklagte ist zudem der ansicht, dass § 5 a abs. 2 s. 4 vvg a. f. europarechtskonform sei. 34die beklagte meint darüber hinaus, dass die streitgegenständliche widerspruchsbelehrung den gesetzlichen vorgaben entspreche. insbesondere sei sie hinreichend deutlich. die angabe eines adressaten sei nicht erforderlich. 35die beklagte meint entgegen der klägerin, dass ein widerrufsrecht nach dem verbraucherkreditrecht nicht bestehe. die vertraglich vereinbarte unterjährige zahlungsweise von versicherungsprämien stelle keine kreditgewährung in form eines entgeltlichen zahlungsaufschubs dar. 36die beklagte ist der ansicht, dass die höhe der klageforderung unschlüssig sei, da die berechnung nicht nachvollziehbar, ein rechtsgrund für die geltendmachung von zinsen nicht ersichtlich und die geltendmachung von zinseszinsen gesetzlich untersagt sei. 37die beklagte ist zuletzt der ansicht, dass ein widerrufsrecht der klägerin jedenfalls verwirkt sei. indem die klägerin acht jahre lang den vertrag unbeanstandet habe laufen lassen, habe sie zu verstehen gegeben, dass sie den vertrag durchführen werde und nicht widersprechen möchte. 38wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 39 | 40die zulässige klage ist unbegründet. 41die klägerin hat gegen die beklagte keinen anspruch aus ungerechtfertigter bereicherung auf rückzahlung sämtlicher versicherungsbeiträge aus § 812 abs. 1 bgb. 42die lebensversicherung ist zwischen den parteien wirksam geschlossen worden und nicht durch widerruf i. s. d. § 5 a vvg (a. f.) rückwirkend aufgehoben worden. 43der vertragsschluss erfolgte nach § 5 a absatz 1 und 2 vvg in der fassung vom 13.7.2001 (gültig vom 01.8.2001 bis 7.12.2004). § 5 a vvg a. f. normiert das sogenannte policenmodell. hierbei erhält der versicherungsnehmer die versicherungsbedingungen und verbraucherinformationen nach § 10 a vag erst nach antragstellung, zusammen mit dem versicherungsschein. 44ein solches vorgehen ist nach § 5 a abs. 1 vvg a. f. zulässig. in diesem fall sieht § 5 a abs. 1 vvg a. f. vor, dass der vertrag auf grundlage des versicherungsscheines, der versicherungsbedingungen und der weiteren für den vertragsinhalt maßgeblichen verbraucherinformationen als abgeschlossen gilt, wenn der versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn tagen nach überlassung der unterlagen in textform widerspricht. 45das gericht folgt hier der ganz herrschenden auffassung in rechtsprechung und literatur, dass das policenmodell des § 5 a abs. 1 satz 1 vvg a. f. nicht gegen europäisches recht verstößt (vgl. insbesondere lg stuttgart, urteil vom 20. november 2013 – 13 s 100/13 –, juris; olg münchen, urt. v. 20.06.2013, az.: 14 u 103/13, versr 2013, 1025). 46diese regelung genügt insbesondere den vorgaben der richtlinie 92/96/ewg (art. 31 abs. 1), bzw. der richtlinie 2002/83 eg, wonach dem versicherungsnehmer näher bezeichnete verbraucherinformationen „vor vertragsschluss“ mitzuteilen sind. 47dabei ist die formulierung „vor vertragsschluss“ so zu verstehen, dass dem versicherungsnehmer die verbraucherinformationen vor dem bindenden zustandekommen des vertrags erteilt werden müssen. 48diese voraussetzung ist hier erfüllt. die rechtliche konstruktion des § 5 a abs. 1 s. 1 vvg a. f. gewährleistet, dass der versicherungsvertrag bei erhalt der verbraucherinformationen noch nicht bindet zustande gekommen, sondern bis zum ablauf der widerrufsfrist zunächst schwebend unwirksam ist (vgl. auch olg münchen, urt. v. 20.06.2013; az.: 14 u 103/13, versr 2013, 1025; ag solingen, urt. v. 15.03.2012, 12 c 340/11). 49unerheblich ist, dass bei diesem modell der schwebenden unwirksamkeit nach § 5 a abs. 1 s. 1 vvg a. f. die widerrufslast beim versicherungsnehmer liegt. der wirksamkeit des policenmodells steht entgegen der auffassung der klägerin auch nicht entgegen, dass die verbraucherinformation vor vertragsschluss nach erwägungsgründen der richtlinie 92/96/ewg dazu dienen soll, den verbraucher in die lage zu versetzen, einen „seinen bedürfnissen am ehesten entsprechenden vertrag auszuwählen“. 50diesem erfordernis wird das policenmodell dadurch gerecht, indem derjenige verbraucher, der nach erhalt der vorgeschriebenen informationen zu dem schluss gelangt, dass andere angebote am markt möglicherweise vorteilhafter sind, durch widerspruch das wirksamwerden des vertrags verhindern kann (olg münchen, urt. v. 20.06.2013; az.: 14 u 103/13, versr 2013, 1025). 51auch der bgh geht in seinem vorlagebeschluss vom 28.03.2012 (iv zr 76/11) von einer prinzipiellen europarechtskonformität des sogenannten policenmodells aus. in seinem vorlagebeschluss an den eugh vom 28.03.2012 (iv zr 76/11 - versr 2012, 608) äußert er lediglich zweifel an der europarechtskonformität von § 5 a abs. 2. s. 4 vvg a. f. (bgh, beschl. v. 28.03.2012 – iv zr 76/11), wonach das widerspruchsrechtes im falle einer nicht ordnungsgemäßen oder unterlassenen belehrung ein jahr nach zahlung der ersten versicherungsprämie erlöschen soll. insoweit verhält sich das auf diesen vorlagebeschluss ergangene urteil des eugh vom 19.12.2013 – c – 209/12 (beckrs 2013, 82372) auch lediglich über die europarechtswidrigkeit des § 5 a abs. 2 s. 4 vvg a. f.. 52auf eine europarechtswidrigkeit des § 5 a abs. 2 s. 4 vvg a. f. kommt es hier aber nicht an. diese vorschrift ist auf den streitgegenständlichen sachverhalt nicht anwendbar, da die klägerin ordnungsgemäß über ihr widerrufsrecht belehrt wurde. aus diesem grund gilt hier das 14-tägige widerrufsrecht. 53gemäß § 5 a absatz 1 und 2 vvg in der fassung vom 13.7.2001 (gültig vom 01.8.2001 bis 7.12.2004) betrug die widerspruchsfrist 14 tage. der lauf dieser frist beginnt nach § 5 a abs. 2 satz 1 vvg a. f. erst, wenn dem versicherungsnehmer der versicherungsschein und die unterlagen nach absatz 1, nämlich die versicherungsbedingungen sowie die verbraucherinformation nach § 10 a vag a.f. vollständig vorliegen und der versicherungsnehmer bei aushändigung des versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher form über das widerspruchsrecht, den fristbeginn und die dauer belehrt worden ist (lg köln, urteil vom 13. februar 2013 – 26 s 8/12 –, juris). 54die hier auf seite 5 des versicherungsscheines erteilte belehrung über das widerspruchsrecht entspricht diesen vorgaben. denn sie ist drucktechnisch durch ihre fette schriftart hervorgehoben. zudem hebt sich die belehrung durch ihre stellung und ihrer ebenfalls fett gedruckten überschrift in den allgemeinen informationen hervor. die belehrung über das widerrufsrecht befindet sich auf der ersten seite der allgemeinen informationen im ersten abschnitt und ist mit der ebenfalls fett gedruckten überschrift „verbraucherinformation widerspruchsrecht“ übertitelt. 55dass es sich bei den allgemeinen informationen und den versicherungsbedingungen um ein mehrseitiges werk handelt, steht der wirksamkeit der belehrung nicht entgegen. denn die belehrung ist keinesfalls versteckt, sondern fällt direkt beim aufschlagen der ersten seite der allgemeinen informationen wegen ihrer fetten druckart ins auge. der umstand, dass auch weitere wörter auf derselben seite fett gedruckt sind, lenkt von der belehrung nicht ab. denn bei den weiteren fettgedruckten wörtern handelt es sich lediglich um überschriften, aber nicht vollständige sätze. 56zuletzt ist die widerrufsbelehrung auch deshalb für den verbraucher deutlich erkennbar, weil seite 1 des versicherungsscheines auf das widerrufsrecht sowie die belehrung in den allgemeinen informationen hinweist. unschädlich ist insoweit, dass seite 1 des versicherungsscheines keine vollständige belehrung enthält, da es sich hier lediglich um einen verweis auf die vollständige belehrung über das in den allgemeinen vertragsbedingungen zu findende widerrufsrecht handelt. 57auch ist der letzte abschnitt auf seite 1 des versicherungsscheines nicht insofern irreführend, als dass dort auf ein widerspruchsrecht binnen eines monats nach § 5 vvg hingewiesen wird. denn das dort genannte widerspruchsrecht bezieht sich ausweislich des eindeutigen wortlauts der belehrung nicht auf den gesamten versicherungsvertrag, sondern ausschließlich auf die vom antrag abweichenden angaben, nämlich ausschließlich auf die versicherungssumme im erlebensfall und im todesfall. 58die belehrung über das widerrufsrecht in den allgemeinen informationen wird auch inhaltlich den anforderungen des § 5 a abs. 2 vvg a. f. gerecht. die klägerin wurde über den fristbeginn („nach zugang dieses versicherungsscheines, der versicherungsbedingungen, der tarifbestimmungen und der weiteren für den vertragsinhalt maßgeblichen verbraucherinformationen“) sowie die dauer der frist („14 tage“) informiert. ferner wurde sie darauf hingewiesen, dass zur wahrung der frist die rechtzeitige absendung des widerspruchs genügt. 59es ist unschädlich, dass auf seite 1 des versicherungsscheines ein anderer wortlaut („nach erhalt des versicherungsscheines“) gebraucht wird. dies ist nicht irreführend, da es sich bei dem text auf seite 1 des versicherungsscheines lediglich um einen hinweis auf die in den allgemeinen informationen befindliche belehrung und nicht um die vollständige belehrung handelt. der anderslautende wortlaut hat zuletzt auch keine auswirkungen auf das verhalten des verbrauches, da beide ausdrucksweisen denselben inhalt vermitteln, zumal sämtliche unterlagen teil des versicherungsscheines sind. 60ferner verweist die streitgegenständliche belehrung auf die gesetzlich vorausgesetzte form, nämlich textform. dass nicht im einzelnen erläutert wird, was textform bedeutet, führt jedenfalls nicht zur unwirksamkeit der belehrung. denn § 5 a vvg a. f. erfordert keine nähere erläuterung des begriffes der textform. 61auch führt die fehlende nennung des empfängers unmittelbar in der widerspruchsbelehrung nicht zu deren unwirksamkeit. § 5 a vvg a. f. sieht nicht vor, dass der empfänger des widerrufs in der belehrung genannt werden muss. im übrigen ist die anschrift des vertragspartners hier unproblematisch auf seite 1 des versicherungsscheines finden. 62nach alledem wurde die klägerin wirksam belehrt, mit der folge dass die vierzehntägige widerrufsfrist hier einschlägig ist. 63die frist begann ab erhalt des versicherungsscheins nebst weiteren unterlagen im januar 2004 zu laufen und endete spätestens im februar 2004. der versicherungsschein wurde im januar 2004 ausgefertigt. das gericht geht nach dem vortrag der beklagten davon aus, dass der versicherungsschein nach der körperlichen untersuchung der klägerin erstellt, danach versandt wurde und der klägerin daraufhin zugegangen ist. diesem vortrag ist die klägerin hier nicht entgegen getreten. 64der widerspruch vom 02.12.2011 erfolgte damit nach ablauf der frist. 65darüber hinaus ist ein etwaiges widerspruchsrecht unter den konkreten umständen des einzelfalles auch verwirkt. 66der vertrag ist beanstandungslos von januar 2004 bis zum widerspruch im dezember 2011 von der klägerin bedient worden. ein recht ist dann verwirkt, wenn der berechtigte es über einen längeren zeitraum hindurch nicht geltend gemacht hat, der verpflichtete sich hierauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, weil er nach dem verhalten des berechtigten annehmen konnte, dass dieser sein recht nicht mehr geltend machen werde. sinn und zweck des zeitlich befristeten widerspruchsrechts nach § 5 a vvg a. f. war es, dem versicherungsnehmer eine überlegungsfrist einzuräumen und es ihm zu ermöglichen, sich von einem ggfls. übereilt getroffenen entschluss, sich vertraglich gegenüber einem versicherer zu binden, ohne angabe von gründen wieder lösen zu können (lg köln, urteil vom 13. februar 2013 – 26 s 8/12 –, juris). 67hier hat die klägerin seit vertragsbeginn über die gesamte vertragslaufzeit von fast acht jahren beanstandungslos die vereinbarten prämien gezahlt und dadurch zum ausdruck gebracht, dass sie an dem vertrag festhalten will. angesichts dessen durfte die beklagte auf den bestand des vertrags vertrauen. 68die beklagte ist hier auch schutzbedürftig. wollte man nämlich dem versicherungsnehmer bei einer unterbliebenen oder unrichtigen widerspruchsbelehrung eine zeitlich unbegrenzte widerspruchsmöglichkeit zugestehen, könnte der versicherungsnehmer quasi kostenlosen versicherungsschutz in anspruch nehmen. wenn der versicherungsfall während der vertragslaufzeit eintritt, kann er die leistungen des versicherers in anspruch nehmen. könnte er aber, wenn der versicherungsfall demgegenüber nicht eintritt, nach längerer vertragslaufzeit noch widersprechen und den vertrag rückabwickeln, würde dies zu einer unvertretbaren schlechterstellung des versicherers und zu einem massiven ungleichgewicht der beiderseitigen leistungspflichten führen. dies widerspricht eklatant dem gedanken einer risikoversicherung und dem funktionieren der versichertengemeinschaft (vgl. hierzu lg köln, urteil vom 13. februar 2013 – 26 s 8/12 –, juris). 69aus demselben grund scheidet auch ein widerruf nach dem verbraucherkreditrecht nach §§ 495, 355 bgb aus. 70nach alledem stehen der klägerin keine ansprüche aus ungerechtfertigter bereicherung wegen widerrufs des versicherungsvertrags zu. 71da der klägerin keinen anspruch auf weitere zahlung der geleisteten beiträge aus ungerechtfertigter bereicherung zusteht, kann sie auch nicht den hierauf entfallenden entgangenen gewinn von der beklagten verlangen. 72die geltend gemachten nebenforderungen teilen das schicksal der hauptforderung. 73die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 abs. 1, 708 nr. 11, 709 s. 2 analog zpo. 74streitwert: 2.333,12 euro. 75rechtsbehelfsbelehrung: 76gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 77a) wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 78b) wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 79die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht kleve, schloßberg 1 (schwanenburg), 47533 kleve, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 80die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht kleve zu begründen. 81die parteien müssen sich vor dem landgericht kleve durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 82mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. | Verklagte*r | 0 |
342,066 | 29 K 9053/19.A | 2021-11-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung von Ziffern 3., 4. , 5. und 6. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Dezember 2019 verpflichtet, der Klägerin den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die nach eigenen Angaben am 00.0.2000 in Jeddah/Saudi-Arabien geborene Klägerin ist somalische Staatsangehörige und stellte am 17. Oktober 2019 einen förmlichen Asylantrag. Zuvor hatte sie ausweislich des Eurodac-Ergebnisses bereits am 30. Oktober 2018 in Griechenland einen Asylantrag gestellt. Die Klägerin reiste gemeinsam mit ihrer am 00.00.2005 geborenen Schwester M X nach Deutschland ein. 3Bei ihren Anhörungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 17. Oktober 2019 sowie am 4. November 2019 machte die Klägerin im Wesentlichen folgende Angaben: Sie habe ihr Heimatland ca. 2018 verlassen und sei über die Türkei, Griechenland und Italien am 13. Oktober 2019 nach Deutschland eingereist. In Griechenland habe sie sich ca. ein Jahr aufgehalten. Ihr Reisepass sei ihr in der Türkei gestohlen worden. Bis zur Ausreise habe sie sich in Mogadischu, Stadtteil B aufgehalten. Ihr Vater sei verstorben, der Aufenthaltsort ihrer Mutter sei unbekannt. Sie seien 2013 aus Saudi-Arabien abgeschoben worden, wo sie mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern gelebt habe. Seitdem habe sie sich in Mogadischu aufgehalten. Sie habe noch fünf leibliche Geschwister. Ihre Mutter sowie ihre Schwestern hätten im Bereich Reinigung gearbeitet, das sei für den Lebensunterhalt nicht ausreichend gewesen. Nebenbei hätten sie auch die Schule besucht. Wegen des Onkels väterlicherseits, der aus der Stadt Merka komme, hätten ihre Schwester und sie Somalia verlassen. Die Ausreise habe die Mutter arrangiert, sie wisse nicht, wie sie das hinbekommen habe. Es sei alles sehr schnell gegangen, eine langzeitige Planung habe es nicht gegeben. Ein Schlepper sei mit ihnen in die Türkei gereist. Ihre Schwester, die mit ihr hier sei, sei krank und habe in Saudi-Arabien eine Herzoperation gehabt. Die Söhne ihres Onkels hätten ihre Mutter getroffen und gefragt, wer der Vater ihrer Kinder sei. Zwei, drei Tage später sei ihr Onkel zu ihnen nach Mogadischu gekommen und habe sie und ihre Schwester mit anderen Männern verheiraten wollen. Ihre Mutter habe das nicht gewollt und nach dem zweiten Besuch des Onkels endgültig nein gesagt. Er sei dann am nächsten Tag gekommen und habe sie und ihre Schwester gekidnappt. Er habe sie zum Haus seiner Söhne gebracht. Er habe sie auch geschlagen. Eine Woche lang seien sie dort unter Hausarrest gewesen. Dann seien sie und ihre Schwester geflohen und mit dem Bus zur Freundin ihrer Mutter gegangen, die die Mutter informiert habe. Die Männer, die sie heiraten sollten, hätten ihre Mutter angerufen und gefragt, wo sie sich befänden. Sie hätten gedroht, dass ihnen etwas zustoße, wenn ihre Mutter nicht verraten würde, wo sie seien. Sie seien dann ein paar Tage bei der Freundin ihre Mutter gewesen und dann mit dem Schlepper in die Türkei geflogen. Bevor der Onkel Kontakt mit ihrer Familie aufgenommen habe, hätten sie nicht einmal gewusst, dass sie einen Onkel hatten. Die Söhne seien nach Mogadischu gezogen und der Onkel lebe in Merka. Er und seine Söhne hätten sie gekidnappt und in ein Auto gezerrt. Sie seien in einem Zimmer eingeschlossen worden. Der Onkel habe sie geohrfeigt und mit einem Gürtel geschlagen, als sie ihm gesagt hätten, sie wollten nicht verheiratet werden. Ihnen sei die Flucht gelungen, als die Tür offenstand. Sie seien ein paar Tage bei der Freundin der Mutter geblieben. Dann seien sie mit dem Schlepper zum Flughafen Mogadischu gegangen. Er habe somalische Pässe gehabt und alles vorbereitet. Mit dem Flugzeug seien sie dann in die Türkei geflogen. Dort hätten sie sich mit der Verwandten der Freundin ihrer Mutter in Verbindung gesetzt, die sie in Istanbul abgeholt habe. Sie seien nach Sparta gefahren. Sie habe dort gearbeitet. Ihre Schwester sei sehr krank geworden. Über die Mutter hätten sie sich mit dem Schlepper in Verbindung gesetzt. Dieser habe gesagt, sie sollten nach Griechenland weiterreisen und dort zu einem Mann Kontakt aufnehmen, den er kannte. Von Sparta aus seien sie nach Izmir. Von dort hätten sie ein Boot genommen. Sie vermute, dass ihr Onkel zur al-Shabaab gehöre, weil er aus Merka komme. 4Mit Bescheid vom 12. Dezember 2019, ausgehändigt am 20. Dezember 2019, lehnte das Bundesamt den Antrag der Klägerin auf Asylanerkennung (Ziffer 2) sowie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) und des subsidiären Schutzstatus (Ziffer 3) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen (Ziffer 4). Ferner drohte es die Abschiebung der Klägerin nach Somalia an (Ziffer 5) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). 5Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 29. Dezember 2019 Klage erhoben, mit der sie ihr Vorbringen vertieft. 6Sie beantragt, 7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. Dezember 2019 zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz zuzuerkennen, 8hilfsweise, 9ihr subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 Asylgesetz zuzuerkennen, 10weiter hilfsweise, 11festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz vorliegen. 12Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung. 15Für die am 11. November 2005 geborenen Schwester M stellte die Klägerin, die seit dem 25. November 2019 die Vormundschaft für ihre Schwester innehatte, am 6. Februar 2020 einen Asylantrag. Seit Oktober 2020 ist das Jugendamt der Stadt R Vormund von M. Die Schwester der Klägerin wurde am 5. Juli 2021 durch das Bundesamt angehört. Nach dem Eurodac-Ergebnis hatte M ebenfalls am 30. Oktober 2018 in Griechenland einen Asylantrag gestellt. Ausweislich eines ärztlichen Berichts vom 12. Mai 2021 leidet die Schwester der Klägerin unter anderem an einer hochgradigen Mitralklappeninsuffizienz. Aus dem Bericht des Evangelischen Klinikums P vom 3. Juli 2020 ergibt sich, dass M im Alter von acht Jahren in Saudi-Arabien am Herz operiert worden war. Am 24. Juni 2020 wurde sie im Evangelischen Klinikum P operiert und eine Mitralklappenrekonstruktion durchgeführt. Mit Bescheid vom 27. September 2021 wurde der Schwester der Klägerin der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt und der Asylantrag im Übrigen abgelehnt. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes sowie der Ausländerbehörde und auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang betreffend die Schwester der Klägerin Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung konnte das Gericht entscheiden, da die Beklagte mit der ordnungsgemäßen Ladung zum Termin auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). 19Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Soweit das Bundesamt den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt hat, ist der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 12. Dezember 2019 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Die Klägerin hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG), keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Im Übrigen ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß §§ 4 Abs. 1, 26 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 AsylG. 20Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft liegen nicht vor. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2a AsylG) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2b AsylG). 21Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung begründet ist, gilt der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Die relevanten Rechtsgutverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ des Art. 2d RL 2011/95/EU (EU-Qualifikations-RL) abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung von Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. 22Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 –, BVerwGE 146, S. 67, Rn. 32. 23Es ist Sache des Schutzsuchenden, die Gründe für seine Furcht vor Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass ihm in seinem Heimatstaat Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann. 24Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 1989 – 9 B 405.89 –, juris Rn. 8; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A –, juris Rn. 33. 25Das Asylanerkennungsverfahren bildet eine Einheit, so dass ein gegenüber den Angaben vor der Verwaltungsbehörde völlig neuer Sachvortrag im gerichtlichen Verfahren regelmäßig Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorbringens wecken wird. 26Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1985 – 9 C 27.85 –, juris Rn. 17. 27Nach diesen Grundsätzen ist der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. Der Klägerin droht bei einer Rückkehr in ihr Heimatland keine Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Ihr Vortrag ist unglaubhaft. 28Das ergibt sich bereits aus einem Vergleich der Angaben der beiden Schwestern beim Bundesamt, die sich nicht miteinander in Einklang bringen lassen. Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens der Klägerin ergeben sich ferner daraus, dass sie, konfrontiert mit den Aussagen ihrer Schwester, den fluchtauslösenden Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung im Kernpunkt anders schildert. Zusammen mit weiteren Ungereimtheiten des Vortrags lässt dies nur den Schluss zu, dass die Klägerin nicht wie behauptet aus Furcht vor einer vom Onkel forcierten Zwangsverheiratung aus Somalia geflohen ist. 29Nach den Angaben der Schwester M der Klägerin beim Bundesamt war Grund für ihre Flucht, dass sie von dem Nachbarn, der auf sie aufgepasst hatte, während ihre Geschwister in der Schule bzw. die Mutter und die älteren Schwestern bei der Arbeit waren, vergewaltigt worden war. Zur Rede gestellt, verbreitete der Nachbar in der Umgebung, dass M und ihre Mutter seinen Ruf zerstören wollten. Die Nachbarn hätten sie als Schande angesehen und als Lügner bezeichnet. Um den beschädigten Ruf der Familie wiederherzustellen, habe M auf Geheiß des Onkels heiraten sollen. Im Vortrag der Klägerin beim Bundesamt findet sich hierzu kein Wort. Die Klägerin erwähnt nicht einmal, dass ihre jüngere Schwester tagsüber beim Nachbarn untergebracht war. Sie gibt im Gegenteil an, auch ihre jüngere Schwester habe gearbeitet. Während nach dem Vortrag von M die Mutter nach deren Missbrauch die Initiative ergriff und versuchte, Verwandte des verstorbenen Vaters zu finden, sind die Söhne des Onkels nach Angaben der Klägerin eines Tages einfach bei ihnen aufgetaucht. Den voneinander abweichenden Vortrag der Schwestern hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf den entsprechenden Vorhalt hin damit erklärt, dass sie ihrer Schwester gegenüber habe schwören müssen, dass sie nichts zur Vergewaltigung sage. Dies mag zwar durchaus plausibel sein, erklärte jedoch nicht die weiteren Widersprüche. 30Das betrifft in erster Linie den Ort der angeblichen Entführung. M hatte beim Bundesamt angegeben, der Onkel habe sie und ihre Schwester mit Gewalt nach Merka (auch Marka, Merca oder Marca geschrieben) mitgenommen, wo er gewohnt habe. Die Klägerin sagte hingegen, der Onkel habe sie zum Haus seiner Söhne gebracht. Die Söhne seien von Merka nach Mogadischu gezogen, der Onkel lebe in der Stadt Merka. Sie sei noch nie dort gewesen, deswegen könne sie nicht sagen, wie weit diese Stadt von ihrem Wohnort in Mogadischu entfernt sei. Das Haus der Cousins sei in dem Stadtteil, in dem das Vieh verkauft werde. Auf diesen Widerspruch angesprochen, modifizierte die Klägerin ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass sie erstmal in die Wohnung nach Mogadischu gebracht worden seien, die Zwangsverheiratung habe in Merka stattfinden sollen. Das Merka, das ihre Schwester meine, sei auch ein Stadtteil von Mogadischu. Schon das Anpassen ihres Vortrags auf entsprechenden Vorhalt spricht gegen die Glaubhaftigkeit der Schilderung der Klägerin. Ungeachtet dessen überzeugt der Erklärungsversuch auch nicht. Die Klägerin hat beim Bundesamt durchgehend, mehrfach und eindeutig unterschieden zwischen dem Haus der Söhne in Mogadischu und dem Haus des Onkels in der Stadt Merka. Sie seien zum Haus der Söhne gebracht worden. Von einem Stadtteil Mogadischus mit diesem Namen war nie die Rede. Sie hat ferner gesagt, dass der Onkel in Merka lebe. Das deckt sich mit der Angabe der Schwester beim Bundesamt, wonach der Onkel sie mit Gewalt nach Merka mitgenommen habe, „wo er wohne“. Selbst wenn es einen Stadtteil von Mogadischu geben sollte, der Merka-Almukarama heißt – eine Internetrecherche führte lediglich auf eine Straße namens Maka Al-Mukarama -, wohnt der Onkel dort nicht. Er wohnt nach den übereinstimmenden Angaben der Schwestern in der Stadt Merka und dort sind sie M zufolge hingebracht worden. Es spricht für sich, dass auch die Schwester der Klägerin – nach einer Unterbrechung der Sitzung - ihre diesbezüglichen Angaben vor Gericht revidiert und der neuen Aussage der Klägerin, sie seien zunächst in die Wohnung des Onkels in Mogadischu gebracht worden, angepasst hat. 31Hinzu kommen weitere Differenzen im Vortrag der Schwestern. Während die Klägerin behauptet, der Onkel habe sie während des Hausarrestes geohrfeigt und mit einem Gürtel geschlagen, erwähnt ihre Schwester nichts dergleichen. Nach Angaben der Klägerin hätten die Söhne sie an den Armen gepackt und ins Auto gezerrt, während M erklärt, der Onkel habe sie und ihre Schwester mit Gewalt mitgenommen. 32Dem Gericht erschließt sich ferner nicht, wie in einer Familie, die nach der Abschiebung aus Saudi-Arabien praktisch bei Null anfangen musste und in der der Lebensunterhalt nicht ausreichend war, die Mutter alleine in der Lage gewesen sein soll, innerhalb weniger Tage die finanziellen Mittel für einen Schlepper, Ausweise und Flüge für zwei Personen aufzubringen. Zudem wurde die Ausreise der Schwestern ersichtlich aus der Ferne von der Mutter weiter begleitet, denn sie war über die Verwandte der Freundin in der Türkei von der Krankheit der Schwester informiert und hat erneut den Schlepper kontaktiert; dies dürfte wieder Geld gekostet haben. Aus der beigezogenen Ausländerakte ergibt sich darüber hinaus, dass gefälschte Papiere für die Klägerin von Griechenland nach Italien geschickt worden waren, das heißt, auch dort wird für die Klägerin und ihre Schwester ein Schlepper aktiv geworden sein. Mangels sonstiger Alternativen liegt es nahe, dass in Wahrheit der Onkel, der laut M reich ist, die Ausreise der Schwestern finanziert hat. Das Problem mit dem Nachbarn, das wegen der Beschädigung des Rufs der Familie auch sein Problem war, konnte auf diese Weise gelöst werden. Hinzu kommt, dass die Schwester der Klägerin dringend eine erneute Operation wegen ihres Herzfehlers benötigte. Sie wurde bereits unmittelbar nach der Einreise stationär aufgenommen. Es ist vor diesem Hintergrund sehr wahrscheinlich, dass die Klägerin nur deshalb das Land verlassen hat, um ihre Schwester zu begleiten, weil diese alleine nicht reisefähig gewesen wäre. Selbst wenn in Bezug auf M zur Wiederherstellung des Rufs auch eine Verheiratung im Raum gestanden haben sollte, ist das Gericht davon überzeugt, dass die gewaltsame Entführung beider Schwestern zum Zwecke der Zwangsverheiratung und ihre anschließende Flucht frei erfunden ist. 33Hat die Klägerin nach alledem nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan, aus begründeter Furcht vor Verfolgung aus Somalia ausgereist zu sein, besteht auch für den Fall seiner Rückkehr dorthin nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung. 34Der Klägerin steht jedoch ein abgeleiteter Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes nach §§ 4 Abs. 1, 26 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 AsylG zu. Danach werden die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn 1. die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist, 2. die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, 3. sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben, 4. die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und 5. sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben. Gemäß § 26 Abs. 5 AsylG sind die Absätze 1 bis 4 auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. 35Diese Voraussetzungen liegen vor. Bei der Schwester M der Klägerin handelt es sich um eine minderjährige, ledige international Schutzberechtigte. Die Klägerin ist ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j, dritter Spiegelstrich der Richtlinie 2011/95/EU (EU-Anerkennungsrichtlinie). Danach sind „Familienangehörige“ unter anderem die folgenden Mitglieder der Familie der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die sich im Zusammenhang mit dem Antrag auf internationalen Schutz in demselben Mitgliedstaat aufhalten, sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat: Ein anderer Erwachsener, der nach dem Recht oder der Praxis des betreffenden Mitgliedstaats für die Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, verantwortlich ist, wenn diese Person minderjährig und nicht verheiratet ist. 36An dem Geschwisterverhältnis und mithin am Bestehen der Familie im Herkunftsland besteht kein Zweifel. Sie haben nach ihren übereinstimmenden Angaben zusammen mit ihrer Mutter und den weiteren Geschwistern in Mogadischu gelebt. Die Klägerin ist gemeinsam mit M zum Zwecke der Asylantragstellung nach Deutschland gereist und hält sich demzufolge im Zusammenhang mit ihrem Asylantrag dort zusammen mit ihrer Schwester aus. Die Klägerin hat schon während der Ausreise die Verantwortung für ihre minderjährige Schwester übernommen und ist nach der maßgeblichen Praxis in Deutschland auch hier für sie verantwortlich. Sie war etwa ein Jahr Vormund ihrer Schwester und hat für M den Asylantrag gestellt. Die Schwestern wohnen zusammen in einer eigenen Wohnung. Das Jugendamt hat zwar die Vormundschaft über M inne, wird aber keine oder nur eine geringe tatsächliche Betreuung in alltäglichen Dingen übernehmen. Dies ist Aufgabe der Klägerin. Ihre Schwester ist auf die Anwesenheit der Klägerin in ihrer unmittelbaren Nähe angewiesen. Aus der Ausländerakte ergibt sich, dass die Klägerin über die gemeinsame Lebensführung hinaus ihrer Schwester auch Beistand in behördlichen Angelegenheiten leistet. So kümmert sich die Klägerin etwa um die Verlängerung der Ausweisdokumente ihrer Schwester und wird von der Ausländerbehörde zu diesen Zwecken auch in Anspruch genommen. Ferner wird ihr Hilfe zur Erziehung (sogenanntes Pflegegeld) für M gewährt. 37Die Zuerkennung subsidiären Schutzes zugunsten von M mit Bescheid vom 27. September 2021 ist unanfechtbar (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylG). Ferner liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutzstatus zu widerrufen oder zurückzunehmen sein könnte (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AsylG). 38Die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j EU-Anerkennungsrichtlinie hat auch schon in Somalia, wo der Schwester der Klägerin ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht, bestanden (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylG). Der Vortrag der Schwestern ist insofern deckungsgleich und nicht infrage zu stellen. Die Klägerin ist vor der Anerkennung ihrer Schwester eingereist (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AsylG). 39Schließlich hat die Klägerin, wie von § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AsylG gefordert, auch die Personensorge für M inne. Maßgebend ist hierbei nicht der rechtliche, sondern der tatsächliche Begriff der Personensorge. 40Marx, Asylgesetz, 9. Aufl., § 26 Rn. 37; a.A. wohl Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl., § 26 AsylG Rn. 16. 41Würde die elterliche Sorge im Sinne des § 1626 Abs. 1 BGB, die die Personensorge und die Vermögenssorge umfasst, zur Voraussetzung des Status gemacht, würden die anderen Erwachsenen, die nach nationalem Recht oder Praxis für das Kind „verantwortlich“ sind, ohne aber sämtliche der in § 1626 Abs. 1 BGB geforderten Verantwortlichkeiten ausüben zu können, nicht begünstigt. Die Erweiterung des Familienasyls auf diese Personen in § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylG liefe jedenfalls für diejenigen Bezugspersonen leer, die nicht die Personensorge im rechtlichen Sinne ausüben, wohl aber Verantwortung für das Kind übernommen haben. 42Vgl. Marx, Asylgesetz, 9. Aufl., § 26 Rn. 37. 43Aus den Erwägungsgründen 18, 19 und 38 sowie aus Art. 20 Abs. 5 EU-Anerkennungsrichtlinie ergibt sich, dass bei der Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten das Wohl des Kindes eine vorrangige, besonders zu berücksichtigende Erwägung darstellen muss, bei deren Beurteilung die Mitgliedstaaten unter anderem dem Grundsatz des Familienverbandes sowie dem Wohlergehen und der sozialen Entwicklung des Minderjährigen gebührend Rechnung tragen müssen. 44EuGH, Urteil vom 9. September 2021 – C-768/19 -, juris Rn 38. 45Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylG entsprechend dem Zweck des Minderjährigenschutzes ist daher der im Unionsrecht maßgebliche tatsächliche Begriff der Personensorge im Sinne der „Verantwortung“ für das Kind zugrunde zu legen. 46Marx, Asylgesetz, 9. Aufl., § 26 Rn. 37. 47Dies entspricht dem Grundsatz des Familienverbandes sowie dem Wohlergehen des Kindes, wie der vorliegende Fall der beiden auf sich alleine gestellten Schwestern anschaulich zeigt. 48Eine Verantwortlichkeit der Klägerin in diesem Sinne für ihre Schwester liegt vor. Sie ist Betreuungs- und Erziehungsperson, wie sich nicht zuletzt aus der Tatsache ergibt, dass der Klägerin für ihre Schwester finanzielle Hilfe zur Erziehung gewährt wird. Zwischen beiden besteht eine gemeinsame Lebensführung in Form einer Beistandsgemeinschaft. M ist gerade auch im Hinblick auf ihre weiterhin bestehenden gesundheitlichen Probleme auf die tatsächliche Hilfe der Klägerin angewiesen. 49Aufgrund der Verpflichtung zur Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ist die im angefochtenen Bescheid getroffene weitere Feststellung, das Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG nicht vorliegen, ebenso gegenstandslos wie die Abschiebungsandrohung und die Befristung des gesetzlichen Einreise und Aufenthaltsverbots (Ziffern 4, 5 und 6 des Bescheides). 50Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). 51Rechtsmittelbelehrung: 52Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. 53Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 541. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 552. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 563. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 57Der Antrag ist schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 58Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 59In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. 60Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). 61Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. | die beklagte wird unter aufhebung von ziffern 3., 4. , 5. und 6. des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 12. dezember 2019 verpflichtet, der klägerin den subsidiären schutzstatus zuzuerkennen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die klägerin und die beklagte tragen die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, je zur hälfte. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die nach eigenen angaben am 00.0.2000 in jeddah/saudi-arabien geborene klägerin ist somalische staatsangehörige und stellte am 17. oktober 2019 einen förmlichen asylantrag. zuvor hatte sie ausweislich des eurodac-ergebnisses bereits am 30. oktober 2018 in griechenland einen asylantrag gestellt. die klägerin reiste gemeinsam mit ihrer am 00.00.2005 geborenen schwester m x nach deutschland ein. 3bei ihren anhörungen durch das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) am 17. oktober 2019 sowie am 4. november 2019 machte die klägerin im wesentlichen folgende angaben: sie habe ihr heimatland ca. 2018 verlassen und sei über die türkei, griechenland und italien am 13. oktober 2019 nach deutschland eingereist. in griechenland habe sie sich ca. ein jahr aufgehalten. ihr reisepass sei ihr in der türkei gestohlen worden. bis zur ausreise habe sie sich in mogadischu, stadtteil b aufgehalten. ihr vater sei verstorben, der aufenthaltsort ihrer mutter sei unbekannt. sie seien 2013 aus saudi-arabien abgeschoben worden, wo sie mit ihrer mutter und ihren geschwistern gelebt habe. seitdem habe sie sich in mogadischu aufgehalten. sie habe noch fünf leibliche geschwister. ihre mutter sowie ihre schwestern hätten im bereich reinigung gearbeitet, das sei für den lebensunterhalt nicht ausreichend gewesen. nebenbei hätten sie auch die schule besucht. wegen des onkels väterlicherseits, der aus der stadt merka komme, hätten ihre schwester und sie somalia verlassen. die ausreise habe die mutter arrangiert, sie wisse nicht, wie sie das hinbekommen habe. es sei alles sehr schnell gegangen, eine langzeitige planung habe es nicht gegeben. ein schlepper sei mit ihnen in die türkei gereist. ihre schwester, die mit ihr hier sei, sei krank und habe in saudi-arabien eine herzoperation gehabt. die söhne ihres onkels hätten ihre mutter getroffen und gefragt, wer der vater ihrer kinder sei. zwei, drei tage später sei ihr onkel zu ihnen nach mogadischu gekommen und habe sie und ihre schwester mit anderen männern verheiraten wollen. ihre mutter habe das nicht gewollt und nach dem zweiten besuch des onkels endgültig nein gesagt. er sei dann am nächsten tag gekommen und habe sie und ihre schwester gekidnappt. er habe sie zum haus seiner söhne gebracht. er habe sie auch geschlagen. eine woche lang seien sie dort unter hausarrest gewesen. dann seien sie und ihre schwester geflohen und mit dem bus zur freundin ihrer mutter gegangen, die die mutter informiert habe. die männer, die sie heiraten sollten, hätten ihre mutter angerufen und gefragt, wo sie sich befänden. sie hätten gedroht, dass ihnen etwas zustoße, wenn ihre mutter nicht verraten würde, wo sie seien. sie seien dann ein paar tage bei der freundin ihre mutter gewesen und dann mit dem schlepper in die türkei geflogen. bevor der onkel kontakt mit ihrer familie aufgenommen habe, hätten sie nicht einmal gewusst, dass sie einen onkel hatten. die söhne seien nach mogadischu gezogen und der onkel lebe in merka. er und seine söhne hätten sie gekidnappt und in ein auto gezerrt. sie seien in einem zimmer eingeschlossen worden. der onkel habe sie geohrfeigt und mit einem gürtel geschlagen, als sie ihm gesagt hätten, sie wollten nicht verheiratet werden. ihnen sei die flucht gelungen, als die tür offenstand. sie seien ein paar tage bei der freundin der mutter geblieben. dann seien sie mit dem schlepper zum flughafen mogadischu gegangen. er habe somalische pässe gehabt und alles vorbereitet. mit dem flugzeug seien sie dann in die türkei geflogen. dort hätten sie sich mit der verwandten der freundin ihrer mutter in verbindung gesetzt, die sie in istanbul abgeholt habe. sie seien nach sparta gefahren. sie habe dort gearbeitet. ihre schwester sei sehr krank geworden. über die mutter hätten sie sich mit dem schlepper in verbindung gesetzt. dieser habe gesagt, sie sollten nach griechenland weiterreisen und dort zu einem mann kontakt aufnehmen, den er kannte. von sparta aus seien sie nach izmir. von dort hätten sie ein boot genommen. sie vermute, dass ihr onkel zur al-shabaab gehöre, weil er aus merka komme. 4mit bescheid vom 12. dezember 2019, ausgehändigt am 20. dezember 2019, lehnte das bundesamt den antrag der klägerin auf asylanerkennung (ziffer 2) sowie die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (ziffer 1) und des subsidiären schutzstatus (ziffer 3) ab und stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und 7 satz 1 des aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen (ziffer 4). ferner drohte es die abschiebung der klägerin nach somalia an (ziffer 5) und befristete das einreise- und aufenthaltsverbot auf 30 monate ab dem tag der abschiebung (ziffer 6). 5gegen diesen bescheid hat die klägerin am 29. dezember 2019 klage erhoben, mit der sie ihr vorbringen vertieft. 6sie beantragt, 7die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 12. dezember 2019 zu verpflichten, ihr die flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 abs. 1 asylgesetz zuzuerkennen, 8hilfsweise, 9ihr subsidiären schutz gemäß § 4 abs. 1 asylgesetz zuzuerkennen, 10weiter hilfsweise, 11festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthaltsgesetz vorliegen. 12die beklagte beantragt schriftsätzlich, 13die klage abzuweisen. 14zur begründung bezieht sie sich auf die angefochtene entscheidung. 15für die am 11. november 2005 geborenen schwester m stellte die klägerin, die seit dem 25. november 2019 die vormundschaft für ihre schwester innehatte, am 6. februar 2020 einen asylantrag. seit oktober 2020 ist das jugendamt der stadt r vormund von m. die schwester der klägerin wurde am 5. juli 2021 durch das bundesamt angehört. nach dem eurodac-ergebnis hatte m ebenfalls am 30. oktober 2018 in griechenland einen asylantrag gestellt. ausweislich eines ärztlichen berichts vom 12. mai 2021 leidet die schwester der klägerin unter anderem an einer hochgradigen mitralklappeninsuffizienz. aus dem bericht des evangelischen klinikums p vom 3. juli 2020 ergibt sich, dass m im alter von acht jahren in saudi-arabien am herz operiert worden war. am 24. juni 2020 wurde sie im evangelischen klinikum p operiert und eine mitralklappenrekonstruktion durchgeführt. mit bescheid vom 27. september 2021 wurde der schwester der klägerin der subsidiäre schutzstatus zuerkannt und der asylantrag im übrigen abgelehnt. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte, die beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamtes sowie der ausländerbehörde und auf den beigezogenen verwaltungsvorgang betreffend die schwester der klägerin bezug genommen. 17 | 18trotz ausbleibens eines vertreters der beklagten in der mündlichen verhandlung konnte das gericht entscheiden, da die beklagte mit der ordnungsgemäßen ladung zum termin auf diese rechtsfolge hingewiesen worden ist (§ 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo)). 19die zulässige klage ist teilweise begründet. soweit das bundesamt den antrag der klägerin auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft abgelehnt hat, ist der angefochtene bescheid des bundesamtes vom 12. dezember 2019 rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 s. 1 vwgo. die klägerin hat zum maßgeblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung, vgl. § 77 abs. 1 satz 1 asylgesetz (asylg), keinen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft. im übrigen ist der bescheid rechtswidrig und verletzt die klägerin in ihren rechten. sie hat anspruch auf zuerkennung subsidiären schutzes gemäß §§ 4 abs. 1, 26 abs. 3 satz 1, abs. 5 asylg. 20die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft liegen nicht vor. nach § 3 abs. 1 asylg ist ein ausländer flüchtling, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten gruppe außerhalb des landes befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will (§ 3 abs. 1 nr. 2a asylg) oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will (§ 3 abs. 1 nr. 2b asylg). 21für die beurteilung der frage, ob die furcht vor verfolgung begründet ist, gilt der einheitliche maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit. die relevanten rechtsgutverletzungen müssen mit beachtlicher wahrscheinlichkeit drohen. dieser aus dem tatbestandsmerkmal „aus der begründeten furcht vor verfolgung“ des art. 2d rl 2011/95/eu (eu-qualifikations-rl) abzuleitende maßstab orientiert sich an der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr), der bei der prüfung von art. 3 europäische menschenrechtskonvention (emrk) auf die tatsächliche gefahr abstellt („real risk“); dieser maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen wahrscheinlichkeit. 22bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 20. februar 2013 – 10 c 23.12 –, bverwge 146, s. 67, rn. 32. 23es ist sache des schutzsuchenden, die gründe für seine furcht vor verfolgung schlüssig vorzutragen. dazu hat er unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei verständiger würdigung ergibt, dass ihm in seinem heimatstaat verfolgung droht. hierzu gehört, dass er zu den in seine sphäre fallenden ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen erlebnissen, eine schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten anspruch lückenlos zu tragen. unauflösbare widersprüche und erhebliche steigerungen des vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem vortrag im ganzen nicht geglaubt werden kann. 24vgl. bverwg, beschluss vom 26. oktober 1989 – 9 b 405.89 –, juris rn. 8; ovg nordrhein-westfalen, urteil vom 17. august 2010 – 8 a 4063/06.a –, juris rn. 33. 25das asylanerkennungsverfahren bildet eine einheit, so dass ein gegenüber den angaben vor der verwaltungsbehörde völlig neuer sachvortrag im gerichtlichen verfahren regelmäßig zweifel an der richtigkeit dieses vorbringens wecken wird. 26vgl. bverwg, urteil vom 12. november 1985 – 9 c 27.85 –, juris rn. 17. 27nach diesen grundsätzen ist der klägerin die flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen. der klägerin droht bei einer rückkehr in ihr heimatland keine verfolgung wegen ihrer rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe. ihr vortrag ist unglaubhaft. 28das ergibt sich bereits aus einem vergleich der angaben der beiden schwestern beim bundesamt, die sich nicht miteinander in einklang bringen lassen. zweifel an der richtigkeit des vorbringens der klägerin ergeben sich ferner daraus, dass sie, konfrontiert mit den aussagen ihrer schwester, den fluchtauslösenden sachverhalt in der mündlichen verhandlung im kernpunkt anders schildert. zusammen mit weiteren ungereimtheiten des vortrags lässt dies nur den schluss zu, dass die klägerin nicht wie behauptet aus furcht vor einer vom onkel forcierten zwangsverheiratung aus somalia geflohen ist. 29nach den angaben der schwester m der klägerin beim bundesamt war grund für ihre flucht, dass sie von dem nachbarn, der auf sie aufgepasst hatte, während ihre geschwister in der schule bzw. die mutter und die älteren schwestern bei der arbeit waren, vergewaltigt worden war. zur rede gestellt, verbreitete der nachbar in der umgebung, dass m und ihre mutter seinen ruf zerstören wollten. die nachbarn hätten sie als schande angesehen und als lügner bezeichnet. um den beschädigten ruf der familie wiederherzustellen, habe m auf geheiß des onkels heiraten sollen. im vortrag der klägerin beim bundesamt findet sich hierzu kein wort. die klägerin erwähnt nicht einmal, dass ihre jüngere schwester tagsüber beim nachbarn untergebracht war. sie gibt im gegenteil an, auch ihre jüngere schwester habe gearbeitet. während nach dem vortrag von m die mutter nach deren missbrauch die initiative ergriff und versuchte, verwandte des verstorbenen vaters zu finden, sind die söhne des onkels nach angaben der klägerin eines tages einfach bei ihnen aufgetaucht. den voneinander abweichenden vortrag der schwestern hat die klägerin in der mündlichen verhandlung auf den entsprechenden vorhalt hin damit erklärt, dass sie ihrer schwester gegenüber habe schwören müssen, dass sie nichts zur vergewaltigung sage. dies mag zwar durchaus plausibel sein, erklärte jedoch nicht die weiteren widersprüche. 30das betrifft in erster linie den ort der angeblichen entführung. m hatte beim bundesamt angegeben, der onkel habe sie und ihre schwester mit gewalt nach merka (auch marka, merca oder marca geschrieben) mitgenommen, wo er gewohnt habe. die klägerin sagte hingegen, der onkel habe sie zum haus seiner söhne gebracht. die söhne seien von merka nach mogadischu gezogen, der onkel lebe in der stadt merka. sie sei noch nie dort gewesen, deswegen könne sie nicht sagen, wie weit diese stadt von ihrem wohnort in mogadischu entfernt sei. das haus der cousins sei in dem stadtteil, in dem das vieh verkauft werde. auf diesen widerspruch angesprochen, modifizierte die klägerin ihre aussage in der mündlichen verhandlung dahingehend, dass sie erstmal in die wohnung nach mogadischu gebracht worden seien, die zwangsverheiratung habe in merka stattfinden sollen. das merka, das ihre schwester meine, sei auch ein stadtteil von mogadischu. schon das anpassen ihres vortrags auf entsprechenden vorhalt spricht gegen die glaubhaftigkeit der schilderung der klägerin. ungeachtet dessen überzeugt der erklärungsversuch auch nicht. die klägerin hat beim bundesamt durchgehend, mehrfach und eindeutig unterschieden zwischen dem haus der söhne in mogadischu und dem haus des onkels in der stadt merka. sie seien zum haus der söhne gebracht worden. von einem stadtteil mogadischus mit diesem namen war nie die rede. sie hat ferner gesagt, dass der onkel in merka lebe. das deckt sich mit der angabe der schwester beim bundesamt, wonach der onkel sie mit gewalt nach merka mitgenommen habe, „wo er wohne“. selbst wenn es einen stadtteil von mogadischu geben sollte, der merka-almukarama heißt – eine internetrecherche führte lediglich auf eine straße namens maka al-mukarama -, wohnt der onkel dort nicht. er wohnt nach den übereinstimmenden angaben der schwestern in der stadt merka und dort sind sie m zufolge hingebracht worden. es spricht für sich, dass auch die schwester der klägerin – nach einer unterbrechung der sitzung - ihre diesbezüglichen angaben vor gericht revidiert und der neuen aussage der klägerin, sie seien zunächst in die wohnung des onkels in mogadischu gebracht worden, angepasst hat. 31hinzu kommen weitere differenzen im vortrag der schwestern. während die klägerin behauptet, der onkel habe sie während des hausarrestes geohrfeigt und mit einem gürtel geschlagen, erwähnt ihre schwester nichts dergleichen. nach angaben der klägerin hätten die söhne sie an den armen gepackt und ins auto gezerrt, während m erklärt, der onkel habe sie und ihre schwester mit gewalt mitgenommen. 32dem gericht erschließt sich ferner nicht, wie in einer familie, die nach der abschiebung aus saudi-arabien praktisch bei null anfangen musste und in der der lebensunterhalt nicht ausreichend war, die mutter alleine in der lage gewesen sein soll, innerhalb weniger tage die finanziellen mittel für einen schlepper, ausweise und flüge für zwei personen aufzubringen. zudem wurde die ausreise der schwestern ersichtlich aus der ferne von der mutter weiter begleitet, denn sie war über die verwandte der freundin in der türkei von der krankheit der schwester informiert und hat erneut den schlepper kontaktiert; dies dürfte wieder geld gekostet haben. aus der beigezogenen ausländerakte ergibt sich darüber hinaus, dass gefälschte papiere für die klägerin von griechenland nach italien geschickt worden waren, das heißt, auch dort wird für die klägerin und ihre schwester ein schlepper aktiv geworden sein. mangels sonstiger alternativen liegt es nahe, dass in wahrheit der onkel, der laut m reich ist, die ausreise der schwestern finanziert hat. das problem mit dem nachbarn, das wegen der beschädigung des rufs der familie auch sein problem war, konnte auf diese weise gelöst werden. hinzu kommt, dass die schwester der klägerin dringend eine erneute operation wegen ihres herzfehlers benötigte. sie wurde bereits unmittelbar nach der einreise stationär aufgenommen. es ist vor diesem hintergrund sehr wahrscheinlich, dass die klägerin nur deshalb das land verlassen hat, um ihre schwester zu begleiten, weil diese alleine nicht reisefähig gewesen wäre. selbst wenn in bezug auf m zur wiederherstellung des rufs auch eine verheiratung im raum gestanden haben sollte, ist das gericht davon überzeugt, dass die gewaltsame entführung beider schwestern zum zwecke der zwangsverheiratung und ihre anschließende flucht frei erfunden ist. 33hat die klägerin nach alledem nicht zur überzeugung des gerichts dargetan, aus begründeter furcht vor verfolgung aus somalia ausgereist zu sein, besteht auch für den fall seiner rückkehr dorthin nicht die beachtliche wahrscheinlichkeit einer flüchtlingsrelevanten verfolgung. 34der klägerin steht jedoch ein abgeleiteter anspruch auf gewährung subsidiären schutzes nach §§ 4 abs. 1, 26 abs. 3 satz 1, abs. 5 asylg zu. danach werden die eltern eines minderjährigen ledigen asylberechtigten oder ein anderer erwachsener im sinne des artikels 2 buchstabe j der richtlinie 2011/95/eu auf antrag als asylberechtigte anerkannt, wenn 1. die anerkennung des asylberechtigten unanfechtbar ist, 2. die familie im sinne des artikels 2 buchstabe j der richtlinie 2011/95/eu schon in dem staat bestanden hat, in dem der asylberechtigte politisch verfolgt wird, 3. sie vor der anerkennung des asylberechtigten eingereist sind oder sie den asylantrag unverzüglich nach der einreise gestellt haben, 4. die anerkennung des asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und 5. sie die personensorge für den asylberechtigten innehaben. gemäß § 26 abs. 5 asylg sind die absätze 1 bis 4 auf familienangehörige im sinne der absätze 1 bis 3 von international schutzberechtigten entsprechend anzuwenden. an die stelle der asylberechtigung tritt die flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre schutz. 35diese voraussetzungen liegen vor. bei der schwester m der klägerin handelt es sich um eine minderjährige, ledige international schutzberechtigte. die klägerin ist ein anderer erwachsener im sinne des artikels 2 buchstabe j, dritter spiegelstrich der richtlinie 2011/95/eu (eu-anerkennungsrichtlinie). danach sind „familienangehörige“ unter anderem die folgenden mitglieder der familie der person, der internationaler schutz zuerkannt worden ist, die sich im zusammenhang mit dem antrag auf internationalen schutz in demselben mitgliedstaat aufhalten, sofern die familie bereits im herkunftsland bestanden hat: ein anderer erwachsener, der nach dem recht oder der praxis des betreffenden mitgliedstaats für die person, der internationaler schutz zuerkannt worden ist, verantwortlich ist, wenn diese person minderjährig und nicht verheiratet ist. 36an dem geschwisterverhältnis und mithin am bestehen der familie im herkunftsland besteht kein zweifel. sie haben nach ihren übereinstimmenden angaben zusammen mit ihrer mutter und den weiteren geschwistern in mogadischu gelebt. die klägerin ist gemeinsam mit m zum zwecke der asylantragstellung nach deutschland gereist und hält sich demzufolge im zusammenhang mit ihrem asylantrag dort zusammen mit ihrer schwester aus. die klägerin hat schon während der ausreise die verantwortung für ihre minderjährige schwester übernommen und ist nach der maßgeblichen praxis in deutschland auch hier für sie verantwortlich. sie war etwa ein jahr vormund ihrer schwester und hat für m den asylantrag gestellt. die schwestern wohnen zusammen in einer eigenen wohnung. das jugendamt hat zwar die vormundschaft über m inne, wird aber keine oder nur eine geringe tatsächliche betreuung in alltäglichen dingen übernehmen. dies ist aufgabe der klägerin. ihre schwester ist auf die anwesenheit der klägerin in ihrer unmittelbaren nähe angewiesen. aus der ausländerakte ergibt sich, dass die klägerin über die gemeinsame lebensführung hinaus ihrer schwester auch beistand in behördlichen angelegenheiten leistet. so kümmert sich die klägerin etwa um die verlängerung der ausweisdokumente ihrer schwester und wird von der ausländerbehörde zu diesen zwecken auch in anspruch genommen. ferner wird ihr hilfe zur erziehung (sogenanntes pflegegeld) für m gewährt. 37die zuerkennung subsidiären schutzes zugunsten von m mit bescheid vom 27. september 2021 ist unanfechtbar (§ 26 abs. 3 satz 1 nr. 1 asylg). ferner liegen keinerlei anhaltspunkte dafür vor, dass der schutzstatus zu widerrufen oder zurückzunehmen sein könnte (§ 26 abs. 3 satz 1 nr. 4 asylg). 38die familie im sinne des artikels 2 buchstabe j eu-anerkennungsrichtlinie hat auch schon in somalia, wo der schwester der klägerin ein ernsthafter schaden im sinne des § 4 abs. 1 asylg droht, bestanden (§ 26 abs. 3 satz 1 nr. 2 asylg). der vortrag der schwestern ist insofern deckungsgleich und nicht infrage zu stellen. die klägerin ist vor der anerkennung ihrer schwester eingereist (§ 26 abs. 3 satz 1 nr. 3 asylg). 39schließlich hat die klägerin, wie von § 26 abs. 3 satz 1 nr. 5 asylg gefordert, auch die personensorge für m inne. maßgebend ist hierbei nicht der rechtliche, sondern der tatsächliche begriff der personensorge. 40marx, asylgesetz, 9. aufl., § 26 rn. 37; a.a. wohl bergmann, in: bergmann/dienelt, ausländerrecht, 12. aufl., § 26 asylg rn. 16. 41würde die elterliche sorge im sinne des § 1626 abs. 1 bgb, die die personensorge und die vermögenssorge umfasst, zur voraussetzung des status gemacht, würden die anderen erwachsenen, die nach nationalem recht oder praxis für das kind „verantwortlich“ sind, ohne aber sämtliche der in § 1626 abs. 1 bgb geforderten verantwortlichkeiten ausüben zu können, nicht begünstigt. die erweiterung des familienasyls auf diese personen in § 26 abs. 3 satz 1 asylg liefe jedenfalls für diejenigen bezugspersonen leer, die nicht die personensorge im rechtlichen sinne ausüben, wohl aber verantwortung für das kind übernommen haben. 42vgl. marx, asylgesetz, 9. aufl., § 26 rn. 37. 43aus den erwägungsgründen 18, 19 und 38 sowie aus art. 20 abs. 5 eu-anerkennungsrichtlinie ergibt sich, dass bei der umsetzung der richtlinie durch die mitgliedstaaten das wohl des kindes eine vorrangige, besonders zu berücksichtigende erwägung darstellen muss, bei deren beurteilung die mitgliedstaaten unter anderem dem grundsatz des familienverbandes sowie dem wohlergehen und der sozialen entwicklung des minderjährigen gebührend rechnung tragen müssen. 44eugh, urteil vom 9. september 2021 – c-768/19 -, juris rn 38. 45bei einer richtlinienkonformen auslegung des § 26 abs. 3 satz 1 asylg entsprechend dem zweck des minderjährigenschutzes ist daher der im unionsrecht maßgebliche tatsächliche begriff der personensorge im sinne der „verantwortung“ für das kind zugrunde zu legen. 46marx, asylgesetz, 9. aufl., § 26 rn. 37. 47dies entspricht dem grundsatz des familienverbandes sowie dem wohlergehen des kindes, wie der vorliegende fall der beiden auf sich alleine gestellten schwestern anschaulich zeigt. 48eine verantwortlichkeit der klägerin in diesem sinne für ihre schwester liegt vor. sie ist betreuungs- und erziehungsperson, wie sich nicht zuletzt aus der tatsache ergibt, dass der klägerin für ihre schwester finanzielle hilfe zur erziehung gewährt wird. zwischen beiden besteht eine gemeinsame lebensführung in form einer beistandsgemeinschaft. m ist gerade auch im hinblick auf ihre weiterhin bestehenden gesundheitlichen probleme auf die tatsächliche hilfe der klägerin angewiesen. 49aufgrund der verpflichtung zur zuerkennung des subsidiären schutzstatus ist die im angefochtenen bescheid getroffene weitere feststellung, das abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 aufenthg nicht vorliegen, ebenso gegenstandslos wie die abschiebungsandrohung und die befristung des gesetzlichen einreise und aufenthaltsverbots (ziffern 4, 5 und 6 des bescheides). 50die kostenentscheidung beruht auf § 155 abs. 1 satz 1 vwgo, § 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zivilprozessordnung (zpo). 51rechtsmittelbelehrung: 52gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung die zulassung der berufung beantragt werden. über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster. 53die berufung ist nur zuzulassen, wenn 541. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat oder 552. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 563. ein in § 138 der verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. 57der antrag ist schriftlich bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) zu stellen. er muss das angefochtene urteil bezeichnen. 58der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 59in dem antrag sind die gründe, aus denen die berufung zuzulassen ist, darzulegen. 60im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). 61die antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. | Klaeger*in | 1 |
332,980 | S 14 KR 115/20 | 2020-10-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2020 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 11.04.2019 bis 20.09.2019 Krankengeld unter Zugrundelegung eines maßgeblichen Regelentgeltes in Höhe von kalendertäglich 140,85 EUR zu gewähren. Der Beklagten werden Missbrauchskosten i.H.v. 300 EUR auferlegt. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt höhere Krankengeldzahlungen in der Zeit vom 11.04.2019 bis 20.09.2019. 3Der am 00.00.0000 geborene Kläger war bis September 2020 als Einzelunternehmer selbstständig erwerbstätig und hatte einen geringfügig Beschäftigten angestellt. Im streitgegenständlichen Zeitraum war er bei der Beklagten freiwillig gesetzlich krankenversichert. Andere Einkünfte als aus dem Gewerbebetrieb hatte der Kläger in den Jahren 2016 bis 2019 nicht. 4Nachdem der zu diesem Zeitpunkt aktuellste Steuerbescheid für das Jahr 2016 Negativeinkünfte aus dem Gewerbebetrieb auswies erhob die Beklagte ab dem 01.01.2019 Beiträge vorläufig nach der Mindestbemessungsgrenze (Bescheid vom 15.12.2018). 5In der Zeit vom 28.02.2019 bis 20.09.2019 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit wurde lückenlos ärztlich festgestellt und die Feststellung jeweils binnen einer Woche der Beklagten angezeigt. 6Mit Bescheid vom 25.04.2019 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zahlung von Krankengeld vom 26.03.2019 ab. Leider könne kein Krankengeld gezahlt werden, da der Kläger keinerlei Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit erziele und somit keinen Verdienstausfall habe. 7Daraufhin übersandte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom 06.02.2019 in dem ein Einkommen aus Gewerbebetrieb i.H.v. 32.130 EUR festgestellt wurde. 8Mit Bescheid vom 18.06.2019 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin für die Zeit ab 11.04.2019 Krankengeld unter Zugrundelegung eines Regelentgeltes nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage in Höhe von kalendertäglich 24,23 EUR brutto. 9Am 10.07.2019 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.06.2019 ein. Einerseits werde mitgeteilt, dass sich die Beitragsgrundlage aus der Mindesteinnahmegrenze berechne, andererseits würden nunmehr Beiträge auf Grundlage des Einkommensteuerbescheides aus 2017 gefordert. 10Mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2020 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das Bundessozialgericht habe in einem Urteil aus dem Dezember 2006 (B 1 KR 11/06 R) ausgeführt, dass für die Berechnung des Krankengeldes bei freiwillig versicherten hauptberuflich Selbstständigen nach § 47 Abs. 4 S. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) im Sinne einer widerlegbaren Vermutung ein Regelentgelt zugrunde zu legen sei, dass dem Betrag entspreche, aus dem zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Beiträge entrichtet worden seien. Hiervon könne nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass dieser Betrag erkennbar nicht der wirtschaftlichen Situation des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspreche, weil sein tatsächliches Arbeitseinkommen wesentlich geringer gewesen sei. Nach dem Vortrag des Klägers habe dieser jedoch für das Jahr 2017 ein höheres Einkommen erzielt. Der vom BSG dargelegte Ausnahmefall eines evident niedrigeren Einkommens vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit sei somit nicht gegeben. 11Hiergegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 25.03.2020 Klage erhoben. Zunächst hat der Kläger begehrt, der Krankengeldberechnung für den streitigen Zeitraum sein Arbeitseinkommen aus dem Jahr 2017 zugrunde zu legen, zuletzt das höhere aus dem Jahr 2018. 12Er ist der Ansicht, die Grundsätze der BSG-Rechtsprechung zur Ausnahme vom Wortlaut des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V seien auch zugunsten des Versicherten anzuwenden. 13Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2020 zu verurteilen, dem Kläger Krankengeld für den Zeitraum vom 11.04.2019 bis 20.09.2019 unter Zugrundelegung eines maßgeblichen Regelentgeltes in Höhe von 4.225,58 EUR nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. 14Der Vertreter der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen. 15Im Rahmen der mündlichen Verhandlung behauptet der Vertreter der Beklagten, in allen Fällen, in denen das BSG nicht den letzten zur Zeit des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit vorliegenden Steuerbescheid für die Ermittlung des Regelentgeltes bei Selbstständigen zugrunde gelegt habe, habe der Versicherte noch über gar keinen Steuerbescheid zu Einkünften aus seiner selbständigen Tätigkeit verfügt. Es könne im Übrigen lediglich die Auffassung der Beklagten wiedergegeben werden, dass der Berechnung des Krankengeldes das Arbeitseinkommen zugrunde zu legen sei, dass zuletzt der Beitragsbemessung zugrunde gelegt worden sei. 16Die Beklagte beruft sich insofern schriftlich im Kern auf den Wortlaut des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V und formuliert die Ansicht, hiervon könne zwar auch zugunsten des Klägers abgewichen werden. Das Regelentgelt finde nur seine Begrenzung in dem Betrag, der zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsermittlung herangezogen worden sei. 17Der Kläger hat einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 vom 05.05.2020 vorgelegt, aus dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 50.707 EUR hervorgehen. Die Beklagte hat auf dessen Grundlage (ausgehend von einem monatlichen Einkommen i.H.v. 4.225,58 EUR) die Beiträge für das Jahr 2018 endgültig festgesetzt (Bescheid vom 15.06.2020). 18Die Kammer hat im Rahmen des Verfahrens der Beklagten mehrere schriftliche Hinweise erteilt. Die mündliche Verhandlung hat die Kammer unterbrochen, um dem Vertreter der Beklagten Gelegenheit zu geben, konkret das Urteil des BSG vom 06.11.2008 - B1 KR 28/07 R nochmals zu lesen und hiernach auf die Möglichkeit der Auerlegung von Missbrauchskosten hingewiesen. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten in Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21A. Die Erhöhung des mit der Klage begehrten Krankengeldes im Laufe des Verfahrens stellt keine Klageänderung dar und ist insofern gem. § 99 Abs. 3 Nr. 2 Alt. Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne weiteres zulässig. 22B. Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthafte (§ 54 Abs. 4 SGG) und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. 23I. Nach § 47 Abs. 1 S. 1 SGB V beträgt das Krankengeld 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. Das "erzielte regelmäßige Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen" in diesem Sinne wird in § 47 Abs. 1 S. 1 SGB V in einem Klammerzusatz als "Regelentgelt" bezeichnet. Gemäß § 47 Abs. 1 S. 5 SGB V wird das Regelentgelt nach den Absätzen 2, 4 und 6 des § 47 SGB V berechnet und gemäß Abs. 1 S. 6 für Kalendertage gezahlt. Für Versicherte, die - wie der Kläger - nicht Arbeitnehmer sind, gilt nach § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war. 24II. Zwar lag der (vorläufigen) Beitragsbemessung zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Klägers nach § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße für das Jahr 2019 zugrunde, jedoch ist dieses fiktive Mindesteinkommen nicht für die Berechnung des Krankengeldes maßgeblich. Das Krankengeld richtet sich vielmehr nach dem tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen des Klägers im Jahre 2018, so dass sich ein kalendertägliches Regelentgelt in Höhe von 140,85 EUR brutto ergibt, von dem ausgehend die Beklagte das Krankengeld des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum nach Maßgabe der Bestimmungen des § 47 Abs. 1 S. 2-4 SGB V zu berechnen und (abzüglich der bereits gewähren Leistungen in Höhe von kalendertäglich 24,23 EUR brutto) zu gewähren hat. 251. Das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Anordnung des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V als widerlegbare Vermutung zu verstehen ist. 26Soweit § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V seinem Wortlaut nach demgegenüber erkennbar fingiert ("gilt") (vgl. insoweit SG Reutlingen, Urteil vom 24. Juni 2010 – S 14 KR 3892/09 –, Rn. 23, juris), dass der kalendertägliche Regelentgeltbetrag dem zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgebenden Arbeitseinkommen entspricht, liegt dieser Rechtsprechung letztlich eine teleologische Reduktion zugrunde (nicht zur "einschränkenden Auslegung" abgrenzend: BSG, Urteil vom 30. März 2004 – B 1 KR 32/02 R –, BSGE 92, 260-267, SozR 4-2500 § 47 Nr 1, Rn. 14; BSG, Urteil vom 07. Dezember 2004 – B 1 KR 17/04 R –, Rn. 15, 17 juris). Eine entsprechende Restriktion der Norm ist dort geboten, wo der Sinn und Zweck der einzuschränken gesetzlichen Anordnung selbst sie erfordert oder sie durch den insoweit vorrangigen Zweck einer anderen Norm, der andernfalls nicht erreicht würde, durch die Natur der Sache oder durch eine für eine bestimmte Fallgruppe vorrangiges, dem Gesetz immanentes Prinzip geboten wird und ein vorrangiges Interesse an Rechtssicherheit nicht die strikte Einhaltung der Wortlautgrenze verlangt (vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, Seite 210 ff.). 27Das Vorliegen dieser Voraussetzungen bildet sich in den Begründungen des BSG zum Verständnis des § 47 Abs. 2 S. 2 SGB V ab, so dass dieser Rechtsprechung mit der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 18/11205, S. 72) zu folgen ist. Zugleich verdeutlichen die Begründungen des BSG – ungeachtet der Tatsache, dass das BSG dies bereits zweifach ausdrücklich in obiter dicta erklärt hat (BSG, Urteil vom 06. November 2008 – B 1 KR 28/07 R –, SozR 4-2500 § 47 Nr 10, Rn. 22; BSG, Beschluss vom 22. Februar 2017 – B 3 KR 47/16 B –, Rn. 13, juris; ferner: Krauskopf, in: Krauskopf/Knittel, 106. EL März 2020, SGB V, § 47, Rn. 39f.; Nebendahl, in: Spickhoff/Nebendahl, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, SGB V, § 47, Rn. 37) – dass die Widerlegung der teleologisch auf eine widerlegbare Vermutung reduzierten Fiktion nicht allein zu Lasten des Versicherten möglich ist, wie die Beklagte in ihrer angefochtenen Entscheidung annimmt. Der Beklagten ist allein einzuräumen, dass vom BSG bislang kein Fall zu entscheiden war, indem die Grundsätze der eigenen Rechtsprechung zu einem Klageerfolg eines Versicherten führen konnten. 282. a) Erstmals hat das BSG mit Urteil aus dem März 2004 entschieden, dass die Anordnung des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V als normative Festlegung (Fiktion) eines der Krankengeldberechnung zugrunde zu legenden Regelentgeltes der Teleologie der Vorschriften zum Krankengeld im Sinne eines Entgeltersatzes (Entgeltersatzfunktion) zuwiderlaufe (BSG, Urteil vom 30. März 2004 – B 1 KR 32/02 R –, BSGE 92, 260-267, SozR 4-2500 § 47 Nr 1). Soweit seinerzeit die Wörter "aus Arbeitseinkommen" in § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V noch nicht enthalten waren (eingeführt im Anschluss an diese Rechtsprechung "klarstellend: BR-Drs. 676/04, S. 48) folge aus dem Gesetzeszweck, dass das Regelentgelt einerseits allein nach dem Arbeitseinkommen, nicht aber aus anderen der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Einnahmen zu bestimmen sei, andererseits, dass kein fiktives Arbeitseinkommen zugrunde gelegt werden dürfe. Insofern komme eine Bestimmung des Regelentgeltes bei einer Beitragsberechnung nach der Mindestbemessungsgrundlage nicht in Betracht, wenn tatsächlich Arbeitseinkommen unterhalb dieser erzielt worden sei. Die Entgeltersatzfunktion präge die Regelungen zum Krankengeld soweit in § 47 Abs. 1 S. 2 SGB V das Regelentgelt für Arbeitnehmer auf 90 vom Hundert des Nettoarbeitsentgeltes begrenzt werde, § 47 Abs. 3 SGB V die den Krankenkassen für Sonderfälle eingeräumte Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Zahlung und Berechnung des Krankengeldes mit der ausdrücklichen Auflage verbinde, die Erfüllung der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes sicherzustellen und § 44 Abs. 1 S. 2 SGB V diejenigen Versichertengruppen pauschal vom Anspruch auf Krankengeld ausschließe, die mangels einer entgeltlichen Tätigkeit im Falle der Arbeitsunfähigkeit regelmäßig kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen einbüßten (a.a.O. Rn.13). Im systematischen Zusammenhang zu § 47 Abs. 1 S. 1 SGB V erschließe sich das Verständnis des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V. § 47 Abs. 1 S. 1 SGB V stecke den Rahmen ab, der bei allen in § 47 SGB V getroffenen Regelungen vorrangig zu beachten sei. Nur in dieser Weise bleibe der Sinn und Zweck der Krankengeldleistung gewahrt, dem arbeitsunfähigen Versicherten einen Ausgleich für den durch die Arbeitsunfähigkeit entfallenden Verdienst zu bieten (a.a.O. Rn. 14). Hieran hat das BSG mit Urteil aus dem Dezember 2004 festgehalten (BSG, Urteil vom 07. Dezember 2004 – B 1 KR 17/04 R –, juris). 29b) Auch die seitens der Beklagten im Rahmen der Begründung des Widerspruchsbescheides allein in Bezug genommenen Entscheidung des BSG aus dem Dezember 2006 (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 11/06 R –, BSGE 98, 43-48, SozR 4-2500 § 47 Nr 7) trägt die Auffassung nicht, von der Regelung des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V könne allein zulasten des Versicherten abgewichen werden. Weder nahm das BSG eine ausdrückliche Differenzierung dieser Art vor, noch ergibt sich aus dieser Entscheidung ein rechtsdogmatischer Anknüpfungspunkt hierfür. 30Mit der Entscheidung hat das BSG die im Urteil vom 30.03.2004 enthaltenen Rechtssätze "klargestellt" (a.a.O.) und die Reichweite und Grundsätze der praktischen Handhabung der Restriktion in der Korrespondenz des der Beitragsbemessung zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit zugrunde zu legenden Arbeitseinkommens präzisiert. Für die Berechnung des Krankengeldes sei bei freiwillig versicherten hauptberuflich Selbstständigen nach § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V im Sinne einer widerlegbaren Vermutung ein Regelentgelt zugrundezulegen, das dem Betrag entspreche, aus dem zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit freiwillige Beiträge entrichtet worden seien. Hiervon könne ausnahmsweise nur dann abgewichen und die Vermutung widerlegt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass dieser Betrag erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspreche, weil sein tatsächliches Arbeitseinkommen wesentlich geringer gewesen sei (a.a.O., Rn. 9). Dabei ist der letzte Satzteil – nach der weiteren Urteilsbegründung ersichtlich - der konkreten Fallgestaltung geschuldet, in der die Krankenkasse als Revisionsführerin, bei Verbeitragung des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2001 nach der Beitragsbemessungsgrenze, Krankengeld allein nach einem aus der Mindestbeitragsbemessungsgrenze abgeleiteten Regelentgelt zahlen wollte (a.a.O., Rn. 2). Zur Begründung hatte die Krankenkasse angeführt, ein höheres Einkommen habe der Kläger bei zwischenzeitlicher Vorlage des Einkommenssteuerjahresbescheides für das Jahr 1999 nicht nachgewiesen. Das BSG führte weiter aus, nur in dem – in den entsprechenden Rechtsstreit nicht erkannten – für die Widerlegung der Vermutung erforderlichen Fall einer evidenten Diskrepanz zwischen tatsächlichem Einkommen und der Beitragsbemessungsgrundlage komme die Ermittlung des tatsächlichen Arbeitseinkommens in Betracht, dass dann der Krankengeldberechnung zugrunde zu legen sei. In diesen strikten Anforderungen an den Anlass auf eine Überprüfbarkeit der Widerlegung des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V im Sinne einer Vermutung werde einerseits dessen Wortlaut, andererseits den Erfordernissen der Verwaltungspraktikabilität entsprochen. Weiterhin betonte der Erste Senat im Anschluss an die Rechtsprechung aus dem März 2004 indes die Entgeltersatzfunktion, die er offenkundig weiterhin als Anlass erkannte eine Restriktion vorzunehmen (a.a.O., Rn. 12). 31c) Unterlag das BSG mit einem die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückweisenden Beschluss aus dem Juli 2008 (BSG, Beschluss vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 44/08 B –, Rn. 8, juris; zitiert von: Bohlken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 47 SGB V (Stand: 15.06.2020), Rn. 96; Joussen, in: Becker/Kingreen, 7. Aufl. 2020, SGB V, § 47, Rn. 8; Legde, in: LPK-SGB V, 5. Aufl. 2016, SGB V, § 47, Rn. 18; kasuistisch: Schifferdecker, in: KassKomm, 109. EL Mai 2020, SGB V, § 47, Rn. 79; Tischler, in: BeckOK SozR, 57. Ed. Juni 2020, SGB V, § 47, Rn. 28) – ohne die konkrete Fallgestaltung zu vergegenwärtigen und die dogmatischen Grundlagen der Urteilsbegründung zu betrachten - noch demselben Fehlverständnis seines Urteils aus dem Dezember 2006 wie die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid, hat es mit darauf folgenden Urteilen aus dem November 2008 (insbesondere BSG, Urteil vom 06. November 2008 – B 1 KR 28/07 R –, SozR 4-2500 § 47 Nr 10; ferner BSG, Urteil vom 06. November 2008 – B 1 KR 8/08 R –, juris) eindeutige Aussagen i. S. d. hier vorliegenden Klagebegehrens gemacht. Die Sachverhaltskonstellation zum Verfahren B 1 KR 28/07 R entsprach der vorliegenden lediglich insoweit nicht, als der dortige Kläger im Kalenderjahr vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit letztlich tatsächlich weniger Einkommen erzielte als der Krankengeldberechnung zugrunde gelegt. 32Im durch das BSG entschiedenen Fall (B 1 KR 28/07 R) war Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Jahr 2005 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die beklagte Krankenkasse gegen dem Kläger auf Grundlage des bis dato aktuellsten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2003 lediglich Mindestbeiträge festgesetzt. Die im Steuerbescheid für das Jahr 2003 ausgewiesenen Einkünfte legte sie der Berechnung des Krankengeldes zugrunde (BSG; a.a.O., Rn. 2, 3). Mit der Behauptung, dass Arbeitseinkommen sei im Jahr 2004 höher gewesen als im Jahr 2003 verlangte der Kläger die Zahlung höheren Krankengeldes (BSG a.a.O., Rn. 4). In Anknüpfung an die bereits aufgezeigte, vorangegangene Rechtsprechung stellte das BSG zunächst klar, dass gerade bei der Zahlung von Mindestbeiträgen regelmäßig Anlass bestehe, dass Arbeitseinkommen für das der Arbeitsunfähigkeit vorangegangene Kalenderjahr konkret zu ermitteln. Die – nach der vorangegangenen Rechtsprechung des BSG – widerlegbare Vermutung nach § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V erfasse nicht notwendig nur den Fall, der der Entscheidung aus dem Dezember 2006 (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 11/06 R –, BSGE 98, 43-48, SozR 4-2500 § 47 Nr 7, vgl. dazu oben) zugrunde gelegen habe (in dem Höchstbeiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze gezahlt worden waren). Gerade bei der Zahlung von Mindestbeiträgen werde regelmäßig Anlass bestehen, vom tatsächlichen Arbeitseinkommen auszugehen, weil dessen Nachweis der Grund für die Zahlung der Mindestbeiträge sei. Wegen der Entgeltersatzfunktion sei die Höhe des Krankengeldes dann auf den Ersatz des tatsächlich entfallenden, nach der Differenzmethode zu berechnenden Arbeitsentgeltes oder Arbeitseinkommens begrenzt (BSG, a.a.O., Rn. 13, 14; ebenso: BSG, Urteil vom 06. November 2008 – B 1 KR 8/08 R –, Rn. 13, 14, juris). Liege der Beitragsbemessung das Mindesteinkommen zugrunde, bestünden nämlich regelmäßig konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dieser Betrag, aus dem zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Beiträge entrichtet worden seien, nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspreche, weil sein tatsächliches Arbeitseinkommen wesentlich geringer gewesen sei. Dass der Beitragsbemessung zugrunde gelegte und das vor der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitseinkommen falle in diesen Fällen regelmäßig auseinander. Denn dem Mindestbetrag liege in der Regel ein fiktives Mindesteinkommen zugrunde, das gerade nicht die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten genau erfasse. Seien die Beiträge vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nach dem Mindesteinkommen erhoben worden, müsse das vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitseinkommen konkret ermittelt werden. Dabei seien Bedenken hinsichtlich des Ermittlungsaufwandes zurückzuweisen (BSG, a.a.O., Rn. 15, 16; ebenso: BSG, Urteil vom 06. November 2008 – B 1 KR 8/08 R –, Rn. 15, 16, 21 juris). Für die Ermittlung des Regelentgeltes sei auf das der Arbeitsunfähigkeit vorangegangene Kalenderjahr abzustellen. Denn das für die Ermittlung des Regelentgeltes maßgebliche Arbeitseinkommen werde in § 15 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) definiert als der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Angeknüpft werde demnach an das Einkommensteuerrecht, nach dem das Kalenderjahr der maßgebliche Veranlagungszeitraum sei. Dies habe zur Folge, dass der nach diesen Vorschriften ermittelte Gewinn aus selbständiger Tätigkeit vor Schluss eines Kalenderjahres nicht feststehe (BSG, a.a.O., Rn. 17; ebenso: BSG, Urteil vom 06. November 2008 – B 1 KR 8/08 R –, Rn. 14, juris; auch schon: Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 11/06 R –, BSGE 98, 43-48, SozR 4-2500 § 47 Nr 7, Rn. 13-15; ferner: BSG, Beschluss vom 10. Mai 2010 – B 1 KR 144/09 B –, Rn. 8, juris). 33Der Kläger sei jedoch nicht dadurch beschwert, dass die Beklagte der Berechnung des Krankengeldes das im Jahre 2003 tatsächlich erzielte Einkommen zugrunde gelegt habe, nicht aber das Einkommen des Jahres 2004, da dieses im konkreten Fall geringer gewesen sei (ebenso: BSG, Urteil vom 06. November 2008 – B 1 KR 8/08 R –, Rn. 20, juris). Als obiter dictum führt der Erste Senat aber ausdrücklich aus: 34"Allerdings hätte das im Jahr 2004 erzielte Arbeitseinkommen für die Krankengeld – Berechnung verwendet werden müssen, wenn der Kläger – trotz andauernder Zahlung von Beiträgen nach dem fiktiven Mindesteinkommen – ein gegenüber 2003 höheres Arbeitseinkommen vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit – nicht notwendig durch ein Steuerbescheid, aber etwa durch hinreichend aussagekräftige Unternehmensunterlagen – nachgewiesen hätte." (BSG, Urteil vom 06. November 2008 – B 1 KR 28/07 R –, SozR 4-2500 § 47 Nr 10, Rn. 22). 35d) Nachdem der Erste Senat BSG mit Beschluss aus dem Juli 2009 (BSG, Beschluss vom 24. Juli 2009 – B 1 KR 85/08 B –, Rn. 12, juris) und Urteil aus dem März 2013 (BSG, Urteil vom 12. März 2013 – B 1 KR 4/12 R –, SozR 4-2500 § 47 Nr 14, Rn. 24; Anmerkung von Meyerhoff, jurisPR-SozR 6/2014 Anm. 3) nochmals sein Verständnis des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V als wiederlegbare Vermutung bekräftigte, hat der Dritte Senat zuletzt mit Beschluss vom 22.02.2017 – wiederum im Rahmen eines obiter dictum – im Sinne des hiesigen Klagebegehrens ausgeführt: 36"Das Begehren des Klägers ( ) berücksichtigt nicht das dem Gesetz zugrunde liegende Entgeltersatzprinzip, das – bei entsprechend hohem Arbeitseinkommen – im Einzelfall auch ein Krankengeld oberhalb des sich aus dem der Beitragsberechnung zugrunde liegenden Arbeitseinkommen ergebenden Krankengeld ermöglicht." (BSG, Beschluss vom 22. Februar 2017 – B 3 KR 47/16 B –, Rn. 13, juris) 373. a) Hinzuweisen ist darauf, dass die Ausführungen des BSG in den Urteilen aus dem Dezember 2006 (vgl. 2. b) und insbesondere November 2008 (vgl. 2. c) im Bewusstsein (vgl. BSG, Urteil vom 06. November 2008 – B 1 KR 8/08 R –, Rn. 18, juris) erfolgten, dass der für das Beitragsrecht zuständige Zwölfte Senat auf Grundlage der zu dieser Zeit gültigen Fassung des § 240 Abs. 4 S. 2, 3 SGB V die Auffassung vertrat, dass die Beiträge der freiwillig Versicherten (in der Regel) sofort endgültig festzusetzen waren und die tatsächlich erzielten Einnahmen bei den hauptberuflich Selbstständigen in der Regel nur zeitversetzt berücksichtigt werden könnten. Es könnten deshalb nur die Einnahmen eines bereits vergangenen Zeitraums i. S. von § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V a. F. nachgewiesen werden, die dann als laufende Einnahmen solange bei der Beitragsfestsetzung berücksichtigt würden, bis ein neuer Einkommensnachweis vorliege. Die damit lediglich zeitversetzt erfolgende Berücksichtigung der tatsächlichen Einnahmen der hauptberuflich Selbstständigen sei nicht zu beanstanden. Auf einen längeren Zeitraum gesehen werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zutreffend berücksichtigt, denn es erfolge ein Ausgleich der wechselnden Einnahmen, indem sowohl die nachgewiesene Erhöhung der Einnahmen als auch deren nachgewiesene Verringerung für die zukünftige Beitragsfestsetzung jeweils bis zum Nachweis einer Änderung berücksichtigt werde (BSG, Urteil vom 22. März 2006 – B 12 KR 14/05 R –, BSGE 96, 119-126, SozR 4-2500 § 240 Nr 5, Rn. 16; präzisiert späterhin mit Urteil vom 02. September 2009 (B 12 KR 21/08 R –, BSGE 104, 153-160, SozR 4-2500 § 240 Nr 12, Rn. 15 ff.). 38Dies konnte im Ergebnis im Einzelfall zu einer fehlenden finalen Kongruenz von der Verbeitragung und der Berechnung des Krankengeldes zugrunde gelegtem Arbeitseinkommen führen, weil der Zwölfte Senat mit der Anordnung des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V im Spannungsverhältnis der Ansicht war, soweit der Erste Senat für das Leistungsrecht des Krankengeldes (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 11/06 R –, BSGE 98, 43-48, SozR 4-2500 § 47 Nr 7, Rn. 11 ff.) einerseits nach den Vorgaben des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V entschieden habe, dass das für die Leistungsbemessung maßgebliche Regelentgelt bei freiwillig versicherten Selbstständigen grundsätzlich und in aller Regel der zuletzt maßgeblichen Beitragsbemessungsgrundlage entspreche, deren Höhe "verwaltungspraktikabel" durch den Steuerbescheid nachgewiesen werde, andererseits Ausnahmefälle, bei denen es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, dass der zuletzt der Beitragsbemessung zugrunde liegende Betrag erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspreche, und insofern die Heranziehung weiterer Beweismittel in Erwägung ziehe, betreffe dies nur das Leistungsrecht der Krankenversicherung und nicht deren eigenständiges Beitragsrecht (BSG Urteil vom 02. September 2009 (B 12 KR 21/08 R –, BSGE 104, 153-160, SozR 4-2500 § 240 Nr 12, Rn. 18). 39Der hierdurch entstehende Zielkonflikt des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V zwischen Entgeltersatzprinzip einerseits und Kongruenz der Arbeitseinkommensermittlung in den Bereichen des Leistungs- und des Beitragsrechts andererseits bestand bei der Schaffung des § 47 Abs. 2 S. 2 SGB V nicht. In ihrer wesentlichen Struktur ist die Vorschrift aus den bis zum 31.12.1988 geltenden Regelungen der Reichsversicherungsordnung (RVO) hervorgegangen. Bereits diese hatten die Krankengeldhöhe an die Beitragsbemessung geknüpft. Indes hatte das BSG zu jener Zeit - bis zu den soeben aufgezeigten Entscheidungen des Zwölften Senates - auch für das Beitragsrecht eine zeitnahe Ermittlung des Arbeitseinkommens für freiwillig gesetzlich versicherte Selbstständige für möglich und erforderlich gehalten und in diesem Zusammenhang auch von einem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater aufgestellte Gewinn- und Verlustrechnungen oder Bilanzen zur Nachweisführung ausreichen lassen statt den letzten Einkommenssteuerbescheid – ggfs. erheblich zeitversetzt – für allein maßgeblich zu erachten. Dem entsprach die verbreitete Praxis der Krankenkassen (BSG, Urteil vom 09. Februar 1993 – 12 RK 69/92 –, SozR 3-2500 § 240 Nr 14, Rn. 19; BSG, Urteil vom 27. November 1984 – 12 RK 70/82 –, BSGE 57, 240-247, SozR 2200 § 180 Nr 20, Rn. 15, 36- zum Krankengeld – ausdrücklich aufgegeben von: BSG, Urteil vom 02. September 2009 – B 12 KR 21/08 R –, BSGE 104, 153-160, SozR 4-2500 § 240 Nr 12, Rn. 17). 40Abgesehen vom Wegfall des Begriffes des Grundlohnes und der Ersetzung von "Regellohn" durch "Regelentgelt" hat der heutige § 47 Abs. 1, 4 SGB V die Bestimmungen der RVO übernommen. Die Definition des Regellohns in der RVO hob auf die "wegen Arbeitsunfähigkeit entgangenen" Einkünfte ab, während § 47 Abs. 1 S. 1 SGB V die "erzielten" (Abs. 1) (Arbeits)einkünfte zugrunde legt, ohne dass dadurch eine Rechtsänderung beabsichtigt gewesen wäre (vgl. BT-Drs. 11/2237, S. 18) (ausführlich: BSG, Urteil vom 30. März 2004 – B 1 KR 32/02 R –, BSGE 92, 260-267, SozR 4-2500 § 47 Nr 1, Rn. 18-20). Insofern belegt die Auslegung des Begriffes des Grundlohns durch die ältere Rechtsprechung des BSG eine enge Bindung an die tatsächlichen Einkommensverhältnisse und den korrespondierenden Willen des Gesetzgebers, nicht eine Fiktion des Einkommens im Sinne des Wortlautes des § 47 Abs. 2 S. 2 SGB V ("gilt") zu verabsolutieren, sondern die Entgeltersatzfunktion in einer der damaligen Praxis (auch) im Beitragsrecht entsprechenden zeitnahen, der Beitragsfestsetzung kongruenten und insofern einfachen Ermittlung des Regelentgeltes zu erreichen (vgl. BT-Drucks 8/338 S. 60; BSG, Urteil vom 27. November 1984 – 12 RK 70/82 –, BSGE 57, 240-247, SozR 2200 § 180 Nr 20, Rn. 13, 14; zum Fortdauern dieses Ziels: BT-Drs. 18/11205, S. 72). Dem trägt die aufgezeigte Rechtsprechung des BSG durch die teleologische Reduktion unter Beachtung der Entwicklungen im Beitragsrecht in einer restriktiven Handhabung des Anlasses zur Ermittlung des Arbeitseinkommens abseits des der Verbeitragung zugrunde gelegten letzten Einkommenssteuerbescheides ausgleichend Rechnung. 41b) Soweit seit der Änderung des § 240 SGB V mit dem Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (BGBl 2017 I, S 778) zum Jahr 2018 die Beiträge freiwillig gesetzlich versicherter Selbstständiger zunächst vorläufig auf Grundlage des letzten Einkommenssteuerbescheides und nach Vorlage des für das jeweilige Kalenderjahr erlassenen Einkommenssteuerbescheides endgültig festzusetzen sind (§ 240 Abs. 4a S. 1, 3 SGB V), muss die Widerlegbarkeit der zur Vermutung reduzierten Anordnung des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V entgegen der Ansicht der Beklagten erst Recht – sowohl zu Gunsten wie zu Ungunsten des Versicherten - gelten. Denn der Wortlaut des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V kann seither noch weniger Auskunft i. S. seiner dargelegten Teleologie gaben. Er weiß nicht, ob mit dem für die Beitragsbemessung zuletzt maßgebenden Arbeitseinkommen jenes adressiert ist, dass der vorläufigen Beitragsfestsetzung entspricht oder jenes, nach der die Beitragsfestsetzung für das vorangegangene Kalenderjahr endgültig zu erfolgen hat, da er von der späteren Einführung des § 240 Abs. 4a SGB V keine Kenntnis hat. 42Der Gesetzgeber hat anlässlich der Begründung zur Änderung des § 240 SGB V zum Jahr 2018 aber in der Sache ausdrücklich die ausgleichende Rechtsprechung des BSG adaptiert, soweit er ausführt, dass Regelentgelt, das zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Krankengeldberechnung maßgeblich gewesen sei, sei unabhängig von den Beitragsnachberechnungen nach dem neuen § 240 Abs. 4a S. 3 SGB V endgültig festzustellen. Dabei werde berücksichtigt, dass der Versicherte typischerweise zur Sicherung seines Lebensunterhaltes auf das Krankengeld angewiesen sei und die Bewilligung zeitnah zum Ausfall des zu ersetzenden Einkommens erfolgen müsse. Dem werde Rechnung getragen, wenn als Regelentgelt im Sinne einer widerlegbaren Vermutung auf die zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich gewesene Beitragsbemessungsgrundlage und damit auf diejenigen Verhältnisse im aktuellen Versicherungsverhältnis abgestellt werde, die anhand einfach festzustellender Tatsachen rasch und verwaltungspraktikabel ermittelt werden könnten. Dies trage der Funktion des Krankengeldes Rechnung, den Entgeltersatz bei vorübergehendem Verlust der Arbeitsunfähigkeit sicherzustellen (BT-Drs. 18/11205, S. 72). 43Die Beklagte setzt sich somit nicht nur in offenen Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG, sondern missachtet den aktualisierten Willen des Gesetzgebers, wenn sie die Teleologie des Entgeltersatzes – jedenfalls zugunsten der Versicherten - unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität vollständig ausblendet und jedwede Ermittlungsarbeit von sich weist, weil eine zeitnahe Feststellung der verbindlichen Leistungshöhe des Krankengeldes weiterhin kaum möglich sein werde. 44Die Änderung des § 240 SGB V zum Januar 2018 gäbe allenfalls Anlass, die Anforderungen an die Hinweise des Auseinanderfallens von nunmehr lediglich vorläufig der Beitragsfestsetzung zu Grunde gelegtem Einkommen und tatsächlich vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erzieltem Arbeitseinkommen zu senken. Denn soweit nunmehr – abweichend von der Rechtsprechung des Zwölften Senates seit März 2006 nicht mehr endgültig und ggfs. erheblich zeitversetzt der Verbeitragung das Einkommen gemäß des aktuellsten Steuerbescheides zugrunde zu legen ist, ist es gar verfassungsrechtlich geboten bei der Ermittlung des Krankengeldes nicht i. S. e. verabsolutierten Fiktion des Regelentgeltes i. S. d. lediglich vorläufigen Beitragsfestsetzung bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit konträr zu verfahren. 45So hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aufgezeigt, dass ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) vorliege, wenn für Äquivalenzabweichungen zwischen der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen wie dem Krankengeld und den entrichteten Beiträgen innerhalb einer Versicherungsgruppe mit gleicher Beitragsleistung ein hinreichend sachlicher Grund nicht ersichtlich sei. Durch die Berechnung der laufenden Lohnersatzleistungen dürfe nicht die wirtschaftliche Situation des Versicherten verzerrt werden. Der Gesetzgeber sei nicht berechtigt, bei kurzfristigen Lohnersatzleistungen beitragspflichtige Entgeltbestandteile außer Acht zu lassen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit über einen längeren Zeitraum betrachtet beeinflussten. Denn auch die sogenannten kurzfristigen Leistungen würden für Zeiträume gezahlt, die etwa im Falle des Krankengeldes eineinhalb Jahre umfassten (BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1995 – 1 BvR 892/88 –, BVerfGE 92, 53-74, Rn. 51, 56 ff.). 46Entsprechendes träte indes ein, richtete man die Bemessung des Krankengeldes eines freiwillig gesetzlich versicherten Selbstständigen an dem aktuellsten Einkommensteuerbescheid aus, der der lediglich vorläufigen Beitragsfestsetzung bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit (Versicherungsfall) zugrunde liegt. Denn es hinge letztlich von der jeweiligen, bei einzelnen freiwillig selbstständig versicherten Mitgliedern erheblich variierenden Dauer des Verfahrens zur Festsetzung der Einkommenssteuer ab, ob das dem Krankengeld zugrunde gelegte Arbeitseinkommen auch nur annäherungsweise dem Einkommen vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspräche, während auf der Beitragsseite final in der gesamten Versichertengruppe einheitlich das tatsächliche Arbeitseinkommen herangezogen wird – sich der entsprechende Zeitversatz der Steuerfestsetzungsverfahrens nicht (mehr) gleichermaßen endgültig auf Krankengeld- und Beitragshöhe auswirken kann. Eine hinreichende Rechtfertigung für diese (bewussten, vgl. BT- Drs 18/11205, S. 72) Äquivalenzabweichungen vermag der der Umstand, dass das Krankengeld bei Eintritt des Versicherungsfalles sofort benötigt wird lediglich i. S. d. dargelegten Handhabung des § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V als widerlegbare Vermutung zu begründen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes selbst dann nicht aufgehoben erschiene, wenn der Gesetzgeber eine Parallelität mit der Beitragsfestsetzung seit Januar 2018 herstellte. 474. Unter Zugrundelegung des Dargelegten ist – entsprechend der insbesondere mit Urteil des BSG vom 06. November 2008 – B 1 KR 28/07 R (–, SozR 4-2500 § 47 Nr 10) aufgezeigten Verfahrensweise – das kalendertägliche Regelentgelt für den Krankengeldanspruch im streitgegenständlichen Zeitraum im Jahr 2019 aus dem Arbeitseinkommen des Klägers im Jahr 2018 abzuleiten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2019 auf Grundlage des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2016 vorläufig für die Beitragsfestsetzung herangezogene Arbeitseinkommen nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Klägers bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsprach ergaben sich – wie regelmäßig – daraus, dass den Beiträgen das Mindesteinkommen zugrunde lag. Eine Ausnahme hierzu lag schon deshalb nicht vor, weil der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2016 Verluste auswies und eben kein (annähernd) dem Mindest- (für das Jahr 2018) entsprechendes Arbeitseinkommen. Hiernach war die Beklagte aufgerufen von Amts wegen das tatsächliche Jahresarbeitseinkommen des Klägers zu ermitteln, wie es zwischenzeitlich durch den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2018 in Höhe von 50.707 EUR (= 4225,58 EUR, vgl. Klageantrag = 140,85, vgl. Urteilstenor) ausgewiesen ist. Hiervon ausgehend hat die Beklagte Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu berechnen und dem Kläger (unter Abzug des bereits geleisteten) zu gewähren. Es ist bezeichnend, dass die Beklagte zunächst einen Krankengeldanspruch vollständig abgelehnt hat, ohne zu ermitteln, ob die tatsächlichen Einnahmen zumindest die Mindestgrenze erreicht hatten. 48C. 49I. Die Kammer hält es für angemessen, der Beklagten sog. Missbrauchskosten in Höhe von 300 EUR aufzuerlegen. 501. Gemäß § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder –verteidigung dargelegt worden und der auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigte (S. 2). Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz (S. 3.); im erstinstanzlichen sozialgerichtlichen Verfahren insofern 150 EUR. 51In der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung des § 192 SGG gab es bereits die Möglichkeit, einem Beteiligten diejenigen Kosten aufzuerlegen, die dieser, dessen Vertreter oder Bevollmächtigter durch Mutwillen, Verschleppung oder Irreführung dem Gericht oder einem Beteiligten verursacht hatte. Nach der Rechtsprechung war hierfür jedoch die Feststellung erforderlich, dass der Beteiligte, sein Vertreter oder Bevollmächtigter gegen seine bessere Einsicht handelte (BSG, Beschluss vom 19. Juni 1961 – 3 RK 67/60 –, SozR Nr 4 zu § 192 SGG, Rn. 2 m.w.Nachw.). Dies bereitete nicht selten Schwierigkeiten, so dass die Wirkung des § 192 SGG a.F. sehr begrenzt war (Wendt in: Rohwer-Kahlmann, SGG,4. Aufl. 2007, § 192 Rn. 1). 52Bei der Neufassung des § 192 SGG zum 02.01.2002 hat sich der Gesetzgeber, der das sozialgerichtliche Verfahren straffen und beschleunigen wollte, daraufhin ausdrücklich auch an § 34 BVerfGG orientiert (BT-Drs. 14/6335, S. 33). Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Missbräuchlichkeit nach § 34 Abs. 2 BVerfGG kann insofern zur Auslegung des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG herangezogen werden. Danach ist eine subjektive Komponente (Verschulden, Einsichtsfähigkeit) nicht erforderlich (Zuck in: Lechner/Zuck, BVerfGG, 7. Aufl. 2015, § 34 Rn. 6; Berendes, SGb 2002, 315, 318). (Straßfeld in: Jansen, SGG, 4. Aufl. 2012, § 192 Rn. 8, Ziff. 2.4; Berendes, SGb 2002, 315, 318; a.A. Winker, Die Missbrauchsgebühr im Prozessrecht 2011, S. 220). Bei der Beurteilung der objektiven Missbräuchlichkeit ist auf die objektivierte Einsichtsfähigkeit eines vernünftigen Verfahrensbeteiligten in der Rolle des Betroffenen abzustellen (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 31. März 2005 – L 2 U 124/04 –, Rn. 40, juris; Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 18. September 2003 – L 2 RA 379/03 –, Rn. 21, juris; Stotz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 192 SGG, Rn. 38). Ist der Beteiligte demnach professionell vertreten, ist insofern (§ 192 Abs. 1 S. 2) auf die objektive Einsichtsfähigkeit einer rechtskundigen Person abzustellen; für sie gelten erhöhte Anforderungen (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 18. September 2003 – L 2 RA 379/03 –, Rn. 21, juris). 53Soweit dem entgegengehalten wird, § 192 SGG sei eine Schadensersatzregelung und die individuelle Verpflichtung zum Schadenersatz setzte nach rechtsstaatlichen Grundsätzen die Feststellung subjektiven Verschuldens voraus (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05. Mai 2010 – L 7 AS 193/10 B –, Rn. 10, juris), ist dem zunächst - neben der dargelegten Teleologie und Gesetzeshistorie - mit Blick auf Wortlaut und Systematik entgegenzuhalten, dass § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG im Gegensatz zur Nr. 1 nicht an ein Verschulden anknüpft. Zudem wird beim Tatbestandsmerkmal der Missbräuchlichkeit nicht insgesamt auf ein vorwerfbares subjektives Verhalten verzichtet. Das vorwerfbare subjektive Verhalten liegt aber nicht darin, missbräuchlich einen Prozess zu führen, denn sonst hätte bereits die missbräuchliche Klageerhebung/Klageverteidigung für die Auferlegung von Missbrauchskosten ausgereicht. Notwendig ist vielmehr im Rahmen des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zusätzlich, dass der Betroffene den Prozess trotz der Darlegung der Missbräuchlichkeit durch den Vorsitzenden fortführt. Insofern ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der konkret Betroffene nach seinem subjektiven Vermögen in der Lage ist, die ihm dargelegte (objektive) Missbräuchlichkeit nachzuvollziehen und sich dennoch für eine Fortsetzung des Prozesses entscheidet. Erst die Prozessfortführung, die als subjektive Entscheidung des missbräuchlich Handelnden das erforderliche subjektive Element enthält, führt zur Möglichkeit der Auferlegung von Missbrauchskosten (Stotz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 192 SGG, Rn. 39). 54Eine Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung in diesem Sinne kann unter anderem vorliegen, wenn der Rechtsstreit trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit weitergeführt wird (vgl. BT-Drs. 14/6335, S. 33 ("Unterfall der Missbräuchlichkeit"); Schmidt, in: Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 192, Rn. 9). Indes genügt die Aussichtslosigkeit allein nicht, es müssen vielmehr besondere Umstände der Qualität hinzutreten, dass die Rechtsverfolgung/ -verteidigung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (BVerfG, Kammerbeschluss vom 06. November 1995 – 2 BvR 1806/95 –, Rn. 8, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 1994 – 2 BvR 2718/93 –, Rn. 3, juris, zu § 34 Abs. 2 BVerfGG; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 16. Juni 2004 – L 12 AL 59/03 –, Rn. 23, juris; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.11.2014 - L 20 AY 7/1 -, Rn. 32, openJur 2014, 24667). 552. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nach Auffassung der Kammer erfüllt. Dabei ist zunächst festzustellen, dass zur vorliegenden Fallkonstellation bereits seit November 2008 unmissverständliche höchstrichterliche Ausführungen vorliegen, die sich auf korrespondierende rechtsdogmatische Erwägungen stützen und in jüngerer Zeit durch das BSG in ihrer Aktualität bestätigt worden sind. 56Bereits den schriftlichen Reaktionen der Beklagten zu den Hinweisen der Kammer auf diese - von der Beklagten bei deren angefochtenen Entscheidung offenkundig übersehenen - höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass die Beklagte bei der Kenntnisnahme dieser Rechtsprechung die Beibehaltung ihrer Auffassung vor die Erfassung und Würdigung der BSG-Rechtsprechung gesetzt hat. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Beklagte auf die zitierte unmissverständliche Äußerung des Ersten Senates vom 22.02.2017 hingewiesen einen Konflikt mit der eigenen Auffassung bei Lichte betrachtet letztlich damit zurückgewiesen hat, dass es sich um ein obiter dictum handelte (vgl. Schriftsatz vom 30.07.2020, S. 2). Den Hinweis auf die Ausführungen des BSG im Urteil vom 06.11.2008 hat die Beklagte schon schriftlich gänzlich ignoriert und schlicht mit dem Hinweis auf ihre in den rechtlichen Grundlagen nicht erläuterte Auffassung gekontert, eine Abweichung von dem zuletzt der vorläufigen Beitragsfestsetzung zu Grunde gelegten Einkommen sei nicht nur zulasten des Versicherten möglich. Eine Abweichung könne auch zugunsten des Klägers erfolgen, das Regelentgelt finde nur seine Begrenzung in dem Betrag, der zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung herangezogen worden sei (Schriftsatz vom 12.10.2020). Diese offenkundig in sich widersprüchliche Auffassung konnte auch der – von der Kammer grds. sehr geschätzte – Sitzungsvertreter der Beklagten nicht erläutern. Er musste sich vielmehr darauf beschränken mitzuteilen, dass dies nun einmal die Auffassung der Beklagten sei. Soweit er ferner offenkundig fälschlicherweise behauptet hat, den Entscheidungen des BSG habe jeweils eine Sachverhaltskonstellation zugrunde gelegen, in der noch überhaupt kein Steuerbescheid mit Feststellungen zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit vorgelegen habe, wird die ungenügende Befassung der Beklagten mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung überdeutlich. In der Folge hat der Vorsitzende die maßgeblichen Passagen aus dem Urteil des BSG vom 06.11.2008 nochmals vorgelesen und die Verhandlung unterbrochen, um dem Sitzungsvertreter Gelegenheit zu geben, das entsprechende Urteil zu lesen. Die Beklagte hat durch ihren rechtskundigen Vertreter jedoch auch hiernach schlicht keinen Kommentar zu der Entscheidung abgeben wollen und insofern die Erörterung der Rechtslage im Rahmen der mündlichen Verhandlung (vgl. § 112 Abs. 2 S. 2 SGG) ad absurdum geführt. Dies hat der Kammervorsitzende zum Anlass genommen, dem Vertreter der Beklagten den für die Verhängung der Missbrauchskosten erforderlichen Hinweis zu erteilen. 573. Die Auferlegung von 300 EUR ist der Höhe nach äußerst zurückhaltend. Zu den entstehenden Kosten zählen die Kosten für die Tätigkeit des Kammervorsitzenden (Abfassung und Korrektur des Urteils) und des nichtrichterlichen Personals, die allgemeinen Gerichtshaltungskosten sowie die Kosten für die Zustellung der Entscheidung an die Beteiligten (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Juni 2016 – L 18 KN 89/15 –, Rn. 24, juris). Liegen die Kosten - wie hier - tatsächlich wesentlich höher als der Mindestbetrag kann das Gericht die Kosten in entsprechender Anwendung des § 202 SGG i.V.m. § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) schätzen (vgl. Schmidt, in Meier minus Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 192, Rn. 14 m.w.N.). Die Kammer greift im Rahmen ihrer Schätzung auf die nachvollziehbare Darlegung von Bischofs (SGb 2020, S. 8, 13 ff.) zurück, nach denen annäherungsweise ein Stundensatz von 150 EUR nicht zu hoch gegriffen ist (für 300 EUR pro Stunde: SG Aachen, Urteil vom 06. November 2018 – S 11 BK 3/18 –, Rn. 10, juris m.w.N. unter der Auferlegung von 600 EUR; SG Heilbronn, Urteil vom 23. Juni 2016 – S 15 AS 133/16 –, Rn. 30, juris, mit der Auferlegung von 1000 EUR; für die zweite Instanz: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Juni 2016 – L 18 KN 89/15 –, Rn. 24, juris: rund 400 EUR/Stunde). Da der Hinweis auf die Rechtsmissbräuchlichkeit der Verteidigung gegen die Klage und das Inbetrachtkommen der Auferlegung von Missbrauchskosten zum Ende der mündlichen Verhandlungen erfolgt ist, ist im Wesentlichen die Zeit für die Urteilsberatung, die mündliche Begründung sowie die spätere Absetzung der Urteilsgründe, einschließlich der hierfür anfallenden Schreibarbeiten, das Korrekturlesen, das Versenden usw. zugrunde zu legen (vgl. Bischofs, a.a.O., S. 14f.). Der tatsächliche Aufwand übersteigt im vorliegenden Fall zwei Stunden deutlich. 58II. Die Entscheidung der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach aufzuerlegen beruht auf § 193 SGG. | die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 18.06.2019 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.02.2020 verurteilt, dem kläger für den zeitraum vom 11.04.2019 bis 20.09.2019 krankengeld unter zugrundelegung eines maßgeblichen regelentgeltes in höhe von kalendertäglich 140,85 eur zu gewähren. der beklagten werden missbrauchskosten i.h.v. 300 eur auferlegt. die beklagte trägt die außergerichtlichen kosten des klägers dem grunde nach. 1 | 2der kläger begehrt höhere krankengeldzahlungen in der zeit vom 11.04.2019 bis 20.09.2019. 3der am 00.00.0000 geborene kläger war bis september 2020 als einzelunternehmer selbstständig erwerbstätig und hatte einen geringfügig beschäftigten angestellt. im streitgegenständlichen zeitraum war er bei der beklagten freiwillig gesetzlich krankenversichert. andere einkünfte als aus dem gewerbebetrieb hatte der kläger in den jahren 2016 bis 2019 nicht. 4nachdem der zu diesem zeitpunkt aktuellste steuerbescheid für das jahr 2016 negativeinkünfte aus dem gewerbebetrieb auswies erhob die beklagte ab dem 01.01.2019 beiträge vorläufig nach der mindestbemessungsgrenze (bescheid vom 15.12.2018). 5in der zeit vom 28.02.2019 bis 20.09.2019 erkrankte der kläger arbeitsunfähig. die arbeitsunfähigkeit wurde lückenlos ärztlich festgestellt und die feststellung jeweils binnen einer woche der beklagten angezeigt. 6mit bescheid vom 25.04.2019 lehnte die beklagte den antrag des klägers auf zahlung von krankengeld vom 26.03.2019 ab. leider könne kein krankengeld gezahlt werden, da der kläger keinerlei einkünfte aus der selbstständigen tätigkeit erziele und somit keinen verdienstausfall habe. 7daraufhin übersandte der kläger den einkommensteuerbescheid für das jahr 2017 vom 06.02.2019 in dem ein einkommen aus gewerbebetrieb i.h.v. 32.130 eur festgestellt wurde. 8mit bescheid vom 18.06.2019 bewilligte die beklagte dem kläger daraufhin für die zeit ab 11.04.2019 krankengeld unter zugrundelegung eines regelentgeltes nach der mindestbeitragsbemessungsgrundlage in höhe von kalendertäglich 24,23 eur brutto. 9am 10.07.2019 legte der kläger widerspruch gegen den bescheid vom 18.06.2019 ein. einerseits werde mitgeteilt, dass sich die beitragsgrundlage aus der mindesteinnahmegrenze berechne, andererseits würden nunmehr beiträge auf grundlage des einkommensteuerbescheides aus 2017 gefordert. 10mit widerspruchsbescheid vom 27.02.2020 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. das bundessozialgericht habe in einem urteil aus dem dezember 2006 (b 1 kr 11/06 r) ausgeführt, dass für die berechnung des krankengeldes bei freiwillig versicherten hauptberuflich selbstständigen nach § 47 abs. 4 s. 2 sozialgesetzbuch fünftes buch - gesetzliche krankenversicherung (sgb v) im sinne einer widerlegbaren vermutung ein regelentgelt zugrunde zu legen sei, dass dem betrag entspreche, aus dem zuletzt vor eintritt der arbeitsunfähigkeit beiträge entrichtet worden seien. hiervon könne nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn konkrete anhaltspunkte dafür vorlägen, dass dieser betrag erkennbar nicht der wirtschaftlichen situation des versicherten vor eintritt der arbeitsunfähigkeit entspreche, weil sein tatsächliches arbeitseinkommen wesentlich geringer gewesen sei. nach dem vortrag des klägers habe dieser jedoch für das jahr 2017 ein höheres einkommen erzielt. der vom bsg dargelegte ausnahmefall eines evident niedrigeren einkommens vor eintritt der arbeitsunfähigkeit sei somit nicht gegeben. 11hiergegen hat der kläger durch seinen bevollmächtigten am 25.03.2020 klage erhoben. zunächst hat der kläger begehrt, der krankengeldberechnung für den streitigen zeitraum sein arbeitseinkommen aus dem jahr 2017 zugrunde zu legen, zuletzt das höhere aus dem jahr 2018. 12er ist der ansicht, die grundsätze der bsg-rechtsprechung zur ausnahme vom wortlaut des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v seien auch zugunsten des versicherten anzuwenden. 13der bevollmächtigte des klägers beantragt, die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 18.06.2019 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 27.02.2020 zu verurteilen, dem kläger krankengeld für den zeitraum vom 11.04.2019 bis 20.09.2019 unter zugrundelegung eines maßgeblichen regelentgeltes in höhe von 4.225,58 eur nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu gewähren. 14der vertreter der beklagten beantragt, die klage abzuweisen. 15im rahmen der mündlichen verhandlung behauptet der vertreter der beklagten, in allen fällen, in denen das bsg nicht den letzten zur zeit des eintritts der arbeitsunfähigkeit vorliegenden steuerbescheid für die ermittlung des regelentgeltes bei selbstständigen zugrunde gelegt habe, habe der versicherte noch über gar keinen steuerbescheid zu einkünften aus seiner selbständigen tätigkeit verfügt. es könne im übrigen lediglich die auffassung der beklagten wiedergegeben werden, dass der berechnung des krankengeldes das arbeitseinkommen zugrunde zu legen sei, dass zuletzt der beitragsbemessung zugrunde gelegt worden sei. 16die beklagte beruft sich insofern schriftlich im kern auf den wortlaut des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v und formuliert die ansicht, hiervon könne zwar auch zugunsten des klägers abgewichen werden. das regelentgelt finde nur seine begrenzung in dem betrag, der zuletzt vor der arbeitsunfähigkeit für die beitragsermittlung herangezogen worden sei. 17der kläger hat einen einkommensteuerbescheid für das jahr 2018 vom 05.05.2020 vorgelegt, aus dem einkünfte aus gewerbebetrieb i.h.v. 50.707 eur hervorgehen. die beklagte hat auf dessen grundlage (ausgehend von einem monatlichen einkommen i.h.v. 4.225,58 eur) die beiträge für das jahr 2018 endgültig festgesetzt (bescheid vom 15.06.2020). 18die kammer hat im rahmen des verfahrens der beklagten mehrere schriftliche hinweise erteilt. die mündliche verhandlung hat die kammer unterbrochen, um dem vertreter der beklagten gelegenheit zu geben, konkret das urteil des bsg vom 06.11.2008 - b1 kr 28/07 r nochmals zu lesen und hiernach auf die möglichkeit der auerlegung von missbrauchskosten hingewiesen. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitverhältnisses wird die gerichtsakte und den beigezogenen verwaltungsvorgang der beklagten in bezug genommen. 20 | 21a. die erhöhung des mit der klage begehrten krankengeldes im laufe des verfahrens stellt keine klageänderung dar und ist insofern gem. § 99 abs. 3 nr. 2 alt. sozialgerichtsgesetz (sgg) ohne weiteres zulässig. 22b. die als kombinierte anfechtungs- und leistungsklage statthafte (§ 54 abs. 4 sgg) und auch im übrigen zulässige klage ist begründet. 23i. nach § 47 abs. 1 s. 1 sgb v beträgt das krankengeld 70 vom hundert des erzielten regelmäßigen arbeitsentgelts und arbeitseinkommens, soweit es der beitragsberechnung unterliegt. das "erzielte regelmäßige arbeitsentgelt und arbeitseinkommen" in diesem sinne wird in § 47 abs. 1 s. 1 sgb v in einem klammerzusatz als "regelentgelt" bezeichnet. gemäß § 47 abs. 1 s. 5 sgb v wird das regelentgelt nach den absätzen 2, 4 und 6 des § 47 sgb v berechnet und gemäß abs. 1 s. 6 für kalendertage gezahlt. für versicherte, die - wie der kläger - nicht arbeitnehmer sind, gilt nach § 47 abs. 4 satz 2 sgb v als regelentgelt der kalendertägliche betrag, der zuletzt vor beginn der arbeitsunfähigkeit für die beitragsbemessung aus arbeitseinkommen maßgebend war. 24ii. zwar lag der (vorläufigen) beitragsbemessung zuletzt vor eintritt der arbeitsunfähigkeit des klägers nach § 240 abs. 4 s. 1 sgb v der neunzigste teil der monatlichen bezugsgröße für das jahr 2019 zugrunde, jedoch ist dieses fiktive mindesteinkommen nicht für die berechnung des krankengeldes maßgeblich. das krankengeld richtet sich vielmehr nach dem tatsächlich erzielten arbeitseinkommen des klägers im jahre 2018, so dass sich ein kalendertägliches regelentgelt in höhe von 140,85 eur brutto ergibt, von dem ausgehend die beklagte das krankengeld des klägers im streitgegenständlichen zeitraum nach maßgabe der bestimmungen des § 47 abs. 1 s. 2-4 sgb v zu berechnen und (abzüglich der bereits gewähren leistungen in höhe von kalendertäglich 24,23 eur brutto) zu gewähren hat. 251. das bundessozialgericht hat in ständiger rechtsprechung entschieden, dass die anordnung des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v als widerlegbare vermutung zu verstehen ist. 26soweit § 47 abs. 4 s. 2 sgb v seinem wortlaut nach demgegenüber erkennbar fingiert ("gilt") (vgl. insoweit sg reutlingen, urteil vom 24. juni 2010 – s 14 kr 3892/09 –, rn. 23, juris), dass der kalendertägliche regelentgeltbetrag dem zuletzt vor beginn der arbeitsunfähigkeit für die beitragsbemessung maßgebenden arbeitseinkommen entspricht, liegt dieser rechtsprechung letztlich eine teleologische reduktion zugrunde (nicht zur "einschränkenden auslegung" abgrenzend: bsg, urteil vom 30. märz 2004 – b 1 kr 32/02 r –, bsge 92, 260-267, sozr 4-2500 § 47 nr 1, rn. 14; bsg, urteil vom 07. dezember 2004 – b 1 kr 17/04 r –, rn. 15, 17 juris). eine entsprechende restriktion der norm ist dort geboten, wo der sinn und zweck der einzuschränken gesetzlichen anordnung selbst sie erfordert oder sie durch den insoweit vorrangigen zweck einer anderen norm, der andernfalls nicht erreicht würde, durch die natur der sache oder durch eine für eine bestimmte fallgruppe vorrangiges, dem gesetz immanentes prinzip geboten wird und ein vorrangiges interesse an rechtssicherheit nicht die strikte einhaltung der wortlautgrenze verlangt (vgl. larenz/canaris, methodenlehre der rechtswissenschaft, 3. aufl., 1995, seite 210 ff.). 27das vorliegen dieser voraussetzungen bildet sich in den begründungen des bsg zum verständnis des § 47 abs. 2 s. 2 sgb v ab, so dass dieser rechtsprechung mit der vorstellung des gesetzgebers (vgl. bt-drs. 18/11205, s. 72) zu folgen ist. zugleich verdeutlichen die begründungen des bsg – ungeachtet der tatsache, dass das bsg dies bereits zweifach ausdrücklich in obiter dicta erklärt hat (bsg, urteil vom 06. november 2008 – b 1 kr 28/07 r –, sozr 4-2500 § 47 nr 10, rn. 22; bsg, beschluss vom 22. februar 2017 – b 3 kr 47/16 b –, rn. 13, juris; ferner: krauskopf, in: krauskopf/knittel, 106. el märz 2020, sgb v, § 47, rn. 39f.; nebendahl, in: spickhoff/nebendahl, medizinrecht, 3. aufl. 2018, sgb v, § 47, rn. 37) – dass die widerlegung der teleologisch auf eine widerlegbare vermutung reduzierten fiktion nicht allein zu lasten des versicherten möglich ist, wie die beklagte in ihrer angefochtenen entscheidung annimmt. der beklagten ist allein einzuräumen, dass vom bsg bislang kein fall zu entscheiden war, indem die grundsätze der eigenen rechtsprechung zu einem klageerfolg eines versicherten führen konnten. 282. a) erstmals hat das bsg mit urteil aus dem märz 2004 entschieden, dass die anordnung des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v als normative festlegung (fiktion) eines der krankengeldberechnung zugrunde zu legenden regelentgeltes der teleologie der vorschriften zum krankengeld im sinne eines entgeltersatzes (entgeltersatzfunktion) zuwiderlaufe (bsg, urteil vom 30. märz 2004 – b 1 kr 32/02 r –, bsge 92, 260-267, sozr 4-2500 § 47 nr 1). soweit seinerzeit die wörter "aus arbeitseinkommen" in § 47 abs. 4 s. 2 sgb v noch nicht enthalten waren (eingeführt im anschluss an diese rechtsprechung "klarstellend: br-drs. 676/04, s. 48) folge aus dem gesetzeszweck, dass das regelentgelt einerseits allein nach dem arbeitseinkommen, nicht aber aus anderen der beitragsbemessung zugrunde liegenden einnahmen zu bestimmen sei, andererseits, dass kein fiktives arbeitseinkommen zugrunde gelegt werden dürfe. insofern komme eine bestimmung des regelentgeltes bei einer beitragsberechnung nach der mindestbemessungsgrundlage nicht in betracht, wenn tatsächlich arbeitseinkommen unterhalb dieser erzielt worden sei. die entgeltersatzfunktion präge die regelungen zum krankengeld soweit in § 47 abs. 1 s. 2 sgb v das regelentgelt für arbeitnehmer auf 90 vom hundert des nettoarbeitsentgeltes begrenzt werde, § 47 abs. 3 sgb v die den krankenkassen für sonderfälle eingeräumte gestaltungsfreiheit hinsichtlich der zahlung und berechnung des krankengeldes mit der ausdrücklichen auflage verbinde, die erfüllung der entgeltersatzfunktion des krankengeldes sicherzustellen und § 44 abs. 1 s. 2 sgb v diejenigen versichertengruppen pauschal vom anspruch auf krankengeld ausschließe, die mangels einer entgeltlichen tätigkeit im falle der arbeitsunfähigkeit regelmäßig kein arbeitsentgelt oder arbeitseinkommen einbüßten (a.a.o. rn.13). im systematischen zusammenhang zu § 47 abs. 1 s. 1 sgb v erschließe sich das verständnis des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v. § 47 abs. 1 s. 1 sgb v stecke den rahmen ab, der bei allen in § 47 sgb v getroffenen regelungen vorrangig zu beachten sei. nur in dieser weise bleibe der sinn und zweck der krankengeldleistung gewahrt, dem arbeitsunfähigen versicherten einen ausgleich für den durch die arbeitsunfähigkeit entfallenden verdienst zu bieten (a.a.o. rn. 14). hieran hat das bsg mit urteil aus dem dezember 2004 festgehalten (bsg, urteil vom 07. dezember 2004 – b 1 kr 17/04 r –, juris). 29b) auch die seitens der beklagten im rahmen der begründung des widerspruchsbescheides allein in bezug genommenen entscheidung des bsg aus dem dezember 2006 (bsg, urteil vom 14. dezember 2006 – b 1 kr 11/06 r –, bsge 98, 43-48, sozr 4-2500 § 47 nr 7) trägt die auffassung nicht, von der regelung des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v könne allein zulasten des versicherten abgewichen werden. weder nahm das bsg eine ausdrückliche differenzierung dieser art vor, noch ergibt sich aus dieser entscheidung ein rechtsdogmatischer anknüpfungspunkt hierfür. 30mit der entscheidung hat das bsg die im urteil vom 30.03.2004 enthaltenen rechtssätze "klargestellt" (a.a.o.) und die reichweite und grundsätze der praktischen handhabung der restriktion in der korrespondenz des der beitragsbemessung zu beginn der arbeitsunfähigkeit zugrunde zu legenden arbeitseinkommens präzisiert. für die berechnung des krankengeldes sei bei freiwillig versicherten hauptberuflich selbstständigen nach § 47 abs. 4 s. 2 sgb v im sinne einer widerlegbaren vermutung ein regelentgelt zugrundezulegen, das dem betrag entspreche, aus dem zuletzt vor eintritt der arbeitsunfähigkeit freiwillige beiträge entrichtet worden seien. hiervon könne ausnahmsweise nur dann abgewichen und die vermutung widerlegt werden, wenn konkrete anhaltspunkte dafür vorlägen, dass dieser betrag erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen situation des versicherten vor eintritt der arbeitsunfähigkeit entspreche, weil sein tatsächliches arbeitseinkommen wesentlich geringer gewesen sei (a.a.o., rn. 9). dabei ist der letzte satzteil – nach der weiteren urteilsbegründung ersichtlich - der konkreten fallgestaltung geschuldet, in der die krankenkasse als revisionsführerin, bei verbeitragung des versicherten vor eintritt der arbeitsunfähigkeit im jahr 2001 nach der beitragsbemessungsgrenze, krankengeld allein nach einem aus der mindestbeitragsbemessungsgrenze abgeleiteten regelentgelt zahlen wollte (a.a.o., rn. 2). zur begründung hatte die krankenkasse angeführt, ein höheres einkommen habe der kläger bei zwischenzeitlicher vorlage des einkommenssteuerjahresbescheides für das jahr 1999 nicht nachgewiesen. das bsg führte weiter aus, nur in dem – in den entsprechenden rechtsstreit nicht erkannten – für die widerlegung der vermutung erforderlichen fall einer evidenten diskrepanz zwischen tatsächlichem einkommen und der beitragsbemessungsgrundlage komme die ermittlung des tatsächlichen arbeitseinkommens in betracht, dass dann der krankengeldberechnung zugrunde zu legen sei. in diesen strikten anforderungen an den anlass auf eine überprüfbarkeit der widerlegung des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v im sinne einer vermutung werde einerseits dessen wortlaut, andererseits den erfordernissen der verwaltungspraktikabilität entsprochen. weiterhin betonte der erste senat im anschluss an die rechtsprechung aus dem märz 2004 indes die entgeltersatzfunktion, die er offenkundig weiterhin als anlass erkannte eine restriktion vorzunehmen (a.a.o., rn. 12). 31c) unterlag das bsg mit einem die beschwerde gegen die nichtzulassung der revision zurückweisenden beschluss aus dem juli 2008 (bsg, beschluss vom 28. juli 2008 – b 1 kr 44/08 b –, rn. 8, juris; zitiert von: bohlken in: schlegel/voelzke, jurispk-sgb v, 4. aufl., § 47 sgb v (stand: 15.06.2020), rn. 96; joussen, in: becker/kingreen, 7. aufl. 2020, sgb v, § 47, rn. 8; legde, in: lpk-sgb v, 5. aufl. 2016, sgb v, § 47, rn. 18; kasuistisch: schifferdecker, in: kasskomm, 109. el mai 2020, sgb v, § 47, rn. 79; tischler, in: beckok sozr, 57. ed. juni 2020, sgb v, § 47, rn. 28) – ohne die konkrete fallgestaltung zu vergegenwärtigen und die dogmatischen grundlagen der urteilsbegründung zu betrachten - noch demselben fehlverständnis seines urteils aus dem dezember 2006 wie die beklagte in ihrem widerspruchsbescheid, hat es mit darauf folgenden urteilen aus dem november 2008 (insbesondere bsg, urteil vom 06. november 2008 – b 1 kr 28/07 r –, sozr 4-2500 § 47 nr 10; ferner bsg, urteil vom 06. november 2008 – b 1 kr 8/08 r –, juris) eindeutige aussagen i. s. d. hier vorliegenden klagebegehrens gemacht. die sachverhaltskonstellation zum verfahren b 1 kr 28/07 r entsprach der vorliegenden lediglich insoweit nicht, als der dortige kläger im kalenderjahr vor eintritt der arbeitsunfähigkeit letztlich tatsächlich weniger einkommen erzielte als der krankengeldberechnung zugrunde gelegt. 32im durch das bsg entschiedenen fall (b 1 kr 28/07 r) war arbeitsunfähigkeit des klägers im jahr 2005 eingetreten. zu diesem zeitpunkt hatte die beklagte krankenkasse gegen dem kläger auf grundlage des bis dato aktuellsten einkommensteuerbescheides für das jahr 2003 lediglich mindestbeiträge festgesetzt. die im steuerbescheid für das jahr 2003 ausgewiesenen einkünfte legte sie der berechnung des krankengeldes zugrunde (bsg; a.a.o., rn. 2, 3). mit der behauptung, dass arbeitseinkommen sei im jahr 2004 höher gewesen als im jahr 2003 verlangte der kläger die zahlung höheren krankengeldes (bsg a.a.o., rn. 4). in anknüpfung an die bereits aufgezeigte, vorangegangene rechtsprechung stellte das bsg zunächst klar, dass gerade bei der zahlung von mindestbeiträgen regelmäßig anlass bestehe, dass arbeitseinkommen für das der arbeitsunfähigkeit vorangegangene kalenderjahr konkret zu ermitteln. die – nach der vorangegangenen rechtsprechung des bsg – widerlegbare vermutung nach § 47 abs. 4 s. 2 sgb v erfasse nicht notwendig nur den fall, der der entscheidung aus dem dezember 2006 (bsg, urteil vom 14. dezember 2006 – b 1 kr 11/06 r –, bsge 98, 43-48, sozr 4-2500 § 47 nr 7, vgl. dazu oben) zugrunde gelegen habe (in dem höchstbeiträge unter berücksichtigung der beitragsbemessungsgrenze gezahlt worden waren). gerade bei der zahlung von mindestbeiträgen werde regelmäßig anlass bestehen, vom tatsächlichen arbeitseinkommen auszugehen, weil dessen nachweis der grund für die zahlung der mindestbeiträge sei. wegen der entgeltersatzfunktion sei die höhe des krankengeldes dann auf den ersatz des tatsächlich entfallenden, nach der differenzmethode zu berechnenden arbeitsentgeltes oder arbeitseinkommens begrenzt (bsg, a.a.o., rn. 13, 14; ebenso: bsg, urteil vom 06. november 2008 – b 1 kr 8/08 r –, rn. 13, 14, juris). liege der beitragsbemessung das mindesteinkommen zugrunde, bestünden nämlich regelmäßig konkrete anhaltspunkte dafür, dass dieser betrag, aus dem zuletzt vor eintritt der arbeitsunfähigkeit beiträge entrichtet worden seien, nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen situation des versicherten vor eintritt der arbeitsunfähigkeit entspreche, weil sein tatsächliches arbeitseinkommen wesentlich geringer gewesen sei. dass der beitragsbemessung zugrunde gelegte und das vor der arbeitsunfähigkeit erzielte arbeitseinkommen falle in diesen fällen regelmäßig auseinander. denn dem mindestbetrag liege in der regel ein fiktives mindesteinkommen zugrunde, das gerade nicht die tatsächliche wirtschaftliche leistungsfähigkeit des freiwillig versicherten genau erfasse. seien die beiträge vor eintritt der arbeitsunfähigkeit nach dem mindesteinkommen erhoben worden, müsse das vor eintritt der arbeitsunfähigkeit erzielte arbeitseinkommen konkret ermittelt werden. dabei seien bedenken hinsichtlich des ermittlungsaufwandes zurückzuweisen (bsg, a.a.o., rn. 15, 16; ebenso: bsg, urteil vom 06. november 2008 – b 1 kr 8/08 r –, rn. 15, 16, 21 juris). für die ermittlung des regelentgeltes sei auf das der arbeitsunfähigkeit vorangegangene kalenderjahr abzustellen. denn das für die ermittlung des regelentgeltes maßgebliche arbeitseinkommen werde in § 15 abs. 1 sozialgesetzbuch viertes buch – gemeinsame vorschriften für die sozialversicherung (sgb iv) definiert als der nach den allgemeinen gewinnermittlungsvorschriften des einkommensteuerrechts ermittelte gewinn aus einer selbstständigen tätigkeit. angeknüpft werde demnach an das einkommensteuerrecht, nach dem das kalenderjahr der maßgebliche veranlagungszeitraum sei. dies habe zur folge, dass der nach diesen vorschriften ermittelte gewinn aus selbständiger tätigkeit vor schluss eines kalenderjahres nicht feststehe (bsg, a.a.o., rn. 17; ebenso: bsg, urteil vom 06. november 2008 – b 1 kr 8/08 r –, rn. 14, juris; auch schon: urteil vom 14. dezember 2006 – b 1 kr 11/06 r –, bsge 98, 43-48, sozr 4-2500 § 47 nr 7, rn. 13-15; ferner: bsg, beschluss vom 10. mai 2010 – b 1 kr 144/09 b –, rn. 8, juris). 33der kläger sei jedoch nicht dadurch beschwert, dass die beklagte der berechnung des krankengeldes das im jahre 2003 tatsächlich erzielte einkommen zugrunde gelegt habe, nicht aber das einkommen des jahres 2004, da dieses im konkreten fall geringer gewesen sei (ebenso: bsg, urteil vom 06. november 2008 – b 1 kr 8/08 r –, rn. 20, juris). als obiter dictum führt der erste senat aber ausdrücklich aus: 34"allerdings hätte das im jahr 2004 erzielte arbeitseinkommen für die krankengeld – berechnung verwendet werden müssen, wenn der kläger – trotz andauernder zahlung von beiträgen nach dem fiktiven mindesteinkommen – ein gegenüber 2003 höheres arbeitseinkommen vor eintritt der arbeitsunfähigkeit – nicht notwendig durch ein steuerbescheid, aber etwa durch hinreichend aussagekräftige unternehmensunterlagen – nachgewiesen hätte." (bsg, urteil vom 06. november 2008 – b 1 kr 28/07 r –, sozr 4-2500 § 47 nr 10, rn. 22). 35d) nachdem der erste senat bsg mit beschluss aus dem juli 2009 (bsg, beschluss vom 24. juli 2009 – b 1 kr 85/08 b –, rn. 12, juris) und urteil aus dem märz 2013 (bsg, urteil vom 12. märz 2013 – b 1 kr 4/12 r –, sozr 4-2500 § 47 nr 14, rn. 24; anmerkung von meyerhoff, jurispr-sozr 6/2014 anm. 3) nochmals sein verständnis des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v als wiederlegbare vermutung bekräftigte, hat der dritte senat zuletzt mit beschluss vom 22.02.2017 – wiederum im rahmen eines obiter dictum – im sinne des hiesigen klagebegehrens ausgeführt: 36"das begehren des klägers ( ) berücksichtigt nicht das dem gesetz zugrunde liegende entgeltersatzprinzip, das – bei entsprechend hohem arbeitseinkommen – im einzelfall auch ein krankengeld oberhalb des sich aus dem der beitragsberechnung zugrunde liegenden arbeitseinkommen ergebenden krankengeld ermöglicht." (bsg, beschluss vom 22. februar 2017 – b 3 kr 47/16 b –, rn. 13, juris) 373. a) hinzuweisen ist darauf, dass die ausführungen des bsg in den urteilen aus dem dezember 2006 (vgl. 2. b) und insbesondere november 2008 (vgl. 2. c) im bewusstsein (vgl. bsg, urteil vom 06. november 2008 – b 1 kr 8/08 r –, rn. 18, juris) erfolgten, dass der für das beitragsrecht zuständige zwölfte senat auf grundlage der zu dieser zeit gültigen fassung des § 240 abs. 4 s. 2, 3 sgb v die auffassung vertrat, dass die beiträge der freiwillig versicherten (in der regel) sofort endgültig festzusetzen waren und die tatsächlich erzielten einnahmen bei den hauptberuflich selbstständigen in der regel nur zeitversetzt berücksichtigt werden könnten. es könnten deshalb nur die einnahmen eines bereits vergangenen zeitraums i. s. von § 240 abs. 4 satz 2 sgb v a. f. nachgewiesen werden, die dann als laufende einnahmen solange bei der beitragsfestsetzung berücksichtigt würden, bis ein neuer einkommensnachweis vorliege. die damit lediglich zeitversetzt erfolgende berücksichtigung der tatsächlichen einnahmen der hauptberuflich selbstständigen sei nicht zu beanstanden. auf einen längeren zeitraum gesehen werde die wirtschaftliche leistungsfähigkeit zutreffend berücksichtigt, denn es erfolge ein ausgleich der wechselnden einnahmen, indem sowohl die nachgewiesene erhöhung der einnahmen als auch deren nachgewiesene verringerung für die zukünftige beitragsfestsetzung jeweils bis zum nachweis einer änderung berücksichtigt werde (bsg, urteil vom 22. märz 2006 – b 12 kr 14/05 r –, bsge 96, 119-126, sozr 4-2500 § 240 nr 5, rn. 16; präzisiert späterhin mit urteil vom 02. september 2009 (b 12 kr 21/08 r –, bsge 104, 153-160, sozr 4-2500 § 240 nr 12, rn. 15 ff.). 38dies konnte im ergebnis im einzelfall zu einer fehlenden finalen kongruenz von der verbeitragung und der berechnung des krankengeldes zugrunde gelegtem arbeitseinkommen führen, weil der zwölfte senat mit der anordnung des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v im spannungsverhältnis der ansicht war, soweit der erste senat für das leistungsrecht des krankengeldes (bsg, urteil vom 14. dezember 2006 – b 1 kr 11/06 r –, bsge 98, 43-48, sozr 4-2500 § 47 nr 7, rn. 11 ff.) einerseits nach den vorgaben des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v entschieden habe, dass das für die leistungsbemessung maßgebliche regelentgelt bei freiwillig versicherten selbstständigen grundsätzlich und in aller regel der zuletzt maßgeblichen beitragsbemessungsgrundlage entspreche, deren höhe "verwaltungspraktikabel" durch den steuerbescheid nachgewiesen werde, andererseits ausnahmefälle, bei denen es konkrete anhaltspunkte dafür gebe, dass der zuletzt der beitragsbemessung zugrunde liegende betrag erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen situation des versicherten vor eintritt der arbeitsunfähigkeit entspreche, und insofern die heranziehung weiterer beweismittel in erwägung ziehe, betreffe dies nur das leistungsrecht der krankenversicherung und nicht deren eigenständiges beitragsrecht (bsg urteil vom 02. september 2009 (b 12 kr 21/08 r –, bsge 104, 153-160, sozr 4-2500 § 240 nr 12, rn. 18). 39der hierdurch entstehende zielkonflikt des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v zwischen entgeltersatzprinzip einerseits und kongruenz der arbeitseinkommensermittlung in den bereichen des leistungs- und des beitragsrechts andererseits bestand bei der schaffung des § 47 abs. 2 s. 2 sgb v nicht. in ihrer wesentlichen struktur ist die vorschrift aus den bis zum 31.12.1988 geltenden regelungen der reichsversicherungsordnung (rvo) hervorgegangen. bereits diese hatten die krankengeldhöhe an die beitragsbemessung geknüpft. indes hatte das bsg zu jener zeit - bis zu den soeben aufgezeigten entscheidungen des zwölften senates - auch für das beitragsrecht eine zeitnahe ermittlung des arbeitseinkommens für freiwillig gesetzlich versicherte selbstständige für möglich und erforderlich gehalten und in diesem zusammenhang auch von einem wirtschaftsprüfer oder steuerberater aufgestellte gewinn- und verlustrechnungen oder bilanzen zur nachweisführung ausreichen lassen statt den letzten einkommenssteuerbescheid – ggfs. erheblich zeitversetzt – für allein maßgeblich zu erachten. dem entsprach die verbreitete praxis der krankenkassen (bsg, urteil vom 09. februar 1993 – 12 rk 69/92 –, sozr 3-2500 § 240 nr 14, rn. 19; bsg, urteil vom 27. november 1984 – 12 rk 70/82 –, bsge 57, 240-247, sozr 2200 § 180 nr 20, rn. 15, 36- zum krankengeld – ausdrücklich aufgegeben von: bsg, urteil vom 02. september 2009 – b 12 kr 21/08 r –, bsge 104, 153-160, sozr 4-2500 § 240 nr 12, rn. 17). 40abgesehen vom wegfall des begriffes des grundlohnes und der ersetzung von "regellohn" durch "regelentgelt" hat der heutige § 47 abs. 1, 4 sgb v die bestimmungen der rvo übernommen. die definition des regellohns in der rvo hob auf die "wegen arbeitsunfähigkeit entgangenen" einkünfte ab, während § 47 abs. 1 s. 1 sgb v die "erzielten" (abs. 1) (arbeits)einkünfte zugrunde legt, ohne dass dadurch eine rechtsänderung beabsichtigt gewesen wäre (vgl. bt-drs. 11/2237, s. 18) (ausführlich: bsg, urteil vom 30. märz 2004 – b 1 kr 32/02 r –, bsge 92, 260-267, sozr 4-2500 § 47 nr 1, rn. 18-20). insofern belegt die auslegung des begriffes des grundlohns durch die ältere rechtsprechung des bsg eine enge bindung an die tatsächlichen einkommensverhältnisse und den korrespondierenden willen des gesetzgebers, nicht eine fiktion des einkommens im sinne des wortlautes des § 47 abs. 2 s. 2 sgb v ("gilt") zu verabsolutieren, sondern die entgeltersatzfunktion in einer der damaligen praxis (auch) im beitragsrecht entsprechenden zeitnahen, der beitragsfestsetzung kongruenten und insofern einfachen ermittlung des regelentgeltes zu erreichen (vgl. bt-drucks 8/338 s. 60; bsg, urteil vom 27. november 1984 – 12 rk 70/82 –, bsge 57, 240-247, sozr 2200 § 180 nr 20, rn. 13, 14; zum fortdauern dieses ziels: bt-drs. 18/11205, s. 72). dem trägt die aufgezeigte rechtsprechung des bsg durch die teleologische reduktion unter beachtung der entwicklungen im beitragsrecht in einer restriktiven handhabung des anlasses zur ermittlung des arbeitseinkommens abseits des der verbeitragung zugrunde gelegten letzten einkommenssteuerbescheides ausgleichend rechnung. 41b) soweit seit der änderung des § 240 sgb v mit dem gesetz zur stärkung der heil- und hilfsmittelversorgung (bgbl 2017 i, s 778) zum jahr 2018 die beiträge freiwillig gesetzlich versicherter selbstständiger zunächst vorläufig auf grundlage des letzten einkommenssteuerbescheides und nach vorlage des für das jeweilige kalenderjahr erlassenen einkommenssteuerbescheides endgültig festzusetzen sind (§ 240 abs. 4a s. 1, 3 sgb v), muss die widerlegbarkeit der zur vermutung reduzierten anordnung des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v entgegen der ansicht der beklagten erst recht – sowohl zu gunsten wie zu ungunsten des versicherten - gelten. denn der wortlaut des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v kann seither noch weniger auskunft i. s. seiner dargelegten teleologie gaben. er weiß nicht, ob mit dem für die beitragsbemessung zuletzt maßgebenden arbeitseinkommen jenes adressiert ist, dass der vorläufigen beitragsfestsetzung entspricht oder jenes, nach der die beitragsfestsetzung für das vorangegangene kalenderjahr endgültig zu erfolgen hat, da er von der späteren einführung des § 240 abs. 4a sgb v keine kenntnis hat. 42der gesetzgeber hat anlässlich der begründung zur änderung des § 240 sgb v zum jahr 2018 aber in der sache ausdrücklich die ausgleichende rechtsprechung des bsg adaptiert, soweit er ausführt, dass regelentgelt, das zuletzt vor beginn der arbeitsunfähigkeit für die krankengeldberechnung maßgeblich gewesen sei, sei unabhängig von den beitragsnachberechnungen nach dem neuen § 240 abs. 4a s. 3 sgb v endgültig festzustellen. dabei werde berücksichtigt, dass der versicherte typischerweise zur sicherung seines lebensunterhaltes auf das krankengeld angewiesen sei und die bewilligung zeitnah zum ausfall des zu ersetzenden einkommens erfolgen müsse. dem werde rechnung getragen, wenn als regelentgelt im sinne einer widerlegbaren vermutung auf die zuletzt vor eintritt der arbeitsunfähigkeit maßgeblich gewesene beitragsbemessungsgrundlage und damit auf diejenigen verhältnisse im aktuellen versicherungsverhältnis abgestellt werde, die anhand einfach festzustellender tatsachen rasch und verwaltungspraktikabel ermittelt werden könnten. dies trage der funktion des krankengeldes rechnung, den entgeltersatz bei vorübergehendem verlust der arbeitsunfähigkeit sicherzustellen (bt-drs. 18/11205, s. 72). 43die beklagte setzt sich somit nicht nur in offenen widerspruch zur rechtsprechung des bsg, sondern missachtet den aktualisierten willen des gesetzgebers, wenn sie die teleologie des entgeltersatzes – jedenfalls zugunsten der versicherten - unter dem gesichtspunkt der verwaltungspraktikabilität vollständig ausblendet und jedwede ermittlungsarbeit von sich weist, weil eine zeitnahe feststellung der verbindlichen leistungshöhe des krankengeldes weiterhin kaum möglich sein werde. 44die änderung des § 240 sgb v zum januar 2018 gäbe allenfalls anlass, die anforderungen an die hinweise des auseinanderfallens von nunmehr lediglich vorläufig der beitragsfestsetzung zu grunde gelegtem einkommen und tatsächlich vor eintritt der arbeitsunfähigkeit erzieltem arbeitseinkommen zu senken. denn soweit nunmehr – abweichend von der rechtsprechung des zwölften senates seit märz 2006 nicht mehr endgültig und ggfs. erheblich zeitversetzt der verbeitragung das einkommen gemäß des aktuellsten steuerbescheides zugrunde zu legen ist, ist es gar verfassungsrechtlich geboten bei der ermittlung des krankengeldes nicht i. s. e. verabsolutierten fiktion des regelentgeltes i. s. d. lediglich vorläufigen beitragsfestsetzung bei eintritt der arbeitsunfähigkeit konträr zu verfahren. 45so hat das bundesverfassungsgericht (bverfg) aufgezeigt, dass ein verstoß gegen den gleichbehandlungsgrundsatz (art. 3 abs. 1 grundgesetz (gg)) vorliege, wenn für äquivalenzabweichungen zwischen der bemessung kurzfristiger lohnersatzleistungen wie dem krankengeld und den entrichteten beiträgen innerhalb einer versicherungsgruppe mit gleicher beitragsleistung ein hinreichend sachlicher grund nicht ersichtlich sei. durch die berechnung der laufenden lohnersatzleistungen dürfe nicht die wirtschaftliche situation des versicherten verzerrt werden. der gesetzgeber sei nicht berechtigt, bei kurzfristigen lohnersatzleistungen beitragspflichtige entgeltbestandteile außer acht zu lassen, die die wirtschaftliche leistungsfähigkeit über einen längeren zeitraum betrachtet beeinflussten. denn auch die sogenannten kurzfristigen leistungen würden für zeiträume gezahlt, die etwa im falle des krankengeldes eineinhalb jahre umfassten (bverfg, beschluss vom 11. januar 1995 – 1 bvr 892/88 –, bverfge 92, 53-74, rn. 51, 56 ff.). 46entsprechendes träte indes ein, richtete man die bemessung des krankengeldes eines freiwillig gesetzlich versicherten selbstständigen an dem aktuellsten einkommensteuerbescheid aus, der der lediglich vorläufigen beitragsfestsetzung bei eintritt der arbeitsunfähigkeit (versicherungsfall) zugrunde liegt. denn es hinge letztlich von der jeweiligen, bei einzelnen freiwillig selbstständig versicherten mitgliedern erheblich variierenden dauer des verfahrens zur festsetzung der einkommenssteuer ab, ob das dem krankengeld zugrunde gelegte arbeitseinkommen auch nur annäherungsweise dem einkommen vor eintritt der arbeitsunfähigkeit entspräche, während auf der beitragsseite final in der gesamten versichertengruppe einheitlich das tatsächliche arbeitseinkommen herangezogen wird – sich der entsprechende zeitversatz der steuerfestsetzungsverfahrens nicht (mehr) gleichermaßen endgültig auf krankengeld- und beitragshöhe auswirken kann. eine hinreichende rechtfertigung für diese (bewussten, vgl. bt- drs 18/11205, s. 72) äquivalenzabweichungen vermag der der umstand, dass das krankengeld bei eintritt des versicherungsfalles sofort benötigt wird lediglich i. s. d. dargelegten handhabung des § 47 abs. 4 s. 2 sgb v als widerlegbare vermutung zu begründen. denn es ist zu berücksichtigen, dass die entgeltersatzfunktion des krankengeldes selbst dann nicht aufgehoben erschiene, wenn der gesetzgeber eine parallelität mit der beitragsfestsetzung seit januar 2018 herstellte. 474. unter zugrundelegung des dargelegten ist – entsprechend der insbesondere mit urteil des bsg vom 06. november 2008 – b 1 kr 28/07 r (–, sozr 4-2500 § 47 nr 10) aufgezeigten verfahrensweise – das kalendertägliche regelentgelt für den krankengeldanspruch im streitgegenständlichen zeitraum im jahr 2019 aus dem arbeitseinkommen des klägers im jahr 2018 abzuleiten. konkrete anhaltspunkte dafür, dass das vor eintritt der arbeitsunfähigkeit im jahr 2019 auf grundlage des einkommenssteuerbescheides für das jahr 2016 vorläufig für die beitragsfestsetzung herangezogene arbeitseinkommen nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen situation des klägers bei eintritt der arbeitsunfähigkeit entsprach ergaben sich – wie regelmäßig – daraus, dass den beiträgen das mindesteinkommen zugrunde lag. eine ausnahme hierzu lag schon deshalb nicht vor, weil der einkommenssteuerbescheid für das jahr 2016 verluste auswies und eben kein (annähernd) dem mindest- (für das jahr 2018) entsprechendes arbeitseinkommen. hiernach war die beklagte aufgerufen von amts wegen das tatsächliche jahresarbeitseinkommen des klägers zu ermitteln, wie es zwischenzeitlich durch den einkommenssteuerbescheid für das jahr 2018 in höhe von 50.707 eur (= 4225,58 eur, vgl. klageantrag = 140,85, vgl. urteilstenor) ausgewiesen ist. hiervon ausgehend hat die beklagte krankengeld nach maßgabe der gesetzlichen bestimmungen zu berechnen und dem kläger (unter abzug des bereits geleisteten) zu gewähren. es ist bezeichnend, dass die beklagte zunächst einen krankengeldanspruch vollständig abgelehnt hat, ohne zu ermitteln, ob die tatsächlichen einnahmen zumindest die mindestgrenze erreicht hatten. 48c. 49i. die kammer hält es für angemessen, der beklagten sog. missbrauchskosten in höhe von 300 eur aufzuerlegen. 501. gemäß § 192 abs. 1 s. 1 nr. 2 sgg kann das gericht im urteil oder, wenn das verfahren anders beendet wird, durch beschluss einem beteiligten ganz oder teilweise die kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der beteiligte den rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom vorsitzenden die missbräuchlichkeit der rechtsverfolgung oder –verteidigung dargelegt worden und der auf die möglichkeit der kostenauferlegung bei fortführung des rechtsstreites hingewiesen worden ist. dem beteiligten steht gleich sein vertreter oder bevollmächtigte (s. 2). als verursachter kostenbetrag gilt dabei mindestens der betrag nach § 184 abs. 2 sgg für die jeweilige instanz (s. 3.); im erstinstanzlichen sozialgerichtlichen verfahren insofern 150 eur. 51in der bis zum 01.01.2002 geltenden fassung des § 192 sgg gab es bereits die möglichkeit, einem beteiligten diejenigen kosten aufzuerlegen, die dieser, dessen vertreter oder bevollmächtigter durch mutwillen, verschleppung oder irreführung dem gericht oder einem beteiligten verursacht hatte. nach der rechtsprechung war hierfür jedoch die feststellung erforderlich, dass der beteiligte, sein vertreter oder bevollmächtigter gegen seine bessere einsicht handelte (bsg, beschluss vom 19. juni 1961 – 3 rk 67/60 –, sozr nr 4 zu § 192 sgg, rn. 2 m.w.nachw.). dies bereitete nicht selten schwierigkeiten, so dass die wirkung des § 192 sgg a.f. sehr begrenzt war (wendt in: rohwer-kahlmann, sgg,4. aufl. 2007, § 192 rn. 1). 52bei der neufassung des § 192 sgg zum 02.01.2002 hat sich der gesetzgeber, der das sozialgerichtliche verfahren straffen und beschleunigen wollte, daraufhin ausdrücklich auch an § 34 bverfgg orientiert (bt-drs. 14/6335, s. 33). die rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts (bverfg) zur missbräuchlichkeit nach § 34 abs. 2 bverfgg kann insofern zur auslegung des § 192 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgg herangezogen werden. danach ist eine subjektive komponente (verschulden, einsichtsfähigkeit) nicht erforderlich (zuck in: lechner/zuck, bverfgg, 7. aufl. 2015, § 34 rn. 6; berendes, sgb 2002, 315, 318). (straßfeld in: jansen, sgg, 4. aufl. 2012, § 192 rn. 8, ziff. 2.4; berendes, sgb 2002, 315, 318; a.a. winker, die missbrauchsgebühr im prozessrecht 2011, s. 220). bei der beurteilung der objektiven missbräuchlichkeit ist auf die objektivierte einsichtsfähigkeit eines vernünftigen verfahrensbeteiligten in der rolle des betroffenen abzustellen (sächsisches landessozialgericht, urteil vom 31. märz 2005 – l 2 u 124/04 –, rn. 40, juris; thüringer landessozialgericht, urteil vom 18. september 2003 – l 2 ra 379/03 –, rn. 21, juris; stotz in: schlegel/voelzke, jurispk-sgg, 1. aufl. 2017, § 192 sgg, rn. 38). ist der beteiligte demnach professionell vertreten, ist insofern (§ 192 abs. 1 s. 2) auf die objektive einsichtsfähigkeit einer rechtskundigen person abzustellen; für sie gelten erhöhte anforderungen (vgl. thüringer landessozialgericht, urteil vom 18. september 2003 – l 2 ra 379/03 –, rn. 21, juris). 53soweit dem entgegengehalten wird, § 192 sgg sei eine schadensersatzregelung und die individuelle verpflichtung zum schadenersatz setzte nach rechtsstaatlichen grundsätzen die feststellung subjektiven verschuldens voraus (landessozialgericht für das land nordrhein-westfalen, beschluss vom 05. mai 2010 – l 7 as 193/10 b –, rn. 10, juris), ist dem zunächst - neben der dargelegten teleologie und gesetzeshistorie - mit blick auf wortlaut und systematik entgegenzuhalten, dass § 192 abs. 1 s. 1 nr. 2 sgg im gegensatz zur nr. 1 nicht an ein verschulden anknüpft. zudem wird beim tatbestandsmerkmal der missbräuchlichkeit nicht insgesamt auf ein vorwerfbares subjektives verhalten verzichtet. das vorwerfbare subjektive verhalten liegt aber nicht darin, missbräuchlich einen prozess zu führen, denn sonst hätte bereits die missbräuchliche klageerhebung/klageverteidigung für die auferlegung von missbrauchskosten ausgereicht. notwendig ist vielmehr im rahmen des § 192 abs. 1 satz 1 nr. 2 sgg zusätzlich, dass der betroffene den prozess trotz der darlegung der missbräuchlichkeit durch den vorsitzenden fortführt. insofern ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der konkret betroffene nach seinem subjektiven vermögen in der lage ist, die ihm dargelegte (objektive) missbräuchlichkeit nachzuvollziehen und sich dennoch für eine fortsetzung des prozesses entscheidet. erst die prozessfortführung, die als subjektive entscheidung des missbräuchlich handelnden das erforderliche subjektive element enthält, führt zur möglichkeit der auferlegung von missbrauchskosten (stotz in: schlegel/voelzke, jurispk-sgg, 1. aufl. 2017, § 192 sgg, rn. 39). 54eine missbräuchlichkeit der rechtsverfolgung in diesem sinne kann unter anderem vorliegen, wenn der rechtsstreit trotz offensichtlicher aussichtslosigkeit weitergeführt wird (vgl. bt-drs. 14/6335, s. 33 ("unterfall der missbräuchlichkeit"); schmidt, in: mayer-ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 12. aufl. 2017, § 192, rn. 9). indes genügt die aussichtslosigkeit allein nicht, es müssen vielmehr besondere umstände der qualität hinzutreten, dass die rechtsverfolgung/ -verteidigung von jedem einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (bverfg, kammerbeschluss vom 06. november 1995 – 2 bvr 1806/95 –, rn. 8, juris; bverfg, kammerbeschluss vom 21. dezember 1994 – 2 bvr 2718/93 –, rn. 3, juris, zu § 34 abs. 2 bverfgg; landessozialgericht für das land nordrhein-westfalen beschluss vom 16. juni 2004 – l 12 al 59/03 –, rn. 23, juris; landessozialgericht für das land nordrhein-westfalen, beschluss vom 04.11.2014 - l 20 ay 7/1 -, rn. 32, openjur 2014, 24667). 552. diese voraussetzungen sind vorliegend nach auffassung der kammer erfüllt. dabei ist zunächst festzustellen, dass zur vorliegenden fallkonstellation bereits seit november 2008 unmissverständliche höchstrichterliche ausführungen vorliegen, die sich auf korrespondierende rechtsdogmatische erwägungen stützen und in jüngerer zeit durch das bsg in ihrer aktualität bestätigt worden sind. 56bereits den schriftlichen reaktionen der beklagten zu den hinweisen der kammer auf diese - von der beklagten bei deren angefochtenen entscheidung offenkundig übersehenen - höchstrichterlichen rechtsprechung ist zu entnehmen, dass die beklagte bei der kenntnisnahme dieser rechtsprechung die beibehaltung ihrer auffassung vor die erfassung und würdigung der bsg-rechtsprechung gesetzt hat. anders ist es nicht zu erklären, dass die beklagte auf die zitierte unmissverständliche äußerung des ersten senates vom 22.02.2017 hingewiesen einen konflikt mit der eigenen auffassung bei lichte betrachtet letztlich damit zurückgewiesen hat, dass es sich um ein obiter dictum handelte (vgl. schriftsatz vom 30.07.2020, s. 2). den hinweis auf die ausführungen des bsg im urteil vom 06.11.2008 hat die beklagte schon schriftlich gänzlich ignoriert und schlicht mit dem hinweis auf ihre in den rechtlichen grundlagen nicht erläuterte auffassung gekontert, eine abweichung von dem zuletzt der vorläufigen beitragsfestsetzung zu grunde gelegten einkommen sei nicht nur zulasten des versicherten möglich. eine abweichung könne auch zugunsten des klägers erfolgen, das regelentgelt finde nur seine begrenzung in dem betrag, der zuletzt vor der arbeitsunfähigkeit für die beitragsbemessung herangezogen worden sei (schriftsatz vom 12.10.2020). diese offenkundig in sich widersprüchliche auffassung konnte auch der – von der kammer grds. sehr geschätzte – sitzungsvertreter der beklagten nicht erläutern. er musste sich vielmehr darauf beschränken mitzuteilen, dass dies nun einmal die auffassung der beklagten sei. soweit er ferner offenkundig fälschlicherweise behauptet hat, den entscheidungen des bsg habe jeweils eine sachverhaltskonstellation zugrunde gelegen, in der noch überhaupt kein steuerbescheid mit feststellungen zum einkommen aus selbstständiger tätigkeit vorgelegen habe, wird die ungenügende befassung der beklagten mit der höchstrichterlichen rechtsprechung überdeutlich. in der folge hat der vorsitzende die maßgeblichen passagen aus dem urteil des bsg vom 06.11.2008 nochmals vorgelesen und die verhandlung unterbrochen, um dem sitzungsvertreter gelegenheit zu geben, das entsprechende urteil zu lesen. die beklagte hat durch ihren rechtskundigen vertreter jedoch auch hiernach schlicht keinen kommentar zu der entscheidung abgeben wollen und insofern die erörterung der rechtslage im rahmen der mündlichen verhandlung (vgl. § 112 abs. 2 s. 2 sgg) ad absurdum geführt. dies hat der kammervorsitzende zum anlass genommen, dem vertreter der beklagten den für die verhängung der missbrauchskosten erforderlichen hinweis zu erteilen. 573. die auferlegung von 300 eur ist der höhe nach äußerst zurückhaltend. zu den entstehenden kosten zählen die kosten für die tätigkeit des kammervorsitzenden (abfassung und korrektur des urteils) und des nichtrichterlichen personals, die allgemeinen gerichtshaltungskosten sowie die kosten für die zustellung der entscheidung an die beteiligten (landessozialgericht für das land nordrhein-westfalen, urteil vom 28. juni 2016 – l 18 kn 89/15 –, rn. 24, juris). liegen die kosten - wie hier - tatsächlich wesentlich höher als der mindestbetrag kann das gericht die kosten in entsprechender anwendung des § 202 sgg i.v.m. § 287 zivilprozessordnung (zpo) schätzen (vgl. schmidt, in meier minus ladewig/keller/leitherer/schmidt, sgg, 13. aufl. 2020, § 192, rn. 14 m.w.n.). die kammer greift im rahmen ihrer schätzung auf die nachvollziehbare darlegung von bischofs (sgb 2020, s. 8, 13 ff.) zurück, nach denen annäherungsweise ein stundensatz von 150 eur nicht zu hoch gegriffen ist (für 300 eur pro stunde: sg aachen, urteil vom 06. november 2018 – s 11 bk 3/18 –, rn. 10, juris m.w.n. unter der auferlegung von 600 eur; sg heilbronn, urteil vom 23. juni 2016 – s 15 as 133/16 –, rn. 30, juris, mit der auferlegung von 1000 eur; für die zweite instanz: landessozialgericht für das land nordrhein-westfalen, urteil vom 28. juni 2016 – l 18 kn 89/15 –, rn. 24, juris: rund 400 eur/stunde). da der hinweis auf die rechtsmissbräuchlichkeit der verteidigung gegen die klage und das inbetrachtkommen der auferlegung von missbrauchskosten zum ende der mündlichen verhandlungen erfolgt ist, ist im wesentlichen die zeit für die urteilsberatung, die mündliche begründung sowie die spätere absetzung der urteilsgründe, einschließlich der hierfür anfallenden schreibarbeiten, das korrekturlesen, das versenden usw. zugrunde zu legen (vgl. bischofs, a.a.o., s. 14f.). der tatsächliche aufwand übersteigt im vorliegenden fall zwei stunden deutlich. 58ii. die entscheidung der beklagten die außergerichtlichen kosten des klägers dem grunde nach aufzuerlegen beruht auf § 193 sgg. | Klaeger*in | 1 |
125,969 | S 6 R 906/15 | 2016-02-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei einer Beamtentätigkeit. 3Die am 00.00.1950 geborene Klägerin ist Mutter von zwei Töchtern namens L und L1, geboren am 00.00.1978 und am 00.00.1981. Sie war seit 1966 Beamtin des Landes Nordrhein-Westfalen. Mit Bescheid vom 10.02.2004 erhielt sie die Zusage für Altersteilzeit gemäß § 78d Beamtengesetz NRW (BeamtG NRW), wonach sie vom 01.02.2005 bis 31.01.2010 ihren Dienst mit voller Arbeitszeit (40 Stunden) verrichtete und danach bis zum Ruhestand am 31.01.2015 freigestellt wurde. 4Mit Bescheid vom 26.02.2013 stellte die Beklagte gemäß § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als 6 Kalenderjahre zurücklagen, also die Zeiten bis 31.12.2006, verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. Die Zeiten vom 01.08.1978 bis 31.07.1979 sowie vom 01.12.1981 bis 30.11.1982 merkte die Beklagte als Kindererziehungszeiten vor. Ferner merkte die Beklagte die Zeiten vom 08.07.1978 bis 07.07.1988 und vom 18.11.1981 bis 17.11.1991 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vor. 5Am 05.10.2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Bewilligung einer Regelaltersrente. Diese bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26.03.2015 für die Zeit ab 01.06.2015. In dem Bescheid führte die Beklagte aus, dass für die Zeit vom 01.08.1978 bis 31.07.1979 und vom 01.12.1981 bis 30.11.1982 die bisher vorgemerkten Kindererziehungszeiten wegen einer Rechtsänderung nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Die Klägerin habe während dieser Zeit Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen erworben. Nach den Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung würden diese als systembezogen annähernd gleichwertig gelten. Der Bescheid vom 26.02.2013 über die Feststellung dieser Zeit werde insoweit nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI mit Wirkung ab 01.07.2014 aufgehoben. Für die Zeit vom 08.07.1978 bis 17.11.1991 könne aus denselben Gründen nicht mehr als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung berücksichtigt werden. Der Bescheid vom 26.02.2013 werde daher insoweit ebenfalls aufgehoben. 6Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Diesen begründete sie damit, dass ihr bezüglich der Anerkennung der Kindererziehungszeiten sowie der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung Vertrauensschutz zustehe, da die Beklagte ihr dies gegenüber bereits mittels Bescheid bestätigt habe. Auch aus § 56 SGB VI sei trotz der neuen Fassung kein Ausschluss zwangsläufig, da dort ausgeführt werde, dass Anwartschaften systembezogen annähernd gleich sein müssten, um einen Ausschluss zu begründen. Dies sei bei ihr nicht der Fall. Bei ihr seien beamtenrechtlich für 2 Kinder je 6 Monate Kindererziehungszeit berücksichtigt. Dies sei in keinem Fall gleichwertig. Inzwischen sei dies auch so gerichtlich bestätigt worden, beispielsweise durch das Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 22.03.2013 zum Aktenzeichen (Az.) S 34 R 1594/10. Es sei hierbei nicht hinderlich, dass das Urteil zu der Zeit anderer Gesetzesgeltung entstanden sei, da dort grundlegend die Vergleichbarkeit erörtert worden sei. Auch verweise sie auf das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Düsseldorf vom 07.01.2013 zum Az. 23 K 5322/12. 7Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. In Bezug auf die Kindererziehungs- bzw. Berücksichtigungszeiten seien nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der Fassung ab 01.07.2014 Elternteile weiterhin - wie nach der bisher geltenden Rechtslage - von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben hätten und diese nach den für sie geltenden besonderen Versorgungsregelungen systembezogen und annähernd gleichwertig berücksichtigt würden wie die Kindererziehung in der Rentenversicherung. In § 56 Abs. 4 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB VI zusätzlich neu geregelt worden sei, dass Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen und entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen stets als annähernd gleichwertig gelten würden. Die Neuregelung ab 01.07.2014 erfasse ohne Einschränkung auch Erziehungszeiten vor dem 01.07.2014. Die bereits rechtmäßig vorgemerkten Erziehungszeiten hätten ab 01.07.2014 nicht mehr dem geltenden Recht entsprochen, so dass die Vormerkungsentscheidung nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI ohne Anwendung der §§ 24, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) im Rentenbescheid aufzuheben gewesen sei. 8Die Klägerin hat am 21.09.2015 Klage erhoben. 9Die Klägerin wiederholt ihre Widerspruchsbegründung. 10Die Klägerin beantragt, 11die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2015 zu verurteilen, ihr Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Tochter L und die Tochter L1 zu gewähren. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Die Beklagte verweist auf die Neufassung des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI mit Wirkung ab 01.07.2014. Darin sei geregelt worden, dass Versorgungsanwartschaften generell als gleichwertig gelten würden. Insoweit entfalle bei dem betroffenen Personenkreis jetzt die konkrete Prüfung, ob die Erziehung in dem jeweiligen Alterssicherungssystem annähernd gleichwertig berücksichtigt werde wie in der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine Vormerkung von Erziehungszeiten für diesen Personenkreis sei immer ausgeschlossen. 15Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, der auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 26.02.2016 gewesen ist. 16Entscheidungsgründe: 17Die zulässige Klage ist unbegründet. 18Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 26.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2015 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Tochter L und die Tochter L1. 19Die Klägerin ist gemäß § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen. Dasselbe gilt für die die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gemäß § 57 S. 1 i. V. m. § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI. 20Kindererziehungszeiten sind gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VI Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für einen Elternteil wird unter den weiteren Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet. Die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr ist gemäß § 57 S. 1 SGB VI bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Elternteile sind allerdings gemäß (§ 57 S. 1 SGB VI i. V. m.) § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben haben, wenn diese nach den für sie geltenden besonderen Versorgungsregelungen systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt wird wie die Kindererziehung nach diesem Buch; als in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig gilt eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen. 21So liegt der Fall bei der Klägerin. Bei ihr wurden im Rahmen der Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften für beide Töchter jeweils 6 Monate Kindererziehungszeit berücksichtigt (vgl. § 85 Abs. 7 LBeamtVG NRW i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 4 LBeamtVG NRW in der bis zum 31.12.1991 gültigen Fassung). Der Gesetzgeber hat in der ab dem 01.07.2014 gültigen Fassung des § 56 Abs. 4 Nr. 3, 2. HS SGB VI die gesetzliche Fiktion für die annähernde Gleichwertigkeit der Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften geschaffen. Einfachgesetzlich entfällt damit bereits nach dem Gesetzeswortlaut die Prüfung einer annähernden Gleichwertigkeit im Einzelfall bei Geltung der Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen. 22Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des SG Dortmund und des VG Düsseldorf ist bereits vor dem Hintergrund dieser Gesetzesänderung nicht auf den Fall der Klägerin übertragbar. Die Rechtsprechung bezieht sich auf die Fassung des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI bis zum 30.06.2014. Dort hieß es: "Elternteile sind von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung aufgrund der Erziehung erworben haben, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt wird wie die Kindererziehung nach diesem Buch." Die gesetzliche Fiktion existierte zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Es war dementsprechend eine Prüfung der Gleichwertigkeit durchzuführen, die nunmehr entfällt. 23Die Kammer hat auch keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI. Insbesondere verletzt die Norm nicht Art. 3 Grundgesetz (GG) und Art. 6 GG. Es liegt zur Überzeugung der Kammer keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung oder mit dem Grundgesetz unvereinbare Benachteiligung von Familien vor. Mit der gesetzlichen Fiktion hält sich der Gesetzgeber im Rahmen seines ihm zuzubilligenden weiten Gestaltungsspielraumes. 24Zwischen dem System der gesetzlichen Rentenversicherung und der Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen bestehen grundlegende Unterschiede, so dass ein direkter Vergleich beider Systeme (praktische) Schwierigkeiten aufwirft (vgl. BVerfG, Urteil vom 06.03.2002, Az. 2 BvL 17/99). So hat die Berücksichtigung von 6 Monaten Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht dieselben Auswirkungen wie eine Berücksichtigung derselben Anzahl von Monaten nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Die Auswirkungen hängen von einer Vielzahl von Faktoren in der Erwerbsbiographie der Betroffenen ab. Vor diesem Hintergrund sind - entgegen der Ansicht des SG Dortmund und des VG Düsseldorf - die Bezieher einer Pension nach beamtenrechtlichen Vorschriften nicht notwendig schlechter gestellt als Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Jedenfalls liegt der rechtfertigende Grund für eine Ungleichbehandlung in der Verschiedenartigkeit der Systeme. Mit der gesetzlichen Fiktion der annähernden Gleichwertigkeit setzt der Gesetzgeber lediglich folgerichtig die Trennung beider Systeme um. Beamte sind gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI kraft Gesetzes versicherungsfrei. Auf sie finden die Regelungen des SGB VI mithin keine Anwendung. Verfassungsrechtlich ist es nicht geboten, Nachteile in einem System durch ein anderes System auszugleichen oder gar eine Häufung zweckidentischer Leistungen zu fördern, also eine Vermischung unterschiedlicher und nicht vergleichbarer Systeme vorzunehmen. Dies wäre insbesondere unter Gleichheitsgesichtspunkten problematisch. Der Empfänger erhielte nämlich unter Umständen weit mehr, als ihm das beamtenrechtliche Versorgungssystem und die gesetzliche Rentenversicherung von ihren Grundgedanken her jeweils verschaffen sollen. So läge der Fall allerdings bei der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten sowohl nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung als auch nach denen der Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen. Der Gesetzgeber hat - wie es sich bereits aus der Fassung des Gesetzes ergibt - die besagte Besserstellung zu keiner Zeit als sachlich begründet, politisch erwünscht oder aus sonstigen Gründen erstrebenswert angesehen. Auch lässt sich aus Art. 6 GG gerade nicht das Gebot herleiten, manche Familien durch die Häufung von Leistungen stärker zu begünstigen als andere. Vielmehr lässt sich aus Art. 3, 6 GG nur das Gebot ableiten Familien nicht zu benachteiligen. Durch die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nach den beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen ist dies jedoch nicht der Fall. 25Diese Ausführungen stehen nach Auffassung der Kammer auch nicht in Diskrepanz zu den Ausführungen des Bundessozialgerichts (BSG) in seinen Urteilen vom 18.10.2005 (Az. B 4 RA 6/05 R) und vom 31.01.2008 (Az. B 13 R 64/06 R). Vielmehr orientiert sich die Kammer an den (verfassungsrechtlichen) Ausführungen des BSG in den genannten Entscheidungen. Zunächst hat das BSG nach Auffassung der Kammer mit den genannten Urteilen ersichtlich nicht entschieden, dass die die Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen nicht annähernd gleichwertig mit denen der gesetzlichen Rentenversicherung ist und daher aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Einbeziehung dieser Versorgungsempfänger in die gesetzliche Rentenversicherung zu erfolgen hat. Vielmehr hatten die Entscheidungen des BSG die berufsständische Versorgung zum Gegenstand, nach der im Gegensatz zu der Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen keinerlei Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten erfolgte. Aus verfassungsrechtlicher Hinsichtlich maßgeblich für das BSG - wie für die erkennende Kammer auch - war die Gewährleistung eines prinzipiell gleichwertigen Schutzes wie in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser kann nach den Ausführungen des BSG grundsätzlich auch durch eine systembezogen differenzierte Anrechnung der Kindererziehungszeiten erfolgen. Wie bereits ausgeführt hat der Gesetzgeber diesem verfassungsrechtlichen Maßstab durch die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten bei der Berechnung der Versorgung entsprochen. Zudem sah das BSG den Ausschluss nach § 56 Abs. 4 SGB VI im Zusammenhang mit der berufsständischen Versorgung nur dann als verfassungsrechtlich gerechtfertigt an, wenn während der von der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannten Zeit der Kindererziehung auch in der berufsständischen Versorgungseinrichtung die Kindererziehung systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt wird. Nur die Doppelpflichtmitgliedschaft in zwei annähernd gleichwertigen Sicherungssystemen rechtfertige den Anrechnungsausschluss. Insoweit liege bei den Kindererziehungszeiten im Verhältnis zu "befreienden Systemen" eine "Systemsubsidiarität" der gesetzlichen Rentenversicherung vor, jedoch keine "Einzelfallsubsidiarität". Eine derartige Doppelpflichtmitgliedschaft kann bei Beamten aufgrund der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI bereits nicht bestehen. Insoweit besteht bereits keine "Systemsubsidiarität" der gesetzlichen Rentenversicherung. Darüber hinaus war nach Ansicht des BSG eine verfassungskonforme Auslegung des § 56 Abs. 4 SGB VI deshalb notwendig, um eine sonst erforderliche Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG zu vermeiden, mit der zu rügen wäre, dass der Gesetzgeber entgegen Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 GG für die berufsständischen Versorgungseinrichtungen keine dem § 177 Abs. 1 SGB VI entsprechende Beitragsregelung geschaffen hat. Nach § 177 Abs. 1 SGB VI werden die Beiträge für Kindererziehungszeiten vom Bund gezahlt. Diese Überlegungen sind nicht ohne weiteres auf die Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen übertragbar, da dort zum einen Kindererziehungszeiten Berücksichtigung finden und es sich zum anderen nicht um (unterbleibende) Zahlungen von Versorgungswerken handelt, die einen Solidarbeitrag ihrer eigenen Mitglieder voraussetzen, sondern ebenfalls um staatliche Leistungen. 26Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen. Der Feststellungsbescheid vom 26.02.2013 ist zutreffend gemäß § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI von der Beklagten hinsichtlich der vorgemerkten Zeiten für die Kindererziehung aufgehoben worden und dementsprechend nicht mehr bindend. Zudem enthielt der Bescheid den Zusatz, dass über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten erst bei der Feststellung einer Leistung entschieden wird. Ferner bestand die auf die Klägerin angewandte Fassung des § 56 Abs. 4 SGB VI bereits vor Beginn der Regelaltersrente der Klägerin. Eine Berücksichtigung der Zeiten der Kindererziehung hatte von Beginn an nicht stattgefunden. 27Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. | die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2die klägerin begehrt von der beklagten die berücksichtigung von kindererziehungszeiten bei einer beamtentätigkeit. 3die am 00.00.1950 geborene klägerin ist mutter von zwei töchtern namens l und l1, geboren am 00.00.1978 und am 00.00.1981. sie war seit 1966 beamtin des landes nordrhein-westfalen. mit bescheid vom 10.02.2004 erhielt sie die zusage für altersteilzeit gemäß § 78d beamtengesetz nrw (beamtg nrw), wonach sie vom 01.02.2005 bis 31.01.2010 ihren dienst mit voller arbeitszeit (40 stunden) verrichtete und danach bis zum ruhestand am 31.01.2015 freigestellt wurde. 4mit bescheid vom 26.02.2013 stellte die beklagte gemäß § 149 abs. 5 sechstes buch sozialgesetzbuch (sgb vi) die in dem beigefügten versicherungsverlauf enthaltenen daten, die länger als 6 kalenderjahre zurücklagen, also die zeiten bis 31.12.2006, verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. die zeiten vom 01.08.1978 bis 31.07.1979 sowie vom 01.12.1981 bis 30.11.1982 merkte die beklagte als kindererziehungszeiten vor. ferner merkte die beklagte die zeiten vom 08.07.1978 bis 07.07.1988 und vom 18.11.1981 bis 17.11.1991 als berücksichtigungszeit wegen kindererziehung vor. 5am 05.10.2014 stellte die klägerin einen antrag auf bewilligung einer regelaltersrente. diese bewilligte die beklagte der klägerin mit bescheid vom 26.03.2015 für die zeit ab 01.06.2015. in dem bescheid führte die beklagte aus, dass für die zeit vom 01.08.1978 bis 31.07.1979 und vom 01.12.1981 bis 30.11.1982 die bisher vorgemerkten kindererziehungszeiten wegen einer rechtsänderung nicht mehr berücksichtigt werden könnten. die klägerin habe während dieser zeit versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen vorschriften oder grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen regelungen erworben. nach den regelungen der gesetzlichen rentenversicherung würden diese als systembezogen annähernd gleichwertig gelten. der bescheid vom 26.02.2013 über die feststellung dieser zeit werde insoweit nach § 149 abs. 5 s. 2 sgb vi mit wirkung ab 01.07.2014 aufgehoben. für die zeit vom 08.07.1978 bis 17.11.1991 könne aus denselben gründen nicht mehr als berücksichtigungszeit wegen kindererziehung berücksichtigt werden. der bescheid vom 26.02.2013 werde daher insoweit ebenfalls aufgehoben. 6hiergegen legte die klägerin widerspruch ein. diesen begründete sie damit, dass ihr bezüglich der anerkennung der kindererziehungszeiten sowie der berücksichtigungszeiten wegen kindererziehung vertrauensschutz zustehe, da die beklagte ihr dies gegenüber bereits mittels bescheid bestätigt habe. auch aus § 56 sgb vi sei trotz der neuen fassung kein ausschluss zwangsläufig, da dort ausgeführt werde, dass anwartschaften systembezogen annähernd gleich sein müssten, um einen ausschluss zu begründen. dies sei bei ihr nicht der fall. bei ihr seien beamtenrechtlich für 2 kinder je 6 monate kindererziehungszeit berücksichtigt. dies sei in keinem fall gleichwertig. inzwischen sei dies auch so gerichtlich bestätigt worden, beispielsweise durch das urteil des sozialgerichts (sg) dortmund vom 22.03.2013 zum aktenzeichen (az.) s 34 r 1594/10. es sei hierbei nicht hinderlich, dass das urteil zu der zeit anderer gesetzesgeltung entstanden sei, da dort grundlegend die vergleichbarkeit erörtert worden sei. auch verweise sie auf das urteil des verwaltungsgerichts (vg) düsseldorf vom 07.01.2013 zum az. 23 k 5322/12. 7mit widerspruchsbescheid vom 25.08.2015 wies die beklagte den widerspruch der klägerin zurück. in bezug auf die kindererziehungs- bzw. berücksichtigungszeiten seien nach § 56 abs. 4 nr. 3 sgb vi in der fassung ab 01.07.2014 elternteile weiterhin - wie nach der bisher geltenden rechtslage - von der anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der erziehungszeit anwartschaften auf versorgung im alter aufgrund der erziehung erworben hätten und diese nach den für sie geltenden besonderen versorgungsregelungen systembezogen und annähernd gleichwertig berücksichtigt würden wie die kindererziehung in der rentenversicherung. in § 56 abs. 4 nr. 3, 2. halbsatz sgb vi zusätzlich neu geregelt worden sei, dass versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen vorschriften und grundsätzen und entsprechenden kirchenrechtlichen regelungen stets als annähernd gleichwertig gelten würden. die neuregelung ab 01.07.2014 erfasse ohne einschränkung auch erziehungszeiten vor dem 01.07.2014. die bereits rechtmäßig vorgemerkten erziehungszeiten hätten ab 01.07.2014 nicht mehr dem geltenden recht entsprochen, so dass die vormerkungsentscheidung nach § 149 abs. 5 s. 2 sgb vi ohne anwendung der §§ 24, 48 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) im rentenbescheid aufzuheben gewesen sei. 8die klägerin hat am 21.09.2015 klage erhoben. 9die klägerin wiederholt ihre widerspruchsbegründung. 10die klägerin beantragt, 11die beklagte unter abänderung des bescheides vom 26.03.2015 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 25.08.2015 zu verurteilen, ihr regelaltersrente unter berücksichtigung von kindererziehungszeiten sowie berücksichtigungszeiten wegen kindererziehung für die tochter l und die tochter l1 zu gewähren. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14die beklagte verweist auf die neufassung des § 56 abs. 4 nr. 3 sgb vi mit wirkung ab 01.07.2014. darin sei geregelt worden, dass versorgungsanwartschaften generell als gleichwertig gelten würden. insoweit entfalle bei dem betroffenen personenkreis jetzt die konkrete prüfung, ob die erziehung in dem jeweiligen alterssicherungssystem annähernd gleichwertig berücksichtigt werde wie in der gesetzlichen rentenversicherung. eine vormerkung von erziehungszeiten für diesen personenkreis sei immer ausgeschlossen. 15bezüglich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsakte des beklagten, der auch gegenstand der mündlichen verhandlung am 26.02.2016 gewesen ist. 16 | 17die zulässige klage ist unbegründet. 18die klägerin ist durch den angefochtenen bescheid der beklagten vom 26.03.2015 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 25.08.2015 nicht beschwert im sinne von § 54 abs. 1 und 2 sozialgerichtsgesetz (sgg). der angefochtene bescheid ist rechtmäßig. die klägerin hat keinen anspruch auf gewährung einer altersrente unter berücksichtigung von kindererziehungszeiten und von berücksichtigungszeiten wegen kindererziehung für die tochter l und die tochter l1. 19die klägerin ist gemäß § 56 abs. 4 nr. 3 sgb vi von der anrechnung von kindererziehungszeiten ausgeschlossen. dasselbe gilt für die die berücksichtigungszeiten wegen kindererziehung gemäß § 57 s. 1 i. v. m. § 56 abs. 4 nr. 3 sgb vi. 20kindererziehungszeiten sind gemäß § 56 abs. 1 s. 1 sgb vi zeiten der erziehung eines kindes in dessen ersten drei lebensjahren. für einen elternteil wird unter den weiteren voraussetzungen des § 56 abs. 1 s. 2 sgb vi eine kindererziehungszeit angerechnet. die zeit der erziehung eines kindes bis zu dessen vollendetem zehnten lebensjahr ist gemäß § 57 s. 1 sgb vi bei einem elternteil eine berücksichtigungszeit, soweit die voraussetzungen für die anrechnung einer kindererziehungszeit auch in dieser zeit vorliegen. elternteile sind allerdings gemäß (§ 57 s. 1 sgb vi i. v. m.) § 56 abs. 4 nr. 3 sgb vi von der anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der erziehungszeit anwartschaften auf versorgung im alter aufgrund der erziehung erworben haben, wenn diese nach den für sie geltenden besonderen versorgungsregelungen systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt wird wie die kindererziehung nach diesem buch; als in diesem sinne systembezogen annähernd gleichwertig gilt eine versorgung nach beamtenrechtlichen vorschriften oder grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen regelungen. 21so liegt der fall bei der klägerin. bei ihr wurden im rahmen der versorgung nach beamtenrechtlichen vorschriften für beide töchter jeweils 6 monate kindererziehungszeit berücksichtigt (vgl. § 85 abs. 7 lbeamtvg nrw i. v. m. § 6 abs. 1 s. 4 lbeamtvg nrw in der bis zum 31.12.1991 gültigen fassung). der gesetzgeber hat in der ab dem 01.07.2014 gültigen fassung des § 56 abs. 4 nr. 3, 2. hs sgb vi die gesetzliche fiktion für die annähernde gleichwertigkeit der versorgung nach beamtenrechtlichen vorschriften geschaffen. einfachgesetzlich entfällt damit bereits nach dem gesetzeswortlaut die prüfung einer annähernden gleichwertigkeit im einzelfall bei geltung der versorgung nach beamtenrechtlichen vorschriften oder grundsätzen. 22die von der klägerin angeführte rechtsprechung des sg dortmund und des vg düsseldorf ist bereits vor dem hintergrund dieser gesetzesänderung nicht auf den fall der klägerin übertragbar. die rechtsprechung bezieht sich auf die fassung des § 56 abs. 4 nr. 3 sgb vi bis zum 30.06.2014. dort hieß es: "elternteile sind von der anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der erziehungszeit anwartschaften auf versorgung im alter nach beamtenrechtlichen vorschriften oder grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen regelungen oder nach den regelungen einer berufsständischen versorgungseinrichtung aufgrund der erziehung erworben haben, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt wird wie die kindererziehung nach diesem buch." die gesetzliche fiktion existierte zu diesem zeitpunkt noch nicht. es war dementsprechend eine prüfung der gleichwertigkeit durchzuführen, die nunmehr entfällt. 23die kammer hat auch keine zweifel an der verfassungsmäßigkeit des § 56 abs. 4 nr. 3 sgb vi. insbesondere verletzt die norm nicht art. 3 grundgesetz (gg) und art. 6 gg. es liegt zur überzeugung der kammer keine ungerechtfertigte ungleichbehandlung oder mit dem grundgesetz unvereinbare benachteiligung von familien vor. mit der gesetzlichen fiktion hält sich der gesetzgeber im rahmen seines ihm zuzubilligenden weiten gestaltungsspielraumes. 24zwischen dem system der gesetzlichen rentenversicherung und der versorgung nach beamtenrechtlichen vorschriften und grundsätzen bestehen grundlegende unterschiede, so dass ein direkter vergleich beider systeme (praktische) schwierigkeiten aufwirft (vgl. bverfg, urteil vom 06.03.2002, az. 2 bvl 17/99). so hat die berücksichtigung von 6 monaten kindererziehungszeit in der gesetzlichen rentenversicherung nicht dieselben auswirkungen wie eine berücksichtigung derselben anzahl von monaten nach beamtenrechtlichen vorschriften. die auswirkungen hängen von einer vielzahl von faktoren in der erwerbsbiographie der betroffenen ab. vor diesem hintergrund sind - entgegen der ansicht des sg dortmund und des vg düsseldorf - die bezieher einer pension nach beamtenrechtlichen vorschriften nicht notwendig schlechter gestellt als versicherte in der gesetzlichen rentenversicherung. jedenfalls liegt der rechtfertigende grund für eine ungleichbehandlung in der verschiedenartigkeit der systeme. mit der gesetzlichen fiktion der annähernden gleichwertigkeit setzt der gesetzgeber lediglich folgerichtig die trennung beider systeme um. beamte sind gemäß § 5 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi kraft gesetzes versicherungsfrei. auf sie finden die regelungen des sgb vi mithin keine anwendung. verfassungsrechtlich ist es nicht geboten, nachteile in einem system durch ein anderes system auszugleichen oder gar eine häufung zweckidentischer leistungen zu fördern, also eine vermischung unterschiedlicher und nicht vergleichbarer systeme vorzunehmen. dies wäre insbesondere unter gleichheitsgesichtspunkten problematisch. der empfänger erhielte nämlich unter umständen weit mehr, als ihm das beamtenrechtliche versorgungssystem und die gesetzliche rentenversicherung von ihren grundgedanken her jeweils verschaffen sollen. so läge der fall allerdings bei der berücksichtigung von kindererziehungszeiten sowohl nach den vorschriften der gesetzlichen rentenversicherung als auch nach denen der versorgung nach beamtenrechtlichen vorschriften oder grundsätzen. der gesetzgeber hat - wie es sich bereits aus der fassung des gesetzes ergibt - die besagte besserstellung zu keiner zeit als sachlich begründet, politisch erwünscht oder aus sonstigen gründen erstrebenswert angesehen. auch lässt sich aus art. 6 gg gerade nicht das gebot herleiten, manche familien durch die häufung von leistungen stärker zu begünstigen als andere. vielmehr lässt sich aus art. 3, 6 gg nur das gebot ableiten familien nicht zu benachteiligen. durch die berücksichtigung von kindererziehungszeiten nach den beamtenrechtlichen vorschriften oder grundsätzen ist dies jedoch nicht der fall. 25diese ausführungen stehen nach auffassung der kammer auch nicht in diskrepanz zu den ausführungen des bundessozialgerichts (bsg) in seinen urteilen vom 18.10.2005 (az. b 4 ra 6/05 r) und vom 31.01.2008 (az. b 13 r 64/06 r). vielmehr orientiert sich die kammer an den (verfassungsrechtlichen) ausführungen des bsg in den genannten entscheidungen. zunächst hat das bsg nach auffassung der kammer mit den genannten urteilen ersichtlich nicht entschieden, dass die die versorgung nach beamtenrechtlichen vorschriften und grundsätzen nicht annähernd gleichwertig mit denen der gesetzlichen rentenversicherung ist und daher aus verfassungsrechtlichen gründen eine einbeziehung dieser versorgungsempfänger in die gesetzliche rentenversicherung zu erfolgen hat. vielmehr hatten die entscheidungen des bsg die berufsständische versorgung zum gegenstand, nach der im gegensatz zu der versorgung nach beamtenrechtlichen vorschriften und grundsätzen keinerlei berücksichtigung von kindererziehungszeiten erfolgte. aus verfassungsrechtlicher hinsichtlich maßgeblich für das bsg - wie für die erkennende kammer auch - war die gewährleistung eines prinzipiell gleichwertigen schutzes wie in der gesetzlichen rentenversicherung. dieser kann nach den ausführungen des bsg grundsätzlich auch durch eine systembezogen differenzierte anrechnung der kindererziehungszeiten erfolgen. wie bereits ausgeführt hat der gesetzgeber diesem verfassungsrechtlichen maßstab durch die berücksichtigung der kindererziehungszeiten bei der berechnung der versorgung entsprochen. zudem sah das bsg den ausschluss nach § 56 abs. 4 sgb vi im zusammenhang mit der berufsständischen versorgung nur dann als verfassungsrechtlich gerechtfertigt an, wenn während der von der gesetzlichen rentenversicherung anerkannten zeit der kindererziehung auch in der berufsständischen versorgungseinrichtung die kindererziehung systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt wird. nur die doppelpflichtmitgliedschaft in zwei annähernd gleichwertigen sicherungssystemen rechtfertige den anrechnungsausschluss. insoweit liege bei den kindererziehungszeiten im verhältnis zu "befreienden systemen" eine "systemsubsidiarität" der gesetzlichen rentenversicherung vor, jedoch keine "einzelfallsubsidiarität". eine derartige doppelpflichtmitgliedschaft kann bei beamten aufgrund der befreiung von der versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung nach § 5 abs. 1 s. 1 nr. 1 sgb vi bereits nicht bestehen. insoweit besteht bereits keine "systemsubsidiarität" der gesetzlichen rentenversicherung. darüber hinaus war nach ansicht des bsg eine verfassungskonforme auslegung des § 56 abs. 4 sgb vi deshalb notwendig, um eine sonst erforderliche vorlage an das bundesverfassungsgericht nach art. 100 abs. 1 gg zu vermeiden, mit der zu rügen wäre, dass der gesetzgeber entgegen art. 3 abs. 1 i. v. m. art. 3 abs. 2 und art. 6 abs. 1 gg für die berufsständischen versorgungseinrichtungen keine dem § 177 abs. 1 sgb vi entsprechende beitragsregelung geschaffen hat. nach § 177 abs. 1 sgb vi werden die beiträge für kindererziehungszeiten vom bund gezahlt. diese überlegungen sind nicht ohne weiteres auf die versorgung nach beamtenrechtlichen vorschriften und grundsätzen übertragbar, da dort zum einen kindererziehungszeiten berücksichtigung finden und es sich zum anderen nicht um (unterbleibende) zahlungen von versorgungswerken handelt, die einen solidarbeitrag ihrer eigenen mitglieder voraussetzen, sondern ebenfalls um staatliche leistungen. 26auf vertrauensschutz kann sich die klägerin nicht berufen. der feststellungsbescheid vom 26.02.2013 ist zutreffend gemäß § 149 abs. 5 s. 2 sgb vi von der beklagten hinsichtlich der vorgemerkten zeiten für die kindererziehung aufgehoben worden und dementsprechend nicht mehr bindend. zudem enthielt der bescheid den zusatz, dass über die anrechnung und bewertung der im versicherungsverlauf enthaltenen daten erst bei der feststellung einer leistung entschieden wird. ferner bestand die auf die klägerin angewandte fassung des § 56 abs. 4 sgb vi bereits vor beginn der regelaltersrente der klägerin. eine berücksichtigung der zeiten der kindererziehung hatte von beginn an nicht stattgefunden. 27die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg. | Verklagte*r | 0 |
126,400 | 20 K 3039/15 | 2016-02-10T00:00:00 | Gerichtsbescheid | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger betreibt einen Brennstoffhandel mit Sitz in X. . Für das Jahr 2013 setzte die Finanzverwaltung einen Gewerbeertrag in Höhe von 310.700,00 Euro fest. 3Mit Bescheid vom 20. März 2015 setzte die Beklagte für das Beitragsjahr 2013 endgültig und für das Beitragsjahr 2015 vorläufig jeweils einen Grundbeitrag in Höhe von 396,00 Euro und eine Umlage in Höhe von 827,01 Euro fest. Aufgrund bereits erfolgter Zahlungen in Höhe von 1.007,97 Euro auf den Beitrag für das Jahr 2013 machte sie eine Gesamtforderung in Höhe von 1.438,05 Euro geltend. 4Hiergegen hat der Kläger am 20. April 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass das Verwaltungsgericht L. (1 K 1933/14) zu einem beklagten Beitragsbescheid der Industrie- und Handelskammer zu L. festgestellt habe, dass dieser rechtswidrig sei, weil die Beitragserhebung offensichtlich allein der Vermögensbildung diene. Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer zu L. habe beschlossen, ihre bisherigen Gewinnvorträge in eine Bau-/Sanierungsrücklage zu überführen. Dies stelle einen klaren Rechts- und Satzungsverstoß dar. Eine unzulässige Vermögensbildung aus Beitragseinnahmen sei augenscheinlich auch im Falle des Klägers erfolgt. 5Der Kläger beantragt, 6den Beitragsbescheid der Beklagten vom 20. März 2010 aufzuheben. 7Die Beklagte beantragt, 8die Klage abzuweisen. 9Zur Begründung verweist sie auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen. Ihr stehe im Rahmen der Selbstverwaltung hinsichtlich der Gestaltung des Haushalts ein Beurteilungsspielraum zu, welchen die Vollversammlung als Satzungsgeber durch Erlass des Finanzstatuts genutzt habe. Zur Rechtswidrigkeit der konkreten Rücklagenbildung habe der Kläger nichts vorgetragen. 10Die Beteiligten sind unter dem 21. Dezember 2015 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. 12Entscheidungsgründe: 13Die Einzelrichterin ist zuständig, nachdem ihr die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat (§ 6 Abs. 1 VwGO). Sie kann nach Anhörung gemäß § 84 VwGO durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 84 Abs. 1 Satz 1, 2 VwGO. Für dieses Verfahren gelten die Vorschriften über Urteile entsprechend, § 84 Abs. 1 Satz 3 VwGO. 14Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 20. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 15Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für das Jahr 2013 und die vorläufige Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für das Jahr 2015 ist §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 und 3 IHKG in Verbindung mit der für das Beitragsjahr jeweils geltenden Beitragsordnung sowie der für das Beitragsjahr erlassenen Wirtschaftssatzung der Beklagten. Nach diesen Vorschriften erhebt die Beklagte von ihren Mitgliedern als Beiträge Grundbeiträge und Umlagen. 16Die Kammerzugehörigkeit ergibt sich aus § 2 Abs. 1 IHKG. Danach ist der Kläger als natürliche Person, die im Bezirk der Beklagten eine Betriebsstätte unterhält und dem Grunde nach zur Gewerbesteuer veranlagt wird, Kammerzugehöriger bei der Beklagten. 17Die Beitragserhebung verstößt auch nicht gegen das Kostendeckungsprinzip. 18Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. 19Die Industrie- und Handelskammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. 20Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015 – 10 C 6.15 –, amtl. Abdr. Rn. 16; OVG NRW, Beschluss vom 3. März 2015 – 17 A 1046/14 –, amtl. Abdr. S. 8; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20 September 2012 – 1 L 124/11 –, juris Rn. 55; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. April 2011 ‑ 6 A 11076/10 –, juris Rn. 22 (= LKRZ 2011, 238); Wendt, Zulässigkeit und Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der Wirtschafts- und Haushaltsführung der IHK Frankfurt, GewArch Beilage WiVerw Nr. 01/2013, 5 (9, 21, 25 ff.). 21Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Ferner sind seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen. 22Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015 – 10 C 6.15 –, amtl. Abdr. Rn. 16 m.w.N. 23Mit Blick auf die Rücklagenbildung ist insofern davon auszugehen, dass der Industrie- und Handelskammer zwar die Bildung von Vermögen verboten ist. Das schließt die Bildung von Rücklagen aber nicht aus, welche nach ständiger Rechtsprechung zu den Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG zählen. Sie sind in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken, soweit sie an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit gebunden sind. Auch nach der Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung ist die Bildung von angemessenen Rücklagen für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich rechtliche Körperschaften weiterhin notwendig und gehört zu einer geordneten Haushaltsführung. 24Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 – 1 C 45/87 –, juris Rn. 20 (= GewArch 1990, 398-400), jüngst Urteil vom 9. Dezember 2015 – 10 C 6.15 –, amtl. Abdr. Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 5. Februar 1999 – 4 A 1168/96 –, juris Rn. 26 (= GewArch 1999, 205-206); OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. September 2010 – 6 A 10282/10 –, juris Rn. 75; VG L. , Urteil vom 13. März 2014 ‑ 1 K 3668/13 –, juris Rn. 57 ff.; VG Koblenz, Urteil vom 25. November 2013 – 3 K 121/12.KO –, juris Rn. 22 (= GewArch 2014, 116); Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammern, in: GewArch 2014, 64 (67); Wendt, Zulässigkeit und Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der Wirtschafts- und Haushaltsführung der IHK Frankfurt, GewArch Beilage WiVerw Nr. 01/2013, 5 (22). 25Dies zugrunde gelegt, vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass die Beklagte den ihr eingeräumten Gestaltungsspielraum im Rahmen der Wirtschaftsplanung überschritten hat. 26Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit den Beiträgen ihrer Mitglieder eine ausnahmsweise unzulässige Vermögensbildung betreibt, hat der Kläger nicht dargetan. Sein Vorbringen geht über bloß pauschale Behauptungen nicht hinaus. Die Bezugnahme auf ein beim Verwaltungsgericht L. anhängiges Verfahren (1 K 1933/14) und der Hinweis, dass die dortige Beklagte eine unzulässige Vermögensbildung aus Beitragseinnahmen betrieben habe, genügen für einen substantiierten Sachvortrag nicht. Die Wirtschaftsplanung der Industrie- und Handelskammer L. ist für die Frage, ob die Beklagte – die O. Industrie- und Handelskammer E. -X1. -L1. zu E. – unzulässige Rücklagen bildet, nicht von Relevanz. 27Nur ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die Landesregierung Nordrhein-Westfalen im März 2015 feststellte, dass neben der IHK L. keine andere Industrie- und Handelskammer einen Gewinnvortrag über einige Jahre als unspezifizierte Baurücklage vorgehalten und aufsummiert hat. 28Vgl. Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3209 vom 3. März 2015 des Abgeordneten Daniel Schwer PIRATEN Drucksache 16/8091, LT-Drucks. 16/8310, S. 6. 29Auch anhand der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2013 vom 28. November 2012, der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2015 vom 4. Dezember 2014 sowie der für die Wirtschaftsplanung der verfahrensgegenständlichen Beitragsjahre jeweils maßgeblichen Jahresabschlüsse, die gemäß § 17 Abs. 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 26. November 2013 der Prüfung durch eine unabhängige Rechnungsprüfungsstelle für die Industrie- und Handelskammern unterliegen, sind Anhaltspunkte für eine unangemessene Rücklagenbildung jedenfalls nicht offensichtlich. 30Eine weitere, ins Einzelne gehende Überprüfung der Rücklagenbildung war danach nicht angezeigt. Dies gilt ungeachtet der in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2015 – 10 C 6.15 – aufgestellten, die Rechtmäßigkeit der Rücklagenbildung betreffenden Prüfungsmaßstäbe. Insoweit lagen dem vom Bundesverwaltungsgericht jüngst entschiedenen Verfahren dezidierte Einwände der dortigen Klägerin betreffend die Wirtschaftsplanung der beklagten Industrie- und Handelskammer zu Grunde, die Anlass für eine eingehende Überprüfung der Vermögens- und Rücklagenbildung boten. 31Vgl. zum Tatbestand VG Koblenz, Urteil vom 25. November 2013 – 3 K 121/12.KO –, juris (= GewArch 2014, 116-118). 32Konkrete Einwände gegen die Wirtschaftsplanung der Beklagten vermochte der Kläger – auch auf ausdrücklichen Hinweis des Gerichts – hier nicht zu erheben. Die verwaltungsgerichtliche Amtsermittlungspflicht geht jedoch nicht soweit, dass pauschalen Verdachtsäußerungen nachgegangen werden muss. Denn die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe die klagebegründenden Tatsachen ermitteln. 33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. April 2005 – 9 A 3120/03 –, juris Rn. 77. 34Die konkrete Beitragsfestsetzung erweist sich schließlich als rechtmäßig. 35Der von der Beklagten für das Beitragsjahr 2013 festgesetzte Grundbeitrag in Höhe von 396,00 Euro beruht auf Ziffer II.2.1.c) der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2013. Danach erhebt die Beklagte von IHK-Zugehörigen, die – wie der Kläger – nicht im Handelsregister eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, mit einem Gewerbeertrag über 50.000 Euro als Grundbeitrag 396,00 Euro. 36Die Umlage wurde gemäß Ziffer II.4. der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2013 festgesetzt. Dabei hat die Beklagte 0,28 % des Gewerbeertrags abzüglich eines Freibetrages von 15.340 Euro in Ansatz gebracht ([310.700,00 Euro-15.340,00 Euro] x 0,28 % = 827,01 Euro). 37Auch gegen die vorläufige Beitragsfestsetzung für das Jahr 2015 bestehen dem Grunde und der Höhe nach keine Bedenken. Gemäß §§ 15 Abs. 3, 16 der Beitragsordnung der Beklagten vom 1. Dezember 2004, zuletzt geändert durch Beschluss der Vollversammlung vom 6. Dezember 2007 (TW 12/2007, S. 35) kann ein IHK-Mitglied aufgrund des letzten vorliegenden Gewerbeertrags oder, soweit ein solcher nicht vorliegt, aufgrund einer Schätzung in entsprechender Anwendung des § 162 AO vorläufig veranlagt werden, sofern der Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb – wie hier – für das Bemessungsjahr noch nicht vorliegt. Hinsichtlich der Höhe der vorläufigen Beitragsfestsetzung gilt das zur Beitragsfestsetzung für das Jahr 2013 Gesagte. 38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. 39Beschluss 40Der Streitwert wird auf 1.438,05 Euro festgesetzt. 41Gründe: 42Die Festsetzung des Streitwerts ist nach § 52 Abs. 3 GKG erfolgt. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 prozent des vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2der kläger betreibt einen brennstoffhandel mit sitz in x. . für das jahr 2013 setzte die finanzverwaltung einen gewerbeertrag in höhe von 310.700,00 euro fest. 3mit bescheid vom 20. märz 2015 setzte die beklagte für das beitragsjahr 2013 endgültig und für das beitragsjahr 2015 vorläufig jeweils einen grundbeitrag in höhe von 396,00 euro und eine umlage in höhe von 827,01 euro fest. aufgrund bereits erfolgter zahlungen in höhe von 1.007,97 euro auf den beitrag für das jahr 2013 machte sie eine gesamtforderung in höhe von 1.438,05 euro geltend. 4hiergegen hat der kläger am 20. april 2015 klage erhoben. zur begründung trägt er vor, dass das verwaltungsgericht l. (1 k 1933/14) zu einem beklagten beitragsbescheid der industrie- und handelskammer zu l. festgestellt habe, dass dieser rechtswidrig sei, weil die beitragserhebung offensichtlich allein der vermögensbildung diene. die vollversammlung der industrie- und handelskammer zu l. habe beschlossen, ihre bisherigen gewinnvorträge in eine bau-/sanierungsrücklage zu überführen. dies stelle einen klaren rechts- und satzungsverstoß dar. eine unzulässige vermögensbildung aus beitragseinnahmen sei augenscheinlich auch im falle des klägers erfolgt. 5der kläger beantragt, 6den beitragsbescheid der beklagten vom 20. märz 2010 aufzuheben. 7die beklagte beantragt, 8die klage abzuweisen. 9zur begründung verweist sie auf die einschlägigen gesetzlichen regelungen. ihr stehe im rahmen der selbstverwaltung hinsichtlich der gestaltung des haushalts ein beurteilungsspielraum zu, welchen die vollversammlung als satzungsgeber durch erlass des finanzstatuts genutzt habe. zur rechtswidrigkeit der konkreten rücklagenbildung habe der kläger nichts vorgetragen. 10die beteiligten sind unter dem 21. dezember 2015 zu einer entscheidung durch gerichtsbescheid angehört worden. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten. 12 | 13die einzelrichterin ist zuständig, nachdem ihr die kammer den rechtsstreit zur entscheidung übertragen hat (§ 6 abs. 1 vwgo). sie kann nach anhörung gemäß § 84 vwgo durch gerichtsbescheid entscheiden, weil die sache keine besonderen schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher art aufweist und der sachverhalt geklärt ist, § 84 abs. 1 satz 1, 2 vwgo. für dieses verfahren gelten die vorschriften über urteile entsprechend, § 84 abs. 1 satz 3 vwgo. 14der beitragsbescheid der beklagten vom 20. märz 2015 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 15rechtsgrundlage für die festsetzung des mitgliedsbeitrags für das jahr 2013 und die vorläufige festsetzung des mitgliedsbeitrags für das jahr 2015 ist §§ 2 abs. 1, 3 abs. 2 und 3 ihkg in verbindung mit der für das beitragsjahr jeweils geltenden beitragsordnung sowie der für das beitragsjahr erlassenen wirtschaftssatzung der beklagten. nach diesen vorschriften erhebt die beklagte von ihren mitgliedern als beiträge grundbeiträge und umlagen. 16die kammerzugehörigkeit ergibt sich aus § 2 abs. 1 ihkg. danach ist der kläger als natürliche person, die im bezirk der beklagten eine betriebsstätte unterhält und dem grunde nach zur gewerbesteuer veranlagt wird, kammerzugehöriger bei der beklagten. 17die beitragserhebung verstößt auch nicht gegen das kostendeckungsprinzip. 18gemäß § 3 abs. 2 satz 1 ihkg werden die kosten der errichtung und der tätigkeit der industrie- und handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach maßgabe des haushaltsplanes (wirtschaftsplanes) durch beiträge der kammerzugehörigen gemäß einer beitragsordnung aufgebracht. 19die industrie- und handelskammer besitzt bei der aufstellung des haushaltsplanes (wirtschaftsplanes) einen weiten gestaltungsspielraum. der verwaltungsgerichtlichen kontrolle unterliegt, ob dieser rahmen gewahrt ist. 20vgl. bverwg, urteil vom 9. dezember 2015 – 10 c 6.15 –, amtl. abdr. rn. 16; ovg nrw, beschluss vom 3. märz 2015 – 17 a 1046/14 –, amtl. abdr. s. 8; ovg sachsen-anhalt, urteil vom 20 september 2012 – 1 l 124/11 –, juris rn. 55; ovg rheinland-pfalz, urteil vom 13. april 2011 ‑ 6 a 11076/10 –, juris rn. 22 (= lkrz 2011, 238); wendt, zulässigkeit und grenzen der verwaltungsgerichtlichen kontrolle der wirtschafts- und haushaltsführung der ihk frankfurt, gewarch beilage wiverw nr. 01/2013, 5 (9, 21, 25 ff.). 21nach § 3 abs. 2 satz 2 ihkg ist der haushaltsplan (wirtschaftsplan) jährlich nach den grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen finanzgebarung unter pfleglicher behandlung der leistungsfähigkeit der kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. ferner sind seit der einfügung des § 3 abs. 7a ihkg durch das gesetz vom 7. september 2007 (bgbl. i s. 2246) die grundsätze kaufmännischer rechnungslegung und buchführung anzuwenden. unabhängig davon sind die grundsätze des staatlichen haushaltsrechts sowie ergänzende satzungsbestimmungen zu beachten. zu den grundsätzen des staatlichen haushaltsrechts zählt das gebot der haushaltswahrheit, aus dem in ansehung von prognosen das gebot der schätzgenauigkeit folgt. dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine prognose im nachhinein als falsch erweist; prognosen müssen aber aus der sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen. 22vgl. bverwg, urteil vom 9. dezember 2015 – 10 c 6.15 –, amtl. abdr. rn. 16 m.w.n. 23mit blick auf die rücklagenbildung ist insofern davon auszugehen, dass der industrie- und handelskammer zwar die bildung von vermögen verboten ist. das schließt die bildung von rücklagen aber nicht aus, welche nach ständiger rechtsprechung zu den kosten der industrie- und handelskammer im sinne des § 3 abs. 2 satz 1 ihkg zählen. sie sind in ermangelung anderer finanzquellen durch beiträge zu decken, soweit sie an einen sachlichen zweck im rahmen zulässiger kammertätigkeit gebunden sind. auch nach der einführung der verwaltungsdoppik und der damit verbundenen orientierung an der kaufmännischen buchführung ist die bildung von angemessenen rücklagen für die industrie- und handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich rechtliche körperschaften weiterhin notwendig und gehört zu einer geordneten haushaltsführung. 24vgl. bverwg, urteil vom 26. juni 1990 – 1 c 45/87 –, juris rn. 20 (= gewarch 1990, 398-400), jüngst urteil vom 9. dezember 2015 – 10 c 6.15 –, amtl. abdr. rn. 17; ovg nrw, beschluss vom 5. februar 1999 – 4 a 1168/96 –, juris rn. 26 (= gewarch 1999, 205-206); ovg rheinland-pfalz, urteil vom 20. september 2010 – 6 a 10282/10 –, juris rn. 75; vg l. , urteil vom 13. märz 2014 ‑ 1 k 3668/13 –, juris rn. 57 ff.; vg koblenz, urteil vom 25. november 2013 – 3 k 121/12.ko –, juris rn. 22 (= gewarch 2014, 116); jahn, das neue finanzstatut der industrie- und handelskammern, in: gewarch 2014, 64 (67); wendt, zulässigkeit und grenzen der verwaltungsgerichtlichen kontrolle der wirtschafts- und haushaltsführung der ihk frankfurt, gewarch beilage wiverw nr. 01/2013, 5 (22). 25dies zugrunde gelegt, vermag das gericht nicht zu erkennen, dass die beklagte den ihr eingeräumten gestaltungsspielraum im rahmen der wirtschaftsplanung überschritten hat. 26hinreichende anhaltspunkte dafür, dass die beklagte mit den beiträgen ihrer mitglieder eine ausnahmsweise unzulässige vermögensbildung betreibt, hat der kläger nicht dargetan. sein vorbringen geht über bloß pauschale behauptungen nicht hinaus. die bezugnahme auf ein beim verwaltungsgericht l. anhängiges verfahren (1 k 1933/14) und der hinweis, dass die dortige beklagte eine unzulässige vermögensbildung aus beitragseinnahmen betrieben habe, genügen für einen substantiierten sachvortrag nicht. die wirtschaftsplanung der industrie- und handelskammer l. ist für die frage, ob die beklagte – die o. industrie- und handelskammer e. -x1. -l1. zu e. – unzulässige rücklagen bildet, nicht von relevanz. 27nur ergänzend weist das gericht darauf hin, dass die landesregierung nordrhein-westfalen im märz 2015 feststellte, dass neben der ihk l. keine andere industrie- und handelskammer einen gewinnvortrag über einige jahre als unspezifizierte baurücklage vorgehalten und aufsummiert hat. 28vgl. antwort der landesregierung auf die kleine anfrage 3209 vom 3. märz 2015 des abgeordneten daniel schwer piraten drucksache 16/8091, lt-drucks. 16/8310, s. 6. 29auch anhand der wirtschaftssatzung der beklagten für das geschäftsjahr 2013 vom 28. november 2012, der wirtschaftssatzung der beklagten für das geschäftsjahr 2015 vom 4. dezember 2014 sowie der für die wirtschaftsplanung der verfahrensgegenständlichen beitragsjahre jeweils maßgeblichen jahresabschlüsse, die gemäß § 17 abs. 1 des finanzstatuts der beklagten vom 26. november 2013 der prüfung durch eine unabhängige rechnungsprüfungsstelle für die industrie- und handelskammern unterliegen, sind anhaltspunkte für eine unangemessene rücklagenbildung jedenfalls nicht offensichtlich. 30eine weitere, ins einzelne gehende überprüfung der rücklagenbildung war danach nicht angezeigt. dies gilt ungeachtet der in dem urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 9. dezember 2015 – 10 c 6.15 – aufgestellten, die rechtmäßigkeit der rücklagenbildung betreffenden prüfungsmaßstäbe. insoweit lagen dem vom bundesverwaltungsgericht jüngst entschiedenen verfahren dezidierte einwände der dortigen klägerin betreffend die wirtschaftsplanung der beklagten industrie- und handelskammer zu grunde, die anlass für eine eingehende überprüfung der vermögens- und rücklagenbildung boten. 31vgl. zum tatbestand vg koblenz, urteil vom 25. november 2013 – 3 k 121/12.ko –, juris (= gewarch 2014, 116-118). 32konkrete einwände gegen die wirtschaftsplanung der beklagten vermochte der kläger – auch auf ausdrücklichen hinweis des gerichts – hier nicht zu erheben. die verwaltungsgerichtliche amtsermittlungspflicht geht jedoch nicht soweit, dass pauschalen verdachtsäußerungen nachgegangen werden muss. denn die untersuchungsmaxime ist keine prozessuale hoffnung, das gericht werde mit ihrer hilfe die klagebegründenden tatsachen ermitteln. 33vgl. ovg nrw, urteil vom 13. april 2005 – 9 a 3120/03 –, juris rn. 77. 34die konkrete beitragsfestsetzung erweist sich schließlich als rechtmäßig. 35der von der beklagten für das beitragsjahr 2013 festgesetzte grundbeitrag in höhe von 396,00 euro beruht auf ziffer ii.2.1.c) der wirtschaftssatzung der beklagten für das geschäftsjahr 2013. danach erhebt die beklagte von ihk-zugehörigen, die – wie der kläger – nicht im handelsregister eingetragen sind und deren gewerbebetrieb nach art und umfang einen in kaufmännischer weise eingerichteten geschäftsbetrieb nicht erfordert, mit einem gewerbeertrag über 50.000 euro als grundbeitrag 396,00 euro. 36die umlage wurde gemäß ziffer ii.4. der wirtschaftssatzung der beklagten für das geschäftsjahr 2013 festgesetzt. dabei hat die beklagte 0,28 % des gewerbeertrags abzüglich eines freibetrages von 15.340 euro in ansatz gebracht ([310.700,00 euro-15.340,00 euro] x 0,28 % = 827,01 euro). 37auch gegen die vorläufige beitragsfestsetzung für das jahr 2015 bestehen dem grunde und der höhe nach keine bedenken. gemäß §§ 15 abs. 3, 16 der beitragsordnung der beklagten vom 1. dezember 2004, zuletzt geändert durch beschluss der vollversammlung vom 6. dezember 2007 (tw 12/2007, s. 35) kann ein ihk-mitglied aufgrund des letzten vorliegenden gewerbeertrags oder, soweit ein solcher nicht vorliegt, aufgrund einer schätzung in entsprechender anwendung des § 162 ao vorläufig veranlagt werden, sofern der gewerbeertrag bzw. gewinn aus gewerbebetrieb – wie hier – für das bemessungsjahr noch nicht vorliegt. hinsichtlich der höhe der vorläufigen beitragsfestsetzung gilt das zur beitragsfestsetzung für das jahr 2013 gesagte. 38die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709, 711 zpo. 39beschluss 40der streitwert wird auf 1.438,05 euro festgesetzt. 41gründe: 42die festsetzung des streitwerts ist nach § 52 abs. 3 gkg erfolgt. | Verklagte*r | 0 |
167,544 | 6a K 5945/14.A | 2015-02-23T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 22. Dezember 1986 geborene Kläger ist georgischer Staatsangehöriger armenischer Volkszugehörigkeit. Er ist ledig. 3Im August 2013 verließ der Kläger nach eigenen Angaben Georgien. Ausweislich der EURODAC-Datenbank stellte er am 12. August 2013 in der Schweiz einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Am 22. September 2014 reiste er in die Bundesrepublik ein und stellte hier am 17. Oktober 2014 einen weiteren Asylantrag. 4Bei der – auf die Frage der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats beschränkten – Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 17 Oktober 2014 gab der Kläger an, er habe noch in keinem anderen Staat Asyl beantragt oder zuerkannt bekommen; es gebe aber keine Gründe, warum sein Antrag nicht in einem anderen „Dublin-Mitgliedstaat“ geprüft werden solle. 5Am 28. Oktober 2014 wandte die Beklagte sich an die schweizerischen Behörden und ersuchte um die Übernahme des Klägers auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 („Dublin III“). Mit Schreiben vom 29. Oktober 2014 stimmte die schweizerische Eidgenossenschaft der Rücküberstellung zu. 6Mit Bescheid vom 3. November 2014 lehnte die Beklagte den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers in die Schweiz an. Zur Begründung wies die Beklagte auf die Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 hin, aufgrund derer die Schweiz für das Asylverfahren zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die Veranlassung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts geben könnten, seien nicht erkennbar. Der Bescheid wurde dem Kläger frühestens am 23. Dezember 2014 zugestellt. 7Am 30. Dezember 2014 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er ausführt: Er befürchte bei einer Rückkehr in die Schweiz Nachteile. Zudem hat er eine ärztliche Bescheinigung des Universitätsklinikums F. vom 17. Dezember 2014 vorgelegt, der zufolge er an einer HIV-Infektion im Stadium A3 sowie an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Aufgrund des fortgeschrittenen HIV-Infekts und der Komplexität der HIV- sowie Begleittherapie sei eine suffiziente und erfolgreiche Weiterbehandlung nur im Universitätsklinikum oder einem vergleichbar spezialisierten Zentrum möglich. Darüber hinaus hat der Kläger eine Bescheinigung der „League of Young Voluntary Georgians“ vom 9. Juli 2013 vorgelegt, der zufolge er schwul ist und im Mai 2013 von unbekannten Männern missbraucht und vergewaltigt worden ist. Er habe – so die Bescheinigung weiter – mehrmals versucht sich das Leben zu nehmen. In weiteren von dem Kläger vorgelegten Bescheinigungen wird bestätigt, dass der Kläger wegen seiner sexuellen Orientierung die Arbeitsstelle sowie seine Wohnung verloren habe. 8Der Kläger beantragt, 9den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2014 aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich), 11die Klage abzuweisen. 12Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid. 13Die Kammer hat einen Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 26. Januar 2015 (6a L 2118/14.A) abgelehnt. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 17Der Bescheid des Bundesamtes vom 3. November 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt. 18Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. 19Vorliegend ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (sog. „Dublin III-Verordnung“) vom 26. Juni 2013 die Schweizerische Eidgenossenschaft der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da der Kläger ausweislich der EURODAC-Datenbank in der Schweiz den ersten Asylantrag gestellt hat und aus der Schweiz in das Bundesgebiet eingereist sind, ist gem. Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EU) Nr. 604/2013 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig und hat gemäß Art. 18 der VO (EU) Nr. 604/2013 den Kläger wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Schweizerische Eidgenossenschaft mit Schreiben an das Bundesamt vom 29. Oktober 2014 auch anerkannt. Der Kläger hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten. 20Die Beklagte ist auch nicht etwa gemäß Art. 3 Abs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil Flüchtlingen in der Schweiz in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde oder sonstige „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestünden. 21Allgemein zur Frage der systemischen Mängel EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 -, NVwZ 2012, 417, und BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris. 22Für entsprechende Mängel in Bezug auf die Schweizerische Eidgenossenschaft sieht das Gericht nach Recherche in den einschlägigen Datenbanken letztlich keine hinreichenden Anhaltspunkte. 23Ebenso in jüngerer Zeit VG Augsburg, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - Au 7 S 14.50253 -; VG Magdeburg, Beschluss vom 5. Dezember 2014 - 9 B 418/14 -; VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. September 2014 - 23 L 2111/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14. April 2014 - 7a L 462/14.A - und Urteil vom 13. Januar 2015 - 6a K 2712/14.A -; VG Stuttgart, Beschluss vom 4. April 2014 - A 12 K 4814/13 -, und VG Schwerin, Beschluss vom 10. März 2014 - 3 B 215/14 As -, alle bei Juris abrufbar. 24Eingehende und aktuelle Informationen über das schweizerische Asylsystem und die dortigen Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen finden sich etwa im Internetangebot der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (www.fluechtlingshilfe.ch). Der Länderbericht Schweiz 2013 von Amnesty International und der Human Rights Report 2013 des US-Department of State (Bureau of Democracy, Human Rights and Labor) berichten über Verschärfungen der Rechtslage in der Schweiz und (pauschal) über vereinzelte Probleme bei der Behandlung von Flüchtlingen; grundlegende Schwächen des Asylsystems werden indessen nicht aufgezeigt. Das Gericht hat auch keine Erkenntnisse dahingehend, dass die für den Kläger besonders bedeutsame medizinische Versorgung in der Schweiz nicht gewährleistet ist. Dass in der Schweiz ein hoch entwickeltes System der medizinischen Versorgung besteht, steht außer Zweifel. Nach Art. 5 der einschlägigen Verordnung des EJPD (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement) über den Betrieb von Unterkünften des Bundes im Asylbereich vom 24. November 2007 (abrufbar mit Stand vom 1. Oktober 2013 auf www.unhcr.de) wird der Zugang zur medizinischen Grund- und Notversorgung gewährleistet. Dem entsprechend führt die Schweizerische Flüchtlingshilfe in ihrem Internetangebot (hier: Asylrecht/Rechtlicher Status/Asylsuchende) aus: „Asylsuchende müssen gegen Krankheit versichert sein (Art. 3 KVG). Allerdings können die Kantone die Wahl der Krankenkasse sowie der Ärzte und Spitäler für Asylsuchende einschränken (Art. 82a Abs. 2 bis 5 AsylG)“. 25Sonstige Umstände, aufgrund derer die Beklagte zu Gunsten des Klägers ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 der VO (EU) Nr. 604/2013 hätte ausüben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 26Dass der Kläger wegen seiner Erkrankungen nicht reisefähig wäre, ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich. 27Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der kläger. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der am 22. dezember 1986 geborene kläger ist georgischer staatsangehöriger armenischer volkszugehörigkeit. er ist ledig. 3im august 2013 verließ der kläger nach eigenen angaben georgien. ausweislich der eurodac-datenbank stellte er am 12. august 2013 in der schweiz einen asylantrag. dieser antrag wurde abgelehnt. am 22. september 2014 reiste er in die bundesrepublik ein und stellte hier am 17. oktober 2014 einen weiteren asylantrag. 4bei der – auf die frage der bestimmung des zuständigen mitgliedstaats beschränkten – anhörung durch das bundesamt für migration und flüchtlinge am 17 oktober 2014 gab der kläger an, er habe noch in keinem anderen staat asyl beantragt oder zuerkannt bekommen; es gebe aber keine gründe, warum sein antrag nicht in einem anderen „dublin-mitgliedstaat“ geprüft werden solle. 5am 28. oktober 2014 wandte die beklagte sich an die schweizerischen behörden und ersuchte um die übernahme des klägers auf der grundlage der verordnung (eu) nr. 604/2013 („dublin iii“). mit schreiben vom 29. oktober 2014 stimmte die schweizerische eidgenossenschaft der rücküberstellung zu. 6mit bescheid vom 3. november 2014 lehnte die beklagte den asylantrag als unzulässig ab und ordnete die abschiebung des klägers in die schweiz an. zur begründung wies die beklagte auf die regelungen der verordnung (eu) nr. 604/2013 hin, aufgrund derer die schweiz für das asylverfahren zuständig sei. außergewöhnliche humanitäre gründe, die veranlassung zur ausübung des selbsteintrittsrechts geben könnten, seien nicht erkennbar. der bescheid wurde dem kläger frühestens am 23. dezember 2014 zugestellt. 7am 30. dezember 2014 hat der kläger klage erhoben, zu deren begründung er ausführt: er befürchte bei einer rückkehr in die schweiz nachteile. zudem hat er eine ärztliche bescheinigung des universitätsklinikums f. vom 17. dezember 2014 vorgelegt, der zufolge er an einer hiv-infektion im stadium a3 sowie an einer posttraumatischen belastungsstörung leidet. aufgrund des fortgeschrittenen hiv-infekts und der komplexität der hiv- sowie begleittherapie sei eine suffiziente und erfolgreiche weiterbehandlung nur im universitätsklinikum oder einem vergleichbar spezialisierten zentrum möglich. darüber hinaus hat der kläger eine bescheinigung der „league of young voluntary georgians“ vom 9. juli 2013 vorgelegt, der zufolge er schwul ist und im mai 2013 von unbekannten männern missbraucht und vergewaltigt worden ist. er habe – so die bescheinigung weiter – mehrmals versucht sich das leben zu nehmen. in weiteren von dem kläger vorgelegten bescheinigungen wird bestätigt, dass der kläger wegen seiner sexuellen orientierung die arbeitsstelle sowie seine wohnung verloren habe. 8der kläger beantragt, 9den bescheid der beklagten vom 3. november 2014 aufzuheben. 10die beklagte beantragt (schriftsätzlich), 11die klage abzuweisen. 12sie bezieht sich zur begründung auf den angefochtenen bescheid. 13die kammer hat einen antrag des klägers auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes mit beschluss vom 26. januar 2015 (6a l 2118/14.a) abgelehnt. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten und der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 15 | 16die klage ist zulässig, aber unbegründet. 17der bescheid des bundesamtes vom 3. november 2014 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 vwgo). das bundesamt hat den asylantrag des klägers zu recht als unzulässig abgelehnt. 18ein asylantrag ist gemäß § 27a asylvfg unzulässig, wenn ein anderer staat auf grund von rechtsvorschriften der europäischen union oder eines völkerrechtlichen vertrages für die durchführung des asylverfahrens zuständig ist. in diesem falle ist gemäß § 34a abs. 1 asylvfg durch das bundesamt die abschiebung in den zuständigen staat anzuordnen; einer vorherigen androhung und fristsetzung bedarf es nicht. 19vorliegend ist nach der verordnung (eu) nr. 604/2013 des europäischen parlaments und des rates zur festlegung der kriterien und verfahren zur bestimmung des mitgliedstaats, der für die prüfung eines von einem drittstaatsangehörigen oder staatenlosen in einem mitgliedstaat gestellten antrags auf internationalen schutz zuständig ist, (sog. „dublin iii-verordnung“) vom 26. juni 2013 die schweizerische eidgenossenschaft der für die durchführung des asylverfahrens zuständige staat. da der kläger ausweislich der eurodac-datenbank in der schweiz den ersten asylantrag gestellt hat und aus der schweiz in das bundesgebiet eingereist sind, ist gem. art. 3 abs. 1 und 2, art. 7 abs. 1 und art. 13 der vo (eu) nr. 604/2013 dieser staat für die prüfung des asylantrags zuständig und hat gemäß art. 18 der vo (eu) nr. 604/2013 den kläger wieder aufzunehmen. diese verpflichtung hat die schweizerische eidgenossenschaft mit schreiben an das bundesamt vom 29. oktober 2014 auch anerkannt. der kläger hat keine gesichtspunkte vorgetragen, die diese einschätzung in frage stellen könnten. 20die beklagte ist auch nicht etwa gemäß art. 3 abs. 2 vo (eu) nr. 604/2013 verpflichtet, den antrag selbst zu prüfen, weil flüchtlingen in der schweiz in verfahrens- oder materiellrechtlicher hinsicht kein hinreichender schutz gewährt würde oder sonstige „systemische schwachstellen“ bei der behandlung von asylbewerbern bestünden. 21allgemein zur frage der systemischen mängel eugh, urteil vom 21. dezember 2011 - rs. c-411/10 und rs. c-493/10 -, nvwz 2012, 417, und bverwg, beschluss vom 19. märz 2014 - 10 b 6.14 -, juris. 22für entsprechende mängel in bezug auf die schweizerische eidgenossenschaft sieht das gericht nach recherche in den einschlägigen datenbanken letztlich keine hinreichenden anhaltspunkte. 23ebenso in jüngerer zeit vg augsburg, beschluss vom 21. oktober 2014 - au 7 s 14.50253 -; vg magdeburg, beschluss vom 5. dezember 2014 - 9 b 418/14 -; vg düsseldorf, beschluss vom 30. september 2014 - 23 l 2111/14.a -; vg gelsenkirchen, beschluss vom 14. april 2014 - 7a l 462/14.a - und urteil vom 13. januar 2015 - 6a k 2712/14.a -; vg stuttgart, beschluss vom 4. april 2014 - a 12 k 4814/13 -, und vg schwerin, beschluss vom 10. märz 2014 - 3 b 215/14 as -, alle bei juris abrufbar. 24eingehende und aktuelle informationen über das schweizerische asylsystem und die dortigen unterbringungs- und versorgungsbedingungen finden sich etwa im internetangebot der schweizerischen flüchtlingshilfe (www.fluechtlingshilfe.ch). der länderbericht schweiz 2013 von amnesty international und der human rights report 2013 des us-department of state (bureau of democracy, human rights and labor) berichten über verschärfungen der rechtslage in der schweiz und (pauschal) über vereinzelte probleme bei der behandlung von flüchtlingen; grundlegende schwächen des asylsystems werden indessen nicht aufgezeigt. das gericht hat auch keine erkenntnisse dahingehend, dass die für den kläger besonders bedeutsame medizinische versorgung in der schweiz nicht gewährleistet ist. dass in der schweiz ein hoch entwickeltes system der medizinischen versorgung besteht, steht außer zweifel. nach art. 5 der einschlägigen verordnung des ejpd (eidgenössisches justiz- und polizeidepartement) über den betrieb von unterkünften des bundes im asylbereich vom 24. november 2007 (abrufbar mit stand vom 1. oktober 2013 auf www.unhcr.de) wird der zugang zur medizinischen grund- und notversorgung gewährleistet. dem entsprechend führt die schweizerische flüchtlingshilfe in ihrem internetangebot (hier: asylrecht/rechtlicher status/asylsuchende) aus: „asylsuchende müssen gegen krankheit versichert sein (art. 3 kvg). allerdings können die kantone die wahl der krankenkasse sowie der ärzte und spitäler für asylsuchende einschränken (art. 82a abs. 2 bis 5 asylg)“. 25sonstige umstände, aufgrund derer die beklagte zu gunsten des klägers ihr selbsteintrittsrecht nach art. 17 der vo (eu) nr. 604/2013 hätte ausüben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 26dass der kläger wegen seiner erkrankungen nicht reisefähig wäre, ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich. 27die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo, § 83 b asylvfg. | Verklagte*r | 0 |
329,995 | 14 K 226/10 | 2020-06-25T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu volltreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Mit Beschluss vom 26. März 2009 beschloss der Rat der Klägerin die Aufstellung eines Bebauungsplanes mit der Nr. 399 „Verschiebebahnhof C. “. Im Planungsbereich dieses Bebauungsplans lagen u. a. die Grundstücke mit den Flurstücknummern 1110, 1113 und 1092. In der Vorlage der Verwaltung der Klägerin zu diesem Beschluss wurde ausgeführt, dass das Gelände des Verschiebebahnhofs C. sich im Eigentum der E. C1. B. befinde. Die Fläche werde nicht mehr vollständig als Eisenbahnbetriebsanlage genutzt. In den letzten Jahren seien Teile der Bahnfläche brachgefallen. Nordöstlich des Bahngeländes grenzten die A. -Siedlung sowie ein Gewerbegebiet mit vorwiegend Handwerksbetrieben und zum Teil erschütterungsempfindlichen Nutzungen an. Im Norden schlössen sich ausgedehnte Industriewaldflächen an. Dies seien Landschaftsschutzgebiete, welche eine wichtige Naherholungsfunktion für die angrenzenden Stadtteile C. und T. -O. hätten. Diese Freiflächen seien Teil des Zukunftsprojektes „H. C. “, das als ein zentrales Stadtentwicklungsprojekt im hohen Maße auf eine besondere Wohnumfeldqualität angewiesen sei. 3Am 8. Juli 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung der Freistellung der Flurstücke 1110, 1113 und 1092 Flur 2, Gemarkung C. in H1. nach § 23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG). Für den Fall, dass die Freistellungsbedingungen für die Flächen unterschiedlich zu bewerten seien, beantragte sie auch die zeitlich versetzte Freistellung der Teilflächen bzw. Flurstücke oder auch nur die Freistellung einer Fläche bzw. eines Flurstückes, dies gelte insbesondere auch für das Flurstück 1113. 4Zur Begründung ihres Antrages führte die Klägerin aus, dass die Teilfläche Ost vollständig durch das 22.361 m² große Flurstück 1110 abgebildet werde. Die Teilfläche West bestehe aus dem vollständigen Flurstück 1092 mit einer Größe von 25.968 m² und einer Teilfläche des Flurstückes 1113 mit 10.313 m². In ihrer ehemaligen Nutzung seien die Flächen Bestandteile des Verschiebebahnhofes C. gewesen. Von Seiten der C1. sei gegenüber der Klägerin bisher betont worden, dass eine Freistellung der vorgenannten Flächen aus dem Bahnbetrieb nicht beabsichtigt sei. Dies folge sinngemäß auch aus den Schreiben der Eigentümer der Grundstücksflächen, etwa aus dem Schreiben der B1. S. F. H2. und D. . L. , I. Q. N. H2. und E1. O1. B. jeweils vom 3. März 2009. Ihr, der Klägerin, sei jedoch im Rahmen eines Verfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) bekannt geworden, dass ein Baustoffrecyclingbetrieb eine entsprechende Genehmigung für ein Vorhaben auf den Flächen beantragt habe. Laut dem der Klägerin vorliegenden Antrag dieser Firma sei die E1. B. ihr Hauptkunde. Der Bahnbezug des Vorhabens werde im Kern damit begründet, dass es schwierig sei, eine andere Industriefläche mit Gleisanschluss zu preiswerten Konditionen zu finden. Dies könne jedoch nicht die Eisenbahnbetriebsbezogenheit begründen. Vielmehr erbringe das geplante Vorhaben weder Eisenbahnverkehrsdienstleistungen noch betreibe es eine Eisenbahninfrastruktur. Darüber hinaus sei anzumerken, dass ein Alternativvorschlag für den Betrieb des beantragten Vorhabens auf dem Stadtgebiet der Klägerin nicht weiterverfolgt worden sei. Da unter anderem auch die Errichtung baulicher und technischer Anlagen beantragt worden sei, sei von einer auf Dauer angelegten bahnbetriebsfremden Nutzung auszugehen. Die Teilfläche Ost sei in der Vergangenheit zudem bereits zeitweilig durch einen Recyclingbetrieb bahnbetriebsfremd genutzt worden. Die nunmehr beantragte Nutzung verursache ein bauleitplanerisches Planerfordernis, da es in städtebaulich umfassender Weise Auswirkungen auf das Umfeld haben werde. Die frühere Planfeststellung oder Widmung für Bahnzwecke diene auf diesen Teilflächen nunmehr nur noch als planungsrechtliches Vakuum, da auch die geplante Nutzung nicht im Rahmen eines planersetzenden eisenbahnrechtlichen Verfahrens, sondern als reine Zulassungsentscheidung nach dem BImSchG beantragt worden sei. 5Die Beklagte wies den Antrag der Klägerin auf Freistellung von Eisenbahnbetriebszwecken mit Bescheid vom 16. September 2009 zurück. Sowohl die E1. T1. J. H2. als auch das Bundeseisenbahnvermögen hätten bestätigt, dass sich auf den in Rede stehenden Flurstücken betriebsnotwendige Anlagen befänden, die noch an die aktive Infrastruktur der Beigeladenen zu 1. angeschlossen seien. 6Mit Schreiben vom 12. Oktober 2009 forderte die Klägerin das Eisenbahnbundesamt auf, seine ablehnende Entscheidung weiter zu begründen. Auch sei über den gestellten Hilfsantrag nicht entschieden worden. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen des Freistellungsverfahrens nicht darauf ankomme, ob die auf dem Gelände befindlichen Anlagen noch an die aktive Infrastruktur der Beigeladenen zu 1. angeschlossen seien. Maßgeblich sei vielmehr, dass für die Flächen kein Verkehrsbedürfnis mehr bestehe und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht zu erwarten sei. Hierzu werde jedoch in dem ablehnenden Bescheid keine Stellung genommen, weshalb insoweit um Nachholung gebeten werde. Hinzu komme, dass es nicht entscheidend sei, ob der Rückbau der Bahnanlagen beabsichtigt sei, sondern vielmehr, ob ein objektiver Anspruch der Klägerin aufgrund eines mangelnden Verkehrsbedürfnisses und der mangelnden Nutzung im Rahmen der Zweckbestimmung auf Entwidmung der Flächen bestehe. §23 AEG sei vom Gesetzgeber geschaffen worden, weil Bahnbetriebe in der Regel an einer Entwidmung der Bahnflächen und der damit einhergehenden Wiederbelebung der Planungshoheit der Gemeinden kein Interesse hätten und dies von sich aus auch nicht in die Wege leiteten. Auch zu diesem Punkt sei im ablehnenden Bescheid nichts ausgeführt worden. 7Am 17. Dezember 2012 beantragte die E1. T2. J. H2. die Freistellung von Bahnbetriebszwecken für die Fläche H1. -C. , Q1.-------straße /N1.------straße , welche das Flurstück 1110 umfasste. Mit Bescheid vom 9. April 2014 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass eine Entscheidung über das Vorhaben nicht möglich gewesen sei, da der Antrag nicht unter Beifügung der erforderlichen Unterlagen begründet worden sei. Auf eine Frist zur Nachreichung von Unterlagen sei nicht reagiert worden. 8Das Flurstück 1110 ist in den Jahren 2016 und 2018 durch Teilungsvermessung in die Flurstücke 1532, 1533, 1535, 1551, 1552 und 1553 geteilt worden. 9Im Dezember 2017 wurde das Flurstück 1092 an die Beigeladene zu 2. verkauft. 10Die E2. C1. B. – E1. J. - S1. X. – hat am 18. Juni 2018 die Freistellung von Bahnbetriebszwecken für die Fläche H1. -C. , Q1.-------straße /N1.------straße , beantragt, welche die Flurstücke 1552, 1553, 1535 umfasste. In ihrer Antragsbegründung führte sie aus, dass die zur Freistellung beantragten Flächen freistellbar seien, d.h. es bestehe kein Verkehrsbedürfnis mehr und langfristig sei eine Nutzung im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten. Zudem sei ein Verfahren nach § 11 AEG nicht erforderlich, weil keine betriebsnotwendigen Anlagen auf der Freistellungsfläche oder Teilen davon vorhanden seien. 11Mit Schreiben vom 27. Juli 2018 erhob die T3. H2. und D. . L. Einspruch gegen den Freistellungsantrag der E. C1. B. auf die Freistellung von Bahnbetriebszwecken für die v. g. Flurstücke. Zur Begründung führte sie aus, dass eine Freistellung zur Folge hätte, dass die eisenbahntechnische Nutzung nicht mehr möglich sei und die T3. H2. und D. . L. als Eisenbahnverkehrsunternehmen und Mitnutzer der angrenzenden eisenbahntechnisch genutzten Fläche ihr Vorhaben auf Erweiterung der Verkehrsanlage nicht mehr umsetzen könne. Es solle ein Durchverbund der Gleisanlagen auf die oben genannten Flurstücke erfolgen, um somit die für die Beigeladene zu 1. erforderlichen Kapazitäten zu schaffen. Zudem solle dies die Aufstellung von gleisgebundenen Maschinen und Zügen für den Baustellenverkehr sowie die Zulieferung und Abfuhr von für Baumaßnahmen erforderlichen Stoffen gewährleisten. 12Mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 nahm die E2. C1. B. den Freistellungsauftrag für die vorgenannten Flächen zurück. 13Bereits am 19. Januar 2010 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 14Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin im Wesentlichen aus, dass die Flurstücke ehemals 1110, 1113, soweit es die Gleise 122 und 123 betreffe, und 1092 in H1. , Gemarkung C. , Flur 2 nicht mehr zu Zwecken des Bahnbetriebs genutzt würden und daher freigestellt werden müssten. Es bestehe für diese kein Verkehrsbedürfnis mehr und langfristig sei eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten. Das Flurstück 1092 sei an die Beigeladene zu 2. veräußert worden. Diese wolle das Grundstück nach den Angaben der Beklagten künftig im Benehmen mit der Beigeladenen zu 1. für Bahnbetriebszwecke nutzen. Da es sich bei der Beigeladenen zu 2. um ein Recyclingunternehmen handele, welches insbesondere Schotter aufbereite, sei nicht nachvollziehbar, inwieweit damit solche Zwecke verfolgt würden. Aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes NRW vom 4. Februar 2010 – 8 B 1652/09. AK - gehe hervor, dass ein der Beigeladenen zu 2. vergleichbares Recyclingunternehmen keine planfeststellungspflichtige Betriebsanlage einer Eisenbahn im Sinne des § 18 Abs. 1 AEG sei. Allein die Tatsache, dass sich die geplante Anlage sich auf einem Bahngelände befinde, reiche - so das Oberverwaltungsgericht - nicht aus. Auch sei nicht maßgeblich, dass die E2. C1. (Haupt-) Kunde des geplanten Vorhabens sein solle. Vielmehr fehle die Eisenbahnbetriebsbezogenheit, da die Anlage einem Unternehmen dienen solle, welches weder Eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringe noch eine Eisenbahninfrastruktur betreibe. Auch auf der Grundlage des Inhaltes der Homepage der Beigeladenen zu 2. sei nicht erkennbar, welche Bahnanlage dieses Unternehmen auf der Fläche errichten oder betreiben möchte. Jedenfalls sei nach der vorgenannten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes allein die Nutzung vorhandener Schienen zur Erbringung der Dienstleistungen nicht ausreichend, um eine hinreichende Nutzung im Sinne des AEG zu begründen. 15An der erforderlichen Eisenbahnbetriebsbezogenheit fehle es auch unter Zugrundelegung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim vom 10.Dezember 2001 - 5 S 2274/01 -. Diese entfalle danach dann, wenn Anlagen, die einem privatwirtschaftlichen Unternehmen zu dienen bestimmt seien, das weder Eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringe noch eine Eisenbahninfrastruktur betreibe. Dies gelte selbst dann, wenn das Unternehmen seinen Gewerbebetrieb auf zu Bahnzwecken gewidmetem Gelände ausübe und Güter auf die C1. umschlage. 16Zudem habe das Oberverwaltungsgericht NRW in dem v. g. Beschluss entschieden, dass § 23 AEG der E. C1. keine „Reservierung“ von Bahngrundstücken für zukünftige Nutzung unter Berufung auf die lediglich vage Möglichkeit einer späteren eisenbahnspezifischen Nutzung erlaube. Im Übrigen könne das Vorhandensein ehemaliger Bahnanlagen auf den betreffenden Grundstücken nicht die Antwort darauf geben, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 23 AEG gegeben seien. 17Hinsichtlich der Flurstücke 1535, 1552 und 1553 sei zunächst festzustellen, dass diese zunächst an die Beigeladene zu 3. veräußert worden seien. Zuvor habe bereits die E2. C1. B. die Freistellung dieser Flächen beantragt, diesen Antrag aber lediglich auf Wunsch der T3. H2. und D. . L. zurückgenommen. In den Antragsunterlagen habe die E2. C1. die vorhandenen Infrastrukturanlagen allesamt als nicht notwendig für den Bahnbetrieb eingestuft. Nach den Angaben auf der Homepage der T3. H2. und D. . L. handele es sich bei diesem Unternehmen zwar um ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, jedoch erbringe es daneben eindeutig nicht bahnbezogene Leistungen, wie den Kanalbau und die Kanalinspektion. Maßgeblich für die Freistellungsentscheidung sei jedenfalls, welche Anlagen auf der Fläche betrieben werden sollen. Ob der in dem Schreiben der T3. H2. und D. . L. vom 22. Juli 2018 angegebene „Durchverbund“ ausreichen könne, um die erforderliche Bahnbetriebsbezogenheit zu begründen, sei fraglich. Dies gelte auch für die weiter angegebene Aufstellung von gleisgebunden Maschinen und Zügen für den Baustellenverkehr sowie die Zulieferung und Abfuhr von für Baumaßnahmen erforderlichen Stoffen. Sofern dies jedoch nach Ansicht der Beklagten ausreichend sein sollte, müsse für den geplanten Durchverbund der Gleisanlagen auf die oben genannten Flurstücke bereits ein Planfeststellungsverfahren gemäß § 18 AEG eingeleitet worden seien. Informationen hierüber sei die Beklagte schuldig geblieben. 18Hinsichtlich der Ausführungen der Beigeladenen sei festzustellen, dass - auch aufgrund der im Verfahren vorgelegten Vertragsentwürfe - keine Zweifel hinsichtlich deren Absichten bestünden und diese im Übrigen seitens der Klägerin auch nie angezweifelt worden seien. Zweifel bestünden jedoch daran, ob diese Absichten von den Vorschriften des AEG gedeckt seien und den Tatbestand einer eisenbahnaffinen Nutzung im Sinne des AEG darstellten. Die Beigeladenen blieben insoweit den wesentlichen Nachweis schuldig. Die von den Beigeladenen zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 10. Januar 2017 nenne als Ausgangsvoraussetzung für die Ablehnung eines Antrags nach § 23 AEG das Vorliegen eines Bescheids auf Zulassung als öffentliches Eisenbahnverkehrsunternehmen. Hierauf baue dann die weitere Argumentation des Oberverwaltungsgerichts auf. Einen solchen Bescheid hätten die Beigeladenen jedoch nicht vorgelegt. Die insoweit von diesen mit der E1. C1. B. geschlossenen privatrechtlichen Verträge könnten ihr jedoch nicht über diese gesetzliche Voraussetzung hinweghelfen. 19Die Klägerin beantragt, 20die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16. September 2009 zu verpflichten, für die in H1. , Gemarkung C. , Flur 2 gelegenen Flurstücke 1113, soweit die Gleise 122 und 123 betroffen sind, 1092, 1532, 1533, 1535, 1551, 1552 und 1553 gemäß § 23 AEG die Freistellung von Bahnbetriebszwecken festzustellen. 21Die Beklagte beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Zur Begründung trägt sie vor, dass die Klage zwar zulässig, aber nicht begründet sei. Zunächst sei anzumerken, dass sie, die Beklagte, trotz des zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels an diversen streitbefangenen Grundstücken bzw. Betriebsanlagen weiterhin von ihrer vollumfänglichen Zuständigkeit für alle streitgegenständlichen Grundstücke und Betriebsanlagen ausgehe. Die Beigeladenen zu 2. und 3. hätten zwar das Eigentum an diversen Grundstücken und den darauf befindlichen Anlagen erworben. Jedoch finde auf diesen Anlagen derzeit noch kein Eisenbahnbetrieb durch die Beigeladenen oder Dritte statt. Die Betriebsanlagen seien derzeit inaktiv. Von einem Wechsel der Betreiberfunktion von einer bundeseigenen Eisenbahn (der Beigeladenen zu 1.) zu einer nicht bundeseigenen Eisenbahn könne daher bislang nicht ausgegangen werden. Es handele sich nach wie vor um ehemalige Betriebsanlagen einer bundeseigenen Eisenbahn, wenn auch in fremdem Eigentum, für deren Freistellung das Eisenbahnbundesamt zuständig sei. 24Zudem seien auch die Voraussetzungen für eine Freistellungsentscheidung nicht gegeben. Für eine Freistellung sei erforderlich, dass kein Verkehrsbedürfnis mehr bestehe und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten sei. Eigentumsverhältnisse spielten für die Frage der Freistellung keine Rolle. Entscheidend sei allein die tatsächliche oder zu erwartende Nutzung. Erforderlich sei dabei auch nicht, dass für jedermann sichtbar Eisenbahnbetrieb stattfinde oder geplant sei. Es sei ausreichend, dass sich auf einem Flurstück Anlagen befänden, die für den Betrieb der Eisenbahn als solcher betriebsnotwendig seien, oder auf denen jederzeit oder kurzfristig der Betrieb stattfinden könne. Dabei sei auch zu berücksichtigen, ob ein Flurstück möglicherweise vorübergehend nicht genutzt werde, zukünftig aber wieder gebraucht werden könne. Denn dadurch werde verhindert, dass kurzfristig nicht benötigte Gelände in die Planungshoheit der Kommunen zurückfielen und in einer Weise überplant würden, dass zukünftig eine Bahnnutzung nicht mehr möglich sei. 25Jedenfalls für die Flurstücke 1113, 1532, 1533 und 1551 bestehe ein Verkehrsbedürfnis. Auch sei bei allen in Rede stehenden Flurstücken langfristig eine Nutzung zu Bahnbetriebszwecken zu erwarten. Bei dem Flurstück 1092 habe die Käuferin des Grundstücks, die Beigeladene zu 2., die Absicht einer künftigen Nutzung der Eisenbahninfrastruktur bereits im Kaufvertrag festschreiben lassen. Bei den Flurstücken 1535, 1552 und 1553 habe die T3. H2. und D. . L. ihren Einspruch im Rahmen des Freistellungsverfahrens damit begründet, dass sie als Nutzerin der anschließenden Gleisinfrastruktur diese mit den Gleisanlagen auf den vorgenannten Flurstücken verbinden wolle und deshalb bereits Nutzungsverhandlungen mit der Infrastrukturbetreiberin, der Beigeladenen zu 1., geführt habe. Soweit die Klägerin geltend mache, dass nicht erkennbar sei, welche Bahnanlage die Beigeladene zu 2. betreibe, sei darauf hinzuweisen, dass die Gleisanlagen laut Kaufvertrag noch mit der aktiven Infrastruktur der E. C1. B. auf dem Nachbargrundstück verbunden seien. Die Beigeladene zu 2. wolle daher eine nicht öffentliche Eisenbahninfrastruktur betreiben (Gleisanschluss). 26Auch das Interesse der T3. H2. und D. . L. an den Flurstücken 1535, 1552, 1553 weise auf ein ernsthaftes Interesse des Unternehmens an der künftigen Nutzung der Schieneninfrastruktur auf diesen Flurstücken hin. Für die Durchbindung der Gleisanlagen sei zwar bisher kein Verfahren nach § 18 AEG bei der Beklagten beantragt worden. Dies sei jedoch kein Beleg für ein mangelndes Interesse des Unternehmens. Dieses Unternehmen sei bei der Beklagten nämlich nicht antragsbefugt. Insofern bestehe eine Antragsbefugnis nämlich nur für dasjenige Eisenbahnunternehmen des Bundes, welchem die betreffende Infrastruktur zugewiesen sei. Da die Flurstücke als Bahnanlage gewidmet seien, sei als Antragstellerin für Anträge gemäß § 18 AEG die Infrastrukturbetreiberin, also die Beigeladene zu 1., anzusehen. Einen solchen Antrag werde diese voraussichtlich erst nach der beabsichtigen Einigung mit dem Unternehmen stellen. Dies sei jedoch kein Widerspruch zu § 23 AEG, da eine Freistellung ohnehin nur erteilt werden könne, wenn langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten sei. Nach eigenen Angaben habe die T3. H2. und D. . L. erst am 27. Juli 2018 von der geplanten Freistellung der Flurstücke erfahren. Zur Verwirklichung der Planung müsse ihr jedoch ein erheblich weiterer Zeitraum gewährt werden. Hierzu werde auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 18. März 2015 - 6 K 221/11 - verwiesen. Das Gericht habe in diesem Fall einem öffentlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen einen Zeitraum von 15 Jahren zugebilligt. 27Die von den Beigeladenen zu 2. und 3. vorgelegten Unterlagen belegten zudem, dass die Beigeladenen konkrete Schritte zur Wiederinbetriebnahme der von ihnen erworbenen Bahnanlage unternähmen. Die in § 23 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt AEG enthaltene Voraussetzung für den Erlass eines Freistellungsbescheides – nämlich, dass langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbindung nicht mehr zu erwarten sei - müsse daher nach wie vor verneint werden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 3. derzeit offenbar nicht über eine Zulassung als öffentliches Eisenbahnverkehrsunternehmen verfüge. Die Beigeladene zu 3. könne diese Zulassung vor Inbetriebnahme der Anlagen jederzeit erwerben oder die Anlagen von einem Dritten betreiben lassen. 28Auch sei die beabsichtigte Nutzung des Flurstücks 1092 durch die Beigeladene zu 1. eine eisenbahnbetriebsbezogene Nutzung. Dies habe bereits auch für das von der Klägerin genannte der Beigeladenen zu 2. vergleichbare Unternehmen gegolten, welches Antragstellerin in der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes NRW vom 4. Februar 2010 - 8 B 1652/09.AK - gewesen sei. Dieses Recyclingunternehmen sei ein bahnaffiner Betrieb gewesen, dessen Stoffumsatz zu über 90 % aus dem Gleisnetz der E. C1. erfolgt sei. Größtenteils seien Gleisschotter und Betonschwellen aus der Infrastruktur der C1. angeliefert, aufbereitet und wieder eingebracht worden. Der Betrieb sei hauptsächlich über das Schienennetz der Beigeladenen zu 1. erfolgt. Der von der Klägerin angeführte Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim vom 10.Dezember 2001 sei hier nicht einschlägig. Dort sei darüber zu entscheiden gewesen, wer die Genehmigung für den Bau eines nicht für den Bahnbetrieb notwendigen Gebäudes auf gewidmetem Gelände erteile. 29Soweit die Klägerin eine Freistellung von Grundstücksteilen begehre, sei dies nicht möglich, da die Freistellung ebenso wie die Widmung sich immer auf das vollständige Flurstück beziehe. In diesem Fall wäre zuvor eine grundbuchliche Teilung der Grundstücke herbeizuführen. 30Die Beigeladene zu 1. beantragt, 31die Klage abzuweisen. 32Sie trägt im Wesentlichen vor, dass sich auf dem Flurstück 1113 der im Betrieb befindliche Verschiebebahnhof C. befinde. Ein Teilfläche des insoweit aber noch nicht geteilten Flurstücks 1113 von ca. 5025 m² im Bereich der Eisenbahnüberführung „Bismarckstraße“ mit den Gleisen 011 ff. sei an den Regionalverband Ruhr verkauft worden. Auf dem der Beigeladenen zu 1. verbliebenen Grundstück, welches ca. 118.688 m² groß sei, befänden sich die Gleisanlagen 003, 004, 006 – 010, 103, 104, 106 -1110, 112 – 120, 122 und 123 des Güterbahnhofs H1. -C. sowie die Streckengleise der E1. -Strecke 2153 C2. – Abzw. O2. , mit allen dazu gehörigen Anlagen, wie Weichen, Signalen, Oberleitungsanlagen, Kabelanlagen der Leit- und Sicherungstechnik, der E-Technik und Fernmeldetechnik sowie dem Stellwerk Gbf. Bei den Gleisanlagen des Güterbahnhofes handele es sich um Serviceeinrichtungen der Beigeladenen zu 1. Gemäß § 10 Abs. 1 des Eisenbahnregulierungsgesetzes (ERegG) sei der Zugang zu Eisenbahnanlagen und zu Serviceeinrichtungen jedem Zugangsberechtigtem für alle Arten von Schienengüterverkehrsdiensten zu angemessenen, nichtdiskriminierenden und transparenten Bedingungen zu gewähren. Die Gleise würden nach dem Anlagenpreissystem vermarktet und im Internetauftritt der Beigeladenen zu 1. veröffentlicht. Hinsichtlich der Gleise 122 und 123 bestehe, obwohl diese derzeit nicht im Betrieb seien, ein erhebliches Verkehrsbedürfnis, da die Wiederinbetriebnahme geplant sei. Diese Gleise würden zukünftig auf der einen Seite zur Bedienung des Gleisanschlusses des Regionalverbandes Ruhr und auf der anderen Seite, als neu geplanter Anschluss, der Beigeladenen zu 2. bzw. der Fa. T3. H2. und D. . L. zur Abstellung von Baufahrzeugen vorgehalten. Die Abgabe der Gleise an die Beigeladene zu 2. werde derzeit geprüft. Eine Verlagerung der Eisenbahnbetriebsanlagen an eine andere Stelle sei nicht möglich. 33Die Beigeladenen zu 2. und 3 beantragen, 34die Klage abzuweisen. 35Sie tragen im Wesentlichen vor, dass sich auf dem Flurstück 1092 das Gleis 130 befinde, welches gegenwärtig inaktiv sei und nicht befahren werden könne. Jedoch sei eine dem Bahnverkehr dienende Nutzung für die Zukunft beabsichtigt, indem das Gleis reaktiviert werde. Dieses Flurstück solle zusammen mit den Flurstücken der Beigeladenen zu 3. zu einem Zentrum für Oberbaustoffe ausgebaut werden, wobei dazu mit der Fa. T3. H2. und D. . L. zusammengearbeitet werden solle. Der Anschluss des zu reaktivierenden Gleises werde gegenwärtig vorbereitet. Hierzu befänden sich die notwendigen Verträge mit der Beigeladenen zu 1. im Unterschriftsprozess. Zudem sei ihr, der Beigeladenen zu 2., eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung von der Bezirksregierung Münster vom 13. Mai 2020 für den Betrieb einer Oberbaustoffanlage in C3. erteilt worden. Diese diene als Vorlage für die nunmehr beginnende Planungs- und Genehmigungsphase für eine vergleichbare Anlage in H1. . Gegenstand dieser Genehmigung sei die Errichtung und der Betrieb einer Eisenbahnverladeanlage mit Gleisanschluss, eines Zwischenlagers für Gleisbaustoffe sowie die Errichtung und Betrieb einer Recyclinganlage für Gleisschotter, Boden und Bauschutt/Betonschwellen aus Eisenbahnbetriebsgrundstücken. 36Die Flurstücke 1533 und 1532 würden von der Beigeladenen zu 1. zu Wege- und Fahrzwecken für ihr an das Flurstück 1532 angrenzende Betriebsgebäude (Stellwerk) genutzt. Auf den weiteren Flurstücken 1551, 1552 und 1553 befänden sich gegenwärtig keine dem aktiven Bahnverkehr dienenden bzw. bahninfrastrukturellen Anlagen. Jedoch sei hinsichtlich aller genannten Flurstücke eine dem Bahnverkehr dienende Nutzung für die Zukunft beabsichtigt. Dazu sollen die ursprünglich der Beigeladenen zu 1. gehörenden und ursprünglich auf Flurstück 1535 befindlichen Gleisanlagen reaktiviert und ggf. ausgebaut werden. Der Anschluss der Gleise werde gegenwärtig durch die Beigeladene zu 2. vorbereitet. Hierzu habe diese die notwendigen Verträge mit der Beigeladenen zu 1. geschlossen. Auch sollen diese Flurstücke zu einem Zentrum für Oberbaustoffe ausgebaut werden, wobei auch an dieser Stelle mit der Fa. T3. H2. und D. . L. zusammengearbeitet werden solle. 37Alle in Rede stehenden Flurstücke sollten in Zukunft durch die Beigeladenen eisenbahnaffin und somit in einer der Freistellung nach § 23 AEG entgegenstehenden Weise genutzt werden. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes habe in seiner Entscheidung vom 10. Januar 2017 – 2 A 142/15 – ausgeführt, wann eine solche eisenbahnaffine Nutzung vorliege. Die Beigeladenen beabsichtigten eine Nutzung ihrer Grundstücke in eben diesem Sinne. Insbesondere sei der Entscheidung bei entsprechender Übertragung auf den vorliegenden Sachverhalt zu entnehmen, dass die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes NRW vom 4. Februar 2010 vorliegend nicht anwendbar sei. Die Wiederaufnahme einer eisenbahnaffinen Nutzung sei durch die Beigeladenen zu 2. und 3. jedenfalls wieder begonnen worden. So stelle die Beigeladene zu 2. gegenwärtig den Anschluss der zu reaktivierenden Gleise auf den Flurstücken der Beigeladenen zu 2. und 3. sicher. Dazu erwerbe sie, die Beigeladene zu 2., gegenwärtig eine Teilfläche des Flurstücks 1113 von der Beigeladenen zu 1. mit einer Größe von 7.802 m². Auf dieser Teilfläche lägen die Gleise 122 und 123 sowie die Weichen 161 und 162. Der Kaufvertrag sei insoweit unterschriftsreif. Auch diese Teilfläche könne daher nicht zu Bahnbetriebszwecken freigestellt werden. In diesem Zusammenhang sei auch der Vertragsabschluss über die Übernahme von Infrastruktur beabsichtigt. Auch dieser Vertrag sei unterschriftsreif. Nach Übertragung der v. g. Gleise werde der Anschluss der Gleise der Beigeladenen zu 2. einschließlich Gleis 130 an die Infrastruktur der Beigeladenen zu 1. über die Weiche 154 erfolgen. Über das Gleis 130 und die Weiche 167 werde der Anschluss der der Beigeladenen zu 3. gehörenden und zu reaktivierenden Gleise an das O1. der Beigeladenen zu 1. sichergestellt. Auch der Anschluss der dem Regionalverband Ruhr gehörenden Gleise an das O1. der Beigeladenen zu 1. werde über eine – ebenfalls unterschriftreife – Vereinbarung sichergestellt. Zudem gebe es eine weitere unterschriftsreife Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2. und zu 1. über die Herstellung der Infrastrukturanschlüsse. 38Die Beigeladene zu 2. verfüge zudem bereits seit 2012 über eine eigene Gleisinfrastruktur im Bahnhof H1. -I1. -O. mit einer Nutzlänge von 543 m bzw. 504 m sowie den Abstellgleisen 11 bis 15 mit Nutzlängen von 410 bis 540 m. Diese seien an die Infrastruktur der Beigeladenen zu 1. angeschlossen. Diese Gleise sollen ohne Nutzungsänderung in die Nutzung der hier in Rede stehenden Flurstücke als Oberbaustoffzentrum eingebunden werden. Zudem sei die Beigeladene zu 2. auf Grundlage von Rahmenverträgen, die mit der Beigeladenen zu 1. geschlossen worden seien, dauerhaft im Bereich des Recycling von Gleisschotter befasst und baue diese Tätigkeiten aus. Hierdurch werde der Fortbestand der Eisenbahninfrastruktur gesichert. Die Beigeladene zu 3. stehe zum Zwecke der Verwirklichung des Oberbaustoffzentrums mit der T3. H2. und D. . L. in Geschäftsbeziehungen und beabsichtigte, die hier relevanten Grundstücke an diese zu verpachten, was eine eisenbahnaffine Nutzung sicherstelle. Dieses Unternehmen sei im Übrigen auch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, welches beabsichtigte, mit der Beigeladenen zu 2. hinsichtlich des Ausbaus des Oberbaustoffzentrums zusammen zu arbeiten. 39Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass offenbar auch die Klägerin, wie der Verweis auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in ihrem Schriftsatz vom 9. März 2020 zeige, davon ausgehe, dass wenn es sich bei dem Anlagenbetreiber um ein Eisenbahnverkehrsunternehmen handele, eine Entwidmung ausgeschlossen sei. Eine solche Zulassung könne, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen habe, jederzeit beantragt und auch erlangt werden. Im Rahmen der Genehmigungserlangung sei exakt dieses Vorgehen für den Beigeladenen zu 3. geplant und die Zulassung als öffentliches Eisenbahnverkehrsunternehmen beabsichtigt, weshalb für die Anwendung des §23 AEG kein Raum bliebe. 40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 41Entscheidungsgründe: 42Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 43Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 16. September 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin hat nach der hier maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung, 44vgl. OVG Saarlouis, Urteil vom 10. Januar 2017 - 2 A 142/15 -, beck-online, 45keinen Anspruch auf Freistellung der streitgegenständlichen Flurstücke bzw. Betriebsanlagen von Eisenbahnbetriebszwecken gem. § 23 AEG. 46Die als Verpflichtungsklage statthafte Klage ist zulässig. Ein Vorverfahren im Sinne des § 68 VwGO, 47vgl. zur Notwendigkeit Beck`scher Kommentar zum AEG, 2014, § 23 AEG, Rn. 51, 48ist zwar nicht durchgeführt worden, jedoch hat die Klägerin mit Schreiben vom 12.Oktober 2009 – jedenfalls sinngemäß – Widerspruch eingelegt, der in der Folge nicht beschieden wurde, so dass die Klage gem. § 75 VwGO abweichend von § 68 VwGO zulässig ist. 49Die Klage ist jedoch unbegründet. 50Zunächst ist festzustellen, dass die Passivlegitimation der Beklagten hinsichtlich der Flurstücke 1092 sowie dem ehemaligen Flurstück 1110 nicht dadurch entfallen ist, dass diese sich nunmehr im Eigentum der Beigeladenen zu 2.und 3. befinden, die keine bundeseigenen Eisenbahnen sind. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AEG ist die Entscheidung über die Freistellung von Betriebsanlagen von Eisenbahnbetriebszwecken von den zuständigen Planfeststellungsbehörden zu treffen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 des Bundeseisenbahnverkehrs-verwaltungsgesetzes (BEVVG) ist das F1. für die Planfeststellung von Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes (§ 2 Abs. 15 AEG) zuständig, für Betriebsanlagen nicht bundeseigener Eisenbahnen sind die durch Landesrecht (vgl. etwa § 6 Abs. 1 Nr. 6 der Verordnung über die Zuständigkeiten auf den Gebieten des öffentlichen Straßenpersonenverkehrs und Eisenbahnwesens) bestimmten Behörden zuständig. Da die Zuständigkeit nur bezogen auf den Zeitpunkt der Freistellungsentscheidung bestimmt werden kann, ist maßgeblich, welche Behörde zuständig wäre, wenn die Bahnanlage zum Zeitpunkt der Freistellung planfestgestellt werden würde. Die Zuständigkeit für die Freistellung knüpft demnach nicht an das Grundstück, sondern an die Betriebsanlage an. 51Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 2010 - 7 B 39/09 -, juris. 52Streitentscheidend ist somit, ob es sich im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bei den auf dem Grundstück befindlichen Betriebsanlagen um solche einer Eisenbahn des Bundes oder um solche einer nicht bundeseigenen Eisenbahn handelt. 53Vgl. VG München Urteil vom 7. Mai 2015 - 24 K 14.4962 -, beck-online. 54Dabei ist zu beachten, dass soweit die Betriebsanlage immer noch eisenbahnbetriebsspezifischen Funktionen dient, oder zu dienen geeignet ist, der Verkauf der Betriebsanlage die Eigenschaft einer Eisenbahnbetriebsanlage nicht entfallen lässt, solange - wie hier - keine Freistellung i. S. d. § 23 Abs. 1 AEG erfolgt ist. 55Vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 1 MB 18/17 -, beck-online, 56Die auf den Flurstücken 1092 (Gleis) und dem ehemaligen Flurstück 1110 (u. a. 10 kV-Trafostation, Gleise, Weichen) befindlichen Anlagen sind – jedenfalls derzeit noch - als Betriebsanlagen des Bundes anzusehen. Diese Betriebsanlagen sind zuletzt für eine bundeseigene Eisenbahn betrieben worden bzw. werden für eine solche betrieben. So dienen die auf den Flurstücken 1532, 1533 und 1551 befindlichen Betriebsanlagen dem Betrieb der Beigeladenen zu 1. bzw. der E1. B. als bundeseigener Eisenbahn. Die weiteren derzeit inaktiven Betriebsanlagen auf dem ehemaligen Flurstück 1110 (Flurstücke 1552, 1535, 1553) haben zuletzt ebenfalls einer bundeseigenen Eisenbahn gedient. Sofern der Betrieb – wie hier - noch nicht durch eine nicht-bundeseigene Eisenbahn übernommen wurde, verbleibt es für die Freistellungsentscheidung grundsätzlich bei der zuvor begründeten Zuständigkeit. Zudem besteht bei den Grundstücken des ehemaligen Flurstücks 1110 die Besonderheit, dass diese, um Bahnbetriebszwecken dienen zu können, lediglich als funktionelle Einheit zweckmäßig erfasst werden können. Auch aus diesem Grunde ist von einer weiter bestehenden Zuständigkeit des Eisenbahnbundesamtes hinsichtlich aller v. g. Flurstücke auszugehen. Für das Flurstück 1092, welches lediglich über derzeit inaktive Betriebsanlagen verfügt, ist ebenfalls die Zuständigkeit des Eisenbahnbundesamtes gegeben. Auch diese Anlagen wurden nach den Erkenntnissen des Gerichts zuletzt durch eine bundeseigene Eisenbahn betrieben. 57Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Freistellung der von ihr beantragten Grundstücksflächen bzw. Betriebsanlagen von Bahnbetriebszwecken. Die Freistellung nach § 23 AEG ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der die Rechtswirkungen der Planfeststellung (und der Widmung) beseitigt und den rechtlichen Zustand wiederaufleben lässt, in dem sich das Grundstück vor der Belastung mit dem Fachplanungsvorbehalt befunden hat. Bei der Entscheidung über die Freistellung von Bahnbetriebszwecken nach § 23 AEG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung mit einem korrespondierenden Anspruch der Gemeinde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen; der Planfeststellungsbehörde kommt bei ihrer Entscheidung über die Freigabe kein Abwägungs-, Ermessens- oder Gestaltungsspielraum zu. 58Vgl. OVG Saarlouis Urteil vom 10. Januar 2017 – 2 A 142/15 -, beck-online m. w. N. 59Es kann dahinstehen, ob vorliegend – was die Klägerin auch nicht geltend macht - das Verfahren nach § 23 Abs. 2 AEG eingehalten wurde, insbesondere ob vor der Entscheidung nach § 23 Abs. 1 AEG die nach § 1 Abs. 2 des Regionalisierungsgesetzes bestimmten Stellen und die zuständigen Träger der Landesplanung und Regionalplanung durch öffentliche Bekanntmachung im Bundesanzeiger zur Stellungnahme aufgefordert worden sind. Denn aus den Verfahrensvorschriften des § 23 Abs. 2 und 3 AEG erwachsen keine subjektiven Rechte der Beteiligten. Sie haben keinen drittschützenden Charakter. Diese Vorschriften dienen nämlich nicht der Wahrung der Rechte der zu Beteiligenden, sondern der Schaffung einer möglichst umfassenden Grundlage für die Beurteilung, ob ein Interesse an einer eisenbahnspezifischen Nutzung aktuell fehlt und auch langfristig nicht zu erwarten ist. 60Vgl. VG Augsburg Urteil vom 27. November 2019 - 6 K 19.124 -, beck-online m. w. N.; VG Würzburg, Urteil vom 24. Oktober 2017 – W 4 K 16.616 –, juris. 61Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Freistellung der streitgegenständlichen Betriebsanlagen bzw. der Grundstücke von Bahnbetriebszwecken liegen nicht vor. 62Gemäß § 23 Abs. 1 AEG stellt die zuständige Planfeststellungsbehörde für Grundstücke, die Betriebsanlage einer Eisenbahn sind oder auf dem sich Betriebsanlagen einer Eisenbahn befinden auf Antrag des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, des Eigentümers des Grundstücks oder der Gemeinde, auf deren Gebiet sich das Grundstück befindet, die Freistellung von den Bahnbetriebszwecken fest, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist. 63Die Betriebsanlagen sind Bestandteil von nach Eisenbahnrecht gewidmeten Flächen, wobei offen ist, ob für die betroffenen Grundstücke ein förmlicher Planfeststellungsbeschluss vorliegt oder ob es sich um eine Altanlage handelt, für die nach dem maßgeblichen Übergangsrecht jedenfalls die Wirkungen einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung gelten würden. 64Vgl. OVG Münster Beschluss vom 4. Februar 2010 - 8 B 1652/09 -, beck-online. 65Daher ist jedenfalls davon auszugehen, dass sämtliche vorhandenen Eisenbahnanlagen samt der dazugehörigen Grundflächen wenn nicht durch Planfeststellung, so doch zumindest „in anderer Weise“, also gewissermaßen formlos, dem Betrieb der Eisenbahn „gewidmet“ waren und bis zur Beseitigung dieses öffentlich-rechtlichen Status auch weiterhin gewidmet sind. Ob und in welchem zeitlichen Umfang es hierbei zu Unterbrechungen der Eisenbahnnutzung gekommen ist, ist für das vorliegende Verfahren ebenso ohne Bedeutung wie es ein zwischenzeitlich erfolgter Betreiberwechsel wäre. Eine Anlage verliert ihre Eigenschaft als Eisenbahnbetriebsanlage nicht allein durch die Außerdienststellung. Erforderlich ist vielmehr eine Entwidmung entweder durch förmliche Planfeststellung oder durch eine sonstige eindeutige und bekannt zu gebende Erklärung des Bahnbetreibers. Die Aufgabe der privilegierten anlagenbezogenen Planungshoheit der C1. muss wegen der rechtsstaatlich gebotenen Eindeutigkeit öffentlich-sachenrechtlicher Rechtsverhältnisse durch einen mit einem Mindestmaß an Publizität versehenen hoheitlichen Akt erfolgen, der für jedermann klare Verhältnisse schafft, ob und welche bisher als Bahnanlagen dienenden Flächen künftig wieder für andere Arten von Nutzungen offen stehen. 66Vgl. OVG Saarlouis Urteil vom 10. Januar 2017 – 2 A 142/15 -, beck-online m. w. N. 67Dass es für die vorliegend in Rede stehenden Betriebsanlagen einen solchen Entwidmungsakt gegeben hat, wird von den Beteiligten nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. 68Bei den auf den Grundstücken befindlichen Anlagen sowie den Grundstücken selbst handelt es sich darüber hinaus um Bahnbetriebsanlagen. Dort befinden sich u. a. Gleise, Weichen, dem Bahnverkehr gewidmete Gebäude und eine 10 kV-Trafostation. Die auf den Flurstücken 1532, 1533, 1535, 1551, 1552 und 1553 befindlichen Anlagen sind dabei – wie bereits ausgeführt – als funktionale Einheit zu betrachten. Die Zuordnung einer Fläche zu einer Bahnanlage richtet sich nach ihrer jeweiligen objektiven Funktion; dabei ist § 4 Abs. 1 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) für die Auslegung des Betriebsanlagenbegriffs auch in §18 AEG maßgebend. Danach sind Bahnanlagen alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind. Dazu gehören auch Nebenbetriebsanlagen einer Eisenbahn. Dabei kann das Grundstück selbst Betriebsanlage sein, wenn allein die Fläche der Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs dient. 69Vgl. BT-Drs. 14/4419, S. 18. 70Gemeinsames Kriterium für die (objektive) Zugehörigkeit zur Bahnanlage ist damit unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse die Eisenbahnbetriebsbezogenheit, d.h. die Verkehrsfunktion und der räumliche Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb. 71Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 – 7 C 11/12 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 22. Februar 2019 – 7 A 2206/17 –, juris. 72Die vorhandenen Anlagen bzw. Grundstücke dienen bzw. dienten der Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene. Bei diesen Anlagen handelt es sich auch um Eisenbahnanlagen im Sinne des § 1 Abs. 5 ERegG i. V. m. Anlage 1 ERegG. Danach umfassen Eisenbahnanlagen u. a., sofern diese zu den Haupt- und Nebengleisen gehören, Grundstücke (Nr. 1 der Anlage), den Oberbau (Nr. 5 der Anlage), Sicherungs-, Signal- und Fernmeldeanlagen auf Rangierbahnhöfen, einschließlich der Anlagen zur Erzeugung, Umwandlung und Verteilung von elektrischem Strom für das Signalwesen und die Fernmeldeanlagen und die zu den vorgenannten Anlagen gehörenden Gebäude (Nr. 6 der Anlage) sowie Anlagen zur Umwandlung und Zuleitung von Strom für die elektrische Zugförderung (Nr. 8 der Anlage). Der neu eingeführte Begriff der „Eisenbahnanlage“ wurde zwar für den regulatorischen Bereich, 73vgl. BR-Drs. 22/16, S. 362, 74in das deutsche Recht eingeführt. Allerdings ist derjenige, der eine Eisenbahnanlage betreibt, ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen (§ 2 Abs 1 AEG). 75Vgl. BR-Drs. 22/16, S. 245. 76Die Einführung des neuen Begriffes dient in erster Linie dazu, Betreibern von Serviceeinrichtungen (§ 2 Abs. 11 AEG) aus dem Anwendungsbereich regulatorischer Vorschriften, etwa hinsichtlich der Entflechtung, auszunehmen. 77Vgl. BR-Drs. 22/16, S. 362, 78Aus dem Verzeichnis der Eisenbahnanlagen in § 1 Abs. 5 ERegG i. V. m. Anlage 1 ERegG geht jedoch hervor, dass sowohl das deutsche Recht als auch das der deutschen Umsetzungsgesetzgebung zu Grunde liegende europäische Richtlinienrecht die genannten Anlagen als Eisenbahninfrastruktur (§ 2 Abs. 6 AEG) und somit als Betriebsanlagen begreifen. 79Ein Verkehrsbedürfnis ist derzeit für den überwiegenden Teil der in Rede stehenden Grundstücke bzw. Betriebsanlagen nicht gegeben. Diese Voraussetzung stellt auf den aktuellen Nutzungsbedarf ab. Dabei kommt der (engeren) Prüfung, ob aktuell ein Verkehrsbedürfnis vorliegt, nur eine untergeordnete Bedeutung zu, weil typischerweise dann, wenn ein aktuelles Verkehrsbedürfnis besteht, auch das (weiter gefasste) Kriterium erfüllt ist, dass langfristig eine eisenbahnspezifische Nutzung nicht auszuschließen ist. Der Prüfung des aktuellen Verkehrsbedürfnisses kommt nur in den Fällen eine eigenständige Bedeutung zu, in denen nur noch für einen begrenzten und absehbaren Zeitpunkt ein Verkehrsbedürfnis besteht und sich für die Zeit danach ein dauerhafter Wegfall des Nutzungsbedarfs sicher vorhersehen lässt. 80Vgl. OVG Saarlouis Urteil vom 10. Januar 2017 - 2 A 142/15 -, beck-online m. w. N.; Kunath, Überplanung von Altanlagen der C1. , Diss. 2017, S. 161. 81Ein Verkehrsbedürfnis besteht hinsichtlich der Flurstücke 1092, 1552, 1535, 1553 sowie der Gleise 122 und 123 auf Flurstück 1113 und der darauf befindlichen inaktiven Betriebsanlagen nicht. Für die auf den Flurstücken 1532, 1533 und 1551 befindlichen Betriebsanlagen (Zuwegungen zum Stellwerk der Beigeladenen zu 1., Wasserleitungen und Kanalanlagen, 10 kV-Trafostation) besteht hingegen ein Verkehrsbedürfnis, da diese von der Beigeladenen zu 1. für den Betrieb des Verschiebebahnhofs „C. “ genutzt werden. Dass dieses Verkehrsbedürfnis in absehbarer Zeit entfallen könnte, ist nicht ersichtlich. 82Jedoch scheidet eine Freistellung vorliegend hinsichtlich aller beantragten Betriebsanlagen und Grundstücksflächen deswegen aus, weil eine langfristige Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung zu erwarten ist. Bei der im Rahmen dieser Tatbestandsvoraussetzung notwendigen Prognoseentscheidung ist zu berücksichtigen, dass das in § 23 AEG geregelte „Entwidmungsverfahren“ entscheidet, wann und unter welchen Voraussetzungen für Bahngrundstücke die Wirkungen der Planfeststellung enden, wann also insbesondere der Fachplanungsvorbehalt (§ 38 des Baugesetzbuches - BauGB) durch das allgemeine (Bau)Planungsrecht abgelöst wird. Der Gesetzgeber hat damit die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur "Entwidmung" von Bahnanlagen aufgegriffen. Das Freistellungsverfahren stellt sicher, dass eine bahnfremde Nutzung erst dann möglich ist, wenn die öffentlichen Belange, die für eine Nutzung gemäß der ursprünglichen Zweckbestimmung sprechen, mit Zeitablauf ihr Gewicht nahezu vollständig eingebüßt haben. 83Vgl. OVG Saarlouis Urteil vom 10. Januar 2017 - 2 A 142/15 -, beck-online m. w. N.; BT-Drs. 14/4419, S. 18. 84Allerdings sind an die Erklärungen über ein langfristiges Nutzungsinteresse im Interesse der Planungshoheit der Gemeinde und auch zum Schutz des an einer bahnfremden Nutzung oder Verwertung interessierten Grundstückseigentümers gewisse Anforderungen zu stellen. Sie müssen nach den gesamten Umständen des Einzelfalles ernsthaft und nachvollziehbar sein. Eine „Reservierung“ von Bahngrundstücken für zukünftige - nicht präzisierte - Nutzungen unter Berufung auf die vage Möglichkeit einer späteren eisenbahnspezifischen Nutzung erlaubt § 23 AEG nicht. 85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Februar 2010 – 8 B 1652/09.AK –, juris. 86Im vorliegenden Zusammenhang kommt es, wie die Aufzählung der Anhörungsberechtigten in § 23 Abs. 2 AEG zeigt, nicht allein auf die Bekundungen der betreibenden Eisenbahninfrastrukturunternehmen und der nutzungsinteressierten Eisenbahnverkehrsunternehmen an, sondern auch auf die aktuellen Konzepte der Vertreter des öffentlichen Interesses an einem attraktiven Verkehrsangebot auf der Schiene. Des Weiteren kann sich die langfristige Erwartung einer eisenbahnspezifischen Nutzung auch aus den Dispositionen derjenigen Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eisenbahnverkehrs-unternehmen ergeben, deren Infrastruktur an die von dem Antrag betroffene Infrastruktur anschließt. Die Freistellungsvoraussetzung, dass langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist, stellt demzufolge weniger auf objektiv feststellbare Umstände als vielmehr auf (subjektive) unternehmerische und verkehrsplanerische Entscheidungen der genannten Akteure ab. 87Vgl. OVG Saarlouis Urteil vom 10. Januar 2017 - 2 A 142/15-, beck-online. 88Dennoch ist auch der bodenrechtliche Charakter der Entscheidung nach § 23 AEG zu berücksichtigen. Wegen der weitreichenden Rechtswirkungen der Freistellung – z. B. der vollständige Verlust der eisenbahnrechtlichen Zweckbestimmung - sind auch solche eisenbahnspezifischen Zwecke zu berücksichtigen, die zwar nicht der bestehenden Zulassungsentscheidung entsprechen, die aber im Wege einer Änderungsplanfeststellung zugelassen werden können. 89Vgl. OVG Saarlouis Urteil vom 10. Januar 2017 – 2 A 142/15, beck-online. 90Dies bedeutet jedoch nicht, dass vorliegend - gleichsam inzident - eine Prüfung, ob ein Vorhaben planfeststellungsfähig wäre, durchzuführen ist. Die Entscheidung über die Planfeststellungsfähigkeit nach § 18 AEG obliegt - im Streitfalle - ohnehin auch nicht den Verwaltungsgerichten, sondern den Oberverwaltungsgerichten, § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und Satz 2 VwGO. Entscheidend ist vielmehr, dass die konkret in Rede stehende Nutzungsabsicht der Eisenbahnbetriebsanlagen die erforderliche Eisenbahnbetriebsbezogenheit aufweist. 91Nach diesen Maßstäben sind die von den Beigeladenen sowie von der T3. H2. und D. . L. vorgetragenen, nach Überzeugung der Kammer ernsthaften, Nutzungsabsichten eisenbahnbetriebsbezogen. Hinsichtlich der auf dem Flurstück 1113 befindlichen Gleise 122 und 123 ist eine eisenbahnbetriebsbezogene Nutzung in Zukunft zu erwarten. Die Beigeladenen sowie der Zeuge haben dargelegt, dass die Gleise zukünftig dem Eisenbahnverkehr dienen werden. Auf der einen Seite wird damit der Gleisanschlusses des Regionalverbandes Ruhr und auf der anderen Seite der neu geplante Anschluss der Beigeladenen zu 2. bzw. der T3. H2. und D. . L. an das öffentliche Schienennetz bedient, insb. wird dadurch der Anschluss an die Infrastruktur der Beigeladenen zu 1. hergestellt Zudem sollen die Gleise für das Abstellen von Baufahrzeugen der T3. H2. und D. . L. vorgehalten werden. Die Beigeladene zu 2. und 3. haben zu der beabsichtigten Nutzung einen Vertragsentwurf über den Verkauf der die v. g. Gleise enthaltenden Teilfläche des Flurstück 1113, einen Entwurf eines Infrastrukturanschlussvertrages zwischen den Beigeladenen zu 1. und 2. für den Anschluss an das Schienennetz der Beigeladenen zu 1., einen Vertragsentwurf über die Herstellung von Infrastrukturanschlüssen zur Verknüpfung von Eisenbahninfrastruktur sowie den Entwurf eines Vertrages über die Übernahme von Infrastrukturanlagen vorgelegt. Zudem wurde ein Entwurf einer Vereinbarung vorgelegt, welche den Regionalverband Ruhr an die Eisenbahninfrastruktur anschließt. Diese Vereinbarung gewährleistet den Anschluss der im Eigentum des Regionalverbandes stehenden Gleise an das öffentliche Bahnnetz nach Westen hin. Diese Verträge sind mit Ausnahme des Vertrages über den Verkauf der Grundstücksfläche nach Angaben der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nunmehr auch abgeschlossen worden. 92Die von der T3. H2. und D. . L. geplante Nutzung des ehemaligen Flurstücks 1110 ist ebenfalls eisenbahnbetriebsbezogen. Dieses Unternehmen ist ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, welches für die E2. C1. B. im Bereich der Infrastrukturerhaltung tätig ist. Es hält Strecken im gesamten Westen Nordrhein-Westfalens instand. Dafür hat das Unternehmen in diesem Jahr unwidersprochen einen Instandhaltungsvertrag mit der E. C1. B. abgeschlossen, der über einen Zeitraum von 8 Jahren läuft. Auf dem streitgegenständlichen Gelände ist - wie auch aus den Planungsunterlagen des Ingenieurgesellschaft U. mbH hervorgeht - die Aufstellung von gleisgebundenen Maschinen und Zügen für den Baustellenverkehr sowie die Zulieferung und Abfuhr von für Baumaßnahmen erforderlichen Stoffen vorgesehen. Auch die Wartung von Spezialzügen und Geräten auf diesem Gelände ist beabsichtigt. Hierfür soll u. a. eine Halle errichtet werden. Das Gelände ist nach den substantiiert vorgetragenen und im Übrigen von den Verfahrensbeteiligten nicht in Abrede gestellten Absichten der Beigeladenen zu 2. und 3. sowie der T3. H2. und D. . L. für den Materialumschlag, insbesondere der Oberbaustoffe in erheblichen Mengen erforderlich. Der beabsichtigte Materialumschlag dient neben der allgemeinen Streckenwartung im Streckennetz der Beigeladenen zu 1. (v.a. Nachschottern von Strecken, Schienen- und Schwellenaustausch) auch den konkret anstehenden Infrastrukturprojekten im Rahmen der Bundesförderung und dem Ausbau der Betuwelinie. Dass es sich bei der von der T3. H2. und D. . L. beabsichtigten Tätigkeit um eine auf den Eisenbahnbetrieb bezogene Tätigkeit handelt, legen auch die gesetzlichen Definitionen zur Eisenbahninfrastruktur nahe. Die Eisenbahninfrastruktur umfasst gem. § 2 Abs. 6 AEG die Betriebsanlagen der Eisenbahnen einschließlich der Bahnstromfernleitungen. Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen unterteilen sich in Betreiber der Schienenwege (§ 2 Abs. 7 AEG) und Betreiber von Serviceeinrichtungen (§ 2 Abs. 9 AEG). Betreiber der Schienenwege ist dabei grundsätzlich jedes Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das für den Bau, den Betrieb, die Unterhaltung, die Instandhaltung und die Erneuerung der Eisenbahnanlagen, zuständig ist. Die T3. H2. und D. . L. mag zwar nicht unmittelbar für die Unterhaltung der Schienenwege zuständig sein, doch dient die vorliegend geplante Tätigkeit unmittelbar dem Zweck der Instandhaltung der Betriebsanlagen der Beigeladenen zu 1. bzw. der E1. B. . Auch eine Freistellung nur einzelner Flurstücke des ehemaligen Flurstücks 1110, insbesondere des Flurstücks 1552, kommt nicht in Betracht. Zum einen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass eine Teilfreistellung dieses Flurstücks nicht in ihrem Interesse liege und daher nicht verfolgt werde. Zum anderen ist auch hier eine langfristige Nutzung im Rahmen der Zweckbestimmung zu erwarten. So hat u. a. der Zeuge ausgeführt, dass die Nutzungspläne der Firma T3. H2. und D. . L. grundsätzlich eine zukünftige Nutzung der Teilfläche nicht ausgeschlossen hätten. Auch das auf dem v. g. Flurstück bestehende Gebäude könne voraussichtlich genutzt werden. So sei die Niederlassung C2. der Firma T3. H2. und D. . L. derzeit stark im Wachstum begriffen, sodass neben dem zusätzlichen Gleisbedarf, der auf diesem Grundstück zu decken ist, auch das Gebäude durchaus genutzt werden könne. 93Auch die von der Beigeladenen zu 2. geplante ausschließliche Aufbereitung von Bahnbaubetriebsstoffen, wie etwa Schotter, Betonschwellen, und die Errichtung eines Zentrums für Oberbaustoffe auf dem Flurstück 1092 ist eisenbahnbetriebsbezogen. Entscheidendes Kriterium für die Bestimmung einer Betriebsanlage als Teil der Eisenbahninfrastruktur ist - wie bereits ausgeführt -, dass die Anlagen unmittelbar mit dem technischen Bahnbetrieb in räumlicher und funktionaler Verbindung stehen. Dazu zählen neben dem eigentlichen Schienenweg alle Nebenanlagen der Schienenwege, die dazu dienen, den Eisenbahntransport abzuwickeln und zu sichern. 94Vgl. Kramer, in: Kunz (Hrsg.), Eisenbahnrecht Bd. I, Stand: Oktober 2012, § 2 AEG, Rn. 11. 95Für die von der Beigeladenen zu 2. geplante Tätigkeit ist nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung der Einsatz von Materialzügen mit besonderen Wagons erforderlich. Hiermit werden die aufzubereitenden Bahnbaubetriebsstoffe angeliefert, wobei ein Zug ca. 1000 t Material enthält. Diese Stoffe werden in kurzer Zeit recycelt, umgeschlagen und im Bahnbereich wieder eingesetzt. Es ist auch eine enge Kooperation zwischen der T3. H2. und D. . L. als Eisenbahnverkehrsunternehmen und dem Betrieb der Beigeladenen zu 2. beabsichtigt. Die beabsichtigten Tätigkeiten der Beigeladenen zu 2. sind somit objektiv-funktional bahnbetriebsbezogen, da sie Bahnunternehmen dienen, die Eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringen bzw. Eisenbahninfrastruktur unterhalten. Denn ohne Gleise und ohne Versorgung der Gleise mit Schwellen und Schotter sind diese überhaupt nicht benutzbar. 96Vgl. so auch OVG Saarlouis Urteil vom 10. Januar 2017 – 2 A 142/15 -, beck-online. 97Es besteht auch ein Bedürfnis dafür, dass der beabsichtigte Betrieb der Beigeladenen zu 2. in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Eisenbahninfrastruktur erfolgen muss. Dies folgt zum einen bereits aus den geplanten Mengen der umzuschlagenden Bahnbaubetriebsstoffe und dem daraus folgenden Bedarf an entsprechender Umschlagsfläche und zum anderen aus betriebswirtschaftlichen Gründen, wie der Vermeidung weiter Transportwege zwischen Umschlagflächen und dem Betrieb der Beigeladenen zu 2. Das Grundstück kann dabei - wie bereits ausgeführt - auch selbst Betriebsanlage sein, wenn die Fläche der Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs dient. 98Vgl. BT-Drs. 14/4419, S. 18. 99Die besondere Bedeutung von Umschlagplätzen für den Eisenbahnverkehr haben in der mündlichen Verhandlung auch die Beigeladenen, insbesondere auch die Beigeladene zu 1., hervorgehoben. Es besteht ein hohes Interesse am Bestand und am Erhalt solcher Umschlagplätze. Der Rückbau von Nebengleisen in den vergangenen Jahren hat zu erheblichen Problemen geführt, insbesondere bei dem Umschlag von Baustoffen und Baumaterialen für Baumaßnahmen. Der Erhalt ist insbesondere auch vor dem Hintergrund der aktuellen Förderprogramme des Bundes, insbesondere bei der Instandhaltung von Brückenbauwerken, aber auch der Schieneninfrastruktur von großer Bedeutung. 100Die beabsichtigte Nutzung des Flurstücks 1092 durch die Beigeladene zu 2. dient daher auch nicht „bloß“ einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, welches lediglich Güter auf die C1. umschlägt und das weder Eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringt noch eine Eisenbahninfrastruktur betreibt. 101Vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 10. 12. 2001 - 5 S 2274/01 -. 102Vielmehr ist die beabsichtigte Nutzung eisenbahnbetriebsbezogen und die für diese Nutzung notwendigen Anlagen sind als Betriebsanlagen i. S. d. AEG zu qualifizieren. Die Kammer folgt insoweit nicht der Auffassung des Oberverwaltungsgerichtes NRW, 103vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Februar 2010 - 8 B 1652/09-, beck-online, 104welches hinsichtlich eines dem Betrieb der Beigeladenen zu 2. jedenfalls im Wesentlichen vergleichbaren Unternehmens, der Auffassung war, dass diesem die erforderliche Eisenbahnbetriebsbezogenheit fehlt. Dieses Unternehmen hatte auf demselben Flurstück ebenfalls die Aufbereitung von Betonschwellen und Gleisschotter zum Unternehmensgegenstand. Die Eigenschaft einer Eisenbahnbetriebsanlage wurde dem Unternehmen in der v. g. Entscheidung v. a. deswegen abgesprochen, weil es weder Eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringe, worunter das Gesetz die Beförderung von Personen oder Gütern auf einer Eisenbahninfrastruktur verstehe (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 AEG a. F.) noch eine Eisenbahninfrastruktur betreibe, wozu die Betriebsanlagen der Eisenbahnen einschließlich der Bahnstromfernleitungen zählten (vgl. § 2 Abs. 3 AEG a. F.). 105Das Kriterium, ob die in Rede stehende Tätigkeit bzw. die langfristig zu erwartende Nutzung durch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen oder eine Eisenbahninfrastrukturunternehmen erbracht wird, mag, jedenfalls dann, wenn die Eisenbahneigenschaft des Unternehmens im Zusammenhang mit der jeweiligen Tätigkeit steht, zwar eine hinreichende Bedingung für die erforderliche Eisenbahnbetriebsbezogenheit sein, sie ist jedoch keine notwendige. Vielmehr gebietet es der bodenrechtliche Charakter der Widmung einer Fläche als Eisenbahnbetriebsfläche im Rahmen der nach § 23 AEG anzustellenden Prognose allein die in Rede stehende Tätigkeit bzw. Betriebsanlage zu betrachten. Es kann in diesem Zusammenhang insbesondere nicht entscheidend sein, ob das einzelne Unternehmen etwa über eine Unternehmensgenehmigung nach §§ 2 Abs. 19, 6 AEG verfügt oder ihm eine solche erteilt werden kann. 106Es bedarf daher auch keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die von der Beigeladenen zu 2. beabsichtigte Tätigkeit als Serviceeinrichtung (Hilfseinrichtung) und somit als Eisenbahninfrastrukturunternehmen anzusehen ist, § 2 Abs. 9 und Abs. 11 AEG i. V. m. Anlage 2 Nr. 2 g) ERegG. 107Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 108Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 der Zivilprozessordnung. 109Die Berufung war gem. § 124 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 und 4 VwGO zuzulassen. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens einschließlich der außergerichtlichen kosten der beigeladenen. das urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu volltreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. die berufung wird zugelassen. 1 | 2mit beschluss vom 26. märz 2009 beschloss der rat der klägerin die aufstellung eines bebauungsplanes mit der nr. 399 „verschiebebahnhof c. “. im planungsbereich dieses bebauungsplans lagen u. a. die grundstücke mit den flurstücknummern 1110, 1113 und 1092. in der vorlage der verwaltung der klägerin zu diesem beschluss wurde ausgeführt, dass das gelände des verschiebebahnhofs c. sich im eigentum der e. c1. b. befinde. die fläche werde nicht mehr vollständig als eisenbahnbetriebsanlage genutzt. in den letzten jahren seien teile der bahnfläche brachgefallen. nordöstlich des bahngeländes grenzten die a. -siedlung sowie ein gewerbegebiet mit vorwiegend handwerksbetrieben und zum teil erschütterungsempfindlichen nutzungen an. im norden schlössen sich ausgedehnte industriewaldflächen an. dies seien landschaftsschutzgebiete, welche eine wichtige naherholungsfunktion für die angrenzenden stadtteile c. und t. -o. hätten. diese freiflächen seien teil des zukunftsprojektes „h. c. “, das als ein zentrales stadtentwicklungsprojekt im hohen maße auf eine besondere wohnumfeldqualität angewiesen sei. 3am 8. juli 2009 beantragte die klägerin bei der beklagten die feststellung der freistellung der flurstücke 1110, 1113 und 1092 flur 2, gemarkung c. in h1. nach § 23 des allgemeinen eisenbahngesetzes (aeg). für den fall, dass die freistellungsbedingungen für die flächen unterschiedlich zu bewerten seien, beantragte sie auch die zeitlich versetzte freistellung der teilflächen bzw. flurstücke oder auch nur die freistellung einer fläche bzw. eines flurstückes, dies gelte insbesondere auch für das flurstück 1113. 4zur begründung ihres antrages führte die klägerin aus, dass die teilfläche ost vollständig durch das 22.361 m² große flurstück 1110 abgebildet werde. die teilfläche west bestehe aus dem vollständigen flurstück 1092 mit einer größe von 25.968 m² und einer teilfläche des flurstückes 1113 mit 10.313 m². in ihrer ehemaligen nutzung seien die flächen bestandteile des verschiebebahnhofes c. gewesen. von seiten der c1. sei gegenüber der klägerin bisher betont worden, dass eine freistellung der vorgenannten flächen aus dem bahnbetrieb nicht beabsichtigt sei. dies folge sinngemäß auch aus den schreiben der eigentümer der grundstücksflächen, etwa aus dem schreiben der b1. s. f. h2. und d. . l. , i. q. n. h2. und e1. o1. b. jeweils vom 3. märz 2009. ihr, der klägerin, sei jedoch im rahmen eines verfahrens nach dem bundesimmissionsschutzgesetz (bimschg) bekannt geworden, dass ein baustoffrecyclingbetrieb eine entsprechende genehmigung für ein vorhaben auf den flächen beantragt habe. laut dem der klägerin vorliegenden antrag dieser firma sei die e1. b. ihr hauptkunde. der bahnbezug des vorhabens werde im kern damit begründet, dass es schwierig sei, eine andere industriefläche mit gleisanschluss zu preiswerten konditionen zu finden. dies könne jedoch nicht die eisenbahnbetriebsbezogenheit begründen. vielmehr erbringe das geplante vorhaben weder eisenbahnverkehrsdienstleistungen noch betreibe es eine eisenbahninfrastruktur. darüber hinaus sei anzumerken, dass ein alternativvorschlag für den betrieb des beantragten vorhabens auf dem stadtgebiet der klägerin nicht weiterverfolgt worden sei. da unter anderem auch die errichtung baulicher und technischer anlagen beantragt worden sei, sei von einer auf dauer angelegten bahnbetriebsfremden nutzung auszugehen. die teilfläche ost sei in der vergangenheit zudem bereits zeitweilig durch einen recyclingbetrieb bahnbetriebsfremd genutzt worden. die nunmehr beantragte nutzung verursache ein bauleitplanerisches planerfordernis, da es in städtebaulich umfassender weise auswirkungen auf das umfeld haben werde. die frühere planfeststellung oder widmung für bahnzwecke diene auf diesen teilflächen nunmehr nur noch als planungsrechtliches vakuum, da auch die geplante nutzung nicht im rahmen eines planersetzenden eisenbahnrechtlichen verfahrens, sondern als reine zulassungsentscheidung nach dem bimschg beantragt worden sei. 5die beklagte wies den antrag der klägerin auf freistellung von eisenbahnbetriebszwecken mit bescheid vom 16. september 2009 zurück. sowohl die e1. t1. j. h2. als auch das bundeseisenbahnvermögen hätten bestätigt, dass sich auf den in rede stehenden flurstücken betriebsnotwendige anlagen befänden, die noch an die aktive infrastruktur der beigeladenen zu 1. angeschlossen seien. 6mit schreiben vom 12. oktober 2009 forderte die klägerin das eisenbahnbundesamt auf, seine ablehnende entscheidung weiter zu begründen. auch sei über den gestellten hilfsantrag nicht entschieden worden. zudem sei darauf hinzuweisen, dass es im rahmen des freistellungsverfahrens nicht darauf ankomme, ob die auf dem gelände befindlichen anlagen noch an die aktive infrastruktur der beigeladenen zu 1. angeschlossen seien. maßgeblich sei vielmehr, dass für die flächen kein verkehrsbedürfnis mehr bestehe und langfristig eine nutzung der infrastruktur im rahmen der zweckbestimmung nicht zu erwarten sei. hierzu werde jedoch in dem ablehnenden bescheid keine stellung genommen, weshalb insoweit um nachholung gebeten werde. hinzu komme, dass es nicht entscheidend sei, ob der rückbau der bahnanlagen beabsichtigt sei, sondern vielmehr, ob ein objektiver anspruch der klägerin aufgrund eines mangelnden verkehrsbedürfnisses und der mangelnden nutzung im rahmen der zweckbestimmung auf entwidmung der flächen bestehe. §23 aeg sei vom gesetzgeber geschaffen worden, weil bahnbetriebe in der regel an einer entwidmung der bahnflächen und der damit einhergehenden wiederbelebung der planungshoheit der gemeinden kein interesse hätten und dies von sich aus auch nicht in die wege leiteten. auch zu diesem punkt sei im ablehnenden bescheid nichts ausgeführt worden. 7am 17. dezember 2012 beantragte die e1. t2. j. h2. die freistellung von bahnbetriebszwecken für die fläche h1. -c. , q1.-------straße /n1.------straße , welche das flurstück 1110 umfasste. mit bescheid vom 9. april 2014 lehnte die beklagte diesen antrag ab. zur begründung führte sie aus, dass eine entscheidung über das vorhaben nicht möglich gewesen sei, da der antrag nicht unter beifügung der erforderlichen unterlagen begründet worden sei. auf eine frist zur nachreichung von unterlagen sei nicht reagiert worden. 8das flurstück 1110 ist in den jahren 2016 und 2018 durch teilungsvermessung in die flurstücke 1532, 1533, 1535, 1551, 1552 und 1553 geteilt worden. 9im dezember 2017 wurde das flurstück 1092 an die beigeladene zu 2. verkauft. 10die e2. c1. b. – e1. j. - s1. x. – hat am 18. juni 2018 die freistellung von bahnbetriebszwecken für die fläche h1. -c. , q1.-------straße /n1.------straße , beantragt, welche die flurstücke 1552, 1553, 1535 umfasste. in ihrer antragsbegründung führte sie aus, dass die zur freistellung beantragten flächen freistellbar seien, d.h. es bestehe kein verkehrsbedürfnis mehr und langfristig sei eine nutzung im rahmen der zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten. zudem sei ein verfahren nach § 11 aeg nicht erforderlich, weil keine betriebsnotwendigen anlagen auf der freistellungsfläche oder teilen davon vorhanden seien. 11mit schreiben vom 27. juli 2018 erhob die t3. h2. und d. . l. einspruch gegen den freistellungsantrag der e. c1. b. auf die freistellung von bahnbetriebszwecken für die v. g. flurstücke. zur begründung führte sie aus, dass eine freistellung zur folge hätte, dass die eisenbahntechnische nutzung nicht mehr möglich sei und die t3. h2. und d. . l. als eisenbahnverkehrsunternehmen und mitnutzer der angrenzenden eisenbahntechnisch genutzten fläche ihr vorhaben auf erweiterung der verkehrsanlage nicht mehr umsetzen könne. es solle ein durchverbund der gleisanlagen auf die oben genannten flurstücke erfolgen, um somit die für die beigeladene zu 1. erforderlichen kapazitäten zu schaffen. zudem solle dies die aufstellung von gleisgebundenen maschinen und zügen für den baustellenverkehr sowie die zulieferung und abfuhr von für baumaßnahmen erforderlichen stoffen gewährleisten. 12mit schreiben vom 29. oktober 2018 nahm die e2. c1. b. den freistellungsauftrag für die vorgenannten flächen zurück. 13bereits am 19. januar 2010 hat die klägerin die vorliegende klage erhoben. 14zur begründung ihrer klage führt die klägerin im wesentlichen aus, dass die flurstücke ehemals 1110, 1113, soweit es die gleise 122 und 123 betreffe, und 1092 in h1. , gemarkung c. , flur 2 nicht mehr zu zwecken des bahnbetriebs genutzt würden und daher freigestellt werden müssten. es bestehe für diese kein verkehrsbedürfnis mehr und langfristig sei eine nutzung der infrastruktur im rahmen der zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten. das flurstück 1092 sei an die beigeladene zu 2. veräußert worden. diese wolle das grundstück nach den angaben der beklagten künftig im benehmen mit der beigeladenen zu 1. für bahnbetriebszwecke nutzen. da es sich bei der beigeladenen zu 2. um ein recyclingunternehmen handele, welches insbesondere schotter aufbereite, sei nicht nachvollziehbar, inwieweit damit solche zwecke verfolgt würden. aus dem beschluss des oberverwaltungsgerichtes nrw vom 4. februar 2010 – 8 b 1652/09. ak - gehe hervor, dass ein der beigeladenen zu 2. vergleichbares recyclingunternehmen keine planfeststellungspflichtige betriebsanlage einer eisenbahn im sinne des § 18 abs. 1 aeg sei. allein die tatsache, dass sich die geplante anlage sich auf einem bahngelände befinde, reiche - so das oberverwaltungsgericht - nicht aus. auch sei nicht maßgeblich, dass die e2. c1. (haupt-) kunde des geplanten vorhabens sein solle. vielmehr fehle die eisenbahnbetriebsbezogenheit, da die anlage einem unternehmen dienen solle, welches weder eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringe noch eine eisenbahninfrastruktur betreibe. auch auf der grundlage des inhaltes der homepage der beigeladenen zu 2. sei nicht erkennbar, welche bahnanlage dieses unternehmen auf der fläche errichten oder betreiben möchte. jedenfalls sei nach der vorgenannten entscheidung des oberverwaltungsgerichtes allein die nutzung vorhandener schienen zur erbringung der dienstleistungen nicht ausreichend, um eine hinreichende nutzung im sinne des aeg zu begründen. 15an der erforderlichen eisenbahnbetriebsbezogenheit fehle es auch unter zugrundelegung der entscheidung des verwaltungsgerichtshofes mannheim vom 10.dezember 2001 - 5 s 2274/01 -. diese entfalle danach dann, wenn anlagen, die einem privatwirtschaftlichen unternehmen zu dienen bestimmt seien, das weder eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringe noch eine eisenbahninfrastruktur betreibe. dies gelte selbst dann, wenn das unternehmen seinen gewerbebetrieb auf zu bahnzwecken gewidmetem gelände ausübe und güter auf die c1. umschlage. 16zudem habe das oberverwaltungsgericht nrw in dem v. g. beschluss entschieden, dass § 23 aeg der e. c1. keine „reservierung“ von bahngrundstücken für zukünftige nutzung unter berufung auf die lediglich vage möglichkeit einer späteren eisenbahnspezifischen nutzung erlaube. im übrigen könne das vorhandensein ehemaliger bahnanlagen auf den betreffenden grundstücken nicht die antwort darauf geben, ob die tatbestandlichen voraussetzungen des § 23 aeg gegeben seien. 17hinsichtlich der flurstücke 1535, 1552 und 1553 sei zunächst festzustellen, dass diese zunächst an die beigeladene zu 3. veräußert worden seien. zuvor habe bereits die e2. c1. b. die freistellung dieser flächen beantragt, diesen antrag aber lediglich auf wunsch der t3. h2. und d. . l. zurückgenommen. in den antragsunterlagen habe die e2. c1. die vorhandenen infrastrukturanlagen allesamt als nicht notwendig für den bahnbetrieb eingestuft. nach den angaben auf der homepage der t3. h2. und d. . l. handele es sich bei diesem unternehmen zwar um ein eisenbahnverkehrsunternehmen, jedoch erbringe es daneben eindeutig nicht bahnbezogene leistungen, wie den kanalbau und die kanalinspektion. maßgeblich für die freistellungsentscheidung sei jedenfalls, welche anlagen auf der fläche betrieben werden sollen. ob der in dem schreiben der t3. h2. und d. . l. vom 22. juli 2018 angegebene „durchverbund“ ausreichen könne, um die erforderliche bahnbetriebsbezogenheit zu begründen, sei fraglich. dies gelte auch für die weiter angegebene aufstellung von gleisgebunden maschinen und zügen für den baustellenverkehr sowie die zulieferung und abfuhr von für baumaßnahmen erforderlichen stoffen. sofern dies jedoch nach ansicht der beklagten ausreichend sein sollte, müsse für den geplanten durchverbund der gleisanlagen auf die oben genannten flurstücke bereits ein planfeststellungsverfahren gemäß § 18 aeg eingeleitet worden seien. informationen hierüber sei die beklagte schuldig geblieben. 18hinsichtlich der ausführungen der beigeladenen sei festzustellen, dass - auch aufgrund der im verfahren vorgelegten vertragsentwürfe - keine zweifel hinsichtlich deren absichten bestünden und diese im übrigen seitens der klägerin auch nie angezweifelt worden seien. zweifel bestünden jedoch daran, ob diese absichten von den vorschriften des aeg gedeckt seien und den tatbestand einer eisenbahnaffinen nutzung im sinne des aeg darstellten. die beigeladenen blieben insoweit den wesentlichen nachweis schuldig. die von den beigeladenen zitierte entscheidung des oberverwaltungsgerichts des saarlandes vom 10. januar 2017 nenne als ausgangsvoraussetzung für die ablehnung eines antrags nach § 23 aeg das vorliegen eines bescheids auf zulassung als öffentliches eisenbahnverkehrsunternehmen. hierauf baue dann die weitere argumentation des oberverwaltungsgerichts auf. einen solchen bescheid hätten die beigeladenen jedoch nicht vorgelegt. die insoweit von diesen mit der e1. c1. b. geschlossenen privatrechtlichen verträge könnten ihr jedoch nicht über diese gesetzliche voraussetzung hinweghelfen. 19die klägerin beantragt, 20die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 16. september 2009 zu verpflichten, für die in h1. , gemarkung c. , flur 2 gelegenen flurstücke 1113, soweit die gleise 122 und 123 betroffen sind, 1092, 1532, 1533, 1535, 1551, 1552 und 1553 gemäß § 23 aeg die freistellung von bahnbetriebszwecken festzustellen. 21die beklagte beantragt, 22die klage abzuweisen. 23zur begründung trägt sie vor, dass die klage zwar zulässig, aber nicht begründet sei. zunächst sei anzumerken, dass sie, die beklagte, trotz des zwischenzeitlichen eigentümerwechsels an diversen streitbefangenen grundstücken bzw. betriebsanlagen weiterhin von ihrer vollumfänglichen zuständigkeit für alle streitgegenständlichen grundstücke und betriebsanlagen ausgehe. die beigeladenen zu 2. und 3. hätten zwar das eigentum an diversen grundstücken und den darauf befindlichen anlagen erworben. jedoch finde auf diesen anlagen derzeit noch kein eisenbahnbetrieb durch die beigeladenen oder dritte statt. die betriebsanlagen seien derzeit inaktiv. von einem wechsel der betreiberfunktion von einer bundeseigenen eisenbahn (der beigeladenen zu 1.) zu einer nicht bundeseigenen eisenbahn könne daher bislang nicht ausgegangen werden. es handele sich nach wie vor um ehemalige betriebsanlagen einer bundeseigenen eisenbahn, wenn auch in fremdem eigentum, für deren freistellung das eisenbahnbundesamt zuständig sei. 24zudem seien auch die voraussetzungen für eine freistellungsentscheidung nicht gegeben. für eine freistellung sei erforderlich, dass kein verkehrsbedürfnis mehr bestehe und langfristig eine nutzung der infrastruktur im rahmen der zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten sei. eigentumsverhältnisse spielten für die frage der freistellung keine rolle. entscheidend sei allein die tatsächliche oder zu erwartende nutzung. erforderlich sei dabei auch nicht, dass für jedermann sichtbar eisenbahnbetrieb stattfinde oder geplant sei. es sei ausreichend, dass sich auf einem flurstück anlagen befänden, die für den betrieb der eisenbahn als solcher betriebsnotwendig seien, oder auf denen jederzeit oder kurzfristig der betrieb stattfinden könne. dabei sei auch zu berücksichtigen, ob ein flurstück möglicherweise vorübergehend nicht genutzt werde, zukünftig aber wieder gebraucht werden könne. denn dadurch werde verhindert, dass kurzfristig nicht benötigte gelände in die planungshoheit der kommunen zurückfielen und in einer weise überplant würden, dass zukünftig eine bahnnutzung nicht mehr möglich sei. 25jedenfalls für die flurstücke 1113, 1532, 1533 und 1551 bestehe ein verkehrsbedürfnis. auch sei bei allen in rede stehenden flurstücken langfristig eine nutzung zu bahnbetriebszwecken zu erwarten. bei dem flurstück 1092 habe die käuferin des grundstücks, die beigeladene zu 2., die absicht einer künftigen nutzung der eisenbahninfrastruktur bereits im kaufvertrag festschreiben lassen. bei den flurstücken 1535, 1552 und 1553 habe die t3. h2. und d. . l. ihren einspruch im rahmen des freistellungsverfahrens damit begründet, dass sie als nutzerin der anschließenden gleisinfrastruktur diese mit den gleisanlagen auf den vorgenannten flurstücken verbinden wolle und deshalb bereits nutzungsverhandlungen mit der infrastrukturbetreiberin, der beigeladenen zu 1., geführt habe. soweit die klägerin geltend mache, dass nicht erkennbar sei, welche bahnanlage die beigeladene zu 2. betreibe, sei darauf hinzuweisen, dass die gleisanlagen laut kaufvertrag noch mit der aktiven infrastruktur der e. c1. b. auf dem nachbargrundstück verbunden seien. die beigeladene zu 2. wolle daher eine nicht öffentliche eisenbahninfrastruktur betreiben (gleisanschluss). 26auch das interesse der t3. h2. und d. . l. an den flurstücken 1535, 1552, 1553 weise auf ein ernsthaftes interesse des unternehmens an der künftigen nutzung der schieneninfrastruktur auf diesen flurstücken hin. für die durchbindung der gleisanlagen sei zwar bisher kein verfahren nach § 18 aeg bei der beklagten beantragt worden. dies sei jedoch kein beleg für ein mangelndes interesse des unternehmens. dieses unternehmen sei bei der beklagten nämlich nicht antragsbefugt. insofern bestehe eine antragsbefugnis nämlich nur für dasjenige eisenbahnunternehmen des bundes, welchem die betreffende infrastruktur zugewiesen sei. da die flurstücke als bahnanlage gewidmet seien, sei als antragstellerin für anträge gemäß § 18 aeg die infrastrukturbetreiberin, also die beigeladene zu 1., anzusehen. einen solchen antrag werde diese voraussichtlich erst nach der beabsichtigen einigung mit dem unternehmen stellen. dies sei jedoch kein widerspruch zu § 23 aeg, da eine freistellung ohnehin nur erteilt werden könne, wenn langfristig eine nutzung der infrastruktur im rahmen der zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten sei. nach eigenen angaben habe die t3. h2. und d. . l. erst am 27. juli 2018 von der geplanten freistellung der flurstücke erfahren. zur verwirklichung der planung müsse ihr jedoch ein erheblich weiterer zeitraum gewährt werden. hierzu werde auf das urteil des verwaltungsgerichts dresden vom 18. märz 2015 - 6 k 221/11 - verwiesen. das gericht habe in diesem fall einem öffentlichen eisenbahnverkehrsunternehmen einen zeitraum von 15 jahren zugebilligt. 27die von den beigeladenen zu 2. und 3. vorgelegten unterlagen belegten zudem, dass die beigeladenen konkrete schritte zur wiederinbetriebnahme der von ihnen erworbenen bahnanlage unternähmen. die in § 23 abs. 1 satz 1, 2. alt aeg enthaltene voraussetzung für den erlass eines freistellungsbescheides – nämlich, dass langfristig eine nutzung der infrastruktur im rahmen der zweckbindung nicht mehr zu erwarten sei - müsse daher nach wie vor verneint werden. dem stehe nicht entgegen, dass die beigeladene zu 3. derzeit offenbar nicht über eine zulassung als öffentliches eisenbahnverkehrsunternehmen verfüge. die beigeladene zu 3. könne diese zulassung vor inbetriebnahme der anlagen jederzeit erwerben oder die anlagen von einem dritten betreiben lassen. 28auch sei die beabsichtigte nutzung des flurstücks 1092 durch die beigeladene zu 1. eine eisenbahnbetriebsbezogene nutzung. dies habe bereits auch für das von der klägerin genannte der beigeladenen zu 2. vergleichbare unternehmen gegolten, welches antragstellerin in der entscheidung des oberverwaltungsgerichtes nrw vom 4. februar 2010 - 8 b 1652/09.ak - gewesen sei. dieses recyclingunternehmen sei ein bahnaffiner betrieb gewesen, dessen stoffumsatz zu über 90 % aus dem gleisnetz der e. c1. erfolgt sei. größtenteils seien gleisschotter und betonschwellen aus der infrastruktur der c1. angeliefert, aufbereitet und wieder eingebracht worden. der betrieb sei hauptsächlich über das schienennetz der beigeladenen zu 1. erfolgt. der von der klägerin angeführte beschluss des verwaltungsgerichtshofes mannheim vom 10.dezember 2001 sei hier nicht einschlägig. dort sei darüber zu entscheiden gewesen, wer die genehmigung für den bau eines nicht für den bahnbetrieb notwendigen gebäudes auf gewidmetem gelände erteile. 29soweit die klägerin eine freistellung von grundstücksteilen begehre, sei dies nicht möglich, da die freistellung ebenso wie die widmung sich immer auf das vollständige flurstück beziehe. in diesem fall wäre zuvor eine grundbuchliche teilung der grundstücke herbeizuführen. 30die beigeladene zu 1. beantragt, 31die klage abzuweisen. 32sie trägt im wesentlichen vor, dass sich auf dem flurstück 1113 der im betrieb befindliche verschiebebahnhof c. befinde. ein teilfläche des insoweit aber noch nicht geteilten flurstücks 1113 von ca. 5025 m² im bereich der eisenbahnüberführung „bismarckstraße“ mit den gleisen 011 ff. sei an den regionalverband ruhr verkauft worden. auf dem der beigeladenen zu 1. verbliebenen grundstück, welches ca. 118.688 m² groß sei, befänden sich die gleisanlagen 003, 004, 006 – 010, 103, 104, 106 -1110, 112 – 120, 122 und 123 des güterbahnhofs h1. -c. sowie die streckengleise der e1. -strecke 2153 c2. – abzw. o2. , mit allen dazu gehörigen anlagen, wie weichen, signalen, oberleitungsanlagen, kabelanlagen der leit- und sicherungstechnik, der e-technik und fernmeldetechnik sowie dem stellwerk gbf. bei den gleisanlagen des güterbahnhofes handele es sich um serviceeinrichtungen der beigeladenen zu 1. gemäß § 10 abs. 1 des eisenbahnregulierungsgesetzes (eregg) sei der zugang zu eisenbahnanlagen und zu serviceeinrichtungen jedem zugangsberechtigtem für alle arten von schienengüterverkehrsdiensten zu angemessenen, nichtdiskriminierenden und transparenten bedingungen zu gewähren. die gleise würden nach dem anlagenpreissystem vermarktet und im internetauftritt der beigeladenen zu 1. veröffentlicht. hinsichtlich der gleise 122 und 123 bestehe, obwohl diese derzeit nicht im betrieb seien, ein erhebliches verkehrsbedürfnis, da die wiederinbetriebnahme geplant sei. diese gleise würden zukünftig auf der einen seite zur bedienung des gleisanschlusses des regionalverbandes ruhr und auf der anderen seite, als neu geplanter anschluss, der beigeladenen zu 2. bzw. der fa. t3. h2. und d. . l. zur abstellung von baufahrzeugen vorgehalten. die abgabe der gleise an die beigeladene zu 2. werde derzeit geprüft. eine verlagerung der eisenbahnbetriebsanlagen an eine andere stelle sei nicht möglich. 33die beigeladenen zu 2. und 3 beantragen, 34die klage abzuweisen. 35sie tragen im wesentlichen vor, dass sich auf dem flurstück 1092 das gleis 130 befinde, welches gegenwärtig inaktiv sei und nicht befahren werden könne. jedoch sei eine dem bahnverkehr dienende nutzung für die zukunft beabsichtigt, indem das gleis reaktiviert werde. dieses flurstück solle zusammen mit den flurstücken der beigeladenen zu 3. zu einem zentrum für oberbaustoffe ausgebaut werden, wobei dazu mit der fa. t3. h2. und d. . l. zusammengearbeitet werden solle. der anschluss des zu reaktivierenden gleises werde gegenwärtig vorbereitet. hierzu befänden sich die notwendigen verträge mit der beigeladenen zu 1. im unterschriftsprozess. zudem sei ihr, der beigeladenen zu 2., eine immissionsschutzrechtliche genehmigung von der bezirksregierung münster vom 13. mai 2020 für den betrieb einer oberbaustoffanlage in c3. erteilt worden. diese diene als vorlage für die nunmehr beginnende planungs- und genehmigungsphase für eine vergleichbare anlage in h1. . gegenstand dieser genehmigung sei die errichtung und der betrieb einer eisenbahnverladeanlage mit gleisanschluss, eines zwischenlagers für gleisbaustoffe sowie die errichtung und betrieb einer recyclinganlage für gleisschotter, boden und bauschutt/betonschwellen aus eisenbahnbetriebsgrundstücken. 36die flurstücke 1533 und 1532 würden von der beigeladenen zu 1. zu wege- und fahrzwecken für ihr an das flurstück 1532 angrenzende betriebsgebäude (stellwerk) genutzt. auf den weiteren flurstücken 1551, 1552 und 1553 befänden sich gegenwärtig keine dem aktiven bahnverkehr dienenden bzw. bahninfrastrukturellen anlagen. jedoch sei hinsichtlich aller genannten flurstücke eine dem bahnverkehr dienende nutzung für die zukunft beabsichtigt. dazu sollen die ursprünglich der beigeladenen zu 1. gehörenden und ursprünglich auf flurstück 1535 befindlichen gleisanlagen reaktiviert und ggf. ausgebaut werden. der anschluss der gleise werde gegenwärtig durch die beigeladene zu 2. vorbereitet. hierzu habe diese die notwendigen verträge mit der beigeladenen zu 1. geschlossen. auch sollen diese flurstücke zu einem zentrum für oberbaustoffe ausgebaut werden, wobei auch an dieser stelle mit der fa. t3. h2. und d. . l. zusammengearbeitet werden solle. 37alle in rede stehenden flurstücke sollten in zukunft durch die beigeladenen eisenbahnaffin und somit in einer der freistellung nach § 23 aeg entgegenstehenden weise genutzt werden. das oberverwaltungsgericht des saarlandes habe in seiner entscheidung vom 10. januar 2017 – 2 a 142/15 – ausgeführt, wann eine solche eisenbahnaffine nutzung vorliege. die beigeladenen beabsichtigten eine nutzung ihrer grundstücke in eben diesem sinne. insbesondere sei der entscheidung bei entsprechender übertragung auf den vorliegenden sachverhalt zu entnehmen, dass die von der klägerin zitierte entscheidung des oberverwaltungsgerichtes nrw vom 4. februar 2010 vorliegend nicht anwendbar sei. die wiederaufnahme einer eisenbahnaffinen nutzung sei durch die beigeladenen zu 2. und 3. jedenfalls wieder begonnen worden. so stelle die beigeladene zu 2. gegenwärtig den anschluss der zu reaktivierenden gleise auf den flurstücken der beigeladenen zu 2. und 3. sicher. dazu erwerbe sie, die beigeladene zu 2., gegenwärtig eine teilfläche des flurstücks 1113 von der beigeladenen zu 1. mit einer größe von 7.802 m². auf dieser teilfläche lägen die gleise 122 und 123 sowie die weichen 161 und 162. der kaufvertrag sei insoweit unterschriftsreif. auch diese teilfläche könne daher nicht zu bahnbetriebszwecken freigestellt werden. in diesem zusammenhang sei auch der vertragsabschluss über die übernahme von infrastruktur beabsichtigt. auch dieser vertrag sei unterschriftsreif. nach übertragung der v. g. gleise werde der anschluss der gleise der beigeladenen zu 2. einschließlich gleis 130 an die infrastruktur der beigeladenen zu 1. über die weiche 154 erfolgen. über das gleis 130 und die weiche 167 werde der anschluss der der beigeladenen zu 3. gehörenden und zu reaktivierenden gleise an das o1. der beigeladenen zu 1. sichergestellt. auch der anschluss der dem regionalverband ruhr gehörenden gleise an das o1. der beigeladenen zu 1. werde über eine – ebenfalls unterschriftreife – vereinbarung sichergestellt. zudem gebe es eine weitere unterschriftsreife vereinbarung zwischen der beigeladenen zu 2. und zu 1. über die herstellung der infrastrukturanschlüsse. 38die beigeladene zu 2. verfüge zudem bereits seit 2012 über eine eigene gleisinfrastruktur im bahnhof h1. -i1. -o. mit einer nutzlänge von 543 m bzw. 504 m sowie den abstellgleisen 11 bis 15 mit nutzlängen von 410 bis 540 m. diese seien an die infrastruktur der beigeladenen zu 1. angeschlossen. diese gleise sollen ohne nutzungsänderung in die nutzung der hier in rede stehenden flurstücke als oberbaustoffzentrum eingebunden werden. zudem sei die beigeladene zu 2. auf grundlage von rahmenverträgen, die mit der beigeladenen zu 1. geschlossen worden seien, dauerhaft im bereich des recycling von gleisschotter befasst und baue diese tätigkeiten aus. hierdurch werde der fortbestand der eisenbahninfrastruktur gesichert. die beigeladene zu 3. stehe zum zwecke der verwirklichung des oberbaustoffzentrums mit der t3. h2. und d. . l. in geschäftsbeziehungen und beabsichtigte, die hier relevanten grundstücke an diese zu verpachten, was eine eisenbahnaffine nutzung sicherstelle. dieses unternehmen sei im übrigen auch ein eisenbahnverkehrsunternehmen, welches beabsichtigte, mit der beigeladenen zu 2. hinsichtlich des ausbaus des oberbaustoffzentrums zusammen zu arbeiten. 39abschließend sei darauf hinzuweisen, dass offenbar auch die klägerin, wie der verweis auf die rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts des saarlandes in ihrem schriftsatz vom 9. märz 2020 zeige, davon ausgehe, dass wenn es sich bei dem anlagenbetreiber um ein eisenbahnverkehrsunternehmen handele, eine entwidmung ausgeschlossen sei. eine solche zulassung könne, worauf die beklagte zutreffend hingewiesen habe, jederzeit beantragt und auch erlangt werden. im rahmen der genehmigungserlangung sei exakt dieses vorgehen für den beigeladenen zu 3. geplant und die zulassung als öffentliches eisenbahnverkehrsunternehmen beabsichtigt, weshalb für die anwendung des §23 aeg kein raum bliebe. 40wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 41 | 42die klage ist zulässig, aber unbegründet. 43der ablehnende bescheid der beklagten vom 16. september 2009 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, § 113 abs. 5 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). die klägerin hat nach der hier maßgeblichen sach- und rechtslage im zeitpunkt der entscheidung, 44vgl. ovg saarlouis, urteil vom 10. januar 2017 - 2 a 142/15 -, beck-online, 45keinen anspruch auf freistellung der streitgegenständlichen flurstücke bzw. betriebsanlagen von eisenbahnbetriebszwecken gem. § 23 aeg. 46die als verpflichtungsklage statthafte klage ist zulässig. ein vorverfahren im sinne des § 68 vwgo, 47vgl. zur notwendigkeit beck`scher kommentar zum aeg, 2014, § 23 aeg, rn. 51, 48ist zwar nicht durchgeführt worden, jedoch hat die klägerin mit schreiben vom 12.oktober 2009 – jedenfalls sinngemäß – widerspruch eingelegt, der in der folge nicht beschieden wurde, so dass die klage gem. § 75 vwgo abweichend von § 68 vwgo zulässig ist. 49die klage ist jedoch unbegründet. 50zunächst ist festzustellen, dass die passivlegitimation der beklagten hinsichtlich der flurstücke 1092 sowie dem ehemaligen flurstück 1110 nicht dadurch entfallen ist, dass diese sich nunmehr im eigentum der beigeladenen zu 2.und 3. befinden, die keine bundeseigenen eisenbahnen sind. nach § 23 abs. 1 satz 1 aeg ist die entscheidung über die freistellung von betriebsanlagen von eisenbahnbetriebszwecken von den zuständigen planfeststellungsbehörden zu treffen. nach § 3 abs. 1 nr. 2, abs. 2 des bundeseisenbahnverkehrs-verwaltungsgesetzes (bevvg) ist das f1. für die planfeststellung von betriebsanlagen der eisenbahnen des bundes (§ 2 abs. 15 aeg) zuständig, für betriebsanlagen nicht bundeseigener eisenbahnen sind die durch landesrecht (vgl. etwa § 6 abs. 1 nr. 6 der verordnung über die zuständigkeiten auf den gebieten des öffentlichen straßenpersonenverkehrs und eisenbahnwesens) bestimmten behörden zuständig. da die zuständigkeit nur bezogen auf den zeitpunkt der freistellungsentscheidung bestimmt werden kann, ist maßgeblich, welche behörde zuständig wäre, wenn die bahnanlage zum zeitpunkt der freistellung planfestgestellt werden würde. die zuständigkeit für die freistellung knüpft demnach nicht an das grundstück, sondern an die betriebsanlage an. 51vgl. bverwg, urteil vom 21. april 2010 - 7 b 39/09 -, juris. 52streitentscheidend ist somit, ob es sich im hier maßgeblichen zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung bei den auf dem grundstück befindlichen betriebsanlagen um solche einer eisenbahn des bundes oder um solche einer nicht bundeseigenen eisenbahn handelt. 53vgl. vg münchen urteil vom 7. mai 2015 - 24 k 14.4962 -, beck-online. 54dabei ist zu beachten, dass soweit die betriebsanlage immer noch eisenbahnbetriebsspezifischen funktionen dient, oder zu dienen geeignet ist, der verkauf der betriebsanlage die eigenschaft einer eisenbahnbetriebsanlage nicht entfallen lässt, solange - wie hier - keine freistellung i. s. d. § 23 abs. 1 aeg erfolgt ist. 55vgl. ovg schleswig, beschluss vom 20. dezember 2017 - 1 mb 18/17 -, beck-online, 56die auf den flurstücken 1092 (gleis) und dem ehemaligen flurstück 1110 (u. a. 10 kv-trafostation, gleise, weichen) befindlichen anlagen sind – jedenfalls derzeit noch - als betriebsanlagen des bundes anzusehen. diese betriebsanlagen sind zuletzt für eine bundeseigene eisenbahn betrieben worden bzw. werden für eine solche betrieben. so dienen die auf den flurstücken 1532, 1533 und 1551 befindlichen betriebsanlagen dem betrieb der beigeladenen zu 1. bzw. der e1. b. als bundeseigener eisenbahn. die weiteren derzeit inaktiven betriebsanlagen auf dem ehemaligen flurstück 1110 (flurstücke 1552, 1535, 1553) haben zuletzt ebenfalls einer bundeseigenen eisenbahn gedient. sofern der betrieb – wie hier - noch nicht durch eine nicht-bundeseigene eisenbahn übernommen wurde, verbleibt es für die freistellungsentscheidung grundsätzlich bei der zuvor begründeten zuständigkeit. zudem besteht bei den grundstücken des ehemaligen flurstücks 1110 die besonderheit, dass diese, um bahnbetriebszwecken dienen zu können, lediglich als funktionelle einheit zweckmäßig erfasst werden können. auch aus diesem grunde ist von einer weiter bestehenden zuständigkeit des eisenbahnbundesamtes hinsichtlich aller v. g. flurstücke auszugehen. für das flurstück 1092, welches lediglich über derzeit inaktive betriebsanlagen verfügt, ist ebenfalls die zuständigkeit des eisenbahnbundesamtes gegeben. auch diese anlagen wurden nach den erkenntnissen des gerichts zuletzt durch eine bundeseigene eisenbahn betrieben. 57die klägerin hat keinen anspruch auf freistellung der von ihr beantragten grundstücksflächen bzw. betriebsanlagen von bahnbetriebszwecken. die freistellung nach § 23 aeg ist ein rechtsgestaltender verwaltungsakt, der die rechtswirkungen der planfeststellung (und der widmung) beseitigt und den rechtlichen zustand wiederaufleben lässt, in dem sich das grundstück vor der belastung mit dem fachplanungsvorbehalt befunden hat. bei der entscheidung über die freistellung von bahnbetriebszwecken nach § 23 aeg handelt es sich um eine gebundene entscheidung mit einem korrespondierenden anspruch der gemeinde bei vorliegen der gesetzlichen voraussetzungen; der planfeststellungsbehörde kommt bei ihrer entscheidung über die freigabe kein abwägungs-, ermessens- oder gestaltungsspielraum zu. 58vgl. ovg saarlouis urteil vom 10. januar 2017 – 2 a 142/15 -, beck-online m. w. n. 59es kann dahinstehen, ob vorliegend – was die klägerin auch nicht geltend macht - das verfahren nach § 23 abs. 2 aeg eingehalten wurde, insbesondere ob vor der entscheidung nach § 23 abs. 1 aeg die nach § 1 abs. 2 des regionalisierungsgesetzes bestimmten stellen und die zuständigen träger der landesplanung und regionalplanung durch öffentliche bekanntmachung im bundesanzeiger zur stellungnahme aufgefordert worden sind. denn aus den verfahrensvorschriften des § 23 abs. 2 und 3 aeg erwachsen keine subjektiven rechte der beteiligten. sie haben keinen drittschützenden charakter. diese vorschriften dienen nämlich nicht der wahrung der rechte der zu beteiligenden, sondern der schaffung einer möglichst umfassenden grundlage für die beurteilung, ob ein interesse an einer eisenbahnspezifischen nutzung aktuell fehlt und auch langfristig nicht zu erwarten ist. 60vgl. vg augsburg urteil vom 27. november 2019 - 6 k 19.124 -, beck-online m. w. n.; vg würzburg, urteil vom 24. oktober 2017 – w 4 k 16.616 –, juris. 61die gesetzlichen voraussetzungen für eine freistellung der streitgegenständlichen betriebsanlagen bzw. der grundstücke von bahnbetriebszwecken liegen nicht vor. 62gemäß § 23 abs. 1 aeg stellt die zuständige planfeststellungsbehörde für grundstücke, die betriebsanlage einer eisenbahn sind oder auf dem sich betriebsanlagen einer eisenbahn befinden auf antrag des eisenbahninfrastrukturunternehmens, des eigentümers des grundstücks oder der gemeinde, auf deren gebiet sich das grundstück befindet, die freistellung von den bahnbetriebszwecken fest, wenn kein verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine nutzung der infrastruktur im rahmen der zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist. 63die betriebsanlagen sind bestandteil von nach eisenbahnrecht gewidmeten flächen, wobei offen ist, ob für die betroffenen grundstücke ein förmlicher planfeststellungsbeschluss vorliegt oder ob es sich um eine altanlage handelt, für die nach dem maßgeblichen übergangsrecht jedenfalls die wirkungen einer eisenbahnrechtlichen planfeststellung gelten würden. 64vgl. ovg münster beschluss vom 4. februar 2010 - 8 b 1652/09 -, beck-online. 65daher ist jedenfalls davon auszugehen, dass sämtliche vorhandenen eisenbahnanlagen samt der dazugehörigen grundflächen wenn nicht durch planfeststellung, so doch zumindest „in anderer weise“, also gewissermaßen formlos, dem betrieb der eisenbahn „gewidmet“ waren und bis zur beseitigung dieses öffentlich-rechtlichen status auch weiterhin gewidmet sind. ob und in welchem zeitlichen umfang es hierbei zu unterbrechungen der eisenbahnnutzung gekommen ist, ist für das vorliegende verfahren ebenso ohne bedeutung wie es ein zwischenzeitlich erfolgter betreiberwechsel wäre. eine anlage verliert ihre eigenschaft als eisenbahnbetriebsanlage nicht allein durch die außerdienststellung. erforderlich ist vielmehr eine entwidmung entweder durch förmliche planfeststellung oder durch eine sonstige eindeutige und bekannt zu gebende erklärung des bahnbetreibers. die aufgabe der privilegierten anlagenbezogenen planungshoheit der c1. muss wegen der rechtsstaatlich gebotenen eindeutigkeit öffentlich-sachenrechtlicher rechtsverhältnisse durch einen mit einem mindestmaß an publizität versehenen hoheitlichen akt erfolgen, der für jedermann klare verhältnisse schafft, ob und welche bisher als bahnanlagen dienenden flächen künftig wieder für andere arten von nutzungen offen stehen. 66vgl. ovg saarlouis urteil vom 10. januar 2017 – 2 a 142/15 -, beck-online m. w. n. 67dass es für die vorliegend in rede stehenden betriebsanlagen einen solchen entwidmungsakt gegeben hat, wird von den beteiligten nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. 68bei den auf den grundstücken befindlichen anlagen sowie den grundstücken selbst handelt es sich darüber hinaus um bahnbetriebsanlagen. dort befinden sich u. a. gleise, weichen, dem bahnverkehr gewidmete gebäude und eine 10 kv-trafostation. die auf den flurstücken 1532, 1533, 1535, 1551, 1552 und 1553 befindlichen anlagen sind dabei – wie bereits ausgeführt – als funktionale einheit zu betrachten. die zuordnung einer fläche zu einer bahnanlage richtet sich nach ihrer jeweiligen objektiven funktion; dabei ist § 4 abs. 1 der eisenbahn-bau- und betriebsordnung (ebo) für die auslegung des betriebsanlagenbegriffs auch in §18 aeg maßgebend. danach sind bahnanlagen alle grundstücke, bauwerke und sonstigen einrichtungen einer eisenbahn, die unter berücksichtigung der örtlichen verhältnisse zur abwicklung oder sicherung des reise- oder güterverkehrs auf der schiene erforderlich sind. dazu gehören auch nebenbetriebsanlagen einer eisenbahn. dabei kann das grundstück selbst betriebsanlage sein, wenn allein die fläche der abwicklung oder sicherung des reise- oder güterverkehrs dient. 69vgl. bt-drs. 14/4419, s. 18. 70gemeinsames kriterium für die (objektive) zugehörigkeit zur bahnanlage ist damit unter berücksichtigung der örtlichen verkehrsverhältnisse die eisenbahnbetriebsbezogenheit, d.h. die verkehrsfunktion und der räumliche zusammenhang mit dem eisenbahnbetrieb. 71vgl. bverwg, urteil vom 19. februar 2015 – 7 c 11/12 –, juris; ovg nrw, urteil vom 22. februar 2019 – 7 a 2206/17 –, juris. 72die vorhandenen anlagen bzw. grundstücke dienen bzw. dienten der abwicklung oder sicherung des reise- oder güterverkehrs auf der schiene. bei diesen anlagen handelt es sich auch um eisenbahnanlagen im sinne des § 1 abs. 5 eregg i. v. m. anlage 1 eregg. danach umfassen eisenbahnanlagen u. a., sofern diese zu den haupt- und nebengleisen gehören, grundstücke (nr. 1 der anlage), den oberbau (nr. 5 der anlage), sicherungs-, signal- und fernmeldeanlagen auf rangierbahnhöfen, einschließlich der anlagen zur erzeugung, umwandlung und verteilung von elektrischem strom für das signalwesen und die fernmeldeanlagen und die zu den vorgenannten anlagen gehörenden gebäude (nr. 6 der anlage) sowie anlagen zur umwandlung und zuleitung von strom für die elektrische zugförderung (nr. 8 der anlage). der neu eingeführte begriff der „eisenbahnanlage“ wurde zwar für den regulatorischen bereich, 73vgl. br-drs. 22/16, s. 362, 74in das deutsche recht eingeführt. allerdings ist derjenige, der eine eisenbahnanlage betreibt, ein eisenbahninfrastrukturunternehmen (§ 2 abs 1 aeg). 75vgl. br-drs. 22/16, s. 245. 76die einführung des neuen begriffes dient in erster linie dazu, betreibern von serviceeinrichtungen (§ 2 abs. 11 aeg) aus dem anwendungsbereich regulatorischer vorschriften, etwa hinsichtlich der entflechtung, auszunehmen. 77vgl. br-drs. 22/16, s. 362, 78aus dem verzeichnis der eisenbahnanlagen in § 1 abs. 5 eregg i. v. m. anlage 1 eregg geht jedoch hervor, dass sowohl das deutsche recht als auch das der deutschen umsetzungsgesetzgebung zu grunde liegende europäische richtlinienrecht die genannten anlagen als eisenbahninfrastruktur (§ 2 abs. 6 aeg) und somit als betriebsanlagen begreifen. 79ein verkehrsbedürfnis ist derzeit für den überwiegenden teil der in rede stehenden grundstücke bzw. betriebsanlagen nicht gegeben. diese voraussetzung stellt auf den aktuellen nutzungsbedarf ab. dabei kommt der (engeren) prüfung, ob aktuell ein verkehrsbedürfnis vorliegt, nur eine untergeordnete bedeutung zu, weil typischerweise dann, wenn ein aktuelles verkehrsbedürfnis besteht, auch das (weiter gefasste) kriterium erfüllt ist, dass langfristig eine eisenbahnspezifische nutzung nicht auszuschließen ist. der prüfung des aktuellen verkehrsbedürfnisses kommt nur in den fällen eine eigenständige bedeutung zu, in denen nur noch für einen begrenzten und absehbaren zeitpunkt ein verkehrsbedürfnis besteht und sich für die zeit danach ein dauerhafter wegfall des nutzungsbedarfs sicher vorhersehen lässt. 80vgl. ovg saarlouis urteil vom 10. januar 2017 - 2 a 142/15 -, beck-online m. w. n.; kunath, überplanung von altanlagen der c1. , diss. 2017, s. 161. 81ein verkehrsbedürfnis besteht hinsichtlich der flurstücke 1092, 1552, 1535, 1553 sowie der gleise 122 und 123 auf flurstück 1113 und der darauf befindlichen inaktiven betriebsanlagen nicht. für die auf den flurstücken 1532, 1533 und 1551 befindlichen betriebsanlagen (zuwegungen zum stellwerk der beigeladenen zu 1., wasserleitungen und kanalanlagen, 10 kv-trafostation) besteht hingegen ein verkehrsbedürfnis, da diese von der beigeladenen zu 1. für den betrieb des verschiebebahnhofs „c. “ genutzt werden. dass dieses verkehrsbedürfnis in absehbarer zeit entfallen könnte, ist nicht ersichtlich. 82jedoch scheidet eine freistellung vorliegend hinsichtlich aller beantragten betriebsanlagen und grundstücksflächen deswegen aus, weil eine langfristige nutzung der infrastruktur im rahmen der zweckbestimmung zu erwarten ist. bei der im rahmen dieser tatbestandsvoraussetzung notwendigen prognoseentscheidung ist zu berücksichtigen, dass das in § 23 aeg geregelte „entwidmungsverfahren“ entscheidet, wann und unter welchen voraussetzungen für bahngrundstücke die wirkungen der planfeststellung enden, wann also insbesondere der fachplanungsvorbehalt (§ 38 des baugesetzbuches - baugb) durch das allgemeine (bau)planungsrecht abgelöst wird. der gesetzgeber hat damit die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts zur "entwidmung" von bahnanlagen aufgegriffen. das freistellungsverfahren stellt sicher, dass eine bahnfremde nutzung erst dann möglich ist, wenn die öffentlichen belange, die für eine nutzung gemäß der ursprünglichen zweckbestimmung sprechen, mit zeitablauf ihr gewicht nahezu vollständig eingebüßt haben. 83vgl. ovg saarlouis urteil vom 10. januar 2017 - 2 a 142/15 -, beck-online m. w. n.; bt-drs. 14/4419, s. 18. 84allerdings sind an die erklärungen über ein langfristiges nutzungsinteresse im interesse der planungshoheit der gemeinde und auch zum schutz des an einer bahnfremden nutzung oder verwertung interessierten grundstückseigentümers gewisse anforderungen zu stellen. sie müssen nach den gesamten umständen des einzelfalles ernsthaft und nachvollziehbar sein. eine „reservierung“ von bahngrundstücken für zukünftige - nicht präzisierte - nutzungen unter berufung auf die vage möglichkeit einer späteren eisenbahnspezifischen nutzung erlaubt § 23 aeg nicht. 85vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. februar 2010 – 8 b 1652/09.ak –, juris. 86im vorliegenden zusammenhang kommt es, wie die aufzählung der anhörungsberechtigten in § 23 abs. 2 aeg zeigt, nicht allein auf die bekundungen der betreibenden eisenbahninfrastrukturunternehmen und der nutzungsinteressierten eisenbahnverkehrsunternehmen an, sondern auch auf die aktuellen konzepte der vertreter des öffentlichen interesses an einem attraktiven verkehrsangebot auf der schiene. des weiteren kann sich die langfristige erwartung einer eisenbahnspezifischen nutzung auch aus den dispositionen derjenigen eisenbahninfrastrukturunternehmen und eisenbahnverkehrs-unternehmen ergeben, deren infrastruktur an die von dem antrag betroffene infrastruktur anschließt. die freistellungsvoraussetzung, dass langfristig eine nutzung der infrastruktur im rahmen der zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist, stellt demzufolge weniger auf objektiv feststellbare umstände als vielmehr auf (subjektive) unternehmerische und verkehrsplanerische entscheidungen der genannten akteure ab. 87vgl. ovg saarlouis urteil vom 10. januar 2017 - 2 a 142/15-, beck-online. 88dennoch ist auch der bodenrechtliche charakter der entscheidung nach § 23 aeg zu berücksichtigen. wegen der weitreichenden rechtswirkungen der freistellung – z. b. der vollständige verlust der eisenbahnrechtlichen zweckbestimmung - sind auch solche eisenbahnspezifischen zwecke zu berücksichtigen, die zwar nicht der bestehenden zulassungsentscheidung entsprechen, die aber im wege einer änderungsplanfeststellung zugelassen werden können. 89vgl. ovg saarlouis urteil vom 10. januar 2017 – 2 a 142/15, beck-online. 90dies bedeutet jedoch nicht, dass vorliegend - gleichsam inzident - eine prüfung, ob ein vorhaben planfeststellungsfähig wäre, durchzuführen ist. die entscheidung über die planfeststellungsfähigkeit nach § 18 aeg obliegt - im streitfalle - ohnehin auch nicht den verwaltungsgerichten, sondern den oberverwaltungsgerichten, § 48 abs. 1 satz 1 nr. 7 und satz 2 vwgo. entscheidend ist vielmehr, dass die konkret in rede stehende nutzungsabsicht der eisenbahnbetriebsanlagen die erforderliche eisenbahnbetriebsbezogenheit aufweist. 91nach diesen maßstäben sind die von den beigeladenen sowie von der t3. h2. und d. . l. vorgetragenen, nach überzeugung der kammer ernsthaften, nutzungsabsichten eisenbahnbetriebsbezogen. hinsichtlich der auf dem flurstück 1113 befindlichen gleise 122 und 123 ist eine eisenbahnbetriebsbezogene nutzung in zukunft zu erwarten. die beigeladenen sowie der zeuge haben dargelegt, dass die gleise zukünftig dem eisenbahnverkehr dienen werden. auf der einen seite wird damit der gleisanschlusses des regionalverbandes ruhr und auf der anderen seite der neu geplante anschluss der beigeladenen zu 2. bzw. der t3. h2. und d. . l. an das öffentliche schienennetz bedient, insb. wird dadurch der anschluss an die infrastruktur der beigeladenen zu 1. hergestellt zudem sollen die gleise für das abstellen von baufahrzeugen der t3. h2. und d. . l. vorgehalten werden. die beigeladene zu 2. und 3. haben zu der beabsichtigten nutzung einen vertragsentwurf über den verkauf der die v. g. gleise enthaltenden teilfläche des flurstück 1113, einen entwurf eines infrastrukturanschlussvertrages zwischen den beigeladenen zu 1. und 2. für den anschluss an das schienennetz der beigeladenen zu 1., einen vertragsentwurf über die herstellung von infrastrukturanschlüssen zur verknüpfung von eisenbahninfrastruktur sowie den entwurf eines vertrages über die übernahme von infrastrukturanlagen vorgelegt. zudem wurde ein entwurf einer vereinbarung vorgelegt, welche den regionalverband ruhr an die eisenbahninfrastruktur anschließt. diese vereinbarung gewährleistet den anschluss der im eigentum des regionalverbandes stehenden gleise an das öffentliche bahnnetz nach westen hin. diese verträge sind mit ausnahme des vertrages über den verkauf der grundstücksfläche nach angaben der beigeladenen in der mündlichen verhandlung nunmehr auch abgeschlossen worden. 92die von der t3. h2. und d. . l. geplante nutzung des ehemaligen flurstücks 1110 ist ebenfalls eisenbahnbetriebsbezogen. dieses unternehmen ist ein eisenbahnverkehrsunternehmen, welches für die e2. c1. b. im bereich der infrastrukturerhaltung tätig ist. es hält strecken im gesamten westen nordrhein-westfalens instand. dafür hat das unternehmen in diesem jahr unwidersprochen einen instandhaltungsvertrag mit der e. c1. b. abgeschlossen, der über einen zeitraum von 8 jahren läuft. auf dem streitgegenständlichen gelände ist - wie auch aus den planungsunterlagen des ingenieurgesellschaft u. mbh hervorgeht - die aufstellung von gleisgebundenen maschinen und zügen für den baustellenverkehr sowie die zulieferung und abfuhr von für baumaßnahmen erforderlichen stoffen vorgesehen. auch die wartung von spezialzügen und geräten auf diesem gelände ist beabsichtigt. hierfür soll u. a. eine halle errichtet werden. das gelände ist nach den substantiiert vorgetragenen und im übrigen von den verfahrensbeteiligten nicht in abrede gestellten absichten der beigeladenen zu 2. und 3. sowie der t3. h2. und d. . l. für den materialumschlag, insbesondere der oberbaustoffe in erheblichen mengen erforderlich. der beabsichtigte materialumschlag dient neben der allgemeinen streckenwartung im streckennetz der beigeladenen zu 1. (v.a. nachschottern von strecken, schienen- und schwellenaustausch) auch den konkret anstehenden infrastrukturprojekten im rahmen der bundesförderung und dem ausbau der betuwelinie. dass es sich bei der von der t3. h2. und d. . l. beabsichtigten tätigkeit um eine auf den eisenbahnbetrieb bezogene tätigkeit handelt, legen auch die gesetzlichen definitionen zur eisenbahninfrastruktur nahe. die eisenbahninfrastruktur umfasst gem. § 2 abs. 6 aeg die betriebsanlagen der eisenbahnen einschließlich der bahnstromfernleitungen. die eisenbahninfrastrukturunternehmen unterteilen sich in betreiber der schienenwege (§ 2 abs. 7 aeg) und betreiber von serviceeinrichtungen (§ 2 abs. 9 aeg). betreiber der schienenwege ist dabei grundsätzlich jedes eisenbahninfrastrukturunternehmen, das für den bau, den betrieb, die unterhaltung, die instandhaltung und die erneuerung der eisenbahnanlagen, zuständig ist. die t3. h2. und d. . l. mag zwar nicht unmittelbar für die unterhaltung der schienenwege zuständig sein, doch dient die vorliegend geplante tätigkeit unmittelbar dem zweck der instandhaltung der betriebsanlagen der beigeladenen zu 1. bzw. der e1. b. . auch eine freistellung nur einzelner flurstücke des ehemaligen flurstücks 1110, insbesondere des flurstücks 1552, kommt nicht in betracht. zum einen hat die klägerin in der mündlichen verhandlung zum ausdruck gebracht, dass eine teilfreistellung dieses flurstücks nicht in ihrem interesse liege und daher nicht verfolgt werde. zum anderen ist auch hier eine langfristige nutzung im rahmen der zweckbestimmung zu erwarten. so hat u. a. der zeuge ausgeführt, dass die nutzungspläne der firma t3. h2. und d. . l. grundsätzlich eine zukünftige nutzung der teilfläche nicht ausgeschlossen hätten. auch das auf dem v. g. flurstück bestehende gebäude könne voraussichtlich genutzt werden. so sei die niederlassung c2. der firma t3. h2. und d. . l. derzeit stark im wachstum begriffen, sodass neben dem zusätzlichen gleisbedarf, der auf diesem grundstück zu decken ist, auch das gebäude durchaus genutzt werden könne. 93auch die von der beigeladenen zu 2. geplante ausschließliche aufbereitung von bahnbaubetriebsstoffen, wie etwa schotter, betonschwellen, und die errichtung eines zentrums für oberbaustoffe auf dem flurstück 1092 ist eisenbahnbetriebsbezogen. entscheidendes kriterium für die bestimmung einer betriebsanlage als teil der eisenbahninfrastruktur ist - wie bereits ausgeführt -, dass die anlagen unmittelbar mit dem technischen bahnbetrieb in räumlicher und funktionaler verbindung stehen. dazu zählen neben dem eigentlichen schienenweg alle nebenanlagen der schienenwege, die dazu dienen, den eisenbahntransport abzuwickeln und zu sichern. 94vgl. kramer, in: kunz (hrsg.), eisenbahnrecht bd. i, stand: oktober 2012, § 2 aeg, rn. 11. 95für die von der beigeladenen zu 2. geplante tätigkeit ist nach ihren angaben in der mündlichen verhandlung der einsatz von materialzügen mit besonderen wagons erforderlich. hiermit werden die aufzubereitenden bahnbaubetriebsstoffe angeliefert, wobei ein zug ca. 1000 t material enthält. diese stoffe werden in kurzer zeit recycelt, umgeschlagen und im bahnbereich wieder eingesetzt. es ist auch eine enge kooperation zwischen der t3. h2. und d. . l. als eisenbahnverkehrsunternehmen und dem betrieb der beigeladenen zu 2. beabsichtigt. die beabsichtigten tätigkeiten der beigeladenen zu 2. sind somit objektiv-funktional bahnbetriebsbezogen, da sie bahnunternehmen dienen, die eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringen bzw. eisenbahninfrastruktur unterhalten. denn ohne gleise und ohne versorgung der gleise mit schwellen und schotter sind diese überhaupt nicht benutzbar. 96vgl. so auch ovg saarlouis urteil vom 10. januar 2017 – 2 a 142/15 -, beck-online. 97es besteht auch ein bedürfnis dafür, dass der beabsichtigte betrieb der beigeladenen zu 2. in unmittelbarer räumlicher nähe zur eisenbahninfrastruktur erfolgen muss. dies folgt zum einen bereits aus den geplanten mengen der umzuschlagenden bahnbaubetriebsstoffe und dem daraus folgenden bedarf an entsprechender umschlagsfläche und zum anderen aus betriebswirtschaftlichen gründen, wie der vermeidung weiter transportwege zwischen umschlagflächen und dem betrieb der beigeladenen zu 2. das grundstück kann dabei - wie bereits ausgeführt - auch selbst betriebsanlage sein, wenn die fläche der abwicklung oder sicherung des reise- oder güterverkehrs dient. 98vgl. bt-drs. 14/4419, s. 18. 99die besondere bedeutung von umschlagplätzen für den eisenbahnverkehr haben in der mündlichen verhandlung auch die beigeladenen, insbesondere auch die beigeladene zu 1., hervorgehoben. es besteht ein hohes interesse am bestand und am erhalt solcher umschlagplätze. der rückbau von nebengleisen in den vergangenen jahren hat zu erheblichen problemen geführt, insbesondere bei dem umschlag von baustoffen und baumaterialen für baumaßnahmen. der erhalt ist insbesondere auch vor dem hintergrund der aktuellen förderprogramme des bundes, insbesondere bei der instandhaltung von brückenbauwerken, aber auch der schieneninfrastruktur von großer bedeutung. 100die beabsichtigte nutzung des flurstücks 1092 durch die beigeladene zu 2. dient daher auch nicht „bloß“ einem privatwirtschaftlichen unternehmen, welches lediglich güter auf die c1. umschlägt und das weder eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringt noch eine eisenbahninfrastruktur betreibt. 101vgl. vgh mannheim, beschluss vom 10. 12. 2001 - 5 s 2274/01 -. 102vielmehr ist die beabsichtigte nutzung eisenbahnbetriebsbezogen und die für diese nutzung notwendigen anlagen sind als betriebsanlagen i. s. d. aeg zu qualifizieren. die kammer folgt insoweit nicht der auffassung des oberverwaltungsgerichtes nrw, 103vgl. ovg nrw, beschluss vom 4. februar 2010 - 8 b 1652/09-, beck-online, 104welches hinsichtlich eines dem betrieb der beigeladenen zu 2. jedenfalls im wesentlichen vergleichbaren unternehmens, der auffassung war, dass diesem die erforderliche eisenbahnbetriebsbezogenheit fehlt. dieses unternehmen hatte auf demselben flurstück ebenfalls die aufbereitung von betonschwellen und gleisschotter zum unternehmensgegenstand. die eigenschaft einer eisenbahnbetriebsanlage wurde dem unternehmen in der v. g. entscheidung v. a. deswegen abgesprochen, weil es weder eisenbahnverkehrsdienstleistungen erbringe, worunter das gesetz die beförderung von personen oder gütern auf einer eisenbahninfrastruktur verstehe (vgl. § 2 abs. 2 satz 1 aeg a. f.) noch eine eisenbahninfrastruktur betreibe, wozu die betriebsanlagen der eisenbahnen einschließlich der bahnstromfernleitungen zählten (vgl. § 2 abs. 3 aeg a. f.). 105das kriterium, ob die in rede stehende tätigkeit bzw. die langfristig zu erwartende nutzung durch ein eisenbahnverkehrsunternehmen oder eine eisenbahninfrastrukturunternehmen erbracht wird, mag, jedenfalls dann, wenn die eisenbahneigenschaft des unternehmens im zusammenhang mit der jeweiligen tätigkeit steht, zwar eine hinreichende bedingung für die erforderliche eisenbahnbetriebsbezogenheit sein, sie ist jedoch keine notwendige. vielmehr gebietet es der bodenrechtliche charakter der widmung einer fläche als eisenbahnbetriebsfläche im rahmen der nach § 23 aeg anzustellenden prognose allein die in rede stehende tätigkeit bzw. betriebsanlage zu betrachten. es kann in diesem zusammenhang insbesondere nicht entscheidend sein, ob das einzelne unternehmen etwa über eine unternehmensgenehmigung nach §§ 2 abs. 19, 6 aeg verfügt oder ihm eine solche erteilt werden kann. 106es bedarf daher auch keiner abschließenden entscheidung darüber, ob die von der beigeladenen zu 2. beabsichtigte tätigkeit als serviceeinrichtung (hilfseinrichtung) und somit als eisenbahninfrastrukturunternehmen anzusehen ist, § 2 abs. 9 und abs. 11 aeg i. v. m. anlage 2 nr. 2 g) eregg. 107die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 108die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 der zivilprozessordnung. 109die berufung war gem. § 124 abs. 1 und abs. 2 nr. 2 und 4 vwgo zuzulassen. | Verklagte*r | 0 |
322,624 | 3d A 86/18.O | 2019-09-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der am 27. Februar 1961 in Dreis-Tiefenbach geborene Beklagte trat am 1. Oktober 1979 in den mittleren Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Am 29. Februar 1988 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen. Im September 1991 bestand er die II. Fachprüfung. Seine letzte Beförderung (Polizeihauptkommissar, Besoldungsgruppe A 12) erfolgte am 3. August 2006. 3Nach Abschluss der Ausbildung im Jahre 1983 wurde er bei verschiedenen Polizeiinspektionen im Wachdienst eingesetzt. Mit seiner Ernennung zum Polizeikommissar am 13. September 1991 tat er zunächst als Wachdienstführer auf der Hauptwache des Schutzbereichs VII des Polizeipräsidiums Köln und später als Dienstgruppenleiter auf der Polizeiwache Weiden seinen Dienst. Im September 1996 wurde er vom Polizeipräsidium Köln zur Bezirksregierung Köln versetzt. Dort wurde er seit dem 2. September 1996 als Dienstgruppenleiter auf der Autobahnpolizeiwache Frechen und ab Oktober 2002 als Dienstgruppenleiter, später Kommissar vom Dienst in der Leitstelle verwendet. Im Juli 2007 wurde er wieder zum Polizeipräsidium Köln versetzt und fand Einsatz als Dienstgruppenleiter bei der Autobahnpolizeiwache Sankt Augustin. Mitte Juni 2015 wurde er seiner Vorgesetztenfunktion enthoben und in die Funktion eines Wachdienstbeamten umgesetzt. Seit der verfügten Umsetzung hat der Beklagte bis zu seiner Suspendierung krankheitsbedingt keinen Dienst mehr geleistet. 4Seine Leistungen und Befähigungen lagen meist im durchschnittlichen Bereich. Die letzte dienstliche (Regel-)Beurteilung vom 14. November 2014 endet mit der Bewertung, Eignung und Befähigung des Beklagten entsprächen voll den Anforderungen. 5Der Beklagte ist seit September 1995 geschieden und hat aus dieser Ehe zwei inzwischen erwachsene Kinder. 6Am 5. März 2012 wurde ihm befristet bis zum 31. März 2015 die Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit bei der Firma SHF Immobilien in Siegburg erteilt. Die Genehmigung erfolgte u.a. mit den Maßgaben, die zeitliche Inanspruchnahme dürfe ein Fünftel der wöchentlichen Arbeitszeit nicht übersteigen, die Nebentätigkeit dürfe ausschließlich in der Freizeit ausgeübt werden und eine Ausübung während einer Erkrankung sei untersagt. Nebeneinkünfte, die 1.200,00 EUR im Jahr überstiegen, seien jährlich anzuzeigen. In seinem Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit für die Firma „SHF Immobilien, Sylvia Hammes-Farid“, hatte der Beklagte u.a. versichert, bei der Ausübung der Nebentätigkeit nicht Einrichtungen, Personal oder Material der Behörde in Anspruch zu nehmen. Unter dem 27. Februar 2015 wurde auf einen entsprechenden Antrag des Beklagten hin eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Genehmigung zur Ausübung bei derselben Firma – befristet bis zum 28. Februar 2018 – ausgesprochen. 7Der Beklagte ist abgesehen von den hier in Rede stehenden Verfehlungen straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. 8Am 23. und 24. Oktober 2014 gingen bei der Oberfinanzdirektion in Münster und beim Polizeipräsidium Köln gleichlautende anonyme Schreiben ein, in denen der Beklagte u.a. bezichtigt wurde, während seiner Dienstzeit in den Diensträumen Arbeiten für die Verwaltung eigener und fremder Mietwohnungen in Köln-Porz durchzuführen. Hierunter leide die Dienstausübung. Der Beklagte habe erklärt, die Erträge aus dieser Tätigkeit dem Finanzamt zu verheimlichen. Die Staatsanwaltschaft Köln leitete ein Strafverfahren u.a. wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein und gab dieses insofern zur Durchführung weiterer Ermittlungen an das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Köln ab. 9Die Steuerfahndungsstelle ermittelte, dass der Beklagte in den Einkommensteuererklärungen von 2004 bis 2013 falsche Angaben zu seinen dienstlichen Einsatzorten, zu seinen Einkünften aus einer Tätigkeit als Verwalter von Eigentumswohnungen - zuletzt 22 Objekte - und zu einer Vermietung einer tatsächlich von ihm selbst bewohnten Eigentumswohnung gemacht sowie Einkünfte aus der Vermietung zweier Garagen verschwiegen hatte. Im Rahmen der Ermittlungen kam es am 3. September 2015 u.a. zur Durchsuchung der Wohnungen des Beklagten und seiner Verlobten, Frau Hammes-Farid. Nachdem der Beklagte hierbei geltend gemacht hatte, die Verwaltung der meisten der in Rede stehenden Wohnungseigentumsobjekte werde durch seine Kinder erledigt, wurden auch deren Wohnungen durchsucht. Der Beklagte räumte die Vorwürfe im Ermittlungsverfahren in allen Punkten ein. Das Ganze habe mit dem Wegfall des Unterhaltsanspruchs seiner Ehefrau im Jahre 2000 begonnen. Nach seinem Wechsel von Frechen nach Köln habe er bei der Einkommensteuererklärung als Dienstort die Wache in Eschweiler angegeben. Mit seiner Wohnung in der Rezagstraße 24, die er im Jahr 2003 erworben habe, habe er sich übernommen. Das Geld sei ihm in den Händen zerronnen. Er sei dann auf die Idee gekommen, den oberen Teil der Wohnung als vermietet zu deklarieren. 2009 habe er seine Lebensgefährtin kennen gelernt, die er unterstützt habe. Er habe dann die Wohnungsverwaltung für andere Vermieter übernommen. Im Jahre 2014 habe er 22 Objekte verwaltet. Er habe versucht, seine Einnahmen über seine Kinder zu versteuern. Er habe den Umfang der Einnahmen aus seiner Verwaltungstätigkeit nicht erkannt. Das Ganze sei ihm über den Kopf gewachsen. Die Steuerschuld von etwa 178.000 EUR habe er aus einem Erbe und zusammengeliehenem Geld fast beglichen. Für 2014 habe er die zutreffende Wegstreckenentfernung angegeben, sich aber bei der Anzahl der Arbeitstage verschrieben. Einen Teil der Arbeiten für die Wohnungsverwaltung habe er während der Dienstzeit erledigt. Er habe den Dienstrechner zur Datensicherung benutzt und auch etwas ausgedruckt. Dabei habe er peinlich darauf geachtet, privates Papier zu benutzen. Er habe nur Dienstzeiten genutzt, in denen es „Leerlauf“ gegeben habe. Er habe nie seine Dienstpflichten vernachlässigt. Er habe nie gedacht, durch sein Handeln einen Betrug zu begehen. 10Unter dem 4. Mai 2016 erließ das Amtsgericht Köln gegen den Beklagten einen Strafbefehl (584 Cs 165/16 113 Js 2175/15). Es setzte gegen ihn wegen Steuerhinterziehung in 11 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten fest, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. In dem seit 21. Mai 2016 rechtskräftigen Strafbefehl legte es dem Beklagten zur Last: 11„Die Staatsanwaltschaft Köln beschuldigt Sie, in den Jahren 2010-2015 in Köln durch elf selbstständige Handlungen in den Fällen 1, 2, 3, 4, 5 und 6 gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht und in den Fällen 7, 8, 9, 10 und 11 die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch folgende Steuern verkürzt zu haben, wobei es in einem Fall (Fall Nr. 6) beim Versuch blieb: 12Wegen der Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2010 bis 2014 wurde das Finanzamt Köln-Porz pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch Umsatzsteuer i. H. v. 27.851,34 € verkürzt. 13Wegen Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2009 bis 2014 wurden dem Finanzamt Köln-Porz über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht und dadurch Einkommensteuer i. H. v. 80.531 € verkürzt. 14In den Jahren 2005 [richtig: 2004, siehe folgende Auflistung] bis 2014 betrieben Sie als Nebenerwerb eine Tätigkeit als Hausverwalter von eigenem und fremdem Grundbesitz. Die Tätigkeit unterliegt nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 der Einkommensteuerpflicht. Sie erklärten nur einen Teil der Einnahmen. In den Jahren 2004 bis 2015 kam es insoweit zu Falschangaben in folgender Höhe: 15Jahr Einnahmen/Euro Ausgaben (15 %) Euro Gewinn / Euro 2004 8.944 1.342 7.602 2005 8.933 1.340 7.593 2006 13.687 2.053 11.634 2007 17.091 2.564 14.527 2008 18.802 2.820 15.982 2009 24.689 3.703 20.986 2010 28.724 4.309 24.415 2011 31.831 4.775 27.056 2012 36.045 5.407 30.638 2013 38.702 5.805 32.897 2014 39.134 5.870 33.264 16Ferner gaben Sie wahrheitswidrig bei der Wegstreckenentfernung an, im Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 19.08.2009 in Eschweiler eingesetzt gewesen zu sein, weshalb Sie die einfache Wegstreckenentfernung mit 69 km angaben. Im Zeitraum vom 20.08.2009 bis zum 31.12.2013 erklärten Sie, bei der Autobahnpolizeiwache in Würselen eingesetzt zu sein. Sie erklärten die einfache Wegstreckenentfernung mit 78 km. Auf diesen Wachen waren Sie nie eingesetzt. Ferner gaben Sie die Krankheitstage falsch an. 17Insgesamt wurden die Werbungskosten falsch wie folgt erklärt: 18Jahr Werbungskosten erklärt / Euro Werbungskosten It. Prüfung / Euro Korrektur laut Prüfung / Euro 2004 4.388,40 1.017,60 - 3.370,80 2005 4.616,10 993,60 - 3.622,50 2006 4.719,60 1.094,40 - 3.625,20 2007 4.761,00 1.154,70 - 3.606,30 2008 4.823,10 1.328,10 - 3.495,00 2009 4.890,60 1.168,50 - 3.722,10 2010 5.428,80 1.145,70 - 4.283,10 2011 5.569,20 1.254,00 - 4.315,20 2012 5.288,40 1.060,20 - 4.228,20 2013 5.194,80 1.202,70 - 3.992,10 2014 1.350,00 786,60 - 563,40 19In den Jahren 2004-2014 machten Sie darüber hinaus erhebliche Verluste i. H. v. 54.266,00 Euro steuerlich geltend, indem Sie wahrheitswidrig angaben, dass ein Teil Ihrer Wohnung vermietet sei. U.a. verschwiegen Sie, seit Dezember 2016 [richtig: 2012] zwei Garagen zu je monatlich 50,00 Euro vermietet zu haben. Es kam somit zu folgenden Verkürzungen: 20Fall Steuerart Zeitraum Abgabe am Verkürzung (€) Vollendung 1 Einkommensteuer 2009 12.04.2010 10.154,00 23.06.2010 2 Einkommensteuer 2010 26.08.2011 10.352,00 07.12.2011 3 Einkommensteuer 2011 27.08.2012 16.880,00 23.10.2012 4 Einkommensteuer 2012 07.09.2013 14.712,00 01.02.2014 5 Einkommensteuer 2013 07.08.2014 15.265,00 19.12.2014 6 Einkommensteuer 2014 24.08.2015 13.168,00 - 7 Umsatzsteuer 2010 - 4.586,22 01.06.2011 8 Umsatzsteuer 2011 - 5.082,31 01.06.2012 9 Umsatzsteuer 2012 - 5.755,10 01.06.2013 10 Umsatzsteuer 2013 - 6.179,37 01.06.2014 11 Umsatzsteuer 2014 - 6.248,34 01.06.2015 Gesamtverkürzung 108.382,34 21Hinsichtlich des Falles 6 liegt eine versuchte Steuerhinterziehung vor.“ 22Die Strafe ist seit dem 15. Juli 2018 erlassen. 23Wegen des Verdachts, der Beklagte gehe während der Dienstzeit in erheblichem Umfang seiner Nebentätigkeit als Hausverwalter nach, waren Anfang Mai 2015 der Outlook-Account und das persönliche H-Laufwerk des Beklagten im dienstlichen Netzwerk des Polizeipräsidiums überprüft worden. Hierbei war festgestellt worden, dass sich in dem Ordner „eigene Dateien“ insgesamt 674 Dateien in 166 Unterordnern befanden, die nach Datei- bzw. Ordnernamen im Zusammenhang mit seiner Nebentätigkeit standen. Im „Outlook-Postfach“ befanden sich 70 E-Mails mit offensichtlichem Bezug zur Nebentätigkeit . Eine Recherche in den polizeilichen Datenbanken hatte zu einer Anzeige des Beklagten wegen fahrlässiger Brandstiftung gegen einen Nachbarn geführt, in der der Beklagte als ausgeübten Beruf „Wohnungsverwalter“ angegeben hatte. Eine daraufhin erfolgte Nachfrage bei der Gewerbeaufsicht hatte ergeben, dass der Beklagte im Juni 2006 ein Hausverwaltungsgewerbe auf seinen Namen angemeldet hatte. Aufgrund dieser Erkenntnisse war am 13. Mai 2015 gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wegen des Verdachts, er habe dienstliche Mittel für die Ausübung seiner Nebentätigkeit eingesetzt und seine Arbeitszeit zum überwiegenden Teil für die nebenberuflichen Tätigkeiten genutzt. Das Verfahren war mit dem o.g. Verfahren wegen Steuerhinterziehung verbunden und das Ermittlungsverfahren bezüglich des gegen den Beklagten gerichteten Betrugsvorwurfs sodann vor dem Strafbefehlsantrag nach § 154 StPO eingestellt worden. 24Mit Verfügung vom 29. Juni 2016 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Ihm wurde wegen des dem Strafbefehl zugrunde liegenden Verhaltens ein Verstoß gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht zur Last gelegt (Teilsachverhalt 1). Ferner wurde ihm – unter Hinweis auf in seinem Dienstcomputer auf dem Home-Laufwerk im Unterordner „Eigene Dateien“ aufgefundene 674 Dateien in 166 Unterordnern sowie in Outlook festgestellte 70 E-Mails mit Bezug zu seiner Nebentätigkeit – vorgeworfen, im Dienst in seiner damaligen Funktion als Dienstgruppenleiter dienstpflichtwidrig seiner Nebentätigkeit als Hausverwalter unter Nutzung des dienstlichen Rechners und Druckers nachgegangen zu sein. Dies begründe den Verdacht einer Verletzung der Pflichten zu innerdienstlichem Wohlverhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG), zur Uneigennützigkeit (§ 34 S. 2 BeamtStG) und zum vollen persönlichen Einsatz (§ 34 S. 1 BeamtStG) (Teilsachverhalt 2). Schließlich habe er am 28. Oktober 2014 einen Freund während der Dienstzeit mit dem Streifenwagen vom Bahnhof Siegburg abgeholt, anschließend mit zur Wache genommen und den Mitarbeiter PKH Seifer zur „Übernahme“ der Fahrt veranlasst. Auch hierdurch habe er gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verstoßen (Teilsachverhalt 3). 25Mit Verfügung vom 20. Juli 2016 wurde das Disziplinarverfahren auf weitere vier Teilsachverhalte ausgedehnt. Dem Beklagten wurde zusätzlich zur Last gelegt, gegen seine Dienstpflichten verstoßen zu haben, indem er von 2004 bis Anfang 2012 einer genehmigungspflichtigen Nebentätigkeit ohne Genehmigung nachgegangen sei (Teilsachverhalt 1), indem er in den Jahren 2011 bis 2014 keine Aufstellung über die Einnahmen aus der Nebentätigkeit vorgelegt habe, obwohl diese die nicht meldepflichtige Summe von 1.200 Euro deutlich überstiegen hätten (Teilsachverhalt 2), indem er entgegen den Angaben in seinen Anträgen sowie den Auflagen in den am 5. März 2012 und 27. Februar 2015 erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen der Nebentätigkeit während der Dienstzeit nachgegangen sei (Teilsachverhalt 3) und indem er entgegen der erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung am 12. März 2015 – ungeachtet einer Krankmeldung bei der Dienststelle – eine Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft Rezagstraße 27-29 in Köln geleitet habe (Teilsachverhalt 4). 26Mit Verfügung vom 22. August 2016 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Schreiben vom 23. März 2017 wurde ihm das Ergebnis der Ermittlungen vom 22. März 2017 übersandt. Auf seinen Antrag wurde der Personalrat beteiligt. Dieser teilte unter dem 11. Mai 2017 mit, zur beabsichtigten Erhebung einer Disziplinarklage keine Stellungnahme abzugeben. 27Mit Verfügung vom 6. November 2017 wurde die Einbehaltung von 30 % der monatlichen Dienstbezüge des Beklagten angeordnet. Der hiergegen gerichtete Aussetzungsantrag des Beklagten blieb in zweiter Instanz erfolglos (Beschluss des VG Düsseldorf vom 7. Dezember 2017 – 35 L 5558/17.O –, Beschluss des Senats vom 9. Oktober 2018 – 3d B 16/18.O –). 28Der Kläger hat bereits am 9. Juni 2017 Disziplinarklage erhoben. Er wirft dem Beklagten unter Zugrundelegung des vom Strafbefehl des Amtsgerichts Köln vom 4. Mai 2016 – Az. 584 Cs 165/16 – erfassten Sachverhalts und der weiteren in der Einleitungsverfügung vom 29. Juni 2016 und der Ausdehnungsverfügung vom 20. Juli 2016 beschriebenen weiteren sechs Teilsachverhalte vor, vorsätzlich und schuldhaft gegen seine Pflichten zum inner- und außerdienstlichen Wohlverhalten, zur uneigennützigen Amtsführung, zum vollen persönlichen Einsatz, zum Gehorsam, zur Gesunderhaltung und Genesung sowie gegen die Wahrheitspflicht aus §§ 34, 35 BeamtStG, gegen §§ 49 und 53 LBG sowie gegen § 15 NtV verstoßen zu haben und damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen im Sinne des § 47 BeamtStG begangen zu haben. Hierdurch habe er das Vertrauen des Dienstherrn verloren. Wegen der Einzelheiten wird auf die Disziplinarklageschrift vom 6. Juni 2017 [Bl. 1 – 23 der Gerichtsakte] Bezug genommen. 29Der Kläger hat beantragt, 30den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. 31Der Beklagte hat beantragt, 32die Klage abzuweisen. 33Er hat geltend gemacht, die Klageschrift leide an wesentlichen Mängeln im Sinne des § 54 Abs. 1 LDG NRW, weil sie nicht sämtliche für die Maßnahmebemessung erheblichen Gesichtspunkte und Beweismittel aufführe. Die erhobenen Vorwürfe seien zutreffend. Der Sachverhalt tue ihm unendlich leid. Die finanziellen Ausmaße seiner Nebentätigkeit seien ihm nicht bewusst gewesen; das Ganze sei ihm über den Kopf gewachsen. Er könne allerdings nicht nachvollziehen, dass das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn zerstört sei. Eine Steuerhinterziehung, die als schwerste ihm vorgeworfene Dienstpflichtverletzung Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung sei, führe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei fehlendem Dienstbezug erst bei einem siebenstelligen Eurohinterziehungsbetrag zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dieser Schwellenwert sei nicht erreicht. Zu seinen Gunsten sei weiter zu berücksichtigen, dass er sich bei der Aufklärung stets kooperativ gezeigt habe, sofort geständig gewesen sei und den Schaden ausgeglichen habe. Hierfür habe er seine Wohnung verkauft und ein Darlehn aufgenommen. Die von Kollegen mitgehörten Telefonate hätten nicht immer der Wohnungsverwaltung gedient, sondern vielfach im Zusammenhang mit der Renovierung seiner eigenen Wohnungen gestanden. Auch die auf dem Dienstrechner aufgefundenen Dateien bezögen sich teilweise auf seine privat genutzte Wohnung. Er habe nie seine Dienstpflichten vernachlässigt. Er habe viele Jahre in verantwortungsvoller Position unbeanstandet seinen Dienst verrichtet. Es sei nicht zu erkennen, dass er untragbar geworden sei. 34Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2017 das Disziplinarverfahren gemäß § 55 Abs. 1 LDG NRW durch Ausscheiden des Vorwurfs beschränkt, der Beklagte habe einen Freund mit einem Dienstwagen vom Bahnhof abgeholt (Teilsachverhalt 3 der Einleitungsverfügung). Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat es den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. 35Der Beklagte hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 6. Dezember 2017 zugestellte Urteil am 29. Dezember 2017 Berufung eingelegt und diese innerhalb der antragsgemäß verlängerten Begründungsfrist am 1. Februar 2018 mit an das Verwaltungsgericht gerichtetem Schriftsatz wie folgt begründet: 36Der in Rede stehende Steuerhinterziehungsbetrag in nicht verjährter Zeit von 108.382,34 EUR sei entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht als außergewöhnlich hoch zu bewerten. Er sei weit von dem vom Bundesverwaltungsgericht für maßgeblich gehaltenen siebenstelligen Betrag entfernt und befinde sich am ganz unteren Rand des sechsstelligen Bereichs. Ein erheblich gesteigerter Unrechtsgehalt lasse sich auch nicht daraus herleiten, dass er steuererhebliche Tatsachen nicht lediglich verschwiegen, sondern auch falsche Tatsachen angegeben habe. Eine solche Gemengelage von Verschweigen und unzutreffendem Vorbringen steuerrechtlich erheblicher Umstände liege in der Mehrzahl steuerstrafrechtlicher Delikte vor. Die strafrechtliche Sanktionierung seines Handelns liege mit acht Monaten Gesamtfreiheitsstrafe zudem deutlich unterhalb des Strafmaßes von einem Jahr, bei dem das Beamtenverhältnis bereits kraft Gesetzes geendet hätte. Dies spreche eher dafür, dass von seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könne. Beim Blick auf den zehn Jahre überschreitenden Zeitraum der Tatbegehung sei die nicht besonders bedeutende Höhe der jährlichen Hinterziehungsbeträge zu berücksichtigen. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht bei Fehlen anerkannter Milderungsgründe als entlastende Aspekte seines Persönlichkeitsbildes sein sofortiges Geständnis nach Tatentdeckung und seine Kooperation im Straf- und Disziplinarverfahren als Belege für seine Bereitschaft, Verantwortung für sein Tun zu übernehmen, sowie den Ausgleich der Steuerschuld berücksichtigt. In den Blick zu nehmen sei darüber hinaus seine über Jahrzehnte dauernde beanstandungsfreie Dienstausübung. Er habe sich ausschließlich das streitgegenständliche Fehlverhalten zu Schulden kommen lassen. Die strafrechtliche Sanktionierung und das Disziplinarverfahren hätten ihn persönlich stark betroffen. Es sei sich der Tragweite seiner Verfehlung bewusst, die nicht zu entschuldigen oder zu relativieren sei. Gleichwohl ergebe die Abwägung der für ihn sprechenden Umstände mit dem Gewicht des Dienstvergehens, dass von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Abstand genommen werden könne und allenfalls eine Zurückstufung auszusprechen sei. 37Der Beklagte beantragt, 38das angefochtene Urteil zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. 39Der Kläger beantragt, 40 die Berufung zurückzuweisen. 41Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend: Vorliegend sei von einer außergewöhnlichen Höhe des Steuerhinterziehungsbetrages auszugehen. Dies sei nach der Rechtsprechung bereits bei einem Betrag im fünf- bis sechsstelligen DM-Bereich der Fall. Ungeachtet dessen, dass ein siebenstelliger Betrag nicht erreicht sei, sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil in seinem Fall zusätzliche erschwerende Gesichtspunkte bestünden. Die Pflichtverletzung weise einen Dienstbezug auf. Auch habe der Beklagte steuerlich erhebliche Tatsachen aktiv bewusst falsch vorgetragen. Für die Schwere des Vergehens spreche bereits, dass das Strafgericht gegen ihn als Ersttäter eine Freiheitsstrafe verhängt habe. 42Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die in dem Protokoll der mündlichen Verhandlung im Einzelnen bezeichneten Beiakten, wie sie dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen. 43Entscheidungsgründe: 44Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht aus dem Beamtenverhältnis entfernt. 45I. In tatsächlicher Hinsicht trifft der Senat hinsichtlich der dem Beklagten zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen, soweit sie nach der durch das Verwaltungsgericht vorgenommenen Beschränkung noch Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, dieselben Feststellungen wie das Verwaltungsgericht und verweist insofern auf Seite 8, Absätze 2 bis 6 des angefochtenen Urteils, die dort – mit zwei Korrekturen von offenkundigen Fehlern – in Bezug genommenen tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts Köln vom 4. Mai 2016 – 584 Cs 165/16 –, Beiakte 11, Blatt 245 bis 246, sowie die Schilderungen zum tatsächlichen Geschehen auf den Seiten 8, zweiter Absatz, bis 9, dritter Absatz, und 10, zweiter Absatz, bis 12, erster Absatz, der Disziplinarklageschrift vom 6. Juni 2016, auf die das Verwaltungsgericht ebenfalls verwiesen hat. Der Beklagte hat die Richtigkeit der erhobenen Tatvorwürfe ohne Einschränkung eingeräumt. Auch unter Berücksichtigung des Inhalts der vorliegenden Akten bestehen hieran keine Zweifel. 46II. Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht auch in seiner Bewertung, dass der Beklagte ein teils außer-, teils innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des zu den Tatzeitpunkten jeweils geltenden § 83 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung – LBG NRW a.F. – bzw. danach § 47 Abs. 1, Sätze 1 und 2 BeamtStG begangen hat, indem er vorsätzlich und schuldhaft gegen seine Pflichten zu inner- und außerdienstlichem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 57 Satz 3 LBG NRW a.F., § 34 Satz 3 BeamtStG), zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 57 Satz 1 LBG NRW a.F., § 34 Satz 1 BeamtStG), zur Wahrhaftigkeit in dienstlichen Angelegenheiten (§§ 57 Satz 3 i.V.m. 58 Satz 1 LBG NRW a.F., §§ 34 Satz 3, 35 Satz 1 BeamtStG) verstoßen und die Vorschriften über die Genehmigung von Nebentätigkeiten (§ 68 Abs. 1 LBG NRW a.F., § 49 Abs. 1 LBG NRW) und die Meldung und Aufstellung von Nebeneinnahmen (§ 71 LBG NRW a.F., § 53 LBG NRW und § 15 NtV) verletzt hat. Insoweit wird auf dessen Ausführungen auf S. 9, zweiter Absatz, bis Seite 10, vorletzter Absatz, des angefochtenen Urteils verwiesen, denen sich der Senat aufgrund eigener Überzeugungsbildung anschließt. Zu ergänzen ist, dass die Ausübung der Nebentätigkeit im Dienst unter Nutzung dienstlicher Mittel gegen § 70 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F., § 52 Abs. 1 Satz 1 LBG sowie die Verpflichtung zur Uneigennützigkeit (§ 57 Satz 2 LBG NRW a.F. § 34 Satz 2 BeamtStG) verstieß und dem Inhalt der erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen zuwider lief, sodass der Beklagte insofern seine Gehorsams- bzw. Folgepflicht (§ 58 Satz 2 LBG NRW a.F, § 35 S. 2 BeamtStG) verletzte. 47III. Wegen dieses Dienstvergehens hat das Verwaltungsgericht den Beklagten zu Recht aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Bei einer prognostischen Gesamtwürdigung sämtlicher be- und entlastenden Umstände des Falles ist er im Beamtenverhältnis untragbar; er hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW). 481. Die Auswahl der im Einzelfall erforderlichen Disziplinarmaßnahme richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Sätze 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 LDG NRW nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Dazu sind die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen, um dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) zu genügen. Die Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. 49Vgl. entsprechend zu § 13 BDG BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 – 2 C 63.11 –, BVerwGE 147, 229 = juris Rn. 13 m.w.N. 50Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Dies ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. Je schwerer das Dienstvergehen wiegt, desto näher liegt eine derartige Prognose. 51Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 31 m.w.N. 52Für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme im Sinne des § 5 Abs. 1 LDG NRW ist die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW maßgebendes Bemessungskriterium. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) und unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (z.B. materieller Schaden). Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG NRW aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist. 53Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 29 m.w.N. 542. Das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen wiegt so schwer, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert ist. 55Setzt sich ein Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. 56Vgl. BVerwG, Urteil vom 08.09.2004 – 1 D 18.03 –, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 = juris Rn. 47. 57Das ist hier ungeachtet ihrer außerdienstlichen Begehung und des erheblichen Gewichts der innerdienstlichen Pflichtenverstöße des Beklagten bei Ausübung seiner Nebentätigkeit die durch das Amtsgericht Köln durch Strafbefehl mit einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe belegte Steuerhinterziehung. Diese wiegt schon für sich genommen so schwer, dass die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis nahe liegt. Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Verfehlungen ist das Fehlverhalten insgesamt von einer Schwere, die die Verhängung der Höchstmaßnahme indiziert. 58a) Zur disziplinaren Maßnahmebemessung hat sich bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen, das – wie hier – ein strafbares Verhalten zum Gegenstand hat, die Zuordnung zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NRW in einer ersten Stufe am gesetzlichen Strafrahmen zu orientieren, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Der Beklagte hat außerdienstlich Einkommensteuer- und Umsatzsteuerhinterziehungen begangen. Dabei handelt es sich um Straftaten, die das Gesetz mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (§ 370 Abs. 1 AO) bedroht. Die disziplinarrechtliche Ahndung bis hin zur disziplinaren Höchstmaßnahme ist damit eröffnet. 59Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 – 2 C 50.13 –, NVwZ-RR 2016, 421 = juris Rn. 15 und 22. 60b) Zur Bestimmung der Schwere des begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden. Dies folgt aus § 51 Abs. 1 Nr. 1 LBG NRW a.F. bzw. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, die direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpfen. Unterhalb der in diesen Vorschriften genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von Bedeutung ist. 61Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 – 2 C 9.14 –, BVerwGE 152, 228 = juris Rn. 37. 62Die strafrechtliche Sanktionierung spricht hier für die Bewertung des Fehlverhaltens als schwerwiegendes Dienstvergehen, bei dessen disziplinarrechtlicher Ahndung die Höchstmaßnahme in den Blick zu nehmen ist. Das Amtsgericht Köln hat den Beklagten wegen der Steuerhinterziehungsdelikte mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten belegt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Damit hat es bei einer fehlenden Vorbelastung des Beklagten ein ganz erhebliches strafrechtliches Sanktionsbedürfnis zum Ausdruck gebracht. Auch wenn das Strafmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe, das nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LBG NRW a.F. bzw. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG schon kraft Gesetztes zur Beendigung des Beamtenverhältnisses führt, um vier Monate unterschritten ist, dokumentiert sich bereits hierin eine ganz erhebliche Schwere seines außerdienstlichen strafbaren Tuns. 63c) Die konkreten Einzelumstände der Steuerhinterziehungstaten des Beklagten untermauern die Bewertung als sehr schwerwiegende außerdienstliche Verfehlungen. 64Eine Steuerhinterziehung hat schon für sich genommen Gewicht. Dies zeigt die in § 370 AO vorgesehene Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Begeht ein Beamter eine derartige Tat, fällt ihm zur Last, dass er durch kriminelles Verhalten den staatlichen Steueranspruch mindert, obwohl er durch öffentliche Mittel alimentiert wird. Das beeinträchtigt in erheblichem Maß sein eigenes und das Ansehen der Beamtenschaft insgesamt, auf das der freiheitliche Rechtsstaat in besonderem Maße angewiesen ist, wenn er die ihm gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben sachgerecht erfüllen will. Zugleich führt es zu erheblichen Zweifeln an der Vertrauenswürdigkeit des Beamten. 65Für die Auswahl der Disziplinarmaßnahme kommt es bei außerdienstlich begangenen Steuerhinterziehungen ohne dienstlichen Bezug wegen der großen Variationsbreite der möglichen Verfehlungen, insbesondere wegen der sehr unterschiedlichen Hinterziehungsbeträge, auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. 66Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 34. 67Ein Grundsatz des Inhalts, dass die disziplinare Höchstmaßnahme von vornherein ausschiede, wenn die hinterzogenen Steuern nicht wenigstens einen siebenstelligen Euro-Betrag erreichten, besteht dabei nicht. Eine solche Regel lässt sich auch dem vorgenannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen. Zum einen betraf das Urteil außerdienstliche Steuerhinterziehungen ohne jeden Dienstbezug. Weder ließen sie nachteilige Rückschlüsse auf die Erfüllung der Dienstpflichten zu noch waren sie geeignet, die für die Amtsführung unabdingbare Autorität zu beeinträchtigen. Ihre disziplinarrechtliche Relevanz folgte aus dem erheblichen Ansehensschaden, den der seinerzeitige Beklagte durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hatte. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 25; sowie Beschluss vom 27.12.2017 – 2 B 18.17 –, juris Rn.12, 23. 69Hierum geht es im Streitfall, in dem einem Polizeivollzugsbeamten vorsätzliche Straftaten zur Last fallen, schon im Ansatz nicht. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem vom Beklagten angesprochenen Urteil ausgeführt hat, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts kämen in Betracht, wenn der Hinterziehungsbetrag einen siebenstelligen Euro-Betrag erreiche, folgt daraus nicht etwa im „Umkehrschluss“, dass die disziplinare Höchstmaßnahme bei geringeren Hinterziehungsbeträgen ungeachtet der weiteren Umstände des Falles ausgeschlossen wäre. Vielmehr kann auch bei geringeren Hinterziehungsbeträgen die Höchstmaßnahme gerechtfertigt sein, wenn im Einzelfall erschwerende Gesichtspunkte hinzutreten. 70Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 34, und vom 26. November 1997 – 1 D 57.97 –, BVerwGE 113, 166 = juris Rn. 17 ff. 71Insbesondere in Fällen, in denen eine außerdienstliche Steuerhinterziehung einen dienstlichen Bezug aufweist, kommt der Höhe der hinterzogenen Steuern für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens keine ausschlaggebende Bedeutung zu. 72Vgl. Beschluss vom 27.12.2017 – 2 B 18.17 –, juris Rn.12. 73Hier sind sowohl eine ganz erhebliche Deliktsschwere als auch ein Dienstbezug festzustellen. 74Festzuhalten ist zunächst, dass der dem Beklagten im Strafbefehl des Amtsgerichts Köln zur Last gelegte – unverjährte – Steuerschaden sich – einschließlich einer lediglich versuchten Einkommensteuerverkürzung i.H.v. 13.168,00 EUR für 2014 – auf mehr als 108.000,00 EUR beläuft, also ungeachtet der fehlenden Siebenstelligkeit des Schadensbetrages außergewöhnlich hoch ist. Schon bei einem sechsstelligen DM-Betrag hat das Bundesverwaltungsgericht eine "außergewöhnliche Höhe" des Hinterziehungsbetrags angenommen. 75Vgl. BVerwG, Urteile vom 08.09.2004 – 1 D 18.03 –, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 = juris Rn. 47, und vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 34. 76Bei einem Steuerschaden im fünf- bis sechsstelligen Bereich, hat das Bundesverwaltungsgericht schon wegen der Schadenshöhe die Verhängung einer Dienstgradherabsetzung für angemessen erklärt. 77Vgl. BVerwG, Urteil vom 08.09.2004 – 1 D 18.03 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 = juris Rn. 47 m.w.N. -. 78Der Unrechtsgehalt eines Steuerdelikts wird zudem nicht allein durch die nominelle Höhe des Hinterziehungsbetrages gekennzeichnet. Eine schematische, quasi „tarifmäßige“ Betrachtung gestaffelt nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages ist nicht möglich. 79Vgl. für das Strafrecht BGH, Urteil vom 02.12.2008 – 1 StR 416/08 –, BGHSt 53, 71 = 80juris Rn. 24, zur Strafzumessung nach § 46 StGB. 81Hier wird der bereits aufgrund der außergewöhnlichen Höhe des Hinterziehungsbetrages erhebliche Unrechtsgehalt der Taten dadurch gesteigert, dass der Beklagte es nicht lediglich pflichtwidrig unterlassen hat, den Finanzbehörden steuerlich erhebliche Tatsachen mitzuteilen, um dem Fiskus entstandene Steuern vorzuenthalten. Der Beklagte hat vielmehr zusätzlich falsche Tatsachen erklärt, nämlich zum einen das Bestehen eines Mietverhältnisses über einen Teil seiner selbst genutzten Wohnung vorgetäuscht und zum anderen falsche Dienstorte behauptet, um überhöhte Werbungskosten geltend machen zu können. Dies weist gegenüber dem Fall des bloßen Verschweigens steuerlich erheblicher Tatsachen einen deutlich höheren Unrechtsgehalt auf. 82Vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08 –, BGHSt 53, 71 = juris Rn. 37 ff. 83Mit den Falschangaben zu den Dienstorten instrumentalisierte der Beklagte zudem dienstliche Zusammenhänge. 84Den Beklagten belastet weiterhin, dass sich sein steuerliches Fehlverhalten nicht nur auf eine Tat beschränkte. Fehlerhafte Angaben zu seinen Einkünften aus der Wohnungsverwaltung machte er bezogen auf elf Jahre (2004 bis 2014), wobei der Strafbefehl nur Steuerverkürzungen bezogen auf die Jahre 2009 bis 2014 ahndet. In den zwischen den jeweiligen Tathandlungen liegenden Zeiträumen hätte er ausreichend Gelegenheit gehabt, sich des Unrechts seines Verhaltens bewusst zu werden und von seinem rechtswidrigen Tun Abstand zu nehmen. Diese Gelegenheit hat er nicht genutzt. 85Vgl. BVerwG, Urteile vom 28.11.2000 – 1 D 56.99 –, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr 23 = juris Rn. 30, und vom 09.09.1997 – 1 D 1.97 –, juris Rn. 26. 86Den Beklagten belastet zudem, wie bereits ausgeführt, nachhaltig, dass die Steuerhinterziehungen einen Dienstbezug aufweisen. Er hat diese Delikte begangen, obwohl es seine Aufgabe als Polizist ist, Straftaten zu verhindern und aufzuklären. Diese wiederholte und langjährige Missachtung von Strafgesetzen begründet nachhaltige Zweifel an seiner Bereitschaft, seinen dienstlichen Aufgaben jederzeit gerecht zu werden. Insofern ist es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass er zuletzt lange Jahre bei der Autobahnpolizei im Einsatz war. Abzustellen ist insofern auf das Statusamt des Beamten, nicht auf seine konkrete Funktion. 87d) Mögen die vorgenannten Gesichtspunkte insgesamt für sich genommen die Steuerhinterziehungen des Beklagten möglicherweise als Grenzfall erscheinen lassen, in dem von einer Dienstentfernung noch abgesehen werden könnte, so verleihen jedenfalls die im Zusammenhang mit seiner Hausverwaltertätigkeit verbundenen innerdienstlichen Pflichtverstöße dem Dienstvergehen insgesamt ein derartiges Gewicht, dass allein die Verhängung der Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung in Betracht kommt. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass der Beklagte nicht nur seine Nebentätigkeit zunächst jahrelang ohne Genehmigung betrieb, später falsche Angaben über ihren Umfang machte und zu keinem Zeitpunkt seine Nebeneinnahmen ordnungsgemäß angab, sondern diese Nebentätigkeit auch noch in nennenswertem Umfang während seiner Dienstzeit und unter Nutzung dienstlicher Mittel ausübte. Diesen Umfang belegen die auf dem Dienstrechner aufgefundenen mehreren hundert Dateien in mehr als hundert Unterverzeichnissen, von denen viele die Bezeichnung von vom Beklagten verwalteten Immobilien tragen. Diese Verfolgung eigener Erwerbsinteressen unter Nutzung dienstlicher Mittel in Zeiten, in denen er sich ausschließlich seinen dienstlichen Aufgaben zu widmen hatte, verleiht auch der Ausübung der Nebentätigkeit durch den Beklagten ein besonderes Gewicht. Das zeigt sich unter anderem daran, dass der Gesetzgeber es für erforderlich hielt, die Ausübung von Nebentätigkeiten, deren Übernahme nicht auf dienstlicher Veranlassung beruhte, innerhalb der Arbeitszeit ausdrücklich zu verbieten (§ 70 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F., § 52 Abs. 1 Satz 1 LBG). In diesem Zusammenhang ist im Blick zu behalten, dass für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten ebenfalls der gesamte Maßnahmenkatalog zur Verfügung steht, wobei u.a. die Ausübung in Zeiten einer Krankschreibung oder Beeinträchtigungen der Erfüllung dienstlicher Aufgaben von Bedeutung sind. 88Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2018 – 2 B 4.18 –, DVBl 2018, 1556 = juris Rn. 20. 89Nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts fällt dem Beklagten in einem Fall zur Last, eine Eigentümerversammlung an einem Tag geleitet zu haben, für den er sich krank gemeldet hatte. Ferner liegt auf der Hand, dass die Ausübung der Nebentätigkeit in den Diensträumen während der Dienstzeit unter Inanspruchnahme dienstlicher Mittel die dienstliche Aufgabenerfüllung beeinträchtigte: Er stand in dieser Zeit für den Dienst nicht zur Verfügung. Dabei entlastet den Beklagten nicht durchgreifend sein Vorbringen, seiner Nebentätigkeit in so genannten "Leerlaufzeiten" nachgegangen zu sein. Er war verpflichtet, seine Dienstzeiten – ausschließlich - für die Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben zu nutzen. Im Falle der Unterforderung hätte es ihm oblegen, freie Kapazitäten für eine Effektivierung der Aufgabenerfüllung der von ihm geleiteten Dienstgruppe oder der Autobahnpolizeiwache zu nutzen oder sich um die Übertragung zusätzlicher Dienstaufgaben zu bemühen, statt in dieser Zeit die Alimentation, die der Dienstherr ihm für die geschuldete volle Hingabe an sein Amt gewährte, durch entgeltliche Erwerbstätigkeit "aufzubessern". Auch sein Versuch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die Ausübung seiner Nebentätigkeit während der Dienstzeit herunterzuspielen, führt zu keiner wesentlich milderen Betrachtung. Sofern eine private Festplatte einen Defekt aufgewiesen haben sollte, hätte nichts näher gelegen, als diese zu ersetzen, statt zur "Datensicherung" auf dienstliche Geräte zuzugreifen. Die geringen Kosten für ein derartiges Gerät stehen zu den Erträgen aus seiner ungenehmigten Nebentätigkeit in keinem Verhältnis. Außerdem erklärt dieser angebliche Zweck ebenso wenig die von dem Beklagten eingeräumte Nutzung des dienstlichen Druckers, wie er mit der 90– ebenso eingestandenen – Ausnutzung dienstlicher "Leerlaufzeiten" vereinbar ist. 913) Hat das Dienstvergehen des Beklagten hiernach insgesamt ein solches Gewicht, dass seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme indiziert ist, so kommt es für die Bestimmung der im konkreten Einzelfall zu verhängenden Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 LDG NRW derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist. 92Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 –, BVerwGE 147, 229 = juris Rn. 17 m.w.N., sowie Beschluss vom 01.03.2012 – 2 B 140.11 –, USK 2012, 164 = juris Rn. 9. 93Das ist nicht der Fall. 94a) Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. 95Vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 – 2 C 12.04 –, BVerwGE 124, 252 = juris Rn. 25, und vom 29.05.2008 – 2 C 59.07 –, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 = juris Rn. 14; Beschlüsse vom 20.12.2013 – 2 B 35.13 –, NVwZ-RR 2014, 314 = juris Rn. 6, und vom 28.06.2010 – 2 B 84.09 –, juris Rn. 14. 96aa) Von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte persönlichkeitsbezogene Milderungsgründe, die zum Absehen von der Höchstmaßnahme führten, liegen nicht vor. Für eine Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten, ein Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage, ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Handeln in einer besonderen Versuchungssituation, eine schockartig ausgelöste psychische Ausnahmesituation oder eine schwierige, zwischenzeitlich überwundene negative Lebensphase, die den Beklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung „aus der Bahn geworfen“ hatte, sprechen keinerlei Anhaltspunkte. 97Auch der Milderungsgrund einer freiwilligen Offenbarung des Dienstvergehens vor Tatentdeckung ist nicht gegeben. Der Beklagte hat das Dienstvergehen erst nach Aufdecken seiner Straftaten und im Angesicht einer erdrückenden Beweislage eingeräumt. 98bb) Stehen dem Beklagten demnach keine in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „anerkannten“ Milderungsgründe zur Seite, bedeutet dies allerdings nicht, dass die entlastenden Aspekte seines Persönlichkeitsbildes bei der Maßnahmebemessung unberücksichtigt bleiben dürften. Sie sind vielmehr auch dann, wenn sie keinen der anerkannten Milderungsgründe verwirklichen, insgesamt mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. 99Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 – 2 C 63.11 –, BVerwGE 147, 229 = juris Rn. 25; Beschlüsse vom 20.12.2013 – 2 B 35.13 –, NVwZ-RR 2014, 314 = juris Rn. 21, und vom 23.02.2012 – 2 B 143.11 –, juris Rn. 13. 100Dabei bieten die anerkannten Milderungsgründe Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen im Einzelfall wiegt. 101Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63.11 –, BVerwGE 147, 229 = juris Rn. 25; Beschluss vom 20.12.2013 – 2 B 35.13 –, NVwZ-RR 2014, 314 = juris Rn. 21. 102Für den Beklagten spricht, dass er im Ermittlungsverfahren mit dem Finanzamt kooperiert, die ihm vorgeworfenen Straftaten im Straf- und Disziplinarverfahren eingeräumt und auch seine innerdienstlichen Verfehlungen zugestanden hat, wenngleich die Beweislage gegen ihn ohnehin erdrückend war. Dies zeigt seine Bereitschaft, im Ergebnis die Verantwortung für sein Fehlverhalten zu übernehmen. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens vermögen ihn diese Kooperation und die nach Entdeckung der Taten erfolgte geständige Einlassung indes nicht durchgreifend zu entlasten. 103Die Begleichung der Steuerschulden spricht ebenfalls in gewissem Maße für den Beklagten. Auch hierzu war er jedoch rechtlich verpflichtet. 104Auch die fehlende strafrechtliche und disziplinare Vorbelastung, die langjährige unbeanstandete Dienstausübung und die positiven Leistungsbeurteilungen des Beklagten haben weder für sich genommen noch in der Gesamtschau mit den bereits angesprochenen Gesichtspunkten ein anderes Abwägungsergebnis zur Folge. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die für Beamte generell Geltung beanspruchen (sollten). Dass ein Beamter nicht straffällig oder disziplinar auffällig wird und im Dienst ordentliche Leistungen erbringt, dürfen sowohl der Dienstherr als auch die Allgemeinheit als selbstverständliches Bemühen erwarten. Eine langjährige beanstandungsfreie Dienstleistung fällt jedenfalls bei gravierenden Dienstpflichtverletzungen, wie sie hier in Rede stehen, neben der Schwere des Dienstvergehens in aller Regel nicht durchgreifend mildernd ins Gewicht. Denn jeder Beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Die langjährige Erfüllung dieser Verpflichtung kann nicht dazu führen, dass die Anforderungen an das inner- und außerdienstliche Verhalten abgesenkt werden 105Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2013 106– 2 B 63.12 –, juris Rn. 13 m.w.N. 107Die guten Leistungen des Beklagten haben im Übrigen zu seiner Beförderung in sein zuletzt innegehabtes Statusamt der Besoldungsgruppe A 12 geführt. 108Den Beklagten entlastet nicht, dass er sich bei dem Erwerb seiner Eigentumswohnungen, die er baulich zu einer Wohneinheit umgebaut hat, nach dem Wegfall des Unterhaltsanspruch seiner früheren Ehefrau wirtschaftlich "übernommen" haben will, wie er erklärt hat. Nach Erkenntnis dessen wäre es ihm möglich gewesen, sich wieder von den fraglichen Wohnungen zu trennen und etwa in eine seiner übrigen Eigentumswohnungen zu ziehen, statt sich für erforderlich gehaltene Finanzmittel durch Straftaten wie das Vortäuschen eines Mietverhältnisses gegenüber dem Finanzamt zu beschaffen. 109Ebenso wenig kann der Beklagte sich mit Erfolg darauf berufen, nicht gewusst zu haben, wie er auf den Weg rechtmäßigen Verhaltens hätte zurückkehren sollen, nachdem er gegenüber dem Finanzamt einmal unrichtige Angaben gemacht hatte. Es hätte ihm jederzeit frei gestanden, sich der strafrechtlichen Verfolgung wegen früher begangener Steuerhinterziehungen vor Aufdeckung seiner Taten durch Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 AO zu entziehen. 110Die vom Beklagten reklamierte Unkenntnis von der Höhe seiner im Laufe der Zeit aufgelaufenen, durch Steuerhinterziehung erlangten Vermögensvorteile sowie seine geltend gemachte Überforderung führen ebenfalls nicht zu einer durchgreifenden Milderung. Es ist nicht erkennbar, was etwa einer schlichten Aufsummierung seiner verschwiegenen Einnahmen entgegengestanden hätte. Auch die Steuervorteile aus unzutreffend geltend gemachten Aufwendungen sind unschwer zu ermitteln. Angesichts des Umfangs der Verwaltertätigkeiten, die der Beklagte im Tatzeitraum offenbar mit Erfolg ausgeübt hat, ist auch nicht nachvollziehbar, womit er im Zusammenhang mit der Abgabe zutreffender Erklärungen gegenüber dem Finanzamt überfordert gewesen sein sollte. 111Die vom Beklagten angestellten Vermutungen zu Kollegen, die nach den von ihm im Jahr 2007 begonnenen Änderungen in der Dienstgruppe mit ihm noch "Rechnungen offen" gehabt hätten, führen zu keiner Entlastung. Für die ihm vorgeworfene Steuerhinterziehung wäre etwas Derartiges schon im Ansatz ohne Belang. Auch die ungenehmigte Nebentätigkeit als solche und deren Ausübung in den Diensträumen während der Dienstzeit stellt der Beklagte nicht in Abrede. Dass seine Verfehlungen dem Dienstherrn und der Steuerverwaltung im Wege anonymer Schreiben bekannt geworden sind, entlastet ihn nicht. Die Angaben in diesen Schreiben waren im Kern zutreffend. Hiermit verwirklichte sich ein Risiko, das er mit der Begehung dieser Dienstpflichtverletzungen selbst begründete. 112b) Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 LDG NRW erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. 113Vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 – 2 C 59.07 –, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 = juris Rn. 15, und vom 20.10.2005 – 2 C 12.04 –, BVerwGE 124, 252 = juris Rn. 26. 114Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Dienstvorgesetzten, sondern die Frage, inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten belastenden und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Entscheidungsmaßstab ist ferner, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die Gesamtwürdigung der bedeutsamen Gesichtspunkte ergibt, dass der Beamte auch zukünftig seinen Dienstpflichten nicht nachkommen wird oder die Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei seinem Verbleiben im Beamtenverhältnis nicht wiedergutzumachen ist. 115Vgl. BVerwG, Urteile vom 22.06.2006 – 2 C 11.05 –, DokBer 2006, 310 = juris Rn. 24, und vom 20.10.2005 – BVerwG 2 C 12.04 – NVwZ 2006, 469 = juris Rdn. 26. 116Die Würdigung aller Umstände unter Beachtung auch dieses Kriteriums führt bei prognostischer Beurteilung zu der Bewertung, dass der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beklagten nach dem von ihm begangenen sehr schweren Dienstvergehen kein Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung mehr entgegenbringen können und die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums bei einem Fortbestehen seines Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist. 117Der Beklagte hat als aus öffentlichen Mitteln alimentierter Polizeibeamter in Steuererklärungen für die Einkommensteuer betreffend sechs Veranlagungsjahre unwahre Angaben zu Einkünften und Werbungskosten gemacht, die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen unterlassen und hierdurch strafbar Einkommen- und Umsatzsteuern in Höhe von mehr als 108.000,00 EUR hinterzogen bzw. zu hinterziehen versucht. Auch in den fünf Jahren zuvor hatte er seine Einkünfte aus seiner Hausverwaltung bei seinen Einkommensteuererklärungen verschwiegen. Seine Nebentätigkeit als Hausverwalter hat er jahrelang ohne die dienstrechtlich erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung und nach Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen in unzulässigem Umfang ausgeübt, ohne jemals seine Nebeneinkünfte ordnungsgemäß anzugeben. Dabei erbrachte er die Tätigkeiten in nennenswertem Umfang während seiner Arbeitszeit und nutzte hierfür dienstliche Mittel wie Computer und Drucker. 118Die demgegenüber in Betracht zu ziehenden entlastenden Gesichtspunkte, namentlich die Kooperation mit der Finanzverwaltung, die geständigen Einlassungen in Straf- und Disziplinarverfahren, die Begleichung der Steuerschuld und das im Übrigen beanstandungsfreie dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Beklagten wiegen das ganz erhebliche Gewicht seines Fehlverhaltens nicht in einem Maße auf, dass die herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums auch bei Fortsetzung des Beamtenverhältnisses wieder gutgemacht und von dem Fortbestand eines Rests an Vertrauen in den Beklagten bei Dienstherrn und Allgemeinheit ausgegangen werden könnte. Vielmehr hat der Beklagte bei objektiver Betrachtung das Vertrauen seines Dienstherrn in eine zukünftige pflichtgemäße Berufsausübung als Polizeibeamter endgültig verspielt. Auch das Vertrauen der Allgemeinheit in seine Zuverlässigkeit und in seine korrekte Dienstausübung hat er verloren. Gründe, ihm einen Rest an Vertrauen zuzubilligen, sind nicht erkennbar. Er ist für den öffentlichen Dienst untragbar geworden. 1193. Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung den Zweck der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels hinreichender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, zukünftig Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderlich und geeignet, um den aufgezeigten Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - endgültig und grundlegend zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen. 120Vgl. BVerwG, Urteile vom 14.10.2003 – 1 D 2.03 –, ZBR 2004, 256 = juris Rn. 49, und vom 08.03.2005 – 1 D 15.04 –, Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 = juris Rn. 49. 121Die darin liegende Härte für den Beamten ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht auf dem ihm zurechenbaren vorangegangenen Fehlverhalten, wobei es für ihn vorhersehbar war, was er damit aufs Spiel setzte. 122IV. Zu einer Abänderung des Unterhaltsbeitrags (§ 10 Abs. 3 Sätze 2 und 3 LDG NRW) besteht kein Anlass. 123VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. 124Ein Grund, die Revision zuzulassen, besteht nicht. | die berufung wird zurückgewiesen. der beklagte trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 prozent des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der am 27. februar 1961 in dreis-tiefenbach geborene beklagte trat am 1. oktober 1979 in den mittleren polizeivollzugsdienst des landes nordrhein-westfalen ein. am 29. februar 1988 wurde er in das beamtenverhältnis auf lebenszeit übernommen. im september 1991 bestand er die ii. fachprüfung. seine letzte beförderung (polizeihauptkommissar, besoldungsgruppe a 12) erfolgte am 3. august 2006. 3nach abschluss der ausbildung im jahre 1983 wurde er bei verschiedenen polizeiinspektionen im wachdienst eingesetzt. mit seiner ernennung zum polizeikommissar am 13. september 1991 tat er zunächst als wachdienstführer auf der hauptwache des schutzbereichs vii des polizeipräsidiums köln und später als dienstgruppenleiter auf der polizeiwache weiden seinen dienst. im september 1996 wurde er vom polizeipräsidium köln zur bezirksregierung köln versetzt. dort wurde er seit dem 2. september 1996 als dienstgruppenleiter auf der autobahnpolizeiwache frechen und ab oktober 2002 als dienstgruppenleiter, später kommissar vom dienst in der leitstelle verwendet. im juli 2007 wurde er wieder zum polizeipräsidium köln versetzt und fand einsatz als dienstgruppenleiter bei der autobahnpolizeiwache sankt augustin. mitte juni 2015 wurde er seiner vorgesetztenfunktion enthoben und in die funktion eines wachdienstbeamten umgesetzt. seit der verfügten umsetzung hat der beklagte bis zu seiner suspendierung krankheitsbedingt keinen dienst mehr geleistet. 4seine leistungen und befähigungen lagen meist im durchschnittlichen bereich. die letzte dienstliche (regel-)beurteilung vom 14. november 2014 endet mit der bewertung, eignung und befähigung des beklagten entsprächen voll den anforderungen. 5der beklagte ist seit september 1995 geschieden und hat aus dieser ehe zwei inzwischen erwachsene kinder. 6am 5. märz 2012 wurde ihm befristet bis zum 31. märz 2015 die genehmigung zur ausübung einer nebentätigkeit bei der firma shf immobilien in siegburg erteilt. die genehmigung erfolgte u.a. mit den maßgaben, die zeitliche inanspruchnahme dürfe ein fünftel der wöchentlichen arbeitszeit nicht übersteigen, die nebentätigkeit dürfe ausschließlich in der freizeit ausgeübt werden und eine ausübung während einer erkrankung sei untersagt. nebeneinkünfte, die 1.200,00 eur im jahr überstiegen, seien jährlich anzuzeigen. in seinem antrag auf genehmigung einer nebentätigkeit für die firma „shf immobilien, sylvia hammes-farid“, hatte der beklagte u.a. versichert, bei der ausübung der nebentätigkeit nicht einrichtungen, personal oder material der behörde in anspruch zu nehmen. unter dem 27. februar 2015 wurde auf einen entsprechenden antrag des beklagten hin eine im wesentlichen inhaltsgleiche genehmigung zur ausübung bei derselben firma – befristet bis zum 28. februar 2018 – ausgesprochen. 7der beklagte ist abgesehen von den hier in rede stehenden verfehlungen straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. 8am 23. und 24. oktober 2014 gingen bei der oberfinanzdirektion in münster und beim polizeipräsidium köln gleichlautende anonyme schreiben ein, in denen der beklagte u.a. bezichtigt wurde, während seiner dienstzeit in den diensträumen arbeiten für die verwaltung eigener und fremder mietwohnungen in köln-porz durchzuführen. hierunter leide die dienstausübung. der beklagte habe erklärt, die erträge aus dieser tätigkeit dem finanzamt zu verheimlichen. die staatsanwaltschaft köln leitete ein strafverfahren u.a. wegen des verdachts der steuerhinterziehung ein und gab dieses insofern zur durchführung weiterer ermittlungen an das finanzamt für steuerstrafsachen und steuerfahndung köln ab. 9die steuerfahndungsstelle ermittelte, dass der beklagte in den einkommensteuererklärungen von 2004 bis 2013 falsche angaben zu seinen dienstlichen einsatzorten, zu seinen einkünften aus einer tätigkeit als verwalter von eigentumswohnungen - zuletzt 22 objekte - und zu einer vermietung einer tatsächlich von ihm selbst bewohnten eigentumswohnung gemacht sowie einkünfte aus der vermietung zweier garagen verschwiegen hatte. im rahmen der ermittlungen kam es am 3. september 2015 u.a. zur durchsuchung der wohnungen des beklagten und seiner verlobten, frau hammes-farid. nachdem der beklagte hierbei geltend gemacht hatte, die verwaltung der meisten der in rede stehenden wohnungseigentumsobjekte werde durch seine kinder erledigt, wurden auch deren wohnungen durchsucht. der beklagte räumte die vorwürfe im ermittlungsverfahren in allen punkten ein. das ganze habe mit dem wegfall des unterhaltsanspruchs seiner ehefrau im jahre 2000 begonnen. nach seinem wechsel von frechen nach köln habe er bei der einkommensteuererklärung als dienstort die wache in eschweiler angegeben. mit seiner wohnung in der rezagstraße 24, die er im jahr 2003 erworben habe, habe er sich übernommen. das geld sei ihm in den händen zerronnen. er sei dann auf die idee gekommen, den oberen teil der wohnung als vermietet zu deklarieren. 2009 habe er seine lebensgefährtin kennen gelernt, die er unterstützt habe. er habe dann die wohnungsverwaltung für andere vermieter übernommen. im jahre 2014 habe er 22 objekte verwaltet. er habe versucht, seine einnahmen über seine kinder zu versteuern. er habe den umfang der einnahmen aus seiner verwaltungstätigkeit nicht erkannt. das ganze sei ihm über den kopf gewachsen. die steuerschuld von etwa 178.000 eur habe er aus einem erbe und zusammengeliehenem geld fast beglichen. für 2014 habe er die zutreffende wegstreckenentfernung angegeben, sich aber bei der anzahl der arbeitstage verschrieben. einen teil der arbeiten für die wohnungsverwaltung habe er während der dienstzeit erledigt. er habe den dienstrechner zur datensicherung benutzt und auch etwas ausgedruckt. dabei habe er peinlich darauf geachtet, privates papier zu benutzen. er habe nur dienstzeiten genutzt, in denen es „leerlauf“ gegeben habe. er habe nie seine dienstpflichten vernachlässigt. er habe nie gedacht, durch sein handeln einen betrug zu begehen. 10unter dem 4. mai 2016 erließ das amtsgericht köln gegen den beklagten einen strafbefehl (584 cs 165/16 113 js 2175/15). es setzte gegen ihn wegen steuerhinterziehung in 11 fällen eine gesamtfreiheitsstrafe von 8 monaten fest, deren vollstreckung es zur bewährung aussetzte. in dem seit 21. mai 2016 rechtskräftigen strafbefehl legte es dem beklagten zur last: 11„die staatsanwaltschaft köln beschuldigt sie, in den jahren 2010-2015 in köln durch elf selbstständige handlungen in den fällen 1, 2, 3, 4, 5 und 6 gegenüber den finanzbehörden über steuerlich erhebliche tatsachen unrichtige oder unvollständige angaben gemacht und in den fällen 7, 8, 9, 10 und 11 die finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche tatsachen in unkenntnis gelassen und dadurch folgende steuern verkürzt zu haben, wobei es in einem fall (fall nr. 6) beim versuch blieb: 12wegen der nichtabgabe der umsatzsteuererklärungen für die jahre 2010 bis 2014 wurde das finanzamt köln-porz pflichtwidrig über steuerlich erhebliche tatsachen in unkenntnis gelassen und dadurch umsatzsteuer i. h. v. 27.851,34 € verkürzt. 13wegen abgabe unrichtiger einkommensteuererklärungen für die jahre 2009 bis 2014 wurden dem finanzamt köln-porz über steuerlich erhebliche tatsachen unrichtige oder unvollständige angaben gemacht und dadurch einkommensteuer i. h. v. 80.531 € verkürzt. 14in den jahren 2005 [richtig: 2004, siehe folgende auflistung] bis 2014 betrieben sie als nebenerwerb eine tätigkeit als hausverwalter von eigenem und fremdem grundbesitz. die tätigkeit unterliegt nach § 18 abs. 1 nr. 3 der einkommensteuerpflicht. sie erklärten nur einen teil der einnahmen. in den jahren 2004 bis 2015 kam es insoweit zu falschangaben in folgender höhe: 15jahr einnahmen/euro ausgaben (15 %) euro gewinn / euro 2004 8.944 1.342 7.602 2005 8.933 1.340 7.593 2006 13.687 2.053 11.634 2007 17.091 2.564 14.527 2008 18.802 2.820 15.982 2009 24.689 3.703 20.986 2010 28.724 4.309 24.415 2011 31.831 4.775 27.056 2012 36.045 5.407 30.638 2013 38.702 5.805 32.897 2014 39.134 5.870 33.264 16ferner gaben sie wahrheitswidrig bei der wegstreckenentfernung an, im zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 19.08.2009 in eschweiler eingesetzt gewesen zu sein, weshalb sie die einfache wegstreckenentfernung mit 69 km angaben. im zeitraum vom 20.08.2009 bis zum 31.12.2013 erklärten sie, bei der autobahnpolizeiwache in würselen eingesetzt zu sein. sie erklärten die einfache wegstreckenentfernung mit 78 km. auf diesen wachen waren sie nie eingesetzt. ferner gaben sie die krankheitstage falsch an. 17insgesamt wurden die werbungskosten falsch wie folgt erklärt: 18jahr werbungskosten erklärt / euro werbungskosten it. prüfung / euro korrektur laut prüfung / euro 2004 4.388,40 1.017,60 - 3.370,80 2005 4.616,10 993,60 - 3.622,50 2006 4.719,60 1.094,40 - 3.625,20 2007 4.761,00 1.154,70 - 3.606,30 2008 4.823,10 1.328,10 - 3.495,00 2009 4.890,60 1.168,50 - 3.722,10 2010 5.428,80 1.145,70 - 4.283,10 2011 5.569,20 1.254,00 - 4.315,20 2012 5.288,40 1.060,20 - 4.228,20 2013 5.194,80 1.202,70 - 3.992,10 2014 1.350,00 786,60 - 563,40 19in den jahren 2004-2014 machten sie darüber hinaus erhebliche verluste i. h. v. 54.266,00 euro steuerlich geltend, indem sie wahrheitswidrig angaben, dass ein teil ihrer wohnung vermietet sei. u.a. verschwiegen sie, seit dezember 2016 [richtig: 2012] zwei garagen zu je monatlich 50,00 euro vermietet zu haben. es kam somit zu folgenden verkürzungen: 20fall steuerart zeitraum abgabe am verkürzung (€) vollendung 1 einkommensteuer 2009 12.04.2010 10.154,00 23.06.2010 2 einkommensteuer 2010 26.08.2011 10.352,00 07.12.2011 3 einkommensteuer 2011 27.08.2012 16.880,00 23.10.2012 4 einkommensteuer 2012 07.09.2013 14.712,00 01.02.2014 5 einkommensteuer 2013 07.08.2014 15.265,00 19.12.2014 6 einkommensteuer 2014 24.08.2015 13.168,00 - 7 umsatzsteuer 2010 - 4.586,22 01.06.2011 8 umsatzsteuer 2011 - 5.082,31 01.06.2012 9 umsatzsteuer 2012 - 5.755,10 01.06.2013 10 umsatzsteuer 2013 - 6.179,37 01.06.2014 11 umsatzsteuer 2014 - 6.248,34 01.06.2015 gesamtverkürzung 108.382,34 21hinsichtlich des falles 6 liegt eine versuchte steuerhinterziehung vor.“ 22die strafe ist seit dem 15. juli 2018 erlassen. 23wegen des verdachts, der beklagte gehe während der dienstzeit in erheblichem umfang seiner nebentätigkeit als hausverwalter nach, waren anfang mai 2015 der outlook-account und das persönliche h-laufwerk des beklagten im dienstlichen netzwerk des polizeipräsidiums überprüft worden. hierbei war festgestellt worden, dass sich in dem ordner „eigene dateien“ insgesamt 674 dateien in 166 unterordnern befanden, die nach datei- bzw. ordnernamen im zusammenhang mit seiner nebentätigkeit standen. im „outlook-postfach“ befanden sich 70 e-mails mit offensichtlichem bezug zur nebentätigkeit . eine recherche in den polizeilichen datenbanken hatte zu einer anzeige des beklagten wegen fahrlässiger brandstiftung gegen einen nachbarn geführt, in der der beklagte als ausgeübten beruf „wohnungsverwalter“ angegeben hatte. eine daraufhin erfolgte nachfrage bei der gewerbeaufsicht hatte ergeben, dass der beklagte im juni 2006 ein hausverwaltungsgewerbe auf seinen namen angemeldet hatte. aufgrund dieser erkenntnisse war am 13. mai 2015 gegen den beklagten ein ermittlungsverfahren eingeleitet worden wegen des verdachts, er habe dienstliche mittel für die ausübung seiner nebentätigkeit eingesetzt und seine arbeitszeit zum überwiegenden teil für die nebenberuflichen tätigkeiten genutzt. das verfahren war mit dem o.g. verfahren wegen steuerhinterziehung verbunden und das ermittlungsverfahren bezüglich des gegen den beklagten gerichteten betrugsvorwurfs sodann vor dem strafbefehlsantrag nach § 154 stpo eingestellt worden. 24mit verfügung vom 29. juni 2016 wurde gegen den beklagten ein disziplinarverfahren eingeleitet. ihm wurde wegen des dem strafbefehl zugrunde liegenden verhaltens ein verstoß gegen die außerdienstliche wohlverhaltenspflicht zur last gelegt (teilsachverhalt 1). ferner wurde ihm – unter hinweis auf in seinem dienstcomputer auf dem home-laufwerk im unterordner „eigene dateien“ aufgefundene 674 dateien in 166 unterordnern sowie in outlook festgestellte 70 e-mails mit bezug zu seiner nebentätigkeit – vorgeworfen, im dienst in seiner damaligen funktion als dienstgruppenleiter dienstpflichtwidrig seiner nebentätigkeit als hausverwalter unter nutzung des dienstlichen rechners und druckers nachgegangen zu sein. dies begründe den verdacht einer verletzung der pflichten zu innerdienstlichem wohlverhalten (§ 34 s. 3 beamtstg), zur uneigennützigkeit (§ 34 s. 2 beamtstg) und zum vollen persönlichen einsatz (§ 34 s. 1 beamtstg) (teilsachverhalt 2). schließlich habe er am 28. oktober 2014 einen freund während der dienstzeit mit dem streifenwagen vom bahnhof siegburg abgeholt, anschließend mit zur wache genommen und den mitarbeiter pkh seifer zur „übernahme“ der fahrt veranlasst. auch hierdurch habe er gegen die innerdienstliche wohlverhaltenspflicht verstoßen (teilsachverhalt 3). 25mit verfügung vom 20. juli 2016 wurde das disziplinarverfahren auf weitere vier teilsachverhalte ausgedehnt. dem beklagten wurde zusätzlich zur last gelegt, gegen seine dienstpflichten verstoßen zu haben, indem er von 2004 bis anfang 2012 einer genehmigungspflichtigen nebentätigkeit ohne genehmigung nachgegangen sei (teilsachverhalt 1), indem er in den jahren 2011 bis 2014 keine aufstellung über die einnahmen aus der nebentätigkeit vorgelegt habe, obwohl diese die nicht meldepflichtige summe von 1.200 euro deutlich überstiegen hätten (teilsachverhalt 2), indem er entgegen den angaben in seinen anträgen sowie den auflagen in den am 5. märz 2012 und 27. februar 2015 erteilten nebentätigkeitsgenehmigungen der nebentätigkeit während der dienstzeit nachgegangen sei (teilsachverhalt 3) und indem er entgegen der erteilten nebentätigkeitsgenehmigung am 12. märz 2015 – ungeachtet einer krankmeldung bei der dienststelle – eine eigentümerversammlung der wohnungseigentümergemeinschaft rezagstraße 27-29 in köln geleitet habe (teilsachverhalt 4). 26mit verfügung vom 22. august 2016 wurde der beklagte vorläufig des dienstes enthoben. mit schreiben vom 23. märz 2017 wurde ihm das ergebnis der ermittlungen vom 22. märz 2017 übersandt. auf seinen antrag wurde der personalrat beteiligt. dieser teilte unter dem 11. mai 2017 mit, zur beabsichtigten erhebung einer disziplinarklage keine stellungnahme abzugeben. 27mit verfügung vom 6. november 2017 wurde die einbehaltung von 30 % der monatlichen dienstbezüge des beklagten angeordnet. der hiergegen gerichtete aussetzungsantrag des beklagten blieb in zweiter instanz erfolglos (beschluss des vg düsseldorf vom 7. dezember 2017 – 35 l 5558/17.o –, beschluss des senats vom 9. oktober 2018 – 3d b 16/18.o –). 28der kläger hat bereits am 9. juni 2017 disziplinarklage erhoben. er wirft dem beklagten unter zugrundelegung des vom strafbefehl des amtsgerichts köln vom 4. mai 2016 – az. 584 cs 165/16 – erfassten sachverhalts und der weiteren in der einleitungsverfügung vom 29. juni 2016 und der ausdehnungsverfügung vom 20. juli 2016 beschriebenen weiteren sechs teilsachverhalte vor, vorsätzlich und schuldhaft gegen seine pflichten zum inner- und außerdienstlichen wohlverhalten, zur uneigennützigen amtsführung, zum vollen persönlichen einsatz, zum gehorsam, zur gesunderhaltung und genesung sowie gegen die wahrheitspflicht aus §§ 34, 35 beamtstg, gegen §§ 49 und 53 lbg sowie gegen § 15 ntv verstoßen zu haben und damit ein schwerwiegendes dienstvergehen im sinne des § 47 beamtstg begangen zu haben. hierdurch habe er das vertrauen des dienstherrn verloren. wegen der einzelheiten wird auf die disziplinarklageschrift vom 6. juni 2017 [bl. 1 – 23 der gerichtsakte] bezug genommen. 29der kläger hat beantragt, 30den beklagten aus dem beamtenverhältnis zu entfernen. 31der beklagte hat beantragt, 32die klage abzuweisen. 33er hat geltend gemacht, die klageschrift leide an wesentlichen mängeln im sinne des § 54 abs. 1 ldg nrw, weil sie nicht sämtliche für die maßnahmebemessung erheblichen gesichtspunkte und beweismittel aufführe. die erhobenen vorwürfe seien zutreffend. der sachverhalt tue ihm unendlich leid. die finanziellen ausmaße seiner nebentätigkeit seien ihm nicht bewusst gewesen; das ganze sei ihm über den kopf gewachsen. er könne allerdings nicht nachvollziehen, dass das vertrauensverhältnis zu seinem dienstherrn zerstört sei. eine steuerhinterziehung, die als schwerste ihm vorgeworfene dienstpflichtverletzung ausgangspunkt der maßnahmebemessung sei, führe nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts bei fehlendem dienstbezug erst bei einem siebenstelligen eurohinterziehungsbetrag zur entfernung aus dem beamtenverhältnis. dieser schwellenwert sei nicht erreicht. zu seinen gunsten sei weiter zu berücksichtigen, dass er sich bei der aufklärung stets kooperativ gezeigt habe, sofort geständig gewesen sei und den schaden ausgeglichen habe. hierfür habe er seine wohnung verkauft und ein darlehn aufgenommen. die von kollegen mitgehörten telefonate hätten nicht immer der wohnungsverwaltung gedient, sondern vielfach im zusammenhang mit der renovierung seiner eigenen wohnungen gestanden. auch die auf dem dienstrechner aufgefundenen dateien bezögen sich teilweise auf seine privat genutzte wohnung. er habe nie seine dienstpflichten vernachlässigt. er habe viele jahre in verantwortungsvoller position unbeanstandet seinen dienst verrichtet. es sei nicht zu erkennen, dass er untragbar geworden sei. 34das verwaltungsgericht hat in der mündlichen verhandlung vom 17. november 2017 das disziplinarverfahren gemäß § 55 abs. 1 ldg nrw durch ausscheiden des vorwurfs beschränkt, der beklagte habe einen freund mit einem dienstwagen vom bahnhof abgeholt (teilsachverhalt 3 der einleitungsverfügung). mit dem angefochtenen urteil, auf das wegen der einzelheiten verwiesen wird, hat es den beklagten aus dem beamtenverhältnis entfernt. 35der beklagte hat gegen das seinen prozessbevollmächtigten am 6. dezember 2017 zugestellte urteil am 29. dezember 2017 berufung eingelegt und diese innerhalb der antragsgemäß verlängerten begründungsfrist am 1. februar 2018 mit an das verwaltungsgericht gerichtetem schriftsatz wie folgt begründet: 36der in rede stehende steuerhinterziehungsbetrag in nicht verjährter zeit von 108.382,34 eur sei entgegen der einschätzung des verwaltungsgerichts nicht als außergewöhnlich hoch zu bewerten. er sei weit von dem vom bundesverwaltungsgericht für maßgeblich gehaltenen siebenstelligen betrag entfernt und befinde sich am ganz unteren rand des sechsstelligen bereichs. ein erheblich gesteigerter unrechtsgehalt lasse sich auch nicht daraus herleiten, dass er steuererhebliche tatsachen nicht lediglich verschwiegen, sondern auch falsche tatsachen angegeben habe. eine solche gemengelage von verschweigen und unzutreffendem vorbringen steuerrechtlich erheblicher umstände liege in der mehrzahl steuerstrafrechtlicher delikte vor. die strafrechtliche sanktionierung seines handelns liege mit acht monaten gesamtfreiheitsstrafe zudem deutlich unterhalb des strafmaßes von einem jahr, bei dem das beamtenverhältnis bereits kraft gesetzes geendet hätte. dies spreche eher dafür, dass von seiner entfernung aus dem beamtenverhältnis abgesehen werden könne. beim blick auf den zehn jahre überschreitenden zeitraum der tatbegehung sei die nicht besonders bedeutende höhe der jährlichen hinterziehungsbeträge zu berücksichtigen. zu recht habe das verwaltungsgericht bei fehlen anerkannter milderungsgründe als entlastende aspekte seines persönlichkeitsbildes sein sofortiges geständnis nach tatentdeckung und seine kooperation im straf- und disziplinarverfahren als belege für seine bereitschaft, verantwortung für sein tun zu übernehmen, sowie den ausgleich der steuerschuld berücksichtigt. in den blick zu nehmen sei darüber hinaus seine über jahrzehnte dauernde beanstandungsfreie dienstausübung. er habe sich ausschließlich das streitgegenständliche fehlverhalten zu schulden kommen lassen. die strafrechtliche sanktionierung und das disziplinarverfahren hätten ihn persönlich stark betroffen. es sei sich der tragweite seiner verfehlung bewusst, die nicht zu entschuldigen oder zu relativieren sei. gleichwohl ergebe die abwägung der für ihn sprechenden umstände mit dem gewicht des dienstvergehens, dass von der entfernung aus dem beamtenverhältnis abstand genommen werden könne und allenfalls eine zurückstufung auszusprechen sei. 37der beklagte beantragt, 38das angefochtene urteil zu ändern und die disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise, auf eine mildere disziplinarmaßnahme zu erkennen. 39der kläger beantragt, 40 die berufung zurückzuweisen. 41er verteidigt das angefochtene urteil und macht geltend: vorliegend sei von einer außergewöhnlichen höhe des steuerhinterziehungsbetrages auszugehen. dies sei nach der rechtsprechung bereits bei einem betrag im fünf- bis sechsstelligen dm-bereich der fall. ungeachtet dessen, dass ein siebenstelliger betrag nicht erreicht sei, sei der beklagte aus dem beamtenverhältnis zu entfernen, weil in seinem fall zusätzliche erschwerende gesichtspunkte bestünden. die pflichtverletzung weise einen dienstbezug auf. auch habe der beklagte steuerlich erhebliche tatsachen aktiv bewusst falsch vorgetragen. für die schwere des vergehens spreche bereits, dass das strafgericht gegen ihn als ersttäter eine freiheitsstrafe verhängt habe. 42wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf die gerichtsakte sowie die in dem protokoll der mündlichen verhandlung im einzelnen bezeichneten beiakten, wie sie dem senat vorgelegen haben, bezug genommen. 43 | 44die berufung ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat den beklagten zu recht aus dem beamtenverhältnis entfernt. 45i. in tatsächlicher hinsicht trifft der senat hinsichtlich der dem beklagten zur last gelegten dienstpflichtverletzungen, soweit sie nach der durch das verwaltungsgericht vorgenommenen beschränkung noch gegenstand des disziplinarverfahrens sind, dieselben feststellungen wie das verwaltungsgericht und verweist insofern auf seite 8, absätze 2 bis 6 des angefochtenen urteils, die dort – mit zwei korrekturen von offenkundigen fehlern – in bezug genommenen tatsächlichen feststellungen im strafbefehl des amtsgerichts köln vom 4. mai 2016 – 584 cs 165/16 –, beiakte 11, blatt 245 bis 246, sowie die schilderungen zum tatsächlichen geschehen auf den seiten 8, zweiter absatz, bis 9, dritter absatz, und 10, zweiter absatz, bis 12, erster absatz, der disziplinarklageschrift vom 6. juni 2016, auf die das verwaltungsgericht ebenfalls verwiesen hat. der beklagte hat die richtigkeit der erhobenen tatvorwürfe ohne einschränkung eingeräumt. auch unter berücksichtigung des inhalts der vorliegenden akten bestehen hieran keine zweifel. 46ii. der senat folgt dem verwaltungsgericht auch in seiner bewertung, dass der beklagte ein teils außer-, teils innerdienstliches dienstvergehen im sinne des zu den tatzeitpunkten jeweils geltenden § 83 abs. 1 sätze 1 und 2 lbg nrw in der bis zum 31. märz 2009 geltenden fassung – lbg nrw a.f. – bzw. danach § 47 abs. 1, sätze 1 und 2 beamtstg begangen hat, indem er vorsätzlich und schuldhaft gegen seine pflichten zu inner- und außerdienstlichem achtungs- und vertrauenswürdigen verhalten (§ 57 satz 3 lbg nrw a.f., § 34 satz 3 beamtstg), zur vollen hingabe an den beruf (§ 57 satz 1 lbg nrw a.f., § 34 satz 1 beamtstg), zur wahrhaftigkeit in dienstlichen angelegenheiten (§§ 57 satz 3 i.v.m. 58 satz 1 lbg nrw a.f., §§ 34 satz 3, 35 satz 1 beamtstg) verstoßen und die vorschriften über die genehmigung von nebentätigkeiten (§ 68 abs. 1 lbg nrw a.f., § 49 abs. 1 lbg nrw) und die meldung und aufstellung von nebeneinnahmen (§ 71 lbg nrw a.f., § 53 lbg nrw und § 15 ntv) verletzt hat. insoweit wird auf dessen ausführungen auf s. 9, zweiter absatz, bis seite 10, vorletzter absatz, des angefochtenen urteils verwiesen, denen sich der senat aufgrund eigener überzeugungsbildung anschließt. zu ergänzen ist, dass die ausübung der nebentätigkeit im dienst unter nutzung dienstlicher mittel gegen § 70 abs. 1 satz 1 lbg a.f., § 52 abs. 1 satz 1 lbg sowie die verpflichtung zur uneigennützigkeit (§ 57 satz 2 lbg nrw a.f. § 34 satz 2 beamtstg) verstieß und dem inhalt der erteilten nebentätigkeitsgenehmigungen zuwider lief, sodass der beklagte insofern seine gehorsams- bzw. folgepflicht (§ 58 satz 2 lbg nrw a.f, § 35 s. 2 beamtstg) verletzte. 47iii. wegen dieses dienstvergehens hat das verwaltungsgericht den beklagten zu recht aus dem beamtenverhältnis entfernt. bei einer prognostischen gesamtwürdigung sämtlicher be- und entlastenden umstände des falles ist er im beamtenverhältnis untragbar; er hat das vertrauen des dienstherrn und der allgemeinheit unwiederbringlich verloren (§ 13 abs. 3 satz 1 ldg nrw). 481. die auswahl der im einzelfall erforderlichen disziplinarmaßnahme richtet sich gemäß § 13 abs. 2 sätze 1 bis 3, abs. 3 satz 1 ldg nrw nach der schwere des dienstvergehens unter angemessener berücksichtigung der persönlichkeit des beamten und des umfangs der durch das dienstvergehen herbeigeführten vertrauensbeeinträchtigung. dazu sind die genannten bemessungskriterien mit dem ihnen im einzelfall zukommenden gewicht zu ermitteln und in die entscheidung einzustellen, um dem im disziplinarverfahren geltenden schuldprinzip und dem grundsatz der verhältnismäßigkeit (übermaßverbot) zu genügen. die disziplinarmaßnahme muss unter berücksichtigung aller be- und entlastenden umstände des einzelfalls in einem gerechten verhältnis zur schwere des dienstvergehens und zum verschulden des beamten stehen. 49vgl. entsprechend zu § 13 bdg bverwg, urteil vom 25.07.2013 – 2 c 63.11 –, bverwge 147, 229 = juris rn. 13 m.w.n. 50gemäß § 13 abs. 3 satz 1 ldg nrw ist ein beamter aus dem beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er das vertrauen des dienstherrn oder der allgemeinheit endgültig verloren hat. dies ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen gesamtwürdigung auf der grundlage aller im einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden gesichtspunkte der schluss gezogen werden muss, der beamte werde auch künftig in erheblicher weise gegen dienstpflichten verstoßen oder die durch sein fehlverhalten herbeigeführte schädigung des ansehens des berufsbeamtentums sei bei einer fortsetzung des beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. je schwerer das dienstvergehen wiegt, desto näher liegt eine derartige prognose. 51vgl. bverwg, urteil vom 28.07.2011 – 2 c 16.10 –, bverwge 140, 185 = juris rn. 31 m.w.n. 52für die bestimmung der erforderlichen disziplinarmaßnahme im sinne des § 5 abs. 1 ldg nrw ist die schwere des dienstvergehens nach § 13 abs. 2 satz 1 ldg nrw maßgebendes bemessungskriterium. bei der auslegung des begriffs "schwere des dienstvergehens" ist maßgebend auf das eigengewicht der verfehlung abzustellen. hierfür können bestimmend sein objektive handlungsmerkmale (insbesondere eigenart und bedeutung der dienstpflichtverletzung, z.b. kern- oder nebenpflichtverletzung, sowie besondere umstände der tatbegehung, z.b. häufigkeit und dauer eines wiederholten fehlverhaltens), subjektive handlungsmerkmale (insbesondere form und gewicht der schuld des beamten, beweggründe für sein verhalten) und unmittelbare folgen des dienstvergehens für den dienstlichen bereich und für dritte (z.b. materieller schaden). das dienstvergehen ist nach der festgestellten schwere einer der im katalog des § 5 ldg nrw aufgeführten disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. davon ausgehend kommt es darauf an, ob erkenntnisse zum persönlichkeitsbild und zum umfang der vertrauensbeeinträchtigung im einzelfall derart ins gewicht fallen, dass eine andere als die durch die schwere des dienstvergehens indizierte maßnahme geboten ist. 53vgl. bverwg, urteil vom 28.07.2011 – 2 c 16.10 –, bverwge 140, 185 = juris rn. 29 m.w.n. 542. das von dem beklagten begangene dienstvergehen wiegt so schwer, dass die entfernung aus dem beamtenverhältnis indiziert ist. 55setzt sich ein dienstvergehen aus mehreren dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende disziplinarmaßnahme in erster linie nach der schwersten verfehlung. 56vgl. bverwg, urteil vom 08.09.2004 – 1 d 18.03 –, buchholz 235.1 § 85 bdg nr. 7 = juris rn. 47. 57das ist hier ungeachtet ihrer außerdienstlichen begehung und des erheblichen gewichts der innerdienstlichen pflichtenverstöße des beklagten bei ausübung seiner nebentätigkeit die durch das amtsgericht köln durch strafbefehl mit einer zur bewährung ausgesetzten freiheitsstrafe belegte steuerhinterziehung. diese wiegt schon für sich genommen so schwer, dass die entfernung des beklagten aus dem beamtenverhältnis nahe liegt. unter berücksichtigung der zusätzlichen verfehlungen ist das fehlverhalten insgesamt von einer schwere, die die verhängung der höchstmaßnahme indiziert. 58a) zur disziplinaren maßnahmebemessung hat sich bei einem außerdienstlichen dienstvergehen, das – wie hier – ein strafbares verhalten zum gegenstand hat, die zuordnung zu einer der disziplinarmaßnahmen im sinne von § 5 abs. 1 ldg nrw in einer ersten stufe am gesetzlichen strafrahmen zu orientieren, weil der gesetzgeber mit der strafandrohung seine einschätzung zum unwert eines verhaltens verbindlich zum ausdruck gebracht hat. der beklagte hat außerdienstlich einkommensteuer- und umsatzsteuerhinterziehungen begangen. dabei handelt es sich um straftaten, die das gesetz mit geldstrafe oder freiheitsstrafe bis zu fünf jahren (§ 370 abs. 1 ao) bedroht. die disziplinarrechtliche ahndung bis hin zur disziplinaren höchstmaßnahme ist damit eröffnet. 59vgl. bverwg, urteil vom 10.12.2015 – 2 c 50.13 –, nvwz-rr 2016, 421 = juris rn. 15 und 22. 60b) zur bestimmung der schwere des begangenen dienstvergehens kann im falle einer außerdienstlich begangenen straftat auf einer zweiten stufe zunächst indiziell auf die von den strafgerichten ausgesprochene sanktion zurückgegriffen werden. dies folgt aus § 51 abs. 1 nr. 1 lbg nrw a.f. bzw. § 24 abs. 1 satz 1 beamtstg, die direkt und ausschließlich an den strafausspruch der strafgerichte anknüpfen. unterhalb der in diesen vorschriften genannten schwelle kommt der strafgerichtlichen aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche beurteilung zu. auch bei weniger gravierenden verurteilungen kann der ausspruch der strafverfolgungsorgane aber als indiz für die schwere einer außerdienstlich begangenen straftat und für abstufungen innerhalb des orientierungsrahmens herangezogen werden. unbeschadet der unterschiedlichen zwecke von straf- und disziplinarrecht kommt in dem strafausspruch die schwere und vorwerfbarkeit der begangenen handlung zum ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche beurteilung von bedeutung ist. 61vgl. bverwg, urteil vom 18.06.2015 – 2 c 9.14 –, bverwge 152, 228 = juris rn. 37. 62die strafrechtliche sanktionierung spricht hier für die bewertung des fehlverhaltens als schwerwiegendes dienstvergehen, bei dessen disziplinarrechtlicher ahndung die höchstmaßnahme in den blick zu nehmen ist. das amtsgericht köln hat den beklagten wegen der steuerhinterziehungsdelikte mit einer gesamtfreiheitsstrafe von acht monaten belegt, deren vollstreckung es zur bewährung ausgesetzt hat. damit hat es bei einer fehlenden vorbelastung des beklagten ein ganz erhebliches strafrechtliches sanktionsbedürfnis zum ausdruck gebracht. auch wenn das strafmaß von einem jahr freiheitsstrafe, das nach § 51 abs. 1 nr. 1 lbg nrw a.f. bzw. § 24 abs. 1 satz 1 beamtstg schon kraft gesetztes zur beendigung des beamtenverhältnisses führt, um vier monate unterschritten ist, dokumentiert sich bereits hierin eine ganz erhebliche schwere seines außerdienstlichen strafbaren tuns. 63c) die konkreten einzelumstände der steuerhinterziehungstaten des beklagten untermauern die bewertung als sehr schwerwiegende außerdienstliche verfehlungen. 64eine steuerhinterziehung hat schon für sich genommen gewicht. dies zeigt die in § 370 ao vorgesehene strafandrohung von bis zu fünf jahren freiheitsstrafe. begeht ein beamter eine derartige tat, fällt ihm zur last, dass er durch kriminelles verhalten den staatlichen steueranspruch mindert, obwohl er durch öffentliche mittel alimentiert wird. das beeinträchtigt in erheblichem maß sein eigenes und das ansehen der beamtenschaft insgesamt, auf das der freiheitliche rechtsstaat in besonderem maße angewiesen ist, wenn er die ihm gegenüber der allgemeinheit obliegenden aufgaben sachgerecht erfüllen will. zugleich führt es zu erheblichen zweifeln an der vertrauenswürdigkeit des beamten. 65für die auswahl der disziplinarmaßnahme kommt es bei außerdienstlich begangenen steuerhinterziehungen ohne dienstlichen bezug wegen der großen variationsbreite der möglichen verfehlungen, insbesondere wegen der sehr unterschiedlichen hinterziehungsbeträge, auf die jeweiligen umstände des einzelfalls an. 66vgl. bverwg, urteil vom 28.07.2011 – 2 c 16.10 –, bverwge 140, 185 = juris rn. 34. 67ein grundsatz des inhalts, dass die disziplinare höchstmaßnahme von vornherein ausschiede, wenn die hinterzogenen steuern nicht wenigstens einen siebenstelligen euro-betrag erreichten, besteht dabei nicht. eine solche regel lässt sich auch dem vorgenannten urteil des bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen. zum einen betraf das urteil außerdienstliche steuerhinterziehungen ohne jeden dienstbezug. weder ließen sie nachteilige rückschlüsse auf die erfüllung der dienstpflichten zu noch waren sie geeignet, die für die amtsführung unabdingbare autorität zu beeinträchtigen. ihre disziplinarrechtliche relevanz folgte aus dem erheblichen ansehensschaden, den der seinerzeitige beklagte durch sein fehlverhalten herbeigeführt hatte. 68vgl. bverwg, urteil vom 28.07.2011 – 2 c 16.10 –, bverwge 140, 185 = juris rn. 25; sowie beschluss vom 27.12.2017 – 2 b 18.17 –, juris rn.12, 23. 69hierum geht es im streitfall, in dem einem polizeivollzugsbeamten vorsätzliche straftaten zur last fallen, schon im ansatz nicht. soweit das bundesverwaltungsgericht in dem vom beklagten angesprochenen urteil ausgeführt hat, die entfernung aus dem beamtenverhältnis bzw. die aberkennung des ruhegehalts kämen in betracht, wenn der hinterziehungsbetrag einen siebenstelligen euro-betrag erreiche, folgt daraus nicht etwa im „umkehrschluss“, dass die disziplinare höchstmaßnahme bei geringeren hinterziehungsbeträgen ungeachtet der weiteren umstände des falles ausgeschlossen wäre. vielmehr kann auch bei geringeren hinterziehungsbeträgen die höchstmaßnahme gerechtfertigt sein, wenn im einzelfall erschwerende gesichtspunkte hinzutreten. 70vgl. bverwg, urteile vom 28. juli 2011 – 2 c 16.10 –, bverwge 140, 185 = juris rn. 34, und vom 26. november 1997 – 1 d 57.97 –, bverwge 113, 166 = juris rn. 17 ff. 71insbesondere in fällen, in denen eine außerdienstliche steuerhinterziehung einen dienstlichen bezug aufweist, kommt der höhe der hinterzogenen steuern für die bestimmung der schwere des dienstvergehens keine ausschlaggebende bedeutung zu. 72vgl. beschluss vom 27.12.2017 – 2 b 18.17 –, juris rn.12. 73hier sind sowohl eine ganz erhebliche deliktsschwere als auch ein dienstbezug festzustellen. 74festzuhalten ist zunächst, dass der dem beklagten im strafbefehl des amtsgerichts köln zur last gelegte – unverjährte – steuerschaden sich – einschließlich einer lediglich versuchten einkommensteuerverkürzung i.h.v. 13.168,00 eur für 2014 – auf mehr als 108.000,00 eur beläuft, also ungeachtet der fehlenden siebenstelligkeit des schadensbetrages außergewöhnlich hoch ist. schon bei einem sechsstelligen dm-betrag hat das bundesverwaltungsgericht eine "außergewöhnliche höhe" des hinterziehungsbetrags angenommen. 75vgl. bverwg, urteile vom 08.09.2004 – 1 d 18.03 –, buchholz 235.1 § 85 bdg nr. 7 = juris rn. 47, und vom 28.07.2011 – 2 c 16.10 –, bverwge 140, 185 = juris rn. 34. 76bei einem steuerschaden im fünf- bis sechsstelligen bereich, hat das bundesverwaltungsgericht schon wegen der schadenshöhe die verhängung einer dienstgradherabsetzung für angemessen erklärt. 77vgl. bverwg, urteil vom 08.09.2004 – 1 d 18.03 -, buchholz 235.1 § 85 bdg nr. 7 = juris rn. 47 m.w.n. -. 78der unrechtsgehalt eines steuerdelikts wird zudem nicht allein durch die nominelle höhe des hinterziehungsbetrages gekennzeichnet. eine schematische, quasi „tarifmäßige“ betrachtung gestaffelt nach der höhe des hinterziehungsbetrages ist nicht möglich. 79vgl. für das strafrecht bgh, urteil vom 02.12.2008 – 1 str 416/08 –, bghst 53, 71 = 80juris rn. 24, zur strafzumessung nach § 46 stgb. 81hier wird der bereits aufgrund der außergewöhnlichen höhe des hinterziehungsbetrages erhebliche unrechtsgehalt der taten dadurch gesteigert, dass der beklagte es nicht lediglich pflichtwidrig unterlassen hat, den finanzbehörden steuerlich erhebliche tatsachen mitzuteilen, um dem fiskus entstandene steuern vorzuenthalten. der beklagte hat vielmehr zusätzlich falsche tatsachen erklärt, nämlich zum einen das bestehen eines mietverhältnisses über einen teil seiner selbst genutzten wohnung vorgetäuscht und zum anderen falsche dienstorte behauptet, um überhöhte werbungskosten geltend machen zu können. dies weist gegenüber dem fall des bloßen verschweigens steuerlich erheblicher tatsachen einen deutlich höheren unrechtsgehalt auf. 82vgl. bgh, urteil vom 2. dezember 2008 – 1 str 416/08 –, bghst 53, 71 = juris rn. 37 ff. 83mit den falschangaben zu den dienstorten instrumentalisierte der beklagte zudem dienstliche zusammenhänge. 84den beklagten belastet weiterhin, dass sich sein steuerliches fehlverhalten nicht nur auf eine tat beschränkte. fehlerhafte angaben zu seinen einkünften aus der wohnungsverwaltung machte er bezogen auf elf jahre (2004 bis 2014), wobei der strafbefehl nur steuerverkürzungen bezogen auf die jahre 2009 bis 2014 ahndet. in den zwischen den jeweiligen tathandlungen liegenden zeiträumen hätte er ausreichend gelegenheit gehabt, sich des unrechts seines verhaltens bewusst zu werden und von seinem rechtswidrigen tun abstand zu nehmen. diese gelegenheit hat er nicht genutzt. 85vgl. bverwg, urteile vom 28.11.2000 – 1 d 56.99 –, buchholz 232 § 54 satz 2 bbg nr 23 = juris rn. 30, und vom 09.09.1997 – 1 d 1.97 –, juris rn. 26. 86den beklagten belastet zudem, wie bereits ausgeführt, nachhaltig, dass die steuerhinterziehungen einen dienstbezug aufweisen. er hat diese delikte begangen, obwohl es seine aufgabe als polizist ist, straftaten zu verhindern und aufzuklären. diese wiederholte und langjährige missachtung von strafgesetzen begründet nachhaltige zweifel an seiner bereitschaft, seinen dienstlichen aufgaben jederzeit gerecht zu werden. insofern ist es nicht von ausschlaggebender bedeutung, dass er zuletzt lange jahre bei der autobahnpolizei im einsatz war. abzustellen ist insofern auf das statusamt des beamten, nicht auf seine konkrete funktion. 87d) mögen die vorgenannten gesichtspunkte insgesamt für sich genommen die steuerhinterziehungen des beklagten möglicherweise als grenzfall erscheinen lassen, in dem von einer dienstentfernung noch abgesehen werden könnte, so verleihen jedenfalls die im zusammenhang mit seiner hausverwaltertätigkeit verbundenen innerdienstlichen pflichtverstöße dem dienstvergehen insgesamt ein derartiges gewicht, dass allein die verhängung der höchstmaßnahme als ausgangspunkt für die maßnahmebemessung in betracht kommt. von besonderer bedeutung ist hierbei, dass der beklagte nicht nur seine nebentätigkeit zunächst jahrelang ohne genehmigung betrieb, später falsche angaben über ihren umfang machte und zu keinem zeitpunkt seine nebeneinnahmen ordnungsgemäß angab, sondern diese nebentätigkeit auch noch in nennenswertem umfang während seiner dienstzeit und unter nutzung dienstlicher mittel ausübte. diesen umfang belegen die auf dem dienstrechner aufgefundenen mehreren hundert dateien in mehr als hundert unterverzeichnissen, von denen viele die bezeichnung von vom beklagten verwalteten immobilien tragen. diese verfolgung eigener erwerbsinteressen unter nutzung dienstlicher mittel in zeiten, in denen er sich ausschließlich seinen dienstlichen aufgaben zu widmen hatte, verleiht auch der ausübung der nebentätigkeit durch den beklagten ein besonderes gewicht. das zeigt sich unter anderem daran, dass der gesetzgeber es für erforderlich hielt, die ausübung von nebentätigkeiten, deren übernahme nicht auf dienstlicher veranlassung beruhte, innerhalb der arbeitszeit ausdrücklich zu verbieten (§ 70 abs. 1 satz 1 lbg a.f., § 52 abs. 1 satz 1 lbg). in diesem zusammenhang ist im blick zu behalten, dass für die ahndung ungenehmigter nebentätigkeiten ebenfalls der gesamte maßnahmenkatalog zur verfügung steht, wobei u.a. die ausübung in zeiten einer krankschreibung oder beeinträchtigungen der erfüllung dienstlicher aufgaben von bedeutung sind. 88vgl. bverwg, beschluss vom 28.08.2018 – 2 b 4.18 –, dvbl 2018, 1556 = juris rn. 20. 89nach den unbestrittenen feststellungen des verwaltungsgerichts fällt dem beklagten in einem fall zur last, eine eigentümerversammlung an einem tag geleitet zu haben, für den er sich krank gemeldet hatte. ferner liegt auf der hand, dass die ausübung der nebentätigkeit in den diensträumen während der dienstzeit unter inanspruchnahme dienstlicher mittel die dienstliche aufgabenerfüllung beeinträchtigte: er stand in dieser zeit für den dienst nicht zur verfügung. dabei entlastet den beklagten nicht durchgreifend sein vorbringen, seiner nebentätigkeit in so genannten "leerlaufzeiten" nachgegangen zu sein. er war verpflichtet, seine dienstzeiten – ausschließlich - für die wahrnehmung dienstlicher aufgaben zu nutzen. im falle der unterforderung hätte es ihm oblegen, freie kapazitäten für eine effektivierung der aufgabenerfüllung der von ihm geleiteten dienstgruppe oder der autobahnpolizeiwache zu nutzen oder sich um die übertragung zusätzlicher dienstaufgaben zu bemühen, statt in dieser zeit die alimentation, die der dienstherr ihm für die geschuldete volle hingabe an sein amt gewährte, durch entgeltliche erwerbstätigkeit "aufzubessern". auch sein versuch in der mündlichen verhandlung vor dem senat, die ausübung seiner nebentätigkeit während der dienstzeit herunterzuspielen, führt zu keiner wesentlich milderen betrachtung. sofern eine private festplatte einen defekt aufgewiesen haben sollte, hätte nichts näher gelegen, als diese zu ersetzen, statt zur "datensicherung" auf dienstliche geräte zuzugreifen. die geringen kosten für ein derartiges gerät stehen zu den erträgen aus seiner ungenehmigten nebentätigkeit in keinem verhältnis. außerdem erklärt dieser angebliche zweck ebenso wenig die von dem beklagten eingeräumte nutzung des dienstlichen druckers, wie er mit der 90– ebenso eingestandenen – ausnutzung dienstlicher "leerlaufzeiten" vereinbar ist. 913) hat das dienstvergehen des beklagten hiernach insgesamt ein solches gewicht, dass seine entfernung aus dem beamtenverhältnis als angemessene disziplinarmaßnahme indiziert ist, so kommt es für die bestimmung der im konkreten einzelfall zu verhängenden disziplinarmaßnahme darauf an, ob erkenntnisse zum persönlichkeitsbild des beklagten und zum umfang der vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 abs. 2 satz 2 und 3 ldg nrw derart ins gewicht fallen, dass eine andere als die durch die schwere indizierte maßnahme geboten ist. 92vgl. bverwg, urteil vom 25.07.2013 - 2 c 63.11 –, bverwge 147, 229 = juris rn. 17 m.w.n., sowie beschluss vom 01.03.2012 – 2 b 140.11 –, usk 2012, 164 = juris rn. 9. 93das ist nicht der fall. 94a) das bemessungskriterium „persönlichkeitsbild des beamten“ gemäß § 13 abs. 1 satz 2 ldg nrw erfasst dessen persönliche verhältnisse und sein sonstiges dienstliches verhalten vor, bei und nach tatbegehung. es erfordert eine prüfung, ob das festgestellte dienstvergehen mit dem bisher gezeigten persönlichkeitsbild des beamten übereinstimmt oder ob es etwa als persönlichkeitsfremdes verhalten in einer notlage oder psychischen ausnahmesituation davon abweicht. 95vgl. bverwg, urteile vom 20.10.2005 – 2 c 12.04 –, bverwge 124, 252 = juris rn. 25, und vom 29.05.2008 – 2 c 59.07 –, buchholz 235.1 § 70 bdg nr. 3 = juris rn. 14; beschlüsse vom 20.12.2013 – 2 b 35.13 –, nvwz-rr 2014, 314 = juris rn. 6, und vom 28.06.2010 – 2 b 84.09 –, juris rn. 14. 96aa) von der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts entwickelte persönlichkeitsbezogene milderungsgründe, die zum absehen von der höchstmaßnahme führten, liegen nicht vor. für eine verminderung der schuldfähigkeit des beklagten, ein handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen notlage, ein einmaliges persönlichkeitsfremdes handeln in einer besonderen versuchungssituation, eine schockartig ausgelöste psychische ausnahmesituation oder eine schwierige, zwischenzeitlich überwundene negative lebensphase, die den beklagten zum zeitpunkt der tatbegehung „aus der bahn geworfen“ hatte, sprechen keinerlei anhaltspunkte. 97auch der milderungsgrund einer freiwilligen offenbarung des dienstvergehens vor tatentdeckung ist nicht gegeben. der beklagte hat das dienstvergehen erst nach aufdecken seiner straftaten und im angesicht einer erdrückenden beweislage eingeräumt. 98bb) stehen dem beklagten demnach keine in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts „anerkannten“ milderungsgründe zur seite, bedeutet dies allerdings nicht, dass die entlastenden aspekte seines persönlichkeitsbildes bei der maßnahmebemessung unberücksichtigt bleiben dürften. sie sind vielmehr auch dann, wenn sie keinen der anerkannten milderungsgründe verwirklichen, insgesamt mit dem ihnen zukommenden gewicht in die bewertung einzubeziehen. 99vgl. bverwg, urteil vom 25.07.2013 – 2 c 63.11 –, bverwge 147, 229 = juris rn. 25; beschlüsse vom 20.12.2013 – 2 b 35.13 –, nvwz-rr 2014, 314 = juris rn. 21, und vom 23.02.2012 – 2 b 143.11 –, juris rn. 13. 100dabei bieten die anerkannten milderungsgründe vergleichsmaßstäbe für die bewertung, welches gewicht entlastenden gesichtspunkten in der summe zukommen muss, um eine fortsetzung des beamtenverhältnisses in betracht ziehen zu können. generell gilt, dass deren gewicht umso größer sein muss, je schwerer das dienstvergehen im einzelfall wiegt. 101vgl. bverwg, urteil vom 25. juli 2013 – 2 c 63.11 –, bverwge 147, 229 = juris rn. 25; beschluss vom 20.12.2013 – 2 b 35.13 –, nvwz-rr 2014, 314 = juris rn. 21. 102für den beklagten spricht, dass er im ermittlungsverfahren mit dem finanzamt kooperiert, die ihm vorgeworfenen straftaten im straf- und disziplinarverfahren eingeräumt und auch seine innerdienstlichen verfehlungen zugestanden hat, wenngleich die beweislage gegen ihn ohnehin erdrückend war. dies zeigt seine bereitschaft, im ergebnis die verantwortung für sein fehlverhalten zu übernehmen. angesichts der schwere des dienstvergehens vermögen ihn diese kooperation und die nach entdeckung der taten erfolgte geständige einlassung indes nicht durchgreifend zu entlasten. 103die begleichung der steuerschulden spricht ebenfalls in gewissem maße für den beklagten. auch hierzu war er jedoch rechtlich verpflichtet. 104auch die fehlende strafrechtliche und disziplinare vorbelastung, die langjährige unbeanstandete dienstausübung und die positiven leistungsbeurteilungen des beklagten haben weder für sich genommen noch in der gesamtschau mit den bereits angesprochenen gesichtspunkten ein anderes abwägungsergebnis zur folge. hierbei handelt es sich um gesichtspunkte, die für beamte generell geltung beanspruchen (sollten). dass ein beamter nicht straffällig oder disziplinar auffällig wird und im dienst ordentliche leistungen erbringt, dürfen sowohl der dienstherr als auch die allgemeinheit als selbstverständliches bemühen erwarten. eine langjährige beanstandungsfreie dienstleistung fällt jedenfalls bei gravierenden dienstpflichtverletzungen, wie sie hier in rede stehen, neben der schwere des dienstvergehens in aller regel nicht durchgreifend mildernd ins gewicht. denn jeder beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche leistungen bei vollem einsatz der arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. die langjährige erfüllung dieser verpflichtung kann nicht dazu führen, dass die anforderungen an das inner- und außerdienstliche verhalten abgesenkt werden 105vgl. bverwg, beschluss vom 23.01.2013 106– 2 b 63.12 –, juris rn. 13 m.w.n. 107die guten leistungen des beklagten haben im übrigen zu seiner beförderung in sein zuletzt innegehabtes statusamt der besoldungsgruppe a 12 geführt. 108den beklagten entlastet nicht, dass er sich bei dem erwerb seiner eigentumswohnungen, die er baulich zu einer wohneinheit umgebaut hat, nach dem wegfall des unterhaltsanspruch seiner früheren ehefrau wirtschaftlich "übernommen" haben will, wie er erklärt hat. nach erkenntnis dessen wäre es ihm möglich gewesen, sich wieder von den fraglichen wohnungen zu trennen und etwa in eine seiner übrigen eigentumswohnungen zu ziehen, statt sich für erforderlich gehaltene finanzmittel durch straftaten wie das vortäuschen eines mietverhältnisses gegenüber dem finanzamt zu beschaffen. 109ebenso wenig kann der beklagte sich mit erfolg darauf berufen, nicht gewusst zu haben, wie er auf den weg rechtmäßigen verhaltens hätte zurückkehren sollen, nachdem er gegenüber dem finanzamt einmal unrichtige angaben gemacht hatte. es hätte ihm jederzeit frei gestanden, sich der strafrechtlichen verfolgung wegen früher begangener steuerhinterziehungen vor aufdeckung seiner taten durch abgabe einer strafbefreienden selbstanzeige gemäß § 371 ao zu entziehen. 110die vom beklagten reklamierte unkenntnis von der höhe seiner im laufe der zeit aufgelaufenen, durch steuerhinterziehung erlangten vermögensvorteile sowie seine geltend gemachte überforderung führen ebenfalls nicht zu einer durchgreifenden milderung. es ist nicht erkennbar, was etwa einer schlichten aufsummierung seiner verschwiegenen einnahmen entgegengestanden hätte. auch die steuervorteile aus unzutreffend geltend gemachten aufwendungen sind unschwer zu ermitteln. angesichts des umfangs der verwaltertätigkeiten, die der beklagte im tatzeitraum offenbar mit erfolg ausgeübt hat, ist auch nicht nachvollziehbar, womit er im zusammenhang mit der abgabe zutreffender erklärungen gegenüber dem finanzamt überfordert gewesen sein sollte. 111die vom beklagten angestellten vermutungen zu kollegen, die nach den von ihm im jahr 2007 begonnenen änderungen in der dienstgruppe mit ihm noch "rechnungen offen" gehabt hätten, führen zu keiner entlastung. für die ihm vorgeworfene steuerhinterziehung wäre etwas derartiges schon im ansatz ohne belang. auch die ungenehmigte nebentätigkeit als solche und deren ausübung in den diensträumen während der dienstzeit stellt der beklagte nicht in abrede. dass seine verfehlungen dem dienstherrn und der steuerverwaltung im wege anonymer schreiben bekannt geworden sind, entlastet ihn nicht. die angaben in diesen schreiben waren im kern zutreffend. hiermit verwirklichte sich ein risiko, das er mit der begehung dieser dienstpflichtverletzungen selbst begründete. 112b) das bemessungskriterium „umfang der beeinträchtigung des vertrauens des dienstherrn oder der allgemeinheit“ gemäß § 13 abs. 2 satz 3 ldg nrw erfordert eine würdigung des fehlverhaltens des beamten im hinblick auf seinen allgemeinen status, seinen tätigkeitsbereich innerhalb der verwaltung und seine konkret ausgeübte funktion. 113vgl. bverwg, urteile vom 29.05.2008 – 2 c 59.07 –, buchholz 235.1 § 70 bdg nr. 3 = juris rn. 15, und vom 20.10.2005 – 2 c 12.04 –, bverwge 124, 252 = juris rn. 26. 114ob und gegebenenfalls inwieweit eine beeinträchtigung des vertrauens des dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven gesichtspunkten zu beurteilen. entscheidend ist nicht die subjektive einschätzung des jeweiligen dienstvorgesetzten, sondern die frage, inwieweit der dienstherr bei objektiver gewichtung des dienstvergehens auf der basis der festgestellten belastenden und entlastenden umstände noch darauf vertrauen kann, dass der beamte in zukunft seinen dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. entscheidungsmaßstab ist ferner, in welchem umfang die allgemeinheit dem beamten noch vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden umstände bekannt würde. ein endgültiger vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die gesamtwürdigung der bedeutsamen gesichtspunkte ergibt, dass der beamte auch zukünftig seinen dienstpflichten nicht nachkommen wird oder die schädigung des ansehens des berufsbeamtentums bei seinem verbleiben im beamtenverhältnis nicht wiedergutzumachen ist. 115vgl. bverwg, urteile vom 22.06.2006 – 2 c 11.05 –, dokber 2006, 310 = juris rn. 24, und vom 20.10.2005 – bverwg 2 c 12.04 – nvwz 2006, 469 = juris rdn. 26. 116die würdigung aller umstände unter beachtung auch dieses kriteriums führt bei prognostischer beurteilung zu der bewertung, dass der dienstherr und die allgemeinheit dem beklagten nach dem von ihm begangenen sehr schweren dienstvergehen kein vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße amtsausübung mehr entgegenbringen können und die von ihm zu verantwortende ansehensschädigung des berufsbeamtentums bei einem fortbestehen seines beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist. 117der beklagte hat als aus öffentlichen mitteln alimentierter polizeibeamter in steuererklärungen für die einkommensteuer betreffend sechs veranlagungsjahre unwahre angaben zu einkünften und werbungskosten gemacht, die abgabe von umsatzsteuererklärungen unterlassen und hierdurch strafbar einkommen- und umsatzsteuern in höhe von mehr als 108.000,00 eur hinterzogen bzw. zu hinterziehen versucht. auch in den fünf jahren zuvor hatte er seine einkünfte aus seiner hausverwaltung bei seinen einkommensteuererklärungen verschwiegen. seine nebentätigkeit als hausverwalter hat er jahrelang ohne die dienstrechtlich erforderliche nebentätigkeitsgenehmigung und nach erteilung von nebentätigkeitsgenehmigungen in unzulässigem umfang ausgeübt, ohne jemals seine nebeneinkünfte ordnungsgemäß anzugeben. dabei erbrachte er die tätigkeiten in nennenswertem umfang während seiner arbeitszeit und nutzte hierfür dienstliche mittel wie computer und drucker. 118die demgegenüber in betracht zu ziehenden entlastenden gesichtspunkte, namentlich die kooperation mit der finanzverwaltung, die geständigen einlassungen in straf- und disziplinarverfahren, die begleichung der steuerschuld und das im übrigen beanstandungsfreie dienstliche und außerdienstliche verhalten des beklagten wiegen das ganz erhebliche gewicht seines fehlverhaltens nicht in einem maße auf, dass die herbeigeführte schädigung des ansehens des berufsbeamtentums auch bei fortsetzung des beamtenverhältnisses wieder gutgemacht und von dem fortbestand eines rests an vertrauen in den beklagten bei dienstherrn und allgemeinheit ausgegangen werden könnte. vielmehr hat der beklagte bei objektiver betrachtung das vertrauen seines dienstherrn in eine zukünftige pflichtgemäße berufsausübung als polizeibeamter endgültig verspielt. auch das vertrauen der allgemeinheit in seine zuverlässigkeit und in seine korrekte dienstausübung hat er verloren. gründe, ihm einen rest an vertrauen zuzubilligen, sind nicht erkennbar. er ist für den öffentlichen dienst untragbar geworden. 1193. die verhängung der höchstmaßnahme verstößt nicht gegen den grundsatz der verhältnismäßigkeit. die entfernung eines beamten aus dem dienst als disziplinare höchstmaßnahme verfolgt neben der wahrung des vertrauens in die pflichtgemäße aufgabenerfüllung durch die öffentliche verwaltung den zweck der gleichbehandlung und der wahrung des ansehens des öffentlichen dienstes. ist durch das gewicht des dienstvergehens und mangels hinreichender milderungsgründe das vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der beamte werde dem gebot, seine aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, zukünftig rechnung tragen, erweist sich die entfernung aus dem dienst als erforderlich und geeignet, um den aufgezeigten zwecken des disziplinarrechts geltung zu verschaffen. abzuwägen sind dabei das gewicht des dienstvergehens und der dadurch eingetretene vertrauensschaden einerseits und die mit der verhängung der höchstmaßnahme einhergehende belastung andererseits. ist das vertrauensverhältnis - wie hier - endgültig und grundlegend zerstört, erweist sich die entfernung aus dem dienst als angemessene reaktion auf das dienstvergehen. die auflösung des dienstverhältnisses beruht auf der schuldhaften pflichtverletzung durch den beamten und ist diesem daher als vorhersehbare rechtsfolge bei derartigen pflichtverletzungen zuzurechnen. 120vgl. bverwg, urteile vom 14.10.2003 – 1 d 2.03 –, zbr 2004, 256 = juris rn. 49, und vom 08.03.2005 – 1 d 15.04 –, buchholz 232 § 77 bbg nr. 24 = juris rn. 49. 121die darin liegende härte für den beamten ist nicht unverhältnismäßig. sie beruht auf dem ihm zurechenbaren vorangegangenen fehlverhalten, wobei es für ihn vorhersehbar war, was er damit aufs spiel setzte. 122iv. zu einer abänderung des unterhaltsbeitrags (§ 10 abs. 3 sätze 2 und 3 ldg nrw) besteht kein anlass. 123vi. die kostenentscheidung beruht auf § 74 abs. 1 ldg nrw, § 154 abs. 2 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 abs. 1 ldg nrw, § 167 abs. 1 satz 1 vwgo, §§ 708 nr. 11, 711, 709 satz 2 zpo. 124ein grund, die revision zuzulassen, besteht nicht. | Verklagte*r | 0 |
168,798 | S 62 SO 45/13 | 2015-01-13T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Der Bescheid vom 28.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 wird abgeändert. 2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger im Zeitraum Januar bis Oktober 2013 Leistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der anteiligen tatsächlichen Unterkunftskosten zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 und von Unterkunfts- und Heizkosten. 3Bei dem im Jahre 1987 geborenen Kläger besteht eine geistige Behinderung, die auf eine Sauerstoffunterversorgung während der Geburt zurückzuführen ist. Der Kläger arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen und lebt gemeinsam mit seinen Eltern in deren Einfamilienhaus, das eine Wohnfläche von ca. 200 qm hat. Er verfügt dort über ein eigenes Zimmer und ist im Übrigen berechtigt, alle Gemeinschafträume zu nutzen. Seine jüngere Schwester ist im Jahre 2012 aus dem Haushalt der Eltern ausgezogen. Die Eltern sind auch die Betreuer des Klägers. 4Die Beklagte gewährt dem Kläger seit dem Jahr 2005 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII und berücksichtigt dabei seit dem Jahr 2008 auch Unterkunftskosten i.H.v. monatlich 200,00 EUR, die auf ein Schreiben der Eltern vom 27.10.2008 zurückgehen. 5Mit Schreiben vom 01.10.2012 teilte die Beklagte den Eltern des Klägers mit, dass die Kosten für die Unterkunft aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des BSG ab dem nächsten Bewilligungsabschnitt nicht mehr berücksichtigt werden könnten. 6Mit Bescheid vom 28.10.2012 bewilligte die Beklagte die Leistungen für den Zeitraum November 2012 bis Oktober 2013 in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 und des Mehrbedarfes aufgrund des Merkzeichens "G". Unterkunftskosten wurden nicht berücksichtigt. 7Die Eltern des Klägers legten gegen den Bescheid am 02.11.2012 Widerspruch ein. Diesen begründeten sie damit, dass Kosten der Unterkunft nachweislich angefallen seien. Der Kläger habe diese Kosten monatlich beglichen. 8Mit Beschluss des Amtsgerichts Brilon vom 05.11.2012 wurde der XXX zum Ergänzungsbetreuer für den Kläger bestellt. Dieser schloss am 27.12.2012 einen Mietvertrag für den Kläger mit seinen Eltern ab. Danach beginnt das Mietverhältnis am 01.01.2013, die Kaltmiete für das bewohnte Zimmer und die Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume beläuft sich auf 170,00 EUR und die Pauschale für die Nebenkosten einschließlich der Heizkosten auf 70,00 EUR. 9Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2012 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Hochsauerlandkreis aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme von Unterkunftskosten habe. Die Zahlungsverpflichtungen träfen allein die Eltern. Der Kläger habe daher keine tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. 10Der Kläger hat am 18.01.2013 Klage erhoben. Diese begründet er damit, dass er jedenfalls ab dem 01.01.2013 einen Anspruch auf Übernahme von Unterkunfts- und Heizkosten habe, denn ab diesem Zeitpunkt liege ein wirksamer Mietvertrag vor, der durch den Ergänzungsbetreuer mit den Eltern abgeschlossen worden sei. Die Miete sei angemessen und daher in voller Höhe zu übernehmen. Darüber hinaus habe der Kläger nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG einen Anspruch auf Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 1. 11Der Kläger beantragt, 12den Bescheid vom 28.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem SGB XII unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 1 im gesamten streitigen Zeitraum und von Unterkunftskosten i.H.v. 240,- EUR monatlich für die Monate Januar bis Oktober 2013 zu gewähren. 13Die Beklagte beantragt, 14die Klage abzuweisen. 15Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide, die sie für rechtmäßig hält. Der Mietvertrag vom 27.12.2012 sei nicht wirksam, da er lediglich geschlossen worden sei, um höhere Grundsicherungsleistungen zu erhalten. 16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage ist teilweise unzulässig, im Übrigen ist sie teilweise begründet. 19Hinsichtlich der geltend gemachten Leistungen für den Lebensunterhalt in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 ist die Klage bereits unzulässig, da der Bescheid vom 28.10.2012 insoweit bestandskräftig geworden ist. Bei den Ansprüchen auf Leistungen für Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare selbständige Ansprüche (vgl. BSG, Urteil vom 14.04.2011 – B 8 SO 18/09 R; Urteil vom 10.11.2011 – B 8 SO 18/10 R). Da sich die Klage vom 18.01.2013 ursprünglich nur gegen die Bewilligung der Unterkunft- und Heizkosten richtete, ist der Bescheid im Übrigen bestandskräftig geworden und damit für die Beteiligten bindend (§ 77 SGG). Die Kammer konnte daher im vorliegenden Verfahren nicht darüber entscheiden, ob dem Kläger Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 zustehen. Dies erscheint allerdings im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des BSG zu dieser Frage naheliegend (vgl. Urteile vom 23.07.2014 in den Verfahren B 8 SO 14/13 R, B 8 SO 12/13 R und B 8 SO 31/12 R). 20Hinsichtlich der geltend gemachten Leistungen für Unterkunft und Heizung ist die Klage zulässig und auch teilweise begründet. Insoweit erweist sich der Bescheid vom 28.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 als rechtswidrig, denn der Kläger hat im Zeitraum Januar bis Oktober 2013 einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der anteiligen tatsächlichen Unterkunftskosten. Soweit der Kläger einen weitergehenden Anspruch geltend macht, ist die Klage unbegründet und war daher insoweit abzuweisen. 21Nach § 35 Abs. 1 und Abs. 4 SGB XII werden die Leistungen für die Unterkunft und Heizung einschließlich der zentralen Warmwasserversorgung in tatsächlicher Höhe erbracht. Voraussetzung für die Übernahme dieser Kosten ist daher immer, dass überhaupt tatsächliche Aufwendungen entstehen (vgl. BSG, Urteil vom 14.04.2011 – B 8 SO 18/09 R; Urteil vom 25.08.2011 – B 8 SO 29/10 R). Tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung setzen voraus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietforderung ausgesetzt ist. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag, mit dem die geschuldete Miete vertraglich vereinbart worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R; Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R). Der Kläger hat 27.12.2012 unter Mitwirkung des für ihn bestellten Ergänzungsbetreuers einen Mietvertrag mit seinen Eltern abgeschlossen, danach beginnt das Mietverhältnis am 01.01.2013. Der Kläger hat damit ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Übernahme von Unterkunftskosten. Die Wirksamkeit des Vertrages ist nicht in Zweifel zu ziehen. Der Ergänzungsbetreuer ist mit Beschluss des Amtsgerichts Brilon vom 05.11.2012 bestellt worden und der Aufgabenbereich besteht ausdrücklich im Abschluss eines Mietvertrages. Vor diesem Hintergrund ist von einer wirksamen Stellvertretung auszugehen. 22Es handelt sich bei dem Mietvertrag auch nicht um ein Scheingeschäft i.S.v. § 117 Abs. 1 BGB. Ob ein Rechtsgeschäft wirklich gewollt oder nur zum Schein geschlossen wird, hängt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung davon ab, ob die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, oder ob sie ein ernstlich gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachten. Wollen die Parteien übereinstimmend nur den äußeren Anschein eines Rechtsgeschäfts erzeugen, dessen Rechtswirkungen aber nicht eintreten sollen, sind die von ihnen abgegebenen Erklärungen wirkungslos. Setzt der von den Parteien angestrebte Zweck dagegen die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraus, spricht dies umgekehrt gegen eine bloße Simulation (vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2006 - IX ZR 226/03). Im vorliegenden Verfahren wollten die Parteien des Mietvertrages, dass eine Mietverpflichtung für den Kläger entsteht, denn dies ist nach der zitierten Rechtsprechung des BSG Voraussetzung dafür, dass Unterkunftskosten übernommen werden können (s.o.). Es ging ihnen also gerade nicht um den äußeren Schein eines Rechtsgeschäftes, sondern die Rechtsfolgen sollten tatsächlich eintreten. 23Der Anspruch des Klägers auf Übernahme von Unterkunftskosten ist jedoch nach Auffassung der Kammer auf die anteiligen tatsächlichen Kosten beschränkt. Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG zum SGB II im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen nutzen (vgl. BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R; BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R; BSG, Urteil vom 27.1.2009 - B 14/7b AS 8/07 R; BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R; BSG, Urteil vom 23.05.2013 - B 4 AS 67/12 R; BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 85/12 R). Hintergrund für dieses auf das Bundesverwaltungsgericht ((BVerwG) vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17) zurückgehende "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt. 24In der Konsequenz bedeutet dies, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft die Aufteilung der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung grundsätzlich nach Kopfteilen zu erfolgen hat und es ohne Belang ist, wer den Mietzins schuldet und wer welchen Teil der Wohnung tatsächlich nutzt. Ihre Rechtfertigung findet die grundsätzliche Anwendung des Kopfteilprinzips in diesen Fällen in der Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen gerade innerhalb einer "aus einem Topf wirtschaftenden" Bedarfsgemeinschaft eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 85/12 R). 25Das BSG weist in seiner Rechtsprechung zum SGB II ausdrücklich darauf hin, dass diese Grundsätze auch bei Haushaltsgemeinschaften unter Verwandten Anwendung finden (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 85/12 R, Rn. 22). Diese Judikatur ist nach Auffassung der Kammer uneingeschränkt auf die Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII zu übertragen (vgl. allgemein zur Notwendigkeit einer Harmonisierung zwischen den Leistungen nach dem SGB II und SGB XII: Coseriu, in: Bender/Eicher, Sozialrecht - eine Terra incognita, 2009, 225, 255 f.; Stölting/Greiser, SGb 2010, 631 ff.). Dies gilt auch dann, wenn behinderte Kinder nach Erreichen der Volljährigkeit weiter mit ihren Eltern in einem Haushalt leben und nicht über eine abgeschlossene Wohneinheit verfügen. In einer solchen Konstellation ist es nach Auffassung der Kammer nicht gerechtfertigt, die üblichen Angemessenheitskriterien zugrunde zu legen, sondern die tatsächlichen Kosten sind pro Kopf aufzuteilen. Der Grund dafür liegt darin, dass eine Vermietung des von den Kindern bewohnten Wohnraums nach deren Auszug an Dritte nicht in Betracht kommt, wenn es sich nicht um eine abgeschlossene Wohneinheit handelt. Üblicherweise wird dieser Wohnraum also von den Eltern nicht vermietet, sondern für andere Zwecke genutzt, z.B. als Arbeits- oder Gästezimmer. Den Eltern entgehen daher keine Mieteinnahmen, wenn Kinder aufgrund ihrer Behinderung länger in ihrem Haushalt leben. In einer solchen Konstellation kann es daher nicht auf die vertraglich vereinbarte Miete ankommen, sondern die Unterkunftskosten sind nach der Kopfteilmethode zu berechnen. Für die Anwendung dieser Grundsätze auch auf Haushaltsgemeinschaften unter Verwandten – unabhängig vom Bestehen einer Einstandsgemeinschaft – spricht darüber hinaus, dass ansonsten eine Missbrauchsgefahr bestände. Denn es wäre dann die Möglichkeit gegeben, die Unterkunftskosten durch eine entsprechende Vereinbarung ganz überwiegend der leistungsberechtigten Person zuzuordnen, so dass die übrigen Haushaltsmitglieder ihre Kosten zulasten des Sozialhilfeträgers reduzieren könnten (vgl. Nguyen, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB XII, Rn. 58). Die Kopfteilmethode dient daher auch der Vermeidung eines solchen Missbrauchs (vgl. BSG, Urteil vom 14.04.2011 - B 8 SO 18/09 R, Rn. 15). 26Ausnahmen von der Kopfteilmethode sind - auch innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft - bei einem über das normale Maß hinausgehenden Bedarf einer der in der Wohnung lebenden Person wegen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit denkbar (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 85/12 R). Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor. Der Kläger ist zwar behindert, er hat jedoch keinen über das normale Maß hinausgehenden Unterkunftsbedarf. Nach den Angaben der Eltern in der mündlichen Verhandlung verfügt er wie die anderen Bewohner über ein eigenes Zimmer und kann ansonsten die Gemeinschaftsräume mitbenutzen. Ein besonderer Unterkunftsbedarf, wie er z.B. bei einer rollstuhlpflichtigen Person gegeben sein könnte, ist daher nicht erkennbar. 27Der Anspruch des Klägers ist demnach auf die anteiligen tatsächlichen Unterkunftskosten beschränkt, denn er lebt gemeinsam mit seinen Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft und bei dem von ihm bewohnten Wohnraum handelt es sich nicht um eine abgeschlossene Wohneinheit. Die Eltern haben in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, dass der Kläger nicht über einen abgeschlossenen Wohnbereich verfügt. Dies hänge auch damit zusammen, dass er sehr unselbständig sei und sich ohnehin nicht selbst versorgen könne. 28Der Kläger hat demnach keinen Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten in Höhe der vereinbarten Miete i.H.v. 170,00 EUR und der Pauschale für die Nebenkosten einschließlich der Heizkosten i.H.v. 70,00 EUR, denn die anteiligen tatsächlichen Kosten liegen unterhalb dieses Betrages. Nach den vorgelegten Unterlagen für das Jahr 2013 beliefen sich die Unterkunftskosten insgesamt auf 4.645,11 EUR (Grundbesitzabgaben 429,79 EUR, Wasser/Abwasser 409,08 EUR, Gebäudeversicherung 264,70 EUR, Schornsteinfeger 44,16 EUR, Heizkosten 3.497,38 EUR). Daraus ergibt sich ein monatlicher Betrag i.H.v. 387,09 EUR und somit ein auf den Kläger entfallender Kopfteil von 129,03 EUR pro Monat, da das Haus nach dem Auszug der Schwester im Jahr 2012 nur noch von drei Personen bewohnt wird. Der Kläger hat allerdings die Möglichkeit, noch weitere Unterkunftskosten im Rahmen der konkreten Bedarfsberechnung durch die Beklagte geltend zu machen, insbesondere gehört dazu auch der notwendige Erhaltungsaufwand für die Immobilie, eine Instandhaltungspauschale ist allerdings nicht zu berücksichtigen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 38/08 R). 29Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens. 30Rechtsmittelbelehrung: 31Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. 32Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim 33Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen, 34schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. 35Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem 36Sozialgericht Dortmund, Ruhrallee 1-3, 44139 Dortmund, 37schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. 38Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. 39Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-dortmund.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 40Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 41Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Dortmund schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. 42Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. 43Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat. | 1. der bescheid vom 28.10.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 wird abgeändert. 2. die beklagte wird verurteilt, dem kläger im zeitraum januar bis oktober 2013 leistungen nach dem sgb xii unter berücksichtigung der anteiligen tatsächlichen unterkunftskosten zu gewähren. im übrigen wird die klage abgewiesen. 3. die beklagte hat dem kläger die hälfte der notwendigen außergerichtlichen kosten zu erstatten. 1 | 2der kläger begehrt höhere leistungen der grundsicherung im alter und bei erwerbsminderung nach dem sozialgesetzbuch zwölftes buch – sozialhilfe (sgb xii) unter berücksichtigung der regelbedarfsstufe 1 und von unterkunfts- und heizkosten. 3bei dem im jahre 1987 geborenen kläger besteht eine geistige behinderung, die auf eine sauerstoffunterversorgung während der geburt zurückzuführen ist. der kläger arbeitet in einer werkstatt für behinderte menschen und lebt gemeinsam mit seinen eltern in deren einfamilienhaus, das eine wohnfläche von ca. 200 qm hat. er verfügt dort über ein eigenes zimmer und ist im übrigen berechtigt, alle gemeinschafträume zu nutzen. seine jüngere schwester ist im jahre 2012 aus dem haushalt der eltern ausgezogen. die eltern sind auch die betreuer des klägers. 4die beklagte gewährt dem kläger seit dem jahr 2005 leistungen der grundsicherung nach dem sgb xii und berücksichtigt dabei seit dem jahr 2008 auch unterkunftskosten i.h.v. monatlich 200,00 eur, die auf ein schreiben der eltern vom 27.10.2008 zurückgehen. 5mit schreiben vom 01.10.2012 teilte die beklagte den eltern des klägers mit, dass die kosten für die unterkunft aufgrund der aktuellen rechtsprechung des bsg ab dem nächsten bewilligungsabschnitt nicht mehr berücksichtigt werden könnten. 6mit bescheid vom 28.10.2012 bewilligte die beklagte die leistungen für den zeitraum november 2012 bis oktober 2013 in höhe der regelbedarfsstufe 3 und des mehrbedarfes aufgrund des merkzeichens "g". unterkunftskosten wurden nicht berücksichtigt. 7die eltern des klägers legten gegen den bescheid am 02.11.2012 widerspruch ein. diesen begründeten sie damit, dass kosten der unterkunft nachweislich angefallen seien. der kläger habe diese kosten monatlich beglichen. 8mit beschluss des amtsgerichts brilon vom 05.11.2012 wurde der xxx zum ergänzungsbetreuer für den kläger bestellt. dieser schloss am 27.12.2012 einen mietvertrag für den kläger mit seinen eltern ab. danach beginnt das mietverhältnis am 01.01.2013, die kaltmiete für das bewohnte zimmer und die mitbenutzung der gemeinschaftsräume beläuft sich auf 170,00 eur und die pauschale für die nebenkosten einschließlich der heizkosten auf 70,00 eur. 9der widerspruch des klägers wurde mit widerspruchsbescheid vom 20.12.2012 zurückgewiesen. zur begründung führte der hochsauerlandkreis aus, dass der kläger keinen anspruch auf übernahme von unterkunftskosten habe. die zahlungsverpflichtungen träfen allein die eltern. der kläger habe daher keine tatsächlichen aufwendungen für unterkunft und heizung. 10der kläger hat am 18.01.2013 klage erhoben. diese begründet er damit, dass er jedenfalls ab dem 01.01.2013 einen anspruch auf übernahme von unterkunfts- und heizkosten habe, denn ab diesem zeitpunkt liege ein wirksamer mietvertrag vor, der durch den ergänzungsbetreuer mit den eltern abgeschlossen worden sei. die miete sei angemessen und daher in voller höhe zu übernehmen. darüber hinaus habe der kläger nach der aktuellen rechtsprechung des bsg einen anspruch auf leistungen in höhe der regelbedarfsstufe 1. 11der kläger beantragt, 12den bescheid vom 28.10.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 aufzuheben und die beklagte zu verurteilen, ihm leistungen nach dem sgb xii unter berücksichtigung der regelbedarfsstufe 1 im gesamten streitigen zeitraum und von unterkunftskosten i.h.v. 240,- eur monatlich für die monate januar bis oktober 2013 zu gewähren. 13die beklagte beantragt, 14die klage abzuweisen. 15die beklagte verteidigt die angefochtenen bescheide, die sie für rechtmäßig hält. der mietvertrag vom 27.12.2012 sei nicht wirksam, da er lediglich geschlossen worden sei, um höhere grundsicherungsleistungen zu erhalten. 16wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf die gerichtsakte und die verwaltungsakte der beklagten, die vorgelegen haben und gegenstand der entscheidungsfindung gewesen sind. 17 | 18die klage ist teilweise unzulässig, im übrigen ist sie teilweise begründet. 19hinsichtlich der geltend gemachten leistungen für den lebensunterhalt in höhe der regelbedarfsstufe 1 ist die klage bereits unzulässig, da der bescheid vom 28.10.2012 insoweit bestandskräftig geworden ist. bei den ansprüchen auf leistungen für unterkunft und heizung handelt es sich um abtrennbare selbständige ansprüche (vgl. bsg, urteil vom 14.04.2011 – b 8 so 18/09 r; urteil vom 10.11.2011 – b 8 so 18/10 r). da sich die klage vom 18.01.2013 ursprünglich nur gegen die bewilligung der unterkunft- und heizkosten richtete, ist der bescheid im übrigen bestandskräftig geworden und damit für die beteiligten bindend (§ 77 sgg). die kammer konnte daher im vorliegenden verfahren nicht darüber entscheiden, ob dem kläger leistungen in höhe der regelbedarfsstufe 1 zustehen. dies erscheint allerdings im hinblick auf die aktuelle rechtsprechung des bsg zu dieser frage naheliegend (vgl. urteile vom 23.07.2014 in den verfahren b 8 so 14/13 r, b 8 so 12/13 r und b 8 so 31/12 r). 20hinsichtlich der geltend gemachten leistungen für unterkunft und heizung ist die klage zulässig und auch teilweise begründet. insoweit erweist sich der bescheid vom 28.10.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 20.12.2012 als rechtswidrig, denn der kläger hat im zeitraum januar bis oktober 2013 einen anspruch auf übernahme der kosten für unterkunft und heizung in höhe der anteiligen tatsächlichen unterkunftskosten. soweit der kläger einen weitergehenden anspruch geltend macht, ist die klage unbegründet und war daher insoweit abzuweisen. 21nach § 35 abs. 1 und abs. 4 sgb xii werden die leistungen für die unterkunft und heizung einschließlich der zentralen warmwasserversorgung in tatsächlicher höhe erbracht. voraussetzung für die übernahme dieser kosten ist daher immer, dass überhaupt tatsächliche aufwendungen entstehen (vgl. bsg, urteil vom 14.04.2011 – b 8 so 18/09 r; urteil vom 25.08.2011 – b 8 so 29/10 r). tatsächliche aufwendungen für unterkunft und heizung setzen voraus, dass der hilfebedürftige im jeweiligen leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten mietforderung ausgesetzt ist. ausgangspunkt für die frage, ob eine wirksame mietverpflichtung des hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster linie der mietvertrag, mit dem die geschuldete miete vertraglich vereinbart worden ist (vgl. bsg, urteil vom 03.03.2009 – b 4 as 37/08 r; urteil vom 07.05.2009 – b 14 as 31/07 r). der kläger hat 27.12.2012 unter mitwirkung des für ihn bestellten ergänzungsbetreuers einen mietvertrag mit seinen eltern abgeschlossen, danach beginnt das mietverhältnis am 01.01.2013. der kläger hat damit ab diesem zeitpunkt einen anspruch auf übernahme von unterkunftskosten. die wirksamkeit des vertrages ist nicht in zweifel zu ziehen. der ergänzungsbetreuer ist mit beschluss des amtsgerichts brilon vom 05.11.2012 bestellt worden und der aufgabenbereich besteht ausdrücklich im abschluss eines mietvertrages. vor diesem hintergrund ist von einer wirksamen stellvertretung auszugehen. 22es handelt sich bei dem mietvertrag auch nicht um ein scheingeschäft i.s.v. § 117 abs. 1 bgb. ob ein rechtsgeschäft wirklich gewollt oder nur zum schein geschlossen wird, hängt nach ständiger höchstrichterlicher rechtsprechung davon ab, ob die parteien einverständlich nur den äußeren schein des abschlusses eines rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden rechtsgeschäft verbundenen rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, oder ob sie ein ernstlich gemeintes rechtsgeschäft für notwendig erachten. wollen die parteien übereinstimmend nur den äußeren anschein eines rechtsgeschäfts erzeugen, dessen rechtswirkungen aber nicht eintreten sollen, sind die von ihnen abgegebenen erklärungen wirkungslos. setzt der von den parteien angestrebte zweck dagegen die gültigkeit des rechtsgeschäfts voraus, spricht dies umgekehrt gegen eine bloße simulation (vgl. bgh, urteil vom 20.07.2006 - ix zr 226/03). im vorliegenden verfahren wollten die parteien des mietvertrages, dass eine mietverpflichtung für den kläger entsteht, denn dies ist nach der zitierten rechtsprechung des bsg voraussetzung dafür, dass unterkunftskosten übernommen werden können (s.o.). es ging ihnen also gerade nicht um den äußeren schein eines rechtsgeschäftes, sondern die rechtsfolgen sollten tatsächlich eintreten. 23der anspruch des klägers auf übernahme von unterkunftskosten ist jedoch nach auffassung der kammer auf die anteiligen tatsächlichen kosten beschränkt. die aufwendungen für unterkunft und heizung sind nach ständiger rechtsprechung des bsg zum sgb ii im regelfall unabhängig von alter und nutzungsintensität anteilig pro kopf aufzuteilen, wenn hilfebedürftige eine unterkunft gemeinsam mit anderen personen nutzen (vgl. bsg, urteil vom 23.11.2006 - b 11b as 1/06 r; bsg, urteil vom 18.6.2008 - b 14/11b as 61/06 r; bsg, urteil vom 27.1.2009 - b 14/7b as 8/07 r; bsg, urteil vom 29.11.2012 - b 14 as 36/12 r; bsg, urteil vom 23.05.2013 - b 4 as 67/12 r; bsg, urteil vom 22.08.2013 - b 14 as 85/12 r). hintergrund für dieses auf das bundesverwaltungsgericht ((bverwg) vom 21.1.1988 - 5 c 68/85 - bverwge 79, 17) zurückgehende "kopfteilprinzip" sind gründe der verwaltungsvereinfachung sowie die überlegung, dass die gemeinsame nutzung einer wohnung durch mehrere personen deren unterkunftsbedarf dem grunde nach abdeckt und in aller regel eine an der unterschiedlichen intensität der nutzung ausgerichtete aufteilung der aufwendungen für die erfüllung des grundbedürfnisses wohnen nicht zulässt. 24in der konsequenz bedeutet dies, dass innerhalb einer bedarfsgemeinschaft die aufteilung der aufwendungen für die unterkunft und heizung grundsätzlich nach kopfteilen zu erfolgen hat und es ohne belang ist, wer den mietzins schuldet und wer welchen teil der wohnung tatsächlich nutzt. ihre rechtfertigung findet die grundsätzliche anwendung des kopfteilprinzips in diesen fällen in der überlegung, dass die gemeinsame nutzung einer wohnung durch mehrere personen gerade innerhalb einer "aus einem topf wirtschaftenden" bedarfsgemeinschaft eine an der unterschiedlichen intensität der nutzung ausgerichtete aufteilung der aufwendungen für die erfüllung des grundbedürfnisses wohnen nicht zulässt (vgl. bsg, urteil vom 22.08.2013 - b 14 as 85/12 r). 25das bsg weist in seiner rechtsprechung zum sgb ii ausdrücklich darauf hin, dass diese grundsätze auch bei haushaltsgemeinschaften unter verwandten anwendung finden (vgl. bsg, urteil vom 22.08.2013 - b 14 as 85/12 r, rn. 22). diese judikatur ist nach auffassung der kammer uneingeschränkt auf die leistungen der grundsicherung nach dem sgb xii zu übertragen (vgl. allgemein zur notwendigkeit einer harmonisierung zwischen den leistungen nach dem sgb ii und sgb xii: coseriu, in: bender/eicher, sozialrecht - eine terra incognita, 2009, 225, 255 f.; stölting/greiser, sgb 2010, 631 ff.). dies gilt auch dann, wenn behinderte kinder nach erreichen der volljährigkeit weiter mit ihren eltern in einem haushalt leben und nicht über eine abgeschlossene wohneinheit verfügen. in einer solchen konstellation ist es nach auffassung der kammer nicht gerechtfertigt, die üblichen angemessenheitskriterien zugrunde zu legen, sondern die tatsächlichen kosten sind pro kopf aufzuteilen. der grund dafür liegt darin, dass eine vermietung des von den kindern bewohnten wohnraums nach deren auszug an dritte nicht in betracht kommt, wenn es sich nicht um eine abgeschlossene wohneinheit handelt. üblicherweise wird dieser wohnraum also von den eltern nicht vermietet, sondern für andere zwecke genutzt, z.b. als arbeits- oder gästezimmer. den eltern entgehen daher keine mieteinnahmen, wenn kinder aufgrund ihrer behinderung länger in ihrem haushalt leben. in einer solchen konstellation kann es daher nicht auf die vertraglich vereinbarte miete ankommen, sondern die unterkunftskosten sind nach der kopfteilmethode zu berechnen. für die anwendung dieser grundsätze auch auf haushaltsgemeinschaften unter verwandten – unabhängig vom bestehen einer einstandsgemeinschaft – spricht darüber hinaus, dass ansonsten eine missbrauchsgefahr bestände. denn es wäre dann die möglichkeit gegeben, die unterkunftskosten durch eine entsprechende vereinbarung ganz überwiegend der leistungsberechtigten person zuzuordnen, so dass die übrigen haushaltsmitglieder ihre kosten zulasten des sozialhilfeträgers reduzieren könnten (vgl. nguyen, in: jurispk-sgb xii, 2. aufl. 2014, § 35 sgb xii, rn. 58). die kopfteilmethode dient daher auch der vermeidung eines solchen missbrauchs (vgl. bsg, urteil vom 14.04.2011 - b 8 so 18/09 r, rn. 15). 26ausnahmen von der kopfteilmethode sind - auch innerhalb einer bedarfsgemeinschaft - bei einem über das normale maß hinausgehenden bedarf einer der in der wohnung lebenden person wegen behinderung oder pflegebedürftigkeit denkbar (vgl. bsg, urteil vom 22.08.2013 - b 14 as 85/12 r). eine solche ausnahme liegt hier nicht vor. der kläger ist zwar behindert, er hat jedoch keinen über das normale maß hinausgehenden unterkunftsbedarf. nach den angaben der eltern in der mündlichen verhandlung verfügt er wie die anderen bewohner über ein eigenes zimmer und kann ansonsten die gemeinschaftsräume mitbenutzen. ein besonderer unterkunftsbedarf, wie er z.b. bei einer rollstuhlpflichtigen person gegeben sein könnte, ist daher nicht erkennbar. 27der anspruch des klägers ist demnach auf die anteiligen tatsächlichen unterkunftskosten beschränkt, denn er lebt gemeinsam mit seinen eltern in einer haushaltsgemeinschaft und bei dem von ihm bewohnten wohnraum handelt es sich nicht um eine abgeschlossene wohneinheit. die eltern haben in der mündlichen verhandlung ausdrücklich erklärt, dass der kläger nicht über einen abgeschlossenen wohnbereich verfügt. dies hänge auch damit zusammen, dass er sehr unselbständig sei und sich ohnehin nicht selbst versorgen könne. 28der kläger hat demnach keinen anspruch auf übernahme der unterkunftskosten in höhe der vereinbarten miete i.h.v. 170,00 eur und der pauschale für die nebenkosten einschließlich der heizkosten i.h.v. 70,00 eur, denn die anteiligen tatsächlichen kosten liegen unterhalb dieses betrages. nach den vorgelegten unterlagen für das jahr 2013 beliefen sich die unterkunftskosten insgesamt auf 4.645,11 eur (grundbesitzabgaben 429,79 eur, wasser/abwasser 409,08 eur, gebäudeversicherung 264,70 eur, schornsteinfeger 44,16 eur, heizkosten 3.497,38 eur). daraus ergibt sich ein monatlicher betrag i.h.v. 387,09 eur und somit ein auf den kläger entfallender kopfteil von 129,03 eur pro monat, da das haus nach dem auszug der schwester im jahr 2012 nur noch von drei personen bewohnt wird. der kläger hat allerdings die möglichkeit, noch weitere unterkunftskosten im rahmen der konkreten bedarfsberechnung durch die beklagte geltend zu machen, insbesondere gehört dazu auch der notwendige erhaltungsaufwand für die immobilie, eine instandhaltungspauschale ist allerdings nicht zu berücksichtigen (vgl. dazu bsg, urteil vom 03.03.2009 – b 4 as 38/08 r). 29die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg und entspricht dem ausgang des verfahrens. 30rechtsmittelbelehrung: 31dieses urteil kann mit der berufung angefochten werden. 32die berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils beim 33landessozialgericht nordrhein-westfalen, zweigertstraße 54, 45130 essen, 34schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. 35die berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die berufung innerhalb der frist bei dem 36sozialgericht dortmund, ruhrallee 1-3, 44139 dortmund, 37schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle eingelegt wird. 38die berufungsschrift muss bis zum ablauf der frist bei einem der vorgenannten gerichte eingegangen sein. sie soll das angefochtene urteil bezeichnen, einen bestimmten antrag enthalten und die zur begründung dienenden tatsachen und beweismittel angeben. 39die einreichung in elektronischer form erfolgt durch die übertragung des elektronischen dokuments in die elektronische poststelle. diese ist über die internetseite www.sg-dortmund.nrw.de erreichbar. die elektronische form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte datei, die den maßgaben der verordnung über den elektronischen rechtsverkehr bei den sozialgerichten im lande nordrhein-westfalen (ervvo sg) vom 07.11.2012 (gv.nrw, 551) entspricht. hierzu sind die elektronischen dokumente mit einer qualifizierten signatur nach § 2 nummer 3 des signaturgesetzes vom 16.05.2001 (bgbl. i, 876) in der jeweils geltenden fassung zu versehen. die qualifizierte elektronische signatur und das ihr zugrunde liegende zertifikat müssen durch das gericht überprüfbar sein. auf der internetseite www.justiz.nrw.de sind die bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben. 40zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem beteiligten auf seinen antrag für das verfahren vor dem landessozialgericht unter bestimmten voraussetzungen prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 41gegen das urteil steht den beteiligten die revision zum bundessozialgericht unter übergehung der berufungsinstanz zu, wenn der gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem sozialgericht auf antrag durch beschluss zugelassen wird. der antrag auf zulassung der revision ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils bei dem sozialgericht dortmund schriftlich zu stellen. die zustimmung des gegners ist dem antrag beizufügen. 42lehnt das sozialgericht den antrag auf zulassung der revision durch beschluss ab, so beginnt mit der zustellung dieser entscheidung der lauf der berufungsfrist von neuem, sofern der antrag auf zulassung der revision in der gesetzlichen form und frist gestellt und die zustimmungserklärung des gegners beigefügt war. 43die einlegung der revision und die zustimmung des gegners gelten als verzicht auf die berufung, wenn das sozialgericht die revision zugelassen hat. | Klaeger*in | 1 |
345,309 | 9 K 2762/21 | 2022-05-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Eigentümer des nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes befindlichen und derzeit mit einem straßennahen Einfamilienhaus bebauten Grundstücks C. Weg 000 (Gemarkung T. , Flur 00, Flurstück 000 – im Folgenden: Vorhabengrundstück). Das Vorhabengrundstück liegt an der nordwestlichen Straßenseite im südwestlichen Bereich des Ortsteils T. unmittelbar am Rande einer Waldfläche, die sich von dort nach Westen über die Grenze zur Stadt E. bis hin zur Bundesautobahn 0 erstreckt. Die nordwestliche Straßenseite des C. Wegs ist auch in der Umgebung überwiegend straßennah bebaut. Vor allem nördlich, teilweise aber auch südlich des Vorhabengrundstücks reichen einzelne Wohnhäuser aber auch tiefer in den rückwärtigen Bereich hinein – so etwa am C. Weg 000 und 000 (im Süden) bzw. 000, 000, 000-000e sowie 000 (im Norden). Außerdem befinden sich hinter der straßennahen Bebauung im südlichen Bereich sonstige bauliche Anlagen, wie etwa eine Doppelgarage (auf dem Flurstück 000 zwischen den Hausnummern 000 und 000), ein Swimmingpool (Hausnummer 000) und mehrere Gartenhäuser (z.B. Hausnummern 000, 000a und 000). 3Unter dem 5. Februar 2021 – bei der Bauaufsicht der Beklagten am 8. Februar 2021 eingegangen – beantragte der Kläger einen zunächst nicht weiter konkretisierten Vorbescheid für die Errichtung eines eingeschossigen Wohngebäudes mit einer Tiefe von 15 m, einer Breite von 12,50 m und einem umbauten Raum von 1148,44 m³ (im Folgenden: Vorhaben), das etwa 16m westlich des Bestandsgebäudes auf dem Vorhabengrundstück beginnen und bis zu einer Tiefe von etwa 50 m vom Straßenrand reichen sowie einen Abstand zu den Nachbargrenzen von mindestens 3 m wahren sollte (im Folgenden: Vorhabenstandort). Gleichzeitig war der Abbruch des Bestandsgebäudes vorgesehen. Im regionalen Flächennutzungsplan der Planungsgemeinschaft T1. S. (XXXX) ist der Vorhabenstandort als Wohnbaufläche dargestellt. 4Mit Bescheid vom 31. März 2021 lehnte die Beklagte die Bauvoranfrage ab und führte zur Begründung aus: Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Das Vorhabengrundstück liege nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Die Grenze zwischen der so bebauten Fläche und dem Außenbereich verlaufe an der Rückseite der vorhandenen Wohngebäude entlang. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richte sich daher nach § 35 des Baugesetzbuches (BauGB). Die dortigen gesetzlichen Regelungen, insbesondere § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB dienten dazu, die Außenbereichslandschaft in ihrer Bestimmung für die naturgegebene Bodennutzung sowie als Erholungslandschaft für die Allgemeinheit zu erhalten und in dieser natürlichen Funktion und Eigenart vor dem Eindringen oder Verfestigen wesensfremder Nutzung zu schützen. Das nicht privilegierte Vorhaben widerspreche jedoch der für die Landschaft charakteristischen Bodennutzung und somit dem grundsätzlichen Schutzgedanken des Außenbereichs und beeinträchtige auch seine Aufgabe als Erholungsgebiet erheblich. Außerdem würde die Genehmigung für die Errichtung eines Wohngebäudes an der vorgesehenen Stelle zu einer unerwünschten Entwicklung führen, weil gleichartige Vorhaben auf den benachbarten Grundstücken nicht verhindert werden könnten. 5Mit der am 23. April 2021 erhobenen Klage trägt der Kläger vor: Der Vorhabenstandort gehöre zu dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB, nämlich der geschlossenen und einheitlich verkehrstechnisch erschlossenen fast ausschließlichen Wohnbebauung entlang des C. Wegs und seiner Nebenstraßen. Das Vorhaben füge sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, ohne weiteres in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Der Ortsteil ende nicht direkt hinter den vorhandenen Baukörpern, sondern erstrecke sich auch auf den Gartenbereich. Dort befänden sich auf den südlich angrenzenden Grundstücken Garagen, Gartenhäuser und Schwimmbecken, die teilweise tiefer lägen als der geplante Baukörper. In der unmittelbaren nördlichen Nachbarschaft seien Grundstücke teilweise sogar noch weiter zurückliegend als mit dem Vorhaben geplant bebaut – so am C. Weg 000, 000 und 000. Genauso tief wie das Vorhaben reiche zudem noch die Bebauung am C. Weg 000-000e in den rückwärtigen Bereich hinein. Das Vorhaben füge sich optisch in eine vorhandene Bebauung ein, die nicht nur von einer geraden Linie von Gebäuden entlang der Straße geprägt sei, sondern immer wieder auch von deutlich zurückgesetzt errichteten Gebäuden und erheblichen Nebenanlagen. Dementsprechend könne vom Vorhaben auch nicht die von der Beklagten befürchtete negative Vorbildfunktion ausgehen. Nicht erst dieses Vorhaben würde in einem neuen und zu beanstandenden Sinne prägend werden. Vor diesem Hintergrund sei das Vorhaben nicht negatives Vorbild, sondern eher Nachzügler. Darüber hinaus ende ein Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB zwar grundsätzlich mit der letzten vorhandenen Bebauung, erfasse aber auch zurück gelegene Grundstücksbereiche, wenn sie – wie hier – ohne weiteres erkennbar den weiter nach vorne gebauten Gebäuden zugeordnet und von Nebenanlagen geprägt seien. Hierzu werde auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig-Holstein vom 23. November 1994 verwiesen. Im Übrigen sei der Bebauungszusammenhang, selbst wenn man ihn anhand der letzten Hauptbebauung definiere, weiter zu ziehen als von der Beklagten angenommen. Insbesondere erstrecke er sich auch auf die Häuser am C. Weg 000 und 000. Entsprechend der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 1972 (BVerwGE 41, 227) müsse die insoweit zu berücksichtigende Bebauung gerade keine organische Siedlungsstruktur aufweisen oder einem bestimmten Ordnungsbild entsprechen. Die nähere Umgebung reiche dabei soweit, wie sich die Ausführung des geplanten Vorhabens auswirken können und die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks präge oder doch beeinflusse, wobei für die Bewertung die örtlichen, optisch wahrnehmbaren Gegebenheiten maßgeblich seien. Danach seien vorliegend die Objekte 000, 000 und 000, aber auch 000 und 000 zu berücksichtigen. Dementsprechend habe die Beklagte in einem anderweitigen Baugenehmigungsverfahren, das unmittelbare Nachbargrundstück C. Weg 000 auch wie selbstverständlich dem Innenbereich nach § 34 BauGB zugeordnet. Selbst wenn man dies, wie die Beklagte nunmehr erkennen lasse, lediglich auf den Bereich bis zu dem letzten Baukörper in Form des gemauerten Toilettenhauses begrenze, ergebe sich eine jetzt schon optisch deutlich wahrnehmbare Verschiebung der Wohnbebauung in den rückwärtigen Grundstücksbereichen zum Waldrand. Auch wenn man die Objekte 000 und 000 außer Betracht lasse, ergebe sich auch hinsichtlich der Objekte 000-000 kein einheitliches, mehr oder minder straßenseitiges Erscheinungsbild, sondern ein sehr deutlicher Bogen mit den am stärksten in den rückwärtigen Bereich ragenden Enden sowohl im Norden als auch im Süden. Die Zuordnung des Vorhabenstandorts zum Bebauungszusammenhang decke sich im Übrigen auch damit, dass die festgesetzte Verbandsgrünfläche erst jenseits beginne. 6Äußerst vorsorglich sei ausführen, dass das Vorhaben aber auch bei einer Beurteilung nach § 35 BauGB zulässig wäre. Angesichts der obigen Ausführungen fehle es an einer wesensfremden Nutzung der betreffenden Flächen, sodass das Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft nicht berühre, zumal der XXXX den Vorhabenstandort ausdrücklich als Wohnbaufläche darstelle. Auch sei die Entstehung einer Splittersiedlung nicht zu befürchten, da das Siedlungsbild bereits durch über die gesamte Grundstückstiefe vorhandene Haupt- und Nebenanlagen geprägt sei. Es handele sich allenfalls um zulässige Streubebauung, nicht aber um eine Splittersiedlung. Selbst wenn eine Splittersiedlung vorläge, sei diese jedoch bereits verfestigt, sodass das Vorhaben entsprechend der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. November 2010 (IV B 45.10) nicht mehr zu einer solchen Verfestigung beitrage und daher auch nicht unzulässig sei. 7Das Gericht hat im Rahmen eines Ortstermins am 4. März 2022 durch Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit Beweis erhoben. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Ortstermins verwiesen. 8Im Ortstermin hat der Kläger seine Bauvoranfrage dahingehend konkretisiert, dass sie sich auf die gesamte planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bezieht. 9Dementsprechend beantragt er nach Präzisierung im Ortstermin, 10die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 31. März 2021 zu verpflichten, ihm entsprechend seinem Antrag vom 5./8. Februar 2021 einen bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid zur Errichtung eines eingeschossigen Wohngebäudes auf dem Grundstück C. Weg 000 in N. an der S. (Gemarkung T. , Flur 00, Flurstück 000) zu erteilen. 11Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die Klage abzuweisen. 13Sie führt ergänzend aus: Die hinteren Grundstücksbereiche ab Hausnummer 000 in südlicher Richtung vermittelten auch deshalb keinen Bebauungszusammenhang, weil auf ihnen keine Hauptnutzungen vorhanden seien, die den Eindruck der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit vermitteln könnten. Dort befänden sich keine relevanten zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmten Anlagen, sondern lediglich wohnakzessorische Nebenanlagen. Jenseits der vorhandenen Straßenrandbebauung fehle es daher an einer organischen Siedlungsstruktur. Dass es mit den bebauten Grundstücken am C. Weg 000 und 000 hinsichtlich der dort vorhandenen Bautiefen eine andere Bebauungsstruktur gebe, vermittle für das Vorhabengrundstück keinen Bebauungszusammenhang. Da es insoweit auf Grundstücks- und Parzellengrenzen nicht ankomme, sei ein bebautes Grundstück auch nicht regelmäßig in seiner vollen Ausdehnung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen. Schließlich seien für dessen Bestimmung auch die Darstellungen eines Flächennutzungsplanes nicht maßgeblich. Der Kläger verkenne bei seiner gegenteiligen Argumentation, dass es keine schematische Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich gebe, der Außenbereich vielmehr grundsätzlich und so auch hier unmittelbar an der hinteren Hauskante des bestehenden Gebäudes auf dem Vorhabengrundstück beginne. Eine allgemein zu ziehende Linie des Bebauungszusammenhangs anhand des am weitesten in den Außenbereich ragenden Gebäudes, wie sie offenbar dem Kläger mit seinem Hinweis auf die Bebauung am C. Weg 000, 000, 000 oder auch 000 vorschwebe, verbiete sich daher. Zu dem vom Kläger angeführten anderweitigen Baugenehmigungsverfahren sei darauf hinzuweisen, dass der Entscheidung über den dortigen Bauantrag vorbehalten sei, wie weit auf dem Nachbargrundstück der Innenbereich zu ziehen sei. Das im Außenbereich nicht privilegierte sonstige Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange, jedenfalls im Sinne des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB. Auch durch die Ausuferung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils könne eine städtebaulich unerwünschte Zersiedlung des Außenbereichs eintreten und eine Splittersiedlung entstehen. Da die Zulassung des Vorhabens eine weitere Ausdehnung des westlichen Ortsrands in den bislang von Bebauung freigehaltenen Außenbereich zur Folge hätte, sei eine solche weitere Zersiedlung auch konkret zu befürchten, zumal sich in der unmittelbaren Nachbarschaft des Vorhabengrundstücks mehrere, in vergleichbarer Weise zur Bebauung geeignete Grundstücke befänden, für die das Vorhaben Vorbildwirkung entfalten würde. 14Im Ortstermin haben die Beteiligten übereinstimmend für den Fall einer Fortsetzung des Verfahrens auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Mit dem im Ortstermin übereinstimmend erklärten Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 18Die zulässige Klage ist unbegründet. 19Die gegenüber dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 31. März 2021 erfolgte Versagung der Erteilung eines positiven Bauvorbescheides zur planungsrechtlichen Zulässigkeit der Errichtung eines eingeschossigen Wohngebäudes auf dem Grundstück C. Weg 000 in N. an der S. (Gemarkung T. , Flur 00, Flurstück 000) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung eines entsprechenden positiven Bauvorbescheides. 20Nach § 77 Abs. 1 S. 1 und S. 4 i.V.m. § 74 Abs. 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018) ist vor Einreichung des Bauantrags auf Antrag der Bauherrin oder des Bauherrn zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen, wenn dem Vorhaben im Umfang der Bauvoranfrage keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn das Vorhaben ist bauplanungsrechtlich unzulässig. 21Das Vorhaben soll im Außenbereich errichtet werden (1.) und ist dort nach § 35 BauGB nicht zulässig (2.) 221. Der Vorhabenstandort, der nicht vom Geltungsbereich eines Bebauungsplanes erfasst wird, liegt auch nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB. Er nimmt nicht an dem Bebauungszusammenhang teil, der sich an der nordwestlichen Seite des C. Wegs erstreckt. 23Auf die vom Kläger in seinen Stellungnahmen behandelten Fragen, wie weit bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB der Bereich der näheren Umgebung zu ziehen ist und ob sich das Vorhaben (insbesondere nach der überbaubaren Grundstücksfläche) in deren Eigenart einfügt, kommt es daher gar nicht an. Diese Fragen spielen für die Abgrenzung des Innenbereichs im Sinne des § 34 BauGB vom Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB keine Rolle. 24Ein Bebauungszusammenhang reicht soweit, wie die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt: 25Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 – 4 C 5.14 –, juris, Rn. 11 ff. m.w.N. 26Hierüber ist allerdings nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Wertung und Bewertung des im Einzelfall gegebenen konkreten Sachverhalts zu entscheiden. Grundlage und Ausgangspunkt einer solchen wertenden und bewertenden Beurteilung sind jedoch die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie außerdem auch andere topographische Verhältnisse. In aller Regel endet ein Bebauungszusammenhang am letzten Baukörper. 27Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 – 4 C 40.87 –, juris, Rn. 22 sowie Beschlüsse vom 8. Oktober 2015 – 4 B 28.15 –, juris, Rn. 6, vom 2. März 2000 – 4 B 15.00 –, juris, Rn. 4 und vom 10. März 1994 – 4 B 50.94 –, juris, Rn. 3 28Dementsprechend kommt es für die Bestimmung der Grenzen des Bebauungszusammenhangs auf die (lediglich formalen) Grundstücksgrenzen nicht an, sodass die auf einem Grundstück vorhandene Bebauung typischerweise nicht das gesamte Grundstück in den Zusammenhang hineinzieht. 29Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Januar 1993 – 4 C 33.90 –, juris, Rn. 10, vom 3. März 1972 – IV C 4.69 –, juris, Rn. 17 und vom 6. November 1968 – IV C 47.68 –, juris, Rn. 19. 30Von diesen Grundsätzen ausgehend endet der an der nordwestlichen Seite des C. Wegs bestehende Bebauungszusammenhang auf dem Vorhabengrundstück an der nordwestlichen Außenwand des vorhandenen Bestandsgebäudes als dem letzten Baukörper auf diesem Grundstück, so dass sich der erst weiter westlich gelegene Vorhabenstandort außerhalb des Bebauungszusammenhangs befindet. 31Dass der Bebauungszusammenhang in diesem Bereich – wie der Kläger darlegt – hinsichtlich der Bebauungstiefe kein einheitliches Erscheinungsbild aufweist, sondern einen Bogen mit den am stärksten in den rückwärtigen Bereich ragenden Enden im Norden und Süden bildet, ist im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich. Denn entsprechend dem oben beschriebenen Ansatz ist die Grenzlinie zwischen Innen- und Außenbereich bei einer unregelmäßigen Bebauung des Ortsrandes nicht in dem Sinne künstlich zu begradigen, dass sie entlang der am weitesten in den Außenbereich hineinragenden Gebäude verläuft. Vielmehr ist die Grenzlinie grundsätzlich entlang jeder einzelnen Bebauung zu ziehen und kann dabei durchaus auch vor- und zurückspringen. 32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 1990 – 4 B 103.90 –, juris, Rn. 2 und Urteil vom 6. Dezember 1967 – IV C 94.66 –, juris, Rn. 26; Dürr, in: Brügelmann, BauGB – Kommentar, Stand: Januar 2022, § 34, Rn. 28; Spieß, in: Jäde/Dirnberger, BauGB / BauNVO – Kommentar, 9. Aufl., § 34, Rn. 18. 33Auch der Einwand des Klägers, dass der Bebauungszusammenhang auch zurück gelegene Grundstücksbereiche erfasse, wenn sie den weiter vorne errichteten Gebäuden zugeordnet und von Nebenanlagen geprägt seien, greift nicht durch. Die damit angesprochene Figur einer nach den Umständen des Einzelfalls in den Bebauungszusammenhang einzubeziehenden Fläche mit bebauungs- bzw. wohnakzessorischer Nutzung in Form von Nebenanlagen wie Gartenhäusern, Hühnerställen, Schuppen, Spiel- oder Sportanlagen, aber auch in Form von Freiflächen wie etwa einem Garten, einem Hof, einem Stell- oder Lagerplatz, 34vgl. BVerwG, Urteile vom 12. November 2014 – 9 C 7.13 –, juris, Rn. 25 und vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 –, juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Februar 2014 – 2 A 1295/13 –, juris, Rn. 18 und vom 13. Juni 2013 – 7 A 2150/12 –, juris, Rn. 5; Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 – 9 ZB 08.37 –, juris, Rn. 3 f.; Hamburgisches OVG, Urteil vom 25. Februar 2015 – 2 Bf 213/11 –, juris, Rn. 55; Sächsisches OVG, Urteil vom 6. Juni 2018 – 5 A 532/17 –, juris, Rn. 29; OVG Saarland, Urteile vom 27. Januar 1982 – 2 R 22/81 –, BRS 39 Nr. 60, S. 127 (129) und vom 2. Oktober 1981 – 2 Z 2/80 –, BRS 38 Nr. 73, S. 163 (164 f.); OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23. November 1994 – 1 L 110/93 –, juris, Rn. 14; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB-Kommentar, 143. EL August 2021, § 34 Rn. 25; Dürr, in: Brügelmann, BauGB – Kommentar, Stand: Januar 2022, § 34, Rn. 27 und 29, 35begegnet bereits als solches nicht unbeachtlichen Bedenken. Denn damit hätte es der Bauherr gegebenenfalls in der Hand, durch die Errichtung entsprechender Nebenanlagen oder die Anlage von der Bebauung zugeordneter Freiflächen aus Außenbereichsflächen immer wieder zusätzliche Innenbereichsflächen zu schaffen, was zu einer weitgehenden Besiedlung des Außenbereichs führen könnte. 36Vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 2 B 18.1797 –, juris, Rn. 26, entsprechend eingrenzend aber auch schon Beschluss vom 27. Januar 2010 – 9 ZB 08.37 –, juris, Rn. 4; Johlen, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 34, Rn. 6. 37Jedenfalls aber können ausgehend vom grundlegenden Erfordernis des Eindrucks der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit einem Wohnhaus allenfalls solche Anlagen und Flächen als akzessorisch zugerechnet werden, die ihm optisch ohne weiteres erkennbar als Nebenanlage oder Außenwohnbereich zugeordnet sind und in einem angemessenen Verhältnis zur Hauptanlage stehen. 38Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 –, juris, Rn. 12; Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 – 9 ZB 08.37 –, juris, Rn. 3 f. 39Dieser Bereich erstreckt sich auf einen verhältnismäßig schmalen Streifen (nah) „hinter“ dem Hauptgebäude, soweit dieser durch die vorhandenen Baulichkeiten geprägt und „bauakzessorisch“ in Form einer Nebenanlage, als Hausgarten oder dem Wohnen zugeordneter Erholungsbereich genutzt wird. 40Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26. September 2012 – 1 LA 42/12 –, juris, Rn. 11. 41Nicht als akzessorisch erfasst werden danach jedoch solche Flächen, die einer selbständigen baulichen Nutzung zugeführt werden können. 42Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juni 2004 – 7 A 1475/04 –, juris, Rn. 10. 43Für die Abgrenzung gilt ein restriktiver, den Außenbereich möglichst schonender Maßstab. 44Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26. September 2012 – 1 LA 42/12 –, juris, Rn. 11; zu alledem auch: Weiß-Ludwig, Abgrenzung Innen- und Außenbereich – „Ein – nicht nur – bauplanungsrechtlicher Dauerbrenner“, NordÖR 2018, 1 (5 f.). 45Hiervon ausgehend liegt der Vorhabenstandort nach dem Eindruck im Ortstermin nicht auf einer solchen bebauungsakzessorischen Fläche. Auf dem Vorhabengrundstück verfügt das Bestandsgebäude als letzter Baukörper vielmehr unmittelbar hinter seiner westlichen und südlichen Außenwand bereits über einen Außenwohnbereich, der nach Westen hin durch Bäume abgegrenzt ist. Der Vorhabenstandort selbst beginnt dagegen erst mehr als 16m westlich des eigentlichen Bestandsgebäudes, stellt sich daher nicht mehr als hausnah dar, sondern liegt in einem größeren Grundstücksbereich, bei dem es sich um eine zum anschließenden Wald ansteigende Rasenfläche handelt, die dem Bestandsgebäude nicht mehr als Außenwohnbereich zugeordnet werden kann, 46vgl. zu entsprechend unbebauten Garten- bzw. Freiflächen in Ortsrandlage: OVG NRW, Urteil vom 8. Oktober 2018 – 10 A 1803/16 –, juris, Rn, 31 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 2 B 18.1797 –, juris, Rn. 26 und Beschluss vom 19. Dezember 2017 – 1 ZB 16.1301 –, juris, Rn. 6; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB-Kommentar, 143. EL August 2021, § 34 Rn. 25, 47sondern einer selbständigen baulichen Nutzung zugeführt werden könnte und vom Kläger auch soll. Seine bloße Eingrenzung durch eine Mauer nach Norden und einen Zaun nach Süden führt allein nicht zu der erforderlichen Zuordnung zum vorhandenen Wohnhaus. 48Selbst wenn man aber eine solche Akzessorietät auch für den Vorhabenstandort noch annehmen würde, ließe sich damit die planungsrechtliche Zulässigkeit einer dortigen Wohnbebauung nicht rechtfertigen. Denn in einem allein aufgrund dieser Akzessorietät in den Innenbereich einbezogenen hinteren Grundstücksteil kann ausgehend von Sinn und Zweck dieser Einbeziehung zur Vermeidung einer planungsrechtlichen Unzulässigkeit der dortigen „Nebenanlage“ auch nur ein Vorhaben verwirklicht werden, dass der speziellen Funktion dieses Bereichs als Ergänzung der Nutzung des Hauptgebäudes entspricht und nicht – wie das Vorhaben – selbst eine Hauptnutzung darstellt. 49Vgl. Dürr, in: Brügelmann, BauGB – Kommentar, Stand: Januar 2022, § 34, Rn. 29; so im Ergebnis auch: OVG Saarland, Urteil vom 2. Oktober 1981 – 2 Z 2/80 –, BRS 38 Nr. 73, S. 163 (165); OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5. Juli 2001 – 3 L 197/00 –, juris. 50Dass das Bestandsgebäude im Zuge der Durchführung des Vorhabens abgerissen werden soll, steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Denn dies würde nichts daran ändern, dass auf einem vormals (allenfalls) akzessorisch genutzten Bereich erstmals eine Hauptnutzung verwirklicht, die bodenrechtliche Struktur des Vorhabengrundstücks damit verändert und seine Hauptnutzung (jedenfalls) in Richtung des Außenbereichs verschoben würde. 51Auch im Übrigen ergibt sich aus den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen am Vorhabengrundstück, insbesondere dem Verlauf des Waldrandes, keine Verlagerung der Grenze des Innenbereichs zum Außenbereich nach Westen. 52Allerdings können es örtliche Besonderheiten wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Flüsse und dergleichen) rechtfertigen, dem Bebauungszusammenhang noch ein oder mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen. 53Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 – 4 C 40.87 –, juris, Rn. 22 sowie Beschlüsse vom 2. März 2000 – 4 B 15.00 –, juris, Rn. 4, vom 10. März 1994 – 4 B 50.94 –, juris, Rn. 3 und vom 27. Mai 1988 – 4 B 71.88 –, juris, Rn. 5. 54Wesentliche Gesichtspunkte sind dabei insbesondere Höhe und Ausdehnung des Geländehindernisses, der Erhebung oder des Einschnitts, inwieweit solche örtlichen Besonderheiten optisch markant bzw. prägend in Erscheinung treten und wie sich der Geländeverlauf im Übrigen darstellt. 55Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 2015 – 4 B 28.15 –, juris, Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 2000 – 10 A 5693/98 –, juris, Rn. 51 und Beschluss vom 16. Juni 2016 – 2 A 1795/15 –, juris, Rn. 17; Bayerischer VGH, Beschluss vom 19. Februar 2015 – 1 ZB 14.2696 –, juris, Rn. 3. 56Dementsprechend kann auch ein Waldrand als markante Grenze zu einem größeren forstwirtschaftlich nutzbaren Bereich als natürliche Grenze zwischen Innen- und Außenbereich anzusehen sein. Dies muss aber nicht immer oder auch nur regelmäßig so sein. Maßgeblich sind vielmehr auch insofern die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls. 57Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1972 – IV C 4.69 –, juris, Rn. 18 und Beschluss vom 8. Oktober 2015 – 4 B 28.15 –, juris, Rn. 7. 58Nach dem Ergebnis des Ortstermins stellt sich der Beginn des Waldes westlich des C. Wegs jedoch optisch nicht als eine solche natürliche Zäsur dar. Er tritt als solches nicht markant etwa in Form einer durchgehenden Grenzlinie in Erscheinung. Vielmehr ragt der Baumbestand auf dem Vorhabengrundstück wie auch auf den Nachbargrundstücken immer wieder in unregelmäßigen Abständen und unterschiedlicher Tiefe in die rückwärtigen Grundstücksbereiche hinein. 59Schließlich geht auch der Hinweis des Klägers, dass die festgesetzte Verbandsgrünfläche erst westlich des Vorhabenstandortes beginne, im vorliegenden Zusammenhang fehl. Ebenso wenig von Bedeutung ist, dass der Vorhabenstandort im RFNP noch als Wohnbaufläche dargestellt ist. Denn bei der Bestimmung der Weite des Bebauungszusammenhangs sind nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse zu berücksichtigen. Maßgeblich hierfür ist, dass es bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich darum geht, inwieweit ein Grundstück zur Bebauung ansteht und sich aus dem tatsächlich Vorhandenen ein hinreichend verlässlicher Maßstab für die Zulassung weiterer Bebauung nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche gewinnen lässt. Die (be-)wertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann sich angesichts dieser vom Gesetzgeber vorgegebenen Kriterien nur nach optisch wahrnehmbaren Merkmalen richten. 60Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1990 – 4 C 40.87 –, juris, Rn. 24 und Beschluss vom 8. Oktober 2015 – 4 B 28.15 –, juris, Rn. 5. 61Angesichts dessen ist für die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich die Art der Darstellung des Vorhabenstandorts in einem Flächennutzungs- oder Landschaftsplan schlichtweg unbeachtlich. 62Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. November 1999 – 4 B 85.99 –, juris, Rn. 4, vom 20. August 1998 – 4 B 79.98 –, juris, Rn. 6 und vom 15. Juli 1994 – 4 B 109.94 – juris, Rn. 6; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB-Kommentar, 143. EL August 2021, § 34 Rn. 25; Dürr, in: Brügelmann, BauGB – Kommentar, Stand: Januar 2022, § 34, Rn. 25. 63Johlen, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 34, Rn. 10. 64Nichts anderes gilt für den Verlauf der Festsetzung einer Verbandsgrünfläche. 652. Liegt der Vorhabenstandort somit im Außenbereich, ist das dort nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Wohnbauvorhaben nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB planungsrechtlich unzulässig. Denn es beeinträchtigt öffentliche Belange. 66Zwar widerspricht es nicht im Sinne des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauGB den Darstellungen des Flächennutzungsplanes, da dieser auch den Vorhabenstandort noch als Wohnbaufläche darstellt. 67Das Vorhaben lässt jedoch die Entstehung, alternativ die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten, die in § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB als typischer Fall einer siedlungsstrukturell unerwünschten baulichen Außenbereichsnutzung genannt ist, die nach dem Willen des Gesetzgebers allgemein verhindert werden soll. Unerwünscht ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Als Grund für eine Missbilligung kommt unter anderem in Betracht, dass das Vorhaben eine weitreichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden. Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben nicht verhindert werden könnten und der Außenbereich durch solche Vorhaben zersiedelt werden würde, die dort nach der gesetzgeberischen Wertung gerade nicht errichtet werden sollen. 68Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2004 – 4 B 23.04 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2019 – 10 A 21/17 –, juris, Rn. 59. 69Die Entstehung einer Splittersiedlung kann gerade auch durch die Ausuferung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils anzunehmen sein, da auch durch einen solchen Vorgang eine städtebaulich unerwünschte Zersiedlung des Außenbereichs eintreten kann. 70Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Februar 1976 – IV C 72.74 –, juris, Rn. 21 und vom 25. Januar 1985 – 4 C 29.81 –, juris, Rn. 11 sowie Beschluss vom 11. Oktober 1999 – 4 B 77.99 –, juris, Rn. 6; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2019 – 10 A 21/17 –, juris, Rn. 61 und Beschluss vom 7. März 2006 – 10 A 1654/05 –, juris, Rn. 12. 71Die Zulassung des Vorhabens hätte eine Ausdehnung des südwestlichen Randes des Ortsteils T. in den bislang von Bebauung freigehaltenen Außenbereich zur Folge. Dies genügt nach Vorstehendem grundsätzlich bereits, um das Vorhaben als siedlungsstrukturell unerwünscht zu qualifizieren. 72Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2019 – 10 A 21/17 –, juris, Rn. 61. 73Es ist darüber hinaus aber auch konkret geeignet, eine Nachfolgebebauung nach sich zu ziehen. Denn mit der Zulassung des Vorhabens würden jedenfalls Versagungsgründe für vergleichbare Bauvorhaben auf den südlich angrenzenden Grundstücken am C. Weg 000-000, aber auch auf dem nördlichen Nachbargrundstück am C. Weg 000 deutlich abgeschwächt. 74Dass – wie der Kläger anführt – eine Verfestigung einer Splittersiedlung nicht zu befürchten ist, wenn eine solche unerwünschte verfestigte Siedlung bereits vorhanden ist, das Hinzutreten einer weiteren baulichen Anlage aber zu einer solchen Verfestigung nichts mehr beitragen kann, 75vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 2010 – 4 B 45.10 –, juris, Rn. 4, 76steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil die Durchführung des Vorhabens nicht zu einer solchen Verfestigung, sondern der Entstehung bzw. räumlichen Erweiterung einer Splittersiedlung führen würde. Denn mit dem Vorhaben würde nicht ein bisher schon von einer Splittersiedlung in Anspruch genommener räumlicher Bereich aufgefüllt und damit dessen Verfestigung vorangetrieben, 77vgl. zur gesetzlichen Begrifflichkeit insoweit: BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1977 – 4 C 29.75 -, juris, Rn. 25, 78sondern eine neue Splittersiedlung in Form einer Ausdehnung der bebauten Ortslage in den Außenbereich geschaffen. Allenfalls könnte man stattdessen noch von einer räumlichen Erweiterung einer Splittersiedlung ausgehen, nämlich sofern man in den Gebäuden am C. Weg 000 und 000 bereits eine solche Ausdehnung sehen sollte. Jedenfalls befinden sich auf den hieran südlich anschließenden, oben in den Blick genommenen Grundstücken C. Weg 000-000 keine baulichen Anlagen, die bereits eine Splittersiedlung begründen. Der Begriff der Splittersiedlung ist zwar nicht auf Wohnhäuser beschränkt, sondern erfasst grundsätzlich auch andere Bauten, die mit dem Aufenthalt von Menschen verbunden sind, etwa auch Garagen. 79Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. März 1998 – 4 C 10.97 –, juris, Rn. 21 und vom 9. Juni 1976 – IV C 42.74 –, juris, Rn. 15. 80Erforderlich ist aber jedenfalls eine Ansammlung bzw. Anhäufung zum – wenn auch eventuell nur gelegentlichen – Aufenthalt von Menschen geeigneter und bestimmter baulicher Anlagen. 81Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 C 10.11 –, juris, Rn. 19 und Beschluss vom 17. März 2015 – 4 B 45.14 –, juris, Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 7. Dezember 2021 – 10 A 1584/21 –, juris, Rn. 10. 82In der Tiefe des Vorhabenstandorts finden sich in dem genannten Bereich jedoch bisher keine baulichen Anlagen, die bereits die Annahme einer solchen Ansammlung bzw. Anhäufung rechtfertigen könnten. Auch nach Darstellung des Klägers sind insoweit bisher lediglich auf den Grundstücken C. Weg 000, 000a und 000 sowie dem unmittelbar daran südlich angrenzenden Flurstück 000 bauliche Anlagen in Form von drei Gartenhäusern, einem Swimmingpool und einer Doppelgarage vorhanden. Diese Anlagen fallen angesichts der Größe des fraglichen rückwärtigen Bereichs von etwa 40 m Tiefe (hinter den Terrassen bis hin zum Beginn des Waldes) und gut 150 m Breite, d.h. etwa 6000 m2 kaum ins Gewicht. 83Selbst wenn es sich aber insoweit bereits um eine Splittersiedlung handeln würde, wäre sie jedenfalls aufgrund der überwiegend noch vorhandenen rückwärtigen Freiflächen ohne weiteres einer weiteren Verfestigung zugänglich. 84Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. 85Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 der Zivilprozessordnung. 86Rechtsmittelbelehrung: 87Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 88Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 89Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 90Die Berufung ist nur zuzulassen, 911. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 922. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 933. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 944. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 955. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 96Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 97Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 98Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 99Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 100Beschluss: 101Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt. 102Gründe: 103Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes erfolgt und orientiert sich an den Ziffern 1.) a) und 5.) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 610). 104Rechtsmittelbelehrung: 105Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 106Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 107Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 108Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 109Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 110War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung in gleicher höhe sicherheit leistet. 1 | 2der kläger ist eigentümer des nicht im geltungsbereich eines bebauungsplanes befindlichen und derzeit mit einem straßennahen einfamilienhaus bebauten grundstücks c. weg 000 (gemarkung t. , flur 00, flurstück 000 – im folgenden: vorhabengrundstück). das vorhabengrundstück liegt an der nordwestlichen straßenseite im südwestlichen bereich des ortsteils t. unmittelbar am rande einer waldfläche, die sich von dort nach westen über die grenze zur stadt e. bis hin zur bundesautobahn 0 erstreckt. die nordwestliche straßenseite des c. wegs ist auch in der umgebung überwiegend straßennah bebaut. vor allem nördlich, teilweise aber auch südlich des vorhabengrundstücks reichen einzelne wohnhäuser aber auch tiefer in den rückwärtigen bereich hinein – so etwa am c. weg 000 und 000 (im süden) bzw. 000, 000, 000-000e sowie 000 (im norden). außerdem befinden sich hinter der straßennahen bebauung im südlichen bereich sonstige bauliche anlagen, wie etwa eine doppelgarage (auf dem flurstück 000 zwischen den hausnummern 000 und 000), ein swimmingpool (hausnummer 000) und mehrere gartenhäuser (z.b. hausnummern 000, 000a und 000). 3unter dem 5. februar 2021 – bei der bauaufsicht der beklagten am 8. februar 2021 eingegangen – beantragte der kläger einen zunächst nicht weiter konkretisierten vorbescheid für die errichtung eines eingeschossigen wohngebäudes mit einer tiefe von 15 m, einer breite von 12,50 m und einem umbauten raum von 1148,44 m³ (im folgenden: vorhaben), das etwa 16m westlich des bestandsgebäudes auf dem vorhabengrundstück beginnen und bis zu einer tiefe von etwa 50 m vom straßenrand reichen sowie einen abstand zu den nachbargrenzen von mindestens 3 m wahren sollte (im folgenden: vorhabenstandort). gleichzeitig war der abbruch des bestandsgebäudes vorgesehen. im regionalen flächennutzungsplan der planungsgemeinschaft t1. s. (xxxx) ist der vorhabenstandort als wohnbaufläche dargestellt. 4mit bescheid vom 31. märz 2021 lehnte die beklagte die bauvoranfrage ab und führte zur begründung aus: das vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. das vorhabengrundstück liege nicht innerhalb eines im zusammenhang bebauten ortsteils. die grenze zwischen der so bebauten fläche und dem außenbereich verlaufe an der rückseite der vorhandenen wohngebäude entlang. die planungsrechtliche zulässigkeit des vorhabens richte sich daher nach § 35 des baugesetzbuches (baugb). die dortigen gesetzlichen regelungen, insbesondere § 35 abs. 3 s. 1 nr. 5 baugb dienten dazu, die außenbereichslandschaft in ihrer bestimmung für die naturgegebene bodennutzung sowie als erholungslandschaft für die allgemeinheit zu erhalten und in dieser natürlichen funktion und eigenart vor dem eindringen oder verfestigen wesensfremder nutzung zu schützen. das nicht privilegierte vorhaben widerspreche jedoch der für die landschaft charakteristischen bodennutzung und somit dem grundsätzlichen schutzgedanken des außenbereichs und beeinträchtige auch seine aufgabe als erholungsgebiet erheblich. außerdem würde die genehmigung für die errichtung eines wohngebäudes an der vorgesehenen stelle zu einer unerwünschten entwicklung führen, weil gleichartige vorhaben auf den benachbarten grundstücken nicht verhindert werden könnten. 5mit der am 23. april 2021 erhobenen klage trägt der kläger vor: der vorhabenstandort gehöre zu dem im zusammenhang bebauten ortsteil im sinne des § 34 baugb, nämlich der geschlossenen und einheitlich verkehrstechnisch erschlossenen fast ausschließlichen wohnbebauung entlang des c. wegs und seiner nebenstraßen. das vorhaben füge sich nach art und maß der baulichen nutzung, der bauweise und der grundstücksfläche, die überbaut werden solle, ohne weiteres in die eigenart der näheren umgebung ein. der ortsteil ende nicht direkt hinter den vorhandenen baukörpern, sondern erstrecke sich auch auf den gartenbereich. dort befänden sich auf den südlich angrenzenden grundstücken garagen, gartenhäuser und schwimmbecken, die teilweise tiefer lägen als der geplante baukörper. in der unmittelbaren nördlichen nachbarschaft seien grundstücke teilweise sogar noch weiter zurückliegend als mit dem vorhaben geplant bebaut – so am c. weg 000, 000 und 000. genauso tief wie das vorhaben reiche zudem noch die bebauung am c. weg 000-000e in den rückwärtigen bereich hinein. das vorhaben füge sich optisch in eine vorhandene bebauung ein, die nicht nur von einer geraden linie von gebäuden entlang der straße geprägt sei, sondern immer wieder auch von deutlich zurückgesetzt errichteten gebäuden und erheblichen nebenanlagen. dementsprechend könne vom vorhaben auch nicht die von der beklagten befürchtete negative vorbildfunktion ausgehen. nicht erst dieses vorhaben würde in einem neuen und zu beanstandenden sinne prägend werden. vor diesem hintergrund sei das vorhaben nicht negatives vorbild, sondern eher nachzügler. darüber hinaus ende ein bebauungszusammenhang im sinne des § 34 abs. 1 baugb zwar grundsätzlich mit der letzten vorhandenen bebauung, erfasse aber auch zurück gelegene grundstücksbereiche, wenn sie – wie hier – ohne weiteres erkennbar den weiter nach vorne gebauten gebäuden zugeordnet und von nebenanlagen geprägt seien. hierzu werde auf die entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land schleswig-holstein vom 23. november 1994 verwiesen. im übrigen sei der bebauungszusammenhang, selbst wenn man ihn anhand der letzten hauptbebauung definiere, weiter zu ziehen als von der beklagten angenommen. insbesondere erstrecke er sich auch auf die häuser am c. weg 000 und 000. entsprechend der entscheidung des bundesverwaltungsgerichts vom 1. dezember 1972 (bverwge 41, 227) müsse die insoweit zu berücksichtigende bebauung gerade keine organische siedlungsstruktur aufweisen oder einem bestimmten ordnungsbild entsprechen. die nähere umgebung reiche dabei soweit, wie sich die ausführung des geplanten vorhabens auswirken können und die umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen charakter des baugrundstücks präge oder doch beeinflusse, wobei für die bewertung die örtlichen, optisch wahrnehmbaren gegebenheiten maßgeblich seien. danach seien vorliegend die objekte 000, 000 und 000, aber auch 000 und 000 zu berücksichtigen. dementsprechend habe die beklagte in einem anderweitigen baugenehmigungsverfahren, das unmittelbare nachbargrundstück c. weg 000 auch wie selbstverständlich dem innenbereich nach § 34 baugb zugeordnet. selbst wenn man dies, wie die beklagte nunmehr erkennen lasse, lediglich auf den bereich bis zu dem letzten baukörper in form des gemauerten toilettenhauses begrenze, ergebe sich eine jetzt schon optisch deutlich wahrnehmbare verschiebung der wohnbebauung in den rückwärtigen grundstücksbereichen zum waldrand. auch wenn man die objekte 000 und 000 außer betracht lasse, ergebe sich auch hinsichtlich der objekte 000-000 kein einheitliches, mehr oder minder straßenseitiges erscheinungsbild, sondern ein sehr deutlicher bogen mit den am stärksten in den rückwärtigen bereich ragenden enden sowohl im norden als auch im süden. die zuordnung des vorhabenstandorts zum bebauungszusammenhang decke sich im übrigen auch damit, dass die festgesetzte verbandsgrünfläche erst jenseits beginne. 6äußerst vorsorglich sei ausführen, dass das vorhaben aber auch bei einer beurteilung nach § 35 baugb zulässig wäre. angesichts der obigen ausführungen fehle es an einer wesensfremden nutzung der betreffenden flächen, sodass das vorhaben die natürliche eigenart der landschaft nicht berühre, zumal der xxxx den vorhabenstandort ausdrücklich als wohnbaufläche darstelle. auch sei die entstehung einer splittersiedlung nicht zu befürchten, da das siedlungsbild bereits durch über die gesamte grundstückstiefe vorhandene haupt- und nebenanlagen geprägt sei. es handele sich allenfalls um zulässige streubebauung, nicht aber um eine splittersiedlung. selbst wenn eine splittersiedlung vorläge, sei diese jedoch bereits verfestigt, sodass das vorhaben entsprechend der entscheidung des bundesverwaltungsgerichts vom 10. november 2010 (iv b 45.10) nicht mehr zu einer solchen verfestigung beitrage und daher auch nicht unzulässig sei. 7das gericht hat im rahmen eines ortstermins am 4. märz 2022 durch inaugenscheinnahme der örtlichkeit beweis erhoben. zum ergebnis der beweisaufnahme wird auf das protokoll des ortstermins verwiesen. 8im ortstermin hat der kläger seine bauvoranfrage dahingehend konkretisiert, dass sie sich auf die gesamte planungsrechtliche zulässigkeit des vorhabens bezieht. 9dementsprechend beantragt er nach präzisierung im ortstermin, 10die beklagte unter aufhebung ihres bescheides vom 31. märz 2021 zu verpflichten, ihm entsprechend seinem antrag vom 5./8. februar 2021 einen bauplanungsrechtlichen bauvorbescheid zur errichtung eines eingeschossigen wohngebäudes auf dem grundstück c. weg 000 in n. an der s. (gemarkung t. , flur 00, flurstück 000) zu erteilen. 11die beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die klage abzuweisen. 13sie führt ergänzend aus: die hinteren grundstücksbereiche ab hausnummer 000 in südlicher richtung vermittelten auch deshalb keinen bebauungszusammenhang, weil auf ihnen keine hauptnutzungen vorhanden seien, die den eindruck der zusammengehörigkeit und geschlossenheit vermitteln könnten. dort befänden sich keine relevanten zum dauernden aufenthalt von menschen bestimmten anlagen, sondern lediglich wohnakzessorische nebenanlagen. jenseits der vorhandenen straßenrandbebauung fehle es daher an einer organischen siedlungsstruktur. dass es mit den bebauten grundstücken am c. weg 000 und 000 hinsichtlich der dort vorhandenen bautiefen eine andere bebauungsstruktur gebe, vermittle für das vorhabengrundstück keinen bebauungszusammenhang. da es insoweit auf grundstücks- und parzellengrenzen nicht ankomme, sei ein bebautes grundstück auch nicht regelmäßig in seiner vollen ausdehnung dem bebauungszusammenhang zuzurechnen. schließlich seien für dessen bestimmung auch die darstellungen eines flächennutzungsplanes nicht maßgeblich. der kläger verkenne bei seiner gegenteiligen argumentation, dass es keine schematische grenzziehung zwischen innen- und außenbereich gebe, der außenbereich vielmehr grundsätzlich und so auch hier unmittelbar an der hinteren hauskante des bestehenden gebäudes auf dem vorhabengrundstück beginne. eine allgemein zu ziehende linie des bebauungszusammenhangs anhand des am weitesten in den außenbereich ragenden gebäudes, wie sie offenbar dem kläger mit seinem hinweis auf die bebauung am c. weg 000, 000, 000 oder auch 000 vorschwebe, verbiete sich daher. zu dem vom kläger angeführten anderweitigen baugenehmigungsverfahren sei darauf hinzuweisen, dass der entscheidung über den dortigen bauantrag vorbehalten sei, wie weit auf dem nachbargrundstück der innenbereich zu ziehen sei. das im außenbereich nicht privilegierte sonstige vorhaben beeinträchtige öffentliche belange, jedenfalls im sinne des § 35 abs. 3 s. 1 nr. 7 baugb. auch durch die ausuferung eines im zusammenhang bebauten ortsteils könne eine städtebaulich unerwünschte zersiedlung des außenbereichs eintreten und eine splittersiedlung entstehen. da die zulassung des vorhabens eine weitere ausdehnung des westlichen ortsrands in den bislang von bebauung freigehaltenen außenbereich zur folge hätte, sei eine solche weitere zersiedlung auch konkret zu befürchten, zumal sich in der unmittelbaren nachbarschaft des vorhabengrundstücks mehrere, in vergleichbarer weise zur bebauung geeignete grundstücke befänden, für die das vorhaben vorbildwirkung entfalten würde. 14im ortstermin haben die beteiligten übereinstimmend für den fall einer fortsetzung des verfahrens auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 15wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und des verwaltungsvorgangs der beklagten bezug genommen. 16 | 17mit dem im ortstermin übereinstimmend erklärten einverständnis der beteiligten kann das gericht gemäß § 101 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ohne mündliche verhandlung entscheiden. 18die zulässige klage ist unbegründet. 19die gegenüber dem kläger mit bescheid der beklagten vom 31. märz 2021 erfolgte versagung der erteilung eines positiven bauvorbescheides zur planungsrechtlichen zulässigkeit der errichtung eines eingeschossigen wohngebäudes auf dem grundstück c. weg 000 in n. an der s. (gemarkung t. , flur 00, flurstück 000) ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 s. 1 vwgo). denn der kläger hat keinen anspruch auf die erteilung eines entsprechenden positiven bauvorbescheides. 20nach § 77 abs. 1 s. 1 und s. 4 i.v.m. § 74 abs. 1 der bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw 2018) ist vor einreichung des bauantrags auf antrag der bauherrin oder des bauherrn zu einzelnen fragen des bauvorhabens ein vorbescheid zu erteilen, wenn dem vorhaben im umfang der bauvoranfrage keine öffentlich-rechtlichen vorschriften entgegenstehen. diese voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. denn das vorhaben ist bauplanungsrechtlich unzulässig. 21das vorhaben soll im außenbereich errichtet werden (1.) und ist dort nach § 35 baugb nicht zulässig (2.) 221. der vorhabenstandort, der nicht vom geltungsbereich eines bebauungsplanes erfasst wird, liegt auch nicht innerhalb eines im zusammenhang bebauten ortsteils im sinne des § 34 abs. 1 baugb. er nimmt nicht an dem bebauungszusammenhang teil, der sich an der nordwestlichen seite des c. wegs erstreckt. 23auf die vom kläger in seinen stellungnahmen behandelten fragen, wie weit bei anwendung des § 34 abs. 1 baugb der bereich der näheren umgebung zu ziehen ist und ob sich das vorhaben (insbesondere nach der überbaubaren grundstücksfläche) in deren eigenart einfügt, kommt es daher gar nicht an. diese fragen spielen für die abgrenzung des innenbereichs im sinne des § 34 baugb vom außenbereich im sinne des § 35 baugb keine rolle. 24ein bebauungszusammenhang reicht soweit, wie die aufeinanderfolgende bebauung trotz etwa vorhandener baulücken nach der verkehrsauffassung den eindruck der geschlossenheit und zusammengehörigkeit vermittelt: 25vgl. bverwg, urteil vom 30. juni 2015 – 4 c 5.14 –, juris, rn. 11 ff. m.w.n. 26hierüber ist allerdings nicht nach geographisch-mathematischen maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden wertung und bewertung des im einzelfall gegebenen konkreten sachverhalts zu entscheiden. grundlage und ausgangspunkt einer solchen wertenden und bewertenden beurteilung sind jedoch die tatsächlichen örtlichen gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen anlagen, sowie außerdem auch andere topographische verhältnisse. in aller regel endet ein bebauungszusammenhang am letzten baukörper. 27vgl. bverwg, urteil vom 12. dezember 1990 – 4 c 40.87 –, juris, rn. 22 sowie beschlüsse vom 8. oktober 2015 – 4 b 28.15 –, juris, rn. 6, vom 2. märz 2000 – 4 b 15.00 –, juris, rn. 4 und vom 10. märz 1994 – 4 b 50.94 –, juris, rn. 3 28dementsprechend kommt es für die bestimmung der grenzen des bebauungszusammenhangs auf die (lediglich formalen) grundstücksgrenzen nicht an, sodass die auf einem grundstück vorhandene bebauung typischerweise nicht das gesamte grundstück in den zusammenhang hineinzieht. 29vgl. bverwg, urteile vom 14. januar 1993 – 4 c 33.90 –, juris, rn. 10, vom 3. märz 1972 – iv c 4.69 –, juris, rn. 17 und vom 6. november 1968 – iv c 47.68 –, juris, rn. 19. 30von diesen grundsätzen ausgehend endet der an der nordwestlichen seite des c. wegs bestehende bebauungszusammenhang auf dem vorhabengrundstück an der nordwestlichen außenwand des vorhandenen bestandsgebäudes als dem letzten baukörper auf diesem grundstück, so dass sich der erst weiter westlich gelegene vorhabenstandort außerhalb des bebauungszusammenhangs befindet. 31dass der bebauungszusammenhang in diesem bereich – wie der kläger darlegt – hinsichtlich der bebauungstiefe kein einheitliches erscheinungsbild aufweist, sondern einen bogen mit den am stärksten in den rückwärtigen bereich ragenden enden im norden und süden bildet, ist im vorliegenden zusammenhang unbeachtlich. denn entsprechend dem oben beschriebenen ansatz ist die grenzlinie zwischen innen- und außenbereich bei einer unregelmäßigen bebauung des ortsrandes nicht in dem sinne künstlich zu begradigen, dass sie entlang der am weitesten in den außenbereich hineinragenden gebäude verläuft. vielmehr ist die grenzlinie grundsätzlich entlang jeder einzelnen bebauung zu ziehen und kann dabei durchaus auch vor- und zurückspringen. 32vgl. bverwg, beschluss vom 4. juli 1990 – 4 b 103.90 –, juris, rn. 2 und urteil vom 6. dezember 1967 – iv c 94.66 –, juris, rn. 26; dürr, in: brügelmann, baugb – kommentar, stand: januar 2022, § 34, rn. 28; spieß, in: jäde/dirnberger, baugb / baunvo – kommentar, 9. aufl., § 34, rn. 18. 33auch der einwand des klägers, dass der bebauungszusammenhang auch zurück gelegene grundstücksbereiche erfasse, wenn sie den weiter vorne errichteten gebäuden zugeordnet und von nebenanlagen geprägt seien, greift nicht durch. die damit angesprochene figur einer nach den umständen des einzelfalls in den bebauungszusammenhang einzubeziehenden fläche mit bebauungs- bzw. wohnakzessorischer nutzung in form von nebenanlagen wie gartenhäusern, hühnerställen, schuppen, spiel- oder sportanlagen, aber auch in form von freiflächen wie etwa einem garten, einem hof, einem stell- oder lagerplatz, 34vgl. bverwg, urteile vom 12. november 2014 – 9 c 7.13 –, juris, rn. 25 und vom 17. juni 1993 - 4 c 17.91 –, juris, rn. 12; ovg nrw, beschlüsse vom 25. februar 2014 – 2 a 1295/13 –, juris, rn. 18 und vom 13. juni 2013 – 7 a 2150/12 –, juris, rn. 5; bayerischer vgh, beschluss vom 27. januar 2010 – 9 zb 08.37 –, juris, rn. 3 f.; hamburgisches ovg, urteil vom 25. februar 2015 – 2 bf 213/11 –, juris, rn. 55; sächsisches ovg, urteil vom 6. juni 2018 – 5 a 532/17 –, juris, rn. 29; ovg saarland, urteile vom 27. januar 1982 – 2 r 22/81 –, brs 39 nr. 60, s. 127 (129) und vom 2. oktober 1981 – 2 z 2/80 –, brs 38 nr. 73, s. 163 (164 f.); ovg schleswig-holstein, urteil vom 23. november 1994 – 1 l 110/93 –, juris, rn. 14; söfker, in: ernst/zinkahn/bielenberg, baugb-kommentar, 143. el august 2021, § 34 rn. 25; dürr, in: brügelmann, baugb – kommentar, stand: januar 2022, § 34, rn. 27 und 29, 35begegnet bereits als solches nicht unbeachtlichen bedenken. denn damit hätte es der bauherr gegebenenfalls in der hand, durch die errichtung entsprechender nebenanlagen oder die anlage von der bebauung zugeordneter freiflächen aus außenbereichsflächen immer wieder zusätzliche innenbereichsflächen zu schaffen, was zu einer weitgehenden besiedlung des außenbereichs führen könnte. 36vgl. bayerischer vgh, urteil vom 13. dezember 2018 – 2 b 18.1797 –, juris, rn. 26, entsprechend eingrenzend aber auch schon beschluss vom 27. januar 2010 – 9 zb 08.37 –, juris, rn. 4; johlen, in: berliner kommentar zum baugb, 3. aufl., § 34, rn. 6. 37jedenfalls aber können ausgehend vom grundlegenden erfordernis des eindrucks der zusammengehörigkeit und geschlossenheit einem wohnhaus allenfalls solche anlagen und flächen als akzessorisch zugerechnet werden, die ihm optisch ohne weiteres erkennbar als nebenanlage oder außenwohnbereich zugeordnet sind und in einem angemessenen verhältnis zur hauptanlage stehen. 38vgl. bverwg, urteil vom 17. juni 1993 - 4 c 17.91 –, juris, rn. 12; bayerischer vgh, beschluss vom 27. januar 2010 – 9 zb 08.37 –, juris, rn. 3 f. 39dieser bereich erstreckt sich auf einen verhältnismäßig schmalen streifen (nah) „hinter“ dem hauptgebäude, soweit dieser durch die vorhandenen baulichkeiten geprägt und „bauakzessorisch“ in form einer nebenanlage, als hausgarten oder dem wohnen zugeordneter erholungsbereich genutzt wird. 40vgl. ovg schleswig-holstein, beschluss vom 26. september 2012 – 1 la 42/12 –, juris, rn. 11. 41nicht als akzessorisch erfasst werden danach jedoch solche flächen, die einer selbständigen baulichen nutzung zugeführt werden können. 42vgl. ovg nrw, beschluss vom 11. juni 2004 – 7 a 1475/04 –, juris, rn. 10. 43für die abgrenzung gilt ein restriktiver, den außenbereich möglichst schonender maßstab. 44vgl. ovg schleswig-holstein, beschluss vom 26. september 2012 – 1 la 42/12 –, juris, rn. 11; zu alledem auch: weiß-ludwig, abgrenzung innen- und außenbereich – „ein – nicht nur – bauplanungsrechtlicher dauerbrenner“, nordör 2018, 1 (5 f.). 45hiervon ausgehend liegt der vorhabenstandort nach dem eindruck im ortstermin nicht auf einer solchen bebauungsakzessorischen fläche. auf dem vorhabengrundstück verfügt das bestandsgebäude als letzter baukörper vielmehr unmittelbar hinter seiner westlichen und südlichen außenwand bereits über einen außenwohnbereich, der nach westen hin durch bäume abgegrenzt ist. der vorhabenstandort selbst beginnt dagegen erst mehr als 16m westlich des eigentlichen bestandsgebäudes, stellt sich daher nicht mehr als hausnah dar, sondern liegt in einem größeren grundstücksbereich, bei dem es sich um eine zum anschließenden wald ansteigende rasenfläche handelt, die dem bestandsgebäude nicht mehr als außenwohnbereich zugeordnet werden kann, 46vgl. zu entsprechend unbebauten garten- bzw. freiflächen in ortsrandlage: ovg nrw, urteil vom 8. oktober 2018 – 10 a 1803/16 –, juris, rn, 31 ff.; bayerischer vgh, urteil vom 13. dezember 2018 – 2 b 18.1797 –, juris, rn. 26 und beschluss vom 19. dezember 2017 – 1 zb 16.1301 –, juris, rn. 6; söfker, in: ernst/zinkahn/bielenberg, baugb-kommentar, 143. el august 2021, § 34 rn. 25, 47sondern einer selbständigen baulichen nutzung zugeführt werden könnte und vom kläger auch soll. seine bloße eingrenzung durch eine mauer nach norden und einen zaun nach süden führt allein nicht zu der erforderlichen zuordnung zum vorhandenen wohnhaus. 48selbst wenn man aber eine solche akzessorietät auch für den vorhabenstandort noch annehmen würde, ließe sich damit die planungsrechtliche zulässigkeit einer dortigen wohnbebauung nicht rechtfertigen. denn in einem allein aufgrund dieser akzessorietät in den innenbereich einbezogenen hinteren grundstücksteil kann ausgehend von sinn und zweck dieser einbeziehung zur vermeidung einer planungsrechtlichen unzulässigkeit der dortigen „nebenanlage“ auch nur ein vorhaben verwirklicht werden, dass der speziellen funktion dieses bereichs als ergänzung der nutzung des hauptgebäudes entspricht und nicht – wie das vorhaben – selbst eine hauptnutzung darstellt. 49vgl. dürr, in: brügelmann, baugb – kommentar, stand: januar 2022, § 34, rn. 29; so im ergebnis auch: ovg saarland, urteil vom 2. oktober 1981 – 2 z 2/80 –, brs 38 nr. 73, s. 163 (165); ovg mecklenburg-vorpommern, urteil vom 5. juli 2001 – 3 l 197/00 –, juris. 50dass das bestandsgebäude im zuge der durchführung des vorhabens abgerissen werden soll, steht dieser einschätzung nicht entgegen. denn dies würde nichts daran ändern, dass auf einem vormals (allenfalls) akzessorisch genutzten bereich erstmals eine hauptnutzung verwirklicht, die bodenrechtliche struktur des vorhabengrundstücks damit verändert und seine hauptnutzung (jedenfalls) in richtung des außenbereichs verschoben würde. 51auch im übrigen ergibt sich aus den tatsächlichen örtlichen verhältnissen am vorhabengrundstück, insbesondere dem verlauf des waldrandes, keine verlagerung der grenze des innenbereichs zum außenbereich nach westen. 52allerdings können es örtliche besonderheiten wie etwa geländehindernisse, erhebungen oder einschnitte (dämme, böschungen, flüsse und dergleichen) rechtfertigen, dem bebauungszusammenhang noch ein oder mehrere unbebaute grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen situation ergebenden natürlichen grenze zuzuordnen. 53vgl. bverwg, urteil vom 12. dezember 1990 – 4 c 40.87 –, juris, rn. 22 sowie beschlüsse vom 2. märz 2000 – 4 b 15.00 –, juris, rn. 4, vom 10. märz 1994 – 4 b 50.94 –, juris, rn. 3 und vom 27. mai 1988 – 4 b 71.88 –, juris, rn. 5. 54wesentliche gesichtspunkte sind dabei insbesondere höhe und ausdehnung des geländehindernisses, der erhebung oder des einschnitts, inwieweit solche örtlichen besonderheiten optisch markant bzw. prägend in erscheinung treten und wie sich der geländeverlauf im übrigen darstellt. 55vgl. bverwg, beschluss vom 8. oktober 2015 – 4 b 28.15 –, juris, rn. 7; ovg nrw, urteil vom 24. juli 2000 – 10 a 5693/98 –, juris, rn. 51 und beschluss vom 16. juni 2016 – 2 a 1795/15 –, juris, rn. 17; bayerischer vgh, beschluss vom 19. februar 2015 – 1 zb 14.2696 –, juris, rn. 3. 56dementsprechend kann auch ein waldrand als markante grenze zu einem größeren forstwirtschaftlich nutzbaren bereich als natürliche grenze zwischen innen- und außenbereich anzusehen sein. dies muss aber nicht immer oder auch nur regelmäßig so sein. maßgeblich sind vielmehr auch insofern die konkreten verhältnisse des einzelfalls. 57vgl. bverwg, urteil vom 3. märz 1972 – iv c 4.69 –, juris, rn. 18 und beschluss vom 8. oktober 2015 – 4 b 28.15 –, juris, rn. 7. 58nach dem ergebnis des ortstermins stellt sich der beginn des waldes westlich des c. wegs jedoch optisch nicht als eine solche natürliche zäsur dar. er tritt als solches nicht markant etwa in form einer durchgehenden grenzlinie in erscheinung. vielmehr ragt der baumbestand auf dem vorhabengrundstück wie auch auf den nachbargrundstücken immer wieder in unregelmäßigen abständen und unterschiedlicher tiefe in die rückwärtigen grundstücksbereiche hinein. 59schließlich geht auch der hinweis des klägers, dass die festgesetzte verbandsgrünfläche erst westlich des vorhabenstandortes beginne, im vorliegenden zusammenhang fehl. ebenso wenig von bedeutung ist, dass der vorhabenstandort im rfnp noch als wohnbaufläche dargestellt ist. denn bei der bestimmung der weite des bebauungszusammenhangs sind nur äußerlich erkennbare umstände, d.h. mit dem auge wahrnehmbare gegebenheiten der vorhandenen bebauung und der übrigen geländeverhältnisse zu berücksichtigen. maßgeblich hierfür ist, dass es bei der grenzziehung zwischen innen- und außenbereich darum geht, inwieweit ein grundstück zur bebauung ansteht und sich aus dem tatsächlich vorhandenen ein hinreichend verlässlicher maßstab für die zulassung weiterer bebauung nach art und maß der baulichen nutzung, der bauweise und der überbaubaren grundstücksfläche gewinnen lässt. die (be-)wertende betrachtung der konkreten tatsächlichen verhältnisse kann sich angesichts dieser vom gesetzgeber vorgegebenen kriterien nur nach optisch wahrnehmbaren merkmalen richten. 60vgl. bverwg, urteil vom 12. dezember 1990 – 4 c 40.87 –, juris, rn. 24 und beschluss vom 8. oktober 2015 – 4 b 28.15 –, juris, rn. 5. 61angesichts dessen ist für die abgrenzung zwischen innen- und außenbereich die art der darstellung des vorhabenstandorts in einem flächennutzungs- oder landschaftsplan schlichtweg unbeachtlich. 62vgl. bverwg, beschlüsse vom 8. november 1999 – 4 b 85.99 –, juris, rn. 4, vom 20. august 1998 – 4 b 79.98 –, juris, rn. 6 und vom 15. juli 1994 – 4 b 109.94 – juris, rn. 6; söfker, in: ernst/zinkahn/bielenberg, baugb-kommentar, 143. el august 2021, § 34 rn. 25; dürr, in: brügelmann, baugb – kommentar, stand: januar 2022, § 34, rn. 25. 63johlen, in: berliner kommentar zum baugb, 3. aufl., § 34, rn. 10. 64nichts anderes gilt für den verlauf der festsetzung einer verbandsgrünfläche. 652. liegt der vorhabenstandort somit im außenbereich, ist das dort nicht nach § 35 abs. 1 baugb privilegierte wohnbauvorhaben nach § 35 abs. 2 und 3 baugb planungsrechtlich unzulässig. denn es beeinträchtigt öffentliche belange. 66zwar widerspricht es nicht im sinne des § 35 abs. 3 s. 1 nr. 1 baugb den darstellungen des flächennutzungsplanes, da dieser auch den vorhabenstandort noch als wohnbaufläche darstellt. 67das vorhaben lässt jedoch die entstehung, alternativ die erweiterung einer splittersiedlung befürchten, die in § 35 abs. 3 s. 1 nr. 7 baugb als typischer fall einer siedlungsstrukturell unerwünschten baulichen außenbereichsnutzung genannt ist, die nach dem willen des gesetzgebers allgemein verhindert werden soll. unerwünscht ist eine splittersiedlung, wenn mit ihr ein vorgang der zersiedlung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. als grund für eine missbilligung kommt unter anderem in betracht, dass das vorhaben eine weitreichende oder doch nicht genau übersehbare vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer weise noch weitere bauten hinzutreten werden. hierfür reicht es aus, dass bei einer zulassung des vorhabens weitere ähnliche vorhaben nicht verhindert werden könnten und der außenbereich durch solche vorhaben zersiedelt werden würde, die dort nach der gesetzgeberischen wertung gerade nicht errichtet werden sollen. 68vgl. bverwg, beschluss vom 24. juni 2004 – 4 b 23.04 –, juris, rn. 8; ovg nrw, urteil vom 25. februar 2019 – 10 a 21/17 –, juris, rn. 59. 69die entstehung einer splittersiedlung kann gerade auch durch die ausuferung eines im zusammenhang bebauten ortsteils anzunehmen sein, da auch durch einen solchen vorgang eine städtebaulich unerwünschte zersiedlung des außenbereichs eintreten kann. 70vgl. bverwg, urteile vom 13. februar 1976 – iv c 72.74 –, juris, rn. 21 und vom 25. januar 1985 – 4 c 29.81 –, juris, rn. 11 sowie beschluss vom 11. oktober 1999 – 4 b 77.99 –, juris, rn. 6; ovg nrw, urteil vom 25. februar 2019 – 10 a 21/17 –, juris, rn. 61 und beschluss vom 7. märz 2006 – 10 a 1654/05 –, juris, rn. 12. 71die zulassung des vorhabens hätte eine ausdehnung des südwestlichen randes des ortsteils t. in den bislang von bebauung freigehaltenen außenbereich zur folge. dies genügt nach vorstehendem grundsätzlich bereits, um das vorhaben als siedlungsstrukturell unerwünscht zu qualifizieren. 72vgl. ovg nrw, urteil vom 25. februar 2019 – 10 a 21/17 –, juris, rn. 61. 73es ist darüber hinaus aber auch konkret geeignet, eine nachfolgebebauung nach sich zu ziehen. denn mit der zulassung des vorhabens würden jedenfalls versagungsgründe für vergleichbare bauvorhaben auf den südlich angrenzenden grundstücken am c. weg 000-000, aber auch auf dem nördlichen nachbargrundstück am c. weg 000 deutlich abgeschwächt. 74dass – wie der kläger anführt – eine verfestigung einer splittersiedlung nicht zu befürchten ist, wenn eine solche unerwünschte verfestigte siedlung bereits vorhanden ist, das hinzutreten einer weiteren baulichen anlage aber zu einer solchen verfestigung nichts mehr beitragen kann, 75vgl. bverwg, beschluss vom 10. november 2010 – 4 b 45.10 –, juris, rn. 4, 76steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil die durchführung des vorhabens nicht zu einer solchen verfestigung, sondern der entstehung bzw. räumlichen erweiterung einer splittersiedlung führen würde. denn mit dem vorhaben würde nicht ein bisher schon von einer splittersiedlung in anspruch genommener räumlicher bereich aufgefüllt und damit dessen verfestigung vorangetrieben, 77vgl. zur gesetzlichen begrifflichkeit insoweit: bverwg, urteil vom 3. juni 1977 – 4 c 29.75 -, juris, rn. 25, 78sondern eine neue splittersiedlung in form einer ausdehnung der bebauten ortslage in den außenbereich geschaffen. allenfalls könnte man stattdessen noch von einer räumlichen erweiterung einer splittersiedlung ausgehen, nämlich sofern man in den gebäuden am c. weg 000 und 000 bereits eine solche ausdehnung sehen sollte. jedenfalls befinden sich auf den hieran südlich anschließenden, oben in den blick genommenen grundstücken c. weg 000-000 keine baulichen anlagen, die bereits eine splittersiedlung begründen. der begriff der splittersiedlung ist zwar nicht auf wohnhäuser beschränkt, sondern erfasst grundsätzlich auch andere bauten, die mit dem aufenthalt von menschen verbunden sind, etwa auch garagen. 79vgl. bverwg, urteile vom 12. märz 1998 – 4 c 10.97 –, juris, rn. 21 und vom 9. juni 1976 – iv c 42.74 –, juris, rn. 15. 80erforderlich ist aber jedenfalls eine ansammlung bzw. anhäufung zum – wenn auch eventuell nur gelegentlichen – aufenthalt von menschen geeigneter und bestimmter baulicher anlagen. 81vgl. bverwg, urteil vom 19. april 2012 – 4 c 10.11 –, juris, rn. 19 und beschluss vom 17. märz 2015 – 4 b 45.14 –, juris, rn. 6; ovg nrw, beschluss vom 7. dezember 2021 – 10 a 1584/21 –, juris, rn. 10. 82in der tiefe des vorhabenstandorts finden sich in dem genannten bereich jedoch bisher keine baulichen anlagen, die bereits die annahme einer solchen ansammlung bzw. anhäufung rechtfertigen könnten. auch nach darstellung des klägers sind insoweit bisher lediglich auf den grundstücken c. weg 000, 000a und 000 sowie dem unmittelbar daran südlich angrenzenden flurstück 000 bauliche anlagen in form von drei gartenhäusern, einem swimmingpool und einer doppelgarage vorhanden. diese anlagen fallen angesichts der größe des fraglichen rückwärtigen bereichs von etwa 40 m tiefe (hinter den terrassen bis hin zum beginn des waldes) und gut 150 m breite, d.h. etwa 6000 m2 kaum ins gewicht. 83selbst wenn es sich aber insoweit bereits um eine splittersiedlung handeln würde, wäre sie jedenfalls aufgrund der überwiegend noch vorhandenen rückwärtigen freiflächen ohne weiteres einer weiteren verfestigung zugänglich. 84die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo. 85die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 und 2 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 11, 709 s. 2, 711 der zivilprozessordnung. 86rechtsmittelbelehrung: 87gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 88auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 89innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 90die berufung ist nur zuzulassen, 911. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 922. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 933. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 944. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 955. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 96die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 97über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 98im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 99die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 100beschluss: 101der streitwert wird auf 15.000,00 euro festgesetzt. 102gründe: 103die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 des gerichtskostengesetzes erfolgt und orientiert sich an den ziffern 1.) a) und 5.) des streitwertkatalogs der bausenate des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen vom 22. januar 2019 (baur 2019, 610). 104rechtsmittelbelehrung: 105gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 106auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 107die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 108die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 109die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 110war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | Verklagte*r | 0 |
172,039 | 12 O 164/14 | 2014-08-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 26.05.2014 wird bestätigt. Die Antragsgegnerin trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens. 1 2Tatbestand: 3Die Antragstellerin ist ein eingetragener Verein, dem unter anderem Unternehmen aus dem Bereich der Heilmittelbranche und des Heil- und Gesundheitswesens, darunter auch Unternehmen mit dem Tätigkeitsfeld der Ernährungsberatung angehören. Die Antragsgegnerin bietet die sogenannte „N-Therapie“ zur Gewichtsabnahme an. Ansatz dieser Methode ist die Annahme, dass bei den Betroffenen Stoffwechselprobleme die Ursache des Übergewichts bilden. Die Therapie besteht in einer Umstellung der Ernährungsgewohnheiten der jeweiligen Betroffenen und der ergänzenden Verabreichung eines homöopathischen Mittels. Eine sportliche Betätigung des Betroffenen ist ausdrücklich nicht Bestandteil der Methode. 4In einer Annonce in der Wochenzeitung „D“, Ausgabe Nr. 11 vom 14./15.03.2014 sowie auf der Internetseite X wirbt die Antragsgegnerin für eine Gewichtsreduktion nach ihrer Methode. 5Unter der Überschrift „Bei welchen Ursachen für Übergewicht helfen wir“ findet sich sowohl in der Anzeige wie auch auf der Internetseite die Aufzählung „Übergewicht bei falschem Essverhalten, Übergewicht durch Raucherentwöhnung, Diabetes, verlangsamter Stoffwechsel z.B. in den Wechseljahren oder im Alter“. Außerdem finden sich jeweils die folgenden Aussagen: 6„Der Erfolg unserer Therapie lässt sich messen! Durchschnittlich reduziert sich das Körpergewicht im Rahmen einer Grundtherapie von 20 Behandlungstagen (bei Kindern ab 14 Jahren 40 Behandlungstage) folgendermaßen 7Bei Männern: 10-12 % des Körpergewichts 8Bei Frauen: 8-10 % des Körpergewichts 9Bei Kindern: 8-10 % des Körpergewichts“ 10„Abnehmen ohne Sport 11Unsere Therapie eignet sich insbesondere auch für Menschen, die keinen Sport treiben können oder wollen. Bei starkem Übergewicht kann sportliche Betätigung auch eine Überbeanspruchung der Gelenke und Bänder bewirken und somit kontraproduktiv sein. Wir empfehlen, erst abzunehmen und anschließend eine leichte und regelmäßige sportliche Betätigung.“ 12Die Internetseite der Antragsgegnerin führt weiterhin 6 Beispiele erfolgreicher Kunden auf wie folgt: 13„ Frau O. aus Wuppertal – 9 kg in 7 Wochen 14Frau W. aus Wuppertal – 12 kg in 7 Wochen 15Arif A. aus Wuppertal – 20 kg in nur 7 Wochen 16Frau S. aus Wuppertal – 8 kg in 4 Wochen 17R.H. aus Wuppertal -9 kg in 5 Wochen 18C.H. aus Wuppertal – 7 kg in 5 Wochen“ 19Wegen des genauen Wortlautes und Inhaltes der Werbeanzeige und der Internetseite wird auf die dem Urteil als Anlagen A1 und A2 beigefügten Ablichtungen der Werbeanzeige in der „D“ und der Internetseite Bezug genommen. 20Mit Schreiben vom 06.05.2014 mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin wegen dieser Werbung ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. In dieser sollte die Antragsgegnerin sich verpflichten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit den oben dargestellten Aussagen zu den durchschnittlichen und beispielhaft aufgeführten Gewichtsreduktionen und der Aussage „Abnehmen ohne Sport“ sowie weiteren zu diesem Zeitpunkt verwendeten Aussagen zu werben. Mit Anwaltsschreiben vom 09.05.2014 übersandte die Antragsgegnerin eine modifizierte Unterlassungserklärung, wonach sie sich nur hinsichtlich der weiteren Aussagen zur Unterlassung verpflichtete. Die Unterzeichnung einer Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Aussagen lehnte sie mit der Begründung ab, diese seien nicht zur Irreführung geeignet. Mit Schreiben vom 14.05.2014 forderte die Antragstellerin sie erneut zur Abgabe einer umfassenden Unterlassungserklärung auf, was die Antragsgegnerin mit Anwaltsschreiben vom 19.05.2014 ablehnte. 21Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, durch ihre Werbung verstoße die Antragsgegnerin gegen Wettbewerbsrecht. Sie spreche auch Patienten mit krankhaftem Übergewicht an und stelle diesen die Beseitigung bzw. Linderung ihres Übergewichtes in Aussicht. Eine Gewichtsreduzierung wie sie von der Antragsgegnerin beworben werde, sei durch ihre Methode aber nicht erreichbar. 22Mit am 26.05.2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin beantragt, die durch Beschluss der Kammer am 26.05.2014 mit dem beantragten Inhalt ergangen ist wie folgt: 23I. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung, und zwar wegen der besonderen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, untersagt, im geschäftlichen Verkehr für die „N-Therapie zur Gewichtsreduktion zu werben: 1. „Durchschnittlich reduziert sich das Körpergewicht im Rahmen einer Gesundtherapie von 20 Behandlungstagen (bei Kindern am 14 Jahren 40 Behandlungstage) folgendermaßen: „Bei Männern: 10 – 12 % des Körpergewichts“ und/oder „Bei Frauen: 8 – 10 % des Körpergewichts“ und/oder „Bei Kindern: 8 – 10 % des Körpergewichts“, wenn dies geschieht wie in Anlagen A 1 und A 2 wiedergegeben, 2. „Frau O. aus Wuppertal – 9 kg in 7 Wochen“ und/oder „Frau W. aus Wuppertal – 12 kg in 7 Wochen“ und/oder „Arif A. aus Wuppertal – 20 kg in nur 7 Wochen“ und/oder „Frau S. aus Wuppertal – 8 kg in 4 Wochen“ und/oder „R. H. aus Wuppertal – 9 kg in 5 Wochen“ und/oder „C. H. aus Wuppertal – 7 kg in 5 Wochen“, wenn dies geschieht wie in Anlage A 2 wiedergegeben. 24II. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an der Geschäftsführerin, angedroht. 25Die Kosten des Verfahrens sind der Antragsgegnerin auferlegt worden. 26Gegen die der Antragsgegnerin am 03.06.2014 zugestellte einstweilige Verfügung hat diese mit Schriftsatz vom 23.06.2014 Widerspruch eingelegt. 27Die Antragstellerin beantragt, 28die einstweilige Verfügung der Kammer vom 26.05.2014 zu bestätigen. 29Die Antragsgegnerin beantragt, 30die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 26.05.2014, Aktenzeichen 12 O 164/14, aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen. 31Die Antragsgegnerin rügt die Aktivlegitimation der Antragstellerin im Hinblick auf deren Mitglieder. 32Hinsichtlich ihrer von der Antragstellerin angegriffenen Werbung behauptet sie, durch eine im Rahmen des Erstgesprächs stets stattfindende Anamnese unter ärztlicher Betreuung sei sichergestellt, dass Kunden, die für ihre Therapie nicht in Frage kämen, etwa adipöse Menschen, von vorneherein abgewiesen würden. Sie meint außerdem, die von ihr getätigten Werbeaussagen seien zutreffend. 33Die Antragsgegnerin behauptet weiter, eines der Mitglieder der Antragstellerin verwende Werbung, die inhaltlich mit derjenigen der Antragsgegnerin übereinstimme. Vor diesem Hintergrund meint sie, die Antragstellung stelle sich als rechtsmissbräuchlich dar. 34Ferner vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, es fehle an der Eilbedürftigkeit zum Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Verhandlungen zwischen den Parteien seien noch im Gange gewesen als die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt habe. 35Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 23.07.2014 (Bl.176f GA) verwiesen. 36Entscheidungsgründe: 37Die einstweilige Verfügung der Kammer ist zu bestätigen, da nach Durchführung der mündlichen Verhandlung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Antragstellerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zustehen und sie diese zur Vermeidung von weiteren Rechtsverletzungen im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen kann. 38Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Es ist gerichtsbekannt, dass es zu den satzungsgemäßen Aufgaben der Antragstellerin gehört, die gewerblichen bzw. selbstständigen beruflichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern und sie hierzu auch imstande ist. Sie verfügt ausweislich der von ihr vorgelegten aktuellen Mitgliederliste (Stand: 01.07.2014) außerdem über eine erhebliche Zahl an Mitgliedern, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. So finden sich in der Mitgliederliste, deren Richtigkeit die Antragsgegnerin nicht angegriffen hat, zahlreiche Unternehmen aus dem Bereich der Heilmittelbranche und des Heil- und Gesundheitswesens, darunter 5 Ärzte, 13 Heilpraktiker und 15 Unternehmen im speziellen Bereich der Ernährungsberatung. 39Es steht auch weder dem Verbandsinteresse der Antragstellerin entgegen, noch erweist sich der Antrag als rechtsmissbräuchlich, wenn die Antragstellerin gegen eines ihrer Mitglieder, das mit den Werbeaussagen der Antragsgegnerin vergleichbare Werbung verwendet, nicht zuvor vorgegangen ist – was in tatsächlicher Hinsicht offen bleiben kann. Denn es steht der Antragstellerin frei, zum Zweck der Klärung eines bestimmten Verhaltens als wettbewerbswidrig zunächst nur gegen bestimmte Verletzer vorzugehen, gegen andere aber nicht. Dies – und nicht etwa das Gegenteil – ergibt sich auch aus der hierzu von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 06.04.2000, I ZR 294/97). 40Die Unterlassungsansprüche der Antragstellerin wegen der Werbung der Antragsgegnerin mit der Angabe durchschnittlicher Behandlungserfolge sowie konkreter Einzelbeispiele von Behandlungserfolgen folgen aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, S. 2 Nr. 1 und 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 3 Nr. 1, Nr. 2a, 1 Nr. 2 HWG. Durch die Werbung werden der Behandlungsmethode der Antragsgegnerin Wirkungen beigelegt, die sie tatsächlich nicht hat und zugleich fälschlich der Eindruck erweckt, ein Erfolg könne durch die Behandlung mit Sicherheit erwartet werden. Im Rahmen ihrer Beurteilung ist die streitgegenständliche Werbung dabei in ihrer Gesamtheit und nicht lediglich reduziert auf die angegriffenen Sätze zu betrachten, denn ob eine Werbung irreführend ist bestimmt sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr die Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks auffasst (BGH, Urteil vom 19.04.2007, I ZR 57/05; Urteil vom 16.12.2004, I ZR 222/02 – Epson-Tinte). 41Die Vorschriften des HWG sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG anwendbar, denn die Werbung der Antragsgegnerin bezieht sich auf die Beseitigung bzw. Linderung von Krankheiten beim Menschen. Jedenfalls hohes Übergewicht ist als Krankheit anzusehen, weil es sich um eine nicht nur unerhebliche vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit bzw. Tätigkeit des Körpers, die geheilt werden kann, handelt (LG Frankfurt, Urteil vom 04.12.2013, 2-6 O 208/13; vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 18.11.2010, I-4 U 148/10). Die Antragsgegnerin wirbt damit, auch bei erheblichem Übergewicht Abnehmerfolge durch ihre Behandlungsmethode zu erzielen, die zur Gelenkschonung ohne sportliche Betätigung auskomme. Ein für den Verkehr ersichtlicher Ausschluss krankhaft übergewichtiger Menschen aus dem Anwendungsbereich der Behandlungsmethode ergibt sich nicht aus der sowohl auf der Internetseite als auch der Werbeanzeige in der „D“ jeweils vorhandenen Auflistung unter der Überschrift „Bei welchen Ursachen für Übergewicht helfen wir“. Zwar ist dort der Unterpunkt des krankhaften Übergewichts nicht zu finden. Diese Übergewichtsursache ist jedoch auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen, während die Werbung zugleich die Behandlung starken Übergewichts ausdrücklich miteinschließt. Es ist davon auszugehen, dass der Verkehr nicht selbst differenzieren kann, bei welcher Person bereits ein krankhaft bedingtes Übergewicht vorliegt (LG Frankfurt aaO). 42Gemäß § 3 S. 1 HWG ist eine Werbung für eine solche Behandlung unzulässig, wenn sie irreführend ist. Eine Irreführung liegt gemäß § 3 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2a) HWG insbesondere dann vor, wenn einer Behandlung eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt wird, die sie tatsächlich nicht hat und wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, ein Erfolg könne mit Sicherheit erwartet werden. Dabei sind wegen des hohen Schutzgutes der Gesundheit und den von irreführenden Werbeaussagen ausgehenden hohen Gefahren für die Gesundheit an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussagen im Hinblick auf die Wirkungen der beworbenen Mittel besonders strenge Anforderungen zu stellen (Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 5, Rn. 4.181; BGH, GRUR 2002, 182; GRUR 1980, 797). Solche Werbeaussagen auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung sind daher grundsätzlich nur zulässig, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen (BGH, GRUR 2013, 649; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2005, 394, jeweils m.w.N.). Im Streitfall liegt die Beweislast für die objektive Richtigkeit gesundheitsbezogener Werbeaussagen bei dem Werbenden (BGH, GRUR 2010, 359; OLG Hamm, Urteil vom 18.11.2010, I-4 U 148/10; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.11.2007, I-20 U 172/06; Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 5, Rn 3.26). 43Die Antragsgegnerin hat in ihrer Werbung durch die Angabe der durch ihre Behandlung zu erreichenden durchschnittlichen Gewichtsreduktionserfolge und die Angabe der beispielhaft aufgeführten Einzelfälle konkrete Wirkaussagen getroffen, die wissenschaftliche Absicherung dieser Aussagen jedoch nicht glaubhaft gemacht. Die Werbung der Antragsgegnerin erweckt den Eindruck eines Erfolgsversprechens. Sie enthält keine Hinweise darauf, ein Erfolg ihrer Behandlung könne auch ausbleiben und sei nicht in jedem Fall gewährleistet. Für den Verkehr ist aus der Werbung insbesondere nicht erkennbar, ob die angegebenen Durchschnittswerte unter Berücksichtigung von Fällen ermittelt worden sind, in denen ein Erfolg der Behandlung ausgeblieben ist. Ebensowenig lassen die aufgeführten Einzelbehandlungserfolge erkennen, dass es sich nicht um übliche, von jedem Anwender berechtigterweise zu erwartende Behandlungsergebnisse handelt. Im Gegenteil enthält die Werbung der Antragsgegnerin neben den von der Antragstellerin vorliegend angegriffenen Angaben zusätzliche, die getroffene Wirkaussage verstärkende Hinweise, die die Wirksamkeit der Behandlung und den Erfolg bei dem Anwender versprechen. So enthalten sowohl die Internetseite der Antragsgegnerin wie auch ihre Werbeanzeige in der „D“ den Satz „Der Erfolg lässt sich messen“, der den Eindruck der Verlässlichkeit und Überprüfbarkeit der Methode transportiert und den Eindruck der Richtigkeit und Erreichbarkeit der angegebenen Durschnitts- und Einzelbehandlungserfolge erweckt. Die Werbeanzeige in der „D“ enthält überdies die objektiv als Erfolgsversprechen zu verstehende Aussage „ und das schaffen wir!“ hinsichtlich des Anwenderzieles, ein bestimmtes Wunschgewicht zu erreichen. 44Die Antragstellerin hat diese Wirkaussagen durch ihren Vortrag zu den Stoffwechselvorgängen im menschlichen Organismus und Homöopathie sowie durch die Vorlage eines Artikels des Ernährungsmediziners Prof. I mit dem Titel „Die Behandlung des Übergewichts“ aus der O vom 30.10.1997 und eines Auszuges aus dem Lehrbuch „Arzneimittelwirkungen“ von N1 in der 9. Auflage 2008 in substantiierter Weise bestritten. Hiernach oblag der Antragsgegnerin die Glaubhaftmachung der wissenschaftlichen Absicherung der von ihr behaupteten Wirkungen ihrer Behandlungsmethode. Sie hat sich allerdings darauf beschränkt vorzutragen, ihre Aussagen seien inhaltlich zutreffend und zu diesem Zweck eidesstattliche Versicherungen der Kunden vorgelegt, die auf ihrer Internetseite beispielhaft aufgeführt sind. Diese eidesstattlichen Versicherungen genügen einer Glaubhaftmachung der wissenschaftlichen Absicherung jedoch nicht, denn sie versichern lediglich die Anwendung der Behandlungsmethode und eine bestimmte Gewichtsreduzierung, nicht aber die Ursachen dieser Reduzierung. So bleibt offen, ob der jeweilige Gewichtsverlust durch die Behandlungsmethode der Antragsgegnerin erreicht worden ist oder andere Umstände mit- oder sogar alleinursächlich gewesen sind. 45Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund der erstmaligen Begehung vermutet. Die Antragsgegnerin hat sie auch nicht durch die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt. Sie hat sich hinsichtlich der streitgegenständlichen Aussagen vielmehr ausdrücklich geweigert dies zu tun. 46Zugleich liegen in der Werbung der Antragsgegnerin auch irreführende Angaben über Merkmale ihrer Behandlung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG, weil sie aus den vorstehend ausgeführten Erwägungen unwahre Angaben über die Zwecktauglichkeit und die von der Verwendung zu erwartenden Ergebnisse beinhaltet. 47Schließlich ist auch die erforderliche Dringlichkeit einer einstweiligen Regelung zu bejahen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist in dem Abbruch von Vergleichsverhandlung kein der Dringlichkeit entgegenstehendes Verhalten zu erachten. Im Gegenteil würde es sich hierbei um ein dringlichkeitsschädliches Verhalten handeln, weil ein Zuwarten auch im Hinblick auf Vergleichsverhandlungen die Dringlichkeit widerlegt. 48Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. 49W P Vorsitzende Richterin am LandgerichtC ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. W | die einstweilige verfügung der kammer vom 26.05.2014 wird bestätigt. die antragsgegnerin trägt auch die weiteren kosten des verfahrens. 1 2 | 3die antragstellerin ist ein eingetragener verein, dem unter anderem unternehmen aus dem bereich der heilmittelbranche und des heil- und gesundheitswesens, darunter auch unternehmen mit dem tätigkeitsfeld der ernährungsberatung angehören. die antragsgegnerin bietet die sogenannte „n-therapie“ zur gewichtsabnahme an. ansatz dieser methode ist die annahme, dass bei den betroffenen stoffwechselprobleme die ursache des übergewichts bilden. die therapie besteht in einer umstellung der ernährungsgewohnheiten der jeweiligen betroffenen und der ergänzenden verabreichung eines homöopathischen mittels. eine sportliche betätigung des betroffenen ist ausdrücklich nicht bestandteil der methode. 4in einer annonce in der wochenzeitung „d“, ausgabe nr. 11 vom 14./15.03.2014 sowie auf der internetseite x wirbt die antragsgegnerin für eine gewichtsreduktion nach ihrer methode. 5unter der überschrift „bei welchen ursachen für übergewicht helfen wir“ findet sich sowohl in der anzeige wie auch auf der internetseite die aufzählung „übergewicht bei falschem essverhalten, übergewicht durch raucherentwöhnung, diabetes, verlangsamter stoffwechsel z.b. in den wechseljahren oder im alter“. außerdem finden sich jeweils die folgenden aussagen: 6„der erfolg unserer therapie lässt sich messen! durchschnittlich reduziert sich das körpergewicht im rahmen einer grundtherapie von 20 behandlungstagen (bei kindern ab 14 jahren 40 behandlungstage) folgendermaßen 7bei männern: 10-12 % des körpergewichts 8bei frauen: 8-10 % des körpergewichts 9bei kindern: 8-10 % des körpergewichts“ 10„abnehmen ohne sport 11unsere therapie eignet sich insbesondere auch für menschen, die keinen sport treiben können oder wollen. bei starkem übergewicht kann sportliche betätigung auch eine überbeanspruchung der gelenke und bänder bewirken und somit kontraproduktiv sein. wir empfehlen, erst abzunehmen und anschließend eine leichte und regelmäßige sportliche betätigung.“ 12die internetseite der antragsgegnerin führt weiterhin 6 beispiele erfolgreicher kunden auf wie folgt: 13„ frau o. aus wuppertal – 9 kg in 7 wochen 14frau w. aus wuppertal – 12 kg in 7 wochen 15arif a. aus wuppertal – 20 kg in nur 7 wochen 16frau s. aus wuppertal – 8 kg in 4 wochen 17r.h. aus wuppertal -9 kg in 5 wochen 18c.h. aus wuppertal – 7 kg in 5 wochen“ 19wegen des genauen wortlautes und inhaltes der werbeanzeige und der internetseite wird auf die dem urteil als anlagen a1 und a2 beigefügten ablichtungen der werbeanzeige in der „d“ und der internetseite bezug genommen. 20mit schreiben vom 06.05.2014 mahnte die antragstellerin die antragsgegnerin wegen dieser werbung ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte unterlassungserklärung abzugeben. in dieser sollte die antragsgegnerin sich verpflichten, es zu unterlassen, im geschäftlichen verkehr mit den oben dargestellten aussagen zu den durchschnittlichen und beispielhaft aufgeführten gewichtsreduktionen und der aussage „abnehmen ohne sport“ sowie weiteren zu diesem zeitpunkt verwendeten aussagen zu werben. mit anwaltsschreiben vom 09.05.2014 übersandte die antragsgegnerin eine modifizierte unterlassungserklärung, wonach sie sich nur hinsichtlich der weiteren aussagen zur unterlassung verpflichtete. die unterzeichnung einer unterlassungsverpflichtung hinsichtlich der hier streitgegenständlichen aussagen lehnte sie mit der begründung ab, diese seien nicht zur irreführung geeignet. mit schreiben vom 14.05.2014 forderte die antragstellerin sie erneut zur abgabe einer umfassenden unterlassungserklärung auf, was die antragsgegnerin mit anwaltsschreiben vom 19.05.2014 ablehnte. 21die antragstellerin vertritt die auffassung, durch ihre werbung verstoße die antragsgegnerin gegen wettbewerbsrecht. sie spreche auch patienten mit krankhaftem übergewicht an und stelle diesen die beseitigung bzw. linderung ihres übergewichtes in aussicht. eine gewichtsreduzierung wie sie von der antragsgegnerin beworben werde, sei durch ihre methode aber nicht erreichbar. 22mit am 26.05.2014 bei gericht eingegangenem schriftsatz hat die antragstellerin den erlass einer einstweiligen verfügung gegen die antragsgegnerin beantragt, die durch beschluss der kammer am 26.05.2014 mit dem beantragten inhalt ergangen ist wie folgt: 23i. der antragsgegnerin wird im wege der einstweiligen verfügung, und zwar wegen der besonderen dringlichkeit ohne mündliche verhandlung, untersagt, im geschäftlichen verkehr für die „n-therapie zur gewichtsreduktion zu werben: 1. „durchschnittlich reduziert sich das körpergewicht im rahmen einer gesundtherapie von 20 behandlungstagen (bei kindern am 14 jahren 40 behandlungstage) folgendermaßen: „bei männern: 10 – 12 % des körpergewichts“ und/oder „bei frauen: 8 – 10 % des körpergewichts“ und/oder „bei kindern: 8 – 10 % des körpergewichts“, wenn dies geschieht wie in anlagen a 1 und a 2 wiedergegeben, 2. „frau o. aus wuppertal – 9 kg in 7 wochen“ und/oder „frau w. aus wuppertal – 12 kg in 7 wochen“ und/oder „arif a. aus wuppertal – 20 kg in nur 7 wochen“ und/oder „frau s. aus wuppertal – 8 kg in 4 wochen“ und/oder „r. h. aus wuppertal – 9 kg in 5 wochen“ und/oder „c. h. aus wuppertal – 7 kg in 5 wochen“, wenn dies geschieht wie in anlage a 2 wiedergegeben. 24ii. der antragsgegnerin wird für jeden fall der zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche verbot als zwangsvollstreckungsmaßnahmen ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise ordnungshaft, oder ordnungshaft bis zu 6 monaten, zu vollziehen an der geschäftsführerin, angedroht. 25die kosten des verfahrens sind der antragsgegnerin auferlegt worden. 26gegen die der antragsgegnerin am 03.06.2014 zugestellte einstweilige verfügung hat diese mit schriftsatz vom 23.06.2014 widerspruch eingelegt. 27die antragstellerin beantragt, 28die einstweilige verfügung der kammer vom 26.05.2014 zu bestätigen. 29die antragsgegnerin beantragt, 30die einstweilige verfügung des landgerichts düsseldorf vom 26.05.2014, aktenzeichen 12 o 164/14, aufzuheben und den auf ihren erlass gerichteten antrag zurückzuweisen. 31die antragsgegnerin rügt die aktivlegitimation der antragstellerin im hinblick auf deren mitglieder. 32hinsichtlich ihrer von der antragstellerin angegriffenen werbung behauptet sie, durch eine im rahmen des erstgesprächs stets stattfindende anamnese unter ärztlicher betreuung sei sichergestellt, dass kunden, die für ihre therapie nicht in frage kämen, etwa adipöse menschen, von vorneherein abgewiesen würden. sie meint außerdem, die von ihr getätigten werbeaussagen seien zutreffend. 33die antragsgegnerin behauptet weiter, eines der mitglieder der antragstellerin verwende werbung, die inhaltlich mit derjenigen der antragsgegnerin übereinstimme. vor diesem hintergrund meint sie, die antragstellung stelle sich als rechtsmissbräuchlich dar. 34ferner vertritt die antragsgegnerin die auffassung, es fehle an der eilbedürftigkeit zum erlass einer einstweiligen verfügung. die verhandlungen zwischen den parteien seien noch im gange gewesen als die antragstellerin den antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung gestellt habe. 35wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die von den prozessbevollmächtigten wechselseitig zur akte gereichten schriftsätze nebst anlagen sowie auf die sitzungsniederschrift vom 23.07.2014 (bl.176f ga) verwiesen. 36 | 37die einstweilige verfügung der kammer ist zu bestätigen, da nach durchführung der mündlichen verhandlung mit überwiegender wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der antragstellerin die geltend gemachten unterlassungsansprüche zustehen und sie diese zur vermeidung von weiteren rechtsverletzungen im wege der einstweiligen verfügung geltend machen kann. 38die antragsbefugnis der antragstellerin ergibt sich aus § 8 abs. 3 nr. 2 uwg. es ist gerichtsbekannt, dass es zu den satzungsgemäßen aufgaben der antragstellerin gehört, die gewerblichen bzw. selbstständigen beruflichen interessen ihrer mitglieder zu fördern und sie hierzu auch imstande ist. sie verfügt ausweislich der von ihr vorgelegten aktuellen mitgliederliste (stand: 01.07.2014) außerdem über eine erhebliche zahl an mitgliedern, die waren oder gewerbliche leistungen gleicher oder verwandter art auf demselben markt vertreiben. so finden sich in der mitgliederliste, deren richtigkeit die antragsgegnerin nicht angegriffen hat, zahlreiche unternehmen aus dem bereich der heilmittelbranche und des heil- und gesundheitswesens, darunter 5 ärzte, 13 heilpraktiker und 15 unternehmen im speziellen bereich der ernährungsberatung. 39es steht auch weder dem verbandsinteresse der antragstellerin entgegen, noch erweist sich der antrag als rechtsmissbräuchlich, wenn die antragstellerin gegen eines ihrer mitglieder, das mit den werbeaussagen der antragsgegnerin vergleichbare werbung verwendet, nicht zuvor vorgegangen ist – was in tatsächlicher hinsicht offen bleiben kann. denn es steht der antragstellerin frei, zum zweck der klärung eines bestimmten verhaltens als wettbewerbswidrig zunächst nur gegen bestimmte verletzer vorzugehen, gegen andere aber nicht. dies – und nicht etwa das gegenteil – ergibt sich auch aus der hierzu von der antragsgegnerin angeführten entscheidung des bundesgerichtshofs (urteil vom 06.04.2000, i zr 294/97). 40die unterlassungsansprüche der antragstellerin wegen der werbung der antragsgegnerin mit der angabe durchschnittlicher behandlungserfolge sowie konkreter einzelbeispiele von behandlungserfolgen folgen aus §§ 8 abs. 1, abs. 3 nr. 2, 3 abs. 1, 5 abs. 1, s. 2 nr. 1 und 4 nr. 11 uwg in verbindung mit §§ 3 nr. 1, nr. 2a, 1 nr. 2 hwg. durch die werbung werden der behandlungsmethode der antragsgegnerin wirkungen beigelegt, die sie tatsächlich nicht hat und zugleich fälschlich der eindruck erweckt, ein erfolg könne durch die behandlung mit sicherheit erwartet werden. im rahmen ihrer beurteilung ist die streitgegenständliche werbung dabei in ihrer gesamtheit und nicht lediglich reduziert auf die angegriffenen sätze zu betrachten, denn ob eine werbung irreführend ist bestimmt sich maßgeblich danach, wie der angesprochene verkehr die werbung aufgrund ihres gesamteindrucks auffasst (bgh, urteil vom 19.04.2007, i zr 57/05; urteil vom 16.12.2004, i zr 222/02 – epson-tinte). 41die vorschriften des hwg sind gemäß § 1 abs. 1 nr. 2 hwg anwendbar, denn die werbung der antragsgegnerin bezieht sich auf die beseitigung bzw. linderung von krankheiten beim menschen. jedenfalls hohes übergewicht ist als krankheit anzusehen, weil es sich um eine nicht nur unerhebliche vorübergehende störung der normalen beschaffenheit bzw. tätigkeit des körpers, die geheilt werden kann, handelt (lg frankfurt, urteil vom 04.12.2013, 2-6 o 208/13; vgl. auch olg hamm, urteil vom 18.11.2010, i-4 u 148/10). die antragsgegnerin wirbt damit, auch bei erheblichem übergewicht abnehmerfolge durch ihre behandlungsmethode zu erzielen, die zur gelenkschonung ohne sportliche betätigung auskomme. ein für den verkehr ersichtlicher ausschluss krankhaft übergewichtiger menschen aus dem anwendungsbereich der behandlungsmethode ergibt sich nicht aus der sowohl auf der internetseite als auch der werbeanzeige in der „d“ jeweils vorhandenen auflistung unter der überschrift „bei welchen ursachen für übergewicht helfen wir“. zwar ist dort der unterpunkt des krankhaften übergewichts nicht zu finden. diese übergewichtsursache ist jedoch auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen, während die werbung zugleich die behandlung starken übergewichts ausdrücklich miteinschließt. es ist davon auszugehen, dass der verkehr nicht selbst differenzieren kann, bei welcher person bereits ein krankhaft bedingtes übergewicht vorliegt (lg frankfurt aao). 42gemäß § 3 s. 1 hwg ist eine werbung für eine solche behandlung unzulässig, wenn sie irreführend ist. eine irreführung liegt gemäß § 3 s. 2 nr. 1 und nr. 2a) hwg insbesondere dann vor, wenn einer behandlung eine therapeutische wirksamkeit oder wirkungen beigelegt wird, die sie tatsächlich nicht hat und wenn fälschlich der eindruck erweckt wird, ein erfolg könne mit sicherheit erwartet werden. dabei sind wegen des hohen schutzgutes der gesundheit und den von irreführenden werbeaussagen ausgehenden hohen gefahren für die gesundheit an die richtigkeit, eindeutigkeit und klarheit der werbeaussagen im hinblick auf die wirkungen der beworbenen mittel besonders strenge anforderungen zu stellen (köhler/bornkamm, uwg, 31. aufl., § 5, rn. 4.181; bgh, grur 2002, 182; grur 1980, 797). solche werbeaussagen auf dem gebiet der gesundheitsförderung sind daher grundsätzlich nur zulässig, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher erkenntnis entsprechen (bgh, grur 2013, 649; olg frankfurt, grur-rr 2005, 394, jeweils m.w.n.). im streitfall liegt die beweislast für die objektive richtigkeit gesundheitsbezogener werbeaussagen bei dem werbenden (bgh, grur 2010, 359; olg hamm, urteil vom 18.11.2010, i-4 u 148/10; olg düsseldorf, urteil vom 13.11.2007, i-20 u 172/06; köhler/bornkamm, uwg, 31. aufl., § 5, rn 3.26). 43die antragsgegnerin hat in ihrer werbung durch die angabe der durch ihre behandlung zu erreichenden durchschnittlichen gewichtsreduktionserfolge und die angabe der beispielhaft aufgeführten einzelfälle konkrete wirkaussagen getroffen, die wissenschaftliche absicherung dieser aussagen jedoch nicht glaubhaft gemacht. die werbung der antragsgegnerin erweckt den eindruck eines erfolgsversprechens. sie enthält keine hinweise darauf, ein erfolg ihrer behandlung könne auch ausbleiben und sei nicht in jedem fall gewährleistet. für den verkehr ist aus der werbung insbesondere nicht erkennbar, ob die angegebenen durchschnittswerte unter berücksichtigung von fällen ermittelt worden sind, in denen ein erfolg der behandlung ausgeblieben ist. ebensowenig lassen die aufgeführten einzelbehandlungserfolge erkennen, dass es sich nicht um übliche, von jedem anwender berechtigterweise zu erwartende behandlungsergebnisse handelt. im gegenteil enthält die werbung der antragsgegnerin neben den von der antragstellerin vorliegend angegriffenen angaben zusätzliche, die getroffene wirkaussage verstärkende hinweise, die die wirksamkeit der behandlung und den erfolg bei dem anwender versprechen. so enthalten sowohl die internetseite der antragsgegnerin wie auch ihre werbeanzeige in der „d“ den satz „der erfolg lässt sich messen“, der den eindruck der verlässlichkeit und überprüfbarkeit der methode transportiert und den eindruck der richtigkeit und erreichbarkeit der angegebenen durschnitts- und einzelbehandlungserfolge erweckt. die werbeanzeige in der „d“ enthält überdies die objektiv als erfolgsversprechen zu verstehende aussage „ und das schaffen wir!“ hinsichtlich des anwenderzieles, ein bestimmtes wunschgewicht zu erreichen. 44die antragstellerin hat diese wirkaussagen durch ihren vortrag zu den stoffwechselvorgängen im menschlichen organismus und homöopathie sowie durch die vorlage eines artikels des ernährungsmediziners prof. i mit dem titel „die behandlung des übergewichts“ aus der o vom 30.10.1997 und eines auszuges aus dem lehrbuch „arzneimittelwirkungen“ von n1 in der 9. auflage 2008 in substantiierter weise bestritten. hiernach oblag der antragsgegnerin die glaubhaftmachung der wissenschaftlichen absicherung der von ihr behaupteten wirkungen ihrer behandlungsmethode. sie hat sich allerdings darauf beschränkt vorzutragen, ihre aussagen seien inhaltlich zutreffend und zu diesem zweck eidesstattliche versicherungen der kunden vorgelegt, die auf ihrer internetseite beispielhaft aufgeführt sind. diese eidesstattlichen versicherungen genügen einer glaubhaftmachung der wissenschaftlichen absicherung jedoch nicht, denn sie versichern lediglich die anwendung der behandlungsmethode und eine bestimmte gewichtsreduzierung, nicht aber die ursachen dieser reduzierung. so bleibt offen, ob der jeweilige gewichtsverlust durch die behandlungsmethode der antragsgegnerin erreicht worden ist oder andere umstände mit- oder sogar alleinursächlich gewesen sind. 45die wiederholungsgefahr wird aufgrund der erstmaligen begehung vermutet. die antragsgegnerin hat sie auch nicht durch die unterzeichnung einer strafbewehrten unterlassungserklärung ausgeräumt. sie hat sich hinsichtlich der streitgegenständlichen aussagen vielmehr ausdrücklich geweigert dies zu tun. 46zugleich liegen in der werbung der antragsgegnerin auch irreführende angaben über merkmale ihrer behandlung im sinne des § 5 abs. 1 s. 2 nr. 1 uwg, weil sie aus den vorstehend ausgeführten erwägungen unwahre angaben über die zwecktauglichkeit und die von der verwendung zu erwartenden ergebnisse beinhaltet. 47schließlich ist auch die erforderliche dringlichkeit einer einstweiligen regelung zu bejahen. entgegen der auffassung der antragsgegnerin ist in dem abbruch von vergleichsverhandlung kein der dringlichkeit entgegenstehendes verhalten zu erachten. im gegenteil würde es sich hierbei um ein dringlichkeitsschädliches verhalten handeln, weil ein zuwarten auch im hinblick auf vergleichsverhandlungen die dringlichkeit widerlegt. 48die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo. 49w p vorsitzende richterin am landgerichtc ist urlaubsbedingt an der unterschrift gehindert. w | Verklagte*r | 0 |
165,509 | 20 K 4304/14 | 2015-05-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Mit Beschluss des Amtsgerichts E. – Insolvenzgericht – vom 20. August 2013 (Az.: 63 IN 000/13) wurde über das Vermögen der F. S. UG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt. Dies geschah aufgrund eines am 12. Dezember 2012 beim Insolvenzgericht eingegangenen Antrags einer Gläubigerin. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen. 3Geschäftsgegenstand der F. S. UG war die Reinigung von Baustellen hauptsächlich für eine Auftraggeberin, die C. E1. GmbH in E. . Seit Beginn des Kalenderjahres 2013 wurden die zuvor an die F. vergebenen Aufträge der J. C1. UG erteilt, so dass diese seither keinerlei Umsatzerlöse erzielt hat. Ebenso wurden sämtliche Arbeitsverhältnisse auf die J. C1. UG übertragen. Zum 19. August 2013 meldete die F. ihr Gewerbe ab. 4Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhielt die Beklagte aufgrund einer durchgeführten Zwangsvollstreckung am 21. Mai 2013 113,13 Euro und am 17. Mai 2013 340,96 Euro aus dem schuldnerischen Vermögen. Mit Schreiben vom 15. Mai 2014 forderte der Kläger nach Zahlungsanfechtung zur Auskehr der erhaltenen Beträge an die Insolvenzmasse auf. Am 27. Mai 2014 – übersandt am 6. Juni 2014 – erließ die Beklagte den Beitragsbescheid für das Jahr 2014 in Höhe von 180,00 Euro. Diesem legte sie einen Gewerbeertrag der F. in Höhe von 0,00 Euro zugrunde. Die Beitragspflicht der F. begründete sie damit, dass eine Mitgliedschaft des Unternehmens in der Industrie- und Handelskammer auch während des Insolvenzverfahrens bestehe, so dass es sich bei der in Rede stehenden Beitragszahlung um eine Masseverbindlichkeit handele. Die Beklagte verrechnete den angefochtenen Betrag von insgesamt 454,09 Euro mit der angeforderten Beitragszahlung und kündigte an, den noch offenen Betrag in Höhe von 274,09 Euro auf das von dem Kläger eingerichtete Verwalteranderkonto einzuzahlen. 5Mit Schreiben vom 10. Juni 2014 beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten die Aufhebung des angegriffenen Bescheides und führte aus, dass der Geschäftsbetrieb der F. bereits vor Insolvenzeröffnung im Jahr 2013 vollständig eingestellt worden sei und eine Beitragspflicht für das Kalenderjahr 2014 daher nicht bestehe. 6Der Kläger hat am 3. Juli 2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Der angegriffene Beitragsbescheid sei aufzuheben, da weder er noch die Schuldnerin Mitglied der Beklagten sei. Die Schuldnerin erziele bereits seit 2013 keine Umsätze mehr, übe keinen Geschäftsbetrieb aus und sei nicht mehr zur Gewerbesteuer veranlagt. Bei Kapitalgesellschaften ende die Gewerbesteuerpflicht mit der Einstellung jeglicher Tätigkeit, mithin dann, wenn das gesamte Vermögen verwertet sei. Dies entspreche dem Grundgedanken des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wonach Masseverbindlichkeiten nur durch Handlungen des Insolvenzverwalters und/oder dann begründet werden könnten, wenn der Insolvenzmasse eine entsprechende Gegenleistung zufließe. Indes sei die Verwertung des schuldnerischen Vermögens spätestens mit Gutschrift des Ablösebetrages aus der letzten Sachverwertung am 8. Oktober 2013 abgeschlossen gewesen. Soweit das Insolvenzverfahren aufgrund von Anfechtungsansprüchen eröffnet worden sei, zählten diese nicht zum schuldnerischen Vermögen, da sie ausschließlich vom Insolvenzverwalter geltend zu machen seien und daher erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstünden. 7Nach § 18 GewStG entstehe die Gewerbesteuer mit Ablauf des Erhebungszeitraums, für den die Festsetzung vorgenommen werde, also nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Als Masseverbindlichkeit könne in diesem Zusammenhang aber nur der Teil der Steuerschuld geltend gemacht werden, der auf dem Ertrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruhe, da nur dieser auf das Verhalten des Insolvenzverwalters zurückzuführen sei. Da der Gewerbebetrieb der F. bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig eingestellt gewesen sei, könne mangels Ertrages nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch keine Gewerbesteuer als Masseverbindlichkeit gegenüber dem Kläger geltend gemacht werden. Gleiches gelte für den streitgegenständlichen Beitrag. Denn dieser könne ebenfalls ausschließlich gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zur Masseverbindlichkeit erhoben werden. Eine entsprechende Handlung des Insolvenzverwalters sei jedoch ebenso zu verneinen wie eine Begründung in anderer Weise durch Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse. 8Die Insolvenzschuldnerin als Kapitalgesellschaft sei strikt von dem Kläger als Partei kraft Amtes zu unterscheiden. Auf den Kläger als Insolvenzverwalter gehe gemäß § 80 Abs. 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das schuldnerische Vermögen über; rechtlicher Vertreter der Schuldnerin sei er jedoch nicht. Erst recht trete er nicht an die Stelle der Schuldnerin. Insoweit bilde die hier nicht anwendbare Vorschrift des § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Ausnahme. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändere sich der Beklagten zufolge nichts daran, dass die Insolvenzschuldnerin Pflichtmitglied der Beklagten bleibe. Eine neue Mitgliedschaft des Klägers als Partei kraft Amtes werde hierdurch nicht begründet. Insoweit könne eine Verpflichtung des Insolvenzverwalters allein nach dem hier nicht einschlägigen § 55 InsO begründet werden. 9Der Kläger beantragt, 10den Beitragsbescheid der Beklagten vom 27. Mai 2014 aufzuheben. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Er hält an seinen Ausführungen im Verwaltungsverfahren fest und ergänzt diese wie folgt: Die F. S. UG sei Mitglied der Beklagten und damit nach §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2, 3 IHKG grundsätzlich beitragspflichtig. Sie sei als juristische Person und Kapitalgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb einzuordnen und damit objektiv gewerbesteuerpflichtig. Nach § 4 GewStDV ende die objektive Gewerbesteuerpflicht erst bei der Beendigung der Abwicklung, also zum Abschluss der Liquidation, wenn sämtliches Vermögen verteilt sei. Ergänzend hierzu regle § 4 Abs. 2 GewStDV, dass die Gewerbesteuerpflicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen nicht berührt werde. Eine Verteilung des Vermögens erfolge erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens. Dies sei nicht der Fall, da insbesondere eine Schlussverteilung gemäß §§ 200, 196 InsO noch nicht stattgefunden habe. Auf das Bestehen von Arbeitsverhältnissen oder das Erzielen von Umsatzerlösen stelle das für die Mitgliedschaft maßgebliche Gewerbesteuerrecht nicht ab. Vielmehr werde das Kriterium des fehlenden Gewerbeertrages bei der Staffelung des Grundbeitrages und der Umlage durch die Wirtschaftssatzung berücksichtigt. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 17Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig. Die Beteiligungsfähigkeit des Klägers als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin folgt aus § 80 Abs. 1 InsO. Als Partei kraft Amtes ist er im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft zur prozessualen Geltendmachung subjektiver Rechte der Insolvenzschuldnerin ermächtigt und damit klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. 18Die Klage ist aber nicht begründet. 19Der Kläger ist aktivlegitimiert, da die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der F. S. UG gemäß § 80 Abs. 1 InsO durch Beschluss des Amtsgerichts E. – Insolvenzgericht – vom 12. Dezember 2012 auf ihn übergegangen ist. 20Der Bescheid vom 27. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 21Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Mitgliedsbeitrag sind §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 und 3 IHKG i. V. m. der Beitragsordnung der Niederrheinischen IHK vom 1. Dezember 2004, zuletzt geändert durch Beschluss der Vollversammlung vom 6. Dezember 2007 i. V. m. der Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2014 vom 26. November 2013. Nach diesen Vorschriften erhebt die Industrie- und Handelskammer von ihren Mitgliedern als Beiträge Grundbeiträge und Umlagen. 22Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen vor. 23Die F. S. UG ist nach wie vor Mitglied der Beklagten. Gemäß § 2 Abs. 1 IHKG gehören zur Industrie- und Handelskammer, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, unter anderem juristische Personen des privaten Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten. Das Merkmal der „Veranlagung zur Gewerbesteuer“ ist dabei rein objektiv zu bestimmen und hängt nicht davon ab, ob der Gewerbetreibende tatsächlich Gewerbesteuer zahlen muss oder ob er überhaupt Gewinne erwirtschaftet. Für die Mitgliedschaft in der IHK kommt es allein auf die dem Grunde nach bestehende Gewerbesteuerpflicht an. 24Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2005 – 6 C 10/04 –; zitiert nach juris. 25Die F. S. UG ist objektiv gewerbesteuerpflichtig. Denn als Kapitalgesellschaft ist sie gemäß § 2 Abs. 2 GewStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb im Sinne des Gewerbesteuerrechts anzusehen. Die durch das am 1. November 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missständen (MoMiG) eingeführte Unternehmergesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs (vgl. §§ 5 a, 13 Abs. 3 GmbHG) und ist im Handelsregister eingetragen. Hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Gewerbesteuerpflichtigkeit und der daraus folgenden Beitragspflichtigkeit zu den Industrie- und Handelskammern bestehen vor diesem Hintergrund in der Rechtsprechung keinerlei Zweifel. 26Vgl. etwa VG Hannover, Urteil vom 7. Mai 2013 – 11 A 2436/11 –; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Juli 2013 – 8 LA 16/13 –; zitiert nach juris. 27Auch das durch Beschluss des Amtsgerichts E. vom 20. August 2013 über das Vermögen der F. S. UG eröffnete Insolvenzverfahren steht ihrer Gewerbesteuerpflichtigkeit nicht entgegen. Gemäß § 4 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) i. d. F. v. 15. Oktober 2002 bleibt ein in Auflösung befindlicher Gewerbebetrieb bis zur Beendigung seiner Aufgabe oder Abwicklung Steuergegenstand. Ausweislich der Vorschrift des § 4 Abs. 2 GewStDV wird die Gewerbesteuerpflicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers nicht berührt. Ganz in diesem Sinne bestimmt § 3 Abs. 3 Satz 2 der Beitragsordnung der Beklagten (BO), dass die Beitragspflicht der Kammerzugehörigen durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht berührt wird. Korrespondierend hierzu erlischt bei den Kapitalgesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG – anders als bei Einzelkaufleuten und Personengesellschaften – nach R 2.6 Abs. 2 Satz 1 GewStR 2009 die objektive Gewerbesteuerpflichtigkeit nicht schon mit dem Aufhören der gewerblichen Tätigkeit, sondern mit dem Aufhören jeglicher Tätigkeit überhaupt. Da die Auflösung und Abwicklung der Kapitalgesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG somit an ihrer Gewerbesteuerpflicht nichts ändern, fallen die Beendigung der Abwicklung und das Aufhören der Gewerbesteuerpflicht gemäß R 2.6 Abs. 4 Satz 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009 (GewStR) regelmäßig mit dem Zeitpunkt zusammen, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt ist. Wenn bei dieser Verteilung Vermögensbeträge zur Begleichung von Schulden zurückbehalten werden, bleibt das Unternehmen nach R 2.6 Abs. 4 Satz 3 GewStR gewerbesteuerpflichtig, bis die Schulden beglichen sind. Die Frage des Abwicklungszeitpunkts beantwortet sich vor diesem Hintergrund ausschließlich danach, wie lange die Gesellschaft Vermögen hat und dieses verwaltet. 28Vgl. Kammer, Urteil vom 3. Mai 2012 – 20 K 1247/11 –. 29Welcher Zeitpunkt im Laufe der insolvenzrechtlichen Abwicklung der Gesellschaft als Zeitpunkt der „Beendigung seiner Aufgabe oder Abwicklung“ im Sinne des § 4 Abs. 1 GewStDV anzusehen ist, wird durch die gewerbesteuerrechtlichen Vorschriften nicht präzisiert. Er lässt sich daher nur anhand des Sinn und Zwecks sowie der Systematik der insolvenz- und steuerrechtlichen Vorschriften näher eingrenzen. Dabei dürfte Einigkeit jedenfalls insoweit bestehen, als dass es für den Fortbestand der Gewerbesteuerpflichtigkeit nicht darauf ankommt, ob der im Handelsregister eingetragene Unternehmensgegenstand bis zur Löschung der Gesellschaft noch die Möglichkeit der Wiederaufnahme einer gewerblichen Tätigkeit bietet. Denn die Anmeldung zur Löschung im Handelsregister oder gar die Löschung selbst ist kein Bestandteil der Abwicklung im Sinne der oben genannten Vorschriften. 30Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. Februar 2000 – A 1 S 157/99 –; zitiert nach juris. 31Auf der anderen Seite ist als frühestmöglicher Zeitpunkt der Abwicklung die insolvenzrechtliche Schlussverteilung im Sinne des § 196 Abs. 1 InsO anzusehen. Denn Sinn und Zweck der Schlussverteilung ist, die gesamte verwertbare Masse an die Insolvenzgläubiger auszuschütten und das Insolvenzverfahren zu beenden, vgl. § 200 InsO. Sie findet statt, sobald die Masseverwertung abgeschlossen ist. 32Vgl. Meller-Hannich in: Jaeger, InsO, § 196 Rdn. 1. 33Der Zeitpunkt der Schlussverteilung ist insoweit als derjenige anzusehen, zu welchem das Vermögen der Gesellschaft – mit Ausnahme des laufenden Einkommens – im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 GewStDV „verteilt“ ist. Nur diese Betrachtungsweise genügt auch der in §§ 2 Abs. 1 IHKG, 4 GewStDV zum Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers, das Bestehen der objektiven Gewerbesteuerpflicht möglichst an objektivierte Begebenheiten und nicht an das Bestehen einzelner Vermögenswerte anzuknüpfen. 34Unter Zugrundelegung dessen hat sich die F. S. UG zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides am 27. Mai 2014 noch in der Abwicklung befunden. Denn zu diesem Zeitpunkt hat nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten eine Schlussverteilung im Sinne des § 196 InsO noch nicht stattgefunden, so dass eine Verteilung der noch vorhandenen Masse und damit eine abschließende Verwertung weiterhin aussteht. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die F. S. UG ihr Gewerbe bereits zum 19. August 2013 abgemeldet und sämtliche Geschäftstätigkeiten zu Beginn des Kalenderjahres 2013 eingestellt hatte. Ebenso wenig ist in diesem Zusammenhang maßgeblich, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr über personelles oder sachliches Kapital, das unmittelbar der Führung des laufenden Betriebes zugeordnet werden könnte, verfügte. Denn anders als bei den Personenhandelsgesellschaften ist bei den Kapitalgesellschaften eine werbende Tätigkeit – also eine solche, die regelmäßig eine Teilnahme am allgemeinen Geschäftsverkehr mit sich bringt – nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Nr. 19 Abs. 3 Satz 2 GewStR nicht erforderlich. 35Die F. S. UG hat schließlich auch eine Betriebsstätte im Bezirk der Beklagten unterhalten. Das IHKG enthält keine eigene Definition des Begriffs der Betriebsstätte, es wird jedoch ganz allgemein, 36vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2005 – 6 C 10/04 –; zitiert nach juris, 37auf den steuerrechtlichen Betriebsstättenbegriff des § 12 AO abgestellt. Gemäß § 12 Satz 1 AO ist Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, wobei nach dem Regelbeispiel des § 12 Satz 2 Nr. 1 AO als Betriebsstätte unter anderem die Stätte der Geschäftsleitung anzusehen ist. Geschäftsleitung ist nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung, also dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebliche Wille gebildet wird bzw. an dem auf Dauer gesehen die für die Geschäftsführung notwendigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit getroffen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs muss jedes Unternehmen einen Ort der Geschäftsleitung haben. Eine feste eigene Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, ist hierfür nicht erforderlich. Daher kann sich die Stätte der Geschäftsleitung etwa auch in der Wohnung des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft befinden. 38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Dezember 2010 – 17 A 2689/09 –; BFH, Urteil vom16. Dezember 1998 – I R 138/97 –; jeweils zitiert nach juris. 39Unter Zugrundelegung dessen befindet sich die Betriebsstätte der F. S. UG im Bezirk der Beklagten. Im Falle einer Insolvenz werden die für das tatsächliche und rechtliche Geschäft der Gesellschaft maßgeblichen Handlungen regelmäßig durch den Insolvenzverwalter ausgeübt, so dass dieser grundsätzlich die Geschäftsleitung im Sinne des § 10 AO innehat. Der Sitz des Insolvenzverwalters über das Vermögen der F. S. UG befindet sich in E. und damit im Kammerbezirk. 40Da die Höhe des streitgegenständlichen Beitragsbescheides auch von dem Kläger nicht beanstandet wird, erweist sich die angegriffene Beitragsforderung dem Grunde und der Höhe nach als rechtmäßig. 41Die Inanspruchnahme des Klägers in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. S. UG begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die von der Beklagten festgesetzte Beitragsforderung stellt eine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar, die – anders als eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO – gemäß § 53 InsO unmittelbar gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen und von diesem aus der Insolvenzmasse zu begleichen ist. 42Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind Masseverbindlichkeiten solche, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Unter Handlungen des Insolvenzverwalters im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 InsO versteht das Gesetz Rechtsgeschäfte und andere schuld- oder haftungsbegründende Handlungen einschließlich der Prozesshandlungen. 43Vgl. Henckel, in: Jaeger, InsO, § 55 Rdn. 8. 44Die von der Beklagten erhobene Beitragsforderung ist keine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 InsO, weil sie nicht durch eine Handlung des Insolvenzverwalters, sondern als Folge seiner Amtstätigkeit entstanden ist. Nach unbestrittenem Vortrag des Klägers wurde der Geschäftsbetrieb der F. bereits zu Beginn des Kalenderjahres 2013 eingestellt, nachdem sämtliche Aufträge der J. S. UG erteilt worden waren und die F. keine Umsätze mehr erzielt hatte. Spätestens seit der Verwertung des letzten Sachgegenstandes der F. bzw. mit Gutschrift des Ablösebetrages am 8. Oktober 2013 hat auch der Kläger keine rechtsgeschäftlichen Handlungen im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 InsO mehr vorgenommen. 45Die streitbefangene Beitragsforderung stellt aber eine gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO in anderer Weise durch die Verwertung der Insolvenzmasse begründete Masseverbindlichkeit dar. 46Die in anderer Weise begründeten sonstigen Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO müssen durch die Amtstätigkeit des Verwalters ausgelöst worden sein und dürfen weder zu den durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründeten Verbindlichkeiten nach Nr. 1 Halbsatz 1 noch zu den sonstigen Masseverbindlichkeiten der Nr. 2 oder der Nr. 3 gehören. Zu den Verbindlichkeiten, die durch die Verwaltung entstehen, sind etwa diejenigen zu zählen, die durch den Beschluss eines Organs oder einer Gemeinschaft kraft Gesetzes oder kraft Verwaltungsakts entstehen. 47Vgl. Henckel, in: Jaeger, InsO, § 55 Rdn. 29 f. 48Zu den kraft Gesetzes entstehenden Masseverbindlichkeiten zählen insbesondere Steuerforderungen, etwa die Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer, die Gewerbesteuer, Grundsteuer und die Lohnsteuer für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse nach der Verfahrenseröffnung fortbestehen oder vom Verwalter im Unternehmen des Schuldners neu begründet werden. Demgegenüber gehören zu den Masseverbindlichkeiten, die durch Verwaltungsakt begründet oder festgesetzt werden, etwa Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren, die an Kammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten sind. 49Vgl. Henckel, in: Jaeger, InsO, § 55 Rdn. 33 ff. 50Dabei setzt § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO stets voraus, dass die Verbindlichkeit auf eine – wie auch immer geartete – Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen ist. Denn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht gemäß § 80 Abs. 1 InsO nur noch dem Insolvenzverwalter das Recht zu, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zur verwalten und über es zu verfügen. Gemäß § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren grundsätzlich das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Damit gehören etwa auch Einkünfte, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielt werden, zur Insolvenzmasse; nicht zur Insolvenzmasse gehören dagegen nach § 36 InsO unpfändbare und wirksam freigegebene Gegenstände. 51Vgl. FG München, Urteil vom 21. Juli 2010 – 10 K 3005/07 – m.w.N. –; zitiert nach juris. 52Welche Anforderungen an die danach erforderliche massebezogene Verwaltungshandlung des Insolvenzverwalters zu stellen sind, ergibt sich aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO nicht ohne weiteres. Rechtliche Vorgaben lassen sich jedoch der Systematik und dem Sinn und Zweck der insolvenzrechtlichen Vorschriften sowie deren Zusammenspiel mit den hier einschlägigen Vorschriften des Gewerbesteuerrechts entnehmen. 53Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens sind in § 1 InsO niedergelegt. Dort heißt es: „Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen eines Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.“ Soweit § 1 InsO als Ziel des Insolvenzverfahrens die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger benennt, kann diese auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Mitteln erreicht werden. Hierzu sieht das Gesetz verschiedene Forderungskategorien vor. Das Insolvenzvermögen, also die Insolvenzmasse, ist den Insolvenzgläubigern zugewiesen, vgl. § 35 InsO. Sie dient ihrer gemeinschaftlichen Befriedigung. Dies bedeutet, dass die individuelle Rechtsverfolgung, wie sie außerhalb des Insolvenzverfahrens zulässig ist, den Insolvenzgläubigern verwehrt ist und durch ein besonderes Verfahren verdrängt wird, das auch dem Ausgleich der Gläubigerinteressen untereinander dient. Hierbei strebt die Insolvenzordnung grundsätzlich eine gleiche Befriedigung aller Insolvenzgläubiger an. 54Vgl. Henckel, in: Jaeger, InsO, § 38 Rdn. 3. 55Für die in § 54 InsO aufgeführten Kosten des Insolvenzverfahrens und die in § 55 InsO aufgezählten sonstigen Masseverbindlichkeiten enthält § 53 InsO eine hiervon abweichende Rechtsfolge. Denn deren Gläubiger werden „vorweg“, das heißt vor den Insolvenzgläubigern und unabhängig von dem Verlauf des Verteilungsverfahrens befriedigt. 56Vgl. Henckel, in: Jaeger, InsO, § 53 Rdn. 3. 57Die in § 53 InsO normierte Rechtsfolge führt regelmäßig dazu, dass die Massegläubiger – anders als die Insolvenzgläubiger – nicht nur anteilig, sondern voll befriedigt werden; sie stellt damit eine Durchbrechung des Grundsatzes der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger dar. Sinn und Zweck des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist es, die Handlungsfreiheit des Insolvenzverwalters im geschäftlichen Verkehr mit Dritten zu sichern und ihm zu ermöglichen, die hierfür erforderlichen Rechtsgeschäfte abzuschließen bzw. die hierfür erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen vorzunehmen. Masseverbindlichkeiten sollen deshalb grundsätzlich nur im Rahmen von Geschäften entstehen, welche der Insolvenzverwalter mit dem Ziel abschließt, der Masse etwas zuzuführen. 58Vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Mai 2010 – L 3 AL 3121/06 – m. w. N. –; zitiert nach juris. 59Das in § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zum Ausdruck kommende Austausch- bzw. Gegenseitigkeitsprinzip ist im hiesigen Kontext allerdings mit den Wertentscheidungen des Gesetzgebers im Bereich des Steuer- und IHK-Beitragsrechts in Einklang zu bringen. Dieser geht in §§ 2 Abs. 1 IHKG, 2 Abs. 2 GewStG von dem Fortbestand der Beitragspflicht auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus und setzt damit die insolvenzrechtliche Durchsetzbarkeit der in Rede stehenden Beitragsforderung gleichermaßen voraus. Indes bedingt diese gesetzgeberische Entscheidung wiederum die Einordnung der nach Insolvenzeröffnung entstandenen Beitragsforderung als Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 InsO, da ein gegen die Insolvenzschuldnerin selbst gerichteter Anspruch aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht durchsetzbar wäre. Da die aus der Mitgliedschaft zu den Industrie- und Handelskammern resultierende Beitragspflicht im Bereich der Kapitalgesellschaften nicht auf einer Geschäftstätigkeit des Insolvenzverwalters beruht, sondern allein auf der objektiven Gewerbesteuerpflicht der Insolvenzschuldnerin, entsteht auf den ersten Blick ein gewisser Widerspruch zu den beschriebenen insolvenzrechtlichen Grundsätzen. Jedoch knüpft die Mitgliedschaft in einer Industrie- und Handelskammer an die gewerbliche Tätigkeit an. Führt der Insolvenzverwalter im Eröffnungsverfahren oder im eröffneten Verfahren das Unternehmen fort oder setzt der Schuldner im Rahmen der Eigenverwaltung seine unternehmerische Tätigkeit fort, so handelt es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen die Insolvenzmasse, der von dem Verwalter im Rang des § 55 InsO zu erfüllen ist. 60Vgl. Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 55 Rdn. 27. 61So verhält es sich hier. Die F. S. UG als Insolvenzschuldnerin ist aufgrund ihrer gewerblichen Tätigkeit nach wie vor Mitglied bei der Beklagten. Der Begriff der gewerblichen Tätigkeit ist rein objektiv zu bestimmen. Anders als bei den Personenhandelsgesellschaften setzt die „gewerbliche Tätigkeit“ der Kapitalgesellschaften keine werbende Tätigkeit voraus. Nach der Wertung des § 2 Abs. 2 GewStG sind sie vielmehr auch dann „gewerblich tätig“, wenn ihr Geschäftsgegenstand sich auf die Abwicklung und Verteilung der restlichen Vermögensmasse beschränkt. Die solchermaßen in § 2 Abs. 2 GewStG zum Ausdruck kommende Unterscheidung stellt eine grundlegende, über das Steuerrecht hinausgehende Unterscheidung dar, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht aufgehoben werden kann. Die erforderliche massebezogene Amtstätigkeit des Insolvenzverwalters in Gestalt seiner „gewerblichen Tätigkeit“ beschränkt sich daher nach Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft auf deren Abwicklung und Auflösung, die – wie bereits ausgeführt – hier noch nicht abgeschlossen ist. 62Die Beitragsforderung der Beklagten ist auch nach Eröffnung und damit innerhalb des von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO erfassten Zeitraums entstanden. 63Wie die Frage des Entstehungszeitpunkts einer Forderung materiell-rechtlich zu bestimmen ist, ergibt sich aus den insolvenzrechtlichen Vorschriften nicht ohne Weiteres. Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hat die Verortung von Steueransprüchen innerhalb des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO in zeitlicher Hinsicht von der Erfüllung des zugrundeliegenden Steuertatbestandes abhängig gemacht. Ob es sich bei einem Steueranspruch um eine Insolvenzforderung oder um eine Masseverbindlichkeit handelt, bestimmt sich demzufolge nach dem Zeitpunkt, zu dem der den Steueranspruch begründende Tatbestand vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen ist. Unerheblich ist demgegenüber der Zeitpunkt der Steuerentstehung. Welche Anforderungen im Einzelnen an die somit erforderliche Tatbestandsverwirklichung im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zu stellen sind, richtet sich nach den jeweiligen Vorschriften des Steuerrechts, nicht nach dem Insolvenzrecht. Bei der Abgrenzung zwischen Masseverbindlichkeit und Insolvenzforderung ist demnach wie folgt zu differenzieren: Kommt es zur vollständigen Tatbestandsverwirklichung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handelt es sich um eine Insolvenzforderung im Sinne des § 37 InsO. Wird der steuerliche Tatbestand erst nach Verfahrenseröffnung vollständig verwirklicht, liegt unter den Voraussetzungen des § 55 InsO eine Masseverbindlichkeit vor. 64Vgl. BFH, Urteil vom 29. August 2007 – IX R 4/07 –; Urteil vom 9. Dezember 2010 – V R 22/10 –; Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 30. November 2011 – 3 K 581/09 –; zitiert nach juris. 65Für die im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Vereins- oder Verbandsmitglieds durch Satzung begründete Pflicht zur Zahlung von Beiträgen können diese Grundsätze entsprechend herangezogen werden, soweit die Beiträge – wie hier, vgl. § 1 Abs. 1 BO – zu den öffentlichen Abgaben zählen. Denn in diesem Falle werden sie als hoheitlich geltend gemachte öffentlich-rechtliche Geldforderungen von allen erhoben, die einen normativ bestimmten Tatbestand erfüllen und zur Deckung des Finanzbedarfs des Hoheitsträgers für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben dienen und sind damit den Steuern ähnlich. 66Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80 Rdn. 57 m. w. N. 67Für die insolvenzrechtliche Einordnung der Mitgliedsbeiträge zu den Industrie- und Handelskammern bedeutet dies: Die Frage des Entstehungszeitpunkts der in Rede stehenden Beitragsforderung und damit die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderung und Masseverbindlichkeit beantwortet sich nach dem der Forderung zugrundeliegenden Satzungsrecht. Wird danach die Mitgliedschaft in dem jeweiligen Verband bzw. Verein nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet, besteht die Beitragspflicht fort, bis die Mitgliedschaft etwa durch Kündigung oder Ausschluss beendet ist. Die Beitragspflicht ist nicht schon mit der Satzung oder dem Beitritt des Mitglieds für alle Zeit begründet. Sie entsteht periodisch jeweils neu, kann deshalb Masseverbindlichkeit sein, wenn die Beitragsperiode nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt. Dabei besteht die Beitragspflicht unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter Leistungen des Vereins oder Verbandes in Anspruch nimmt. 68Vgl. Henckel, in: Jaeger, InsO, § 55 Rdn. 30; zur Beitragsforderung eines Genossenschaftsverbands vgl. OLG Köln, Beschluss vom 4. Mai 2012 – 5 U 227/11 –; LG Kassel, Urteil vom 31. Juli 2002– 4 O 246/02 –; zitiert nach juris. 69So liegt der Fall hier. Anders als im Steuerrecht, dessen Tatbestände sich – wie etwa im Umsatz- oder Einkommenssteuerrecht – auf verschiedene, zeitlich nachgelagerte Tatbestandsmerkmale erstreckt, deren vollständige Verwirklichung im Rahmen des § 55 Abs. 1 InsO jeweils gesondert zu überprüfen ist, 70vgl. Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 30. November 2011 – 3 K 581/09 –; zitiert nach juris, 71ist die Fälligkeit der streitgegenständlichen Beitragsforderung der Beklagten und damit deren tatbestandliche Verwirklichung gemäß § 17 BO ausschließlich von dem Zugang des Beitragsbescheides abhängig. Die Beitragspflicht entsteht hierbei jährlich neu. Insoweit bestimmt § 3 Abs. 1 und 2 BO hinsichtlich des Beginns und des Endes der Beitragspflicht und damit des Umfangs der Beitragsperiode: „Die Beitragspflicht entsteht mit Beginn des Geschäftsjahres, erstmalig mit dem Beginn der IHK-Zugehörigkeit. Erhebungszeitraum für den Beitrag ist das Geschäftsjahr vom 1. Januar bis zum 31. Dezember.“ Dies zugrundegelegt, ist die streitbefangene Forderung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit innerhalb des von § 55 Abs. 1 InsO erfassten Zeitraums entstanden. Der angegriffene Beitragsbescheid ist dem Kläger frühestens am 27. Mai 2014, mithin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, zugegangen. Erst zu diesem Zeitpunkt konnte die Beitragsforderung zur Entstehung gelangen. Infolgedessen handelt es sich bei diesem nicht um eine aufschiebend bedingte oder befristete Forderung im Sinne des § 38 InsO, die dem Grunde nach bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden war. 72Die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung ist zulässig, ohne den Einschränkungen der §§ 94 bis 96 InsO zu unterliegen, die nur für Insolvenzforderungen gelten. Denn die streitbefangene Beitragsforderung stellt keine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO dar, sondern eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO, die von der Beklagten ohne weiteres im Wege der Aufrechnung geltend gemacht werden kann. 73Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 74Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. 75Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, vgl. § 124a Abs. 1 Satz i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Insoweit haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass die hier streitige Auslegung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO für eine Vielzahl von Verfahren entscheidungserhebliche Bedeutung haben wird. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. die berufung wird zugelassen. 1 | 2mit beschluss des amtsgerichts e. – insolvenzgericht – vom 20. august 2013 (az.: 63 in 000/13) wurde über das vermögen der f. s. ug das insolvenzverfahren eröffnet und der kläger zum insolvenzverwalter ernannt. dies geschah aufgrund eines am 12. dezember 2012 beim insolvenzgericht eingegangenen antrags einer gläubigerin. das insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen. 3geschäftsgegenstand der f. s. ug war die reinigung von baustellen hauptsächlich für eine auftraggeberin, die c. e1. gmbh in e. . seit beginn des kalenderjahres 2013 wurden die zuvor an die f. vergebenen aufträge der j. c1. ug erteilt, so dass diese seither keinerlei umsatzerlöse erzielt hat. ebenso wurden sämtliche arbeitsverhältnisse auf die j. c1. ug übertragen. zum 19. august 2013 meldete die f. ihr gewerbe ab. 4nach eröffnung des insolvenzverfahrens erhielt die beklagte aufgrund einer durchgeführten zwangsvollstreckung am 21. mai 2013 113,13 euro und am 17. mai 2013 340,96 euro aus dem schuldnerischen vermögen. mit schreiben vom 15. mai 2014 forderte der kläger nach zahlungsanfechtung zur auskehr der erhaltenen beträge an die insolvenzmasse auf. am 27. mai 2014 – übersandt am 6. juni 2014 – erließ die beklagte den beitragsbescheid für das jahr 2014 in höhe von 180,00 euro. diesem legte sie einen gewerbeertrag der f. in höhe von 0,00 euro zugrunde. die beitragspflicht der f. begründete sie damit, dass eine mitgliedschaft des unternehmens in der industrie- und handelskammer auch während des insolvenzverfahrens bestehe, so dass es sich bei der in rede stehenden beitragszahlung um eine masseverbindlichkeit handele. die beklagte verrechnete den angefochtenen betrag von insgesamt 454,09 euro mit der angeforderten beitragszahlung und kündigte an, den noch offenen betrag in höhe von 274,09 euro auf das von dem kläger eingerichtete verwalteranderkonto einzuzahlen. 5mit schreiben vom 10. juni 2014 beantragte der kläger gegenüber der beklagten die aufhebung des angegriffenen bescheides und führte aus, dass der geschäftsbetrieb der f. bereits vor insolvenzeröffnung im jahr 2013 vollständig eingestellt worden sei und eine beitragspflicht für das kalenderjahr 2014 daher nicht bestehe. 6der kläger hat am 3. juli 2014 klage erhoben. zur begründung trägt er vor: der angegriffene beitragsbescheid sei aufzuheben, da weder er noch die schuldnerin mitglied der beklagten sei. die schuldnerin erziele bereits seit 2013 keine umsätze mehr, übe keinen geschäftsbetrieb aus und sei nicht mehr zur gewerbesteuer veranlagt. bei kapitalgesellschaften ende die gewerbesteuerpflicht mit der einstellung jeglicher tätigkeit, mithin dann, wenn das gesamte vermögen verwertet sei. dies entspreche dem grundgedanken des § 55 abs. 1 nr. 1 inso, wonach masseverbindlichkeiten nur durch handlungen des insolvenzverwalters und/oder dann begründet werden könnten, wenn der insolvenzmasse eine entsprechende gegenleistung zufließe. indes sei die verwertung des schuldnerischen vermögens spätestens mit gutschrift des ablösebetrages aus der letzten sachverwertung am 8. oktober 2013 abgeschlossen gewesen. soweit das insolvenzverfahren aufgrund von anfechtungsansprüchen eröffnet worden sei, zählten diese nicht zum schuldnerischen vermögen, da sie ausschließlich vom insolvenzverwalter geltend zu machen seien und daher erst mit eröffnung des insolvenzverfahrens entstünden. 7nach § 18 gewstg entstehe die gewerbesteuer mit ablauf des erhebungszeitraums, für den die festsetzung vorgenommen werde, also nach eröffnung des insolvenzverfahrens. als masseverbindlichkeit könne in diesem zusammenhang aber nur der teil der steuerschuld geltend gemacht werden, der auf dem ertrag nach eröffnung des insolvenzverfahrens beruhe, da nur dieser auf das verhalten des insolvenzverwalters zurückzuführen sei. da der gewerbebetrieb der f. bereits vor eröffnung des insolvenzverfahrens vollständig eingestellt gewesen sei, könne mangels ertrages nach eröffnung des insolvenzverfahrens auch keine gewerbesteuer als masseverbindlichkeit gegenüber dem kläger geltend gemacht werden. gleiches gelte für den streitgegenständlichen beitrag. denn dieser könne ebenfalls ausschließlich gemäß § 55 abs. 1 nr. 1 inso zur masseverbindlichkeit erhoben werden. eine entsprechende handlung des insolvenzverwalters sei jedoch ebenso zu verneinen wie eine begründung in anderer weise durch verwaltung, verwertung oder verteilung der insolvenzmasse. 8die insolvenzschuldnerin als kapitalgesellschaft sei strikt von dem kläger als partei kraft amtes zu unterscheiden. auf den kläger als insolvenzverwalter gehe gemäß § 80 abs. 1 inso die verwaltungs- und verfügungsbefugnis über das schuldnerische vermögen über; rechtlicher vertreter der schuldnerin sei er jedoch nicht. erst recht trete er nicht an die stelle der schuldnerin. insoweit bilde die hier nicht anwendbare vorschrift des § 55 abs. 1 nr. 2 inso die ausnahme. durch die eröffnung des insolvenzverfahrens ändere sich der beklagten zufolge nichts daran, dass die insolvenzschuldnerin pflichtmitglied der beklagten bleibe. eine neue mitgliedschaft des klägers als partei kraft amtes werde hierdurch nicht begründet. insoweit könne eine verpflichtung des insolvenzverwalters allein nach dem hier nicht einschlägigen § 55 inso begründet werden. 9der kläger beantragt, 10den beitragsbescheid der beklagten vom 27. mai 2014 aufzuheben. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13er hält an seinen ausführungen im verwaltungsverfahren fest und ergänzt diese wie folgt: die f. s. ug sei mitglied der beklagten und damit nach §§ 2 abs. 1, 3 abs. 2, 3 ihkg grundsätzlich beitragspflichtig. sie sei als juristische person und kapitalgesellschaft gemäß § 2 abs. 2 gewstg stets und in vollem umfang als gewerbebetrieb einzuordnen und damit objektiv gewerbesteuerpflichtig. nach § 4 gewstdv ende die objektive gewerbesteuerpflicht erst bei der beendigung der abwicklung, also zum abschluss der liquidation, wenn sämtliches vermögen verteilt sei. ergänzend hierzu regle § 4 abs. 2 gewstdv, dass die gewerbesteuerpflicht durch die eröffnung des insolvenzverfahrens über das vermögen nicht berührt werde. eine verteilung des vermögens erfolge erst nach abschluss des insolvenzverfahrens. dies sei nicht der fall, da insbesondere eine schlussverteilung gemäß §§ 200, 196 inso noch nicht stattgefunden habe. auf das bestehen von arbeitsverhältnissen oder das erzielen von umsatzerlösen stelle das für die mitgliedschaft maßgebliche gewerbesteuerrecht nicht ab. vielmehr werde das kriterium des fehlenden gewerbeertrages bei der staffelung des grundbeitrages und der umlage durch die wirtschaftssatzung berücksichtigt. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs ergänzend bezug genommen. 15 | 16die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 17die klage ist als anfechtungsklage gemäß § 42 abs. 1 alt. 1 vwgo zulässig. die beteiligungsfähigkeit des klägers als insolvenzverwalter über das vermögen der insolvenzschuldnerin folgt aus § 80 abs. 1 inso. als partei kraft amtes ist er im wege gesetzlicher prozessstandschaft zur prozessualen geltendmachung subjektiver rechte der insolvenzschuldnerin ermächtigt und damit klagebefugt im sinne des § 42 abs. 2 vwgo. 18die klage ist aber nicht begründet. 19der kläger ist aktivlegitimiert, da die verwaltungs- und verfügungsbefugnis über das vermögen der f. s. ug gemäß § 80 abs. 1 inso durch beschluss des amtsgerichts e. – insolvenzgericht – vom 12. dezember 2012 auf ihn übergegangen ist. 20der bescheid vom 27. mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 21rechtsgrundlage für den geltend gemachten mitgliedsbeitrag sind §§ 2 abs. 1, 3 abs. 2 und 3 ihkg i. v. m. der beitragsordnung der niederrheinischen ihk vom 1. dezember 2004, zuletzt geändert durch beschluss der vollversammlung vom 6. dezember 2007 i. v. m. der wirtschaftssatzung für das geschäftsjahr 2014 vom 26. november 2013. nach diesen vorschriften erhebt die industrie- und handelskammer von ihren mitgliedern als beiträge grundbeiträge und umlagen. 22die voraussetzungen dieser vorschriften liegen vor. 23die f. s. ug ist nach wie vor mitglied der beklagten. gemäß § 2 abs. 1 ihkg gehören zur industrie- und handelskammer, sofern sie zur gewerbesteuer veranlagt sind, unter anderem juristische personen des privaten rechts, welche im bezirk der industrie- und handelskammer eine betriebsstätte unterhalten. das merkmal der „veranlagung zur gewerbesteuer“ ist dabei rein objektiv zu bestimmen und hängt nicht davon ab, ob der gewerbetreibende tatsächlich gewerbesteuer zahlen muss oder ob er überhaupt gewinne erwirtschaftet. für die mitgliedschaft in der ihk kommt es allein auf die dem grunde nach bestehende gewerbesteuerpflicht an. 24vgl. bverwg, urteil vom 19. januar 2005 – 6 c 10/04 –; zitiert nach juris. 25die f. s. ug ist objektiv gewerbesteuerpflichtig. denn als kapitalgesellschaft ist sie gemäß § 2 abs. 2 gewstg in vollem umfang als gewerbebetrieb im sinne des gewerbesteuerrechts anzusehen. die durch das am 1. november 2008 in kraft getretene gesetz zur modernisierung des gmbh-rechts und zur bekämpfung von missständen (momig) eingeführte unternehmergesellschaft gilt als handelsgesellschaft im sinne des handelsgesetzbuchs (vgl. §§ 5 a, 13 abs. 3 gmbhg) und ist im handelsregister eingetragen. hinsichtlich ihrer grundsätzlichen gewerbesteuerpflichtigkeit und der daraus folgenden beitragspflichtigkeit zu den industrie- und handelskammern bestehen vor diesem hintergrund in der rechtsprechung keinerlei zweifel. 26vgl. etwa vg hannover, urteil vom 7. mai 2013 – 11 a 2436/11 –; ovg lüneburg, beschluss vom 24. juli 2013 – 8 la 16/13 –; zitiert nach juris. 27auch das durch beschluss des amtsgerichts e. vom 20. august 2013 über das vermögen der f. s. ug eröffnete insolvenzverfahren steht ihrer gewerbesteuerpflichtigkeit nicht entgegen. gemäß § 4 abs. 1 der gewerbesteuer-durchführungsverordnung (gewstdv) i. d. f. v. 15. oktober 2002 bleibt ein in auflösung befindlicher gewerbebetrieb bis zur beendigung seiner aufgabe oder abwicklung steuergegenstand. ausweislich der vorschrift des § 4 abs. 2 gewstdv wird die gewerbesteuerpflicht durch die eröffnung des insolvenzverfahrens über das vermögen des unternehmers nicht berührt. ganz in diesem sinne bestimmt § 3 abs. 3 satz 2 der beitragsordnung der beklagten (bo), dass die beitragspflicht der kammerzugehörigen durch die eröffnung eines insolvenzverfahrens nicht berührt wird. korrespondierend hierzu erlischt bei den kapitalgesellschaften im sinne des § 2 abs. 2 gewstg – anders als bei einzelkaufleuten und personengesellschaften – nach r 2.6 abs. 2 satz 1 gewstr 2009 die objektive gewerbesteuerpflichtigkeit nicht schon mit dem aufhören der gewerblichen tätigkeit, sondern mit dem aufhören jeglicher tätigkeit überhaupt. da die auflösung und abwicklung der kapitalgesellschaften im sinne des § 2 abs. 2 gewstg somit an ihrer gewerbesteuerpflicht nichts ändern, fallen die beendigung der abwicklung und das aufhören der gewerbesteuerpflicht gemäß r 2.6 abs. 4 satz 3 der gewerbesteuer-richtlinien 2009 (gewstr) regelmäßig mit dem zeitpunkt zusammen, in dem das vermögen an die gesellschafter verteilt ist. wenn bei dieser verteilung vermögensbeträge zur begleichung von schulden zurückbehalten werden, bleibt das unternehmen nach r 2.6 abs. 4 satz 3 gewstr gewerbesteuerpflichtig, bis die schulden beglichen sind. die frage des abwicklungszeitpunkts beantwortet sich vor diesem hintergrund ausschließlich danach, wie lange die gesellschaft vermögen hat und dieses verwaltet. 28vgl. kammer, urteil vom 3. mai 2012 – 20 k 1247/11 –. 29welcher zeitpunkt im laufe der insolvenzrechtlichen abwicklung der gesellschaft als zeitpunkt der „beendigung seiner aufgabe oder abwicklung“ im sinne des § 4 abs. 1 gewstdv anzusehen ist, wird durch die gewerbesteuerrechtlichen vorschriften nicht präzisiert. er lässt sich daher nur anhand des sinn und zwecks sowie der systematik der insolvenz- und steuerrechtlichen vorschriften näher eingrenzen. dabei dürfte einigkeit jedenfalls insoweit bestehen, als dass es für den fortbestand der gewerbesteuerpflichtigkeit nicht darauf ankommt, ob der im handelsregister eingetragene unternehmensgegenstand bis zur löschung der gesellschaft noch die möglichkeit der wiederaufnahme einer gewerblichen tätigkeit bietet. denn die anmeldung zur löschung im handelsregister oder gar die löschung selbst ist kein bestandteil der abwicklung im sinne der oben genannten vorschriften. 30vgl. ovg sachsen-anhalt, urteil vom 17. februar 2000 – a 1 s 157/99 –; zitiert nach juris. 31auf der anderen seite ist als frühestmöglicher zeitpunkt der abwicklung die insolvenzrechtliche schlussverteilung im sinne des § 196 abs. 1 inso anzusehen. denn sinn und zweck der schlussverteilung ist, die gesamte verwertbare masse an die insolvenzgläubiger auszuschütten und das insolvenzverfahren zu beenden, vgl. § 200 inso. sie findet statt, sobald die masseverwertung abgeschlossen ist. 32vgl. meller-hannich in: jaeger, inso, § 196 rdn. 1. 33der zeitpunkt der schlussverteilung ist insoweit als derjenige anzusehen, zu welchem das vermögen der gesellschaft – mit ausnahme des laufenden einkommens – im sinne des § 4 abs. 1 und 2 gewstdv „verteilt“ ist. nur diese betrachtungsweise genügt auch der in §§ 2 abs. 1 ihkg, 4 gewstdv zum ausdruck kommenden intention des gesetzgebers, das bestehen der objektiven gewerbesteuerpflicht möglichst an objektivierte begebenheiten und nicht an das bestehen einzelner vermögenswerte anzuknüpfen. 34unter zugrundelegung dessen hat sich die f. s. ug zum zeitpunkt des erlasses des streitgegenständlichen bescheides am 27. mai 2014 noch in der abwicklung befunden. denn zu diesem zeitpunkt hat nach dem unbestrittenen vortrag der beklagten eine schlussverteilung im sinne des § 196 inso noch nicht stattgefunden, so dass eine verteilung der noch vorhandenen masse und damit eine abschließende verwertung weiterhin aussteht. hieran ändert auch der umstand nichts, dass die f. s. ug ihr gewerbe bereits zum 19. august 2013 abgemeldet und sämtliche geschäftstätigkeiten zu beginn des kalenderjahres 2013 eingestellt hatte. ebenso wenig ist in diesem zusammenhang maßgeblich, dass sie zu diesem zeitpunkt nicht mehr über personelles oder sachliches kapital, das unmittelbar der führung des laufenden betriebes zugeordnet werden könnte, verfügte. denn anders als bei den personenhandelsgesellschaften ist bei den kapitalgesellschaften eine werbende tätigkeit – also eine solche, die regelmäßig eine teilnahme am allgemeinen geschäftsverkehr mit sich bringt – nach dem ausdrücklichen wortlaut von nr. 19 abs. 3 satz 2 gewstr nicht erforderlich. 35die f. s. ug hat schließlich auch eine betriebsstätte im bezirk der beklagten unterhalten. das ihkg enthält keine eigene definition des begriffs der betriebsstätte, es wird jedoch ganz allgemein, 36vgl. etwa bverwg, urteil vom 19. januar 2005 – 6 c 10/04 –; zitiert nach juris, 37auf den steuerrechtlichen betriebsstättenbegriff des § 12 ao abgestellt. gemäß § 12 satz 1 ao ist betriebsstätte jede feste geschäftseinrichtung oder anlage, die der tätigkeit des unternehmens dient, wobei nach dem regelbeispiel des § 12 satz 2 nr. 1 ao als betriebsstätte unter anderem die stätte der geschäftsleitung anzusehen ist. geschäftsleitung ist nach § 10 ao der mittelpunkt der geschäftlichen oberleitung, also dort, wo der für die geschäftsführung maßgebliche wille gebildet wird bzw. an dem auf dauer gesehen die für die geschäftsführung notwendigen maßnahmen von einiger wichtigkeit getroffen werden. nach der rechtsprechung des bundesfinanzhofs muss jedes unternehmen einen ort der geschäftsleitung haben. eine feste eigene geschäftseinrichtung oder anlage, die der tätigkeit des unternehmens dient, ist hierfür nicht erforderlich. daher kann sich die stätte der geschäftsleitung etwa auch in der wohnung des geschäftsführers einer kapitalgesellschaft befinden. 38vgl. ovg nrw, beschluss vom 1. dezember 2010 – 17 a 2689/09 –; bfh, urteil vom16. dezember 1998 – i r 138/97 –; jeweils zitiert nach juris. 39unter zugrundelegung dessen befindet sich die betriebsstätte der f. s. ug im bezirk der beklagten. im falle einer insolvenz werden die für das tatsächliche und rechtliche geschäft der gesellschaft maßgeblichen handlungen regelmäßig durch den insolvenzverwalter ausgeübt, so dass dieser grundsätzlich die geschäftsleitung im sinne des § 10 ao innehat. der sitz des insolvenzverwalters über das vermögen der f. s. ug befindet sich in e. und damit im kammerbezirk. 40da die höhe des streitgegenständlichen beitragsbescheides auch von dem kläger nicht beanstandet wird, erweist sich die angegriffene beitragsforderung dem grunde und der höhe nach als rechtmäßig. 41die inanspruchnahme des klägers in seiner eigenschaft als insolvenzverwalter über das vermögen der f. s. ug begegnet ebenfalls keinen rechtlichen bedenken. die von der beklagten festgesetzte beitragsforderung stellt eine masseverbindlichkeit im sinne des § 55 abs. 1 nr. 1 inso dar, die – anders als eine insolvenzforderung nach § 38 inso – gemäß § 53 inso unmittelbar gegenüber dem insolvenzverwalter geltend zu machen und von diesem aus der insolvenzmasse zu begleichen ist. 42gemäß § 55 abs. 1 nr. 1 inso sind masseverbindlichkeiten solche, die durch handlungen des insolvenzverwalters oder in anderer weise durch die verwaltung, verwertung und verteilung der insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den kosten des insolvenzverfahrens zu gehören. unter handlungen des insolvenzverwalters im sinne des § 55 abs. 1 nr. 1 halbsatz 1 inso versteht das gesetz rechtsgeschäfte und andere schuld- oder haftungsbegründende handlungen einschließlich der prozesshandlungen. 43vgl. henckel, in: jaeger, inso, § 55 rdn. 8. 44die von der beklagten erhobene beitragsforderung ist keine masseverbindlichkeit im sinne des § 55 abs. 1 nr. 1 halbsatz 1 inso, weil sie nicht durch eine handlung des insolvenzverwalters, sondern als folge seiner amtstätigkeit entstanden ist. nach unbestrittenem vortrag des klägers wurde der geschäftsbetrieb der f. bereits zu beginn des kalenderjahres 2013 eingestellt, nachdem sämtliche aufträge der j. s. ug erteilt worden waren und die f. keine umsätze mehr erzielt hatte. spätestens seit der verwertung des letzten sachgegenstandes der f. bzw. mit gutschrift des ablösebetrages am 8. oktober 2013 hat auch der kläger keine rechtsgeschäftlichen handlungen im sinne des § 55 abs. 1 nr. 1 halbsatz 1 inso mehr vorgenommen. 45die streitbefangene beitragsforderung stellt aber eine gemäß § 55 abs. 1 nr. 1 halbsatz 2 inso in anderer weise durch die verwertung der insolvenzmasse begründete masseverbindlichkeit dar. 46die in anderer weise begründeten sonstigen masseverbindlichkeiten im sinne des § 55 abs. 1 nr. 1 halbsatz 2 inso müssen durch die amtstätigkeit des verwalters ausgelöst worden sein und dürfen weder zu den durch handlungen des insolvenzverwalters begründeten verbindlichkeiten nach nr. 1 halbsatz 1 noch zu den sonstigen masseverbindlichkeiten der nr. 2 oder der nr. 3 gehören. zu den verbindlichkeiten, die durch die verwaltung entstehen, sind etwa diejenigen zu zählen, die durch den beschluss eines organs oder einer gemeinschaft kraft gesetzes oder kraft verwaltungsakts entstehen. 47vgl. henckel, in: jaeger, inso, § 55 rdn. 29 f. 48zu den kraft gesetzes entstehenden masseverbindlichkeiten zählen insbesondere steuerforderungen, etwa die einkommenssteuer und körperschaftssteuer, die gewerbesteuer, grundsteuer und die lohnsteuer für die arbeitnehmer, deren arbeitsverhältnisse nach der verfahrenseröffnung fortbestehen oder vom verwalter im unternehmen des schuldners neu begründet werden. demgegenüber gehören zu den masseverbindlichkeiten, die durch verwaltungsakt begründet oder festgesetzt werden, etwa beiträge, sonderbeiträge und gebühren, die an kammern als körperschaften des öffentlichen rechts für die zeit nach der eröffnung des insolvenzverfahrens zu entrichten sind. 49vgl. henckel, in: jaeger, inso, § 55 rdn. 33 ff. 50dabei setzt § 55 abs. 1 nr. 1 halbsatz 2 inso stets voraus, dass die verbindlichkeit auf eine – wie auch immer geartete – verwaltungsmaßnahme des insolvenzverwalters in bezug auf die insolvenzmasse zurückzuführen ist. denn nach eröffnung des insolvenzverfahrens steht gemäß § 80 abs. 1 inso nur noch dem insolvenzverwalter das recht zu, das zur insolvenzmasse gehörende vermögen zur verwalten und über es zu verfügen. gemäß § 35 inso erfasst das insolvenzverfahren grundsätzlich das gesamte vermögen, das dem schuldner zur zeit der eröffnung des verfahrens gehört und das er während des verfahrens erlangt (insolvenzmasse). damit gehören etwa auch einkünfte, die nach eröffnung des insolvenzverfahrens erzielt werden, zur insolvenzmasse; nicht zur insolvenzmasse gehören dagegen nach § 36 inso unpfändbare und wirksam freigegebene gegenstände. 51vgl. fg münchen, urteil vom 21. juli 2010 – 10 k 3005/07 – m.w.n. –; zitiert nach juris. 52welche anforderungen an die danach erforderliche massebezogene verwaltungshandlung des insolvenzverwalters zu stellen sind, ergibt sich aus § 55 abs. 1 nr. 1 halbsatz 2 inso nicht ohne weiteres. rechtliche vorgaben lassen sich jedoch der systematik und dem sinn und zweck der insolvenzrechtlichen vorschriften sowie deren zusammenspiel mit den hier einschlägigen vorschriften des gewerbesteuerrechts entnehmen. 53sinn und zweck des insolvenzverfahrens sind in § 1 inso niedergelegt. dort heißt es: „das insolvenzverfahren dient dazu, die gläubiger eines schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das vermögen eines schuldners verwertet und der erlös verteilt oder in einem insolvenzplan eine abweichende regelung insbesondere zum erhalt des unternehmens getroffen wird. dem redlichen schuldner wird gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen verbindlichkeiten zu befreien.“ soweit § 1 inso als ziel des insolvenzverfahrens die gemeinschaftliche befriedigung der gläubiger benennt, kann diese auf unterschiedliche weise und mit unterschiedlichen mitteln erreicht werden. hierzu sieht das gesetz verschiedene forderungskategorien vor. das insolvenzvermögen, also die insolvenzmasse, ist den insolvenzgläubigern zugewiesen, vgl. § 35 inso. sie dient ihrer gemeinschaftlichen befriedigung. dies bedeutet, dass die individuelle rechtsverfolgung, wie sie außerhalb des insolvenzverfahrens zulässig ist, den insolvenzgläubigern verwehrt ist und durch ein besonderes verfahren verdrängt wird, das auch dem ausgleich der gläubigerinteressen untereinander dient. hierbei strebt die insolvenzordnung grundsätzlich eine gleiche befriedigung aller insolvenzgläubiger an. 54vgl. henckel, in: jaeger, inso, § 38 rdn. 3. 55für die in § 54 inso aufgeführten kosten des insolvenzverfahrens und die in § 55 inso aufgezählten sonstigen masseverbindlichkeiten enthält § 53 inso eine hiervon abweichende rechtsfolge. denn deren gläubiger werden „vorweg“, das heißt vor den insolvenzgläubigern und unabhängig von dem verlauf des verteilungsverfahrens befriedigt. 56vgl. henckel, in: jaeger, inso, § 53 rdn. 3. 57die in § 53 inso normierte rechtsfolge führt regelmäßig dazu, dass die massegläubiger – anders als die insolvenzgläubiger – nicht nur anteilig, sondern voll befriedigt werden; sie stellt damit eine durchbrechung des grundsatzes der gleichmäßigen befriedigung aller gläubiger dar. sinn und zweck des § 55 abs. 1 nr. 1 inso ist es, die handlungsfreiheit des insolvenzverwalters im geschäftlichen verkehr mit dritten zu sichern und ihm zu ermöglichen, die hierfür erforderlichen rechtsgeschäfte abzuschließen bzw. die hierfür erforderlichen verwaltungsmaßnahmen vorzunehmen. masseverbindlichkeiten sollen deshalb grundsätzlich nur im rahmen von geschäften entstehen, welche der insolvenzverwalter mit dem ziel abschließt, der masse etwas zuzuführen. 58vgl. lsg baden-württemberg, urteil vom 19. mai 2010 – l 3 al 3121/06 – m. w. n. –; zitiert nach juris. 59das in § 55 abs. 1 nr. 1 inso zum ausdruck kommende austausch- bzw. gegenseitigkeitsprinzip ist im hiesigen kontext allerdings mit den wertentscheidungen des gesetzgebers im bereich des steuer- und ihk-beitragsrechts in einklang zu bringen. dieser geht in §§ 2 abs. 1 ihkg, 2 abs. 2 gewstg von dem fortbestand der beitragspflicht auch nach eröffnung des insolvenzverfahrens aus und setzt damit die insolvenzrechtliche durchsetzbarkeit der in rede stehenden beitragsforderung gleichermaßen voraus. indes bedingt diese gesetzgeberische entscheidung wiederum die einordnung der nach insolvenzeröffnung entstandenen beitragsforderung als masseverbindlichkeit im sinne des § 55 abs. 1 inso, da ein gegen die insolvenzschuldnerin selbst gerichteter anspruch aufgrund der eröffnung des insolvenzverfahrens nicht durchsetzbar wäre. da die aus der mitgliedschaft zu den industrie- und handelskammern resultierende beitragspflicht im bereich der kapitalgesellschaften nicht auf einer geschäftstätigkeit des insolvenzverwalters beruht, sondern allein auf der objektiven gewerbesteuerpflicht der insolvenzschuldnerin, entsteht auf den ersten blick ein gewisser widerspruch zu den beschriebenen insolvenzrechtlichen grundsätzen. jedoch knüpft die mitgliedschaft in einer industrie- und handelskammer an die gewerbliche tätigkeit an. führt der insolvenzverwalter im eröffnungsverfahren oder im eröffneten verfahren das unternehmen fort oder setzt der schuldner im rahmen der eigenverwaltung seine unternehmerische tätigkeit fort, so handelt es sich um einen vermögensrechtlichen anspruch gegen die insolvenzmasse, der von dem verwalter im rang des § 55 inso zu erfüllen ist. 60vgl. uhlenbruck, inso, 13. aufl. 2010, § 55 rdn. 27. 61so verhält es sich hier. die f. s. ug als insolvenzschuldnerin ist aufgrund ihrer gewerblichen tätigkeit nach wie vor mitglied bei der beklagten. der begriff der gewerblichen tätigkeit ist rein objektiv zu bestimmen. anders als bei den personenhandelsgesellschaften setzt die „gewerbliche tätigkeit“ der kapitalgesellschaften keine werbende tätigkeit voraus. nach der wertung des § 2 abs. 2 gewstg sind sie vielmehr auch dann „gewerblich tätig“, wenn ihr geschäftsgegenstand sich auf die abwicklung und verteilung der restlichen vermögensmasse beschränkt. die solchermaßen in § 2 abs. 2 gewstg zum ausdruck kommende unterscheidung stellt eine grundlegende, über das steuerrecht hinausgehende unterscheidung dar, die im rahmen des insolvenzverfahrens nicht aufgehoben werden kann. die erforderliche massebezogene amtstätigkeit des insolvenzverwalters in gestalt seiner „gewerblichen tätigkeit“ beschränkt sich daher nach eröffnung des verfahrens über das vermögen einer kapitalgesellschaft auf deren abwicklung und auflösung, die – wie bereits ausgeführt – hier noch nicht abgeschlossen ist. 62die beitragsforderung der beklagten ist auch nach eröffnung und damit innerhalb des von § 55 abs. 1 nr. 1 halbsatz 2 inso erfassten zeitraums entstanden. 63wie die frage des entstehungszeitpunkts einer forderung materiell-rechtlich zu bestimmen ist, ergibt sich aus den insolvenzrechtlichen vorschriften nicht ohne weiteres. die finanzgerichtliche rechtsprechung hat die verortung von steueransprüchen innerhalb des § 55 abs. 1 nr. 1 inso in zeitlicher hinsicht von der erfüllung des zugrundeliegenden steuertatbestandes abhängig gemacht. ob es sich bei einem steueranspruch um eine insolvenzforderung oder um eine masseverbindlichkeit handelt, bestimmt sich demzufolge nach dem zeitpunkt, zu dem der den steueranspruch begründende tatbestand vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen ist. unerheblich ist demgegenüber der zeitpunkt der steuerentstehung. welche anforderungen im einzelnen an die somit erforderliche tatbestandsverwirklichung im zeitpunkt der insolvenzeröffnung zu stellen sind, richtet sich nach den jeweiligen vorschriften des steuerrechts, nicht nach dem insolvenzrecht. bei der abgrenzung zwischen masseverbindlichkeit und insolvenzforderung ist demnach wie folgt zu differenzieren: kommt es zur vollständigen tatbestandsverwirklichung bereits vor eröffnung des insolvenzverfahrens, handelt es sich um eine insolvenzforderung im sinne des § 37 inso. wird der steuerliche tatbestand erst nach verfahrenseröffnung vollständig verwirklicht, liegt unter den voraussetzungen des § 55 inso eine masseverbindlichkeit vor. 64vgl. bfh, urteil vom 29. august 2007 – ix r 4/07 –; urteil vom 9. dezember 2010 – v r 22/10 –; thüringer finanzgericht, urteil vom 30. november 2011 – 3 k 581/09 –; zitiert nach juris. 65für die im insolvenzverfahren über das vermögen eines vereins- oder verbandsmitglieds durch satzung begründete pflicht zur zahlung von beiträgen können diese grundsätze entsprechend herangezogen werden, soweit die beiträge – wie hier, vgl. § 1 abs. 1 bo – zu den öffentlichen abgaben zählen. denn in diesem falle werden sie als hoheitlich geltend gemachte öffentlich-rechtliche geldforderungen von allen erhoben, die einen normativ bestimmten tatbestand erfüllen und zur deckung des finanzbedarfs des hoheitsträgers für die erfüllung seiner öffentlichen aufgaben dienen und sind damit den steuern ähnlich. 66vgl. kopp/schenke, vwgo, 19. aufl. 2013, § 80 rdn. 57 m. w. n. 67für die insolvenzrechtliche einordnung der mitgliedsbeiträge zu den industrie- und handelskammern bedeutet dies: die frage des entstehungszeitpunkts der in rede stehenden beitragsforderung und damit die abgrenzung zwischen insolvenzforderung und masseverbindlichkeit beantwortet sich nach dem der forderung zugrundeliegenden satzungsrecht. wird danach die mitgliedschaft in dem jeweiligen verband bzw. verein nicht durch die eröffnung des insolvenzverfahrens beendet, besteht die beitragspflicht fort, bis die mitgliedschaft etwa durch kündigung oder ausschluss beendet ist. die beitragspflicht ist nicht schon mit der satzung oder dem beitritt des mitglieds für alle zeit begründet. sie entsteht periodisch jeweils neu, kann deshalb masseverbindlichkeit sein, wenn die beitragsperiode nach eröffnung des insolvenzverfahrens beginnt. dabei besteht die beitragspflicht unabhängig davon, ob der insolvenzverwalter leistungen des vereins oder verbandes in anspruch nimmt. 68vgl. henckel, in: jaeger, inso, § 55 rdn. 30; zur beitragsforderung eines genossenschaftsverbands vgl. olg köln, beschluss vom 4. mai 2012 – 5 u 227/11 –; lg kassel, urteil vom 31. juli 2002– 4 o 246/02 –; zitiert nach juris. 69so liegt der fall hier. anders als im steuerrecht, dessen tatbestände sich – wie etwa im umsatz- oder einkommenssteuerrecht – auf verschiedene, zeitlich nachgelagerte tatbestandsmerkmale erstreckt, deren vollständige verwirklichung im rahmen des § 55 abs. 1 inso jeweils gesondert zu überprüfen ist, 70vgl. thüringer finanzgericht, urteil vom 30. november 2011 – 3 k 581/09 –; zitiert nach juris, 71ist die fälligkeit der streitgegenständlichen beitragsforderung der beklagten und damit deren tatbestandliche verwirklichung gemäß § 17 bo ausschließlich von dem zugang des beitragsbescheides abhängig. die beitragspflicht entsteht hierbei jährlich neu. insoweit bestimmt § 3 abs. 1 und 2 bo hinsichtlich des beginns und des endes der beitragspflicht und damit des umfangs der beitragsperiode: „die beitragspflicht entsteht mit beginn des geschäftsjahres, erstmalig mit dem beginn der ihk-zugehörigkeit. erhebungszeitraum für den beitrag ist das geschäftsjahr vom 1. januar bis zum 31. dezember.“ dies zugrundegelegt, ist die streitbefangene forderung erst nach eröffnung des insolvenzverfahrens und damit innerhalb des von § 55 abs. 1 inso erfassten zeitraums entstanden. der angegriffene beitragsbescheid ist dem kläger frühestens am 27. mai 2014, mithin nach eröffnung des insolvenzverfahrens, zugegangen. erst zu diesem zeitpunkt konnte die beitragsforderung zur entstehung gelangen. infolgedessen handelt es sich bei diesem nicht um eine aufschiebend bedingte oder befristete forderung im sinne des § 38 inso, die dem grunde nach bereits vor eröffnung des insolvenzverfahrens entstanden war. 72die von der beklagten vorgenommene aufrechnung ist zulässig, ohne den einschränkungen der §§ 94 bis 96 inso zu unterliegen, die nur für insolvenzforderungen gelten. denn die streitbefangene beitragsforderung stellt keine insolvenzforderung im sinne des § 38 inso dar, sondern eine masseverbindlichkeit gemäß § 55 abs. 1 nr. 1 halbsatz 2 inso, die von der beklagten ohne weiteres im wege der aufrechnung geltend gemacht werden kann. 73die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 74die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, 711 zpo. 75die berufung war zuzulassen, weil die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, vgl. § 124a abs. 1 satz i. v. m. § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo. insoweit haben die beteiligten in der mündlichen verhandlung übereinstimmend erklärt, dass die hier streitige auslegung des § 55 abs. 1 nr. 1 inso für eine vielzahl von verfahren entscheidungserhebliche bedeutung haben wird. | Verklagte*r | 0 |
116,154 | 11 K 2033/16 | 2016-11-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger – ein Unternehmen, das u.a. im Rahmen der beruflichen Weiterbildung von Beschäftigten Kurse zur Entwicklungsbegleitung anbietet – begehrt die Gewährung einer Zuwendung im Bildungsscheckverfahren. Er nimmt zumindest seit dem Jahr 2013 als Weiterbildungsanbieter am sogenannten Bildungsscheckverfahren teil. Hierbei handelt es sich um ein vom beklagten Land durch Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziertes Förderprogramm zur Bildungsförderung. Gefördert werden in diesem Programm u.a. die Ausgaben für die berufliche Weiterbildung von Beschäftigten kleinerer und mittlerer Unternehmen und von Berufsrückkehrenden. Die Förderung erfolgt in der Weise, dass zugelassene Weiterbildungsberatungs-stellen nach vorheriger Beratung der Unternehmen bzw. der einzelnen Beschäftigten Bildungsschecks für bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen an diese ausgeben. Die Bildungsscheckinhaber lösen den Bildungsscheck bei einem auf dem Bildungsscheck aufgeführten Weiterbildungsanbieter ein, der beim Land sodann die Gewährung einer Zuwendung beantragen kann. 3Unter dem 6. September 2013 stellte die bwb, eine Bildungsberatungsstelle aus Bielefeld, für eine Frau D. L. , wohnhaft in C. , einen Bildungsscheck zur Weiterbildung über die grundlegende Entwicklungsbegleitung aus. In diesem Bildungsscheck war als Weiterbildungsanbieter der Kläger aufgeführt. Ferner stellte unter dem 29. Oktober 2014 die IHK Akademie Ostwestfalen für eine Frau N. H. , wohnhaft in C. , einen Bildungsscheck aus, in dem als Weiterbildungsanbieter ebenfalls der Kläger angegeben war. 4Mit Schreiben vom 21. März 2016, beim Beklagten eingegangen am 23. März 2016, beantragte der Kläger die Gewährung und Auszahlung einer Zuwendung für berufliche Weiterbildungsausgaben für Beschäftigte im Rahmen des Bildungsschecks in Höhe von 639,00 € bezogen auf die Bildungsschecks von Frau D. L. und Frau N. H. . 5Mit Bescheid vom 30. März 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger eine Zuwendung in Höhe von 312,00 € für den Bildungsscheck der Teilnehmerin N. H. . Im Übrigen lehnte er den Antrag ab. Seine Entscheidung begründete er damit, eine Förderung sei bezüglich des Bildungsschecks für Frau D. L. nicht möglich, da insoweit keine Haushaltsmittel mehr zur Verfügung stünden, da der Förderzeitraum abgelaufen sei. Durch den Erhalt eines Bildungsschecks entstehe kein Rechtsanspruch auf eine spätere Zuwendungsgewährung für diesen Bildungsscheck. Dies werde dem Bildungsscheckinhaber auch durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Bildungsscheck mitgeteilt. Zudem werde der Weiterbildungsanbieter durch einen Hinweis auf dem Bildungsscheck dazu angehalten, die bei ihm eingereichten Bildungsschecks zu sammeln und bis spätestens 6 Monate nach Beratungsdatum zur Abrechnung einzureichen. 6Am 2. Mai 2016 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, es befänden sich auf den Bildungsschecks keinerlei Hinweise dazu, unter welchen Voraussetzungen deren Nichteinlösung drohe, insbesondere seien dort keine Antragsfristen aufgeführt. Es sei lediglich bekannt gewesen, dass kein Rechtsanspruch auf Förderung bestehe. Der Hinweis auf den Bildungsschecks, dass aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die eingereichten Bildungsschecks gesammelt und bis spätestens 6 Monate nach Beratungsdatum zur Abrechnung eingereicht werden sollten, sei lediglich als Empfehlung oder Bitte zu verstehen gewesen. Auf den Umstand, dass vor dem 1. Januar 2014 ausgestellte Bildungsschecks der alten Förderphase zuzuordnen seien und bis zum 30. November 2015 bei den Bewilligungsbehörden hätten eingereicht werden müssen, hätte der Beklagte ihn verlässlich hinweisen müssen. Die Mitteilung auf einer Internetseite sei hierfür nicht ausreichend. Der Beklagte ermuntere Weiterbildungswillige, sich im Vertrauen auf eine hälftige staatliche Förderung für eine Weiter-/Fortbildungsmaßnahme anzumelden, mache ihnen im Nachhinein die Förderung jedoch streitig. Da das Einlösen des Bildungsschecks in der Obliegenheit des Weiterbildungsanbieters liege, müsse dieser dann die ausstehenden Kursgebühren beim Kursteilnehmer einfordern. Der Schaden werde aber letztlich bei ihm als Weiterbildungsanbieter hängen bleiben, da der Kursteilnehmer ihn auf die verspätete Einreichung des Bildungsschecks verweisen werde. Überdies müssten an einen Bildungsscheck die gleichen Maßstäbe wie an einen Warengutschein angelegt werden. Da der Bildungsscheck ohne Angabe einer Einlösefrist ausgehändigt worden sei, seien für ihn die Verjährungsfristen der §§ 195, 199 BGB von drei Jahren anwendbar. Weiterbildungsinteressierte, die über ein begrenztes Einkommen verfügten, sowie Weiterbildungsanbieter, die mit der Teilnahme am Bildungsscheckverfahren einen erheblichen unentgeltlichen Mehraufwand in Kauf nähmen, müssten insgesamt darauf vertrauen dürften, dass für einen Bildungsscheck auch eine Zuwendung ausgezahlt werde. 7Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 8den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 30. März 2016 – soweit dieser entgegensteht – zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 23. März 2016 eine weitere Zuwendung zu einem Bildungsscheck in Höhe von 327,00 € zu gewähren. 9Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 10die Klage abzuweisen. 11Er führt aus, bei den streitbefangenen Zuwendungen, die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert würden, handele es sich um freiwillige Geldleistungen, auf die gerade kein Rechtsanspruch bestehe, sondern über die die Bewilligungsbehörde im Rahmen der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens unter Berücksichtigung der verfügbaren Haushaltsmittel entscheide. Der Bildungsscheck allein stelle deshalb noch keine Förderzusage dar. Der fehlende Rechtsanspruch sei sowohl für Empfänger eines Bildungsschecks als auch für die Weiterbildungsanbieter erkennbar, denn sowohl auf dem Bildungsscheck selbst, als auch in den Informationen für die Weiterbildungsanbieter werde darauf hingewiesen. Mit der Annahme des Bildungsschecks erkläre sich der Weiterbildungsanbieter bereit, am Bildungsscheckverfahren entsprechend den Informationen für Weiterbildungsanbieter zur Entgegennahme von Bildungsschecks teilzunehmen. Diese Informationen seien für die Teilnehmer des Bildungsscheckverfahrens im Internet einsehbar. Bildungsschecks, die vor dem 1. Januar 2014 von den Beratungsstellen ausgestellt worden seien, seien aus Mitteln der ESF-Förderphase 2007 bis 2013 finanziert worden und der „alten“ Förderphase zuzuordnen. Ende Oktober 2015 habe dementsprechend die Verwaltungsbehörde für den ESF mit einer allgemeinen Information an die Weiterbildungsanbieter – diese sei auf der den Teilnehmern am Bildungsscheckverfahren bekannten Internetseite veröffentlicht worden –, darauf hingewiesen, dass die Bildungsschecks der alten Förderphase bis zum 30. November 2015 bei den Bewilligungsbehörden eingereicht werden müssten. Es sei ferner mitgeteilt worden, dass Zuwendungen für Bildungsschecks nicht mehr gewährt werden könnten, wenn die Anträge später bei den Bewilligungsbehörden eingereicht würden. Da im vorliegenden Fall der streitbefangene Bildungsscheck vor dem 1. Januar 2014 ausgestellt worden sei, stünden nunmehr, da der Antrag erst nach dem 30. November 2015 bei ihm eingegangen sei, keine Haushaltsmittel mehr zur Verfügung. Der Hinweis des Klägers auf ein Vertrauen in die staatliche Förderung verfange nicht, da der ausdrückliche Hinweis darauf, dass ein Rechtsanspruch auf Erstattung nicht bestehe, das geltend gemachte Vertrauen auf Einlösung eines Bildungsschecks begrenze. Entgegen der Auffassung des Klägers seien auf den Bildungsscheck nicht die zivilrechtlichen Verjährungsregelungen eines Warengutscheins anwendbar. 12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Heft) Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Das Gericht konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit wirksam einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). 15Die statthafte Verpflichtungsklage ist auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet. 16Der Bescheid des Beklagten vom 30. März 2016 ist, soweit der Kläger diesen angefochten hat, rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf die Gewährung und Auszahlung einer weiteren Zuwendung für den Bildungsscheck von Frau D. L. in Höhe von 327,00 € (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 17Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt allein § 44 der Landeshaushaltsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (LHO NRW) in Verbindung mit den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften (VV zur LHO) in Verbindung mit der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der Arbeitspolitik und der Aus- und Weiterbildung unter Einbeziehung von Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF-Förderrichtlinie) des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales – II 1 - 2602.11 032 – in Betracht. 18Für die gerichtliche Prüfung des Verpflichtungsbegehrens ist dabei, da die Ausstellung des Bildungsschecks und die Weiterbildungsmaßnahme im Jahr 2013 stattfand, die ESF-Förderrichtlinie vom 31. Mai 2011 in der Fassung anzuwenden, welche sie durch den Runderlass vom 1. September 2013 erfahren hat. 19Nach Nr. 1.3 der Richtlinie besteht ein Anspruch auf Gewährung von Zuwendungen nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. 20Dementsprechend und auf der Grundlage der Regelungen in den §§ 23, 44 Abs. 1 LHO NRW steht die Mittelvergabe damit im Ermessen der Bewilligungsbehörde und ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zuwendung kann sich nur ausnahmsweise ergeben, etwa auf der Grundlage einer Zusicherung i.S.d. § 38 VwVfG oder aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz Art. 3 GG durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Praxis. 21 Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. September 2002 – 15 A 2777/00 –, juris Rn. 29 f. m.w.N. 22Entscheidende Grundlage und Voraussetzung staatlicher Zuwendungen ist allerdings, dass Haushaltsmittel im Haushaltsplan bereit stehen bzw. Fördermittel vorhanden sind, denn nur die etatmäßige Bereitstellung löst zusammen mit den Förderrichtlinien und einer entsprechenden Förderpraxis einen Gleichbehandlungsanspruch bei der Bewilligung aus. 23 Vgl. OVG Thüringen, Urteil vom 16. Oktober 2001 – 2 KO 169/00 –, ju- ris Rn. 33. 24Dies bedeutet zugleich, dass der Behörde als Teil der vollziehenden Gewalt, die an die Vorgaben des Haushaltsgesetzgebers gebunden ist, grundsätzlich außerhalb der zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel ein Ermessensspielraum für die Gewährung weiterer Fördermittel nicht zur Verfügung steht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes. Dieser führt auf dem Gebiet des Subventionsrechts allenfalls dann zu einem Anspruch, wenn dem Zuwendungsempfänger eine Zusage gegeben worden ist oder ein sonstiges, einer solchen Zusage gleichkommendes staatliches Handeln in Betracht zu ziehen wäre. 25 Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2009 – 12 A 605/08 –, juris Rn. 5 ff. 26Richtlinien, die die Landesregierung Kraft ihrer allgemeinen Sachleistungsgewalt im Rahmen der freiwilligen, leistungsgewährenden Verwaltung erlässt, fehlt die unmittelbare Bindung an ein förmliches Gesetz. Sie unterscheiden sich von Richtlinien, die einen gesetzlich vorgegebenen Rahmen konkretisieren, dadurch, dass sie den Verwaltungsorganen die erforderlichen Entscheidungsmaßstäbe erst liefern. Aus dieser Zweckbestimmung der leistungsgewährenden Richtlinien folgt, dass sie durch ihren Erlass selbst noch keine rechtliche Außenwirkung im Verhältnis zum Bürger entfalten. Außenwirkung erhalten die Richtlinien erst durch ihren Vollzug, d.h. durch ihre verwaltungsgemäße Anwendung. Hierbei hat die Exekutive nämlich den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten, da jeder Bürger, der sich in vergleichbarer Lage zu einem auf der Grundlage der Richtlinien von der Verwaltung entschiedenen Parallelfall befindet, von der Entscheidung der Verwaltung mit betroffen ist. Hieraus ergeben sich Gegenstand und Umfang der gerichtlichen Kontrolle einer solchen Richtlinienentscheidung. Weil der Bürger von dem abstrakten – verwaltungsinternen – Regelungsgehalt der Richtlinie zunächst nicht betroffen ist, steht es im Ermessen der Verwaltung, wie sie den Inhalt der Richtlinien bestimmt. 27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. November 1992 – 13 A 1553/91 –, n.v. 28Im vorliegenden Fall ist eine Zusicherung i.S.d. § 38 VwVfG nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich ein Anspruch auf Gewährung und Auszahlung der Zuwendung auch nicht allein aus der Vorlage des Bildungsschecks. Denn bereits auf dem Bildungsscheck selbst wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf die Einlösung des Bildungsschecks kein Rechtsanspruch besteht. Insofern unterscheidet sich der Bildungsscheck auch von einem Warengutschein, bei dem der Inhaber einen Anspruch auf die dort aufgeführte Leistung hat. 29Dem Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Auszahlungsantrag vom 23. März 2016 hat der Beklagte durch seine Entscheidung vom 30. März 2016 rechtsfehlerfrei Genüge getan. Gemäß § 114 Satz 1 VwGO ist das Gericht darauf beschränkt, die Ermessensentscheidung des Beklagten darauf zu überprüfen, ob die Ablehnung der Zuwendung rechtswidrig ist, weil der Beklagte die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. 30Im vorliegenden Fall hat sich der Beklagte darauf berufen, dass dem Kläger hinsichtlich des Bildungsschecks von Frau D. L. keine Zuwendung zu gewähren und auszuzahlen sei, weil dieser verspätet eingereicht worden sei und die Haushaltsmittel nicht mehr zur Verfügung stünden. Diese Entscheidung des Beklagten ist unter dem Blickwinkel des § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden. Dass im vorliegenden Fall die Haushaltsmittel insoweit tatsächlich erschöpft sind, wird von dem Kläger nicht in Zweifel gezogen. Es ist – wie bereits oben angeführt – grundsätzlich zulässig, einem Auszahlungsantrag von Zuwendungen die Erschöpfung von Haushaltsmitteln entgegen zu halten. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn die Bewilligungsbehörde ihre Verpflichtung zu einer unverzüglichen ermessensfehlerfreien Entscheidung über die Subventionsgewährung nicht erfüllt, sie sich später dann aber auf den Wegfall der damals noch vorhandenen Haushaltsmittel beruft. 31Vgl. hierzu: BVerwG, Urteile vom 5. September 2007 – 3 L 193/04 –, juris Rn. 27 und vom 17. Juli 2009 – 5 C 25/08 –, juris Rn. 13; OVG Thüringen, Urteil vom 16. Oktober 2001 – 2 KO 169/00 –, a.a.O. Rn. 33 ff.; OVG Sachsen, Beschluss vom 25. Oktober 2012,– 1 B 275/12 –, juris Rn. 7; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 5. September 2007 – 3 L 193/04 –, juris Rn. 27; VG Magdeburg, Urteil vom 18. November 2013 – 3 A 323/11 –, juris Rn. 40; VG Frankfurt, Urteile vom 16. März 2011 – 1 K 4420/10.F –, juris Rn. 16 ff. und vom 25. Mai 2011 – 1 K 4378/10.F –, juris Rn. 17 ff. 32Eine verzögerte Bearbeitung durch den Beklagten liegt hier nicht vor. Vielmehr hat der Kläger den Bildungsscheck erst nach Ablauf des Förderzeitraums und damit zu einem Zeitpunkt eingereicht, als keine Haushaltsmittel mehr zur Verfügung standen. Auf das Auslaufen der Förderperiode und das Einreichedatum 30. November 2015 war er in ausreichendem Maße hingewiesen worden. Es ist dem Nutzer des Bildungsscheckverfahrens zuzumuten, sich über die jeweiligen Fördervoraus-setzungen zu informieren. Dass Informationen auf Internetseiten veröffentlicht werden, ist dabei nicht zu beanstanden. Dadurch, dass den Richtlinien ausdrücklich zu entnehmen ist, dass kein Rechtsanspruch auf die Zuwendung besteht, sondern diese unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit der erforderlichen Haushaltsmittel steht, konnte sich der Kläger nicht darauf verlassen, die beantragte Förderung in jedem Fall auch zu erhalten. Erst nach Erlass eines Zuwendungsbescheides erwächst ein entsprechendes geschütztes Vertrauen. 33Vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 16. März 2011 – 1 K 4420/10.F –, 34a.a.O. Rn. 17. 35Da sich der Bildungsscheck – wie bereits angeführt – von einem Warengutschein unterscheidet, verhilft dem Kläger auch sein Hinweis auf die Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199 BGB nicht zum Erfolg. 36Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 37Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der kläger – ein unternehmen, das u.a. im rahmen der beruflichen weiterbildung von beschäftigten kurse zur entwicklungsbegleitung anbietet – begehrt die gewährung einer zuwendung im bildungsscheckverfahren. er nimmt zumindest seit dem jahr 2013 als weiterbildungsanbieter am sogenannten bildungsscheckverfahren teil. hierbei handelt es sich um ein vom beklagten land durch mittel des europäischen sozialfonds (esf) kofinanziertes förderprogramm zur bildungsförderung. gefördert werden in diesem programm u.a. die ausgaben für die berufliche weiterbildung von beschäftigten kleinerer und mittlerer unternehmen und von berufsrückkehrenden. die förderung erfolgt in der weise, dass zugelassene weiterbildungsberatungs-stellen nach vorheriger beratung der unternehmen bzw. der einzelnen beschäftigten bildungsschecks für bestimmte weiterbildungsmaßnahmen an diese ausgeben. die bildungsscheckinhaber lösen den bildungsscheck bei einem auf dem bildungsscheck aufgeführten weiterbildungsanbieter ein, der beim land sodann die gewährung einer zuwendung beantragen kann. 3unter dem 6. september 2013 stellte die bwb, eine bildungsberatungsstelle aus bielefeld, für eine frau d. l. , wohnhaft in c. , einen bildungsscheck zur weiterbildung über die grundlegende entwicklungsbegleitung aus. in diesem bildungsscheck war als weiterbildungsanbieter der kläger aufgeführt. ferner stellte unter dem 29. oktober 2014 die ihk akademie ostwestfalen für eine frau n. h. , wohnhaft in c. , einen bildungsscheck aus, in dem als weiterbildungsanbieter ebenfalls der kläger angegeben war. 4mit schreiben vom 21. märz 2016, beim beklagten eingegangen am 23. märz 2016, beantragte der kläger die gewährung und auszahlung einer zuwendung für berufliche weiterbildungsausgaben für beschäftigte im rahmen des bildungsschecks in höhe von 639,00 € bezogen auf die bildungsschecks von frau d. l. und frau n. h. . 5mit bescheid vom 30. märz 2016 bewilligte der beklagte dem kläger eine zuwendung in höhe von 312,00 € für den bildungsscheck der teilnehmerin n. h. . im übrigen lehnte er den antrag ab. seine entscheidung begründete er damit, eine förderung sei bezüglich des bildungsschecks für frau d. l. nicht möglich, da insoweit keine haushaltsmittel mehr zur verfügung stünden, da der förderzeitraum abgelaufen sei. durch den erhalt eines bildungsschecks entstehe kein rechtsanspruch auf eine spätere zuwendungsgewährung für diesen bildungsscheck. dies werde dem bildungsscheckinhaber auch durch einen entsprechenden vermerk auf dem bildungsscheck mitgeteilt. zudem werde der weiterbildungsanbieter durch einen hinweis auf dem bildungsscheck dazu angehalten, die bei ihm eingereichten bildungsschecks zu sammeln und bis spätestens 6 monate nach beratungsdatum zur abrechnung einzureichen. 6am 2. mai 2016 hat der kläger klage erhoben. zur begründung macht er geltend, es befänden sich auf den bildungsschecks keinerlei hinweise dazu, unter welchen voraussetzungen deren nichteinlösung drohe, insbesondere seien dort keine antragsfristen aufgeführt. es sei lediglich bekannt gewesen, dass kein rechtsanspruch auf förderung bestehe. der hinweis auf den bildungsschecks, dass aus gründen der verwaltungsvereinfachung die eingereichten bildungsschecks gesammelt und bis spätestens 6 monate nach beratungsdatum zur abrechnung eingereicht werden sollten, sei lediglich als empfehlung oder bitte zu verstehen gewesen. auf den umstand, dass vor dem 1. januar 2014 ausgestellte bildungsschecks der alten förderphase zuzuordnen seien und bis zum 30. november 2015 bei den bewilligungsbehörden hätten eingereicht werden müssen, hätte der beklagte ihn verlässlich hinweisen müssen. die mitteilung auf einer internetseite sei hierfür nicht ausreichend. der beklagte ermuntere weiterbildungswillige, sich im vertrauen auf eine hälftige staatliche förderung für eine weiter-/fortbildungsmaßnahme anzumelden, mache ihnen im nachhinein die förderung jedoch streitig. da das einlösen des bildungsschecks in der obliegenheit des weiterbildungsanbieters liege, müsse dieser dann die ausstehenden kursgebühren beim kursteilnehmer einfordern. der schaden werde aber letztlich bei ihm als weiterbildungsanbieter hängen bleiben, da der kursteilnehmer ihn auf die verspätete einreichung des bildungsschecks verweisen werde. überdies müssten an einen bildungsscheck die gleichen maßstäbe wie an einen warengutschein angelegt werden. da der bildungsscheck ohne angabe einer einlösefrist ausgehändigt worden sei, seien für ihn die verjährungsfristen der §§ 195, 199 bgb von drei jahren anwendbar. weiterbildungsinteressierte, die über ein begrenztes einkommen verfügten, sowie weiterbildungsanbieter, die mit der teilnahme am bildungsscheckverfahren einen erheblichen unentgeltlichen mehraufwand in kauf nähmen, müssten insgesamt darauf vertrauen dürften, dass für einen bildungsscheck auch eine zuwendung ausgezahlt werde. 7der kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 8den beklagten unter entsprechender aufhebung des bescheides vom 30. märz 2016 – soweit dieser entgegensteht – zu verpflichten, ihm auf seinen antrag vom 23. märz 2016 eine weitere zuwendung zu einem bildungsscheck in höhe von 327,00 € zu gewähren. 9der beklagte beantragt schriftsätzlich, 10die klage abzuweisen. 11er führt aus, bei den streitbefangenen zuwendungen, die aus mitteln des europäischen sozialfonds und des landes nordrhein-westfalen finanziert würden, handele es sich um freiwillige geldleistungen, auf die gerade kein rechtsanspruch bestehe, sondern über die die bewilligungsbehörde im rahmen der ausübung ihres pflichtgemäßen ermessens unter berücksichtigung der verfügbaren haushaltsmittel entscheide. der bildungsscheck allein stelle deshalb noch keine förderzusage dar. der fehlende rechtsanspruch sei sowohl für empfänger eines bildungsschecks als auch für die weiterbildungsanbieter erkennbar, denn sowohl auf dem bildungsscheck selbst, als auch in den informationen für die weiterbildungsanbieter werde darauf hingewiesen. mit der annahme des bildungsschecks erkläre sich der weiterbildungsanbieter bereit, am bildungsscheckverfahren entsprechend den informationen für weiterbildungsanbieter zur entgegennahme von bildungsschecks teilzunehmen. diese informationen seien für die teilnehmer des bildungsscheckverfahrens im internet einsehbar. bildungsschecks, die vor dem 1. januar 2014 von den beratungsstellen ausgestellt worden seien, seien aus mitteln der esf-förderphase 2007 bis 2013 finanziert worden und der „alten“ förderphase zuzuordnen. ende oktober 2015 habe dementsprechend die verwaltungsbehörde für den esf mit einer allgemeinen information an die weiterbildungsanbieter – diese sei auf der den teilnehmern am bildungsscheckverfahren bekannten internetseite veröffentlicht worden –, darauf hingewiesen, dass die bildungsschecks der alten förderphase bis zum 30. november 2015 bei den bewilligungsbehörden eingereicht werden müssten. es sei ferner mitgeteilt worden, dass zuwendungen für bildungsschecks nicht mehr gewährt werden könnten, wenn die anträge später bei den bewilligungsbehörden eingereicht würden. da im vorliegenden fall der streitbefangene bildungsscheck vor dem 1. januar 2014 ausgestellt worden sei, stünden nunmehr, da der antrag erst nach dem 30. november 2015 bei ihm eingegangen sei, keine haushaltsmittel mehr zur verfügung. der hinweis des klägers auf ein vertrauen in die staatliche förderung verfange nicht, da der ausdrückliche hinweis darauf, dass ein rechtsanspruch auf erstattung nicht bestehe, das geltend gemachte vertrauen auf einlösung eines bildungsschecks begrenze. entgegen der auffassung des klägers seien auf den bildungsscheck nicht die zivilrechtlichen verjährungsregelungen eines warengutscheins anwendbar. 12wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die verwaltungsvorgänge des beklagten (1 heft) bezug genommen. 13 | 14das gericht konnte ohne durchführung einer mündlichen verhandlung entscheiden, weil sich die beteiligten hiermit wirksam einverstanden erklärt haben (§ 101 abs. 2 vwgo). 15die statthafte verpflichtungsklage ist auch im übrigen zulässig, jedoch nicht begründet. 16der bescheid des beklagten vom 30. märz 2016 ist, soweit der kläger diesen angefochten hat, rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen rechten. denn er hat keinen anspruch auf die gewährung und auszahlung einer weiteren zuwendung für den bildungsscheck von frau d. l. in höhe von 327,00 € (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 17als rechtsgrundlage für den geltend gemachten anspruch kommt allein § 44 der landeshaushaltsordnung für das land nordrhein-westfalen (lho nrw) in verbindung mit den hierzu ergangenen verwaltungsvorschriften (vv zur lho) in verbindung mit der richtlinie über die gewährung von zuwendungen zur förderung von maßnahmen der arbeitspolitik und der aus- und weiterbildung unter einbeziehung von mitteln des europäischen sozialfonds (esf-förderrichtlinie) des ministeriums für arbeit, integration und soziales – ii 1 - 2602.11 032 – in betracht. 18für die gerichtliche prüfung des verpflichtungsbegehrens ist dabei, da die ausstellung des bildungsschecks und die weiterbildungsmaßnahme im jahr 2013 stattfand, die esf-förderrichtlinie vom 31. mai 2011 in der fassung anzuwenden, welche sie durch den runderlass vom 1. september 2013 erfahren hat. 19nach nr. 1.3 der richtlinie besteht ein anspruch auf gewährung von zuwendungen nicht, vielmehr entscheidet die bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen ermessens im rahmen der verfügbaren haushaltsmittel. 20dementsprechend und auf der grundlage der regelungen in den §§ 23, 44 abs. 1 lho nrw steht die mittelvergabe damit im ermessen der bewilligungsbehörde und ein rechtsanspruch auf gewährung der zuwendung kann sich nur ausnahmsweise ergeben, etwa auf der grundlage einer zusicherung i.s.d. § 38 vwvfg oder aus dem gleichbehandlungsgrundsatz art. 3 gg durch eine selbstbindung der verwaltung aufgrund einer ständigen praxis. 21 vgl. ovg nrw, urteil vom 3. september 2002 – 15 a 2777/00 –, juris rn. 29 f. m.w.n. 22entscheidende grundlage und voraussetzung staatlicher zuwendungen ist allerdings, dass haushaltsmittel im haushaltsplan bereit stehen bzw. fördermittel vorhanden sind, denn nur die etatmäßige bereitstellung löst zusammen mit den förderrichtlinien und einer entsprechenden förderpraxis einen gleichbehandlungsanspruch bei der bewilligung aus. 23 vgl. ovg thüringen, urteil vom 16. oktober 2001 – 2 ko 169/00 –, ju- ris rn. 33. 24dies bedeutet zugleich, dass der behörde als teil der vollziehenden gewalt, die an die vorgaben des haushaltsgesetzgebers gebunden ist, grundsätzlich außerhalb der zur verfügung gestellten haushaltsmittel ein ermessensspielraum für die gewährung weiterer fördermittel nicht zur verfügung steht. etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa aus dem grundsatz des vertrauensschutzes. dieser führt auf dem gebiet des subventionsrechts allenfalls dann zu einem anspruch, wenn dem zuwendungsempfänger eine zusage gegeben worden ist oder ein sonstiges, einer solchen zusage gleichkommendes staatliches handeln in betracht zu ziehen wäre. 25 vgl. ovg nrw, beschluss vom 14. mai 2009 – 12 a 605/08 –, juris rn. 5 ff. 26richtlinien, die die landesregierung kraft ihrer allgemeinen sachleistungsgewalt im rahmen der freiwilligen, leistungsgewährenden verwaltung erlässt, fehlt die unmittelbare bindung an ein förmliches gesetz. sie unterscheiden sich von richtlinien, die einen gesetzlich vorgegebenen rahmen konkretisieren, dadurch, dass sie den verwaltungsorganen die erforderlichen entscheidungsmaßstäbe erst liefern. aus dieser zweckbestimmung der leistungsgewährenden richtlinien folgt, dass sie durch ihren erlass selbst noch keine rechtliche außenwirkung im verhältnis zum bürger entfalten. außenwirkung erhalten die richtlinien erst durch ihren vollzug, d.h. durch ihre verwaltungsgemäße anwendung. hierbei hat die exekutive nämlich den gleichheitssatz des art. 3 abs. 1 gg zu beachten, da jeder bürger, der sich in vergleichbarer lage zu einem auf der grundlage der richtlinien von der verwaltung entschiedenen parallelfall befindet, von der entscheidung der verwaltung mit betroffen ist. hieraus ergeben sich gegenstand und umfang der gerichtlichen kontrolle einer solchen richtlinienentscheidung. weil der bürger von dem abstrakten – verwaltungsinternen – regelungsgehalt der richtlinie zunächst nicht betroffen ist, steht es im ermessen der verwaltung, wie sie den inhalt der richtlinien bestimmt. 27vgl. ovg nrw, urteil vom 27. november 1992 – 13 a 1553/91 –, n.v. 28im vorliegenden fall ist eine zusicherung i.s.d. § 38 vwvfg nicht gegeben. entgegen der auffassung des klägers ergibt sich ein anspruch auf gewährung und auszahlung der zuwendung auch nicht allein aus der vorlage des bildungsschecks. denn bereits auf dem bildungsscheck selbst wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf die einlösung des bildungsschecks kein rechtsanspruch besteht. insofern unterscheidet sich der bildungsscheck auch von einem warengutschein, bei dem der inhaber einen anspruch auf die dort aufgeführte leistung hat. 29dem anspruch des klägers auf ermessensfehlerfreie entscheidung über seinen auszahlungsantrag vom 23. märz 2016 hat der beklagte durch seine entscheidung vom 30. märz 2016 rechtsfehlerfrei genüge getan. gemäß § 114 satz 1 vwgo ist das gericht darauf beschränkt, die ermessensentscheidung des beklagten darauf zu überprüfen, ob die ablehnung der zuwendung rechtswidrig ist, weil der beklagte die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten oder von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht hat. 30im vorliegenden fall hat sich der beklagte darauf berufen, dass dem kläger hinsichtlich des bildungsschecks von frau d. l. keine zuwendung zu gewähren und auszuzahlen sei, weil dieser verspätet eingereicht worden sei und die haushaltsmittel nicht mehr zur verfügung stünden. diese entscheidung des beklagten ist unter dem blickwinkel des § 114 satz 1 vwgo nicht zu beanstanden. dass im vorliegenden fall die haushaltsmittel insoweit tatsächlich erschöpft sind, wird von dem kläger nicht in zweifel gezogen. es ist – wie bereits oben angeführt – grundsätzlich zulässig, einem auszahlungsantrag von zuwendungen die erschöpfung von haushaltsmitteln entgegen zu halten. etwas anderes soll nur dann gelten, wenn die bewilligungsbehörde ihre verpflichtung zu einer unverzüglichen ermessensfehlerfreien entscheidung über die subventionsgewährung nicht erfüllt, sie sich später dann aber auf den wegfall der damals noch vorhandenen haushaltsmittel beruft. 31vgl. hierzu: bverwg, urteile vom 5. september 2007 – 3 l 193/04 –, juris rn. 27 und vom 17. juli 2009 – 5 c 25/08 –, juris rn. 13; ovg thüringen, urteil vom 16. oktober 2001 – 2 ko 169/00 –, a.a.o. rn. 33 ff.; ovg sachsen, beschluss vom 25. oktober 2012,– 1 b 275/12 –, juris rn. 7; ovg sachsen-anhalt, urteil vom 5. september 2007 – 3 l 193/04 –, juris rn. 27; vg magdeburg, urteil vom 18. november 2013 – 3 a 323/11 –, juris rn. 40; vg frankfurt, urteile vom 16. märz 2011 – 1 k 4420/10.f –, juris rn. 16 ff. und vom 25. mai 2011 – 1 k 4378/10.f –, juris rn. 17 ff. 32eine verzögerte bearbeitung durch den beklagten liegt hier nicht vor. vielmehr hat der kläger den bildungsscheck erst nach ablauf des förderzeitraums und damit zu einem zeitpunkt eingereicht, als keine haushaltsmittel mehr zur verfügung standen. auf das auslaufen der förderperiode und das einreichedatum 30. november 2015 war er in ausreichendem maße hingewiesen worden. es ist dem nutzer des bildungsscheckverfahrens zuzumuten, sich über die jeweiligen fördervoraus-setzungen zu informieren. dass informationen auf internetseiten veröffentlicht werden, ist dabei nicht zu beanstanden. dadurch, dass den richtlinien ausdrücklich zu entnehmen ist, dass kein rechtsanspruch auf die zuwendung besteht, sondern diese unter dem vorbehalt der verfügbarkeit der erforderlichen haushaltsmittel steht, konnte sich der kläger nicht darauf verlassen, die beantragte förderung in jedem fall auch zu erhalten. erst nach erlass eines zuwendungsbescheides erwächst ein entsprechendes geschütztes vertrauen. 33vgl. vg frankfurt, urteil vom 16. märz 2011 – 1 k 4420/10.f –, 34a.a.o. rn. 17. 35da sich der bildungsscheck – wie bereits angeführt – von einem warengutschein unterscheidet, verhilft dem kläger auch sein hinweis auf die verjährungsvorschriften der §§ 195, 199 bgb nicht zum erfolg. 36die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 37die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 vwgo i.v.m. den §§ 708 nr. 11, 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |
126,652 | 102 O 18/14 | 2016-01-28T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 14.801,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 36 % und die Beklagte 64 % zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar – für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. 1Tatbestand: 2Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Zahnärztin X1 Ansprüche aufgrund von vorgenommenen Verrechnungen im Kontokorrentkonto gegen die beklagte Bank aus Insolvenzanfechtung geltend. 3Die Insolvenzschuldnerin ist niedergelassene Zahnärztin, die bei der Beklagten ein Kontokorrentkonto mit einer Kontokorrentlinie in Höhe von 25.000,00 EUR unterhielt (vgl. Vertrag in Anlage 5 zur Klageschrift vom 03.06.2015, Bl. 208 d.A.). Im Jahr 1998 schloss sie mit der Beklagten einen Abtretungsvertrag (Anlage pp. 7 zur Klageschrift vom 03.06.2015, Bl. 257 ff. d. A.), laut dem sie „sämtliche gegenwärtige und künftige Forderungen aus laufender Vergütung, soweit sie der Pfändung unterliegen, gegen die jeweils zuständige Kassenärztliche /Kassenzahnärztliche Vereinigung“ abtritt. Die Sicherung erfolgte zur „Sicherung aller bestehenden künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank […] aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung“ mit der Insolvenzschuldnerin zustehen. 4Neben dem Kontokorrentkredit gewährte die Beklagte der Insolvenzschuldnerin vier weitere Darlehen: 5 Mit Darlehensvertrag vom 02.06.2006 ein Investitionsdarlehen über 23.000,00 EUR mit einer monatlichen Annuitätsrate in Höhe von 399,84 EUR – Konto-Nr. ###/#######-## (Anlage B1 zur Klageerwiderung vom 28.04.2015 – Bl. 132 d.A.) 6 Mit Darlehensvertrag vom 25.10.2007 ein Investitionsdarlehen über 109.081,35 EUR mit einer monatlichen Zinsrate in Höhe von 1.690,76 EUR – Konto-Nr. ###/######-## (Anlage B2 zur Klageerwiderung vom 28.04.2015 – Bl. 134 d.A.) 7 Mit Darlehensvertrag vom 25.10.2007 ein Investitionsdarlehen über 121.000,00 EUR mit einer monatlichen Annuitätsrate in Höhe von 1.363,27 EUR – Konto-Nr. ###/#######-## (Anlage B3 zur Klageerwiderung vom 28.04.2015 – Bl. 137 d.A.) 8 Mit Darlehensvertrag vom 25.10.2007 ein Investitionsdarlehen über 20.000,00 EUR mit einer monatlichen Annuitätsrate in Höhe von 391,33 EUR – Konto-Nr. ###/#######-## (Anlage B4 zur Klageerwiderung vom 28.04.2015 – Bl. 140 d.A.) 9Die Insolvenzschuldnerin ermächtigte die Beklagte in den Darlehensverträgen jeweils, die fälligen Zins- und Annuitätszahlungen vom streitgegenständlichen Kontokorrentkonto einzuziehen. 10Zu Beginn des Buchungstages am 25.02.2011 befand sich das Kontokorrentkonto mit einem Betrag in Höhe von 24.927,80 EUR im Debet. Bis zum 27.06.2011 wurde das Debet auf einen Betrag in Höhe von 9.154,44 EUR zurückgeführt. Mithin liegen Buchungen zugunsten der Beklagten in Höhe von 15.773,36 EUR vor. 11In diesem Zeitraum sind zum einen Buchungen in Höhe von 7.531,46 EUR zugunsten der Beklagten vorgenommen worden. Sie erfolgten aufgrund von fälligen Zins- und Annuitätszahlungen aus den anderen Darlehensverträgen zwischen der Beklagten und der Insolvenzschuldnerin sowie aufgrund von in Rechnung gestellten Portokosten (vgl. Aufstellung auf S. 6 der Klageerwiderung vom 30.06.2015; Bl. 273 f. d.A.). 12Des Weiteren sind Zahlungen dritter Schuldner der Insolvenzschuldnerin in Höhe von insgesamt 1.188,94 EUR auf das Kontokorrentkonto in der Zeit vom 08.03.2011 bis zum 18.05.2011 gebucht worden (vgl. Aufstellung S. 6 der Klageschrift vom 06.03.2015, Bl. 168 f. d.A.). 13In diesem Zeitraum erfolgten auch zwei Abschlagszahlungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung X2 (im Folgenden „KZVX2“) in Höhe von jeweils 7.400,00 EUR auf das Kontokorrentkonto. Die erste Zahlung ist datiert auf den 16.05.2011, die zweite auf den 15.06.2011. Beide Zahlungen erfolgten für das zweite Quartal 2011. Zudem erfolgten weitere Zahlungseingänge der KZVX2 in Höhe von weiteren 25.909,73 EUR im Zeitraum vom 28.02.2011 bis 27.05.2011 (vgl. Aufstellung S. 5 der Klageerwiderung vom 30.06.2015, Bl. 272 d.A.). 14Die Insolvenzschuldnerin erhielt regelmäßig von der KZVX2 zwei Abschlagszahlungen für jedes Quartal eines Jahres. Diese Abschlagszahlungen erfolgten direkt auf das Kontokorrentkonto der Insolvenzschuldnerin, wozu letztere mit Schreiben vom 12.09.2000 (Anlage B5 zur Klageerwiderung vom 28.04.2014, Bl. 143 d.A.) ihr Einverständnis erteilte. Nach Abschluss eines jeweiligen Quartals erfolgte dann eine Abrechnung der Insolvenzschuldnerin gegenüber der KZVX2, die dann auf Basis der eingereichten Unterlagen eine Vierteljahresabrechnung erstellte und im Verhältnis zu den Abschlagszahlungen etwaige Korrekturen vornahm. 15Am 25.05.2011 stellte die Knappschaft C Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin. Das Amtsgericht N ordnete mit Beschluss vom 10.06.2011 die vorläufige Insolvenzverwaltung unter Benennung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt an. Hierüber informierte der Kläger die Beklagte mit Fax vom 10.06.2011. Mit Beschluss vom 01.08.2011 eröffnete das Amtsgericht N unter dem Az. ## IN ##/## das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin und ernannte den Kläger zum Insolvenzverwalter. 16Mit Schreiben vom 06.07.2011 kündigte die Beklagte die Darlehen mit der Insolvenzschuldnerin wegen wesentlicher Vermögensverschlechterung fristlos. Die Beklagte meldete in dem Insolvenzverfahren Forderungen aus den fünf Darlehen in Höhe von 236.585,18 EUR zur Insolvenztabelle an. 17Der Kläger behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei bereits spätestens am 25.02.2011 – also drei Monate vor Antragstellung – zahlungsunfähig gewesen. Das Finanzamt X3 habe Forderungen in Höhe von 46.280,45 EUR gegen die Insolvenzschuldnerin zur Tabelle angemeldet. Davon sei die Einkommenssteuer für das Jahr 2008 nebst Nebenforderungen in Höhe von 14.833,79 EUR schon im Jahr 2010 fällig gewesen. Auch seien Einkommenssteuervorauszahlungen für das Jahr 2010 in Höhe von über 15.000,00 EUR schon im Jahr 2010 fällig gewesen. Ferner stünden bei dem Dentallabor der Insolvenzschuldnerin – der O GmbH & Co. KG – Forderungen in Höhe von 45.851,20 EUR zzgl. Zinsen aus, wovon 33.386,33 EUR schon Anfang Februar 2011 fällig gewesen seien. Auch seien im Februar 2011 Forderungen der U Krankenkasse in Höhe von 3.126,85 EUR offen gewesen. Sämtliche genannte Forderungen seien bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beglichen worden. 18Den für die Abschlagszahlungen von je 7.400,00 EUR für das zweite Quartal 2011 maßgeblichen Abrechnungsbescheid habe die Insolvenzschuldnerin am 05.07.2011 beantragt. 19Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet aufgrund der ausgesprochenen Insolvenzanfechtung alle Buchungen zu ihren Gunsten im relevanten Zeitraum der letzten drei Monate vor Antragstellung in Höhe von 15.773,36 EUR sowie die Buchungen in Höhe von 7.531, 46 EUR aufgrund der Annuitäts- und Zinszahlungen aus Darlehen (insgesamt 23.304,82 EUR) zu zahlen, die er hier klageweise geltend macht. 20Der Kläger beantragt, 21die Beklagte zu verurteilen an den Kläger einen Betrag in Höhe von 23.304,82 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 zu zahlen. 22Die Beklagte beantragt, 23 die Klage abzuweisen. 24Die Beklagte ist der Ansicht sie habe die Buchungen zu ihren Gunsten jeweils anfechtungsfest erworben. So hätten sich die Zahlungen der KZVX2 ausweislich ihres Verwendungszwecks jeweils auf Leistungen bezogen, die die Insolvenzschuldnerin im vorherigen Kalendermonat erbracht habe. Insoweit habe sie jeweils einen fälligen Anspruch gegen die KZVX2 auf Erbringung der Zahlungen gehabt. 25Wegen des weitergehenden Sachvortrags und der Rechtsansichten der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2015 (Bl. 312 f. d.A.) verwiesen. 26Entscheidungsgründe: 27Die zulässige Klage ist in Höhe von 14.801,10 EUR begründet. 28A. 29Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung in Höhe von 14.800,00 EUR gem. §§ 143 Abs. 1 S. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO verlangen. 30Die Zahlungen der KZVX2 am 16.05.2011 und am 15.06.2011 auf das Kontokorrentkonto der Insolvenzschuldnerin und der damit verbundenen Buchung zugunsten der Beklagten waren nicht insolvenzfest. Gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung innerhalb des Monats vor dem Eröffnungsantrag oder danach vorgenommen worden ist. Die Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Anfechtungstatbestandes gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind gegeben. 31I. 32Zunächst liegt eine anfechtbare Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin vor. Die Buchungen zugunsten der Beklagten in Form der Tilgung des Kontokorrentkredits erfolgten zwar durch die KZVX2 und nicht durch die Insolvenzschuldnerin. Hat die Leistung jedoch auf Anweisung der Insolvenzschuldnerin hin erfolgt und war dies für die Beklagte erkennbar, dann liegt auch eine Rechtshandlung des Schuldners vor (BGH ZIP 2011, 438; 2009, 2301). Laut Schreiben vom 12.09.2000 (Anlage B5 zur Klageerwiderung vom 28.04.2014, Bl. 143 d.A.) ermächtigte die Insolvenzschuldnerin die KZVX2 zur Überweisung der Zahlungen auf ihr Kontokorrentkonto. Dieses Schreiben lag der Beklagten offensichtlich vor, sodass sie so von der Anweisung durch die Insolvenzschuldnerin Kenntnis hatte. 33II. 34Die Handlung ist auch innerhalb der Frist nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfolgt. Der Antrag der Knappschaft C auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der auch zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führte, ging am 25.05.2011 beim zuständigen Amtsgericht N, Insolvenzgericht, ein. Die erste Zahlung der KZVX2 erfolgte am 16.05.2011, die zweite erfolgte sogar nach Antragstellung am 15.06.2011. 35II. 36Es liegt auch eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor. Hierbei handelt es sich um eine Rechtshandlung, die der Insolvenzgläubiger nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat. Eine inkongruente Deckung liegt stets vor, wenn eine Forderung zum Zeitpunkt ihrer Befriedigung noch nicht fällig oder betagt ist (BGH ZIP 2005, 1243). Grundsätzlich stellt die Rückführung eines nicht gekündigten Kontokorrentkredits während des Anfechtungszeitraums infolge eines Überschusses der verrechneten Zahlungseingänge über die erfolgten Zahlungsausgänge eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO dar. Eine Gläubigerbenachteiligung ist jedoch ausgeschlossen, soweit die eingegangen Gutschriften auf der Bezahlung solcher Forderungen beruhen, die der Bank zur Sicherheit abgetreten worden waren (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2012 – IX ZR 67/09). Bei Abtretungen von künftigen Forderungen ist der nach § 131 Abs. 1 InsO relevante Zeitpunkt für die Frage der Inkongruenz nicht die Abtretungsvereinbarung, sondern der Zeitpunkt, in dem der abgetretene Anspruch entsteht und fällig ist. Die Beklagte hat also noch nicht mit der Abtretungsvereinbarung im Jahr 1998 alle künftigen Forderungen der Insolvenzschuldnerin gegen die KZVX2 anfechtungsfest erworben. Dafür ist erforderlich, dass der Honoraranspruch entstanden und fällig ist. Die Kammer ist zu der Auffassung gelangt, dass der Anspruch der Beklagten auf die Zahlungen der KZVX2 noch nicht mit dem Eingang der Abschlagszahlung entstanden und fällig geworden sind, sondern erst mit der Einreichung der Unterlagen des Kassenzahnarztes bei der KZVX2. 37Wann die Vergütungsforderungen eines Kassenarztes gegen die Kassenärztliche Vereinigung entstehen, bzw. wann der anfechtungsrelevante Zeitpunkt gem. § 140 Abs. 1 InsO ist, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. 381. 39Der BGH stellt in seiner Entscheidung bzgl. Abschlagszahlungen von Bauleistungen vom 26.06.2008 (IX ZR 144/05) darauf ab, wann die Forderungen werthaltig werden. Die tatsächliche Dienstleistungserbringung führe zur Werthaltigkeit und damit zum Entstehen der Forderung. 40Zur dogmatischen Einordnung von Ansprüchen des Kassenarztes gegenüber der Krankenkasse führt der BGH (Urt. V. 11.05.2006 – IX ZR 247/03) aus, dass Voraussetzung jeglicher Vergütungsansprüche sei, dass der Kassenarzt vergütungsfähige ärztliche Leistungen erbringt. Diese seien Grundlage des endgültigen Honorarbescheides der kassenärztlichen Vereinigung. Abschlagszahlungen, die der Kassenarzt aufgrund satzungsmäßiger Bestimmungen erhalten mag, würden daran nichts ändern. Das vertragsärztliche Vergütungssystem der §§ 82 ff. SGB V betreffe die Abrechnung; die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs habe auf dessen Entstehen jedoch keinen Einfluss. 41Das Bundessozialgericht (Urteil v. 17.08.2011 – B 6 KA 24/10) führt hingegen zu Aufrechnungen aus, dass vertragsärztliche Honoraransprüche erst mit Erlass des jeweiligen Honorarbescheides fällig werden. Im Hinblick auf die Anfechtungsvorschriften der InsO sei davon auszugehen, dass mit dem Abschluss eines Quartals, in dem der Vertragsarzt vertragsärztliche Leistungen erbracht hat, und auf Vorlage der entsprechenden Abrechnung bereits ein „genereller“ Anspruch des Arztes auf Teilhabe an der Honorarverteilung und insofern schon dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch des Arztes entstehe (so auch BSG, Urteil v . 23.03.2011 – B 6 KA 14/10). 42Da für Verrechnungen auch nach dem BGH der § 96 InsO Anwendung findet, liegt jedenfalls die Konsequenz, dass es hier, wie bei der Aufrechnung auf den Zeitpunkt der Vorlage der entsprechenden Abrechnung ankommen soll, nahe. 43Kayser (ZIP 2015, 1083) nimmt in einem Aufsatz auch am Rande zu dieser vom Bundessozialgericht entschiedenen Frage Stellung. Er relativiert zum einen die Entscheidung des BGH dahingehend, dass die dortigen Ausführungen keine tragenden Erwägungen zu der hier streitgegenständlichen Frage waren. Zum anderen führt er aus, dass aus Gründen der Praktikabilität und der Besonderheiten des Sozialversicherungsrechts viel für die Entscheidung des Bundessozialgerichts spreche, die von einem relevanten Zeitpunkt beim Eingang der Honorarabrechnungen ausgeht. 442. 45Die Kammer schließt sich der Auffassung des Bundessozialgerichts an. Die Vornahme der Abschlagszahlung führt nicht dazu, dass der Anspruch des Kassenarztes auf Honorar zu der Zeit im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO verlangt werden kann. Die Abschlagszahlungen sind lediglich unselbständige Vorschüsse des eigentlichen Vergütungsanspruchs. 46Der Vergütungsanspruch des Kassenarztes und die Abrechnung dessen ist ein Vergütungsanspruch eigener Art und mit dem eines Arbeitnehmers nicht vergleichbar. Die Grundsätze des BGH (Urteil vom 09.06.2005 – IX ZR 152/03) zur Entstehung von Arbeitnehmervergütungansprüchen, nach denen auf die Leistungserbringung abgestellt wird, sind daher nicht anwendbar. Die Verteilung der Gesamtvergütung, den die KZVX2 ausschüttet, ist in der Honorarverteilung geregelt, die die KZVX2 als Satzung aufstellt (vgl. Anlage pp. 9 zum Schriftsatz vom 01.12.2015; B. 303 ff. d.A.). Der Vergütungsanspruch des Kassenarztes ergibt sich aus § 5 Abs. 2 der Satzung der KZVX2. § 10 Abs. 1 der Satzung stellt klar, dass alle Zahlungen der KZVX2 als Vorschüsse auf die Vergütungsansprüche des Zahnarztes gelten, bis die Bescheide rechtskräftig sind. Diese Regelung spricht ebenfalls gegen ein Entstehen des Anspruchs vor dem Einreichen der Unterlagen bzw. vor dem Erlass des Honorarbescheids, da klargestellt wird, dass die Zahlungen lediglich Vorschüsse für den noch nicht endgültig feststehenden Vergütungsanspruch sind. Zwar spricht § 12 Abs. 6 der Satzung der KZVX2 von einer „fällig werdenden monatlichen Abschlagszahlung“ – dies zeigt aber nur, dass eben die Abschlagszahlung monatlich fällig wird – nicht der originäre Vergütungsanspruch. Die Abschlagszahlung ist jedoch ein unselbständiger Vorschuss auf den eigentlichen Vergütungsanspruch (§ 10 Abs. 1 der Satzung). 47Die Besonderheit des Honoraranspruchs eines Kassenarztes im Sozialversicherungsrecht liegt insbesondere auch in dem Punktesystem. Die Einzelleistungen des Arztes entsprechen Punktzahlen. Bei der Anzahl der Punkte erhöht sich der Honoraranspruch nicht immer weiter je höher die Punktzahl ist, sondern ab einem gewissen Punkt findet ein Cap oder eine Degression statt. Nicht jede Leistung des Arztes wird daher auch in der Vergütung berücksichtigt werden. 48Legt man diese Grundsätze der Frage der Anspruchsentstehung von Forderungen eines Kassenarztes gegen die KZVX2 zugrunde, ist davon auszugehen, dass zwar möglicherweise der Kassenarzt vor Einreichung der Unterlagen Abschlagszahlungen nach § 2 Abs. 9 der Honorarvereinbarung und § 12 Abs. 1 der Satzung verlangen kann. Dieses Recht ist jedoch ein unselbständiges Nebenrecht des eigentlichen Vergütungsanspruchs (vgl. § 10 Abs. 1 der Satzung) und kann nicht selbständig abgetreten werden (vgl. MünchKomm/Roth/Kieninger, 7. Aufl. 2016, § 398 BGB Rn. 62). Hier abgetreten wurde der Vergütungsanspruch samt Abschlagszahlungen. Wirksam entstanden ist der Vergütungsanspruch jedoch noch nicht mit der Abschlagszahlung, sondern mit der Einreichung der Unterlagen bei der KZVX2. 49Dass diese Handlung vor Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte, konnte die Beklagte nicht ausreichend substantiiert darlegen. Den Beweis der Inkongruenz erbringt der Insolvenzverwalter schon dadurch, dass er die Behauptung des Anfechtungsgegners, auf die dieser seinen angeblichen fälligen Anspruch auf die Sicherung oder Befriedigung dieser Art stützt, widerlegt. Der Gegner muss also die einen fälligen, bestehenden Anspruch auf eine Sicherung oder Befriedigung dieser Art begründenden Tatsachen substantiiert vortragen (Henckel/Jaeger: Kommentar zur Insolvenzordnung § 131 Rn. 78). Das pauschale Bestreiten der Beklagten, die Insolvenzschuldnerin habe nicht am 05.07.2011 den Antrag auf einen Abrechnungsbescheid gestellt und dabei entsprechende Unterlagen eingereicht, reicht also nicht aus. 503. 51Der Anspruch auf Verzinsung des begründeten Klagebetrages folgt aus § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 Abs. 1 S. 2, 288 BGB i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Insolvenzeröffnung am 01.08.2011. 52B. 53Die Klage war jedoch hinsichtlich der weiteren Posten bis auf 1,10 EUR als unbegründet abzuweisen. 54I. 55Zunächst kann der Kläger – bis auf 1,10 EUR - nicht die Rückzahlung der 7.531,46 EUR verlangen, da die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nicht vorliegen. 561. Ein Anspruch auf Rückzahlung der 7.531,46 EUR nach § 131 Abs. 1 InsO scheitert am Vorliegen einer inkongruenten Rechtshandlung. Denn die beklagte Bank durfte die Verrechnungen in dieser Höhe vom Kontokorrentkonto vornehmen, da sie insoweit die Befriedigung in der Art und zu dieser Zeit verlangen konnte. 57Zwar ist es zutreffend, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Buchungen keinen fälligen Anspruch auf eine Tilgung der vereinbarten Kontokorrentkreditlinie hatte, weil das laufende Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin in dem betreffenden Zeitraum noch ungekündigt war. Die Verrechnung war jedoch anderweitig vertraglich vereinbart. Soweit Tilgungszahlungen der Bank die fällig gewordenen Zins- und Tilgungsraten betreffen, sind sie kongruent, andernfalls inkongruent (vgl. OLG Schleswig v. 5.7.2007 – 5 U 48/07, ZIP 2008, 68). Die Bezahlung vereinbarter monatlicher Tilgungsraten und fälliger Darlehenszinsen ist kongruent (BGH, Urteil vom 17. 6. 1999 - IX ZR 62–98). Bzgl. der Kontobelastungen zu Gunsten der Beklagten über 7.531,46 EUR hatte die Beklagte jeweils einen fälligen Anspruch, da hiermit im Wesentlichen fällige Zins- und Annuitätszahlungen entsprechend der Regelungen der jeweiligen Darlehensverträge erbracht wurden. Da die Beklagte - wie die vier weiteren Darlehensverträge zeigen – berechtigt war die fälligen Annuitätszahlungen und Zinszahlungen aus den sonstigen Darlehensverträgen aus dem Kontokorrent zu tilgen, hatte sie einen vertraglichen Anspruch auf die Verrechnung und hat damit kongruent gehandelt. 58Die Zins- und Annuitätszahlungen waren fällig. Auch der Kläger hat nichts Gegenteiliges behauptet. 592. Eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Kläger konnte weder darlegen noch nachweisen, dass die Beklagte, die die Kreditlinie bis zuletzt offenhielt, Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatte. Sicher ist lediglich, dass die Beklagte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit seit Mitteilung des Klägers per Fax über das vorläufige Insolvenzverfahren seit dem 10.06.2011 hatte. Nach diesem Zeitpunkt sind lediglich zwei mal 0,55 EUR – also 1,10 EUR – zu Gunsten der Beklagten verbucht worden. Diese kann der Kläger verlangen, da die Beklagte nunmehr Kenntnis von dem vorläufigen Insolvenzverfahren und damit auch von der Zahlungsunfähigkeit hatte. Von der Zahlungsunfähigkeit kann zu diesem Zeitpunkt schon allein deswegen ausgegangen werden, da das Insolvenzgericht das vorläufige Insolvenzverfahren angeordnet hatte. 60II. 611. Auch liegen die Voraussetzungen für eine Rückforderung nach Insolvenzanfechtung gem. §§ 143 Abs. 1, 131 Abs. 1 InsO hinsichtlich der 1.188,94 EUR nicht vor. Es fehlt auch hier an einer Inkongruenz. 62Nach der ständiger Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 07.07.2011 – IX ZR 100/10) ist die bankmäßige Verrechnung von Gutschriften im ungekündigten Kontokorrent mit Überziehungskredit insoweit kongruent, als die Bank erneute Verfügungen des Schuldners über diese Deckungsmasse zugelassen hat, also insoweit auch Buchungen zulasten der Bank in dieser Höhe vorgenommen worden sind. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung dessen ist der gesamte relevante Anfechtungszeitraum nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO oder nach § 131 Abs. 1 Nr. 2, 3 InsO. Die Kongruenzfrage kann hierbei innerhalb des Anfechtungszeitraums für den gleichen Betrag nur einheitlich beantwortet werden (BGH, Urteil vom 7. 03.2002 - IX ZR 223/01). Demgegenüber führt die Verrechnung in kritischer Zeit eingehender Zahlungen, denen keine Belastungsbuchungen gegenüberstehen, bei ungekündigtem Überziehungskredit wegen der damit verbundenen Kredittilgung zu einer inkongruenten Deckung, weil die Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs noch nicht verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 11. 10.2007 - IX ZR 195/04). 63Die Frage des Bargeschäfts nach § 142 InsO und der hierbei vorausgesetzte zeitliche Zusammenhang der Kontobewegungen spielt für die Kongruenzbeurteilung keine Rolle. Denn das Bargeschäft ist erst zu prüfen, wenn es auf die Gläubigerbenachteiligung einer kongruenten Deckung ankommt (BGH, Urteil vom 07.07.2011 – IX ZR 100/10). 64Dass den Eingängen in Höhe von 1.188,94 UER mindestens in der Höhe Buchungen zu Lasten der Beklagten entgegenstanden, hat der Kläger nicht bestritten. 652. Ebenso scheidet ein Anspruch auf Zahlung gem. §§ 143 Abs. 1, 130 Abs. 1 InsO aus. Für die Anfechtung einer kongruenten Rechtshandlung bedarf es einer Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit. Da der Kläger jedoch keine Umstände vorgetragen hat, die eine Kenntnis vor dem Fax vom 10.06.2011 erkennen lassen und sämtliche Buchungen bis zur Höhe von 1.188,94 EUR vor diesem Zeitpunkt vorgenommen worden sind (vgl. S. 6 f. der Klageschrift vom 03.06.2015, Bl. 168 f. d.A.) fehlt es an dieser sowohl für § 130 Abs. 1 Nr. 1 als auch Nr. 2 InsO notwendigen Voraussetzung. 66C. 67Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit für den Kläger auf § 709 Satz 2 ZPO und für die Beklagte auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 68Der Streitwert wird auf 23.304,82 EUR festgesetzt. 69Unterschriften | die beklagte wird verurteilt, an den kläger einen betrag in höhe von 14.801,10 eur nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 01.08.2011 zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. von den kosten des rechtsstreits hat der kläger 36 % und die beklagte 64 % zu tragen. das urteil ist vorläufig vollstreckbar – für den kläger nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. der kläger kann die vollstreckung abwenden durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des nach dem urteil vollstreckbaren betrags, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit leistet in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags. 1 | 2der kläger macht in seiner eigenschaft als insolvenzverwalter über das vermögen der zahnärztin x1 ansprüche aufgrund von vorgenommenen verrechnungen im kontokorrentkonto gegen die beklagte bank aus insolvenzanfechtung geltend. 3die insolvenzschuldnerin ist niedergelassene zahnärztin, die bei der beklagten ein kontokorrentkonto mit einer kontokorrentlinie in höhe von 25.000,00 eur unterhielt (vgl. vertrag in anlage 5 zur klageschrift vom 03.06.2015, bl. 208 d.a.). im jahr 1998 schloss sie mit der beklagten einen abtretungsvertrag (anlage pp. 7 zur klageschrift vom 03.06.2015, bl. 257 ff. d. a.), laut dem sie „sämtliche gegenwärtige und künftige forderungen aus laufender vergütung, soweit sie der pfändung unterliegen, gegen die jeweils zuständige kassenärztliche /kassenzahnärztliche vereinigung“ abtritt. die sicherung erfolgte zur „sicherung aller bestehenden künftigen und bedingten ansprüche, die der bank […] aus der bankmäßigen geschäftsverbindung“ mit der insolvenzschuldnerin zustehen. 4neben dem kontokorrentkredit gewährte die beklagte der insolvenzschuldnerin vier weitere darlehen: 5 mit darlehensvertrag vom 02.06.2006 ein investitionsdarlehen über 23.000,00 eur mit einer monatlichen annuitätsrate in höhe von 399,84 eur – konto-nr. ###/#######-## (anlage b1 zur klageerwiderung vom 28.04.2015 – bl. 132 d.a.) 6 mit darlehensvertrag vom 25.10.2007 ein investitionsdarlehen über 109.081,35 eur mit einer monatlichen zinsrate in höhe von 1.690,76 eur – konto-nr. ###/######-## (anlage b2 zur klageerwiderung vom 28.04.2015 – bl. 134 d.a.) 7 mit darlehensvertrag vom 25.10.2007 ein investitionsdarlehen über 121.000,00 eur mit einer monatlichen annuitätsrate in höhe von 1.363,27 eur – konto-nr. ###/#######-## (anlage b3 zur klageerwiderung vom 28.04.2015 – bl. 137 d.a.) 8 mit darlehensvertrag vom 25.10.2007 ein investitionsdarlehen über 20.000,00 eur mit einer monatlichen annuitätsrate in höhe von 391,33 eur – konto-nr. ###/#######-## (anlage b4 zur klageerwiderung vom 28.04.2015 – bl. 140 d.a.) 9die insolvenzschuldnerin ermächtigte die beklagte in den darlehensverträgen jeweils, die fälligen zins- und annuitätszahlungen vom streitgegenständlichen kontokorrentkonto einzuziehen. 10zu beginn des buchungstages am 25.02.2011 befand sich das kontokorrentkonto mit einem betrag in höhe von 24.927,80 eur im debet. bis zum 27.06.2011 wurde das debet auf einen betrag in höhe von 9.154,44 eur zurückgeführt. mithin liegen buchungen zugunsten der beklagten in höhe von 15.773,36 eur vor. 11in diesem zeitraum sind zum einen buchungen in höhe von 7.531,46 eur zugunsten der beklagten vorgenommen worden. sie erfolgten aufgrund von fälligen zins- und annuitätszahlungen aus den anderen darlehensverträgen zwischen der beklagten und der insolvenzschuldnerin sowie aufgrund von in rechnung gestellten portokosten (vgl. aufstellung auf s. 6 der klageerwiderung vom 30.06.2015; bl. 273 f. d.a.). 12des weiteren sind zahlungen dritter schuldner der insolvenzschuldnerin in höhe von insgesamt 1.188,94 eur auf das kontokorrentkonto in der zeit vom 08.03.2011 bis zum 18.05.2011 gebucht worden (vgl. aufstellung s. 6 der klageschrift vom 06.03.2015, bl. 168 f. d.a.). 13in diesem zeitraum erfolgten auch zwei abschlagszahlungen der kassenzahnärztlichen vereinigung x2 (im folgenden „kzvx2“) in höhe von jeweils 7.400,00 eur auf das kontokorrentkonto. die erste zahlung ist datiert auf den 16.05.2011, die zweite auf den 15.06.2011. beide zahlungen erfolgten für das zweite quartal 2011. zudem erfolgten weitere zahlungseingänge der kzvx2 in höhe von weiteren 25.909,73 eur im zeitraum vom 28.02.2011 bis 27.05.2011 (vgl. aufstellung s. 5 der klageerwiderung vom 30.06.2015, bl. 272 d.a.). 14die insolvenzschuldnerin erhielt regelmäßig von der kzvx2 zwei abschlagszahlungen für jedes quartal eines jahres. diese abschlagszahlungen erfolgten direkt auf das kontokorrentkonto der insolvenzschuldnerin, wozu letztere mit schreiben vom 12.09.2000 (anlage b5 zur klageerwiderung vom 28.04.2014, bl. 143 d.a.) ihr einverständnis erteilte. nach abschluss eines jeweiligen quartals erfolgte dann eine abrechnung der insolvenzschuldnerin gegenüber der kzvx2, die dann auf basis der eingereichten unterlagen eine vierteljahresabrechnung erstellte und im verhältnis zu den abschlagszahlungen etwaige korrekturen vornahm. 15am 25.05.2011 stellte die knappschaft c antrag auf eröffnung des insolvenzverfahrens über das vermögen der insolvenzschuldnerin. das amtsgericht n ordnete mit beschluss vom 10.06.2011 die vorläufige insolvenzverwaltung unter benennung des klägers zum vorläufigen insolvenzverwalter mit zustimmungsvorbehalt an. hierüber informierte der kläger die beklagte mit fax vom 10.06.2011. mit beschluss vom 01.08.2011 eröffnete das amtsgericht n unter dem az. ## in ##/## das insolvenzverfahren über das vermögen der insolvenzschuldnerin und ernannte den kläger zum insolvenzverwalter. 16mit schreiben vom 06.07.2011 kündigte die beklagte die darlehen mit der insolvenzschuldnerin wegen wesentlicher vermögensverschlechterung fristlos. die beklagte meldete in dem insolvenzverfahren forderungen aus den fünf darlehen in höhe von 236.585,18 eur zur insolvenztabelle an. 17der kläger behauptet, die insolvenzschuldnerin sei bereits spätestens am 25.02.2011 – also drei monate vor antragstellung – zahlungsunfähig gewesen. das finanzamt x3 habe forderungen in höhe von 46.280,45 eur gegen die insolvenzschuldnerin zur tabelle angemeldet. davon sei die einkommenssteuer für das jahr 2008 nebst nebenforderungen in höhe von 14.833,79 eur schon im jahr 2010 fällig gewesen. auch seien einkommenssteuervorauszahlungen für das jahr 2010 in höhe von über 15.000,00 eur schon im jahr 2010 fällig gewesen. ferner stünden bei dem dentallabor der insolvenzschuldnerin – der o gmbh & co. kg – forderungen in höhe von 45.851,20 eur zzgl. zinsen aus, wovon 33.386,33 eur schon anfang februar 2011 fällig gewesen seien. auch seien im februar 2011 forderungen der u krankenkasse in höhe von 3.126,85 eur offen gewesen. sämtliche genannte forderungen seien bis zur eröffnung des insolvenzverfahrens nicht mehr beglichen worden. 18den für die abschlagszahlungen von je 7.400,00 eur für das zweite quartal 2011 maßgeblichen abrechnungsbescheid habe die insolvenzschuldnerin am 05.07.2011 beantragt. 19der kläger ist der ansicht, die beklagte sei verpflichtet aufgrund der ausgesprochenen insolvenzanfechtung alle buchungen zu ihren gunsten im relevanten zeitraum der letzten drei monate vor antragstellung in höhe von 15.773,36 eur sowie die buchungen in höhe von 7.531, 46 eur aufgrund der annuitäts- und zinszahlungen aus darlehen (insgesamt 23.304,82 eur) zu zahlen, die er hier klageweise geltend macht. 20der kläger beantragt, 21die beklagte zu verurteilen an den kläger einen betrag in höhe von 23.304,82 eur zzgl. zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweils gültigen basiszinssatz seit dem 01.08.2011 zu zahlen. 22die beklagte beantragt, 23 die klage abzuweisen. 24die beklagte ist der ansicht sie habe die buchungen zu ihren gunsten jeweils anfechtungsfest erworben. so hätten sich die zahlungen der kzvx2 ausweislich ihres verwendungszwecks jeweils auf leistungen bezogen, die die insolvenzschuldnerin im vorherigen kalendermonat erbracht habe. insoweit habe sie jeweils einen fälligen anspruch gegen die kzvx2 auf erbringung der zahlungen gehabt. 25wegen des weitergehenden sachvortrags und der rechtsansichten der parteien wird auf die wechselseitigen schriftsätze nebst anlagen sowie auf das protokoll der mündlichen verhandlung vom 10.12.2015 (bl. 312 f. d.a.) verwiesen. 26 | 27die zulässige klage ist in höhe von 14.801,10 eur begründet. 28a. 29der kläger kann von der beklagten zahlung in höhe von 14.800,00 eur gem. §§ 143 abs. 1 s. 1, 131 abs. 1 nr. 1 inso verlangen. 30die zahlungen der kzvx2 am 16.05.2011 und am 15.06.2011 auf das kontokorrentkonto der insolvenzschuldnerin und der damit verbundenen buchung zugunsten der beklagten waren nicht insolvenzfest. gemäß § 131 abs. 1 nr. 1 inso ist eine rechtshandlung anfechtbar, die einem insolvenzgläubiger eine sicherung oder befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der art oder nicht zu der zeit zu beanspruchen hatte, wenn die handlung innerhalb des monats vor dem eröffnungsantrag oder danach vorgenommen worden ist. die voraussetzungen des vom kläger geltend gemachten anfechtungstatbestandes gem. § 131 abs. 1 nr. 1 inso sind gegeben. 31i. 32zunächst liegt eine anfechtbare rechtshandlung der insolvenzschuldnerin vor. die buchungen zugunsten der beklagten in form der tilgung des kontokorrentkredits erfolgten zwar durch die kzvx2 und nicht durch die insolvenzschuldnerin. hat die leistung jedoch auf anweisung der insolvenzschuldnerin hin erfolgt und war dies für die beklagte erkennbar, dann liegt auch eine rechtshandlung des schuldners vor (bgh zip 2011, 438; 2009, 2301). laut schreiben vom 12.09.2000 (anlage b5 zur klageerwiderung vom 28.04.2014, bl. 143 d.a.) ermächtigte die insolvenzschuldnerin die kzvx2 zur überweisung der zahlungen auf ihr kontokorrentkonto. dieses schreiben lag der beklagten offensichtlich vor, sodass sie so von der anweisung durch die insolvenzschuldnerin kenntnis hatte. 33ii. 34die handlung ist auch innerhalb der frist nach § 131 abs. 1 nr. 1 inso erfolgt. der antrag der knappschaft c auf eröffnung des insolvenzverfahrens, der auch zur eröffnung des insolvenzverfahrens führte, ging am 25.05.2011 beim zuständigen amtsgericht n, insolvenzgericht, ein. die erste zahlung der kzvx2 erfolgte am 16.05.2011, die zweite erfolgte sogar nach antragstellung am 15.06.2011. 35ii. 36es liegt auch eine inkongruente deckung im sinne von § 131 abs. 1 nr. 1 inso vor. hierbei handelt es sich um eine rechtshandlung, die der insolvenzgläubiger nicht oder nicht in der art oder nicht zu der zeit zu beanspruchen hat. eine inkongruente deckung liegt stets vor, wenn eine forderung zum zeitpunkt ihrer befriedigung noch nicht fällig oder betagt ist (bgh zip 2005, 1243). grundsätzlich stellt die rückführung eines nicht gekündigten kontokorrentkredits während des anfechtungszeitraums infolge eines überschusses der verrechneten zahlungseingänge über die erfolgten zahlungsausgänge eine inkongruente deckung im sinne von § 131 abs. 1 inso dar. eine gläubigerbenachteiligung ist jedoch ausgeschlossen, soweit die eingegangen gutschriften auf der bezahlung solcher forderungen beruhen, die der bank zur sicherheit abgetreten worden waren (vgl. bgh, urteil vom 26.04.2012 – ix zr 67/09). bei abtretungen von künftigen forderungen ist der nach § 131 abs. 1 inso relevante zeitpunkt für die frage der inkongruenz nicht die abtretungsvereinbarung, sondern der zeitpunkt, in dem der abgetretene anspruch entsteht und fällig ist. die beklagte hat also noch nicht mit der abtretungsvereinbarung im jahr 1998 alle künftigen forderungen der insolvenzschuldnerin gegen die kzvx2 anfechtungsfest erworben. dafür ist erforderlich, dass der honoraranspruch entstanden und fällig ist. die kammer ist zu der auffassung gelangt, dass der anspruch der beklagten auf die zahlungen der kzvx2 noch nicht mit dem eingang der abschlagszahlung entstanden und fällig geworden sind, sondern erst mit der einreichung der unterlagen des kassenzahnarztes bei der kzvx2. 37wann die vergütungsforderungen eines kassenarztes gegen die kassenärztliche vereinigung entstehen, bzw. wann der anfechtungsrelevante zeitpunkt gem. § 140 abs. 1 inso ist, wird von der rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. 381. 39der bgh stellt in seiner entscheidung bzgl. abschlagszahlungen von bauleistungen vom 26.06.2008 (ix zr 144/05) darauf ab, wann die forderungen werthaltig werden. die tatsächliche dienstleistungserbringung führe zur werthaltigkeit und damit zum entstehen der forderung. 40zur dogmatischen einordnung von ansprüchen des kassenarztes gegenüber der krankenkasse führt der bgh (urt. v. 11.05.2006 – ix zr 247/03) aus, dass voraussetzung jeglicher vergütungsansprüche sei, dass der kassenarzt vergütungsfähige ärztliche leistungen erbringt. diese seien grundlage des endgültigen honorarbescheides der kassenärztlichen vereinigung. abschlagszahlungen, die der kassenarzt aufgrund satzungsmäßiger bestimmungen erhalten mag, würden daran nichts ändern. das vertragsärztliche vergütungssystem der §§ 82 ff. sgb v betreffe die abrechnung; die fälligkeit des vergütungsanspruchs habe auf dessen entstehen jedoch keinen einfluss. 41das bundessozialgericht (urteil v. 17.08.2011 – b 6 ka 24/10) führt hingegen zu aufrechnungen aus, dass vertragsärztliche honoraransprüche erst mit erlass des jeweiligen honorarbescheides fällig werden. im hinblick auf die anfechtungsvorschriften der inso sei davon auszugehen, dass mit dem abschluss eines quartals, in dem der vertragsarzt vertragsärztliche leistungen erbracht hat, und auf vorlage der entsprechenden abrechnung bereits ein „genereller“ anspruch des arztes auf teilhabe an der honorarverteilung und insofern schon dem grunde nach ein vergütungsanspruch des arztes entstehe (so auch bsg, urteil v . 23.03.2011 – b 6 ka 14/10). 42da für verrechnungen auch nach dem bgh der § 96 inso anwendung findet, liegt jedenfalls die konsequenz, dass es hier, wie bei der aufrechnung auf den zeitpunkt der vorlage der entsprechenden abrechnung ankommen soll, nahe. 43kayser (zip 2015, 1083) nimmt in einem aufsatz auch am rande zu dieser vom bundessozialgericht entschiedenen frage stellung. er relativiert zum einen die entscheidung des bgh dahingehend, dass die dortigen ausführungen keine tragenden erwägungen zu der hier streitgegenständlichen frage waren. zum anderen führt er aus, dass aus gründen der praktikabilität und der besonderheiten des sozialversicherungsrechts viel für die entscheidung des bundessozialgerichts spreche, die von einem relevanten zeitpunkt beim eingang der honorarabrechnungen ausgeht. 442. 45die kammer schließt sich der auffassung des bundessozialgerichts an. die vornahme der abschlagszahlung führt nicht dazu, dass der anspruch des kassenarztes auf honorar zu der zeit im sinne von § 131 abs. 1 inso verlangt werden kann. die abschlagszahlungen sind lediglich unselbständige vorschüsse des eigentlichen vergütungsanspruchs. 46der vergütungsanspruch des kassenarztes und die abrechnung dessen ist ein vergütungsanspruch eigener art und mit dem eines arbeitnehmers nicht vergleichbar. die grundsätze des bgh (urteil vom 09.06.2005 – ix zr 152/03) zur entstehung von arbeitnehmervergütungansprüchen, nach denen auf die leistungserbringung abgestellt wird, sind daher nicht anwendbar. die verteilung der gesamtvergütung, den die kzvx2 ausschüttet, ist in der honorarverteilung geregelt, die die kzvx2 als satzung aufstellt (vgl. anlage pp. 9 zum schriftsatz vom 01.12.2015; b. 303 ff. d.a.). der vergütungsanspruch des kassenarztes ergibt sich aus § 5 abs. 2 der satzung der kzvx2. § 10 abs. 1 der satzung stellt klar, dass alle zahlungen der kzvx2 als vorschüsse auf die vergütungsansprüche des zahnarztes gelten, bis die bescheide rechtskräftig sind. diese regelung spricht ebenfalls gegen ein entstehen des anspruchs vor dem einreichen der unterlagen bzw. vor dem erlass des honorarbescheids, da klargestellt wird, dass die zahlungen lediglich vorschüsse für den noch nicht endgültig feststehenden vergütungsanspruch sind. zwar spricht § 12 abs. 6 der satzung der kzvx2 von einer „fällig werdenden monatlichen abschlagszahlung“ – dies zeigt aber nur, dass eben die abschlagszahlung monatlich fällig wird – nicht der originäre vergütungsanspruch. die abschlagszahlung ist jedoch ein unselbständiger vorschuss auf den eigentlichen vergütungsanspruch (§ 10 abs. 1 der satzung). 47die besonderheit des honoraranspruchs eines kassenarztes im sozialversicherungsrecht liegt insbesondere auch in dem punktesystem. die einzelleistungen des arztes entsprechen punktzahlen. bei der anzahl der punkte erhöht sich der honoraranspruch nicht immer weiter je höher die punktzahl ist, sondern ab einem gewissen punkt findet ein cap oder eine degression statt. nicht jede leistung des arztes wird daher auch in der vergütung berücksichtigt werden. 48legt man diese grundsätze der frage der anspruchsentstehung von forderungen eines kassenarztes gegen die kzvx2 zugrunde, ist davon auszugehen, dass zwar möglicherweise der kassenarzt vor einreichung der unterlagen abschlagszahlungen nach § 2 abs. 9 der honorarvereinbarung und § 12 abs. 1 der satzung verlangen kann. dieses recht ist jedoch ein unselbständiges nebenrecht des eigentlichen vergütungsanspruchs (vgl. § 10 abs. 1 der satzung) und kann nicht selbständig abgetreten werden (vgl. münchkomm/roth/kieninger, 7. aufl. 2016, § 398 bgb rn. 62). hier abgetreten wurde der vergütungsanspruch samt abschlagszahlungen. wirksam entstanden ist der vergütungsanspruch jedoch noch nicht mit der abschlagszahlung, sondern mit der einreichung der unterlagen bei der kzvx2. 49dass diese handlung vor antragstellung auf eröffnung des insolvenzverfahrens erfolgte, konnte die beklagte nicht ausreichend substantiiert darlegen. den beweis der inkongruenz erbringt der insolvenzverwalter schon dadurch, dass er die behauptung des anfechtungsgegners, auf die dieser seinen angeblichen fälligen anspruch auf die sicherung oder befriedigung dieser art stützt, widerlegt. der gegner muss also die einen fälligen, bestehenden anspruch auf eine sicherung oder befriedigung dieser art begründenden tatsachen substantiiert vortragen (henckel/jaeger: kommentar zur insolvenzordnung § 131 rn. 78). das pauschale bestreiten der beklagten, die insolvenzschuldnerin habe nicht am 05.07.2011 den antrag auf einen abrechnungsbescheid gestellt und dabei entsprechende unterlagen eingereicht, reicht also nicht aus. 503. 51der anspruch auf verzinsung des begründeten klagebetrages folgt aus § 143 abs. 1 s. 2 inso i.v.m. §§ 819 abs. 1, 818 abs. 4, 291 abs. 1 s. 2, 288 bgb i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz ab insolvenzeröffnung am 01.08.2011. 52b. 53die klage war jedoch hinsichtlich der weiteren posten bis auf 1,10 eur als unbegründet abzuweisen. 54i. 55zunächst kann der kläger – bis auf 1,10 eur - nicht die rückzahlung der 7.531,46 eur verlangen, da die voraussetzungen der insolvenzanfechtung nicht vorliegen. 561. ein anspruch auf rückzahlung der 7.531,46 eur nach § 131 abs. 1 inso scheitert am vorliegen einer inkongruenten rechtshandlung. denn die beklagte bank durfte die verrechnungen in dieser höhe vom kontokorrentkonto vornehmen, da sie insoweit die befriedigung in der art und zu dieser zeit verlangen konnte. 57zwar ist es zutreffend, dass die beklagte zum zeitpunkt der buchungen keinen fälligen anspruch auf eine tilgung der vereinbarten kontokorrentkreditlinie hatte, weil das laufende geschäftskonto der insolvenzschuldnerin in dem betreffenden zeitraum noch ungekündigt war. die verrechnung war jedoch anderweitig vertraglich vereinbart. soweit tilgungszahlungen der bank die fällig gewordenen zins- und tilgungsraten betreffen, sind sie kongruent, andernfalls inkongruent (vgl. olg schleswig v. 5.7.2007 – 5 u 48/07, zip 2008, 68). die bezahlung vereinbarter monatlicher tilgungsraten und fälliger darlehenszinsen ist kongruent (bgh, urteil vom 17. 6. 1999 - ix zr 62–98). bzgl. der kontobelastungen zu gunsten der beklagten über 7.531,46 eur hatte die beklagte jeweils einen fälligen anspruch, da hiermit im wesentlichen fällige zins- und annuitätszahlungen entsprechend der regelungen der jeweiligen darlehensverträge erbracht wurden. da die beklagte - wie die vier weiteren darlehensverträge zeigen – berechtigt war die fälligen annuitätszahlungen und zinszahlungen aus den sonstigen darlehensverträgen aus dem kontokorrent zu tilgen, hatte sie einen vertraglichen anspruch auf die verrechnung und hat damit kongruent gehandelt. 58die zins- und annuitätszahlungen waren fällig. auch der kläger hat nichts gegenteiliges behauptet. 592. eine anfechtung nach § 130 abs. 1 nr. 1 inso kommt ebenfalls nicht in betracht. der kläger konnte weder darlegen noch nachweisen, dass die beklagte, die die kreditlinie bis zuletzt offenhielt, kenntnis von der zahlungsunfähigkeit der schuldnerin hatte. sicher ist lediglich, dass die beklagte kenntnis von der zahlungsunfähigkeit seit mitteilung des klägers per fax über das vorläufige insolvenzverfahren seit dem 10.06.2011 hatte. nach diesem zeitpunkt sind lediglich zwei mal 0,55 eur – also 1,10 eur – zu gunsten der beklagten verbucht worden. diese kann der kläger verlangen, da die beklagte nunmehr kenntnis von dem vorläufigen insolvenzverfahren und damit auch von der zahlungsunfähigkeit hatte. von der zahlungsunfähigkeit kann zu diesem zeitpunkt schon allein deswegen ausgegangen werden, da das insolvenzgericht das vorläufige insolvenzverfahren angeordnet hatte. 60ii. 611. auch liegen die voraussetzungen für eine rückforderung nach insolvenzanfechtung gem. §§ 143 abs. 1, 131 abs. 1 inso hinsichtlich der 1.188,94 eur nicht vor. es fehlt auch hier an einer inkongruenz. 62nach der ständiger rechtsprechung (bgh, urteil vom 07.07.2011 – ix zr 100/10) ist die bankmäßige verrechnung von gutschriften im ungekündigten kontokorrent mit überziehungskredit insoweit kongruent, als die bank erneute verfügungen des schuldners über diese deckungsmasse zugelassen hat, also insoweit auch buchungen zulasten der bank in dieser höhe vorgenommen worden sind. der maßgebliche zeitpunkt für die prüfung dessen ist der gesamte relevante anfechtungszeitraum nach § 131 abs. 1 nr. 1 inso oder nach § 131 abs. 1 nr. 2, 3 inso. die kongruenzfrage kann hierbei innerhalb des anfechtungszeitraums für den gleichen betrag nur einheitlich beantwortet werden (bgh, urteil vom 7. 03.2002 - ix zr 223/01). demgegenüber führt die verrechnung in kritischer zeit eingehender zahlungen, denen keine belastungsbuchungen gegenüberstehen, bei ungekündigtem überziehungskredit wegen der damit verbundenen kredittilgung zu einer inkongruenten deckung, weil die erfüllung des rückzahlungsanspruchs noch nicht verlangt werden kann (bgh, urteil vom 11. 10.2007 - ix zr 195/04). 63die frage des bargeschäfts nach § 142 inso und der hierbei vorausgesetzte zeitliche zusammenhang der kontobewegungen spielt für die kongruenzbeurteilung keine rolle. denn das bargeschäft ist erst zu prüfen, wenn es auf die gläubigerbenachteiligung einer kongruenten deckung ankommt (bgh, urteil vom 07.07.2011 – ix zr 100/10). 64dass den eingängen in höhe von 1.188,94 uer mindestens in der höhe buchungen zu lasten der beklagten entgegenstanden, hat der kläger nicht bestritten. 652. ebenso scheidet ein anspruch auf zahlung gem. §§ 143 abs. 1, 130 abs. 1 inso aus. für die anfechtung einer kongruenten rechtshandlung bedarf es einer kenntnis des anfechtungsgegners von der zahlungsunfähigkeit. da der kläger jedoch keine umstände vorgetragen hat, die eine kenntnis vor dem fax vom 10.06.2011 erkennen lassen und sämtliche buchungen bis zur höhe von 1.188,94 eur vor diesem zeitpunkt vorgenommen worden sind (vgl. s. 6 f. der klageschrift vom 03.06.2015, bl. 168 f. d.a.) fehlt es an dieser sowohl für § 130 abs. 1 nr. 1 als auch nr. 2 inso notwendigen voraussetzung. 66c. 67die kostenentscheidung beruht auf § 92 abs. 1 s. 1 zpo und die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit für den kläger auf § 709 satz 2 zpo und für die beklagte auf §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 68der streitwert wird auf 23.304,82 eur festgesetzt. 69unterschriften | Klaeger*in | 1 |
173,221 | 5a K 1714/12.A | 2014-07-24T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung der Nummern 2. bis 4. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. März 2012 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.Gerichtskosten werden nicht erhoben.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der am 24. August 1993 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger islamischer Religion; er gehört der Volksgruppe der Hazara an. 3Er hat sich bis zu seiner Ausreise in der Provinz H. , Ortschaft H1. , aufgehalten. Im Jahre 2008 ging er für einige Wochen nach Pakistan, von dort aus in den Iran. Nach einem weiteren Monat kam er weiter in die Türkei und nach weiteren drei Wochen nach Griechenland. Dort hielt er sich mehrere Monate illegal auf. Nach einem 2-3 monatigen Gefängnisaufenthalt wurde er im Februar 2010 in die Türkei zurückgeschickt. Nach einigen Monaten kam er über Italien und Frankreich Ende Juli 2010 nach Deutschland, wo er am 27. September 2010 einen Asylantrag stellte. 4Bei der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ‑ Bundesamt ‑ am 19. Januar 2012 in Dortmund gab der Kläger an, dass er der Volksgruppe der Hazara angehöre. Er habe mit seinem Bruder vorübergehend in Pakistan gelebt. Sein Bruder habe ihm nach einiger Zeit gesagt, Afghanistan sei wieder ruhig, sie könnten dorthin zurückkehren. Da sie als Hazara in Pakistan Schwierigkeiten gehabt hätten, seien sie nach Afghanistan zurückgekehrt. Drei bis vier Monate später sei sein Bruder zwei bis drei Tage nicht nach Hause zurückgekehrt. Von seiner Schwägerin habe er erfahren, dass sein Bruder mit dem Informationsdienst und mit der Geheimpolizei in Afghanistan zusammengearbeitet habe, sie habe geraten, wieder nach Pakistan auszureisen. In Pakistan habe der Kläger dann feststellen müssen, dass sein Bruder nicht da war. Nach Auskunft seiner Schwägerin hätten sich die Taliban mit ihm in Verbindung gesetzt und ihn aufgefordert, mit ihnen zu arbeiten; sie hätten ihm eine bessere Bezahlung angeboten als bei der afghanischen Regierung. Der Bruder sei jedoch verschwunden geblieben. Seine Schwägerin habe ihn nicht aufnehmen können. Wegen der Gefahr, ebenfalls Opfer eines Anschlags zu werden, sei es besser auszureisen. Persönlich sei dem Kläger weder in Afghanistan noch in Pakistan etwas Besonderes zugestoßen. Er fürchte, bei einer Rückkehr würde man ihn zwingen, terroristisch aktiv zu werden, vielleicht müsste er an einem Selbstmordkommando teilnehmen. Er wäre in Afghanistan auf sich allein gestellt. Psychisch sei er wegen der gesamten Vorkommnisse sehr belastet; er werde mit einem Antidepressivum (Doxepin) behandelt. 5Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin M. C. diagnostizierte mit Attest vom 4. Februar 2012 eine mittelgradige depressive Episode sowie den Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung. 6Mit Bescheid vom 13. März 2012 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab und verneinte die Voraussetzungen der Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft. Ferner stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes ‑ AufenthG ‑ nicht vorlägen. Der Kläger wurde aufgefordert, die Bunderepublik innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Im Falle der nicht fristgerechten Ausreise würde der Kläger nach Afghanistan oder in einen anderen Staat abgeschoben, in den er ausreisen dürfte oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. 7Der Kläger hat am 27. März 2012 Klage erhoben, die bislang nicht weiter begründet wurde. Der Kläger hat einen Nachweis darüber vorgelegt, dass er am 17. Februar 2013 vom Gemeindepfarrer der rumänisch-orthodoxen T. . K. Kirche in E. , N. C1. , getauft worden ist. 8Der Kläger beantragt, 9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. März 2012 zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,hilfsweise, 10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. März 2012 zu Nrn. 3. und 4. zu verpflichten, festzustellen, dass dem Kläger subsidiärer Schutz zu gewähren ist, 11äußerst hilfsweise,die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13. März 2012 zu Nrn. 3. und 4. zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. 12Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich), 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides. 15Mit Beschluss vom 15. November 2013 hat die Kammer dem Berichterstatter den Rechtsstreit als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. 16Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 17Entscheidungsgründe: 18Die Klage hat in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG - maßgeblichen Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung teilweise Erfolg. Sie ist insgesamt zulässig und im tenorierten Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2012 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, da er einen Anspruch auf die begehrte Verpflichtung zur Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft hat, § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑. 191. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes ‑ GG ‑. Insofern wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG mit der Maßgabe Bezug genommen, dass einer Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 2 GG in Verbindung mit § 26a AsylVfG der Umstand entgegensteht, dass der Kläger bei seiner letzten Einreise aus der Türkei kommend über Italien und Frankreich und damit über Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. 202. Der Kläger hat dagegen einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG. 21Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG genießt ein Ausländer den Schutz als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (dazu im Einzelnen § 3b AsylVfG) außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Ausnahmsweise ausgeschlossen ist dieser Flüchtlingsschutz in den Fällen des § 3 Abs. 2 bis 4 AsylVfG und des § 60 Abs. 8 des Aufenthaltsgesetzes ‑ AufenthG ‑. 22Als Verfolgung gelten gemäß § 3a AsylVfG Handlungen, die auf Grund ihrer Art und Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen bzw. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist, § 3a Abs. 1 AsylVfG. Die grundlegenden Menschenrechte in diesem Sinne sind insbesondere die Rechte, von denen nach Artikel 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (Folter, Sklaverei und Leibeigenschaft, keine Strafe ohne Gesetz). Als Verfolgung können unter anderem die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt gelten, aber auch gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, ebenso unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, ebenso die Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, ebenso Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die den Flüchtlingsschutz nach § 3 Abs. 2 AsylVfG ausschließen, sowie Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. 23Ausgehen kann die Verfolgung gemäß § 3b AsylVfG von dem Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, einschließlich internationaler Organisationen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. 24Schutz vor Verfolgung muss nach § 3d Abs. 2 AsylVfG wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn der Staat oder die Parteien bzw. Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat. Interner Schutz schließt dabei die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus, und zwar dann, wenn der Ausländer in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung im vorbeschriebenen Sinne hat und der Ausländer sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt, § 3e Abs. 1 AsylVfG. Ob ein solch interner Schutz besteht, ist unter Heranziehung der Vorgaben des § 3e Abs. 2 AsylVfG zu prüfen. 25Schließlich muss zwischen den Verfolgungsgründen und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen, § 3a Abs. 3 AsylVfG. 26Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 337, S. 9-26) - sog. Qualifikationsrichtlinie - RL 2011/95/EG privilegiert dabei den von ihm erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. 27Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 7. September 2010 - 10 C 11.09 -, vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, und vom 1. Juni 2011 - 10 C 10.10 u. 10 C 25.10 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -; OVG Saarland, Urteil vom 16. September 2011 - 3 A 352/09 -; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 4 LB 5/11 -. 28Im Übrigen folgt aus den in Art. 4 RL 2011/95/EG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Flucht vor Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu muss er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung droht. 29Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 RL 2004/83/EU: OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -. 30Ausgehend von diesen Grundsätzen steht dem Kläger im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG aufgrund einer Verfolgung wegen seiner Religion zu. Nach Überzeugung des Gerichts droht dem Kläger wegen der von ihm glaubhaft vorgetragenen Konversion zum Christentum und der damit verbundenen Apostasie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung jedenfalls durch nichtstaatliche Akteure. 31Nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten und öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Hierdurch wird auch und insbesondere die Religionsausübung in der Öffentlichkeit geschützt, so dass es unter Geltung der genannten Regelung dem Religionswechsler nicht mehr zuzumuten ist, öffentlich praktizierten Riten der Glaubensgemeinschaft − etwa Gottesdiensten oder Prozessionen − fernzubleiben, um staatliche Sanktionen zu vermeiden. 32Vgl. Europäische Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 5. September 2012 - verb. Rs. C-71/11 und C-99/11 -, juris; s. auch Marx, Verfolgung aus Gründen der Religion aus menschenrechtlicher Sicht – Anmerkungen zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 5. September 2012, ASYLMAGAZIN 2012, S. 327 ff. 33Der Glaubensangehörige ist insofern auch verfolgt, wenn er zu unzumutbaren Ausweichhandlungen genötigt ist, um der staatlichen Repression zu entkommen. Das ist der Fall, wenn er sich einer Bestrafung nur entziehen kann, indem er seine Religionszugehörigkeit leugnet und wirkungsvoll versteckt hält. 34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, juris Rz. 35, sowie zuvor bereits Beschlüsse vom 30. März 2011 - 9 A 567/11.A -, juris Rz. 15, und vom 30. Juli 2009 - 5 A 982/07.A - und - 5 A 1999/07.A -, juris Rz. 34 bzw. 37. 35Beruft sich der Schutzsuchende – wie hier – auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten, muss er die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist, lässt sich nicht allgemein beschreiben. Nach dem aus der Gesamtheit des Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahrens gewonnenen Eindruck muss sich der Schutzsuchende aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis gelöst und dem anderen Glauben zugewandt haben. Hat er eine christliche Religion angenommen, genügt es im Regelfall nicht, dass der Schutzsuchende lediglich formal zum Christentum übergetreten ist, indem er getauft wurde. Von einem Erwachsenen, der sich zum Bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im Regelfall erwartet werden, dass er mit den wesentlichen Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist. Welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner Persönlichkeit und seiner intellektuellen Disposition. Überdies wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, dass der Konvertit ernstlich gewillt ist, seine christliche Religion auch in seinem Heimatstaat auszuüben, wenn er seine Lebensführung bereits in Deutschland dauerhaft an den grundlegenden Geboten der neu angenommenen Konfession ausgerichtet hat. 36Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, juris Rz. 37 ff., sowie Beschlüsse vom 21. März 2012 - 13 A 674/12.A -, juris Rz. 5 ff., und vom 30. Juli 2009 - 5 A 982/07.A - und - 5 A 1999/07.A -, juris Rz. 41 ff. bzw. 44 ff. 37Nach dem persönlichen Eindruck, den das Gericht von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, bestehen keine Zweifel daran, dass er nicht nur formell, sondern ernsthaft vom Islam zum Christentum übergetreten ist und der christliche Glaube nunmehr seine religiöse Identität bestimmt. Das gesamte Vorbringen des Klägers zum Glaubenswechsel ist frei von Widersprüchen und Übertreibungen. Seine Ausführungen überzeugen inhaltlich und geben ein insgesamt stimmiges Bild ab. Der Kläger hat anschaulich beschrieben, wie für ihn der christliche Glaube als Botschaft von Frieden und Liebe im Unterschied zu den Formen des Islam, die er in seinem Heimatland bisher erlebt hatte, schon mit seiner ersten Ankunft in Europa für ihn bedeutsam wurde und sich im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit Glaubensfragen diese Bedeutung vertieft hat. 38Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, wie er auf den verschiedenen Stationen seiner Einreise nach Deutschland jeweils mit den dortigen kirchlichen Einrichtungen in Verbindung gekommen ist, wo er zunächst nur die karitativen Angebote wie Essens- und Bekleidungsspenden in Anspruch genommen, aber auf diesem Wege die ersten Erfahrungen mit der im Christentum gelebten Nächstenliebe gemacht hat. Mit den inhaltlichen christlichen Werten ist er dann in E1. über seinen Freund, der bereits getauft war, in Kontakt gekommen, die er dann über den Besuch des Religionsunterrichts und Gespräche mit dem Pastor vertieft hat. Auch wenn der Kläger nur über begrenzte deutsche Sprachkenntnisse verfügt, hat er das Gericht davon überzeugen können, dass er sich hinreichend verständigen kann, um sich über religiöse Inhalte austauschen zu können. 39Dass der Kläger am 17. Februar 2013 getauft wurde und mit der Taufe den Glaubenswechsel auch nach außen hin vollzogen hat, wird durch die bei Gericht eingereichte Taufurkunde und durch die weitere kirchliche Bescheinigung zu der vom Kläger auch überzeugend geschilderten Teilnahme am kirchlichen Leben belegt. 40Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines Abfalls vom moslemischen Glauben und der Zuwendung zum christlichen Glauben mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten muss, schwerwiegenden Ein- und Übergriffen auf seine körperliche Unversehrtheit jedenfalls durch nichtstaatliche Akteure ausgesetzt zu sein. Der Kläger kann dabei auch nicht auf etwaigen internen Schutz oder eine innerstaatliche Schutzalternative verwiesen werden. Dass die Konversion vom Islam zur christlichen Kirche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Afghanistan zu politischer Verfolgung führt, entspricht sowohl der bisherigen Rechtsprechung der Kammer, 41vgl. Urteil vom 15. September 2005 - 5a K 7039/03.A - (unter Hinweis u. a. auf Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 3. November 2004; amnesty international, Stellungnahme vom 28. Juli 2003; Danesch, Gutachten an VG Gießen vom 6. April 2004 und Gutachten an VG Braunschweig vom 13. Mai 2004) sowie zuletzt Urteil vom 9. September 2013 ‑ 5a K 45/11.A ‑, 42als auch – nach wie vor – der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bundesweit, 43vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2008 ‑ 20 A 3886/05.A -, Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteile vom 18. September 2008 - 8 UE 858/06.A - und vom 24. Juni 2010 - 8 A 290/09.A -, VG Lüneburg, Urteil vom 29. Dezember 2008 - 1 A 154/06 -, VG Meiningen, Urteile vom 16. September 2010 - 8 K 20101/09 Me - und vom 24. März 2011 - 8 K 20215/10 Me -, VG Trier, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 5 K 493/11.TR -, VG des Saarlandes, Urteile vom 28. März 2012 - 5 K 1037/10 und 5 K 181/11 -, VG Würzburg, Urteil vom 16. Februar 2012 - W 2 K 11.30264 -, und vom 24. September 2012 - W 2 K 11.30303 -, VG Magdeburg, Urteile vom 16. Juli 2012 - 5 A 72/11 MD - und vom 12. Oktober 2012 - 5 A 302/11 MD -, VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. Oktober 2012 - 12 A 194/10 -, VG Minden, Urteil vom 14. November 2012- 3 K 2791/11.A -, jeweils zitiert nach juris. 44Die Kammer hält auch und gerade angesichts der aktuellen Erkenntnisquellen zur Situation der zum christlichen Glauben konvertierten Moslems, 45vgl. u. a. Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 4. Juni 2013, S. 11 und vom 31. März 2014, S. 11 f.; Bericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zur „Lage der Religionsgemeinschaften in ausgewählten islamischen Ländern“, August 2011, S. 7 ff.; UNHCR-Richtline zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 24. März 2011, S. 6 der zusammenfassenden Übersetzung; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan Update vom 3. September 2012, 23. August 2011 und 11. August 2009; amnesty international, AI-Report 2011 Afghanistan vom 10. März 2011 bzw. 12. Mai 2011 sowie AI-Report 2012 Afghanistan vom 23. Mai 2012; Internationale Gesellschaft für Menschenrechte, „Situation christlicher Konvertiten in Afghanistan vom 27. Februar 2008, zitiert nach VG Würzburg, Urteil vom 24. September 2012 - W 2 K 11.30303 -, 46an dieser Rechtsprechung fest. 47Nach alledem ist daher der Klage mit dem Hauptantrag hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 AsylVfG stattzugeben. Auf die Hilfsanträge kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an. 48Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO, Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben. 49Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. | die beklagte wird unter aufhebung der nummern 2. bis 4. des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 13. märz 2012 verpflichtet, dem kläger die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.im übrigen wird die klage abgewiesen.der kläger und die beklagte tragen die kosten des verfahrens je zur hälfte.gerichtskosten werden nicht erhoben.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die parteien dürfen die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des jeweils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige gläubiger zuvor sicherheit in derselben höhe leistet. 1 | 2der am 24. august 1993 geborene kläger ist afghanischer staatsangehöriger islamischer religion; er gehört der volksgruppe der hazara an. 3er hat sich bis zu seiner ausreise in der provinz h. , ortschaft h1. , aufgehalten. im jahre 2008 ging er für einige wochen nach pakistan, von dort aus in den iran. nach einem weiteren monat kam er weiter in die türkei und nach weiteren drei wochen nach griechenland. dort hielt er sich mehrere monate illegal auf. nach einem 2-3 monatigen gefängnisaufenthalt wurde er im februar 2010 in die türkei zurückgeschickt. nach einigen monaten kam er über italien und frankreich ende juli 2010 nach deutschland, wo er am 27. september 2010 einen asylantrag stellte. 4bei der anhörung durch das bundesamt für migration und flüchtlinge ‑ bundesamt ‑ am 19. januar 2012 in dortmund gab der kläger an, dass er der volksgruppe der hazara angehöre. er habe mit seinem bruder vorübergehend in pakistan gelebt. sein bruder habe ihm nach einiger zeit gesagt, afghanistan sei wieder ruhig, sie könnten dorthin zurückkehren. da sie als hazara in pakistan schwierigkeiten gehabt hätten, seien sie nach afghanistan zurückgekehrt. drei bis vier monate später sei sein bruder zwei bis drei tage nicht nach hause zurückgekehrt. von seiner schwägerin habe er erfahren, dass sein bruder mit dem informationsdienst und mit der geheimpolizei in afghanistan zusammengearbeitet habe, sie habe geraten, wieder nach pakistan auszureisen. in pakistan habe der kläger dann feststellen müssen, dass sein bruder nicht da war. nach auskunft seiner schwägerin hätten sich die taliban mit ihm in verbindung gesetzt und ihn aufgefordert, mit ihnen zu arbeiten; sie hätten ihm eine bessere bezahlung angeboten als bei der afghanischen regierung. der bruder sei jedoch verschwunden geblieben. seine schwägerin habe ihn nicht aufnehmen können. wegen der gefahr, ebenfalls opfer eines anschlags zu werden, sei es besser auszureisen. persönlich sei dem kläger weder in afghanistan noch in pakistan etwas besonderes zugestoßen. er fürchte, bei einer rückkehr würde man ihn zwingen, terroristisch aktiv zu werden, vielleicht müsste er an einem selbstmordkommando teilnehmen. er wäre in afghanistan auf sich allein gestellt. psychisch sei er wegen der gesamten vorkommnisse sehr belastet; er werde mit einem antidepressivum (doxepin) behandelt. 5die kinder- und jugendlichenpsychotherapeutin m. c. diagnostizierte mit attest vom 4. februar 2012 eine mittelgradige depressive episode sowie den verdacht auf posttraumatische belastungsstörung. 6mit bescheid vom 13. märz 2012 lehnte das bundesamt den asylantrag des klägers ab und verneinte die voraussetzungen der zuerkennung seiner flüchtlingseigenschaft. ferner stellte es fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 2 bis 7 des aufenthaltsgesetzes ‑ aufenthg ‑ nicht vorlägen. der kläger wurde aufgefordert, die bunderepublik innerhalb von 30 tagen nach bekanntgabe der entscheidung, im falle der klageerhebung innerhalb von 30 tagen nach unanfechtbarem abschluss des asylverfahrens zu verlassen. im falle der nicht fristgerechten ausreise würde der kläger nach afghanistan oder in einen anderen staat abgeschoben, in den er ausreisen dürfte oder der zu seiner rückübernahme verpflichtet sei. 7der kläger hat am 27. märz 2012 klage erhoben, die bislang nicht weiter begründet wurde. der kläger hat einen nachweis darüber vorgelegt, dass er am 17. februar 2013 vom gemeindepfarrer der rumänisch-orthodoxen t. . k. kirche in e. , n. c1. , getauft worden ist. 8der kläger beantragt, 9die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 13. märz 2012 zu verpflichten, den kläger als asylberechtigten anzuerkennen sowie dem kläger die flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,hilfsweise, 10die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 13. märz 2012 zu nrn. 3. und 4. zu verpflichten, festzustellen, dass dem kläger subsidiärer schutz zu gewähren ist, 11äußerst hilfsweise,die beklagte unter aufhebung des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 13. märz 2012 zu nrn. 3. und 4. zu verpflichten, festzustellen, dass abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 des aufenthaltsgesetzes vorliegen. 12die beklagte beantragt (schriftsätzlich), 13die klage abzuweisen. 14zur begründung bezieht sie sich auf den inhalt des angefochtenen bescheides. 15mit beschluss vom 15. november 2013 hat die kammer dem berichterstatter den rechtsstreit als einzelrichter zur entscheidung übertragen. 16wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der von der beklagten vorgelegten verwaltungsvorgänge bezug genommen. 17 | 18die klage hat in dem nach § 77 abs. 1 satz 1 des asylverfahrensgesetzes ‑ asylvfg - maßgeblichen zeitpunkt der letzten gerichtlichen tatsachenentscheidung teilweise erfolg. sie ist insgesamt zulässig und im tenorierten umfang begründet. der bescheid der beklagten vom 13. märz 2012 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, da er einen anspruch auf die begehrte verpflichtung zur feststellung seiner flüchtlingseigenschaft hat, § 113 abs. 5 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo ‑. 191. der kläger hat keinen anspruch auf anerkennung als asylberechtigter gemäß art. 16a abs. 1 des grundgesetzes ‑ gg ‑. insofern wird auf die ausführungen im angefochtenen bescheid gemäß § 77 abs. 2 asylvfg mit der maßgabe bezug genommen, dass einer anerkennung als asylberechtigter nach art. 16a abs. 2 gg in verbindung mit § 26a asylvfg der umstand entgegensteht, dass der kläger bei seiner letzten einreise aus der türkei kommend über italien und frankreich und damit über mitgliedstaaten der europäischen gemeinschaften in die bundesrepublik deutschland eingereist ist. 202. der kläger hat dagegen einen anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 und 4 asylvfg. 21nach § 3 abs. 1 asylvfg genießt ein ausländer den schutz als flüchtling im sinne des abkommens über die rechtsstellung der flüchtlinge vom 28. juli 1951 - genfer flüchtlingskonvention -, wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe (dazu im einzelnen § 3b asylvfg) außerhalb des landes befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will oder in dem er als staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser furcht nicht zurückkehren will. ausnahmsweise ausgeschlossen ist dieser flüchtlingsschutz in den fällen des § 3 abs. 2 bis 4 asylvfg und des § 60 abs. 8 des aufenthaltsgesetzes ‑ aufenthg ‑. 22als verfolgung gelten gemäß § 3a asylvfg handlungen, die auf grund ihrer art und wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen bzw. in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen, einschließlich einer verletzung der menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher weise betroffen ist, § 3a abs. 1 asylvfg. die grundlegenden menschenrechte in diesem sinne sind insbesondere die rechte, von denen nach artikel 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutz der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk) keine abweichung zulässig ist (folter, sklaverei und leibeigenschaft, keine strafe ohne gesetz). als verfolgung können unter anderem die anwendung physischer oder psychischer gewalt, einschließlich sexueller gewalt gelten, aber auch gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender weise angewandt werden, ebenso unverhältnismäßige oder diskriminierende strafverfolgung oder bestrafung, ebenso die verweigerung gerichtlichen rechtsschutzes mit dem ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden bestrafung, ebenso strafverfolgung oder bestrafung wegen verweigerung des militärdienstes in einem konflikt, wenn der militärdienst verbrechen oder handlungen umfassen würde, die den flüchtlingsschutz nach § 3 abs. 2 asylvfg ausschließen, sowie handlungen, die an die geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen kinder gerichtet sind. 23ausgehen kann die verfolgung gemäß § 3b asylvfg von dem staat, von parteien oder organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen akteuren, sofern der staat oder die parteien oder organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebietes beherrschen, einschließlich internationaler organisationen, erwiesenermaßen nicht in der lage oder nicht willens sind, schutz vor verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem land eine staatliche herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. 24schutz vor verfolgung muss nach § 3d abs. 2 asylvfg wirksam und darf nicht nur vorübergehender art sein. generell ist ein solcher schutz gewährleistet, wenn der staat oder die parteien bzw. organisationen einschließlich internationaler organisationen, die den staat oder einen wesentlichen teil des staatsgebietes beherrschen, geeignete schritte einleiten, um die verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame rechtsvorschriften zur ermittlung, strafverfolgung und ahndung von handlungen, die eine verfolgung darstellen, und wenn der ausländer zugang zu diesem schutz hat. interner schutz schließt dabei die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft aus, und zwar dann, wenn der ausländer in einem teil seines herkunftslandes keine begründete furcht vor verfolgung oder zugang zu schutz vor verfolgung im vorbeschriebenen sinne hat und der ausländer sicher und legal in diesen landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt, § 3e abs. 1 asylvfg. ob ein solch interner schutz besteht, ist unter heranziehung der vorgaben des § 3e abs. 2 asylvfg zu prüfen. 25schließlich muss zwischen den verfolgungsgründen und den verfolgungshandlungen oder dem fehlen von schutz vor solchen handlungen eine verknüpfung bestehen, § 3a abs. 3 asylvfg. 26hinsichtlich des prognosemaßstabs ist bei der prüfung der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft der maßstab der beachtlichen wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eg des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 über normen für die anerkennung von drittstaatsangehörigen oder staatenlosen als personen mit anspruch auf internationalen, für einen einheitlichen status für flüchtlinge oder für personen mit anrecht auf subsidiären schutz und für den inhalt des zu gewährenden schutzes (abl. eu nr. l 337, s. 9-26) - sog. qualifikationsrichtlinie - rl 2011/95/eg privilegiert dabei den von ihm erfassten personenkreis bei einer vorverfolgung durch eine beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften wahrscheinlichkeitsmaßstab. 27vgl. zur vorgängerregelung in art. 4 abs. 4 rl 2004/83/eg: bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteile vom 7. september 2010 - 10 c 11.09 -, vom 27. april 2010 - 10 c 5.09 -, und vom 1. juni 2011 - 10 c 10.10 u. 10 c 25.10 -; oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -; ovg saarland, urteil vom 16. september 2011 - 3 a 352/09 -; ovg schleswig-holstein, urteil vom 6. oktober 2011 - 4 lb 5/11 -. 28im übrigen folgt aus den in art. 4 rl 2011/95/eg geregelten mitwirkungs- und darlegungsobliegenheiten des antragstellers, dass es auch unter berücksichtigung der vorgaben dieser richtlinie sache des ausländers ist, die gründe für seine flucht vor verfolgung schlüssig vorzutragen. dazu muss er unter angabe genauer einzelheiten einen in sich stimmigen sachverhalt schildern, aus dem sich bei wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger würdigung eine verfolgung droht. 29vgl. zur vorgängerregelung in art. 4 rl 2004/83/eu: ovg nrw, urteil vom 17. august 2010 - 8 a 4063/06.a -. 30ausgehend von diesen grundsätzen steht dem kläger im entscheidungserheblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 nr. 1 asylvfg aufgrund einer verfolgung wegen seiner religion zu. nach überzeugung des gerichts droht dem kläger wegen der von ihm glaubhaft vorgetragenen konversion zum christentum und der damit verbundenen apostasie im falle einer rückkehr nach afghanistan mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine verfolgung jedenfalls durch nichtstaatliche akteure. 31nach § 3b abs. 1 nr. 2 asylvfg umfasst der begriff der religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische glaubensüberzeugungen, die teilnahme oder nichtteilnahme an religiösen riten im privaten und öffentlichen bereich, allein oder in gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse betätigungen oder meinungsäußerungen und verhaltensweisen einzelner oder einer gemeinschaft, die sich auf eine religiöse überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. hierdurch wird auch und insbesondere die religionsausübung in der öffentlichkeit geschützt, so dass es unter geltung der genannten regelung dem religionswechsler nicht mehr zuzumuten ist, öffentlich praktizierten riten der glaubensgemeinschaft − etwa gottesdiensten oder prozessionen − fernzubleiben, um staatliche sanktionen zu vermeiden. 32vgl. europäische gerichtshof (eugh), urteil vom 5. september 2012 - verb. rs. c-71/11 und c-99/11 -, juris; s. auch marx, verfolgung aus gründen der religion aus menschenrechtlicher sicht – anmerkungen zur entscheidung des europäischen gerichtshofes vom 5. september 2012, asylmagazin 2012, s. 327 ff. 33der glaubensangehörige ist insofern auch verfolgt, wenn er zu unzumutbaren ausweichhandlungen genötigt ist, um der staatlichen repression zu entkommen. das ist der fall, wenn er sich einer bestrafung nur entziehen kann, indem er seine religionszugehörigkeit leugnet und wirkungsvoll versteckt hält. 34vgl. ovg nrw, urteil vom 7. november 2012 - 13 a 1999/07.a -, juris rz. 35, sowie zuvor bereits beschlüsse vom 30. märz 2011 - 9 a 567/11.a -, juris rz. 15, und vom 30. juli 2009 - 5 a 982/07.a - und - 5 a 1999/07.a -, juris rz. 34 bzw. 37. 35beruft sich der schutzsuchende – wie hier – auf eine verfolgungsgefährdung mit der begründung, er sei in deutschland zu einer in seinem herkunftsland bekämpften religion übergetreten, muss er die inneren beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur konversion veranlasst haben. es muss festgestellt werden können, dass die hinwendung zu der angenommenen religion auf einer festen überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen einstellungswandel und nicht auf opportunitätserwägungen beruht, und der glaubenswechsel nunmehr die religiöse identität des schutzsuchenden prägt. wann eine solche prägung anzuerkennen ist, lässt sich nicht allgemein beschreiben. nach dem aus der gesamtheit des verwaltungs- und gerichtlichen verfahrens gewonnenen eindruck muss sich der schutzsuchende aus voller innerer überzeugung von seinem bisherigen bekenntnis gelöst und dem anderen glauben zugewandt haben. hat er eine christliche religion angenommen, genügt es im regelfall nicht, dass der schutzsuchende lediglich formal zum christentum übergetreten ist, indem er getauft wurde. von einem erwachsenen, der sich zum bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im regelfall erwartet werden, dass er mit den wesentlichen grundzügen seiner neuen religion vertraut ist. welche anforderungen im einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner persönlichkeit und seiner intellektuellen disposition. überdies wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, dass der konvertit ernstlich gewillt ist, seine christliche religion auch in seinem heimatstaat auszuüben, wenn er seine lebensführung bereits in deutschland dauerhaft an den grundlegenden geboten der neu angenommenen konfession ausgerichtet hat. 36vgl. ovg nrw, urteil vom 7. november 2012 - 13 a 1999/07.a -, juris rz. 37 ff., sowie beschlüsse vom 21. märz 2012 - 13 a 674/12.a -, juris rz. 5 ff., und vom 30. juli 2009 - 5 a 982/07.a - und - 5 a 1999/07.a -, juris rz. 41 ff. bzw. 44 ff. 37nach dem persönlichen eindruck, den das gericht von dem kläger in der mündlichen verhandlung gewonnen hat, bestehen keine zweifel daran, dass er nicht nur formell, sondern ernsthaft vom islam zum christentum übergetreten ist und der christliche glaube nunmehr seine religiöse identität bestimmt. das gesamte vorbringen des klägers zum glaubenswechsel ist frei von widersprüchen und übertreibungen. seine ausführungen überzeugen inhaltlich und geben ein insgesamt stimmiges bild ab. der kläger hat anschaulich beschrieben, wie für ihn der christliche glaube als botschaft von frieden und liebe im unterschied zu den formen des islam, die er in seinem heimatland bisher erlebt hatte, schon mit seiner ersten ankunft in europa für ihn bedeutsam wurde und sich im rahmen seiner auseinandersetzung mit glaubensfragen diese bedeutung vertieft hat. 38der kläger hat in der mündlichen verhandlung nachvollziehbar dargelegt, wie er auf den verschiedenen stationen seiner einreise nach deutschland jeweils mit den dortigen kirchlichen einrichtungen in verbindung gekommen ist, wo er zunächst nur die karitativen angebote wie essens- und bekleidungsspenden in anspruch genommen, aber auf diesem wege die ersten erfahrungen mit der im christentum gelebten nächstenliebe gemacht hat. mit den inhaltlichen christlichen werten ist er dann in e1. über seinen freund, der bereits getauft war, in kontakt gekommen, die er dann über den besuch des religionsunterrichts und gespräche mit dem pastor vertieft hat. auch wenn der kläger nur über begrenzte deutsche sprachkenntnisse verfügt, hat er das gericht davon überzeugen können, dass er sich hinreichend verständigen kann, um sich über religiöse inhalte austauschen zu können. 39dass der kläger am 17. februar 2013 getauft wurde und mit der taufe den glaubenswechsel auch nach außen hin vollzogen hat, wird durch die bei gericht eingereichte taufurkunde und durch die weitere kirchliche bescheinigung zu der vom kläger auch überzeugend geschilderten teilnahme am kirchlichen leben belegt. 40bei dieser sachlage ist davon auszugehen, dass der kläger bei einer rückkehr nach afghanistan aufgrund seines abfalls vom moslemischen glauben und der zuwendung zum christlichen glauben mit beachtlicher wahrscheinlichkeit befürchten muss, schwerwiegenden ein- und übergriffen auf seine körperliche unversehrtheit jedenfalls durch nichtstaatliche akteure ausgesetzt zu sein. der kläger kann dabei auch nicht auf etwaigen internen schutz oder eine innerstaatliche schutzalternative verwiesen werden. dass die konversion vom islam zur christlichen kirche mit beachtlicher wahrscheinlichkeit in afghanistan zu politischer verfolgung führt, entspricht sowohl der bisherigen rechtsprechung der kammer, 41vgl. urteil vom 15. september 2005 - 5a k 7039/03.a - (unter hinweis u. a. auf lagebericht des auswärtigen amtes vom 3. november 2004; amnesty international, stellungnahme vom 28. juli 2003; danesch, gutachten an vg gießen vom 6. april 2004 und gutachten an vg braunschweig vom 13. mai 2004) sowie zuletzt urteil vom 9. september 2013 ‑ 5a k 45/11.a ‑, 42als auch – nach wie vor – der verwaltungsgerichtlichen rechtsprechung bundesweit, 43vgl. ovg nrw, urteil vom 19. juni 2008 ‑ 20 a 3886/05.a -, hessischer verwaltungsgerichtshof, urteile vom 18. september 2008 - 8 ue 858/06.a - und vom 24. juni 2010 - 8 a 290/09.a -, vg lüneburg, urteil vom 29. dezember 2008 - 1 a 154/06 -, vg meiningen, urteile vom 16. september 2010 - 8 k 20101/09 me - und vom 24. märz 2011 - 8 k 20215/10 me -, vg trier, urteil vom 26. oktober 2011 - 5 k 493/11.tr -, vg des saarlandes, urteile vom 28. märz 2012 - 5 k 1037/10 und 5 k 181/11 -, vg würzburg, urteil vom 16. februar 2012 - w 2 k 11.30264 -, und vom 24. september 2012 - w 2 k 11.30303 -, vg magdeburg, urteile vom 16. juli 2012 - 5 a 72/11 md - und vom 12. oktober 2012 - 5 a 302/11 md -, vg schleswig-holstein, urteil vom 26. oktober 2012 - 12 a 194/10 -, vg minden, urteil vom 14. november 2012- 3 k 2791/11.a -, jeweils zitiert nach juris. 44die kammer hält auch und gerade angesichts der aktuellen erkenntnisquellen zur situation der zum christlichen glauben konvertierten moslems, 45vgl. u. a. lageberichte des auswärtigen amtes vom 4. juni 2013, s. 11 und vom 31. märz 2014, s. 11 f.; bericht des bundesamtes für migration und flüchtlinge zur „lage der religionsgemeinschaften in ausgewählten islamischen ländern“, august 2011, s. 7 ff.; unhcr-richtline zur feststellung des internationalen schutzbedarfs afghanischer asylsuchender vom 24. märz 2011, s. 6 der zusammenfassenden übersetzung; schweizerische flüchtlingshilfe, afghanistan update vom 3. september 2012, 23. august 2011 und 11. august 2009; amnesty international, ai-report 2011 afghanistan vom 10. märz 2011 bzw. 12. mai 2011 sowie ai-report 2012 afghanistan vom 23. mai 2012; internationale gesellschaft für menschenrechte, „situation christlicher konvertiten in afghanistan vom 27. februar 2008, zitiert nach vg würzburg, urteil vom 24. september 2012 - w 2 k 11.30303 -, 46an dieser rechtsprechung fest. 47nach alledem ist daher der klage mit dem hauptantrag hinsichtlich der zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 in verbindung mit abs. 4 asylvfg stattzugeben. auf die hilfsanträge kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an. 48die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 vwgo, gerichtskosten werden nach § 83b asylvfg nicht erhoben. 49die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung. | Klaeger*in | 1 |
336,416 | 3 K 11255/17 | 2021-03-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am geborene Kläger stand als Beamter im Schuldienst des Beklagten. Mit Bescheid vom 30. November 2011 bewilligte ihm die C. N. auf seinen Antrag Teilzeitbeschäftigung als Altersteilzeit im sogenannten Blockmodell unter gleichzeitigem Wegfall der Altersermäßigung. Dabei wurden für die Arbeitsphase der Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. Juli 2013 mit 18,3 Wochenstunden und der Zeitraum vom 1. August 2013 bis zum 30. Juli 2015 mit 15,5 Wochenstunden sowie für die Freistellungsphase der Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2017 festgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Beiakte Heft 4 verwiesen. 3Mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 wies die C. N. den Kläger darauf hin, dass sich für ihn infolge der Anhebung der versorgungsrechtlichen Altersgrenze durch das am 1. Juni 2013 in Kraft getretene Dienstrechtsanpassungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen bei unveränderter Umsetzung der genehmigten Teilzeitbeschäftigung bei der späteren Festsetzung seiner Versorgungsbezüge ein Versorgungsabschlag ergeben werde, zu dessen Abwendung er einen Antrag auf Verlängerung der Arbeitsphase stellen könne. Der Kläger beantragte daraufhin eine Versorgungsauskunft, die ihm das unter dem 13. Dezember 2013 erteilte. Wegen der Einzelheiten der Versorgungsauskunft wird auf die Blätter 22 bis 51 der Beiakte Heft 2 verwiesen. 4Nachdem ihm die C. N. mit E-Mail vom 6. Mai 2014 die in Betracht kommenden Gestaltungsmöglichkeiten einer verlängerten Arbeitsphase mitgeteilt hatte, erklärte der Kläger unter dem 22. Juni 2014, er wünsche keine Veränderung der Festlegungen aus dem Bewilligungsbescheid vom 30. November 2011. 5Mit Ablauf des 31. Juli 2017 wurde der Kläger zur Ruhe gesetzt. Mit Bescheid vom 3. April 2017 setzte das seine Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags fest, den es in Ansehung des Zeitraums zwischen dem Beginn des Ruhestands und einer für den Kläger maßgeblichen Altersgrenze von 65 Jahren und sechs Monaten mit 1,19 v.H. ermittelte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Blätter 5 bis 25 der Beiakte Heft 1 verwiesen. 6Den gegen den Bescheid vom 3. April 2017 vom Kläger am 2. Mai 2017 erhobenen Widerspruch wies das mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2017 zurück. 7Der Kläger hat am 24. Oktober 2017 Klage erhoben, mit der er sich gegen den Versorgungsabschlag wendet. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Bei Bewilligung der Altersteilzeit habe er nicht mit einem Versorgungsabschlag rechnen müssen. Durch das Dienstrechtsanpassungsgesetz könne ihm diese Rechtsposition nicht nachträglich wieder entzogen werden. Vom sei ihm zudem keine Änderung seines Stundenvolumens während der Arbeitsphase vorgeschlagen worden. Eine konkrete Berechnung abweichender Gestaltungsmöglichkeiten zur Abwendung des Versorgungsabschlags sei ihm erst durch die E-Mail der C. vom 6. Mai 2014 bekannt geworden. Die zu diesem Zeitpunkt noch verbliebenen Alternativen seien mit einer Erhöhung der Arbeitsbelastung verbunden gewesen, die für ihn aufgrund seiner gesundheitlichen Konstitution nicht in Betracht gekommen sei. Bei rechtzeitiger Information hätte für ihn die Möglichkeit bestanden, den Versorgungsabschlag abzuwenden. 8Der Kläger beantragt, 9das beklagte Land unter Abänderung des Bescheides über Versorgungsbezüge des vom 3. April 2017 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2017 zu verpflichten, an ihn Versorgungsbezüge ohne Versorgungsabschlag zu zahlen. 10Der Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Er macht im Wesentlichen geltend: Für die Berechnung der Versorgungsbezüge sei die Rechtslage im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls maßgeblich. Mit der Gewährung der Altersteilzeit sei keine Entscheidung über die Höhe späterer Versorgungsbezüge verbunden gewesen. Die Erhöhung der Regelaltersgrenze durch das Dienstrechtsmodernisierungsgesetz habe den Kläger nicht in stärkerem Maße betroffen als anderen Beamte, die sich für einen vorgezogenen Ruhestand entschieden hätten. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 5) Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Kammer entscheidet aufgrund der übereinstimmenden Verzichtserklärungen der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. 16Die Klage hat keinen Erfolg. 17Die Klage richtet sich auf die Verpflichtung des Beklagten, die Versorgungsbezüge des Klägers unter teilweiser Aufhebung des angegriffenen Festsetzungsbescheides des ohne den darin vorgenommenen Versorgungsabschlag neu festzusetzen. Darin erschöpft sich das Klagebegehren. Ein etwaiger Anspruch des Klägers, vom Beklagten im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als erfülle er die Voraussetzungen für eine abschlagsfreie Festsetzung seiner Versorgung, ist bei verständiger Würdigung des Rechtsschutzziels nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Dem Wortlaut des Klageantrags ist kein Anhalt für die Geltendmachung eines Schadensersatzbegehrens zu entnehmen. Auch in der Begründung der Klage kommt der Wille, ein solches Begehren in den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens einzubeziehen, nicht eindeutig zum Ausdruck. Der Kläger hat im Gegenteil mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 29. Januar 2018 ausdrücklich erklärt, er behalte sich den Weg des Schadensersatzes gegen das Land vor. Ein anderes Verständnis des Klageziels widerspräche zudem den Interessen des Klägers, weil es zu einem unzulässigen Antrag führen würde. Der Beamte ist gehalten, einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch vor Klageerhebung gegenüber dem Dienstherrn geltend zu machen und so zu konkretisieren, dass dieser darüber entscheiden kann, sowie gegen eine die Leistung von Schadensersatz ablehnende Entscheidung des Dienstherrn zunächst Widerspruch zu erheben. 18Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2001 – 2 C 48.00 –, juris, Rn. 15; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Juli 2016 – 4 S 757/15 –, juris, Rn. 21, 22; VG Kassel, Urteile vom 8. April 2020 – 1 K 1016/19.KS –, juris, Rn. 37, 38, und vom 1. April 2019 – 1 K 2462/15.KS –, juris, Rn. 48;VG Gießen, Urteil vom 17. Februar 2005 – 5 E 1010/04 –, juris, Rn. 14, 15. 19An diesen Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Gerichts über einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch fehlt es vorliegend. 20Die so ausgelegte, statthafte Verpflichtungsklage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Versorgungsbescheid des vom 3. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des vom 22. September 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Festsetzung seiner Versorgungsbezüge ohne einen Versorgungsabschlag von 1,19 v.H. 21Der dem Kläger zustehende Versorgungsbezug richtet sich nach den zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls geltenden Bestimmungen das Beamtenversorgungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, 387) – LBeamtVG NRW -. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LBeamtVG NRW vermindert sich das Ruhegehalt um 3,6 Prozent für jedes Jahr, um das die Beamtin oder der Beamte vor Ablauf des Monats, in dem sie oder er die für sie oder ihn geltende gesetzliche Altersgrenze erreicht, nach § 33 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1, § 114 Abs. 3 oder § 117 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes in den Ruhestand versetzt wird, höchstens jedoch um 14,4 Prozent. Diese Vorschrift ist nach der Übergangsregelung zur Anhebung des Ruhestandseintrittsalters in § 91 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG NRW für Beamtinnen und Beamte, die nach dem 30. Juni 2016 in den Ruhestand versetzt werden, mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze die Vollendung des 65. Lebensjahres tritt, wenn sie vor Ablauf des 31. Dezember 2012 eine Altersteilzeitbeschäftigung nach § 65 des Landesbeamtengesetzes in der bis zum 31. Mai 2013 geltenden Fassung angetreten haben und am 1. August 2013 voll vom Dienst freigestellt sind. 22Diese Regelungen sind mit höherrangigem Recht vereinbar. 23Die seit dem 1. Januar 1992 im Versorgungsrecht des Bundes geregelte und in das LBeamtVG NRW übernommene Verminderung des Ruhegehalts bei vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand dient dem Zweck, die längere Bezugsdauer der Versorgung auszugleichen. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) stehen der damit verbundenen Einführung eines zusätzlichen Zeitfaktors, der die Höhe der Versorgungsbezüge an das Lebensalter bei Eintritt des Versorgungsfalls knüpft, nicht entgegen. 24Vgl. BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 – 2 BvR 1387/02 –, juris, Nichtannahmebeschluss vom 20. Juni 2006 – 2 BvR 361/03 –, juris, Rn. 12, 17; BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2004 – 2 C 20.03 – und 2 C 12.03 –, juris. 25Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die Anhebung der versorgungsrechtlichen Altersgrenze im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Übergangsvorschrift in § 91 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG NRW nicht gegen das verfassungsrechtlich verankerte Rückwirkungsverbot. In der Beschränkung der darin angeordneten Fortgeltung der vor Inkrafttreten des Dienstrechtsanpassungsgesetzes geltenden Altersgrenze auf solche Beamte, die vor Ablauf des 31. Dezember 2012 eine Altersteilzeitbeschäftigung angetreten haben und die zudem am 1. August 2013 voll vom Dienst freigestellt waren, liegt im Hinblick auf Beamte, die sich - wie der Kläger - zum Zeitpunkt der Anhebung der versorgungsrechtlichen Altersgrenze in der sogenannten Arbeitsphase der Altersteilzeit befanden, keine - verfassungsrechtlich nur in engen Grenzen zulässige - Rückbewirkung von Rechtsfolgen, sondern lediglich eine tatbestandliche Rückanknüpfung. Eine solche „unechte“ Rückwirkung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 26z.B. Beschluss vom 2. Mai 2012 – 2 BvL 5/10 –, juris, Rn. 66, 27gegeben, soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach der Verkündung eintreten, tatbestandlich aber bereits von einem ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgehen. Dies trifft auf die angesprochene Fallgruppe zu, da die Beamten während der Altersteilzeit im Blockmodell die bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsanpassungsgesetzes geltende Altersgrenze noch nicht erreicht und mithin eine versorgungsrechtlich gesicherte Rechtsposition noch nicht erworben hatten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Bewilligung der Altersteilzeit. Damit ist keine auch nur mittelbarer Entscheidung über eine künftige Versorgung in bestimmter Höhe getroffen worden. 28Vgl. BayVGH, Beschluss vom 6. März 2017 – 3 ZB 16.868 –, juris, Rn. 19, 20. 29Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich zulässig, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der Rechtsänderung rechtfertigen Gründe die Grenzen der Zumutbarkeit gewahrt bleibt. 30Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 2012 – 2 BvL 5/10 –, juris, Rn. 73 ff., und vom 7. Juli 2010 – 2 BvL 14/02 –, juris, Rn. 58. 31Diesen Anforderungen genügt die in Rede stehende, aus Anlass der Anhebung des Ruhestandseintrittsalters in das LBeamtVG NRW eingefügte Übergangsvorschrift. Deren Zweck ist es, eventuelle Härten für solche Beamten abzumildern, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Dienstrechtsanpassungsgesetzes in der Altersteilzeit befanden und ihre Lebensplanung möglicherweise auf die vorherige Rechtslage ausgerichtet hatten. 32Bei der gebotenen Gewichtung des Interesses auf Seiten der Beamten ist dabei zu berücksichtigen, dass der Bürger grundsätzlich nicht darauf vertrauen kann, dass eine für ihn günstige gesetzliche Regelung bestehen bleibt. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes, der im Bereich des Beamtenversorgungsrechts durch Art. 33 Abs. 5 GG seine besondere Ausprägung erfahren hat, gebietet nicht, den von einer bestimmten Rechtslage Begünstigten vor jeder Enttäuschung seiner Erwartung in deren Fortbestand zu bewahren. Allerdings haben die Grundsätze des Vertrauensschutzes im Recht der Beamtenversorgung besondere Bedeutung: In der Langfristigkeit gegebenenfalls notwendiger Dispositionen wird im Versorgungsrecht ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen begründet. Hierbei ist jedoch andererseits zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber gerade auch bei notwendigerweise langfristig angelegten Alterungssicherungssystemen die Möglichkeit haben muss, aus Gründen des Allgemeinwohls an früheren Entscheidungen nicht mehr festzuhalten und Neuregelung zu treffen, die den gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen. 33Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. Juni 2006– 2 BvR 361/03 –, juris, Rn. 22. 34Der in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Anspruch auf eine amtsangemessene Versorgung beschränkt sich daher grundsätzlich auf eine Versorgung nach den zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls geltenden, verfassungsmäßigen Regelungen. 35Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 2 C 12/03 –, juris, Rn. 15 ff. 36Daraus folgt, dass das Vertrauen der zum Zeitpunkt der Anhebung der Altersgrenze in der Arbeitsphase der Altersteilzeit tätig gewesenen Beamten in den Fortbestand der Rechtslage nicht generell schutzwürdiger ist als das öffentliche Interesse an deren Änderung. Es kann dahinstehen, ob vor diesem Hintergrund im Zuge der Anhebung der versorgungsrechtlichen Altersgrenze Übergangsrecht im Hinblick auf den Versorgungsabschlag verfassungsrechtlich überhaupt zwingend geboten war. 37Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 15. März 2026 – AN 1 K 15.02574 –, juris, Rn. 74. 38Die hier zu beurteilende Übergangsbestimmung trägt jedenfalls in ihrer konkreten Ausgestaltung dem Vertrauen der in der Weise des Klägers betroffenen Beamten hinreichend Rechnung, indem sie für diese die Möglichkeit schafft, ihre Altersteilzeit an die neue gesetzliche Regelung anzupassen und eine drohende Kürzung der Versorgungsbezüge durch eine Verlängerung der Arbeitsphase abzuwenden. 39Vgl. VG Kassel, Urteil vom 1. April 2019 – 1 K 2462/15.KS –, juris, Rn. 35, zur vergleicheren Rechtslage nach dem Hess. Beamtengesetz. 40Dies gilt zumindest für den typischen Fall und mithin für die große Mehrzahl der während der Arbeitsphase der Altersteilzeit von der Anhebung der Altersgrenze betroffenen gewesenen Beamten. Kein Maßstab für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Norm nach den oben dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine tatbestandliche Rückanknüpfung ist die lückenlose Erfassung jedes denkbaren Einzelfalls. Die vom Kläger geltend gemachten besonderen Umstände, die ihn an der Inanspruchnahme einer Verlängerung bzw. Intensivierung seiner Arbeitsphase gehindert hätten, sind daher nicht geeignet, die Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Regelungen in Zweifel zu ziehen. 41Die Anwendung der Bestimmungen des § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG NRW führt im Streitfall zu keinem geringeren als dem vom Beklagten ermittelten Versorgungsabschlag von 1,19 v.H.. Die Kammer folgt insoweit der zutreffenden Begründung des angegriffenen Widerspruchsbescheides und sieht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Gegen die Berechnung der Höhe des Versorgungsabschlags erhebt der Kläger keine konkreten Einwände. Er erfüllt offenkundig auch nicht den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 2 Satz 7 LBeamtVG NRW. 42Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 43Rechtsmittelbelehrung: 44Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 451. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 462. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 473. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 484. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 495. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 50Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen. 51Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der am geborene kläger stand als beamter im schuldienst des beklagten. mit bescheid vom 30. november 2011 bewilligte ihm die c. n. auf seinen antrag teilzeitbeschäftigung als altersteilzeit im sogenannten blockmodell unter gleichzeitigem wegfall der altersermäßigung. dabei wurden für die arbeitsphase der zeitraum vom 1. august 2012 bis zum 31. juli 2013 mit 18,3 wochenstunden und der zeitraum vom 1. august 2013 bis zum 30. juli 2015 mit 15,5 wochenstunden sowie für die freistellungsphase der zeitraum vom 1. august 2015 bis zum 31. juli 2017 festgelegt. wegen der einzelheiten wird auf beiakte heft 4 verwiesen. 3mit schreiben vom 10. oktober 2013 wies die c. n. den kläger darauf hin, dass sich für ihn infolge der anhebung der versorgungsrechtlichen altersgrenze durch das am 1. juni 2013 in kraft getretene dienstrechtsanpassungsgesetz des landes nordrhein-westfalen bei unveränderter umsetzung der genehmigten teilzeitbeschäftigung bei der späteren festsetzung seiner versorgungsbezüge ein versorgungsabschlag ergeben werde, zu dessen abwendung er einen antrag auf verlängerung der arbeitsphase stellen könne. der kläger beantragte daraufhin eine versorgungsauskunft, die ihm das unter dem 13. dezember 2013 erteilte. wegen der einzelheiten der versorgungsauskunft wird auf die blätter 22 bis 51 der beiakte heft 2 verwiesen. 4nachdem ihm die c. n. mit e-mail vom 6. mai 2014 die in betracht kommenden gestaltungsmöglichkeiten einer verlängerten arbeitsphase mitgeteilt hatte, erklärte der kläger unter dem 22. juni 2014, er wünsche keine veränderung der festlegungen aus dem bewilligungsbescheid vom 30. november 2011. 5mit ablauf des 31. juli 2017 wurde der kläger zur ruhe gesetzt. mit bescheid vom 3. april 2017 setzte das seine versorgungsbezüge unter berücksichtigung eines versorgungsabschlags fest, den es in ansehung des zeitraums zwischen dem beginn des ruhestands und einer für den kläger maßgeblichen altersgrenze von 65 jahren und sechs monaten mit 1,19 v.h. ermittelte. wegen der einzelheiten wird auf die blätter 5 bis 25 der beiakte heft 1 verwiesen. 6den gegen den bescheid vom 3. april 2017 vom kläger am 2. mai 2017 erhobenen widerspruch wies das mit widerspruchsbescheid vom 22. september 2017 zurück. 7der kläger hat am 24. oktober 2017 klage erhoben, mit der er sich gegen den versorgungsabschlag wendet. zur begründung macht er im wesentlichen geltend: bei bewilligung der altersteilzeit habe er nicht mit einem versorgungsabschlag rechnen müssen. durch das dienstrechtsanpassungsgesetz könne ihm diese rechtsposition nicht nachträglich wieder entzogen werden. vom sei ihm zudem keine änderung seines stundenvolumens während der arbeitsphase vorgeschlagen worden. eine konkrete berechnung abweichender gestaltungsmöglichkeiten zur abwendung des versorgungsabschlags sei ihm erst durch die e-mail der c. vom 6. mai 2014 bekannt geworden. die zu diesem zeitpunkt noch verbliebenen alternativen seien mit einer erhöhung der arbeitsbelastung verbunden gewesen, die für ihn aufgrund seiner gesundheitlichen konstitution nicht in betracht gekommen sei. bei rechtzeitiger information hätte für ihn die möglichkeit bestanden, den versorgungsabschlag abzuwenden. 8der kläger beantragt, 9das beklagte land unter abänderung des bescheides über versorgungsbezüge des vom 3. april 2017 und aufhebung des widerspruchsbescheides vom 22. september 2017 zu verpflichten, an ihn versorgungsbezüge ohne versorgungsabschlag zu zahlen. 10der beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12er macht im wesentlichen geltend: für die berechnung der versorgungsbezüge sei die rechtslage im zeitpunkt des eintritts des versorgungsfalls maßgeblich. mit der gewährung der altersteilzeit sei keine entscheidung über die höhe späterer versorgungsbezüge verbunden gewesen. die erhöhung der regelaltersgrenze durch das dienstrechtsmodernisierungsgesetz habe den kläger nicht in stärkerem maße betroffen als anderen beamte, die sich für einen vorgezogenen ruhestand entschieden hätten. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge (beiakten hefte 1 bis 5) bezug genommen. 14 | 15die kammer entscheidet aufgrund der übereinstimmenden verzichtserklärungen der beteiligten gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung. 16die klage hat keinen erfolg. 17die klage richtet sich auf die verpflichtung des beklagten, die versorgungsbezüge des klägers unter teilweiser aufhebung des angegriffenen festsetzungsbescheides des ohne den darin vorgenommenen versorgungsabschlag neu festzusetzen. darin erschöpft sich das klagebegehren. ein etwaiger anspruch des klägers, vom beklagten im wege des schadensersatzes so gestellt zu werden, als erfülle er die voraussetzungen für eine abschlagsfreie festsetzung seiner versorgung, ist bei verständiger würdigung des rechtsschutzziels nicht gegenstand des rechtsstreits. dem wortlaut des klageantrags ist kein anhalt für die geltendmachung eines schadensersatzbegehrens zu entnehmen. auch in der begründung der klage kommt der wille, ein solches begehren in den streitgegenstand des vorliegenden verfahrens einzubeziehen, nicht eindeutig zum ausdruck. der kläger hat im gegenteil mit schriftsatz seiner prozessbevollmächtigten vom 29. januar 2018 ausdrücklich erklärt, er behalte sich den weg des schadensersatzes gegen das land vor. ein anderes verständnis des klageziels widerspräche zudem den interessen des klägers, weil es zu einem unzulässigen antrag führen würde. der beamte ist gehalten, einen beamtenrechtlichen schadensersatzanspruch vor klageerhebung gegenüber dem dienstherrn geltend zu machen und so zu konkretisieren, dass dieser darüber entscheiden kann, sowie gegen eine die leistung von schadensersatz ablehnende entscheidung des dienstherrn zunächst widerspruch zu erheben. 18vgl. bverwg, urteil vom 28. juni 2001 – 2 c 48.00 –, juris, rn. 15; vgh baden-württemberg, beschluss vom 21. juli 2016 – 4 s 757/15 –, juris, rn. 21, 22; vg kassel, urteile vom 8. april 2020 – 1 k 1016/19.ks –, juris, rn. 37, 38, und vom 1. april 2019 – 1 k 2462/15.ks –, juris, rn. 48;vg gießen, urteil vom 17. februar 2005 – 5 e 1010/04 –, juris, rn. 14, 15. 19an diesen voraussetzungen für eine sachentscheidung des gerichts über einen beamtenrechtlichen schadensersatzanspruch fehlt es vorliegend. 20die so ausgelegte, statthafte verpflichtungsklage ist zulässig, aber unbegründet. der angefochtene versorgungsbescheid des vom 3. april 2017 in der gestalt des widerspruchsbescheides des vom 22. september 2017 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). der kläger hat keinen anspruch auf die festsetzung seiner versorgungsbezüge ohne einen versorgungsabschlag von 1,19 v.h. 21der dem kläger zustehende versorgungsbezug richtet sich nach den zum zeitpunkt des eintritts des versorgungsfalls geltenden bestimmungen das beamtenversorgungsgesetz für das land nordrhein-westfalen vom 14. juni 2016 (gv. nrw. s. 310, 387) – lbeamtvg nrw -. nach § 16 abs. 2 satz 1 nr. 2 lbeamtvg nrw vermindert sich das ruhegehalt um 3,6 prozent für jedes jahr, um das die beamtin oder der beamte vor ablauf des monats, in dem sie oder er die für sie oder ihn geltende gesetzliche altersgrenze erreicht, nach § 33 absatz 3 satz 1 nr. 1, § 114 abs. 3 oder § 117 abs. 2 des landesbeamtengesetzes in den ruhestand versetzt wird, höchstens jedoch um 14,4 prozent. diese vorschrift ist nach der übergangsregelung zur anhebung des ruhestandseintrittsalters in § 91 abs. 1 satz 1 lbeamtvg nrw für beamtinnen und beamte, die nach dem 30. juni 2016 in den ruhestand versetzt werden, mit der maßgabe anzuwenden, dass an die stelle des erreichens der gesetzlichen altersgrenze die vollendung des 65. lebensjahres tritt, wenn sie vor ablauf des 31. dezember 2012 eine altersteilzeitbeschäftigung nach § 65 des landesbeamtengesetzes in der bis zum 31. mai 2013 geltenden fassung angetreten haben und am 1. august 2013 voll vom dienst freigestellt sind. 22diese regelungen sind mit höherrangigem recht vereinbar. 23die seit dem 1. januar 1992 im versorgungsrecht des bundes geregelte und in das lbeamtvg nrw übernommene verminderung des ruhegehalts bei vorzeitigem eintritt in den ruhestand dient dem zweck, die längere bezugsdauer der versorgung auszugleichen. die hergebrachten grundsätze des berufsbeamtentums (art. 33 abs. 5 gg) stehen der damit verbundenen einführung eines zusätzlichen zeitfaktors, der die höhe der versorgungsbezüge an das lebensalter bei eintritt des versorgungsfalls knüpft, nicht entgegen. 24vgl. bverfg, urteil vom 27. september 2005 – 2 bvr 1387/02 –, juris, nichtannahmebeschluss vom 20. juni 2006 – 2 bvr 361/03 –, juris, rn. 12, 17; bverwg, urteile vom 19. februar 2004 – 2 c 20.03 – und 2 c 12.03 –, juris. 25entgegen der auffassung des klägers verstößt die anhebung der versorgungsrechtlichen altersgrenze im zusammenhang mit der ausgestaltung der übergangsvorschrift in § 91 abs. 1 satz 1 lbeamtvg nrw nicht gegen das verfassungsrechtlich verankerte rückwirkungsverbot. in der beschränkung der darin angeordneten fortgeltung der vor inkrafttreten des dienstrechtsanpassungsgesetzes geltenden altersgrenze auf solche beamte, die vor ablauf des 31. dezember 2012 eine altersteilzeitbeschäftigung angetreten haben und die zudem am 1. august 2013 voll vom dienst freigestellt waren, liegt im hinblick auf beamte, die sich - wie der kläger - zum zeitpunkt der anhebung der versorgungsrechtlichen altersgrenze in der sogenannten arbeitsphase der altersteilzeit befanden, keine - verfassungsrechtlich nur in engen grenzen zulässige - rückbewirkung von rechtsfolgen, sondern lediglich eine tatbestandliche rückanknüpfung. eine solche „unechte“ rückwirkung ist nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts, 26z.b. beschluss vom 2. mai 2012 – 2 bvl 5/10 –, juris, rn. 66, 27gegeben, soweit belastende rechtsfolgen einer norm erst nach der verkündung eintreten, tatbestandlich aber bereits von einem ins werk gesetzten sachverhalt ausgehen. dies trifft auf die angesprochene fallgruppe zu, da die beamten während der altersteilzeit im blockmodell die bis zum inkrafttreten des dienstrechtsanpassungsgesetzes geltende altersgrenze noch nicht erreicht und mithin eine versorgungsrechtlich gesicherte rechtsposition noch nicht erworben hatten. etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der bewilligung der altersteilzeit. damit ist keine auch nur mittelbarer entscheidung über eine künftige versorgung in bestimmter höhe getroffen worden. 28vgl. bayvgh, beschluss vom 6. märz 2017 – 3 zb 16.868 –, juris, rn. 19, 20. 29eine unechte rückwirkung ist verfassungsrechtlich zulässig, wenn sie zur förderung des gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer gesamtabwägung zwischen dem gewicht des enttäuschten vertrauens und dem gewicht und der dringlichkeit der rechtsänderung rechtfertigen gründe die grenzen der zumutbarkeit gewahrt bleibt. 30vgl. bverfg, beschlüsse vom 2. mai 2012 – 2 bvl 5/10 –, juris, rn. 73 ff., und vom 7. juli 2010 – 2 bvl 14/02 –, juris, rn. 58. 31diesen anforderungen genügt die in rede stehende, aus anlass der anhebung des ruhestandseintrittsalters in das lbeamtvg nrw eingefügte übergangsvorschrift. deren zweck ist es, eventuelle härten für solche beamten abzumildern, die sich zum zeitpunkt des inkrafttretens des dienstrechtsanpassungsgesetzes in der altersteilzeit befanden und ihre lebensplanung möglicherweise auf die vorherige rechtslage ausgerichtet hatten. 32bei der gebotenen gewichtung des interesses auf seiten der beamten ist dabei zu berücksichtigen, dass der bürger grundsätzlich nicht darauf vertrauen kann, dass eine für ihn günstige gesetzliche regelung bestehen bleibt. der grundsatz des vertrauensschutzes, der im bereich des beamtenversorgungsrechts durch art. 33 abs. 5 gg seine besondere ausprägung erfahren hat, gebietet nicht, den von einer bestimmten rechtslage begünstigten vor jeder enttäuschung seiner erwartung in deren fortbestand zu bewahren. allerdings haben die grundsätze des vertrauensschutzes im recht der beamtenversorgung besondere bedeutung: in der langfristigkeit gegebenenfalls notwendiger dispositionen wird im versorgungsrecht ein besonderes vertrauen auf den fortbestand gesetzlicher leistungsregelungen begründet. hierbei ist jedoch andererseits zu berücksichtigen, dass der gesetzgeber gerade auch bei notwendigerweise langfristig angelegten alterungssicherungssystemen die möglichkeit haben muss, aus gründen des allgemeinwohls an früheren entscheidungen nicht mehr festzuhalten und neuregelung zu treffen, die den gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen veränderungen rechnung tragen. 33vgl. bverfg, nichtannahmebeschluss vom 20. juni 2006– 2 bvr 361/03 –, juris, rn. 22. 34der in art. 33 abs. 5 gg verankerte anspruch auf eine amtsangemessene versorgung beschränkt sich daher grundsätzlich auf eine versorgung nach den zum zeitpunkt des versorgungsfalls geltenden, verfassungsmäßigen regelungen. 35vgl. bverwg, urteil vom 19. februar 2004 – 2 c 12/03 –, juris, rn. 15 ff. 36daraus folgt, dass das vertrauen der zum zeitpunkt der anhebung der altersgrenze in der arbeitsphase der altersteilzeit tätig gewesenen beamten in den fortbestand der rechtslage nicht generell schutzwürdiger ist als das öffentliche interesse an deren änderung. es kann dahinstehen, ob vor diesem hintergrund im zuge der anhebung der versorgungsrechtlichen altersgrenze übergangsrecht im hinblick auf den versorgungsabschlag verfassungsrechtlich überhaupt zwingend geboten war. 37vgl. vg ansbach, urteil vom 15. märz 2026 – an 1 k 15.02574 –, juris, rn. 74. 38die hier zu beurteilende übergangsbestimmung trägt jedenfalls in ihrer konkreten ausgestaltung dem vertrauen der in der weise des klägers betroffenen beamten hinreichend rechnung, indem sie für diese die möglichkeit schafft, ihre altersteilzeit an die neue gesetzliche regelung anzupassen und eine drohende kürzung der versorgungsbezüge durch eine verlängerung der arbeitsphase abzuwenden. 39vgl. vg kassel, urteil vom 1. april 2019 – 1 k 2462/15.ks –, juris, rn. 35, zur vergleicheren rechtslage nach dem hess. beamtengesetz. 40dies gilt zumindest für den typischen fall und mithin für die große mehrzahl der während der arbeitsphase der altersteilzeit von der anhebung der altersgrenze betroffenen gewesenen beamten. kein maßstab für die beurteilung der rechtmäßigkeit einer norm nach den oben dargelegten verfassungsrechtlichen anforderungen an eine tatbestandliche rückanknüpfung ist die lückenlose erfassung jedes denkbaren einzelfalls. die vom kläger geltend gemachten besonderen umstände, die ihn an der inanspruchnahme einer verlängerung bzw. intensivierung seiner arbeitsphase gehindert hätten, sind daher nicht geeignet, die verfassungsmäßigkeit der in rede stehenden regelungen in zweifel zu ziehen. 41die anwendung der bestimmungen des § 16 abs. 2 satz 1 nr. 2 i.v.m. § 91 abs. 1 satz 1 lbeamtvg nrw führt im streitfall zu keinem geringeren als dem vom beklagten ermittelten versorgungsabschlag von 1,19 v.h.. die kammer folgt insoweit der zutreffenden begründung des angegriffenen widerspruchsbescheides und sieht gemäß § 117 abs. 5 vwgo von einer weiteren darstellung der entscheidungsgründe ab. gegen die berechnung der höhe des versorgungsabschlags erhebt der kläger keine konkreten einwände. er erfüllt offenkundig auch nicht den ausnahmetatbestand des § 16 abs. 2 satz 7 lbeamtvg nrw. 42die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit auf § 167 abs. 2 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 43rechtsmittelbelehrung: 44gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 451. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 462. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 473. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 484. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 495. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 50die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv), bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich oder als elektronisches dokument, letzteres nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv, einzureichen. 51im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. | Verklagte*r | 0 |
337,420 | 9 A 4108/18 | 2021-04-23T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist als Heilpraktikerin tätig und hat ihren Praxissitz in O. . Mit Schreiben vom 2. Mai 2017 erklärte sie gegenüber der Bezirksregierung N. , entsprechend den Empfehlungen einiger Arzneimittelhersteller würden in ihrer Praxis registrierte homöopathische Injektionslösungen in einer Injektionsspritze gemeinsam aufgezogen und unmittelbar dem Patienten verabreicht. Im Rahmen der Eigenbluttherapie werde Patientenblut entnommen und reinjiziert. Die Reinjektion erfolge nach Zusatz eines Sauerstoff-Ozon-Gemisches. Auch die Mischung mit einem registrierten homöopathischen Arzneimittel vor Reinjektion werde durchgeführt. Unter dem 23. Juni 2017 zeigte die Klägerin der Bezirksregierung N. mit Antragsformular an, sie stelle Eigenblutpräparate einschließlich Ozonisierung von Eigenblut her. Sei gab an, hierzu 1 ml Eigenblut mit insgesamt acht verschiedenen, namentlich benannten homöopathischen Fertigarzneimitteln zu vermischen. Ferner werde die „große Ozontherapie 50-70 ml mit 20 µg“ angewendet. 3Mit Schreiben vom 5. Juli 2017 bat die Bezirksregierung N. um nähere Auskünfte, um über das weitere Verfahren entscheiden zu können. Nach dem Schreiben der Klägerin vom 31. August 2017 teilte die Bezirksregierung ihr unter dem 30. Januar 2018 mit, bei den aufgeführten Eigenblutprodukten handele es sich nicht um homöopathische Eigenblutprodukte im Sinne von § 28 TFG, weshalb die angezeigte Herstellungstätigkeit nur durch oder unter Verantwortung einer ärztlichen Person zulässig sei. Es werde allerdings vorgeschlagen, zunächst den Ausgang der zu dieser Frage bereits anhängigen gerichtlichen Verfahren abzuwarten. Vor Erlass eines Bescheids würde in jedem Fall noch die Anhörung zu einer Untersagung erfolgen. Daraufhin bat die Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2018 und 21. März 2018, kurzfristig einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erteilen. Mit letztgenanntem Schreiben setzte sie hierfür eine Frist bis zum 4. April 2018, ansonsten werde eine Feststellungsklage erhoben. 4Durch Bescheid vom 22. März 2018 untersagte die Bezirksregierung N. der Klägerin die Entnahme von Blut zur Herstellung von nichthomöopathischen Eigenblutprodukten (Ziffer 1). Ferner wurde ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 250 Euro angedroht (Ziffer 2), sollte die Klägerin entgegen Ziffer 1 Blut entnehmen. Zur Begründung verwies die Bezirksregierung darauf, die Untersagung beruhe auf § 69 Abs. 1 AMG i. V. m. § 7 Abs. 2 TFG. Die Klägerin sei keine ärztliche Person und dürfe daher nach § 7 Abs. 2 TFG kein Blut entnehmen. Dies sei auch nicht ausnahmsweise nach § 28 TFG zulässig, weil es sich bei den hergestellten Eigenblutprodukten (Eigenblut mit homöopathischen Fertigarzneimittteln, ozonisiertes Eigenblutprodukt) nicht um homöopathische Eigenblutprodukte im Sinne dieser Vorschrift handele. Die Herstellung erfolge nicht im Sinne des § 4 Abs. 26 AMG nach einem im Europäischen Arzneibuch oder in einer offiziell gebräuchlichen Pharmakopöe eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren. Das Eigenblut werde keiner homöopathischen Verfahrenstechnik unterzogen. Aufgrund der besonderen Sensibilität von Blutprodukten sei es im Sinne des Patientenschutzes notwendig, Maßnahmen zu ergreifen. Bei Abwägung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin an der weiteren Durchführung dieser Behandlung und dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung zum Schutz der Patienten überwiege das öffentliche Interesse daran, dass ausschließlich Arzneimittel zur Anwendung kämen, die unter Beachtung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften von befugten Personen hergestellt würden. 5Die Klägerin hat am 29. März 2018 beim Verwaltungsgericht N. Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Die angezeigte erlaubnisfreie Herstellung von Eigenblutpräparaten einschließlich Ozonisierung unterfalle der Ausnahme des § 28 TFG. Durch die Ausnahme "homöopathischer Eigenblutprodukte" werde der Geltungsbereich des Gesetzes in Bezug auf solche Blutprodukte präzisiert, die sich im Entnahmevorgang, in der entnommenen Menge sowie in der Herstellung und in der Anwendung wesentlich von der klassischen Eigenblut-Spende unterschieden. Die Legaldefinition des § 4 Abs. 26 AMG gelte für das Transfusionsgesetz nicht. Die Vorschrift verwende den Begriff "homöopathisches Arzneimittel" und nicht wie § 28 TFG „homöopathisches Eigenblutprodukt". § 4 Abs. 26 AMG sei zudem erst 2005 in Kraft getreten, das "homöopathische Eigenblutprodukt" jedoch seit Inkrafttreten des Transfusionsgesetzes im Jahr 1998 als Ausnahme in § 28 TFG aufgeführt. Maßgeblich sei die Intention des Gesetzgebers, Schutz vor transfusionsbedingten Infektionen bei allogenen Blutspenden zu gewährleisten. Der Bundesgerichtshof habe entschieden, dass das Transfusionsgesetz auf Eigenblutnosoden keine Anwendung finde, da diese homöopathische Eigenblutprodukte im Sinne von § 28 TFG seien, die der Gesetzgeber ausdrücklich vom Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes habe ausnehmen wollen. Er habe dabei nicht auf die Beschreibung in einem Arzneibuch oder einer Pharmakopöe abgestellt. Auch das Unionsrecht gehe davon aus, dass es in bestimmten Fällen unverhältnismäßig erscheine, das volle transfusionsrechtliche, auf die Fremdblutspende zugeschnittene Instrumentarium ohne Weiteres auf Fälle der Eigenblutspende anzuwenden. Würde man den Anwendungsbereich des § 28 TFG nur auf homöopathische Arzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 26 AMG beschränken, liefe dieser faktisch leer. Die erhebliche berufliche Tätigkeitseinschränkung zu Lasten von Heilpraktikern wäre nach Art. 12 GG nicht zu rechtfertigen. Nicht wenige Heilpraktiker erzielten mit dieser Behandlungsmethode bis zu 80 % ihres Umsatzes. 6Die Klägerin hat beantragt, 7die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 22. März 2018 aufzuheben. 8Der Beklagte hat beantragt, 9die Klage abzuweisen. 10Zur Begründung hat er über die Ausführungen im angefochtenen Bescheid hinaus im Wesentlichen vorgetragen: Das entnommene Blut sei eine Spende im Sinne des § 2 Nr. 1 TFG, worunter jede Entnahme auch einer geringfügigen Menge Blut falle. Die hergestellten Eigenblutprodukte seien auch Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG. Der Begriff „homöopathische Eigenblutprodukte" sei ein Unterbegriff des „homöopathischen Arzneimittels" und es könne ohne Weiteres auf die arzneimittelrechtliche Definition zurückgegriffen werden. Davon gehe auch der Bundesgerichtshof aus. Das Arzneimittelgesetz und das Transfusionsgesetz seien eng verzahnt, was auch in § 29 TFG und in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck komme. Dass § 4 Abs. 26 AMG jünger sei als § 28 TFG, sei unerheblich. Der Begriff „homöopathisches Arzneimittel" werde schon seit Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes im Jahr 1978 in § 38 AMG gebraucht. Der Begriff „homöopathische Eigenblutprodukte" sei bereits im Jahr 1998 so auszulegen gewesen, dass darunter nur Eigenblutprodukte zu verstehen seien, die nach einem im Arzneibuch (§ 55 AMG) beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt würden. Auch wenn man den Rückgriff auf die arzneimittelrechtliche Definition ablehnen sollte, sei nichts dafür ersichtlich, das Eigenblutprodukt der Klägerin der Homöopathie zuzuordnen. 11Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 17. September 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Ordnungsverfügung sei ungeachtet der fehlenden Anhörung der Klägerin vor ihrem Erlass formell rechtmäßig. Der Mangel sei gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW im Laufe des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens geheilt worden. Jedenfalls sei im Sinne des § 46 VwVfG NRW offensichtlich, dass die unterbliebene Anhörung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe, weil die entscheidungserheblichen Umstände dem Beklagten aufgrund der vorherigen Ausführungen der Klägerin bekannt gewesen seien. 12Die Ordnungsverfügung sei auch materiell rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 69 Abs. 1, 64 Abs. 3 AMG i. V. m. § 7 Abs. 2 TFG lägen vor. Die Klägerin stelle ein Arzneimittel her, indem sie ihren Patienten Blut entnehme, um dies nach Anreicherung mit Ozon bzw. homöopathischen Fertigarzneimitteln zu reinjizieren. Die Entnahme einer solchen Spende sei nur unter ärztlicher Verantwortung erlaubt, welche die Klägerin nicht gewährleiste. Ein Ausnahmefall nach § 28 TFG sei nicht gegeben. Das von der Klägerin hergestellte ozonisierte bzw. anderweitig angereicherte Eigenblut sei kein homöopathisches Eigenblutprodukt im Sinne dieser Vorschrift. Eine Substanz sei ausschließlich aufgrund der Herstellung nach einem homöopathischen Zubereitungsverfahren den homöopathischen Arzneimitteln im Sinne von § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG zuzuordnen. Die Darreichungsform sei ebenso wenig von Bedeutung wie die Anwendung in der homöopathischen Therapierichtung. Ein homöopathisches Zubereitungsverfahren, wie es im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) oder im Homöopathischen Arzneibuch (HAB) festgehalten sei, wende die Klägerin nicht an. Die Verwendung der Definition des „homöopathischen“ Eigenblutprodukts im Sinne des Arzneimittelgesetzes sei auch im Rahmen von § 28 TFG angezeigt, weil beiden Gesetzen dasselbe Begriffsverständnis zugrunde liege. Nichts Abweichendes ergebe sich aus dem Umstand, dass das Transfusionsgesetz gegenüber dem Arzneimittelgesetz das neuere Regelungswerk darstellt. Der Begriff des homöopathischen Arzneimittels sei schon seit dem Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes im Jahr 1978 in § 38 AMG gebräuchlich. Die Ermessensentscheidung des Beklagten sei nicht zu beanstanden. In Anbetracht des hohen Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 GG und des überragend wichtigen Gemeinwohlbelangs der Volksgesundheit sei die lediglich berufsausübungsregelnde Maßnahme (Art. 12 Abs. 1 GG) selbst in Anbetracht etwaiger finanzieller - im Übrigen nicht näher substantiiert dargelegter - Einbußen der Klägerin verhältnismäßig. 13Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und begründet. Sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor: Eine Anhörung sei ungeachtet ihrer Bitte um einen rechtsmittelfähigen Bescheid geboten gewesen, aber nicht erfolgt und im Klageverfahren auch nicht nachgeholt worden. Ein Fall des § 46 VwVfG NRW sei nicht gegeben, weil die Argumentation der Klägerin aus der Klageschrift der Bezirksregierung vor Klageerhebung zumindest nicht vollständig bekannt gewesen sei. Der angefochtene Bescheid sei auch nicht hinreichend bestimmt. Es sei mit Blick auf den weit gefassten, einen unbestimmten Rechtsbegriff verwendenden Tenor nicht hinreichend klar, dass der Klägerin (lediglich) untersagt worden sei, ihren Patienten Blut zum Zwecke der Herstellung von ozonisiertem Eigenblut bzw. der Mischung mit homöopathischen Arzneimitteln zu entnehmen. 14Der Regelungsbereich des Transfusionsgesetzes sei bereits nicht eröffnet, weil die Eigenbluttherapie nicht dem Begriff der Spende des § 2 Nr. 1 TFG unterfalle. Der Wortlaut dieser Vorschrift sei mit Blick auf den Zweck des Gesetzes zu weit geraten. Das Gesetz ziele auf die Versorgung der Bevölkerung mit Fremdblutspenden bzw. daraus gewonnenen Arzneimitteln ab. Die Eigenblutbehandlung durch Heilpraktiker solle durch § 7 TFG nicht erfasst werden, der allein auf das Blutspendewesen in Deutschland gerichtet sei. Bei unterstellter Anwendbarkeit des Transfusionsgesetzes falle die von der Klägerin angezeigte erlaubnisfreie Herstellung von Eigenblutpräparaten jedenfalls unter § 28 TFG. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Januar 2012, wonach eine Anwendung von Eigenblut mit Zusatz von Homöopathika ein homöopathisches Eigenblutprodukt im Sinne dieser Vorschrift sei. Dies müsse erst recht für den Patienten unverändert zurückgegebenes oder lediglich mit Sauerstoff oder Ozon angereichertes Eigenblut gelten. Weiter werde auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 4. August 2020 verwiesen. Dem Gesetzgeber sei es mit § 28 TFG in erster Linie um den Schutz vor transfusionsbedingten Infektionen bei allogenen Blutspenden gegangen, weil Fremdblut für einen potentiellen Empfänger ein erheblich größeres Infektionsrisiko berge. Die Ausnahme des homöopathischen Eigenblutprodukts gehe ferner auf die Überlegung zurück, dass in der Regel nur eine geringe Menge Blut benötigt werde und das damit verbundene Risiko gering sei. Bei der Auslegung könne auch deshalb nicht auf das Arzneimittelgesetz zurückgegriffen werden, weil dieses eine andere Zielsetzung verfolge, nämlich die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln. Auch nach Analyse des Schrifttums spreche nichts dafür, die Vorschrift des § 4 Abs. 26 AMG ohne ausdrückliche Verweisung und ohne Rücksicht auf den eigentlichen Regelungszweck des § 28 TFG unreflektiert auf das Transfusionsrecht anzuwenden. Die nicht demokratisch legitimierten und rechtlich nicht bindenden Inhalte der Arzneibücher könnten auch keine Einschränkung der Berufsfreiheit der Heilpraktiker legitimieren. § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG beinhalte eine unzulässige dynamische Verweisung auf eine Vielzahl sich ständig ändernder Arzneibücher aller Mitgliedstaaten. Ferner seien Eigenblutprodukte vor der Schaffung des § 4 Abs. 26 AMG, der zudem nicht auf eine Änderung des Transfusionsrechts abziele, auch unzweifelhaft von der Ausnahmeregelung des § 28 TFG erfasst gewesen. Maßgeblich könne daher im Rahmen des § 28 TFG allein sein, ob es sich um ein gebräuchliches homöopathisches Verfahren handele, ohne dass es auf dessen Niederschrift in Arzneibüchern ankomme. 15Es fehle an einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung. Die Bezirksregierung lasse außer Acht, dass die Untersagung nicht nur die Berufsfreiheit, sondern auch die Therapiefreiheit der Klägerin und die Autonomie des Patienten einschränke. Die Ermessenserwägungen stellten fehlerhaft auf die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung ab, um die es beim hier maßgeblichen Transfusionsgesetz nicht gehe. Zudem sei die Nutzen-Risiko-Bilanz der Eigenbluttherapie entgegen der Annahme des Bundesministeriums für Gesundheit nicht negativ, wie sich aus dem Gutachten von Prof. H. vom 8. Juli 2019 ergebe. Auch könne die Therapie eine positive therapeutische Wirkung haben, die über einen Placebo-Effekt hinausgehe. Die Heilpraktiker verfügten über die für die Durchführung der Eigenbluttherapie erforderlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten und schuldeten eine fachgerechte medizinische Heilbehandlung sowie die Beachtung hygienischer Vorschriften. Die Untersagung sei auch unverhältnismäßig. Milderes Mittel sei eine bedingte Untersagung unter dem Vorbehalt des Nachweises der entsprechenden Fähigkeiten der Klägerin im Hinblick auf die Blutentnahme im Rahmen der Eigenbluttherapie. Im Rahmen der Angemessenheit wäre zu berücksichtigen gewesen, dass dem gesamten Berufsstand der Heilpraktiker eine effektive Therapiemöglichkeit entzogen werde und Heilpraktiker teilweise bis zu 80 % ihres Umsatzes mit der Eigenbluttherapie erwirtschafteten. Demgegenüber sei die Gefahr für die körperliche Unversehrtheit bzw. die Volksgesundheit nicht erheblich. 16Die Klägerin beantragt, 17das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen. 18Der Beklagte beantragt, 19die Berufung zurückzuweisen. 20Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Klägerin habe mit dem Schreiben vom 19. Mai 2017 einen vorformulierten, vielfach verwendeten Text genutzt. Es sei daher folgerichtig gewesen, weitere Auskünfte zu verlangen. Untersagt worden sei die Entnahme von Blut zur Herstellung von Eigenblutprodukten, bei denen kein homöopathisches Zubereitungsverfahren zur Anwendung gelange. Ein solches habe die Klägerin für keines der angezeigten Eigenblutprodukte angegeben. Es sei auch nicht ersichtlich. Die bloße Mischung des Eigenbluts mit einem homöopathischen Fertigarzneimittel reiche nicht aus, weil die Wirkung lediglich von den Wirkstoffen in dem Fertigarzneimittel ausgehe, die Eigenblutkomponente aber nicht als homöopathisch bezeichnet werden könne. Es sei auch keine Packungsbeilage eines homöopathischen Fertigarzneimittels bekannt, die das Mischen mit Eigenblut vorsehe. Soweit auf die Injektion von unverändertem Eigenblut verwiesen werde, sei weder ein homöopathisches Zubereitungsverfahren noch ein sonstiger Bezug zur Homöopathie erkennbar. Für die von der Klägerin geforderte teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des Transfusionsgesetzes auf Fremdblut sei kein Raum. Dass in § 28 TFG der Begriff homöopathische Eigenblutprodukte und nicht der des Arzneimittels verwendet werde, sei folgerichtig. Das Gesetz beziehe sich generell nur auf die Gewinnung von Blut und Produkten zur Anwendung am Menschen, die aus Blut hergestellt würden. Die Auffassungen der Klägerin würden auch von Teilen des Berufsstandes der Heilpraktiker durchaus kritisch gesehen. Nach dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 13 Abs. 2b Satz 2 Nr. 3 AMG stehe nunmehr gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 3, § 4 Abs. 14 AMG auch das Fehlen einer Herstellungserlaubnis der Herstellung von Eigenblutprodukten und auch schon der Entnahme des Blutes beim Patienten durch die Klägerin entgegen. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. 24Die Ordnungsverfügung der Bezirksregierung N. vom 22. März 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 25A. Die Untersagungsanordnung in Ziffer 1. der Verfügung ist rechtmäßig. 26I. Die Ordnungsverfügung ist nicht wegen unterbliebener Anhörung formell rechtswidrig. Nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dieser Verpflichtung ist die Bezirksregierung hier nachgekommen. 27Die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren Akteneinsicht erhalten und sich mit Schreiben vom 31. August 2017 zum entscheidungserheblichen Sachverhalt geäußert. Aufgrund des Schreibens der Bezirksregierung vom 30. Januar 2018 war der Klägerin auch die Rechtsauffassung der Behörde sowie der Umstand bekannt, dass ihr die Eigenblutentnahme - entweder nach entsprechendem Ausgang gerichtlicher Parallelverfahren oder aber auf ihren Wunsch hin ohne Abwarten dieser gerichtlichen Klärung zeitnah - untersagt werden würde. Auch wenn die Behörde mitgeteilt hat, vor Erlass eines Bescheids werde sie noch angehört, musste der Klägerin aufgrund des vorherigen Schriftverkehrs klar sein, mit welcher Entscheidung sie zu rechnen hatte, welche Umstände hierfür maßgebend sein würden und wozu sie sich noch äußern könnte. 28Vgl. näher zum Inhalt der Anhörungspflicht Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, Kommentar, 9. Auflage 2018, § 28 Rn. 34 ff. 29Dass die Bezirksregierung ihr entgegen ihrer Ankündigung im Schreiben vom 30. Januar 2018 vor Bescheiderlass nicht erneut Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat, stellt keinen Anhörungsmangel dar. Mit ihrer Bitte vom 20. Februar 2018, kurzfristig einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erteilen, die die Klägerin mit Schreiben vom 21. März 2018 wiederholt und durch Fristsetzung sowie die Ankündigung einer Feststellungsklage verstärkt hat, hat sie zum Ausdruck gebracht, sich im Verwaltungsverfahren nicht weiter äußern, von einer Möglichkeit zur Stellungnahme also keinen Gebrauch mehr machen zu wollen. 30Vgl. zur Möglichkeit eines Verzichts auf die Anhörung auch Ramsauer, in: Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 21. Auflage 2020, § 28 Rn. 14. 31II. Die Untersagungsanordnung in Ziffer 1. der Ordnungsverfügung vom 22. März 2018 ist auch hinreichend bestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Der Klägerin wird untersagt, ihren Patienten Blut zwecks Herstellung von Eigenblutprodukten im Wege der Mischung mit Ozon bzw. homöopathischen Fertigarzneimitteln zu entnehmen. Dieser Regelungsgehalt der Untersagungsverfügung lässt sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, unzweifelhaft erkennen. 32Zu den Bestimmtheitsanforderungen des wortlautgleichen § 37 Abs. 1 VwVfG vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 8 C 18.16 -, BVerwGE 160, 193 = juris Rn. 13 ff. m. w. N.; ferner OVG NRW, Beschluss vom 2. März 2021 - 9 B 1574/20 -, juris Rn. 20. 33Zwar heißt es im Bescheidtenor, der Klägerin werde die Entnahme von Blut „zur Herstellung von nichthomöopathischen Eigenblutprodukten“ untersagt. Die Klägerin macht insoweit zu Recht geltend, es stelle sich doch gerade die Frage, ob die von ihr hergestellten Eigenblutpräparate homöopathisch im Sinne des § 28 TFG seien. Aus dem Bescheidtenor in Verbindung mit der Begründung des Bescheides ergibt sich aber zweifelsfrei, dass die von der Klägerin bei Bescheiderlass hergestellten Eigenblutprodukte (mit Ozon bzw. mit homöopathischen Fertigarzneimitteln), von der Bezirksregierung als nichthomöopathisch angesehen und damit nur die diesbezügliche Eigenblutentnahme von der Untersagungsverfügung erfasst wird. Dies ergibt sich nicht nur aus den Ausführungen auf den Seiten 3 und 4 des Bescheids, die sich auf die konkreten Eigenblutprodukte der Klägerin beziehen, sondern vor allem aus der abschließenden Formulierung am Ende von Ziffer II. der Begründung, die von der Klägerin durchgeführte Entnahme von Blut zur Herstellung nichthomöopathischer Eigenblutprodukte sei deshalb zu untersagen. Die in dem offenbar vorformulierten Schreiben vom 2. Mai 2017 aufgeführten weiteren Eigenblutprodukte, wie auch die Reinjektion von reinem Eigenblut, sind danach nicht Gegenstand der Untersagungsverfügung geworden. 34III. Die Untersagung ist auch im Übrigen materiell rechtmäßig. 351. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage, §§ 69 Abs. 1, 64 Abs. 3 AMG i. V. m. § 7 Abs. 2 TFG, sind gegeben. 36Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 AMG hat sich die zuständige Behörde u. a. davon zu überzeugen, dass die Vorschriften des zweiten Abschnitts des Transfusionsgesetzes beachtet werden. 37Die von der Klägerin angezeigte Blutentnahme zur Herstellung von Eigenblutprodukten im Wege der Mischung mit Ozon oder mit homöopathischen Fertigarzneimitteln verletzt § 7 Abs. 2 TFG. Nach dieser Vorschrift darf die Entnahme einer (Blut-)Spende nur durch eine ärztliche Person oder durch anderes qualifiziertes Personal unter der Verantwortung einer ärztlichen Person erfolgen. An der Einhaltung dieses Arztvorbehalts fehlt es hier. Die Klägerin entnimmt auch eine Spende im Sinne dieser Norm (a.). § 7 Abs. 2 TFG ist ferner nicht nach § 28 TFG unanwendbar (b.). Ob auch der vom Beklagten im Berufungsverfahren geltend gemachte Verstoß gegen § 13 Abs. 2b Satz 2 Nr. 3 AMG i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 3, § 4 Abs. 14 AMG die Untersagung trägt, bedarf danach keiner Entscheidung mehr (c.). 38a. Der Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes ist entgegen der Auffassung der Klägerin eröffnet, weil sie ihren Patienten eine Spende entnimmt. 39Spende ist nach § 2 Nr. 1 TFG die bei Menschen entnommene Menge an Blut oder Blutbestandteilen, die Wirkstoff oder Arzneimittel ist oder zur Herstellung von Wirkstoffen oder Arzneimitteln und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen bestimmt ist. Die Klägerin entnimmt ihren Patienten Blut (aa.), das Arzneimittel ist oder zur Herstellung von Arzneimitteln in Gestalt von Eigenblutpräparaten bestimmt ist (bb). 40aa. Es liegt eine Blutentnahme im Sinne von § 2 Nr. 1 TFG vor. Die Begriffsbestimmung dieser Vorschrift gilt unabhängig von der Menge des entnommenen Blutes. Ferner beschränkt sich die Definition der Spende nicht auf Fremdblut, sondern umfasst auch Eigenblut. 41Vgl. MüKoStGB, TFG, 3. Auflage 2017, § 2 Rn. 3; Deutsch/Bender, Transfusionsrecht, 2007, Rn. 160 f.; Spickhoff, Medizinrecht, 3. Auflage, 2018, § 2 TFG, Rn. 2. 42Die von der Klägerin insoweit befürwortete teleologische Reduktion des Begriffs auf Fremdblutspenden kommt nicht in Betracht. Der Wortlaut ist weit gefasst und sollte nach der Gesetzesbegründung auch Eigenblut erfassen. 43Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz - TFG), BT-Drs. 13/9594, S. 16. 44Der auch in § 1 TFG verankerte Sinn und Zweck des Gesetzes, für eine sichere Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und damit auch für einen Schutz der spendenden Personen zu sorgen, 45vgl. BT-Drs. 13/9594, S. 15; BT-Drs. 13/10643, S. 1 und 24, 46greift auch bei Eigenblutspenden und zwar unabhängig davon, ob nur eine geringe Menge an Blut entnommen wird. Der weit gefasste Begriff der Spende gewährleistet ein Höchstmaß an Sicherheit bei Blut und Blutprodukten. 47Vgl. auch Deutsch/Bender, Transfusionsrecht, 2007, Rn. 129. 48Zwar ging es dem Gesetzgeber, wie die Klägerin anführt, in erster Linie darum, Schutz vor transfusionsbedingten Infektionen bei allogenen Blutspenden zu gewährleisten. Das Gesetz beschränkt sich aber nicht darauf, sondern soll auch bei autologen Blutspenden die aufgrund des invasiven Verfahrens bestehenden Infektionsrisiken begrenzen. 49Dies wird bestätigt durch die systematische Auslegung. Nach § 28 TFG findet das Gesetz keine Anwendung auf die Entnahme einer geringfügigen Menge Blut zu diagnostischen Zwecken, auf homöopathische Eigenblutprodukte, autologes Blut zur Herstellung von biotechnologisch bearbeiteten Gewebeprodukten und ‑ unter bestimmten Voraussetzungen - auf die Entnahme einer geringfügigen Menge Eigenblut zur Herstellung von Produkten für die zahnärztliche Behandlung. Dieser Regelung hätte es nicht bedurft, wenn die Eigenblutspende von vornherein, also bereits nach § 2 Nr. 1 TFG, nicht dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfiele. Zudem werden durch § 28 TFG nur bestimmte Eigenblutspenden vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Entgegen der Darstellung der Klägerin hat der Gesetzgeber damit auch die Eigenblutbehandlung durch Homöopathen als Regelungsgegenstand des Gesetzes im Blick gehabt und nicht von vornherein insgesamt vom Anwendungsbereich ausgenommen. Die vorstehende Auslegung wird ferner belegt durch die Änderungshistorie des § 28 TFG. Während nach der ursprünglichen Fassung der Vorschrift das Gesetz auch auf Eigenblutprodukte zur Immuntherapie keine Anwendung fand, unterfallen diese dem Anwendungsbereich, seitdem diese Fallgruppe durch das Erste Gesetz zur Änderung des Transfusionsgesetzes und arzneimittelrechtlicher Vorschriften (vom 10. Februar 2005, BGBl. I 2005, S. 234) aus § 28 TFG gestrichen wurde. Überdies treffen verschiedene Bestimmungen des Gesetzes ausdrücklich Regelungen zur Eigenblutentnahme, so etwa § 5 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2, § 13 Abs. 1 Satz 4 und 5, § 14 Abs. 2 Satz 3, § 17 Abs. 1 Satz 4, § 22 Abs. 1 Satz 2 TFG. 50Aus der von der Klägerin angeführten Stellung des § 7 TFG im zweiten Abschnitt des Gesetzes (§§ 3 bis 12a) ergibt sich ebenfalls nicht, dass das Gesetz nicht die Eigenblutbehandlung in Heilpraktikerpraxen erfassen sollte, insbesondere der Arztvorbehalt nach § 7 Abs. 2 TFG nicht gelten sollte. Dafür fehlen jegliche Anhaltspunkte. § 7 Abs. 2 TFG regelt, dass die Entnahme der Spende nur durch oder unter der Verantwortung einer ärztlichen Person erfolgen darf. Der Gesetzgeber hielt es aus Gründen der Sicherheit zum Schutz der spendenden Person für unerlässlich, dass ärztliche Hilfe bei Zwischenfällen zur Verfügung steht, insbesondere dann, wenn nicht ärztliches medizinisches Personal die Spende entnimmt. 51Vgl. BT-Drs. 13/9594, S. 18. 52Der Begriff der Spende wird, wie ausgeführt, in § 2 Nr. 1 TFG legaldefiniert und erfasst auch Eigenblutspenden. Er ist auch nicht lediglich für den § 7 TFG einer einschränkenden Auslegung zugänglich. Eine Begrenzung auf Spendeeinrichtungen sieht das Gesetz insoweit nicht vor. Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Gesetzes sind abschließend in § 28 TFG geregelt. Im Übrigen trifft das Argument der Klägerin nicht zu, die im zweiten Abschnitt des Gesetzes ab §§ 3 ff. TFG aufgestellten Regelungen zielten allein auf die Versorgung der Bevölkerung mit Blut bzw. Blutbestandteilen ab. Denn der zweite Abschnitt des Gesetzes regelt allgemein die Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und beschränkt sich nicht auf Spendeeinrichtungen im Sinne von § 4 TFG. So enthält der bereits vorstehend angeführte § 5 TFG in Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 auch Vorgaben für Eigenblutentnahmen. 53bb. Das von der Klägerin entnommene Eigenblut ist auch im Sinne des § 2 Nr. 1 TFG Arzneimittel oder zur Herstellung von Arzneimitteln bei Menschen bestimmt. Eigenblutpräparate sind entsprechend ihrer Zweckbestimmung Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, weil das Blut, nachdem es dem Körper entzogen und entsprechend verarbeitet worden ist, ihm zu Heilungszwecken wieder zugeführt wird. 54Vgl. zu Eigenblutzubereitungen als Arzneimittel auch BVerwG, Beschluss vom 11. Juni 1997 - 3 B 130.96 -, juris Rn. 2 ff.; BayObLG, Beschluss vom 29. April 1998 - 4St RR 12/98 -, NJW 1998, 3430 = juris Rn. 9 55Die Reinjektion von Eigenblut soll immunmodulativen Zwecken dienen. 56Vgl. Psychrembel, Naturheilkunde und alternative Heilverfahren, 4. Auflage 2011, Stichwort Eigenbluttherapie. 57b. Die Ausnahmebestimmung des § 28 TFG greift im Streitfall nicht ein. 58Dass die Klägerin lediglich eine geringfügige Menge Blut entnimmt, erfüllt noch keinen der Ausnahmetatbestände. Denn dies muss zu den gesetzlich bestimmten - hier von ihr nicht verfolgten - Zwecken geschehen: entweder zu diagnostischen Zwecken oder zur Herstellung von Produkten für die zahnärztliche Behandlung. Bei den weiteren Ausnahmetatbeständen, namentlich bei homöopathischen Eigenblutprodukten, kommt es auf die Menge des entnommenen Bluts nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 TFG hingegen nicht an. 59Die Eigenblutpräparate der Klägerin sind keine homöopathischen Eigenblutprodukte im Sinne des § 28 TFG. Zwar handelt es sich um Blutprodukte (aa.), diese sind aber nicht homöopathisch (bb.). 60aa. Die Eigenblutpräparate der Klägerin sind Blutprodukte gemäß § 2 Nr. 3 TFG. Nach dieser Vorschrift sind Blutprodukte Blutzubereitungen im Sinne von § 4 Abs. 2 AMG, Sera aus menschlichem Blut im Sinne des § 4 Abs. 3 AMG und Blutbestandteile, die zur Herstellung von Wirkstoffen oder Arzneimitteln bestimmt sind. Blutzubereitungen sind nach § 4 Abs. 2 AMG Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten. Das ozonisierte oder mit homöopathischen Fertigarzneimitteln vermische Eigenblut ist ein Blutprodukt in diesem Sinne. 61So auch BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 - VI ZR 336/10 -, BGHZ 192, 198 = juris Rn. 14. 62bb. Die Eigenblutprodukte sind aber nicht homöopathisch. 63(1) Dieser im Transfusionsgesetz nicht definierte Begriff ist unter Heranziehung von § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG und von Art. 1 Nr. 5 Satz 1 Richtlinie 2001/83/EG zu bestimmen. 64Vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 - VI ZR 336/10 -, BGHZ 192, 198 = juris Rn. 14; Deutsch/Bender, Transfusionsrecht, 2007, Rn. 163; s. auch Antwort der Bundesregierung vom 28. Februar 2019 auf die Anfrage der Abgeordneten Gabelmann, BT-Drs. 19/8180, S. 50; in diese Richtung wohl auch Lippert, in: Lippert/Flegel, Kommentar zum TFG und den Hämotherapie-Richtlinien, 2002, § 28 Rn. 2; a. A. VG Osnabrück, Urteil vom 4. August 2020 - 3 A 44/19 -, juris Rn. 29 ff. 65Nach § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG ist homöopathisches Arzneimittel ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Art. 1 Nr. 5 Satz 1 Richtlinie 2001/83/EG, auf den die vorgenannte Norm zurückgeht, bestimmt fast gleichlautend, dass ein homöopathisches Arzneimittel jedes Arzneimittel ist, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den derzeitig offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren aus Produkten, Substanzen oder Verbindungen, die homöopathische Ursubstanzen genannt werden, hergestellt worden ist. Hiervon ausgehend ist eine Substanz ausschließlich aufgrund der Herstellung nach einem homöopathischen Zubereitungsverfahren den homöopathischen Arzneimitteln zuzuordnen. Auf die Darreichungsform kommt es nicht an. Die Anwendung in der homöopathischen Therapierichtung - in Abgrenzung zur Schulmedizin - reicht ebensowenig aus. 66BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 - VI ZR 336/10 -, BGHZ 192, 198 = juris Rn. 14; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, 125. Akt.-Lief. 2013, § 4 AMG Anm. 78. 67Erforderlich ist danach für das homöopathische Eigenblutprodukt im Sinne von § 28 TFG die Herstellung in einem derartigen homöopathischen Zubereitungsverfahren. 68Dem Rückgriff auf diese Begriffsbestimmung stehen weder der Wortlaut (dazu (aa)) noch der Sinn und Zweck des § 28 TFG ((bb)), die Systematik des Transfusionsgesetzes ((cc)) oder die Historie ((dd)) entgegen. Die weiteren Argumente der Klägerin, insbesondere die Berufung auf das Unionsrecht, greifen ebenfalls nicht durch ((ee)). 69(aa) Die Verwendung unterschiedlicher Begrifflichkeiten in § 28 TFG („homöopathisches Eigenblutprodukt“) und in § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG („homöopathisches Arzneimittel“) steht einer Heranziehung des § 4 Abs. 26 AMG nicht entgegen. Dies folgt schon daraus, dass diese Vorschrift zur Bestimmung des Begriffsbestandteils „homöopathisch“ herangezogen wird. Überdies sind Eigenblutprodukte wie die von der Klägerin verwendeten - wie oben ausgeführt - Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Die Bezirksregierung hat deshalb zutreffend darauf hingewiesen, dass der Begriff homöopathisches Eigenblutprodukt ein Unterbegriff zum Oberbegriff homöopathisches Arzneimittel ist. 70(bb) Der Sinn und Zweck des § 28 TFG spricht ebenfalls nicht gegen, sondern für einen Rückgriff auf § 4 Abs. 26 AMG. Wie bereits ausgeführt, dient das Transfusionsgesetz der Begrenzung von Risiken bei der Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und dabei auch dem Schutz der spendenden Personen. Das Verwaltungsgericht ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass die in § 28 TFG geregelten Ausnahmetatbestände eng auszulegen sind. Der Senat verweist in diesem Zusammenhang auch auf die ‑ ungeachtet der geringen Entnahmemenge bestehenden - Risiken bei Eigenbluttherapien durch Heilpraktiker, auf die auch die Bezirksregierung in der Berufungsverhandlung erneut hingewiesen hat. 71Vgl. die gemeinsame Stellungnahme von BfArM, Paul-Ehrlich-Institut und Robert-Koch-Institut vom 28. Februar 2018, S. 4 f. 72Maßgeblich kann nicht sein, ob mit dem Prozess aus Entnahme und Reinjektion eine homöopathische Behandlung vorliegt, das Eigenblut also als entsprechender Reiz für das Immunsystem eingesetzt wird, und dass das konkrete Risiko bei den nicht § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG genügenden Eigenblutprodukten mit gleich geringen Risiken verbunden ist wie denjenigen bei homöopathischen Eigenblutprodukten, die in einem homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt werden, 73so aber VG Osnabrück, Urteil vom 4. August 2020 - 3 A 44/19 -, juris Rn. 31. 74Der Gesetzgeber hat die Risiken im Entnahmevorgang nur hingenommen in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen. Die „Privilegierung“ der homöopathischen Therapierichtung durch die ausnahmsweise ohne Arztvorbehalt zulässige Blutentnahme kommt nur in Betracht, soweit ein im Sinne von § 4 Abs. 26 AMG anerkanntes Zubereitungsverfahren angewendet wird. Der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende historische gesetzgeberische Wille, auf den sich die Klägerin für ihre Auffassung beruft, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Dort heißt es (BT-Drs. 13/9594, S. 27): 75„Die genannten Blutprodukte [damals: homöopathische Eigenblutprodukte und Eigenblutprodukte zur Immuntherapie] unterscheiden sich in Entnahmevorgang, entnommener Menge, Herstellung und Anwendung so wesentlich von „klassischen“ Eigenblut-„Spenden“, dass eine Ausnahme von dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes geboten ist. Eine Gleichbehandlung wäre unverhältnismäßig. Arzneimittelrechtliche Vorschriften bleiben unberührt, insbesondere die Pflicht zur Herstellungserlaubnis. Die Ausnahme von diesem Gesetz gilt nur für Eigenblutprodukte. Allogene Blutprodukte dieser Art fallen wegen der Übertragungsrisiken unter dieses Gesetz.“ 76Maßgeblich waren danach für den Gesetzgeber verschiedene Motive, warum die genannten Eigenblutprodukte vom Anwendungsbereich ausgenommen wurden. Er hat nicht lediglich auf Unterschiede im Entnahmevorgang und der entnommenen Menge abgestellt, sondern auch auf die wesentlich andere Herstellung und Anwendung verwiesen. Hierzu gehören aber die anerkannten Regeln der Homöopathie, d. h. ein im Arzneibuch beschriebenes homöopathisches Zubereitungsverfahren, was die Ausnahme in § 28 TFG rechtfertigt. Wegen der geringen Menge in Kombination mit der homöopathischen Herstellungsweise und der autologen Anwendung wird das von dem Produkt ausgehende Risiko als niedrig angesehen, so dass eine Übertragung möglicherweise noch in dem Produkt vorhandenen Krankheitserreger nicht mehr als gefährlich angesehen wird. 77Vgl. Auer/Seitz, TFG, 14. Lfg., Oktober 2009, § 28 Rn. 5 („homöopathische Herstellungsweise (z. B. Verdünnung bis zur Eliminierung des Blutes)“). 78Dass Zielrichtung des Transfusionsgesetzes der Infektionsschutz ist, während das Arzneimittelgesetz der Arzneimittelsicherheit dient, ist unerheblich. Denn beide Gesetze dienen dem Gesundheitsschutz. Dabei finden die Vorschriften des Arzneimittelrechts neben denen des Transfusionsgesetzes Anwendung (vgl. § 29 Satz 1 TFG). Ein enger Zusammenhang ergibt sich auch daraus, dass die Entnahme von Blut oder Blutbestandteilen aus dem menschlichen Körper Arzneimittel- oder Wirkstoffgewinnung ist. 79Vgl. BT-Drs. 13/9594, S. 15; BT-Drs. 13/10643, S. 24. 80(cc) Auch die Systematik des Transfusionsgesetzes lässt den Rückgriff auf § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG zu. Dass einzelne Vorschriften auf das Arzneimittelgesetz verweisen, der § 28 TFG aber nicht, steht dem nicht entgegen. Zunächst lässt sich dies historisch damit erklären, dass bei Verabschiedung des Transfusionsgesetzes die Definition in § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG noch nicht existierte. Dass der Gesetzgeber nicht nachträglich einen Verweis in den § 28 TFG aufgenommen hat, obgleich er diese Vorschrift mehrfach geändert hat, mag auch damit zusammenhängen, dass das Arzneimittelgesetz weder den Begriff der Homöopathie noch den des homöopathischen Eigenblutprodukts legaldefiniert. Das Verwaltungsgericht hat zudem zutreffend auf die vielfache normative Verschränkung zwischen beiden Gesetzen sowie darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber im selben Kompetenzbereich wohl unausgesprochen von der Anwendbarkeit der grundlegenden Definitionen des Arzneimittelbegriffs auch im Transfusionsgesetz ausgegangen sei. Die in das Transfusionsgesetz aufgenommenen Verweise sollen einen Gleichlauf mit dem Arzneimittelrecht bewirken, so etwa bei dem weiten Begriff der Spende und auch allgemein der Festlegung des sachlichen Anwendungsbereichs in den §§ 1 und 2 TFG. 81Vgl. Deutsch/Bender, Transfusionsrecht, 2007, Rn. 129 und 157. 82Jedenfalls fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein Rückgriff auf das Arzneimittelgesetz trotz der Sachnähe beider Gesetze nur in den gesetzlich im Transfusionsgesetz ausdrücklich geregelten Fällen erfolgen sollte und damit das Begriffsmerkmal „homöopathisch“ im Transfusionsgesetz anders zu verstehen wäre als im Arzneimittelgesetz. 83(dd) Auf die Historie des § 28 TFG kann sich die Klägerin ebenfalls nicht berufen. Dass die am 7. Juli 1998 in Kraft getretene Vorschrift älter ist als § 4 Abs. 26 AMG, der erst mit dem 14. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29. August 2005, BGBl. I, S. 2570, eingefügt worden ist, steht der Heranziehung dieser Definition nicht entgegen. Wie Bezirksregierung und Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt haben, wurde der Begriff des homöopathischen Arzneimittels bereits vor Ergehen der Definitionsregelung des § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG seit 1978 in § 38 AMG (BGBl. I 1976, S. 2460), der Vorschrift über die Registrierung homöopathischer Arzneimittel, verwendet. Der Gesetzgeber hat schon damals darauf abgestellt, dass das homöopathische Arzneimittel nach den anerkannten Regeln der Homöopathie hergestellt sein müsse, die im Rahmen des Arzneibuchs (§ 52 AMG a. F., jetzt § 55 AMG) näher umschrieben würden. 84Vgl. BT-Drs. 7/3060, S. 53. 85Lediglich eine entsprechende gesetzliche Definition des homöopathischen Arzneimittels fehlte. Diese ist infolge des bereits erwähnten Art. 1 Nr. 5 Satz 1 Richtlinie 2001/83/EG zur Umsetzung des Unionsrechts in das Gesetz aufgenommen worden. 86Die Änderungshistorie des § 28 TFG spricht ebenfalls nicht gegen den Rückgriff auf § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG. Der Gesetzgeber hat lediglich die Fallgruppe der Eigenblutprodukte zur Immuntherapie gestrichen, 871. Gesetz zur Änderung des Transfusionsgesetzes und arzneimittelrechtlicher Vorschriften, BGBl. I 2005, S. 234, dazu BT-Drs. 15/4174, S. 8 und 14, 88und weitere Ausnahmen hinzugefügt. 89BGBl. 2007, Teil I, S. 1574, dazu BR-Drs. 543/06, S. 44, 99, BGBl. 2009, Teil I, S. 1990, dazu BR-Drs. 171/09, S. 41, 106. 90Änderungen an der Fallgruppe der homöopathischen Eigenblutprodukte hat er nicht vorgenommen. Aus den bereits ausgeführten Gründen lässt sich daraus aber nicht schließen, dass eine Heranziehung der Begriffsbestimmung des § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG ausscheidet. 91(ee) Die weiteren von der Klägerin erhobenen Einwände gegen dieses Begriffsverständnis greifen ebenfalls nicht durch. Gegen die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG spricht insbesondere nicht, dass die Definition des § 2 Nr. 3 TFG über den Begriff des Arzneimittels hinausgehe und deshalb der Begriff des homöopathischen Eigenblutprodukts weiter gefasst sei als der des homöopathischen Arzneimittels, wie die Klägerin meint. Dass Blutsera und Blutbestandteile als Blutprodukte im Sinne des Transfusionsgesetzes gelten, hilft der Klägerin nicht weiter. Damit werden lediglich Vorstufen der Arzneimittelherstellung erfasst, um die es hier nicht geht. 92Ohne Erfolg macht die Klägerin weiter geltend, bei dem hier zugrunde gelegten Begriffsverständnis des homöopathischen Eigenblutprodukts bleibe für diese Fallgruppe des § 28 TFG kein Anwendungsbereich mehr. Davon ist nicht auszugehen. So wird in dem von der Klägerin mit der Berufungsbegründung übersandten Fachartikel (Petra Staubach, Eigenbluttherapie bei Hauterkrankungen, EHK 2011, 253 (256)) etwa die Behandlung mit potenziertem Eigenblut („Potenzierung des Eigenbluts nach den Vorschriften des Deutschen Homöopathischen Arzneibuchs“) erwähnt. Auch I. -N. , die Vorsitzende des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker, sieht Möglichkeiten der Herstellung von Eigenblutprodukten nach homöopathischen Zubereitungsverfahren im Sinne von § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG (Der Heilpraktiker 2018, 43 (44)). Ferner wird in dem vom Verwaltungsgericht Osnabrück entschiedenen Verfahren, 93VG Osnabrück, Urteil vom 4. August 2020 - 3 A 44/19 -, juris Rn. 5 und 30, 94eine Zubereitungsmethode (flüssige Verdünnung) genannt, die auch von der dort zuständigen Behörde als dem homöopathischen Zubereitungsverfahren entsprechend unter § 28 TFG subsumiert worden ist. 95Auch der Anwendungsvorrang des Unionsrechts erfordert keine Subsumtion der klägerischen Eigenblutprodukte unter § 28 TFG, insbesondere nicht die von der Klägerin angeführte Richtlinie 2002/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Gewinnung, Testung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung von menschlichem Blut und Blutbestandteilen und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, ABl. L 33/30. Sie gilt ausweislich von Art. 2 Abs. 1 und 2, Art. 29 lit. g) auch für die Gewinnung von Eigenblut. Soweit in Erwägungsgrund 11 ausgeführt wird, angesichts des besonderen Charakters von Eigenbluttransfusionen sei zu prüfen, wie und in welchen Fällen die einzelnen Bestimmungen dieser Richtlinie anzuwenden seien, lässt sich daraus nichts dafür ableiten, dass entweder generell Eigenblutentnahmen oder aber jedenfalls alle durch einen Homöopathen durchgeführten von dem Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes und damit auch vom Arztvorbehalt auszunehmen wären. 96Schließlich macht die Klägerin ohne Erfolg geltend, auf die in § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG in Bezug genommenen Arzneibücher könne nicht abgestellt werden, weil diese nicht rechtlich verpflichtend und nicht demokratisch legitimiert seien. Indem der Gesetzgeber sie in dieser Vorschrift aufgeführt hat, besteht insoweit sowohl eine demokratische Legitimation als auch eine rechtliche Bindungswirkung. Soweit die Klägerin meint, es liege eine unzulässige dynamische Verweisung auf eine Vielzahl von - möglicherweise immer wieder geänderten - Arzneibüchern der Mitgliedstaaten vor, jedenfalls soweit § 4 Abs. 26 AMG im Rahmen des § 28 TFG herangezogen werde, 97vgl. auch Spickhoff, ZMGR 2019, 106 (112), 98vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dynamische Verweisungen widersprechen nicht dem Gebot der Rechtsklarheit und sind zulässig, wenn der Gesetzeber den Inhalt seiner Vorschriften trotz Verweisung selbst festlegt und nicht der Entscheidung Dritter unterwirft. 99Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2019 - 1 BvL 1/18 u. a. -, NJW 2019, 3054 = juris Rn. 57, m. w. N. 100Das ist hier der Fall. Mit § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG werden nicht Entscheidungen an andere Stellen ausgelagert. Vielmehr greift der Gesetzgeber lediglich für die Beschreibung von homöopathischen Zubereitungsverfahren mit den Arzneibüchern auf sachverständige Äußerungen zurück. Diese sind überdies nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Bezirksregierung in der Berufungsverhandlung auch nicht ständigen Änderungen unterworfen, weil sie ihren Ursprung im Wesentlichen im 19. Jahrhundert in den Lehren Samuel Hahnemanns haben. 101Im Übrigen hat die Klägerin nicht aufgezeigt und ist auch nicht erkennbar, wie das Begriffsmerkmal „homöopathisch“ in § 28 TFG bestimmt werden soll, wenn man nicht auf ein Zubereitungsverfahren im Sinne des § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG zurückgreift. Dass jedes Eigenblutprodukt eines Homöopathen erfasst werden sollte, erscheint nach den obigen Ausführungen zu dieser Vorschrift fernliegend. Für die in der Berufungsverhandlung vertretene Auffassung der Klägerin, es müsse auf die Gebräuchlichkeit der Eigenblutbehandlung abgestellt werden, 102so auch Spickhoff, Medizinrecht, 3. Auflage 2018, § 28 Rn. 3, 103die ggf. durch Sachverständige festzustellen wäre, ist schon keine gesetzliche Grundlage erkennbar. 104(2) An dem danach erforderlichen homöopathischen Zubereitungsverfahren, das im Europäischen Arzneibuch oder in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschrieben ist, fehlt es hier in Bezug auf die von der Klägerin hergestellten Eigenblutprodukte, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Die Klägerin mischt das dem Patienten entnommene Blut lediglich mit einem homöopathischen Fertigarzneimittel bzw. mit einem Sauerstoff-Ozon-Gemisch. Weder das Eigenblut selbst noch das Eigenblutpräparat wird einer homöopathischen Technik unterzogen. Die Eigenbluttherapien weisen keinen Bezug auf zu den Herstellungsregeln der Arzneibücher und es fehlt auch an den ansonsten üblichen Festlegungen (etwa zu den Mengenverhältnissen bei der Potenzierung oder zum Verschüttelungsprozess). 105Vgl. auch die gemeinsame Stellungnahme von BfArM, Paul-Ehrlich-Institut und Robert-Koch-Institut vom 28. Februar 2018, S. 1 f. 106Die von der Klägerin verwendeten Fertigarzneimittel sehen nach den unwidersprochenen Angaben des Beklagten in ihren Packungsbeilagen auch keine Anwendung in einer Vermischung mit Eigenblut vor. 107Hiervon ausgehend reicht es nicht aus, dass die Anwendung von Eigenblut erfolgt, das mit Homöopathika im Sinne von § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG vermischt worden ist. 108A. A. VG Osnabrück, Urteil vom 4. August 2020 - 3 A 44/19 -, juris Rn. 26 ff., sowie BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 - VI ZR 336/10 -, BGHZ 192, 198 = juris Rn. 15 (allerdings für die hier nicht im Streit stehende Eigenbluttherapie mit Nosoden); offen gelassen von VG Düsseldorf, Urteil vom 22. Mai 2019 - 16 K 2274/18 -, juris Rn. 56 ff. 109c. Ob auch der vom Beklagten im Berufungsverfahren geltend gemachte Verstoß gegen § 13 Abs. 2b Satz 2 Nr. 3 AMG i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 3, § 4 Abs. 14 AMG die Untersagung trägt, bedarf danach keiner Entscheidung mehr. 1102. Die Untersagungsverfügung in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids ist auch nicht ermessensfehlerhaft ergangen. Die Bezirksregierung N1. hat das ihr in § 69 Abs. 1 AMG eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Art und Weise ausgeübt. 111Insbesondere ist der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG, die auch die von der Klägerin angeführte Therapiefreiheit einschließt, verhältnismäßig. Er dient dem legitimen Zweck des Gesundheitsschutzes und ist zur Erreichung dieses Ziels auch geeignet und erforderlich. Soweit die Klägerin darauf verweist, milderes Mittel sei eine Untersagung unter dem Vorbehalt des Nachweises der entsprechenden Fähigkeiten im Hinblick auf die Blutentnahme im Rahmen der Eigenbluttherapie, ist das schon im Transfusionsgesetz nicht vorgesehen. Es bleibt auch gänzlich unklar, auf welcher Grundlage und an welchen Kriterien gemessen ein solcher Nachweis erbracht werden sollte. Ob damit Infektionsrisiken vergleichbar effektiv wie bei der Wahrung des Arztvorbehalts verhindert werden könnten, ist zudem zweifelhaft. 112Der Eingriff ist schließlich angemessen. Angemessen, d. h. verhältnismäßig im engeren Sinne, ist eine freiheitseinschränkende Regelung, wenn das Maß der Belastung des Einzelnen noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin steht nicht außer Verhältnis zu den damit verfolgten Gemeinwohlbelangen. Auf die von der Klägerin geltend gemachte therapeutische Wirkung und die Nutzen-Risiko-Bilanz der Eigenbluttherapie kommt es für die Frage nicht an, ob bei der gebotenen Abwägung der Berufsfreiheit der Klägerin Vorrang vor dem Gesundheitsschutz zu gewähren ist, der mit der hier nur in Rede stehenden Untersagung der Blutentnahme erreicht werden soll. Die weiter angeführte Therapiefreiheit besteht nicht „unabhängig von Fesseln normierender Vorschriften“ (Gerichtsakte Blatt 134), sondern nur im Rahmen des geltenden Rechts und bleibt bei Wahrung des Arztvorbehalts überdies erhalten. Soweit die Klägerin darauf verweist, Heilpraktiker verfügten über die für die Durchführung der Eigenbluttherapie erforderlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten und schuldeten eine fachgerechte medizinische Heilbehandlung sowie die Beachtung hygienischer Vorschriften, lässt sich damit die Unangemessenheit der Untersagung nicht begründen. Denn nach der Entscheidung des Gesetzgebers sind Eigenblutbehandlungen durch Heilpraktiker nicht generell vom Anwendungsbereich des Gesetzes und damit vom Arztvorbehalt ausgenommen, sondern nur, soweit es sich um homöopathische Eigenblutprodukte handelt. Diese Entscheidung für eine eng begrenzte Ausnahme lässt sich auch damit rechtfertigen, dass Heilpraktiker nicht über eine mit einem niedergelassenen Arzt vergleichbare medizinische Ausbildung verfügen, auch wenn sie denselben hygienischen Anforderungen unterliegen mögen, wie die Klägerin betont. 113Die Untersagung ist schließlich nicht im Hinblick auf deren wirtschaftliche Auswirkungen für die Klägerin unverhältnismäßig im engeren Sinne. Ob solche angesichts der gesetzgeberischen Grundentscheidungen im Transfusionsgesetz überhaupt eine Unverhältnismäßigkeit begründen können, kann offen bleiben. Jedenfalls reicht der Vortrag, dass dem gesamten Berufsstand der Heilpraktiker eine effektive Therapiemöglichkeit entzogen werde und Heilpraktiker teilweise bis zu 80 % ihres Umsatzes mit der Eigenbluttherapie erwirtschafteten, nicht aus, um im konkreten Einzelfall der Klägerin eine Unverhältnismäßigkeit des behördlichen Einschreitens zu begründen. Dass die Klägerin selbst derartige Einbußen hätte, trägt sie nicht substantiiert vor. Es ist ferner nichts dafür erkennbar, dass ihr auch ohne die bisher durchgeführten Eigenblutbehandlungen keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten verblieben. Auf das Selbstbestimmungsrecht ihrer Patienten und deren Befugnis, eine Behandlungsmethode zu wählen, kann sich die Klägerin schon nicht berufen, weil es sich dabei nicht um ihr zustehende Rechte handelt. Im Übrigen bleibt bei Wahrung des Arztvorbehalts die Therapiemöglichkeit mit den von der Klägerin angebotenen Eigenblutbehandlungen bestehen. 114B. Die auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 VwVG NRW gestützte Zwangsgeldandrohung in Nr. 2 der Ordnungsverfügung ist ebenfalls rechtmäßig. Der Senat nimmt auf die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug. 115Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. 116Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 und § 709 Satz 2 ZPO. 117Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt. Sowohl der Begriff der Spende gemäß § 2 Nr. 1 TFG und damit der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 2 TFG als auch der Begriff des homöopathischen Eigenblutprodukts im Sinne des § 28 TFG lassen sich im Wege der Auslegung aus dem Gesetz heraus bestimmen, ohne dass es dazu der Klärung im Revisionsverfahren bedürfte. | die berufung wird zurückgewiesen. die klägerin trägt die kosten des berufungsverfahrens. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die klägerin ist als heilpraktikerin tätig und hat ihren praxissitz in o. . mit schreiben vom 2. mai 2017 erklärte sie gegenüber der bezirksregierung n. , entsprechend den empfehlungen einiger arzneimittelhersteller würden in ihrer praxis registrierte homöopathische injektionslösungen in einer injektionsspritze gemeinsam aufgezogen und unmittelbar dem patienten verabreicht. im rahmen der eigenbluttherapie werde patientenblut entnommen und reinjiziert. die reinjektion erfolge nach zusatz eines sauerstoff-ozon-gemisches. auch die mischung mit einem registrierten homöopathischen arzneimittel vor reinjektion werde durchgeführt. unter dem 23. juni 2017 zeigte die klägerin der bezirksregierung n. mit antragsformular an, sie stelle eigenblutpräparate einschließlich ozonisierung von eigenblut her. sei gab an, hierzu 1 ml eigenblut mit insgesamt acht verschiedenen, namentlich benannten homöopathischen fertigarzneimitteln zu vermischen. ferner werde die „große ozontherapie 50-70 ml mit 20 µg“ angewendet. 3mit schreiben vom 5. juli 2017 bat die bezirksregierung n. um nähere auskünfte, um über das weitere verfahren entscheiden zu können. nach dem schreiben der klägerin vom 31. august 2017 teilte die bezirksregierung ihr unter dem 30. januar 2018 mit, bei den aufgeführten eigenblutprodukten handele es sich nicht um homöopathische eigenblutprodukte im sinne von § 28 tfg, weshalb die angezeigte herstellungstätigkeit nur durch oder unter verantwortung einer ärztlichen person zulässig sei. es werde allerdings vorgeschlagen, zunächst den ausgang der zu dieser frage bereits anhängigen gerichtlichen verfahren abzuwarten. vor erlass eines bescheids würde in jedem fall noch die anhörung zu einer untersagung erfolgen. daraufhin bat die klägerin mit schreiben vom 20. februar 2018 und 21. märz 2018, kurzfristig einen rechtsbehelfsfähigen bescheid zu erteilen. mit letztgenanntem schreiben setzte sie hierfür eine frist bis zum 4. april 2018, ansonsten werde eine feststellungsklage erhoben. 4durch bescheid vom 22. märz 2018 untersagte die bezirksregierung n. der klägerin die entnahme von blut zur herstellung von nichthomöopathischen eigenblutprodukten (ziffer 1). ferner wurde ihr für jeden fall der zuwiderhandlung ein zwangsgeld in höhe von 250 euro angedroht (ziffer 2), sollte die klägerin entgegen ziffer 1 blut entnehmen. zur begründung verwies die bezirksregierung darauf, die untersagung beruhe auf § 69 abs. 1 amg i. v. m. § 7 abs. 2 tfg. die klägerin sei keine ärztliche person und dürfe daher nach § 7 abs. 2 tfg kein blut entnehmen. dies sei auch nicht ausnahmsweise nach § 28 tfg zulässig, weil es sich bei den hergestellten eigenblutprodukten (eigenblut mit homöopathischen fertigarzneimittteln, ozonisiertes eigenblutprodukt) nicht um homöopathische eigenblutprodukte im sinne dieser vorschrift handele. die herstellung erfolge nicht im sinne des § 4 abs. 26 amg nach einem im europäischen arzneibuch oder in einer offiziell gebräuchlichen pharmakopöe eines mitgliedstaates der europäischen union beschriebenen homöopathischen zubereitungsverfahren. das eigenblut werde keiner homöopathischen verfahrenstechnik unterzogen. aufgrund der besonderen sensibilität von blutprodukten sei es im sinne des patientenschutzes notwendig, maßnahmen zu ergreifen. bei abwägung des wirtschaftlichen interesses der klägerin an der weiteren durchführung dieser behandlung und dem öffentlichen interesse an einer ordnungsgemäßen arzneimittelversorgung zum schutz der patienten überwiege das öffentliche interesse daran, dass ausschließlich arzneimittel zur anwendung kämen, die unter beachtung der arzneimittelrechtlichen vorschriften von befugten personen hergestellt würden. 5die klägerin hat am 29. märz 2018 beim verwaltungsgericht n. klage erhoben. zur begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: die angezeigte erlaubnisfreie herstellung von eigenblutpräparaten einschließlich ozonisierung unterfalle der ausnahme des § 28 tfg. durch die ausnahme "homöopathischer eigenblutprodukte" werde der geltungsbereich des gesetzes in bezug auf solche blutprodukte präzisiert, die sich im entnahmevorgang, in der entnommenen menge sowie in der herstellung und in der anwendung wesentlich von der klassischen eigenblut-spende unterschieden. die legaldefinition des § 4 abs. 26 amg gelte für das transfusionsgesetz nicht. die vorschrift verwende den begriff "homöopathisches arzneimittel" und nicht wie § 28 tfg „homöopathisches eigenblutprodukt". § 4 abs. 26 amg sei zudem erst 2005 in kraft getreten, das "homöopathische eigenblutprodukt" jedoch seit inkrafttreten des transfusionsgesetzes im jahr 1998 als ausnahme in § 28 tfg aufgeführt. maßgeblich sei die intention des gesetzgebers, schutz vor transfusionsbedingten infektionen bei allogenen blutspenden zu gewährleisten. der bundesgerichtshof habe entschieden, dass das transfusionsgesetz auf eigenblutnosoden keine anwendung finde, da diese homöopathische eigenblutprodukte im sinne von § 28 tfg seien, die der gesetzgeber ausdrücklich vom anwendungsbereich des transfusionsgesetzes habe ausnehmen wollen. er habe dabei nicht auf die beschreibung in einem arzneibuch oder einer pharmakopöe abgestellt. auch das unionsrecht gehe davon aus, dass es in bestimmten fällen unverhältnismäßig erscheine, das volle transfusionsrechtliche, auf die fremdblutspende zugeschnittene instrumentarium ohne weiteres auf fälle der eigenblutspende anzuwenden. würde man den anwendungsbereich des § 28 tfg nur auf homöopathische arzneimittel im sinne von § 4 abs. 26 amg beschränken, liefe dieser faktisch leer. die erhebliche berufliche tätigkeitseinschränkung zu lasten von heilpraktikern wäre nach art. 12 gg nicht zu rechtfertigen. nicht wenige heilpraktiker erzielten mit dieser behandlungsmethode bis zu 80 % ihres umsatzes. 6die klägerin hat beantragt, 7die ordnungsverfügung des beklagten vom 22. märz 2018 aufzuheben. 8der beklagte hat beantragt, 9die klage abzuweisen. 10zur begründung hat er über die ausführungen im angefochtenen bescheid hinaus im wesentlichen vorgetragen: das entnommene blut sei eine spende im sinne des § 2 nr. 1 tfg, worunter jede entnahme auch einer geringfügigen menge blut falle. die hergestellten eigenblutprodukte seien auch arzneimittel im sinne von § 2 abs. 1 amg. der begriff „homöopathische eigenblutprodukte" sei ein unterbegriff des „homöopathischen arzneimittels" und es könne ohne weiteres auf die arzneimittelrechtliche definition zurückgegriffen werden. davon gehe auch der bundesgerichtshof aus. das arzneimittelgesetz und das transfusionsgesetz seien eng verzahnt, was auch in § 29 tfg und in der entstehungsgeschichte zum ausdruck komme. dass § 4 abs. 26 amg jünger sei als § 28 tfg, sei unerheblich. der begriff „homöopathisches arzneimittel" werde schon seit inkrafttreten des arzneimittelgesetzes im jahr 1978 in § 38 amg gebraucht. der begriff „homöopathische eigenblutprodukte" sei bereits im jahr 1998 so auszulegen gewesen, dass darunter nur eigenblutprodukte zu verstehen seien, die nach einem im arzneibuch (§ 55 amg) beschriebenen homöopathischen zubereitungsverfahren hergestellt würden. auch wenn man den rückgriff auf die arzneimittelrechtliche definition ablehnen sollte, sei nichts dafür ersichtlich, das eigenblutprodukt der klägerin der homöopathie zuzuordnen. 11das verwaltungsgericht hat die klage durch urteil vom 17. september 2018 abgewiesen. zur begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: die ordnungsverfügung sei ungeachtet der fehlenden anhörung der klägerin vor ihrem erlass formell rechtmäßig. der mangel sei gemäß § 45 abs. 1 nr. 3, abs. 2 vwvfg nrw im laufe des erstinstanzlichen gerichtlichen verfahrens geheilt worden. jedenfalls sei im sinne des § 46 vwvfg nrw offensichtlich, dass die unterbliebene anhörung die entscheidung in der sache nicht beeinflusst habe, weil die entscheidungserheblichen umstände dem beklagten aufgrund der vorherigen ausführungen der klägerin bekannt gewesen seien. 12die ordnungsverfügung sei auch materiell rechtmäßig. die tatbestandsvoraussetzungen der §§ 69 abs. 1, 64 abs. 3 amg i. v. m. § 7 abs. 2 tfg lägen vor. die klägerin stelle ein arzneimittel her, indem sie ihren patienten blut entnehme, um dies nach anreicherung mit ozon bzw. homöopathischen fertigarzneimitteln zu reinjizieren. die entnahme einer solchen spende sei nur unter ärztlicher verantwortung erlaubt, welche die klägerin nicht gewährleiste. ein ausnahmefall nach § 28 tfg sei nicht gegeben. das von der klägerin hergestellte ozonisierte bzw. anderweitig angereicherte eigenblut sei kein homöopathisches eigenblutprodukt im sinne dieser vorschrift. eine substanz sei ausschließlich aufgrund der herstellung nach einem homöopathischen zubereitungsverfahren den homöopathischen arzneimitteln im sinne von § 4 abs. 26 satz 1 amg zuzuordnen. die darreichungsform sei ebenso wenig von bedeutung wie die anwendung in der homöopathischen therapierichtung. ein homöopathisches zubereitungsverfahren, wie es im europäischen arzneibuch (ph. eur.) oder im homöopathischen arzneibuch (hab) festgehalten sei, wende die klägerin nicht an. die verwendung der definition des „homöopathischen“ eigenblutprodukts im sinne des arzneimittelgesetzes sei auch im rahmen von § 28 tfg angezeigt, weil beiden gesetzen dasselbe begriffsverständnis zugrunde liege. nichts abweichendes ergebe sich aus dem umstand, dass das transfusionsgesetz gegenüber dem arzneimittelgesetz das neuere regelungswerk darstellt. der begriff des homöopathischen arzneimittels sei schon seit dem inkrafttreten des arzneimittelgesetzes im jahr 1978 in § 38 amg gebräuchlich. die ermessensentscheidung des beklagten sei nicht zu beanstanden. in anbetracht des hohen schutzguts der körperlichen unversehrtheit nach art. 2 abs. 2 gg und des überragend wichtigen gemeinwohlbelangs der volksgesundheit sei die lediglich berufsausübungsregelnde maßnahme (art. 12 abs. 1 gg) selbst in anbetracht etwaiger finanzieller - im übrigen nicht näher substantiiert dargelegter - einbußen der klägerin verhältnismäßig. 13dagegen hat die klägerin rechtzeitig die vom verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher bedeutung zugelassene berufung eingelegt und begründet. sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches vorbringen und trägt weiter vor: eine anhörung sei ungeachtet ihrer bitte um einen rechtsmittelfähigen bescheid geboten gewesen, aber nicht erfolgt und im klageverfahren auch nicht nachgeholt worden. ein fall des § 46 vwvfg nrw sei nicht gegeben, weil die argumentation der klägerin aus der klageschrift der bezirksregierung vor klageerhebung zumindest nicht vollständig bekannt gewesen sei. der angefochtene bescheid sei auch nicht hinreichend bestimmt. es sei mit blick auf den weit gefassten, einen unbestimmten rechtsbegriff verwendenden tenor nicht hinreichend klar, dass der klägerin (lediglich) untersagt worden sei, ihren patienten blut zum zwecke der herstellung von ozonisiertem eigenblut bzw. der mischung mit homöopathischen arzneimitteln zu entnehmen. 14der regelungsbereich des transfusionsgesetzes sei bereits nicht eröffnet, weil die eigenbluttherapie nicht dem begriff der spende des § 2 nr. 1 tfg unterfalle. der wortlaut dieser vorschrift sei mit blick auf den zweck des gesetzes zu weit geraten. das gesetz ziele auf die versorgung der bevölkerung mit fremdblutspenden bzw. daraus gewonnenen arzneimitteln ab. die eigenblutbehandlung durch heilpraktiker solle durch § 7 tfg nicht erfasst werden, der allein auf das blutspendewesen in deutschland gerichtet sei. bei unterstellter anwendbarkeit des transfusionsgesetzes falle die von der klägerin angezeigte erlaubnisfreie herstellung von eigenblutpräparaten jedenfalls unter § 28 tfg. dies ergebe sich aus dem urteil des bundesgerichtshofs vom 17. januar 2012, wonach eine anwendung von eigenblut mit zusatz von homöopathika ein homöopathisches eigenblutprodukt im sinne dieser vorschrift sei. dies müsse erst recht für den patienten unverändert zurückgegebenes oder lediglich mit sauerstoff oder ozon angereichertes eigenblut gelten. weiter werde auf das urteil des verwaltungsgerichts osnabrück vom 4. august 2020 verwiesen. dem gesetzgeber sei es mit § 28 tfg in erster linie um den schutz vor transfusionsbedingten infektionen bei allogenen blutspenden gegangen, weil fremdblut für einen potentiellen empfänger ein erheblich größeres infektionsrisiko berge. die ausnahme des homöopathischen eigenblutprodukts gehe ferner auf die überlegung zurück, dass in der regel nur eine geringe menge blut benötigt werde und das damit verbundene risiko gering sei. bei der auslegung könne auch deshalb nicht auf das arzneimittelgesetz zurückgegriffen werden, weil dieses eine andere zielsetzung verfolge, nämlich die sicherheit im verkehr mit arzneimitteln. auch nach analyse des schrifttums spreche nichts dafür, die vorschrift des § 4 abs. 26 amg ohne ausdrückliche verweisung und ohne rücksicht auf den eigentlichen regelungszweck des § 28 tfg unreflektiert auf das transfusionsrecht anzuwenden. die nicht demokratisch legitimierten und rechtlich nicht bindenden inhalte der arzneibücher könnten auch keine einschränkung der berufsfreiheit der heilpraktiker legitimieren. § 4 abs. 26 satz 1 amg beinhalte eine unzulässige dynamische verweisung auf eine vielzahl sich ständig ändernder arzneibücher aller mitgliedstaaten. ferner seien eigenblutprodukte vor der schaffung des § 4 abs. 26 amg, der zudem nicht auf eine änderung des transfusionsrechts abziele, auch unzweifelhaft von der ausnahmeregelung des § 28 tfg erfasst gewesen. maßgeblich könne daher im rahmen des § 28 tfg allein sein, ob es sich um ein gebräuchliches homöopathisches verfahren handele, ohne dass es auf dessen niederschrift in arzneibüchern ankomme. 15es fehle an einer ordnungsgemäßen ermessensausübung. die bezirksregierung lasse außer acht, dass die untersagung nicht nur die berufsfreiheit, sondern auch die therapiefreiheit der klägerin und die autonomie des patienten einschränke. die ermessenserwägungen stellten fehlerhaft auf die ordnungsgemäße arzneimittelversorgung ab, um die es beim hier maßgeblichen transfusionsgesetz nicht gehe. zudem sei die nutzen-risiko-bilanz der eigenbluttherapie entgegen der annahme des bundesministeriums für gesundheit nicht negativ, wie sich aus dem gutachten von prof. h. vom 8. juli 2019 ergebe. auch könne die therapie eine positive therapeutische wirkung haben, die über einen placebo-effekt hinausgehe. die heilpraktiker verfügten über die für die durchführung der eigenbluttherapie erforderlichen voraussetzungen und fähigkeiten und schuldeten eine fachgerechte medizinische heilbehandlung sowie die beachtung hygienischer vorschriften. die untersagung sei auch unverhältnismäßig. milderes mittel sei eine bedingte untersagung unter dem vorbehalt des nachweises der entsprechenden fähigkeiten der klägerin im hinblick auf die blutentnahme im rahmen der eigenbluttherapie. im rahmen der angemessenheit wäre zu berücksichtigen gewesen, dass dem gesamten berufsstand der heilpraktiker eine effektive therapiemöglichkeit entzogen werde und heilpraktiker teilweise bis zu 80 % ihres umsatzes mit der eigenbluttherapie erwirtschafteten. demgegenüber sei die gefahr für die körperliche unversehrtheit bzw. die volksgesundheit nicht erheblich. 16die klägerin beantragt, 17das angefochtene urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen klageantrag zu erkennen. 18der beklagte beantragt, 19die berufung zurückzuweisen. 20zur begründung trägt er im wesentlichen vor: die klägerin habe mit dem schreiben vom 19. mai 2017 einen vorformulierten, vielfach verwendeten text genutzt. es sei daher folgerichtig gewesen, weitere auskünfte zu verlangen. untersagt worden sei die entnahme von blut zur herstellung von eigenblutprodukten, bei denen kein homöopathisches zubereitungsverfahren zur anwendung gelange. ein solches habe die klägerin für keines der angezeigten eigenblutprodukte angegeben. es sei auch nicht ersichtlich. die bloße mischung des eigenbluts mit einem homöopathischen fertigarzneimittel reiche nicht aus, weil die wirkung lediglich von den wirkstoffen in dem fertigarzneimittel ausgehe, die eigenblutkomponente aber nicht als homöopathisch bezeichnet werden könne. es sei auch keine packungsbeilage eines homöopathischen fertigarzneimittels bekannt, die das mischen mit eigenblut vorsehe. soweit auf die injektion von unverändertem eigenblut verwiesen werde, sei weder ein homöopathisches zubereitungsverfahren noch ein sonstiger bezug zur homöopathie erkennbar. für die von der klägerin geforderte teleologische reduktion des anwendungsbereichs des transfusionsgesetzes auf fremdblut sei kein raum. dass in § 28 tfg der begriff homöopathische eigenblutprodukte und nicht der des arzneimittels verwendet werde, sei folgerichtig. das gesetz beziehe sich generell nur auf die gewinnung von blut und produkten zur anwendung am menschen, die aus blut hergestellt würden. die auffassungen der klägerin würden auch von teilen des berufsstandes der heilpraktiker durchaus kritisch gesehen. nach dem zwischenzeitlich in kraft getretenen § 13 abs. 2b satz 2 nr. 3 amg stehe nunmehr gemäß § 13 abs. 1 nr. 1 und 3, § 4 abs. 14 amg auch das fehlen einer herstellungserlaubnis der herstellung von eigenblutprodukten und auch schon der entnahme des blutes beim patienten durch die klägerin entgegen. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichtsakten und den beigezogenen verwaltungsvorgang des beklagten bezug genommen. 22 | 23die zulässige berufung ist unbegründet. das verwaltungsgericht hat die klage zu recht abgewiesen. die zulässige anfechtungsklage ist unbegründet. 24die ordnungsverfügung der bezirksregierung n. vom 22. märz 2018 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten, vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 25a. die untersagungsanordnung in ziffer 1. der verfügung ist rechtmäßig. 26i. die ordnungsverfügung ist nicht wegen unterbliebener anhörung formell rechtswidrig. nach § 28 abs. 1 vwvfg nrw ist, bevor ein verwaltungsakt erlassen wird, der in rechte eines beteiligten eingreift, diesem gelegenheit zu geben, sich zu den für die entscheidung erheblichen tatsachen zu äußern. dieser verpflichtung ist die bezirksregierung hier nachgekommen. 27die klägerin hat im verwaltungsverfahren akteneinsicht erhalten und sich mit schreiben vom 31. august 2017 zum entscheidungserheblichen sachverhalt geäußert. aufgrund des schreibens der bezirksregierung vom 30. januar 2018 war der klägerin auch die rechtsauffassung der behörde sowie der umstand bekannt, dass ihr die eigenblutentnahme - entweder nach entsprechendem ausgang gerichtlicher parallelverfahren oder aber auf ihren wunsch hin ohne abwarten dieser gerichtlichen klärung zeitnah - untersagt werden würde. auch wenn die behörde mitgeteilt hat, vor erlass eines bescheids werde sie noch angehört, musste der klägerin aufgrund des vorherigen schriftverkehrs klar sein, mit welcher entscheidung sie zu rechnen hatte, welche umstände hierfür maßgebend sein würden und wozu sie sich noch äußern könnte. 28vgl. näher zum inhalt der anhörungspflicht kallerhoff/mayen, in: stelkens/ bonk/ sachs, vwvfg, kommentar, 9. auflage 2018, § 28 rn. 34 ff. 29dass die bezirksregierung ihr entgegen ihrer ankündigung im schreiben vom 30. januar 2018 vor bescheiderlass nicht erneut gelegenheit zur stellungnahme eingeräumt hat, stellt keinen anhörungsmangel dar. mit ihrer bitte vom 20. februar 2018, kurzfristig einen rechtsbehelfsfähigen bescheid zu erteilen, die die klägerin mit schreiben vom 21. märz 2018 wiederholt und durch fristsetzung sowie die ankündigung einer feststellungsklage verstärkt hat, hat sie zum ausdruck gebracht, sich im verwaltungsverfahren nicht weiter äußern, von einer möglichkeit zur stellungnahme also keinen gebrauch mehr machen zu wollen. 30vgl. zur möglichkeit eines verzichts auf die anhörung auch ramsauer, in: ramsauer, vwvfg, kommentar, 21. auflage 2020, § 28 rn. 14. 31ii. die untersagungsanordnung in ziffer 1. der ordnungsverfügung vom 22. märz 2018 ist auch hinreichend bestimmt im sinne von § 37 abs. 1 vwvfg nrw. der klägerin wird untersagt, ihren patienten blut zwecks herstellung von eigenblutprodukten im wege der mischung mit ozon bzw. homöopathischen fertigarzneimitteln zu entnehmen. dieser regelungsgehalt der untersagungsverfügung lässt sich aus dem gesamten inhalt des bescheids, insbesondere seiner begründung, unzweifelhaft erkennen. 32zu den bestimmtheitsanforderungen des wortlautgleichen § 37 abs. 1 vwvfg vgl. etwa bverwg, urteil vom 26. oktober 2017 - 8 c 18.16 -, bverwge 160, 193 = juris rn. 13 ff. m. w. n.; ferner ovg nrw, beschluss vom 2. märz 2021 - 9 b 1574/20 -, juris rn. 20. 33zwar heißt es im bescheidtenor, der klägerin werde die entnahme von blut „zur herstellung von nichthomöopathischen eigenblutprodukten“ untersagt. die klägerin macht insoweit zu recht geltend, es stelle sich doch gerade die frage, ob die von ihr hergestellten eigenblutpräparate homöopathisch im sinne des § 28 tfg seien. aus dem bescheidtenor in verbindung mit der begründung des bescheides ergibt sich aber zweifelsfrei, dass die von der klägerin bei bescheiderlass hergestellten eigenblutprodukte (mit ozon bzw. mit homöopathischen fertigarzneimitteln), von der bezirksregierung als nichthomöopathisch angesehen und damit nur die diesbezügliche eigenblutentnahme von der untersagungsverfügung erfasst wird. dies ergibt sich nicht nur aus den ausführungen auf den seiten 3 und 4 des bescheids, die sich auf die konkreten eigenblutprodukte der klägerin beziehen, sondern vor allem aus der abschließenden formulierung am ende von ziffer ii. der begründung, die von der klägerin durchgeführte entnahme von blut zur herstellung nichthomöopathischer eigenblutprodukte sei deshalb zu untersagen. die in dem offenbar vorformulierten schreiben vom 2. mai 2017 aufgeführten weiteren eigenblutprodukte, wie auch die reinjektion von reinem eigenblut, sind danach nicht gegenstand der untersagungsverfügung geworden. 34iii. die untersagung ist auch im übrigen materiell rechtmäßig. 351. die tatbestandlichen voraussetzungen der ermächtigungsgrundlage, §§ 69 abs. 1, 64 abs. 3 amg i. v. m. § 7 abs. 2 tfg, sind gegeben. 36nach § 69 abs. 1 satz 1 amg treffen die zuständigen behörden die zur beseitigung festgestellter verstöße und die zur verhütung künftiger verstöße notwendigen anordnungen. gemäß § 64 abs. 3 satz 1 amg hat sich die zuständige behörde u. a. davon zu überzeugen, dass die vorschriften des zweiten abschnitts des transfusionsgesetzes beachtet werden. 37die von der klägerin angezeigte blutentnahme zur herstellung von eigenblutprodukten im wege der mischung mit ozon oder mit homöopathischen fertigarzneimitteln verletzt § 7 abs. 2 tfg. nach dieser vorschrift darf die entnahme einer (blut-)spende nur durch eine ärztliche person oder durch anderes qualifiziertes personal unter der verantwortung einer ärztlichen person erfolgen. an der einhaltung dieses arztvorbehalts fehlt es hier. die klägerin entnimmt auch eine spende im sinne dieser norm (a.). § 7 abs. 2 tfg ist ferner nicht nach § 28 tfg unanwendbar (b.). ob auch der vom beklagten im berufungsverfahren geltend gemachte verstoß gegen § 13 abs. 2b satz 2 nr. 3 amg i. v. m. § 13 abs. 1 nr. 1 und 3, § 4 abs. 14 amg die untersagung trägt, bedarf danach keiner entscheidung mehr (c.). 38a. der anwendungsbereich des transfusionsgesetzes ist entgegen der auffassung der klägerin eröffnet, weil sie ihren patienten eine spende entnimmt. 39spende ist nach § 2 nr. 1 tfg die bei menschen entnommene menge an blut oder blutbestandteilen, die wirkstoff oder arzneimittel ist oder zur herstellung von wirkstoffen oder arzneimitteln und anderen produkten zur anwendung bei menschen bestimmt ist. die klägerin entnimmt ihren patienten blut (aa.), das arzneimittel ist oder zur herstellung von arzneimitteln in gestalt von eigenblutpräparaten bestimmt ist (bb). 40aa. es liegt eine blutentnahme im sinne von § 2 nr. 1 tfg vor. die begriffsbestimmung dieser vorschrift gilt unabhängig von der menge des entnommenen blutes. ferner beschränkt sich die definition der spende nicht auf fremdblut, sondern umfasst auch eigenblut. 41vgl. mükostgb, tfg, 3. auflage 2017, § 2 rn. 3; deutsch/bender, transfusionsrecht, 2007, rn. 160 f.; spickhoff, medizinrecht, 3. auflage, 2018, § 2 tfg, rn. 2. 42die von der klägerin insoweit befürwortete teleologische reduktion des begriffs auf fremdblutspenden kommt nicht in betracht. der wortlaut ist weit gefasst und sollte nach der gesetzesbegründung auch eigenblut erfassen. 43vgl. die begründung des gesetzentwurfs zur regelung des transfusionswesens (transfusionsgesetz - tfg), bt-drs. 13/9594, s. 16. 44der auch in § 1 tfg verankerte sinn und zweck des gesetzes, für eine sichere gewinnung von blut und blutbestandteilen und damit auch für einen schutz der spendenden personen zu sorgen, 45vgl. bt-drs. 13/9594, s. 15; bt-drs. 13/10643, s. 1 und 24, 46greift auch bei eigenblutspenden und zwar unabhängig davon, ob nur eine geringe menge an blut entnommen wird. der weit gefasste begriff der spende gewährleistet ein höchstmaß an sicherheit bei blut und blutprodukten. 47vgl. auch deutsch/bender, transfusionsrecht, 2007, rn. 129. 48zwar ging es dem gesetzgeber, wie die klägerin anführt, in erster linie darum, schutz vor transfusionsbedingten infektionen bei allogenen blutspenden zu gewährleisten. das gesetz beschränkt sich aber nicht darauf, sondern soll auch bei autologen blutspenden die aufgrund des invasiven verfahrens bestehenden infektionsrisiken begrenzen. 49dies wird bestätigt durch die systematische auslegung. nach § 28 tfg findet das gesetz keine anwendung auf die entnahme einer geringfügigen menge blut zu diagnostischen zwecken, auf homöopathische eigenblutprodukte, autologes blut zur herstellung von biotechnologisch bearbeiteten gewebeprodukten und ‑ unter bestimmten voraussetzungen - auf die entnahme einer geringfügigen menge eigenblut zur herstellung von produkten für die zahnärztliche behandlung. dieser regelung hätte es nicht bedurft, wenn die eigenblutspende von vornherein, also bereits nach § 2 nr. 1 tfg, nicht dem anwendungsbereich des gesetzes unterfiele. zudem werden durch § 28 tfg nur bestimmte eigenblutspenden vom anwendungsbereich des gesetzes ausgenommen. entgegen der darstellung der klägerin hat der gesetzgeber damit auch die eigenblutbehandlung durch homöopathen als regelungsgegenstand des gesetzes im blick gehabt und nicht von vornherein insgesamt vom anwendungsbereich ausgenommen. die vorstehende auslegung wird ferner belegt durch die änderungshistorie des § 28 tfg. während nach der ursprünglichen fassung der vorschrift das gesetz auch auf eigenblutprodukte zur immuntherapie keine anwendung fand, unterfallen diese dem anwendungsbereich, seitdem diese fallgruppe durch das erste gesetz zur änderung des transfusionsgesetzes und arzneimittelrechtlicher vorschriften (vom 10. februar 2005, bgbl. i 2005, s. 234) aus § 28 tfg gestrichen wurde. überdies treffen verschiedene bestimmungen des gesetzes ausdrücklich regelungen zur eigenblutentnahme, so etwa § 5 abs. 2 und abs. 3 satz 2, § 13 abs. 1 satz 4 und 5, § 14 abs. 2 satz 3, § 17 abs. 1 satz 4, § 22 abs. 1 satz 2 tfg. 50aus der von der klägerin angeführten stellung des § 7 tfg im zweiten abschnitt des gesetzes (§§ 3 bis 12a) ergibt sich ebenfalls nicht, dass das gesetz nicht die eigenblutbehandlung in heilpraktikerpraxen erfassen sollte, insbesondere der arztvorbehalt nach § 7 abs. 2 tfg nicht gelten sollte. dafür fehlen jegliche anhaltspunkte. § 7 abs. 2 tfg regelt, dass die entnahme der spende nur durch oder unter der verantwortung einer ärztlichen person erfolgen darf. der gesetzgeber hielt es aus gründen der sicherheit zum schutz der spendenden person für unerlässlich, dass ärztliche hilfe bei zwischenfällen zur verfügung steht, insbesondere dann, wenn nicht ärztliches medizinisches personal die spende entnimmt. 51vgl. bt-drs. 13/9594, s. 18. 52der begriff der spende wird, wie ausgeführt, in § 2 nr. 1 tfg legaldefiniert und erfasst auch eigenblutspenden. er ist auch nicht lediglich für den § 7 tfg einer einschränkenden auslegung zugänglich. eine begrenzung auf spendeeinrichtungen sieht das gesetz insoweit nicht vor. ausnahmen vom anwendungsbereich des gesetzes sind abschließend in § 28 tfg geregelt. im übrigen trifft das argument der klägerin nicht zu, die im zweiten abschnitt des gesetzes ab §§ 3 ff. tfg aufgestellten regelungen zielten allein auf die versorgung der bevölkerung mit blut bzw. blutbestandteilen ab. denn der zweite abschnitt des gesetzes regelt allgemein die gewinnung von blut und blutbestandteilen und beschränkt sich nicht auf spendeeinrichtungen im sinne von § 4 tfg. so enthält der bereits vorstehend angeführte § 5 tfg in abs. 2 und abs. 3 satz 2 auch vorgaben für eigenblutentnahmen. 53bb. das von der klägerin entnommene eigenblut ist auch im sinne des § 2 nr. 1 tfg arzneimittel oder zur herstellung von arzneimitteln bei menschen bestimmt. eigenblutpräparate sind entsprechend ihrer zweckbestimmung arzneimittel im sinne von § 2 abs. 1 nr. 1 amg, weil das blut, nachdem es dem körper entzogen und entsprechend verarbeitet worden ist, ihm zu heilungszwecken wieder zugeführt wird. 54vgl. zu eigenblutzubereitungen als arzneimittel auch bverwg, beschluss vom 11. juni 1997 - 3 b 130.96 -, juris rn. 2 ff.; bayoblg, beschluss vom 29. april 1998 - 4st rr 12/98 -, njw 1998, 3430 = juris rn. 9 55die reinjektion von eigenblut soll immunmodulativen zwecken dienen. 56vgl. psychrembel, naturheilkunde und alternative heilverfahren, 4. auflage 2011, stichwort eigenbluttherapie. 57b. die ausnahmebestimmung des § 28 tfg greift im streitfall nicht ein. 58dass die klägerin lediglich eine geringfügige menge blut entnimmt, erfüllt noch keinen der ausnahmetatbestände. denn dies muss zu den gesetzlich bestimmten - hier von ihr nicht verfolgten - zwecken geschehen: entweder zu diagnostischen zwecken oder zur herstellung von produkten für die zahnärztliche behandlung. bei den weiteren ausnahmetatbeständen, namentlich bei homöopathischen eigenblutprodukten, kommt es auf die menge des entnommenen bluts nach dem eindeutigen wortlaut des § 28 tfg hingegen nicht an. 59die eigenblutpräparate der klägerin sind keine homöopathischen eigenblutprodukte im sinne des § 28 tfg. zwar handelt es sich um blutprodukte (aa.), diese sind aber nicht homöopathisch (bb.). 60aa. die eigenblutpräparate der klägerin sind blutprodukte gemäß § 2 nr. 3 tfg. nach dieser vorschrift sind blutprodukte blutzubereitungen im sinne von § 4 abs. 2 amg, sera aus menschlichem blut im sinne des § 4 abs. 3 amg und blutbestandteile, die zur herstellung von wirkstoffen oder arzneimitteln bestimmt sind. blutzubereitungen sind nach § 4 abs. 2 amg arzneimittel, die aus blut gewonnene blut-, plasma- oder serumkonserven, blutbestandteile oder zubereitungen aus blutbestandteilen sind oder als wirkstoffe enthalten. das ozonisierte oder mit homöopathischen fertigarzneimitteln vermische eigenblut ist ein blutprodukt in diesem sinne. 61so auch bgh, urteil vom 17. januar 2012 - vi zr 336/10 -, bghz 192, 198 = juris rn. 14. 62bb. die eigenblutprodukte sind aber nicht homöopathisch. 63(1) dieser im transfusionsgesetz nicht definierte begriff ist unter heranziehung von § 4 abs. 26 satz 1 amg und von art. 1 nr. 5 satz 1 richtlinie 2001/83/eg zu bestimmen. 64vgl. auch bgh, urteil vom 17. januar 2012 - vi zr 336/10 -, bghz 192, 198 = juris rn. 14; deutsch/bender, transfusionsrecht, 2007, rn. 163; s. auch antwort der bundesregierung vom 28. februar 2019 auf die anfrage der abgeordneten gabelmann, bt-drs. 19/8180, s. 50; in diese richtung wohl auch lippert, in: lippert/flegel, kommentar zum tfg und den hämotherapie-richtlinien, 2002, § 28 rn. 2; a. a. vg osnabrück, urteil vom 4. august 2020 - 3 a 44/19 -, juris rn. 29 ff. 65nach § 4 abs. 26 satz 1 amg ist homöopathisches arzneimittel ein arzneimittel, das nach einem im europäischen arzneibuch oder, in ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen pharmakopöen der mitgliedstaaten der europäischen union beschriebenen homöopathischen zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. art. 1 nr. 5 satz 1 richtlinie 2001/83/eg, auf den die vorgenannte norm zurückgeht, bestimmt fast gleichlautend, dass ein homöopathisches arzneimittel jedes arzneimittel ist, das nach einem im europäischen arzneibuch oder, in ermangelung dessen, nach einem in den derzeitig offiziell gebräuchlichen pharmakopöen der mitgliedstaaten beschriebenen homöopathischen zubereitungsverfahren aus produkten, substanzen oder verbindungen, die homöopathische ursubstanzen genannt werden, hergestellt worden ist. hiervon ausgehend ist eine substanz ausschließlich aufgrund der herstellung nach einem homöopathischen zubereitungsverfahren den homöopathischen arzneimitteln zuzuordnen. auf die darreichungsform kommt es nicht an. die anwendung in der homöopathischen therapierichtung - in abgrenzung zur schulmedizin - reicht ebensowenig aus. 66bgh, urteil vom 17. januar 2012 - vi zr 336/10 -, bghz 192, 198 = juris rn. 14; kloesel/cyran, arzneimittelrecht, kommentar, 125. akt.-lief. 2013, § 4 amg anm. 78. 67erforderlich ist danach für das homöopathische eigenblutprodukt im sinne von § 28 tfg die herstellung in einem derartigen homöopathischen zubereitungsverfahren. 68dem rückgriff auf diese begriffsbestimmung stehen weder der wortlaut (dazu (aa)) noch der sinn und zweck des § 28 tfg ((bb)), die systematik des transfusionsgesetzes ((cc)) oder die historie ((dd)) entgegen. die weiteren argumente der klägerin, insbesondere die berufung auf das unionsrecht, greifen ebenfalls nicht durch ((ee)). 69(aa) die verwendung unterschiedlicher begrifflichkeiten in § 28 tfg („homöopathisches eigenblutprodukt“) und in § 4 abs. 26 satz 1 amg („homöopathisches arzneimittel“) steht einer heranziehung des § 4 abs. 26 amg nicht entgegen. dies folgt schon daraus, dass diese vorschrift zur bestimmung des begriffsbestandteils „homöopathisch“ herangezogen wird. überdies sind eigenblutprodukte wie die von der klägerin verwendeten - wie oben ausgeführt - arzneimittel im sinne von § 2 abs. 1 nr. 1 amg. die bezirksregierung hat deshalb zutreffend darauf hingewiesen, dass der begriff homöopathisches eigenblutprodukt ein unterbegriff zum oberbegriff homöopathisches arzneimittel ist. 70(bb) der sinn und zweck des § 28 tfg spricht ebenfalls nicht gegen, sondern für einen rückgriff auf § 4 abs. 26 amg. wie bereits ausgeführt, dient das transfusionsgesetz der begrenzung von risiken bei der gewinnung von blut und blutbestandteilen und dabei auch dem schutz der spendenden personen. das verwaltungsgericht ist deshalb zu recht davon ausgegangen, dass die in § 28 tfg geregelten ausnahmetatbestände eng auszulegen sind. der senat verweist in diesem zusammenhang auch auf die ‑ ungeachtet der geringen entnahmemenge bestehenden - risiken bei eigenbluttherapien durch heilpraktiker, auf die auch die bezirksregierung in der berufungsverhandlung erneut hingewiesen hat. 71vgl. die gemeinsame stellungnahme von bfarm, paul-ehrlich-institut und robert-koch-institut vom 28. februar 2018, s. 4 f. 72maßgeblich kann nicht sein, ob mit dem prozess aus entnahme und reinjektion eine homöopathische behandlung vorliegt, das eigenblut also als entsprechender reiz für das immunsystem eingesetzt wird, und dass das konkrete risiko bei den nicht § 4 abs. 26 satz 1 amg genügenden eigenblutprodukten mit gleich geringen risiken verbunden ist wie denjenigen bei homöopathischen eigenblutprodukten, die in einem homöopathischen zubereitungsverfahren hergestellt werden, 73so aber vg osnabrück, urteil vom 4. august 2020 - 3 a 44/19 -, juris rn. 31. 74der gesetzgeber hat die risiken im entnahmevorgang nur hingenommen in den gesetzlich geregelten ausnahmefällen. die „privilegierung“ der homöopathischen therapierichtung durch die ausnahmsweise ohne arztvorbehalt zulässige blutentnahme kommt nur in betracht, soweit ein im sinne von § 4 abs. 26 amg anerkanntes zubereitungsverfahren angewendet wird. der in der gesetzesbegründung zum ausdruck kommende historische gesetzgeberische wille, auf den sich die klägerin für ihre auffassung beruft, rechtfertigt keine andere betrachtung. dort heißt es (bt-drs. 13/9594, s. 27): 75„die genannten blutprodukte [damals: homöopathische eigenblutprodukte und eigenblutprodukte zur immuntherapie] unterscheiden sich in entnahmevorgang, entnommener menge, herstellung und anwendung so wesentlich von „klassischen“ eigenblut-„spenden“, dass eine ausnahme von dem anwendungsbereich dieses gesetzes geboten ist. eine gleichbehandlung wäre unverhältnismäßig. arzneimittelrechtliche vorschriften bleiben unberührt, insbesondere die pflicht zur herstellungserlaubnis. die ausnahme von diesem gesetz gilt nur für eigenblutprodukte. allogene blutprodukte dieser art fallen wegen der übertragungsrisiken unter dieses gesetz.“ 76maßgeblich waren danach für den gesetzgeber verschiedene motive, warum die genannten eigenblutprodukte vom anwendungsbereich ausgenommen wurden. er hat nicht lediglich auf unterschiede im entnahmevorgang und der entnommenen menge abgestellt, sondern auch auf die wesentlich andere herstellung und anwendung verwiesen. hierzu gehören aber die anerkannten regeln der homöopathie, d. h. ein im arzneibuch beschriebenes homöopathisches zubereitungsverfahren, was die ausnahme in § 28 tfg rechtfertigt. wegen der geringen menge in kombination mit der homöopathischen herstellungsweise und der autologen anwendung wird das von dem produkt ausgehende risiko als niedrig angesehen, so dass eine übertragung möglicherweise noch in dem produkt vorhandenen krankheitserreger nicht mehr als gefährlich angesehen wird. 77vgl. auer/seitz, tfg, 14. lfg., oktober 2009, § 28 rn. 5 („homöopathische herstellungsweise (z. b. verdünnung bis zur eliminierung des blutes)“). 78dass zielrichtung des transfusionsgesetzes der infektionsschutz ist, während das arzneimittelgesetz der arzneimittelsicherheit dient, ist unerheblich. denn beide gesetze dienen dem gesundheitsschutz. dabei finden die vorschriften des arzneimittelrechts neben denen des transfusionsgesetzes anwendung (vgl. § 29 satz 1 tfg). ein enger zusammenhang ergibt sich auch daraus, dass die entnahme von blut oder blutbestandteilen aus dem menschlichen körper arzneimittel- oder wirkstoffgewinnung ist. 79vgl. bt-drs. 13/9594, s. 15; bt-drs. 13/10643, s. 24. 80(cc) auch die systematik des transfusionsgesetzes lässt den rückgriff auf § 4 abs. 26 satz 1 amg zu. dass einzelne vorschriften auf das arzneimittelgesetz verweisen, der § 28 tfg aber nicht, steht dem nicht entgegen. zunächst lässt sich dies historisch damit erklären, dass bei verabschiedung des transfusionsgesetzes die definition in § 4 abs. 26 satz 1 amg noch nicht existierte. dass der gesetzgeber nicht nachträglich einen verweis in den § 28 tfg aufgenommen hat, obgleich er diese vorschrift mehrfach geändert hat, mag auch damit zusammenhängen, dass das arzneimittelgesetz weder den begriff der homöopathie noch den des homöopathischen eigenblutprodukts legaldefiniert. das verwaltungsgericht hat zudem zutreffend auf die vielfache normative verschränkung zwischen beiden gesetzen sowie darauf verwiesen, dass der gesetzgeber im selben kompetenzbereich wohl unausgesprochen von der anwendbarkeit der grundlegenden definitionen des arzneimittelbegriffs auch im transfusionsgesetz ausgegangen sei. die in das transfusionsgesetz aufgenommenen verweise sollen einen gleichlauf mit dem arzneimittelrecht bewirken, so etwa bei dem weiten begriff der spende und auch allgemein der festlegung des sachlichen anwendungsbereichs in den §§ 1 und 2 tfg. 81vgl. deutsch/bender, transfusionsrecht, 2007, rn. 129 und 157. 82jedenfalls fehlen hinreichende anhaltspunkte dafür, dass ein rückgriff auf das arzneimittelgesetz trotz der sachnähe beider gesetze nur in den gesetzlich im transfusionsgesetz ausdrücklich geregelten fällen erfolgen sollte und damit das begriffsmerkmal „homöopathisch“ im transfusionsgesetz anders zu verstehen wäre als im arzneimittelgesetz. 83(dd) auf die historie des § 28 tfg kann sich die klägerin ebenfalls nicht berufen. dass die am 7. juli 1998 in kraft getretene vorschrift älter ist als § 4 abs. 26 amg, der erst mit dem 14. gesetz zur änderung des arzneimittelgesetzes vom 29. august 2005, bgbl. i, s. 2570, eingefügt worden ist, steht der heranziehung dieser definition nicht entgegen. wie bezirksregierung und verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt haben, wurde der begriff des homöopathischen arzneimittels bereits vor ergehen der definitionsregelung des § 4 abs. 26 satz 1 amg seit 1978 in § 38 amg (bgbl. i 1976, s. 2460), der vorschrift über die registrierung homöopathischer arzneimittel, verwendet. der gesetzgeber hat schon damals darauf abgestellt, dass das homöopathische arzneimittel nach den anerkannten regeln der homöopathie hergestellt sein müsse, die im rahmen des arzneibuchs (§ 52 amg a. f., jetzt § 55 amg) näher umschrieben würden. 84vgl. bt-drs. 7/3060, s. 53. 85lediglich eine entsprechende gesetzliche definition des homöopathischen arzneimittels fehlte. diese ist infolge des bereits erwähnten art. 1 nr. 5 satz 1 richtlinie 2001/83/eg zur umsetzung des unionsrechts in das gesetz aufgenommen worden. 86die änderungshistorie des § 28 tfg spricht ebenfalls nicht gegen den rückgriff auf § 4 abs. 26 satz 1 amg. der gesetzgeber hat lediglich die fallgruppe der eigenblutprodukte zur immuntherapie gestrichen, 871. gesetz zur änderung des transfusionsgesetzes und arzneimittelrechtlicher vorschriften, bgbl. i 2005, s. 234, dazu bt-drs. 15/4174, s. 8 und 14, 88und weitere ausnahmen hinzugefügt. 89bgbl. 2007, teil i, s. 1574, dazu br-drs. 543/06, s. 44, 99, bgbl. 2009, teil i, s. 1990, dazu br-drs. 171/09, s. 41, 106. 90änderungen an der fallgruppe der homöopathischen eigenblutprodukte hat er nicht vorgenommen. aus den bereits ausgeführten gründen lässt sich daraus aber nicht schließen, dass eine heranziehung der begriffsbestimmung des § 4 abs. 26 satz 1 amg ausscheidet. 91(ee) die weiteren von der klägerin erhobenen einwände gegen dieses begriffsverständnis greifen ebenfalls nicht durch. gegen die anwendbarkeit des § 4 abs. 26 satz 1 amg spricht insbesondere nicht, dass die definition des § 2 nr. 3 tfg über den begriff des arzneimittels hinausgehe und deshalb der begriff des homöopathischen eigenblutprodukts weiter gefasst sei als der des homöopathischen arzneimittels, wie die klägerin meint. dass blutsera und blutbestandteile als blutprodukte im sinne des transfusionsgesetzes gelten, hilft der klägerin nicht weiter. damit werden lediglich vorstufen der arzneimittelherstellung erfasst, um die es hier nicht geht. 92ohne erfolg macht die klägerin weiter geltend, bei dem hier zugrunde gelegten begriffsverständnis des homöopathischen eigenblutprodukts bleibe für diese fallgruppe des § 28 tfg kein anwendungsbereich mehr. davon ist nicht auszugehen. so wird in dem von der klägerin mit der berufungsbegründung übersandten fachartikel (petra staubach, eigenbluttherapie bei hauterkrankungen, ehk 2011, 253 (256)) etwa die behandlung mit potenziertem eigenblut („potenzierung des eigenbluts nach den vorschriften des deutschen homöopathischen arzneibuchs“) erwähnt. auch i. -n. , die vorsitzende des fachverbands deutscher heilpraktiker, sieht möglichkeiten der herstellung von eigenblutprodukten nach homöopathischen zubereitungsverfahren im sinne von § 4 abs. 26 satz 1 amg (der heilpraktiker 2018, 43 (44)). ferner wird in dem vom verwaltungsgericht osnabrück entschiedenen verfahren, 93vg osnabrück, urteil vom 4. august 2020 - 3 a 44/19 -, juris rn. 5 und 30, 94eine zubereitungsmethode (flüssige verdünnung) genannt, die auch von der dort zuständigen behörde als dem homöopathischen zubereitungsverfahren entsprechend unter § 28 tfg subsumiert worden ist. 95auch der anwendungsvorrang des unionsrechts erfordert keine subsumtion der klägerischen eigenblutprodukte unter § 28 tfg, insbesondere nicht die von der klägerin angeführte richtlinie 2002/98/eg des europäischen parlaments und des rates vom 27. januar 2003 zur festlegung von qualitäts- und sicherheitsstandards für die gewinnung, testung, verarbeitung, lagerung und verteilung von menschlichem blut und blutbestandteilen und zur änderung der richtlinie 2001/83/eg, abl. l 33/30. sie gilt ausweislich von art. 2 abs. 1 und 2, art. 29 lit. g) auch für die gewinnung von eigenblut. soweit in erwägungsgrund 11 ausgeführt wird, angesichts des besonderen charakters von eigenbluttransfusionen sei zu prüfen, wie und in welchen fällen die einzelnen bestimmungen dieser richtlinie anzuwenden seien, lässt sich daraus nichts dafür ableiten, dass entweder generell eigenblutentnahmen oder aber jedenfalls alle durch einen homöopathen durchgeführten von dem anwendungsbereich des transfusionsgesetzes und damit auch vom arztvorbehalt auszunehmen wären. 96schließlich macht die klägerin ohne erfolg geltend, auf die in § 4 abs. 26 satz 1 amg in bezug genommenen arzneibücher könne nicht abgestellt werden, weil diese nicht rechtlich verpflichtend und nicht demokratisch legitimiert seien. indem der gesetzgeber sie in dieser vorschrift aufgeführt hat, besteht insoweit sowohl eine demokratische legitimation als auch eine rechtliche bindungswirkung. soweit die klägerin meint, es liege eine unzulässige dynamische verweisung auf eine vielzahl von - möglicherweise immer wieder geänderten - arzneibüchern der mitgliedstaaten vor, jedenfalls soweit § 4 abs. 26 amg im rahmen des § 28 tfg herangezogen werde, 97vgl. auch spickhoff, zmgr 2019, 106 (112), 98vermag der senat dem nicht zu folgen. dynamische verweisungen widersprechen nicht dem gebot der rechtsklarheit und sind zulässig, wenn der gesetzeber den inhalt seiner vorschriften trotz verweisung selbst festlegt und nicht der entscheidung dritter unterwirft. 99vgl. nur bverfg, beschluss vom 18. juli 2019 - 1 bvl 1/18 u. a. -, njw 2019, 3054 = juris rn. 57, m. w. n. 100das ist hier der fall. mit § 4 abs. 26 satz 1 amg werden nicht entscheidungen an andere stellen ausgelagert. vielmehr greift der gesetzgeber lediglich für die beschreibung von homöopathischen zubereitungsverfahren mit den arzneibüchern auf sachverständige äußerungen zurück. diese sind überdies nach den nachvollziehbaren ausführungen der bezirksregierung in der berufungsverhandlung auch nicht ständigen änderungen unterworfen, weil sie ihren ursprung im wesentlichen im 19. jahrhundert in den lehren samuel hahnemanns haben. 101im übrigen hat die klägerin nicht aufgezeigt und ist auch nicht erkennbar, wie das begriffsmerkmal „homöopathisch“ in § 28 tfg bestimmt werden soll, wenn man nicht auf ein zubereitungsverfahren im sinne des § 4 abs. 26 satz 1 amg zurückgreift. dass jedes eigenblutprodukt eines homöopathen erfasst werden sollte, erscheint nach den obigen ausführungen zu dieser vorschrift fernliegend. für die in der berufungsverhandlung vertretene auffassung der klägerin, es müsse auf die gebräuchlichkeit der eigenblutbehandlung abgestellt werden, 102so auch spickhoff, medizinrecht, 3. auflage 2018, § 28 rn. 3, 103die ggf. durch sachverständige festzustellen wäre, ist schon keine gesetzliche grundlage erkennbar. 104(2) an dem danach erforderlichen homöopathischen zubereitungsverfahren, das im europäischen arzneibuch oder in den offiziell gebräuchlichen pharmakopöen der mitgliedstaaten der europäischen union beschrieben ist, fehlt es hier in bezug auf die von der klägerin hergestellten eigenblutprodukte, was zwischen den beteiligten auch nicht streitig ist. die klägerin mischt das dem patienten entnommene blut lediglich mit einem homöopathischen fertigarzneimittel bzw. mit einem sauerstoff-ozon-gemisch. weder das eigenblut selbst noch das eigenblutpräparat wird einer homöopathischen technik unterzogen. die eigenbluttherapien weisen keinen bezug auf zu den herstellungsregeln der arzneibücher und es fehlt auch an den ansonsten üblichen festlegungen (etwa zu den mengenverhältnissen bei der potenzierung oder zum verschüttelungsprozess). 105vgl. auch die gemeinsame stellungnahme von bfarm, paul-ehrlich-institut und robert-koch-institut vom 28. februar 2018, s. 1 f. 106die von der klägerin verwendeten fertigarzneimittel sehen nach den unwidersprochenen angaben des beklagten in ihren packungsbeilagen auch keine anwendung in einer vermischung mit eigenblut vor. 107hiervon ausgehend reicht es nicht aus, dass die anwendung von eigenblut erfolgt, das mit homöopathika im sinne von § 4 abs. 26 satz 1 amg vermischt worden ist. 108a. a. vg osnabrück, urteil vom 4. august 2020 - 3 a 44/19 -, juris rn. 26 ff., sowie bgh, urteil vom 17. januar 2012 - vi zr 336/10 -, bghz 192, 198 = juris rn. 15 (allerdings für die hier nicht im streit stehende eigenbluttherapie mit nosoden); offen gelassen von vg düsseldorf, urteil vom 22. mai 2019 - 16 k 2274/18 -, juris rn. 56 ff. 109c. ob auch der vom beklagten im berufungsverfahren geltend gemachte verstoß gegen § 13 abs. 2b satz 2 nr. 3 amg i. v. m. § 13 abs. 1 nr. 1 und 3, § 4 abs. 14 amg die untersagung trägt, bedarf danach keiner entscheidung mehr. 1102. die untersagungsverfügung in nr. 1 des angefochtenen bescheids ist auch nicht ermessensfehlerhaft ergangen. die bezirksregierung n1. hat das ihr in § 69 abs. 1 amg eingeräumte ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender art und weise ausgeübt. 111insbesondere ist der eingriff in die berufsausübungsfreiheit der klägerin aus art. 12 abs. 1 gg, die auch die von der klägerin angeführte therapiefreiheit einschließt, verhältnismäßig. er dient dem legitimen zweck des gesundheitsschutzes und ist zur erreichung dieses ziels auch geeignet und erforderlich. soweit die klägerin darauf verweist, milderes mittel sei eine untersagung unter dem vorbehalt des nachweises der entsprechenden fähigkeiten im hinblick auf die blutentnahme im rahmen der eigenbluttherapie, ist das schon im transfusionsgesetz nicht vorgesehen. es bleibt auch gänzlich unklar, auf welcher grundlage und an welchen kriterien gemessen ein solcher nachweis erbracht werden sollte. ob damit infektionsrisiken vergleichbar effektiv wie bei der wahrung des arztvorbehalts verhindert werden könnten, ist zudem zweifelhaft. 112der eingriff ist schließlich angemessen. angemessen, d. h. verhältnismäßig im engeren sinne, ist eine freiheitseinschränkende regelung, wenn das maß der belastung des einzelnen noch in einem vernünftigen verhältnis zu den der allgemeinheit erwachsenden vorteilen steht. der eingriff in die berufsausübungsfreiheit der klägerin steht nicht außer verhältnis zu den damit verfolgten gemeinwohlbelangen. auf die von der klägerin geltend gemachte therapeutische wirkung und die nutzen-risiko-bilanz der eigenbluttherapie kommt es für die frage nicht an, ob bei der gebotenen abwägung der berufsfreiheit der klägerin vorrang vor dem gesundheitsschutz zu gewähren ist, der mit der hier nur in rede stehenden untersagung der blutentnahme erreicht werden soll. die weiter angeführte therapiefreiheit besteht nicht „unabhängig von fesseln normierender vorschriften“ (gerichtsakte blatt 134), sondern nur im rahmen des geltenden rechts und bleibt bei wahrung des arztvorbehalts überdies erhalten. soweit die klägerin darauf verweist, heilpraktiker verfügten über die für die durchführung der eigenbluttherapie erforderlichen voraussetzungen und fähigkeiten und schuldeten eine fachgerechte medizinische heilbehandlung sowie die beachtung hygienischer vorschriften, lässt sich damit die unangemessenheit der untersagung nicht begründen. denn nach der entscheidung des gesetzgebers sind eigenblutbehandlungen durch heilpraktiker nicht generell vom anwendungsbereich des gesetzes und damit vom arztvorbehalt ausgenommen, sondern nur, soweit es sich um homöopathische eigenblutprodukte handelt. diese entscheidung für eine eng begrenzte ausnahme lässt sich auch damit rechtfertigen, dass heilpraktiker nicht über eine mit einem niedergelassenen arzt vergleichbare medizinische ausbildung verfügen, auch wenn sie denselben hygienischen anforderungen unterliegen mögen, wie die klägerin betont. 113die untersagung ist schließlich nicht im hinblick auf deren wirtschaftliche auswirkungen für die klägerin unverhältnismäßig im engeren sinne. ob solche angesichts der gesetzgeberischen grundentscheidungen im transfusionsgesetz überhaupt eine unverhältnismäßigkeit begründen können, kann offen bleiben. jedenfalls reicht der vortrag, dass dem gesamten berufsstand der heilpraktiker eine effektive therapiemöglichkeit entzogen werde und heilpraktiker teilweise bis zu 80 % ihres umsatzes mit der eigenbluttherapie erwirtschafteten, nicht aus, um im konkreten einzelfall der klägerin eine unverhältnismäßigkeit des behördlichen einschreitens zu begründen. dass die klägerin selbst derartige einbußen hätte, trägt sie nicht substantiiert vor. es ist ferner nichts dafür erkennbar, dass ihr auch ohne die bisher durchgeführten eigenblutbehandlungen keine ausreichenden behandlungsmöglichkeiten verblieben. auf das selbstbestimmungsrecht ihrer patienten und deren befugnis, eine behandlungsmethode zu wählen, kann sich die klägerin schon nicht berufen, weil es sich dabei nicht um ihr zustehende rechte handelt. im übrigen bleibt bei wahrung des arztvorbehalts die therapiemöglichkeit mit den von der klägerin angebotenen eigenblutbehandlungen bestehen. 114b. die auf §§ 55 abs. 1, 57 abs. 1 nr. 2, 60 und 63 vwvg nrw gestützte zwangsgeldandrohung in nr. 2 der ordnungsverfügung ist ebenfalls rechtmäßig. der senat nimmt auf die diesbezüglichen ausführungen des verwaltungsgerichts bezug. 115die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. 116die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, § 711 und § 709 satz 2 zpo. 117die revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 abs. 2 vwgo genannten zulassungsgründe vorliegt. sowohl der begriff der spende gemäß § 2 nr. 1 tfg und damit der anwendungsbereich des § 7 abs. 2 tfg als auch der begriff des homöopathischen eigenblutprodukts im sinne des § 28 tfg lassen sich im wege der auslegung aus dem gesetz heraus bestimmen, ohne dass es dazu der klärung im revisionsverfahren bedürfte. | Verklagte*r | 0 |
165,309 | S 6 R 204/13 | 2015-05-22T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in Höhe von 49.058,45 EUR für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.12.2009 streitig. 3Die Klägerin ist ein Speditionsunternehmen, das im Wesentlichen im Bereich des Stückguttransports tätig ist und schwerpunktmäßig für die Firma L & O arbeitet. Die beiden Gesellschafter der Klägerin betreiben daneben jeweils noch eigenständige Speditionsunternehmen, die schwerpunktmäßig Obst- und Gemüsetransporte bzw. Stahltransporte durchführen. 4Am 29.04.2010 führte das Hauptzollamt Bielefeld gemäß §§ 2 ff. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) bei der Klägerin eine Prüfung durch. Bestandteil dieser Prüfung war unter anderem ein Internetauszug des G.de I I1, eine Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes Flensburg vom 11.03.2010, der zufolge für den Fahrerservice I I1 kein Fahrzeug als zugelassen festgestellt werden konnte, eine Auskunft der ZFZR-InA, der zufolge auf den Beigeladenen zu 1 ein Opel Astra -F - Kara zugelassen ist, sowie eine Auskunft aus dem Gewerberegister vom 11.02.2010, der zufolge der Beigeladene zu 1 zum 01.05.2006 ein Gewerbe angemeldet hat, wobei als ausgeübte Tätigkeit angegeben worden war die Produktion von Video, Audio und Multimedia sowie der Handel, die Vermittlung, Vermietung und der Service von Fahrzeugen sowie der Handel, die Vermittlung und Dienstleistungen im IT-Bereich, die Vermittlung von Personal, Kurierdienst und Fahrerservice für Dritte. Darüber hinaus finden sich in den Akten des Hauptzollamtes diverse Rechnungen, adressiert von dem G.de I I1 an die Klägerin. Exemplarisch sei hier die Rechnung vom 31.01.2009 mit der Rechnungsnummer 2009-0014 angeführt, in der für den Fahrerservice für die Tage 02, 05, 06, 07, 08, 09, 12, 13, 14, 15, 16, 19 auf dem Fahrzeug CJ- XF 000 im Einsatz bei der Spedition L und O ein Gesamtrechnungsbetrag in Höhe von 2.142 EUR geltend gemacht wird. Dieser setzt sich aus zwölf Tagessätzen Fahrerservice a 150 EUR zusammen und berechnet sich zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer. Darüber hinaus findet sich in der Akte des Hauptzollamtes ein Vermerk vom 28.04.2010, demzufolge Frau A von der Stadtverwaltung Bielefeld, Amt für Verkehr fernmündlich mitgeteilt hat, dass der Beigeladene zu 1) nicht im Besitz einer Erlaubnis für den Güterkraftverkehr ist. Der Beigeladene zu 1) wurde zudem seitens des Hauptzollamtes aufgefordert, sämtliche Ausgangsrechnungen für die Jahre 2006 bis 2010 zur Prüfung vorzulegen. Ausweislich eines Aktenvermerkes vom 14.07.2010 ergab sich anhand dieser Rechnungen, dass der Beigeladene zu 1) ausschließlich für die K und U F1 GbR und für die Einzelunternehmen des K F1 und des U F1 als Fahrer tätig gewesen ist. Ausweislich dieses Vermerkes ergab auch eine Auswertung der Kreditorenkonten sowie der Tachoscheiben den Beigeladenen zu 1) betreffend, dass dieser für die Antragstellerin sowie für das Einzelunternehmen des K F1 tätig war. Dabei ergaben die weiteren Ermittlungen, dass Herr K F1 Inhaber der Firma F1 eK mit der Betriebsnummer 00000000, der Firma K F1 mit der Betriebsnummer 00000000 sowie Gesellschafter der Firma U und K F1 GbR mit der Betriebsnummer 00000000 ist. Sein Bruder U F1 ist Inhaber der Einzelfirma Güternahverkehr U F1 mit der Betriebsnummer 00000000 und ebenfalls Gesellschafter der U und K F1 GbR mit der Betriebsnummer 00000000. Die Ermittlungen ergaben zudem, dass der Beigeladene zu 1) für alle vier Unternehmen als Fahrer tätig war. 5Ausweislich eines Aktenvermerkes vom 14.07.2010 wurde darüber hinaus festgestellt, dass in der Einzelfirma des K F1 weitere Subunternehmer eingesetzt wurden. Hierbei handelt es sich um einen Herrn N Q, einen Herrn N1 I2, einen N3 I3 sowie einen Herrn B L. Seitens des Hauptzollamtes Bielefeld wurde ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren gegen die Geschaftsführer der Klägerin eingeleitet mit dem Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelten gemäß § 266 a Strafgesetzbuch (StGB). Der Vorgang wurde darüber hinaus an die Beklagte weitergeleitet. 6Nach Anhörung mit Schreiben vom 15.03.2011 erließ die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid vom 09.08.2011, mit dem sie Sozialversicherungsbeiträge in einer Gesamthöhe von 49.058,45 EUR (darin enthalten Säumniszuschläge in Höhe von 10.507,50 EUR) nachforderte. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene zu 1) habe in dem Unternehmen der Klägerin in der Zeit vom 01.12.2006 bis zum 31.12.2009 eine Tätigkeit als Fahrer eines der dort vorhandenen Lastkraftwagen ausgeübt. Er habe in dem genannten Zeitraum weder über ein eigenes Fahrzeug verfügt noch habe er eine eigene Lizenz/Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz bzw. eine Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 der Verordnung (EWG) 881/92 besessen. Die Tätigkeit habe der Beigeladene zu 1) persönlich ausgeübt. Über eigene Arbeitnehmer, die Kraftfahrten ausgeübt hätten, habe er nicht verfügt. Der Beigeladene zu 1) habe für die durchgeführten Fahrten Rechnungen gestellt. Er habe seit dem 01.05.2006 ein Gewerbe für die Vermittlung von Personal, Kurierdienst und Fahrerservice angemeldet. Der Beigeladene zu 1) sei in dem genannten Zeitraum fast ausschließlich für das Unternehmen der Klägerin tätig gewesen. Es lägen lediglich fünf Rechnungen an drei andere Unternehmen vor, deren Inhaber jeweils Gesellschafter des Unternehmens der Klägerin sein. Es sei von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Nach feststehender Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes äußere sich die persönliche Abhängigkeit vornehmlich in der Eingliederung des Arbeitenden in den Betrieb des Arbeitgebers und dessen Recht, hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Art, Ausführung und Reihenfolge der Arbeit Weisungen zu erteilen. Ob eine Tätigkeit abhängig oder selbstständig verrichtet werde, entscheide sich letztlich danach, welche Merkmale im Einzelnen überwiegen würden. Frachtführer würden in der Regel dann ein selbstständiges Gewerbe ausüben, wenn sie beim Transport ein eigenes Fahrzeug einsetzen und darüber hinaus für die Durchführung ihres Gewerbes eine Lizenz/Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetzt bzw. eine Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 der Verordnung (EWG) 881/92 besitzen würden. Dabei sprächen vorliegend folgende Feststellungen für eine nicht selbständige Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung: Der Beigeladene zu 1) soll für das Unternehmen der Klägerin als Frachtführer auf einem der Fahrzeuge des Unternehmens tätig gewesen. Er habe weder über ein eigenes Fahrzeug verfügt noch habe er eine eigene Lizenz gehabt, um diese Fahrten selbstständige ausführen zu können. Seine Tätigkeit habe er eigenhändig ausgeübt, das heißt er habe z. B. auch keine eigenen Arbeitnehmer für die bei der Klägerin durchgeführten Fahrten eingesetzt. Der Beigeladene zu 1) unterliege in seiner Tätigkeit für das Unternehmen der Klägerin auch keinem Unternehmerrisiko. Soweit die Klägerseite ausgeführt habe, der Beigeladene zu 1) sei als selbstständiger Unternehmer aufgetreten und würde seine Dienste auch öffentlich über eine Webseite im Internet anbieten und auch andere Aufträge annehmen, darüber hinaus habe er keine Stundensätze sondern Tagessätze in Rechnung gestellt und damit ein unternehmerisches Risiko getragen und zudem nicht in die Organisationsstruktur des Unternehmens eingegliedert gewesen sei, hätten weiter Ermittlungen des Hauptzollamtes ergeben, dass der Beigeladene zu 1) im Wesentlichen nur für das Unternehmen der Klägerin tätig gewesen sei. Die wenigen anderen Aufträge seien von Unternehmen erteilt worden, deren Inhaber wiederum die Gesellschafter der Klägerin seien. Die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) Tagessätze in Rechnung stelle, beinhalte kein unternehmerisches Risiko. Soweit die Klägerseite darauf hingewiesen habe, der Beigeladene zu 1) habe einen Existenzgründungszuschuss für die Tätigkeit erhalten, gälte nach § 7 Abs. 4 S. 2 SGB IV in der bis zum 30.09.2009 maßgeblichen Fassung eine Tätigkeit für die Dauer des Bezuges eines Existenzgründungszuschusses als selbstständig. In dem streitgegenständlichen Zeitraum habe der Beigeladene zu 1) zwar auch teilweise einen Zuschuss erhalten. Dieser Zuschuss sei aber nicht für seine Tätigkeit als Fahrer eines Fahrzeugs gezahlt worden, sondern habe einer anderen selbstständigen Tätigkeit gegolten. Darüber hinaus habe die Agentur für Arbeit zwischenzeitlich die Bewilligung des Existenzgründungszuschusses zurückgenommen. Aus alldem folge, dass der Beigeladene zu 1) dem Direktionsrecht der Klägerin unterlegen habe, in ihren Betrieb eingegliedert und ihr gegenüber weisungsgebunden sei. 7Am 08.09.2011 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.08.2011 und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Zur Begründung führte sie aus, das Nichtvorhandensein einer Lizenz nach dem Güterkraftverkehrsgesetz bzw. nach Artikel 3 der EWG-Verordnung 881/92 sei als einziges in dem Bescheid genanntes Kriterium nicht ausreichend um hieraus auf eine abhängige Beschäftigung zu schließen. Ergänzend wurde ausgeführt, für die Beurteilung der Frage, ob eine unselbstständige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliege, sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung maßgeblich. Abstrakt geltende Maßstäbe ließen sich nicht aufstellen. Es komme auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände an. Allein aus dem Fehlen der Lizenz und dem Nichtvorhandensein eines eigenen Kraftfahrzeuges könne nicht geschlossen werden, dass der Beigeladene zu 1) dem Direktionsrecht der Klägerin unterlegen habe, in deren Betrieb eingegliedert und weisungsgebunden gewesen sei. Der Beigeladene zu 1) sei gegenüber der Klägerin weder in zeitlicher noch in fachlicher und örtlicher Hinsicht weisungsgebunden. Er habe lediglich die rein auftragsbezogenen Vorgaben zu beachten gehabt, ebenso wie jeder andere selbstständige Frachtführer, der Fahrten für eine Fracht-Spedition ausführt. Keiner der Fahrer- Herr I1, Herr Q, Herr I2 oder Herr L - sei verpflichtet gewesen, Fahrten für die Klägerin auszuführen. Es habe ihnen jederzeit freigestanden, die Fahrten zu übernehmen oder nicht. Da die Fahrer in den relevanten Zeiträumen durchgängig auch anderen Beschäftigungen nachgegangen seien, sei es regelmäßig vorgekommen, dass angebotene Aufträge von ihnen abgelehnt worden seien. Von einer Weisungsgebundenheit könne mithin keine Rede sein. Keine der in Rede stehenden Personen habe ein festes Entgelt erhalten, Urlaubs- und Entgeltvorzahlungsansprüche hätten nicht bestanden. Keiner der Fahrer sei gehalten gewesen, die Leistungen in eigener Person zu erbringen. Vielmehr habe nach vorheriger Rücksprache mit den Geschäftsführern eine Delegationsmöglichkeit auf andere Fahrer bestanden. Auch der Beigeladene zu 1) habe hiervon des Öfteren Gebrauch gemacht. In diesen Fällen habe auch gegenüber den Geschäftsführern der GbR ausschließlich der Beigeladene zu 1) selbst abgerechnet, der seinerseits den von ihm eingesetzten Fahrer entlohnt habe. Dass der Beigeladene zu 1) nicht nur für einen Auftraggeber tätig gewesen sei, zeige sich bereits daran, dass er nicht nur für die Klägerin, sondern auch für die Einzelunternehmen der Herren K und U F1 gefahren sei. Es handele sich hierbei jeweils um vollkommen eigenständige Betriebe mit jeweils eigenständigen Organisationseinheiten, Kundenkreisen, Weisungsstrukturen und Belegschaften. Darüber hinaus sei der Beigeladene zu 1) in dem relevanten Zeitraum auch auf anderen Gebieten unternehmerisch tätig gewesen. Er habe beispielsweise IT-Leistungen in Zusammenarbeit mit seinem Bruder erbracht, der einen Betrieb in C unterhalte. Darüber hinaus habe er als selbstständiger Kurierfahrer gearbeitet. Er habe seinerzeit auch über einen Opel Kombi verfügt, mit dem er unter anderem Pakete zugestellt und auch andere Gegenstände befördert habe. Der Beigeladene zu 1) habe zudem aktiv Werbung betrieben und im Internet eine Homepage mit der Bezeichnung "G.de" unterhalten. Dort habe er bundesweit Fahrerdienste angeboten bereits ab einer Dauer von 1 Woche. Die Homepage sei professionell aufgemacht gewesen und habe eigene AGB’s enthalten. Nach Kenntnis der Klägerin habe der Beigeladene zu 1) zudem noch diverse andere Werbemaßnahmen betrieben, beispielsweise Flyer verteilt. 8Am 27.12.2011 leitete die Klägerin zudem ein Antragsverfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Detmold eingeleitet. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 6 R 1628/11 ER geführt. Mit Beschluss vom 25.01.2012 ordnete das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Klägerin an. Im Wesentlichen begründete dies das Gericht damit, dass der Bescheid des Beklagten wegen nicht ausreichender Ermittlungen gemäß § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wahrscheinlich rechtswidrig sei. Insbesondere sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Beigeladenen zu 1 zu einzelnen Detailfragen der Tätigkeit nochmals anzuhören. Auch zur Höhe der Einkünfte fehlten weitergehende Ermittlungen. 9Nach einer persönlichen Vernehmung des Beigeladenen zu 1 durch das Hauptzollamt Bielefeld am 01.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2013 zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte die Beklagte ihre Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid. Ergänzend führte sie aus, dass der Beigeladene zu 1 für die Klägerin eine feste Tour übernommen habe, die sog. C1-Tour. Nach eigenen Angaben sei er Stammfahrer für diese Tour gewesen, d. h. er habe diese Tour jeden Werktag von Montag bis Freitag übernommen. Seine Aufgabe sei es gewesen, das Fahrzeug morgens zu beladen und danach an vier bis fünf Stellen der Firma C1 auszuladen. Die Entlohnung habe in einem Tagessatz von 150,00 EUR bestanden. Der notwendige Kraftstoff sei von der Klägerin gestellt worden. Der Beigeladene zu 1 habe eine von der Klägerin vorgegebene Tankstelle anfahren müssen, um gegen Unterschrift zu tanken. Auch die notwendigen Kfz-Versicherungen seien von der Klägerin abgeschlossen und bezahlt worden. Im streitigen Zeitraum lägen lediglich fünf Rechnungen an drei andere Unternehmen vor, deren Inhaber gleichzeitig Gesellschafter der Klägerin seien. Nach eigenen Angaben des Beigeladenen zu 1 habe er sich im genannten Zeitraum auch nicht um andere Auftraggeber gekümmert. Interessenten habe er abgesagt, Werbung habe er nicht betrieben. Der geschaltete Internet-Auftritt habe den Hinweis getragen, er sei ausgebucht. In der Regel habe der Beigeladene zu 1 seine Tätigkeit persönlich ausgeübt. Lediglich in der Urlaubszeit in den Jahren 2007 und 2008 habe er nach eigener Aussage einen Ersatzfahrer gestellt. In 2007 habe er hierzu einen weiteren Fahrerservice beauftragt, in 2008 einen geringfügig Beschäftigten genutzt. In 2009 sei eine Ersatzkraft durch die Klägerin selbst gestellt worden. Im Falle einer Arbeitsunfähigkeit habe der Beigeladene zu 1 nie eine eigene Ersatzkraft zur Verfügung gestellt. 10Hiergegen hat die Klägerin am 07.03.2013 Klage erhoben. 11Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte auch weiterhin ihren Ermittlungspflichten nicht ausreichend nachgekommen sei. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihre Begründung aus dem Widerspruchsschreiben. Ergänzend führt sie aus, dass der Beigeladene zu 1 schon immer selbständig tätig gewesen sei. Er habe zudem auch einen Existenzgründungszuschuss von der Bundesagentur für Arbeit erhalten. Im Jahr 2008 habe der Beigeladene zu 1 versucht, sich eine eigenständige Selbständigkeit als Spediteur ("C2-U1") aufzubauen, sowie mit seinem Fahrerservice weitere Niederlassungen aufzubauen. Dies sei jedoch lediglich aufgrund der Weltwirtschaftskrise gescheitert. Darüber hinaus weise das monatliche Entgelt beträchtliche Differenzen auf, was untypisch für eine Arbeitnehmertätigkeit sei. Auch hätten die abgerechneten Beträge über dem Gehalt angestellter Fahrer gelegen. Das unternehmerische Risiko des Beigeladenen zu 1 habe auch darin bestanden, im Verhinderungsfall auf eigene Kosten für Ersatz zu sorgen und für Schäden einstehen zu müssen. Darüber hinaus sei die Berechnung der Beklagten zu beanstanden, da nicht die Bruttorechnungsbeträge zugrunde gelegt werden dürften. 12Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, 13den Bescheid der Beklagten vom 09.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 aufzuheben. 14Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 15die Klage abzuweisen. 16Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 17Die Beklagte verweist auf den Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt sie aus, dass zur Berechnung der Beiträge die Nettorechnungsbeträge unter Ausschluss der Umsatzsteuer herangezogen worden seien. 18Die Beigeladenen stellen keine Anträge. 19Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der auch Gegenstand der mündlichen Erörterung am 14.10.2014 gewesen ist. 20Entscheidungsgründe: 21Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil entscheiden. 22Die zulässige Klage ist unbegründet. 23Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 09.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte fordert zu Recht Beiträge für den Beigeladenen zu 1) zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nach. 24Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung von Beiträgen ist § 28p Abs. 1 S. 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zu Recht die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.12.2009 angenommen und die Höhe der daher von der Klägerin für diese Versicherungszweige zu zahlenden Beiträge festgesetzt. 25Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 20 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), § 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 25 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV zu beurteilen. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. 26Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (dazu insg. BSG, Urteil vom 24.01.2007, Az. B 12 KR 31/06 R, m.w.N.). 27Ausgehend davon hat der Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum zur Klägerin in einer abhängigen Beschäftigung gestanden. Die Bewertung und Gewichtung der genannten Abgrenzungsmerkmale zeigen, dass das tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis dem eines abhängig Beschäftigten entspricht, wohingegen Aspekte, die für eine Qualifikation als selbstständige Tätigkeit sprechen, nur in geringem Umfang vorhanden sind. 28Auf vertragliche bzw. schriftlich fixierte Abreden der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 kann zunächst zur Qualifizierung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin abgestellt werden, da derartige Absprachen nicht existieren. Somit ist allein das tatsächlich praktizierte Verhältnis zu bewerten. 29Maßgebend war für die Kammer zunächst der Umstand, dass den Beigeladenen zu 1 kein typisches Unternehmerrisiko traf. So verfügte er über keinen eigenen Lkw, sondern bediente sich für seine Tätigkeit für die Klägerin eines Fahrzeugs der Klägerin. Sämtliche Kosten in Form von Versicherungen usw. trug dabei die Klägerin selbst. Auch den notwendigen Kraftstoff für die Aufträge zahlte die Klägerin selbst, indem dem Beigeladenen zu 1 durch die Klägerin eine Tankstelle vorgegeben wurde, an der er gegen Unterschrift und zulasten der Klägerin tanken konnte. 30Für eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1 in den Betrieb der Klägerin spricht nach Auffassung der Kammer weiter, dass der Kläger "Stammfahrer" der sog. C1-Tour gewesen ist. Diese ist der Beigeladene zu 1 regelmäßig von Montag bis Freitag nach einer vorgegeben Route zu einem festen Tagessatz gefahren. In seiner Vernehmung durch das Hauptzollamt hatte der Beigeladene zu 1 zudem darauf hingewiesen, dass es dem Auftraggeber der C1-Tour, der Firma L & O, wichtig gewesen sei, dass der Stammfahrer vor Ort sei. Dies spricht für die grundsätzliche Notwendigkeit einer persönlichen Leistungserbringung. Durchbrochen wird dies lediglich durch geringfügige Vertretungen des Beigeladenen zu 1 durch von ihm beauftragte Fahrer in den Jahren 2007 und 2008 während der Urlaubszeit, allerdings nicht im Krankheitsfall. In der Delegationsmöglichkeit der eigenen Arbeitsleistung ist kein entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit zu sehen, wenn ein Transportfahrer diese Möglichkeit tatsächlich nur selten nutzt, regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt und damit die persönliche Arbeitsleistung die Regel ist (BSG, Urteil vom 11.03.2009, Az. B 12 KR 21/07 R). Die Durchführung der Fahrten des Beigeladenen zu 1 erfolgte im Verhinderungsfall auch durch die Gesellschafter der Klägerin oder ihres Vaters selbst. Zudem ist hier auch keine maßgebliche freie Zeiteinteilung und Arbeitsorganisation erkennbar. Der Rahmen war vorgegeben. 31Darüber hinaus ist der Beigeladene zu 1 nicht aktiv werbend am Markt aufgetreten und hat Aufträge akquiriert. So gab der Beigeladene zu 1 selbst an, dass er Flyer nicht benutzt habe und auch keine Auftraggeber gesucht habe. Sein Internet-Auftritt sei mit dem Vermerk versehen gewesen, er sei ausgebucht. Interessenten, die sich dennoch an ihn gewandt hätten, habe er abgesagt. Ferner ist im Zusammenhang mit einem wettbewerbsfähigen Auftreten am Markt auch bedeutsam, dass der Beigeladene zu 1 nicht im Besitz einer Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz gewesen ist. Unerheblich ist nach Ansicht der Kammer, dass der Beigeladene einen Zusammenschluss mit anderen Personen bzw. den Aufbau einer Spedition plante, um Nachfrage von anderen Interessenten bedienen zu können. Bei der Beurteilung der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit sind zukünftige Entwicklungen nicht zu berücksichtigen. 32Kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ist die Tatsache, dass er im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig war. Denn auch ein abhängig Beschäftigter kann für mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein. Zudem handelt es sich bei den anderen Auftraggebern um Firmen der Gesellschafter der Klägerin. Für weitere (konkurrierende) Auftraggeber ist der Beigeladene nicht gefahren. So gab er in der Vernehmung an, seine Umsätze habe er bei der Klägerin und den Einzelfirmen der Gesellschafter der Klägerin erzielt. 33Dass der Beigeladene zu 1) ein Gewerbe angemeldet hatte, ist ebenfalls nicht aussagekräftig, da eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung nicht stattfindet. Dies gilt im Übrigen auch für die Abführung der Mehrwertsteuer. 34Des Weiteren kann auch aus der Förderung des Beigeladenen zu 1 durch die Bundesagentur für Arbeit kein Merkmal für eine selbständige Tätigkeit abgeleitet werden. Die Förderung betraf ausweislich des Schreibens der Bundesagentur für Arbeit vom 02.03.2011 die von dem Beigeladenen zu 1 angestrebte Tätigkeit als Video-Produzent und nicht die als Fahrer. Darüber hinaus wurde der Förderungsbescheid inzwischen aufgrund der überwiegenden Tätigkeit für die Klägerin aufgehoben. 35Die Beklagte hat zu Recht ausgehend von einer abhängigen Beschäftigung die entsprechenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge geltend gemacht. Die Höhe der nachgeforderten Beiträge ist nicht zu beanstanden, sie richtet sich nach den Nettorechnungsbeträgen und den im jeweiligen Zweig der Sozialversicherung geltenden Beitragssatz. Im Rechenwerk der Anlage sind keine Fehler erkennbar. Konkrete Einwendungen dagegen werden von den Beteiligten auch nicht vorgebracht. 36Die Beklagte war auch berechtigt, Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs. 1 SGB IV geltend zu machen. Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie unverschuldet ohne Kenntnis von der Beitragszahlungspflicht gewesen wäre, § 24 Abs. 2 SGB IV. Insoweit war die Klägerin bzw. waren ihre Gesellschafter als Speditionsinhaber objektiv und subjektiv in der Lage, zu erkennen, dass zwischen der Tätigkeit der angestellten Fahrer und derjenigen des Beigeladenen zu 1) keine wesentliche Unterscheidung getroffen werden konnte und dass damit der Beigeladene zu 1) beitragspflichtig beschäftigt war. Die Säumniszuschläge sind auch in zutreffend errechneter Höhe geltend gemacht worden. 37Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens mit ausnahme der außergerichtlichen kosten der beigeladenen. 1 | 2zwischen den beteiligten ist die rechtmäßigkeit der nachforderung von beiträgen zur sozialversicherung aufgrund einer betriebsprüfung nach § 28p viertes buch sozialgesetzbuch (sgb iv) in höhe von 49.058,45 eur für den zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.12.2009 streitig. 3die klägerin ist ein speditionsunternehmen, das im wesentlichen im bereich des stückguttransports tätig ist und schwerpunktmäßig für die firma l & o arbeitet. die beiden gesellschafter der klägerin betreiben daneben jeweils noch eigenständige speditionsunternehmen, die schwerpunktmäßig obst- und gemüsetransporte bzw. stahltransporte durchführen. 4am 29.04.2010 führte das hauptzollamt bielefeld gemäß §§ 2 ff. schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (schwarzarbg) bei der klägerin eine prüfung durch. bestandteil dieser prüfung war unter anderem ein internetauszug des g.de i i1, eine auskunft des kraftfahrtbundesamtes flensburg vom 11.03.2010, der zufolge für den fahrerservice i i1 kein fahrzeug als zugelassen festgestellt werden konnte, eine auskunft der zfzr-ina, der zufolge auf den beigeladenen zu 1 ein opel astra -f - kara zugelassen ist, sowie eine auskunft aus dem gewerberegister vom 11.02.2010, der zufolge der beigeladene zu 1 zum 01.05.2006 ein gewerbe angemeldet hat, wobei als ausgeübte tätigkeit angegeben worden war die produktion von video, audio und multimedia sowie der handel, die vermittlung, vermietung und der service von fahrzeugen sowie der handel, die vermittlung und dienstleistungen im it-bereich, die vermittlung von personal, kurierdienst und fahrerservice für dritte. darüber hinaus finden sich in den akten des hauptzollamtes diverse rechnungen, adressiert von dem g.de i i1 an die klägerin. exemplarisch sei hier die rechnung vom 31.01.2009 mit der rechnungsnummer 2009-0014 angeführt, in der für den fahrerservice für die tage 02, 05, 06, 07, 08, 09, 12, 13, 14, 15, 16, 19 auf dem fahrzeug cj- xf 000 im einsatz bei der spedition l und o ein gesamtrechnungsbetrag in höhe von 2.142 eur geltend gemacht wird. dieser setzt sich aus zwölf tagessätzen fahrerservice a 150 eur zusammen und berechnet sich zuzüglich 19 % mehrwertsteuer. darüber hinaus findet sich in der akte des hauptzollamtes ein vermerk vom 28.04.2010, demzufolge frau a von der stadtverwaltung bielefeld, amt für verkehr fernmündlich mitgeteilt hat, dass der beigeladene zu 1) nicht im besitz einer erlaubnis für den güterkraftverkehr ist. der beigeladene zu 1) wurde zudem seitens des hauptzollamtes aufgefordert, sämtliche ausgangsrechnungen für die jahre 2006 bis 2010 zur prüfung vorzulegen. ausweislich eines aktenvermerkes vom 14.07.2010 ergab sich anhand dieser rechnungen, dass der beigeladene zu 1) ausschließlich für die k und u f1 gbr und für die einzelunternehmen des k f1 und des u f1 als fahrer tätig gewesen ist. ausweislich dieses vermerkes ergab auch eine auswertung der kreditorenkonten sowie der tachoscheiben den beigeladenen zu 1) betreffend, dass dieser für die antragstellerin sowie für das einzelunternehmen des k f1 tätig war. dabei ergaben die weiteren ermittlungen, dass herr k f1 inhaber der firma f1 ek mit der betriebsnummer 00000000, der firma k f1 mit der betriebsnummer 00000000 sowie gesellschafter der firma u und k f1 gbr mit der betriebsnummer 00000000 ist. sein bruder u f1 ist inhaber der einzelfirma güternahverkehr u f1 mit der betriebsnummer 00000000 und ebenfalls gesellschafter der u und k f1 gbr mit der betriebsnummer 00000000. die ermittlungen ergaben zudem, dass der beigeladene zu 1) für alle vier unternehmen als fahrer tätig war. 5ausweislich eines aktenvermerkes vom 14.07.2010 wurde darüber hinaus festgestellt, dass in der einzelfirma des k f1 weitere subunternehmer eingesetzt wurden. hierbei handelt es sich um einen herrn n q, einen herrn n1 i2, einen n3 i3 sowie einen herrn b l. seitens des hauptzollamtes bielefeld wurde ein staatsanwaltliches ermittlungsverfahren gegen die geschaftsführer der klägerin eingeleitet mit dem vorwurf des vorenthaltens und veruntreuens von arbeitsentgelten gemäß § 266 a strafgesetzbuch (stgb). der vorgang wurde darüber hinaus an die beklagte weitergeleitet. 6nach anhörung mit schreiben vom 15.03.2011 erließ die beklagte den streitgegenständlichen bescheid vom 09.08.2011, mit dem sie sozialversicherungsbeiträge in einer gesamthöhe von 49.058,45 eur (darin enthalten säumniszuschläge in höhe von 10.507,50 eur) nachforderte. zur begründung führte sie aus, der beigeladene zu 1) habe in dem unternehmen der klägerin in der zeit vom 01.12.2006 bis zum 31.12.2009 eine tätigkeit als fahrer eines der dort vorhandenen lastkraftwagen ausgeübt. er habe in dem genannten zeitraum weder über ein eigenes fahrzeug verfügt noch habe er eine eigene lizenz/erlaubnis nach § 3 güterkraftverkehrsgesetz bzw. eine gemeinschaftslizenz nach artikel 3 der verordnung (ewg) 881/92 besessen. die tätigkeit habe der beigeladene zu 1) persönlich ausgeübt. über eigene arbeitnehmer, die kraftfahrten ausgeübt hätten, habe er nicht verfügt. der beigeladene zu 1) habe für die durchgeführten fahrten rechnungen gestellt. er habe seit dem 01.05.2006 ein gewerbe für die vermittlung von personal, kurierdienst und fahrerservice angemeldet. der beigeladene zu 1) sei in dem genannten zeitraum fast ausschließlich für das unternehmen der klägerin tätig gewesen. es lägen lediglich fünf rechnungen an drei andere unternehmen vor, deren inhaber jeweils gesellschafter des unternehmens der klägerin sein. es sei von einer abhängigen beschäftigung auszugehen. nach feststehender rechtsprechung des bundessozialgerichtes äußere sich die persönliche abhängigkeit vornehmlich in der eingliederung des arbeitenden in den betrieb des arbeitgebers und dessen recht, hinsichtlich der arbeitszeit, des arbeitsortes und der art, ausführung und reihenfolge der arbeit weisungen zu erteilen. ob eine tätigkeit abhängig oder selbstständig verrichtet werde, entscheide sich letztlich danach, welche merkmale im einzelnen überwiegen würden. frachtführer würden in der regel dann ein selbstständiges gewerbe ausüben, wenn sie beim transport ein eigenes fahrzeug einsetzen und darüber hinaus für die durchführung ihres gewerbes eine lizenz/erlaubnis nach § 3 güterkraftverkehrsgesetzt bzw. eine gemeinschaftslizenz nach artikel 3 der verordnung (ewg) 881/92 besitzen würden. dabei sprächen vorliegend folgende feststellungen für eine nicht selbständige beschäftigung im sinne der sozialversicherung: der beigeladene zu 1) soll für das unternehmen der klägerin als frachtführer auf einem der fahrzeuge des unternehmens tätig gewesen. er habe weder über ein eigenes fahrzeug verfügt noch habe er eine eigene lizenz gehabt, um diese fahrten selbstständige ausführen zu können. seine tätigkeit habe er eigenhändig ausgeübt, das heißt er habe z. b. auch keine eigenen arbeitnehmer für die bei der klägerin durchgeführten fahrten eingesetzt. der beigeladene zu 1) unterliege in seiner tätigkeit für das unternehmen der klägerin auch keinem unternehmerrisiko. soweit die klägerseite ausgeführt habe, der beigeladene zu 1) sei als selbstständiger unternehmer aufgetreten und würde seine dienste auch öffentlich über eine webseite im internet anbieten und auch andere aufträge annehmen, darüber hinaus habe er keine stundensätze sondern tagessätze in rechnung gestellt und damit ein unternehmerisches risiko getragen und zudem nicht in die organisationsstruktur des unternehmens eingegliedert gewesen sei, hätten weiter ermittlungen des hauptzollamtes ergeben, dass der beigeladene zu 1) im wesentlichen nur für das unternehmen der klägerin tätig gewesen sei. die wenigen anderen aufträge seien von unternehmen erteilt worden, deren inhaber wiederum die gesellschafter der klägerin seien. die tatsache, dass der beigeladene zu 1) tagessätze in rechnung stelle, beinhalte kein unternehmerisches risiko. soweit die klägerseite darauf hingewiesen habe, der beigeladene zu 1) habe einen existenzgründungszuschuss für die tätigkeit erhalten, gälte nach § 7 abs. 4 s. 2 sgb iv in der bis zum 30.09.2009 maßgeblichen fassung eine tätigkeit für die dauer des bezuges eines existenzgründungszuschusses als selbstständig. in dem streitgegenständlichen zeitraum habe der beigeladene zu 1) zwar auch teilweise einen zuschuss erhalten. dieser zuschuss sei aber nicht für seine tätigkeit als fahrer eines fahrzeugs gezahlt worden, sondern habe einer anderen selbstständigen tätigkeit gegolten. darüber hinaus habe die agentur für arbeit zwischenzeitlich die bewilligung des existenzgründungszuschusses zurückgenommen. aus alldem folge, dass der beigeladene zu 1) dem direktionsrecht der klägerin unterlegen habe, in ihren betrieb eingegliedert und ihr gegenüber weisungsgebunden sei. 7am 08.09.2011 erhob die klägerin widerspruch gegen den bescheid vom 09.08.2011 und beantragte zugleich die aussetzung der vollziehung des angefochtenen bescheides. zur begründung führte sie aus, das nichtvorhandensein einer lizenz nach dem güterkraftverkehrsgesetz bzw. nach artikel 3 der ewg-verordnung 881/92 sei als einziges in dem bescheid genanntes kriterium nicht ausreichend um hieraus auf eine abhängige beschäftigung zu schließen. ergänzend wurde ausgeführt, für die beurteilung der frage, ob eine unselbstständige beschäftigung oder eine selbstständige tätigkeit vorliege, sei stets das gesamtbild der arbeitsleistung maßgeblich. abstrakt geltende maßstäbe ließen sich nicht aufstellen. es komme auf eine gesamtwürdigung aller maßgebenden umstände an. allein aus dem fehlen der lizenz und dem nichtvorhandensein eines eigenen kraftfahrzeuges könne nicht geschlossen werden, dass der beigeladene zu 1) dem direktionsrecht der klägerin unterlegen habe, in deren betrieb eingegliedert und weisungsgebunden gewesen sei. der beigeladene zu 1) sei gegenüber der klägerin weder in zeitlicher noch in fachlicher und örtlicher hinsicht weisungsgebunden. er habe lediglich die rein auftragsbezogenen vorgaben zu beachten gehabt, ebenso wie jeder andere selbstständige frachtführer, der fahrten für eine fracht-spedition ausführt. keiner der fahrer- herr i1, herr q, herr i2 oder herr l - sei verpflichtet gewesen, fahrten für die klägerin auszuführen. es habe ihnen jederzeit freigestanden, die fahrten zu übernehmen oder nicht. da die fahrer in den relevanten zeiträumen durchgängig auch anderen beschäftigungen nachgegangen seien, sei es regelmäßig vorgekommen, dass angebotene aufträge von ihnen abgelehnt worden seien. von einer weisungsgebundenheit könne mithin keine rede sein. keine der in rede stehenden personen habe ein festes entgelt erhalten, urlaubs- und entgeltvorzahlungsansprüche hätten nicht bestanden. keiner der fahrer sei gehalten gewesen, die leistungen in eigener person zu erbringen. vielmehr habe nach vorheriger rücksprache mit den geschäftsführern eine delegationsmöglichkeit auf andere fahrer bestanden. auch der beigeladene zu 1) habe hiervon des öfteren gebrauch gemacht. in diesen fällen habe auch gegenüber den geschäftsführern der gbr ausschließlich der beigeladene zu 1) selbst abgerechnet, der seinerseits den von ihm eingesetzten fahrer entlohnt habe. dass der beigeladene zu 1) nicht nur für einen auftraggeber tätig gewesen sei, zeige sich bereits daran, dass er nicht nur für die klägerin, sondern auch für die einzelunternehmen der herren k und u f1 gefahren sei. es handele sich hierbei jeweils um vollkommen eigenständige betriebe mit jeweils eigenständigen organisationseinheiten, kundenkreisen, weisungsstrukturen und belegschaften. darüber hinaus sei der beigeladene zu 1) in dem relevanten zeitraum auch auf anderen gebieten unternehmerisch tätig gewesen. er habe beispielsweise it-leistungen in zusammenarbeit mit seinem bruder erbracht, der einen betrieb in c unterhalte. darüber hinaus habe er als selbstständiger kurierfahrer gearbeitet. er habe seinerzeit auch über einen opel kombi verfügt, mit dem er unter anderem pakete zugestellt und auch andere gegenstände befördert habe. der beigeladene zu 1) habe zudem aktiv werbung betrieben und im internet eine homepage mit der bezeichnung "g.de" unterhalten. dort habe er bundesweit fahrerdienste angeboten bereits ab einer dauer von 1 woche. die homepage sei professionell aufgemacht gewesen und habe eigene agb’s enthalten. nach kenntnis der klägerin habe der beigeladene zu 1) zudem noch diverse andere werbemaßnahmen betrieben, beispielsweise flyer verteilt. 8am 27.12.2011 leitete die klägerin zudem ein antragsverfahren auf gewährung einstweiligen rechtsschutzes bei dem sozialgericht detmold eingeleitet. das verfahren wurde unter dem aktenzeichen s 6 r 1628/11 er geführt. mit beschluss vom 25.01.2012 ordnete das gericht die aufschiebende wirkung des widerspruchs der klägerin an. im wesentlichen begründete dies das gericht damit, dass der bescheid des beklagten wegen nicht ausreichender ermittlungen gemäß § 20 zehntes buch sozialgesetzbuch (sgb x) wahrscheinlich rechtswidrig sei. insbesondere sei die beklagte verpflichtet gewesen, den beigeladenen zu 1 zu einzelnen detailfragen der tätigkeit nochmals anzuhören. auch zur höhe der einkünfte fehlten weitergehende ermittlungen. 9nach einer persönlichen vernehmung des beigeladenen zu 1 durch das hauptzollamt bielefeld am 01.02.2012 wies die beklagte den widerspruch der klägerin mit widerspruchsbescheid vom 12.02.2013 zurück. zur begründung wiederholte und vertiefte die beklagte ihre ausführungen aus dem ausgangsbescheid. ergänzend führte sie aus, dass der beigeladene zu 1 für die klägerin eine feste tour übernommen habe, die sog. c1-tour. nach eigenen angaben sei er stammfahrer für diese tour gewesen, d. h. er habe diese tour jeden werktag von montag bis freitag übernommen. seine aufgabe sei es gewesen, das fahrzeug morgens zu beladen und danach an vier bis fünf stellen der firma c1 auszuladen. die entlohnung habe in einem tagessatz von 150,00 eur bestanden. der notwendige kraftstoff sei von der klägerin gestellt worden. der beigeladene zu 1 habe eine von der klägerin vorgegebene tankstelle anfahren müssen, um gegen unterschrift zu tanken. auch die notwendigen kfz-versicherungen seien von der klägerin abgeschlossen und bezahlt worden. im streitigen zeitraum lägen lediglich fünf rechnungen an drei andere unternehmen vor, deren inhaber gleichzeitig gesellschafter der klägerin seien. nach eigenen angaben des beigeladenen zu 1 habe er sich im genannten zeitraum auch nicht um andere auftraggeber gekümmert. interessenten habe er abgesagt, werbung habe er nicht betrieben. der geschaltete internet-auftritt habe den hinweis getragen, er sei ausgebucht. in der regel habe der beigeladene zu 1 seine tätigkeit persönlich ausgeübt. lediglich in der urlaubszeit in den jahren 2007 und 2008 habe er nach eigener aussage einen ersatzfahrer gestellt. in 2007 habe er hierzu einen weiteren fahrerservice beauftragt, in 2008 einen geringfügig beschäftigten genutzt. in 2009 sei eine ersatzkraft durch die klägerin selbst gestellt worden. im falle einer arbeitsunfähigkeit habe der beigeladene zu 1 nie eine eigene ersatzkraft zur verfügung gestellt. 10hiergegen hat die klägerin am 07.03.2013 klage erhoben. 11die klägerin ist der ansicht, dass die beklagte auch weiterhin ihren ermittlungspflichten nicht ausreichend nachgekommen sei. im übrigen wiederholt und vertieft sie ihre begründung aus dem widerspruchsschreiben. ergänzend führt sie aus, dass der beigeladene zu 1 schon immer selbständig tätig gewesen sei. er habe zudem auch einen existenzgründungszuschuss von der bundesagentur für arbeit erhalten. im jahr 2008 habe der beigeladene zu 1 versucht, sich eine eigenständige selbständigkeit als spediteur ("c2-u1") aufzubauen, sowie mit seinem fahrerservice weitere niederlassungen aufzubauen. dies sei jedoch lediglich aufgrund der weltwirtschaftskrise gescheitert. darüber hinaus weise das monatliche entgelt beträchtliche differenzen auf, was untypisch für eine arbeitnehmertätigkeit sei. auch hätten die abgerechneten beträge über dem gehalt angestellter fahrer gelegen. das unternehmerische risiko des beigeladenen zu 1 habe auch darin bestanden, im verhinderungsfall auf eigene kosten für ersatz zu sorgen und für schäden einstehen zu müssen. darüber hinaus sei die berechnung der beklagten zu beanstanden, da nicht die bruttorechnungsbeträge zugrunde gelegt werden dürften. 12die klägerin beantragt schriftsätzlich, 13den bescheid der beklagten vom 09.08.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 aufzuheben. 14die beklagte beantragt schriftsätzlich, 15die klage abzuweisen. 16die beteiligten haben sich mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden erklärt. 17die beklagte verweist auf den widerspruchsbescheid. ergänzend führt sie aus, dass zur berechnung der beiträge die nettorechnungsbeträge unter ausschluss der umsatzsteuer herangezogen worden seien. 18die beigeladenen stellen keine anträge. 19bezüglich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten, der auch gegenstand der mündlichen erörterung am 14.10.2014 gewesen ist. 20 | 21das gericht konnte mit einverständnis der beteiligten den rechtsstreit ohne mündliche verhandlung gemäß § 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) durch urteil entscheiden. 22die zulässige klage ist unbegründet. 23die klägerin ist durch den angefochtenen bescheid der beklagten vom 09.08.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.02.2013 nicht beschwert im sinne von § 54 abs. 1 und 2 sozialgerichtsgesetz (sgg). der angefochtene bescheid ist rechtmäßig. die beklagte fordert zu recht beiträge für den beigeladenen zu 1) zur gesetzlichen kranken-, pflege- und rentenversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung nach. 24ermächtigungsgrundlage für die nachforderung von beiträgen ist § 28p abs. 1 s. 5 viertes buch sozialgesetzbuch (sgb iv). danach erlassen die träger der rentenversicherung im rahmen der prüfung verwaltungsakte zur versicherungspflicht und beitragshöhe in der kranken-, pflege- und rentenversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung einschließlich der widerspruchsbescheide gegenüber den arbeitgebern. auf dieser grundlage hat die beklagte zu recht die versicherungspflicht des beigeladenen zu 1) in der kranken-, pflege- und rentenversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung für den zeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.12.2009 angenommen und die höhe der daher von der klägerin für diese versicherungszweige zu zahlenden beiträge festgesetzt. 25der versicherungspflicht in der kranken-, pflege und rentenversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung unterliegen gemäß § 5 abs. 1 nr. 1 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v), § 20 abs. 1 s. 1, 2 nr. 1 elftes buch sozialgesetzbuch (sgb xi), § 1 s. 1 nr. 1 sechstes buch sozialgesetzbuch (sgb vi), § 25 drittes buch sozialgesetzbuch (sgb iii) personen, die gegen arbeitsentgelt beschäftigt sind. das vorliegen einer abhängigen beschäftigung ist nach § 7 abs. 1 sgb iv zu beurteilen. danach ist beschäftigung die nichtselbstständige arbeit, insbesondere in einem arbeitsverhältnis. anhaltspunkte für eine beschäftigung sind eine tätigkeit nach weisungen und eine eingliederung in die arbeitsorganisation des weisungsgebers. 26eine beschäftigung setzt voraus, dass der arbeitnehmer vom arbeitgeber persönlich abhängig ist. bei einer beschäftigung in einem fremden betrieb ist dies der fall, wenn der beschäftigte in den betrieb eingegliedert ist und er dabei einem zeit, dauer, ort und art der ausführung umfassenden weisungsrecht des arbeitgebers unterliegt. demgegenüber ist eine selbstständige tätigkeit vornehmlich durch das eigene unternehmerrisiko, das vorhandensein einer eigenen betriebsstätte, die verfügungsmöglichkeit über die eigene arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete tätigkeit und arbeitszeit gekennzeichnet. ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche merkmale überwiegen. maßgebend ist stets das gesamtbild der arbeitsleistung. dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten umstände gehören, die im einzelfall eine wertende zuordnung zum typus der abhängigen beschäftigung erlauben. ob eine "beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem vertragsverhältnis der beteiligten, so wie es im rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. ausgangspunkt ist daher zunächst das vertragsverhältnis der beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten beziehung erschließen lässt. eine im widerspruch zu ursprünglich getroffenen vereinbarungen stehende tatsächliche beziehung und die sich hieraus ergebende schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte natur der rechtsbeziehung geht der nur formellen vereinbarung vor, soweit eine - formlose - abbedingung rechtlich möglich ist. umgekehrt gilt, dass die nichtausübung eines rechts unbeachtlich ist, solange diese rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. zu den tatsächlichen verhältnissen in diesem sinne gehört daher unabhängig von ihrer ausübung auch die einem beteiligten zustehende rechtsmacht. in diesem sinne gilt, dass die tatsächlichen verhältnisse den ausschlag geben, wenn sie von vereinbarungen abweichen. maßgeblich ist die rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (dazu insg. bsg, urteil vom 24.01.2007, az. b 12 kr 31/06 r, m.w.n.). 27ausgehend davon hat der beigeladene zu 1) im streitzeitraum zur klägerin in einer abhängigen beschäftigung gestanden. die bewertung und gewichtung der genannten abgrenzungsmerkmale zeigen, dass das tatsächlich praktizierte vertragsverhältnis dem eines abhängig beschäftigten entspricht, wohingegen aspekte, die für eine qualifikation als selbstständige tätigkeit sprechen, nur in geringem umfang vorhanden sind. 28auf vertragliche bzw. schriftlich fixierte abreden der klägerin und des beigeladenen zu 1 kann zunächst zur qualifizierung der tätigkeit des beigeladenen zu 1 für die klägerin abgestellt werden, da derartige absprachen nicht existieren. somit ist allein das tatsächlich praktizierte verhältnis zu bewerten. 29maßgebend war für die kammer zunächst der umstand, dass den beigeladenen zu 1 kein typisches unternehmerrisiko traf. so verfügte er über keinen eigenen lkw, sondern bediente sich für seine tätigkeit für die klägerin eines fahrzeugs der klägerin. sämtliche kosten in form von versicherungen usw. trug dabei die klägerin selbst. auch den notwendigen kraftstoff für die aufträge zahlte die klägerin selbst, indem dem beigeladenen zu 1 durch die klägerin eine tankstelle vorgegeben wurde, an der er gegen unterschrift und zulasten der klägerin tanken konnte. 30für eine eingliederung des beigeladenen zu 1 in den betrieb der klägerin spricht nach auffassung der kammer weiter, dass der kläger "stammfahrer" der sog. c1-tour gewesen ist. diese ist der beigeladene zu 1 regelmäßig von montag bis freitag nach einer vorgegeben route zu einem festen tagessatz gefahren. in seiner vernehmung durch das hauptzollamt hatte der beigeladene zu 1 zudem darauf hingewiesen, dass es dem auftraggeber der c1-tour, der firma l & o, wichtig gewesen sei, dass der stammfahrer vor ort sei. dies spricht für die grundsätzliche notwendigkeit einer persönlichen leistungserbringung. durchbrochen wird dies lediglich durch geringfügige vertretungen des beigeladenen zu 1 durch von ihm beauftragte fahrer in den jahren 2007 und 2008 während der urlaubszeit, allerdings nicht im krankheitsfall. in der delegationsmöglichkeit der eigenen arbeitsleistung ist kein entscheidendes merkmal für das vorliegen einer selbstständigen tätigkeit zu sehen, wenn ein transportfahrer diese möglichkeit tatsächlich nur selten nutzt, regelmäßig keinen versicherungspflichtigen arbeitnehmer beschäftigt und damit die persönliche arbeitsleistung die regel ist (bsg, urteil vom 11.03.2009, az. b 12 kr 21/07 r). die durchführung der fahrten des beigeladenen zu 1 erfolgte im verhinderungsfall auch durch die gesellschafter der klägerin oder ihres vaters selbst. zudem ist hier auch keine maßgebliche freie zeiteinteilung und arbeitsorganisation erkennbar. der rahmen war vorgegeben. 31darüber hinaus ist der beigeladene zu 1 nicht aktiv werbend am markt aufgetreten und hat aufträge akquiriert. so gab der beigeladene zu 1 selbst an, dass er flyer nicht benutzt habe und auch keine auftraggeber gesucht habe. sein internet-auftritt sei mit dem vermerk versehen gewesen, er sei ausgebucht. interessenten, die sich dennoch an ihn gewandt hätten, habe er abgesagt. ferner ist im zusammenhang mit einem wettbewerbsfähigen auftreten am markt auch bedeutsam, dass der beigeladene zu 1 nicht im besitz einer erlaubnis nach § 3 güterkraftverkehrsgesetz gewesen ist. unerheblich ist nach ansicht der kammer, dass der beigeladene einen zusammenschluss mit anderen personen bzw. den aufbau einer spedition plante, um nachfrage von anderen interessenten bedienen zu können. bei der beurteilung der tatsächlich ausgeübten tätigkeit sind zukünftige entwicklungen nicht zu berücksichtigen. 32kein entscheidendes kriterium für eine selbstständige tätigkeit des beigeladenen zu 1) ist die tatsache, dass er im streitigen zeitraum auch für andere auftraggeber tätig war. denn auch ein abhängig beschäftigter kann für mehrere auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein. zudem handelt es sich bei den anderen auftraggebern um firmen der gesellschafter der klägerin. für weitere (konkurrierende) auftraggeber ist der beigeladene nicht gefahren. so gab er in der vernehmung an, seine umsätze habe er bei der klägerin und den einzelfirmen der gesellschafter der klägerin erzielt. 33dass der beigeladene zu 1) ein gewerbe angemeldet hatte, ist ebenfalls nicht aussagekräftig, da eine überprüfung durch das gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des vorliegens einer beschäftigung nicht stattfindet. dies gilt im übrigen auch für die abführung der mehrwertsteuer. 34des weiteren kann auch aus der förderung des beigeladenen zu 1 durch die bundesagentur für arbeit kein merkmal für eine selbständige tätigkeit abgeleitet werden. die förderung betraf ausweislich des schreibens der bundesagentur für arbeit vom 02.03.2011 die von dem beigeladenen zu 1 angestrebte tätigkeit als video-produzent und nicht die als fahrer. darüber hinaus wurde der förderungsbescheid inzwischen aufgrund der überwiegenden tätigkeit für die klägerin aufgehoben. 35die beklagte hat zu recht ausgehend von einer abhängigen beschäftigung die entsprechenden gesamtsozialversicherungsbeiträge geltend gemacht. die höhe der nachgeforderten beiträge ist nicht zu beanstanden, sie richtet sich nach den nettorechnungsbeträgen und den im jeweiligen zweig der sozialversicherung geltenden beitragssatz. im rechenwerk der anlage sind keine fehler erkennbar. konkrete einwendungen dagegen werden von den beteiligten auch nicht vorgebracht. 36die beklagte war auch berechtigt, säumniszuschläge gemäß § 24 abs. 1 sgb iv geltend zu machen. die klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie unverschuldet ohne kenntnis von der beitragszahlungspflicht gewesen wäre, § 24 abs. 2 sgb iv. insoweit war die klägerin bzw. waren ihre gesellschafter als speditionsinhaber objektiv und subjektiv in der lage, zu erkennen, dass zwischen der tätigkeit der angestellten fahrer und derjenigen des beigeladenen zu 1) keine wesentliche unterscheidung getroffen werden konnte und dass damit der beigeladene zu 1) beitragspflichtig beschäftigt war. die säumniszuschläge sind auch in zutreffend errechneter höhe geltend gemacht worden. 37die kostenentscheidung folgt aus § 197a abs. 1 s. 1 sgg in verbindung mit §§ 154 abs. 1, 162 abs. 3 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). | Verklagte*r | 0 |
143,194 | 7 O 123/15 | 2015-11-24T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Auf die Widerklage werden die Kläger als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten 4.585,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2014 sowie weitere 196,95 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.08.2015 zu zahlen. 3. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits. 4. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Kläger zogen im Jahr 2012 in Erwägung, das Einfamilienhaus S-Straße in S2 zu kaufen. In diesem Zusammenhang wollten sie umfangreiche Umbau- und Sanierungsarbeiten durchführen. Sie nahmen daher - schon vor dem Erwerb des Hauses - Kontakt zu dem Beklagten auf, der als Architekt tätig ist. Die Parteien besichtigten im Herbst 2012 mindestens einmal gemeinsam das Objekt. Anschließend erstellte der Kläger eine Unterlage mit der Bezeichnung "Baukosten" vom 19.10.2012 (Anlage K1 = Bl. # d.A.). Darin kam der Beklagte zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass Kosten für das Grundstück (Erwerb und Nebenkosten), Baukosten, Baunebenkosten und Außenanlagen in Höhe von insgesamt 213.610,50 Euro anfallen würden. Auf den Inhalt der Urkunde wird ergänzend Bezug genommen. 3Die Kläger kauften sodann mit notariellem Vertrag vom 22.01.2013 das Haus und schlossen einen Erbbaurechtsvertrag über das Grundstück. Sie beauftragten zudem den Beklagten mündlich mit Architektenleistungen, wobei der genaue Inhalt und Umfang der beauftragten Leistungen streitig ist. Als Honorar vereinbarten sie pauschal 12.500,00 Euro brutto. 4Über das Jahr 2013 hinweg fanden dann die Umbau- und Sanierungsarbeiten statt. In welchem Umfang der Beklagte an diesen Arbeiten mitwirkte, ist zwischen den Parteien streitig. 5Mit Schreiben vom 30.09.2013 teilte der Beklagte den Klägern mit: "Nach Überprüfung sämtlicher Bauunterlagen nehme ich folgende Stellungnahme: die gesamten Sanierungskosten sind wesentlich überschritten. ..." (Bl. ## d.A. = Anlage K4). 6Die Kläger behaupten, dass sie die von dem Beklagten mitgeteilten Baukosten zur Grundlage ihrer Kaufentscheidung gemacht hätten. Hierbei habe es sich um eine Baukostengarantie mit einer verbindlichen Obergrenze gehandelt. Jedenfalls sei die Zusage einer oberen Kostengrenze Bestandteil des mündlichen Vertrags mit dem Beklagten geworden. 7Der Umfang der an dem Haus durchzuführenden Arbeiten habe bei der Beauftragung des Beklagten auch schon im Wesentlichen festgestanden (siehe im Einzelnen Seite 4 der Replik, Bl. ### d.A.), wesentliche Erweiterungen zu einem späteren Zeitpunkt habe es nicht gegeben. 8Der Beklagte sei in diesem Zusammenhang umfassend mit Architektenleistungen beauftragt gewesen. Der Auftrag habe zum Gegenstand gehabt, die Planung umzusetzen, erforderliche statische Berechnungen anzustellen, die für die energetische Sanierung notwendigen Maßnahmen zu veranlassen bzw. Berechnungen durchzuführen, Angebote zur Durchführung der einzelnen Arbeiten bzw. Gewerke einzuholen, Preise nachzuverhandeln, die Beauftragung zu begleiten, sodann die Bauausführung zu beaufsichtigen, zu begleiten und letztlich darauf zu achten, dass die Kosten nachgehalten und kontrolliert werden, wobei Geschäftsgrundlage gewesen sei, dass die vorgenannten Kosten nicht überschritten werden. Tatsächlich habe der Beklagte auch detaillierte Leistungsverzeichnisse erstellt, entsprechende Angebote eingeholt, ausgewertet und an die Kläger weitergeleitet. Mit der Firma C habe der Beklagte unmittelbar verhandelt, das Leistungssoll besprochen und Vergütungsfragen geregelt. Dies sei schon wegen der Sprachbarriere zwischen den Klägern und dem Inhaber der Firma C notwendig gewesen. 9Der Beklagte habe es bei diesen Tätigkeiten jedoch unterlassen, die Angebote der Unternehmer und deren Rechnungen gewissenhaft zu prüfen, auf die Kosten zu achten oder vor einer Kostensteigerung zu warnen. Er sei auch nicht dagegen vorgegangen, dass Handwerker zu hohe Preise angesetzt oder Leistungen zu Unrecht abgerechnet hätten. Erst mit dem erwähnten Schreiben vom 30.09.2013 habe er auf die Baukostensteigerung hingewiesen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Kläger keinen Überblick über die Kostenentwicklung gehabt. Ihnen sei dann nichts anderes übrig geblieben, als den Mehrbetrag hinzunehmen, sie hätten eine entsprechende Nachfinanzierung über die B-Bank veranlasst. 10Letztlich seien Baukosten in Höhe von 225.817,76 Euro sowie Erwerbs- bzw. Erwerbsnebenkosten in Höhe von 98.025,30 Euro angefallen, zusammen 323.843,06 Euro. Darin liege somit im Vergleich zu der Kostenaufstellung des Beklagten vom 19.10.2012 eine Baukostenüberschreitung von rund 110.000 Euro. 11Die Kläger meinen, dass der Beklagte verpflichtet sei, die Mehrkosten zu erstatten. Allerdings berechnen sie den Schaden dergestalt, dass sie einen Verkehrswert des Hauses im Herbst 2014 von (behauptet) 250.000,00 Euro ansetzen, den sie den behaupteten Gesamtkosten gegenüberstellen. Die Differenz von gerundet 73.900,00 Euro sei der erstattungsfähige Schaden. Hinzu würden Finanzierungsmehrkosten kommen, die von den Klägern auf 22.976,20 Euro beziffert werden. Unter Abzug des unstreitig noch offenen Resthonorars des Beklagten in Höhe von 4.585,00 Euro ergebe sich eine Forderung von 92.291,20 Euro. 12Die Kläger beantragen, 13den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 92.291,20 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2014 zu zahlen. 14Der Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Widerklagend beantragt er, 171. die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Beklagten 4.585,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2014 zu zahlen; 182. die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Beklagten weitere 196,95 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 19Die Kläger beantragen, 20die Widerklage abzuweisen. 21Der Beklagte behauptet, bei der Kostenaufstellung vom 19.10.2012 habe es sich lediglich um eine nicht DIN-konforme Grobkostenschätzung gehandelt. Zu diesem Zeitpunkt hätten ihm keine Pläne oder Bestandsunterlagen vorgelegen, auch hätte er keine näheren Untersuchungen des Gebäudes im Hinblick auf den zu erwartenden Sanierungsbedarf, etwa durch Bauteilöffnung, anstellen können. Daher sei etwa auch der Sanierungsaufwand wegen eines Wasserschadens noch nicht ersichtlich gewesen. Zudem habe das Bausoll noch gar nicht festgestanden. Von einer vollständigen Entkernung des Hauses einschließlich einer Entfernung aller alten Elektro- und Wasserleitungen sei keine Rede gewesen. Gleiches gelte für die behaupteten Dämmarbeiten an Dach und Fassade. Auch eine Sanierung der Kellerräume sei noch nicht beabsichtigt gewesen. Zudem hätten die Kläger zunächst bestimmte Arbeiten in Eigenleistung erbringen wollen, die sie dann später doch an die Firma C vergeben hätten. 22Auch erhebliche Teile der Architektenleistungen hätten die Kläger selbst erbringen wollen, nur deshalb sei ein Honorar in Höhe von 12.500,00 Euro brutto zustande gekommen. Ein Vollauftrag nach der HOAI hätte wesentlich höhere Honorarkosten ausgelöst. Tatsächlich hätten die Kläger dann auch nahezu alle Vertragsverhandlungen mit den Gewerken in Eigenregie und ohne Mitwirkung des Beklagten geführt. Rechnungen der Handwerker seien von den Klägern selbst kontrolliert und bezahlt worden. Dem Beklagten seien die Rechnungen nicht zur Kostenkontrolle und Freigabe vorgelegt worden. Auch hätten die Kläger Baumaterialien selbst eingekauft, dem Beklagten hätten die entsprechenden Rechnungen nicht bzw. nicht vollständig vorgelegen. Insgesamt sei der Beklagte auftragsgemäß nur bei einzelnen Punkten beratend tätig geworden. So habe er auch weder den Kontakt zu der Firma C hergestellt noch dieser einen Auftrag erteilt. Diese sei zudem von den Klägern unmittelbar angewiesen worden, bestimmte zusätzliche Arbeiten durchzuführen. 23Als die Kläger spätestens im September 2013 erfahren hätten, dass ihre Kostenvorstellung überschritten wurde, hätten sie auch keine Maßnahmen ergriffen, um die Kosten einzudämmen. Vielmehr hätten sie sich aus freien Stücken entschieden, die Bauarbeiten fertigzustellen, statt etwa die Arbeiten einzustellen oder das Haus wieder zu veräußern. 24Im Übrigen sei die Grobkostenschätzung auch nicht kaufentscheidend gewesen. 25Schließlich bestreitet der Beklagte die Höhe der geltend gemachten Beträge, die Höhe des behaupteten Verkehrswerts des Hauses und auch die Einzelheiten des geltend gemachten Finanzierungsmehraufwands. 26Mit der Widerklage macht der Beklagte die noch offene Vergütung in Höhe von 4.585,00 Euro sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend. 27Ergänzend wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29I. 30Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz wegen einer Baukostenüberschreitung. 31Zunächst ist festzuhalten, dass der Beklagte nicht zur Überzeugung der Kammer eine Baukostengarantie abgegeben hat. Eine ausdrückliche Garantie hat er nicht abgegeben. Eine konkludente Garantie würde voraussetzen, dass die Kläger seinem Verhalten die rechtsgeschäftliche Erklärung entnehmen konnten, dass er persönlich für die Einhaltung der in der Kostenaufstellung genannten Zahlen einstehen und im Fall einer Überschreitung hierfür auch persönlich haften würde. Von einer solchen konkludenten Erklärung konnten die Kläger aber redlicherweise nicht ausgehen. Denn zum Zeitpunkt der Erstellung der Kostenaufstellung war der exakte Umfang der Arbeiten noch gar nicht bekannt, unabhängig davon, ob - wie die Kläger behaupten - das Bausoll schon im Wesentlichen vorbesprochen war und den letztlich ausgeführten Bauarbeiten entsprach. Denn der Beklagte hatte noch keine Möglichkeit gehabt, eine nähere Untersuchung der Bausubstanz durchzuführen, auch gab es noch keine Planung des gesamten Bauvorhabens. Die Kostenangabe konnte daher allenfalls eine erste Einschätzung darstellen. Jedenfalls ohne weitergehende Erklärung des Beklagten war ihr kein Garantieversprechen zu entnehmen. 32Aber auch die Hilfsüberlegung der Kläger, dass es sich bei der Aufstellung jedenfalls um eine konkrete Kostengrenze gehandelt habe, die zur Geschäftsgrundlage des Architektenvertrags geworden sei bzw. die dem Beklagten im Zuge der Auftragserteilung zur verbindlichen Vorgabe gemacht worden sei, verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Zum einen fehlt es schon an einer substanziierten Darlegung, dass der Beklagte eine entsprechende vertragliche Erklärung abgegeben oder eine entsprechende Vorgabe akzeptiert hätte. Hierfür haben die Kläger - abgesehen von dem Beweismittel Parteivernehmung - auch keinen Beweis angetreten. Zum anderen steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Bausoll zum Zeitpunkt der Beauftragung des Beklagten bereits vollumfänglich feststand und sich auch später nicht mehr auf Veranlassung der Kläger veränderte. Dies kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Beklagte ohne eine nähere Untersuchung der Bausubstanz - wie auch den Klägern bewusst sein musste - gar keine belastbare Aussage zu den Kosten treffen konnte. Zudem war den Klägern bekannt, dass das Haus in beträchtlichem Maß sanierungsbedürftig war, sodass sie nicht von vornherein darauf vertrauen konnten, dass sich nach einer Untersuchung der Bausubstanz und einer entsprechenden Planung, möglicherweise aber auch erst im Zuge der Arbeiten selbst, die Notwendigkeit zusätzlicher oder umfangreicherer Arbeiten ergeben könnte. Im Übrigen haben die Kläger nicht substanziiert bestritten, dass sie eigenständig Aufträge erteilt und Baumaterialien eingekauft haben und dass sie ursprünglich einen Teil der Arbeiten in Eigenleistung erbringen wollten. Allein schon aus diesem Grund wäre eine ursprünglich vereinbarte Kostenobergrenze hinfällig geworden, weil nicht anzunehmen ist, dass der Beklagte für ein nicht überschaubares Kostenrisiko einstehen wollte. 33Insofern musste die Kammer auch nicht die Zeugin X vernehmen, die bekunden soll, dass die Parteien anlässlich der Hausbesichtigung im Herbst 2012 über die durchzuführenden Arbeiten gesprochen hätten. Denn es wird nicht in das Wissen der Zeugin gestellt, welche konkreten Inhalte dieses vermeintliche Bausoll gehabt haben soll und dass es selbst nach einer Untersuchung der Bausubstanz abschließend und unveränderlich sein sollte. 34Allenfalls könnte sich die Frage stellen, vor welchem Hintergrund der Beklagte das Schreiben vom 30.09.2013 mit dem Hinweis auf eine drohende Baukostenüberschreitung erstellen konnte, wenn nach seinem eigenen Vortrag weder eine Obergrenze definiert war noch für ihn überhaupt ein Überblick über das Gesamtvolumen der Kosten bestand, weil er weder alle Rechnungen kannte noch alle Aufträge erteilte oder alle Materialien einkaufte. Diese Unklarheit führt jedoch nicht dazu, dass damit schon der streitige Vortrag der Kläger bewiesen wäre. Das Schreiben kann auch so interpretiert werden, dass der Beklagte aus Fürsorgegründen darauf hinweisen wollte, dass nach den ihm vorliegenden Informationen die ursprüngliche grobe Kostenschätzung deutlich überschritten werden könnte. Dafür spricht auch, dass er in dem Schreiben an späterer Stelle erläutert, dass bei den "ursprünglichen Kalkulationen" - damit ist wohl die Kostenaufstellung aus 2012 gemeint - weder der Ausbau der Kellerräume noch die komplett neue Innenaufteilung des Erdgeschosses berücksichtigt worden sei und zudem der Umfang des Arbeits- und Materialaufwands für "diverse Bauteile" erst mit Baubeginn und Entkernung festgestellt worden sei. Dies unterstreicht im Gegenteil, dass bei Beauftragung das Bausoll gerade noch nicht feststand und dass sich erst im Zuge der Arbeiten der tatsächliche Umfang der notwendigen Arbeiten zeigte. Jedenfalls haben die Kläger nicht das Gegenteil zur Überzeugung des Gerichts bewiesen. 35Darüber hinaus haben die Kläger nicht substanziiert dargelegt und bewiesen, dass sie die Kaufentscheidung von einer Einhaltung der vermeintlichen Kostenobergrenze abhängig gemacht hätten. Sie legen schon nicht dar, welchen konkreten Inhalt ihre dementsprechende Erklärung gegenüber dem Beklagten gehabt haben soll. Zudem stellen sie die behauptete Kausalität einer verbindlichen Kostenobergrenze für den Vertragsabschluss auch - abgesehen von dem Beweismittel Parteivernehmung - nicht unter Beweis. Ein Schaden könnte aber von vornherein nur vorliegen, wenn die Kläger das Objekt ohne eine solche Kostenzusage keinesfalls gekauft hätten. Denn die Kläger tragen nicht etwa vor, dass die Arbeiten im Hinblick auf die verschiedenen Gewerke mangelhaft gewesen seien. Soweit sie lediglich pauschal behaupten, dass einzelne Arbeiten zu hoch abgerechnet worden seien oder tatsächlich gar nicht erbracht worden seien, haben sie diesen Vortrag nicht konkretisiert. Soweit darüber hinaus vortragen, dass der Beklagte die von ihm erstellten Leistungsverzeichnisse nicht an den "Kostenvorgaben" ausgerichtet habe, wird nicht konkret dargelegt, welche Leistungsverzeichnisse in welchem Umfang zu hoch gewesen sein sollen und welche Postionen darin nicht berechtigt gewesen oder zu teuer angesetzt worden seien. Das Gericht muss daher davon ausgehen, dass die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen letztendlich mängelfrei und zu angemessenen Preisen durchgeführt worden sind. Der Schaden kann mithin nur darin bestehen, dass sich die Kläger überhaupt auf dieses Vorhaben eingelassen haben, das dann teurer geworden sein soll als von ihnen ursprünglich erwartet. Dies ist aber, wie ausgeführt, weder substanziiert dargelegt noch bewiesen. 36Da der Beklagte nicht für die behauptete Baukostenüberschreitung haftet, kann offen bleiben, ob die Berechnung des Schadens im Einzelnen zutrifft und ob die Kläger von den richtigen Werten ausgehen, etwa mit Blick auf den behaupteten Verkehrswert des Hauses. Zudem kann offen bleiben, ob und ggf. in welchem Umfang den Klägern ein Finanzierungsmehraufwand entstanden ist. Denn mangels Verletzung einer werkvertraglichen Pflicht kann nicht schon aus der fürsorglichen Mitteilung des Beklagten vom 30.09.2013, dass der Kostenrahmen nicht eingehalten werden könne, eine Haftung für die nachfolgend abgeschlossene zusätzliche Finanzierung abgeleitet werden. 37II. 38Die Widerklage ist hingegen begründet. Unstreitig haben die Kläger einen Teilbetrag von 4.585,00 Euro aus dem vereinbarten Pauschalhonorar von 12.500,00 Euro brutto noch nicht gezahlt. Gegenrechte stehen ihnen, wie dargelegt, nicht zu. Anhaltspunkte für eine fehlende Fälligkeit des Honorars bestehen nicht und werden auch nicht vorgetragen. Der Beklagte kann daher Zahlung des noch offenen Honorars von den Klägern verlangen. 39Die Verzinsung dieses Betrags ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs, nachdem der Beklagte die Kläger fruchtlos zur Zahlung aufgefordert hatte. 40Auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Beklagten sind als Verzugsschaden zu ersetzen, nachdem er die Kläger erfolglos gemahnt hatte. Die Verzinsung dieses Betrags seit Rechtshängigkeit der Widerklage folgt aus § 291 BGB. 41III. 42Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO. 43Der Streitwert des Rechtsstreits wird abschließend auf 96.876,20 Euro festgesetzt. | 1. die klage wird abgewiesen. 2. auf die widerklage werden die kläger als gesamtschuldner verurteilt, an den beklagten 4.585,00 euro nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 08.04.2014 sowie weitere 196,95 euro nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 27.08.2015 zu zahlen. 3. die kläger tragen die kosten des rechtsstreits. 4. dieses urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrags vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die kläger zogen im jahr 2012 in erwägung, das einfamilienhaus s-straße in s2 zu kaufen. in diesem zusammenhang wollten sie umfangreiche umbau- und sanierungsarbeiten durchführen. sie nahmen daher - schon vor dem erwerb des hauses - kontakt zu dem beklagten auf, der als architekt tätig ist. die parteien besichtigten im herbst 2012 mindestens einmal gemeinsam das objekt. anschließend erstellte der kläger eine unterlage mit der bezeichnung "baukosten" vom 19.10.2012 (anlage k1 = bl. # d.a.). darin kam der beklagte zusammenfassend zu dem ergebnis, dass kosten für das grundstück (erwerb und nebenkosten), baukosten, baunebenkosten und außenanlagen in höhe von insgesamt 213.610,50 euro anfallen würden. auf den inhalt der urkunde wird ergänzend bezug genommen. 3die kläger kauften sodann mit notariellem vertrag vom 22.01.2013 das haus und schlossen einen erbbaurechtsvertrag über das grundstück. sie beauftragten zudem den beklagten mündlich mit architektenleistungen, wobei der genaue inhalt und umfang der beauftragten leistungen streitig ist. als honorar vereinbarten sie pauschal 12.500,00 euro brutto. 4über das jahr 2013 hinweg fanden dann die umbau- und sanierungsarbeiten statt. in welchem umfang der beklagte an diesen arbeiten mitwirkte, ist zwischen den parteien streitig. 5mit schreiben vom 30.09.2013 teilte der beklagte den klägern mit: "nach überprüfung sämtlicher bauunterlagen nehme ich folgende stellungnahme: die gesamten sanierungskosten sind wesentlich überschritten. ..." (bl. ## d.a. = anlage k4). 6die kläger behaupten, dass sie die von dem beklagten mitgeteilten baukosten zur grundlage ihrer kaufentscheidung gemacht hätten. hierbei habe es sich um eine baukostengarantie mit einer verbindlichen obergrenze gehandelt. jedenfalls sei die zusage einer oberen kostengrenze bestandteil des mündlichen vertrags mit dem beklagten geworden. 7der umfang der an dem haus durchzuführenden arbeiten habe bei der beauftragung des beklagten auch schon im wesentlichen festgestanden (siehe im einzelnen seite 4 der replik, bl. ### d.a.), wesentliche erweiterungen zu einem späteren zeitpunkt habe es nicht gegeben. 8der beklagte sei in diesem zusammenhang umfassend mit architektenleistungen beauftragt gewesen. der auftrag habe zum gegenstand gehabt, die planung umzusetzen, erforderliche statische berechnungen anzustellen, die für die energetische sanierung notwendigen maßnahmen zu veranlassen bzw. berechnungen durchzuführen, angebote zur durchführung der einzelnen arbeiten bzw. gewerke einzuholen, preise nachzuverhandeln, die beauftragung zu begleiten, sodann die bauausführung zu beaufsichtigen, zu begleiten und letztlich darauf zu achten, dass die kosten nachgehalten und kontrolliert werden, wobei geschäftsgrundlage gewesen sei, dass die vorgenannten kosten nicht überschritten werden. tatsächlich habe der beklagte auch detaillierte leistungsverzeichnisse erstellt, entsprechende angebote eingeholt, ausgewertet und an die kläger weitergeleitet. mit der firma c habe der beklagte unmittelbar verhandelt, das leistungssoll besprochen und vergütungsfragen geregelt. dies sei schon wegen der sprachbarriere zwischen den klägern und dem inhaber der firma c notwendig gewesen. 9der beklagte habe es bei diesen tätigkeiten jedoch unterlassen, die angebote der unternehmer und deren rechnungen gewissenhaft zu prüfen, auf die kosten zu achten oder vor einer kostensteigerung zu warnen. er sei auch nicht dagegen vorgegangen, dass handwerker zu hohe preise angesetzt oder leistungen zu unrecht abgerechnet hätten. erst mit dem erwähnten schreiben vom 30.09.2013 habe er auf die baukostensteigerung hingewiesen. bis zu diesem zeitpunkt hätten die kläger keinen überblick über die kostenentwicklung gehabt. ihnen sei dann nichts anderes übrig geblieben, als den mehrbetrag hinzunehmen, sie hätten eine entsprechende nachfinanzierung über die b-bank veranlasst. 10letztlich seien baukosten in höhe von 225.817,76 euro sowie erwerbs- bzw. erwerbsnebenkosten in höhe von 98.025,30 euro angefallen, zusammen 323.843,06 euro. darin liege somit im vergleich zu der kostenaufstellung des beklagten vom 19.10.2012 eine baukostenüberschreitung von rund 110.000 euro. 11die kläger meinen, dass der beklagte verpflichtet sei, die mehrkosten zu erstatten. allerdings berechnen sie den schaden dergestalt, dass sie einen verkehrswert des hauses im herbst 2014 von (behauptet) 250.000,00 euro ansetzen, den sie den behaupteten gesamtkosten gegenüberstellen. die differenz von gerundet 73.900,00 euro sei der erstattungsfähige schaden. hinzu würden finanzierungsmehrkosten kommen, die von den klägern auf 22.976,20 euro beziffert werden. unter abzug des unstreitig noch offenen resthonorars des beklagten in höhe von 4.585,00 euro ergebe sich eine forderung von 92.291,20 euro. 12die kläger beantragen, 13den beklagten zu verurteilen, an die kläger 92.291,20 euro zuzüglich zinsen in höhe von 5 prozentpunkten p.a. über dem basiszinssatz seit dem 11.10.2014 zu zahlen. 14der beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16widerklagend beantragt er, 171. die kläger als gesamtschuldner zu verurteilen, an den beklagten 4.585,00 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 08.04.2014 zu zahlen; 182. die kläger als gesamtschuldner zu verurteilen, an den beklagten weitere 196,95 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 19die kläger beantragen, 20die widerklage abzuweisen. 21der beklagte behauptet, bei der kostenaufstellung vom 19.10.2012 habe es sich lediglich um eine nicht din-konforme grobkostenschätzung gehandelt. zu diesem zeitpunkt hätten ihm keine pläne oder bestandsunterlagen vorgelegen, auch hätte er keine näheren untersuchungen des gebäudes im hinblick auf den zu erwartenden sanierungsbedarf, etwa durch bauteilöffnung, anstellen können. daher sei etwa auch der sanierungsaufwand wegen eines wasserschadens noch nicht ersichtlich gewesen. zudem habe das bausoll noch gar nicht festgestanden. von einer vollständigen entkernung des hauses einschließlich einer entfernung aller alten elektro- und wasserleitungen sei keine rede gewesen. gleiches gelte für die behaupteten dämmarbeiten an dach und fassade. auch eine sanierung der kellerräume sei noch nicht beabsichtigt gewesen. zudem hätten die kläger zunächst bestimmte arbeiten in eigenleistung erbringen wollen, die sie dann später doch an die firma c vergeben hätten. 22auch erhebliche teile der architektenleistungen hätten die kläger selbst erbringen wollen, nur deshalb sei ein honorar in höhe von 12.500,00 euro brutto zustande gekommen. ein vollauftrag nach der hoai hätte wesentlich höhere honorarkosten ausgelöst. tatsächlich hätten die kläger dann auch nahezu alle vertragsverhandlungen mit den gewerken in eigenregie und ohne mitwirkung des beklagten geführt. rechnungen der handwerker seien von den klägern selbst kontrolliert und bezahlt worden. dem beklagten seien die rechnungen nicht zur kostenkontrolle und freigabe vorgelegt worden. auch hätten die kläger baumaterialien selbst eingekauft, dem beklagten hätten die entsprechenden rechnungen nicht bzw. nicht vollständig vorgelegen. insgesamt sei der beklagte auftragsgemäß nur bei einzelnen punkten beratend tätig geworden. so habe er auch weder den kontakt zu der firma c hergestellt noch dieser einen auftrag erteilt. diese sei zudem von den klägern unmittelbar angewiesen worden, bestimmte zusätzliche arbeiten durchzuführen. 23als die kläger spätestens im september 2013 erfahren hätten, dass ihre kostenvorstellung überschritten wurde, hätten sie auch keine maßnahmen ergriffen, um die kosten einzudämmen. vielmehr hätten sie sich aus freien stücken entschieden, die bauarbeiten fertigzustellen, statt etwa die arbeiten einzustellen oder das haus wieder zu veräußern. 24im übrigen sei die grobkostenschätzung auch nicht kaufentscheidend gewesen. 25schließlich bestreitet der beklagte die höhe der geltend gemachten beträge, die höhe des behaupteten verkehrswerts des hauses und auch die einzelheiten des geltend gemachten finanzierungsmehraufwands. 26mit der widerklage macht der beklagte die noch offene vergütung in höhe von 4.585,00 euro sowie vorgerichtliche rechtsanwaltskosten geltend. 27ergänzend wird auf die zur akte gereichten schriftsätze der parteien nebst anlagen sowie auf den übrigen akteninhalt bezug genommen. 28 | 29i. 30die klage ist zulässig, aber unbegründet. die kläger haben keinen anspruch gegen den beklagten auf zahlung von schadensersatz wegen einer baukostenüberschreitung. 31zunächst ist festzuhalten, dass der beklagte nicht zur überzeugung der kammer eine baukostengarantie abgegeben hat. eine ausdrückliche garantie hat er nicht abgegeben. eine konkludente garantie würde voraussetzen, dass die kläger seinem verhalten die rechtsgeschäftliche erklärung entnehmen konnten, dass er persönlich für die einhaltung der in der kostenaufstellung genannten zahlen einstehen und im fall einer überschreitung hierfür auch persönlich haften würde. von einer solchen konkludenten erklärung konnten die kläger aber redlicherweise nicht ausgehen. denn zum zeitpunkt der erstellung der kostenaufstellung war der exakte umfang der arbeiten noch gar nicht bekannt, unabhängig davon, ob - wie die kläger behaupten - das bausoll schon im wesentlichen vorbesprochen war und den letztlich ausgeführten bauarbeiten entsprach. denn der beklagte hatte noch keine möglichkeit gehabt, eine nähere untersuchung der bausubstanz durchzuführen, auch gab es noch keine planung des gesamten bauvorhabens. die kostenangabe konnte daher allenfalls eine erste einschätzung darstellen. jedenfalls ohne weitergehende erklärung des beklagten war ihr kein garantieversprechen zu entnehmen. 32aber auch die hilfsüberlegung der kläger, dass es sich bei der aufstellung jedenfalls um eine konkrete kostengrenze gehandelt habe, die zur geschäftsgrundlage des architektenvertrags geworden sei bzw. die dem beklagten im zuge der auftragserteilung zur verbindlichen vorgabe gemacht worden sei, verhilft der klage nicht zum erfolg. zum einen fehlt es schon an einer substanziierten darlegung, dass der beklagte eine entsprechende vertragliche erklärung abgegeben oder eine entsprechende vorgabe akzeptiert hätte. hierfür haben die kläger - abgesehen von dem beweismittel parteivernehmung - auch keinen beweis angetreten. zum anderen steht nicht zur überzeugung des gerichts fest, dass das bausoll zum zeitpunkt der beauftragung des beklagten bereits vollumfänglich feststand und sich auch später nicht mehr auf veranlassung der kläger veränderte. dies kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil der beklagte ohne eine nähere untersuchung der bausubstanz - wie auch den klägern bewusst sein musste - gar keine belastbare aussage zu den kosten treffen konnte. zudem war den klägern bekannt, dass das haus in beträchtlichem maß sanierungsbedürftig war, sodass sie nicht von vornherein darauf vertrauen konnten, dass sich nach einer untersuchung der bausubstanz und einer entsprechenden planung, möglicherweise aber auch erst im zuge der arbeiten selbst, die notwendigkeit zusätzlicher oder umfangreicherer arbeiten ergeben könnte. im übrigen haben die kläger nicht substanziiert bestritten, dass sie eigenständig aufträge erteilt und baumaterialien eingekauft haben und dass sie ursprünglich einen teil der arbeiten in eigenleistung erbringen wollten. allein schon aus diesem grund wäre eine ursprünglich vereinbarte kostenobergrenze hinfällig geworden, weil nicht anzunehmen ist, dass der beklagte für ein nicht überschaubares kostenrisiko einstehen wollte. 33insofern musste die kammer auch nicht die zeugin x vernehmen, die bekunden soll, dass die parteien anlässlich der hausbesichtigung im herbst 2012 über die durchzuführenden arbeiten gesprochen hätten. denn es wird nicht in das wissen der zeugin gestellt, welche konkreten inhalte dieses vermeintliche bausoll gehabt haben soll und dass es selbst nach einer untersuchung der bausubstanz abschließend und unveränderlich sein sollte. 34allenfalls könnte sich die frage stellen, vor welchem hintergrund der beklagte das schreiben vom 30.09.2013 mit dem hinweis auf eine drohende baukostenüberschreitung erstellen konnte, wenn nach seinem eigenen vortrag weder eine obergrenze definiert war noch für ihn überhaupt ein überblick über das gesamtvolumen der kosten bestand, weil er weder alle rechnungen kannte noch alle aufträge erteilte oder alle materialien einkaufte. diese unklarheit führt jedoch nicht dazu, dass damit schon der streitige vortrag der kläger bewiesen wäre. das schreiben kann auch so interpretiert werden, dass der beklagte aus fürsorgegründen darauf hinweisen wollte, dass nach den ihm vorliegenden informationen die ursprüngliche grobe kostenschätzung deutlich überschritten werden könnte. dafür spricht auch, dass er in dem schreiben an späterer stelle erläutert, dass bei den "ursprünglichen kalkulationen" - damit ist wohl die kostenaufstellung aus 2012 gemeint - weder der ausbau der kellerräume noch die komplett neue innenaufteilung des erdgeschosses berücksichtigt worden sei und zudem der umfang des arbeits- und materialaufwands für "diverse bauteile" erst mit baubeginn und entkernung festgestellt worden sei. dies unterstreicht im gegenteil, dass bei beauftragung das bausoll gerade noch nicht feststand und dass sich erst im zuge der arbeiten der tatsächliche umfang der notwendigen arbeiten zeigte. jedenfalls haben die kläger nicht das gegenteil zur überzeugung des gerichts bewiesen. 35darüber hinaus haben die kläger nicht substanziiert dargelegt und bewiesen, dass sie die kaufentscheidung von einer einhaltung der vermeintlichen kostenobergrenze abhängig gemacht hätten. sie legen schon nicht dar, welchen konkreten inhalt ihre dementsprechende erklärung gegenüber dem beklagten gehabt haben soll. zudem stellen sie die behauptete kausalität einer verbindlichen kostenobergrenze für den vertragsabschluss auch - abgesehen von dem beweismittel parteivernehmung - nicht unter beweis. ein schaden könnte aber von vornherein nur vorliegen, wenn die kläger das objekt ohne eine solche kostenzusage keinesfalls gekauft hätten. denn die kläger tragen nicht etwa vor, dass die arbeiten im hinblick auf die verschiedenen gewerke mangelhaft gewesen seien. soweit sie lediglich pauschal behaupten, dass einzelne arbeiten zu hoch abgerechnet worden seien oder tatsächlich gar nicht erbracht worden seien, haben sie diesen vortrag nicht konkretisiert. soweit darüber hinaus vortragen, dass der beklagte die von ihm erstellten leistungsverzeichnisse nicht an den "kostenvorgaben" ausgerichtet habe, wird nicht konkret dargelegt, welche leistungsverzeichnisse in welchem umfang zu hoch gewesen sein sollen und welche postionen darin nicht berechtigt gewesen oder zu teuer angesetzt worden seien. das gericht muss daher davon ausgehen, dass die umbau- und sanierungsmaßnahmen letztendlich mängelfrei und zu angemessenen preisen durchgeführt worden sind. der schaden kann mithin nur darin bestehen, dass sich die kläger überhaupt auf dieses vorhaben eingelassen haben, das dann teurer geworden sein soll als von ihnen ursprünglich erwartet. dies ist aber, wie ausgeführt, weder substanziiert dargelegt noch bewiesen. 36da der beklagte nicht für die behauptete baukostenüberschreitung haftet, kann offen bleiben, ob die berechnung des schadens im einzelnen zutrifft und ob die kläger von den richtigen werten ausgehen, etwa mit blick auf den behaupteten verkehrswert des hauses. zudem kann offen bleiben, ob und ggf. in welchem umfang den klägern ein finanzierungsmehraufwand entstanden ist. denn mangels verletzung einer werkvertraglichen pflicht kann nicht schon aus der fürsorglichen mitteilung des beklagten vom 30.09.2013, dass der kostenrahmen nicht eingehalten werden könne, eine haftung für die nachfolgend abgeschlossene zusätzliche finanzierung abgeleitet werden. 37ii. 38die widerklage ist hingegen begründet. unstreitig haben die kläger einen teilbetrag von 4.585,00 euro aus dem vereinbarten pauschalhonorar von 12.500,00 euro brutto noch nicht gezahlt. gegenrechte stehen ihnen, wie dargelegt, nicht zu. anhaltspunkte für eine fehlende fälligkeit des honorars bestehen nicht und werden auch nicht vorgetragen. der beklagte kann daher zahlung des noch offenen honorars von den klägern verlangen. 39die verzinsung dieses betrags ergibt sich aus dem gesichtspunkt des verzugs, nachdem der beklagte die kläger fruchtlos zur zahlung aufgefordert hatte. 40auch die vorgerichtlichen rechtsanwaltskosten des beklagten sind als verzugsschaden zu ersetzen, nachdem er die kläger erfolglos gemahnt hatte. die verzinsung dieses betrags seit rechtshängigkeit der widerklage folgt aus § 291 bgb. 41iii. 42die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 satz 1 und 2 zpo. 43der streitwert des rechtsstreits wird abschließend auf 96.876,20 euro festgesetzt. | Verklagte*r | 0 |
142,761 | L 11 KA 94/12 | 2015-12-23T00:00:00 | Urteil | Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.05.2012 abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19.03.2009 verurteilt, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vom 17.09.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Die Kosten für das Klage- und Berufungsverfahren trägt der Beklagte. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Regresses wegen Überschreitens des Arzneimittelrichtgrößenvolumens in den Quartalen I/2006 bis IV/2006. 3Der Kläger ist als praktischer Arzt in E nieder- und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den genannten Quartalen rechnete er zwischen 569 und 679 Behandlungsfälle ab und unterschritt damit die durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe um 31 % bis 43 %. Seine Honoraranforderung überschritten die durchschnittlichen Fallkosten der Fachgruppe um 8 % bis 51 %. Bei den Arzneimitteln lag bei einem Verordnungsvolumen von insgesamt 332.049,59 EUR eine Überschreitung der Richtgrößensumme um 172.679,05 EUR vor, entsprechend 108,35 %. Die Prüfungsstelle übersandte dem Kläger die Prüfunterlagen und forderte ihn zur Stellungnahme auf, ob er (weitere) Praxisbesonderheiten geltend mache. Er gab keine Stellungnahme ab und unterzeichnete auch nicht die ihm angebotene Vereinbarung über die Verminderung des berechneten Regresses um ein Fünftel gemäß § 106 Abs. 5a Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Prüfungsstelle setzte daraufhin mit Bescheid vom 17.09.2008 einen Regress in Höhe von 36.320,65 EUR fest. 4Zur Begründung seines Widerspruchs machte der Kläger im Wesentlichen geltend, das gesetzlich vorgesehene Auswahlverfahren sei in der Prüfvereinbarung nicht geregelt und es sei nicht ersichtlich, wie er in die Auffälligkeitsprüfung geraten sei. Nach § 106 Abs. 2 Satz 6 SGB V sollten Richtgrößenprüfungen in der Regel bei nicht mehr als fünf Prozent der Ärzte einer Fachgruppe durchgeführt werden. Die Festlegung der Richtgrößen sei rechtswidrig; die Schwellenwerte hätten nichts mit einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise zu tun, sondern seien willkürlich festgesetzt worden. Gleiches gelte für die Definition von Praxisbesonderheiten im Rahmen der Richtgrößenvereinbarung. Die Methoden der Richtgrößenprüfung und derjenigen auf der Grundlage von Durchschnittswerten der Fachgruppe bzw. zur Einzelfallprüfung würden in unzulässiger Weise miteinander vermischt. Darüber hinaus seien die vorliegenden Praxisbesonderheiten in vollem Umfang anzuerkennen und zu berücksichtigen, dass er eine aufwändige Klientel betreue, die wegen ihrer Multimorbidität nicht preiswerter mit Arzneimitteln zu versorgen gewesen sei. Gleiches gelte für den Umstand, dass er wenig Notfälle und Überweisungen habe, so dass in seiner kleinen Praxis Verdünnerfälle fehlten. Er habe zahlreiche aufwändige Patienten zu versorgen gehabt, die mit der vorgegebenen Richtgröße nicht medikamentös hätten versorgt werden können. Im Rahmen der anerkannten Praxisbesonderheiten sei die Berechnung des Mehraufwandes nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus seien weitere Behandlungsfälle insbesondere multimorbider Patienten bei der Ermittlung der Richtgrößenvolumina zu berücksichtigen, bei denen keine ärztlichen Leistungen abgerechnet worden und die deshalb nicht in die Abrechnung eingegangen seien. Vorsorglich werde die ihm zustehende vollständig Regress ablösende Individualvereinbarung beantragt. 5Unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen reduzierte der Beklagte den Regress mit Beschluss vom 28.01.2009 (Bescheid vom 19.03.2009) auf 21.752,30 EUR. Er bereinigte die Verordnungskosten um Fremdkassenfälle in Höhe von 293,20 EUR sowie Nichtarzneimittel in Höhe von 1.739,35 EUR und berücksichtigte als Praxisbesonderheiten nach Maßgabe von § 5 Abs. 3 und 4 der Richtgrößenvereinbarung (RgV) 2006 Verordnungen in Höhe von 49.588,25 EUR sowie 26.814,86 EUR. Darüber hinaus brachte er Methadonzubereitungen, Mittel zur additiven Schmerztherapie, Antiphlogistika und Antirheumatika sowie Protonenpumpenhemmer mit einem Verordnungsvolumen von insgesamt 26.662,55 EUR in Abzug. Er führte aus, weitere Praxisbesonderheiten oder kompensatorische Einsparungen lägen nicht vor bzw. seien nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden. Es ergebe sich eine bereinigte Überschreitung der Richtgrößensumme um 42,4 % und nach Regressierung und Ausbringung des Nettokostenindexes verbleibe eine Überschreitung der Richtgrößensumme von 28,76 %. Dem Antrag auf eine Individualvereinbarung stimmte der Beklagte nicht zu. 6Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage vom 17.04.2009 hat der Kläger im Wesentlichen das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend hat er geltend gemacht, er habe Anspruch darauf gehabt, dass ihm - wie beantragt - eine den Regress ablösende Vereinbarung individueller Richtgrößen nach § 106 Abs. 5d SGB V angeboten werde. Ihm sei lediglich eine regressmindernde Individualvereinbarung unterbreitet worden. 7Der Kläger hat beantragt, 8den Bescheid des Beklagten vom 19.03.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch gegen den Bescheid der Prüfungsfälle vom 17.09.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. 9Der Beklagte hat beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Nach § 106 Abs. 2 Satz 7 SGB V hätten im Jahr 2006 164 Ärzte der Fachgruppe des Klägers einer Auffälligkeitsprüfung unterzogen werden können. Einschließlich des Antragstellers seien nur 97 Ärzte aufgrund der Höhe der Überschreitung der Richtgrößensumme geprüft worden. Die Auswahlkriterien seien in § 84 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 106 Abs. 5a SGB V eindeutig benannt. Die besonders unwirtschaftlichen Ärztinnen und Ärzte würden anhand des Grads der Überschreitung des Verordnungsvolumens gegenüber der Richtgrößensumme festgestellt. Sei dieser Kreis bezogen auf die Fachgruppe - wie hier - geringer als 5%, bedürfe es schon keiner weiteren Auswahl. Ein Abschlusszwang für eine Vereinbarung nach § 106 Abs. 5d SGB V bestehe nicht. Insbesondere durch die Widerspruchsbegründung habe der Kläger zu erkennen gegeben, dass es unüberbrückbare Auffassungsunterschiede zur Richtgrößenprüfung generell und speziell zu den Praxisbesonderheiten gebe. Eine Verständigung über den Umfang von Praxisbesonderheiten sei aber Grundvoraussetzung für die Vereinbarung einer individuellen Richtgröße. Angesichts dessen seien übereinstimmende Willenserklärungen als Voraussetzung für das Zustandekommen einer Richtgrößenvereinbarung von vorneherein nicht zu erwarten gewesen. 12Mit Urteil vom 30.05.2012 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die Klage abgewiesen. Nach Maßgabe der RgV 2006 sei der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Vorschrift des § 106 Abs. 2 Satz 7 SGB V, nach der Auffälligkeitsprüfungen in der Regel für nicht mehr als 5 % der Ärzte einer Fachgruppe durchgeführt werden sollen, nicht zu entnehmen, dass ein förmliches Auswahlverfahren bestimmt sei. Es handele sich vielmehr um eine Vorgabe allein an Prüfgremien, die die Zielgenauigkeiten der Prüfungen verbessern solle. Auch sei die Festsetzung der Richtgrößen sowie die Definition von Praxisbesonderheiten nicht willkürlich erfolgt. Die Richtgrößen für das Jahr 2006 ergäben sich gemäß § 1 RgV 2006 aus der Anpassung des Richtgrößenvolumens 2005 entsprechend der Rahmenvorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen, wie dies auch bereits für die Jahre 2004 und 2005 erfolgt sei. Der Ausgangwert folge sich aus der Ermittlung der Richtgrößen nach § 1 RgV 2003, wobei nicht ersichtlich sei, inwieweit die dort vorgegebene Berechnung nicht sachgerecht sein sollte. Im Übrigen stehe sowohl hinsichtlich der Festlegung der Richtgrößen wie auch insbesondere hinsichtlich der Definition von Praxisbesonderheiten den Vertragspartnern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Gestaltungsspielraum zu, dessen Grenzen hier nicht überschritten seien. Der Beklagte habe Praxisbesonderheiten in ausreichendem Umfang berücksichtigt. Der unterdurchschnittliche Anteil an Notdienst- und Überweisungsfällen sei schon deshalb keine Praxisbesonderheit, weil die geringen tatsächlichen Abweichungen auch nicht im Ansatz geeignet seien, die Höhe der Überschreitungen zu erklären. Auch genüge das Vorbringen des Klägers zur Betreuung zahlreicher aufwändiger Patienten nicht den an die Darlegung von Praxisbesonderheiten zu stellenden Anforderungen. Denn die Vorlage von Listen mit Patientennahmen, Diagnosen und/oder Verordnungskosten sei nicht ansatzweise geeignet, Unterschiede in den Behandlungsnotwendigkeiten und einen dadurch bedingten Mehraufwand zu belegen. Auch der Einwand des Klägers, bei der Berechnung des Richtgrößenvolumens seien weitere Behandlungsfälle zu berücksichtigen, bei denen er keine Leistungen abgerechnet habe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Denn insoweit sei er den Nachweis schuldig geblieben. Der angefochtene Bescheid sei auch nicht deswegen rechtswidrig, weil dem Kläger keine sogenannte Regressablösevereinbarung gemäß § 106 Abs. 5d SGB V angeboten worden sei. Diese Regelung sei ebenso wie diejenige nach § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V ausschließlich für das Verfahren vor der Prüfungsstelle vorgesehen. Für ihre Anwendung bestehe kein Raum mehr, wenn das Verfahren vor der Prüfungsstelle abgeschlossen sei. 13Gegen das ihm am 17.08.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.09.2012 unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags Berufung eingelegt. Hinsichtlich der Richtgrößen habe sich das SG nicht damit auseinandergesetzt, dass die Vertragsparteien nicht den Durchschnitt der Fachgruppe zur Festlegung der Richtgröße zugrunde gelegt hätten, sondern ein Gesamtvolumen, das deutlich unter dem Ist-Volumen des Vorjahres 2005 gelegen habe. Schon hieraus sei ersichtlich, dass der betreffende Arzt nicht mit dem Durchschnitt der Fachgruppe, sondern mit einem künstlich festgelegten Einheitswert ohne Berücksichtigung der Morbidität verglichen werde. Diese unzutreffende Berechnung der Richtgrößen wirke sich auch auf die Anwendung und Definition der Praxisbesonderheiten aus. Wenn die Richtgrößen nicht den tatsächlichen Fachgruppendurchschnittsausgaben entsprächen, könnten auch Praxisbesonderheiten nicht unter Bezugnahme auf das Vorkommen in der Fachgruppe ermittelt werden. Zudem sei die Rechtsansicht des SG, dass § 105 Abs. 5d SGB V ausschließlich für das Verfahren vor der Prüfungsstelle vorgesehen sei und eine Anwendung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ausgeschlossen sei, nicht nachvollziehbar. Es sei nicht ersichtlich, warum der Berufungsbeklagte als Widerspruchsinstanz nicht die gleichen Rechte wie die Prüfungsstelle habe. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R - sei der Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung auch noch im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss möglich. Sein Vorbringen zur Darlegung von Praxisbesonderheiten sei entgegen der Auffassung des SG nicht ungenügend gewesen. Das Gericht dürfe Feststellungen über die Substantiiertheit des Vortrages zu Praxisbesonderheiten nur treffen, wenn der Beklagte - anders als hier - eine Unsubstantiiertheit des klägerischen Vortrages im angegriffenen Bescheid gerügt habe. Zudem sei das Anhörungsverfahren nach § 24 Zehntes Buch Sozialgerichtsgesetz (SGB X) nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Der Beklagte habe die Beurteilungsmaßstäbe, inwiefern in Art und Umfang fachgruppenuntypische bzw. fachgruppentypische Erkrankungen vorliegen, nicht dargelegt. Es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, unter welchen Voraussetzungen es zum Beispiel zur Anerkennung der Patienten mit besonderem Versorgungsbedarf hätte kommen können. 14Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 15das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.05.2012 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 19.03.2009 aufzuheben. 16Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 17die Berufung des Klägers zurückzuweisen. 18Er bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen und die Entscheidung des SG. Ergänzend führt er aus, nicht gegen § 24 SGB X verstoßen zu haben. Die Prüfungsstelle habe den Kläger unter Übersendung einer CD mit den prüfrelevanten Unterlagen einschließlich der Arzneitmittelstatistik-Besonderheiten 2006 um Stellungnahme gebeten. Zudem habe sie ihm mit einem Vereinbarungsentwurf gemäß § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V den Prüfbericht mit den festgestellten Praxisbesonderheiten übermittelt. Die mündliche Verhandlung am 28.01.2009 sei im Beisein des Klägers und seiner Rechtsanwältin durchgeführt worden. Seine Einwände im Widerspruchsverfahren seien im angegriffenen Bescheid aufgegriffen worden. Zum Abschluss einer regressablösenden Individualvereinbarung, auf den nach der Entscheidung des BSG vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R - kein Anspruch bestehe, sei es angesichts der divergierenden Auffassungen zu Praxisbesonderheiten nicht gekommen. Ein eine Vereinbarung tragender Konsens habe sich zu keiner Zeit ergeben. Allein die Intention des Klägers, einem Regress zu entgehen, sei keine hinreichende Basis für eine Verständigung. 19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie der Akte S 33 KA 135/09 ER SG Düsseldorf Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) 22Die zulässige Berufung ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 19.03.2009 ist rechtswidrig ist verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Der Beklagte muss über den Widerspruch des Klägers gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle neu entscheiden und mit dem Kläger insbesondere in Verhandlungen über den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung (IRV) treten. 23Anders als im Fall des § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V (vgl. dazu BSG, Urteil vom 15.07.2015 - B 6 KA 30/14 R -) besteht keine Verpflichtung der Prüfgremien, auf den Abschluss einer IRV hinzuwirken. Wenn der geprüfte Arzt jedoch von sich aus Interesse am Abschluss einer IRV bekundet oder - wie hier - den Abschluss einer IRV beantragt, sind die Prüfgremien verpflichtet, in Verhandlungen über den Abschluss einer IRV einzutreten und dürfen den Abschluss einer IRV nicht aus sachfremden Gründen vereiteln. In diesen Fällen besteht eine "Verhandlungspflicht" der Prüfungsstelle bzw. des Berufungsausschusses. Klarzustellen ist allerdings, dass die Prüfgremien nicht unter allen Umständen verpflichtet sind, eine IRV abzuschließen; ein unbedingter "Anspruch" des Arztes auf Abschluss einer IRV besteht nicht (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -; SG Hannover Urteil vom 16.12.2010 - S 61 KA 37/08 -). Da es sich um eine Vereinbarung in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages handelt, setzt die IRV eine Willensübereinstimmung voraus. Wird zwischen den Prüfgremien und dem zu prüfenden Arzt keine Übereinstimmung über den Inhalt der Vereinbarung - insbesondere über die Höhe der zu vereinbarenden Richtgröße - erzielt, sind die Verhandlungen gescheitert mit der Folge, dass ein vom Arzt zu erstattender Mehrbetrag festzusetzen ist (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -; Senat, Beschluss vom 03.09.2014 - L 11 KA 88/13 B ER -). 24Unschädlich ist, dass der Kläger den Abschluss einer IRV erst nach Erlass des Bescheides der Prüfungsstelle beantragt hat. Der Abschluss einer IRV ist auch mit dem Beschwerdeausschuss möglich und kann auch noch erfolgen, wenn die Prüfungsstelle einen Regress festgesetzt hat. 25Nach ständiger Rechtsprechung stehen dem Beschwerdeausschuss - soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt - dieselben Handlungsmöglichkeiten bzw. Kompetenzen wie der Prüfungsstelle zu. Danach rechtfertigen die Besonderheiten in der organisationsrechtlichen Stellung des Beschwerdeausschusses sowie die vielfältigen Unterschiede in der Ausgestaltung des Vorverfahrens nach dem SGG einerseits und des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss andererseits die Bewertung, dass die Funktion des Beschwerdeausschusses nicht auf die einer Widerspruchsstelle beschränkt ist, sondern dass es sich bei dem Beschwerdeverfahren - dem Verfahren vor dem Berufungsausschuss nach § 97 SGB V vergleichbar - vielmehr um ein eigenständiges und umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz handelt (BSG, Urteile vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -, vom 09.03.1994 - 6 RKa 5/92 - und vom 02.06.1987 - 6 RKa 23/86 -; Senat, Beschluss vom 13.04.2011 - L 11 KA 121/10 B ER -). Folglich beschränkt sich die Aufgabe des Beschwerdeausschusses nicht darauf, die Entscheidung der Prüfungsstelle auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, sondern dieser wird mit seiner Anrufung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- bzw. Verordnungsweise des Arztes in vollem Umfang zuständig. Daher trifft die Verpflichtung, einem Antrag bzw. einer Anregung des geprüften Arztes auf Abschluss einer IRV nachzugehen, auch den Beschwerdeausschuss (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -). 26Nach Maßgabe dieser Vorgaben erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Der Kläger hat im Widerspruchsverfahren ausführlich vorgetragen, aus welchen Gründen nach seiner Auffassung der Bescheid der Prüfungsstelle vom 17.09.2008 rechtswidrig ist. Hierzu hat er auf formelle und materielle Mängel verwiesen. Dem Vorbringen ist zu entnehmen, dass es ihm vorrangig darum ging, den Bescheid der Prüfungsstelle beseitigt zu wissen. Hilfsweise hat er eine regressablösende Individualvereinbarung beantragt. Der Beklagte hat diesen Antrag zur Kenntnis genommen und im Bescheid vom 19.03.2009 in der Wiedergabe des klägerischen Vorbringens zitiert. Der Text des Bescheides weist an keiner Stelle aus, dass über den Antrag auf Abschluss einer IRV verhandelt worden wäre. Das Beschlussprotokoll zur Sitzung vom 28.01.2009 verhält sich hierzu gleichermaßen nicht. 27Sofern der Beklagte vorträgt, ein Eingehen auf diesen Antrag sei nicht angezeigt gewesen, weil von vorneherein festgestanden hätte, dass die Positionen insbesondere zu den Praxisbesonderheiten so weit auseinander gelegen hätten, dass eine Einigung ausgeschlossen gewesen sei, entbindet diese Einschätzung nicht von seiner Pflicht, in Verhandlungen einzutreten. Normativ fixierter Bezugspunkt der IRV ist die "individuelle Richtgröße". Hierüber ist zu verhandeln. Die Praxisbesonderheiten sind im solchermaßen vorgegebenen Verhandlungsprogramm nur eine beispielhafte, wenngleich hervorgehobene Facette ("unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten"). Die Richtgröße wird auch durch andere Faktoren bestimmt (hierzu § 1 ff. der RgV 2006). All das ist ggf. Verhandlungsgegenstand. Damit ist schon zweifelhaft, ob der Beklagte sich dem Antrag des Klägers entziehen konnte, indem er darauf verweist, über Praxisbesonderheiten habe keine Verständigung erzielt werden können (Senat, Beschluss vom 03.09.2014 - L 11 KA 88/13 B ER -). Jedenfalls hätte er dem Kläger zumindest darlegen müssen, zu welchen Bedingungen er sich den Abschluss einer IRV vorstellen könnte, also zumindest ein Angebot unterbreiten. Dieses Angebot hätte der Kläger dann ablehnen können, wenn - wie vom Beklagten vorgetragen - die Positionen so weit voneinander entfernt waren, dass eine Einigung schlechterdings ausgeschlossen war. 28Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. 29Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). | auf die berufung des klägers wird das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 30.05.2012 abgeändert. der beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 19.03.2009 verurteilt, über den widerspruch des klägers gegen den bescheid der prüfungsstelle vom 17.09.2008 unter beachtung der rechtsauffassung des senats erneut zu entscheiden. die kosten für das klage- und berufungsverfahren trägt der beklagte. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten über die rechtmäßigkeit eines regresses wegen überschreitens des arzneimittelrichtgrößenvolumens in den quartalen i/2006 bis iv/2006. 3der kläger ist als praktischer arzt in e nieder- und zur vertragsärztlichen versorgung zugelassen. in den genannten quartalen rechnete er zwischen 569 und 679 behandlungsfälle ab und unterschritt damit die durchschnittlichen fallzahlen der fachgruppe um 31 % bis 43 %. seine honoraranforderung überschritten die durchschnittlichen fallkosten der fachgruppe um 8 % bis 51 %. bei den arzneimitteln lag bei einem verordnungsvolumen von insgesamt 332.049,59 eur eine überschreitung der richtgrößensumme um 172.679,05 eur vor, entsprechend 108,35 %. die prüfungsstelle übersandte dem kläger die prüfunterlagen und forderte ihn zur stellungnahme auf, ob er (weitere) praxisbesonderheiten geltend mache. er gab keine stellungnahme ab und unterzeichnete auch nicht die ihm angebotene vereinbarung über die verminderung des berechneten regresses um ein fünftel gemäß § 106 abs. 5a satz 4 fünftes buch sozialgesetzbuch (sgb v). die prüfungsstelle setzte daraufhin mit bescheid vom 17.09.2008 einen regress in höhe von 36.320,65 eur fest. 4zur begründung seines widerspruchs machte der kläger im wesentlichen geltend, das gesetzlich vorgesehene auswahlverfahren sei in der prüfvereinbarung nicht geregelt und es sei nicht ersichtlich, wie er in die auffälligkeitsprüfung geraten sei. nach § 106 abs. 2 satz 6 sgb v sollten richtgrößenprüfungen in der regel bei nicht mehr als fünf prozent der ärzte einer fachgruppe durchgeführt werden. die festlegung der richtgrößen sei rechtswidrig; die schwellenwerte hätten nichts mit einer unwirtschaftlichen verordnungsweise zu tun, sondern seien willkürlich festgesetzt worden. gleiches gelte für die definition von praxisbesonderheiten im rahmen der richtgrößenvereinbarung. die methoden der richtgrößenprüfung und derjenigen auf der grundlage von durchschnittswerten der fachgruppe bzw. zur einzelfallprüfung würden in unzulässiger weise miteinander vermischt. darüber hinaus seien die vorliegenden praxisbesonderheiten in vollem umfang anzuerkennen und zu berücksichtigen, dass er eine aufwändige klientel betreue, die wegen ihrer multimorbidität nicht preiswerter mit arzneimitteln zu versorgen gewesen sei. gleiches gelte für den umstand, dass er wenig notfälle und überweisungen habe, so dass in seiner kleinen praxis verdünnerfälle fehlten. er habe zahlreiche aufwändige patienten zu versorgen gehabt, die mit der vorgegebenen richtgröße nicht medikamentös hätten versorgt werden können. im rahmen der anerkannten praxisbesonderheiten sei die berechnung des mehraufwandes nicht nachvollziehbar. darüber hinaus seien weitere behandlungsfälle insbesondere multimorbider patienten bei der ermittlung der richtgrößenvolumina zu berücksichtigen, bei denen keine ärztlichen leistungen abgerechnet worden und die deshalb nicht in die abrechnung eingegangen seien. vorsorglich werde die ihm zustehende vollständig regress ablösende individualvereinbarung beantragt. 5unter zurückweisung des widerspruchs im übrigen reduzierte der beklagte den regress mit beschluss vom 28.01.2009 (bescheid vom 19.03.2009) auf 21.752,30 eur. er bereinigte die verordnungskosten um fremdkassenfälle in höhe von 293,20 eur sowie nichtarzneimittel in höhe von 1.739,35 eur und berücksichtigte als praxisbesonderheiten nach maßgabe von § 5 abs. 3 und 4 der richtgrößenvereinbarung (rgv) 2006 verordnungen in höhe von 49.588,25 eur sowie 26.814,86 eur. darüber hinaus brachte er methadonzubereitungen, mittel zur additiven schmerztherapie, antiphlogistika und antirheumatika sowie protonenpumpenhemmer mit einem verordnungsvolumen von insgesamt 26.662,55 eur in abzug. er führte aus, weitere praxisbesonderheiten oder kompensatorische einsparungen lägen nicht vor bzw. seien nicht in der erforderlichen weise dargelegt worden. es ergebe sich eine bereinigte überschreitung der richtgrößensumme um 42,4 % und nach regressierung und ausbringung des nettokostenindexes verbleibe eine überschreitung der richtgrößensumme von 28,76 %. dem antrag auf eine individualvereinbarung stimmte der beklagte nicht zu. 6zur begründung der hiergegen gerichteten klage vom 17.04.2009 hat der kläger im wesentlichen das vorbringen aus dem widerspruchsverfahren wiederholt. ergänzend hat er geltend gemacht, er habe anspruch darauf gehabt, dass ihm - wie beantragt - eine den regress ablösende vereinbarung individueller richtgrößen nach § 106 abs. 5d sgb v angeboten werde. ihm sei lediglich eine regressmindernde individualvereinbarung unterbreitet worden. 7der kläger hat beantragt, 8den bescheid des beklagten vom 19.03.2009 aufzuheben und den beklagten zu verurteilen, über den widerspruch gegen den bescheid der prüfungsfälle vom 17.09.2008 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu entscheiden. 9der beklagte hat beantragt, 10die klage abzuweisen. 11der angefochtene bescheid sei rechtmäßig. nach § 106 abs. 2 satz 7 sgb v hätten im jahr 2006 164 ärzte der fachgruppe des klägers einer auffälligkeitsprüfung unterzogen werden können. einschließlich des antragstellers seien nur 97 ärzte aufgrund der höhe der überschreitung der richtgrößensumme geprüft worden. die auswahlkriterien seien in § 84 abs. 6 satz 4 i.v.m. § 106 abs. 5a sgb v eindeutig benannt. die besonders unwirtschaftlichen ärztinnen und ärzte würden anhand des grads der überschreitung des verordnungsvolumens gegenüber der richtgrößensumme festgestellt. sei dieser kreis bezogen auf die fachgruppe - wie hier - geringer als 5%, bedürfe es schon keiner weiteren auswahl. ein abschlusszwang für eine vereinbarung nach § 106 abs. 5d sgb v bestehe nicht. insbesondere durch die widerspruchsbegründung habe der kläger zu erkennen gegeben, dass es unüberbrückbare auffassungsunterschiede zur richtgrößenprüfung generell und speziell zu den praxisbesonderheiten gebe. eine verständigung über den umfang von praxisbesonderheiten sei aber grundvoraussetzung für die vereinbarung einer individuellen richtgröße. angesichts dessen seien übereinstimmende willenserklärungen als voraussetzung für das zustandekommen einer richtgrößenvereinbarung von vorneherein nicht zu erwarten gewesen. 12mit urteil vom 30.05.2012 hat das sozialgericht (sg) düsseldorf die klage abgewiesen. nach maßgabe der rgv 2006 sei der angefochtene bescheid nicht zu beanstanden. entgegen der auffassung des klägers sei der vorschrift des § 106 abs. 2 satz 7 sgb v, nach der auffälligkeitsprüfungen in der regel für nicht mehr als 5 % der ärzte einer fachgruppe durchgeführt werden sollen, nicht zu entnehmen, dass ein förmliches auswahlverfahren bestimmt sei. es handele sich vielmehr um eine vorgabe allein an prüfgremien, die die zielgenauigkeiten der prüfungen verbessern solle. auch sei die festsetzung der richtgrößen sowie die definition von praxisbesonderheiten nicht willkürlich erfolgt. die richtgrößen für das jahr 2006 ergäben sich gemäß § 1 rgv 2006 aus der anpassung des richtgrößenvolumens 2005 entsprechend der rahmenvorgaben der kassenärztlichen bundesvereinigung und der spitzenverbände der krankenkassen, wie dies auch bereits für die jahre 2004 und 2005 erfolgt sei. der ausgangwert folge sich aus der ermittlung der richtgrößen nach § 1 rgv 2003, wobei nicht ersichtlich sei, inwieweit die dort vorgegebene berechnung nicht sachgerecht sein sollte. im übrigen stehe sowohl hinsichtlich der festlegung der richtgrößen wie auch insbesondere hinsichtlich der definition von praxisbesonderheiten den vertragspartnern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer gestaltungsspielraum zu, dessen grenzen hier nicht überschritten seien. der beklagte habe praxisbesonderheiten in ausreichendem umfang berücksichtigt. der unterdurchschnittliche anteil an notdienst- und überweisungsfällen sei schon deshalb keine praxisbesonderheit, weil die geringen tatsächlichen abweichungen auch nicht im ansatz geeignet seien, die höhe der überschreitungen zu erklären. auch genüge das vorbringen des klägers zur betreuung zahlreicher aufwändiger patienten nicht den an die darlegung von praxisbesonderheiten zu stellenden anforderungen. denn die vorlage von listen mit patientennahmen, diagnosen und/oder verordnungskosten sei nicht ansatzweise geeignet, unterschiede in den behandlungsnotwendigkeiten und einen dadurch bedingten mehraufwand zu belegen. auch der einwand des klägers, bei der berechnung des richtgrößenvolumens seien weitere behandlungsfälle zu berücksichtigen, bei denen er keine leistungen abgerechnet habe, rechtfertige keine andere beurteilung. denn insoweit sei er den nachweis schuldig geblieben. der angefochtene bescheid sei auch nicht deswegen rechtswidrig, weil dem kläger keine sogenannte regressablösevereinbarung gemäß § 106 abs. 5d sgb v angeboten worden sei. diese regelung sei ebenso wie diejenige nach § 106 abs. 5a satz 4 sgb v ausschließlich für das verfahren vor der prüfungsstelle vorgesehen. für ihre anwendung bestehe kein raum mehr, wenn das verfahren vor der prüfungsstelle abgeschlossen sei. 13gegen das ihm am 17.08.2012 zugestellte urteil hat der kläger am 17.09.2012 unter wiederholung und vertiefung seines bisherigen vortrags berufung eingelegt. hinsichtlich der richtgrößen habe sich das sg nicht damit auseinandergesetzt, dass die vertragsparteien nicht den durchschnitt der fachgruppe zur festlegung der richtgröße zugrunde gelegt hätten, sondern ein gesamtvolumen, das deutlich unter dem ist-volumen des vorjahres 2005 gelegen habe. schon hieraus sei ersichtlich, dass der betreffende arzt nicht mit dem durchschnitt der fachgruppe, sondern mit einem künstlich festgelegten einheitswert ohne berücksichtigung der morbidität verglichen werde. diese unzutreffende berechnung der richtgrößen wirke sich auch auf die anwendung und definition der praxisbesonderheiten aus. wenn die richtgrößen nicht den tatsächlichen fachgruppendurchschnittsausgaben entsprächen, könnten auch praxisbesonderheiten nicht unter bezugnahme auf das vorkommen in der fachgruppe ermittelt werden. zudem sei die rechtsansicht des sg, dass § 105 abs. 5d sgb v ausschließlich für das verfahren vor der prüfungsstelle vorgesehen sei und eine anwendung im rahmen des widerspruchsverfahrens ausgeschlossen sei, nicht nachvollziehbar. es sei nicht ersichtlich, warum der berufungsbeklagte als widerspruchsinstanz nicht die gleichen rechte wie die prüfungsstelle habe. nach dem urteil des bundessozialgerichts (bsg) vom 28.08.2013 - b 6 ka 46/12 r - sei der abschluss einer individuellen richtgrößenvereinbarung auch noch im verfahren vor dem beschwerdeausschuss möglich. sein vorbringen zur darlegung von praxisbesonderheiten sei entgegen der auffassung des sg nicht ungenügend gewesen. das gericht dürfe feststellungen über die substantiiertheit des vortrages zu praxisbesonderheiten nur treffen, wenn der beklagte - anders als hier - eine unsubstantiiertheit des klägerischen vortrages im angegriffenen bescheid gerügt habe. zudem sei das anhörungsverfahren nach § 24 zehntes buch sozialgerichtsgesetz (sgb x) nicht ordnungsgemäß durchgeführt. der beklagte habe die beurteilungsmaßstäbe, inwiefern in art und umfang fachgruppenuntypische bzw. fachgruppentypische erkrankungen vorliegen, nicht dargelegt. es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, unter welchen voraussetzungen es zum beispiel zur anerkennung der patienten mit besonderem versorgungsbedarf hätte kommen können. 14der kläger beantragt schriftsätzlich, 15das urteil des sozialgerichts düsseldorf vom 30.05.2012 abzuändern und den bescheid des beklagten vom 19.03.2009 aufzuheben. 16der beklagte beantragt schriftsätzlich, 17die berufung des klägers zurückzuweisen. 18er bezieht sich auf sein erstinstanzliches vorbringen und die entscheidung des sg. ergänzend führt er aus, nicht gegen § 24 sgb x verstoßen zu haben. die prüfungsstelle habe den kläger unter übersendung einer cd mit den prüfrelevanten unterlagen einschließlich der arzneitmittelstatistik-besonderheiten 2006 um stellungnahme gebeten. zudem habe sie ihm mit einem vereinbarungsentwurf gemäß § 106 abs. 5a satz 4 sgb v den prüfbericht mit den festgestellten praxisbesonderheiten übermittelt. die mündliche verhandlung am 28.01.2009 sei im beisein des klägers und seiner rechtsanwältin durchgeführt worden. seine einwände im widerspruchsverfahren seien im angegriffenen bescheid aufgegriffen worden. zum abschluss einer regressablösenden individualvereinbarung, auf den nach der entscheidung des bsg vom 28.08.2013 - b 6 ka 46/12 r - kein anspruch bestehe, sei es angesichts der divergierenden auffassungen zu praxisbesonderheiten nicht gekommen. ein eine vereinbarung tragender konsens habe sich zu keiner zeit ergeben. allein die intention des klägers, einem regress zu entgehen, sei keine hinreichende basis für eine verständigung. 19wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten, der verwaltungsvorgänge des beklagten sowie der akte s 33 ka 135/09 er sg düsseldorf bezug genommen. 20 | 21der senat kann ohne mündliche verhandlung entscheiden, da sich die beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg)) 22die zulässige berufung ist begründet. der bescheid des beklagten vom 19.03.2009 ist rechtswidrig ist verletzt den kläger in seinen rechten (§ 54 abs. 2 sgg). der beklagte muss über den widerspruch des klägers gegen die entscheidung der prüfungsstelle neu entscheiden und mit dem kläger insbesondere in verhandlungen über den abschluss einer individuellen richtgrößenvereinbarung (irv) treten. 23anders als im fall des § 106 abs. 5a satz 4 sgb v (vgl. dazu bsg, urteil vom 15.07.2015 - b 6 ka 30/14 r -) besteht keine verpflichtung der prüfgremien, auf den abschluss einer irv hinzuwirken. wenn der geprüfte arzt jedoch von sich aus interesse am abschluss einer irv bekundet oder - wie hier - den abschluss einer irv beantragt, sind die prüfgremien verpflichtet, in verhandlungen über den abschluss einer irv einzutreten und dürfen den abschluss einer irv nicht aus sachfremden gründen vereiteln. in diesen fällen besteht eine "verhandlungspflicht" der prüfungsstelle bzw. des berufungsausschusses. klarzustellen ist allerdings, dass die prüfgremien nicht unter allen umständen verpflichtet sind, eine irv abzuschließen; ein unbedingter "anspruch" des arztes auf abschluss einer irv besteht nicht (bsg, urteil vom 28.08.2013 - b 6 ka 46/12 r -; sg hannover urteil vom 16.12.2010 - s 61 ka 37/08 -). da es sich um eine vereinbarung in form eines öffentlich-rechtlichen vertrages handelt, setzt die irv eine willensübereinstimmung voraus. wird zwischen den prüfgremien und dem zu prüfenden arzt keine übereinstimmung über den inhalt der vereinbarung - insbesondere über die höhe der zu vereinbarenden richtgröße - erzielt, sind die verhandlungen gescheitert mit der folge, dass ein vom arzt zu erstattender mehrbetrag festzusetzen ist (bsg, urteil vom 28.08.2013 - b 6 ka 46/12 r -; senat, beschluss vom 03.09.2014 - l 11 ka 88/13 b er -). 24unschädlich ist, dass der kläger den abschluss einer irv erst nach erlass des bescheides der prüfungsstelle beantragt hat. der abschluss einer irv ist auch mit dem beschwerdeausschuss möglich und kann auch noch erfolgen, wenn die prüfungsstelle einen regress festgesetzt hat. 25nach ständiger rechtsprechung stehen dem beschwerdeausschuss - soweit sich aus dem gesetz nichts anderes ergibt - dieselben handlungsmöglichkeiten bzw. kompetenzen wie der prüfungsstelle zu. danach rechtfertigen die besonderheiten in der organisationsrechtlichen stellung des beschwerdeausschusses sowie die vielfältigen unterschiede in der ausgestaltung des vorverfahrens nach dem sgg einerseits und des verfahrens vor dem beschwerdeausschuss andererseits die bewertung, dass die funktion des beschwerdeausschusses nicht auf die einer widerspruchsstelle beschränkt ist, sondern dass es sich bei dem beschwerdeverfahren - dem verfahren vor dem berufungsausschuss nach § 97 sgb v vergleichbar - vielmehr um ein eigenständiges und umfassendes verwaltungsverfahren in einer zweiten verwaltungsinstanz handelt (bsg, urteile vom 28.08.2013 - b 6 ka 46/12 r -, vom 09.03.1994 - 6 rka 5/92 - und vom 02.06.1987 - 6 rka 23/86 -; senat, beschluss vom 13.04.2011 - l 11 ka 121/10 b er -). folglich beschränkt sich die aufgabe des beschwerdeausschusses nicht darauf, die entscheidung der prüfungsstelle auf ihre rechtmäßigkeit zu überprüfen, sondern dieser wird mit seiner anrufung für die prüfung der wirtschaftlichkeit der behandlungs- bzw. verordnungsweise des arztes in vollem umfang zuständig. daher trifft die verpflichtung, einem antrag bzw. einer anregung des geprüften arztes auf abschluss einer irv nachzugehen, auch den beschwerdeausschuss (bsg, urteil vom 28.08.2013 - b 6 ka 46/12 r -). 26nach maßgabe dieser vorgaben erweist sich der angefochtene bescheid als rechtswidrig. der kläger hat im widerspruchsverfahren ausführlich vorgetragen, aus welchen gründen nach seiner auffassung der bescheid der prüfungsstelle vom 17.09.2008 rechtswidrig ist. hierzu hat er auf formelle und materielle mängel verwiesen. dem vorbringen ist zu entnehmen, dass es ihm vorrangig darum ging, den bescheid der prüfungsstelle beseitigt zu wissen. hilfsweise hat er eine regressablösende individualvereinbarung beantragt. der beklagte hat diesen antrag zur kenntnis genommen und im bescheid vom 19.03.2009 in der wiedergabe des klägerischen vorbringens zitiert. der text des bescheides weist an keiner stelle aus, dass über den antrag auf abschluss einer irv verhandelt worden wäre. das beschlussprotokoll zur sitzung vom 28.01.2009 verhält sich hierzu gleichermaßen nicht. 27sofern der beklagte vorträgt, ein eingehen auf diesen antrag sei nicht angezeigt gewesen, weil von vorneherein festgestanden hätte, dass die positionen insbesondere zu den praxisbesonderheiten so weit auseinander gelegen hätten, dass eine einigung ausgeschlossen gewesen sei, entbindet diese einschätzung nicht von seiner pflicht, in verhandlungen einzutreten. normativ fixierter bezugspunkt der irv ist die "individuelle richtgröße". hierüber ist zu verhandeln. die praxisbesonderheiten sind im solchermaßen vorgegebenen verhandlungsprogramm nur eine beispielhafte, wenngleich hervorgehobene facette ("unter berücksichtigung von praxisbesonderheiten"). die richtgröße wird auch durch andere faktoren bestimmt (hierzu § 1 ff. der rgv 2006). all das ist ggf. verhandlungsgegenstand. damit ist schon zweifelhaft, ob der beklagte sich dem antrag des klägers entziehen konnte, indem er darauf verweist, über praxisbesonderheiten habe keine verständigung erzielt werden können (senat, beschluss vom 03.09.2014 - l 11 ka 88/13 b er -). jedenfalls hätte er dem kläger zumindest darlegen müssen, zu welchen bedingungen er sich den abschluss einer irv vorstellen könnte, also zumindest ein angebot unterbreiten. dieses angebot hätte der kläger dann ablehnen können, wenn - wie vom beklagten vorgetragen - die positionen so weit voneinander entfernt waren, dass eine einigung schlechterdings ausgeschlossen war. 28die kostenentscheidung beruht auf § 197a abs. 1 sgg i.v.m. § 154 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung. 29die voraussetzungen für die zulassung der revision liegen nicht vor (§ 160 abs. 2 sgg). | Klaeger*in | 1 |
114,738 | 21 O 53/17 | 2018-10-23T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger ist ein Verband, der die Interessen der Verbraucher vertritt. Die Beklagte betreibt Bankgeschäfte im Sinne des § 1 KWG und bietet folgende für diesen Rechtsstreit relevante Kontomodelle an: 31. Das „Standardkonto“ T Giro plus zum Grundpreis von 3,90 EUR/Monat 42. Das „Onlinekonto“ T Giro direkt zum Grundpreis von 1,90 EUR/Monat 53. Das Basiskonto T Giro Basis zum Grundpreis von 5,90 EUR/Monat 6Diese Modelle werden in dem Preis- und Leistungsverzeichnis (Stand 01.11.2016) der Beklagten auszugsweise wie folgt beschrieben: 7 8 9Den Kunden des „Onlinekontos“ T Giro direkt steht das gesamte Leistungsspektrum der Beklagten zur Verfügung. Einige Leistungen, wie zum Beispiel eine Barabhebung am Schalter in der Filiale, werden jedoch – im Gegensatz zum „Standardkonto“ – gesondert in Rechnung gestellt. Mit Schreiben vom 15.09.2016 (Anl. K3) forderte der Kläger die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 06.10.2016 auf. Die Beklagte lehnte die Abgabe der Unterlassungserklärung mit Schreiben vom 06.10.2016 (Anl. K4) ab. 10Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte das Basiskonto „T Giro Basis“ zum Vergleichspreis des Kontos „T Giro plus“ zum Grundpreis von 3,90 € pro Monat sowie, sofern das Konto online geführt werde, zum Vergleichspreis des Kontos „T Giro direkt“ zum Grundpreis von 1,90 € pro Monat anbieten müsse. Anderslautende AGB, mit denen die Beklagte von den Basiskonto-Kunden stattdessen 5,90 € verlange, seien unwirksam und deren Verwendung von der Beklagten zu unterlassen. Auch die tatsächliche Berechnung und Belastung der höheren Gebühren sei unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbar und daher unverzüglich einzustellen. § 41 Abs. 2 ZKG sei – auch im Lichte der einschlägigen europäischen Richtlinie 2014/92/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.2014 („Zahlungskontenrichtlinie“) – dahingehend zu verstehen, dass das angemessene Entgelt für Basiskonten unter Berücksichtigung der „marktüblichen Entgelte“ für Zahlungskonten sowie des „Nutzerverhaltens“ nicht höher ausfallen könne als die für gewöhnliche, vergleichbare Konten in Rechnung gestellten Gebühren. Die Marktüblichkeit bestimme sich nicht durch einen Vergleich der Entgelte, die Kreditinstitute am Markt fordern. Vielmehr müsse als Kontrollmaßstab das Entgelt herangezogen werden, mit dem das betreffende Kreditinstitut ansonsten am Markt agiere („Binnenvergleich“). Aber selbst wenn man das Entgelt mit dem anderer Kreditinstitute vergleichen würde, ergäbe sich eine Marktunüblichkeit. Diese folge aus den Angaben in der tabellarischen Aufstellung der Entgelte und Belastungen, die er, der Kläger, aus den Preis- und Leistungsverzeichnissen bzw. den Preisaushängen der untersuchten Kreditinstitute ermittelt habe (Anlage K5., Bl. 132 ff. GA). Dabei habe er teilweise auf Ergebnisse aus 2016 (streitgegenständlicher Zeitraum) und auf aktuelle Verzeichnisse zurückgegriffen und die Postenpreise für die Zahlungsdienste Bartransaktion (Ein- und Auszahlung), Überweisung (beleghaft) und Lastschrift erfasst. Für jeden Einzelposten sei dann eine Inanspruchnahme von 5 Zahlungsdiensten unterstellt (als eine Art Referenzkonto) und bei verschiedenen Gruppen von Kreditinstituten berücksichtigt worden, wobei 11 Genossenschaftsbanken, 11 Geschäftsbanken (wie die Beklagte) und 10 Sparkassen verglichen worden seien. Bei diesem Ansatz ergebe sich eine monatliche Belastung der Basiskontoinhaber durch die Beklagte von 10,85 € und als Mittelwert, bezogen auf die Geschäftsbanken, von 9,89 €, bezogen auf die Sparkassen von 8,16 € und, bezogen auf die Genossenschaftsbanken von 7,88 €. Daraus ergebe sich ein Mittelwert von 8,65 €, welchen die Belastung der Kunden durch die Beklagte um 2,20 € übersteige. Der von der Beklagten behauptete Mehraufwand im Zusammenhang mit der Führung von Basiskonten sei dabei nicht hinreichend substantiiert. Im Übrigen seien die geltend gemachten Posten auch gar nicht genau abgrenzbar, da sie zumindest teilweise auch im Zusammenhang mit den gewöhnlichen Kontomodellen der Beklagten veranlasst würden. Teils seien die behaupteten Kosten auch nicht gruppenbezogen auf bestimmte Kunden umlagefähig. 11Da die Beklagte auch ein onlinegeführtes Konto anbiete, sei für Kunden, die ihr Konto rein online nutzen, das Kontomodell „Giro direkt“ für 1,90 € der Vergleichsmaßstab. 12Der Zahlungsanspruch in Höhe von 214,- € ergebe sich unter dem Gesichtspunkt der Abmahnkosten. 13Der Kläger beantragt, 14I. Unterlassungsanspruch 15die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, 16A. Allgemeine Geschäftsbedingungen 17nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Zahlungsdiensterahmenverträge (Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen – Basiskontoverträge) mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 18.6.2016, zu berufe 18B. Geschäftliche Handlungen 19Verbrauchern, die bei der Beklagten ein Basiskonto als Onlinekonto führen, einen monatlichen Grundpreis (5,90 €), der höher ist, als der Grundpreis für ein vergleichbares online geführtes Konto (1,90 €/ „Giro direkt“) in Rechnung zu stellen und für das online geführte Basiskonto einen höheren Grundpreis als für das vergleichbare Konto („Giro direkt“) zu vereinnahmen. 20II. Zahlungsanspruch 21die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 214,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 22Die Beklagte beantragt, 23die Klage abzuweisen. 24Sie hält den Klageantrag zu I. B. schon für unzulässig, da der Begriff „Onlinekonto“ zu unbestimmt sei. Einen solchen Begriff verwende sie in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis nicht. Es bleibe daher unklar, was mit dem Klageantrag begehrt werde. Vielmehr ziele dieser darauf ab, ihr generell zu untersagen für Basiskonten mehr als 1,90 € zu verlangen, was der Kläger jedoch in keinem Fall beanspruchen könne. Sie ist weiter der Auffassung, dass ihre Preisfindung gegenüber den Basiskonto-Kunden angemessen im Sinne von § 41 Abs. 2 S. 1 ZKG sei. Nach der Gesetzesbegründung zum ZKG sei sie nicht verpflichtet, den Basiskontokunden günstige Angebote für bestimmte Kundengruppen, um die sie besonders wirbt, zur Verfügung zu stellen. Ein sogenanntes „Meistbegünstigungsprinzip“ sei § 41 ZKG nicht zu entnehmen. Für die Beurteilung der Angemessenheit sein kein „Binnenvergleich“ anzustellen. Vielmehr ergebe sich aus dem Begriff der „Marktüblichkeit“, dass als Vergleichsmaßstab das Entgelt für Basiskonten heranzuziehen sei, das von anderen Banken üblicherweise verlangt werde. Die von dem Kläger für Basis- und Standardkonten als marktüblich dargelegten Entgelte seien nicht substantiiert. Die Modellrechnungen seien nicht geeignet, die Marktüblichkeit darzulegen. Zunächst würden die zugrunde gelegten Entgelte teilweise aus 2016 und zum Teil aus aktuellen Verzeichnissen stammen. Dies ergebe eine uneinheitliche Basis, sodass die Marktüblichkeit daraus nicht ermittelt werden könne. Repräsentativ könne nur ein Stichtagsvergleich sein. In der Folge seien die aufgelisteten Modelle und Entgelte nicht deckungsgleich mit den aktuellen Modellen und Preisen. Weiter sei es verfehlt, die Ermittlung auf Bartransaktionen, Überweisungen und Lastschriften zu beschränken, da etwa auch die Ausgabe einer Debitkarte zwingend zum Leistungsbestandteil eines Basiskontos gehöre. Auch der Annahme von fünf Zahlungsdienste im Monat sei nicht beizutreten, da diese Annahme durch nichts substantiiert und nicht zutreffend sei. Auch sei die Institutsauswahl des Klägers unsubstantiiert und unzureichend, zumal mit der Untersuchung der Stiftung Warentest ein geeignetes Instrument zur Verfügung stehe, die Marktüblichkeit zu ermitteln. Auf Basis der von der Stiftung Warentest Ende 2017 durchgeführten Untersuchung (siehe Zusammenfassung Anlage B 7), die einen geeigneten Vergleichsmaßstab biete, ergebe sich, dass ihr Basiskontopreis unter dem Marktdurchschnitt liege. In dem Test mit einer Abfrage bei 108 Kreditinstituten und einem unterstellten Musternutzerverhalten u.a. mit drei beleghaften Überweisungen im Monat ergebe sich ein durchschnittlicher Basiskontopreis von 164,15 € pro Jahr bzw. von 112,85 € pro Jahr bei keinerlei beleghafter Überweisung im Monat (also rein online durchgeführte Überweisungen, Daueraufträge, Abfrage der Kontoauszüge per Postbox). Der entsprechende Vergleichspreis bei ihr, der Beklagten, betrage auf Basis des vorgenannten Nutzerverhaltens 106,44 € pro Jahr bzw. 70,80 € pro Jahr (bei Onlinenutzung). Selbst wenn man auf Basis ihrer Erfahrungswerte von ein 1,2 beleghaften Überweisungen pro Monat ausgehe, ergebe sich ein Preis bei ihr von 85,06 € pro Jahr, der immer noch unter dem Marktdurchschnitt liege. Bei Standardkonten liege der Marktdurchschnittspreis auf Basis der Untersuchung der Stiftung Warentest bei Annahme des o.g. Nutzerhaltens bei 178,60 € pro Jahr bzw. 124,60 € pro Jahr (reine Onlinenutzung). 25Wenn man, entgegen der obigen Ausführungen, auf einen Binnenvergleich abstellen würde, sei als Vergleichskonto ihr Standardkonto für 3,90 € und nicht das „Onlinekonto“ für 1,90 € zugrunde zu legen. Der Mehrpreis bei Basiskonten im Verhältnis zum Standardkonto rechtfertige sich dabei schon aus einem höheren Aufwand, der im Zusammenhang mit der Führung dieser besonderen Konten anfalle. Wegen der Einzelheiten wird hierzu wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 05.05.2017, dort S. 4 f, Bl 66 f d.A.) verwiesen. Nur durch die Berechnung eines Mehrpreises könne sichergestellt werden, dass die Beklagte noch einen angemessenen Gewinn verzeichnen könne, den die Gesetzesbegründung zum Zahlungskontengesetz den Kreditinstituten auch ausdrücklich zubillige. 26Sie ist der Ansicht, dass sie nicht verpflichtet sei, zwei verschiedene Basiskontenmodelle anzubieten, wobei eines einen reinen Onlinenutzer repräsentieren würde. 27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen. 28Entscheidungsgründe: 29Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. 30A. 31Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht gem. § 6 Abs. 2 UKlaG iVm. § 1 Nr. 3 NRWUKlaGKonzVO, §§ 23, 71 GVG örtlich und sachlich zuständig. 32Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus §§ 1, 2 UKlaG i.V.m. § 3 UKlaG sowie § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG i.V.m. § 4 UKlaG. 33Eine Abmahnung gem. § 5 UklaG iVm. § 12 Abs. 1 UWG hat der Kläger mit Schreiben vom 08.02.2017 erteilt. 34B. 35Die Klage ist jedoch unbegründet. 36Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf die begehrten Unterlassungen durch die Beklagte. 37I. 38Dies gilt zunächst im Hinblick auf den Klageantrag I. A. 39Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich insbesondere nicht aus § 1 UKlaG i. V.m. §§ 8, 3a UWG. 40Nach § 1 UKlaG kann, wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden. 41Die streitgegenständliche Preisklausel der Beklagten ist indes nicht als unangemessen benachteiligend in diesem Sinne einzuordnen. Denn sie benachteiligt weder den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB), noch ist die Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen, von denen abgewichen wird, unvereinbar. 421. 43Die streitgegenständliche Klausel ist einer Inhaltkontrolle nach §§ 305 ff. BGB dem Grunde nach zugänglich, da diese – als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung, die die Beklagte als Verwenderin ihren Kunden bei Abschluss des Vertrags stellt – eine Allgemeine Geschäftsbedingung nach § 305 Abs. 1 BGB darstellt. 44Auch Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterfallen nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle, wenn damit von Rechtsvorschriften, etwa gesetzlichen Preisregelungen, abgewichen wird. Dies gilt auch dann, wenn in diesen keine starren Regelungen getroffen, sondern Gestaltungsmöglichkeiten geboten werden und für die Höhe des Entgelts ein Spielraum gewährt wird, denn auch in diesem Fall wurden durch den Gesetzgeber Vorgaben für die Preisgestaltung aufgestellt, deren Zweck nicht verfehlt werden darf. Um dies zu gewährleisten, müssen auch Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf überprüft werden, ob diese mit den Vorgaben in Einklang stehen. 45Der hier in Rede stehende § 41 ZKG stellt eine solche gesetzgeberische Vorgabe im Sinne einer gesetzlichen Preisregelung dar. Dies ergibt sich schon aus der Begründung zum Gesetzesentwurf (BT-Drucksache 18/7204, S. 85 ff.), wonach die Vorschrift Regelungen zu den vom Kontoinhaber dem kontoführenden Institut für die Erbringung von Diensten aufgrund des Basiskontovertrags geschuldeten Entgelten und Kosten sowie das Verbot der Vereinbarung vom Kontoinhaber geschuldeter Vertragsstrafen enthält. Danach ist die allgemeine Zielsetzung, Verbrauchern einen allgemeinen Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen zu geben. Dies gebiete es, dass zugleich auch sichergestellt werde, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Entgelten faktisch nicht als Hindernis gegenüber der mit dem Basiskonto verbundenen Schaffung einer hinreichenden und effektiven Möglichkeit der Teilnahme am Zahlungsverkehr und der Nutzung von Zahlungsdiensten wirkt. Daher bestimme § 41 ZKG in Umsetzung des Artikel 18 der Zahlungskontenrichtlinie, dass für die Erbringung von Diensten aufgrund des Basiskontovertrags nur angemessene Entgelte, sofern vereinbart, verlangt werden können. 46Daraus ergibt sich insgesamt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, mit der Schaffung des § 41 ZKG eine Kontrolle der Entgeltgestaltung der Kreditinstitute gewährleistet wird (so auch LG Frankfurt a. M. Urt. v. 8.5.2018 – 2/28 O 98/17). 472. 48Die hier von der Beklagten verwendete Preisklausel ist vor diesem Hintergrund nicht unangemessen. 49a. 50Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass das kontoführende Institut, nicht verpflichtet ist, das günstigste Modell als Basiskonto anzubieten. Dies folgt schon aus der Gesetzesbegründung. Der Gesetzgeber hat ausweislich der Begründung zum Gesetzesentwurf (BT-Drucksache 18/7204, S. 85) ausgeführt, dass von der in Art. 18 der Zahlungskontenrichtlinie gegebenen Option der Unentgeltlichkeit der in Rede stehenden Dienste kein Gebrauch gemacht werde, da bereits durch die „Begrenzung der geschuldeten Entgelte für Dienste nach Absatz 2 ein genügender Verbraucherschutz sichergestellt“ sei und durch das in Absatz 2 eingeführte Kriterium der „Angemessenheit" der Entgelte eine über das derzeit allgemein geltende Maß hinausgehende Kontrolle der Entgeltgestaltung von Kreditinstituten ermöglich werde. Insoweit wird in der Begründung weiter ausgeführt, dass eine generelle Begrenzung der Möglichkeiten der Entgeltgestaltung für Basiskontenangebote, wonach die Institute besondere günstige Entgeltkonditionen, die sie für andere Konten anbieten, auch für Inhaber von Basiskonten bieten müssten (sogenannte Meistbegünstigungsvorgabe für Basiskonten), im Ergebnis einen zu weitgehenden Eingriff in die Gestaltungsmöglichkeiten von Instituten beinhalten würde, da Basiskonten im Ergebnis sogar günstiger wären als andere Konten, wenn bei ihnen die jeweils günstigsten Teil-Angebote zu kumulieren wären. Weiter spreche gegen eine solche Meistbegünstigungsvorgabe für Basiskonten, dass Instituten weitgehend die Möglichkeit genommen würde, durch besondere Entgeltgestaltungen um bestimmte Kundengruppen (beispielhaft aufgezählt: Auszubildende oder Studierende) zu werben. Nicht zuletzt sei in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die §§ 38 ff. ZKG ein sehr umfassendes Leistungsangebot für Basiskonten vorsähen, das in weiten Bereichen kaum hinter demjenigen für „normale“ Zahlungskonten im Allgemeinen zurückbleiben werde: Institute hätten neben dieser umfassenden Leistungspflicht für Basiskonten noch ihren besonderen Informationspflichten sowie Unterstützungspflichten nachzukommen und seien auch in ihren Möglichkeiten der Kündigung beschränkt. Die Gesamtschau dieser Belastungen würde es als unverhältnismäßig erscheinen lassen, wenn diese Konten dann auch noch zu besonders günstigen Entgeltkonditionen angeboten werden müssen, die die Institute ansonsten nur für solche Kunden versprechen, um die sie aus geschäftspolitischen Erwägungen in besonderem Maße werben möchten. 51b. 52Für die Beurteilung der Angemessenheit sind gemäß § 41 Abs. 2 S.2 ZKG als Bewertungsparameter insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten der Kunden heranzuziehen und zu berücksichtigen (so auch LG Frankfurt a. M. Urt. v. 8.5.2018 – 2/28 O 98/17; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 08. Mai 2018 – 2 U 6/17). 53Danach müssen die Entgelte gem. § 41 Abs. 2 ZKG jedenfalls einem Marktvergleich standhalten und nicht – entgegen der Auffassung des Klägers – lediglich einem reinen Binnenvergleich. Für ein solches alleiniges Kriterium bieten bereits der Wortlaut der Norm und auch die Gesetzesbegründung keinen Raum. Entscheidend ist vielmehr ein Vergleich des Entgelts der auch von anderen Banken angebotenen Konten, die mit der Leistung des Basiskontos vergleichbar sind. Dabei ist der Vergleich unter Berücksichtigung eines Musternutzers vorzunehmen. 54Für ein solches Verständnis spricht zunächst der Schutzzweck der Norm, der einen Zugang zum Markt für Zahlungskonten für bisher kontolose schutzbedürftige Verbraucher erreichen will. Dies ergibt sich bereits ausdrücklich aus den Erwägungen der v.g. Gesetzesbegründung. Danach sollen die Geldinstitute allgemein im Hinblick auf ihre soziale Funktionsverantwortung dazu bewegt werden, zwar nicht meistbegünstigende, aber jedenfalls günstige Zugangsmöglichkeiten auch für einkommensarme Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. Der Wortlaut „Markt“ spricht ebenfalls dafür, die Konditionen aller dort auftretenden Teilnehmer zu vergleichen, da die Beklagte allein nur schwerlich einen solchen darstellen kann. Ferner ergibt sich dieses Verständnis bei einer europarechtskonformen Auslegung. Insoweit heißt es in Art. 18 Abs. 3 b) der europäischen Zahlungskontenrichtlinie 2014/92/EU, deren Umsetzung § 41 ZKG dient, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der angemessenen Entgelte sicherzustellen haben, dass „die durchschnittlichen Entgelte, die von Kreditinstituten in dem betreffenden Mitgliedstaat für Dienste im Zusammenhang mit Zahlungskonten verlangt werden“ Berücksichtigung finden. Die Formulierung „durchschnittliche Entgelte…von Kreditinstituten“ zeigt, dass die Konditionen der verschiedenen Anbieter am Markt von Relevanz sein sollen (so auch LG Frankfurt a. M. Urt. v. 8.5.2018 – 2/28 O 98/17). 55Um das Marktverhalten hinreichend abbilden zu können, ist es nach Auffassung der Kammer geboten, das Nutzerverhalten eines Basiskontoinhabers im Sinne eines Musternutzers einzubeziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nach dem ZKG ausreichend ist, wenn ein Institut lediglich ein einziges Basiskontomodell anbietet. So wird etwa auch in der Begründung zum Gesetzesentwurf (BT-Drucksache 18/7204, S. 87) ausgeführt, dass generell davon ausgegangen werde, bereits mit der Begrenzung der geschuldeten Entgelte durch das Kriterium der Angemessenheit einen genügenden Verbraucherschutz sicherzustellen. Eine weitergehende Verpflichtung zur Vorhaltung einer variierten Preisgestaltung für die Führung von Basiskonten, abhängig von der Zahl der erbrachten Zahlungsvorgänge, als unverhältnismäßige Belastung der kontoführenden Institute. 56Daher ist es erforderlich und geboten einen Musternutzer zu definieren der dem Mittelweg für das unterschiedliche Nutzerverhalten der gesamten Zielgruppe entspricht (so auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 08. Mai 2018 – 2 U 6/17 Tz 124). Dabei sind sowohl die reinen „Onlinenutzer“ als auch diejenigen zu berücksichtigen, die individuelle Hilfestellung bei der Erledigung der Bankgeschäfte benötigen. Die Preisgestaltung darf sich im Sinne eines Mittelwerts indes auch nicht ausschließlich an den Nutzern orientieren, die ihre Bankgeschäfte in Papierform erledigen oder Hilfebedarf haben. Daher muss die Höhe des Entgelts das durchschnittliche Nutzungsverhalten aller Kontoinhaber angemessen widerspiegeln (so auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 08. Mai 2018 – 2 U 6/17 a.a.O.). 57Im Hinblick auf den danach vorzunehmenden Marktvergleich erscheint der Kammer, die Auswertung der Preisgestaltungen der verschiedenen Institute durch die Stiftung Warentest als aussagekräftig. Diese hat sich ausführlich mit den verschiedenen Instituten (108 Einrichtungen) und deren Preisstrukturen auseinander gesetzt. Dabei kann es nach Auffassung der Kammer jedoch im Ergebnis dahinstehen, ob dieser Musternutzer ein Verhalten aufweist, wie es die Beklagte (mit 1,2 beleghafte Überweisungen) oder die Stiftung Warentest (3 beleghafte Überweisungen pro Monat) beschreibt. Den Ansatz von 5 beleghaften Überweisungen pro Monat, wie von Klägerseite vorgetragen, erachtet die Kammer als nicht realistisch (so auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 08. Mai 2018 – 2 U 6/17 Tz 110). Gerade die Zielgruppe der Obdachlosen, Asylbewerber und Flüchtlinge wird im Allgemeinen gar keinen Dauerauftrag einrichten, weil bei ihnen die von anderen Verbrauchern z. B. typischerweise über einen Dauerauftrag erbrachten Mietzahlungen nicht über das Basiskonto abgewickelt werden, sei es, weil sie gar keine Mietzinsen zu zahlen haben, weil sie wohnungslos sind oder in Asylbewerberheimen oder Flüchtlingslagern leben, sei es, dass anfallende Mietzinsen vom Sozialhilfeträger unmittelbar an die Vermieter überwiesen werden (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 08. Mai 2018 – 2 U 6/17 Tz 110). Der ihnen überwiesene Monatsbetrag für Sozialhilfe, Asylhilfe und andere Sozialleistungen ist in der Regel so gering, dass außerhalb der Geschäfte des alltäglichen Lebens, die üblicherweise bar bezahlt werden, nur wenig Spielraum für sonstige Zahlungen verbleibt, die über das Konto abgewickelt werden könnten (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 08. Mai 2018 – 2 U 6/17 Tz 110). 58Legt man die Werte der Untersuchung der Stiftung Warentest zugrunde, dann liegt der durchschnittliche Marktpreis pro Jahr bei einer auch beleghaften Nutzung des Basiskontos bei 164,15 €, der der Beklagten bei 106,44 €. Selbst wenn man auf eine reine Onlinenutzung abstellen würde, liegt der durchschnittliche Marktpreis des Basiskontos pro Jahr bei 112,85 €, der der Beklagten bei 70,80 €. Unterstellt man den Ansatz der Beklagten von 1,2 beleghaften Überweisungen pro Monat, dann ergibt sich bei ihr ein Jahresentgelt von 85,06 €. Zwar weist die Studie der Stiftung Warentest auf Basis dieses „Musternutzers“ keinen durchschnittlichen Marktpreis für ein Basiskonto aus. Aus den v.g. Angaben erscheint es der Kammer angesichts der jeweils deutlichen Unterschreitung der Durchschnittspreise seitens der Beklagten aber als ausgeschlossen, dass sich hier ein Marktpreis ergeben würde, der unter dem der Beklagten liegt. 59Dem Vortrag zu den Werten, die sich aus der Untersuchung der Stiftung Warentest und die sich bei der Beklagten ergeben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Die seitens des Klägers vorgelegte Vergleichsrechnung ist unabhängig von dem unzutreffend unterstellten „Musternutzer“ (s.o.) auch im Übrigen nicht ausreichend aussagekräftig, da nicht genügend Kreditinstitute untersucht worden sind. Ferner wurden unterschiedliche Zeiträume berücksichtigt, statt einen gemeinsamen Stichtag zugrunde zulegen, wie dies bei der Untersuchung durch die Stiftung Warentest geschehen ist. 60Gegen ein solches Verständnis, nachdem es auf den Marktvergleich ankommt, spricht auch nicht, dass theoretisch der durchschnittliche Marktpreis im Extremfall sehr hoch sein kann, so dass die Bank, die ein etwas geringeres Entgelt verlangt, immer noch unter dem Marktpreis liegt. In einem solchen Falle wäre das Entgelt nicht mehr angemessen, weil der absolute Preis nicht mehr dem entspräche, den der Gesetzgeber ausweislich der o.g. Gesetzesbegründung vor Augen hatte. In der Begründung zum Gesetzesentwurf wird ausgeführt, dass für Basiskonten eine spürbare Begrenzung der Entgelte erforderlich sei, um das sozialpolitische Ziel der Richtlinie zu erreichen, einen Kontozugang für bisher hiervon ausgeschlossene Personen zu gewährleisten. Ziel der EU-Richtlinie sei es gerade, die Geldinstitute hier im Hinblick auf ihre soziale Funktionsverantwortung zu bewegen, zwar nicht meistbegünstigende, aber jedenfalls günstige Zugangsmöglichkeiten auch für einkommensarme Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. Kontoführungsgebühren im Basistarif, die faktisch darauf hinauslaufen, dass das Ziel des Kontozugangs auch für einkommensschwache Personen nicht erreicht werden kann, sind nicht mehr angemessen im Sinne der gesetzlichen Regelung. 61Danach sollen die Geldinstitute allgemein im Hinblick auf ihre soziale Funktionsverantwortung dazu bewegt werden, zwar nicht meistbegünstigende, aber jedenfalls günstige Zugangsmöglichkeiten auch für einkommensarme Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. 62Das bedeutet nach Auffassung der Kammer, dass der Zugang zu einem Basiskonto -auch in absoluten Zahlen- erschwinglich sein muss. Diese Grenze ist bei einem Grundpreis von 5,90 € pro Monat nach Auffassung der Kammer nicht überschritten. 63c. 64Es kann dahinstehen, ob neben den v.g. Kriterien auch ein sogenannter „Binnenvergleich“ durchzuführen ist. Auch unter Zugrundelegung des von dem Kläger angeführten Binnenvergleichs ergibt sich nach Auffassung der Kammer keine abweichende Bewertung, denn auch in diesem Fall stellt sich die Preisgestaltung der Beklagten als angemessen dar. Die Beklagte hat durchaus Kosten dargelegt, die sich bei der Führung von Basiskonten ergeben. Selbst wenn man jedoch der Auffassung des Landgerichts Frankfurt a. M. (Urt. v. 8.5.2018 – 2/28 O 98/17) folgt, wonach die in Rede stehenden Kostenpositionen nicht umlagefähig sind, weil es um Aufwand geht, der mit der Erfüllung gesetzlicher Aufgaben einhergeht, ergibt sich keine andere Bewertung. Zwar ist dann kaum eine Position denkbar, die als umlagefähiger Sonderaufwand zur Begründung des Abstands herangezogen werden könnte. Gleichzeitig ist es jedoch einhellige Auffassung, dass das Basiskonto teurer sein darf, als das Standardkonto. Daraus folgt, dass eine Bank nicht, insbesondere nicht mathematisch genau, begründen muss, wie hoch die Extrakosten sind, die mit der Führung eines Basiskontos verbunden sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber vor Augen hatte, dass neben der durchschnittlichen Kostendeckung auch ein angemessener Gewinn bei den Banken verbleiben darf. Daraus folgt, dass, sofern man überhaupt den Binnenvergleich als Kriterium heranziehen würde, der Abstand zu einem angebotenen Standardkonto nicht so sein darf, dass er nicht mehr nachvollziehbar ist. Das ist nach Meinung der Kammer hier nicht der Fall. Ferner würde die Marktlage nach Auffassung der Kammer auch bei einem Binnenvergleich eine Rolle spielen. Zu untersuchen wäre, ob der Abstand zwischen Standardkonto und Basiskonto so groß ist, dass er weit über der durchschnittlichen Abweichung dieser beiden Preise liegt. Das ist vorliegend nach Meinung der Kammer nicht der Fall. 65C. 66Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Unterlassung im Hinblick auf den Klageantrag zu B). 67I. 68Dieser ist zunächst zulässig. 69Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Formulierungen des Klageantrags nicht ganz eindeutig sein mögen. 70Durch die Verwendung des Klammerzusatzes (hier 1,90 € - „Giro direkt“) und den weiteren Ausführungen in der Klageschrift wird jedoch hinreichend deutlich, was der Kläger unter einem „online geführten Konto“ versteht, sodass hinsichtlich der Bestimmtheit des Klageantrages im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „Onlinekonto“ keine durchgreifenden Bedenken bestehen. 71II. 72Der Antrag ist jedoch aus den vorangestellten Gründen ebenfalls nicht erfolgreich. 73Insbesondere besteht auch – wie bereits ausgeführt – kein Anspruch auf die Errichtung eines weiteren Kontos. Vielmehr ist es erforderlich, dass die Preisgestaltung eines Basiskontos alle Nutzer abgebildet und ein Preis gefunden werden soll, der für all diese Nutzer gleichermaßen – im Sinne eines Mittelwertes – angemessen ist. 74D. 75Der Kläger hat demnach auch keinen Anspruch auf die begehrte Zahlung, da dieser gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG für die Abmahnung nur dann Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen kann, soweit diese berechtigt gewesen ist. 76Dies war jedoch – wie dargestellt – nicht der Fall. 77E. 78Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und § 709 S. 1 und S. 2 ZPO. 79F. 80Streitwert: 17.500,00 € | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der kläger ist ein verband, der die interessen der verbraucher vertritt. die beklagte betreibt bankgeschäfte im sinne des § 1 kwg und bietet folgende für diesen rechtsstreit relevante kontomodelle an: 31. das „standardkonto“ t giro plus zum grundpreis von 3,90 eur/monat 42. das „onlinekonto“ t giro direkt zum grundpreis von 1,90 eur/monat 53. das basiskonto t giro basis zum grundpreis von 5,90 eur/monat 6diese modelle werden in dem preis- und leistungsverzeichnis (stand 01.11.2016) der beklagten auszugsweise wie folgt beschrieben: 7 8 9den kunden des „onlinekontos“ t giro direkt steht das gesamte leistungsspektrum der beklagten zur verfügung. einige leistungen, wie zum beispiel eine barabhebung am schalter in der filiale, werden jedoch – im gegensatz zum „standardkonto“ – gesondert in rechnung gestellt. mit schreiben vom 15.09.2016 (anl. k3) forderte der kläger die beklagte zur abgabe einer strafbewehrten unterlassungserklärung bis zum 06.10.2016 auf. die beklagte lehnte die abgabe der unterlassungserklärung mit schreiben vom 06.10.2016 (anl. k4) ab. 10der kläger ist der auffassung, dass die beklagte das basiskonto „t giro basis“ zum vergleichspreis des kontos „t giro plus“ zum grundpreis von 3,90 € pro monat sowie, sofern das konto online geführt werde, zum vergleichspreis des kontos „t giro direkt“ zum grundpreis von 1,90 € pro monat anbieten müsse. anderslautende agb, mit denen die beklagte von den basiskonto-kunden stattdessen 5,90 € verlange, seien unwirksam und deren verwendung von der beklagten zu unterlassen. auch die tatsächliche berechnung und belastung der höheren gebühren sei unter wettbewerbsrechtlichen gesichtspunkten nicht haltbar und daher unverzüglich einzustellen. § 41 abs. 2 zkg sei – auch im lichte der einschlägigen europäischen richtlinie 2014/92/eu des europäischen parlaments und des rates vom 23.07.2014 („zahlungskontenrichtlinie“) – dahingehend zu verstehen, dass das angemessene entgelt für basiskonten unter berücksichtigung der „marktüblichen entgelte“ für zahlungskonten sowie des „nutzerverhaltens“ nicht höher ausfallen könne als die für gewöhnliche, vergleichbare konten in rechnung gestellten gebühren. die marktüblichkeit bestimme sich nicht durch einen vergleich der entgelte, die kreditinstitute am markt fordern. vielmehr müsse als kontrollmaßstab das entgelt herangezogen werden, mit dem das betreffende kreditinstitut ansonsten am markt agiere („binnenvergleich“). aber selbst wenn man das entgelt mit dem anderer kreditinstitute vergleichen würde, ergäbe sich eine marktunüblichkeit. diese folge aus den angaben in der tabellarischen aufstellung der entgelte und belastungen, die er, der kläger, aus den preis- und leistungsverzeichnissen bzw. den preisaushängen der untersuchten kreditinstitute ermittelt habe (anlage k5., bl. 132 ff. ga). dabei habe er teilweise auf ergebnisse aus 2016 (streitgegenständlicher zeitraum) und auf aktuelle verzeichnisse zurückgegriffen und die postenpreise für die zahlungsdienste bartransaktion (ein- und auszahlung), überweisung (beleghaft) und lastschrift erfasst. für jeden einzelposten sei dann eine inanspruchnahme von 5 zahlungsdiensten unterstellt (als eine art referenzkonto) und bei verschiedenen gruppen von kreditinstituten berücksichtigt worden, wobei 11 genossenschaftsbanken, 11 geschäftsbanken (wie die beklagte) und 10 sparkassen verglichen worden seien. bei diesem ansatz ergebe sich eine monatliche belastung der basiskontoinhaber durch die beklagte von 10,85 € und als mittelwert, bezogen auf die geschäftsbanken, von 9,89 €, bezogen auf die sparkassen von 8,16 € und, bezogen auf die genossenschaftsbanken von 7,88 €. daraus ergebe sich ein mittelwert von 8,65 €, welchen die belastung der kunden durch die beklagte um 2,20 € übersteige. der von der beklagten behauptete mehraufwand im zusammenhang mit der führung von basiskonten sei dabei nicht hinreichend substantiiert. im übrigen seien die geltend gemachten posten auch gar nicht genau abgrenzbar, da sie zumindest teilweise auch im zusammenhang mit den gewöhnlichen kontomodellen der beklagten veranlasst würden. teils seien die behaupteten kosten auch nicht gruppenbezogen auf bestimmte kunden umlagefähig. 11da die beklagte auch ein onlinegeführtes konto anbiete, sei für kunden, die ihr konto rein online nutzen, das kontomodell „giro direkt“ für 1,90 € der vergleichsmaßstab. 12der zahlungsanspruch in höhe von 214,- € ergebe sich unter dem gesichtspunkt der abmahnkosten. 13der kläger beantragt, 14i. unterlassungsanspruch 15die beklagte zu verurteilen, es bei vermeidung eines für jeden fall der zuwiderhandlung festzusetzenden ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise ordnungshaft bis zu sechs monaten, oder ordnungshaft bis zu sechs monaten, zu unterlassen, 16a. allgemeine geschäftsbedingungen 17nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche bestimmungen in zahlungsdiensterahmenverträge (zahlungskonten mit grundlegenden funktionen – basiskontoverträge) mit verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die bestimmungen bei der abwicklung derartiger verträge, geschlossen nach dem 18.6.2016, zu berufe 18b. geschäftliche handlungen 19verbrauchern, die bei der beklagten ein basiskonto als onlinekonto führen, einen monatlichen grundpreis (5,90 €), der höher ist, als der grundpreis für ein vergleichbares online geführtes konto (1,90 €/ „giro direkt“) in rechnung zu stellen und für das online geführte basiskonto einen höheren grundpreis als für das vergleichbare konto („giro direkt“) zu vereinnahmen. 20ii. zahlungsanspruch 21die beklagte zu verurteilen, an den kläger 214,00 € nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 22die beklagte beantragt, 23die klage abzuweisen. 24sie hält den klageantrag zu i. b. schon für unzulässig, da der begriff „onlinekonto“ zu unbestimmt sei. einen solchen begriff verwende sie in ihrem preis- und leistungsverzeichnis nicht. es bleibe daher unklar, was mit dem klageantrag begehrt werde. vielmehr ziele dieser darauf ab, ihr generell zu untersagen für basiskonten mehr als 1,90 € zu verlangen, was der kläger jedoch in keinem fall beanspruchen könne. sie ist weiter der auffassung, dass ihre preisfindung gegenüber den basiskonto-kunden angemessen im sinne von § 41 abs. 2 s. 1 zkg sei. nach der gesetzesbegründung zum zkg sei sie nicht verpflichtet, den basiskontokunden günstige angebote für bestimmte kundengruppen, um die sie besonders wirbt, zur verfügung zu stellen. ein sogenanntes „meistbegünstigungsprinzip“ sei § 41 zkg nicht zu entnehmen. für die beurteilung der angemessenheit sein kein „binnenvergleich“ anzustellen. vielmehr ergebe sich aus dem begriff der „marktüblichkeit“, dass als vergleichsmaßstab das entgelt für basiskonten heranzuziehen sei, das von anderen banken üblicherweise verlangt werde. die von dem kläger für basis- und standardkonten als marktüblich dargelegten entgelte seien nicht substantiiert. die modellrechnungen seien nicht geeignet, die marktüblichkeit darzulegen. zunächst würden die zugrunde gelegten entgelte teilweise aus 2016 und zum teil aus aktuellen verzeichnissen stammen. dies ergebe eine uneinheitliche basis, sodass die marktüblichkeit daraus nicht ermittelt werden könne. repräsentativ könne nur ein stichtagsvergleich sein. in der folge seien die aufgelisteten modelle und entgelte nicht deckungsgleich mit den aktuellen modellen und preisen. weiter sei es verfehlt, die ermittlung auf bartransaktionen, überweisungen und lastschriften zu beschränken, da etwa auch die ausgabe einer debitkarte zwingend zum leistungsbestandteil eines basiskontos gehöre. auch der annahme von fünf zahlungsdienste im monat sei nicht beizutreten, da diese annahme durch nichts substantiiert und nicht zutreffend sei. auch sei die institutsauswahl des klägers unsubstantiiert und unzureichend, zumal mit der untersuchung der stiftung warentest ein geeignetes instrument zur verfügung stehe, die marktüblichkeit zu ermitteln. auf basis der von der stiftung warentest ende 2017 durchgeführten untersuchung (siehe zusammenfassung anlage b 7), die einen geeigneten vergleichsmaßstab biete, ergebe sich, dass ihr basiskontopreis unter dem marktdurchschnitt liege. in dem test mit einer abfrage bei 108 kreditinstituten und einem unterstellten musternutzerverhalten u.a. mit drei beleghaften überweisungen im monat ergebe sich ein durchschnittlicher basiskontopreis von 164,15 € pro jahr bzw. von 112,85 € pro jahr bei keinerlei beleghafter überweisung im monat (also rein online durchgeführte überweisungen, daueraufträge, abfrage der kontoauszüge per postbox). der entsprechende vergleichspreis bei ihr, der beklagten, betrage auf basis des vorgenannten nutzerverhaltens 106,44 € pro jahr bzw. 70,80 € pro jahr (bei onlinenutzung). selbst wenn man auf basis ihrer erfahrungswerte von ein 1,2 beleghaften überweisungen pro monat ausgehe, ergebe sich ein preis bei ihr von 85,06 € pro jahr, der immer noch unter dem marktdurchschnitt liege. bei standardkonten liege der marktdurchschnittspreis auf basis der untersuchung der stiftung warentest bei annahme des o.g. nutzerhaltens bei 178,60 € pro jahr bzw. 124,60 € pro jahr (reine onlinenutzung). 25wenn man, entgegen der obigen ausführungen, auf einen binnenvergleich abstellen würde, sei als vergleichskonto ihr standardkonto für 3,90 € und nicht das „onlinekonto“ für 1,90 € zugrunde zu legen. der mehrpreis bei basiskonten im verhältnis zum standardkonto rechtfertige sich dabei schon aus einem höheren aufwand, der im zusammenhang mit der führung dieser besonderen konten anfalle. wegen der einzelheiten wird hierzu wird auf die ausführungen im schriftsatz vom 05.05.2017, dort s. 4 f, bl 66 f d.a.) verwiesen. nur durch die berechnung eines mehrpreises könne sichergestellt werden, dass die beklagte noch einen angemessenen gewinn verzeichnen könne, den die gesetzesbegründung zum zahlungskontengesetz den kreditinstituten auch ausdrücklich zubillige. 26sie ist der ansicht, dass sie nicht verpflichtet sei, zwei verschiedene basiskontenmodelle anzubieten, wobei eines einen reinen onlinenutzer repräsentieren würde. 27wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze und die zu den akten gereichten unterlagen bezug genommen. 28 | 29die zulässige klage hat keinen erfolg. 30a. 31die klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene gericht gem. § 6 abs. 2 uklag ivm. § 1 nr. 3 nrwuklagkonzvo, §§ 23, 71 gvg örtlich und sachlich zuständig. 32die klagebefugnis des klägers ergibt sich aus §§ 1, 2 uklag i.v.m. § 3 uklag sowie § 8 abs. 3 nr. 3 uwg i.v.m. § 4 uklag. 33eine abmahnung gem. § 5 uklag ivm. § 12 abs. 1 uwg hat der kläger mit schreiben vom 08.02.2017 erteilt. 34b. 35die klage ist jedoch unbegründet. 36der kläger hat unter keinem rechtlichen gesichtspunkt einen anspruch auf die begehrten unterlassungen durch die beklagte. 37i. 38dies gilt zunächst im hinblick auf den klageantrag i. a. 39ein solcher anspruch des klägers ergibt sich insbesondere nicht aus § 1 uklag i. v.m. §§ 8, 3a uwg. 40nach § 1 uklag kann, wer in allgemeinen geschäftsbedingungen bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 bgb unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen verkehr empfiehlt, auf unterlassung und im fall des empfehlens auch auf widerruf in anspruch genommen werden. 41die streitgegenständliche preisklausel der beklagten ist indes nicht als unangemessen benachteiligend in diesem sinne einzuordnen. denn sie benachteiligt weder den vertragspartner des verwenders entgegen den geboten von treu und glauben unangemessen (§ 307 abs. 1 bgb), noch ist die bestimmung mit wesentlichen grundgedanken gesetzlicher regelungen, von denen abgewichen wird, unvereinbar. 421. 43die streitgegenständliche klausel ist einer inhaltkontrolle nach §§ 305 ff. bgb dem grunde nach zugänglich, da diese – als für eine vielzahl von verträgen vorformulierte vertragsbedingung, die die beklagte als verwenderin ihren kunden bei abschluss des vertrags stellt – eine allgemeine geschäftsbedingung nach § 305 abs. 1 bgb darstellt. 44auch entgeltklauseln in allgemeinen geschäftsbedingungen unterfallen nach § 307 abs. 3 satz 1 bgb der inhaltskontrolle, wenn damit von rechtsvorschriften, etwa gesetzlichen preisregelungen, abgewichen wird. dies gilt auch dann, wenn in diesen keine starren regelungen getroffen, sondern gestaltungsmöglichkeiten geboten werden und für die höhe des entgelts ein spielraum gewährt wird, denn auch in diesem fall wurden durch den gesetzgeber vorgaben für die preisgestaltung aufgestellt, deren zweck nicht verfehlt werden darf. um dies zu gewährleisten, müssen auch entgeltklauseln in allgemeinen geschäftsbedingungen darauf überprüft werden, ob diese mit den vorgaben in einklang stehen. 45der hier in rede stehende § 41 zkg stellt eine solche gesetzgeberische vorgabe im sinne einer gesetzlichen preisregelung dar. dies ergibt sich schon aus der begründung zum gesetzesentwurf (bt-drucksache 18/7204, s. 85 ff.), wonach die vorschrift regelungen zu den vom kontoinhaber dem kontoführenden institut für die erbringung von diensten aufgrund des basiskontovertrags geschuldeten entgelten und kosten sowie das verbot der vereinbarung vom kontoinhaber geschuldeter vertragsstrafen enthält. danach ist die allgemeine zielsetzung, verbrauchern einen allgemeinen zugang zu einem zahlungskonto mit grundlegenden funktionen zu geben. dies gebiete es, dass zugleich auch sichergestellt werde, dass die verpflichtung zur zahlung von entgelten faktisch nicht als hindernis gegenüber der mit dem basiskonto verbundenen schaffung einer hinreichenden und effektiven möglichkeit der teilnahme am zahlungsverkehr und der nutzung von zahlungsdiensten wirkt. daher bestimme § 41 zkg in umsetzung des artikel 18 der zahlungskontenrichtlinie, dass für die erbringung von diensten aufgrund des basiskontovertrags nur angemessene entgelte, sofern vereinbart, verlangt werden können. 46daraus ergibt sich insgesamt, dass der gesetzgeber davon ausgegangen ist, mit der schaffung des § 41 zkg eine kontrolle der entgeltgestaltung der kreditinstitute gewährleistet wird (so auch lg frankfurt a. m. urt. v. 8.5.2018 – 2/28 o 98/17). 472. 48die hier von der beklagten verwendete preisklausel ist vor diesem hintergrund nicht unangemessen. 49a. 50insoweit ist zunächst festzuhalten, dass das kontoführende institut, nicht verpflichtet ist, das günstigste modell als basiskonto anzubieten. dies folgt schon aus der gesetzesbegründung. der gesetzgeber hat ausweislich der begründung zum gesetzesentwurf (bt-drucksache 18/7204, s. 85) ausgeführt, dass von der in art. 18 der zahlungskontenrichtlinie gegebenen option der unentgeltlichkeit der in rede stehenden dienste kein gebrauch gemacht werde, da bereits durch die „begrenzung der geschuldeten entgelte für dienste nach absatz 2 ein genügender verbraucherschutz sichergestellt“ sei und durch das in absatz 2 eingeführte kriterium der „angemessenheit" der entgelte eine über das derzeit allgemein geltende maß hinausgehende kontrolle der entgeltgestaltung von kreditinstituten ermöglich werde. insoweit wird in der begründung weiter ausgeführt, dass eine generelle begrenzung der möglichkeiten der entgeltgestaltung für basiskontenangebote, wonach die institute besondere günstige entgeltkonditionen, die sie für andere konten anbieten, auch für inhaber von basiskonten bieten müssten (sogenannte meistbegünstigungsvorgabe für basiskonten), im ergebnis einen zu weitgehenden eingriff in die gestaltungsmöglichkeiten von instituten beinhalten würde, da basiskonten im ergebnis sogar günstiger wären als andere konten, wenn bei ihnen die jeweils günstigsten teil-angebote zu kumulieren wären. weiter spreche gegen eine solche meistbegünstigungsvorgabe für basiskonten, dass instituten weitgehend die möglichkeit genommen würde, durch besondere entgeltgestaltungen um bestimmte kundengruppen (beispielhaft aufgezählt: auszubildende oder studierende) zu werben. nicht zuletzt sei in diesem zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die §§ 38 ff. zkg ein sehr umfassendes leistungsangebot für basiskonten vorsähen, das in weiten bereichen kaum hinter demjenigen für „normale“ zahlungskonten im allgemeinen zurückbleiben werde: institute hätten neben dieser umfassenden leistungspflicht für basiskonten noch ihren besonderen informationspflichten sowie unterstützungspflichten nachzukommen und seien auch in ihren möglichkeiten der kündigung beschränkt. die gesamtschau dieser belastungen würde es als unverhältnismäßig erscheinen lassen, wenn diese konten dann auch noch zu besonders günstigen entgeltkonditionen angeboten werden müssen, die die institute ansonsten nur für solche kunden versprechen, um die sie aus geschäftspolitischen erwägungen in besonderem maße werben möchten. 51b. 52für die beurteilung der angemessenheit sind gemäß § 41 abs. 2 s.2 zkg als bewertungsparameter insbesondere die marktüblichen entgelte sowie das nutzerverhalten der kunden heranzuziehen und zu berücksichtigen (so auch lg frankfurt a. m. urt. v. 8.5.2018 – 2/28 o 98/17; schleswig-holsteinisches oberlandesgericht, urteil vom 08. mai 2018 – 2 u 6/17). 53danach müssen die entgelte gem. § 41 abs. 2 zkg jedenfalls einem marktvergleich standhalten und nicht – entgegen der auffassung des klägers – lediglich einem reinen binnenvergleich. für ein solches alleiniges kriterium bieten bereits der wortlaut der norm und auch die gesetzesbegründung keinen raum. entscheidend ist vielmehr ein vergleich des entgelts der auch von anderen banken angebotenen konten, die mit der leistung des basiskontos vergleichbar sind. dabei ist der vergleich unter berücksichtigung eines musternutzers vorzunehmen. 54für ein solches verständnis spricht zunächst der schutzzweck der norm, der einen zugang zum markt für zahlungskonten für bisher kontolose schutzbedürftige verbraucher erreichen will. dies ergibt sich bereits ausdrücklich aus den erwägungen der v.g. gesetzesbegründung. danach sollen die geldinstitute allgemein im hinblick auf ihre soziale funktionsverantwortung dazu bewegt werden, zwar nicht meistbegünstigende, aber jedenfalls günstige zugangsmöglichkeiten auch für einkommensarme bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. der wortlaut „markt“ spricht ebenfalls dafür, die konditionen aller dort auftretenden teilnehmer zu vergleichen, da die beklagte allein nur schwerlich einen solchen darstellen kann. ferner ergibt sich dieses verständnis bei einer europarechtskonformen auslegung. insoweit heißt es in art. 18 abs. 3 b) der europäischen zahlungskontenrichtlinie 2014/92/eu, deren umsetzung § 41 zkg dient, dass die mitgliedstaaten bei der festlegung der angemessenen entgelte sicherzustellen haben, dass „die durchschnittlichen entgelte, die von kreditinstituten in dem betreffenden mitgliedstaat für dienste im zusammenhang mit zahlungskonten verlangt werden“ berücksichtigung finden. die formulierung „durchschnittliche entgelte…von kreditinstituten“ zeigt, dass die konditionen der verschiedenen anbieter am markt von relevanz sein sollen (so auch lg frankfurt a. m. urt. v. 8.5.2018 – 2/28 o 98/17). 55um das marktverhalten hinreichend abbilden zu können, ist es nach auffassung der kammer geboten, das nutzerverhalten eines basiskontoinhabers im sinne eines musternutzers einzubeziehen. dabei ist zu berücksichtigen, dass es nach dem zkg ausreichend ist, wenn ein institut lediglich ein einziges basiskontomodell anbietet. so wird etwa auch in der begründung zum gesetzesentwurf (bt-drucksache 18/7204, s. 87) ausgeführt, dass generell davon ausgegangen werde, bereits mit der begrenzung der geschuldeten entgelte durch das kriterium der angemessenheit einen genügenden verbraucherschutz sicherzustellen. eine weitergehende verpflichtung zur vorhaltung einer variierten preisgestaltung für die führung von basiskonten, abhängig von der zahl der erbrachten zahlungsvorgänge, als unverhältnismäßige belastung der kontoführenden institute. 56daher ist es erforderlich und geboten einen musternutzer zu definieren der dem mittelweg für das unterschiedliche nutzerverhalten der gesamten zielgruppe entspricht (so auch schleswig-holsteinisches oberlandesgericht, urteil vom 08. mai 2018 – 2 u 6/17 tz 124). dabei sind sowohl die reinen „onlinenutzer“ als auch diejenigen zu berücksichtigen, die individuelle hilfestellung bei der erledigung der bankgeschäfte benötigen. die preisgestaltung darf sich im sinne eines mittelwerts indes auch nicht ausschließlich an den nutzern orientieren, die ihre bankgeschäfte in papierform erledigen oder hilfebedarf haben. daher muss die höhe des entgelts das durchschnittliche nutzungsverhalten aller kontoinhaber angemessen widerspiegeln (so auch schleswig-holsteinisches oberlandesgericht, urteil vom 08. mai 2018 – 2 u 6/17 a.a.o.). 57im hinblick auf den danach vorzunehmenden marktvergleich erscheint der kammer, die auswertung der preisgestaltungen der verschiedenen institute durch die stiftung warentest als aussagekräftig. diese hat sich ausführlich mit den verschiedenen instituten (108 einrichtungen) und deren preisstrukturen auseinander gesetzt. dabei kann es nach auffassung der kammer jedoch im ergebnis dahinstehen, ob dieser musternutzer ein verhalten aufweist, wie es die beklagte (mit 1,2 beleghafte überweisungen) oder die stiftung warentest (3 beleghafte überweisungen pro monat) beschreibt. den ansatz von 5 beleghaften überweisungen pro monat, wie von klägerseite vorgetragen, erachtet die kammer als nicht realistisch (so auch schleswig-holsteinisches oberlandesgericht, urteil vom 08. mai 2018 – 2 u 6/17 tz 110). gerade die zielgruppe der obdachlosen, asylbewerber und flüchtlinge wird im allgemeinen gar keinen dauerauftrag einrichten, weil bei ihnen die von anderen verbrauchern z. b. typischerweise über einen dauerauftrag erbrachten mietzahlungen nicht über das basiskonto abgewickelt werden, sei es, weil sie gar keine mietzinsen zu zahlen haben, weil sie wohnungslos sind oder in asylbewerberheimen oder flüchtlingslagern leben, sei es, dass anfallende mietzinsen vom sozialhilfeträger unmittelbar an die vermieter überwiesen werden (schleswig-holsteinisches oberlandesgericht, urteil vom 08. mai 2018 – 2 u 6/17 tz 110). der ihnen überwiesene monatsbetrag für sozialhilfe, asylhilfe und andere sozialleistungen ist in der regel so gering, dass außerhalb der geschäfte des alltäglichen lebens, die üblicherweise bar bezahlt werden, nur wenig spielraum für sonstige zahlungen verbleibt, die über das konto abgewickelt werden könnten (schleswig-holsteinisches oberlandesgericht, urteil vom 08. mai 2018 – 2 u 6/17 tz 110). 58legt man die werte der untersuchung der stiftung warentest zugrunde, dann liegt der durchschnittliche marktpreis pro jahr bei einer auch beleghaften nutzung des basiskontos bei 164,15 €, der der beklagten bei 106,44 €. selbst wenn man auf eine reine onlinenutzung abstellen würde, liegt der durchschnittliche marktpreis des basiskontos pro jahr bei 112,85 €, der der beklagten bei 70,80 €. unterstellt man den ansatz der beklagten von 1,2 beleghaften überweisungen pro monat, dann ergibt sich bei ihr ein jahresentgelt von 85,06 €. zwar weist die studie der stiftung warentest auf basis dieses „musternutzers“ keinen durchschnittlichen marktpreis für ein basiskonto aus. aus den v.g. angaben erscheint es der kammer angesichts der jeweils deutlichen unterschreitung der durchschnittspreise seitens der beklagten aber als ausgeschlossen, dass sich hier ein marktpreis ergeben würde, der unter dem der beklagten liegt. 59dem vortrag zu den werten, die sich aus der untersuchung der stiftung warentest und die sich bei der beklagten ergeben, ist der kläger nicht substantiiert entgegengetreten. die seitens des klägers vorgelegte vergleichsrechnung ist unabhängig von dem unzutreffend unterstellten „musternutzer“ (s.o.) auch im übrigen nicht ausreichend aussagekräftig, da nicht genügend kreditinstitute untersucht worden sind. ferner wurden unterschiedliche zeiträume berücksichtigt, statt einen gemeinsamen stichtag zugrunde zulegen, wie dies bei der untersuchung durch die stiftung warentest geschehen ist. 60gegen ein solches verständnis, nachdem es auf den marktvergleich ankommt, spricht auch nicht, dass theoretisch der durchschnittliche marktpreis im extremfall sehr hoch sein kann, so dass die bank, die ein etwas geringeres entgelt verlangt, immer noch unter dem marktpreis liegt. in einem solchen falle wäre das entgelt nicht mehr angemessen, weil der absolute preis nicht mehr dem entspräche, den der gesetzgeber ausweislich der o.g. gesetzesbegründung vor augen hatte. in der begründung zum gesetzesentwurf wird ausgeführt, dass für basiskonten eine spürbare begrenzung der entgelte erforderlich sei, um das sozialpolitische ziel der richtlinie zu erreichen, einen kontozugang für bisher hiervon ausgeschlossene personen zu gewährleisten. ziel der eu-richtlinie sei es gerade, die geldinstitute hier im hinblick auf ihre soziale funktionsverantwortung zu bewegen, zwar nicht meistbegünstigende, aber jedenfalls günstige zugangsmöglichkeiten auch für einkommensarme bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. kontoführungsgebühren im basistarif, die faktisch darauf hinauslaufen, dass das ziel des kontozugangs auch für einkommensschwache personen nicht erreicht werden kann, sind nicht mehr angemessen im sinne der gesetzlichen regelung. 61danach sollen die geldinstitute allgemein im hinblick auf ihre soziale funktionsverantwortung dazu bewegt werden, zwar nicht meistbegünstigende, aber jedenfalls günstige zugangsmöglichkeiten auch für einkommensarme bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. 62das bedeutet nach auffassung der kammer, dass der zugang zu einem basiskonto -auch in absoluten zahlen- erschwinglich sein muss. diese grenze ist bei einem grundpreis von 5,90 € pro monat nach auffassung der kammer nicht überschritten. 63c. 64es kann dahinstehen, ob neben den v.g. kriterien auch ein sogenannter „binnenvergleich“ durchzuführen ist. auch unter zugrundelegung des von dem kläger angeführten binnenvergleichs ergibt sich nach auffassung der kammer keine abweichende bewertung, denn auch in diesem fall stellt sich die preisgestaltung der beklagten als angemessen dar. die beklagte hat durchaus kosten dargelegt, die sich bei der führung von basiskonten ergeben. selbst wenn man jedoch der auffassung des landgerichts frankfurt a. m. (urt. v. 8.5.2018 – 2/28 o 98/17) folgt, wonach die in rede stehenden kostenpositionen nicht umlagefähig sind, weil es um aufwand geht, der mit der erfüllung gesetzlicher aufgaben einhergeht, ergibt sich keine andere bewertung. zwar ist dann kaum eine position denkbar, die als umlagefähiger sonderaufwand zur begründung des abstands herangezogen werden könnte. gleichzeitig ist es jedoch einhellige auffassung, dass das basiskonto teurer sein darf, als das standardkonto. daraus folgt, dass eine bank nicht, insbesondere nicht mathematisch genau, begründen muss, wie hoch die extrakosten sind, die mit der führung eines basiskontos verbunden sind. dabei ist zu berücksichtigen, dass der gesetzgeber vor augen hatte, dass neben der durchschnittlichen kostendeckung auch ein angemessener gewinn bei den banken verbleiben darf. daraus folgt, dass, sofern man überhaupt den binnenvergleich als kriterium heranziehen würde, der abstand zu einem angebotenen standardkonto nicht so sein darf, dass er nicht mehr nachvollziehbar ist. das ist nach meinung der kammer hier nicht der fall. ferner würde die marktlage nach auffassung der kammer auch bei einem binnenvergleich eine rolle spielen. zu untersuchen wäre, ob der abstand zwischen standardkonto und basiskonto so groß ist, dass er weit über der durchschnittlichen abweichung dieser beiden preise liegt. das ist vorliegend nach meinung der kammer nicht der fall. 65c. 66der kläger hat auch keinen anspruch auf unterlassung im hinblick auf den klageantrag zu b). 67i. 68dieser ist zunächst zulässig. 69dabei verkennt die kammer nicht, dass die formulierungen des klageantrags nicht ganz eindeutig sein mögen. 70durch die verwendung des klammerzusatzes (hier 1,90 € - „giro direkt“) und den weiteren ausführungen in der klageschrift wird jedoch hinreichend deutlich, was der kläger unter einem „online geführten konto“ versteht, sodass hinsichtlich der bestimmtheit des klageantrages im hinblick auf die verwendung des begriffs „onlinekonto“ keine durchgreifenden bedenken bestehen. 71ii. 72der antrag ist jedoch aus den vorangestellten gründen ebenfalls nicht erfolgreich. 73insbesondere besteht auch – wie bereits ausgeführt – kein anspruch auf die errichtung eines weiteren kontos. vielmehr ist es erforderlich, dass die preisgestaltung eines basiskontos alle nutzer abgebildet und ein preis gefunden werden soll, der für all diese nutzer gleichermaßen – im sinne eines mittelwertes – angemessen ist. 74d. 75der kläger hat demnach auch keinen anspruch auf die begehrte zahlung, da dieser gemäß § 12 abs. 1 s. 2 uwg für die abmahnung nur dann ersatz der erforderlichen aufwendungen verlangen kann, soweit diese berechtigt gewesen ist. 76dies war jedoch – wie dargestellt – nicht der fall. 77e. 78die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf § 91 abs. 1 s. 1 zpo und § 709 s. 1 und s. 2 zpo. 79f. 80streitwert: 17.500,00 € | Verklagte*r | 0 |
165,362 | 5 Ca 673/15 | 2015-05-20T00:00:00 | Urteil | Tenor 1) Die Klage wird abgewiesen. 2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. 3) Der Streitwert wird auf 7.958,89 € festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über tarifliche Ansprüche. 3Der Kläger war vom 01.07.1979 bis zum 30.11.2014 bei der Beklagten als Maler und Lackierer beschäftigt. Seit dem 01.12.2014 erhält der Kläger Altersrente. 4Im Jahr 2009 schloss die Beklagte mit dem Verband der Metall- und Elektroindustrie und der IG Metall Bezirksleitung Niedersachsen-Sachen-Anhalt einen Sanierungstarifvertrag, der auszugsweise folgenden Inhalt hat: 5„§ 1 6Geltungsbereich 7Dieser Tarifvertrag gilt: 8räumlich: für den Standort I 1, der Firma M GmbH 9persönlich: für alle tariflich Beschäftigten mit Ausnahme der Auszubildenden und Altersteilzeitler 10§ 5 11Arbeitnehmerbeiträge durch befristete Personalkostenabsenkung 12Die Gesamtbelastung aus den in den nachfolgenden Ziffern 2-8 geregelten Verzichtsleitungen beträgt je Beschäftigtem 11,1 % des individuellen Regeleinkommens im Verzichtszeitraum. Dazu wird zunächst der individuelle Gesamtverzicht des Mitarbeiters aus den nachstehenden Regelungen ermittelt. Differenzen zur Gesamtbelastung von 11,1 % werden durch entsprechende Anpassungen in der Höhe des zusätzlichen Urlaubsgeldes vorgenommen. (…) 13§ 8 14Wiederaufleben des Arbeitnehmerbeitrags 151. Sollte das Ergebnis der Geschäftstätigkeit (EBIT) des Unternehmens im Geschäftsjahr 2009 oder in einem der folgenden, vollendeten Geschäftsjahre über dem Ergebnis der als Anlage 1 beigefügten Prognose / Planung für 2009 liegen, wird das Unternehmen diejenigen Beschäftigten, die Sanierungsbeiträge nach Maßgabe von §§ 5 und 6 dieses Sanierungstarifvertrages erbracht haben („berechtigte Beschäftigte“) an dem das prognostizierte Ergebnis (EBIT) übersteigenden Betrag der vom Unternehmen gemäß § 7 zu fertigenden Übersicht beteiligen. (…) 16§ 9 17Anspruch in besonderen Fällen 18Bei Beschäftigten, die aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden, leben die Ansprüche gem. §§ 5 und 6 unmittelbar mit Ausspruch der Kündigung auf und werden zur Auszahlung gebracht. Diese Ansprüche entstehen unabhängig von etwaig zu beanspruchenden Abfindungsleistungen oder anderen Ansprüchen. 19Dies gilt nicht für Mitarbeiter, die eine Eigenkündigung aussprechen oder aus anderen Gründen aus dem Betrieb ausscheiden. Für diese Mitarbeiter entsteht zunächst ein Anspruch erst im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen gem. § 8. Dieser Anspruch mindert sich bei Ausscheiden: 20- im Jahre 2010 um 20 % des rechnerischen Gesamtanspruchs 21- im Jahre 2011 um 40 % des rechnerischen Gesamtanspruchs 22- im Jahre 2012 um 60 % des rechnerischen Gesamtanspruchs 23- im Jahre 2013 um 80 % des rechnerischen Gesamtanspruchs 24- im Jahre 2014 um 100 % des rechnerischen Gesamtanspruchs. 25Der Gesamtanspruch mindert sich um etwaige zwischenzeitliche Auszahlungen. (…) 26§ 10 27Beschäftigungssicherung 28Ziel der vorliegenden Vereinbarung zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und zur Sicherung von Arbeitsplätzen ist der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen. 29Betriebsbedingte Kündigungen werden nicht ohne Zustimmung des Betriebsrates ausgesprochen. (…) 30Diese Regelung gilt bis zum 30.06.2010. (…)“ 31Gemäß der Auflistung der Beklagten erbrachte der Kläger seit dem Jahr 2006 Verzichtsleistungen von insgesamt 8.805,77 €. Entsprechend der Verpflichtung aus § 8 des Sanierungstarifvertrages erstattete die Beklagte für das Jahr 2012 einen Betrag in Höhe von 312,72 € und für das Jahr 2013 einen Betrag in Höhe von 534,16 €, also insgesamt 846,88 €. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Erstattung der restlichen Verzichtsleitungen in Höhe von 7.958,89 €. 32Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe der Klageforderung aus § 9 des Sanierungstarifvertrages zu. § 9 II des Sanierungstarifvertrages benachteilige ihn unangemessen im Sinne des § 307 I 1 BGB und sei deshalb unwirksam. Die Klausel unterscheide nicht danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitnehmers oder der Arbeitgeberin entstammen würden. Weiter ergebe sich die Unwirksamkeit der Klausel zusätzlich daraus, dass die Beklagte sämtliche sonstigen Gründe des Ausscheidens aus dem Betrieb mit einer Eigenkündigung gleichsetze. Die Parteien des Sanierungstarifvertrages hätten den Fall des Ausscheidens eines Mitarbeiters aufgrund Erreichens der Altersgrenze nicht bedacht. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum ein Mitarbeiter, der erst im Jahr 2030 aufgrund betriebsbedingter Kündigung aus dem Unternehmen ausscheidet, besser gestellt sein soll, als der Kläger. 33Der Kläger beantragt, 34die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.958,89 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen. 35Die Beklagte beantragt, 36die Klage abzuweisen. 37Sie meint, dem Kläger stehe kein Rückzahlungsanspruch aus § 9 I des Sanierungstarifvertrages zu, da er nicht aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung, sondern wegen Verrentung ausgeschieden sei. Auch § 9 II würde ihm nicht weiter helfen, da für diesen Fall eine Reduzierung um 100 % des rechnerischen Gesamtbetrages bei Ausscheiden im Jahr 2014 greifen würde. Der Wortlaut des Sanierungstarifvertrages sei eindeutig. Zum selben Ergebnis komme man auch nach einer Auslegung nach Sinn und Zweck des Sanierungstarifvertrages. Dieser bestünde darin, dass Beschäftigten, welche durch Verzicht auf ihnen zustehende Entgeltleistungen ihren Beitrag zum Erhalt des Unternehmens geleistet hätten, die eingezahlten Beträge zurückzuerstatten seien. Diese Interessenlage finde sich bei Mitarbeitern, die aus anderen Gründen aus dem Unternehmen ausscheiden, nicht. 38Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll und die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 39Entscheidungsgründe: 40Die zulässige Klage ist unbegründet. 41I. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 7.958,89 € zu. Dieser Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 9 des Sanierungstarifvertrages. 42§ 9 des Sanierungstarifvertrages unterscheidet zwischen Beschäftigen, welche aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung aus dem Unternehmen ausgeschieden sind (Abs. 1) und solchen, welche eine Eigenkündigung aussprechen oder aus anderen Gründen aus dem Betrieb ausscheiden (Abs. 2). 431. Würde man den Kläger der Gruppe der Mitarbeiter, welche „aus anderen Gründen“ aus dem Betrieb ausscheiden, nämlich hier aufgrund des Erreichens des Rentenalters, zuordnen, so könnte er auch dann seinen Anspruch nicht auf § 9 II des Sanierungstarifvertrages stützen. Dieser Anspruch entsteht erst im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 8 des Sanierungstarifvertrages (§ 9 II 2) und mindert sich gemäß § 9 II 3 bei Ausscheiden im Jahre 2014 um 100 % des rechnerischen Gesamtbetrages. Selbst wenn sich rechnerisch ein Rückzahlungsanspruch des Klägers nach § 8 ergeben würde, so wäre dieser Anspruch um 100 %, also auf Null zu reduzieren, da der Kläger am 01.12.2014 in Altersrente gegangen ist. 442. Dem Kläger steht auch kein Zahlungsanspruch aus § 9 I des Sanierungstarifvertrages zu. Er erfüllt nicht die erforderliche Voraussetzung, durch eine betriebsbedingte Kündigung der Beklagten aus dem Unternehmen ausgeschieden zu sein. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete mit Ablauf des 30.11.2014 aufgrund des Erreichens des Rentenalters seitens des Klägers. Die Begrenzung des tariflichen Anspruchs gemäß § 9 I des Sanierungstarifvertrages auf den Fall einer betriebsbedingten Kündigung verstößt weder gegen §§ 307 ff. BGB noch gegen den Gleichheitssatz. Dasselbe gilt auch für die Unterscheidung zwischen Mitarbeitern, welche betriebsbedingt gekündigt werden und solchen, die eine Eigenkündigung aussprechen oder aus anderen Gründen aus dem Betrieb ausscheiden (§ 9 II). 45a) Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 I, II BGB ist schon deshalb zu verneinen, weil eine AGB-Kontrolle bei der Prüfung von Tarifverträgen gemäß § 310 IV 1 BGB nicht durchzuführen ist. 46b) Die Auslegung des § 9 des Sanierungstarifvertrags ergibt entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass Letzterer der Gruppe der aufgrund von betriebsbedingten Kündigungen ausgeschiedenen Mitarbeitern und nicht solchen, die aus „anderen Gründen“ ausscheiden, zuzuordnen ist. 47aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Ausgehend vom Tarifwortlaut ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Erlaubt der Tarifwortlaut kein abschließendes Ergebnis, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und oft nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm ermittelt werden kann. Ergänzend können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung herangezogen werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 20.01.2009, 9 AZR 677/07, juris, m.w.N.). 48bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall ist der Kläger der Mitarbeitergruppe aus § 9 II des Sanierungstarifvertrages zuzuordnen. Der Wortlaut der tariflichen Bestimmung im § 9 I, II ist eindeutig. Der Auszahlungsanspruch aus § 9 I ist an die Voraussetzung geknüpft, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz aufgrund des Ausspruchs einer betriebsbedingten Kündigung verliert. Alle weiteren Gründe, welche zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen können, sind unter § 9 II zu subsumieren, so auch das Erreichen des Rentenalters. 49Eine solche Auslegung entspricht auch dem Sinn der Regelung unter Berücksichtigung eines tariflichen Gesamtzusammenhangs. Der Sanierungstarifvertrag dient zum einen der Beschäftigungssicherung (vgl. § 10 des Sanierungstarifvertrages) und zum anderen soll durch Erbringung von Verzichtsleistungen ein Beitrag seitens der Beschäftigen zum Erhalt des Unternehmens geleistet werden. Die Tarifvertragsparteien haben sich dazu entschlossen, den Kreis der Berechtigten, welche nach § 9 I einen zeitlich unbegrenzten und an keine weiteren Voraussetzungen geknüpften Rückzahlungsanspruch haben sollen, auf die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Mitarbeiter zu begrenzen. Im Hinblick auf eine eindeutige, rechtssichere Handhabung, wann im Falle des Ausscheidens eines Arbeitnehmers ihm sein Sanierungsbeitrag zu erstatten ist, war eine klare Unterscheidung zwischen betriebsbedingten Kündigungen und anderen Ausscheidungsgründen eine vernünftige, sachgerechte, zweckorientierte und praktisch brauchbare Regelung (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 12.06.2012, 14 Sa 1275/11, Rn. 114, juris). Denn alle Konstellationen, welche nicht unter den Tatbestand der „betriebsbedingten Kündigung“ fallen, können unproblematisch unter § 9 II 1 des Sanierungstarifvertrages („aus anderen Gründen“) subsumiert werden. 50Unter dieser Prämisse kann der Fall der Verrentung nicht von § 9 I des Sanierungstarifvertrages umfasst sein. Entgegen der Auffassung des Klägers soll § 9 I und II nicht ausschließlich zwischen Gründen, welche aus der Sphäre des Arbeitgebers und solchen, die aus der Sphäre der Arbeitnehmer stammen, unterscheiden. Vielmehr wollten die Tarifvertragsparteien die Gruppen „betriebsbedingte Kündigung“ und „andere Gründen“ bilden. Dafür spricht wiederum der eindeutige Wortlaut der Klausel und deren Sinn und Zweck. § 9 I des Sanierungstarifvertrags soll solche Mitarbeiter privilegieren, welche durch ihre Verzichtleistungen in das Unternehmen investiert haben und trotz alledem aus betriebsbedingten, also im Ergebnis aus wirtschaftlichen Gründen ihren Arbeitsplatz verlieren müssen. Alle weiteren Ausscheidenstatbestände sollen von § 9 II aufgefangen werden. Die Eigenkündigung ist nur beispielhaft in dieser Klausel erwähnt worden. Die „anderen Gründe“ können beispielsweise verhaltens- / personenbedingte Kündigungen, der Abschluss von Aufhebungsverträgen oder eben das Erreichen des Rentenalters sein. Diese Gründe können, müssen aber nicht ausschließlich aus der Sphäre der Mitarbeiter stammen. Der Fall der Verrentung ist vergleichbar mit der Konstellation einer personenbedingten Kündigung. In beiden Fällen liegt der Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses außerhalb der Einflussmöglichkeiten beider Parteien. Und trotzdem würde man im Falle der personenbedingten Kündigung nicht auf die Idee kommen, den Anspruch aus § 9 I des Sanierungstarifvertrages zu prüfen und zu überlegen, ob vom Begriff der „betriebsbedingten Kündigung“ auch eine personenbedingte Kündigung umfasst werden sollte. 51c) Die Regelung des § 9 des Sanierungstarifvertrages verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 I GG. 52Ob die Tarifvertragsparteien an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG unmittelbar (so: BAG, 04.04.2000, 3 AZR 729/98, NZA 2002, 917, 918) oder nur mittelbar gebunden sind (so: BAG, 08.12.2011, 6 AZR 319/09, NZA 2012, 275, 278), kann offen bleiben, weil für den Prüfungsmaßstab die dogmatische Herleitung ohne Bedeutung ist. Die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte dazu, solchen Tarifverträgen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzten (LAG Hamm, Urteil vom 12.06.2012, 14 Sa 1275/11, Rn. 118, juris). Der Gleichheitssatz des Art. 3 I GG wird durch eine Tarifnorm verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Allerdings ist die richterliche Kontrolle von Tarifverträgen im Hinblick auf einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG nicht unbeschränkt eröffnet; Einschränkungen ergeben sich vielmehr aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie nach Art. 9 III GG, der den Tarifpartnern eine Einschätzungsprärogative garantiert, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Regelungsprobleme und der Rechtsfolgen geht, und einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum einräumt, soweit es um die inhaltliche Gestaltung der Regelungen geht. Deshalb ist es nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung für das Regelungsproblem gefunden haben; auch der Kompromisscharakter von Tarifverträgen als Verhandlungsergebnis divergierender Interessen muss in dem Sinne berücksichtigt werden, dass an die Systemgerechtigkeit der tarifvertraglichen Regelungen keine zu hohen Erwartungen gestellt werden dürfen. Im Übrigen ist anerkannt, dass die Tarifpartner - im Interesse praktikabler, verständlicher und übersichtlicher Regelungen - typisierende Regelungen treffen können. Aus diesem Grunde kann bei der Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abgestellt werden, sondern nur auf die generellen Auswirkungen der Regelung. Die aus dem Gleichheitssatz folgenden Grenzen sind jedoch dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BAG, Urteil vom 22.12.2009, 3 AZR 895/07, juris). 53An diesen Maßstäben gemessen ist ein Verstoß gegen Art. 3 I GG nicht festzustellen. 54Arbeitnehmer, welche aus anderen Gründen, als aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung ausscheiden, werden nicht ohne Sachgrund ungleich behandelt. Jedenfalls haben die Tarifvertragsparteien bei der Aufstellung tariflicher Vorschriften nicht tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten außer Acht gelassen, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung berücksichtigt werden müssen (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 12.06.2012, 14 Sa 1275/11, Rn. 118, juris). Aus der Privilegierung des § 9 I des Sanierungstarifvertrages sollten alle Arbeitnehmer raus genommen werden, die entweder auf eigenen Wunsch das Arbeitsverhältnis auflösen bzw. einer solchen Auflösung zustimmen oder welche den Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in ihrer Person tragen. Der Fall des Erreichens des Rentenalters kann mit der Konstellation verglichen werden, in welcher der Mitarbeiter aufgrund einer personenbedingten (etwa einer krankheitsbedingten) Kündigung aus dem Betrieb ausscheiden muss. In beiden Fällen stammt der Auflösungsgrund aus der Sphäre des Arbeitnehmers, wobei weder der Beschäftigte noch die Arbeitgeberin etwas für die eingetretene Situation kann. Weil aber nach dem Sanierungstarifvertrag die Beschäftigungssicherung und der Erhalt des Unternehmens im Vordergrund stehen, war es den Tarifvertragsparteien nicht verwehrt, ihr Gestaltungsspielraum dahingehend auszuüben, den Kreis der Anspruchsberechtigten derart einzugrenzen, dass nur die betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer privilegiert werden. Auch das vom Kläger genannte Beispiel, dass ein Mitarbeiter, welcher im Jahr 2030 aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung ausschneiden würde, besser gestellt sei, als der Kläger, welcher schon im Jahr 2014 seinen Arbeitsplatz aufgeben musste, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn von den Tarifvertragsparteien kann bei der Ausübung ihres Gestaltungsspielraums nicht die Einhaltung der Einzelfallgerechtigkeit verlangt werden. Im Vordergrund steht vielmehr die Frage, ob die Gruppenbildung dem Gerechtigkeitsgedanken entspricht und nicht die Frage, ob jeder Arbeitnehmer in jeder Konstellation im Vergleich zu anderen Beschäftigen gleichbehandelt wird. Mit dieser Argumentation wäre eine praktikable Gruppenbildung bei Gestaltung von Sanierungstarifverträgen kaum möglich. 55Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Der Zinsanspruch ist wegen der Unbegründetheit der Hauptforderung ebenfalls zu verneinen. 56III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 I 1 ZPO, die über den Streitwert aus §§ 61 I 1 ArbGG, 5 ff. ZPO. | 1) die klage wird abgewiesen. 2) die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. 3) der streitwert wird auf 7.958,89 € festgesetzt. 1 | 2die parteien streiten über tarifliche ansprüche. 3der kläger war vom 01.07.1979 bis zum 30.11.2014 bei der beklagten als maler und lackierer beschäftigt. seit dem 01.12.2014 erhält der kläger altersrente. 4im jahr 2009 schloss die beklagte mit dem verband der metall- und elektroindustrie und der ig metall bezirksleitung niedersachsen-sachen-anhalt einen sanierungstarifvertrag, der auszugsweise folgenden inhalt hat: 5„§ 1 6geltungsbereich 7dieser tarifvertrag gilt: 8räumlich: für den standort i 1, der firma m gmbh 9persönlich: für alle tariflich beschäftigten mit ausnahme der auszubildenden und altersteilzeitler 10§ 5 11arbeitnehmerbeiträge durch befristete personalkostenabsenkung 12die gesamtbelastung aus den in den nachfolgenden ziffern 2-8 geregelten verzichtsleitungen beträgt je beschäftigtem 11,1 % des individuellen regeleinkommens im verzichtszeitraum. dazu wird zunächst der individuelle gesamtverzicht des mitarbeiters aus den nachstehenden regelungen ermittelt. differenzen zur gesamtbelastung von 11,1 % werden durch entsprechende anpassungen in der höhe des zusätzlichen urlaubsgeldes vorgenommen. (…) 13§ 8 14wiederaufleben des arbeitnehmerbeitrags 151. sollte das ergebnis der geschäftstätigkeit (ebit) des unternehmens im geschäftsjahr 2009 oder in einem der folgenden, vollendeten geschäftsjahre über dem ergebnis der als anlage 1 beigefügten prognose / planung für 2009 liegen, wird das unternehmen diejenigen beschäftigten, die sanierungsbeiträge nach maßgabe von §§ 5 und 6 dieses sanierungstarifvertrages erbracht haben („berechtigte beschäftigte“) an dem das prognostizierte ergebnis (ebit) übersteigenden betrag der vom unternehmen gemäß § 7 zu fertigenden übersicht beteiligen. (…) 16§ 9 17anspruch in besonderen fällen 18bei beschäftigten, die aus betriebsbedingten gründen gekündigt werden, leben die ansprüche gem. §§ 5 und 6 unmittelbar mit ausspruch der kündigung auf und werden zur auszahlung gebracht. diese ansprüche entstehen unabhängig von etwaig zu beanspruchenden abfindungsleistungen oder anderen ansprüchen. 19dies gilt nicht für mitarbeiter, die eine eigenkündigung aussprechen oder aus anderen gründen aus dem betrieb ausscheiden. für diese mitarbeiter entsteht zunächst ein anspruch erst im falle des vorliegens der voraussetzungen gem. § 8. dieser anspruch mindert sich bei ausscheiden: 20- im jahre 2010 um 20 % des rechnerischen gesamtanspruchs 21- im jahre 2011 um 40 % des rechnerischen gesamtanspruchs 22- im jahre 2012 um 60 % des rechnerischen gesamtanspruchs 23- im jahre 2013 um 80 % des rechnerischen gesamtanspruchs 24- im jahre 2014 um 100 % des rechnerischen gesamtanspruchs. 25der gesamtanspruch mindert sich um etwaige zwischenzeitliche auszahlungen. (…) 26§ 10 27beschäftigungssicherung 28ziel der vorliegenden vereinbarung zum erhalt der wettbewerbsfähigkeit und zur sicherung von arbeitsplätzen ist der ausschluss von betriebsbedingten kündigungen. 29betriebsbedingte kündigungen werden nicht ohne zustimmung des betriebsrates ausgesprochen. (…) 30diese regelung gilt bis zum 30.06.2010. (…)“ 31gemäß der auflistung der beklagten erbrachte der kläger seit dem jahr 2006 verzichtsleistungen von insgesamt 8.805,77 €. entsprechend der verpflichtung aus § 8 des sanierungstarifvertrages erstattete die beklagte für das jahr 2012 einen betrag in höhe von 312,72 € und für das jahr 2013 einen betrag in höhe von 534,16 €, also insgesamt 846,88 €. der kläger begehrt mit seiner klage die erstattung der restlichen verzichtsleitungen in höhe von 7.958,89 €. 32der kläger ist der ansicht, ihm stehe ein rückzahlungsanspruch gegen die beklagte in höhe der klageforderung aus § 9 des sanierungstarifvertrages zu. § 9 ii des sanierungstarifvertrages benachteilige ihn unangemessen im sinne des § 307 i 1 bgb und sei deshalb unwirksam. die klausel unterscheide nicht danach, ob der grund für die beendigung des arbeitsverhältnisses der sphäre des arbeitnehmers oder der arbeitgeberin entstammen würden. weiter ergebe sich die unwirksamkeit der klausel zusätzlich daraus, dass die beklagte sämtliche sonstigen gründe des ausscheidens aus dem betrieb mit einer eigenkündigung gleichsetze. die parteien des sanierungstarifvertrages hätten den fall des ausscheidens eines mitarbeiters aufgrund erreichens der altersgrenze nicht bedacht. es sei kein sachlicher grund ersichtlich, warum ein mitarbeiter, der erst im jahr 2030 aufgrund betriebsbedingter kündigung aus dem unternehmen ausscheidet, besser gestellt sein soll, als der kläger. 33der kläger beantragt, 34die beklagte zu verurteilen, an ihn 7.958,89 € brutto nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen. 35die beklagte beantragt, 36die klage abzuweisen. 37sie meint, dem kläger stehe kein rückzahlungsanspruch aus § 9 i des sanierungstarifvertrages zu, da er nicht aufgrund einer betriebsbedingten kündigung, sondern wegen verrentung ausgeschieden sei. auch § 9 ii würde ihm nicht weiter helfen, da für diesen fall eine reduzierung um 100 % des rechnerischen gesamtbetrages bei ausscheiden im jahr 2014 greifen würde. der wortlaut des sanierungstarifvertrages sei eindeutig. zum selben ergebnis komme man auch nach einer auslegung nach sinn und zweck des sanierungstarifvertrages. dieser bestünde darin, dass beschäftigten, welche durch verzicht auf ihnen zustehende entgeltleistungen ihren beitrag zum erhalt des unternehmens geleistet hätten, die eingezahlten beträge zurückzuerstatten seien. diese interessenlage finde sich bei mitarbeitern, die aus anderen gründen aus dem unternehmen ausscheiden, nicht. 38wegen der weiteren einzelheiten wird auf das sitzungsprotokoll und die schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 39 | 40die zulässige klage ist unbegründet. 41i. dem kläger steht gegen die beklagte kein anspruch auf zahlung von 7.958,89 € zu. dieser anspruch folgt insbesondere nicht aus § 9 des sanierungstarifvertrages. 42§ 9 des sanierungstarifvertrages unterscheidet zwischen beschäftigen, welche aufgrund einer betriebsbedingten kündigung aus dem unternehmen ausgeschieden sind (abs. 1) und solchen, welche eine eigenkündigung aussprechen oder aus anderen gründen aus dem betrieb ausscheiden (abs. 2). 431. würde man den kläger der gruppe der mitarbeiter, welche „aus anderen gründen“ aus dem betrieb ausscheiden, nämlich hier aufgrund des erreichens des rentenalters, zuordnen, so könnte er auch dann seinen anspruch nicht auf § 9 ii des sanierungstarifvertrages stützen. dieser anspruch entsteht erst im falle des vorliegens der voraussetzungen gemäß § 8 des sanierungstarifvertrages (§ 9 ii 2) und mindert sich gemäß § 9 ii 3 bei ausscheiden im jahre 2014 um 100 % des rechnerischen gesamtbetrages. selbst wenn sich rechnerisch ein rückzahlungsanspruch des klägers nach § 8 ergeben würde, so wäre dieser anspruch um 100 %, also auf null zu reduzieren, da der kläger am 01.12.2014 in altersrente gegangen ist. 442. dem kläger steht auch kein zahlungsanspruch aus § 9 i des sanierungstarifvertrages zu. er erfüllt nicht die erforderliche voraussetzung, durch eine betriebsbedingte kündigung der beklagten aus dem unternehmen ausgeschieden zu sein. das arbeitsverhältnis der parteien endete mit ablauf des 30.11.2014 aufgrund des erreichens des rentenalters seitens des klägers. die begrenzung des tariflichen anspruchs gemäß § 9 i des sanierungstarifvertrages auf den fall einer betriebsbedingten kündigung verstößt weder gegen §§ 307 ff. bgb noch gegen den gleichheitssatz. dasselbe gilt auch für die unterscheidung zwischen mitarbeitern, welche betriebsbedingt gekündigt werden und solchen, die eine eigenkündigung aussprechen oder aus anderen gründen aus dem betrieb ausscheiden (§ 9 ii). 45a) eine unangemessene benachteiligung im sinne des § 307 i, ii bgb ist schon deshalb zu verneinen, weil eine agb-kontrolle bei der prüfung von tarifverträgen gemäß § 310 iv 1 bgb nicht durchzuführen ist. 46b) die auslegung des § 9 des sanierungstarifvertrags ergibt entgegen der auffassung des klägers nicht, dass letzterer der gruppe der aufgrund von betriebsbedingten kündigungen ausgeschiedenen mitarbeitern und nicht solchen, die aus „anderen gründen“ ausscheiden, zuzuordnen ist. 47aa) die auslegung des normativen teils eines tarifvertrags folgt nach ständiger rechtsprechung des bundesarbeitsgerichts den für die auslegung von gesetzen geltenden regeln. ausgehend vom tarifwortlaut ist der maßgebliche sinn der erklärung zu erforschen, ohne am buchstaben zu haften. erlaubt der tarifwortlaut kein abschließendes ergebnis, ist der wirkliche wille der tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen normen seinen niederschlag gefunden hat. abzustellen ist ferner auf den tariflichen gesamtzusammenhang, weil dieser anhaltspunkte für den wirklichen willen der tarifvertragsparteien liefert und oft nur so der sinn und zweck der tarifnorm ermittelt werden kann. ergänzend können weitere kriterien wie die entstehungsgeschichte des tarifvertrags, ggf. auch die praktische tarifübung herangezogen werden. auch die praktikabilität denkbarer auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im zweifel gebührt derjenigen tarifauslegung der vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren regelung führt (bag, urteil vom 20.01.2009, 9 azr 677/07, juris, m.w.n.). 48bb) bei anwendung dieser grundsätze im vorliegenden fall ist der kläger der mitarbeitergruppe aus § 9 ii des sanierungstarifvertrages zuzuordnen. der wortlaut der tariflichen bestimmung im § 9 i, ii ist eindeutig. der auszahlungsanspruch aus § 9 i ist an die voraussetzung geknüpft, dass der kläger seinen arbeitsplatz aufgrund des ausspruchs einer betriebsbedingten kündigung verliert. alle weiteren gründe, welche zur auflösung des arbeitsverhältnisses führen können, sind unter § 9 ii zu subsumieren, so auch das erreichen des rentenalters. 49eine solche auslegung entspricht auch dem sinn der regelung unter berücksichtigung eines tariflichen gesamtzusammenhangs. der sanierungstarifvertrag dient zum einen der beschäftigungssicherung (vgl. § 10 des sanierungstarifvertrages) und zum anderen soll durch erbringung von verzichtsleistungen ein beitrag seitens der beschäftigen zum erhalt des unternehmens geleistet werden. die tarifvertragsparteien haben sich dazu entschlossen, den kreis der berechtigten, welche nach § 9 i einen zeitlich unbegrenzten und an keine weiteren voraussetzungen geknüpften rückzahlungsanspruch haben sollen, auf die von betriebsbedingten kündigungen betroffenen mitarbeiter zu begrenzen. im hinblick auf eine eindeutige, rechtssichere handhabung, wann im falle des ausscheidens eines arbeitnehmers ihm sein sanierungsbeitrag zu erstatten ist, war eine klare unterscheidung zwischen betriebsbedingten kündigungen und anderen ausscheidungsgründen eine vernünftige, sachgerechte, zweckorientierte und praktisch brauchbare regelung (vgl. lag hamm, urteil vom 12.06.2012, 14 sa 1275/11, rn. 114, juris). denn alle konstellationen, welche nicht unter den tatbestand der „betriebsbedingten kündigung“ fallen, können unproblematisch unter § 9 ii 1 des sanierungstarifvertrages („aus anderen gründen“) subsumiert werden. 50unter dieser prämisse kann der fall der verrentung nicht von § 9 i des sanierungstarifvertrages umfasst sein. entgegen der auffassung des klägers soll § 9 i und ii nicht ausschließlich zwischen gründen, welche aus der sphäre des arbeitgebers und solchen, die aus der sphäre der arbeitnehmer stammen, unterscheiden. vielmehr wollten die tarifvertragsparteien die gruppen „betriebsbedingte kündigung“ und „andere gründen“ bilden. dafür spricht wiederum der eindeutige wortlaut der klausel und deren sinn und zweck. § 9 i des sanierungstarifvertrags soll solche mitarbeiter privilegieren, welche durch ihre verzichtleistungen in das unternehmen investiert haben und trotz alledem aus betriebsbedingten, also im ergebnis aus wirtschaftlichen gründen ihren arbeitsplatz verlieren müssen. alle weiteren ausscheidenstatbestände sollen von § 9 ii aufgefangen werden. die eigenkündigung ist nur beispielhaft in dieser klausel erwähnt worden. die „anderen gründe“ können beispielsweise verhaltens- / personenbedingte kündigungen, der abschluss von aufhebungsverträgen oder eben das erreichen des rentenalters sein. diese gründe können, müssen aber nicht ausschließlich aus der sphäre der mitarbeiter stammen. der fall der verrentung ist vergleichbar mit der konstellation einer personenbedingten kündigung. in beiden fällen liegt der grund für die auflösung des arbeitsverhältnisses außerhalb der einflussmöglichkeiten beider parteien. und trotzdem würde man im falle der personenbedingten kündigung nicht auf die idee kommen, den anspruch aus § 9 i des sanierungstarifvertrages zu prüfen und zu überlegen, ob vom begriff der „betriebsbedingten kündigung“ auch eine personenbedingte kündigung umfasst werden sollte. 51c) die regelung des § 9 des sanierungstarifvertrages verstößt auch nicht gegen den gleichheitssatz des art. 3 i gg. 52ob die tarifvertragsparteien an den allgemeinen gleichheitssatz des art. 3 i gg unmittelbar (so: bag, 04.04.2000, 3 azr 729/98, nza 2002, 917, 918) oder nur mittelbar gebunden sind (so: bag, 08.12.2011, 6 azr 319/09, nza 2012, 275, 278), kann offen bleiben, weil für den prüfungsmaßstab die dogmatische herleitung ohne bedeutung ist. die schutzpflichtfunktion der grundrechte verpflichtet die arbeitsgerichte dazu, solchen tarifverträgen die durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen differenzierungen führen und deshalb art. 3 gg verletzten (lag hamm, urteil vom 12.06.2012, 14 sa 1275/11, rn. 118, juris). der gleichheitssatz des art. 3 i gg wird durch eine tarifnorm verletzt, wenn die tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche gleichheiten oder ungleichheiten der zu ordnenden lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am gerechtigkeitsgedanken orientierten betrachtungsweise beachtet werden müssen. allerdings ist die richterliche kontrolle von tarifverträgen im hinblick auf einen verstoß gegen den allgemeinen gleichheitssatz des art. 3 i gg nicht unbeschränkt eröffnet; einschränkungen ergeben sich vielmehr aus der verfassungsrechtlichen gewährleistung der tarifautonomie nach art. 9 iii gg, der den tarifpartnern eine einschätzungsprärogative garantiert, soweit es um die beurteilung der tatsächlichen regelungsprobleme und der rechtsfolgen geht, und einen beurteilungs- und ermessensspielraum einräumt, soweit es um die inhaltliche gestaltung der regelungen geht. deshalb ist es nicht aufgabe der gerichte zu prüfen, ob die tarifvertragsparteien die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste lösung für das regelungsproblem gefunden haben; auch der kompromisscharakter von tarifverträgen als verhandlungsergebnis divergierender interessen muss in dem sinne berücksichtigt werden, dass an die systemgerechtigkeit der tarifvertraglichen regelungen keine zu hohen erwartungen gestellt werden dürfen. im übrigen ist anerkannt, dass die tarifpartner - im interesse praktikabler, verständlicher und übersichtlicher regelungen - typisierende regelungen treffen können. aus diesem grunde kann bei der prüfung eines möglichen verstoßes gegen den allgemeinen gleichheitssatz nicht auf die einzelfallgerechtigkeit abgestellt werden, sondern nur auf die generellen auswirkungen der regelung. die aus dem gleichheitssatz folgenden grenzen sind jedoch dann überschritten, wenn eine gruppe von normadressaten im vergleich zu anderen normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden gruppen keine unterschiede von solcher art und solchem gewicht bestehen, dass sie eine ungleichbehandlung rechtfertigen können (bag, urteil vom 22.12.2009, 3 azr 895/07, juris). 53an diesen maßstäben gemessen ist ein verstoß gegen art. 3 i gg nicht festzustellen. 54arbeitnehmer, welche aus anderen gründen, als aufgrund einer betriebsbedingten kündigung ausscheiden, werden nicht ohne sachgrund ungleich behandelt. jedenfalls haben die tarifvertragsparteien bei der aufstellung tariflicher vorschriften nicht tatsächliche gleichheiten oder ungleichheiten außer acht gelassen, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am allgemeinen gerechtigkeitsgedanken orientierten betrachtung berücksichtigt werden müssen (vgl. lag hamm, urteil vom 12.06.2012, 14 sa 1275/11, rn. 118, juris). aus der privilegierung des § 9 i des sanierungstarifvertrages sollten alle arbeitnehmer raus genommen werden, die entweder auf eigenen wunsch das arbeitsverhältnis auflösen bzw. einer solchen auflösung zustimmen oder welche den grund für die auflösung des arbeitsverhältnisses in ihrer person tragen. der fall des erreichens des rentenalters kann mit der konstellation verglichen werden, in welcher der mitarbeiter aufgrund einer personenbedingten (etwa einer krankheitsbedingten) kündigung aus dem betrieb ausscheiden muss. in beiden fällen stammt der auflösungsgrund aus der sphäre des arbeitnehmers, wobei weder der beschäftigte noch die arbeitgeberin etwas für die eingetretene situation kann. weil aber nach dem sanierungstarifvertrag die beschäftigungssicherung und der erhalt des unternehmens im vordergrund stehen, war es den tarifvertragsparteien nicht verwehrt, ihr gestaltungsspielraum dahingehend auszuüben, den kreis der anspruchsberechtigten derart einzugrenzen, dass nur die betriebsbedingt gekündigten arbeitnehmer privilegiert werden. auch das vom kläger genannte beispiel, dass ein mitarbeiter, welcher im jahr 2030 aufgrund einer betriebsbedingten kündigung ausschneiden würde, besser gestellt sei, als der kläger, welcher schon im jahr 2014 seinen arbeitsplatz aufgeben musste, führt zu keinem anderen ergebnis. denn von den tarifvertragsparteien kann bei der ausübung ihres gestaltungsspielraums nicht die einhaltung der einzelfallgerechtigkeit verlangt werden. im vordergrund steht vielmehr die frage, ob die gruppenbildung dem gerechtigkeitsgedanken entspricht und nicht die frage, ob jeder arbeitnehmer in jeder konstellation im vergleich zu anderen beschäftigen gleichbehandelt wird. mit dieser argumentation wäre eine praktikable gruppenbildung bei gestaltung von sanierungstarifverträgen kaum möglich. 55weitere anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. der zinsanspruch ist wegen der unbegründetheit der hauptforderung ebenfalls zu verneinen. 56iii. die entscheidung über die kosten folgt aus § 91 i 1 zpo, die über den streitwert aus §§ 61 i 1 arbgg, 5 ff. zpo. | Verklagte*r | 0 |
346,430 | 5 O 372/20 | 2022-08-02T00:00:00 | Urteil | Tenor Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner auch über die von ihnen anerkannte Haftungsquote von 75 % hinaus verpflichtet sind, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die diesem aus dem Verkehrsunfall vom 31.03.2017 in Engelskirchen noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen Dritten übergegangen sind oder noch übergehen werden. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 3.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2020 zu zahlen. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 1.089,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2020 zu zahlen. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von weiteren 237,34 € freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 31 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 69 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in eben dieser Höhe leisten. 1Tatbestand: 2Der Kläger befuhr am 31.03.2017 gegen 17.50 Uhr mit seinem Rennrad die P-Straße in F, auf der eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gilt. Der Beklagte zu 1. hatte sein bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichertes Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen AB-CD 0000 auf Höhe der Hausnummer 00 auf einem rechts neben der Fahrbahn befindlichen Parkstreifen abgestellt und öffnete die Fahrertür, als sich der Kläger mit einer Geschwindigkeit von über 30 km/h von hinten näherte. Durch die Kollision mit der geöffneten Tür kam der Kläger zu Fall. Dabei wurden sein Rad und der Fahrradhelm beschädigt und der Kläger verletzt. 3Im Rahmen der anschließenden Untersuchungen im Vinzenz-Pallotti-Hospital wurden eine Fraktur der 1. Rippe rechts in Nähe des Sternums, eine Schultereckgelenksprengung Tossy 1 rechte Schulter, beidseitige Knieprellungen, multiple Schürverletzungen an beiden Schultern, Knien und Ellenbogen, eine Schädelprellung sowie eine HWS-Distorsion diagnostiziert. Der Kläger musste unfallbedingt im Zeitraum vom 31.03.2017 bis zum 02.04.2017 in stationärer Behandlung verbleiben. 4Bei einer am 27.04.2017 durchgeführten Kernspintomographie der rechten Schulter wurden folgende Diagnosen gestellt: 5„AC-Gelenksprengung nach Rockwood 3 mit subtotaler Ruptur der korakoklavikulären Ligamente und totaler akromioklavikularer Ruptur. Begleitende Bursitis subacromialis und Serom/Hämatom.“ 6Mit Schreiben vom 26.04.2017 wurde die Beklagte zu 2. von den Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Abgabe eines 100%igen Haftungsanerkenntnisses dem Grunde nach aufgefordert. Die Beklagte zu 2. leistete am 28.09.2017 eine Akontozahlung in Höhe von 2.000,00 € sowie gemäß Schreiben vom 05.12.2019 weitere 2.320,38 € (Rechnung Dr. C 20,38 €, Fahrrad Vorschuss 300,00 €, Schmerzensgeld (Vorschuss) 2.000,00 €.) Auf ein weiteres Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers erkannte die Beklagte zu 2. mit Schreiben vom 19.12.2019 die Haftung auf Basis einer Quote von 75 % an. 7Der Kläger behauptet, er sei mit einem Seitenabstand von 90 cm an dem Fahrzeug des Beklagten zu 1. vorbeigefahren. 8Bei dem Unfall habe er auch ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades erlitten, das auch zu einer kurzen Bewusstlosigkeit am Unfallort geführt habe. 9Nach der stationären Behandlung habe sich der Heilungsverlauf unter analgetischer und physiotherapeutischer Behandlung zunächst über ca. acht Wochen erstreckt. Diese seien durch viele Schmerzen, Bewegungs- und Tätigkeitseinschränkungen geprägt gewesen. Der Kläger habe täglich Schmerzmittel in Form von Ibuprofen 800mg und Tilidin 100/8mg einnehmen müssen. Seine Schulter habe er kaum bewegen können. Außerdem habe die Fraktur an der ersten Rippe am Sternum sehr geschmerzt. 10Zudem habe der Kläger Tätigkeiten des Alltags wie z.B. seinen Anteil am Haushalt nicht verrichten können. Diese hätten vielmehr von seiner Lebensgefährtin zusätzlich zu ihrem Vollzeitjob als Zahnärztin über ca. acht Wochen vollständig übernommen werden müssen. Zudem hätten insbesondere in den ersten zehn Tagen auch Kopf- und Genickschmerzen durch das erlittene Schädel-Hirn-Trauma Grad 1 im Vordergrund gestanden. 11Nach ca. zehn Wochen habe der Kläger, der einmal Weltmeister der Triathleten der Mediziner gewesen sei, versucht, sich langsam und stetig an sportliche Übungen heranzuwagen, nachdem er gute Fortschritte bei der Physiotherapie gemacht habe. Hier habe er jedoch feststellen müssen, dass er aufgrund immer wieder zunehmender Schmerzen und einer Schwellneigung mit schmerzhaften Knochenkrepitationen (Knochenreiben) an den betroffenen Gelenken und einer verbliebenen Instabilität sein geliebtes Schwimmtraining habe aufgeben müssen. Dies bedeute eine sehr große Einschränkung des Wohlbefindens und der Lebensqualität des zuvor ambitionierten Triathleten. 12Außerdem habe dies dem als Mediziner tätigen Kläger auch gezeigt, dass er lange, kraftaufwendige Operationen wie z.B. Hüft- und Knieendoprothetik nicht mehr durchführen konnte und er sich somit auch vom Operieren verabschieden musste. Nun arbeite der Kläger ausschließlich konservativ in seinem Beruf als Orthopäde und Unfallchirurg, was auch kaum zu beziffernde finanzielle Einbußen bedeute, wenn er als Unfallchirurg nicht mehr operieren könne. 13Aktuell habe der Kläger erfreulicherweise zwar grundsätzlich den vollen Bewegungsumfang im rechten Schultergelenk erreicht. Er werde jedoch nach wie vor regelmäßig durch Schmerzen und Schwellneigung des Gelenks in seine Schranken verwiesen, sollte er im Alltag anstrengendere Dinge wie Rasenmähen oder Heckeschneiden verrichten wollen. Auch sei durch die Zerreißung der akromioklavikulären Bänder und die nicht verheilte Trümmerfraktur der ersten Rippe am Sternum mit einer verfrühten Arthrose und dadurch weiteren Einschränkungen zu rechnen. Bei passiver Bewegung des Gelenks sei im Übrigen bereits eine deutliche Krepitation spürbar, so dass davon auszugehen sei, dass sich im Gelenk bereits eine Arthrose entwickle. 14Durch das Unfallgeschehen sei dem Kläger zudem ein erheblicher Sachschaden an seinem hochwertigen Rennrad entstanden. Ein zwischenzeitlich eingeholter Kostenvoranschlag weise einen Nettobetrag in Höhe von 2.489,58 € in Bezug auf Reparaturkosten aus. Auch der Fahrradhelm im Wert von 289,00 € sei bei dem Sturz irreparabel beschädigt worden. Das zum Unfallzeitpunkt ca. ein Jahr alte Rennrad habe der Kläger zu einem Wert von ca. 4.600,00 € bezogen und selbst die Laufräder Carbon Hochprofilfelgen für ca. 3.200,00 € ausgetauscht ebenso wie die Kurbel Sram Red Carbon für 439,00 € sowie zusätzlich an die Pedale ein Wattmesssystems Garmin Vector 2 im Wert von 799,00 € angebaut. 15Der Kläger beantragt, 161. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner auch über die von ihnen anerkannte Haftungsquote von 75 % hinaus verpflichtet sind, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die diesem aus dem Verkehrsunfall vom 31.03.2017 in Engelskirchen entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen Dritten übergegangen sind oder noch übergehen werden; 172. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes, in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch einen Betrag in Höhe von weiteren 3.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2020 zu zahlen; 183. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 2.478,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2020 zu zahlen; 194. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Kläger von den durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von weiteren 383,61 € freizustellen; 20Die Beklagten beantragen, 21die Klage abzuweisen. 22Sie sind der Ansicht, dass sich der Kläger ein 25 %-iges Mitverschulden an der Unfallentstehung anrechnen lassen müsse. 23Der Kläger habe zum einen vor dem Unfall wahrnehmen können, dass das Beklagtenfahrzeug im Begriff gewesen sei einzuparken, so dass auch damit gerechnet werden konnte, dass die Tür möglicherweise geöffnet würde. Zum anderen hätten unfallunabhängige Zeugen sowie der Kläger selbst bestätigt, dass er durchaus gesehen habe, dass sich die Türe eines in einer Parktasche am Fahrbahnrand geparkten Pkw einen Spalt breit geöffnet habe. Der Seitenabstand könne maximal 45 cm betragen haben. Bei Einhaltung eines ausreichenden Seitenabstandes wäre es zu einem Unfallereignis nicht gekommen. 24Ein Schädel-Hirn-Trauma habe zu keinem Zeitpunkt bestanden; neurologische Auffälligkeiten hätten ausgeschlossen werden können. Die bei der am 27.04.2017 durchgeführten Kernspintomographie diagnostizierten Verletzungsbilder seien nicht unfallbedingt. 25Zum Fahrradschaden sowie zum Helmschaden erklären sich die Beklagten mit Nichtwissen. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass ein Fahrrad, welches bereits häufig genutzt worden sei, allenfalls noch die Hälfte des vorgestellten Betrages als Zeitwert innehabe. 26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. 27Die Akten StA Köln 972 Js 3622/17 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 28Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 02.11.2021. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen I vom 12.04.2022 verwiesen. 29Entscheidungsgründe: 30Die Klage ist insoweit teilweise unzulässig, als der Kläger mit dem Antrag zu 1. die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für bereits entstandene Schäden begehrt. Wie nicht zuletzt die Anträge zu 2. und 3. zeigen, ist ihm eine Bezifferung der Ansprüche aus dem Verkehrsunfall, der im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits mehr als drei Jahre und acht Monate zurücklag, ohne Weiteres möglich. 31Soweit die Klage zulässig ist, ist sie im erkannten Umfang begründet. 32Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagten aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 4 VVG, 1 Satz 1 PflVG. 33Gegen den Beklagten zu 1. spricht der Beweis des ersten Anscheins, den Unfall verschuldet zu haben, weil die Kollision mit dem Fahrrad des Klägers im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgte. Gemäß § 14 Abs. 1 StVO hatte sich der Beklagte zu 1. dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war (OLG Celle, r+s 2019, 286 Rn. 15, beck-online). Dass der Beklagte zu 1. gegen diese Sorgfaltspflicht verstoßen hat, stellen die Beklagten nicht in Abrede, welche die Haftung grundsätzlich anerkannt haben und lediglich meinen, der Kläger müsse sich ein 25 %-iges Mitverschulden anrechnen lassen. 34Nach ständiger Rechtsprechung führt ein Verstoß gegen die höchsten Sorgfaltspflichten im Straßenverkehr gemäß § 14 Abs. 1 StVO gegenüber einem nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer – Fahrradfahrer oder Fußgänger – regelmäßig zu einer Alleinhaftung des Pkw-Fahrers, -Halters und -Versicherers, wenn diesem nicht ein Verschulden nachgewiesen wird, weil auf Seiten des nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmers keine Betriebsgefahr zu berücksichtigen ist (OLG Celle aaO, Rn. 16; vgl. auch die weiteren Nachweise bei: Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 16. Auflage 2020, Rn. 389, beck-online). 35Ein Mitverschulden des Klägers (§§ 9 StVG, 254 BGB) ist demgegenüber aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles nicht anzunehmen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem Kläger der Vorwurf eines nicht ausreichenden Seitenabstandes zu machen war. 36Wie groß der Abstand im konkreten Fall zu sein hat, ist eine Frage des Einzelfalles. Dabei kommt es auf die Verkehrslage, Geschwindigkeit und die bauliche Situation, insbesondere die Breite der Straße, sowie die Art der beteiligten Fahrzeuge an. Auf einer breiteren Straße ist ein größerer Abstand zu erwarten, wobei bei großen Fahrzeugen, wie Lastkraftwagen, die unter Umständen einen Luftsog verursachen, auch ein größerer Abstand erforderlich sein kann. Der Seitenabstand soll in der Regel so bemessen sein, dass ein geringfügiges Öffnen einer Fahrzeugtür noch möglich ist. 34 Zentimeter reichen hierfür nicht aus. 50 Zentimeter haben schon genügen können (OLG Celle, aaO, Rn. 22 m.w.N.). 37Ausweislich der beigezogenen Ermittlungsakte hatte die Polizei zur Unfallörtlichkeit folgende Feststellungen getroffen, die auch von den Parteien des Rechtsstreits nicht bestritten worden sind: 38„Bei der Unfallörtlichkeit handelt es sich um die gut ausgebaute L 136 in der Ortslage F. Die gesamte Fahrbahn ist 5,70m breit und hat je einen Fahrstreifen pro Fahrtrichtung. Die Fahrstreifen sind durch unterbrochene Leitlinien getrennt und die Fahrbahn besteht aus Schwarzdecke, welche trocken war. Beidseitig der Straße sich Parkstreifen angeordnet. Diese waren zum Zeitpunkt der Unfallaufnahme überwiegend belegt und es herrschte hohes Verkehrsaufkommen.“ 39Dem ebenfalls in der Beiakte befindlichen Luftbild lässt sich außerdem entnehmen, dass die beiden Fahrstreifen bis kurz vor der Unfallstelle durch eine Verkehrsinsel getrennt waren, die eine leichte Verschwenkung der Fahrstreifen mit sich brachte (vgl. das Lichtbild Bl. 9 der Beiakte). 40Des Weiteren ist aufgrund der eigenen Angaben des Klägers davon auszugehen, dass er mit seinem Rad über 30 km/h schnell gefahren ist, die an der Unfallstelle zulässige Höchstgeschwindigkeit jedoch nicht überschritten hat. 41Ferner mag davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 1. den Einparkvorgang erst kurz zuvor abgeschlossen hatte, bevor sich der Kläger mit seinem Fahrrad annäherte, und dass er die Fahrertür zunächst einen Spalt weit geöffnet hatte. 42Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe einen Seitenabstand von lediglich 45 cm eingehalten, konnte in der durchgeführten Beweisaufnahme nicht bestätigt werden. Der Sachverständige I hat in seinem sorgfältig erarbeiteten Gutachten mit nachvollziehbarer Begründung dargelegt, warum mit technischen Mitteln nicht aufklärbar war, ob der Radfahrer einen Seitenabstand von 45 cm oder von maximal 65 cm zu dem parkenden PKW einhielt, wobei es sich jeweils um den Abstand des äußersten rechten Endes des Fahrradlenkers zur linken Seitenwand des Fahrzeuges handelte. Laut dem Sachverständigengutachten sei aufgrund der Schadensbilder und wegen fehlender ortsfester Spuren, insbesondere des Fahrradreifens, sowohl ein Seitenabstand von 45 cm als auch ein solcher von 65 cm plausibel. Letzterer ergebe sich aus der maximalen Öffnungsweite der Pkw-Tür, die bei 95 cm liege. Auch in diesem Fall habe der Radfahrer den asphaltierten Bereich der Fahrbahn rechts orientiert befahren. 43Selbst unter Berücksichtigung des gefahrerhöhenden Umstandes, dass der Kläger mit seinem Rennrad deutlich schneller gefahren ist als die durchschnittliche Geschwindigkeit von Fahrrädern, kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden, keinen so großen Seitenabstand zum Fahrzeug des Beklagten zu 1. eingehalten zu haben, dass er selbst bei einer vollständigen Öffnung der Fahrertür nicht mit dieser kollidiert wäre. Jedenfalls mit seiner solch groben Unachtsamkeit durch den Beklagten zu 1. musste der Kläger nicht rechnen, selbst wenn ihm die Umstände Anlass zu der Annahme gaben, die Fahrzeugtür könne geöffnet werden. 44Der Höhe nach hält das Gericht ein Schmerzensgeld von insgesamt 7.500,-- € für angemessen, auf das die Beklagten bereits 4.000,-- € gezahlt haben. Dem liegen sowohl die in dem Arztbrief des Vinzenz-Pallotti-Hospitals vom 02.04.2017 (Anlage K 3) niedergelegten unstreitigen Befunde als auch die sich aus dem Bericht der Praxis im Köln Triangle vom 28.04.2017 (Anlage K 4) ergebenden Diagnosen zugrunde. Warum letztere nicht unfallbedingt sein sollen, legen die Beklagten nicht substantiiert dar. Immerhin fand die zugrunde liegende Untersuchung nur vier Wochen nach dem Unfall statt und kommt zu ähnlichen Feststellungen wie der Arztbrief vom 02.04.2017. Die Abweichungen in der Beurteilung lassen sich ohne weiteres durch die unterschiedlichen Untersuchungsmethoden erklären: Während anlässlich des stationären Aufenthaltes Röntgen- und CT-Bilder gefertigt wurden, wurde am 27.04.2017 eine Kernspintomographie durchgeführt. 45Auch die vom Kläger geschilderten Beschwerden während des Heilungsprozesses sind plausibel und können zu seinen Gunsten bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zugrunde gelegt werden. 46Dagegen findet die Behauptung des Klägers, ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten zu haben und nach dem Unfall kurz bewusstlos gewesen zu sein, in den schriftlichen Befunden keine Stütze und ist daher ihrerseits nicht ausreichend substantiiert. 47Da Verdienstausfall oder Ersatz eines Haushaltsführungsschadens nicht geltend gemacht werden, bedurfte es insofern keiner weiteren Aufklärung. 48Was den Sachschaden betrifft, hält das Gericht den Vortrag des Klägers grundsätzlich für schlüssig. Dass sowohl das Rad als auch der Fahrradhelm bei dem schweren Unfall erheblich beschädigt wurden, ist vollkommen plausibel und ergibt sich auch aus den Feststellungen der Polizei vor Ort. Das beklagtenseitige – zulässige – Bestreiten mit Nichtwissen ist angesichts dessen nicht erheblich. 49Allerdings schätzt das Gericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO die Höhe des Vorteilsausgleichs („neu für alt“), den sich der Kläger anrechnen lassen muss, auf 50 %, so dass sich noch ein Anspruch in Höhe von 1.089,29 € ergibt (2.489,58 € + 289,-- € x 50 % ./. 300,-- €). 50Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. 51Die restlichen vorgerichtlichen Anwaltskosten sind auf Basis eines Geschäftswertes von 8.889,29 € als weitere materielle Schadensposition ersatzfähig, ohne dass Verzug vorliegen müsste. 52Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. Das Gericht ist bei dem teilweise unzulässigen Antrag zu 1. von einem 50 %-igen Unterliegen des Klägers ausgegangen. 53Streitwert: 8.478,58 € | es wird festgestellt, dass die beklagten als gesamtschuldner auch über die von ihnen anerkannte haftungsquote von 75 % hinaus verpflichtet sind, dem kläger alle materiellen und immateriellen schäden zu ersetzen, die diesem aus dem verkehrsunfall vom 31.03.2017 in engelskirchen noch entstehen werden, soweit die ansprüche nicht auf einen sozialversicherungsträger oder einen dritten übergegangen sind oder noch übergehen werden. die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, an den kläger ein schmerzensgeld in höhe von weiteren 3.500,00 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 20.02.2020 zu zahlen. die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, an den kläger einen weiteren betrag in höhe von 1.089,29 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 20.02.2020 zu zahlen. die beklagten werden als gesamtschuldner verurteilt, den kläger von den durch die beauftragung seiner prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen rechtsanwaltsgebühren in höhe von weiteren 237,34 € freizustellen. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des rechtsstreits tragen der kläger zu 31 % und die beklagten als gesamtschuldner zu 69 %. das urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den kläger jedoch nur gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. der kläger darf die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagten vor der vollstreckung sicherheit in eben dieser höhe leisten. 1 | 2der kläger befuhr am 31.03.2017 gegen 17.50 uhr mit seinem rennrad die p-straße in f, auf der eine zulässige höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gilt. der beklagte zu 1. hatte sein bei der beklagten zu 2. haftpflichtversichertes fahrzeug mit dem amtlichen kennzeichen ab-cd 0000 auf höhe der hausnummer 00 auf einem rechts neben der fahrbahn befindlichen parkstreifen abgestellt und öffnete die fahrertür, als sich der kläger mit einer geschwindigkeit von über 30 km/h von hinten näherte. durch die kollision mit der geöffneten tür kam der kläger zu fall. dabei wurden sein rad und der fahrradhelm beschädigt und der kläger verletzt. 3im rahmen der anschließenden untersuchungen im vinzenz-pallotti-hospital wurden eine fraktur der 1. rippe rechts in nähe des sternums, eine schultereckgelenksprengung tossy 1 rechte schulter, beidseitige knieprellungen, multiple schürverletzungen an beiden schultern, knien und ellenbogen, eine schädelprellung sowie eine hws-distorsion diagnostiziert. der kläger musste unfallbedingt im zeitraum vom 31.03.2017 bis zum 02.04.2017 in stationärer behandlung verbleiben. 4bei einer am 27.04.2017 durchgeführten kernspintomographie der rechten schulter wurden folgende diagnosen gestellt: 5„ac-gelenksprengung nach rockwood 3 mit subtotaler ruptur der korakoklavikulären ligamente und totaler akromioklavikularer ruptur. begleitende bursitis subacromialis und serom/hämatom.“ 6mit schreiben vom 26.04.2017 wurde die beklagte zu 2. von den prozessbevollmächtigten des klägers zur abgabe eines 100%igen haftungsanerkenntnisses dem grunde nach aufgefordert. die beklagte zu 2. leistete am 28.09.2017 eine akontozahlung in höhe von 2.000,00 € sowie gemäß schreiben vom 05.12.2019 weitere 2.320,38 € (rechnung dr. c 20,38 €, fahrrad vorschuss 300,00 €, schmerzensgeld (vorschuss) 2.000,00 €.) auf ein weiteres schreiben der prozessbevollmächtigten des klägers erkannte die beklagte zu 2. mit schreiben vom 19.12.2019 die haftung auf basis einer quote von 75 % an. 7der kläger behauptet, er sei mit einem seitenabstand von 90 cm an dem fahrzeug des beklagten zu 1. vorbeigefahren. 8bei dem unfall habe er auch ein schädel-hirn-trauma 1. grades erlitten, das auch zu einer kurzen bewusstlosigkeit am unfallort geführt habe. 9nach der stationären behandlung habe sich der heilungsverlauf unter analgetischer und physiotherapeutischer behandlung zunächst über ca. acht wochen erstreckt. diese seien durch viele schmerzen, bewegungs- und tätigkeitseinschränkungen geprägt gewesen. der kläger habe täglich schmerzmittel in form von ibuprofen 800mg und tilidin 100/8mg einnehmen müssen. seine schulter habe er kaum bewegen können. außerdem habe die fraktur an der ersten rippe am sternum sehr geschmerzt. 10zudem habe der kläger tätigkeiten des alltags wie z.b. seinen anteil am haushalt nicht verrichten können. diese hätten vielmehr von seiner lebensgefährtin zusätzlich zu ihrem vollzeitjob als zahnärztin über ca. acht wochen vollständig übernommen werden müssen. zudem hätten insbesondere in den ersten zehn tagen auch kopf- und genickschmerzen durch das erlittene schädel-hirn-trauma grad 1 im vordergrund gestanden. 11nach ca. zehn wochen habe der kläger, der einmal weltmeister der triathleten der mediziner gewesen sei, versucht, sich langsam und stetig an sportliche übungen heranzuwagen, nachdem er gute fortschritte bei der physiotherapie gemacht habe. hier habe er jedoch feststellen müssen, dass er aufgrund immer wieder zunehmender schmerzen und einer schwellneigung mit schmerzhaften knochenkrepitationen (knochenreiben) an den betroffenen gelenken und einer verbliebenen instabilität sein geliebtes schwimmtraining habe aufgeben müssen. dies bedeute eine sehr große einschränkung des wohlbefindens und der lebensqualität des zuvor ambitionierten triathleten. 12außerdem habe dies dem als mediziner tätigen kläger auch gezeigt, dass er lange, kraftaufwendige operationen wie z.b. hüft- und knieendoprothetik nicht mehr durchführen konnte und er sich somit auch vom operieren verabschieden musste. nun arbeite der kläger ausschließlich konservativ in seinem beruf als orthopäde und unfallchirurg, was auch kaum zu beziffernde finanzielle einbußen bedeute, wenn er als unfallchirurg nicht mehr operieren könne. 13aktuell habe der kläger erfreulicherweise zwar grundsätzlich den vollen bewegungsumfang im rechten schultergelenk erreicht. er werde jedoch nach wie vor regelmäßig durch schmerzen und schwellneigung des gelenks in seine schranken verwiesen, sollte er im alltag anstrengendere dinge wie rasenmähen oder heckeschneiden verrichten wollen. auch sei durch die zerreißung der akromioklavikulären bänder und die nicht verheilte trümmerfraktur der ersten rippe am sternum mit einer verfrühten arthrose und dadurch weiteren einschränkungen zu rechnen. bei passiver bewegung des gelenks sei im übrigen bereits eine deutliche krepitation spürbar, so dass davon auszugehen sei, dass sich im gelenk bereits eine arthrose entwickle. 14durch das unfallgeschehen sei dem kläger zudem ein erheblicher sachschaden an seinem hochwertigen rennrad entstanden. ein zwischenzeitlich eingeholter kostenvoranschlag weise einen nettobetrag in höhe von 2.489,58 € in bezug auf reparaturkosten aus. auch der fahrradhelm im wert von 289,00 € sei bei dem sturz irreparabel beschädigt worden. das zum unfallzeitpunkt ca. ein jahr alte rennrad habe der kläger zu einem wert von ca. 4.600,00 € bezogen und selbst die laufräder carbon hochprofilfelgen für ca. 3.200,00 € ausgetauscht ebenso wie die kurbel sram red carbon für 439,00 € sowie zusätzlich an die pedale ein wattmesssystems garmin vector 2 im wert von 799,00 € angebaut. 15der kläger beantragt, 161. festzustellen, dass die beklagten als gesamtschuldner auch über die von ihnen anerkannte haftungsquote von 75 % hinaus verpflichtet sind, dem kläger alle materiellen und immateriellen schäden zu ersetzen, die diesem aus dem verkehrsunfall vom 31.03.2017 in engelskirchen entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit die ansprüche nicht auf einen sozialversicherungsträger oder einen dritten übergegangen sind oder noch übergehen werden; 172. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an den kläger ein angemessenes, in das ermessen des gerichts gestelltes schmerzensgeld, mindestens jedoch einen betrag in höhe von weiteren 3.500,00 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 20.02.2020 zu zahlen; 183. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, an den kläger einen weiteren betrag in höhe von 2.478,58 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 20.02.2020 zu zahlen; 194. die beklagten als gesamtschuldner zu verurteilen, den kläger von den durch die beauftragung seiner prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen rechtsanwaltsgebühren in höhe von weiteren 383,61 € freizustellen; 20die beklagten beantragen, 21die klage abzuweisen. 22sie sind der ansicht, dass sich der kläger ein 25 %-iges mitverschulden an der unfallentstehung anrechnen lassen müsse. 23der kläger habe zum einen vor dem unfall wahrnehmen können, dass das beklagtenfahrzeug im begriff gewesen sei einzuparken, so dass auch damit gerechnet werden konnte, dass die tür möglicherweise geöffnet würde. zum anderen hätten unfallunabhängige zeugen sowie der kläger selbst bestätigt, dass er durchaus gesehen habe, dass sich die türe eines in einer parktasche am fahrbahnrand geparkten pkw einen spalt breit geöffnet habe. der seitenabstand könne maximal 45 cm betragen haben. bei einhaltung eines ausreichenden seitenabstandes wäre es zu einem unfallereignis nicht gekommen. 24ein schädel-hirn-trauma habe zu keinem zeitpunkt bestanden; neurologische auffälligkeiten hätten ausgeschlossen werden können. die bei der am 27.04.2017 durchgeführten kernspintomographie diagnostizierten verletzungsbilder seien nicht unfallbedingt. 25zum fahrradschaden sowie zum helmschaden erklären sich die beklagten mit nichtwissen. jedenfalls sei davon auszugehen, dass ein fahrrad, welches bereits häufig genutzt worden sei, allenfalls noch die hälfte des vorgestellten betrages als zeitwert innehabe. 26wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt bezug genommen. 27die akten sta köln 972 js 3622/17 waren beigezogen und gegenstand der mündlichen verhandlung. 28das gericht hat beweis erhoben gemäß beschluss vom 02.11.2021. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das gutachten des sachverständigen i vom 12.04.2022 verwiesen. 29 | 30die klage ist insoweit teilweise unzulässig, als der kläger mit dem antrag zu 1. die feststellung der ersatzpflicht der beklagten für bereits entstandene schäden begehrt. wie nicht zuletzt die anträge zu 2. und 3. zeigen, ist ihm eine bezifferung der ansprüche aus dem verkehrsunfall, der im zeitpunkt der klageerhebung bereits mehr als drei jahre und acht monate zurücklag, ohne weiteres möglich. 31soweit die klage zulässig ist, ist sie im erkannten umfang begründet. 32der kläger hat dem grunde nach anspruch auf schadensersatz gegen die beklagten aus §§ 7 abs. 1, 18 abs. 1 stvg, 823 abs. 1 bgb, 115 abs. 1 s. 1 nr. 1 und s. 4 vvg, 1 satz 1 pflvg. 33gegen den beklagten zu 1. spricht der beweis des ersten anscheins, den unfall verschuldet zu haben, weil die kollision mit dem fahrrad des klägers im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen zusammenhang mit dem öffnen der fahrertür erfolgte. gemäß § 14 abs. 1 stvo hatte sich der beklagte zu 1. dabei so zu verhalten, dass eine gefährdung anderer verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war (olg celle, r+s 2019, 286 rn. 15, beck-online). dass der beklagte zu 1. gegen diese sorgfaltspflicht verstoßen hat, stellen die beklagten nicht in abrede, welche die haftung grundsätzlich anerkannt haben und lediglich meinen, der kläger müsse sich ein 25 %-iges mitverschulden anrechnen lassen. 34nach ständiger rechtsprechung führt ein verstoß gegen die höchsten sorgfaltspflichten im straßenverkehr gemäß § 14 abs. 1 stvo gegenüber einem nichtmotorisierten verkehrsteilnehmer – fahrradfahrer oder fußgänger – regelmäßig zu einer alleinhaftung des pkw-fahrers, -halters und -versicherers, wenn diesem nicht ein verschulden nachgewiesen wird, weil auf seiten des nichtmotorisierten verkehrsteilnehmers keine betriebsgefahr zu berücksichtigen ist (olg celle aao, rn. 16; vgl. auch die weiteren nachweise bei: grüneberg, haftungsquoten bei verkehrsunfällen, 16. auflage 2020, rn. 389, beck-online). 35ein mitverschulden des klägers (§§ 9 stvg, 254 bgb) ist demgegenüber aufgrund der umstände des vorliegenden falles nicht anzunehmen. es konnte nicht festgestellt werden, dass dem kläger der vorwurf eines nicht ausreichenden seitenabstandes zu machen war. 36wie groß der abstand im konkreten fall zu sein hat, ist eine frage des einzelfalles. dabei kommt es auf die verkehrslage, geschwindigkeit und die bauliche situation, insbesondere die breite der straße, sowie die art der beteiligten fahrzeuge an. auf einer breiteren straße ist ein größerer abstand zu erwarten, wobei bei großen fahrzeugen, wie lastkraftwagen, die unter umständen einen luftsog verursachen, auch ein größerer abstand erforderlich sein kann. der seitenabstand soll in der regel so bemessen sein, dass ein geringfügiges öffnen einer fahrzeugtür noch möglich ist. 34 zentimeter reichen hierfür nicht aus. 50 zentimeter haben schon genügen können (olg celle, aao, rn. 22 m.w.n.). 37ausweislich der beigezogenen ermittlungsakte hatte die polizei zur unfallörtlichkeit folgende feststellungen getroffen, die auch von den parteien des rechtsstreits nicht bestritten worden sind: 38„bei der unfallörtlichkeit handelt es sich um die gut ausgebaute l 136 in der ortslage f. die gesamte fahrbahn ist 5,70m breit und hat je einen fahrstreifen pro fahrtrichtung. die fahrstreifen sind durch unterbrochene leitlinien getrennt und die fahrbahn besteht aus schwarzdecke, welche trocken war. beidseitig der straße sich parkstreifen angeordnet. diese waren zum zeitpunkt der unfallaufnahme überwiegend belegt und es herrschte hohes verkehrsaufkommen.“ 39dem ebenfalls in der beiakte befindlichen luftbild lässt sich außerdem entnehmen, dass die beiden fahrstreifen bis kurz vor der unfallstelle durch eine verkehrsinsel getrennt waren, die eine leichte verschwenkung der fahrstreifen mit sich brachte (vgl. das lichtbild bl. 9 der beiakte). 40des weiteren ist aufgrund der eigenen angaben des klägers davon auszugehen, dass er mit seinem rad über 30 km/h schnell gefahren ist, die an der unfallstelle zulässige höchstgeschwindigkeit jedoch nicht überschritten hat. 41ferner mag davon ausgegangen werden, dass der beklagte zu 1. den einparkvorgang erst kurz zuvor abgeschlossen hatte, bevor sich der kläger mit seinem fahrrad annäherte, und dass er die fahrertür zunächst einen spalt weit geöffnet hatte. 42die behauptung der beklagten, der kläger habe einen seitenabstand von lediglich 45 cm eingehalten, konnte in der durchgeführten beweisaufnahme nicht bestätigt werden. der sachverständige i hat in seinem sorgfältig erarbeiteten gutachten mit nachvollziehbarer begründung dargelegt, warum mit technischen mitteln nicht aufklärbar war, ob der radfahrer einen seitenabstand von 45 cm oder von maximal 65 cm zu dem parkenden pkw einhielt, wobei es sich jeweils um den abstand des äußersten rechten endes des fahrradlenkers zur linken seitenwand des fahrzeuges handelte. laut dem sachverständigengutachten sei aufgrund der schadensbilder und wegen fehlender ortsfester spuren, insbesondere des fahrradreifens, sowohl ein seitenabstand von 45 cm als auch ein solcher von 65 cm plausibel. letzterer ergebe sich aus der maximalen öffnungsweite der pkw-tür, die bei 95 cm liege. auch in diesem fall habe der radfahrer den asphaltierten bereich der fahrbahn rechts orientiert befahren. 43selbst unter berücksichtigung des gefahrerhöhenden umstandes, dass der kläger mit seinem rennrad deutlich schneller gefahren ist als die durchschnittliche geschwindigkeit von fahrrädern, kann ihm nicht zum vorwurf gemacht werden, keinen so großen seitenabstand zum fahrzeug des beklagten zu 1. eingehalten zu haben, dass er selbst bei einer vollständigen öffnung der fahrertür nicht mit dieser kollidiert wäre. jedenfalls mit seiner solch groben unachtsamkeit durch den beklagten zu 1. musste der kläger nicht rechnen, selbst wenn ihm die umstände anlass zu der annahme gaben, die fahrzeugtür könne geöffnet werden. 44der höhe nach hält das gericht ein schmerzensgeld von insgesamt 7.500,-- € für angemessen, auf das die beklagten bereits 4.000,-- € gezahlt haben. dem liegen sowohl die in dem arztbrief des vinzenz-pallotti-hospitals vom 02.04.2017 (anlage k 3) niedergelegten unstreitigen befunde als auch die sich aus dem bericht der praxis im köln triangle vom 28.04.2017 (anlage k 4) ergebenden diagnosen zugrunde. warum letztere nicht unfallbedingt sein sollen, legen die beklagten nicht substantiiert dar. immerhin fand die zugrunde liegende untersuchung nur vier wochen nach dem unfall statt und kommt zu ähnlichen feststellungen wie der arztbrief vom 02.04.2017. die abweichungen in der beurteilung lassen sich ohne weiteres durch die unterschiedlichen untersuchungsmethoden erklären: während anlässlich des stationären aufenthaltes röntgen- und ct-bilder gefertigt wurden, wurde am 27.04.2017 eine kernspintomographie durchgeführt. 45auch die vom kläger geschilderten beschwerden während des heilungsprozesses sind plausibel und können zu seinen gunsten bei der bemessung des schmerzensgeldes zugrunde gelegt werden. 46dagegen findet die behauptung des klägers, ein schädel-hirn-trauma erlitten zu haben und nach dem unfall kurz bewusstlos gewesen zu sein, in den schriftlichen befunden keine stütze und ist daher ihrerseits nicht ausreichend substantiiert. 47da verdienstausfall oder ersatz eines haushaltsführungsschadens nicht geltend gemacht werden, bedurfte es insofern keiner weiteren aufklärung. 48was den sachschaden betrifft, hält das gericht den vortrag des klägers grundsätzlich für schlüssig. dass sowohl das rad als auch der fahrradhelm bei dem schweren unfall erheblich beschädigt wurden, ist vollkommen plausibel und ergibt sich auch aus den feststellungen der polizei vor ort. das beklagtenseitige – zulässige – bestreiten mit nichtwissen ist angesichts dessen nicht erheblich. 49allerdings schätzt das gericht gemäß § 287 abs. 1 zpo die höhe des vorteilsausgleichs („neu für alt“), den sich der kläger anrechnen lassen muss, auf 50 %, so dass sich noch ein anspruch in höhe von 1.089,29 € ergibt (2.489,58 € + 289,-- € x 50 % ./. 300,-- €). 50der zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 abs. 1, 288 abs. 1 bgb. 51die restlichen vorgerichtlichen anwaltskosten sind auf basis eines geschäftswertes von 8.889,29 € als weitere materielle schadensposition ersatzfähig, ohne dass verzug vorliegen müsste. 52die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 1, 708 nr. 11, 709, 711 zpo. das gericht ist bei dem teilweise unzulässigen antrag zu 1. von einem 50 %-igen unterliegen des klägers ausgegangen. 53streitwert: 8.478,58 € | Klaeger*in | 1 |
116,490 | S 17 U 955/14 | 2016-11-02T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 03.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 verurteilt, das Ereignis vom 19.10.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Beklagte hat die die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall. 3Der im Jahre 1963 geborene Kläger befuhr am 19.10.2012 mit seinem Motorrad zu dem Zwecke einzukaufen eine Straße in Kamen, als ihm ein Fahrradfahrer die Vorfahrt nahm. Bei dem folgenden Ausweichvorgang kam der Kläger zu Sturz und zog sich u.a. Luxationen beider Schultergelenke zu. 4Die Beklagte sichtete die strafrechtlichen Ermittlungsunterlagen und lehnte es sodann mit Bescheid vom 03.01.2014 ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zur Begründung ist ausgeführt, zwar seien Personen dem Grunde nach gesetzlich unfallversichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisteten oder einen Anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retteten, der Kläger habe indes nur in Anbetracht eines drohenden Zusammenstoßes eine Vollbremsung eingeleitet, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Er habe in Sekundenbruchteilen gehandelt, so dass erhebliche Zweifel daran bestünden, dass er dabei bewusst an mögliche Unfallfolgen für den Radfahrer gedacht habe. Darüber hinaus habe für den Kläger eine annähernd gleiche Gefahr bestanden, so dass die Vollbremsung auch dem Selbstschutz des Klägers gedient habe. 5Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, welchen er damit begründete, dass er eine bewusste Entscheidung getroffen habe und nicht instinktiv gehandelt habe. 6Mit Bescheid vom 19.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass angesichts der hohen Verletzungsgefahr für den Kläger selbst keine Rettungsabsicht festgestellt werden könne. 7Hiergegen ist am 08.12.2014 beim erkennenden Gericht Klage erhoben worden. 8Der Kläger trägt vor, er begehre die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall und Entschädigungsleistungen. Sein Begehren werde durch Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gestützt. Hätte er wirklich unbewusst gehandelt, wäre er in den Radfahrer hineingefahren. 9Der Kläger beantragt, 10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 zu verurteilen, das Ereignis vom 19.10.2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Die Beklagte hält ihre Entscheidung für rechtmäßig und trägt ergänzend vor, aus der strafrechtlichen Ermittlungsakte ergebe sich, dass der Kläger die Kontrolle über das Motorrad verloren habe. Motorradfahrer und Radfahrer seien im Straßenverkehr im Übrigen gleichen Gefährdungen ausgesetzt. 14Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage ist zulässig und begründet. 17Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 03.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 ist rechtswidrig. Bei dem Ereignis vom 19.10.2012 handelt es sich um einen Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes. 18Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Der Kläger ist bei dem Ereignis unfallversichert gewesen. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13a) SGB VII sind solche Personen versichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten. Dieser Tatbestand ist hier erfüllt. Der Kläger hat, indem er seinem potentiellen Unfallgegner ausgewichen ist, diesen aus erheblicher Gefahr für dessen Gesundheit gerettet, möglicherweise ihm sogar das Leben gerettet. Der Umstand, dass der Kläger die Rettungshandlung nicht mit zeitlichem Vorlauf geplant vorgenommen, sondern in Sekundenbruchteilen gehandelt hat, begründet keine andere Bewertung. Auch eine spontan, ohne intensive Überlegung verrichtete Rettungstat unterfällt dem zitierten Tatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 13a) SGB VII. Dies hat das Bundessozialgericht gerade für ein Ausweichmanöver im Straßenverkehr entschieden (BSG, Urteil v. 30.11.1982, Az.: 2 RU 70/81, BSGE 54, S. 190 ff., zur Vorgängervorschrift des § 539 Abs. 1 Nr. 9a) der Reichsversicherungsordnung - RVO). Die Entscheidung erscheint der Kammer sachgerecht, nachdem Gefahrensituationen geradezu immanent ist, dass sie überraschend auftreten und für die Rettungsentscheidung keine lange Überlegung dulden. Entsprechend hat das BSG zutreffend weiter entschieden, dass selbst bei reflexartigen Ausweichmanövern im Straßenverkehr Versicherungsschutz gegeben ist, wenn die konkrete Gefahrenlage bei natürlicher Betrachtungsweise objektiv geeignet ist, eine Rettungshandlung auszulösen (BSG, Urteil v. 08.12.1988, Az.: 2 RU 31/88, BSGE 64, S. 218 ff.). 19Ohne Erfolg weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger mit seiner Ausweichhandlung nicht allein den betreffenden Fahrradfahrer, sondern auch seine eigene Person habe retten wollen. Die Kammer hat nach sorgfältiger Sichtung der aktenkundigen, insbesondere der von der Polizeibehörde des Kreises Unna beigezogenen Unterlagen bereits nicht die Erkenntnis gewinnen können, dass der Kläger sich mit der von ihm vorgenommenen Ausweichhandlung besser steht, als wenn er es auf eine Kollision mit dem Fahrrad hätte ankommen lassen. Dies gilt nicht nur wegen der vom Kläger nunmehr tatsächlich davongetragenen Verletzungen, sondern auch in Anbetracht der abstrakten Gefahrenlage als solcher. Es bestehen bei den in Rede stehenden Gewichten eines Motorrades einerseits und eines Fahrrades andererseits vielmehr gute Gründe für die Annahme, dass der Kläger mit seinem Motorrad überhaupt nicht gestürzt wäre, wenn er geradeaus in das Fahrrad hineingefahren wäre. Schlechterdings nicht verständlich ist in diesem Zusammenhang der von der Beklagten im Klageverfahren unterbreitete Vortrag, Motorradfahrer und Fahrradfahrer seien im Straßenverkehr gleichen Gefährdungen ausgesetzt. Es kommt hier auf die konkrete Gefahrenlage an, die für den Kläger bei einem Aufprall der Fahrzeuge entstanden wäre, im Verhältnis zu der Gefahr, welcher der potentielle Unfallgegner ausgesetzt gewesen wäre. Für die Kammer besteht kein vernunftgetragener Zweifel daran, dass bei einem Zusammenstoß die Gefahr für den Unfallgegner ungleich größer gewesen wäre, eine schwerwiegende Verletzung zu erleiden, als für den Kläger. Es kommt hinzu, dass die Beklagte sogar nach dem eigenen von ihr in dem angefochtenen Bescheid vom 03.01.2014 gewählten Subsumtionsansatz das Bestehen eines Arbeitsunfalles hätte annehmen müssen. Wenn die Beklagte selbst dort das Bestehen einer annähernd gleichen Gefahr für den Kläger annimmt, so konzediert sie geradezu das Bestehen von Kausalität der Handlung des Klägers für die Abwendung einer Gefahr von dem Fahrradfahrer, denn eine annähernd gleiche Gefahr für den Kläger impliziert eine ebenfalls mindestens annähernd gleiche Gefahr für den Fahrradfahrer und nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung zur Ermittlung von Kausalität vorherrschenden allgemein anerkannten Theorie der wesentlichen Bedingung reicht die annähernde Gleichwertigkeit für die Bejahung von Kausalität bekanntlich gerade aus. 20Ebenfalls schlechterdings nicht nachvollziehbar ist die Zielrichtung des im Klageverfahren von der Beklagten unterbreiteten Vortrages, der Kläger habe die Kontrolle über sein Motorrad verloren. Der Kläger hat in der Tat die Kontrolle über sein Motorrad verloren, eben weil er das gewichtige Fahrgerät infolge des Ausweichmanövers nicht mehr hat halten können. Sollte die Beklagte mit ihrem Vortrag suggerieren wollen, der Kläger habe einen bloßen Fahrfehler begangen, der mit dem Vorfall mit dem Radfahrer nicht in Zusammenhang stehe, so ergeben die Ermittlungsakten hierfür nicht im Ansatz einen Anhalt. 21Der Klage war damit stattzugeben, wobei sich die Kostenentscheidung aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes ergibt. | die beklagte wird unter aufhebung des bescheides vom 03.01.2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 verurteilt, das ereignis vom 19.10.2012 als arbeitsunfall anzuerkennen. die beklagte hat die die außergerichtlichen kosten des klägers zu erstatten. 1 | 2die beteiligten streiten um die anerkennung eines ereignisses als arbeitsunfall. 3der im jahre 1963 geborene kläger befuhr am 19.10.2012 mit seinem motorrad zu dem zwecke einzukaufen eine straße in kamen, als ihm ein fahrradfahrer die vorfahrt nahm. bei dem folgenden ausweichvorgang kam der kläger zu sturz und zog sich u.a. luxationen beider schultergelenke zu. 4die beklagte sichtete die strafrechtlichen ermittlungsunterlagen und lehnte es sodann mit bescheid vom 03.01.2014 ab, das ereignis als arbeitsunfall anzuerkennen. zur begründung ist ausgeführt, zwar seien personen dem grunde nach gesetzlich unfallversichert, die bei unglücksfällen oder gemeiner gefahr oder not hilfe leisteten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger gefahr für seine gesundheit retteten, der kläger habe indes nur in anbetracht eines drohenden zusammenstoßes eine vollbremsung eingeleitet, um einen zusammenstoß zu vermeiden. er habe in sekundenbruchteilen gehandelt, so dass erhebliche zweifel daran bestünden, dass er dabei bewusst an mögliche unfallfolgen für den radfahrer gedacht habe. darüber hinaus habe für den kläger eine annähernd gleiche gefahr bestanden, so dass die vollbremsung auch dem selbstschutz des klägers gedient habe. 5der kläger legte hiergegen widerspruch ein, welchen er damit begründete, dass er eine bewusste entscheidung getroffen habe und nicht instinktiv gehandelt habe. 6mit bescheid vom 19.11.2014 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. die beklagte begründete ihre entscheidung damit, dass angesichts der hohen verletzungsgefahr für den kläger selbst keine rettungsabsicht festgestellt werden könne. 7hiergegen ist am 08.12.2014 beim erkennenden gericht klage erhoben worden. 8der kläger trägt vor, er begehre die anerkennung des ereignisses als arbeitsunfall und entschädigungsleistungen. sein begehren werde durch rechtsprechung des bundessozialgerichts gestützt. hätte er wirklich unbewusst gehandelt, wäre er in den radfahrer hineingefahren. 9der kläger beantragt, 10die beklagte unter aufhebung des bescheides vom 03.01.2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 zu verurteilen, das ereignis vom 19.10.2012 als arbeitsunfall anzuerkennen. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13die beklagte hält ihre entscheidung für rechtmäßig und trägt ergänzend vor, aus der strafrechtlichen ermittlungsakte ergebe sich, dass der kläger die kontrolle über das motorrad verloren habe. motorradfahrer und radfahrer seien im straßenverkehr im übrigen gleichen gefährdungen ausgesetzt. 14wegen weiterer einzelheiten wird auf den inhalt der schriftsätze der beteiligten und der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten bezug genommen. 15 | 16die klage ist zulässig und begründet. 17der angefochtene bescheid der beklagten vom 03.01.2014 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 ist rechtswidrig. bei dem ereignis vom 19.10.2012 handelt es sich um einen arbeitsunfall im sinne des gesetzes. 18arbeitsunfälle sind nach § 8 abs. 1 s. 1 des siebten buches des sozialgesetzbuches (sgb vii) unfälle von versicherten infolge einer den versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 sgb vii begründenden tätigkeit. der kläger ist bei dem ereignis unfallversichert gewesen. gemäß § 2 abs. 1 nr. 13a) sgb vii sind solche personen versichert, die bei unglücksfällen oder gemeiner gefahr oder not hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger gefahr für seine gesundheit retten. dieser tatbestand ist hier erfüllt. der kläger hat, indem er seinem potentiellen unfallgegner ausgewichen ist, diesen aus erheblicher gefahr für dessen gesundheit gerettet, möglicherweise ihm sogar das leben gerettet. der umstand, dass der kläger die rettungshandlung nicht mit zeitlichem vorlauf geplant vorgenommen, sondern in sekundenbruchteilen gehandelt hat, begründet keine andere bewertung. auch eine spontan, ohne intensive überlegung verrichtete rettungstat unterfällt dem zitierten tatbestand des § 2 abs. 1 nr. 13a) sgb vii. dies hat das bundessozialgericht gerade für ein ausweichmanöver im straßenverkehr entschieden (bsg, urteil v. 30.11.1982, az.: 2 ru 70/81, bsge 54, s. 190 ff., zur vorgängervorschrift des § 539 abs. 1 nr. 9a) der reichsversicherungsordnung - rvo). die entscheidung erscheint der kammer sachgerecht, nachdem gefahrensituationen geradezu immanent ist, dass sie überraschend auftreten und für die rettungsentscheidung keine lange überlegung dulden. entsprechend hat das bsg zutreffend weiter entschieden, dass selbst bei reflexartigen ausweichmanövern im straßenverkehr versicherungsschutz gegeben ist, wenn die konkrete gefahrenlage bei natürlicher betrachtungsweise objektiv geeignet ist, eine rettungshandlung auszulösen (bsg, urteil v. 08.12.1988, az.: 2 ru 31/88, bsge 64, s. 218 ff.). 19ohne erfolg weist die beklagte darauf hin, dass der kläger mit seiner ausweichhandlung nicht allein den betreffenden fahrradfahrer, sondern auch seine eigene person habe retten wollen. die kammer hat nach sorgfältiger sichtung der aktenkundigen, insbesondere der von der polizeibehörde des kreises unna beigezogenen unterlagen bereits nicht die erkenntnis gewinnen können, dass der kläger sich mit der von ihm vorgenommenen ausweichhandlung besser steht, als wenn er es auf eine kollision mit dem fahrrad hätte ankommen lassen. dies gilt nicht nur wegen der vom kläger nunmehr tatsächlich davongetragenen verletzungen, sondern auch in anbetracht der abstrakten gefahrenlage als solcher. es bestehen bei den in rede stehenden gewichten eines motorrades einerseits und eines fahrrades andererseits vielmehr gute gründe für die annahme, dass der kläger mit seinem motorrad überhaupt nicht gestürzt wäre, wenn er geradeaus in das fahrrad hineingefahren wäre. schlechterdings nicht verständlich ist in diesem zusammenhang der von der beklagten im klageverfahren unterbreitete vortrag, motorradfahrer und fahrradfahrer seien im straßenverkehr gleichen gefährdungen ausgesetzt. es kommt hier auf die konkrete gefahrenlage an, die für den kläger bei einem aufprall der fahrzeuge entstanden wäre, im verhältnis zu der gefahr, welcher der potentielle unfallgegner ausgesetzt gewesen wäre. für die kammer besteht kein vernunftgetragener zweifel daran, dass bei einem zusammenstoß die gefahr für den unfallgegner ungleich größer gewesen wäre, eine schwerwiegende verletzung zu erleiden, als für den kläger. es kommt hinzu, dass die beklagte sogar nach dem eigenen von ihr in dem angefochtenen bescheid vom 03.01.2014 gewählten subsumtionsansatz das bestehen eines arbeitsunfalles hätte annehmen müssen. wenn die beklagte selbst dort das bestehen einer annähernd gleichen gefahr für den kläger annimmt, so konzediert sie geradezu das bestehen von kausalität der handlung des klägers für die abwendung einer gefahr von dem fahrradfahrer, denn eine annähernd gleiche gefahr für den kläger impliziert eine ebenfalls mindestens annähernd gleiche gefahr für den fahrradfahrer und nach der im recht der gesetzlichen unfallversicherung zur ermittlung von kausalität vorherrschenden allgemein anerkannten theorie der wesentlichen bedingung reicht die annähernde gleichwertigkeit für die bejahung von kausalität bekanntlich gerade aus. 20ebenfalls schlechterdings nicht nachvollziehbar ist die zielrichtung des im klageverfahren von der beklagten unterbreiteten vortrages, der kläger habe die kontrolle über sein motorrad verloren. der kläger hat in der tat die kontrolle über sein motorrad verloren, eben weil er das gewichtige fahrgerät infolge des ausweichmanövers nicht mehr hat halten können. sollte die beklagte mit ihrem vortrag suggerieren wollen, der kläger habe einen bloßen fahrfehler begangen, der mit dem vorfall mit dem radfahrer nicht in zusammenhang stehe, so ergeben die ermittlungsakten hierfür nicht im ansatz einen anhalt. 21der klage war damit stattzugeben, wobei sich die kostenentscheidung aus § 193 des sozialgerichtsgesetzes ergibt. | Klaeger*in | 1 |
165,416 | 6a K 952/14.A | 2015-05-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist georgischer Staatsangehöriger und Volkszugehöriger christlich-orthodoxen Glaubens. Er ist geschieden. Ein im Jahre 2007 geborenes Kind des Klägers lebt bei der Mutter in Georgien. Auch die Eltern des Klägers leben dort. 3Im Mai 2012 reiste der Kläger nach eigenen Angaben auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag. Bei der am 18. Juni 2012 durchgeführten Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: „Bundesamt“) gab er an: Er habe nach dem Abschluss der Schule an der staatlichen Universität in H. die Ausbildung zum Buchhalter gemacht. Bis 2006 habe er bei „T. Georgien“ als Lagermanager gearbeitet. Er leide seit drei Jahren an Morbus Bechterew. In Georgien habe er Spritzen dagegen erhalten; diese hätten seine Leber geschädigt. Die Spritzen kosteten umgerechnet ca. 2.500,- €. Er habe von der Partei von J. Hilfe erbeten. Daraufhin habe die Polizei ihn bedroht. Über die Bedrohung von Parteimitgliedern sei auch im Fernsehen berichtet worden. Er fürchte, die Behandlung in Georgien im Falle einer Rückkehr nicht mehr bezahlen zu können. 4Mit Schreiben vom 29. November 2013 forderte das Bundesamt den Kläger auf, einen Nachweis über die geltend gemachten Erkrankungen vorzulegen. Unter dem 27. Dezember 2013 antwortete der den Kläger betreuende Familientherapeut S. , die Krankheiten seien noch nicht vollständig abgeklärt. 5Mit Bescheid vom 10. Februar 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag und den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab. Zudem stellte die Behörde fest, dass der subsidiäre Schutzstatus nicht zuzuerkennen sei und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorlägen. Das Bundesamt forderte den Kläger zur Ausreise binnen einer Woche auf und drohte ihm die Abschiebung nach Georgien an. Zur Begründung führte die Behörde aus: Auch bei Unterstellung des Vortrags des Klägers als wahr genügten die vorgetragenen Umstände nicht für die Annahme politischer Verfolgung. Die behauptete Krankheit sei durch den Kläger nicht belegt worden. 6Am 25. Februar 2014 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er auf seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren Bezug nimmt. Darüber hinaus hat er Atteste vorgelegt, in denen ihm verschiedene Erkrankungen bescheinigt werden, nämlich insbesondere eine chronische Hepatitis C, eine Spondyloarthritis ankylosans (Morbus Bechterew), ein Leistenbruch sowie eine wohl psychogene Gangstörung. Das Attest der Internistin C. vom 6. März 2015 führt aus, die Nichtbehandlung der Spondyloarthritis werde zu einer Versteifung der Wirbelsäule führen und könne überdies weitere Folgen an Auge, Herz und Lunge nach sich ziehen. Der Kläger sei daher auf die „regelmäßige Einnahme eines nicht-steroidalen Antirheumaticums, z.B. Indometacin 50mg, Voltaren, angewiesen“. 7Soweit die Klage zunächst auch auf die Anerkennung als Asylberechtigter, auf die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und auf die Zuerkennung subsidiären internationalen Schutzes gerichtet gewesen ist, hat der Kläger sie im Verhandlungstermin vom 10. Februar 2015 zurückgenommen. Er beantragt nunmehr, 8die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 4. und 5. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. Februar 2014 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich Georgiens besteht. 9Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich), 10die Klage abzuweisen. 11Sie nimmt Bezug auf die angefochtene Entscheidung. 12In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger zu den Vorgängen in Georgien und insbesondere zu seinen gesundheitlichen Beschwerden persönlich angehört worden. Nach Durchführung eines ersten Verhandlungstermins am 10. Februar 2015 ist die Sache vertagt worden, um dem Kläger Gelegenheit zur Einholung weiterer ärztlicher Atteste zu geben. Diese sind dann auch vorgelegt worden. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. 16Die verbliebene Klage ist zulässig, aber unbegründet. 17Die Entscheidung des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO); der Kläger hat auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). 18In Betracht kommt vorliegend lediglich das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. 19a) 20Mit Blick auf die Erkrankungen des Klägers lassen sich die Voraussetzungen für ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht feststellen. Eine (individuelle) Gefahr im Sinne dieser Vorschrift kann allerdings auch bestehen, wenn der Ausländer an einer Erkrankung leidet, die sich aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. Erforderlich aber auch ausreichend ist insoweit, dass sich die vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise zu verschlimmern droht, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers zu erwarten ist. 21Vgl. BVerwG, Urteile vom 9. September 1997 - 9 C 48.96 -, BVerwGE 105, 383 ff., und vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05 -, BVerwGE 127, 33 (36); Beschluss vom 17. August 2011 - 10 B 13.11 u.a. -, juris. 22Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn in dem Abschiebezielstaat dringend erforderliche Behandlungsmöglichkeiten fehlen oder wenn solche Behandlungsmöglichkeiten zwar vorhanden, für den betreffenden Ausländer aber aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht erreichbar sind. 23Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, DVBl. 2003, 463. 24Von einer abschiebungsschutzrelevanten Verschlechterung des Gesundheitszustandes kann allerdings nicht schon dann gesprochen werden, wenn „lediglich“ die Heilung eines Krankheitszustandes im Abschiebungsfall nicht zu erwarten ist. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es allein den Schutz vor gravierenden Beeinträchtigungen von Leib und Leben im Zielstaat einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG ist daher auch nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands, sondern nur dann anzunehmen, wenn außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische Schäden bei einer Rückkehr in den Zielstaat drohen. 25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2006 - 1 B 118.05 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 30. Oktober 2006 - 13 A 2820/04.A -, juris, und vom 27. Januar 2015 - 13 A 1201/12.A -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 22. Dezember 2014 - 19a K 1931/13.A - und vom 6. Februar 2015 - 17a K 2984/14.A -. 26Hinreichend konkret ist die Gefahr schließlich nur dann, wenn eine nach den vorstehend beschriebenen Anforderungen relevante Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Heimatland, also innerhalb eines überschaubaren Zeitraums einzutreten droht. 27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 2015 - 13 A 1201/12.A -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 21. November 2014 - 3a K 2901/14.A - und vom 10. März 2015 ‑ 6a K 3476/13 -. 28Um ein entsprechendes Abschiebungshindernis feststellen zu können, ist eine hinreichend konkrete Darlegung der gesundheitlichen Situation erforderlich, die in der Regel durch ein ärztliches Attest zu untermauern ist. Zwar ist der Verwaltungsprozess grundsätzlich durch den in § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO statuierten Amtsermittlungsgrundsatz geprägt. Aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO und § 74 Abs. 2 AsylVfG ergibt sich jedoch die Pflicht der Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken, was in besonderem Maße für Umstände gilt, die – wie eine Erkrankung – in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen. Insoweit muss von einem Kläger, der sich zur Begründung eines Abschiebungshindernisses auf eine Erkrankung beruft, ein Mindestmaß an substantiiertem, durch ein ärztliches Attest belegtem Vortrag erwartet werden. 29Vgl. dazu nur VG München, Urteil vom 24. Februar 2012 - M 22 K 10.30780 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Juli 2012 - 6a K 4667/10.A -, juris; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 2. Januar 2012 - 13 A 2586/11.A -, juris; Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 10. Aufl. 2013, § 74 AsylVfG Rdnr. 25 ff. 30Gemessen daran liegt eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG im Falle des Klägers – auch unter Würdigung der vorgelegten Atteste – nicht vor. 31Soweit dem Kläger in den Attesten eine chronische Hepatitis C und ein Leistenbruch bescheinigt werden, ist die konkrete Behandlungsbedürftigkeit weder behauptet noch belegt worden. 32Hinsichtlich der geltend gemachten Gangstörung scheint inzwischen weitgehend gesichert, dass diese nicht neurologischen, sondern psychischen Ursprungs ist. Dies ergibt sich vor allem aus der ausführlichen Stellungnahme der Fachärztin Dr. N. vom 16. Februar 2015. Die Vermutung, der Gangstörung könne (auch) eine – möglicherweise auf den Drogenkonsum des Klägers in Georgien zurückgehende – schwere Polyneuropatie zugrunde liegen, hat ausweislich der Stellungnahme des Neurologen Dr. O. vom 21. April 2015 nicht bestätigt werden können. Beide Ärzte stimmen in der Schlussfolgerung überein, dass eine psychiatrisch-verhaltenstherapeutische Behandlung angezeigt ist. Entscheidend ist allerdings, dass keines der vorgelegten Atteste Anhaltspunkte für die Gefahr einer Verschlechterung der Symptomatik bei Rückkehr in das Heimatland bzw. bei Ausbleiben der angedachten Behandlung enthält. Eine solche Verschlimmerungstendenz liegt auch nicht schon wegen der Natur der nunmehr diagnostizierten Krankheit nahe; sie bedürfte vielmehr konkreter Anhaltspunkte. Die bloße Gefahr, dass die Gangstörung bei einer Rückkehr nach Georgien weiterhin besteht, vermag ein Abschiebungshindernis – wie oben aufgezeigt – nicht zu begründen. 33Hinsichtlich des Morbus Bechterew ist dagegen durch die Internistin Dr. C. bescheinigt, dass bei einem Ausbleiben der Behandlung ein weiteres Fortschreiten und eine unter Umständen gravierende Ausweitung der Symptomatik zu erwarten ist. Als notwendige Behandlung nennt die Fachärztin in erster Linie die Verabreichung eines nicht-steroidalen Antirheumaticums wie z.B. Indometacin 50mg oder Voltaren. Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger diese Medikation auch in Georgien erhalten kann. Medikamente mit dem Voltaren-Wirkstoff Diclofenac sind in Geogien nach aktueller Auskunftslage verfügbar. 34Vgl. Medical Country of Origin Information des niederländischen Medical Advisors Office vom 8. März 2015 betreffend Patienten mit Polyarthritis und Osteomyelitis. 35Diese Präparate dürften für den Kläger auch faktisch erreichbar sein. Abgesehen davon, dass es in Georgien mehrere staatliche Gesundheitsprogramme gibt, in deren Rahmen eine kostenlose Untersuchung und Behandlung einschließlich medikamentöser Versorgung in gewissem Umfang gewährleistet ist, 36vgl. dazu etwa die D-A-CH-Analysen „Georgien: Medizinische Versorgung – Behandlungsmöglichkeiten“ und „Das georgische Gesundheitswesen im Überblick – Struktur, Dienstleistungen und Zugang“, beide Juni 2011, sowie die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Sigmaringen vom 19. Juli 2012 betreffend die Behandlung von PTBS u.a., 37sind die Kosten insoweit überschaubar. Eine Packung Diclofenac 50mg (20 Tabletten) ist nach aktueller Auskunftslage in Georgien für 1,70 GEL erhältlich. 38Vgl. Medical Country of Origin Information des niederländischen Medical Advisors Office vom 4. Mai 2015 betreffend einen Patienten mit chronischer Osteomyelitis (dort findet sich auch eine nähere Beschreibung der Voraussetzungen für die Aufnahme in verschiedene staatliche Programme). 39Dies entspricht derzeit etwa 0,60 € und dürfte auch für den Kläger, selbst wenn er (zunächst) auf die staatliche Grundunterstützung angewiesen sein sollte, finanzierbar sein, zumal er nahe Verwandte in seinem Heimatland hat. Hinsichtlich der bei einem Morbus Bechterew bestehenden Notwendigkeit regelmäßiger krankengymnastischer Übungen, auf die in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist und die sich auch den im Internet verfügbaren Informationen über die Krankheit entnehmen lässt, ist festzustellen, dass der Kläger insoweit schon angeleitet worden ist; in der mündlichen Verhandlung hat er angegeben, dass er die Übungen regelmäßig in seinem Zimmer praktiziere. 40Nach alledem lässt sich die für die Feststellung eines Abschiebungsverbots erforderliche Wahrscheinlichkeit einer gravierenden und alsbald nach der Rückkehr in das Heimatland zu erwartenden Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers nicht feststellen. 41b) 42Eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG droht auch nicht wegen der allgemeinen Versorgungslage in Georgien. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Gefahren, denen die Bevölkerung eines Staates oder die Bevölkerungsgruppe, welcher der Kläger angehört, allgemein ausgesetzt ist, im Rahmen von Abschiebestopp-Anordnungen nach § 60a Abs. 1 AufenthG berücksichtigt werden, der insoweit eine Sperrwirkung entfaltet. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vermag eine solche allgemeine Gefahr nur zu begründen, wenn dem Betroffenen mit Blick auf den verfassungsrechtlich unabdingbar gebotenen Schutz insbesondere des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nicht zuzumuten ist, in sein Heimatland zurückzukehren, weil er dort einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Die (allgemeine) Gefahr muss dabei nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich hieraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen Gefahrenlage zu werden. Die Gefahr muss dem Betroffenen – über den oben genannten, etwa bei § 60 Abs. 1 AufenthG anwendbaren Maßstab hinausgehend – mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen und sich alsbald nach der Rückkehr realisieren. Nur unter den vorgenannten Voraussetzungen gebieten es die Grundrechte, dem Betroffenen trotz des Fehlens einer bei allgemeinen Gefahren grundsätzlich gebotenen politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz zu gewähren. 43Vgl. zu alldem nur BVerwG, Urteile vom 29. Juni 2010 - 10 C 10.09 -, InfAuslR 2010, 458 ff., und vom 13. Juni 2013 - 10 C 13.12 -, BVerwGE 147, 8 ff., sowie OVG NRW, Urteil vom 29. Oktober 2010 - 9 A 3642/06.A -, Juris. 44Dass der Kläger im Falle seiner Abschiebung nach Georgien einer extremen Gefahrenlage in dem dargelegten Sinne ausgeliefert wäre, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Den der Kammer vorliegenden Erkenntnissen lässt sich insgesamt entnehmen, dass trotz der Folgen der Konflikte um die Regionen Südossetien und Abchasien mit Binnenflüchtlingsströmen etc. durch das Zusammenwirken des georgischen Staates mit internationalen und nationalen Hilfsorganisationen eine Grundversorgung mit Wohnraum, Nahrung und medizinischer Unterstützung gewährleistet ist. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Extremgefahr in dem oben beschriebenen Sinne vorliegt, dass der Kläger also bei einer Rückkehr nach Georgien alsbald mit hoher Wahrscheinlichkeit schwersten Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt wäre, zumal er über nahe Verwandte in Georgien verfügt. 45c) 46Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylVfG. | soweit die klage in der mündlichen verhandlung zurückgenommen worden ist, wird das verfahren eingestellt. im übrigen wird die klage abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der kläger. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der am 00.00.0000 geborene kläger ist georgischer staatsangehöriger und volkszugehöriger christlich-orthodoxen glaubens. er ist geschieden. ein im jahre 2007 geborenes kind des klägers lebt bei der mutter in georgien. auch die eltern des klägers leben dort. 3im mai 2012 reiste der kläger nach eigenen angaben auf dem landweg in das bundesgebiet ein und stellte einen asylantrag. bei der am 18. juni 2012 durchgeführten anhörung durch das bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: „bundesamt“) gab er an: er habe nach dem abschluss der schule an der staatlichen universität in h. die ausbildung zum buchhalter gemacht. bis 2006 habe er bei „t. georgien“ als lagermanager gearbeitet. er leide seit drei jahren an morbus bechterew. in georgien habe er spritzen dagegen erhalten; diese hätten seine leber geschädigt. die spritzen kosteten umgerechnet ca. 2.500,- €. er habe von der partei von j. hilfe erbeten. daraufhin habe die polizei ihn bedroht. über die bedrohung von parteimitgliedern sei auch im fernsehen berichtet worden. er fürchte, die behandlung in georgien im falle einer rückkehr nicht mehr bezahlen zu können. 4mit schreiben vom 29. november 2013 forderte das bundesamt den kläger auf, einen nachweis über die geltend gemachten erkrankungen vorzulegen. unter dem 27. dezember 2013 antwortete der den kläger betreuende familientherapeut s. , die krankheiten seien noch nicht vollständig abgeklärt. 5mit bescheid vom 10. februar 2014 lehnte das bundesamt den asylantrag und den antrag auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft ab. zudem stellte die behörde fest, dass der subsidiäre schutzstatus nicht zuzuerkennen sei und abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5 und abs. 7 s. 1 aufenthaltsgesetz (aufenthg) nicht vorlägen. das bundesamt forderte den kläger zur ausreise binnen einer woche auf und drohte ihm die abschiebung nach georgien an. zur begründung führte die behörde aus: auch bei unterstellung des vortrags des klägers als wahr genügten die vorgetragenen umstände nicht für die annahme politischer verfolgung. die behauptete krankheit sei durch den kläger nicht belegt worden. 6am 25. februar 2014 hat der kläger die vorliegende klage erhoben, zu deren begründung er auf seinen vortrag im verwaltungsverfahren bezug nimmt. darüber hinaus hat er atteste vorgelegt, in denen ihm verschiedene erkrankungen bescheinigt werden, nämlich insbesondere eine chronische hepatitis c, eine spondyloarthritis ankylosans (morbus bechterew), ein leistenbruch sowie eine wohl psychogene gangstörung. das attest der internistin c. vom 6. märz 2015 führt aus, die nichtbehandlung der spondyloarthritis werde zu einer versteifung der wirbelsäule führen und könne überdies weitere folgen an auge, herz und lunge nach sich ziehen. der kläger sei daher auf die „regelmäßige einnahme eines nicht-steroidalen antirheumaticums, z.b. indometacin 50mg, voltaren, angewiesen“. 7soweit die klage zunächst auch auf die anerkennung als asylberechtigter, auf die feststellung der flüchtlingseigenschaft und auf die zuerkennung subsidiären internationalen schutzes gerichtet gewesen ist, hat der kläger sie im verhandlungstermin vom 10. februar 2015 zurückgenommen. er beantragt nunmehr, 8die beklagte unter aufhebung der ziffern 4. und 5. des bescheides des bundesamtes für migration und flüchtlinge vom 10. februar 2014 zu verpflichten, festzustellen, dass ein abschiebungsverbot gemäß § 60 abs. 7 s. 1 aufenthg hinsichtlich georgiens besteht. 9die beklagte beantragt (schriftsätzlich), 10die klage abzuweisen. 11sie nimmt bezug auf die angefochtene entscheidung. 12in der mündlichen verhandlung ist der kläger zu den vorgängen in georgien und insbesondere zu seinen gesundheitlichen beschwerden persönlich angehört worden. nach durchführung eines ersten verhandlungstermins am 10. februar 2015 ist die sache vertagt worden, um dem kläger gelegenheit zur einholung weiterer ärztlicher atteste zu geben. diese sind dann auch vorgelegt worden. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten ergänzend bezug genommen. 14 | 15soweit die klage in der mündlichen verhandlung zurückgenommen worden ist, war das verfahren gemäß § 92 abs. 3 s. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) einzustellen. 16die verbliebene klage ist zulässig, aber unbegründet. 17die entscheidung des bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 vwgo); der kläger hat auf der grundlage der gemäß § 77 abs. 1 asylverfahrensgesetz (asylvfg) maßgeblichen sach- und rechtslage im zeitpunkt der mündlichen verhandlung keinen anspruch auf feststellung eines (nationalen) abschiebungsverbotes gemäß § 60 abs. 5 oder abs. 7 s. 1 aufenthaltsgesetz (aufenthg). 18in betracht kommt vorliegend lediglich das abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. danach soll von der abschiebung in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für den ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. 19a) 20mit blick auf die erkrankungen des klägers lassen sich die voraussetzungen für ein zielstaatsbezogenes abschiebungshindernis nach § 60 abs. 7 s. 1 aufenthg nicht feststellen. eine (individuelle) gefahr im sinne dieser vorschrift kann allerdings auch bestehen, wenn der ausländer an einer erkrankung leidet, die sich aufgrund der verhältnisse im abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. erforderlich aber auch ausreichend ist insoweit, dass sich die vorhandene erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener umstände in einer weise zu verschlimmern droht, die zu einer erheblichen und konkreten gefahr für leib und leben führt, d.h. eine wesentliche verschlimmerung der erkrankung alsbald nach der rückkehr des ausländers zu erwarten ist. 21vgl. bverwg, urteile vom 9. september 1997 - 9 c 48.96 -, bverwge 105, 383 ff., und vom 17. oktober 2006 - 1 c 18.05 -, bverwge 127, 33 (36); beschluss vom 17. august 2011 - 10 b 13.11 u.a. -, juris. 22dies kann vor allem dann der fall sein, wenn in dem abschiebezielstaat dringend erforderliche behandlungsmöglichkeiten fehlen oder wenn solche behandlungsmöglichkeiten zwar vorhanden, für den betreffenden ausländer aber aus finanziellen oder sonstigen persönlichen gründen nicht erreichbar sind. 23vgl. nur bverwg, urteil vom 29. oktober 2002 - 1 c 1.02 -, dvbl. 2003, 463. 24von einer abschiebungsschutzrelevanten verschlechterung des gesundheitszustandes kann allerdings nicht schon dann gesprochen werden, wenn „lediglich“ die heilung eines krankheitszustandes im abschiebungsfall nicht zu erwarten ist. das abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten ausländer die heilung seiner erkrankung im rahmen des sozialen systems der bundesrepublik deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es allein den schutz vor gravierenden beeinträchtigungen von leib und leben im zielstaat einer abschiebung oder rückkehr sicher. eine gefahr im sinne von § 60 abs. 7 s. 1 aufenthg ist daher auch nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen entwicklung des gesundheitszustands, sondern nur dann anzunehmen, wenn außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische schäden bei einer rückkehr in den zielstaat drohen. 25vgl. bverwg, beschluss vom 24. mai 2006 - 1 b 118.05 -, juris; ovg nrw, urteile vom 30. oktober 2006 - 13 a 2820/04.a -, juris, und vom 27. januar 2015 - 13 a 1201/12.a -, juris; vg gelsenkirchen, urteile vom 22. dezember 2014 - 19a k 1931/13.a - und vom 6. februar 2015 - 17a k 2984/14.a -. 26hinreichend konkret ist die gefahr schließlich nur dann, wenn eine nach den vorstehend beschriebenen anforderungen relevante verschlechterung des gesundheitszustands alsbald nach der rückkehr des betroffenen in sein heimatland, also innerhalb eines überschaubaren zeitraums einzutreten droht. 27vgl. ovg nrw, urteil vom 27. januar 2015 - 13 a 1201/12.a -, juris; vg gelsenkirchen, urteile vom 21. november 2014 - 3a k 2901/14.a - und vom 10. märz 2015 ‑ 6a k 3476/13 -. 28um ein entsprechendes abschiebungshindernis feststellen zu können, ist eine hinreichend konkrete darlegung der gesundheitlichen situation erforderlich, die in der regel durch ein ärztliches attest zu untermauern ist. zwar ist der verwaltungsprozess grundsätzlich durch den in § 86 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 vwgo statuierten amtsermittlungsgrundsatz geprägt. aus § 86 abs. 1 satz 1 halbsatz 2 vwgo und § 74 abs. 2 asylvfg ergibt sich jedoch die pflicht der beteiligten, an der erforschung des sachverhalts mitzuwirken, was in besonderem maße für umstände gilt, die – wie eine erkrankung – in die eigene sphäre des beteiligten fallen. insoweit muss von einem kläger, der sich zur begründung eines abschiebungshindernisses auf eine erkrankung beruft, ein mindestmaß an substantiiertem, durch ein ärztliches attest belegtem vortrag erwartet werden. 29vgl. dazu nur vg münchen, urteil vom 24. februar 2012 - m 22 k 10.30780 -, juris; vg gelsenkirchen, urteil vom 17. juli 2012 - 6a k 4667/10.a -, juris; siehe auch ovg nrw, beschluss vom 2. januar 2012 - 13 a 2586/11.a -, juris; bergmann, in: renner, ausländerrecht, kommentar, 10. aufl. 2013, § 74 asylvfg rdnr. 25 ff. 30gemessen daran liegt eine gefahr im sinne von § 60 abs. 7 s. 1 aufenthg im falle des klägers – auch unter würdigung der vorgelegten atteste – nicht vor. 31soweit dem kläger in den attesten eine chronische hepatitis c und ein leistenbruch bescheinigt werden, ist die konkrete behandlungsbedürftigkeit weder behauptet noch belegt worden. 32hinsichtlich der geltend gemachten gangstörung scheint inzwischen weitgehend gesichert, dass diese nicht neurologischen, sondern psychischen ursprungs ist. dies ergibt sich vor allem aus der ausführlichen stellungnahme der fachärztin dr. n. vom 16. februar 2015. die vermutung, der gangstörung könne (auch) eine – möglicherweise auf den drogenkonsum des klägers in georgien zurückgehende – schwere polyneuropatie zugrunde liegen, hat ausweislich der stellungnahme des neurologen dr. o. vom 21. april 2015 nicht bestätigt werden können. beide ärzte stimmen in der schlussfolgerung überein, dass eine psychiatrisch-verhaltenstherapeutische behandlung angezeigt ist. entscheidend ist allerdings, dass keines der vorgelegten atteste anhaltspunkte für die gefahr einer verschlechterung der symptomatik bei rückkehr in das heimatland bzw. bei ausbleiben der angedachten behandlung enthält. eine solche verschlimmerungstendenz liegt auch nicht schon wegen der natur der nunmehr diagnostizierten krankheit nahe; sie bedürfte vielmehr konkreter anhaltspunkte. die bloße gefahr, dass die gangstörung bei einer rückkehr nach georgien weiterhin besteht, vermag ein abschiebungshindernis – wie oben aufgezeigt – nicht zu begründen. 33hinsichtlich des morbus bechterew ist dagegen durch die internistin dr. c. bescheinigt, dass bei einem ausbleiben der behandlung ein weiteres fortschreiten und eine unter umständen gravierende ausweitung der symptomatik zu erwarten ist. als notwendige behandlung nennt die fachärztin in erster linie die verabreichung eines nicht-steroidalen antirheumaticums wie z.b. indometacin 50mg oder voltaren. das gericht geht davon aus, dass der kläger diese medikation auch in georgien erhalten kann. medikamente mit dem voltaren-wirkstoff diclofenac sind in geogien nach aktueller auskunftslage verfügbar. 34vgl. medical country of origin information des niederländischen medical advisors office vom 8. märz 2015 betreffend patienten mit polyarthritis und osteomyelitis. 35diese präparate dürften für den kläger auch faktisch erreichbar sein. abgesehen davon, dass es in georgien mehrere staatliche gesundheitsprogramme gibt, in deren rahmen eine kostenlose untersuchung und behandlung einschließlich medikamentöser versorgung in gewissem umfang gewährleistet ist, 36vgl. dazu etwa die d-a-ch-analysen „georgien: medizinische versorgung – behandlungsmöglichkeiten“ und „das georgische gesundheitswesen im überblick – struktur, dienstleistungen und zugang“, beide juni 2011, sowie die auskunft des auswärtigen amtes an das vg sigmaringen vom 19. juli 2012 betreffend die behandlung von ptbs u.a., 37sind die kosten insoweit überschaubar. eine packung diclofenac 50mg (20 tabletten) ist nach aktueller auskunftslage in georgien für 1,70 gel erhältlich. 38vgl. medical country of origin information des niederländischen medical advisors office vom 4. mai 2015 betreffend einen patienten mit chronischer osteomyelitis (dort findet sich auch eine nähere beschreibung der voraussetzungen für die aufnahme in verschiedene staatliche programme). 39dies entspricht derzeit etwa 0,60 € und dürfte auch für den kläger, selbst wenn er (zunächst) auf die staatliche grundunterstützung angewiesen sein sollte, finanzierbar sein, zumal er nahe verwandte in seinem heimatland hat. hinsichtlich der bei einem morbus bechterew bestehenden notwendigkeit regelmäßiger krankengymnastischer übungen, auf die in der mündlichen verhandlung hingewiesen worden ist und die sich auch den im internet verfügbaren informationen über die krankheit entnehmen lässt, ist festzustellen, dass der kläger insoweit schon angeleitet worden ist; in der mündlichen verhandlung hat er angegeben, dass er die übungen regelmäßig in seinem zimmer praktiziere. 40nach alledem lässt sich die für die feststellung eines abschiebungsverbots erforderliche wahrscheinlichkeit einer gravierenden und alsbald nach der rückkehr in das heimatland zu erwartenden verschlechterung des gesundheitszustands des klägers nicht feststellen. 41b) 42eine gefahr im sinne von § 60 abs. 7 s. 1 aufenthg droht auch nicht wegen der allgemeinen versorgungslage in georgien. dabei ist zu berücksichtigen, dass gefahren, denen die bevölkerung eines staates oder die bevölkerungsgruppe, welcher der kläger angehört, allgemein ausgesetzt ist, im rahmen von abschiebestopp-anordnungen nach § 60a abs. 1 aufenthg berücksichtigt werden, der insoweit eine sperrwirkung entfaltet. ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg vermag eine solche allgemeine gefahr nur zu begründen, wenn dem betroffenen mit blick auf den verfassungsrechtlich unabdingbar gebotenen schutz insbesondere des lebens und der körperlichen unversehrtheit nicht zuzumuten ist, in sein heimatland zurückzukehren, weil er dort einer extremen gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im falle seiner abschiebung gleichsam sehenden auges dem sicheren tod oder schwersten verletzungen ausgeliefert würde. die (allgemeine) gefahr muss dabei nach art, ausmaß und intensität von einem solchen gewicht sein, dass sich hieraus bei objektiver betrachtung für den ausländer die begründete furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher weise ein opfer der extremen gefahrenlage zu werden. die gefahr muss dem betroffenen – über den oben genannten, etwa bei § 60 abs. 1 aufenthg anwendbaren maßstab hinausgehend – mit hoher wahrscheinlichkeit drohen und sich alsbald nach der rückkehr realisieren. nur unter den vorgenannten voraussetzungen gebieten es die grundrechte, dem betroffenen trotz des fehlens einer bei allgemeinen gefahren grundsätzlich gebotenen politischen leitentscheidung nach § 60a abs. 1 satz 1 i. v. m. § 60 abs. 7 satz 3 aufenthg abschiebungsschutz zu gewähren. 43vgl. zu alldem nur bverwg, urteile vom 29. juni 2010 - 10 c 10.09 -, infauslr 2010, 458 ff., und vom 13. juni 2013 - 10 c 13.12 -, bverwge 147, 8 ff., sowie ovg nrw, urteil vom 29. oktober 2010 - 9 a 3642/06.a -, juris. 44dass der kläger im falle seiner abschiebung nach georgien einer extremen gefahrenlage in dem dargelegten sinne ausgeliefert wäre, vermag das gericht nicht zu erkennen. den der kammer vorliegenden erkenntnissen lässt sich insgesamt entnehmen, dass trotz der folgen der konflikte um die regionen südossetien und abchasien mit binnenflüchtlingsströmen etc. durch das zusammenwirken des georgischen staates mit internationalen und nationalen hilfsorganisationen eine grundversorgung mit wohnraum, nahrung und medizinischer unterstützung gewährleistet ist. unter diesen umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine extremgefahr in dem oben beschriebenen sinne vorliegt, dass der kläger also bei einer rückkehr nach georgien alsbald mit hoher wahrscheinlichkeit schwersten gefahren für leib und leben ausgesetzt wäre, zumal er über nahe verwandte in georgien verfügt. 45c) 46die kostenentscheidung folgt aus §§ 154 abs. 1, 155 abs. 2 vwgo, § 83 b asylvfg. | Verklagte*r | 0 |
334,169 | S 7 KA 206/17 | 2020-12-02T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 12.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.08.2017 verpflichtet, der Klägerin den einbehaltenen Betrag von 78.949,93 Euro wieder auszuzahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 78.949,93 Euro festgesetzt. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen eine Rückforderung in Höhe von 78.949,93 EURO anlässlich einer Plausibilitätsprüfung für die Quartale 4/2012 bis 2/2016. Streitig ist, ob die Beklagte die Gebührenordnungsposition (GOP) 05310 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) in all den Fällen streichen durfte, in denen am gleichen Tag auch die GOP 31831 abgerechnet worden ist. 3Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), bestehend aus mehreren Fachärzten für Anästhesie, die in S zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Mit Bescheid vom 12.04.2017 hob die Beklagte anlässlich einer Plausibilitätsprüfung die Honorarbescheide für die Quartale 4/2012 bis 2/2016 teilweise auf und forderte von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 78.949,93 EURO zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin die GOP 05310 und die GOP 31831 am selben Behandlungstag mit einem Tagestrennstrich angesetzt habe, dies sei so nicht berechnungsfähig. 4Hiergegen erhob die Klägerin am 08.05.2017 Widerspruch. Sie führte aus, dass sie die GOP 05310 und die GOP 31831 am gleichen Tag habe abrechnen dürfen. Aus der Systematik des EBM gehe eindeutig hervor, dass das Verbot der Nebeneinanderabrechnung sich nur auf dieselbe Sitzung beziehe. Die Klägerin habe die Leistungen jedoch in zwei Sitzungen erbracht und habe sie deshalb am selben Tag abrechnen dürfen. Die Art und Weise der Behandlung ihrer Patienten anlässlich einer Narkose bei einer ambulanten Operation schilderte die Klägerin im Widerspruchsverfahren wie folgt: Die bei der Klägerin tätigen Ärzte würden unter anderem Anästhesieleistungen im Rahmen von ambulanten Kataraktoperationen erbringen. Dabei verwendeten sie meistens Analgosedierungen. Die Patienten würden, nachdem durch den behandelnden Augenarzt die Indikation einer Kataraktoperation festgestellt wurde, frühzeitig von diesem über den Verlauf, die Risiken, usw. der Operation aufgeklärt. Am Tag der Operation kämen die Patienten – meist ältere Patienten – mit ihren Angehörigen in die Praxis der Klägerin. Dort werde zunächst die körperliche Verfassung in Hinblick auf die Anästhesiefähigkeit untersucht und die vom Hausarzt der Patienten erhobenen Befunde (z.B. Laborwerte, EKG, Medikamentenplan) vorgelegt und ausgewertet. Im Anschluss daran erfolge die Entscheidung über das für den Patienten schonendste Anästhesieverfahren. Über dieses werde der Patient sodann in Hinblick auf den Ablauf und die Risiken ausführlich aufgeklärt. Ebenso werde auch auf die postoperativen Risiken und Verhaltensmaßnahmen hingewiesen. Bei der regelmäßig gewählten tiefen Analgosedierung seien die Patienten nicht ansprechbar und nicht selten könne eine künstliche Beatmung über eine Maske (Maskennarkose) kurzfristig notwendig werden. Auch über diesen möglichen Übergang von einer Analgosedierung in eine Maskennarkose würden die Patienten aufgeklärt. Dabei sei zu erwähnen, dass auch trotz Vornahme einer Maskennarkose dann von der Klägerin lediglich die Analgosedierung abgerechnet worden sei. Das präanästhesiologische Gespräch könne je nach Patient zwischen 15 und 30 Minuten dauern. Nach Beendigung des Vorgesprächs verließen die Patienten die Praxis der Klägerin, da die Operation nicht in der Praxis stattfinde. Die Operation und dementsprechend auch die Durchführung der Anästhesie fänden im OP-Bereich der benachbarten Tagesklinik statt, die räumlich von der Praxis der Klägerin getrennt sei und unabhängig von der Praxis betrieben werde. Zwischen dem präanästhesiologischen Gespräch und der Operation lägen in der Regel zwischen 30 Minuten und 2 Stunden. Die Klägerin führte zur Abrechnung aus, dass sie für das präanästhesiologische Vorgespräch in der Praxis regelmäßig die GOP 05310 in Ansatz gebracht habe. Für die Einleitung und Unterhaltung der Anästhesie im Rahmen der Kataraktoperation in der Tagesklinik habe die Klägerin die GOP 31831 in Ansatz gebracht. Nach dem Wortlaut seien beide Ziffern neben einander abrechenbar. In der GOP 05310 stünde lediglich, dass die GOP 05310 "nicht neben" den GOP (u.a.) 31831 berechnungsfähig sei. Es sei nicht eindeutig geregelt, welchen Zeitraum das Abrechnungsverbot betreffe. Die Formulierung "nicht neben" sei daher unbestimmt, da nicht ersichtlich sei, für welchen Zeitpunkt und welchen Anwendungsfall der Abrechnungsausschluss gelten solle. Aus diesem Grund seien zusätzlich systematische Erwägungen angezeigt. Wenn man den EBM in der Gesamtheit betrachte, sei festzustellen, dass es unterschiedliche Abstufungen in den Abrechnungsausschlüssen gebe. So heiße es teilweise "nicht neben", teilweise "am Behandlungstag nicht neben" und teilweise "im Behandlungsfall nicht neben". Daraus folge, dass der EBM ausdrücklich bestimme, zu welchem Zeitpunkt verschiedene GOP nicht nebeneinander abgerechnet werden dürfen. Angesichts dessen sei davon auszugehen, dass in der GOP 05310 ausdrücklich der Behandlungstag aufgenommen worden wäre, wenn gewollt gewesen wäre, eine Abrechnung beider Ziffern an einem Tag auszuschließen. Diese Auslegung sei auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestätigt worden. Auf eine entsprechende Nachfrage des Bundesverbands Deutscher Anästhesisten im Juli 2006 über die Nebeneinanderabrechnung der GOP 05310 und GOP 31831 sei ausgeführt worden, dass der Abrechnungsausschluss Sitzungsbezug habe und eine Abrechnung beider Ziffern dann möglich sei, wenn die Leistungen in zwei Sitzungen erbracht worden seien. Für die Auslegung der Klägerin spreche auch die historische Entwicklung. Die GOP 31831 sei mit Quartal 3/2016 durch die GOP 31841 (patientenadaptiertes Narkosemanagement II) ersetzt worden. Hintergrund sei gewesen, dass die Anästhesisten immer nur eine Anästhesieform in Ansatz hätten bringen können, auch wenn sich im Rahmen der Operation herausgestellt habe, dass ein Wechsel der Anästhesieart notwendig wurde und am Ende zwei Anästhesieleistungen erbracht worden sind. Die neue Narkosepauschale solle eine individuelle Anästhesie bezwecken, da nunmehr – egal welche Anästhesie oder Narkoseleistung erbracht wurde – immer die gleiche Vergütung gezahlt werde. Es werde jegliche Form der Anästhesie abgedeckt, sowohl die gängige Analgosedierung als auch die nur selten verwendete – und teurere – Narkose. Außerdem beinhalte die Narkosepauschale nun auch ausdrücklich die präanästhesiologische Untersuchung (GOP 05310), was sich auch in der Vergütung widerspiegele. Es sei unstreitig, dass die 05310 neben der (neuen) 31841 nicht mehr abgerechnet werden dürfe, da sie bereits als obligatorischer Inhalt von der Narkose-Pauschale umfasst sei. Bei Betrachtung der jeweiligen Vergütung der alten GOP 31831 und der neuen GOP 31841 falle auf, dass es bei der neuen Narkosepauschale zu einem enormen Vergütungssprung gekommen sei. Die Vergütung der neuen GOP 31841 betrage 74,34 EUR und 706 Punkte, während die alte GOP 31831 nur 47,04 EUR und 458 Punkte umfasst habe. In Anbetracht dessen sei der Vergütungssprung von 458 Punkten auf 706 Punkten nicht erklärbar, wenn die 05310 zuvor nicht auch hätte abgerechnet werden dürfen. Denn die GOP 31831 zusammen mit der GOP 05310, die mit 179 Punkten und 18,39 EUR vergütet werde, komme auf eine ähnliche Vergütungshöhe wie die neue Pauschale, nämlich 637 Punkte und 65,43 EUR. Da die Leistungen in verschiedenen Sitzungen erbracht worden seien, seien sie auch beide abrechenbar gewesen. Unter einer Sitzung sei nach dem EBM regelmäßig ein Arzt-Patienten-Kontakt zu verstehen. Dieser beschreibe einen in sich abgeschlossenen Behandlungsabschnitt, in dem eine ärztliche Leistung vollendet werde und kalkulatorisch bei keiner anderen Leistung mit einfließe. Dies sei vorliegend anzunehmen, da das Anästhesiegespräch abgeschlossen sei, bevor nach ca. 2 Stunden die Anästhesieleistungen im Rahmen der Operation erbracht würden. Dafür spreche insbesondere auch die Tatsache, dass man das präanesthesiologische Gespräch auch an einem anderen Tag erbringen könnte, hierauf aber aus medizinischen Gründen sowie zur Berücksichtigung des Patienteninteresses verzichtet worden sei. Selbst wenn man der engen Auslegung des Sitzungsbegriffs folgen würde, dass eine Sitzung erst mit dem Verlassen der Praxis beendet sei, wäre die Abrechnung beider Ziffern zulässig gewesen, denn das Vorgespräch habe der Praxis stattgefunden und die Operation in der benachbarten Tagesklinik. Auch aus haftungsrechtlicher Sicht sei die Nebeneinanderabrechnung am selben Tag nicht zu beanstanden, da die ständige Rechtsprechung bei normalen ambulanten Operationen eine Aufklärung am Operationstag für unbedenklich halte. Die Kassenärztliche Vereinigung rüge nun alleine die taggleiche Abrechnung, habe aber eben diese taggleiche Abrechnung von Anfang an sehen können und im eigenen Regelwerk für die Prüfung der Abrechnung eben keinen Abrechnungsausschluss vorgesehen und dies über Jahre hinweg. Hier liege mithin zusätzlich ausnahmsweise ein Zeit- und ein Umstandsmoment einer Prüfbarkeit bzw. eine positive Prüfung über einen langen Zeitraum hinweg vor. Die Rückforderung verstoße daher unbeschadet der unzutreffenden Auslegung der Beklagten bezüglich der GOP-Ziffern auf einem Verstoß gegen den Vertrauensschutzgrundsatz. Die von der Klägerin praktizierte Abrechnungspraxis sei für die Beklagte offensichtlich gewesen, weil die Abrechnungen jeweils für den gleichen Behandlungstag erfolgt seien. Damit sei die Abrechnung am gleichen Behandlungstag auch offensichtlich gebilligt worden. Es handele sich nicht um den Fall eines nicht unmittelbar aus der Abrechnung ersichtlichen Umstands, auf dessen Vorliegen die Beklagte hätte vertrauen müssen und den sie erst im Rahmen späterer, vertiefter Prüfung hätte aufdecken können. Vielmehr gehe es um ein von Anfang an erkennbaren und im Rahmen der Abrechnungsausschlüsse auch geprüften Umstand. Abschließend wies die Klägerin darauf hin, dass die Beklagte mit ihrer Auslegung zur Abrechnung der beiden Ziffern auch alleine stünde. Im Rahmen der Ankündigung zur Neuregelung der Narkosepauschale im Juli 2016 hätten diverse Kassenärztliche Vereinigungen auf ihrer Internetpräsenz darauf hingewiesen dass "nunmehr" eine Abrechnung von 05310 und 31841 nicht mehr möglich sei. Im Umkehrschluss sei die Abrechnung demnach nach Auffassung vieler Kassenärztlicher Vereinigungen vor der Änderung möglich gewesen. Beispielhaft werde auf die Mitteilung der KV Hessen, der KV Bayern und der KV Brandenburg verwiesen. Im Übrigen habe der Bewertungsausschuss in seinen Gründen zur Änderung des EBM ausgeführt, dass die in der GOP 05310 enthaltenen Leistungen in der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) vergütet werden und auch künftig ein gewisser Umfang über die MGV vergütet werden solle, indem die GOP 05315 automatisch zugesetzt werde. Offensichtlich sei der Bewertungsausschuss von der Möglichkeit der Abrechnung der GOP 05310 neben der bisherigen GOP 31831 ausgegangen, da er sonst die dargestellte Systematik zur Teilvergütung der neuen Narkosepauschale im Rahmen der MGV nicht mit aufgenommen hätte. Diese Begründung hätten sowohl die Kassenärztliche Bundesvereinigung als auch die Beklagte auf ihrer Internetpräsenz übernommen. 5Die Beklagte folgte dieser Argumentation nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2017 wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück. Gemäß § 37 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) i.V.m. § 45 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Abs. 4 Ersatzkassenvertrag (EKV) sei die Klägerin dazu verpflichtet, das zu Unrecht gezahlte Honorar zurückzuzahlen. Die Wendungen "neben" und "nebeneinander" würden im EBM regelmäßig im Sinne eines Ausschlusses der berechnungsfähigen verschiedenen Positionen der Gebührenordnung gebraucht und hätten kein Bezug zur zeitlichen Reihenfolge der Erbringung der betroffenen Leistungen. Die Leistungen, die bei lebensnaher Betrachtung in einem notwendigen funktionalen Zusammenhang stünden, dürften nicht unter Berufung auf eine zeitliche Unterbrechung der Behandlung in zwei getrennte Leistungen aufgespalten werden. Eine Unterbrechung des Arzt-Patienten-Kontakts im Sinne einer Wartezeit hebe einen bestehenden funktionalen Zusammenhang nicht auf, sodass die jeweils in Rede stehenden Leistungen nicht nebeneinander abrechenbar seien. Auch sei festzustellen, dass die Klägerin die beiden Gebührenordnungspositionen durch ein Tageskennzeichen getrennt habe, wodurch eine Aussteuerung durch das Regelwerk verhindert worden sei. Die Abrechnung sei daher unter fehlerhafter Anwendung der maßgeblichen Bestimmungen, insbesondere der Leistungslegenden des EBM und der entsprechenden Richtlinien erstellt worden. 6Hiergegen hat die Klägerin am 27.09.2017 Klage erhoben, die sie mit den Ausführungen begründet, die bereits im Widerspruchsverfahren getätigt wurden. 7Die Klägerin beantragt, 8den Bescheid vom 12.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den einbehaltenen Betrag in Höhe von 78.949,93 Euro an die Klägerin wieder auszuzahlen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Die Beklagte führt aus, dass die Klägerin bei der Abrechnung gezielt – nämlich ohne Notwendigkeit – eine Tagtrennung vorgenommen habe und hierdurch den im Regelwerk der Beklagten hinterlegten Abrechnungsausschuss umgangen bzw. aufgehoben habe. Es dränge sich die Frage auf, weshalb die Klägerin eine solche Tagtrennung vornehme, wenn sie doch die Ansicht vertrete, die betreffenden Leistungen könnten nebeneinander abgerechnet werden. Bezüglich der Auslegung der Worte "neben" und "nebeneinander" sei außerdem auf den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.06.2010 (B 6 KA 31/09 B) zu verweisen. Darin habe das BSG ausgeführt, dass die Worte im Sinne eines Ausschlusses der Berechnungsfähigkeit zu verstehen seien und keinen Bezug zur zeitlichen Reihenfolge der Erbringung der betroffenen Leistung hätten. Aus diesem Grund sei die von der Klägerin angeführte zeitliche und räumliche Trennung der betreffenden Leistung unbeachtlich, zumal die präanästhesiologische Untersuchung auch in der Tagesklinik hätte erfolgen können. Die Beklagte verweist ferner auf ein Urteil des SG Düsseldorf vom 13.06.2007 (S 2 KA 136/06) und auf die Entscheidung des BSG vom 12.12.2001 (B 6 KA 88/00 R). 12Die Klägerin hält die von der Beklagten angeführten Urteile nicht für einschlägig. Im Fall des BSG sei es um die Abrechnung unterschiedlicher Anästhesieleistungen gegangen, also um zwei Leistungen mit gleicher Zielrichtung. In diesem Fall sei die Nebeneinanderabrechnung zeitunabhängig ausgeschlossen worden. Im hiesigen Fall handele sich um eine Voruntersuchung einerseits und die Durchführung der Anästhesieleistungen andererseits und somit um verschiedene Zielrichtungen. Auch stünden die Ausführungen der Beklagten im Gegensatz zu der bisherigen Auffassung der Beklagten, die eine Abrechnung der verschiedenen Ziffern an verschiedenen Tagen stets für zulässig gehalten habe. 13Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die der Kammer vorgelegen haben und deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage ist zulässig. Das Rubrum war zunächst zu berichtigen, da sich die klagende Berufsausübungsgemeinschaft mittlerweile aus anderen Personen zusammensetzt als zu Beginn des Klageverfahrens. Schuldnerin eines Regresses, der gegen Ärzte einer vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft festgesetzt wird, ist die Berufsausübungsgemeinschaft. Wird diese Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben, kommt der GbR selbst die Sachbefugnis zu, eine solche Gesellschaftsverpflichtung im Prozess abzuwehren, und zwar unabhängig von Änderungen in ihrem Mitgliederbestand, die im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens möglicherweise erfolgen. Gleiches gilt hinsichtlich der Klagebefugnis und der Aktivlegitimation im Sozialgerichtsprozess. Auch diese stehen der Berufsausübungsgemeinschaft als solcher unabhängig von Wechseln in ihrem Mitgliederbestand zu. Findet im Verlauf des Verfahrens ein Mitgliederwechsel statt, der zu einer Änderung des Namens der Berufsausübungsgemeinschaft führt, ist dies - wie hier geschehen - von Amts wegen durch Anpassung ihrer Bezeichnung im Rubrum zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2007 – B 6 KA 27/06 R –, m. w. N.). 16Die Klage ist auch begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und die Klägerin in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Die Beklagte durfte in den Quartalen 4/2012 bis 2/2016 die abgerechneten GOP 05310 nicht in all den Fällen streichen, in denen am gleichen Tag auch die GOP 38131 abgerechnet worden ist. 17Nach § 75 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Dazu haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen (§ 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz SGB V). Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem die ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. 18Nach § 106a SGB V stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Dabei erstreckt sich die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung auf alle Bereiche, in den sie aufgrund gesetzlicher Erweiterung des Sicherstellungsauftrags (vgl. § 75 Abs. 3 bis 6 SGB V) auch die Abrechnung vornimmt. Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung besteht nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sowohl im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler und zum anderen auch in Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2006, B 6 KA 76/04 R m. w. N.). Bei der Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung ist also zu untersuchen, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. 19Die sachlich-rechnerische Berichtigung kann sowohl vor wie nach Erlass des Honorarbescheids erfolgen. Die Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzuzahlen ist. Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von 4 Jahren (vgl. etwa BSG, Urteil vom 05.05.2010, - B 6 KA 5/09 R - m. w. N.). Die (nachträgliche) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen setzt ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus, sofern die KV den ergangenen Honorarbescheid wegen Falschabrechnung lediglich teilweise - hinsichtlich der als fehlerhaft beanstandeten Leistungsabrechnung - aufhebt und auch nur den hierauf entfallenden Honoraranteil zurückfordert, dem Vertragsarzt das Honorar im Übrigen also ungeschmälert belässt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006, - B 6 KA 76/04 R -). 20Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie die Ziffer 05310 aufgrund eines Abrechnungsausschlusses immer dann streichen durfte, wenn diese Ziffer von der Klägerin bei einem Patienten am gleichen Behandlungstag mit der Ziffer 31831 abgerechnet worden ist. Diese Auffassung ist unzutreffend. Die Beklagte war nicht dazu befugt, von der Klägerin einen Betrag in Höhe von 78.949,93 EURO aufgrund der Abrechnung der GOP 05310 und 31831 am gleichen Tag zurück zu fordern, da die Klägerin zu Recht beide Ziffern am gleichen Tag abgerechnet hat. Der in GOP 05310 geregelte Abrechnungsausschluss neben der GOP 31831 ist sitzungsbezogen zu verstehen (hierzu unter 1.) und die beiden Leistungen wurden von der Klägerin in verschiedenen Sitzungen erbracht (hierzu unter 2.). 211. Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Soweit der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände. Auch eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen in Betracht. Sie kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. BSG, Urteile vom 10.12.2008 - B 6 KA 45/07 R - m.w.N.). 22Die GOP 05310 hatte in den hier streitigen Quartalen (4/2012 bis 2/2016) folgenden Wortlaut: 23Präanästhesiologische Untersuchung bei einer ambulanten oder belegärztlichen Operation der Abschnitte 31.2 bzw. 36.2 24Obligater Leistungsinhalt - Überprüfung der Narkosefähigkeit des Patienten, - Aufklärungsgespräch mit Dokumentation, Fakultativer Leistungsinhalt - Auswertung ggf. vorhandener Befunde, - In mehreren Sitzungen, einmal im Behandlungsfall 17,70 EUR 505 Punkte 25Für die Berechnung der Leistung nach der Nr. 05310 sind die Bestimmungen der Abschnitte 31.2 bzw. 36.2 zu beachten. Die Gebührenordnungsposition 05310 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 01220 bis 01222, 01440, 01510 bis 01512, 01520, 01521, 01530, 01531, 01852, 01856, 01903, 01913, 02100, 02101, 02342, 05360, 05361, 05371, 30710, 30712, 30720 bis 30724, 30730, 30731, 30740, 30751, 30760, 31830, 31831, 36830 und 36831 berechnungsfähig. 26Nach dem Wortlaut kommen verschiedene Auslegungsmöglichkeiten in Betracht. Das "neben" kann sich auf die Abrechnung in einer Sitzung, als kleinstmögliche Zeiteinheit bei ärztlichen Leistungen, beziehen oder es kann umfassender verstanden werden. Die wegen des nicht eindeutigen Wortlauts erforderliche systematische Auslegung spricht dafür, den Ausschluss sitzungsbezogen zu verstehen. Es gibt in diversen Ziffern des EBM Abrechnungsausschlüsse, teils für den Behandlungstag, teils für den Behandlungsfall, teils für 21 Tage, teils für den Krankheitsfall oder auch für einen Zyklus (bei Fällen der Reproduktionsmedizin). In diversen Ziffern werden mehrere Abrechnungsausschlüsse in einer Ziffer gestaffelt aufgeführt. Wenn die Ziffer einen Abrechnungsausschluss allein mit dem Wort "neben" hat, folgen in diesen Konstellationen stets sodann größere Zeitabschnitte. Beispielhaft wird auf die GOP 06340 oder 07310 hingewiesen. Dort stet wörtlich: 27"Die Gebührenordnungsposition 06340 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 02300 bis 02302 und 06350 bis 06352 berechnungsfähig. Die Gebührenordnungsposition 06340 ist am Behandlungstag nicht neben den Gebührenordnungspositionen 31708 bis 31731 berechnungsfähig. Die Gebührenordnungsposition 06340 ist im Behandlungsfall nicht neben den Gebührenordnungspositionen 06341 und 06342 berechnungsfähig." 28"Die Gebührenordnungsposition 07310 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 02300 bis 02302 und 02511 berechnungsfähig. Die Gebührenordnungsposition 07310 ist am Behandlungstag nicht neben den Gebührenordnungspositionen 31614 bis 31621 berechnungsfähig. Die Gebührenordnungsposition 07310 ist im Behandlungsfall nicht neben den Gebührenordnungspositionen 02311, 02312, 02340, 02341, 02350, 02360, 07311, 07320, 07330, 07340, 07345 und 18310 berechnungsfähig. Die Gebührenordnungsposition 07310 ist im Zeitraum von 21 Tagen nach Erbringung einer Leistung des Abschnitts 31.2 nicht neben den Gebührenordnungspositionen 31601, 31602 und 31608 bis 31637 berechnungsfähig." 29Wenn das Wort "neben" schon den Behandlungstag umfassen würde – wie die Beklagte meint – wäre es vollkommen überflüssig, zwischen "nicht neben" und "am Behandlungstag nicht neben" zu differenzieren. Eine entsprechende Systematik findet sich zuhauf im EBM und zeigt, dass das Wort "neben" im Regelfall verwendet wird, um die kleinste Zeiteinheit, nämlich die Sitzung, zu wählen. 30Soweit die Beklagte zur Stützung ihrer Auffassung auf die Entscheidung des BSG vom 12.12.2001 (B 6 KA 88/00 R) verweist und der Auffassung ist, dass sich aus dieser Entscheidung eine Bestätigung der von ihr vorgenommenen Streichung der GOP 05310 bei Abrechnung der GOP 31831 am gleichen Tag ergebe, überzeugt dies nicht. Das BSG hatte in seiner Entscheidung die GOP 462 EBM-Ä und 443 EBM-Ä zu prüfen, dies sind zwei verschiedene Anästhesien (einmal schmerztherapeutisch und einmal operativ indiziert) und nicht wie hier ein Aufklärungsgespräch einerseits und die eigentliche Anästhesie anderseits. In der Entscheidung wird nicht generell ausgeführt, dass das Wort "neben" auf die eine oder andere Weise zu verstehen ist, sondern die Entscheidung betraf nur den dort relevanten Abrechnungsausschlusstatbestand. Das BSG hat in seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt, dass die beiden Ziffern "innerhalb eines Arzt-Patienten-Kontakts" abgerechnet worden seien (Rn. 22). Auch unter Rn. 3 der Entscheidung ist zu lesen, dass die dort beklagte KV eine Streichung vorgenommen hat, "weil beide Anästhesien im Rahmen derselben Arzt-Patienten-Begegnung erfolgten". Das BSG hat in der zitierten Entscheidung damit ausschließlich einen sitzungsbezogenen Ausschluss bestätigt und keineswegs einen über eine Sitzung hinausgehenden Ausschluss. Liest man die der Entscheidung des BSG vorangegangene Entscheidung des LSG Niedersachen vom 01.11.2000 (L 3/5 KA 80/99), die vom BSG bestätigt wurde, so finden sich dort unter anderem folgende Ausführungen: 31"Nach den Allgemeinen Bestimmungen zum EBM ist aber in den Fällen, in denen bezüglich bestimmter EBM-Ziffern ein gegenseitiger Abrechnungsausschluss vorgesehen ist, immer darauf abzustellen. ob die Leistungen innerhalb derselben Konsultation. Sitzung, Arzt-Patienten-Kontakt oder Inanspruchnahme beim Arzt erbracht werden (vgl Wezel/Liebold a.a.O., Abschnitt A I Seite 8-5). Für den erkennenden Senat stellt sich die Behandlung der Patientin durch die Kläger unter Beachtung der von Ihnen selbst geschilderten Umstände als ein einheitlicher Lebenssachverhalt dar. der einer getrennten Bewertung nicht zugänglich ist." 32Daraus folgt, dass die beiden Entscheidungen bezüglich der Frage, ob der Abrechnungsausschluss sitzungsbezogen oder tagbezogen greift, sogar eher für die Sichtweise der Klägerin sprechen, da sie den Sitzungsbezug in ihren Entscheidungen mehrfach aufgreifen. 33Soweit die Beklagte darüber hinaus auf die Entscheidung des SG Düsseldorf vom 13.06.2007 (S 2 KA 136/06) Bezug genommen hat, in der es – wie im hiesigen Fall – um die Abrechnung der GOP 05310 und die GOP 31830 und somit um einen zumindest in wesentlichen Punkten vergleichbaren Sachverhalt ging, ist festzuhalten, dass die Kammer diese Entscheidung nicht für überzeugend hielt. Der in dieser Entscheidung angenommene Abrechnungsausschluss wurde zum einen auf die bereits zitierte Entscheidung des BSG vom 12.12.2001 gestützt (a. a. O.), die nach Auffassung der Kammer nicht auf die hier streitige Konstellation übertragbar ist (siehe oben). Des Weiteren wurde auf den engen funktionalen Zusammenhang zwischen der Voruntersuchung und der Einleitung und Unterhaltung der Analgesie abgestellt und letztlich nicht deutlich zwischen den beiden Prüfungspunkten, die für das Eingreifen des Abrechnungsausschlusses zu unterscheiden sind, getrennt. Es ist nicht klar, ob in dem entschiedenen Fall davon ausgegangen wurde, dass die Leistungen in einer Sitzung erfolgt sind und aus diesem Grund die Streichung der Ziffer 05310 korrekt gewesen sein soll (dafür spricht, dass in der Entscheidung darauf abgestellt wurde, dass sich die Leistung des Anästhesisten bei lebensnaher und funktionsgerechter Betrachtung nicht dahin aufspalten lasse, dass zwischen einem Abschnitt der Einleitung und Unterhaltung der Analgesie und/oder Sedierung während eines operativen Eingriffs als solchem und einem zeitlich mehr oder minder kurz vorhergehenden Voruntersuchungsvorgang unterschieden werde) oder ob davon ausgegangen wurde, dass die Leistungen zwar in verschiedenen Sitzungen erfolgten, aber dennoch nicht abrechenbar waren, weil der Abrechnungsausschluss tagbezogen ausgelegt wurde (hierfür spricht, dass ausdrücklich auf die "am OP-Tag" durchgeführte präanesthesiologische Untersuchung abgestellt wurde). Für die Frage, ob der Abrechnungsausschluss in GOP 05310 sitzungsbezogen oder tagbezogen ist, ist die Entscheidung des SG Düsseldorf vom 13.06.2007 daher unergiebig, obwohl sie einen in Teilen vergleichbaren Sachverhalt betraf. 34Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass die GOP 05310 lediglich einen sitzungsbezogenen Ausschluss bezüglich der GOP 31831 enthält. 352. Für die Prüfung, ob die Streichung der Ziffer 05310 rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist, kommt es damit im Rahmen eines zweiten Prüfungsschritts darauf an, ob die Voruntersuchung und die anschließende Anästhesie im Rahmen einer Sitzung oder im Rahmen von zwei Sitzungen erfolgt sind. 36Die Kammer war der Auffassung, dass bei dem von der Klägerin praktizierten Ablauf bei der Durchführung der hier streitigen Leistungen davon auszugehen ist, dass diese in zwei Sitzungen erbracht wurden. Der Sitzungsbegriff ist im EBM nicht näher definiert und auch in der Rechtsprechung findet sich keine allgemeingültige Definition. Das Landesberufsgericht für Heilberufe Münster hat sich in einer Entscheidung (Urteil vom 06.02.2013, 6t A 1843/10.T) zwar mit dem Sitzungsbegriff auseinandergesetzt und u.a. ausgeführt, dass das Vorliegen zweier Sitzungen erst dann angenommen werden könne, wenn die Arzt-Patienten-Begegnung beendet und eine neue begonnen sei (Rn. 173 ff.) – was in der Sache aber nicht weiterführt –, darüber hinausgehende, auf andere Fälle übertragebare Grundsätze wurden jedoch nicht aufgestellt. Die Kammer hielt es für sachgerecht, den Sitzungsbegriff jeweils im Lichte der jeweiligen Fragestellung zu betrachten. Dabei macht es insbesondere keinen Sinn, bei der Auslegung des Sitzungsbegriffs schwerpunktmäßig auf das Verlassen der Praxis abzustellen oder eine bestimmte Mindestzeit einer Unterbrechung zu fordern (und genügen zu lassen), da dies eine künstliche Aufspaltung von an sich einheitlichen Leistungen ermöglichen würde, was nicht sinnvoll wäre. Es ist vielmehr zu prüfen, ob die einzelnen Behandlungsabschnitte in sich selbstständig abgrenzbar sind, ohne künstlich getrennt zu werden (hierzu unter a.), und ob zwischen den beiden Behandlungsschritten (hier: Voruntersuchung einerseits und Einleitung und Unterhaltung der Anästhesie andererseits) eine erkennbare Zäsur stattgefunden hat, die das Ende des einen Behandlungsabschnitts und den Beginn des zweiten Behandlungsabschnitts voneinander trennt (hierzu unter b.). 37a. Nach Auffassung der Kammer stellen die Voruntersuchung einerseits und die anschließende Einleitung und Unterhaltung der Anästhesie andererseits zwei selbstständige Abschnitte dar, die durchaus getrennt voneinander stattfinden können und zwecks Einräumung einer Überlegungsfrist – vor allem bei Wunsch- und Wahlleistungen wie der hier vorliegenden Kataraktoperation – je nach Fall sogar voneinander getrennt werden müssen (damit der Patient ausreichend Zeit zum Nachdenken hat). Für die Annahme von zwei eigenständigen Leistungen spricht schon allein die Tatsache, dass Voruntersuchungen bei einem geplanten Eingriff keineswegs immer am gleichen Tag stattfinden. Auch die unterschiedliche Zielrichtung spricht dafür, dass es zwei selbstständige Abschnitte sind. Bei der Voruntersuchung geht es darum, zu prüfen, ob der Patient narkosefähig ist und wenn ja, welche Narkose für den Eingriff zu wählen ist. Ferner geht es um die Aufklärung des Patienten, um ihm die Entscheidung zu ermöglichen, ob er die Narkose wünscht. Es ist also eine Vorbereitungshandlung, die vom Sinn und Zweck her auch das Ergebnis haben kann, dass danach keine weitere Behandlung erfolgt (zB weil der Patient nicht narkosefähig ist oder aus Sorge von dem Eingriff Abstand nimmt). Bei der Einleitung und Unterhaltung der Anästhesie geht es um die Anästhesie an sich, also wenn man so will um die Hauptleistung. Diese beiden Abschnitte können getrennt werden, ohne den Eindruck einer künstlichen Aufspaltung einer einheitlichen Leistung zu machen. 38b) Es fand auch eine Zäsur statt, die die Annahme von zwei Sitzungen begründet. Diese Zäsur fand im hiesigen Fall zum einen wegen der Pause statt, die zwischen der Voruntersuchung einerseits und der anschließenden Analgesie anderseits lag. Dabei war für die Kammer von entscheidender Bedeutung, dass die Pause nicht nur aufgrund eines "Rückstaus" oder ähnlichem erfolgte, sondern bewusst bei den Abläufen eingebaut wurde, damit die Patienten eine gewisse Überlegungsfrist haben, um zu entscheiden, ob sie die geplante Operation und die damit verbundene Narkose nach dem Aufklärungsgespräch wirklich wünschen. Es war also nicht nur eine bloße "Wartezeit" wie die Beklagte es formuliert, sondern es war ein im Einzelfall kürzer oder länger dauerndes, aber im Regelfall zwischen 30 Minuten und 2 Stunden dauerndes Zeitfenster, das nicht einfach auf Null gekürzt hätte werden können, ohne die Pflichten, die bei einer Aufklärung vor einer Operation zu erfüllen sind (nämlich ausreichend Zeit zwischen Ausklärung und Narkose zu lassen), zu verletzen. Auch der Umstand, dass die Voruntersuchung nicht im gleichen Raum (bzw. im hiesigen Fall nichteinmal im gleichen Gebäude) stattgefunden hat, wie die anschließende Operation, unterstreicht diese Zäsur. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, dass die Patienten nach der Voruntersuchung und der dabei erfolgten Aufklärung nicht das Gefühl haben sollten, bereits in einem laufenden Prozess zu sein, der ein Aussteigen nicht mehr ermöglicht und dass aus diesem Grund bewusst sowohl ein örtlicher Wechsel als auch ein zeitlicher Abstand zwischen den beiden Schritten bestünde. Die Kammer hielt diese Ausführungen für nachvollziehbar und überzeugend. Der Abrechnungsausschluss läuft auf diese Weise auch nicht leer, da er immer noch in den Fällen greift, in denen eben genau diese Zäsur nicht vorliegt (zB aufgrund einer Eilbedürftigkeit) und die Leistungen daher in einer Sitzung erbracht worden sind. 39Da die Kammer zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Streichung der GOP 05310 im hiesigen Fall schon aufgrund der Auslegung der Regelungen des EBM rechtswidrig gewesen ist, konnte die Kammer offen lassen, ob die Klägerin sich darüber hinaus auch auf Vertrauensschutz berufen kann. Es gab im hiesigen Fall verschiedene Umstände, die einen solchen – zumindest in Bezug auf die Frage, ob der Abrechnungsausschluss sitzungsbezogen ist – durchaus nahe liegen ließen. Hier ist zum einen die schriftliche Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung beachtenswert und zum anderen sprach auch viel dafür, dass die Beklagte in der Tat über Jahre hinweg einen sitzungsbezogenen Ausschluss angenommen hat. Soweit die Beklagte im hiesigen Verfahren in Abrede gestellt hat, in der Vergangenheit von einem sitzungsbezogenen Ausschluss ausgegangen zu sein, erlaubt sich die Vorsitzende den Hinweis, dass im Tatbestand der von der Beklagten angeführten Entscheidung des SG Düsseldorf (S 2 KA 136/06) u.a. wörtlich steht: "strich die Beklagte in zahlreichen Fällen die Ziffer 05310 EBM-Ä. mit der Begründung: "nicht im APK (Arzt-Patienten-Kontakt) neben Ziffer 31831". Das spricht recht deutlich dafür, dass die Beklagte in der Vergangenheit durchaus auf den jeweiligen Arzt-Patienten-Kontakt (also eine Sitzung) abgestellt hat. Dazu passend ist auch offensichtlich das "Regelwerk" so programmiert gewesen, dass es die Nebeneinanderabrechnung der GOP 05310 und der GOP 31831 in einer Sitzung unmittelbar herausgefiltert hätte, aber eben nicht die Nebeneinanderabrechnungen der GOP 05310, die in verschiedenen Sitzungen am gleichen Tag mit der GOP 31831 erbracht wurde. Dabei ging die Kammer davon aus, dass auch die Behandlungen in verschiedenen Sitzungen am gleichen Tag vom System hätten herausgefiltert werden können, wenn das Regelwerk entsprechend programmiert worden wäre – so wie das vermutlich bei Abrechnungsausschlüssen, die unstreitig (weil ausdrücklich) auf den Behandlungstag abstellen – auch sein wird. Der Umstand, dass ein entsprechender Filter im System nicht hinterlegt wurde, ist – neben dem Tatbestand in der bereits zitierten Entscheidung des SG Düsseldorf – ein weiteres Indiz dafür, dass die Beklagte offenbar sehr wohl eine über Jahre praktizierte Auslegung der GOP 05310 – zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt und aus nicht näher bekannten Gründen – geändert hat und es aus diesem Grund zu einer Rückforderung gekommen ist mit der Folge, dass über entsprechende Hinweispflichten zumindest zu diskutieren gewesen wäre, wenn es auf Vertrauensschutz angekommen wäre. Allerdings würde ein etwaiger Vertrauensschutz keinen Schutz bezüglich der Frage bieten, ob im hiesigen Fall von einer oder zwei Sitzungen auszugehen ist. 40Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 41Die Streitwertfestsetzung entspricht der Höhe der Rückforderung. 42Gegen das Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben, da die Klage eine Geldleistung betrifft, die einen Wert von 750 EURO übersteigt (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG). | die beklagte wird unter aufhebung des bescheids vom 12.04.2017 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 30.08.2017 verpflichtet, der klägerin den einbehaltenen betrag von 78.949,93 euro wieder auszuzahlen. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. der streitwert wird auf 78.949,93 euro festgesetzt. 1 | 2die klägerin wendet sich gegen eine rückforderung in höhe von 78.949,93 euro anlässlich einer plausibilitätsprüfung für die quartale 4/2012 bis 2/2016. streitig ist, ob die beklagte die gebührenordnungsposition (gop) 05310 des einheitlichen bewertungsmaßstabs (ebm) in all den fällen streichen durfte, in denen am gleichen tag auch die gop 31831 abgerechnet worden ist. 3die klägerin ist eine berufsausübungsgemeinschaft (bag), bestehend aus mehreren fachärzten für anästhesie, die in s zur vertragsärztlichen versorgung zugelassen ist. mit bescheid vom 12.04.2017 hob die beklagte anlässlich einer plausibilitätsprüfung die honorarbescheide für die quartale 4/2012 bis 2/2016 teilweise auf und forderte von der klägerin einen betrag in höhe von 78.949,93 euro zurück. zur begründung führte sie aus, dass die klägerin die gop 05310 und die gop 31831 am selben behandlungstag mit einem tagestrennstrich angesetzt habe, dies sei so nicht berechnungsfähig. 4hiergegen erhob die klägerin am 08.05.2017 widerspruch. sie führte aus, dass sie die gop 05310 und die gop 31831 am gleichen tag habe abrechnen dürfen. aus der systematik des ebm gehe eindeutig hervor, dass das verbot der nebeneinanderabrechnung sich nur auf dieselbe sitzung beziehe. die klägerin habe die leistungen jedoch in zwei sitzungen erbracht und habe sie deshalb am selben tag abrechnen dürfen. die art und weise der behandlung ihrer patienten anlässlich einer narkose bei einer ambulanten operation schilderte die klägerin im widerspruchsverfahren wie folgt: die bei der klägerin tätigen ärzte würden unter anderem anästhesieleistungen im rahmen von ambulanten kataraktoperationen erbringen. dabei verwendeten sie meistens analgosedierungen. die patienten würden, nachdem durch den behandelnden augenarzt die indikation einer kataraktoperation festgestellt wurde, frühzeitig von diesem über den verlauf, die risiken, usw. der operation aufgeklärt. am tag der operation kämen die patienten – meist ältere patienten – mit ihren angehörigen in die praxis der klägerin. dort werde zunächst die körperliche verfassung in hinblick auf die anästhesiefähigkeit untersucht und die vom hausarzt der patienten erhobenen befunde (z.b. laborwerte, ekg, medikamentenplan) vorgelegt und ausgewertet. im anschluss daran erfolge die entscheidung über das für den patienten schonendste anästhesieverfahren. über dieses werde der patient sodann in hinblick auf den ablauf und die risiken ausführlich aufgeklärt. ebenso werde auch auf die postoperativen risiken und verhaltensmaßnahmen hingewiesen. bei der regelmäßig gewählten tiefen analgosedierung seien die patienten nicht ansprechbar und nicht selten könne eine künstliche beatmung über eine maske (maskennarkose) kurzfristig notwendig werden. auch über diesen möglichen übergang von einer analgosedierung in eine maskennarkose würden die patienten aufgeklärt. dabei sei zu erwähnen, dass auch trotz vornahme einer maskennarkose dann von der klägerin lediglich die analgosedierung abgerechnet worden sei. das präanästhesiologische gespräch könne je nach patient zwischen 15 und 30 minuten dauern. nach beendigung des vorgesprächs verließen die patienten die praxis der klägerin, da die operation nicht in der praxis stattfinde. die operation und dementsprechend auch die durchführung der anästhesie fänden im op-bereich der benachbarten tagesklinik statt, die räumlich von der praxis der klägerin getrennt sei und unabhängig von der praxis betrieben werde. zwischen dem präanästhesiologischen gespräch und der operation lägen in der regel zwischen 30 minuten und 2 stunden. die klägerin führte zur abrechnung aus, dass sie für das präanästhesiologische vorgespräch in der praxis regelmäßig die gop 05310 in ansatz gebracht habe. für die einleitung und unterhaltung der anästhesie im rahmen der kataraktoperation in der tagesklinik habe die klägerin die gop 31831 in ansatz gebracht. nach dem wortlaut seien beide ziffern neben einander abrechenbar. in der gop 05310 stünde lediglich, dass die gop 05310 "nicht neben" den gop (u.a.) 31831 berechnungsfähig sei. es sei nicht eindeutig geregelt, welchen zeitraum das abrechnungsverbot betreffe. die formulierung "nicht neben" sei daher unbestimmt, da nicht ersichtlich sei, für welchen zeitpunkt und welchen anwendungsfall der abrechnungsausschluss gelten solle. aus diesem grund seien zusätzlich systematische erwägungen angezeigt. wenn man den ebm in der gesamtheit betrachte, sei festzustellen, dass es unterschiedliche abstufungen in den abrechnungsausschlüssen gebe. so heiße es teilweise "nicht neben", teilweise "am behandlungstag nicht neben" und teilweise "im behandlungsfall nicht neben". daraus folge, dass der ebm ausdrücklich bestimme, zu welchem zeitpunkt verschiedene gop nicht nebeneinander abgerechnet werden dürfen. angesichts dessen sei davon auszugehen, dass in der gop 05310 ausdrücklich der behandlungstag aufgenommen worden wäre, wenn gewollt gewesen wäre, eine abrechnung beider ziffern an einem tag auszuschließen. diese auslegung sei auch von der kassenärztlichen bundesvereinigung bestätigt worden. auf eine entsprechende nachfrage des bundesverbands deutscher anästhesisten im juli 2006 über die nebeneinanderabrechnung der gop 05310 und gop 31831 sei ausgeführt worden, dass der abrechnungsausschluss sitzungsbezug habe und eine abrechnung beider ziffern dann möglich sei, wenn die leistungen in zwei sitzungen erbracht worden seien. für die auslegung der klägerin spreche auch die historische entwicklung. die gop 31831 sei mit quartal 3/2016 durch die gop 31841 (patientenadaptiertes narkosemanagement ii) ersetzt worden. hintergrund sei gewesen, dass die anästhesisten immer nur eine anästhesieform in ansatz hätten bringen können, auch wenn sich im rahmen der operation herausgestellt habe, dass ein wechsel der anästhesieart notwendig wurde und am ende zwei anästhesieleistungen erbracht worden sind. die neue narkosepauschale solle eine individuelle anästhesie bezwecken, da nunmehr – egal welche anästhesie oder narkoseleistung erbracht wurde – immer die gleiche vergütung gezahlt werde. es werde jegliche form der anästhesie abgedeckt, sowohl die gängige analgosedierung als auch die nur selten verwendete – und teurere – narkose. außerdem beinhalte die narkosepauschale nun auch ausdrücklich die präanästhesiologische untersuchung (gop 05310), was sich auch in der vergütung widerspiegele. es sei unstreitig, dass die 05310 neben der (neuen) 31841 nicht mehr abgerechnet werden dürfe, da sie bereits als obligatorischer inhalt von der narkose-pauschale umfasst sei. bei betrachtung der jeweiligen vergütung der alten gop 31831 und der neuen gop 31841 falle auf, dass es bei der neuen narkosepauschale zu einem enormen vergütungssprung gekommen sei. die vergütung der neuen gop 31841 betrage 74,34 eur und 706 punkte, während die alte gop 31831 nur 47,04 eur und 458 punkte umfasst habe. in anbetracht dessen sei der vergütungssprung von 458 punkten auf 706 punkten nicht erklärbar, wenn die 05310 zuvor nicht auch hätte abgerechnet werden dürfen. denn die gop 31831 zusammen mit der gop 05310, die mit 179 punkten und 18,39 eur vergütet werde, komme auf eine ähnliche vergütungshöhe wie die neue pauschale, nämlich 637 punkte und 65,43 eur. da die leistungen in verschiedenen sitzungen erbracht worden seien, seien sie auch beide abrechenbar gewesen. unter einer sitzung sei nach dem ebm regelmäßig ein arzt-patienten-kontakt zu verstehen. dieser beschreibe einen in sich abgeschlossenen behandlungsabschnitt, in dem eine ärztliche leistung vollendet werde und kalkulatorisch bei keiner anderen leistung mit einfließe. dies sei vorliegend anzunehmen, da das anästhesiegespräch abgeschlossen sei, bevor nach ca. 2 stunden die anästhesieleistungen im rahmen der operation erbracht würden. dafür spreche insbesondere auch die tatsache, dass man das präanesthesiologische gespräch auch an einem anderen tag erbringen könnte, hierauf aber aus medizinischen gründen sowie zur berücksichtigung des patienteninteresses verzichtet worden sei. selbst wenn man der engen auslegung des sitzungsbegriffs folgen würde, dass eine sitzung erst mit dem verlassen der praxis beendet sei, wäre die abrechnung beider ziffern zulässig gewesen, denn das vorgespräch habe der praxis stattgefunden und die operation in der benachbarten tagesklinik. auch aus haftungsrechtlicher sicht sei die nebeneinanderabrechnung am selben tag nicht zu beanstanden, da die ständige rechtsprechung bei normalen ambulanten operationen eine aufklärung am operationstag für unbedenklich halte. die kassenärztliche vereinigung rüge nun alleine die taggleiche abrechnung, habe aber eben diese taggleiche abrechnung von anfang an sehen können und im eigenen regelwerk für die prüfung der abrechnung eben keinen abrechnungsausschluss vorgesehen und dies über jahre hinweg. hier liege mithin zusätzlich ausnahmsweise ein zeit- und ein umstandsmoment einer prüfbarkeit bzw. eine positive prüfung über einen langen zeitraum hinweg vor. die rückforderung verstoße daher unbeschadet der unzutreffenden auslegung der beklagten bezüglich der gop-ziffern auf einem verstoß gegen den vertrauensschutzgrundsatz. die von der klägerin praktizierte abrechnungspraxis sei für die beklagte offensichtlich gewesen, weil die abrechnungen jeweils für den gleichen behandlungstag erfolgt seien. damit sei die abrechnung am gleichen behandlungstag auch offensichtlich gebilligt worden. es handele sich nicht um den fall eines nicht unmittelbar aus der abrechnung ersichtlichen umstands, auf dessen vorliegen die beklagte hätte vertrauen müssen und den sie erst im rahmen späterer, vertiefter prüfung hätte aufdecken können. vielmehr gehe es um ein von anfang an erkennbaren und im rahmen der abrechnungsausschlüsse auch geprüften umstand. abschließend wies die klägerin darauf hin, dass die beklagte mit ihrer auslegung zur abrechnung der beiden ziffern auch alleine stünde. im rahmen der ankündigung zur neuregelung der narkosepauschale im juli 2016 hätten diverse kassenärztliche vereinigungen auf ihrer internetpräsenz darauf hingewiesen dass "nunmehr" eine abrechnung von 05310 und 31841 nicht mehr möglich sei. im umkehrschluss sei die abrechnung demnach nach auffassung vieler kassenärztlicher vereinigungen vor der änderung möglich gewesen. beispielhaft werde auf die mitteilung der kv hessen, der kv bayern und der kv brandenburg verwiesen. im übrigen habe der bewertungsausschuss in seinen gründen zur änderung des ebm ausgeführt, dass die in der gop 05310 enthaltenen leistungen in der morbiditätsbedingten gesamtvergütung (mgv) vergütet werden und auch künftig ein gewisser umfang über die mgv vergütet werden solle, indem die gop 05315 automatisch zugesetzt werde. offensichtlich sei der bewertungsausschuss von der möglichkeit der abrechnung der gop 05310 neben der bisherigen gop 31831 ausgegangen, da er sonst die dargestellte systematik zur teilvergütung der neuen narkosepauschale im rahmen der mgv nicht mit aufgenommen hätte. diese begründung hätten sowohl die kassenärztliche bundesvereinigung als auch die beklagte auf ihrer internetpräsenz übernommen. 5die beklagte folgte dieser argumentation nicht. mit widerspruchsbescheid vom 30.08.2017 wies sie den widerspruch als unbegründet zurück. gemäß § 37 sozialgesetzbuch erstes buch (sgb i) i.v.m. § 45 abs. 4 bundesmantelvertrag-ärzte (bmv-ä) bzw. § 34 abs. 4 ersatzkassenvertrag (ekv) sei die klägerin dazu verpflichtet, das zu unrecht gezahlte honorar zurückzuzahlen. die wendungen "neben" und "nebeneinander" würden im ebm regelmäßig im sinne eines ausschlusses der berechnungsfähigen verschiedenen positionen der gebührenordnung gebraucht und hätten kein bezug zur zeitlichen reihenfolge der erbringung der betroffenen leistungen. die leistungen, die bei lebensnaher betrachtung in einem notwendigen funktionalen zusammenhang stünden, dürften nicht unter berufung auf eine zeitliche unterbrechung der behandlung in zwei getrennte leistungen aufgespalten werden. eine unterbrechung des arzt-patienten-kontakts im sinne einer wartezeit hebe einen bestehenden funktionalen zusammenhang nicht auf, sodass die jeweils in rede stehenden leistungen nicht nebeneinander abrechenbar seien. auch sei festzustellen, dass die klägerin die beiden gebührenordnungspositionen durch ein tageskennzeichen getrennt habe, wodurch eine aussteuerung durch das regelwerk verhindert worden sei. die abrechnung sei daher unter fehlerhafter anwendung der maßgeblichen bestimmungen, insbesondere der leistungslegenden des ebm und der entsprechenden richtlinien erstellt worden. 6hiergegen hat die klägerin am 27.09.2017 klage erhoben, die sie mit den ausführungen begründet, die bereits im widerspruchsverfahren getätigt wurden. 7die klägerin beantragt, 8den bescheid vom 12.04.2017 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 13.08.2017 aufzuheben und die beklagte zu verpflichten, den einbehaltenen betrag in höhe von 78.949,93 euro an die klägerin wieder auszuzahlen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11die beklagte führt aus, dass die klägerin bei der abrechnung gezielt – nämlich ohne notwendigkeit – eine tagtrennung vorgenommen habe und hierdurch den im regelwerk der beklagten hinterlegten abrechnungsausschuss umgangen bzw. aufgehoben habe. es dränge sich die frage auf, weshalb die klägerin eine solche tagtrennung vornehme, wenn sie doch die ansicht vertrete, die betreffenden leistungen könnten nebeneinander abgerechnet werden. bezüglich der auslegung der worte "neben" und "nebeneinander" sei außerdem auf den beschluss des bundessozialgerichts (bsg) vom 24.06.2010 (b 6 ka 31/09 b) zu verweisen. darin habe das bsg ausgeführt, dass die worte im sinne eines ausschlusses der berechnungsfähigkeit zu verstehen seien und keinen bezug zur zeitlichen reihenfolge der erbringung der betroffenen leistung hätten. aus diesem grund sei die von der klägerin angeführte zeitliche und räumliche trennung der betreffenden leistung unbeachtlich, zumal die präanästhesiologische untersuchung auch in der tagesklinik hätte erfolgen können. die beklagte verweist ferner auf ein urteil des sg düsseldorf vom 13.06.2007 (s 2 ka 136/06) und auf die entscheidung des bsg vom 12.12.2001 (b 6 ka 88/00 r). 12die klägerin hält die von der beklagten angeführten urteile nicht für einschlägig. im fall des bsg sei es um die abrechnung unterschiedlicher anästhesieleistungen gegangen, also um zwei leistungen mit gleicher zielrichtung. in diesem fall sei die nebeneinanderabrechnung zeitunabhängig ausgeschlossen worden. im hiesigen fall handele sich um eine voruntersuchung einerseits und die durchführung der anästhesieleistungen andererseits und somit um verschiedene zielrichtungen. auch stünden die ausführungen der beklagten im gegensatz zu der bisherigen auffassung der beklagten, die eine abrechnung der verschiedenen ziffern an verschiedenen tagen stets für zulässig gehalten habe. 13hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der verwaltungsakte der beklagten verwiesen, die der kammer vorgelegen haben und deren wesentlicher inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 14 | 15die klage ist zulässig. das rubrum war zunächst zu berichtigen, da sich die klagende berufsausübungsgemeinschaft mittlerweile aus anderen personen zusammensetzt als zu beginn des klageverfahrens. schuldnerin eines regresses, der gegen ärzte einer vertragsärztlichen berufsausübungsgemeinschaft festgesetzt wird, ist die berufsausübungsgemeinschaft. wird diese berufsausübungsgemeinschaft in der rechtsform einer gesellschaft bürgerlichen rechts (gbr) betrieben, kommt der gbr selbst die sachbefugnis zu, eine solche gesellschaftsverpflichtung im prozess abzuwehren, und zwar unabhängig von änderungen in ihrem mitgliederbestand, die im verlauf des gerichtlichen verfahrens möglicherweise erfolgen. gleiches gilt hinsichtlich der klagebefugnis und der aktivlegitimation im sozialgerichtsprozess. auch diese stehen der berufsausübungsgemeinschaft als solcher unabhängig von wechseln in ihrem mitgliederbestand zu. findet im verlauf des verfahrens ein mitgliederwechsel statt, der zu einer änderung des namens der berufsausübungsgemeinschaft führt, ist dies - wie hier geschehen - von amts wegen durch anpassung ihrer bezeichnung im rubrum zu berücksichtigen (vgl. bsg, urteil vom 27. juni 2007 – b 6 ka 27/06 r –, m. w. n.). 16die klage ist auch begründet. der angegriffene bescheid ist rechtswidrig und die klägerin in ihren rechten gemäß § 54 abs. 2 satz 1 sozialgerichtsgesetz (sgg) verletzt. die beklagte durfte in den quartalen 4/2012 bis 2/2016 die abgerechneten gop 05310 nicht in all den fällen streichen, in denen am gleichen tag auch die gop 38131 abgerechnet worden ist. 17nach § 75 abs. 1 sozialgesetzbuch fünftes buch - gesetzliche krankenversicherung – (sgb v) haben die kassenärztlichen vereinigungen die vertragsärztliche versorgung sicher zu stellen und den krankenkassen und ihren verbänden gegenüber die gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche versorgung den gesetzlichen und vertraglichen erfordernissen entspricht. dazu haben die kassenärztlichen vereinigungen die erfüllung der den vertragsärzten obliegenden pflichten zu überwachen (§ 75 abs. 2 satz 2 1. halbsatz sgb v). zu den pflichten der vertragsärzte gehört unter anderem die ordnungsgemäße abrechnung der von ihnen erbrachten leistungen. 18nach § 106a sgb v stellt die kassenärztliche vereinigung die sachliche und rechnerische richtigkeit der abrechnungen der vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene prüfung der abrechnungen auf plausibilität sowie die prüfung der abgerechneten sachkosten (§ 106a abs. 2 satz 1 sgb v). dabei erstreckt sich die zuständigkeit der kassenärztlichen vereinigung auf alle bereiche, in den sie aufgrund gesetzlicher erweiterung des sicherstellungsauftrags (vgl. § 75 abs. 3 bis 6 sgb v) auch die abrechnung vornimmt. die befugnis zur sachlich-rechnerischen richtigstellung der honoraranforderung besteht nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts sowohl im falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger fehler und zum anderen auch in fallgestaltungen, in denen der vertragsarzt leistungen unter verstoß gegen vorschriften über formale oder inhaltliche voraussetzungen der leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (vgl. bsg, urteil vom 22. märz 2006, b 6 ka 76/04 r m. w. n.). bei der prüfung auf sachlich-rechnerische richtigkeit einer abrechnung ist also zu untersuchen, ob die abgerechneten leistungen ordnungsgemäß - somit ohne verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche bestimmungen - mit ausnahme des wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. 19die sachlich-rechnerische berichtigung kann sowohl vor wie nach erlass des honorarbescheids erfolgen. die berichtigung bereits erlassener honorarbescheide (nachgehende richtigstellung) stellt im umfang der vorgenommenen korrekturen zugleich eine teilweise rücknahme des honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes honorar gem. § 50 abs. 1 satz 1 sgb x zurückzuzahlen ist. das recht (und die pflicht) der kassenärztlichen vereinigung zur berichtigung bereits erlassener honorarbescheide (nachgehende richtigstellung) unterliegt nicht der verjährung. allerdings gilt für die nachgehende richtigstellung eine (an das verjährungsrecht angelehnte) ausschlussfrist von 4 jahren (vgl. etwa bsg, urteil vom 05.05.2010, - b 6 ka 5/09 r - m. w. n.). die (nachträgliche) sachlich-rechnerische berichtigung von honorarabrechnungen setzt ein verschulden des vertragsarztes nicht voraus, sofern die kv den ergangenen honorarbescheid wegen falschabrechnung lediglich teilweise - hinsichtlich der als fehlerhaft beanstandeten leistungsabrechnung - aufhebt und auch nur den hierauf entfallenden honoraranteil zurückfordert, dem vertragsarzt das honorar im übrigen also ungeschmälert belässt (vgl. bsg, urteil vom 22.03.2006, - b 6 ka 76/04 r -). 20die beklagte ist der auffassung, dass sie die ziffer 05310 aufgrund eines abrechnungsausschlusses immer dann streichen durfte, wenn diese ziffer von der klägerin bei einem patienten am gleichen behandlungstag mit der ziffer 31831 abgerechnet worden ist. diese auffassung ist unzutreffend. die beklagte war nicht dazu befugt, von der klägerin einen betrag in höhe von 78.949,93 euro aufgrund der abrechnung der gop 05310 und 31831 am gleichen tag zurück zu fordern, da die klägerin zu recht beide ziffern am gleichen tag abgerechnet hat. der in gop 05310 geregelte abrechnungsausschluss neben der gop 31831 ist sitzungsbezogen zu verstehen (hierzu unter 1.) und die beiden leistungen wurden von der klägerin in verschiedenen sitzungen erbracht (hierzu unter 2.). 211. für die auslegung vertragsärztlicher vergütungsbestimmungen ist in erster linie der wortlaut der regelungen maßgeblich. dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche regelwerk dem ausgleich der unterschiedlichen interessen von ärzten und krankenkassen dient und es vorrangig aufgabe des bewertungsausschusses selbst ist, unklarheiten zu beseitigen. zum anderen folgt die primäre bindung an den wortlaut aus dem gesamtkonzept des ebm als einer abschließenden regelung, die keine ergänzung oder lückenfüllung durch rückgriff auf andere leistungsverzeichnisse bzw. gebührenordnungen oder durch analoge anwendung zulässt. soweit der wortlaut eines leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner klarstellung dient, ist raum für eine systematische interpretation im sinne einer gesamtschau der in innerem zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen leistungstatbestände. auch eine entstehungsgeschichtliche auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen regelungen in betracht. sie kann allerdings nur anhand von dokumenten erfolgen, in denen die urheber der bestimmungen diese in der zeit ihrer entstehung selbst erläutert haben. leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. bsg, urteile vom 10.12.2008 - b 6 ka 45/07 r - m.w.n.). 22die gop 05310 hatte in den hier streitigen quartalen (4/2012 bis 2/2016) folgenden wortlaut: 23präanästhesiologische untersuchung bei einer ambulanten oder belegärztlichen operation der abschnitte 31.2 bzw. 36.2 24obligater leistungsinhalt - überprüfung der narkosefähigkeit des patienten, - aufklärungsgespräch mit dokumentation, fakultativer leistungsinhalt - auswertung ggf. vorhandener befunde, - in mehreren sitzungen, einmal im behandlungsfall 17,70 eur 505 punkte 25für die berechnung der leistung nach der nr. 05310 sind die bestimmungen der abschnitte 31.2 bzw. 36.2 zu beachten. die gebührenordnungsposition 05310 ist nicht neben den gebührenordnungspositionen 01220 bis 01222, 01440, 01510 bis 01512, 01520, 01521, 01530, 01531, 01852, 01856, 01903, 01913, 02100, 02101, 02342, 05360, 05361, 05371, 30710, 30712, 30720 bis 30724, 30730, 30731, 30740, 30751, 30760, 31830, 31831, 36830 und 36831 berechnungsfähig. 26nach dem wortlaut kommen verschiedene auslegungsmöglichkeiten in betracht. das "neben" kann sich auf die abrechnung in einer sitzung, als kleinstmögliche zeiteinheit bei ärztlichen leistungen, beziehen oder es kann umfassender verstanden werden. die wegen des nicht eindeutigen wortlauts erforderliche systematische auslegung spricht dafür, den ausschluss sitzungsbezogen zu verstehen. es gibt in diversen ziffern des ebm abrechnungsausschlüsse, teils für den behandlungstag, teils für den behandlungsfall, teils für 21 tage, teils für den krankheitsfall oder auch für einen zyklus (bei fällen der reproduktionsmedizin). in diversen ziffern werden mehrere abrechnungsausschlüsse in einer ziffer gestaffelt aufgeführt. wenn die ziffer einen abrechnungsausschluss allein mit dem wort "neben" hat, folgen in diesen konstellationen stets sodann größere zeitabschnitte. beispielhaft wird auf die gop 06340 oder 07310 hingewiesen. dort stet wörtlich: 27"die gebührenordnungsposition 06340 ist nicht neben den gebührenordnungspositionen 02300 bis 02302 und 06350 bis 06352 berechnungsfähig. die gebührenordnungsposition 06340 ist am behandlungstag nicht neben den gebührenordnungspositionen 31708 bis 31731 berechnungsfähig. die gebührenordnungsposition 06340 ist im behandlungsfall nicht neben den gebührenordnungspositionen 06341 und 06342 berechnungsfähig." 28"die gebührenordnungsposition 07310 ist nicht neben den gebührenordnungspositionen 02300 bis 02302 und 02511 berechnungsfähig. die gebührenordnungsposition 07310 ist am behandlungstag nicht neben den gebührenordnungspositionen 31614 bis 31621 berechnungsfähig. die gebührenordnungsposition 07310 ist im behandlungsfall nicht neben den gebührenordnungspositionen 02311, 02312, 02340, 02341, 02350, 02360, 07311, 07320, 07330, 07340, 07345 und 18310 berechnungsfähig. die gebührenordnungsposition 07310 ist im zeitraum von 21 tagen nach erbringung einer leistung des abschnitts 31.2 nicht neben den gebührenordnungspositionen 31601, 31602 und 31608 bis 31637 berechnungsfähig." 29wenn das wort "neben" schon den behandlungstag umfassen würde – wie die beklagte meint – wäre es vollkommen überflüssig, zwischen "nicht neben" und "am behandlungstag nicht neben" zu differenzieren. eine entsprechende systematik findet sich zuhauf im ebm und zeigt, dass das wort "neben" im regelfall verwendet wird, um die kleinste zeiteinheit, nämlich die sitzung, zu wählen. 30soweit die beklagte zur stützung ihrer auffassung auf die entscheidung des bsg vom 12.12.2001 (b 6 ka 88/00 r) verweist und der auffassung ist, dass sich aus dieser entscheidung eine bestätigung der von ihr vorgenommenen streichung der gop 05310 bei abrechnung der gop 31831 am gleichen tag ergebe, überzeugt dies nicht. das bsg hatte in seiner entscheidung die gop 462 ebm-ä und 443 ebm-ä zu prüfen, dies sind zwei verschiedene anästhesien (einmal schmerztherapeutisch und einmal operativ indiziert) und nicht wie hier ein aufklärungsgespräch einerseits und die eigentliche anästhesie anderseits. in der entscheidung wird nicht generell ausgeführt, dass das wort "neben" auf die eine oder andere weise zu verstehen ist, sondern die entscheidung betraf nur den dort relevanten abrechnungsausschlusstatbestand. das bsg hat in seiner entscheidung unter anderem ausgeführt, dass die beiden ziffern "innerhalb eines arzt-patienten-kontakts" abgerechnet worden seien (rn. 22). auch unter rn. 3 der entscheidung ist zu lesen, dass die dort beklagte kv eine streichung vorgenommen hat, "weil beide anästhesien im rahmen derselben arzt-patienten-begegnung erfolgten". das bsg hat in der zitierten entscheidung damit ausschließlich einen sitzungsbezogenen ausschluss bestätigt und keineswegs einen über eine sitzung hinausgehenden ausschluss. liest man die der entscheidung des bsg vorangegangene entscheidung des lsg niedersachen vom 01.11.2000 (l 3/5 ka 80/99), die vom bsg bestätigt wurde, so finden sich dort unter anderem folgende ausführungen: 31"nach den allgemeinen bestimmungen zum ebm ist aber in den fällen, in denen bezüglich bestimmter ebm-ziffern ein gegenseitiger abrechnungsausschluss vorgesehen ist, immer darauf abzustellen. ob die leistungen innerhalb derselben konsultation. sitzung, arzt-patienten-kontakt oder inanspruchnahme beim arzt erbracht werden (vgl wezel/liebold a.a.o., abschnitt a i seite 8-5). für den erkennenden senat stellt sich die behandlung der patientin durch die kläger unter beachtung der von ihnen selbst geschilderten umstände als ein einheitlicher lebenssachverhalt dar. der einer getrennten bewertung nicht zugänglich ist." 32daraus folgt, dass die beiden entscheidungen bezüglich der frage, ob der abrechnungsausschluss sitzungsbezogen oder tagbezogen greift, sogar eher für die sichtweise der klägerin sprechen, da sie den sitzungsbezug in ihren entscheidungen mehrfach aufgreifen. 33soweit die beklagte darüber hinaus auf die entscheidung des sg düsseldorf vom 13.06.2007 (s 2 ka 136/06) bezug genommen hat, in der es – wie im hiesigen fall – um die abrechnung der gop 05310 und die gop 31830 und somit um einen zumindest in wesentlichen punkten vergleichbaren sachverhalt ging, ist festzuhalten, dass die kammer diese entscheidung nicht für überzeugend hielt. der in dieser entscheidung angenommene abrechnungsausschluss wurde zum einen auf die bereits zitierte entscheidung des bsg vom 12.12.2001 gestützt (a. a. o.), die nach auffassung der kammer nicht auf die hier streitige konstellation übertragbar ist (siehe oben). des weiteren wurde auf den engen funktionalen zusammenhang zwischen der voruntersuchung und der einleitung und unterhaltung der analgesie abgestellt und letztlich nicht deutlich zwischen den beiden prüfungspunkten, die für das eingreifen des abrechnungsausschlusses zu unterscheiden sind, getrennt. es ist nicht klar, ob in dem entschiedenen fall davon ausgegangen wurde, dass die leistungen in einer sitzung erfolgt sind und aus diesem grund die streichung der ziffer 05310 korrekt gewesen sein soll (dafür spricht, dass in der entscheidung darauf abgestellt wurde, dass sich die leistung des anästhesisten bei lebensnaher und funktionsgerechter betrachtung nicht dahin aufspalten lasse, dass zwischen einem abschnitt der einleitung und unterhaltung der analgesie und/oder sedierung während eines operativen eingriffs als solchem und einem zeitlich mehr oder minder kurz vorhergehenden voruntersuchungsvorgang unterschieden werde) oder ob davon ausgegangen wurde, dass die leistungen zwar in verschiedenen sitzungen erfolgten, aber dennoch nicht abrechenbar waren, weil der abrechnungsausschluss tagbezogen ausgelegt wurde (hierfür spricht, dass ausdrücklich auf die "am op-tag" durchgeführte präanesthesiologische untersuchung abgestellt wurde). für die frage, ob der abrechnungsausschluss in gop 05310 sitzungsbezogen oder tagbezogen ist, ist die entscheidung des sg düsseldorf vom 13.06.2007 daher unergiebig, obwohl sie einen in teilen vergleichbaren sachverhalt betraf. 34zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass die gop 05310 lediglich einen sitzungsbezogenen ausschluss bezüglich der gop 31831 enthält. 352. für die prüfung, ob die streichung der ziffer 05310 rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist, kommt es damit im rahmen eines zweiten prüfungsschritts darauf an, ob die voruntersuchung und die anschließende anästhesie im rahmen einer sitzung oder im rahmen von zwei sitzungen erfolgt sind. 36die kammer war der auffassung, dass bei dem von der klägerin praktizierten ablauf bei der durchführung der hier streitigen leistungen davon auszugehen ist, dass diese in zwei sitzungen erbracht wurden. der sitzungsbegriff ist im ebm nicht näher definiert und auch in der rechtsprechung findet sich keine allgemeingültige definition. das landesberufsgericht für heilberufe münster hat sich in einer entscheidung (urteil vom 06.02.2013, 6t a 1843/10.t) zwar mit dem sitzungsbegriff auseinandergesetzt und u.a. ausgeführt, dass das vorliegen zweier sitzungen erst dann angenommen werden könne, wenn die arzt-patienten-begegnung beendet und eine neue begonnen sei (rn. 173 ff.) – was in der sache aber nicht weiterführt –, darüber hinausgehende, auf andere fälle übertragebare grundsätze wurden jedoch nicht aufgestellt. die kammer hielt es für sachgerecht, den sitzungsbegriff jeweils im lichte der jeweiligen fragestellung zu betrachten. dabei macht es insbesondere keinen sinn, bei der auslegung des sitzungsbegriffs schwerpunktmäßig auf das verlassen der praxis abzustellen oder eine bestimmte mindestzeit einer unterbrechung zu fordern (und genügen zu lassen), da dies eine künstliche aufspaltung von an sich einheitlichen leistungen ermöglichen würde, was nicht sinnvoll wäre. es ist vielmehr zu prüfen, ob die einzelnen behandlungsabschnitte in sich selbstständig abgrenzbar sind, ohne künstlich getrennt zu werden (hierzu unter a.), und ob zwischen den beiden behandlungsschritten (hier: voruntersuchung einerseits und einleitung und unterhaltung der anästhesie andererseits) eine erkennbare zäsur stattgefunden hat, die das ende des einen behandlungsabschnitts und den beginn des zweiten behandlungsabschnitts voneinander trennt (hierzu unter b.). 37a. nach auffassung der kammer stellen die voruntersuchung einerseits und die anschließende einleitung und unterhaltung der anästhesie andererseits zwei selbstständige abschnitte dar, die durchaus getrennt voneinander stattfinden können und zwecks einräumung einer überlegungsfrist – vor allem bei wunsch- und wahlleistungen wie der hier vorliegenden kataraktoperation – je nach fall sogar voneinander getrennt werden müssen (damit der patient ausreichend zeit zum nachdenken hat). für die annahme von zwei eigenständigen leistungen spricht schon allein die tatsache, dass voruntersuchungen bei einem geplanten eingriff keineswegs immer am gleichen tag stattfinden. auch die unterschiedliche zielrichtung spricht dafür, dass es zwei selbstständige abschnitte sind. bei der voruntersuchung geht es darum, zu prüfen, ob der patient narkosefähig ist und wenn ja, welche narkose für den eingriff zu wählen ist. ferner geht es um die aufklärung des patienten, um ihm die entscheidung zu ermöglichen, ob er die narkose wünscht. es ist also eine vorbereitungshandlung, die vom sinn und zweck her auch das ergebnis haben kann, dass danach keine weitere behandlung erfolgt (zb weil der patient nicht narkosefähig ist oder aus sorge von dem eingriff abstand nimmt). bei der einleitung und unterhaltung der anästhesie geht es um die anästhesie an sich, also wenn man so will um die hauptleistung. diese beiden abschnitte können getrennt werden, ohne den eindruck einer künstlichen aufspaltung einer einheitlichen leistung zu machen. 38b) es fand auch eine zäsur statt, die die annahme von zwei sitzungen begründet. diese zäsur fand im hiesigen fall zum einen wegen der pause statt, die zwischen der voruntersuchung einerseits und der anschließenden analgesie anderseits lag. dabei war für die kammer von entscheidender bedeutung, dass die pause nicht nur aufgrund eines "rückstaus" oder ähnlichem erfolgte, sondern bewusst bei den abläufen eingebaut wurde, damit die patienten eine gewisse überlegungsfrist haben, um zu entscheiden, ob sie die geplante operation und die damit verbundene narkose nach dem aufklärungsgespräch wirklich wünschen. es war also nicht nur eine bloße "wartezeit" wie die beklagte es formuliert, sondern es war ein im einzelfall kürzer oder länger dauerndes, aber im regelfall zwischen 30 minuten und 2 stunden dauerndes zeitfenster, das nicht einfach auf null gekürzt hätte werden können, ohne die pflichten, die bei einer aufklärung vor einer operation zu erfüllen sind (nämlich ausreichend zeit zwischen ausklärung und narkose zu lassen), zu verletzen. auch der umstand, dass die voruntersuchung nicht im gleichen raum (bzw. im hiesigen fall nichteinmal im gleichen gebäude) stattgefunden hat, wie die anschließende operation, unterstreicht diese zäsur. die klägerin hat hierzu ausgeführt, dass die patienten nach der voruntersuchung und der dabei erfolgten aufklärung nicht das gefühl haben sollten, bereits in einem laufenden prozess zu sein, der ein aussteigen nicht mehr ermöglicht und dass aus diesem grund bewusst sowohl ein örtlicher wechsel als auch ein zeitlicher abstand zwischen den beiden schritten bestünde. die kammer hielt diese ausführungen für nachvollziehbar und überzeugend. der abrechnungsausschluss läuft auf diese weise auch nicht leer, da er immer noch in den fällen greift, in denen eben genau diese zäsur nicht vorliegt (zb aufgrund einer eilbedürftigkeit) und die leistungen daher in einer sitzung erbracht worden sind. 39da die kammer zu dem ergebnis gekommen ist, dass die streichung der gop 05310 im hiesigen fall schon aufgrund der auslegung der regelungen des ebm rechtswidrig gewesen ist, konnte die kammer offen lassen, ob die klägerin sich darüber hinaus auch auf vertrauensschutz berufen kann. es gab im hiesigen fall verschiedene umstände, die einen solchen – zumindest in bezug auf die frage, ob der abrechnungsausschluss sitzungsbezogen ist – durchaus nahe liegen ließen. hier ist zum einen die schriftliche auskunft der kassenärztlichen bundesvereinigung beachtenswert und zum anderen sprach auch viel dafür, dass die beklagte in der tat über jahre hinweg einen sitzungsbezogenen ausschluss angenommen hat. soweit die beklagte im hiesigen verfahren in abrede gestellt hat, in der vergangenheit von einem sitzungsbezogenen ausschluss ausgegangen zu sein, erlaubt sich die vorsitzende den hinweis, dass im tatbestand der von der beklagten angeführten entscheidung des sg düsseldorf (s 2 ka 136/06) u.a. wörtlich steht: "strich die beklagte in zahlreichen fällen die ziffer 05310 ebm-ä. mit der begründung: "nicht im apk (arzt-patienten-kontakt) neben ziffer 31831". das spricht recht deutlich dafür, dass die beklagte in der vergangenheit durchaus auf den jeweiligen arzt-patienten-kontakt (also eine sitzung) abgestellt hat. dazu passend ist auch offensichtlich das "regelwerk" so programmiert gewesen, dass es die nebeneinanderabrechnung der gop 05310 und der gop 31831 in einer sitzung unmittelbar herausgefiltert hätte, aber eben nicht die nebeneinanderabrechnungen der gop 05310, die in verschiedenen sitzungen am gleichen tag mit der gop 31831 erbracht wurde. dabei ging die kammer davon aus, dass auch die behandlungen in verschiedenen sitzungen am gleichen tag vom system hätten herausgefiltert werden können, wenn das regelwerk entsprechend programmiert worden wäre – so wie das vermutlich bei abrechnungsausschlüssen, die unstreitig (weil ausdrücklich) auf den behandlungstag abstellen – auch sein wird. der umstand, dass ein entsprechender filter im system nicht hinterlegt wurde, ist – neben dem tatbestand in der bereits zitierten entscheidung des sg düsseldorf – ein weiteres indiz dafür, dass die beklagte offenbar sehr wohl eine über jahre praktizierte auslegung der gop 05310 – zu einem nicht näher bekannten zeitpunkt und aus nicht näher bekannten gründen – geändert hat und es aus diesem grund zu einer rückforderung gekommen ist mit der folge, dass über entsprechende hinweispflichten zumindest zu diskutieren gewesen wäre, wenn es auf vertrauensschutz angekommen wäre. allerdings würde ein etwaiger vertrauensschutz keinen schutz bezüglich der frage bieten, ob im hiesigen fall von einer oder zwei sitzungen auszugehen ist. 40die kostenentscheidung folgt aus § 197a abs. 1 sgg in verbindung mit §§ 154 abs. 1, 162 abs. 1 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 41die streitwertfestsetzung entspricht der höhe der rückforderung. 42gegen das urteil ist das rechtsmittel der berufung gegeben, da die klage eine geldleistung betrifft, die einen wert von 750 euro übersteigt (§ 144 abs. 1 nr. 1 sgg). | Klaeger*in | 1 |
346,449 | 20 K 393/22 | 2022-08-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 18. Dezember 2021 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Berufung gegen das Urteil wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger betreibt ein Schnellrestaurant. 3Mitte März 2020 gerieten insbesondere kleine Unternehmen und Selbstständige durch verschiedene infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie („harter Lockdown“) in wirtschaftliche Notlage. So musste auch der Kläger sein Restaurant zeitweilig schließen. 4Als Reaktion hierauf schuf der Bund das Programm „Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige“, um betroffenen Unternehmen und Selbstständigen kurzfristig Finanzhilfen bereitzustellen. 5Das damalige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlichte hierzu unter anderem Eckpunkte vom 23. März 2020, 6vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2020/03/2020-03-23-pm-Soforthilfefond-download.pdf?__blob=publicationFile&v=3, 7und Kurzfakten vom 30. März 2020, 8vgl. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/J-L/kurzfakten-corona-soforthilfen.pdf?__blob=publicationFile&v=12. 9Das beklagte Land beschloss, das Programm des Bundes in vollem Umfang an die vorgesehenen Zielgruppen weiterzuleiten und erweiterte das Bundesprogramm um die Empfängergruppen mit bis zu 50 Beschäftigten. Beide Maßnahmen wurden in der „NRW-Soforthilfe 2020“ gebündelt. Die federführende Verantwortung lag hierbei bei dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Auf dessen Internetpräsenz waren sog. FAQ in verschiedenen Fassungen unter dem Link https://wirtschaft.nrw.de/nrw-soforthilfe-2020 abrufbar. Bezüglich des genauen Inhalts wird auf die vom Beklagten im Verfahren 20 K 7488/20 übersandten Anlagen B5 bis B19 verwiesen. 10Der Kläger stellte seinen Antrag am 30. März 2020 und verwendete hierfür das online vom Beklagten bereitgestellte Formular „Antrag auf Gewährung einer Soforthilfe für von der Corona-Krise 03/2020 besonders geschädigte Unternehmen und Angehörige Freier Berufe einschließlich Soloselbstständige aus dem Soforthilfeprogramm des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen sowie dem Bundesprogramm „Soforthilfe für Kleinstunternehmer und Soloselbstständige“ („NRW-Soforthilfe 2020“)“. 11Im Antragsformular hieß es unter Ziffer 5.: 12„Die Soforthilfe wird als Billigkeitsleistung auf der Grundlage der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 („Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“) zur Überwindung der existenzbedrohenden Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses gewährt.“ 13Unter Ziffer 6.1 versicherte der Kläger: „Falls nicht anders angegeben, sind die Kriterien auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu beziehen. Ich versichere, dass meine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist, da entweder 14- mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen ist oder 15- die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert sind (Gründungen: Vormonat) oder 16- die Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurden oder 17- die vorhandenen, Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z.B. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten).“ 18Unter Ziffer 6.2 versicherte der Kläger: 19„Ich versichere, dass die in Nr. 1.1. benannten Antragsvoraussetzungen sämtlich vorliegen und ein Liquiditätsengpass nicht bereits vor dem 1. März bestanden hat.“ 20Unter Ziffer 6.11 versicherte der Kläger: 21„Mir ist bekannt, dass ich den Zuschuss als Billigkeitsleistung erhalte und im Falle einer Überkompensation (Entschädigungs-, Versicherungsleistungen, andere Fördermaßnahmen) die erhaltene Soforthilfe zurückzahlen muss.“ 22Mit Bescheid vom 30. März 2020 bewilligte die Bezirksregierung Düsseldorf dem Kläger auf seinen Antrag eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 Euro. Der Betrag wurde kurze Zeit später in voller Höhe ausgezahlt. In dem Bescheid, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, heißt es auszugsweise: 231. Bewilligung 24Auf Ihren o. g. Antrag bewillige ich gemäß § 53 LHO i. V. m. dem Programm zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige“ und dem ergänzenden Landesprogramm „NRWSoforthilfe 2020“ eine Soforthilfe i. H. v. 9.000,00 € (in Worten: neuntausend Euro) als einmalige Pauschale. 25Diese wird überwiesen auf die von Ihnen angegebene Bankverbindung (XX). Bei der Soforthilfe handelt es sich um eine Kleinbeihilfe gemäß der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 („Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020"). 262. Zweckbindung 27Die Soforthilfe erfolgt ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie als Einmalzahlung für einen Bewilligungszeitraum von drei Monaten ab Antragstellung. Die Soforthilfe dient insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1. März 2020 in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind. Nicht umfasst sind vor dem 1. März 2020 entstandene wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. Liquiditätsengpässe. 28II. Nebenbestimmungen 29Die Soforthilfe wird unter folgenden Nebenbestimmungen gewährt: 30311. Dem Bescheid liegt eine Anzahl von 00 Beschäftigten (Vollzeitäquivalenten) zugrunde. 322. Grundlage und Bestandteil des Bescheides ist Ihr Antrag vom 30.3.2020. 333. Sollten Sie am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellen, dass diese Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten Mittel auf das Konto der Landeskasse XX unter Angabe des auf Seite 1 dieses Bescheides genannten Aktenzeichens zurückzuzahlen. 34Der zurück erstattete Betrag ist nicht steuerpflichtig. 35Am 31. Mai 2020 wurden die „Richtlinien des Landes zur Gewährung von Soforthilfen für gewerbliche Kleinunternehmen, Selbstständige und Angehörige freier Berufe, die infolge der Sars-CoV-2-Pandemie in ihrer Existenz gefährdet sind“ als Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie (Az. VB 5 - 2020) – im Folgenden: Richtlinie – erlassen und traten laut Ziffer 9. mit Wirkung vom 27. März 2020 in Kraft. 36Unter dem 3. Juli 2020, 5. Oktober 2020, 2. Dezember 2020 sowie 14. Juni 2021 versandte der Beklagte an sämtliche Antragsteller Emails, in denen er auf die Notwendigkeit zur Durchführung eines Rückmeldeverfahrens, den hierfür bereitgestellten Vordruck sowie die hierbei nach seiner Auffassung geltenden Regelungen und Fristen hinwies. 37Am 21. Oktober 2021 füllte der Kläger das vom Beklagten online bereitgestellte “Rückmelde-Formular ermittelter Liquiditätsengpass NRW-Soforthilfe 2020“ aus. Der Kläger wählte hierin als Förderzeitraum die Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Mai 2020. Nach Eingabe seiner vom Formular abgefragten Einnahmen und Ausgaben in diesem Berechnungszeitraum ergab sich, dass der Kläger im Monat März einen Liquiditätsengpass in Höhe von 00 Euro, im Monat April einen Liquiditätsengpass in Höhe von 00 Euro sowie im Monat Mai einen Einnahmenüberschuss in Höhe von 00 Euro (Zeile 24) und damit insgesamt einen Liquiditätsengpass von 0 Euro im Förderzeitraum (Zeile 25) hatte; zu seinen Gunsten wurde lediglich ein fiktiver Unternehmerlohn in Höhe von 2.000,00 Euro angesetzt sei. Hieraus ergab sich ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 7.000,00 Euro. 38Unter dem 18. Dezember 2021 erließ die Bezirksregierung Düsseldorf gegenüber dem Kläger einen Schlussbescheid mit folgendem Tenor: 39401. Es wird ein Liquiditätsengpass in Höhe von 2.000 Euro festgestellt. 412. Die Höhe der Soforthilfe wird auf 2.000 Euro festgesetzt. 423. Der überzahlte Betrag in Höhe von 7.000 Euro ist bis zum 31. Oktober 2022 auf das Konto der Landeshauptkasse (Bezirksregierung Düsseldorf) IBAN XX unter Angabe des oben genannten Aktenzeichens zurückzuerstatten. 434. Dieser Bescheid ergeht kostenfrei. 44Zur Begründung führte die Bezirksregierung aus, der Kläger habe am 21. Oktober 2022 einen tatsächlichen Liquiditätsengpass in Höhe von 2.000,00 Euro gemeldet. Die Feststellung des Liquiditätsengpasses und die Festsetzung der Soforthilfe beruhten auf § 53 Landeshaushaltsordnung NRW (LHO) i.V.m. der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Sars-CoV-2 („Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020"), der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen über die „Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige" vom 1. April 2020 einschließlich der dazu erlassenen Vollzugshinweise sowie den „Richtlinien des Landes zur Gewährung von Soforthilfen für gewerbliche Kleinunternehmen, Selbstständige und Angehörige freier Berufe, die infolge der Sars-CoV-2-Pandemie in ihrer Existenz gefährdet sind“ („NRW-Soforthilfe 2020“) vom 31. Mai 2020. Nach Ziffern 3.1, 3.2, 5.2 und 5.3 der Richtlinie sei die NRW-Soforthilfe 2020 antragsberechtigten Leistungsempfängern, die die Antragsvoraussetzungen erfüllt hätten, zunächst in voller Höhe gewährt worden. Die endgültige Festsetzung habe nach Meldung der Berechnung der Höhe des Liquiditätsengpasses zu erfolgen. Ergebe sich dabei, dass der vorläufig vollständig gezahlte Soforthilfebetrag nicht oder nur teilweise vom Liquiditätsengpass abgedeckt sei, werde die Soforthilfe nur in Höhe des Liquiditätsengpasses gewährt; anderenfalls sei die vorläufige Zahlung endgültig. Die Rückforderung des überzahlten Differenzbetrages beruhe auf § 49a Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) i.V.m. Ziffer 5.3 der Richtlinie und der Ziffer II. 3. des Bewilligungsbescheides. § 49a Abs. 1 VwVfG NRW werde entsprechend angewendet, wenn ein Verwaltungsakt, der eine Leistung zunächst nur vorläufig bewilligt habe, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt teilweise ersetzt werde, der die Leistung endgültig in geringerer Höhe festsetze. 45Der Kläger hat am 14. Januar 2022 Klage erhoben. 46Zur Begründung führt er aus, er habe zwar im Erfassungszeitraum per Saldo keinen Liquiditätsengpass im Sinne von Ziffer 5.3 der Richtlinie gehabt, weil er die Umsatzausfälle während des Lockdowns mit Umsätzen nach dem Lockdown habe ausgleichen können. Bei dem Schlussbescheid handele es sich jedoch um den teilweisen Widerruf des ursprünglichen Bewilligungsbescheids vom 30. März 2020, in dem die Soforthilfe auf 9.000,00 Euro festgesetzt worden sei. An der Qualifikation als Widerruf ändere sich insbesondere auch nichts dadurch, dass der angefochtene Bescheid als „Schlussbescheid“ bezeichnet werde. Dies suggeriere zwar, dass die Bewilligung der Soforthilfe zunächst nur vorläufig erfolgt sei und von vornherein klar gewesen sei, dass über die letztliche Berechtigung zur Soforthilfe erst später abschließend, eben in einem Schlussbescheid habe befunden werden sollen. Ein solcher genereller Vorläufigkeitscharakter ergebe sich aus dem Bewilligungsbescheid aber nicht. Wörter wie „vorläufig“, „Obergrenze“ oder „Höchstbetrag“ oder auch nur gleichbedeutende Wörter oder Formulierungen suche man im Text des Bewilligungsbescheides vergeblich. Ebenso wenig lasse sich der Ziffer II.3 des Bewilligungsbescheids ein genereller Vorläufigkeitsvorbehalt entnehmen. Im Gegenteil habe er davon ausgehen dürfen, dass er die Soforthilfe bei Einhaltung dieser Nebenbestimmungen sicher habe behalten dürfen. Die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 49 Abs. 2 VwVfG NRW seien in Bezug auf den Bewilligungsbescheid nicht gegeben. Insbesondere sei der Widerruf nicht im Bewilligungsbescheid vorbehalten worden. Dort habe es in Ziffer II.3. gerade nur geheißen, dass er die Soforthilfe zurückzahlen müsse, wenn sich am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums herausstelle, dass die Soforthilfe höher sei als sein Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten und er die Mittel nicht vollständig zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz bzw. seines Liquiditätsengpasses benötigt habe. Die Soforthilfe von 9.000,00 Euro sei jedoch nicht höher als sein während des Lockdowns erlittener Umsatzausfall abzüglich eingesparter Kosten gewesen. Seine Umsätze von März bis Mai 2019 hätten 00 Euro betragen, die Umsätze von März bis Mai 2020 00 Euro, woraus sich ein Umsatzrückgang von 00 Euro ergebe. Dieser Umsatzausfall sei auch nicht durch ersparte Aufwendungen kompensiert worden. Ersparte Aufwendungen hätten das Betriebsergebnis erhöht, der sich aus Umsatz minus Kosten ergebe. Das Betriebsergebnis von März bis Mai 2019 habe 00 Euro betragen, das Betriebsergebnis von März bis Mai 2020 00 Euro, woraus sich ein Rückgang des Betriebsergebnisses von 00 Euro ergebe. Da die Voraussetzung des Umsatzausfalls in Ziffer II.3. des Bewilligungsbescheids durch ein „und“ mit der weiteren Voraussetzung für eine Rückforderung, dass er die Mittel nicht vollständig zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz bzw. seines Liquiditätsengpasses benötigt habe, verbunden gewesen sei, komme es nach dem Bewilligungsbescheid allein auf die Frage, ob und inwieweit er einen Liquiditätsengpass erlitten habe, schon gar nicht an. Hinzu komme, dass das Erfordernis, dass die Soforthilfe nicht höher sein dürfe als der Liquiditätsengpass in einem dreimonatigen Erfassungszeitraum, erst nach Beantragung der Soforthilfe und deren Bewilligung in Form der Richtlinie erstmals aufgestellt worden sei. 47Der Kläger beantragt, 48den Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 18. Dezember 2021 aufzuheben. 49Der Beklagte beantragt, 50die Klage abzuweisen. 51Zur Begründung trägt er vor, der vom Kläger im Rahmen der Rückmeldung angegebene tatsächliche Liquiditätsengpass betrage 2.000,00 Euro. Demensprechend sei ein Liquiditätsengpass in dieser Höhe festgestellt, die Soforthilfe in dieser Höhe festgesetzt und der überschießende Betrag in Höhe von 7.000,00 Euro zurückgefordert worden. 52Für die im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Rechtsfragen sei von entscheidender Bedeutung, dass die NRW-Soforthilfe 2020 nicht nur eines von mehreren staatlichen Hilfsangeboten zur Abmilderung der beträchtlichen negativen ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie, sondern vielmehr die allererste, unbürokratische und unverzügliche Liquiditätshilfe – eben eine Soforthilfe – gewesen sei. Über die Internetpräsenz des ehemaligen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW habe sich jeder Betroffene im Vorfeld der Antragstellung umfassend über den Zweck der NRW-Soforthilfe 2020 und die Antragsberechtigung informieren können. Hierdurch habe jedem Antragsteller unmissverständlich klar werden müssen, dass die NRW-Soforthilfe 2020 der Sicherstellung der Finanzierung von Verbindlichkeiten für fortlaufende erwerbsmäßige Sach- und Finanzausgaben gedient habe und jeder Hilfeempfänger nach Ende des Bewilligungszeitraums verpflichtet gewesen sei, seinen tatsächlichen Liquiditätsengpass zu berechnen und zu viel erhaltene Mittel zurückzuzahlen. 53Bei der ursprünglichen Bewilligung habe es sich um die nur vorläufige positive Bescheidung des Antrages zur NRW-Soforthilfe 2020 gehandelt, die erst durch die Festsetzung der tatsächlichen Höhe der Antragsberechtigung aufgrund des später ermittelten Liquiditätsengpasses endgültig verbindlich beschieden worden sei. Begründung und Berechtigung für die vorläufige Bescheidung sei die Ungewissheit über die zu treffende endgültige Entscheidung, namentlich die konkrete Höhe der zu gewährenden Soforthilfe anhand des nachträglich zu ermittelnden, konkreten Liquiditätsengpasses im maßgeblichen Bewilligungszeitraum gewesen. Hiernach sei der Bewilligungsbescheid zwingend auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt gewesen, durch den die Zuwendung erst abschließend habe geregelt werden sollen. Dieser sei in Form des Schlussbescheids ergangen. Die Vorläufigkeit und Notwendigkeit eines Schlussbescheides hätten sich ohne weiteres aus den Ziffern 5.2 und 5.3 der Richtlinie sowie der Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides ergeben. Eindeutig ablesbar seien sie aber auch aus den Kurzfakten zum Bundesprogramm. Hintergrund sei, dass Nordrhein-Westfalen sich bei der Umsetzung des Bundesprogramms im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern dafür entschieden habe, zunächst den Förderhöchstbetrag als Pauschale auszuzahlen, um Verzögerungen bei der Auszahlung zu vermeiden. Dies habe ein Rückmeldeverfahren unabdingbar gemacht, in welchem der individuelle Liquiditätsengpass ermittelt und die tatsächliche Förderhöhe habe festgestellt werden müssen. Dabei komme es an dieser Stelle überhaupt noch nicht darauf an, ob sich die Höhe der tatsächlich zustehenden Soforthilfe aus einem tatsächlich vorhandenen Liquiditätsengpass oder aus einem tatsächlich vorhandenen Umsatzausfall berechne. Denn jedenfalls habe jedem Empfänger durch die Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides offensichtlich klar sein müssen, dass aus den tatsächlichen Entwicklungen eine jedenfalls teilweise Rückzahlungspflicht entstehen könne, man die erhaltene Soforthilfe also nicht unbedingt, jedenfalls nicht unbedingt in voller Höhe werde behalten können. Mit dem Bewilligungsbescheid sei lediglich über die grundsätzliche Antragsberechtigung entschieden worden, jedoch noch nicht abschließend über die Höhe der Soforthilfe. Da der Bewilligungsbescheid eine vorläufige Regelung treffe und sich somit eine endgültige Regelung vorbehalten habe, habe die Bewilligungsbehörde diesen durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen können, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG NRW gebunden zu sein. 54Rechtsgrundlage für den Schlussbescheid sei dementsprechend § 53 LHO i.V.m. dem Bundesprogramm „Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige“ (Corona Soforthilfeprogramm des Bundes), der dazu ergangenen Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem beklagten Land über die Corona Soforthilfen und die erst nach Erlass der Bewilligungsbescheide am 31. Mai 2020 mit Wirkung vom 27. März 2020 in Kraft getretene Richtlinie. Die Höhe der tatsächlich zustehenden Soforthilfe und damit korrespondierend die Höhe einer Rückzahlungspflicht bestimme sich in Konkretisierung der Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides nach den Vorgaben der Richtlinie. Dem stehe insbesondere nicht der Erlass der Richtlinie am 31. Mai 2020 mit Wirkung zum 27. März 2020 entgegen. Denn die Richtlinie sei als ministerieller Runderlass eine bloße interne Verwaltungsvorschrift, die allein dazu gedient habe, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung zu gewährleisten. Als eben solche Verwaltungsvorschrift habe die Richtlinie für ihre Wirksamkeit grundsätzlich nicht einmal veröffentlicht werden müssen. Zudem habe sie der Ermessenslenkung bei Erlass der Schlussbescheide gedient, welche durchweg erst nach dem 31. Mai 2020 erlassen worden seien. 55Der Schlussbescheid sei formell rechtmäßig, insbesondere liege keine Verletzung der Anhörungspflicht gem. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW vor, da gem. § 28 Abs. 2 Nr. 4 Varianten 2 und 3 VwVfG NRW von einer Anhörung habe abgesehen werden dürfen. Die abschließend festzusetzende Soforthilfe habe sich rechnerisch aus den von den Antragstellern im Rahmen des Rückmeldeverfahrens zu tätigenden Angaben ergeben. Solche Fälle seien zu Hunderten aufgetreten und die Entscheidungsfindung bei den Schlussbescheiden sei partiell automatisiert, d.h. softwaregesteuert, erfolgt. Die Antragsteller hätten entsprechend Ziffer 5.3 der Richtlinie die Rückmeldung digital vorlegen müssen. Sofern der vom Antragsteller hierbei angegebene Liquiditätsengpass niedriger als die erfolgte Auszahlung gewesen sei, sei durch das System automatisch ein entsprechender Schlussbescheid generiert worden. Ungeachtet dessen wäre selbst eine Verletzung der Anhörungspflicht im vorliegenden Fall nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, da dies die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Ihm habe in den Fällen, in denen der Liquiditätsengpass letztlich niedriger gewesen sei als die vorläufig gewährte Billigkeitsleistung, aufgrund des Gleichbehandlungsgebotes keine Entscheidungsfreiheit zugestanden. 56Der Schlussbescheid sei auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Soforthilfe hätten nur in der im Schlussbescheid angegebenen Höhe vorgelegen. Nach Ziffer 5.3 der Richtlinie werde die NRW-Soforthilfe maximal in Höhe des Liquiditätsengpasses gewährt. Der Liquiditätsengpass ergebe sich aus der Differenz zwischen den tatsächlichen fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb und den tatsächlich laufenden, erwerbsmäßigen Sach- und Finanzausgaben im dreimonatigen Erfassungszeitraum. Der Erfassungszeitraum beginne grundsätzlich mit dem Tag der Antragstellung und entspreche dem Bewilligungszeitraum. Die Ermittlung und Prüfung des bei einem Antragsteller entstandenen Liquiditätsengpasses erfolge am Ende des Erfassungs- bzw. Bewilligungszeitraums. Die NRW-Soforthilfe 2020 diene nach Ziffer 1.1 der Richtlinie der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Unternehmen und damit ausschließlich zur Deckung der laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwendungen des Unternehmens. Hierauf weise auch Ziffer 2. des Bewilligungsbescheides noch einmal hin. Dies ergebe auch eine Gesamtschau der beschlossenen Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen – Kurzarbeitergeld und Erleichterung der Prüfungsvoraussetzung für die Gewährung von ALG II. In Abgrenzung zur NRW-Soforthilfe 2020 solle etwa das Gehalt von Mitarbeitern durch das Kurzarbeitergeld gewährt und für den persönlichen Lebensunterhalt ALG II beantragt werden. Private finanzielle Schwierigkeiten würden demnach allein aufgefangen durch Sozialleistungen nach dem SGB. Dieser Sinn und Zweck der NRW-Soforthilfe 2020 ergebe sich bereits aus der Formulierung im Antragsformular unter Ziffer 6.1, vierter Spiegelstrich: „Ich versichere, dass meine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist, da entweder (...) - die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z. B. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten).“ Dieser Sinn und Zweck der Soforthilfe ergebe sich auch eindeutig aus den FAQ sowie den Eckpunkten und Kurzfakten zum Bundesprogramm. Sinn und Zweck der NRW-Soforthilfe 2020 sei also entgegen der Ansicht des Klägers weder, sämtliche Umsatz- und Einnahmeverluste der Unternehmen auszugleichen, noch die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Unternehmen zu verhindern und erst recht nicht, private Existenzen zu sichern. 57Ermessen habe der Bezirksregierung Düsseldorf beim Erlass des Schlussbescheides aufgrund der Bindungswirkung der Richtlinie nicht zugestanden. 58Der Rechtmäßigkeit des Schlussbescheides stehe schließlich kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen. Es liege vielmehr gerade im Wesen der Vorläufigkeit, dass ein Vertrauen auf die Endgültigkeit der Regelung nicht entstehen könne. Gegen einen bestehenden Vertrauensschutz des Klägers spreche zudem, dass ihm in Ansehung der Ziffer 5.3 der Richtlinie der Soforthilfe NRW sowie der Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides habe bewusst sein müssen, dass er die NRW-Soforthilfe nur insofern werde behalten dürfen, als dass seine tatsächlichen fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb die tatsächlich laufenden, erwerbsmäßigen Sach- und Finanzausgaben im Bewilligungszeitraum überstiegen. 59Das Verfahren 20 K 7488/20 ist beigezogen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 60Entscheidungsgründe: 61Die Klage hat Erfolg. 62A. Die bei sachgerechter Auslegung des Klagebegehrens als Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Halbs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage ist begründet. 63Der Schlussbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 18. Dezember 2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 64I. Der Schlussbescheid vom 18. Dezember 2021 ist rechtswidrig. 651. Die in Ziffer 3. des angegriffenen Bescheides ausgesprochene Rückforderung eines Betrages von 7.000,00 Euro kann nicht auf § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW gestützt werden. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. 66a. Eine Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 30. März 2020 gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG NRW ist ersichtlich nicht gegeben. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat den Bewilligungsbescheid jedoch auch nicht durch den Erlass des angefochtenen Schlussbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise widerrufen. Die – hier allein in Betracht kommenden – Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 VwVfG NRW sind nicht erfüllt. 67aa. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat den Erlass des Schlussbescheides nicht damit begründet, der Kläger habe die erhaltene Leistung (teilweise) nicht für den in dem Bewilligungsbescheid bestimmten Zweck verwendet (§ 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG NRW). Der Schlussbescheid verhält sich vielmehr zu der Frage, in welcher Höhe bei dem Kläger ein Liquiditätsengpass auf der Grundlage seiner Angaben festzustellen sei. Über die Interpretation des Begriffs des Liquiditätsengpasses streiten die Beteiligten. Der Vorwurf einer nicht zweckgerechten Verwendung der erhaltenen Zuwendung ist den Regelungen des Schlussbescheides allerdings nicht zu entnehmen. 68bb. Mit dem Bewilligungsbescheid ist auch keine Auflage im Sinne von § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG NRW verbunden, die der Begünstigte nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Eine Auflage ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW). Zwar zielt die Nebenbestimmung II.3. auf eine Handlungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers ab. Mit ihr wird dem Adressaten des Bescheides – hier dem Kläger – eine Prüfungspflicht auferlegt: Sollte er am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellen, „dass diese Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten Mittel […] zurückzuzahlen“. Der Schlussbescheid enthält aber nicht den Vorwurf, der Kläger sei dieser aus dem Bewilligungsbescheid resultierenden Pflicht nicht oder nicht fristgerecht nachgekommen. Vielmehr geht die Behörde davon aus, dass der Kläger Angaben zur Höhe des Liquiditätsengpasses gemacht hat, auf Grund derer sie sich zur Teilrückforderung des gewährten Betrages berechtigt sieht. Da die Voraussetzungen für einen Widerruf mithin insoweit nicht vorliegen, kann dahinstehen, ob es sich bei der in Ziffer II.3. getroffenen Regelung um eine Auflage i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW in Abgrenzung zu einer Bedingung oder einer Inhaltsbestimmung handelt. 69b. Schließlich folgt eine Erstattungspflicht des Klägers auch nicht daraus, dass der Bewilligungsbescheid vom 30. März 2020 infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist (§ 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW). Eine solche Bedingung i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW, nach der der Wegfall einer Vergünstigung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt, enthält der Bewilligungsbescheid nicht. 70Unter den Begriff des Ereignisses fallen von der Außenwelt wahrnehmbare Handlungen, Erklärungen oder Geschehnisse, nicht hingegen nur zur Gedankenwelt eines Beteiligten gehörende Vorstellungen. Als Ereignis kommt lediglich ein rein tatsächlicher Vorgang in Betracht, der sinnlich wahrnehmbar und dem Beweis zugänglich ist, ohne dass es für seine Bejahung noch einer rechtlichen Wertung bedürfte. Darauf, ob die rechtliche Wertung einfach oder schwierig ist, kommt es nicht an. Da das künftige ungewisse Ereignis kraft Gesetzes ohne weiteren Zwischenschritt einen Rechtsverlust oder einen Rechtsgewinn herbeiführt, muss sein Eintritt auch aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligten – für den Adressaten des Bescheids, für die Behörde und ggf. für Dritte – gleichermaßen ohne Weiteres erfassbar sein, 71vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 – 10 C 5.17, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 ‒ 10 C 15.14 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 – 4 A 436/17 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2018 ‒ 4 A 1781/15 ‒, juris. 72Bei der Nebenbestimmung II.3. handelt es sich nicht um eine Bedingung in diesem Sinne. In ihr wird kein zur automatischen Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides führendes Ereignis benannt. Die vom Zuwendungsempfänger am Ende des Bewilligungszeitraumes zu treffende Beurteilung, ob die Finanzhilfe höher ist als der Umsatzausfall, lässt sich nur durch eine Berechnung anhand betriebswirtschaftlicher Auswertungen durchführen; sie mag aus Sicht der Bewilligungsbehörde korrekt oder aber fehlerhaft durchgeführt worden sein. Jedenfalls bedarf es einer Bewertung, die einen Automatismus zwischen dem Eintritt eines künftigen Ereignisses und der Unwirksamkeit des Zuwendungsbescheides im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW ausschließt. 732. Als Ermächtigungsgrundlage für das Erstattungsverlangen der Bezirksregierung Düsseldorf kommt § 49a Abs. 1 VwVfG NRW in entsprechender Anwendung in Betracht. Die Vorschrift ist analog anzuwenden, wenn ein Verwaltungsakt, der eine Billigkeitsleistung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt wird, der die Leistung endgültig in geringerer Höhe festsetzt. Der Empfänger muss eine hiernach zu viel erhaltene Leistung erstatten, 74vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 – 3 C 7/09 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2020 – 4 A 1992/16 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 – 4 A 436/17 –, juris; VGH Kassel, Urteil vom 13. Mai 2014 – 9 A 2289/12 –, BeckRS 2014, 53405; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 49 Rn. 4. 75Die Voraussetzungen des § 49a Abs. 1 VwVfG NRW analog liegen indes nicht vor. 76Selbst unterstellt, die Bezirksregierung Düsseldorf hätte die zu erstattende Forderung endgültig in Form eines Schlussbescheides festsetzen können, da sie mit Bescheid vom 30. März 2020 die Zuwendung lediglich vorläufig bewilligt hätte, hätte sie bei Erlass des Schlussbescheides dennoch rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Soforthilfe nur noch 2.000,00 Euro beträgt. Denn die Festsetzungen in Ziffern 1. und 2. des Schlussbescheides sind rechtswidrig. Daraus folgt auch die Rechtswidrigkeit der Erstattungsforderung in Ziffer 3. 77a. Zu Gunsten der Bezirksregierung Düsseldorf kann unterstellt werden, dass das Subventionsverhältnis in der Weise geregelt war, dass zunächst vorläufig durch Bescheid vom 30. März 2020 eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 Euro bewilligt und ausgezahlt wurde, deren endgültige genaue Höhe von der ungewissen Entwicklung des Unternehmens des Antragstellers während des dreimonatigen Bewilligungszeitraums abhing. Der Bewilligungsbescheid wäre in diesem Fall darauf angelegt gewesen, die Höhe der Zuwendung nicht definitiv zu regeln, sondern diese zunächst vorläufig zu gewähren und abschließend erst später festzusetzen. Dies wäre durch Erlass des sog. Schlussbescheides geschehen. Damit hätte sich die Bezirksregierung Düsseldorf der Handlungsform des sog. vorläufigen Verwaltungsaktes bedient, die für den Sachbereich des Subventionsrechts durch die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung anerkannt ist, 78vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 – 3 C 7/09 –, juris m.w.N; BVerwG, Urteil vom 14. April 1983 – 3 C 8/82 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 – 4 A 436/17 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 28. September 1990 – 15 A 708/88 –, juris. 79Eine Billigkeitsleistung kann unter dem Vorbehalt einer späteren definitiven Entscheidung bewilligt werden, wenn und soweit eine bestehende Ungewissheit hierfür einen sachlichen Grund gibt. Der Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung bewirkt, dass die Behörde die einstweilige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG NRW gebunden zu sein, 80vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 – 3 C 7/09 –, juris m.w.N; BVerwG, Urteil vom 14. April 1983 – 3 C 8/82 –, juris. 81Die vorläufige Regelung verliert mit dem Erlass der endgültigen Festsetzung ihre Wirksamkeit (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG NRW), 82vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 – 3 C 7/09 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 28. September 1990 – 15 A 708/88 –, juris. 83Das Bestehen einer Ungewissheit rechtfertigt die Existenz des vorläufigen Verwaltungsaktes sowie den damit einhergehenden Widerspruch zwischen der dem Verwaltungsakt immanenten Bestandskraft und dem mit der Vorläufigkeit verbundenen flexiblen Element. In einer solchen Konstellation stellt der vorläufige Verwaltungsakt einen angemessenen Ausgleich zwischen den rechtsstaatlichen Anforderungen an das Verwaltungsverfahren und dem Gebot der Effektivität des Verwaltungshandelns dar, indem trotz verbleibender Unsicherheiten bereits zu einem frühen Zeitpunkt zugunsten des Bürgers entschieden werden kann, 84vgl. Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 35 Rn. 27 ff. m.w.N. 85Die Vorläufigkeit muss sich dabei nicht auf den gesamten Bescheid beziehen, sondern kann und muss gegebenenfalls auf einzelne Aspekte beschränkt werden. Auch wenn die Behörde einen unter Vorbehalt gestellten Verwaltungsakt später durch einen abschließenden Bescheid ersetzt, so kommt doch eine inhaltlich abweichende Regelung im Schlussbescheid – außer in den Fällen der §§ 48, 49 VwVfG NRW – nur in Betracht, wenn sie aus den Gründen ergeht, wegen derer die frühere Regelung unter Vorbehalt gestellt wurde. Welche Elemente eines Zuwendungsbescheides vorläufig sind und welche Inhalte bereits eine gesicherte Rechtsposition vermitteln, ist durch – am Empfängerhorizont orientierte – Auslegung zu ermitteln. Jenen – nicht mit Vorbehalt versehenen – Teil des Zuwendungsbescheides kann die Behörde nur unter Beachtung der §§ 48, 49 VwVfG NRW aufheben, 86vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 – 3 C 7/09 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2020 – 4 A 1992/16 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 – 4 A 436/17 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2017 – 4 A 2078/15 –, juris; Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 35 Rn. 35 m.w.N. 87Neben einer die Vorläufigkeit der Regelung rechtfertigenden Unsicherheit ist Voraussetzung für einen Vorbehalt, dass die Vorläufigkeit und ihr Umfang im Verwaltungsakt selbst zum Ausdruck kommen, 88vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 248; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 – 4 A 436/17 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 28. September 1990 – 15 A 708/88 –, juris. 89Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann hinsichtlich der Festsetzung der genauen Höhe der Soforthilfe zu Gunsten der Bezirksregierung Düsseldorf unterstellt werden. Diesbezüglich kann angenommen werden, es habe bei Erlass des Bewilligungsbescheides eine Ungewissheit, die den Erlass einer lediglich vorläufigen Regelung rechtfertigte, bestanden. Demgegenüber wurden zu anderen Fragen ersichtlich bereits abschließende Regelungen getroffen. 90Der Bewilligungsbescheid vom 30. März 2020 kann bei verständiger Würdigung so ausgelegt werden, dass er dem Kläger hinsichtlich der Zuwendung dem Grunde nach eine gesicherte Rechtsposition vermitteln wollte. Dies folgt aus den Formulierungen in Ziffern 2. und 3. des Bescheides ebenso wie aus den Umständen des Antragsverfahrens. Grundsätzlich berechtigt, eine Zuwendung zu erhalten, waren jene Antragsteller, deren wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Pandemie bereits wesentlich beeinträchtigt war. Unter Ziffer 6.1 des Antragsformulars mussten die Antragsteller versichern, dass ihre „wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt“ war, da entweder 91- „mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen ist oder 92- die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert sind (Gründungen: Vormonat) oder 93- die Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurden oder 94- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z.B. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten).“ 95Die grundsätzliche Antragsberechtigung setzte damit – für jeden Antragsteller erkennbar –diesen zum Zeitpunkt der Bewilligung bereits sicher feststellbaren Umstand voraus. Hieran knüpfen die Regelungen in Ziffern 2. und 3. des Bewilligungsbescheides an, mit denen die Bezirksregierung Düsseldorf darauf abgestellt hat, dass die Soforthilfe der Milderung bzw. Kompensation der „unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe“ (Ziffer 3.), „der finanziellen Notlagen“ bzw. „der Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1. März 2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind“ (Ziffer 2.), dient. Da diese Voraussetzungen im Falle des Klägers im Grundsatz erfüllt waren, erhielt er durch den Bescheid vom 30. März 2020 die Soforthilfe dem Grunde nach vorbehaltlos. 96Weitere Gesichtspunkte unterlagen ebenfalls keinem Vorbehalt, wie etwa die Anzahl der im Unternehmen Beschäftigten (Nebenbestimmung II.1.) oder gewisse in den Nebenbestimmungen II.4. bis 8. geregelte Modalitäten. 97Demgegenüber kann der Bescheid hinsichtlich der Höhe der Soforthilfe und damit des Behaltendürfens des Gesamtbetrages so verstanden werden, dass er unter dem Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung stand. Dieser Vorbehalt betrifft die Regelung unter Ziffer 1., mit der die Bewilligung eines Betrages von 9.000,00 Euro ausgesprochen wurde. Dass sich weder in Ziffer 1. noch an anderer Stelle des Bescheides die Worte „Vorbehalt“, „vorläufig“ oder dergleichen finden, steht der Annahme einer vorläufigen Regelung nicht zwingend entgegen. Denn die Formulierung der in Ziffer 1. getroffenen Regelung, die Umstände des Antragsverfahrens sowie der Zusammenhang mit dem Inhalt der Nebenbestimmung II.3. ermöglichen auch ohne explizite Wortwahl eine Deutung, wonach der Zuwendungsbetrag unter dem Vorbehalt einer späteren Entscheidung gewährt wurde. Die Nebenbestimmung II.3. enthielt folgende Regelung: „Sollten Sie am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellen, dass diese Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten Mittel […] zurückzuzahlen.“ Damit wurde die endgültige Höhe der unter Ziffer 1. bewilligten Soforthilfe von einer zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses unbekannten Größe, die erst am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststand, abhängig gemacht. Die Vorläufigkeit der Regelung bezüglich der Höhe der Soforthilfe kam auch in Ziffer 1. ansatzweise zum Ausdruck. Dort hieß es, dass eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 Euro als „einmalige Pauschale“ gewährt werde. Im Gesamtkontext konnte diese Formulierung zumindest auch so verstanden werden, dass zunächst ein Betrag in toto gezahlt wurde, dessen endgültige, genaue Höhe zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt werden musste. Denn in Ziffer 1. wurde klargestellt, dass die Bewilligung aufgrund des Programms zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm „Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbstständige“ und dem ergänzenden Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“ erfolge. In den vom damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hierzu online veröffentlichten Kurzfakten vom 30. März 2020 ging aus der Antwort zu der Frage, „Wie wird hinterher geprüft, ob nicht eine „Überkompensation“ vorlag?“, hervor, dass es bei der Antragstellung auf einen „voraussichtlichen Liquiditätsengpass“ ankam, welcher später mit den tatsächlichen Zahlen des Unternehmens abzugleichen sei. Zudem enthielt auch die Nebenbestimmung in Ziffer II.3. des Bewilligungsbescheides den Hinweis auf das am Ende des Bewilligungszeitraums durchzuführende Rückmeldeverfahren, welches eine Rückzahlungspflicht zur Folge haben könne. 98Dass die Bezirksregierung Düsseldorf selbst von einer vorläufigen Bewilligung der Finanzhilfe ausging, hat schließlich in der Begründung des Rückforderungsverlangens in Ziffer II.3. der Gründe des Schlussbescheides ihren Ausdruck gefunden. Dort hat sich die Behörde auf eine entsprechende Anwendung von § 49a Abs. 1 VwVfG NRW unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur vorläufigen Bewilligung einer Leistung berufen sowie darauf hingewiesen, dass die Leistung wegen des zunächst noch unbekannten Liquiditätsengpasses zunächst nur vorläufig bewilligt worden sei und der Schlussbescheid den vorläufigen Bescheid „hinsichtlich der Höhe des Soforthilfe-Betrages“ ersetze. 99Kann somit einerseits bezüglich der Höhe der Zuwendung unterstellt werden, diese sei unter Vorbehalt gestellt worden, so hat die Bezirksregierung Düsseldorf aber andererseits mit der Ausgestaltung der Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides zu erkennen gegeben, welche Parameter sie einer späteren Berechnung des Förderbetrages zugrunde legen wollte. Diese Vorgaben „Finanzhilfe höher […] als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten“, „Mittel nicht vollständig zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen“ schränken, ebenso wie die in Ziffer 2. bezeichnete Zweckbindung, ihrerseits die Vorläufigkeit des Bescheides wieder ein, indem die endgültige Regelung sich an diesen zu orientieren hat. Unabhängig davon, wie diese zu verstehen sind, hat die Behörde mit ihnen bereits Berechnungsgrößen für die endgültige Höhe der Soforthilfe bzw. für das Bestehen einer Rückzahlungsverpflichtung aufgestellt. An diesen selbst geschaffenen Vorgaben muss sie – und damit das beklagte Land – sich festhalten lassen; etwaige Fehler gehen zu ihren Lasten, weil die Behörde es zu jenem Zeitpunkt in der Hand gehabt hat, eine andere Regelung zu treffen, wie dies offenbar in anderen Bundesländern geschehen ist. Nach welchen Parametern man die endgültige Berechnung des Förderbetrages später durchführen wollte, hing auch nicht von einem zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides noch unbekannten und daher eine vorläufige Regelung rechtfertigendem Umstand ab, sondern war allein Gegenstand einer politischen Entscheidung, die zu diesem Zeitpunkt schon getroffen werden konnte und mit der Formulierung des Bewilligungsbescheides auch bereits getroffen wurde. 100b. Die Entscheidung der Bezirksregierung Düsseldorf, im Schlussbescheid einen Liquiditätsengpass in Höhe von 2.000,00 Euro festzustellen (Ziffer 1.), die Soforthilfe in dieser Höhe festzusetzen (Ziffer 2.) und ihre Bewertung, dass „die Voraussetzungen für die […] Höhe […] der Billigkeitsleitung nicht mehr vorliegen oder eine Überkompensation eingetreten“ und diese Überkompensation von 7.000,00 Euro zurückzuzahlen ist (so ausdrücklich die Gründe des angegriffenen Schlussbescheides, S. 3 Ziffer II.3.), erweist sich selbst bei der vorgenannten Annahme der teilweisen Vorläufigkeit des Bewilligungsbescheides als rechtsfehlerhaft. Denn sie beruht auf einem Verständnis von den Begriffen des Liquiditätsengpasses bzw. der Überkompensation, die im insoweit maßgeblichen und endgültige Vorgaben treffenden Bewilligungsbescheid keine Grundlage finden. Aus diesem Grunde konnte der Schlussbescheid den Bewilligungsbescheid insoweit nicht rechtmäßigerweise ersetzen. 101aa. Die bereits endgültigen Vorgaben im Bewilligungsbescheid zu den Parametern der späteren Berechnung des Förderbetrages sind für die Rechtmäßigkeit des Schlussbescheides maßgeblich. 102Die Zuwendung wurde dem Kläger nicht auf Grund eines Gesetzes oder anderer Rechtsnormen gewährt, aus denen sich eine unmittelbare Bindung für den Beklagten und unmittelbare Rechtsansprüche für den Kläger ergäben. Vielmehr wurde der Bewilligungsbescheid nach Maßgabe des Programms zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm „Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbstständige" und dem ergänzenden Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“ erlassen (vgl. insoweit auch den Kopf sowohl des Bewilligungs- als auch des Schlussbescheides). Bei diesen – wie auch bei der später erlassenen Richtlinie vom 31. Mai 2020 – handelt es sich um Verwaltungsvorschriften, die grundsätzlich nur dazu bestimmt sind, für die Verteilung von Billigkeitsleistungen Maßstäbe zu setzen und das Ermessen der für die Verteilung der jeweiligen Leistungen bestimmten Stellen zu lenken. Nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung begründen Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetzes- und Rechtsvorschriften bereits durch ihr Vorhandensein subjektive Rechte. Sie unterliegen daher auch keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen, 103vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 – 3 C 6/95 –, juris; BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1995 – 2 C 19/94 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2016 – 15 A 1822/15 –, juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 23. Januar 2014 – 8 LA 144/13 –, juris. 104Allerdings vermögen Verwaltungsvorschriften über die ihnen zunächst nur innewohnende interne Bindung hinaus in Verbindung mit dem grundgesetzlichen Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG) sowie dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 1 GG) eine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis zum Bürger zu eröffnen. Jeder Anspruchsteller hat dann einen Anspruch darauf, entsprechend den aufgestellten Richtlinien behandelt zu werden. Entscheidend ist, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) gebunden sind, 105vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 – 3 C 6/95 –, juris; BVerwG, Urteil vom 23. April 2003 – 3 C 25/02 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2016 – 15 A 1822/15 –, juris. 106Der tatsächlichen Verwaltungspraxis im Entscheidungszeitpunkt kommt damit entscheidende Bedeutung zu. Wenn sich die Behörde an ihre Verwaltungsvorschriften hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. Weicht sie hingegen generell von den Verwaltungsvorschriften ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis im Entscheidungszeitpunkt, 107vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2012 – 8 C 18/11 –, juris; vgl. zur Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung aus dem Zuwendungsrecht auf Billigkeitsleistungen: VG Würzburg, Urteil vom 3. August 2020 – W 8 K 20.743 –, juris; VG München, Beschluss vom 25. Juni 2020 – M 31 K 20.2261 –, juris. 108Nach ihrer Entscheidung, mithin nach Erlass des Zuwendungsbescheides, kann die Bewilligungsbehörde die darin verwandten Begrifflichkeiten nicht mehr frei auslegen. Der Bescheid hat insoweit Fakten geschaffen, über die sie sich nicht mehr nach Ermessen hinwegsetzen kann. Der Zuwendungsempfänger muss sich auf die im Antragsverfahren gleichmäßig ausgeübte Verwaltungspraxis und den Inhalt des Bewilligungsbescheides einstellen können, 109vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. März 2018 – 4 A 182/16 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 11. Juni 2016 – 4 A 1983/13 –, juris; vorgehend erkennende Kammer, Urteil vom 17. Juli 2013 – 20 K 7520/12 – juris. 110Die im Bewilligungsbescheid vom 30. März 2020 zum Ausdruck gekommene Verwaltungspraxis ist demnach maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des ihn (teilweise) ersetzenden Schlussbescheides vom 18. Dezember 2021. Das bedeutet zugleich, dass nach seinem Erlass in Kraft getretene Regelwerke oder spätere Informationen, die von jenen bis zum Erlasszeitpunkt abweichen, nicht zu berücksichtigen sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Bescheid die oben beschriebenen vorläufigen Elemente enthält. Die Vorläufigkeit bezieht sich, wie dargelegt, auf die Höhe der Zuwendung, die im jeweiligen Einzelfall erst zu einem späteren Zeitpunkt endgültig berechnet werden sollte. Welche Maßgaben für diese Berechnung gelten sollten, war jedoch Bestandteil der Verwaltungspraxis im Antragsverfahren und bei Erlass der Bewilligungsbescheide und fand Eingang in die in sämtlichen Bescheiden verwendeten Formulierungen in Ziffern 2. und 3. sowie II.3. Deren Verständnis – ausgerichtet am objektiven Empfängerhorizont – ist mithin ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Schlussbescheides. Nur hinsichtlich der aufgrund dieser Berechnungsmodalitäten zu ermittelnden Höhe – nicht bezüglich der Parameter selbst – stand der Ausgangsbescheid unter dem Vorbehalt der Ersetzung durch den Schlussbescheid. Den nicht unter Vorbehalt gestellten Teil des Bewilligungsbescheides kann die Behörde nur unter den Voraussetzungen der §§ 48 ff. VwVfG NRW aufheben, weil er mit seiner Bekanntgabe Bindungswirkung entfaltet hat. 111Das vom Beklagten herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. April 1997, 112– 3 C 6/95 –, juris, 113rechtfertigt keine abweichende Sichtweise. Der dort entschiedene Fall unterscheidet sich von dem hier streitgegenständlichen insbesondere dadurch, dass der Zuwendungsbescheid erst nach Inkrafttreten der geänderten Richtlinie erlassen wurde. Die Frage, ob der dortige Kläger, der jahrelang Zuschüsse nach Maßgabe der vorherigen Richtlinie erhalten hatte, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen konnte, stellt sich hier nicht. Denn der Bewilligungsbescheid vom 30. März 2020 wurde auf der Grundlage einer bestimmten Verwaltungspraxis erlassen, die die Bezirksregierung Düsseldorf gegenüber allen Leistungsempfängern gleichermaßen ausgeübt hatte. Von dieser Verwaltungspraxis hätte eine Richtlinie nur bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des vertrauensbildenden Bewilligungsbescheides abweichen können und damit ihrerseits eine (neue oder veränderte) Verwaltungshandhabung begründen können. 114bb. Legt man die danach maßgeblichen endgültigen Vorgaben im Bewilligungsbescheid zu den Parametern der späteren Berechnung des Förderbetrages nach dem objektiven Empfängerhorizont aus, sind die Festsetzungen zum Liquiditätsengpass und zur Höhe der Soforthilfe in den Ziffern 1. und 2. des Schlussbescheides sowie die Begründung hierzu gemessen an diesen Vorgaben materiell rechtswidrig. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass ein Liquiditätsengpass von 2.000,00 Euro vorliegt und die Soforthilfe nur noch 2.000,00 Euro beträgt. 115(1) Im Hinblick auf die materielle Rechtswidrigkeit dieser Regelungen kann die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides, insbesondere die Erforderlichkeit einer Anhörung gem. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW, dahinstehen. 116(2) Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides richtete die Bezirksregierung Düsseldorf – wie dargelegt – ihre Verwaltungspraxis an dem Programm zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm „Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbstständige" und dem ergänzenden Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“ aus. Die Richtlinien des Landes NRW „zur Gewährung von Soforthilfen für gewerbliche Kleinunternehmen, Selbstständige und Angehörige Freier Berufe, die infolge der Sars-CoV-2-Pandemie in ihrer Existenz gefährdet sind (NRW-Soforthilfe 2020)“ vom 31. Mai 2020 waren noch nicht in der Welt. Gleiches gilt für die vom Beklagten unter dem 3. Juli 2020, 5. Oktober 2020, 2. Dezember 2020 sowie 14. Juni 2021 versandten Emails an sämtliche Antragsteller. Im Verwaltungsverfahren vor Erlass des Zuwendungsbescheides stellte das beklagte Land (und ebenso der Bund) den Antragstellern – auch dem Kläger – eine Vielzahl von online abrufbaren Hinweisen, insbesondere die sog. FAQ, bereit. Diese spiegeln die Verwaltungspraxis des Beklagten bzw. der Bezirksregierung Düsseldorf als Bewilligungsbehörde des Landes wider. Diese Verwaltungspraxis lässt sich wie folgt zusammenfassen: Versicherte ein Anspruchsteller, dass seine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt war, erhielt er eine (vorläufige) Pauschale in einer Höhe, die von der Anzahl der bei ihm Beschäftigten abhing; hatte er – wie der Kläger – bis einschließlich fünf Beschäftigte, erhielt er 9.000,00 Euro. Wie das Land die „wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Tätigkeit“ definierte, ließ sich an den oben wiedergegebenen Voraussetzungen im Antragsformular (dortige Ziffer 6.1) ablesen. Antragsteller, die – wie der Kläger – erklärten, diese Voraussetzungen zu erfüllen, erhielten (bei Vorliegen der weiteren Erfordernisse) einen Zuwendungsbescheid. In diesem wurde ebenfalls auf das Bestehen einer finanziellen Notlage, die Überbrückung von Liquiditätsengpässen bzw. die Kompensation der wirtschaftlichen Engpässe abgestellt, ohne diese genau zu umschreiben. Namentlich in Ziffer 2. wurde die Zweckbindung der Soforthilfe so beschrieben, dass sie „zur Milderung der finanziellen Notlage“ „als Einmalzahlung für einen Bewilligungszeitraum von drei Monaten ab Antragstellung“ erfolge und „insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen“ diene. Der Nebenbestimmung II.3. konnten die Anspruchsteller einen Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Maßgaben die mit dieser Zweckbindung erhaltene Soforthilfe zurückzuzahlen sei. Diese stellte zwei kumulative („und“) Voraussetzungen für eine Rückzahlungspflicht am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums auf: 117- Die Finanzhilfe war höher als der Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten. 118- Die Mittel wurden nicht (vollständig) zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich des Liquiditätsengpasses benötigt. 119Im Einzelnen: 120Die Bezirksregierung Düsseldorf hat ihre Vergabepraxis auch auf das Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige“ gestützt. Potentiellen Anspruchsberechtigten standen hierzu sog. Kurzfakten zur Verfügung, in denen es u.a. heißt (Stand 30. März 2020): S. 1 Ziffer 2: „Die Soforthilfe dient der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen.“ Ziffer 7: „Eine Kumulierung mit anderen Hilfen […] ist grundsätzlich möglich. Eine Überkompensation ist aber zurückzuzahlen.“ S. 2: „Wie wird hinterher geprüft, ob nicht eine Überkompensation vorliegt? […] Der Antragsteller legt bei der Angabe, in welcher Höhe er die Billigkeitsleitung beantragt, seinen voraussichtlichen Liquiditätsengpass zugrunde. Dieser wird auf der Basis seines voraussichtlichen Umsatzes sowie des betrieblichen Sach- und Finanzaufwands für die drei auf die Antragstellung folgenden Monate ermittelt. Sofern die Soforthilfe wie beantragt bewilligt wird und später festgestellt wird, dass der Sach- und Finanzaufwand des Unternehmens oder die tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war, ist das Unternehmen zu einer Rückzahlung des überzahlten Betrags verpflichtet. Auch durch die Kombination von mehreren Hilfsprogrammen kann es zu einer Überkompensation kommen.“ 121An mehreren Stellen werden die Formulierungen „wirtschaftliche Existenz“ sowie „Liquiditätsengpass“ gebraucht (auch auf S. 1 Ziffer 3 und S. 2), ohne dass diese definiert würden. Bei der Beantwortung der Frage, wie geprüft werde, ob eine „Überkompensation“ vorliege, wird explizit eine Umsatzeinbuße zur Voraussetzung für eine Rückerstattungsspflicht gemacht. 122Das beklagte Land hat dieses Bundesprogramm erweitert und das Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“ ins Leben gerufen. Hierzu stellte es Antragstellern auf der Internetpräsenz des damaligen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW Hinweise und FAQ zur Verfügung. 123In den FAQ 1 vom 25. März 2020 hieß es für die Anspruchsvoraussetzungen zu der Frage, „Was wird gefördert?“: „Die Unternehmen sollen bei der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz und Überbrückung von akuten Finanzierungsengpässen, u.a. für laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten u.ä. sowie den Erhalt von Arbeitsplätzen durch einen Zuschuss unterstützt werden. […] Voraussetzung: erhebliche Finanzierungsengpässe und wirtschaftliche Schwierigkeiten in Folge von Corona. Dies wird angenommen wenn, 124- sich für den Monat, in dem der Antrag gestellt wird, Umsatz- bzw. Honorarrückgang von mindestens 50 Prozent verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Umsatz (bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen Monate) im Vorjahr ergibt [….] oder 125- der Betrieb auf behördliche Anordnung wegen der Corona-Krise geschlossen wurde oder 126- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens (bspw. Mieten, Kredite für Betriebskosten, Leasingraten) zu zahlen (=Finanzierungsengpass).“ 127In den FAQ 2 vom 26. März 2020 wurden die Voraussetzungen um eine vierte Möglichkeit zum Auftragseinbruch ergänzt und wie folgt umformuliert: 128- „mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen sind […] oder 129- sich für den Monat, in dem der Antrag gestellt wird, Umsatz- bzw. Honorarrückgang von mindestens 50 Prozent verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Umsatz (bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen Monate) im Vorjahr ergibt. [….] oder 130- der Umsatz durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurde oder 131- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens (bspw. Mieten, Kredite für Betriebskosten, Leasingraten) zu zahlen (= Finanzierungsengpass).“ 132In den FAQ 3 (Datum nach Anlage B2 unbekannt; Datum der Speicherung: 25. März 2020) wurden die Voraussetzungen dann im Wesentlichen unverändert final umformuliert: 133- „mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen ist […] oder 134- die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert sind (für einen noch im März oder April gestellten Antrag werden die Umsätze im März 2020 gegenüber dem Monat März 2019 zugrunde gelegt). Kann der Vorjahresmonat nicht herangezogen werden (z.B. bei Gründungen), gilt der Vormonat. oder 135- die Möglichkeiten den Umsatz zu erzielen durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurde oder 136- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens (bspw. Mieten, Kredite für Betriebskosten, Leasingraten) zu zahlen (=Finanzierungsengpass).“ 137Diese Spiegelstrich-Voraussetzungen mündeten fast wortgleich in das Antragsformular, das die Antragsteller – so auch der Kläger – online einreichen mussten. Von einem Liquiditätsengpass ist an keiner Stelle die Rede, geschweige denn, dass er definiert würde. Vielmehr wird durchgängig der Begriff „Finanzierungsengpass“ verwendet. Dieser war – gemessen an den zum Antragszeitpunkt feststehenden Zahlen eines Antragstellers – Bedingung für das Entstehen eines Anspruchs. Zwar entspricht der vierte Spiegelstrich der Anspruchsvoraussetzungen „die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens (bspw. Mieten, Kredite für Betriebskosten, Leasingraten) zu zahlen“ im Wesentlichen der späteren Definition des Liquiditätsengpasses in Ziffer 5.3 Abs. 2 der Richtlinie. In den FAQ war dieser Spiegelstrich jedoch lediglich als eine von vier alternativen Möglichkeiten („oder“) vorgesehen, um die Anspruchsberechtigung zu begründen. 138Zu den Fragen „Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe ggfls. zurückgezahlt werden?“ und „Wird immer der Maximalbetrag ausgezahlt?“ und „Wie ist eine Überkompensation definiert?“ wurden folgende Antworten gegeben: 139- „Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe ggfls. zurückgezahlt werden? 140Der Antragsteller versichert im Formular, dass er alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen und wahrheitsgetreu gemacht hat. Falsche Angaben, die zu einer unberechtigten Inanspruchnahme der Leistung führen, sind Subventionsbetrug. Die Leistung muss dann nicht nur zurückgeführt werden, es kann dann zu einer strafrechtlichen Verfolgung kommen. […] Der Zuschuss wird als sogenannte Billigkeitsleistung ausgezahlt. Auch im Falle einer Überkompensation (z.B. durch Versicherungsleistung oder andere Fördermaßnahmen) muss die erhaltene Soforthilfe zurückgezahlt werden. Stellt sich am Ende der Bezugszeit von drei Monaten heraus, dass der Antragsteller mehr erhalten hat, als sein Schaden war, ist er gehalten, das überschüssige Geld zurückzuzahlen. Hierauf wird noch einmal separat im Bescheid hingewiesen.“ 141- „Wird immer der Maximalbetrag ausgezahlt? 142Ja. Die Zuschüsse sind nach Mitarbeiterzahl gestaffelt. Innerhalb der entsprechenden Staffelung erhalten Sie den vollen Betrag. Bis zu 5 Mitarbeiter 9.000 Euro, bei bis zu 10 Mitarbeitern 15.000 Euro und bei bis zu 50 Mitarbeitern 25.000 Euro. Bei Überkompensation sind die Beträge zurückzuzahlen (s.o.). Entsprechende Hinweise und die Kontonummer für die Rückzahlung zuviel erhaltener Soforthilfen enthält der Bewilligungsbescheid.“ 143- „Wie ist eine Überkompensation definiert?“ 144In der Fassung 2 (vom 26. März 2020): „Eine Überkompensation entsteht dann, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhält, als erforderlich wären, um den Finanzierungsengpass zu beseitigen.“ 145Ab der Fassung 3 (Datum nach Anlage B2 unbekannt; Datum der Speicherung: 25. März 2020): „Eine Überkompensation entsteht dann, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhält, als sein tatsächlich eingetretener Schaden – also insbesondere der durch die Corona-Krise eingetretene Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) ist. Eine Überkompensation ist nach der dreimonatigen Förderphase zurückzuerstatten.“ 146In Abgrenzung zu den anspruchsbegründenden Voraussetzungen, die einen Finanzierungsengpass erforderten, wurde für die Rückzahlungspflicht am Ende des Bewilligungszeitraums auf eine „Überkompensation“ – gemessen an den dann erst feststehenden Zahlen aus dem Bewilligungszeitraum – abgestellt. Als Beispiele für eine solche nannten die FAQ „z.B. durch Versicherungsleistung oder andere Fördermaßnahmen“. Nach der ab Fassung 3 der FAQ (Datum nach Anlage B2 unbekannt; Datum der Speicherung: 25. März 2020; FAQ 4 datiert vom 28. März 2020) unverändert geltenden Definition in den FAQ tritt eine Überkompensation ein, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhalten hat, als sein tatsächlich eingetretener Schaden, also insbesondere der durch die Corona-Krise eingetretene Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung), ist. Auch hier wird maßgeblich auf einen Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten abgestellt. Der Begriff des „Liquiditätsengpasses“ fällt in diesem Zusammenhang in den FAQ nicht. 147Schließlich enthält der Bewilligungsbescheid – wie erwähnt – in Ziffer 2. (Zweckbindung) die Formulierungen „zur Milderung der finanziellen Notlage“ und „insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen“. Aus der Nebenbestimmung II.3. ergaben sich zwei kumulative Voraussetzungen für eine Rückzahlungspflicht am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums, nämlich dass die „Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen“. Der Ausdruck „Überkompensation“ findet sich im Bescheid nicht; welche Bedeutung dem Begriff „Liquiditätsengpass“ zukommen soll, wird nicht umschrieben. Die Nebenbestimmung II.3. gab den maßgeblichen Anhaltspunkt dafür, wie die Zuwendungsempfänger später ihre Rückmeldung durchführen sollten; aus ihr ergab sich auch der Umfang der Vorläufigkeit des Verwaltungsaktes; hier wurden die Berechnungsmodalitäten für die spätere Feststellung einer – an dieser Stelle nicht so genannten – Überkompensation festgelegt. Wenn sie auch mehr als missverständlich formuliert ist, so konnten die Bescheidadressaten – auch der Kläger – ihr immerhin entnehmen, dass eine Rückzahlungspflicht bereits dann ausgeschlossen sein sollte, wenn der Umsatzausfall die Finanzhilfe überstieg. Insoweit korrelierte die Bestimmung mit den FAQ. Wie die zweite Voraussetzung zu verstehen ist, die die Bezeichnungen „wirtschaftliche Existenz“ und „Liquiditätsengpass“ aufnimmt, wird weder aus sich heraus noch im Kontext mit dem übrigen Inhalt des Bescheides deutlich. Vielmehr lag für einen durchschnittlichen Antragsteller nach der Lektüre der FAQ und der ersten Voraussetzung der Nebenbestimmung II.3. nahe, dass eine Verpflichtung zur Rückzahlung der zunächst erhaltenen Soforthilfe dann in Betracht kam, wenn er am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellte, dass seine tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war als zunächst angenommen. Mit anderen Worten, dass Maßstab für eine Erstattungspflicht eine „Überkompensation“ war, die im Wesentlichen von Umsatzeinbußen und ersparten Aufwendungen abhing. 148Festzuhalten ist mithin, dass die Verwaltungspraxis des beklagten Landes bzw. der Bezirksregierung Düsseldorf bis zum Erlass der jeweiligen Bewilligungsbescheide durch eine Vielzahl von Informationen gekennzeichnet war, die aus sich heraus entweder nicht ohne Weiteres verständlich waren oder jedenfalls keinen eindeutigen – schon gar nicht begrifflich erläuterten – Hinweis auf die Voraussetzungen für eine spätere Rückzahlungspflicht gaben. Nachvollziehbar für die Anspruchsteller war immerhin, dass sich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen von jenen des späteren Rückmeldeverfahrens unterschieden. Unter welchen Bedingungen es zu einer Rückerstattung kommen würde, blieb aber weitgehend unklar. Das gilt namentlich für den den Schlusspunkt des Zuwendungsverfahrens setzenden Bewilligungsbescheid. Hier (in der Nebenbestimmung II.3.) wie auch in den den Antragstellern zuvor zur Verfügung gestellten Informationen wird eher der Eindruck erweckt, es komme darauf an, wie sich der Umfang der Umsatzeinbußen im dreimonatigen Bewilligungszeitraum gestalten werde. Werde die Soforthilfe höher sein als der Umsatzausfall (abzüglich eingesparter Kosten), so dürften die zu viel erhaltenen Mittel nicht behalten werden. Dies wird zum Teil auch als „Überkompensation“ bezeichnet. Soweit der Begriff „Liquiditätsengpass“ überhaupt gebraucht wird – im Antragsformular findet er sich nicht –, wird nicht deutlich, was unter ihm zu verstehen ist. Dass ihm ein Verständnis im Sinne der Anforderungen der späteren Richtlinie beizulegen wäre, ist weder den FAQ noch dem Bewilligungsbescheid aus der Sicht eines durchschnittlichen Adressaten zu entnehmen. Soweit in der Nebenbestimmung II.3. auf einen Liquiditätsengpass abgestellt wird, handelt es sich lediglich um eine zweite Voraussetzung für eine Rückerstattungspflicht. Mit anderen Worten: Die Rückzahlungspflicht wird hiernach nicht ausgelöst, wenn bereits die erste Bedingung nicht erfüllt ist, wenn also die Finanzhilfe nicht höher ist als der Umsatzausfall. Liegt die erste Voraussetzung vor, ist die zweite zu prüfen. Jedoch bleibt auch hier völlig unklar, was unter Liquiditätsengpass zu verstehen und wie dieser zu berechnen ist. Solche Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde, 149vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1983 – 7 C 70/80 –, juris; VG Hamburg, Urteil vom 14. März 2020 – 17 K 4793/21 –, juris; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwvfG, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 80 m.w.N.; von Alemann/Scheffczyk, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, Stand: 1. Januar 2022, § 35 Rn. 46 m.w.N. 150Im Kontext mit den Gegebenheiten des Verwaltungsverfahrens durfte der Kläger davon ausgehen, die Soforthilfe nur dann (teilweise) erstatten zu müssen, wenn er am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraumes feststellte, dass die Zuwendung höher war als der Umsatzausfall (abzüglich eingesparter Kosten), wenn also eine Überkompensation in diesem Sinne vorlag. Da seine Umsatzeinbuße unstreitig die Höhe der Soforthilfe von 9.000,00 Euro überstieg, durfte er annehmen, die Mittel behalten zu dürfen. Wäre dies nicht der Fall gewesen, wäre nach dem oben Gesagten allerdings im Dunkeln geblieben, wann die Voraussetzungen der zweiten Alternative der Nebenbestimmung II.3. vorgelegen hätten. Denn – wie bereits ausgeführt – wurde im Bewilligungsverfahren der Begriff des „Liquiditätsengpasses“ nicht definiert. Lediglich der ähnliche Begriff des „Finanzierungsengpasses“ wurde im Bewilligungsverfahren definiert, allerdings nur im Rahmen der vier alternativ erfüllbaren Anspruchsvoraussetzungen und gemessen an den bei Antragstellung feststehenden wirtschaftlichen Zahlen der Antragsteller. Eine Übertragung dieser Definition auf eine Rückzahlungspflicht am Ende des Bewilligungszeitraumes gemessen an den dann feststehenden wirtschaftlichen Zahlen der Antragsteller aus diesem Bewilligungszeitraum macht keinen Sinn bzw. ist zumindest nicht aus sich heraus verständlich. Eine solche missverständliche Fassung der Nebenbestimmung II.3. geht – wie ebenfalls bereits ausgeführt – nicht zu Lasten des Klägers. 151Dass die Bezirksregierung Düsseldorf dem Schlussbescheid vom 18. Dezember 2021 nicht die beschriebenen – wenngleich missverständlichen – Parameter für die Berechnung einer etwaigen Rückzahlungspflicht zugrunde gelegt hat, führt dazu, dass der Schlussbescheid (insoweit) den Bewilligungsbescheid nicht ersetzen kann. Werden die Regelungen des Schlussbescheides mit jenen des Bewilligungsbescheides abgeglichen, ist ersichtlich, dass diesen ein anderes Verständnis der Rückzahlungsbedingungen immanent ist, als es sich aus dem auf der Basis der Förderpraxis ergangenen Bewilligungsbescheid ergibt. Im Schlussbescheid ist nur noch von einem „Liquiditätsengpass“ die Rede (insbesondere in der Überschrift, im Eingangssatz, in Ziffer 1. sowie mehrfach in der Begründung); die Formulierungen „finanzielle Notlage“, „wirtschaftliche Engpässe“ o.ä. wurden nicht aufgenommen. In den Gründen unter II.3. findet sich der Ausdruck der „Überkompensation“, die 7.000,00 Euro betrage. Das Verständnis des Begriffs des Liquiditätsengpasses im Schlussbescheid beruht auf der Definition der zu diesem Zeitpunkt bereits erlassenen Richtlinie des Landes. Erstmals wird dort präzise umschrieben, dass der Liquiditätsengpass sich aus der Differenz zwischen den tatsächlichen fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb und den tatsächlichen laufenden, erwerbsmäßigen Sach- und Finanzausgaben (ohne Personalaufwand) unter Berücksichtigung eingesparter Kosten im Erfassungszeitraum ergibt (Ziffer 5.3. Abs. 2). Dieses Verständnis ließ sich den Umständen des Antragsverfahrens nicht entnehmen, auch nicht dem Bewilligungsbescheid selbst. Nach den vorstehenden Ausführungen ist nicht maßgeblich, wie die den Antragstellern zum Zeitpunkt des Erlasses der Bewilligungsbescheide noch nicht bekannten Bestimmungen der Richtlinie lauteten. Diese Vorschriften wären im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang allenfalls dann relevant, wenn ihr Wortlaut mit dem Verwaltungshandeln und den Begrifflichkeiten des Erstbescheides übereinstimmte. Da er indes von der Verwaltungspraxis abweicht, kommt es auf die Praxis, nicht auf die Ausgestaltung der Verwaltungsvorschrift an. Dies gilt auch deshalb, weil die Bewilligungsbehörde gegenüber den Zuwendungsempfängern im Ausgangsbescheid nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass die Modalitäten der Rückzahlung von einer noch zu erlassenen Richtlinie abhängen sollten. 152Beruhten die im angegriffenen Schlussbescheid getroffenen Festsetzungen zum Liquiditätsengpass, zur Höhe der Soforthilfe und zur Höhe der Rückzahlungspflicht somit auf einer Berechnungsmethode, die nicht mit der – zum maßgeblichen Erlasszeitpunkt des Bewilligungsbescheides bestehenden – Verwaltungspraxis korrelierte, führt dies – unabhängig von der tatsächlichen Umsatzentwicklung des Klägers im Bewilligungszeitraum – zur Rechtswidrigkeit des Schlussbescheides. 153II. Aus der Rechtswidrigkeit der für den Kläger nachteiligen Bestimmungen des Schlussbescheides folgt die Rechtsverletzung des Klägers, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 154B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung. 155C. Die Berufung ist von Amts wegen gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, liegen die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor. 156Rechtsmittelbelehrung: 157Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 158Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 159Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 160Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). 161Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 162Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 163 164Beschluss: 165Der Streitwert wird auf 7.000,00 Euro festgesetzt. 166Gründe: 167Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 GKG erfolgt. 168Rechtsmittelbelehrung: 169Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 170Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 171Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 172Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 173Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 174War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. 175 | der bescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 18. dezember 2021 wird aufgehoben. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages. die berufung gegen das urteil wird zugelassen. 1 | 2der kläger betreibt ein schnellrestaurant. 3mitte märz 2020 gerieten insbesondere kleine unternehmen und selbstständige durch verschiedene infektionsschutzrechtliche maßnahmen zur eindämmung der coronapandemie („harter lockdown“) in wirtschaftliche notlage. so musste auch der kläger sein restaurant zeitweilig schließen. 4als reaktion hierauf schuf der bund das programm „soforthilfe für kleinstunternehmen und soloselbstständige“, um betroffenen unternehmen und selbstständigen kurzfristig finanzhilfen bereitzustellen. 5das damalige bundesministerium für wirtschaft und energie veröffentlichte hierzu unter anderem eckpunkte vom 23. märz 2020, 6vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/content/de/pressemitteilungen/finanzpolitik/2020/03/2020-03-23-pm-soforthilfefond-download.pdf?__blob=publicationfile&v=3, 7und kurzfakten vom 30. märz 2020, 8vgl. https://www.bmwi.de/redaktion/de/downloads/j-l/kurzfakten-corona-soforthilfen.pdf?__blob=publicationfile&v=12. 9das beklagte land beschloss, das programm des bundes in vollem umfang an die vorgesehenen zielgruppen weiterzuleiten und erweiterte das bundesprogramm um die empfängergruppen mit bis zu 50 beschäftigten. beide maßnahmen wurden in der „nrw-soforthilfe 2020“ gebündelt. die federführende verantwortung lag hierbei bei dem ministerium für wirtschaft, innovation, digitalisierung und energie des landes nordrhein-westfalen. auf dessen internetpräsenz waren sog. faq in verschiedenen fassungen unter dem link https://wirtschaft.nrw.de/nrw-soforthilfe-2020 abrufbar. bezüglich des genauen inhalts wird auf die vom beklagten im verfahren 20 k 7488/20 übersandten anlagen b5 bis b19 verwiesen. 10der kläger stellte seinen antrag am 30. märz 2020 und verwendete hierfür das online vom beklagten bereitgestellte formular „antrag auf gewährung einer soforthilfe für von der corona-krise 03/2020 besonders geschädigte unternehmen und angehörige freier berufe einschließlich soloselbstständige aus dem soforthilfeprogramm des ministeriums für wirtschaft, innovation, digitalisierung und energie des landes nordrhein-westfalen sowie dem bundesprogramm „soforthilfe für kleinstunternehmer und soloselbstständige“ („nrw-soforthilfe 2020“)“. 11im antragsformular hieß es unter ziffer 5.: 12„die soforthilfe wird als billigkeitsleistung auf der grundlage der regelung zur vorübergehenden gewährung geringfügiger beihilfen im geltungsbereich der bundesrepublik deutschland im zusammenhang mit dem ausbruch von covid-19 („bundesregelung kleinbeihilfen 2020“) zur überwindung der existenzbedrohenden wirtschaftslage bzw. des liquiditätsengpasses gewährt.“ 13unter ziffer 6.1 versicherte der kläger: „falls nicht anders angegeben, sind die kriterien auf den zeitpunkt der antragstellung zu beziehen. ich versichere, dass meine wirtschaftliche tätigkeit durch die corona-krise wesentlich beeinträchtigt ist, da entweder 14- mehr als die hälfte der aufträge aus der zeit vor dem 1. märz durch die corona-krise weggefallen ist oder 15- die umsätze gegenüber dem vorjahresmonat mehr als halbiert sind (gründungen: vormonat) oder 16- die umsatzerzielungsmöglichkeiten durch eine behördliche auflage im zusammenhang mit der covid-19-pandemie massiv eingeschränkt wurden oder 17- die vorhandenen, mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen zahlungsverpflichtungen des unternehmens zu erfüllen (z.b. mieten, kredite für betriebsräume, leasingraten).“ 18unter ziffer 6.2 versicherte der kläger: 19„ich versichere, dass die in nr. 1.1. benannten antragsvoraussetzungen sämtlich vorliegen und ein liquiditätsengpass nicht bereits vor dem 1. märz bestanden hat.“ 20unter ziffer 6.11 versicherte der kläger: 21„mir ist bekannt, dass ich den zuschuss als billigkeitsleistung erhalte und im falle einer überkompensation (entschädigungs-, versicherungsleistungen, andere fördermaßnahmen) die erhaltene soforthilfe zurückzahlen muss.“ 22mit bescheid vom 30. märz 2020 bewilligte die bezirksregierung düsseldorf dem kläger auf seinen antrag eine soforthilfe in höhe von 9.000,00 euro. der betrag wurde kurze zeit später in voller höhe ausgezahlt. in dem bescheid, der nicht mit einer rechtsbehelfsbelehrung versehen war, heißt es auszugsweise: 231. bewilligung 24auf ihren o. g. antrag bewillige ich gemäß § 53 lho i. v. m. dem programm zur gewährung von soforthilfen aus dem bundesprogramm „corona-soforthilfen für kleinstunternehmen und selbständige“ und dem ergänzenden landesprogramm „nrwsoforthilfe 2020“ eine soforthilfe i. h. v. 9.000,00 € (in worten: neuntausend euro) als einmalige pauschale. 25diese wird überwiesen auf die von ihnen angegebene bankverbindung (xx). bei der soforthilfe handelt es sich um eine kleinbeihilfe gemäß der regelung zur vorübergehenden gewährung geringfügiger beihilfen im geltungsbereich der bundesrepublik deutschland im zusammenhang mit dem ausbruch von covid-19 („bundesregelung kleinbeihilfen 2020"). 262. zweckbindung 27die soforthilfe erfolgt ausschließlich zur milderung der finanziellen notlagen des betroffenen unternehmens bzw. des selbstständigen im zusammenhang mit der covid-19-pandemie als einmalzahlung für einen bewilligungszeitraum von drei monaten ab antragstellung. die soforthilfe dient insbesondere zur überbrückung von liquiditätsengpässen, die seit dem 1. märz 2020 in zusammenhang mit der covid-19-pandemie entstanden sind. nicht umfasst sind vor dem 1. märz 2020 entstandene wirtschaftliche schwierigkeiten bzw. liquiditätsengpässe. 28ii. nebenbestimmungen 29die soforthilfe wird unter folgenden nebenbestimmungen gewährt: 30311. dem bescheid liegt eine anzahl von 00 beschäftigten (vollzeitäquivalenten) zugrunde. 322. grundlage und bestandteil des bescheides ist ihr antrag vom 30.3.2020. 333. sollten sie am ende des dreimonatigen bewilligungszeitraums feststellen, dass diese finanzhilfe höher ist als ihr umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten (z.b. mietminderung) und sie die mittel nicht (vollständig) zur sicherung ihrer wirtschaftlichen existenz bzw. ausgleich ihres liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten mittel auf das konto der landeskasse xx unter angabe des auf seite 1 dieses bescheides genannten aktenzeichens zurückzuzahlen. 34der zurück erstattete betrag ist nicht steuerpflichtig. 35am 31. mai 2020 wurden die „richtlinien des landes zur gewährung von soforthilfen für gewerbliche kleinunternehmen, selbstständige und angehörige freier berufe, die infolge der sars-cov-2-pandemie in ihrer existenz gefährdet sind“ als runderlass des ministeriums für wirtschaft, innovation, digitalisierung und energie (az. vb 5 - 2020) – im folgenden: richtlinie – erlassen und traten laut ziffer 9. mit wirkung vom 27. märz 2020 in kraft. 36unter dem 3. juli 2020, 5. oktober 2020, 2. dezember 2020 sowie 14. juni 2021 versandte der beklagte an sämtliche antragsteller emails, in denen er auf die notwendigkeit zur durchführung eines rückmeldeverfahrens, den hierfür bereitgestellten vordruck sowie die hierbei nach seiner auffassung geltenden regelungen und fristen hinwies. 37am 21. oktober 2021 füllte der kläger das vom beklagten online bereitgestellte “rückmelde-formular ermittelter liquiditätsengpass nrw-soforthilfe 2020“ aus. der kläger wählte hierin als förderzeitraum die zeit vom 1. märz 2020 bis 31. mai 2020. nach eingabe seiner vom formular abgefragten einnahmen und ausgaben in diesem berechnungszeitraum ergab sich, dass der kläger im monat märz einen liquiditätsengpass in höhe von 00 euro, im monat april einen liquiditätsengpass in höhe von 00 euro sowie im monat mai einen einnahmenüberschuss in höhe von 00 euro (zeile 24) und damit insgesamt einen liquiditätsengpass von 0 euro im förderzeitraum (zeile 25) hatte; zu seinen gunsten wurde lediglich ein fiktiver unternehmerlohn in höhe von 2.000,00 euro angesetzt sei. hieraus ergab sich ein rückzahlungsbetrag in höhe von 7.000,00 euro. 38unter dem 18. dezember 2021 erließ die bezirksregierung düsseldorf gegenüber dem kläger einen schlussbescheid mit folgendem tenor: 39401. es wird ein liquiditätsengpass in höhe von 2.000 euro festgestellt. 412. die höhe der soforthilfe wird auf 2.000 euro festgesetzt. 423. der überzahlte betrag in höhe von 7.000 euro ist bis zum 31. oktober 2022 auf das konto der landeshauptkasse (bezirksregierung düsseldorf) iban xx unter angabe des oben genannten aktenzeichens zurückzuerstatten. 434. dieser bescheid ergeht kostenfrei. 44zur begründung führte die bezirksregierung aus, der kläger habe am 21. oktober 2022 einen tatsächlichen liquiditätsengpass in höhe von 2.000,00 euro gemeldet. die feststellung des liquiditätsengpasses und die festsetzung der soforthilfe beruhten auf § 53 landeshaushaltsordnung nrw (lho) i.v.m. der regelung zur vorübergehenden gewährung geringfügiger beihilfen im geltungsbereich der bundesrepublik deutschland im zusammenhang mit dem ausbruch von sars-cov-2 („bundesregelung kleinbeihilfen 2020"), der verwaltungsvereinbarung zwischen dem bund und dem land nordrhein-westfalen über die „corona-soforthilfen insbesondere für kleine unternehmen und solo-selbstständige" vom 1. april 2020 einschließlich der dazu erlassenen vollzugshinweise sowie den „richtlinien des landes zur gewährung von soforthilfen für gewerbliche kleinunternehmen, selbstständige und angehörige freier berufe, die infolge der sars-cov-2-pandemie in ihrer existenz gefährdet sind“ („nrw-soforthilfe 2020“) vom 31. mai 2020. nach ziffern 3.1, 3.2, 5.2 und 5.3 der richtlinie sei die nrw-soforthilfe 2020 antragsberechtigten leistungsempfängern, die die antragsvoraussetzungen erfüllt hätten, zunächst in voller höhe gewährt worden. die endgültige festsetzung habe nach meldung der berechnung der höhe des liquiditätsengpasses zu erfolgen. ergebe sich dabei, dass der vorläufig vollständig gezahlte soforthilfebetrag nicht oder nur teilweise vom liquiditätsengpass abgedeckt sei, werde die soforthilfe nur in höhe des liquiditätsengpasses gewährt; anderenfalls sei die vorläufige zahlung endgültig. die rückforderung des überzahlten differenzbetrages beruhe auf § 49a abs. 1 satz 1 verwaltungsverfahrensgesetz für das land nordrhein-westfalen (vwvfg nrw) i.v.m. ziffer 5.3 der richtlinie und der ziffer ii. 3. des bewilligungsbescheides. § 49a abs. 1 vwvfg nrw werde entsprechend angewendet, wenn ein verwaltungsakt, der eine leistung zunächst nur vorläufig bewilligt habe, rückwirkend durch einen anderen verwaltungsakt teilweise ersetzt werde, der die leistung endgültig in geringerer höhe festsetze. 45der kläger hat am 14. januar 2022 klage erhoben. 46zur begründung führt er aus, er habe zwar im erfassungszeitraum per saldo keinen liquiditätsengpass im sinne von ziffer 5.3 der richtlinie gehabt, weil er die umsatzausfälle während des lockdowns mit umsätzen nach dem lockdown habe ausgleichen können. bei dem schlussbescheid handele es sich jedoch um den teilweisen widerruf des ursprünglichen bewilligungsbescheids vom 30. märz 2020, in dem die soforthilfe auf 9.000,00 euro festgesetzt worden sei. an der qualifikation als widerruf ändere sich insbesondere auch nichts dadurch, dass der angefochtene bescheid als „schlussbescheid“ bezeichnet werde. dies suggeriere zwar, dass die bewilligung der soforthilfe zunächst nur vorläufig erfolgt sei und von vornherein klar gewesen sei, dass über die letztliche berechtigung zur soforthilfe erst später abschließend, eben in einem schlussbescheid habe befunden werden sollen. ein solcher genereller vorläufigkeitscharakter ergebe sich aus dem bewilligungsbescheid aber nicht. wörter wie „vorläufig“, „obergrenze“ oder „höchstbetrag“ oder auch nur gleichbedeutende wörter oder formulierungen suche man im text des bewilligungsbescheides vergeblich. ebenso wenig lasse sich der ziffer ii.3 des bewilligungsbescheids ein genereller vorläufigkeitsvorbehalt entnehmen. im gegenteil habe er davon ausgehen dürfen, dass er die soforthilfe bei einhaltung dieser nebenbestimmungen sicher habe behalten dürfen. die voraussetzungen für einen widerruf nach § 49 abs. 2 vwvfg nrw seien in bezug auf den bewilligungsbescheid nicht gegeben. insbesondere sei der widerruf nicht im bewilligungsbescheid vorbehalten worden. dort habe es in ziffer ii.3. gerade nur geheißen, dass er die soforthilfe zurückzahlen müsse, wenn sich am ende des dreimonatigen bewilligungszeitraums herausstelle, dass die soforthilfe höher sei als sein umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten und er die mittel nicht vollständig zur sicherung seiner wirtschaftlichen existenz bzw. seines liquiditätsengpasses benötigt habe. die soforthilfe von 9.000,00 euro sei jedoch nicht höher als sein während des lockdowns erlittener umsatzausfall abzüglich eingesparter kosten gewesen. seine umsätze von märz bis mai 2019 hätten 00 euro betragen, die umsätze von märz bis mai 2020 00 euro, woraus sich ein umsatzrückgang von 00 euro ergebe. dieser umsatzausfall sei auch nicht durch ersparte aufwendungen kompensiert worden. ersparte aufwendungen hätten das betriebsergebnis erhöht, der sich aus umsatz minus kosten ergebe. das betriebsergebnis von märz bis mai 2019 habe 00 euro betragen, das betriebsergebnis von märz bis mai 2020 00 euro, woraus sich ein rückgang des betriebsergebnisses von 00 euro ergebe. da die voraussetzung des umsatzausfalls in ziffer ii.3. des bewilligungsbescheids durch ein „und“ mit der weiteren voraussetzung für eine rückforderung, dass er die mittel nicht vollständig zur sicherung seiner wirtschaftlichen existenz bzw. seines liquiditätsengpasses benötigt habe, verbunden gewesen sei, komme es nach dem bewilligungsbescheid allein auf die frage, ob und inwieweit er einen liquiditätsengpass erlitten habe, schon gar nicht an. hinzu komme, dass das erfordernis, dass die soforthilfe nicht höher sein dürfe als der liquiditätsengpass in einem dreimonatigen erfassungszeitraum, erst nach beantragung der soforthilfe und deren bewilligung in form der richtlinie erstmals aufgestellt worden sei. 47der kläger beantragt, 48den bescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 18. dezember 2021 aufzuheben. 49der beklagte beantragt, 50die klage abzuweisen. 51zur begründung trägt er vor, der vom kläger im rahmen der rückmeldung angegebene tatsächliche liquiditätsengpass betrage 2.000,00 euro. demensprechend sei ein liquiditätsengpass in dieser höhe festgestellt, die soforthilfe in dieser höhe festgesetzt und der überschießende betrag in höhe von 7.000,00 euro zurückgefordert worden. 52für die im vorliegenden verfahren in rede stehenden rechtsfragen sei von entscheidender bedeutung, dass die nrw-soforthilfe 2020 nicht nur eines von mehreren staatlichen hilfsangeboten zur abmilderung der beträchtlichen negativen ökonomischen folgen der corona-pandemie, sondern vielmehr die allererste, unbürokratische und unverzügliche liquiditätshilfe – eben eine soforthilfe – gewesen sei. über die internetpräsenz des ehemaligen ministeriums für wirtschaft, innovation, digitalisierung und energie nrw habe sich jeder betroffene im vorfeld der antragstellung umfassend über den zweck der nrw-soforthilfe 2020 und die antragsberechtigung informieren können. hierdurch habe jedem antragsteller unmissverständlich klar werden müssen, dass die nrw-soforthilfe 2020 der sicherstellung der finanzierung von verbindlichkeiten für fortlaufende erwerbsmäßige sach- und finanzausgaben gedient habe und jeder hilfeempfänger nach ende des bewilligungszeitraums verpflichtet gewesen sei, seinen tatsächlichen liquiditätsengpass zu berechnen und zu viel erhaltene mittel zurückzuzahlen. 53bei der ursprünglichen bewilligung habe es sich um die nur vorläufige positive bescheidung des antrages zur nrw-soforthilfe 2020 gehandelt, die erst durch die festsetzung der tatsächlichen höhe der antragsberechtigung aufgrund des später ermittelten liquiditätsengpasses endgültig verbindlich beschieden worden sei. begründung und berechtigung für die vorläufige bescheidung sei die ungewissheit über die zu treffende endgültige entscheidung, namentlich die konkrete höhe der zu gewährenden soforthilfe anhand des nachträglich zu ermittelnden, konkreten liquiditätsengpasses im maßgeblichen bewilligungszeitraum gewesen. hiernach sei der bewilligungsbescheid zwingend auf eine ergänzung durch einen weiteren verwaltungsakt angelegt gewesen, durch den die zuwendung erst abschließend habe geregelt werden sollen. dieser sei in form des schlussbescheids ergangen. die vorläufigkeit und notwendigkeit eines schlussbescheides hätten sich ohne weiteres aus den ziffern 5.2 und 5.3 der richtlinie sowie der nebenbestimmung ii.3. des bewilligungsbescheides ergeben. eindeutig ablesbar seien sie aber auch aus den kurzfakten zum bundesprogramm. hintergrund sei, dass nordrhein-westfalen sich bei der umsetzung des bundesprogramms im gegensatz zu allen anderen bundesländern dafür entschieden habe, zunächst den förderhöchstbetrag als pauschale auszuzahlen, um verzögerungen bei der auszahlung zu vermeiden. dies habe ein rückmeldeverfahren unabdingbar gemacht, in welchem der individuelle liquiditätsengpass ermittelt und die tatsächliche förderhöhe habe festgestellt werden müssen. dabei komme es an dieser stelle überhaupt noch nicht darauf an, ob sich die höhe der tatsächlich zustehenden soforthilfe aus einem tatsächlich vorhandenen liquiditätsengpass oder aus einem tatsächlich vorhandenen umsatzausfall berechne. denn jedenfalls habe jedem empfänger durch die nebenbestimmung ii.3. des bewilligungsbescheides offensichtlich klar sein müssen, dass aus den tatsächlichen entwicklungen eine jedenfalls teilweise rückzahlungspflicht entstehen könne, man die erhaltene soforthilfe also nicht unbedingt, jedenfalls nicht unbedingt in voller höhe werde behalten können. mit dem bewilligungsbescheid sei lediglich über die grundsätzliche antragsberechtigung entschieden worden, jedoch noch nicht abschließend über die höhe der soforthilfe. da der bewilligungsbescheid eine vorläufige regelung treffe und sich somit eine endgültige regelung vorbehalten habe, habe die bewilligungsbehörde diesen durch die endgültige regelung im schlussbescheid ersetzen können, ohne insoweit an die einschränkungen der §§ 48, 49 vwvfg nrw gebunden zu sein. 54rechtsgrundlage für den schlussbescheid sei dementsprechend § 53 lho i.v.m. dem bundesprogramm „soforthilfen für kleinstunternehmen und soloselbstständige“ (corona soforthilfeprogramm des bundes), der dazu ergangenen verwaltungsvereinbarung zwischen dem bund und dem beklagten land über die corona soforthilfen und die erst nach erlass der bewilligungsbescheide am 31. mai 2020 mit wirkung vom 27. märz 2020 in kraft getretene richtlinie. die höhe der tatsächlich zustehenden soforthilfe und damit korrespondierend die höhe einer rückzahlungspflicht bestimme sich in konkretisierung der nebenbestimmung ii.3. des bewilligungsbescheides nach den vorgaben der richtlinie. dem stehe insbesondere nicht der erlass der richtlinie am 31. mai 2020 mit wirkung zum 27. märz 2020 entgegen. denn die richtlinie sei als ministerieller runderlass eine bloße interne verwaltungsvorschrift, die allein dazu gedient habe, eine dem gleichheitsgrundsatz entsprechende ermessensausübung zu gewährleisten. als eben solche verwaltungsvorschrift habe die richtlinie für ihre wirksamkeit grundsätzlich nicht einmal veröffentlicht werden müssen. zudem habe sie der ermessenslenkung bei erlass der schlussbescheide gedient, welche durchweg erst nach dem 31. mai 2020 erlassen worden seien. 55der schlussbescheid sei formell rechtmäßig, insbesondere liege keine verletzung der anhörungspflicht gem. § 28 abs. 1 vwvfg nrw vor, da gem. § 28 abs. 2 nr. 4 varianten 2 und 3 vwvfg nrw von einer anhörung habe abgesehen werden dürfen. die abschließend festzusetzende soforthilfe habe sich rechnerisch aus den von den antragstellern im rahmen des rückmeldeverfahrens zu tätigenden angaben ergeben. solche fälle seien zu hunderten aufgetreten und die entscheidungsfindung bei den schlussbescheiden sei partiell automatisiert, d.h. softwaregesteuert, erfolgt. die antragsteller hätten entsprechend ziffer 5.3 der richtlinie die rückmeldung digital vorlegen müssen. sofern der vom antragsteller hierbei angegebene liquiditätsengpass niedriger als die erfolgte auszahlung gewesen sei, sei durch das system automatisch ein entsprechender schlussbescheid generiert worden. ungeachtet dessen wäre selbst eine verletzung der anhörungspflicht im vorliegenden fall nach § 46 vwvfg nrw unbeachtlich, da dies die entscheidung in der sache nicht beeinflusst habe. ihm habe in den fällen, in denen der liquiditätsengpass letztlich niedriger gewesen sei als die vorläufig gewährte billigkeitsleistung, aufgrund des gleichbehandlungsgebotes keine entscheidungsfreiheit zugestanden. 56der schlussbescheid sei auch materiell rechtmäßig. die voraussetzungen für die gewährung der soforthilfe hätten nur in der im schlussbescheid angegebenen höhe vorgelegen. nach ziffer 5.3 der richtlinie werde die nrw-soforthilfe maximal in höhe des liquiditätsengpasses gewährt. der liquiditätsengpass ergebe sich aus der differenz zwischen den tatsächlichen fortlaufenden einnahmen aus dem geschäftsbetrieb und den tatsächlich laufenden, erwerbsmäßigen sach- und finanzausgaben im dreimonatigen erfassungszeitraum. der erfassungszeitraum beginne grundsätzlich mit dem tag der antragstellung und entspreche dem bewilligungszeitraum. die ermittlung und prüfung des bei einem antragsteller entstandenen liquiditätsengpasses erfolge am ende des erfassungs- bzw. bewilligungszeitraums. die nrw-soforthilfe 2020 diene nach ziffer 1.1 der richtlinie der sicherung der wirtschaftlichen existenz von unternehmen und damit ausschließlich zur deckung der laufenden betrieblichen sach- und finanzaufwendungen des unternehmens. hierauf weise auch ziffer 2. des bewilligungsbescheides noch einmal hin. dies ergebe auch eine gesamtschau der beschlossenen maßnahmen zur unterstützung von unternehmen – kurzarbeitergeld und erleichterung der prüfungsvoraussetzung für die gewährung von alg ii. in abgrenzung zur nrw-soforthilfe 2020 solle etwa das gehalt von mitarbeitern durch das kurzarbeitergeld gewährt und für den persönlichen lebensunterhalt alg ii beantragt werden. private finanzielle schwierigkeiten würden demnach allein aufgefangen durch sozialleistungen nach dem sgb. dieser sinn und zweck der nrw-soforthilfe 2020 ergebe sich bereits aus der formulierung im antragsformular unter ziffer 6.1, vierter spiegelstrich: „ich versichere, dass meine wirtschaftliche tätigkeit durch die corona-krise wesentlich beeinträchtigt ist, da entweder (...) - die vorhandenen mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen zahlungsverpflichtungen des unternehmens zu erfüllen (z. b. mieten, kredite für betriebsräume, leasingraten).“ dieser sinn und zweck der soforthilfe ergebe sich auch eindeutig aus den faq sowie den eckpunkten und kurzfakten zum bundesprogramm. sinn und zweck der nrw-soforthilfe 2020 sei also entgegen der ansicht des klägers weder, sämtliche umsatz- und einnahmeverluste der unternehmen auszugleichen, noch die überschuldung oder zahlungsunfähigkeit der unternehmen zu verhindern und erst recht nicht, private existenzen zu sichern. 57ermessen habe der bezirksregierung düsseldorf beim erlass des schlussbescheides aufgrund der bindungswirkung der richtlinie nicht zugestanden. 58der rechtmäßigkeit des schlussbescheides stehe schließlich kein schutzwürdiges vertrauen des klägers entgegen. es liege vielmehr gerade im wesen der vorläufigkeit, dass ein vertrauen auf die endgültigkeit der regelung nicht entstehen könne. gegen einen bestehenden vertrauensschutz des klägers spreche zudem, dass ihm in ansehung der ziffer 5.3 der richtlinie der soforthilfe nrw sowie der nebenbestimmung ii.3. des bewilligungsbescheides habe bewusst sein müssen, dass er die nrw-soforthilfe nur insofern werde behalten dürfen, als dass seine tatsächlichen fortlaufenden einnahmen aus dem geschäftsbetrieb die tatsächlich laufenden, erwerbsmäßigen sach- und finanzausgaben im bewilligungszeitraum überstiegen. 59das verfahren 20 k 7488/20 ist beigezogen worden. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge ergänzend bezug genommen. 60 | 61die klage hat erfolg. 62a. die bei sachgerechter auslegung des klagebegehrens als anfechtungsklage gem. § 42 abs. 1 halbs. 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) zulässige klage ist begründet. 63der schlussbescheid der bezirksregierung düsseldorf vom 18. dezember 2021 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 64i. der schlussbescheid vom 18. dezember 2021 ist rechtswidrig. 651. die in ziffer 3. des angegriffenen bescheides ausgesprochene rückforderung eines betrages von 7.000,00 euro kann nicht auf § 49a abs. 1 satz 1 vwvfg nrw gestützt werden. danach sind bereits erbrachte leistungen zu erstatten, soweit ein verwaltungsakt für die vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge des eintritts einer auflösenden bedingung unwirksam geworden ist. diese voraussetzungen liegen nicht vor. 66a. eine rücknahme des bewilligungsbescheides vom 30. märz 2020 gemäß § 48 abs. 1 vwvfg nrw ist ersichtlich nicht gegeben. die bezirksregierung düsseldorf hat den bewilligungsbescheid jedoch auch nicht durch den erlass des angefochtenen schlussbescheides mit wirkung für die vergangenheit teilweise widerrufen. die – hier allein in betracht kommenden – voraussetzungen des § 49 abs. 3 nr. 1 oder nr. 2 vwvfg nrw sind nicht erfüllt. 67aa. die bezirksregierung düsseldorf hat den erlass des schlussbescheides nicht damit begründet, der kläger habe die erhaltene leistung (teilweise) nicht für den in dem bewilligungsbescheid bestimmten zweck verwendet (§ 49 abs. 3 nr. 1 vwvfg nrw). der schlussbescheid verhält sich vielmehr zu der frage, in welcher höhe bei dem kläger ein liquiditätsengpass auf der grundlage seiner angaben festzustellen sei. über die interpretation des begriffs des liquiditätsengpasses streiten die beteiligten. der vorwurf einer nicht zweckgerechten verwendung der erhaltenen zuwendung ist den regelungen des schlussbescheides allerdings nicht zu entnehmen. 68bb. mit dem bewilligungsbescheid ist auch keine auflage im sinne von § 49 abs. 3 nr. 2 vwvfg nrw verbunden, die der begünstigte nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten frist erfüllt hat. eine auflage ist eine bestimmung, durch die dem begünstigten ein tun, dulden oder unterlassen vorgeschrieben wird (§ 36 abs. 2 nr. 4 vwvfg nrw). zwar zielt die nebenbestimmung ii.3. auf eine handlungsverpflichtung des zuwendungsempfängers ab. mit ihr wird dem adressaten des bescheides – hier dem kläger – eine prüfungspflicht auferlegt: sollte er am ende des dreimonatigen bewilligungszeitraums feststellen, „dass diese finanzhilfe höher ist als ihr umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten (z.b. mietminderung) und sie die mittel nicht (vollständig) zur sicherung ihrer wirtschaftlichen existenz bzw. ausgleich ihres liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten mittel […] zurückzuzahlen“. der schlussbescheid enthält aber nicht den vorwurf, der kläger sei dieser aus dem bewilligungsbescheid resultierenden pflicht nicht oder nicht fristgerecht nachgekommen. vielmehr geht die behörde davon aus, dass der kläger angaben zur höhe des liquiditätsengpasses gemacht hat, auf grund derer sie sich zur teilrückforderung des gewährten betrages berechtigt sieht. da die voraussetzungen für einen widerruf mithin insoweit nicht vorliegen, kann dahinstehen, ob es sich bei der in ziffer ii.3. getroffenen regelung um eine auflage i.s.d. § 36 abs. 2 nr. 4 vwvfg nrw in abgrenzung zu einer bedingung oder einer inhaltsbestimmung handelt. 69b. schließlich folgt eine erstattungspflicht des klägers auch nicht daraus, dass der bewilligungsbescheid vom 30. märz 2020 infolge des eintritts einer auflösenden bedingung unwirksam geworden ist (§ 49a abs. 1 satz 1 vwvfg nrw). eine solche bedingung i.s.d. § 36 abs. 2 nr. 2 vwvfg nrw, nach der der wegfall einer vergünstigung von dem ungewissen eintritt eines zukünftigen ereignisses abhängt, enthält der bewilligungsbescheid nicht. 70unter den begriff des ereignisses fallen von der außenwelt wahrnehmbare handlungen, erklärungen oder geschehnisse, nicht hingegen nur zur gedankenwelt eines beteiligten gehörende vorstellungen. als ereignis kommt lediglich ein rein tatsächlicher vorgang in betracht, der sinnlich wahrnehmbar und dem beweis zugänglich ist, ohne dass es für seine bejahung noch einer rechtlichen wertung bedürfte. darauf, ob die rechtliche wertung einfach oder schwierig ist, kommt es nicht an. da das künftige ungewisse ereignis kraft gesetzes ohne weiteren zwischenschritt einen rechtsverlust oder einen rechtsgewinn herbeiführt, muss sein eintritt auch aus gründen der rechtssicherheit für alle beteiligten – für den adressaten des bescheids, für die behörde und ggf. für dritte – gleichermaßen ohne weiteres erfassbar sein, 71vgl. bverwg, urteil vom 23. januar 2019 – 10 c 5.17, juris; bverwg, urteil vom 16. juni 2015 ‒ 10 c 15.14 –, juris; ovg nrw, urteil vom 17. juni 2020 – 4 a 436/17 –, juris; ovg nrw, beschluss vom 14. juni 2018 ‒ 4 a 1781/15 ‒, juris. 72bei der nebenbestimmung ii.3. handelt es sich nicht um eine bedingung in diesem sinne. in ihr wird kein zur automatischen unwirksamkeit des bewilligungsbescheides führendes ereignis benannt. die vom zuwendungsempfänger am ende des bewilligungszeitraumes zu treffende beurteilung, ob die finanzhilfe höher ist als der umsatzausfall, lässt sich nur durch eine berechnung anhand betriebswirtschaftlicher auswertungen durchführen; sie mag aus sicht der bewilligungsbehörde korrekt oder aber fehlerhaft durchgeführt worden sein. jedenfalls bedarf es einer bewertung, die einen automatismus zwischen dem eintritt eines künftigen ereignisses und der unwirksamkeit des zuwendungsbescheides im sinne des § 36 abs. 2 nr. 2 vwvfg nrw ausschließt. 732. als ermächtigungsgrundlage für das erstattungsverlangen der bezirksregierung düsseldorf kommt § 49a abs. 1 vwvfg nrw in entsprechender anwendung in betracht. die vorschrift ist analog anzuwenden, wenn ein verwaltungsakt, der eine billigkeitsleistung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen verwaltungsakt ersetzt wird, der die leistung endgültig in geringerer höhe festsetzt. der empfänger muss eine hiernach zu viel erhaltene leistung erstatten, 74vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 – 3 c 7/09 –, juris; ovg nrw, beschluss vom 14. dezember 2020 – 4 a 1992/16 –, juris; ovg nrw, urteil vom 17. juni 2020 – 4 a 436/17 –, juris; vgh kassel, urteil vom 13. mai 2014 – 9 a 2289/12 –, beckrs 2014, 53405; ramsauer, in: kopp/ramsauer, vwvfg, 22. aufl. 2021, § 49 rn. 4. 75die voraussetzungen des § 49a abs. 1 vwvfg nrw analog liegen indes nicht vor. 76selbst unterstellt, die bezirksregierung düsseldorf hätte die zu erstattende forderung endgültig in form eines schlussbescheides festsetzen können, da sie mit bescheid vom 30. märz 2020 die zuwendung lediglich vorläufig bewilligt hätte, hätte sie bei erlass des schlussbescheides dennoch rechtsfehlerhaft angenommen, dass die soforthilfe nur noch 2.000,00 euro beträgt. denn die festsetzungen in ziffern 1. und 2. des schlussbescheides sind rechtswidrig. daraus folgt auch die rechtswidrigkeit der erstattungsforderung in ziffer 3. 77a. zu gunsten der bezirksregierung düsseldorf kann unterstellt werden, dass das subventionsverhältnis in der weise geregelt war, dass zunächst vorläufig durch bescheid vom 30. märz 2020 eine soforthilfe in höhe von 9.000,00 euro bewilligt und ausgezahlt wurde, deren endgültige genaue höhe von der ungewissen entwicklung des unternehmens des antragstellers während des dreimonatigen bewilligungszeitraums abhing. der bewilligungsbescheid wäre in diesem fall darauf angelegt gewesen, die höhe der zuwendung nicht definitiv zu regeln, sondern diese zunächst vorläufig zu gewähren und abschließend erst später festzusetzen. dies wäre durch erlass des sog. schlussbescheides geschehen. damit hätte sich die bezirksregierung düsseldorf der handlungsform des sog. vorläufigen verwaltungsaktes bedient, die für den sachbereich des subventionsrechts durch die höchst- und obergerichtliche rechtsprechung anerkannt ist, 78vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 – 3 c 7/09 –, juris m.w.n; bverwg, urteil vom 14. april 1983 – 3 c 8/82 –, juris; ovg nrw, urteil vom 17. juni 2020 – 4 a 436/17 –, juris; ovg nrw, urteil vom 28. september 1990 – 15 a 708/88 –, juris. 79eine billigkeitsleistung kann unter dem vorbehalt einer späteren definitiven entscheidung bewilligt werden, wenn und soweit eine bestehende ungewissheit hierfür einen sachlichen grund gibt. der vorbehalt einer späteren endgültigen entscheidung bewirkt, dass die behörde die einstweilige regelung im ausgangsbescheid durch die endgültige regelung im schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die einschränkungen der §§ 48, 49 vwvfg nrw gebunden zu sein, 80vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 – 3 c 7/09 –, juris m.w.n; bverwg, urteil vom 14. april 1983 – 3 c 8/82 –, juris. 81die vorläufige regelung verliert mit dem erlass der endgültigen festsetzung ihre wirksamkeit (vgl. § 43 abs. 2 vwvfg nrw), 82vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 – 3 c 7/09 –, juris; ovg nrw, urteil vom 28. september 1990 – 15 a 708/88 –, juris. 83das bestehen einer ungewissheit rechtfertigt die existenz des vorläufigen verwaltungsaktes sowie den damit einhergehenden widerspruch zwischen der dem verwaltungsakt immanenten bestandskraft und dem mit der vorläufigkeit verbundenen flexiblen element. in einer solchen konstellation stellt der vorläufige verwaltungsakt einen angemessenen ausgleich zwischen den rechtsstaatlichen anforderungen an das verwaltungsverfahren und dem gebot der effektivität des verwaltungshandelns dar, indem trotz verbleibender unsicherheiten bereits zu einem frühen zeitpunkt zugunsten des bürgers entschieden werden kann, 84vgl. schwarz, in: fehling/kastner/störmer, verwaltungsrecht, 5. aufl. 2021, § 35 rn. 27 ff. m.w.n. 85die vorläufigkeit muss sich dabei nicht auf den gesamten bescheid beziehen, sondern kann und muss gegebenenfalls auf einzelne aspekte beschränkt werden. auch wenn die behörde einen unter vorbehalt gestellten verwaltungsakt später durch einen abschließenden bescheid ersetzt, so kommt doch eine inhaltlich abweichende regelung im schlussbescheid – außer in den fällen der §§ 48, 49 vwvfg nrw – nur in betracht, wenn sie aus den gründen ergeht, wegen derer die frühere regelung unter vorbehalt gestellt wurde. welche elemente eines zuwendungsbescheides vorläufig sind und welche inhalte bereits eine gesicherte rechtsposition vermitteln, ist durch – am empfängerhorizont orientierte – auslegung zu ermitteln. jenen – nicht mit vorbehalt versehenen – teil des zuwendungsbescheides kann die behörde nur unter beachtung der §§ 48, 49 vwvfg nrw aufheben, 86vgl. bverwg, urteil vom 19. november 2009 – 3 c 7/09 –, juris; ovg nrw, beschluss vom 14. dezember 2020 – 4 a 1992/16 –, juris; ovg nrw, urteil vom 17. juni 2020 – 4 a 436/17 –, juris; ovg nrw, beschluss vom 23. juni 2017 – 4 a 2078/15 –, juris; schwarz, in: fehling/kastner/störmer, verwaltungsrecht, 5. aufl. 2021, § 35 rn. 35 m.w.n. 87neben einer die vorläufigkeit der regelung rechtfertigenden unsicherheit ist voraussetzung für einen vorbehalt, dass die vorläufigkeit und ihr umfang im verwaltungsakt selbst zum ausdruck kommen, 88vgl. stelkens, in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. aufl. 2018, § 35 rn. 248; ovg nrw, urteil vom 17. juni 2020 – 4 a 436/17 –, juris; ovg nrw, urteil vom 28. september 1990 – 15 a 708/88 –, juris. 89das vorliegen dieser voraussetzungen kann hinsichtlich der festsetzung der genauen höhe der soforthilfe zu gunsten der bezirksregierung düsseldorf unterstellt werden. diesbezüglich kann angenommen werden, es habe bei erlass des bewilligungsbescheides eine ungewissheit, die den erlass einer lediglich vorläufigen regelung rechtfertigte, bestanden. demgegenüber wurden zu anderen fragen ersichtlich bereits abschließende regelungen getroffen. 90der bewilligungsbescheid vom 30. märz 2020 kann bei verständiger würdigung so ausgelegt werden, dass er dem kläger hinsichtlich der zuwendung dem grunde nach eine gesicherte rechtsposition vermitteln wollte. dies folgt aus den formulierungen in ziffern 2. und 3. des bescheides ebenso wie aus den umständen des antragsverfahrens. grundsätzlich berechtigt, eine zuwendung zu erhalten, waren jene antragsteller, deren wirtschaftliche tätigkeit durch die corona-pandemie bereits wesentlich beeinträchtigt war. unter ziffer 6.1 des antragsformulars mussten die antragsteller versichern, dass ihre „wirtschaftliche tätigkeit durch die corona-krise wesentlich beeinträchtigt“ war, da entweder 91- „mehr als die hälfte der aufträge aus der zeit vor dem 1. märz durch die corona-krise weggefallen ist oder 92- die umsätze gegenüber dem vorjahresmonat mehr als halbiert sind (gründungen: vormonat) oder 93- die umsatzerzielungsmöglichkeiten durch eine behördliche auflage im zusammenhang mit der covid-19-pandemie massiv eingeschränkt wurden oder 94- die vorhandenen mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen zahlungsverpflichtungen des unternehmens zu erfüllen (z.b. mieten, kredite für betriebsräume, leasingraten).“ 95die grundsätzliche antragsberechtigung setzte damit – für jeden antragsteller erkennbar –diesen zum zeitpunkt der bewilligung bereits sicher feststellbaren umstand voraus. hieran knüpfen die regelungen in ziffern 2. und 3. des bewilligungsbescheides an, mit denen die bezirksregierung düsseldorf darauf abgestellt hat, dass die soforthilfe der milderung bzw. kompensation der „unmittelbar durch die corona-pandemie ausgelösten wirtschaftlichen engpässe“ (ziffer 3.), „der finanziellen notlagen“ bzw. „der überbrückung von liquiditätsengpässen, die seit dem 1. märz 2020 im zusammenhang mit der covid-19-pandemie entstanden sind“ (ziffer 2.), dient. da diese voraussetzungen im falle des klägers im grundsatz erfüllt waren, erhielt er durch den bescheid vom 30. märz 2020 die soforthilfe dem grunde nach vorbehaltlos. 96weitere gesichtspunkte unterlagen ebenfalls keinem vorbehalt, wie etwa die anzahl der im unternehmen beschäftigten (nebenbestimmung ii.1.) oder gewisse in den nebenbestimmungen ii.4. bis 8. geregelte modalitäten. 97demgegenüber kann der bescheid hinsichtlich der höhe der soforthilfe und damit des behaltendürfens des gesamtbetrages so verstanden werden, dass er unter dem vorbehalt einer späteren endgültigen entscheidung stand. dieser vorbehalt betrifft die regelung unter ziffer 1., mit der die bewilligung eines betrages von 9.000,00 euro ausgesprochen wurde. dass sich weder in ziffer 1. noch an anderer stelle des bescheides die worte „vorbehalt“, „vorläufig“ oder dergleichen finden, steht der annahme einer vorläufigen regelung nicht zwingend entgegen. denn die formulierung der in ziffer 1. getroffenen regelung, die umstände des antragsverfahrens sowie der zusammenhang mit dem inhalt der nebenbestimmung ii.3. ermöglichen auch ohne explizite wortwahl eine deutung, wonach der zuwendungsbetrag unter dem vorbehalt einer späteren entscheidung gewährt wurde. die nebenbestimmung ii.3. enthielt folgende regelung: „sollten sie am ende des dreimonatigen bewilligungszeitraums feststellen, dass diese finanzhilfe höher ist als ihr umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten (z.b. mietminderung) und sie die mittel nicht (vollständig) zur sicherung ihrer wirtschaftlichen existenz bzw. ausgleich ihres liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten mittel […] zurückzuzahlen.“ damit wurde die endgültige höhe der unter ziffer 1. bewilligten soforthilfe von einer zum zeitpunkt des bescheiderlasses unbekannten größe, die erst am ende des dreimonatigen bewilligungszeitraums feststand, abhängig gemacht. die vorläufigkeit der regelung bezüglich der höhe der soforthilfe kam auch in ziffer 1. ansatzweise zum ausdruck. dort hieß es, dass eine soforthilfe in höhe von 9.000,00 euro als „einmalige pauschale“ gewährt werde. im gesamtkontext konnte diese formulierung zumindest auch so verstanden werden, dass zunächst ein betrag in toto gezahlt wurde, dessen endgültige, genaue höhe zu einem späteren zeitpunkt bestimmt werden musste. denn in ziffer 1. wurde klargestellt, dass die bewilligung aufgrund des programms zur gewährung von soforthilfen aus dem bundesprogramm „soforthilfen für kleinstunternehmen und selbstständige“ und dem ergänzenden landesprogramm „nrw-soforthilfe 2020“ erfolge. in den vom damaligen bundesministerium für wirtschaft und energie hierzu online veröffentlichten kurzfakten vom 30. märz 2020 ging aus der antwort zu der frage, „wie wird hinterher geprüft, ob nicht eine „überkompensation“ vorlag?“, hervor, dass es bei der antragstellung auf einen „voraussichtlichen liquiditätsengpass“ ankam, welcher später mit den tatsächlichen zahlen des unternehmens abzugleichen sei. zudem enthielt auch die nebenbestimmung in ziffer ii.3. des bewilligungsbescheides den hinweis auf das am ende des bewilligungszeitraums durchzuführende rückmeldeverfahren, welches eine rückzahlungspflicht zur folge haben könne. 98dass die bezirksregierung düsseldorf selbst von einer vorläufigen bewilligung der finanzhilfe ausging, hat schließlich in der begründung des rückforderungsverlangens in ziffer ii.3. der gründe des schlussbescheides ihren ausdruck gefunden. dort hat sich die behörde auf eine entsprechende anwendung von § 49a abs. 1 vwvfg nrw unter heranziehung der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts zur vorläufigen bewilligung einer leistung berufen sowie darauf hingewiesen, dass die leistung wegen des zunächst noch unbekannten liquiditätsengpasses zunächst nur vorläufig bewilligt worden sei und der schlussbescheid den vorläufigen bescheid „hinsichtlich der höhe des soforthilfe-betrages“ ersetze. 99kann somit einerseits bezüglich der höhe der zuwendung unterstellt werden, diese sei unter vorbehalt gestellt worden, so hat die bezirksregierung düsseldorf aber andererseits mit der ausgestaltung der nebenbestimmung ii.3. des bewilligungsbescheides zu erkennen gegeben, welche parameter sie einer späteren berechnung des förderbetrages zugrunde legen wollte. diese vorgaben „finanzhilfe höher […] als ihr umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten“, „mittel nicht vollständig zur sicherung ihrer wirtschaftlichen existenz bzw. ausgleich ihres liquiditätsengpasses benötigen“ schränken, ebenso wie die in ziffer 2. bezeichnete zweckbindung, ihrerseits die vorläufigkeit des bescheides wieder ein, indem die endgültige regelung sich an diesen zu orientieren hat. unabhängig davon, wie diese zu verstehen sind, hat die behörde mit ihnen bereits berechnungsgrößen für die endgültige höhe der soforthilfe bzw. für das bestehen einer rückzahlungsverpflichtung aufgestellt. an diesen selbst geschaffenen vorgaben muss sie – und damit das beklagte land – sich festhalten lassen; etwaige fehler gehen zu ihren lasten, weil die behörde es zu jenem zeitpunkt in der hand gehabt hat, eine andere regelung zu treffen, wie dies offenbar in anderen bundesländern geschehen ist. nach welchen parametern man die endgültige berechnung des förderbetrages später durchführen wollte, hing auch nicht von einem zum zeitpunkt des erlasses des bewilligungsbescheides noch unbekannten und daher eine vorläufige regelung rechtfertigendem umstand ab, sondern war allein gegenstand einer politischen entscheidung, die zu diesem zeitpunkt schon getroffen werden konnte und mit der formulierung des bewilligungsbescheides auch bereits getroffen wurde. 100b. die entscheidung der bezirksregierung düsseldorf, im schlussbescheid einen liquiditätsengpass in höhe von 2.000,00 euro festzustellen (ziffer 1.), die soforthilfe in dieser höhe festzusetzen (ziffer 2.) und ihre bewertung, dass „die voraussetzungen für die […] höhe […] der billigkeitsleitung nicht mehr vorliegen oder eine überkompensation eingetreten“ und diese überkompensation von 7.000,00 euro zurückzuzahlen ist (so ausdrücklich die gründe des angegriffenen schlussbescheides, s. 3 ziffer ii.3.), erweist sich selbst bei der vorgenannten annahme der teilweisen vorläufigkeit des bewilligungsbescheides als rechtsfehlerhaft. denn sie beruht auf einem verständnis von den begriffen des liquiditätsengpasses bzw. der überkompensation, die im insoweit maßgeblichen und endgültige vorgaben treffenden bewilligungsbescheid keine grundlage finden. aus diesem grunde konnte der schlussbescheid den bewilligungsbescheid insoweit nicht rechtmäßigerweise ersetzen. 101aa. die bereits endgültigen vorgaben im bewilligungsbescheid zu den parametern der späteren berechnung des förderbetrages sind für die rechtmäßigkeit des schlussbescheides maßgeblich. 102die zuwendung wurde dem kläger nicht auf grund eines gesetzes oder anderer rechtsnormen gewährt, aus denen sich eine unmittelbare bindung für den beklagten und unmittelbare rechtsansprüche für den kläger ergäben. vielmehr wurde der bewilligungsbescheid nach maßgabe des programms zur gewährung von soforthilfen aus dem bundesprogramm „soforthilfen für kleinstunternehmen und selbstständige" und dem ergänzenden landesprogramm „nrw-soforthilfe 2020“ erlassen (vgl. insoweit auch den kopf sowohl des bewilligungs- als auch des schlussbescheides). bei diesen – wie auch bei der später erlassenen richtlinie vom 31. mai 2020 – handelt es sich um verwaltungsvorschriften, die grundsätzlich nur dazu bestimmt sind, für die verteilung von billigkeitsleistungen maßstäbe zu setzen und das ermessen der für die verteilung der jeweiligen leistungen bestimmten stellen zu lenken. nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher rechtsprechung begründen verwaltungsvorschriften nicht wie gesetzes- und rechtsvorschriften bereits durch ihr vorhandensein subjektive rechte. sie unterliegen daher auch keiner eigenständigen richterlichen auslegung wie rechtsnormen, 103vgl. bverwg, urteil vom 8. april 1997 – 3 c 6/95 –, juris; bverwg, urteil vom 2. februar 1995 – 2 c 19/94 –, juris; ovg nrw, beschluss vom 12. august 2016 – 15 a 1822/15 –, juris; ovg lüneburg, urteil vom 23. januar 2014 – 8 la 144/13 –, juris. 104allerdings vermögen verwaltungsvorschriften über die ihnen zunächst nur innewohnende interne bindung hinaus in verbindung mit dem grundgesetzlichen gleichheitsgebot (art. 3 abs. 1 grundgesetz – gg) sowie dem im rechtsstaatsprinzip verankerten gebot des vertrauensschutzes (art. 20 abs. 1 gg) eine anspruchsbegründende außenwirkung im verhältnis zum bürger zu eröffnen. jeder anspruchsteller hat dann einen anspruch darauf, entsprechend den aufgestellten richtlinien behandelt zu werden. entscheidend ist, wie die zuständigen behörden die verwaltungsvorschrift im maßgeblichen zeitpunkt ihrer entscheidung in ständiger praxis gehandhabt haben und in welchem umfang sie infolgedessen durch den gleichheitssatz (artikel 3 abs. 1 gg) gebunden sind, 105vgl. bverwg, urteil vom 8. april 1997 – 3 c 6/95 –, juris; bverwg, urteil vom 23. april 2003 – 3 c 25/02 –, juris; ovg nrw, beschluss vom 12. august 2016 – 15 a 1822/15 –, juris. 106der tatsächlichen verwaltungspraxis im entscheidungszeitpunkt kommt damit entscheidende bedeutung zu. wenn sich die behörde an ihre verwaltungsvorschriften hält, ist sie daher durch das gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche gründe im einzelfall eine abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. weicht sie hingegen generell von den verwaltungsvorschriften ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende wirkung; ob das verwaltungshandeln mit dem gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen verwaltungspraxis im entscheidungszeitpunkt, 107vgl. bverwg, urteil vom 25. april 2012 – 8 c 18/11 –, juris; vgl. zur übertragbarkeit dieser rechtsprechung aus dem zuwendungsrecht auf billigkeitsleistungen: vg würzburg, urteil vom 3. august 2020 – w 8 k 20.743 –, juris; vg münchen, beschluss vom 25. juni 2020 – m 31 k 20.2261 –, juris. 108nach ihrer entscheidung, mithin nach erlass des zuwendungsbescheides, kann die bewilligungsbehörde die darin verwandten begrifflichkeiten nicht mehr frei auslegen. der bescheid hat insoweit fakten geschaffen, über die sie sich nicht mehr nach ermessen hinwegsetzen kann. der zuwendungsempfänger muss sich auf die im antragsverfahren gleichmäßig ausgeübte verwaltungspraxis und den inhalt des bewilligungsbescheides einstellen können, 109vgl. ovg nrw, beschluss vom 8. märz 2018 – 4 a 182/16 –, juris; ovg nrw, beschluss vom 11. juni 2016 – 4 a 1983/13 –, juris; vorgehend erkennende kammer, urteil vom 17. juli 2013 – 20 k 7520/12 – juris. 110die im bewilligungsbescheid vom 30. märz 2020 zum ausdruck gekommene verwaltungspraxis ist demnach maßgeblich für die beurteilung der rechtmäßigkeit des ihn (teilweise) ersetzenden schlussbescheides vom 18. dezember 2021. das bedeutet zugleich, dass nach seinem erlass in kraft getretene regelwerke oder spätere informationen, die von jenen bis zum erlasszeitpunkt abweichen, nicht zu berücksichtigen sind. dem steht nicht entgegen, dass der bescheid die oben beschriebenen vorläufigen elemente enthält. die vorläufigkeit bezieht sich, wie dargelegt, auf die höhe der zuwendung, die im jeweiligen einzelfall erst zu einem späteren zeitpunkt endgültig berechnet werden sollte. welche maßgaben für diese berechnung gelten sollten, war jedoch bestandteil der verwaltungspraxis im antragsverfahren und bei erlass der bewilligungsbescheide und fand eingang in die in sämtlichen bescheiden verwendeten formulierungen in ziffern 2. und 3. sowie ii.3. deren verständnis – ausgerichtet am objektiven empfängerhorizont – ist mithin ausschlaggebend für die rechtmäßigkeit des angefochtenen schlussbescheides. nur hinsichtlich der aufgrund dieser berechnungsmodalitäten zu ermittelnden höhe – nicht bezüglich der parameter selbst – stand der ausgangsbescheid unter dem vorbehalt der ersetzung durch den schlussbescheid. den nicht unter vorbehalt gestellten teil des bewilligungsbescheides kann die behörde nur unter den voraussetzungen der §§ 48 ff. vwvfg nrw aufheben, weil er mit seiner bekanntgabe bindungswirkung entfaltet hat. 111das vom beklagten herangezogene urteil des bundesverwaltungsgerichts vom 8. april 1997, 112– 3 c 6/95 –, juris, 113rechtfertigt keine abweichende sichtweise. der dort entschiedene fall unterscheidet sich von dem hier streitgegenständlichen insbesondere dadurch, dass der zuwendungsbescheid erst nach inkrafttreten der geänderten richtlinie erlassen wurde. die frage, ob der dortige kläger, der jahrelang zuschüsse nach maßgabe der vorherigen richtlinie erhalten hatte, sich auf den grundsatz des vertrauensschutzes berufen konnte, stellt sich hier nicht. denn der bewilligungsbescheid vom 30. märz 2020 wurde auf der grundlage einer bestimmten verwaltungspraxis erlassen, die die bezirksregierung düsseldorf gegenüber allen leistungsempfängern gleichermaßen ausgeübt hatte. von dieser verwaltungspraxis hätte eine richtlinie nur bis zum maßgeblichen zeitpunkt des vertrauensbildenden bewilligungsbescheides abweichen können und damit ihrerseits eine (neue oder veränderte) verwaltungshandhabung begründen können. 114bb. legt man die danach maßgeblichen endgültigen vorgaben im bewilligungsbescheid zu den parametern der späteren berechnung des förderbetrages nach dem objektiven empfängerhorizont aus, sind die festsetzungen zum liquiditätsengpass und zur höhe der soforthilfe in den ziffern 1. und 2. des schlussbescheides sowie die begründung hierzu gemessen an diesen vorgaben materiell rechtswidrig. die bezirksregierung düsseldorf hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass ein liquiditätsengpass von 2.000,00 euro vorliegt und die soforthilfe nur noch 2.000,00 euro beträgt. 115(1) im hinblick auf die materielle rechtswidrigkeit dieser regelungen kann die formelle rechtmäßigkeit des bescheides, insbesondere die erforderlichkeit einer anhörung gem. § 28 abs. 1 vwvfg nrw, dahinstehen. 116(2) zum maßgeblichen zeitpunkt des erlasses des bewilligungsbescheides richtete die bezirksregierung düsseldorf – wie dargelegt – ihre verwaltungspraxis an dem programm zur gewährung von soforthilfen aus dem bundesprogramm „soforthilfen für kleinstunternehmen und selbstständige" und dem ergänzenden landesprogramm „nrw-soforthilfe 2020“ aus. die richtlinien des landes nrw „zur gewährung von soforthilfen für gewerbliche kleinunternehmen, selbstständige und angehörige freier berufe, die infolge der sars-cov-2-pandemie in ihrer existenz gefährdet sind (nrw-soforthilfe 2020)“ vom 31. mai 2020 waren noch nicht in der welt. gleiches gilt für die vom beklagten unter dem 3. juli 2020, 5. oktober 2020, 2. dezember 2020 sowie 14. juni 2021 versandten emails an sämtliche antragsteller. im verwaltungsverfahren vor erlass des zuwendungsbescheides stellte das beklagte land (und ebenso der bund) den antragstellern – auch dem kläger – eine vielzahl von online abrufbaren hinweisen, insbesondere die sog. faq, bereit. diese spiegeln die verwaltungspraxis des beklagten bzw. der bezirksregierung düsseldorf als bewilligungsbehörde des landes wider. diese verwaltungspraxis lässt sich wie folgt zusammenfassen: versicherte ein anspruchsteller, dass seine wirtschaftliche tätigkeit durch die corona-krise wesentlich beeinträchtigt war, erhielt er eine (vorläufige) pauschale in einer höhe, die von der anzahl der bei ihm beschäftigten abhing; hatte er – wie der kläger – bis einschließlich fünf beschäftigte, erhielt er 9.000,00 euro. wie das land die „wesentliche beeinträchtigung der wirtschaftlichen tätigkeit“ definierte, ließ sich an den oben wiedergegebenen voraussetzungen im antragsformular (dortige ziffer 6.1) ablesen. antragsteller, die – wie der kläger – erklärten, diese voraussetzungen zu erfüllen, erhielten (bei vorliegen der weiteren erfordernisse) einen zuwendungsbescheid. in diesem wurde ebenfalls auf das bestehen einer finanziellen notlage, die überbrückung von liquiditätsengpässen bzw. die kompensation der wirtschaftlichen engpässe abgestellt, ohne diese genau zu umschreiben. namentlich in ziffer 2. wurde die zweckbindung der soforthilfe so beschrieben, dass sie „zur milderung der finanziellen notlage“ „als einmalzahlung für einen bewilligungszeitraum von drei monaten ab antragstellung“ erfolge und „insbesondere zur überbrückung von liquiditätsengpässen“ diene. der nebenbestimmung ii.3. konnten die anspruchsteller einen anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen maßgaben die mit dieser zweckbindung erhaltene soforthilfe zurückzuzahlen sei. diese stellte zwei kumulative („und“) voraussetzungen für eine rückzahlungspflicht am ende des dreimonatigen bewilligungszeitraums auf: 117- die finanzhilfe war höher als der umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten. 118- die mittel wurden nicht (vollständig) zur sicherung der wirtschaftlichen existenz bzw. ausgleich des liquiditätsengpasses benötigt. 119im einzelnen: 120die bezirksregierung düsseldorf hat ihre vergabepraxis auch auf das bundesprogramm „corona-soforthilfen für kleinstunternehmen und selbständige“ gestützt. potentiellen anspruchsberechtigten standen hierzu sog. kurzfakten zur verfügung, in denen es u.a. heißt (stand 30. märz 2020): s. 1 ziffer 2: „die soforthilfe dient der sicherung der wirtschaftlichen existenz der unternehmen und zur überbrückung von akuten liquiditätsengpässen.“ ziffer 7: „eine kumulierung mit anderen hilfen […] ist grundsätzlich möglich. eine überkompensation ist aber zurückzuzahlen.“ s. 2: „wie wird hinterher geprüft, ob nicht eine überkompensation vorliegt? […] der antragsteller legt bei der angabe, in welcher höhe er die billigkeitsleitung beantragt, seinen voraussichtlichen liquiditätsengpass zugrunde. dieser wird auf der basis seines voraussichtlichen umsatzes sowie des betrieblichen sach- und finanzaufwands für die drei auf die antragstellung folgenden monate ermittelt. sofern die soforthilfe wie beantragt bewilligt wird und später festgestellt wird, dass der sach- und finanzaufwand des unternehmens oder die tatsächliche umsatzeinbuße doch geringer war, ist das unternehmen zu einer rückzahlung des überzahlten betrags verpflichtet. auch durch die kombination von mehreren hilfsprogrammen kann es zu einer überkompensation kommen.“ 121an mehreren stellen werden die formulierungen „wirtschaftliche existenz“ sowie „liquiditätsengpass“ gebraucht (auch auf s. 1 ziffer 3 und s. 2), ohne dass diese definiert würden. bei der beantwortung der frage, wie geprüft werde, ob eine „überkompensation“ vorliege, wird explizit eine umsatzeinbuße zur voraussetzung für eine rückerstattungsspflicht gemacht. 122das beklagte land hat dieses bundesprogramm erweitert und das landesprogramm „nrw-soforthilfe 2020“ ins leben gerufen. hierzu stellte es antragstellern auf der internetpräsenz des damaligen ministeriums für wirtschaft, innovation, digitalisierung und energie nrw hinweise und faq zur verfügung. 123in den faq 1 vom 25. märz 2020 hieß es für die anspruchsvoraussetzungen zu der frage, „was wird gefördert?“: „die unternehmen sollen bei der sicherung ihrer wirtschaftlichen existenz und überbrückung von akuten finanzierungsengpässen, u.a. für laufende betriebskosten wie mieten, kredite für betriebsräume, leasingraten u.ä. sowie den erhalt von arbeitsplätzen durch einen zuschuss unterstützt werden. […] voraussetzung: erhebliche finanzierungsengpässe und wirtschaftliche schwierigkeiten in folge von corona. dies wird angenommen wenn, 124- sich für den monat, in dem der antrag gestellt wird, umsatz- bzw. honorarrückgang von mindestens 50 prozent verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen umsatz (bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen monate) im vorjahr ergibt [….] oder 125- der betrieb auf behördliche anordnung wegen der corona-krise geschlossen wurde oder 126- die vorhandenen mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen verbindlichkeiten des unternehmens (bspw. mieten, kredite für betriebskosten, leasingraten) zu zahlen (=finanzierungsengpass).“ 127in den faq 2 vom 26. märz 2020 wurden die voraussetzungen um eine vierte möglichkeit zum auftragseinbruch ergänzt und wie folgt umformuliert: 128- „mehr als die hälfte der aufträge aus der zeit vor dem 1. märz durch die corona-krise weggefallen sind […] oder 129- sich für den monat, in dem der antrag gestellt wird, umsatz- bzw. honorarrückgang von mindestens 50 prozent verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen umsatz (bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen monate) im vorjahr ergibt. [….] oder 130- der umsatz durch eine behördliche auflage im zusammenhang mit der covid-19-pandemie massiv eingeschränkt wurde oder 131- die vorhandenen mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen verbindlichkeiten des unternehmens (bspw. mieten, kredite für betriebskosten, leasingraten) zu zahlen (= finanzierungsengpass).“ 132in den faq 3 (datum nach anlage b2 unbekannt; datum der speicherung: 25. märz 2020) wurden die voraussetzungen dann im wesentlichen unverändert final umformuliert: 133- „mehr als die hälfte der aufträge aus der zeit vor dem 1. märz durch die corona-krise weggefallen ist […] oder 134- die umsätze gegenüber dem vorjahresmonat mehr als halbiert sind (für einen noch im märz oder april gestellten antrag werden die umsätze im märz 2020 gegenüber dem monat märz 2019 zugrunde gelegt). kann der vorjahresmonat nicht herangezogen werden (z.b. bei gründungen), gilt der vormonat. oder 135- die möglichkeiten den umsatz zu erzielen durch eine behördliche auflage im zusammenhang mit der covid-19-pandemie massiv eingeschränkt wurde oder 136- die vorhandenen mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen verbindlichkeiten des unternehmens (bspw. mieten, kredite für betriebskosten, leasingraten) zu zahlen (=finanzierungsengpass).“ 137diese spiegelstrich-voraussetzungen mündeten fast wortgleich in das antragsformular, das die antragsteller – so auch der kläger – online einreichen mussten. von einem liquiditätsengpass ist an keiner stelle die rede, geschweige denn, dass er definiert würde. vielmehr wird durchgängig der begriff „finanzierungsengpass“ verwendet. dieser war – gemessen an den zum antragszeitpunkt feststehenden zahlen eines antragstellers – bedingung für das entstehen eines anspruchs. zwar entspricht der vierte spiegelstrich der anspruchsvoraussetzungen „die vorhandenen mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen verbindlichkeiten des unternehmens (bspw. mieten, kredite für betriebskosten, leasingraten) zu zahlen“ im wesentlichen der späteren definition des liquiditätsengpasses in ziffer 5.3 abs. 2 der richtlinie. in den faq war dieser spiegelstrich jedoch lediglich als eine von vier alternativen möglichkeiten („oder“) vorgesehen, um die anspruchsberechtigung zu begründen. 138zu den fragen „wird geprüft, ob dem antragsteller die hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die hilfe ggfls. zurückgezahlt werden?“ und „wird immer der maximalbetrag ausgezahlt?“ und „wie ist eine überkompensation definiert?“ wurden folgende antworten gegeben: 139- „wird geprüft, ob dem antragsteller die hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die hilfe ggfls. zurückgezahlt werden? 140der antragsteller versichert im formular, dass er alle angaben nach bestem wissen und gewissen und wahrheitsgetreu gemacht hat. falsche angaben, die zu einer unberechtigten inanspruchnahme der leistung führen, sind subventionsbetrug. die leistung muss dann nicht nur zurückgeführt werden, es kann dann zu einer strafrechtlichen verfolgung kommen. […] der zuschuss wird als sogenannte billigkeitsleistung ausgezahlt. auch im falle einer überkompensation (z.b. durch versicherungsleistung oder andere fördermaßnahmen) muss die erhaltene soforthilfe zurückgezahlt werden. stellt sich am ende der bezugszeit von drei monaten heraus, dass der antragsteller mehr erhalten hat, als sein schaden war, ist er gehalten, das überschüssige geld zurückzuzahlen. hierauf wird noch einmal separat im bescheid hingewiesen.“ 141- „wird immer der maximalbetrag ausgezahlt? 142ja. die zuschüsse sind nach mitarbeiterzahl gestaffelt. innerhalb der entsprechenden staffelung erhalten sie den vollen betrag. bis zu 5 mitarbeiter 9.000 euro, bei bis zu 10 mitarbeitern 15.000 euro und bei bis zu 50 mitarbeitern 25.000 euro. bei überkompensation sind die beträge zurückzuzahlen (s.o.). entsprechende hinweise und die kontonummer für die rückzahlung zuviel erhaltener soforthilfen enthält der bewilligungsbescheid.“ 143- „wie ist eine überkompensation definiert?“ 144in der fassung 2 (vom 26. märz 2020): „eine überkompensation entsteht dann, wenn der antragsteller mehr zuwendungen erhält, als erforderlich wären, um den finanzierungsengpass zu beseitigen.“ 145ab der fassung 3 (datum nach anlage b2 unbekannt; datum der speicherung: 25. märz 2020): „eine überkompensation entsteht dann, wenn der antragsteller mehr zuwendungen erhält, als sein tatsächlich eingetretener schaden – also insbesondere der durch die corona-krise eingetretene umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten (z.b. mietminderung) ist. eine überkompensation ist nach der dreimonatigen förderphase zurückzuerstatten.“ 146in abgrenzung zu den anspruchsbegründenden voraussetzungen, die einen finanzierungsengpass erforderten, wurde für die rückzahlungspflicht am ende des bewilligungszeitraums auf eine „überkompensation“ – gemessen an den dann erst feststehenden zahlen aus dem bewilligungszeitraum – abgestellt. als beispiele für eine solche nannten die faq „z.b. durch versicherungsleistung oder andere fördermaßnahmen“. nach der ab fassung 3 der faq (datum nach anlage b2 unbekannt; datum der speicherung: 25. märz 2020; faq 4 datiert vom 28. märz 2020) unverändert geltenden definition in den faq tritt eine überkompensation ein, wenn der antragsteller mehr zuwendungen erhalten hat, als sein tatsächlich eingetretener schaden, also insbesondere der durch die corona-krise eingetretene umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten (z.b. mietminderung), ist. auch hier wird maßgeblich auf einen umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten abgestellt. der begriff des „liquiditätsengpasses“ fällt in diesem zusammenhang in den faq nicht. 147schließlich enthält der bewilligungsbescheid – wie erwähnt – in ziffer 2. (zweckbindung) die formulierungen „zur milderung der finanziellen notlage“ und „insbesondere zur überbrückung von liquiditätsengpässen“. aus der nebenbestimmung ii.3. ergaben sich zwei kumulative voraussetzungen für eine rückzahlungspflicht am ende des dreimonatigen bewilligungszeitraums, nämlich dass die „finanzhilfe höher ist als ihr umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter kosten (z.b. mietminderung) und sie die mittel nicht (vollständig) zur sicherung ihrer wirtschaftlichen existenz bzw. ausgleich ihres liquiditätsengpasses benötigen“. der ausdruck „überkompensation“ findet sich im bescheid nicht; welche bedeutung dem begriff „liquiditätsengpass“ zukommen soll, wird nicht umschrieben. die nebenbestimmung ii.3. gab den maßgeblichen anhaltspunkt dafür, wie die zuwendungsempfänger später ihre rückmeldung durchführen sollten; aus ihr ergab sich auch der umfang der vorläufigkeit des verwaltungsaktes; hier wurden die berechnungsmodalitäten für die spätere feststellung einer – an dieser stelle nicht so genannten – überkompensation festgelegt. wenn sie auch mehr als missverständlich formuliert ist, so konnten die bescheidadressaten – auch der kläger – ihr immerhin entnehmen, dass eine rückzahlungspflicht bereits dann ausgeschlossen sein sollte, wenn der umsatzausfall die finanzhilfe überstieg. insoweit korrelierte die bestimmung mit den faq. wie die zweite voraussetzung zu verstehen ist, die die bezeichnungen „wirtschaftliche existenz“ und „liquiditätsengpass“ aufnimmt, wird weder aus sich heraus noch im kontext mit dem übrigen inhalt des bescheides deutlich. vielmehr lag für einen durchschnittlichen antragsteller nach der lektüre der faq und der ersten voraussetzung der nebenbestimmung ii.3. nahe, dass eine verpflichtung zur rückzahlung der zunächst erhaltenen soforthilfe dann in betracht kam, wenn er am ende des dreimonatigen bewilligungszeitraums feststellte, dass seine tatsächliche umsatzeinbuße doch geringer war als zunächst angenommen. mit anderen worten, dass maßstab für eine erstattungspflicht eine „überkompensation“ war, die im wesentlichen von umsatzeinbußen und ersparten aufwendungen abhing. 148festzuhalten ist mithin, dass die verwaltungspraxis des beklagten landes bzw. der bezirksregierung düsseldorf bis zum erlass der jeweiligen bewilligungsbescheide durch eine vielzahl von informationen gekennzeichnet war, die aus sich heraus entweder nicht ohne weiteres verständlich waren oder jedenfalls keinen eindeutigen – schon gar nicht begrifflich erläuterten – hinweis auf die voraussetzungen für eine spätere rückzahlungspflicht gaben. nachvollziehbar für die anspruchsteller war immerhin, dass sich die anspruchsbegründenden voraussetzungen von jenen des späteren rückmeldeverfahrens unterschieden. unter welchen bedingungen es zu einer rückerstattung kommen würde, blieb aber weitgehend unklar. das gilt namentlich für den den schlusspunkt des zuwendungsverfahrens setzenden bewilligungsbescheid. hier (in der nebenbestimmung ii.3.) wie auch in den den antragstellern zuvor zur verfügung gestellten informationen wird eher der eindruck erweckt, es komme darauf an, wie sich der umfang der umsatzeinbußen im dreimonatigen bewilligungszeitraum gestalten werde. werde die soforthilfe höher sein als der umsatzausfall (abzüglich eingesparter kosten), so dürften die zu viel erhaltenen mittel nicht behalten werden. dies wird zum teil auch als „überkompensation“ bezeichnet. soweit der begriff „liquiditätsengpass“ überhaupt gebraucht wird – im antragsformular findet er sich nicht –, wird nicht deutlich, was unter ihm zu verstehen ist. dass ihm ein verständnis im sinne der anforderungen der späteren richtlinie beizulegen wäre, ist weder den faq noch dem bewilligungsbescheid aus der sicht eines durchschnittlichen adressaten zu entnehmen. soweit in der nebenbestimmung ii.3. auf einen liquiditätsengpass abgestellt wird, handelt es sich lediglich um eine zweite voraussetzung für eine rückerstattungspflicht. mit anderen worten: die rückzahlungspflicht wird hiernach nicht ausgelöst, wenn bereits die erste bedingung nicht erfüllt ist, wenn also die finanzhilfe nicht höher ist als der umsatzausfall. liegt die erste voraussetzung vor, ist die zweite zu prüfen. jedoch bleibt auch hier völlig unklar, was unter liquiditätsengpass zu verstehen und wie dieser zu berechnen ist. solche unklarheiten gehen zu lasten der behörde, 149vgl. bverwg, urteil vom 11. februar 1983 – 7 c 70/80 –, juris; vg hamburg, urteil vom 14. märz 2020 – 17 k 4793/21 –, juris; stelkens, in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. auflage 2018, § 35 rn. 80 m.w.n.; von alemann/scheffczyk, in: bader/ronellenfitsch, vwvfg, stand: 1. januar 2022, § 35 rn. 46 m.w.n. 150im kontext mit den gegebenheiten des verwaltungsverfahrens durfte der kläger davon ausgehen, die soforthilfe nur dann (teilweise) erstatten zu müssen, wenn er am ende des dreimonatigen bewilligungszeitraumes feststellte, dass die zuwendung höher war als der umsatzausfall (abzüglich eingesparter kosten), wenn also eine überkompensation in diesem sinne vorlag. da seine umsatzeinbuße unstreitig die höhe der soforthilfe von 9.000,00 euro überstieg, durfte er annehmen, die mittel behalten zu dürfen. wäre dies nicht der fall gewesen, wäre nach dem oben gesagten allerdings im dunkeln geblieben, wann die voraussetzungen der zweiten alternative der nebenbestimmung ii.3. vorgelegen hätten. denn – wie bereits ausgeführt – wurde im bewilligungsverfahren der begriff des „liquiditätsengpasses“ nicht definiert. lediglich der ähnliche begriff des „finanzierungsengpasses“ wurde im bewilligungsverfahren definiert, allerdings nur im rahmen der vier alternativ erfüllbaren anspruchsvoraussetzungen und gemessen an den bei antragstellung feststehenden wirtschaftlichen zahlen der antragsteller. eine übertragung dieser definition auf eine rückzahlungspflicht am ende des bewilligungszeitraumes gemessen an den dann feststehenden wirtschaftlichen zahlen der antragsteller aus diesem bewilligungszeitraum macht keinen sinn bzw. ist zumindest nicht aus sich heraus verständlich. eine solche missverständliche fassung der nebenbestimmung ii.3. geht – wie ebenfalls bereits ausgeführt – nicht zu lasten des klägers. 151dass die bezirksregierung düsseldorf dem schlussbescheid vom 18. dezember 2021 nicht die beschriebenen – wenngleich missverständlichen – parameter für die berechnung einer etwaigen rückzahlungspflicht zugrunde gelegt hat, führt dazu, dass der schlussbescheid (insoweit) den bewilligungsbescheid nicht ersetzen kann. werden die regelungen des schlussbescheides mit jenen des bewilligungsbescheides abgeglichen, ist ersichtlich, dass diesen ein anderes verständnis der rückzahlungsbedingungen immanent ist, als es sich aus dem auf der basis der förderpraxis ergangenen bewilligungsbescheid ergibt. im schlussbescheid ist nur noch von einem „liquiditätsengpass“ die rede (insbesondere in der überschrift, im eingangssatz, in ziffer 1. sowie mehrfach in der begründung); die formulierungen „finanzielle notlage“, „wirtschaftliche engpässe“ o.ä. wurden nicht aufgenommen. in den gründen unter ii.3. findet sich der ausdruck der „überkompensation“, die 7.000,00 euro betrage. das verständnis des begriffs des liquiditätsengpasses im schlussbescheid beruht auf der definition der zu diesem zeitpunkt bereits erlassenen richtlinie des landes. erstmals wird dort präzise umschrieben, dass der liquiditätsengpass sich aus der differenz zwischen den tatsächlichen fortlaufenden einnahmen aus dem geschäftsbetrieb und den tatsächlichen laufenden, erwerbsmäßigen sach- und finanzausgaben (ohne personalaufwand) unter berücksichtigung eingesparter kosten im erfassungszeitraum ergibt (ziffer 5.3. abs. 2). dieses verständnis ließ sich den umständen des antragsverfahrens nicht entnehmen, auch nicht dem bewilligungsbescheid selbst. nach den vorstehenden ausführungen ist nicht maßgeblich, wie die den antragstellern zum zeitpunkt des erlasses der bewilligungsbescheide noch nicht bekannten bestimmungen der richtlinie lauteten. diese vorschriften wären im vorliegenden rechtlichen zusammenhang allenfalls dann relevant, wenn ihr wortlaut mit dem verwaltungshandeln und den begrifflichkeiten des erstbescheides übereinstimmte. da er indes von der verwaltungspraxis abweicht, kommt es auf die praxis, nicht auf die ausgestaltung der verwaltungsvorschrift an. dies gilt auch deshalb, weil die bewilligungsbehörde gegenüber den zuwendungsempfängern im ausgangsbescheid nicht zum ausdruck gebracht hat, dass die modalitäten der rückzahlung von einer noch zu erlassenen richtlinie abhängen sollten. 152beruhten die im angegriffenen schlussbescheid getroffenen festsetzungen zum liquiditätsengpass, zur höhe der soforthilfe und zur höhe der rückzahlungspflicht somit auf einer berechnungsmethode, die nicht mit der – zum maßgeblichen erlasszeitpunkt des bewilligungsbescheides bestehenden – verwaltungspraxis korrelierte, führt dies – unabhängig von der tatsächlichen umsatzentwicklung des klägers im bewilligungszeitraum – zur rechtswidrigkeit des schlussbescheides. 153ii. aus der rechtswidrigkeit der für den kläger nachteiligen bestimmungen des schlussbescheides folgt die rechtsverletzung des klägers, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 154b. die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo i.v.m. § 709 satz 1 und 2 zivilprozessordnung. 155c. die berufung ist von amts wegen gem. § 124a abs. 1 satz 1 vwgo zuzulassen. da die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, liegen die voraussetzungen des § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo vor. 156rechtsmittelbelehrung: 157gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich berufung eingelegt werden. die berufung muss das angefochtene urteil bezeichnen. 158auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 159die berufung ist innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils zu begründen. die begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der einlegung der berufung erfolgt, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 160die begründungsfrist kann auf einen vor ihrem ablauf gestellten antrag von dem vorsitzenden des senats verlängert werden. die begründung muss einen bestimmten antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden gründe der anfechtung (berufungsgründe). 161im berufungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 162die berufungsschrift und die berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 163 164beschluss: 165der streitwert wird auf 7.000,00 euro festgesetzt. 166gründe: 167die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 3 gkg erfolgt. 168rechtsmittelbelehrung: 169gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 170auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 171die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 172die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 173die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 174war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. 175 | Klaeger*in | 1 |
320,963 | 22 O 84/19 | 2019-06-11T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.950,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.01.2018 zu zahlen. Zudem wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 729,23 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.05.2018 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1Tatbestand: 2Der Kläger fungiert als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Beteiligungsgesellschaft MS „T“ mbh & Co. KG (im Folgenden „Insolvenzschuldnerin), aus Hamburg. Mit Beschluss vom 07.05.2014 (Az. 5 IN 104/13) eröffnete das Amtsgericht Niebüll das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin (Anlage K1). Gegenstand des Unternehmens war das Halten von Kommanditanteilen an sieben Tochtergesellschaften, die jeweils eines von sieben baugleichen Containerschiffen betrieben. 3Der Beklagte, wohnhaft in Köln, ist als Kommanditist mit einer Einlage von 15.000,00 € an der Insolvenzschuldnerin beteiligt (Handelsregisterauszug der Insolvenzschuldnerin vom 15.11.2017, Anlage K2). Der Beklagte ist seit dem 23.10.2003 beteiligt (Registervollmacht, Anlage B1; chronologischer Registerauszug, Anlage K10 S. 203). 4Seit der Aufnahme ihrer Kommanditisten im Jahre 2001 stellen sich die Gewinn- und Verlustrechnungen für das jeweilige Geschäftsjahr wie folgt dar (Anlagenkonvolut K3): 5Jahr Ergebnis 2001 -17.610.155,18 € 2002 -2.851.663,01 € 2003 7.806.364,70 € 2004 9.256.065,29 € 2005 7.303.873,46 € 2006 -29.404.907,24 € 2007 -127.850,01 € 2008 -248.006,68 € 2009 -270.628,73 € 2010 -229.175,83 € 2011 -276.981,22 € 2012 -25.356.430,33 € 2013 -678.548,30 € 6Bereits im Beitrittsjahr war das Kapitalkonto des Kommanditisten unter den Betrag der Hafteinlage herabgemindert worden. 7Zwischen 2003 und 2008 erhielt der Beklagte folgende Ausschüttungen: 8Datum Höhe Betrag 20.06.2003 4 % der Kommanditbeteiligung 600,00 € 10.12.2003 4 % der Kommanditbeteiligung 600,00 € 11.06.2004 4 % der Kommanditbeteiligung 600,00 € 14.12.2004 6 % der Kommanditbeteiligung 900,00 € 13.06.2005 4 % der Kommanditbeteiligung 600,00 € 20.12.2005 4 % der Kommanditbeteiligung 600,00 € 09.06.2006 4 % der Kommanditbeteiligung 600,00 € 29.09.2006 9 % der Kommanditbeteiligung 1.350,00 € 18.12.2006 4 % der Kommanditbeteiligung 600,00 € 14.06.2007 4 % der Kommanditbeteiligung 600,00 € 21.12.2007 2 % der Kommanditbeteiligung 300,00 € 23.12.2008 4 % der Kommanditbeteiligung 600,00 € Gesamt 53 % der Kommanditbeteiligung 7.950,00 € 9Die erfolgten Ausschüttungen waren die Rückgewähr der Kommanditeinlage, da sie zu Zeitpunkten erfolgten, in denen das Kapitalkonto des beklagten bereits unter den Betrag der jeweiligen Hafteinlage herabgemindert war. 10Bislang wurden Forderungen i.H.v. 55.695.211,48 € zur Insolvenztabelle angemeldet (Anlage K5). Zum 21.12.2018 befand sich das Massekonto auf einem Stand von 1.058,79 € (Kontoauszug der W, Anlage K6). 11Mit Schreiben vom 03.01.2018 forderte der Kläger den Beklagten erfolglos zur Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen auf und setzte ihm dafür eine Frist bis zum 24.01.2018. (Anlage K8). Sodann bevollmächtigte der Kläger seine Prozessbevollmächtigten mit der Prüfung und Durchsetzung des Zahlungsanspruchs. Diese forderten den Beklagten mit Schreiben vom 23.04.20185 auf, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen (Anlage K9). 12Der Kläger beantragt: 131. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 7.950,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.01.2018 zu zahlen. 142. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 729,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.05.2018 zu zahlen. 15Der Beklagte beantragt, 16 die Klage abzuweisen. 17Der Beklagte ist der Ansicht, die Ausschüttungen zwischen 2003 und 2005 habe er im guten Glauben angenommen, weil ihm nicht bekannt gewesen sei, dass es in den Jahren 2001 und 2002 erhebliche Verluste gab. Überdies meint der Beklagten, eine Nachhaftung sei schon wegen Verjährung nicht möglich, §§ 195, 199 BGB. Ferner scheitere der Anspruch auch an § 146 InsO. 18Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Die Klage ist zulässig und begründet. Insbesondere kann der Kläger in seiner Funktion als Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Ansprüche geltend machen, § 172 Abs. 2 HGB. 21I. 22Gemäß den §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB steht dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der Ausschüttungen i.H.v. 7.950,00 € zu. 231. 24Danach haftet der Beklagte in voller Höhe auf die Rückzahlung der empfangenen Ausschüttungen. Nach § 172 Abs. 4 S. 1 HGB gilt die Einlage eines Kommanditisten den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet, soweit sie zurückbezahlt ist. Darunter ist jede Zuwendung an den Kommanditisten zu verstehen, durch die dem Gesellschafter Vermögenswerte ohne angemessene Gegenleistung entzogen werden (Schmidt im Münchener Kommentar zum HGB, 3. Auflage 2012, § 172 Rn. 66). Dies gilt nach § 172 Abs. 4 S. 2 HGB auch, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalkonto durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Hafteinlage herabgemindert ist. 25Durch die in den Jahren 2001 bis 2008 erfolgten Ausschüttungen ist das Kapitalkonto des Beklagten unter die Haftungssumme herabgesunken. Der Kläger hat die begehrte Forderung hinreichend schlüssig dargetan und belegt. Die Darlegung einer Forderung macht es notwendig, den Gegenstand des Vertragsverhältnisses und die daraus resultierenden Forderungen darzutun und erforderlichenfalls zu belegen. Hinsichtlich Einzelheiten ist es möglich, sich auf Anlagen zu beziehen. Dies gilt auch, soweit Forderungen im Rahmen der Haftung nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB geltend gemacht werden. Dabei ist es zur Darlegung der Forderung ausreichend, wenn der Kläger die Insolvenztabelle vorlegt mit festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können (BGH, Beschluss vom 18.10.2011 - II ZR 37/10, juris Rn. 9 mwN, Urteile vom 22.03.2011 - II ZR 100/09, juris Rn. 20 und vom 11.12.1989 - II ZR 78/89, NJW 1990, 1109, 1111; BGH, Urteil vom 20.02.2018 – II ZR 272/16, Rn. 15, juris). Diese Anforderungen hat der klägerische Vortrag erfüllt. 26Die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerseite werden von dem Beklagten auch nicht in erheblicher Weise angegriffen. Dies gilt umso mehr, als der in Anspruch genommene Kommanditist auch nur mittels der Bilanzen darlegen und beweisen kann, dass seine Haftsumme im Zeitpunkt der Auslegung gedeckt gewesen sein soll (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 23.06.2017 – I-12 U 103/16). Der Höhe nach sind die Auszahlungen zwischen den Parteien unstreitig. 272. 28Soweit der Beklagte bestreitet, dass der von ihm zurückverlangte Betrag nicht erforderlich sei, um offene Gläubigerforderungen zu befriedigen, dringt er damit nicht durch. Denn die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die eingeklagten Beträge zur Befriedigung der Gläubigerin nicht mehr benötigt werden, liegt bei dem Beklagten, weil es sich insoweit um eine rechtsvernichtende Einwendung handelt (OLG Stuttgart, NZG 1999, 113, 115; BGH, Urteil vom 20.02.2018 – II ZR 272/16 Rn. 39, juris). Der Kläger hat vorgetragen, dass nach Einzug aller erfolgten Ausschüttungen i.H.v. 52.021.090,00 € eine vollständige Befriedigung der zur Tabelle festgestellten Forderungen über 54.833.675,53 € nicht möglich ist. Diesem Vortrag ist der Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Der Beklagte hätte etwa Einsicht in die die Gesellschaft betreffenden Unterlagen nehmen können. Er ist daher nicht berechtigt, die Höhe der Restforderung schlicht zu bestreiten. Der klagende Insolvenzverwalter hat indes im Sinne einer sekundären Darlegungslast die für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzulegen, soweit er dazu imstande ist (BGH, Urteil vom 20.02. 2018 – II ZR 272/16). 293. 30Der Beklagte ist auch nicht deshalb von der Haftung befreit, weil er die Rechtslage unzutreffend beurteilt hat und deshalb der Annahme war, die Jahresüberschüsse dürften an ihn ohne Haftungsfolgen ausgeschüttet werden. Insoweit gilt der allgemeine Grundsatz, dass jeder, der am Rechtsverkehr teilnimmt, die dabei geltenden Regeln zu beachten hat und sich nicht darauf berufen kann, diese Regeln nicht zu kennen. Eine Verlust aufweisende Bilanz kann keinen guten Glauben begründen (BGH, Urteil vom 20. April 2009 – II ZR 88/08 –, Rn. 12 ff., juris). 314. 32Soweit sich der Beklagte hilfsweise auf ein Zurückbehaltungsrecht stützt, wird er nicht gehört. Der Beklagte legt nicht die Voraussetzungen dar, die ein etwaiges Zurückbehaltungsrecht begründen könnten. 335. 34Überdies greift die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede nicht durch. Die Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle hat für den Insolvenzverwalter und die Gläubiger gemäß § 178 Abs. 3 InsO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils (BGH, Urteil vom 10.10.2013 - IX ZR 30/12, NJW 2014, 391 Rn. 16 mwN). Für den Schuldner ergibt sich die Rechtskraftwirkung nicht aus § 178 Abs. 3 InsO, weil dieser dort nicht genannt ist. Sie folgt aber mittelbar aus § 201 Abs. 2 InsO. Nach dieser Vorschrift können Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben, wobei eine nicht bestrittene Forderung einer Forderung gleich steht, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Diese Wirkung tritt auch außerhalb des Insolvenzverfahrens ein. § 201 Abs. 1 InsO regelt nur die während des Insolvenzverfahrens nicht mögliche Vollstreckung (§ 89 InsO) nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Die Rechtskraftwirkung außerhalb der Vollstreckung besteht schon vor Aufhebung des Verfahrens, sobald die Feststellung zur Tabelle erfolgt ist (BGH, Urteil vom 10.10.2013 - IX ZR 30/12, NJW 2014, 391 Rn. 19). Die Rechtskraftwirkung eines Titels gegenüber der Gesellschaft beschränkt grundsätzlich die Einwendungsmöglichkeiten für den persönlich haftenden Gesellschafter. Gegen die aus § 128 HGB begründete persönliche Haftung eines Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft kann ein Gesellschafter gemäß § 129 Abs. 1 HGB von persönlichen Einwendungen abgesehen nur die Einwendungen geltend machen, die auch von der Gesellschaft erhoben werden können. Ist im Gesellschaftsprozess ein rechtskräftiges Urteil gegen die Gesellschaft ergangen, wirkt dies auch gegen die Gesellschafter, indem es ihnen die Einwendungen nimmt, die der Gesellschaft abgesprochen wurden (BGH, Urteil vom 03.04 2006 - II ZR 40/05, NJW-RR 2006, 1268 Rn. 15 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 03.11.2015 - II ZR 446/13, ZIP 2016, 211 Rn. 34) (BGH, Urteil vom 20.02. 2018 – II ZR 272/16 –, BGHZ 217, 327-340, Rn. 22 - 23). 35Zudem ist die Verjährung für sämtliche zur Insolvenztabelle angemeldete Forderungen bis zum Ende des Insolvenzverfahrens gehemmt. Vorliegend sind dabei die §§ 161 Abs. 2, 159 Abs. 4 HGB zu beachten. Nach § 159 Abs. 4 HGB wirken der Neubeginn der Verjährung und ihre Hemmung nach § 204 BGB gegenüber der aufgelösten Gesellschaft auch gegenüber den Kommanditisten, die der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Auflösung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens angehört haben. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Daher kann der Einwand des Beklagten, eine Verjährung sei nach § 146 InsO gegeben, nicht durchgreifen. 36II. 37Der Zinsanspruch hinsichtlich des Klageantrags zu 1) erwächst wegen des klägerischen Schreibens vom 03.01.2018, in welchem eine Frist zur Rückzahlung bis zum 24.01.2018 gesetzt wurde (Anlage K8), aus §§ 288, 286 BGB. 38III. 39Ein Anspruch auf Zahlung von 729,23 € sowie ein Anspruch auf Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten seit dem 15.05.2018, die der Kläger mit dem Klageantrag zu 2) geltend macht, bestehen aus Verzug, §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB zu. 40IV. 41Die Nebenentscheidungen basieren auf §§ 91, 709 S. 1, 2 ZPO. 42Der Streitwert wird auf 7.950,00 EUR festgesetzt. | der beklagte wird verurteilt, an den kläger 7.950,00 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 25.01.2018 zu zahlen. zudem wird der beklagte verurteilt, an den kläger 729,23 € nebst zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 15.05.2018 zu zahlen. die kosten des rechtsstreits trägt der beklagte. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1 | 2der kläger fungiert als insolvenzverwalter über das vermögen der beteiligungsgesellschaft ms „t“ mbh & co. kg (im folgenden „insolvenzschuldnerin), aus hamburg. mit beschluss vom 07.05.2014 (az. 5 in 104/13) eröffnete das amtsgericht niebüll das insolvenzverfahren über das vermögen der insolvenzschuldnerin (anlage k1). gegenstand des unternehmens war das halten von kommanditanteilen an sieben tochtergesellschaften, die jeweils eines von sieben baugleichen containerschiffen betrieben. 3der beklagte, wohnhaft in köln, ist als kommanditist mit einer einlage von 15.000,00 € an der insolvenzschuldnerin beteiligt (handelsregisterauszug der insolvenzschuldnerin vom 15.11.2017, anlage k2). der beklagte ist seit dem 23.10.2003 beteiligt (registervollmacht, anlage b1; chronologischer registerauszug, anlage k10 s. 203). 4seit der aufnahme ihrer kommanditisten im jahre 2001 stellen sich die gewinn- und verlustrechnungen für das jeweilige geschäftsjahr wie folgt dar (anlagenkonvolut k3): 5jahr ergebnis 2001 -17.610.155,18 € 2002 -2.851.663,01 € 2003 7.806.364,70 € 2004 9.256.065,29 € 2005 7.303.873,46 € 2006 -29.404.907,24 € 2007 -127.850,01 € 2008 -248.006,68 € 2009 -270.628,73 € 2010 -229.175,83 € 2011 -276.981,22 € 2012 -25.356.430,33 € 2013 -678.548,30 € 6bereits im beitrittsjahr war das kapitalkonto des kommanditisten unter den betrag der hafteinlage herabgemindert worden. 7zwischen 2003 und 2008 erhielt der beklagte folgende ausschüttungen: 8datum höhe betrag 20.06.2003 4 % der kommanditbeteiligung 600,00 € 10.12.2003 4 % der kommanditbeteiligung 600,00 € 11.06.2004 4 % der kommanditbeteiligung 600,00 € 14.12.2004 6 % der kommanditbeteiligung 900,00 € 13.06.2005 4 % der kommanditbeteiligung 600,00 € 20.12.2005 4 % der kommanditbeteiligung 600,00 € 09.06.2006 4 % der kommanditbeteiligung 600,00 € 29.09.2006 9 % der kommanditbeteiligung 1.350,00 € 18.12.2006 4 % der kommanditbeteiligung 600,00 € 14.06.2007 4 % der kommanditbeteiligung 600,00 € 21.12.2007 2 % der kommanditbeteiligung 300,00 € 23.12.2008 4 % der kommanditbeteiligung 600,00 € gesamt 53 % der kommanditbeteiligung 7.950,00 € 9die erfolgten ausschüttungen waren die rückgewähr der kommanditeinlage, da sie zu zeitpunkten erfolgten, in denen das kapitalkonto des beklagten bereits unter den betrag der jeweiligen hafteinlage herabgemindert war. 10bislang wurden forderungen i.h.v. 55.695.211,48 € zur insolvenztabelle angemeldet (anlage k5). zum 21.12.2018 befand sich das massekonto auf einem stand von 1.058,79 € (kontoauszug der w, anlage k6). 11mit schreiben vom 03.01.2018 forderte der kläger den beklagten erfolglos zur rückzahlung der erhaltenen ausschüttungen auf und setzte ihm dafür eine frist bis zum 24.01.2018. (anlage k8). sodann bevollmächtigte der kläger seine prozessbevollmächtigten mit der prüfung und durchsetzung des zahlungsanspruchs. diese forderten den beklagten mit schreiben vom 23.04.20185 auf, die erhaltenen ausschüttungen zurückzuzahlen (anlage k9). 12der kläger beantragt: 131. der beklagte wird verurteilt, an den kläger einen betrag in höhe von 7.950,00 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 25.01.2018 zu zahlen. 142. der beklagte wird verurteilt, an den kläger außergerichtliche kosten in höhe von 729,23 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 15.05.2018 zu zahlen. 15der beklagte beantragt, 16 die klage abzuweisen. 17der beklagte ist der ansicht, die ausschüttungen zwischen 2003 und 2005 habe er im guten glauben angenommen, weil ihm nicht bekannt gewesen sei, dass es in den jahren 2001 und 2002 erhebliche verluste gab. überdies meint der beklagten, eine nachhaftung sei schon wegen verjährung nicht möglich, §§ 195, 199 bgb. ferner scheitere der anspruch auch an § 146 inso. 18hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze nebst anlagen zur ergänzung des tatbestandes bezug genommen. 19 | 20die klage ist zulässig und begründet. insbesondere kann der kläger in seiner funktion als insolvenzverwalter nach eröffnung des insolvenzverfahrens die ansprüche geltend machen, § 172 abs. 2 hgb. 21i. 22gemäß den §§ 171 abs. 1, 172 abs. 4 hgb steht dem kläger ein anspruch auf rückzahlung der ausschüttungen i.h.v. 7.950,00 € zu. 231. 24danach haftet der beklagte in voller höhe auf die rückzahlung der empfangenen ausschüttungen. nach § 172 abs. 4 s. 1 hgb gilt die einlage eines kommanditisten den gläubigern gegenüber als nicht geleistet, soweit sie zurückbezahlt ist. darunter ist jede zuwendung an den kommanditisten zu verstehen, durch die dem gesellschafter vermögenswerte ohne angemessene gegenleistung entzogen werden (schmidt im münchener kommentar zum hgb, 3. auflage 2012, § 172 rn. 66). dies gilt nach § 172 abs. 4 s. 2 hgb auch, soweit ein kommanditist gewinnanteile entnimmt, während sein kapitalkonto durch verlust unter den betrag der geleisteten hafteinlage herabgemindert ist. 25durch die in den jahren 2001 bis 2008 erfolgten ausschüttungen ist das kapitalkonto des beklagten unter die haftungssumme herabgesunken. der kläger hat die begehrte forderung hinreichend schlüssig dargetan und belegt. die darlegung einer forderung macht es notwendig, den gegenstand des vertragsverhältnisses und die daraus resultierenden forderungen darzutun und erforderlichenfalls zu belegen. hinsichtlich einzelheiten ist es möglich, sich auf anlagen zu beziehen. dies gilt auch, soweit forderungen im rahmen der haftung nach §§ 171, 172 abs. 4 hgb geltend gemacht werden. dabei ist es zur darlegung der forderung ausreichend, wenn der kläger die insolvenztabelle vorlegt mit festgestellten forderungen, die nicht aus der insolvenzmasse befriedigt werden können (bgh, beschluss vom 18.10.2011 - ii zr 37/10, juris rn. 9 mwn, urteile vom 22.03.2011 - ii zr 100/09, juris rn. 20 und vom 11.12.1989 - ii zr 78/89, njw 1990, 1109, 1111; bgh, urteil vom 20.02.2018 – ii zr 272/16, rn. 15, juris). diese anforderungen hat der klägerische vortrag erfüllt. 26die diesbezüglichen ausführungen der klägerseite werden von dem beklagten auch nicht in erheblicher weise angegriffen. dies gilt umso mehr, als der in anspruch genommene kommanditist auch nur mittels der bilanzen darlegen und beweisen kann, dass seine haftsumme im zeitpunkt der auslegung gedeckt gewesen sein soll (vgl. olg hamm, urteil vom 23.06.2017 – i-12 u 103/16). der höhe nach sind die auszahlungen zwischen den parteien unstreitig. 272. 28soweit der beklagte bestreitet, dass der von ihm zurückverlangte betrag nicht erforderlich sei, um offene gläubigerforderungen zu befriedigen, dringt er damit nicht durch. denn die darlegungs- und beweislast dafür, dass die eingeklagten beträge zur befriedigung der gläubigerin nicht mehr benötigt werden, liegt bei dem beklagten, weil es sich insoweit um eine rechtsvernichtende einwendung handelt (olg stuttgart, nzg 1999, 113, 115; bgh, urteil vom 20.02.2018 – ii zr 272/16 rn. 39, juris). der kläger hat vorgetragen, dass nach einzug aller erfolgten ausschüttungen i.h.v. 52.021.090,00 € eine vollständige befriedigung der zur tabelle festgestellten forderungen über 54.833.675,53 € nicht möglich ist. diesem vortrag ist der beklagte nicht in erheblicher weise entgegengetreten. der beklagte hätte etwa einsicht in die die gesellschaft betreffenden unterlagen nehmen können. er ist daher nicht berechtigt, die höhe der restforderung schlicht zu bestreiten. der klagende insolvenzverwalter hat indes im sinne einer sekundären darlegungslast die für die befriedigung der gläubiger bedeutsamen verhältnisse der gesellschaft darzulegen, soweit er dazu imstande ist (bgh, urteil vom 20.02. 2018 – ii zr 272/16). 293. 30der beklagte ist auch nicht deshalb von der haftung befreit, weil er die rechtslage unzutreffend beurteilt hat und deshalb der annahme war, die jahresüberschüsse dürften an ihn ohne haftungsfolgen ausgeschüttet werden. insoweit gilt der allgemeine grundsatz, dass jeder, der am rechtsverkehr teilnimmt, die dabei geltenden regeln zu beachten hat und sich nicht darauf berufen kann, diese regeln nicht zu kennen. eine verlust aufweisende bilanz kann keinen guten glauben begründen (bgh, urteil vom 20. april 2009 – ii zr 88/08 –, rn. 12 ff., juris). 314. 32soweit sich der beklagte hilfsweise auf ein zurückbehaltungsrecht stützt, wird er nicht gehört. der beklagte legt nicht die voraussetzungen dar, die ein etwaiges zurückbehaltungsrecht begründen könnten. 335. 34überdies greift die von dem beklagten erhobene verjährungseinrede nicht durch. die feststellung der forderungen zur insolvenztabelle hat für den insolvenzverwalter und die gläubiger gemäß § 178 abs. 3 inso die wirkung eines rechtskräftigen urteils (bgh, urteil vom 10.10.2013 - ix zr 30/12, njw 2014, 391 rn. 16 mwn). für den schuldner ergibt sich die rechtskraftwirkung nicht aus § 178 abs. 3 inso, weil dieser dort nicht genannt ist. sie folgt aber mittelbar aus § 201 abs. 2 inso. nach dieser vorschrift können insolvenzgläubiger, deren forderungen festgestellt und nicht vom schuldner im prüfungstermin bestritten worden sind, nach aufhebung des insolvenzverfahrens aus der eintragung in die tabelle wie aus einem vollstreckbaren urteil die zwangsvollstreckung gegen den schuldner betreiben, wobei eine nicht bestrittene forderung einer forderung gleich steht, bei der ein erhobener widerspruch beseitigt ist. diese wirkung tritt auch außerhalb des insolvenzverfahrens ein. § 201 abs. 1 inso regelt nur die während des insolvenzverfahrens nicht mögliche vollstreckung (§ 89 inso) nach aufhebung des insolvenzverfahrens. die rechtskraftwirkung außerhalb der vollstreckung besteht schon vor aufhebung des verfahrens, sobald die feststellung zur tabelle erfolgt ist (bgh, urteil vom 10.10.2013 - ix zr 30/12, njw 2014, 391 rn. 19). die rechtskraftwirkung eines titels gegenüber der gesellschaft beschränkt grundsätzlich die einwendungsmöglichkeiten für den persönlich haftenden gesellschafter. gegen die aus § 128 hgb begründete persönliche haftung eines gesellschafters einer offenen handelsgesellschaft kann ein gesellschafter gemäß § 129 abs. 1 hgb von persönlichen einwendungen abgesehen nur die einwendungen geltend machen, die auch von der gesellschaft erhoben werden können. ist im gesellschaftsprozess ein rechtskräftiges urteil gegen die gesellschaft ergangen, wirkt dies auch gegen die gesellschafter, indem es ihnen die einwendungen nimmt, die der gesellschaft abgesprochen wurden (bgh, urteil vom 03.04 2006 - ii zr 40/05, njw-rr 2006, 1268 rn. 15 mwn; vgl. auch bgh, urteil vom 03.11.2015 - ii zr 446/13, zip 2016, 211 rn. 34) (bgh, urteil vom 20.02. 2018 – ii zr 272/16 –, bghz 217, 327-340, rn. 22 - 23). 35zudem ist die verjährung für sämtliche zur insolvenztabelle angemeldete forderungen bis zum ende des insolvenzverfahrens gehemmt. vorliegend sind dabei die §§ 161 abs. 2, 159 abs. 4 hgb zu beachten. nach § 159 abs. 4 hgb wirken der neubeginn der verjährung und ihre hemmung nach § 204 bgb gegenüber der aufgelösten gesellschaft auch gegenüber den kommanditisten, die der gesellschaft zum zeitpunkt der auflösung durch eröffnung des insolvenzverfahrens angehört haben. diese voraussetzungen liegen hier vor. daher kann der einwand des beklagten, eine verjährung sei nach § 146 inso gegeben, nicht durchgreifen. 36ii. 37der zinsanspruch hinsichtlich des klageantrags zu 1) erwächst wegen des klägerischen schreibens vom 03.01.2018, in welchem eine frist zur rückzahlung bis zum 24.01.2018 gesetzt wurde (anlage k8), aus §§ 288, 286 bgb. 38iii. 39ein anspruch auf zahlung von 729,23 € sowie ein anspruch auf zinsen i.h.v. fünf prozentpunkten seit dem 15.05.2018, die der kläger mit dem klageantrag zu 2) geltend macht, bestehen aus verzug, §§ 280 abs. 1, 2, 286, 288 bgb zu. 40iv. 41die nebenentscheidungen basieren auf §§ 91, 709 s. 1, 2 zpo. 42der streitwert wird auf 7.950,00 eur festgesetzt. | Klaeger*in | 1 |
321,441 | L 12 AS 1183/18 | 2019-07-17T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.06.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Beklagten zur Zuweisung der Klägerin zu einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung vom 08.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2018. 3Die am 00.00.1978 geborene Klägerin bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. 4Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 08.01.2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass sie für den Zeitraum vom 23.01.2018 bis zum 22.03.2018 einer Maßnahme zur Aktivierung mit intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung und aufsuchender Sozialarbeit gemäß § 16f Abs. 1 S.1 SGB II mit dem Maßnahmentitel "O" bei dem beauftragten Träger S GmbH unter Angabe des Ortes der Maßnahme, der Maßnahmennummer und des Maßnahmeninhalts zugewiesen werde. 5Hiergegen erhob die Klägerin am 29.01.2018 Widerspruch. Der Zuweisungsbescheid sei rechtswidrig. Sinn und Zweck der Maßnahme und auch der Inhalt derselben sei nicht ersichtlich. Der Bescheid enthalte keine Aufklärung darüber, was geschehen solle. Auch seien keine Faltblätter überreicht worden, die die Maßnahme näher erklärten. Doch auch dies sei nicht ausreichend, weil eine hinreichende Konkretisierung der Maßnahme durch das Maßnahmenschreiben selber zu verlangen sei. Zwar habe die Klägerin zwischenzeitlich durch ein Schreiben des Maßnahmenveranstalters nähere Umstände erfahren. Doch bleibe dieses Schreiben ebenso vage wie die Aussagen der zuständigen Sachbearbeiterin, die lediglich angegeben habe, dass es sich um Einzelgespräche handele. Es solle wohl eine Art Verständigung im Rahmen der Maßnahme zwischen der Klägerin und dem zuständigen Jobcoach erfolgen. Auch dieses Vorgehen sei rechtswidrig, da ein externer Maßnahmenveranstalter nicht dazu eingesetzt werden dürfe, etwaige interne Probleme dieser Art zu klären. Dies ergebe sich auch aus datenschutzrechtlichen Gründen. 6Während des laufenden Verfahrens nahm die Klägerin regelmäßig und mit gutem Erfolg an der Maßnahme teil, ohne dass sie die Art und Weise der Durchführung der Maßnahme durch den Träger monierte. 7Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2018 als unzulässig zurück. Die Klägerin habe an der Maßnahme regelmäßig und bis zu deren Abschluss teilgenommen. Die streitgegenständliche Zuweisung vom 08.01.2018 habe sich während des Widerspruchsverfahrens durch Zeitablauf gemäß § 39 Abs. 1 SGB X erledigt. Soweit die Klägerin nachträglich die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zuweisung begehre, sei diese im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht zulässig. Ein Fortsetzungsfeststellungswiderspruch, also ein Widerspruch, der eingelegt werde, nachdem sich der Verwaltungsakte erledigt habe, sei unzulässig. 8Die Klägerin hat am 24.04.2014 Klage erhoben und verfolgt ihr Begehren weiter. Die erfolgte Zuweisung in die Maßnahme sei rechtswidrig. Der Bescheid vom 08.01.2018 lasse weder Sinn und Zweck noch den Inhalt der Maßnahme erkennen. Es finde sich keine Erläuterung, wozu die Maßnahme dienen solle. Weder sei die Maßnahme beschrieben worden noch seien der Zuweisung Faltblätter oder Erläuterungsschreiben angefügt gewesen. Daher fehle es an einer hinreichenden Konkretisierung der Maßnahme. Überdies sei jedenfalls in dem zugrunde liegenden Ausgangsbescheid seitens der Beklagten kein Ermessen ausgeübt worden. Auch die Ermessenserwägungen in dem Widerspruchsbescheid seien lediglich textbausteinartig aufgeführt. Auch nach Ablauf des Zuweisungszeitraumes sei ein Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides gegeben, da der Nichtantritt der zugewiesenen Maßnahme Grundlage eines Sanktionsbescheides bilden solle. Überdies sei eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, da die Beklagte die Klägerin fortwährend entsprechenden Maßnahmen zuweise. Die Klägerin habe ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an der konkreten Maßnahme teilgenommen. Dies könne nicht dazu führen, dass sie nun die Kosten des Verfahrens zu tragen habe und die Rechtswidrigkeit der Maßnahme nicht festgestellt werde. Denn selbst wenn man davon ausginge, dass die Maßnahme im vorliegenden Fall hinreichend konkret beschrieben worden sei- insoweit sei zuzugeben, dass der Fall anders liege, als in Parallelfällen-, seien zahlreiche weitere Gesichtspunkte vorhanden, die die Zuweisung rechtswidrig machten. Insbesondere seien der von dem Maßnahmenveranstalter geforderte Maßnahmenvertrag und die Datenschutzerklärung rechtswidrig. Die darin vorhandenen Klauseln seien zivilrechtlich unzulässig. Dies schlage auf die Zuweisung durch, weil eine Zuweisung zu einem nicht sorgfältig ausgewählten Maßnahmenträger nicht rechtmäßig sei. Daher sein ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne des § 131 Abs. 1 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben. 9Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, 10festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 08.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2018 rechtwidrig ist und die Klägerin in ihren subjektiven Rechten verletzt. 11Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die Klage abzuweisen. 13Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend dazu trägt sie vor, dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht vorliege. Der streitbefangene Zuweisungsbescheid habe sich durch Zeitablauf erledigt. Rechtswirkungen gingen von diesem nicht mehr aus. Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Klägerin im Klageverfahren umfassend darstelle, warum nach ihrer Auffassung der mit dem Maßnahmenveranstalter S GmbH geschlossene Teilnehmervertrag, die dortige Betriebsordnung und die unterzeichnete Schweigepflichtentbindungserklärung rechtswidrig gewesen sein sollen. Diese stünden nicht zur Überprüfung. 14Mit gerichtlichem Schreiben vom 08.06.2018 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass das Gericht eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt. Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 13.06.2018 und 21.06.2018 ihr Einverständnis mit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid erklärt. Weitere Stellungnahmen sind nicht erfolgt. 15Das Sozialgericht hat die Berufung mit Gerichtsbescheid vom 22.06.2018 abgewiesen. Nach Erledigung in der Hauptsache sei richtige Klageart die Fortsetzungsfeststellungsklage. Für diese fehle es jedoch an dem erforderlichen berechtigten Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 08.01.2018. In Betracht käme vorliegend nur eine Wiederholungsgefahr. Eine solche sei jedoch nicht gegeben. Zwar könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin in Zukunft einer weiteren Maßnahme zugewiesen werde. Dass es sich dabei um dieselbe Maßnahme, bei demselben Veranstalter, zu denselben Bedingungen handele, sei jedoch nicht wahrscheinlich. Auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten angegeben habe, ihr Ehemann übe nunmehr eine Vollzeitbeschäftigung aus, ihr ältester Sohn wolle zum 01.04.2018 ausziehen und sie habe nach guter und regelmäßiger Teilnahme an der umstrittenen Fortbildung, aktiv eine geringfügige Beschäftigung zu suchen, ergebe sich, dass eine mögliche Zuweisung nicht unter unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Bedingungen ergehen werde. 16Gegen den ihr am 28.06.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.07.2018 Berufung eingelegt er. Dass sie einer ähnlichen Maßnahme bei demselben Veranstalter zu denselben Bedingungen zugewiesen werde, sei entgegen der Annahme des Sozialgerichts sehr wahrscheinlich. Dass der Gericht setze sich nicht mit dem Umstand auseinander, dass in der Vergangenheit bereits mehrfach Zuweisungen erfolgt seien. Es sei auch nicht wahrscheinlich, dass der Anbieter seine Verträge zeitnah ändern werde. Was der Auszug des Sohnes und die Beschäftigungsaufnahme des Mannes mit der Angelegenheit zu tun haben solle, erschlösse sich nicht. Im Übrigen wird im Wesentlichen auf den erstinstanzlichen Vortrag verwiesen. 17Die Klägerin beantragt, 18unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.06.2018 festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 08.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2018 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren subjektiven Rechten verletzt. 19Der Beklagte beantragt, 20die Berufung zu zurückzuweisen. 21Er verweist hierzu insbesondere auf die Gründe des zur Überprüfung gestellten Gerichtsbescheids. Der Bescheid vom 08.01.2018 sei über dies rechtmäßig. 22Die Berufung ist nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 05.11.2018 auf den Berichterstatter übertragen worden. Die Beteiligten haben darüber hinaus ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. 23Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts und Verwaltungsakten Bezug genommen. Die Akten sind Grundlage der gerichtlichen Entscheidung gewesen. 24Entscheidungsgründe: 25Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, festzustellen, dass der Bescheid vom 08.01.2018 rechtswidrig ist. Der Bescheid ist jedenfalls rechtmäßig. 26Wie das Sozialgericht zutreffend feststellt kommt als statthafte Klageart vorliegend nur die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 S. 3 SGG in Betracht, nachdem sich der Bescheid vom 08.01.2019 durch Zeitablauf erledigt hat. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Sozialgerichts wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. 27Der Senat kann dahinstehen lassen, ob, wie das Sozialgericht er meint, keine Wiederholungsgefahr bestünde, denn der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 08.01.2018 ist rechtmäßig. 28Ermächtigungsgrundlage für die Zuweisung der Klägerin zu der im Rechtsstreit diskutierten Maßnahme ist er § 16f SGB II in Verbindung mit § 45 SGB III. Die Zuweisung als solche ist von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Die Maßnahme wird darin ausreichend konkret beschrieben und der Beklagte hat auch von dem ihm zustehenden Ermessen ermessensfehlerfrei Gebrauch gemacht. 29Die Maßnahme ist bereits im Ausgangsbescheid ausreichend beschrieben. Sie wird als Aktivierungsmaßnahme mit intensiver Einzelbetreuung bezeichnet. Ergänzend wird auf die Zielrichtung und auch den weiteren Inhalt hingewiesen. Dementsprechend konnte sich die Klägerin ausreichend auf die Maßnahme einstellen. Sie kritisiert die Beschreibung auch nur pauschal als zu wenig detailliert. Welche Informationen sie konkret vermisst, trägt sie hingegen nicht vor. Dass die Klägerin im Weiteren anführen lässt, ein Eingliederungsziel sei nicht zu erkennen, obwohl ein solches im Bescheid explizit genannt ist, legt nahe, dass sie zur Begründung der Rechtsmittel auf auf den Fall nicht abgestimmte Textbausteine zurückgreifen lässt. Im Übrigen gibt es keinen Anlass, hohe Anforderungen an die für notwendig erachteten Informationen über die Maßnahme zu stellen. Es ist nicht zu erkennen, welche wesentlichen subjektiven Nachteile ein Leistungsbezieher hat, der über eine anstehende Integrationsmaßnahme schlecht informiert ist. Eine reduzierte Information führt allenfalls dazu, dass der Betroffene sich auf die Maßnahme schlechter vorbereiten kann und möglicherweise dadurch die Effektivität der Maßnahme leidet, soweit eine Vorbereitung/Einstellung auf die Maßnahme überhaupt von Nutzen bzw. möglich ist. Aber selbst wenn der Nutzen einer Maßnahme im Einzelfall zweifelhaft sein sollte, hat ein Leistungsempfänger durch eine Teilnahme regelhaft keine relevanten Nachteile. Finanzielle Nachteile werden durch ergänzende Leistungen wie die Erstattung von Fahrtkosten aufgefangen und die zeitliche Inanspruchnahme kann der Leistungsberechtigte argumentativ nicht anführen, da er aufgrund der bestehenden Arbeitslosigkeit in zeitlicher Hinsicht nicht relevant gebunden ist. Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass eine eingehende Information über eine anstehende Maßnahme wünschenswert ist. Schon die Höflichkeit gebietet eine angemessene Information. Sie trägt im Übrigen in vielen Fällen sicherlich zur Motivation des Leistungsempfängers und damit zum besseren Gelingen der Maßnahme bei, auf das das Handeln des Beklagten zur sparsamen und effektiven Verwendung von öffentlichen Geldern gerichtet sein soll. Subjektive Rechte des Leistungsempfängers können durch eine mangelnde Information aber allenfalls in Ausnahmefällen relevant beeinträchtigt sein, wenn etwa die Desinformation dazu führt, dass der Betroffene als Objekt behandelt und damit in seiner Menschenwürde verletzt wird. 30Aus der generellen Pflicht zur Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung gemäß § 2 Abs. 1 SGB 2 ergibt sich ferner, dass im Rahmen der gebotenen Ermessensentscheidung bei Zuweisung regelmäßig der Wunsch des Leistungsempfängers "in Ruhe gelassen zu werden" keine Beachtung finden kann. Dementsprechend kritisiert die Klägerin die Ermessenausübung durch den Beklagten auch wiederum nur pauschal. Die Nichtberücksichtigung eines Umstandes im Sinne eines vorwerfbaren Ermessensnichtgebrauchs bzw. die Einstellung eines Umstands in die Ermessensausübung aufgrund sachfremder Überlegungen im Sinne eines Ermessensfehlgebrauchs stellt sie nicht dar. Anhaltspunkte für einen Ermessensfehler ergeben sich auch nicht aus dem sonstigen Akteninhalt. Soweit die Klägerin im Klageverfahren zunächst ausführen lässt, der Ausgangsbescheid enthalte gar keine, der Widerspruchsbescheid nur schematische Ermessenserwägungen, liegt nahe, dass sie selbst einen auf den Fall nicht abgestimmten Textbaustein verwenden lässt. Ermessenserwägungen finden sich nur im Ausgangsbescheid, der Widerspruch wurde aufgrund der Erledigung der Sache als unzulässig verworfen. Die Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid sind auch nicht schematisch, sondern individuell auf die Klägerin zugeschnitten, auch wenn sie sprachlich sicherlich verständlicher gefasst sein könnten. 31Die zugewiesene Maßnahme ist als solche auch zumutbar im Sinne von § 10 Abs. 3 SGB II iVm § 10 Abs. 1 und 2 SGB II. 32Durch § 10 SGB II wird der Grundsatz des Forderns der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten Person gemäß § 2 SGB II hinsichtlich der Zumutbarkeit von Tätigkeiten und Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit konkretisiert. Die Vorschrift nennt die Tatbestände, die eine Arbeit, bzw. nach Abs. 3 der Vorschrift, auch eine Maßnahme, ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen und die erwerbsfähige Leistungsberechtigte von der grundsätzlichen Arbeitsverpflichtung befreien. Sie definiert andererseits die maßgeblichen Kriterien, nach welchen eine Tätigkeit oder Maßnahme einem Arbeitsuchenden mit der Folge zumutbar ist, dass im Verweigerungsfall Leistungen gekürzt oder gänzlich gestrichen werden können. Nach § 10 SGB II muss der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich jede Arbeit annehmen und ausüben, die er annehmen und ausüben kann und darf, um den Zustand der Arbeitslosigkeit zu beenden. Abs. 1 enthält sodann eine abschließende Aufzählung von Hinderungsgründen, die eine Arbeit unzumutbar machen (BT-Drs. 15/1516 S. 53). 33Aus allgemeinen Gründen kann ein Arbeitsangebot bzw. eine Maßnahme ferner unzumutbar sein, wenn deren Aufnahme oder Ausübung gegen die verfassungsmäßig geschützten Rechte der leistungsberechtigten Person bzw. gegen religiöse Überzeugungen oder gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt. Zu Letzteren zählen insbesondere Arbeitsschutzbestimmungen, Beschäftigungsverbote oder Verstöße gegen die guten Sitten (vergleiche Hackethal/Herbst in Schlägel/Voelzke, jurisPK SGB II, vierte Auflage 2015, § 10 Rn. 14). 34An diesen Überlegungen ist die Zumutbarkeit der hier streitigen Maßnahme zu messen. Sie ist danach zumutbar. 35Eine Unzumutbarkeit nach den Fallgruppen des § 10 Abs. 1 Nrn. 1 - 5 ist nicht feststellbar und wird von der anwaltlich vertretenen Klägerin auch nicht konkret subsumiert. Die Ausübung als solche verstößt auch nicht gegen die geltende Rechtsordnung. Es werden kein strafbares Tun und auch nicht das Begehen von Ordnungswidrigkeiten verlangt. Soweit von der Klägerin sinngemäß moniert wird, die zur Unterschrift vorgelegte Schweigepflichtentbindungserklärung zugunsten des Sozialleistungsträgers und auch die im Teilnahmevertrag verlangten Zugeständnisse griffen zu weit in das ihr nach Art 1 und 2 GG zustehende Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein, so teilt der Senat diese Bedenken nicht. Die Formulierungen mögen zwar z.T. weit gegriffen sein, es liegt aber nahe, dass sich ihre Grenzen im Rahmen der Auslegung nach den Grenzen der Pflichten des Leistungsbeziehers gemäß §§ 60ff SGB I bestimmen sollen. Nach den Vorschriften hat ein Leistungsbezieher und damit regelmäßig auch der Teilnehmer an einer Maßnahme verfassungsrechtlich unbedenklich (weitreichende) Informations- und Mitwirkungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger, die z.T. - weitreichender als in einem Arbeitsverhältnis - auch seinen Gesundheitszustand oder seine sonstigen persönlichen Lebensverhältnisse, insbesondere wenn sie leistungsrelevant sind, betreffen. Es ist daher gerade nicht unzumutbar, dass der Maßnameträger die Zustimmung von dem Teilnehmer erhalten möchte, entsprechende Informationen an den Sozialleistungsträger weitergeben zu dürfen, da die Maßnahme im Rahmen des Rechte-und-Plichten-Verhältnisses des Leistungsbeziehers zum Sozialleistungsträgers ausgeführt wird. 36Soweit die Klägerin darüber hinaus sinngemäß geltend macht, dass bestimmte für die Teilnehmer an der Maßnahme in dem als Grundlage für die Maßnahme mit dem Maßnameträger abgeschlossenen Teilnahmevertrag und in der von diesem überreichten Betriebsordnung fixierte Pflichten und Zugeständnisse nach geltenden Vorschriften nicht verlangt werden könnten, kann hieraus ebenfalls nicht auf eine Unzumutbarkeit geschlossen werden. Gegen welche konkreten rechtlichen Bestimmungen die einzelnen Fixierungen verstoßen sollen, lässt die Klägerin im Übrigen offen. 37Gemeint sind offensichtlich am ehesten arbeitsrechtliche Bestimmungen oder Grundsätze. Ob bestimmte fixierte Pflichten oder Zugeständnisse nach diesen nicht verlangt werden können, muss zum einen bezweifelt werden, kann zum anderen im Rahmen der vorzunehmenden Zumutbarkeitsprüfung aber auch dahinstehen. Zweifel an der Geltung von arbeitsrechtlichen Grundsätzen bestehen schon deshalb, da mit der Teilnahme an der Maßnahme kein Arbeitsverhältnis begründet wird. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Teilnehmer und dem Träger der Maßnahme hat eine andere Prägung. Im Hintergrund steht, dass ein Sozialleistungsträger mit Durchführung der Maßnahme erhebliche steuerfinanzierte Mittel aufwendet, um den Leistungsberechtigten dabei zu unterstützen, zukünftig seiner Verantwortung, sich selbst zu versorgen, besser als bisher nachkommen zu können. Er erbringt also eine Leistung regelmäßig zum Vorteil des Leistungsbeziehers. Die Teilnahme des Leistungsbeziehers erfolgt dann im Rahmen seiner gesetzlichen Pflicht zur Teilnahme. Der Teilnehmer ist daher keinesfalls so schützenswert wie ein Arbeitnehmer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Ein Leistungsberechtigter wird sich somit nicht grundsätzlich auf Arbeitnehmerrechte berufen können, seine Rechte sind eingeschränkter und er hat Pflichten, die über die eines Arbeitnehmers hinausgehen. Darüber hinaus ist es fernliegend anzunehmen, dass eine Tätigkeit bei einem Arbeitgeber, der etwa Formulararbeitsverträge verwendet, in denen einzelne Klauseln gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen oder Grundsätze verstoßen, grundsätzlich unzumutbar wäre. Es ist vielmehr zwar nicht wünschenswerter aber üblicher Bestandteil eines normalen Arbeitslebens, dass sich ein Arbeitnehmer im Einzelfall ggf. um die Durchsetzung seiner Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber bemühen muss, wenn dieser solche unrechtmäßig einschränkt oder die Erfüllung schriftvertraglich fixierter Pflichten verlangt, deren Ausfüllung z.B. gegen arbeitsschutzrechtliche Vorschriften verstößt. Hierzu steht ihm eine gut funktionierende Gerichtsbarkeit zur Verfügung. Der Leistungsberechtigte als Teilnehmer an einer Maßnahme ist nicht schlechter gestellt. So steht ggf. ein vermeintlicher Pflichtenverstoß inzident im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 S. 1 3. Alt. SGB II ("den Abbruch einer Maßnahme veranlasst") nach Verhängung einer Sanktion zur gerichtlichen Überprüfung. Dabei bedarf es regelmäßig der Einzelfallprüfung, ob das von dem Träger gerügte Verhalten die Sanktion tragend als ausreichend maßnamewidrig einzustufen ist (vgl. S. Knickrehm/Hahn in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017 § 31 Rn. 52). 38Im Übrigen gilt es im Rahmen allgemeiner Zumutbarkeitsüberlegungen noch einmal danach zu differenzieren, ob eine vermeintlich gesetzeswidrige Pflicht in einem (Teilnahme-) Vertrag nur fixiert oder ihre Ausfüllung bei der tatsächlichen Durchführung auch abverlangt wird. Letzteres ist hier aber offensichtlich nicht der Fall. Denn die Klägerin hat an der Maßnahme teilgenommen und macht hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung der Maßnahme durch den Täger keine Beanstandungen geltend. Weder behauptet sie, angehalten worden zu sein, Pflichten auszufüllen, die gesetzlichen Bestimmungen zu wider laufen noch ergeben sich solche Umstände aus dem sonstigen Akteninhalt. Dementsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Art und Weise der Ausführung der Maßnahme durch den beauftragten Träger in irgendeiner Art und Weise gegen gesetzliche Bestimmungen oder arbeitsrechtliche Grundsätze verstoßen hätte. 39Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. 40Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. | die berufung der klägerin gegen den gerichtsbescheid des sozialgerichts gelsenkirchen vom 22.06.2018 wird zurückgewiesen. außergerichtliche kosten sind auch im berufungsverfahren nicht zu erstatten. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten über die rechtmäßigkeit eines bescheides der beklagten zur zuweisung der klägerin zu einer maßnahme zur aktivierung und beruflichen eingliederung vom 08.01.2018 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 04.04.2018. 3die am 00.00.1978 geborene klägerin bezieht laufend leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii von dem beklagten. 4mit dem streitgegenständlichen bescheid vom 08.01.2018 teilte der beklagte der klägerin mit, dass sie für den zeitraum vom 23.01.2018 bis zum 22.03.2018 einer maßnahme zur aktivierung mit intensiver sozialpädagogischer einzelbetreuung und aufsuchender sozialarbeit gemäß § 16f abs. 1 s.1 sgb ii mit dem maßnahmentitel "o" bei dem beauftragten träger s gmbh unter angabe des ortes der maßnahme, der maßnahmennummer und des maßnahmeninhalts zugewiesen werde. 5hiergegen erhob die klägerin am 29.01.2018 widerspruch. der zuweisungsbescheid sei rechtswidrig. sinn und zweck der maßnahme und auch der inhalt derselben sei nicht ersichtlich. der bescheid enthalte keine aufklärung darüber, was geschehen solle. auch seien keine faltblätter überreicht worden, die die maßnahme näher erklärten. doch auch dies sei nicht ausreichend, weil eine hinreichende konkretisierung der maßnahme durch das maßnahmenschreiben selber zu verlangen sei. zwar habe die klägerin zwischenzeitlich durch ein schreiben des maßnahmenveranstalters nähere umstände erfahren. doch bleibe dieses schreiben ebenso vage wie die aussagen der zuständigen sachbearbeiterin, die lediglich angegeben habe, dass es sich um einzelgespräche handele. es solle wohl eine art verständigung im rahmen der maßnahme zwischen der klägerin und dem zuständigen jobcoach erfolgen. auch dieses vorgehen sei rechtswidrig, da ein externer maßnahmenveranstalter nicht dazu eingesetzt werden dürfe, etwaige interne probleme dieser art zu klären. dies ergebe sich auch aus datenschutzrechtlichen gründen. 6während des laufenden verfahrens nahm die klägerin regelmäßig und mit gutem erfolg an der maßnahme teil, ohne dass sie die art und weise der durchführung der maßnahme durch den träger monierte. 7die beklagte wies den widerspruch mit widerspruchsbescheid vom 04.04.2018 als unzulässig zurück. die klägerin habe an der maßnahme regelmäßig und bis zu deren abschluss teilgenommen. die streitgegenständliche zuweisung vom 08.01.2018 habe sich während des widerspruchsverfahrens durch zeitablauf gemäß § 39 abs. 1 sgb x erledigt. soweit die klägerin nachträglich die feststellung der rechtswidrigkeit der zuweisung begehre, sei diese im rahmen des widerspruchsverfahrens nicht zulässig. ein fortsetzungsfeststellungswiderspruch, also ein widerspruch, der eingelegt werde, nachdem sich der verwaltungsakte erledigt habe, sei unzulässig. 8die klägerin hat am 24.04.2014 klage erhoben und verfolgt ihr begehren weiter. die erfolgte zuweisung in die maßnahme sei rechtswidrig. der bescheid vom 08.01.2018 lasse weder sinn und zweck noch den inhalt der maßnahme erkennen. es finde sich keine erläuterung, wozu die maßnahme dienen solle. weder sei die maßnahme beschrieben worden noch seien der zuweisung faltblätter oder erläuterungsschreiben angefügt gewesen. daher fehle es an einer hinreichenden konkretisierung der maßnahme. überdies sei jedenfalls in dem zugrunde liegenden ausgangsbescheid seitens der beklagten kein ermessen ausgeübt worden. auch die ermessenserwägungen in dem widerspruchsbescheid seien lediglich textbausteinartig aufgeführt. auch nach ablauf des zuweisungszeitraumes sei ein interesse an der klärung der rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen bescheides gegeben, da der nichtantritt der zugewiesenen maßnahme grundlage eines sanktionsbescheides bilden solle. überdies sei eine wiederholungsgefahr zu bejahen, da die beklagte die klägerin fortwährend entsprechenden maßnahmen zuweise. die klägerin habe ohne anerkennung einer rechtspflicht an der konkreten maßnahme teilgenommen. dies könne nicht dazu führen, dass sie nun die kosten des verfahrens zu tragen habe und die rechtswidrigkeit der maßnahme nicht festgestellt werde. denn selbst wenn man davon ausginge, dass die maßnahme im vorliegenden fall hinreichend konkret beschrieben worden sei- insoweit sei zuzugeben, dass der fall anders liege, als in parallelfällen-, seien zahlreiche weitere gesichtspunkte vorhanden, die die zuweisung rechtswidrig machten. insbesondere seien der von dem maßnahmenveranstalter geforderte maßnahmenvertrag und die datenschutzerklärung rechtswidrig. die darin vorhandenen klauseln seien zivilrechtlich unzulässig. dies schlage auf die zuweisung durch, weil eine zuweisung zu einem nicht sorgfältig ausgewählten maßnahmenträger nicht rechtmäßig sei. daher sein ein fortsetzungsfeststellungsinteresse im sinne des § 131 abs. 1 s. 3 sozialgerichtsgesetz (sgg) gegeben. 9die klägerin beantragt schriftsätzlich, 10festzustellen, dass der bescheid der beklagten vom 08.01.2018 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 04.04.2018 rechtwidrig ist und die klägerin in ihren subjektiven rechten verletzt. 11die beklagte beantragt schriftsätzlich, 12die klage abzuweisen. 13die beklagte hält an ihrer auffassung fest und verweist zur vermeidung von wiederholungen im wesentlichen auf ihre ausführungen im widerspruchsbescheid. ergänzend dazu trägt sie vor, dass ein fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht vorliege. der streitbefangene zuweisungsbescheid habe sich durch zeitablauf erledigt. rechtswirkungen gingen von diesem nicht mehr aus. anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die klägerin im klageverfahren umfassend darstelle, warum nach ihrer auffassung der mit dem maßnahmenveranstalter s gmbh geschlossene teilnehmervertrag, die dortige betriebsordnung und die unterzeichnete schweigepflichtentbindungserklärung rechtswidrig gewesen sein sollen. diese stünden nicht zur überprüfung. 14mit gerichtlichem schreiben vom 08.06.2018 sind die beteiligten darauf hingewiesen worden, dass das gericht eine entscheidung durch gerichtsbescheid beabsichtigt. die beteiligten haben mit schreiben vom 13.06.2018 und 21.06.2018 ihr einverständnis mit der entscheidung durch gerichtsbescheid erklärt. weitere stellungnahmen sind nicht erfolgt. 15das sozialgericht hat die berufung mit gerichtsbescheid vom 22.06.2018 abgewiesen. nach erledigung in der hauptsache sei richtige klageart die fortsetzungsfeststellungsklage. für diese fehle es jedoch an dem erforderlichen berechtigten interesse der klägerin an der feststellung der rechtswidrigkeit des bescheides vom 08.01.2018. in betracht käme vorliegend nur eine wiederholungsgefahr. eine solche sei jedoch nicht gegeben. zwar könne nicht ausgeschlossen werden, dass die klägerin in zukunft einer weiteren maßnahme zugewiesen werde. dass es sich dabei um dieselbe maßnahme, bei demselben veranstalter, zu denselben bedingungen handele, sei jedoch nicht wahrscheinlich. auch vor dem hintergrund, dass die klägerin gegenüber der beklagten angegeben habe, ihr ehemann übe nunmehr eine vollzeitbeschäftigung aus, ihr ältester sohn wolle zum 01.04.2018 ausziehen und sie habe nach guter und regelmäßiger teilnahme an der umstrittenen fortbildung, aktiv eine geringfügige beschäftigung zu suchen, ergebe sich, dass eine mögliche zuweisung nicht unter unveränderten tatsächlichen und rechtlichen bedingungen ergehen werde. 16gegen den ihr am 28.06.2018 zugestellten gerichtsbescheid hat die klägerin am 17.07.2018 berufung eingelegt er. dass sie einer ähnlichen maßnahme bei demselben veranstalter zu denselben bedingungen zugewiesen werde, sei entgegen der annahme des sozialgerichts sehr wahrscheinlich. dass der gericht setze sich nicht mit dem umstand auseinander, dass in der vergangenheit bereits mehrfach zuweisungen erfolgt seien. es sei auch nicht wahrscheinlich, dass der anbieter seine verträge zeitnah ändern werde. was der auszug des sohnes und die beschäftigungsaufnahme des mannes mit der angelegenheit zu tun haben solle, erschlösse sich nicht. im übrigen wird im wesentlichen auf den erstinstanzlichen vortrag verwiesen. 17die klägerin beantragt, 18unter aufhebung des gerichtsbescheides des sozialgerichts gelsenkirchen vom 22.06.2018 festzustellen, dass der bescheid des beklagten vom 08.01.2018 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 04.04.2018 rechtswidrig ist und die klägerin in ihren subjektiven rechten verletzt. 19der beklagte beantragt, 20die berufung zu zurückzuweisen. 21er verweist hierzu insbesondere auf die gründe des zur überprüfung gestellten gerichtsbescheids. der bescheid vom 08.01.2018 sei über dies rechtmäßig. 22die berufung ist nach anhörung der beteiligten mit beschluss vom 05.11.2018 auf den berichterstatter übertragen worden. die beteiligten haben darüber hinaus ihr einverständnis mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung erklärt. 23hinsichtlich des weiteren sach- und streitstandes wird auf die gerichts und verwaltungsakten bezug genommen. die akten sind grundlage der gerichtlichen entscheidung gewesen. 24 | 25die zulässige berufung der klägerin ist unbegründet. die klägerin hat keinen anspruch darauf, festzustellen, dass der bescheid vom 08.01.2018 rechtswidrig ist. der bescheid ist jedenfalls rechtmäßig. 26wie das sozialgericht zutreffend feststellt kommt als statthafte klageart vorliegend nur die fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 abs. 1 s. 3 sgg in betracht, nachdem sich der bescheid vom 08.01.2019 durch zeitablauf erledigt hat. auf die diesbezüglichen ausführungen des sozialgerichts wird gemäß § 153 abs. 2 sgg bezug genommen. 27der senat kann dahinstehen lassen, ob, wie das sozialgericht er meint, keine wiederholungsgefahr bestünde, denn der zur überprüfung gestellte bescheid vom 08.01.2018 ist rechtmäßig. 28ermächtigungsgrundlage für die zuweisung der klägerin zu der im rechtsstreit diskutierten maßnahme ist er § 16f sgb ii in verbindung mit § 45 sgb iii. die zuweisung als solche ist von der ermächtigungsgrundlage gedeckt. die maßnahme wird darin ausreichend konkret beschrieben und der beklagte hat auch von dem ihm zustehenden ermessen ermessensfehlerfrei gebrauch gemacht. 29die maßnahme ist bereits im ausgangsbescheid ausreichend beschrieben. sie wird als aktivierungsmaßnahme mit intensiver einzelbetreuung bezeichnet. ergänzend wird auf die zielrichtung und auch den weiteren inhalt hingewiesen. dementsprechend konnte sich die klägerin ausreichend auf die maßnahme einstellen. sie kritisiert die beschreibung auch nur pauschal als zu wenig detailliert. welche informationen sie konkret vermisst, trägt sie hingegen nicht vor. dass die klägerin im weiteren anführen lässt, ein eingliederungsziel sei nicht zu erkennen, obwohl ein solches im bescheid explizit genannt ist, legt nahe, dass sie zur begründung der rechtsmittel auf auf den fall nicht abgestimmte textbausteine zurückgreifen lässt. im übrigen gibt es keinen anlass, hohe anforderungen an die für notwendig erachteten informationen über die maßnahme zu stellen. es ist nicht zu erkennen, welche wesentlichen subjektiven nachteile ein leistungsbezieher hat, der über eine anstehende integrationsmaßnahme schlecht informiert ist. eine reduzierte information führt allenfalls dazu, dass der betroffene sich auf die maßnahme schlechter vorbereiten kann und möglicherweise dadurch die effektivität der maßnahme leidet, soweit eine vorbereitung/einstellung auf die maßnahme überhaupt von nutzen bzw. möglich ist. aber selbst wenn der nutzen einer maßnahme im einzelfall zweifelhaft sein sollte, hat ein leistungsempfänger durch eine teilnahme regelhaft keine relevanten nachteile. finanzielle nachteile werden durch ergänzende leistungen wie die erstattung von fahrtkosten aufgefangen und die zeitliche inanspruchnahme kann der leistungsberechtigte argumentativ nicht anführen, da er aufgrund der bestehenden arbeitslosigkeit in zeitlicher hinsicht nicht relevant gebunden ist. damit soll nicht in abrede gestellt werden, dass eine eingehende information über eine anstehende maßnahme wünschenswert ist. schon die höflichkeit gebietet eine angemessene information. sie trägt im übrigen in vielen fällen sicherlich zur motivation des leistungsempfängers und damit zum besseren gelingen der maßnahme bei, auf das das handeln des beklagten zur sparsamen und effektiven verwendung von öffentlichen geldern gerichtet sein soll. subjektive rechte des leistungsempfängers können durch eine mangelnde information aber allenfalls in ausnahmefällen relevant beeinträchtigt sein, wenn etwa die desinformation dazu führt, dass der betroffene als objekt behandelt und damit in seiner menschenwürde verletzt wird. 30aus der generellen pflicht zur teilnahme an einer maßnahme zur wiedereingliederung gemäß § 2 abs. 1 sgb 2 ergibt sich ferner, dass im rahmen der gebotenen ermessensentscheidung bei zuweisung regelmäßig der wunsch des leistungsempfängers "in ruhe gelassen zu werden" keine beachtung finden kann. dementsprechend kritisiert die klägerin die ermessenausübung durch den beklagten auch wiederum nur pauschal. die nichtberücksichtigung eines umstandes im sinne eines vorwerfbaren ermessensnichtgebrauchs bzw. die einstellung eines umstands in die ermessensausübung aufgrund sachfremder überlegungen im sinne eines ermessensfehlgebrauchs stellt sie nicht dar. anhaltspunkte für einen ermessensfehler ergeben sich auch nicht aus dem sonstigen akteninhalt. soweit die klägerin im klageverfahren zunächst ausführen lässt, der ausgangsbescheid enthalte gar keine, der widerspruchsbescheid nur schematische ermessenserwägungen, liegt nahe, dass sie selbst einen auf den fall nicht abgestimmten textbaustein verwenden lässt. ermessenserwägungen finden sich nur im ausgangsbescheid, der widerspruch wurde aufgrund der erledigung der sache als unzulässig verworfen. die ermessenserwägungen im ausgangsbescheid sind auch nicht schematisch, sondern individuell auf die klägerin zugeschnitten, auch wenn sie sprachlich sicherlich verständlicher gefasst sein könnten. 31die zugewiesene maßnahme ist als solche auch zumutbar im sinne von § 10 abs. 3 sgb ii ivm § 10 abs. 1 und 2 sgb ii. 32durch § 10 sgb ii wird der grundsatz des forderns der erwerbsfähigen leistungsberechtigten person gemäß § 2 sgb ii hinsichtlich der zumutbarkeit von tätigkeiten und maßnahmen zur eingliederung in arbeit konkretisiert. die vorschrift nennt die tatbestände, die eine arbeit, bzw. nach abs. 3 der vorschrift, auch eine maßnahme, ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen und die erwerbsfähige leistungsberechtigte von der grundsätzlichen arbeitsverpflichtung befreien. sie definiert andererseits die maßgeblichen kriterien, nach welchen eine tätigkeit oder maßnahme einem arbeitsuchenden mit der folge zumutbar ist, dass im verweigerungsfall leistungen gekürzt oder gänzlich gestrichen werden können. nach § 10 sgb ii muss der erwerbsfähige leistungsberechtigte bei inanspruchnahme von leistungen nach dem sgb ii grundsätzlich jede arbeit annehmen und ausüben, die er annehmen und ausüben kann und darf, um den zustand der arbeitslosigkeit zu beenden. abs. 1 enthält sodann eine abschließende aufzählung von hinderungsgründen, die eine arbeit unzumutbar machen (bt-drs. 15/1516 s. 53). 33aus allgemeinen gründen kann ein arbeitsangebot bzw. eine maßnahme ferner unzumutbar sein, wenn deren aufnahme oder ausübung gegen die verfassungsmäßig geschützten rechte der leistungsberechtigten person bzw. gegen religiöse überzeugungen oder gegen gesetzliche bestimmungen verstößt. zu letzteren zählen insbesondere arbeitsschutzbestimmungen, beschäftigungsverbote oder verstöße gegen die guten sitten (vergleiche hackethal/herbst in schlägel/voelzke, jurispk sgb ii, vierte auflage 2015, § 10 rn. 14). 34an diesen überlegungen ist die zumutbarkeit der hier streitigen maßnahme zu messen. sie ist danach zumutbar. 35eine unzumutbarkeit nach den fallgruppen des § 10 abs. 1 nrn. 1 - 5 ist nicht feststellbar und wird von der anwaltlich vertretenen klägerin auch nicht konkret subsumiert. die ausübung als solche verstößt auch nicht gegen die geltende rechtsordnung. es werden kein strafbares tun und auch nicht das begehen von ordnungswidrigkeiten verlangt. soweit von der klägerin sinngemäß moniert wird, die zur unterschrift vorgelegte schweigepflichtentbindungserklärung zugunsten des sozialleistungsträgers und auch die im teilnahmevertrag verlangten zugeständnisse griffen zu weit in das ihr nach art 1 und 2 gg zustehende recht auf informationelle selbstbestimmung ein, so teilt der senat diese bedenken nicht. die formulierungen mögen zwar z.t. weit gegriffen sein, es liegt aber nahe, dass sich ihre grenzen im rahmen der auslegung nach den grenzen der pflichten des leistungsbeziehers gemäß §§ 60ff sgb i bestimmen sollen. nach den vorschriften hat ein leistungsbezieher und damit regelmäßig auch der teilnehmer an einer maßnahme verfassungsrechtlich unbedenklich (weitreichende) informations- und mitwirkungspflichten gegenüber dem sozialleistungsträger, die z.t. - weitreichender als in einem arbeitsverhältnis - auch seinen gesundheitszustand oder seine sonstigen persönlichen lebensverhältnisse, insbesondere wenn sie leistungsrelevant sind, betreffen. es ist daher gerade nicht unzumutbar, dass der maßnameträger die zustimmung von dem teilnehmer erhalten möchte, entsprechende informationen an den sozialleistungsträger weitergeben zu dürfen, da die maßnahme im rahmen des rechte-und-plichten-verhältnisses des leistungsbeziehers zum sozialleistungsträgers ausgeführt wird. 36soweit die klägerin darüber hinaus sinngemäß geltend macht, dass bestimmte für die teilnehmer an der maßnahme in dem als grundlage für die maßnahme mit dem maßnameträger abgeschlossenen teilnahmevertrag und in der von diesem überreichten betriebsordnung fixierte pflichten und zugeständnisse nach geltenden vorschriften nicht verlangt werden könnten, kann hieraus ebenfalls nicht auf eine unzumutbarkeit geschlossen werden. gegen welche konkreten rechtlichen bestimmungen die einzelnen fixierungen verstoßen sollen, lässt die klägerin im übrigen offen. 37gemeint sind offensichtlich am ehesten arbeitsrechtliche bestimmungen oder grundsätze. ob bestimmte fixierte pflichten oder zugeständnisse nach diesen nicht verlangt werden können, muss zum einen bezweifelt werden, kann zum anderen im rahmen der vorzunehmenden zumutbarkeitsprüfung aber auch dahinstehen. zweifel an der geltung von arbeitsrechtlichen grundsätzen bestehen schon deshalb, da mit der teilnahme an der maßnahme kein arbeitsverhältnis begründet wird. das rechtsverhältnis zwischen dem teilnehmer und dem träger der maßnahme hat eine andere prägung. im hintergrund steht, dass ein sozialleistungsträger mit durchführung der maßnahme erhebliche steuerfinanzierte mittel aufwendet, um den leistungsberechtigten dabei zu unterstützen, zukünftig seiner verantwortung, sich selbst zu versorgen, besser als bisher nachkommen zu können. er erbringt also eine leistung regelmäßig zum vorteil des leistungsbeziehers. die teilnahme des leistungsbeziehers erfolgt dann im rahmen seiner gesetzlichen pflicht zur teilnahme. der teilnehmer ist daher keinesfalls so schützenswert wie ein arbeitnehmer auf dem allgemeinen arbeitsmarkt. ein leistungsberechtigter wird sich somit nicht grundsätzlich auf arbeitnehmerrechte berufen können, seine rechte sind eingeschränkter und er hat pflichten, die über die eines arbeitnehmers hinausgehen. darüber hinaus ist es fernliegend anzunehmen, dass eine tätigkeit bei einem arbeitgeber, der etwa formulararbeitsverträge verwendet, in denen einzelne klauseln gegen arbeitsrechtliche bestimmungen oder grundsätze verstoßen, grundsätzlich unzumutbar wäre. es ist vielmehr zwar nicht wünschenswerter aber üblicher bestandteil eines normalen arbeitslebens, dass sich ein arbeitnehmer im einzelfall ggf. um die durchsetzung seiner rechte gegenüber seinem arbeitgeber bemühen muss, wenn dieser solche unrechtmäßig einschränkt oder die erfüllung schriftvertraglich fixierter pflichten verlangt, deren ausfüllung z.b. gegen arbeitsschutzrechtliche vorschriften verstößt. hierzu steht ihm eine gut funktionierende gerichtsbarkeit zur verfügung. der leistungsberechtigte als teilnehmer an einer maßnahme ist nicht schlechter gestellt. so steht ggf. ein vermeintlicher pflichtenverstoß inzident im rahmen der prüfung der voraussetzungen des § 31 abs. 1 s. 1 3. alt. sgb ii ("den abbruch einer maßnahme veranlasst") nach verhängung einer sanktion zur gerichtlichen überprüfung. dabei bedarf es regelmäßig der einzelfallprüfung, ob das von dem träger gerügte verhalten die sanktion tragend als ausreichend maßnamewidrig einzustufen ist (vgl. s. knickrehm/hahn in eicher/luik, sgb ii, 4. auflage 2017 § 31 rn. 52). 38im übrigen gilt es im rahmen allgemeiner zumutbarkeitsüberlegungen noch einmal danach zu differenzieren, ob eine vermeintlich gesetzeswidrige pflicht in einem (teilnahme-) vertrag nur fixiert oder ihre ausfüllung bei der tatsächlichen durchführung auch abverlangt wird. letzteres ist hier aber offensichtlich nicht der fall. denn die klägerin hat an der maßnahme teilgenommen und macht hinsichtlich der art und weise der durchführung der maßnahme durch den täger keine beanstandungen geltend. weder behauptet sie, angehalten worden zu sein, pflichten auszufüllen, die gesetzlichen bestimmungen zu wider laufen noch ergeben sich solche umstände aus dem sonstigen akteninhalt. dementsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die art und weise der ausführung der maßnahme durch den beauftragten träger in irgendeiner art und weise gegen gesetzliche bestimmungen oder arbeitsrechtliche grundsätze verstoßen hätte. 39die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg. 40gründe für die zulassung der revision liegen nicht vor. | Verklagte*r | 0 |
116,307 | S 20 R 2339/13 | 2016-11-10T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2013, beide in der Gestalt des Ablehnungsbescheides vom 16.04.2014 verurteilt, der Klägerin Regelaltersente ab dem 01.05.2014 auch unter Berücksichtigung der bisher im Versicherungskonto der Frau N1 T1 unter der VSNR 00 000000 Z 000 gespeicherten Beitragszeiten zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten hinsichtlich eines Anspruchs der Klägerin auf Altersrente. Konkret geht es um die Frage, ob die bisher eine anderen Person zugeordneten Pflichtbeitragszeiten teilweise der Klägerin zuzuordnen sind. 3Die am 00.00.1949 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige und seit 10.03.2010 die Ehefrau des Herrn Z T1. Dieser war zuvor bis zu deren Tod mit der am 00.00.1930 geborenen und am 00.00.2008 verstorbenen N1 T1 (im Folgenden: ursprüngliche Ehefrau) verheiratet. 4Am 30.10.2009 sprach die Klägerin bei der Stadt L, Ausländeramt vor und erklärte, sie sei seit ca. 40 Jahren die Lebensgefährtin von Herrn Z T1. Sie sei 1971 mit ihrem eigenen Pass nach Deutschland eingereist, habe damit jedoch nicht in Deutschland bleiben dürfen. Sie sei dann wieder zurück in die Türkei gereist und erneut im Jahr 1972 nach Deutschland eingereist, diesmal jedoch unter dem Namen der ursprünglichen Ehefrau des Herrn Z T1. Der Nationalpass der ursprünglichen Ehefrau sei mit ihrem Lichtbild versehen gewesen. Diesen habe sie benutzt. Seitdem habe sie durchgehend unter dem Namen der ursprünglichen Ehefrau in Deutschland gelebt. Am 12.11.2009 sprach die Klägerin bei der Beklagten vor und erklärte auch dort, unter dem Namen der ursprünglichen Ehefrau in Deutschland gelebt und unter diesem Namen auch Rente bezogen zu haben. Die ursprüngliche Ehefrau sei nunmehr in der Türkei verstorben. Sie bitte um Mitteilung, welche weiteren Schritte sie unternehmen müsse und in welcher Höhe Rente von ihr zurückgefordert werde. 5Mit Bescheid vom 13.04.1995 hatte die Beklagte der Klägerin unter dem von ihr geführten Namen der ursprünglichen Ehefrau Altersrente in Höhe von ca. 311 DM monatlich bewilligt. Mit Bescheid vom 21.04.2010 hob die Beklagte diesen Rentenbescheid aufgrund der Schilderungen der Klägerin auf und machte eine Überzahlung von 29.695,88 EUR geltend. Im anschließenden Widerspruchs- und Klageverfahren (SG Düsseldorf, Az S 26 R 3117/10) wandte die Klägerin sich nicht gegen diesen Aufhebungsbescheid. Sie machte aber geltend, die dem Rentenbescheid zu Grunde liegenden Versicherungszeiten habe sie unter dem Namen der ursprünglichen Ehefrau erworben. Tatsächlich müssten diese nunmehr aber ihrem eigenen Versicherungskonto gutgeschrieben werden, weil die ursprüngliche Ehefrau keine eigenen Versicherungszeiten in Deutschland erarbeitet habe. Die Beklagte verpflichtete sich in diesem Verfahren, nach Durchführung weiterer Ermittlungen einen widerspruchsfähigen Bescheid über die Einrichtung eines Versicherungskontos für die Klägerin sowie über die Vormerkung der von der Klägerin zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten zu erlassen. 6Die Beklagte wertete die Ausländerakte der Stadt L sowie die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft L hinsichtlich des wissentlichen illegalen Aufenthalts der Klägerin aus. In der Ausländerakte ist der Zuzug einer Person unter dem Namen der ursprünglichen Ehefrau am 13.05.1972 mit dem Pass mit der Nummer US-D 000000 (ausgestellt am 10.05.1972) vermerkt, sowie danach deren durchgehender Aufenthalt in Deutschland. Unter dem 22.06.1972 wurde ein Personenfeststellungsverfahren eingeleitet, da an der Identität erhebliche Zweifel bestünden. Das Bundeskriminalamt teilte im April 1973 mit, das Lichtbild in dem Pass stimme nicht mit der ursprünglichen Ehefrau überein. Es stelle eine Freundin dieser Ehefrau dar, nämlich eine Frau "T2 U2". Weitere Reaktionen auf diese Information finden sich in der Akte nicht. Zudem finden sich verschiedene Anträge auf Arbeitserlaubnis, der erste vom 17.01.1973 über die Aufnahmen einer Beschäftigung als Küchenhilfe bei den britischen Streitkräften. 7Die Klägerin reichte im Verwaltungsverfahren eine Abfindungsvereinbarung über die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses mit der Firma U3S2X F aus dem Jahr 1983 zu den Akten, welche sie selbst, wenn auch unter Verwendung des Namens der ursprünglichen Ehefrau, unterschrieben habe. Die Tätigkeit der Klägerin dort könne auch von einer Zeugin bestätigt werden. Der Sohn einer ehemaligen Arbeitskollegin könne zudem nach Angaben der Klägerin deren die Tätigkeit bei den englischen Streitkräften bestätigen. Zudem könne ihr Ehemann bestätigen, dass die ursprüngliche Ehefrau sich nur für drei Monate in Deutschland aufgehalten habe und die in deren Versicherungskonto gespeicherten Zeiten tatsächlich der Klägerin zuzuordnen seien. 8Hinsichtlich der Erziehungszeiten erläuterte die Klägerin, dass sie zwei leibliche Kinder habe, die am 00.00.1970 geborenen Zwillinge G und B. Diese habe sie von der Geburt an zunächst in der Türkei und dann nach ihrem Zuzug nach Deutschland im Mai 1972 für ca. 3 Monate auch in Deutschland betreut. Dann seien die beiden Kinder wieder in die Türkei geschickt worden und dort von der ursprünglichen Ehefrau betreut worden. G sei am 08.03.1978 wieder nach Deutschland gezogen und von der Klägerin betreut worden. B sei 1981 oder 1982 nach Deutschland gezogen. Die Klägerin habe in Deutschland auch die Kinder ihres jetzigen Ehemannes mit dessen vorheriger Ehefrau großgezogen. Bei ihrem Zuzug nach Deutschland seien diese bis auf den am 00.00.1968 geborenen C1 bereits volljährig gewesen. 9Mit Bescheid vom 27.08.2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Zeiten ab. Zur Begründung führte sie aus, dass hinsichtlich der Beitragszeiten ein Vollbeweis dafür, dass die Zeiten der Klägerin zuzuordnen sind, nicht erbracht sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass eine dritte Person diese Zeiten zurückgelegt habe. Die Erziehungszeiten könnten nicht anerkannt werden, weil die Kinder teilweise im Ausland erzogen worden seien und im übrigen während der Erziehung der Aufenthalt in Deutschland nicht auf einem zukunftsoffenen Aufenthaltstitel beruhte und deshalb kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vorgelegen habe. Den Widerspruch stützte die Klägerin darauf, sie habe nachgewiesen, dass sie sich in der fraglichen Zeit in Deutschland aufgehalten habe und dort beschäftigt gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. 10Im Klageverfahren lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.04.2014 einen Antrag der Klägerin auf Regelaltersrente ab, da die Klägerin zum gewünschten Rentenbeginn 01.05.2014 in ihrem Versicherungskonto nur 2 Wartezeitmonate und nicht die erforderlichen mindestens 60 Wartezeitmonate vorweisen könne. 11Die Klage stützt die Klägerin darauf, sie habe sämtliche im Versicherungskonto der ursprünglichen Ehefrau gespeicherten Zeiten, soweit diese nicht auf Kindererziehungszeiten oder Schwangerschaft/Mutterschutz beruhten, selbst in eigener Person zurückgelegt. Die ursprüngliche Ehefrau habe in Deutschland nie gearbeitet. Sie habe deshalb einen Anspruch auf die begehrte Altersrente. 12Die Klägerin beantragt, 13die Beklage unter Aufhebung des Bescheids vom 27.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.12.2013, beide in der Gestalt des Ablehnungsbescheides vom 16.04.2014 zu verurteilen, der Klägerin Regelaltersente ab dem 01.05.2014 unter Berücksichtigung auch der bisher im Versicherungskonto der Frau N T1 unter der VSNR 00 000000 Z 000 gespeicherten Beitragszeiten zu gewähren. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Sie stützt sich auf die Ausführungen der angegriffenen Entscheidung. Auch nach der im Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme sei nicht im Vollbeweis erwiesen, dass nicht vielleicht eine dritte bisher unbekannte Person unter dem Namen der ursprünglichen Ehefrau in Deutschland gearbeitet habe. 17Das Gericht hat in einer Beweisaufnahme am 12.03.2015 die Zeugen Z T1, N2 C2 und U4 E vernommen. Hinsichtlich der Aussagen der Zeugen wird auf das Protokoll der Beweisaufnahme vom 12.03.2015 verwiesen (Bl.81-87 Gerichtsakten). Wegen der Darstellung weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt das Gericht auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 16.04.2014 ist rechtswidrig. Die Beklagte hat zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Regelaltersrente ab dem 01.05.2014 unter Berücksichtigung auch der bisher im Versicherungskonto der Frau N1 T unter der VSNR 00 000000 Z 000 gespeicherten Beitragszeiten abgelehnt. 20Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist der Vormerkungsbescheid vom 27.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2013. Mit der Klage hatte sich die Klägerin ursprünglich gegen den Bescheid insoweit gewandt, als damit die Berücksichtigung der bisher im Versicherungskonto der Frau N1 T1 unter der VSNR 00 000000 Z 000 gespeicherten Beitragszeiten in ihrem eigenen Versicherungskonto abgelehnt wurde. Während des Klageverfahrens ist der Ablehnungsbescheid vom 16.04.2014 hinsichtlich eines Anspruchs der Klägerin auf Altersrente ergangen. Damit ist der Bescheid vom 16.04.2014 Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits insoweit geworden, als darin zur Bewertung, ob die Wartezeit erfüllt wurde, die bisher im Versicherungskonto der Frau N1 T1 unter der VSNR 00 000000 Z 000 gespeicherten Beitragszeiten nicht berücksichtigt wurden. 21Denn ein neuer Verwaltungsakt wird nach Klageerhebung gem. § 96 Abs.1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Vorliegend hat der Ablehnungsbescheid vom 16.04.2014 die streitbefangenen Feststellungen von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid vom 27.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2013 im Sinne von § 96 Abs. 1 SGG ersetzt. Zwar handelt es sich bei der Feststellung des Tatbestands einer rentenrechtlichen Zeit einerseits und der Ablehnung eines Rentenanspruchs unter Nichtberücksichtigung auch dieser Zeit andererseits nicht um Verwaltungsakte mit identischem Regelungsgehalt, doch stehen beide hinsichtlich ein und desselben Rechtsverhältnisses in einem Verhältnis sachlicher und zeitlicher Exklusivität zueinander. Während nämlich der Rentenversicherungsträger erstmals mit der "Ablehnung einer Leistung" über Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten entscheidet (§ 149 Abs. 5 S. 3 SGB VI) und den Rentenwert bestimmen darf, bedarf es mit diesem Zeitpunkt umgekehrt keines diese Entscheidung nur vorbereitenden Verfahrens über die Feststellung einzelner wertbestimmender Umstände mehr. Hierzu ergangene Verwaltungsakte erledigen sich ungeachtet ihrer Anfechtung "auf andere Weise" (§ 39 Abs. 2 SGB X) und dürfen durch weitere Feststellungen einzelner wertbestimmender Elemente von vornherein nicht mehr ersetzt werden. Das insofern anhängige Klageverfahren findet seine Fortsetzung im Streit über das Rechtsverhältnis, dessen vorbereiten-der Klärung die bisher ergangenen Verwaltungsakte gedient hatten. Auf die Ersetzung in diesem Sinne findet § 96 Abs. 1 SGG unmittelbar Anwendung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt über die Rentenhöhe als unmittelbar kraft Gesetzes angegriffen gilt, soweit diese ihrerseits auf den bereits ursprünglich streitigen Feststellungen beruht (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2011 – B 5 R 36/11 R – Juris). 22Die Klägerin hat einen Anspruch auf Regelaltersrente unter Berücksichtigung auch der bisher im Versicherungskonto der Frau N1 T1 unter der VSNR 00 000000 Z 000 gespeicherten Beitragszeiten. 23Nach § 235 Abs 1 S 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erhalten vor dem 1.1.1964 geborene Versicherte Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Die 1949 geborene Klägerin hat im Januar 2014 das 65. Lebensjahr vollendet und damit im Mai 2014 die für sie geltende Regelaltersgrenze nach § 235 Abs 2 S 2 SGB VI von 65 Jahren und drei Monaten erreicht. Sie hat zudem die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren mit Beitragszeiten (§§ 50 Abs 1, 51 Abs 1 SGB VI) erfüllt. 24Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§ 55 Abs. 1 S.1 SGB V). 25Vorliegend ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass tatsächlich Pflichtbeiträge gezahlt wurden. Streitig ist vielmehr, ob die Beitragszeiten, die im Versicherungskonto der Frau N1 T1 unter der VSNR 00 000000 Z 000 gespeichert wurden, auf Beitragszahlungen beruhen, die für Tätigkeiten der Klägerin geleistet wurden. Zur Überzeugung der Kammer ist die Klägerin am 13.05.1972 mit dem Reisepass der N1 T1 nach Deutschland eingereist, hier unter deren Namen gelebt und hier auch unter deren Namen gearbeitet. Das die Beitragszahlungen damit für Tätigkeiten der Klägerin geleistet wurden, ist zur vollen Überzeugung der Kammer bewiesen. Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 128 Rz. 3b m. w. N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 11 AL 35/09 R -, juris, Rz. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller, a. a. O.). 26Der entsprechende Vortrag der Klägerin zum Zuzug nach Deutschland und der Verwendung des Namens der vorherigen Ehefrau, wird durch die Aussagen des Ehemanns der Klägerin, der angab, die Klägerin sei nach dem Wegzug seiner Ehefrau im Jahr 1971 zu ihm nach Deutschland gezogen und habe dort gearbeitet, gestützt. Die Kammer verkennt zwar nicht, dass der Ehemann der Klägerin ein Interesse daran hat, die Aussagen der Klägerin zu stützen. Andererseits bestätigt der Ehemann der Klägerin damit auch die von dieser begangene Straftat des Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz. Die Behauptung der Klägerin, sie sei unter dem Namen der ursprünglichen Ehefrau des Klägers nach Deutschland eingereist und habe dort unter diesem Namen gelebt, wird durch die Ausländerakte der Stadt L gestützt: In der Ausländerakte ist der Zuzug einer Person unter dem Namen der ursprünglichen Ehefrau am 00.00.1972 mit dem Pass mit der Nummer U3S2-D 000000 (ausgestellt am 00.00.1972) vermerkt, sowie danach deren durchgehender Aufenthalt in Deutschland. Zudem ergibt sich aus der Ausländerakte, dass unter dem 22.06.1972 ein Personenfeststellungsverfahren eingeleitet wurde, da an der Identität der N1 T1 erhebliche Zweifel bestünden. Das Bundeskriminalamt teilte im April 1973 mit, das Lichtbild in dem Pass stimme nicht mit der N1 T1 überein. Es stelle eine Freundin dieser Ehefrau dar, nämlich eine Frau "T2 U2". Für die Kammer ist damit zunächst bewiesen, dass nicht N1 T1, sondern eine andere Person unter dem Namen der N1 T1 am 13.05.1972 nach Deutschland eingereist ist. Da die Klägerin ursprünglich "T3 L" hieß, hat die Kammer zudem keine Zweifel, dass es sich bei der angegebenen "T3 U2" um die Klägerin handelt und der Name lediglich falsch übertragen wurde. Die Behauptung der Klägerin, sie habe in Deutschland bei den britischen Streitkräften gearbeitet, wird durch die Aussage des Zeugen N2 C2 gestützt. Dieser hat angegeben, seine Mutter, die die Klägerin noch aus dem Dorf kenne, habe diese bei ihrer Tätigkeit in der britischen Kaserne in der Großküche getroffen. Dies habe seine Mutter ihm erzählt. Der Zeuge C2 bestätigte zudem, dass die Klägerin ihr Dorf in der Türkei verlassen habe, um mit Herrn Z T1 in Deutschland zu leben. Die Klägerin sei dann für 20 Jahre nicht mehr zurück in die Türkei gekommen, weil sie in Deutschland mit falschen Papieren gelebt habe. Die Behauptung der Klägerin, sie habe in Deutschland bei der Firma F gearbeitet, wird durch die Aussage der Zeugin U4 E bestätigt. Diese hat angegeben, sie sei bei der Firma F eine Arbeitskollegin der Klägerin gewesen. Die Kammer hat keine Zweifel, dass neben den durch die Zeugen nachgewiesenen Tätigkeiten auch die weiteren im Versicherungsverlauf gespeicherten Beschäftigungen von der Klägerin ausgeübt wurden. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass eine dritte Person ebenfalls unter dem Namen der vorherigen Ehefrau in Deutschland gearbeitet haben sollte. Für eine solche dritte Person findet sich keinerlei Anhaltspunkt. 27Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. | die beklagte wird unter aufhebung des bescheids vom 27.08.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 03.12.2013, beide in der gestalt des ablehnungsbescheides vom 16.04.2014 verurteilt, der klägerin regelaltersente ab dem 01.05.2014 auch unter berücksichtigung der bisher im versicherungskonto der frau n1 t1 unter der vsnr 00 000000 z 000 gespeicherten beitragszeiten zu gewähren. die beklagte trägt die außergerichtlichen kosten der klägerin. 1 | 2die beteiligten streiten hinsichtlich eines anspruchs der klägerin auf altersrente. konkret geht es um die frage, ob die bisher eine anderen person zugeordneten pflichtbeitragszeiten teilweise der klägerin zuzuordnen sind. 3die am 00.00.1949 geborene klägerin ist türkische staatsangehörige und seit 10.03.2010 die ehefrau des herrn z t1. dieser war zuvor bis zu deren tod mit der am 00.00.1930 geborenen und am 00.00.2008 verstorbenen n1 t1 (im folgenden: ursprüngliche ehefrau) verheiratet. 4am 30.10.2009 sprach die klägerin bei der stadt l, ausländeramt vor und erklärte, sie sei seit ca. 40 jahren die lebensgefährtin von herrn z t1. sie sei 1971 mit ihrem eigenen pass nach deutschland eingereist, habe damit jedoch nicht in deutschland bleiben dürfen. sie sei dann wieder zurück in die türkei gereist und erneut im jahr 1972 nach deutschland eingereist, diesmal jedoch unter dem namen der ursprünglichen ehefrau des herrn z t1. der nationalpass der ursprünglichen ehefrau sei mit ihrem lichtbild versehen gewesen. diesen habe sie benutzt. seitdem habe sie durchgehend unter dem namen der ursprünglichen ehefrau in deutschland gelebt. am 12.11.2009 sprach die klägerin bei der beklagten vor und erklärte auch dort, unter dem namen der ursprünglichen ehefrau in deutschland gelebt und unter diesem namen auch rente bezogen zu haben. die ursprüngliche ehefrau sei nunmehr in der türkei verstorben. sie bitte um mitteilung, welche weiteren schritte sie unternehmen müsse und in welcher höhe rente von ihr zurückgefordert werde. 5mit bescheid vom 13.04.1995 hatte die beklagte der klägerin unter dem von ihr geführten namen der ursprünglichen ehefrau altersrente in höhe von ca. 311 dm monatlich bewilligt. mit bescheid vom 21.04.2010 hob die beklagte diesen rentenbescheid aufgrund der schilderungen der klägerin auf und machte eine überzahlung von 29.695,88 eur geltend. im anschließenden widerspruchs- und klageverfahren (sg düsseldorf, az s 26 r 3117/10) wandte die klägerin sich nicht gegen diesen aufhebungsbescheid. sie machte aber geltend, die dem rentenbescheid zu grunde liegenden versicherungszeiten habe sie unter dem namen der ursprünglichen ehefrau erworben. tatsächlich müssten diese nunmehr aber ihrem eigenen versicherungskonto gutgeschrieben werden, weil die ursprüngliche ehefrau keine eigenen versicherungszeiten in deutschland erarbeitet habe. die beklagte verpflichtete sich in diesem verfahren, nach durchführung weiterer ermittlungen einen widerspruchsfähigen bescheid über die einrichtung eines versicherungskontos für die klägerin sowie über die vormerkung der von der klägerin zurückgelegten rentenrechtlichen zeiten zu erlassen. 6die beklagte wertete die ausländerakte der stadt l sowie die ermittlungsakte der staatsanwaltschaft l hinsichtlich des wissentlichen illegalen aufenthalts der klägerin aus. in der ausländerakte ist der zuzug einer person unter dem namen der ursprünglichen ehefrau am 13.05.1972 mit dem pass mit der nummer us-d 000000 (ausgestellt am 10.05.1972) vermerkt, sowie danach deren durchgehender aufenthalt in deutschland. unter dem 22.06.1972 wurde ein personenfeststellungsverfahren eingeleitet, da an der identität erhebliche zweifel bestünden. das bundeskriminalamt teilte im april 1973 mit, das lichtbild in dem pass stimme nicht mit der ursprünglichen ehefrau überein. es stelle eine freundin dieser ehefrau dar, nämlich eine frau "t2 u2". weitere reaktionen auf diese information finden sich in der akte nicht. zudem finden sich verschiedene anträge auf arbeitserlaubnis, der erste vom 17.01.1973 über die aufnahmen einer beschäftigung als küchenhilfe bei den britischen streitkräften. 7die klägerin reichte im verwaltungsverfahren eine abfindungsvereinbarung über die auflösung eines arbeitsverhältnisses mit der firma u3s2x f aus dem jahr 1983 zu den akten, welche sie selbst, wenn auch unter verwendung des namens der ursprünglichen ehefrau, unterschrieben habe. die tätigkeit der klägerin dort könne auch von einer zeugin bestätigt werden. der sohn einer ehemaligen arbeitskollegin könne zudem nach angaben der klägerin deren die tätigkeit bei den englischen streitkräften bestätigen. zudem könne ihr ehemann bestätigen, dass die ursprüngliche ehefrau sich nur für drei monate in deutschland aufgehalten habe und die in deren versicherungskonto gespeicherten zeiten tatsächlich der klägerin zuzuordnen seien. 8hinsichtlich der erziehungszeiten erläuterte die klägerin, dass sie zwei leibliche kinder habe, die am 00.00.1970 geborenen zwillinge g und b. diese habe sie von der geburt an zunächst in der türkei und dann nach ihrem zuzug nach deutschland im mai 1972 für ca. 3 monate auch in deutschland betreut. dann seien die beiden kinder wieder in die türkei geschickt worden und dort von der ursprünglichen ehefrau betreut worden. g sei am 08.03.1978 wieder nach deutschland gezogen und von der klägerin betreut worden. b sei 1981 oder 1982 nach deutschland gezogen. die klägerin habe in deutschland auch die kinder ihres jetzigen ehemannes mit dessen vorheriger ehefrau großgezogen. bei ihrem zuzug nach deutschland seien diese bis auf den am 00.00.1968 geborenen c1 bereits volljährig gewesen. 9mit bescheid vom 27.08.2013 lehnte die beklagte die anerkennung der zeiten ab. zur begründung führte sie aus, dass hinsichtlich der beitragszeiten ein vollbeweis dafür, dass die zeiten der klägerin zuzuordnen sind, nicht erbracht sei. es könne nicht ausgeschlossen werden, dass eine dritte person diese zeiten zurückgelegt habe. die erziehungszeiten könnten nicht anerkannt werden, weil die kinder teilweise im ausland erzogen worden seien und im übrigen während der erziehung der aufenthalt in deutschland nicht auf einem zukunftsoffenen aufenthaltstitel beruhte und deshalb kein gewöhnlicher aufenthalt im inland vorgelegen habe. den widerspruch stützte die klägerin darauf, sie habe nachgewiesen, dass sie sich in der fraglichen zeit in deutschland aufgehalten habe und dort beschäftigt gewesen sei. mit widerspruchsbescheid vom 03.12.2013 wies die beklagte den widerspruch zurück. 10im klageverfahren lehnte die beklagte mit bescheid vom 16.04.2014 einen antrag der klägerin auf regelaltersrente ab, da die klägerin zum gewünschten rentenbeginn 01.05.2014 in ihrem versicherungskonto nur 2 wartezeitmonate und nicht die erforderlichen mindestens 60 wartezeitmonate vorweisen könne. 11die klage stützt die klägerin darauf, sie habe sämtliche im versicherungskonto der ursprünglichen ehefrau gespeicherten zeiten, soweit diese nicht auf kindererziehungszeiten oder schwangerschaft/mutterschutz beruhten, selbst in eigener person zurückgelegt. die ursprüngliche ehefrau habe in deutschland nie gearbeitet. sie habe deshalb einen anspruch auf die begehrte altersrente. 12die klägerin beantragt, 13die beklage unter aufhebung des bescheids vom 27.08.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheids vom 03.12.2013, beide in der gestalt des ablehnungsbescheides vom 16.04.2014 zu verurteilen, der klägerin regelaltersente ab dem 01.05.2014 unter berücksichtigung auch der bisher im versicherungskonto der frau n t1 unter der vsnr 00 000000 z 000 gespeicherten beitragszeiten zu gewähren. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16sie stützt sich auf die ausführungen der angegriffenen entscheidung. auch nach der im gerichtsverfahren durchgeführten beweisaufnahme sei nicht im vollbeweis erwiesen, dass nicht vielleicht eine dritte bisher unbekannte person unter dem namen der ursprünglichen ehefrau in deutschland gearbeitet habe. 17das gericht hat in einer beweisaufnahme am 12.03.2015 die zeugen z t1, n2 c2 und u4 e vernommen. hinsichtlich der aussagen der zeugen wird auf das protokoll der beweisaufnahme vom 12.03.2015 verwiesen (bl.81-87 gerichtsakten). wegen der darstellung weiterer einzelheiten des sach- und streitstands nimmt das gericht auf die gerichtsakten und die beigezogenen gerichts- und verwaltungsakten bezug, die sämtlich gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind. 18 | 19die zulässige klage ist begründet. der bescheid vom 16.04.2014 ist rechtswidrig. die beklagte hat zu unrecht einen anspruch der klägerin auf gewährung von regelaltersrente ab dem 01.05.2014 unter berücksichtigung auch der bisher im versicherungskonto der frau n1 t unter der vsnr 00 000000 z 000 gespeicherten beitragszeiten abgelehnt. 20nicht mehr gegenstand des verfahrens ist der vormerkungsbescheid vom 27.08.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 03.12.2013. mit der klage hatte sich die klägerin ursprünglich gegen den bescheid insoweit gewandt, als damit die berücksichtigung der bisher im versicherungskonto der frau n1 t1 unter der vsnr 00 000000 z 000 gespeicherten beitragszeiten in ihrem eigenen versicherungskonto abgelehnt wurde. während des klageverfahrens ist der ablehnungsbescheid vom 16.04.2014 hinsichtlich eines anspruchs der klägerin auf altersrente ergangen. damit ist der bescheid vom 16.04.2014 gegenstand des vorliegenden rechtsstreits insoweit geworden, als darin zur bewertung, ob die wartezeit erfüllt wurde, die bisher im versicherungskonto der frau n1 t1 unter der vsnr 00 000000 z 000 gespeicherten beitragszeiten nicht berücksichtigt wurden. 21denn ein neuer verwaltungsakt wird nach klageerhebung gem. § 96 abs.1 sgg gegenstand des klageverfahrens, wenn er nach erlass des widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen verwaltungsakt abändert oder ersetzt. vorliegend hat der ablehnungsbescheid vom 16.04.2014 die streitbefangenen feststellungen von tatbeständen rentenrechtlicher zeiten im vormerkungsbescheid vom 27.08.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 03.12.2013 im sinne von § 96 abs. 1 sgg ersetzt. zwar handelt es sich bei der feststellung des tatbestands einer rentenrechtlichen zeit einerseits und der ablehnung eines rentenanspruchs unter nichtberücksichtigung auch dieser zeit andererseits nicht um verwaltungsakte mit identischem regelungsgehalt, doch stehen beide hinsichtlich ein und desselben rechtsverhältnisses in einem verhältnis sachlicher und zeitlicher exklusivität zueinander. während nämlich der rentenversicherungsträger erstmals mit der "ablehnung einer leistung" über anrechnung und bewertung der im versicherungsverlauf enthaltenen daten entscheidet (§ 149 abs. 5 s. 3 sgb vi) und den rentenwert bestimmen darf, bedarf es mit diesem zeitpunkt umgekehrt keines diese entscheidung nur vorbereitenden verfahrens über die feststellung einzelner wertbestimmender umstände mehr. hierzu ergangene verwaltungsakte erledigen sich ungeachtet ihrer anfechtung "auf andere weise" (§ 39 abs. 2 sgb x) und dürfen durch weitere feststellungen einzelner wertbestimmender elemente von vornherein nicht mehr ersetzt werden. das insofern anhängige klageverfahren findet seine fortsetzung im streit über das rechtsverhältnis, dessen vorbereiten-der klärung die bisher ergangenen verwaltungsakte gedient hatten. auf die ersetzung in diesem sinne findet § 96 abs. 1 sgg unmittelbar anwendung mit der folge, dass der verwaltungsakt über die rentenhöhe als unmittelbar kraft gesetzes angegriffen gilt, soweit diese ihrerseits auf den bereits ursprünglich streitigen feststellungen beruht (vgl. bsg, urteil vom 14.12.2011 – b 5 r 36/11 r – juris). 22die klägerin hat einen anspruch auf regelaltersrente unter berücksichtigung auch der bisher im versicherungskonto der frau n1 t1 unter der vsnr 00 000000 z 000 gespeicherten beitragszeiten. 23nach § 235 abs 1 s 1 sechstes buch sozialgesetzbuch (sgb vi) erhalten vor dem 1.1.1964 geborene versicherte regelaltersrente, wenn sie die regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine wartezeit erfüllt haben. die 1949 geborene klägerin hat im januar 2014 das 65. lebensjahr vollendet und damit im mai 2014 die für sie geltende regelaltersgrenze nach § 235 abs 2 s 2 sgb vi von 65 jahren und drei monaten erreicht. sie hat zudem die allgemeine wartezeit von fünf jahren mit beitragszeiten (§§ 50 abs 1, 51 abs 1 sgb vi) erfüllt. 24beitragszeiten sind zeiten, für die nach bundesrecht pflichtbeiträge (pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige beiträge gezahlt worden sind (§ 55 abs. 1 s.1 sgb v). 25vorliegend ist zwischen den beteiligten nicht streitig, dass tatsächlich pflichtbeiträge gezahlt wurden. streitig ist vielmehr, ob die beitragszeiten, die im versicherungskonto der frau n1 t1 unter der vsnr 00 000000 z 000 gespeichert wurden, auf beitragszahlungen beruhen, die für tätigkeiten der klägerin geleistet wurden. zur überzeugung der kammer ist die klägerin am 13.05.1972 mit dem reisepass der n1 t1 nach deutschland eingereist, hier unter deren namen gelebt und hier auch unter deren namen gearbeitet. das die beitragszahlungen damit für tätigkeiten der klägerin geleistet wurden, ist zur vollen überzeugung der kammer bewiesen. für den vollbeweis muss sich das gericht die volle überzeugung vom vorhandensein oder nichtvorhandensein einer tatsache verschaffen. allerdings verlangt auch der vollbeweis keine absolute gewissheit, sondern lässt eine an gewissheit grenzende wahrscheinlichkeit ausreichen. denn ein darüber hinausgehender grad an gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. keller, in meyer-ladewig/keller/leitherer, kommentar zum sgg, 11. aufl. 2014, § 128 rz. 3b m. w. n.). daraus folgt, dass auch dem vollbeweis gewisse zweifel innewohnen können, verbleibende restzweifel mit anderen worten bei der überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen zweifeln verdichten (vgl. bsg, urteil vom 24. november 2010 - b 11 al 35/09 r -, juris, rz. 21). eine tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem grade wahrscheinlich ist, dass alle umstände des falles nach vernünftiger abwägung des gesamtergebnisses des verfahrens und nach der allgemeinen lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche überzeugung zu begründen (vgl. keller, a. a. o.). 26der entsprechende vortrag der klägerin zum zuzug nach deutschland und der verwendung des namens der vorherigen ehefrau, wird durch die aussagen des ehemanns der klägerin, der angab, die klägerin sei nach dem wegzug seiner ehefrau im jahr 1971 zu ihm nach deutschland gezogen und habe dort gearbeitet, gestützt. die kammer verkennt zwar nicht, dass der ehemann der klägerin ein interesse daran hat, die aussagen der klägerin zu stützen. andererseits bestätigt der ehemann der klägerin damit auch die von dieser begangene straftat des verstoßes gegen das aufenthaltsgesetz. die behauptung der klägerin, sie sei unter dem namen der ursprünglichen ehefrau des klägers nach deutschland eingereist und habe dort unter diesem namen gelebt, wird durch die ausländerakte der stadt l gestützt: in der ausländerakte ist der zuzug einer person unter dem namen der ursprünglichen ehefrau am 00.00.1972 mit dem pass mit der nummer u3s2-d 000000 (ausgestellt am 00.00.1972) vermerkt, sowie danach deren durchgehender aufenthalt in deutschland. zudem ergibt sich aus der ausländerakte, dass unter dem 22.06.1972 ein personenfeststellungsverfahren eingeleitet wurde, da an der identität der n1 t1 erhebliche zweifel bestünden. das bundeskriminalamt teilte im april 1973 mit, das lichtbild in dem pass stimme nicht mit der n1 t1 überein. es stelle eine freundin dieser ehefrau dar, nämlich eine frau "t2 u2". für die kammer ist damit zunächst bewiesen, dass nicht n1 t1, sondern eine andere person unter dem namen der n1 t1 am 13.05.1972 nach deutschland eingereist ist. da die klägerin ursprünglich "t3 l" hieß, hat die kammer zudem keine zweifel, dass es sich bei der angegebenen "t3 u2" um die klägerin handelt und der name lediglich falsch übertragen wurde. die behauptung der klägerin, sie habe in deutschland bei den britischen streitkräften gearbeitet, wird durch die aussage des zeugen n2 c2 gestützt. dieser hat angegeben, seine mutter, die die klägerin noch aus dem dorf kenne, habe diese bei ihrer tätigkeit in der britischen kaserne in der großküche getroffen. dies habe seine mutter ihm erzählt. der zeuge c2 bestätigte zudem, dass die klägerin ihr dorf in der türkei verlassen habe, um mit herrn z t1 in deutschland zu leben. die klägerin sei dann für 20 jahre nicht mehr zurück in die türkei gekommen, weil sie in deutschland mit falschen papieren gelebt habe. die behauptung der klägerin, sie habe in deutschland bei der firma f gearbeitet, wird durch die aussage der zeugin u4 e bestätigt. diese hat angegeben, sie sei bei der firma f eine arbeitskollegin der klägerin gewesen. die kammer hat keine zweifel, dass neben den durch die zeugen nachgewiesenen tätigkeiten auch die weiteren im versicherungsverlauf gespeicherten beschäftigungen von der klägerin ausgeübt wurden. es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass eine dritte person ebenfalls unter dem namen der vorherigen ehefrau in deutschland gearbeitet haben sollte. für eine solche dritte person findet sich keinerlei anhaltspunkt. 27die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. | Klaeger*in | 1 |
345,782 | 1 K 4003/20 | 2022-05-25T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die finanzielle Abgeltung krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaub aus den Jahren 2017 und 2018. 3Der Kläger, der zuletzt als Kriminaloberkommissar (Besoldungsgruppe A 10 der Landesbesoldungsordnung NRW Teil A, Stufe 11) mit Stammdienststelle beim Polizeipräsidium F. seinen Dienst verrichtete, wurde mit Ablauf des 31. August 2020 wegen Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. 4Seit dem Jahr 2011 hatte er einen Grad der Behinderung von 50 %. 5Er war in der Zeit vom 11. Juni 2015 bis zum 16. August 2015 dienstunfähig erkrankt. In der Zeit vom 17. August 2015 bis zum 1. Oktober 2015 schloss sich eine Wiedereingliederung an. Ab dem 2. Oktober 2015 bis zum 8. Februar 2016 war der Kläger erneut dienstunfähig erkrankt. In der Zeit vom 9. Februar 2016 bis zum 23. Februar 2016 erfolgte eine stationäre Rehabilitierungsmaßnahme. Im Anschluss war er in der Zeit vom 24. Februar 2016 bis zum 23. August 2016 wiederum dienstunfähig erkrankt. Sodann erfolgte erneut eine stationäre Rehabilitierungsmaßnahme in der Zeit vom 24. August 2016 bis zum 4. Oktober 2016. In der Folgezeit war der Kläger erneut ab dem 5. Oktober 2016 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand am 31. August 2020 dienstunfähig erkrankt. 6Mit Bescheid vom 21. September 2020 setzte das Polizeipräsidium F. die finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Erholungsurlaub für die Jahre 2019 und 2020 auf insgesamt 41,666 Urlaubstage fest. Zur Begründung führte es im Wesentlichen Folgendes aus: Krankheitsbedingt nicht genommener Erholungsurlaub werde bis zu einer Dauer von 20 Tagen sowie Zusatzurlaub für Schwerbehinderte für eine Dauer von bis zu fünf Tagen abgegolten. Bei unterjährigem Eintritt in den Ruhestand erfolge die Berechnung der zu vergütenden Mindestjahresurlaubstage anteilig entsprechend der aktiven Dienstzeit. Voraussetzung sei, dass der Urlaub krankheitsbedingt nicht habe genommen werden können. Der Kläger sei seit dem 11. Juni 2015 krankheitsbedingt durchgängig erkrankt gewesen. Für das Jahr 2019 würden 25 Tage zuzüglich Zusatzurlaub zugrunde gelegt. Für das Jahr 2020 berechne sich der Anspruch anteilig nach der aktiven Dienstzeit. Daraus ergebe sich ein abgeltungsfähiger Anspruch von 16,666 Tagen Mindesturlaub inklusive Zusatzurlaub. Dem Kläger würden daher insgesamt 41,666 Urlaubstage vergütet. Die Ansprüche für die Jahre 2015 bis 2018 unterlägen dem Verfall. 7Der Kläger hat am 21. Oktober 2020 Klage erhoben. 8Zur Begründung trägt er vor, er beanspruche eine weitergehende Festsetzung finanziell abzugeltender Urlaubstage für die Jahre 2017 und 2018 nach § 19a Abs. 1 FrUrlV NRW. Zunächst sei festzustellen, dass der Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der Urlaub für das Jahr 2018 mit Ablauf des 31. März 2020 verfallen sei. Der Beklagte habe die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Verfall von Erholungsurlaub verkannt (Urteil vom 6. November 2018 – C-619/16). Zwar habe der Kläger seinen ihm zustehenden Urlaub nicht innerhalb von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres genommen, doch habe der Beklagte den Kläger nicht – wie nach dem genannten Urteil erforderlich – auf den Verfall des Urlaubs hingewiesen. Der Dienstherr habe darauf hinzuwirken, dass der Beamte tatsächlich in der Lage sei, seinen Urlaub zu nehmen, indem er ihn auffordere, dies zu tun, sowie auf den andernfalls erfolgenden Verfall hinzuweisen, damit sichergestellt sei, dass der Urlaub dem jeweiligen Beamten noch die Erholung und Entspannung bieten könne, zu der er beitragen solle. Gleiches gelte für die ihm aus dem Jahr 2017 zustehenden Urlaubstage. Soweit der Beklagte der Ansicht sei, die dem Dienstherrn obliegende Hinweispflicht zum Verfall von Urlaub bestünde nicht gegenüber dienstunfähig erkrankten Beamten, sei dies rechtsfehlerhaft, als der Beklagte die Sach- und Rechtslage ex post betrachte. Aus einer ex ante Betrachtung sei jedoch nicht klar gewesen, dass er, der Kläger, die Ansprüche aus den Jahren 2017 und 2018 letztlich nicht habe realisieren können. Im Falle einer ex post Betrachtung würden die Vorgaben des Unionsrechts und des nationalen Rechts ausgehöhlt. Dass bezüglich der Hinweispflicht bei der Frage der Urlaubsabgeltung nicht zwischen Fällen von Erkrankten und anderen Beamten zu differenzieren sei, zeige sich auch daran, dass inzwischen auch der Gesetzgeber in § 19 Abs. 6 FrUrlV NRW die Hinweispflicht voraussetzungslos für alle Beamten geregelt habe. Die Frage, ob und in welcher Weise eine Hinweispflicht bestehe, knüpfe nicht an das Entstehen des strittigen Anspruchs an. Andernfalls wäre es obsolet, dem Dienstherrn derartige Obliegenheiten aufzuerlegen. Die Erwägung, der Zweck des Urlaubs könne nicht erreicht werden, rechtfertige ebenfalls nicht die Vorenthaltung des geltend gemachten Urlaubsanspruchs. Mit dieser Erwägung ließe sich auch ein Abgeltungsanspruch für Beamte, die aus sonstigen Gründen aus dem Beamtenverhältnis entlassen würden, nicht rechtfertigen, obgleich für diese ein derartiger Anspruch bestünde. Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei in diesen Fällen nicht relevant. Gleichermaßen käme der Zweck des Erholungsurlaubs auch in den Fällen nicht mehr zum Tragen, in denen Urlaub für Zeiten abgegolten werde, der noch nicht verfallen sei. Auch für diese Zeiten sei eine Erholungsfunktion nicht mehr gegeben. Zudem wäre es sowohl tatsächlich als auch rechtlich für den Kläger möglich gewesen, seinen Urlaub aus den Jahren 2017 und 2018 zu nehmen, solange er hierdurch nicht gegen seine Gesunderhaltungspflichten verstoßen hätte. Dies ergebe sich im Umkehrschluss zu § 38 Satz 1 FrUrlV NRW. Danach werde die Zeit krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit nur dann nicht auf den Urlaub angerechnet, wenn dies durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen werde. Im Umkehrschluss liege daher Urlaub während Dienstunfähigkeit vor, wenn der Beamte seine Dienstunfähigkeit nicht unverzüglich anzeige. 9Der Kläger beantragt, 10den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums F. vom 21. September 2020 zu verpflichten, dem Kläger Erholungsurlaub im Umfang von weiteren 50 Arbeitstagen für die Jahre 2017 und 2018 finanziell abzugelten und den jeweiligen Nachzahlungsbetrag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. 11Der Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung macht er im Wesentlichen Folgendes geltend: Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abgeltung von 50 Tagen Urlaub für die Jahre 2017 und 2018 sei verfallen. Dem stehe nicht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes entgegen. Bereits mit Urteil vom 22. November 2011 habe dieser entschieden, dass das Ansparen von Urlaubsansprüchen auch bei langer Erkrankung zeitlich begrenzt werden könne. Eine Verfallfrist von 15 Monaten sei zulässig (Urteil vom 22. November 2011 – C-214/10). Auch aus einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15, ergebe sich nichts anderes. Die Aufklärungspflicht des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn zur angemessenen Aufklärung über den Verfall von Mindesturlaubsansprüchen stehe dem Verfall durch Zeitablauf nicht grundsätzlich entgegen. § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW sei daher grundsätzlich richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der Verfall zwar nur eintreten könne, wenn der Dienstherr den Beamten zuvor korrekt aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen und ihn rechtzeitig auf den ansonsten eintretenden Verfall hingewiesen habe. Der Kläger habe aber hier den ihm zustehenden Urlaub nicht aufgrund einer Verletzung der Mitwirkungspflichten des Dienstherrn verloren, sondern weil er krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, seinen Erholungsurlaub zeitgerecht in Anspruch zu nehmen. Auch eine Mitteilung über den drohenden Verfall hätte daran nichts geändert. Der vorliegende Fall unterscheide sich daher deutlich von dem durch den Europäischen Gerichtshof entschiedenen Regelfall, dass der Urlaubsanspruch verfalle, wenn ein Arbeitnehmer, ohne krank zu sein, seinen Urlaub nicht in Anspruch nehme. Anders als in Krankheitsfällen habe der Arbeitgeber beziehungsweise Dienstherr in diesen Fällen von den Leistungen seines Arbeitnehmers profitiert. Die Anspruchsgrundlage des § 19a FrUrlV NRW bringe in Umsetzung der Richtlinie 2003/88/EG zum Ausdruck, dass Urlaubsansprüche auch bei langwieriger Erkrankung durch Zeitablauf verfallen könnten. Einem unfreiwilligen Verlust von Urlaubsansprüchen infolge Erkrankung könne ein Hinweis nicht entgegen wirken. Ein Verfall führe nicht zu einer unrechtmäßigen Bereicherung des Arbeitgebers, der dem Zweck der Richtlinie, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen, zuwider laufen würde. Eine unbegrenzte Anhäufung von Urlaubsansprüchen allein aufgrund einer Obliegenheitsverletzung erweise sich in diesem Fall als unangemessen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass ein Hinweis über den Resturlaubsanspruch mit Blick auf die Unwissenheit über den Gesundheitszustand des Klägers möglicherweise unpassend gewesen wäre. Es sei beabsichtigt gewesen, dem Kläger diese Information zu dem Zeitpunkt zukommen zu lassen, zu dem er seinen Dienst wieder aufgenommen hätte. Der Umstand, dass § 19 Abs. 6 FrUrlV NRW keine Differenzierung für krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaub hinsichtlich der Hinweispflicht treffe, führe nicht zu der Annahme, dass eine solche Pflicht in diesen Fällen dennoch bestehe. Es sei allgemein bekannt, dass es möglich sei, dass der Gesetzgeber nicht alle erdenklichen Eventualitäten mitbedacht habe und dass Ausnahmetatbestände möglich sein müssten, auch wenn sie nicht geregelt seien. Eine solche Ausnahme sei hier gegeben, da der Kläger seinen Anspruch auf Erholungsurlaub allein aufgrund seiner durchgängigen Erkrankung, nicht aber wegen einer Verletzung der Mitwirkungspflicht des Dienstherrn verloren habe. Der Kläger verkenne zudem, dass sich eine zeitliche Festlegung bezüglich der Hinweispflicht zu Beginn eines jeden Kalenderjahres erst aus dem neu geschaffenen § 19 Abs. 6 FrUrlV NRW ergebe. Derartiges ergebe sich jedoch weder aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts noch des Europäischen Gerichtshofes. Diese fordern lediglich, dass der Arbeitgeber – hier der Dienstherr – seiner Hinweispflicht rechtzeitig nachkomme. § 19 Abs. 6 FrUrlV NRW sei jedoch erst nach der Zurruhesetzung des Klägers, nämlich am 22. Oktober 2020 in Kraft getreten. Er finde auf den vorliegenden Fall daher keine Anwendung. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die Klage hat keinen Erfolg. 17Die zulässige Klage ist unbegründet. Die mit Bescheid des Polizeipräsidiums F. vom 21. September 2020 erfolgte Ablehnung der finanziellen Abgeltung von insgesamt 50 Urlaubstagen für die Jahre 2017 und 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). 18Dem Kläger steht weder aus nationalem (1.) noch aus europäischem Recht (2.) ein Anspruch auf (weitere) finanzielle Abgeltung seines Erholungsurlaubsanspruchs in der geltend gemachten Höhe von 50 Tagen für die Urlaubsjahre 2017 und 2018 zu. 191. 20Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 19a Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Freistellung wegen Mutterschutz für Beamtinnen und Richterinnen, Eltern- und Pflegezeit, Erholungs- und Sonderurlaub der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter im Land Nordrhein-Westfalen (FrUrlV NRW). 21Nach dieser Vorschrift ist Erholungsurlaub bis zu einer Dauer von 20 Arbeitstagen im Urlaubsjahr (Mindesturlaub), der zum Zeitpunkt der Beendigung des Beamtenverhältnisses krankheitsbedingt ganz oder teilweise nicht in Anspruch genommen und zu diesem Zeitpunkt nach § 19 Absatz 2 FrUrlV NRW nicht verfallen ist, von Amts wegen finanziell abzugelten. Gleiches gilt für nicht beanspruchten Zusatzurlaub nach § 208 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX). 22Die Voraussetzungen des § 19a Abs. 1 Satz 1 FrUrlV NRW liegen nicht vor. Der Kläger war zwar seit dem 11. Juni 2015 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. August 2020 dienstunfähig erkrankt. Er konnte daher den ihm für die Jahre 2017 und 2018 jeweils zustehenden Mindesturlaub von 20 Tagen zuzüglich des ihm aufgrund seiner Schwerbehinderung nach § 208 SGB IX zustehenden Sonderurlaubs von fünf Tagen nicht in Anspruch nehmen. 23Der dem Kläger für das Jahr 2017 zustehende krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommene Mindest- und Sonderurlaub ist aber am 31. März 2019 und der ihm für das Jahr 2018 zustehende Anspruch am 31. März 2020 gemäß § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW verfallen. Danach verfällt Urlaub, der nicht innerhalb von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres in Anspruch genommen worden ist und nicht nach § 20a FrUrlV NRW angespart wird. Mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs ist nach § 19a Abs. 1 Satz 1 FrUrlV NRW auch die Entstehung des entsprechenden Urlaubsabgeltungsanspruchs bei Beendigung des Beamtenverhältnisses – hier mit Ablauf des 31. August 2020 – ausgeschlossen. 24Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 2 C 10.12 -, juris, Rn. 20 ff. 25a) Die Regelung des § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW verstößt zunächst nicht gegen europäisches Recht. Insbesondere ist sie mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG), wonach die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindesturlaub erhält, vereinbar. 26Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - C-214/10 (KHS) -, juris, Rn. 23 ff, 44; BVerwG, Urteile vom 25. Januar 2018 - 2 B 32.17 -, juris, Rn. 14, und vom 31. Januar 2013 - 2 C 1.12 -, juris, Rn. 21; BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 38 f. 27Diese Vorschrift ist auch auf Beamte anwendbar. 28Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 2 C 10.12 -, juris, Rn. 9 ff. mit weiteren Nachweisen. 29Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist ein Erlöschen des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub wegen Art. 7 RL 2003/88/EG grundsätzlich unzulässig, wenn es dem Arbeitnehmer nicht möglich war, den Urlaub zu nehmen. Eine Ausnahme hiervon ist nach dem Europäischen Gerichtshof nur zulässig, wenn besondere Umstände vorliegen, die den Verfall des Urlaubsanspruches trotz fehlender Möglichkeit der Inanspruchnahme zustehenden Erholungsurlaubes rechtfertigen. Derartige besondere Umstände werden vom Europäischen Gerichtshof in diesem Zusammenhang zunächst insbesondere dann angenommen, wenn der jeweilige Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaubsanspruch krankheitsbedingt – wie hier – über einen mehrere Bezugszeiträume umfassenden Zeitraum nicht realisieren kann. 30Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - C-214/10 (KHS) -, juris, Rn. 28 ff. 31Denn in diesen Fällen besteht anderenfalls die Möglichkeit, dass ein Arbeitnehmer – beziehungsweise wie hier ein Beamter –, der während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähig beziehungsweise hier dienstunfähig ist und deshalb den ihm zustehenden Urlaub nicht nehmen konnte, berechtigt wäre, unbegrenzt alle während des Zeitraums seiner Abwesenheit vom Dienst erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub anzusammeln. Ein solches Recht auf derartiges unbegrenztes Ansammeln von Ansprüchen, die während der Dienstunfähigkeit erworben wurden, entspricht jedoch nicht mehr dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub. Sinn und Zweck des Mindesturlaubs besteht darin, dem Beamten zu ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen bestimmten Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Den Zweck als Erholungszeit kann der Urlaub jedoch nur dann noch ausreichend gewährleisten, wenn der Übertrag eine gewisse zeitliche Grenze nicht überschreitet. Über eine solche Grenze hinaus fehlt dem Jahresurlaub nämlich seine positive Wirkung für den Arbeitnehmer als Erholungszeit; erhalten bleibt ihm lediglich seine Eigenschaft als Zeitraum für Entspannung und Freizeit. Der Europäische Gerichtshof hat daher bereits entschieden, dass eine Regelung wie § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW, die einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten in Fällen krankheitsbedingter Nichtinanspruchnahme festlegt, der Regelung des Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG nicht entgegensteht. 32b) Dem danach in Fällen krankheitsbedingter Nichtinanspruchnahme ausnahmsweise zulässigen Verfall des vom Kläger in den Jahren 2017 und 2018 nicht in Anspruch genommenen Urlaubsanspruchs steht weiter nicht die Regelung des § 19 Abs. 6 FrUrlV NRW in der ab dem 22. Oktober 2020 geltenden Fassung entgegen. 33Danach teilt der Dienstherr dem Beamten zu Beginn eines jeden Kalenderjahres den vorhandenen Urlaubsanspruch nach der Freistellungs- und Urlaubsverordnung in Textform mit, fordert ihn zur rechtzeitigen Beantragung und Inanspruchnahme des Urlaubs auf und belehrt ihn für den Fall der Nichtinanspruchnahme über den ersatzlosen Verfall nach Absatz 2. Wird die Mitteilungspflicht nicht oder unvollständig erfüllt, tritt nicht beanspruchter Mindesturlaub nach § 19a Abs. 1 Satz 1 FrUrlV NRW entsprechend dieser Rechtsprechung am Ende des Übertragungszeitraums nach Absatz 2 Satz 1 zu dem im Folgejahr entstandenen Urlaubsanspruch hinzu beziehungsweise wird zum Zeitpunkt der Beendigung des Beamtenverhältnisses entsprechend dem Verfahren nach § 19a finanziell abgegolten. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für den Zusatzurlaubsanspruch nach § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX (§ 19a Abs. 6 Satz 4 FrUrlV NRW). 34Zwar ist diese Vorschrift ohnehin auf den vorliegenden Fall bereits nicht anwendbar. Denn die Regelung ist erst zum 22. Oktober 2020 in Kraft getreten und damit nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens eines möglichen Abgeltungsanspruchs mit Versetzung des Klägers in den Ruhestand mit Ablauf des 31. August 2020. Allerdings stellt sie die Umsetzung einer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dar, die unabhängig von der nationalen Regelungssituation gilt und damit bei richtlinienkonformer Auslegung des § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW auch uneingeschränkt in Gestalt einer unionsrechtskonformen Anwendung bei früheren Rechtslagen – und somit auch im vorliegenden Fall – zu berücksichtigen ist. 35Vgl. zu dieser Rechtsprechung EuGH, Urteile vom 6. November 2018 - C-619/16 (Kreuziger) -, juris, Rn. 24 ff., 52; und C-684/16 (Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften) -, juris, Rn. 18 ff., 45. 36Nach dieser Judikatur liegt ein Fall der fehlenden Möglichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Urlaubs durch den Arbeitnehmer bzw. Beamten und damit des zulässigen Ausschlusses des Verfalles von Erholungsurlaubsansprüchen jenseits der langfristigen Erkrankung auch dann vor, wenn die dienstvorgesetzte Stelle den Beamten nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, den Urlaub zu nehmen. 37Vgl. zu dieser Rechtsprechung EuGH, Urteil vom 6. November 2018 - C-619/16 (Kreuziger) -, juris, Rn. 42 ff, 45. 38Der Dienstherr hat konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Beamte den ihm zustehenden Urlaub wahrnimmt. Hierzu hat er ihn erforderlichenfalls förmlich aufzufordern und ihm klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub andernfalls am Ende des Bezugs- oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfällt. 39Hat der Dienstherr dies getan, war der Arbeitnehmer folglich auch in der Lage, seinen Erholungsurlaub in Anspruch zu nehmen, jedenfalls soweit keine anderen Gründe für die Nichtinanspruchnahme vorliegen. Der nicht realisierte Urlaubsanspruch verfällt dann insoweit. Hat der Dienstherr indes keinen hinreichenden Hinweis erteilt, war der betroffene Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auch nicht in der Lage, seinen Erholungsurlaubsanspruch zu realisieren. Ein Verfall ist insoweit ausgeschlossen, zumal der Europäische Gerichtshof dann keine besonderen, einen Verfall rechtfertigende Umstände erkennt. 40Von daher ist § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW in den Fällen wie hier, in denen § 19 Abs. 6 FrUrlV NRW noch keine Anwendung findet, grundsätzlich richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass dieser nur dann Wirkung entfaltet, wenn der insoweit beweisbelastete Dienstherr den Nachweis erbringt, dass er vorab dafür gesorgt hat, dass der Beamte als Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun, und ihm, damit sichergestellt ist, dass der Urlaub ihm noch die Erholung und Entspannung bieten kann, zu denen er beitragen soll, klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugs- oder eines zulässigen Übertragungszeitraums oder am Ende des Beamtenverhältnisses, wenn dies in einen solchen Zeitraum fällt, verfallen wird. 41Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2018 - C-619/16 (Kreuziger) -, juris, Rn. 52, und C-648/16 (Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften) -, juris, Rn. 45. 42In den Fällen, in denen eine solche Belehrung nicht erfolgt ist, liegen in der Regel die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geforderten besonderen Umstände, die zum Entfallen des Urlaubsanspruchs in Fällen fortdauernder Dienst- bzw. Arbeitsunfähigkeit führen können, auch nach Ablauf der vorstehend dargestellten zulässigen Übertragungszeit von 15 Monaten nicht vor. 43Vgl. BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 17, sowie Urteile vom 19. Februar 2019 - 9 AZR 541/15 -, juris, Rn. 21 ff. und vom 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 -, juris. 44Danach bestehen die Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten des Dienstherrn regelmäßig auch, wenn und solange der Beamte dienstunfähig ist. Sie können ihren Zweck grundsätzlich erfüllen, weil sich die Dauer der Erkrankung nicht von vornherein absehen lässt. Dem Dienstherrn ist es in der Regel möglich, den dienstunfähigen Beamten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben rechtzeitig und zutreffend über den Umfang und die Befristung des Urlaubsanspruchs unter Berücksichtigung des bei einer langandauernden Erkrankung geltenden Übertragungszeitraums zu unterrichten. Der Dienstherr ist in den Fällen einer Erkrankung regelmäßig nicht gehindert, den Beamten rechtzeitig aufzufordern, den Urlaub bei Wiedergenesung vor Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums zur Vermeidung des Verfalls so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums gewährt und genommen werden kann, so dass der Beamte ab dem ersten Arbeitstag nach seiner Wiedergenesung Urlaub in Anspruch nehmen kann. 45Vgl. BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 21. 46Dem ist der Beklagte hier indes nicht nachgekommen. 47Von diesem Grundsatz ausgehend ist jedoch gleichwohl für die vorliegende Fallkonstellation der Beanspruchung von Urlaubsabgeltung für Zeiten durchgängiger Erkrankung festzustellen, dass einem Verfall der Urlaubsansprüche des Klägers für den von ihm geltend gemachten Zeitraum vorliegend nicht entgegensteht, dass der Dienstherr ihn nicht vorab auf einen Verfall von Urlaubstagen hingewiesen hat. Denn die oben zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Hinweisobliegenheit des Dienstherrn greift in der hier vorliegenden Konstellation nicht ein. Vielmehr gelten weiterhin die bereits benannten, vom Europäischen Gerichtshof zum Verfall von aufgrund langandauernder Dienstunfähigkeit nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs entwickelten Grundsätze. 48Das Fehlen einer solchen Belehrung und damit die Nichterfüllung der dem Dienstherrn auferlegten Obliegenheit bleibt zur Überzeugung der Kammer in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen wie dem vorliegenden für die Zeiten folgenlos, in denen ein Beamter durchgehend dienstunfähig erkrankt war und deshalb – unabhängig davon, ob der Dienstherr seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten erfüllt hat – überhaupt keinen Urlaub nehmen konnte, die Nichtinanspruchnahme des Erholungsurlaubs mithin nicht auf dem unterbliebenen Hinweis des Dienstherrn, sondern ausschließlich auf der Erkrankung des Beamten beruht. 49Vgl. BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 24 ff.. 50Die Befristung des Urlaubsanspruchs ist bei einem richtlinienkonformen Verständnis des § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW nämlich nicht von der Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten abhängig, wenn es – was jedoch erst im Nachhinein feststellbar ist – objektiv unmöglich gewesen wäre, den Beamten durch Mitwirkung des Dienstherrn in die Lage zu versetzen, den Urlaubsanspruch zu realisieren. 51Vgl. BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 24. 52In diesen Fällen, in denen der Beamte für Zeiten durchgängiger Erkrankung keinen Erholungsurlaub nehmen konnte, ist von besonderen Umständen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auszugehen, die den Verfall des Urlaubsanspruchs auch ohne die Erfüllung der Hinweisobliegenheiten rechtfertigen. 53Vgl. zu dem entsprechenden Erfordernis: Schlussanträge des Generalanwalts vom 17. März 2022 - C-518/20 und C-727/20, juris, Rn. 46; BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 245/19 -, juris, Rn. 18. 54Denn der Zweck der Hinweisobliegenheit des Dienstherrn, zu verhindern, dass der Beamte den Urlaubsanspruch verliert, weil er ihn in Unkenntnis der Befristung und des damit einhergehenden Risikos des Erlöschens nicht rechtzeitig gegenüber dem Dienstherrn geltend macht, bestimmt nicht nur den Inhalt der rechtlich gebotenen Aufforderungen und Hinweise, sondern ist auch auf der Rechtsfolgenseite zu berücksichtigen. 55Vgl. hierzu BAG, Urteil vom 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 -, juris, Rn. 40 f., und Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 24. 56Sinn und Zweck der durch Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Europäischen Grundrechte-Charta bestehenden Obliegenheit des Dienstherrn, den Beamten erforderlichenfalls mittels entsprechender Aufforderungen und Hinweise in die Lage zu versetzen, den Urlaub wahrzunehmen, besteht in der Vermeidung einer Situation, in der die Aufgabe, für die tatsächliche Wahrnehmung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub zu sorgen, vollständig auf den Beamten verlagert würde, während der Dienstherr die Möglichkeit erhielte, sich unter Berufung auf den fehlenden Urlaubsantrag des Beamten seinen eigenen Pflichten zu entziehen. 57Vgl. EuGH Urteil vom 6. November 2018 - C-684/16 (Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften) -, juris, Rn. 43. 58Unter diesen Umständen ist es dem Dienstherrn, der seinen Obliegenheiten nicht nachgekommen ist, nicht verwehrt, sich auf die Befristung und das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu berufen, wenn der Beamte seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres dienstunfähig war oder die bis zu diesem Zeitpunkt fortbestehende Dienstunfähigkeit im Verlauf des Urlaubsjahres eintrat, ohne dass dem Beamten vor deren Beginn (weiterer) Urlaub hätte gewährt werden können. Denn dann sind nicht Handlungen oder Unterlassungen des Dienstherrn, sondern allein die Dienstunfähigkeit des Beamten für den Verfall des Urlaubsanspruches kausal. Auch bei Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten hätte daher deren Zweck nicht hätte erreicht werden können. 59Vgl. BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 26, und Urteil vom 19. Februar 2019 - 9 AZR 423/16 -, juris, Rn. 40. 60Die Unzweckmäßigkeit einer Hinweispflicht im Falle durchgängiger Erkrankung währen des geltend gemachten Bezugszeitraums und des sich anschließenden Übertragungszeitraums zeigt sich beispielhaft auch daran, dass eine Hinweispflicht in Fällen schwerster Erkrankung, in denen der jeweilige Beamte möglicherweise schon nicht in der Lage ist, den Hinweis wahrzunehmen, offenkundig seinen Zweck nicht erfüllen kann. Denn der Hinweis würde den Beamten bereits nicht erreichen. 61Ein Beamter, der während des Bezugs- und/oder Übertragungszeitraums krankheitsbedingt dienstunfähig ist, kann seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub entgegen der Ansicht des Klägers im Schriftsatz vom 18. Oktober 2021 nicht ausüben. 62Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2018 - C-684/16 (Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften) -, juris, Rn. 24, und vom 22. November 2011 - C-214/10 (KHS) -, juris, Rn. 27; BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 27. 63Denn eine freie Entscheidung über die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs ist– ohne dass es auf die Aufforderungen und Hinweise des Dienstherrn ankäme – von vornherein ausgeschlossen, weil die durchgängige Dienstunfähigkeit auf psychischen oder physischen Beschwerden beruht und vom Willen des Beamten unabhängig ist. 64Vgl. EuGH, Urteil vom 25. Juni 2020 - C-762/18 und C-37/19 (Varhoven kasatsionen sad na Republika Bulgaria) -, juris, Rn. 66; BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 23 ff. 65In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Urlaubsanspruch in Fällen von Arbeitsverhältnissen außerhalb des Beamtenverhältnisses auf eine bezahlte Befreiung von der Arbeitspflicht gerichtet ist. 66Vgl. BAG, Urteile vom 24. September 2019 - 9 AZR 481/18 -, juris, Rn. 50, und vom 19. Februar 2019 - 9 AZR 321/16 -, juris, Rn. 17. 67Ausgehend hiervon kann jedoch auch für Beamte wegen der von der Rechtsprechung anerkannten Gleichstellung nichts anderes gelten. Kann der Beamte die Dienstleistung krankheitsbedingt nicht erbringen, wird ihm die Dienstpflicht unmöglich. Entgegen der Ansicht des Klägers im Schriftsatz vom 18. Oktober 2021 ist daher auch eine Befreiung von der Dienstpflicht durch Urlaubsgewährung sodann rechtlich unmöglich. 68Vgl. BAG, Urteil vom 18. März 2014 - 9 AZR 669/12 -, juris, Rn. 16, und Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 26. 69Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass nach § 38 Satz 1 FrUrlV NRW Zeiten krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit nur dann auf den Urlaubsanspruch nicht angerechnet werden, wenn dies unverzüglich angezeigt und durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen wird. Denn diese Vorschrift regelt vorrangig die Frage, wie der Dienstherr Fehlzeiten zu verbuchen hat. Sie trifft eine Sonderregelung für während einer bereits festgelegten Fehlzeit (hier: aufgrund von Urlaub) eintretenden Erkrankung. Weiter enthält die Regelung Vorschriften in Bezug auf die Mitwirkungspflichten des Beamten im Falle einer während eines beantragten und genehmigten Urlaubs auftretenden Erkrankung. Ein Rückschluss darauf, dass bei bereits bestehender dauerhafter Erkrankung Urlaub mit der gleichen Erholungsfunktion genommen werden kann wie ohne die Erkrankung, lässt sich daraus jedoch nicht ziehen. 70Etwas anderes kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass es – wie der Kläger vorträgt – teilweise behördlicher Praxis entspricht, die Beamten anzuweisen, in Fällen von Dienstunfähigkeit geplanten Urlaub anzuzeigen. Denn eine solche Verpflichtung zielt – sofern sie vorliegend überhaupt besteht – darauf ab, den Dienstherrn über Abwesenheitszeiten während einer Erkrankung zu informieren und damit seinen beamtenrechtlichen Pflichten der vollen persönlichen Hingabe für das Dienstverhältnis zu genügen. Zudem muss der Dienstherr in Zeiten der Dienstunfähigkeit die Möglichkeit haben zu überprüfen, ob bestimmte Handlungen des Beamten der weiteren Genesung möglicherweise schädlich sein könnten. Ferner muss die Erreichbarkeit des Beamten unter Umständen für behördliche Anordnungen sichergestellt sein. Hieraus ergibt sich jedoch keine Genehmigungspflichtigkeit der geplanten Abwesenheit im Krankheitsfall im Sinne einer Urlaubsbewilligung. 71Weiter streitet für die Entbehrlichkeit eines Hinweises auf den noch bestehenden Urlaubsanspruch, dass es in der die Hinweispflicht des Dienstherrn begründenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, 72vgl. EuGH, Urteil vom 6. November 2018 - C-684/16 (Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften) -, juris Rn. 24, 73um eine Weigerung des Arbeitgebers, eine Vergütung für bezahlten Jahresurlaub zu zahlen, ging, der zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien aufgrund fehlender Beantragung nicht genommen worden war. 74Vgl. EuGH, Urteil vom 6. November 2018 - C-684/16 (Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften) -, juris, Rn. 21. 75Damit unterscheidet sich der vom Europäischen Gerichtshof entschiedene Fall zur Frage des Bestehens von der Hinweisobliegenheit von dem vorliegenden. Eine krankheitsbedingte Verhinderung an der tatsächlichen Inanspruchnahme des Urlaubs war nach dem dortigen Sachverhalt nicht gegeben. Im Unterschied zum dargestellten Sachverhalt in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall war es dem Dienstherrn im streitgegenständlichen Zeitraum jedoch – wie ausgeführt – gar nicht möglich, dafür zu sorgen, dass der Kläger tatsächlich in der Lage war, den bezahlten Jahresurlaub auch zu nehmen, da der dienstunfähige Beamte diesen auch bei einer förmlichen Aufforderung, den Jahresurlaub zu nehmen, wegen der durchgängigen Dienstunfähigkeit in der Zeit vom 11. Juni 2015 bis zur Versetzung in den Ruhestand nicht hätte antreten können. Eine Belehrung als Obliegenheit des Dienstherrn ergibt jedoch – wie ausgeführt – nur dann Sinn, wenn der Beamte auch in der Lage ist, auf diese zu reagieren und den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger war nicht durch die mangelnde Aufklärung bzw. fehlende Aufforderung des Dienstherrn an der Inanspruchnahme des Urlaubs gehindert, sondern allein wegen seiner fortdauernden Dienstunfähigkeit. 76Vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 27. November 2019 - 4 K 10252/18 -, juris, Rn. 38; VG Köln, Urteil vom 31. August 2020 - 15 K 8349/18 -, juris, Rn. 64. 77Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Umstand, dass sich die Zeiten der Dienstunfähigkeit des Klägers jedenfalls bis zum 1. Oktober 2015 teilweise mit Zeiten einer Wiedereingliederungsmaßnahme abwechselten. Es kann insoweit dahinstehen, ob die Zeit der Wiedereingliederung keine Zeit der Dienstunfähigkeit ist, wie der Kläger meint, 78vgl. dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 22. Mai 2018 - 5 Bs 80/18 -, juris, Rn. 30 und BAG, Urteil vom 19. April 1994 - 9 AZR 462/92 -, juris, Leitsatz 2, 79und daher für diesen Zeitraum eine Unterbrechung der Dienstunfähigkeit anzunehmen ist, so dass der Kläger seinen Urlaub möglicherweise bis zum erneuten Eintritt der (vollen) Dienstunfähigkeit noch hätte nehmen können. 80Vgl. zur Frage der möglichen Erforderlichkeit einer Hinweispflicht in Zeiten nur teilweiser Erkrankung im Bezugszeitraum und sich anschließender dauerhafter Erkrankung: BAG, Beschluss vom Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 29 ff. 81Denn die Zeit der Wiedereingliederung des Klägers liegt bereits nicht im Zeitraum der streitgegenständlichen Urlaubsjahre 2017 und 2018. 82Für die Folgenlosigkeit der nicht erfüllten Hinweisobliegenheit spricht im vorliegenden Fall weiter, dass ein den Verfall rechtfertigender besonderer Umstand, der ein unbegrenztes Ansammeln des dem Beamten zustehenden Erholungsurlaubs auch ohne die Erteilung eines Hinweises auf den anstehenden Verfall verhindert, darin begründet ist, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ein unbegrenztes Ansammeln von Urlaub insbesondere in Fällen durchgängiger Erkrankung begrenzt werden darf, weil mit dem in Art. 31 Abs. 2 der Europäischen Grundrechte-Charta und in Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG verankerten Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub – wie ausgeführt – ein doppelter Zweck verfolgt wird. Dieser besteht darin, es dem Beamten zu ermöglichen, sich zum einen von der Ausübung der ihm obliegenden Dienstpflichten zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Ein Recht auf ein unbegrenztes Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus mehreren Bezugszeiträumen, die während eines Zeitraums der Dienstunfähigkeit erworben wurden, entspräche jedoch nicht mehr dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub. 83Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - C-214/10 (KHS) - juris, Rn. 30 f. 84Dessen positive Wirkung für die Sicherheit und die Gesundheit des Beamten verliert zwar nicht an Bedeutung, wenn der Urlaub zu einer späteren Zeit genommen wird. Der Urlaub kann seiner Zweckbestimmung jedoch nur insoweit entsprechen, als der Übertrag eine gewisse zeitliche Grenze nicht überschreitet. Über eine solche Grenze hinaus fehlt dem Jahresurlaub seine positive Wirkung für den Beamten als Erholungszeit; erhalten bleibt ihm lediglich seine Eigenschaft als Zeitraum für Entspannung und Freizeit. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen hat der Gerichtshof festgestellt, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG einzelstaatlichen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die in Fällen der Langzeiterkrankung von Arbeitnehmern einen auf 15 Monate begrenzten Übertragungszeitraum vorsehen, nach dessen Ablauf der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt. 85Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - C-214/10 (KHS) -, juris, Rn. 33, 43; BAG, Beschluss vom 7. Juli 2020 - 9 AZR 401/19 -, juris, Rn. 38 ff. 86Dem steht nicht die Erwägung des Klägers entgegen, dass der Zweck des Erholungsurlaubs auch in den Fällen nicht mehr erreicht werden könne, in denen ein Beamter aus anderen Gründen als dem der Dienstunfähigkeit aus dem Beamtenverhältnis entlassen würde, diesen Beamten jedoch bei Verletzung der Hinweisobliegenheit ein unbegrenztes Ansammeln möglich gewesen sei, sodass der nicht in Anspruch genommene Urlaub abzugelten sei. Hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, dass in diesen Fällen eine andere Sachverhaltskonstellation gegeben ist. Anders als in den Fällen durchgängiger Erkrankung des Beamten hat der Dienstherr von der Dienstleistung dieser Beamten auch tatsächlich profitiert und ist daher weniger schützenswert als in den Fällen, in denen ein Beamter durchgängig erkrankt war und dementsprechend keine Dienstleistung erbracht hat. In diesem Umstand liegen besondere Umstände, die den Europäischen Gerichtshof veranlasst haben, in Fällen durchgängiger Erkrankung ein unbegrenztes Ansammeln von Urlaubsansprüchen durch die Schaffung eines hinreichend lagen Übergangszeitraums zu ermöglichen. 87Vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2011 - C-214/10 (KHS) -, juris, Rn. 33, 43; Schlussantrag des Generalstaatsanwaltes vom 17. März 2022 - C-518/20 und C-727/20, juris -, Rn. 49, 52. 88Vor diesem Hintergrund greifen die vom Europäischen Gerichtshof getroffenen Erwägungen hinsichtlich der Hinweisobliegenheit des Dienstherrn, durch die der betroffene Beamten in die Lage versetzen soll, seinen ihm zustehenden Erholungsurlaub in Anspruch zu nehmen, in der vorliegenden Konstellation nicht. Vielmehr bleibt es bei den vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätzen, wonach ein Erholungsurlaubsanspruch eines Beamten, der im Bezugszeitraum und im sich anschließenden Übertragungszeitraum allein aus dauerhaften gesundheitlichen Gründen seinen Erholungsurlaubsanspruch nicht realisieren kann, gemäß einer nationalen Regelung – wie hier § 19 Abs. 2 FrUrlV NRW – nach 15 Monaten verfallen kann, weil wegen der Gefahr des unbegrenzten Ansammelns von Erholungsurlaubsansprüchen besondere, den Verfall rechtfertigende Umstände vorliegen. 892. Auch aus Art. 7 RL 2003/88/EG steht dem Kläger ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung seines restlichen Erholungsurlaubs für die Jahre 2017 und 2018 nicht zu. 90Nach dieser Vorschrift treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind (Absatz 1). Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden (Absatz 2). 91Aus Art. 7 Abs. 2 Richtlinie 2003/88/EG ergibt sich über das nationale Recht hinaus unmittelbar ein Abgeltungsanspruch, wenn der Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit hatte, den ihm zustehenden Mindesturlaub in Anspruch zu nehmen. 92Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. April 2017 - 6 A 1084/15 -, juris, Rn. 16. 93Im Streitfall gewährt Art. 7 Abs. 2 Richtlinie 2003/88/EG jedoch keine über die nationalen Bestimmungen hinausgehenden Ansprüche, da dessen Voraussetzungen in den entscheidungserheblichen Punkten identisch sind. 94Die Frage, ob Hinweisobliegenheiten über den Verfall von Urlaubsansprüchen für Beamte im Falle der Geltendmachung von Ansprüchen für Zeiten durchgängiger Erkrankungen entgegen der vorstehenden Rechtsansicht unmittelbar aus der Richtlinie herzuleiten sind, ist zu verneinen, da sich die Beantwortung dieser Frage bereits im Rahmen der nationalstaatlichen Regelung an Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG und der Rechtsprechung der Europäischen Gerichtshofes orientiert. 95Dies zugrunde gelegt kann der Kläger aus Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2003/88/EG im Streitfalle keine weitergehenden Rechte ableiten als aus § 19a FrUrlV NRW. Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die unter 1. erfolgten Ausführungen verwiesen. 96Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). 97Rechtsmittelbelehrung: 98Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 991. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1002. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1013. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1024. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1035. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 104Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen. 105Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 106Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO. 107B e s c h l u s s : 108Der Streitwert wird auf 9.269,33 EUR festgesetzt. 109G r ü n d e : 110Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG. Unter Zugrundelegung der nach § 19a Abs. 2 FrUrlV NRW festzusetzenden Höhe des begehrten Abgeltungsanspruchs für 50 Urlaubstage ist der Streitwert unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger vor seiner Zurruhesetzung der Besoldungsgruppe A 10 und der Erfahrungsstufe 11 (4016,71 EUR Brutto / Monat) zugeordnet war von einem Streitwert in Höhe von 9.269,22 EUR auszugehen (4016,71 EUR x 3 = 12.050,13 EUR / 13 = 926,922 EUR / 5 = 185,386 EUR x 50 Tage = 9.269,33 EUR). 111Rechtsmittelbelehrung: 112Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt. 113Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft. 114Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der beklagte zuvor sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die beteiligten streiten um die finanzielle abgeltung krankheitsbedingt nicht in anspruch genommenen erholungsurlaub aus den jahren 2017 und 2018. 3der kläger, der zuletzt als kriminaloberkommissar (besoldungsgruppe a 10 der landesbesoldungsordnung nrw teil a, stufe 11) mit stammdienststelle beim polizeipräsidium f. seinen dienst verrichtete, wurde mit ablauf des 31. august 2020 wegen polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner dienstunfähigkeit in den vorzeitigen ruhestand versetzt. 4seit dem jahr 2011 hatte er einen grad der behinderung von 50 %. 5er war in der zeit vom 11. juni 2015 bis zum 16. august 2015 dienstunfähig erkrankt. in der zeit vom 17. august 2015 bis zum 1. oktober 2015 schloss sich eine wiedereingliederung an. ab dem 2. oktober 2015 bis zum 8. februar 2016 war der kläger erneut dienstunfähig erkrankt. in der zeit vom 9. februar 2016 bis zum 23. februar 2016 erfolgte eine stationäre rehabilitierungsmaßnahme. im anschluss war er in der zeit vom 24. februar 2016 bis zum 23. august 2016 wiederum dienstunfähig erkrankt. sodann erfolgte erneut eine stationäre rehabilitierungsmaßnahme in der zeit vom 24. august 2016 bis zum 4. oktober 2016. in der folgezeit war der kläger erneut ab dem 5. oktober 2016 bis zu seiner versetzung in den ruhestand am 31. august 2020 dienstunfähig erkrankt. 6mit bescheid vom 21. september 2020 setzte das polizeipräsidium f. die finanzielle abgeltung von krankheitsbedingt nicht in anspruch genommenem erholungsurlaub für die jahre 2019 und 2020 auf insgesamt 41,666 urlaubstage fest. zur begründung führte es im wesentlichen folgendes aus: krankheitsbedingt nicht genommener erholungsurlaub werde bis zu einer dauer von 20 tagen sowie zusatzurlaub für schwerbehinderte für eine dauer von bis zu fünf tagen abgegolten. bei unterjährigem eintritt in den ruhestand erfolge die berechnung der zu vergütenden mindestjahresurlaubstage anteilig entsprechend der aktiven dienstzeit. voraussetzung sei, dass der urlaub krankheitsbedingt nicht habe genommen werden können. der kläger sei seit dem 11. juni 2015 krankheitsbedingt durchgängig erkrankt gewesen. für das jahr 2019 würden 25 tage zuzüglich zusatzurlaub zugrunde gelegt. für das jahr 2020 berechne sich der anspruch anteilig nach der aktiven dienstzeit. daraus ergebe sich ein abgeltungsfähiger anspruch von 16,666 tagen mindesturlaub inklusive zusatzurlaub. dem kläger würden daher insgesamt 41,666 urlaubstage vergütet. die ansprüche für die jahre 2015 bis 2018 unterlägen dem verfall. 7der kläger hat am 21. oktober 2020 klage erhoben. 8zur begründung trägt er vor, er beanspruche eine weitergehende festsetzung finanziell abzugeltender urlaubstage für die jahre 2017 und 2018 nach § 19a abs. 1 frurlv nrw. zunächst sei festzustellen, dass der beklagte zu unrecht davon ausgegangen sei, dass der urlaub für das jahr 2018 mit ablauf des 31. märz 2020 verfallen sei. der beklagte habe die rechtsprechung des europäischen gerichtshofes zum verfall von erholungsurlaub verkannt (urteil vom 6. november 2018 – c-619/16). zwar habe der kläger seinen ihm zustehenden urlaub nicht innerhalb von 15 monaten nach dem ende des urlaubsjahres genommen, doch habe der beklagte den kläger nicht – wie nach dem genannten urteil erforderlich – auf den verfall des urlaubs hingewiesen. der dienstherr habe darauf hinzuwirken, dass der beamte tatsächlich in der lage sei, seinen urlaub zu nehmen, indem er ihn auffordere, dies zu tun, sowie auf den andernfalls erfolgenden verfall hinzuweisen, damit sichergestellt sei, dass der urlaub dem jeweiligen beamten noch die erholung und entspannung bieten könne, zu der er beitragen solle. gleiches gelte für die ihm aus dem jahr 2017 zustehenden urlaubstage. soweit der beklagte der ansicht sei, die dem dienstherrn obliegende hinweispflicht zum verfall von urlaub bestünde nicht gegenüber dienstunfähig erkrankten beamten, sei dies rechtsfehlerhaft, als der beklagte die sach- und rechtslage ex post betrachte. aus einer ex ante betrachtung sei jedoch nicht klar gewesen, dass er, der kläger, die ansprüche aus den jahren 2017 und 2018 letztlich nicht habe realisieren können. im falle einer ex post betrachtung würden die vorgaben des unionsrechts und des nationalen rechts ausgehöhlt. dass bezüglich der hinweispflicht bei der frage der urlaubsabgeltung nicht zwischen fällen von erkrankten und anderen beamten zu differenzieren sei, zeige sich auch daran, dass inzwischen auch der gesetzgeber in § 19 abs. 6 frurlv nrw die hinweispflicht voraussetzungslos für alle beamten geregelt habe. die frage, ob und in welcher weise eine hinweispflicht bestehe, knüpfe nicht an das entstehen des strittigen anspruchs an. andernfalls wäre es obsolet, dem dienstherrn derartige obliegenheiten aufzuerlegen. die erwägung, der zweck des urlaubs könne nicht erreicht werden, rechtfertige ebenfalls nicht die vorenthaltung des geltend gemachten urlaubsanspruchs. mit dieser erwägung ließe sich auch ein abgeltungsanspruch für beamte, die aus sonstigen gründen aus dem beamtenverhältnis entlassen würden, nicht rechtfertigen, obgleich für diese ein derartiger anspruch bestünde. der grund für die beendigung des arbeitsverhältnisses sei in diesen fällen nicht relevant. gleichermaßen käme der zweck des erholungsurlaubs auch in den fällen nicht mehr zum tragen, in denen urlaub für zeiten abgegolten werde, der noch nicht verfallen sei. auch für diese zeiten sei eine erholungsfunktion nicht mehr gegeben. zudem wäre es sowohl tatsächlich als auch rechtlich für den kläger möglich gewesen, seinen urlaub aus den jahren 2017 und 2018 zu nehmen, solange er hierdurch nicht gegen seine gesunderhaltungspflichten verstoßen hätte. dies ergebe sich im umkehrschluss zu § 38 satz 1 frurlv nrw. danach werde die zeit krankheitsbedingter dienstunfähigkeit nur dann nicht auf den urlaub angerechnet, wenn dies durch ein ärztliches zeugnis nachgewiesen werde. im umkehrschluss liege daher urlaub während dienstunfähigkeit vor, wenn der beamte seine dienstunfähigkeit nicht unverzüglich anzeige. 9der kläger beantragt, 10den beklagten unter teilweiser aufhebung des bescheides des polizeipräsidiums f. vom 21. september 2020 zu verpflichten, dem kläger erholungsurlaub im umfang von weiteren 50 arbeitstagen für die jahre 2017 und 2018 finanziell abzugelten und den jeweiligen nachzahlungsbetrag mit fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz zu verzinsen. 11der beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung macht er im wesentlichen folgendes geltend: der vom kläger geltend gemachte anspruch auf abgeltung von 50 tagen urlaub für die jahre 2017 und 2018 sei verfallen. dem stehe nicht die rechtsprechung des europäischen gerichtshofes entgegen. bereits mit urteil vom 22. november 2011 habe dieser entschieden, dass das ansparen von urlaubsansprüchen auch bei langer erkrankung zeitlich begrenzt werden könne. eine verfallfrist von 15 monaten sei zulässig (urteil vom 22. november 2011 – c-214/10). auch aus einer aktuellen entscheidung des bundesarbeitsgerichts, urteil vom 19. februar 2019 – 9 azr 541/15, ergebe sich nichts anderes. die aufklärungspflicht des arbeitgebers bzw. dienstherrn zur angemessenen aufklärung über den verfall von mindesturlaubsansprüchen stehe dem verfall durch zeitablauf nicht grundsätzlich entgegen. § 19 abs. 2 frurlv nrw sei daher grundsätzlich richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der verfall zwar nur eintreten könne, wenn der dienstherr den beamten zuvor korrekt aufgefordert habe, den urlaub zu nehmen und ihn rechtzeitig auf den ansonsten eintretenden verfall hingewiesen habe. der kläger habe aber hier den ihm zustehenden urlaub nicht aufgrund einer verletzung der mitwirkungspflichten des dienstherrn verloren, sondern weil er krankheitsbedingt nicht in der lage gewesen sei, seinen erholungsurlaub zeitgerecht in anspruch zu nehmen. auch eine mitteilung über den drohenden verfall hätte daran nichts geändert. der vorliegende fall unterscheide sich daher deutlich von dem durch den europäischen gerichtshof entschiedenen regelfall, dass der urlaubsanspruch verfalle, wenn ein arbeitnehmer, ohne krank zu sein, seinen urlaub nicht in anspruch nehme. anders als in krankheitsfällen habe der arbeitgeber beziehungsweise dienstherr in diesen fällen von den leistungen seines arbeitnehmers profitiert. die anspruchsgrundlage des § 19a frurlv nrw bringe in umsetzung der richtlinie 2003/88/eg zum ausdruck, dass urlaubsansprüche auch bei langwieriger erkrankung durch zeitablauf verfallen könnten. einem unfreiwilligen verlust von urlaubsansprüchen infolge erkrankung könne ein hinweis nicht entgegen wirken. ein verfall führe nicht zu einer unrechtmäßigen bereicherung des arbeitgebers, der dem zweck der richtlinie, die gesundheit des arbeitnehmers zu schützen, zuwider laufen würde. eine unbegrenzte anhäufung von urlaubsansprüchen allein aufgrund einer obliegenheitsverletzung erweise sich in diesem fall als unangemessen. zudem sei zu berücksichtigen, dass ein hinweis über den resturlaubsanspruch mit blick auf die unwissenheit über den gesundheitszustand des klägers möglicherweise unpassend gewesen wäre. es sei beabsichtigt gewesen, dem kläger diese information zu dem zeitpunkt zukommen zu lassen, zu dem er seinen dienst wieder aufgenommen hätte. der umstand, dass § 19 abs. 6 frurlv nrw keine differenzierung für krankheitsbedingt nicht genommenen urlaub hinsichtlich der hinweispflicht treffe, führe nicht zu der annahme, dass eine solche pflicht in diesen fällen dennoch bestehe. es sei allgemein bekannt, dass es möglich sei, dass der gesetzgeber nicht alle erdenklichen eventualitäten mitbedacht habe und dass ausnahmetatbestände möglich sein müssten, auch wenn sie nicht geregelt seien. eine solche ausnahme sei hier gegeben, da der kläger seinen anspruch auf erholungsurlaub allein aufgrund seiner durchgängigen erkrankung, nicht aber wegen einer verletzung der mitwirkungspflicht des dienstherrn verloren habe. der kläger verkenne zudem, dass sich eine zeitliche festlegung bezüglich der hinweispflicht zu beginn eines jeden kalenderjahres erst aus dem neu geschaffenen § 19 abs. 6 frurlv nrw ergebe. derartiges ergebe sich jedoch weder aus der rechtsprechung des bundesarbeitsgerichts noch des europäischen gerichtshofes. diese fordern lediglich, dass der arbeitgeber – hier der dienstherr – seiner hinweispflicht rechtzeitig nachkomme. § 19 abs. 6 frurlv nrw sei jedoch erst nach der zurruhesetzung des klägers, nämlich am 22. oktober 2020 in kraft getreten. er finde auf den vorliegenden fall daher keine anwendung. 14wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vorbringens der beteiligten wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie des beigezogenen verwaltungsvorgangs ergänzend bezug genommen. 15 | 16die klage hat keinen erfolg. 17die zulässige klage ist unbegründet. die mit bescheid des polizeipräsidiums f. vom 21. september 2020 erfolgte ablehnung der finanziellen abgeltung von insgesamt 50 urlaubstagen für die jahre 2017 und 2018 ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (vgl. § 113 abs. 5 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo). 18dem kläger steht weder aus nationalem (1.) noch aus europäischem recht (2.) ein anspruch auf (weitere) finanzielle abgeltung seines erholungsurlaubsanspruchs in der geltend gemachten höhe von 50 tagen für die urlaubsjahre 2017 und 2018 zu. 191. 20ein solcher anspruch ergibt sich nicht aus § 19a abs. 1 satz 1 der verordnung über die freistellung wegen mutterschutz für beamtinnen und richterinnen, eltern- und pflegezeit, erholungs- und sonderurlaub der beamtinnen und beamten und richterinnen und richter im land nordrhein-westfalen (frurlv nrw). 21nach dieser vorschrift ist erholungsurlaub bis zu einer dauer von 20 arbeitstagen im urlaubsjahr (mindesturlaub), der zum zeitpunkt der beendigung des beamtenverhältnisses krankheitsbedingt ganz oder teilweise nicht in anspruch genommen und zu diesem zeitpunkt nach § 19 absatz 2 frurlv nrw nicht verfallen ist, von amts wegen finanziell abzugelten. gleiches gilt für nicht beanspruchten zusatzurlaub nach § 208 absatz 1 satz 1 des neunten buches sozialgesetzbuch (sgb ix). 22die voraussetzungen des § 19a abs. 1 satz 1 frurlv nrw liegen nicht vor. der kläger war zwar seit dem 11. juni 2015 bis zu seiner versetzung in den ruhestand mit ablauf des 31. august 2020 dienstunfähig erkrankt. er konnte daher den ihm für die jahre 2017 und 2018 jeweils zustehenden mindesturlaub von 20 tagen zuzüglich des ihm aufgrund seiner schwerbehinderung nach § 208 sgb ix zustehenden sonderurlaubs von fünf tagen nicht in anspruch nehmen. 23der dem kläger für das jahr 2017 zustehende krankheitsbedingt nicht in anspruch genommene mindest- und sonderurlaub ist aber am 31. märz 2019 und der ihm für das jahr 2018 zustehende anspruch am 31. märz 2020 gemäß § 19 abs. 2 frurlv nrw verfallen. danach verfällt urlaub, der nicht innerhalb von 15 monaten nach dem ende des urlaubsjahres in anspruch genommen worden ist und nicht nach § 20a frurlv nrw angespart wird. mit dem verfall des urlaubsanspruchs ist nach § 19a abs. 1 satz 1 frurlv nrw auch die entstehung des entsprechenden urlaubsabgeltungsanspruchs bei beendigung des beamtenverhältnisses – hier mit ablauf des 31. august 2020 – ausgeschlossen. 24vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 2 c 10.12 -, juris, rn. 20 ff. 25a) die regelung des § 19 abs. 2 frurlv nrw verstößt zunächst nicht gegen europäisches recht. insbesondere ist sie mit art. 7 abs. 1 der richtlinie 2003/88/eg des europäischen parlaments und des rates vom 4. november 2003 über bestimmte aspekte der arbeitszeitgestaltung (rl 2003/88/eg), wonach die mitgliedsstaaten die erforderlichen maßnahmen zu treffen haben, damit jeder arbeitnehmer einen bezahlten mindesturlaub erhält, vereinbar. 26vgl. eugh, urteil vom 22. november 2011 - c-214/10 (khs) -, juris, rn. 23 ff, 44; bverwg, urteile vom 25. januar 2018 - 2 b 32.17 -, juris, rn. 14, und vom 31. januar 2013 - 2 c 1.12 -, juris, rn. 21; bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 38 f. 27diese vorschrift ist auch auf beamte anwendbar. 28vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 2 c 10.12 -, juris, rn. 9 ff. mit weiteren nachweisen. 29nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes ist ein erlöschen des anspruchs auf bezahlten jahresurlaub wegen art. 7 rl 2003/88/eg grundsätzlich unzulässig, wenn es dem arbeitnehmer nicht möglich war, den urlaub zu nehmen. eine ausnahme hiervon ist nach dem europäischen gerichtshof nur zulässig, wenn besondere umstände vorliegen, die den verfall des urlaubsanspruches trotz fehlender möglichkeit der inanspruchnahme zustehenden erholungsurlaubes rechtfertigen. derartige besondere umstände werden vom europäischen gerichtshof in diesem zusammenhang zunächst insbesondere dann angenommen, wenn der jeweilige arbeitnehmer den ihm zustehenden urlaubsanspruch krankheitsbedingt – wie hier – über einen mehrere bezugszeiträume umfassenden zeitraum nicht realisieren kann. 30vgl. eugh, urteil vom 22. november 2011 - c-214/10 (khs) -, juris, rn. 28 ff. 31denn in diesen fällen besteht anderenfalls die möglichkeit, dass ein arbeitnehmer – beziehungsweise wie hier ein beamter –, der während mehrerer bezugszeiträume in folge arbeitsunfähig beziehungsweise hier dienstunfähig ist und deshalb den ihm zustehenden urlaub nicht nehmen konnte, berechtigt wäre, unbegrenzt alle während des zeitraums seiner abwesenheit vom dienst erworbenen ansprüche auf bezahlten jahresurlaub anzusammeln. ein solches recht auf derartiges unbegrenztes ansammeln von ansprüchen, die während der dienstunfähigkeit erworben wurden, entspricht jedoch nicht mehr dem zweck des anspruchs auf bezahlten jahresurlaub. sinn und zweck des mindesturlaubs besteht darin, dem beamten zu ermöglichen, sich zum einen von der ausübung der ihm obliegenden aufgaben zu erholen und zum anderen über einen bestimmten zeitraum für entspannung und freizeit zu verfügen. den zweck als erholungszeit kann der urlaub jedoch nur dann noch ausreichend gewährleisten, wenn der übertrag eine gewisse zeitliche grenze nicht überschreitet. über eine solche grenze hinaus fehlt dem jahresurlaub nämlich seine positive wirkung für den arbeitnehmer als erholungszeit; erhalten bleibt ihm lediglich seine eigenschaft als zeitraum für entspannung und freizeit. der europäische gerichtshof hat daher bereits entschieden, dass eine regelung wie § 19 abs. 2 frurlv nrw, die einen übertragungszeitraum von 15 monaten in fällen krankheitsbedingter nichtinanspruchnahme festlegt, der regelung des art. 7 abs. 1 rl 2003/88/eg nicht entgegensteht. 32b) dem danach in fällen krankheitsbedingter nichtinanspruchnahme ausnahmsweise zulässigen verfall des vom kläger in den jahren 2017 und 2018 nicht in anspruch genommenen urlaubsanspruchs steht weiter nicht die regelung des § 19 abs. 6 frurlv nrw in der ab dem 22. oktober 2020 geltenden fassung entgegen. 33danach teilt der dienstherr dem beamten zu beginn eines jeden kalenderjahres den vorhandenen urlaubsanspruch nach der freistellungs- und urlaubsverordnung in textform mit, fordert ihn zur rechtzeitigen beantragung und inanspruchnahme des urlaubs auf und belehrt ihn für den fall der nichtinanspruchnahme über den ersatzlosen verfall nach absatz 2. wird die mitteilungspflicht nicht oder unvollständig erfüllt, tritt nicht beanspruchter mindesturlaub nach § 19a abs. 1 satz 1 frurlv nrw entsprechend dieser rechtsprechung am ende des übertragungszeitraums nach absatz 2 satz 1 zu dem im folgejahr entstandenen urlaubsanspruch hinzu beziehungsweise wird zum zeitpunkt der beendigung des beamtenverhältnisses entsprechend dem verfahren nach § 19a finanziell abgegolten. die sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für den zusatzurlaubsanspruch nach § 208 abs. 1 satz 1 sgb ix (§ 19a abs. 6 satz 4 frurlv nrw). 34zwar ist diese vorschrift ohnehin auf den vorliegenden fall bereits nicht anwendbar. denn die regelung ist erst zum 22. oktober 2020 in kraft getreten und damit nach dem hier maßgeblichen zeitpunkt des entstehens eines möglichen abgeltungsanspruchs mit versetzung des klägers in den ruhestand mit ablauf des 31. august 2020. allerdings stellt sie die umsetzung einer rechtsprechung des europäischen gerichtshofes dar, die unabhängig von der nationalen regelungssituation gilt und damit bei richtlinienkonformer auslegung des § 19 abs. 2 frurlv nrw auch uneingeschränkt in gestalt einer unionsrechtskonformen anwendung bei früheren rechtslagen – und somit auch im vorliegenden fall – zu berücksichtigen ist. 35vgl. zu dieser rechtsprechung eugh, urteile vom 6. november 2018 - c-619/16 (kreuziger) -, juris, rn. 24 ff., 52; und c-684/16 (max-planck-gesellschaft zur förderung der wissenschaften) -, juris, rn. 18 ff., 45. 36nach dieser judikatur liegt ein fall der fehlenden möglichkeit der tatsächlichen inanspruchnahme des urlaubs durch den arbeitnehmer bzw. beamten und damit des zulässigen ausschlusses des verfalles von erholungsurlaubsansprüchen jenseits der langfristigen erkrankung auch dann vor, wenn die dienstvorgesetzte stelle den beamten nicht tatsächlich in die lage versetzt hat, den urlaub zu nehmen. 37vgl. zu dieser rechtsprechung eugh, urteil vom 6. november 2018 - c-619/16 (kreuziger) -, juris, rn. 42 ff, 45. 38der dienstherr hat konkret und in völliger transparenz dafür zu sorgen, dass der beamte den ihm zustehenden urlaub wahrnimmt. hierzu hat er ihn erforderlichenfalls förmlich aufzufordern und ihm klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der urlaub andernfalls am ende des bezugs- oder eines zulässigen übertragungszeitraums verfällt. 39hat der dienstherr dies getan, war der arbeitnehmer folglich auch in der lage, seinen erholungsurlaub in anspruch zu nehmen, jedenfalls soweit keine anderen gründe für die nichtinanspruchnahme vorliegen. der nicht realisierte urlaubsanspruch verfällt dann insoweit. hat der dienstherr indes keinen hinreichenden hinweis erteilt, war der betroffene arbeitnehmer nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes auch nicht in der lage, seinen erholungsurlaubsanspruch zu realisieren. ein verfall ist insoweit ausgeschlossen, zumal der europäische gerichtshof dann keine besonderen, einen verfall rechtfertigende umstände erkennt. 40von daher ist § 19 abs. 2 frurlv nrw in den fällen wie hier, in denen § 19 abs. 6 frurlv nrw noch keine anwendung findet, grundsätzlich richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass dieser nur dann wirkung entfaltet, wenn der insoweit beweisbelastete dienstherr den nachweis erbringt, dass er vorab dafür gesorgt hat, dass der beamte als arbeitnehmer tatsächlich in der lage ist, seinen bezahlten jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun, und ihm, damit sichergestellt ist, dass der urlaub ihm noch die erholung und entspannung bieten kann, zu denen er beitragen soll, klar und rechtzeitig mitteilt, dass der urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am ende des bezugs- oder eines zulässigen übertragungszeitraums oder am ende des beamtenverhältnisses, wenn dies in einen solchen zeitraum fällt, verfallen wird. 41vgl. eugh, urteile vom 6. november 2018 - c-619/16 (kreuziger) -, juris, rn. 52, und c-648/16 (max-planck-gesellschaft zur förderung der wissenschaften) -, juris, rn. 45. 42in den fällen, in denen eine solche belehrung nicht erfolgt ist, liegen in der regel die nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes geforderten besonderen umstände, die zum entfallen des urlaubsanspruchs in fällen fortdauernder dienst- bzw. arbeitsunfähigkeit führen können, auch nach ablauf der vorstehend dargestellten zulässigen übertragungszeit von 15 monaten nicht vor. 43vgl. bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 17, sowie urteile vom 19. februar 2019 - 9 azr 541/15 -, juris, rn. 21 ff. und vom 19. februar 2019 - 9 azr 423/16 -, juris. 44danach bestehen die aufforderungs- und hinweisobliegenheiten des dienstherrn regelmäßig auch, wenn und solange der beamte dienstunfähig ist. sie können ihren zweck grundsätzlich erfüllen, weil sich die dauer der erkrankung nicht von vornherein absehen lässt. dem dienstherrn ist es in der regel möglich, den dienstunfähigen beamten entsprechend den gesetzlichen vorgaben rechtzeitig und zutreffend über den umfang und die befristung des urlaubsanspruchs unter berücksichtigung des bei einer langandauernden erkrankung geltenden übertragungszeitraums zu unterrichten. der dienstherr ist in den fällen einer erkrankung regelmäßig nicht gehindert, den beamten rechtzeitig aufzufordern, den urlaub bei wiedergenesung vor ablauf des urlaubsjahres oder des übertragungszeitraums zur vermeidung des verfalls so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden urlaubsjahres oder des übertragungszeitraums gewährt und genommen werden kann, so dass der beamte ab dem ersten arbeitstag nach seiner wiedergenesung urlaub in anspruch nehmen kann. 45vgl. bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 21. 46dem ist der beklagte hier indes nicht nachgekommen. 47von diesem grundsatz ausgehend ist jedoch gleichwohl für die vorliegende fallkonstellation der beanspruchung von urlaubsabgeltung für zeiten durchgängiger erkrankung festzustellen, dass einem verfall der urlaubsansprüche des klägers für den von ihm geltend gemachten zeitraum vorliegend nicht entgegensteht, dass der dienstherr ihn nicht vorab auf einen verfall von urlaubstagen hingewiesen hat. denn die oben zitierte rechtsprechung des europäischen gerichtshofes zur hinweisobliegenheit des dienstherrn greift in der hier vorliegenden konstellation nicht ein. vielmehr gelten weiterhin die bereits benannten, vom europäischen gerichtshof zum verfall von aufgrund langandauernder dienstunfähigkeit nicht in anspruch genommenen erholungsurlaubs entwickelten grundsätze. 48das fehlen einer solchen belehrung und damit die nichterfüllung der dem dienstherrn auferlegten obliegenheit bleibt zur überzeugung der kammer in übereinstimmung mit der auffassung des bundesarbeitsgerichts in fällen wie dem vorliegenden für die zeiten folgenlos, in denen ein beamter durchgehend dienstunfähig erkrankt war und deshalb – unabhängig davon, ob der dienstherr seine aufforderungs- und hinweisobliegenheiten erfüllt hat – überhaupt keinen urlaub nehmen konnte, die nichtinanspruchnahme des erholungsurlaubs mithin nicht auf dem unterbliebenen hinweis des dienstherrn, sondern ausschließlich auf der erkrankung des beamten beruht. 49vgl. bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 24 ff.. 50die befristung des urlaubsanspruchs ist bei einem richtlinienkonformen verständnis des § 19 abs. 2 frurlv nrw nämlich nicht von der erfüllung der aufforderungs- und hinweisobliegenheiten abhängig, wenn es – was jedoch erst im nachhinein feststellbar ist – objektiv unmöglich gewesen wäre, den beamten durch mitwirkung des dienstherrn in die lage zu versetzen, den urlaubsanspruch zu realisieren. 51vgl. bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 24. 52in diesen fällen, in denen der beamte für zeiten durchgängiger erkrankung keinen erholungsurlaub nehmen konnte, ist von besonderen umständen im sinne der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes auszugehen, die den verfall des urlaubsanspruchs auch ohne die erfüllung der hinweisobliegenheiten rechtfertigen. 53vgl. zu dem entsprechenden erfordernis: schlussanträge des generalanwalts vom 17. märz 2022 - c-518/20 und c-727/20, juris, rn. 46; bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 245/19 -, juris, rn. 18. 54denn der zweck der hinweisobliegenheit des dienstherrn, zu verhindern, dass der beamte den urlaubsanspruch verliert, weil er ihn in unkenntnis der befristung und des damit einhergehenden risikos des erlöschens nicht rechtzeitig gegenüber dem dienstherrn geltend macht, bestimmt nicht nur den inhalt der rechtlich gebotenen aufforderungen und hinweise, sondern ist auch auf der rechtsfolgenseite zu berücksichtigen. 55vgl. hierzu bag, urteil vom 19. februar 2019 - 9 azr 423/16 -, juris, rn. 40 f., und beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 24. 56sinn und zweck der durch art. 7 der richtlinie 2003/88/eg und art. 31 abs. 2 der europäischen grundrechte-charta bestehenden obliegenheit des dienstherrn, den beamten erforderlichenfalls mittels entsprechender aufforderungen und hinweise in die lage zu versetzen, den urlaub wahrzunehmen, besteht in der vermeidung einer situation, in der die aufgabe, für die tatsächliche wahrnehmung des anspruchs auf bezahlten jahresurlaub zu sorgen, vollständig auf den beamten verlagert würde, während der dienstherr die möglichkeit erhielte, sich unter berufung auf den fehlenden urlaubsantrag des beamten seinen eigenen pflichten zu entziehen. 57vgl. eugh urteil vom 6. november 2018 - c-684/16 (max-planck-gesellschaft zur förderung der wissenschaften) -, juris, rn. 43. 58unter diesen umständen ist es dem dienstherrn, der seinen obliegenheiten nicht nachgekommen ist, nicht verwehrt, sich auf die befristung und das erlöschen des urlaubsanspruchs zu berufen, wenn der beamte seit beginn des urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. märz des zweiten auf das urlaubsjahr folgenden kalenderjahres dienstunfähig war oder die bis zu diesem zeitpunkt fortbestehende dienstunfähigkeit im verlauf des urlaubsjahres eintrat, ohne dass dem beamten vor deren beginn (weiterer) urlaub hätte gewährt werden können. denn dann sind nicht handlungen oder unterlassungen des dienstherrn, sondern allein die dienstunfähigkeit des beamten für den verfall des urlaubsanspruches kausal. auch bei erfüllung der aufforderungs- und hinweisobliegenheiten hätte daher deren zweck nicht hätte erreicht werden können. 59vgl. bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 26, und urteil vom 19. februar 2019 - 9 azr 423/16 -, juris, rn. 40. 60die unzweckmäßigkeit einer hinweispflicht im falle durchgängiger erkrankung währen des geltend gemachten bezugszeitraums und des sich anschließenden übertragungszeitraums zeigt sich beispielhaft auch daran, dass eine hinweispflicht in fällen schwerster erkrankung, in denen der jeweilige beamte möglicherweise schon nicht in der lage ist, den hinweis wahrzunehmen, offenkundig seinen zweck nicht erfüllen kann. denn der hinweis würde den beamten bereits nicht erreichen. 61ein beamter, der während des bezugs- und/oder übertragungszeitraums krankheitsbedingt dienstunfähig ist, kann seinen anspruch auf bezahlten jahresurlaub entgegen der ansicht des klägers im schriftsatz vom 18. oktober 2021 nicht ausüben. 62vgl. eugh, urteile vom 6. november 2018 - c-684/16 (max-planck-gesellschaft zur förderung der wissenschaften) -, juris, rn. 24, und vom 22. november 2011 - c-214/10 (khs) -, juris, rn. 27; bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 27. 63denn eine freie entscheidung über die verwirklichung des urlaubsanspruchs ist– ohne dass es auf die aufforderungen und hinweise des dienstherrn ankäme – von vornherein ausgeschlossen, weil die durchgängige dienstunfähigkeit auf psychischen oder physischen beschwerden beruht und vom willen des beamten unabhängig ist. 64vgl. eugh, urteil vom 25. juni 2020 - c-762/18 und c-37/19 (varhoven kasatsionen sad na republika bulgaria) -, juris, rn. 66; bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 23 ff. 65in diesem zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der urlaubsanspruch in fällen von arbeitsverhältnissen außerhalb des beamtenverhältnisses auf eine bezahlte befreiung von der arbeitspflicht gerichtet ist. 66vgl. bag, urteile vom 24. september 2019 - 9 azr 481/18 -, juris, rn. 50, und vom 19. februar 2019 - 9 azr 321/16 -, juris, rn. 17. 67ausgehend hiervon kann jedoch auch für beamte wegen der von der rechtsprechung anerkannten gleichstellung nichts anderes gelten. kann der beamte die dienstleistung krankheitsbedingt nicht erbringen, wird ihm die dienstpflicht unmöglich. entgegen der ansicht des klägers im schriftsatz vom 18. oktober 2021 ist daher auch eine befreiung von der dienstpflicht durch urlaubsgewährung sodann rechtlich unmöglich. 68vgl. bag, urteil vom 18. märz 2014 - 9 azr 669/12 -, juris, rn. 16, und beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 26. 69etwas anderes folgt auch nicht aus dem umstand, dass nach § 38 satz 1 frurlv nrw zeiten krankheitsbedingter dienstunfähigkeit nur dann auf den urlaubsanspruch nicht angerechnet werden, wenn dies unverzüglich angezeigt und durch ein ärztliches zeugnis nachgewiesen wird. denn diese vorschrift regelt vorrangig die frage, wie der dienstherr fehlzeiten zu verbuchen hat. sie trifft eine sonderregelung für während einer bereits festgelegten fehlzeit (hier: aufgrund von urlaub) eintretenden erkrankung. weiter enthält die regelung vorschriften in bezug auf die mitwirkungspflichten des beamten im falle einer während eines beantragten und genehmigten urlaubs auftretenden erkrankung. ein rückschluss darauf, dass bei bereits bestehender dauerhafter erkrankung urlaub mit der gleichen erholungsfunktion genommen werden kann wie ohne die erkrankung, lässt sich daraus jedoch nicht ziehen. 70etwas anderes kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass es – wie der kläger vorträgt – teilweise behördlicher praxis entspricht, die beamten anzuweisen, in fällen von dienstunfähigkeit geplanten urlaub anzuzeigen. denn eine solche verpflichtung zielt – sofern sie vorliegend überhaupt besteht – darauf ab, den dienstherrn über abwesenheitszeiten während einer erkrankung zu informieren und damit seinen beamtenrechtlichen pflichten der vollen persönlichen hingabe für das dienstverhältnis zu genügen. zudem muss der dienstherr in zeiten der dienstunfähigkeit die möglichkeit haben zu überprüfen, ob bestimmte handlungen des beamten der weiteren genesung möglicherweise schädlich sein könnten. ferner muss die erreichbarkeit des beamten unter umständen für behördliche anordnungen sichergestellt sein. hieraus ergibt sich jedoch keine genehmigungspflichtigkeit der geplanten abwesenheit im krankheitsfall im sinne einer urlaubsbewilligung. 71weiter streitet für die entbehrlichkeit eines hinweises auf den noch bestehenden urlaubsanspruch, dass es in der die hinweispflicht des dienstherrn begründenden entscheidung des europäischen gerichtshofes, 72vgl. eugh, urteil vom 6. november 2018 - c-684/16 (max-planck-gesellschaft zur förderung der wissenschaften) -, juris rn. 24, 73um eine weigerung des arbeitgebers, eine vergütung für bezahlten jahresurlaub zu zahlen, ging, der zum zeitpunkt der beendigung des arbeitsverhältnisses zwischen den parteien aufgrund fehlender beantragung nicht genommen worden war. 74vgl. eugh, urteil vom 6. november 2018 - c-684/16 (max-planck-gesellschaft zur förderung der wissenschaften) -, juris, rn. 21. 75damit unterscheidet sich der vom europäischen gerichtshof entschiedene fall zur frage des bestehens von der hinweisobliegenheit von dem vorliegenden. eine krankheitsbedingte verhinderung an der tatsächlichen inanspruchnahme des urlaubs war nach dem dortigen sachverhalt nicht gegeben. im unterschied zum dargestellten sachverhalt in dem vom europäischen gerichtshof entschiedenen fall war es dem dienstherrn im streitgegenständlichen zeitraum jedoch – wie ausgeführt – gar nicht möglich, dafür zu sorgen, dass der kläger tatsächlich in der lage war, den bezahlten jahresurlaub auch zu nehmen, da der dienstunfähige beamte diesen auch bei einer förmlichen aufforderung, den jahresurlaub zu nehmen, wegen der durchgängigen dienstunfähigkeit in der zeit vom 11. juni 2015 bis zur versetzung in den ruhestand nicht hätte antreten können. eine belehrung als obliegenheit des dienstherrn ergibt jedoch – wie ausgeführt – nur dann sinn, wenn der beamte auch in der lage ist, auf diese zu reagieren und den urlaub tatsächlich zu nehmen. dies ist vorliegend nicht der fall. der kläger war nicht durch die mangelnde aufklärung bzw. fehlende aufforderung des dienstherrn an der inanspruchnahme des urlaubs gehindert, sondern allein wegen seiner fortdauernden dienstunfähigkeit. 76vgl. vg karlsruhe, urteil vom 27. november 2019 - 4 k 10252/18 -, juris, rn. 38; vg köln, urteil vom 31. august 2020 - 15 k 8349/18 -, juris, rn. 64. 77etwas anderes ergibt sich im vorliegenden fall auch nicht aus dem umstand, dass sich die zeiten der dienstunfähigkeit des klägers jedenfalls bis zum 1. oktober 2015 teilweise mit zeiten einer wiedereingliederungsmaßnahme abwechselten. es kann insoweit dahinstehen, ob die zeit der wiedereingliederung keine zeit der dienstunfähigkeit ist, wie der kläger meint, 78vgl. dazu ovg hamburg, beschluss vom 22. mai 2018 - 5 bs 80/18 -, juris, rn. 30 und bag, urteil vom 19. april 1994 - 9 azr 462/92 -, juris, leitsatz 2, 79und daher für diesen zeitraum eine unterbrechung der dienstunfähigkeit anzunehmen ist, so dass der kläger seinen urlaub möglicherweise bis zum erneuten eintritt der (vollen) dienstunfähigkeit noch hätte nehmen können. 80vgl. zur frage der möglichen erforderlichkeit einer hinweispflicht in zeiten nur teilweiser erkrankung im bezugszeitraum und sich anschließender dauerhafter erkrankung: bag, beschluss vom beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 29 ff. 81denn die zeit der wiedereingliederung des klägers liegt bereits nicht im zeitraum der streitgegenständlichen urlaubsjahre 2017 und 2018. 82für die folgenlosigkeit der nicht erfüllten hinweisobliegenheit spricht im vorliegenden fall weiter, dass ein den verfall rechtfertigender besonderer umstand, der ein unbegrenztes ansammeln des dem beamten zustehenden erholungsurlaubs auch ohne die erteilung eines hinweises auf den anstehenden verfall verhindert, darin begründet ist, dass nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes ein unbegrenztes ansammeln von urlaub insbesondere in fällen durchgängiger erkrankung begrenzt werden darf, weil mit dem in art. 31 abs. 2 der europäischen grundrechte-charta und in art. 7 der richtlinie 2003/88/eg verankerten anspruch auf bezahlten jahresurlaub – wie ausgeführt – ein doppelter zweck verfolgt wird. dieser besteht darin, es dem beamten zu ermöglichen, sich zum einen von der ausübung der ihm obliegenden dienstpflichten zu erholen und zum anderen über einen zeitraum für entspannung und freizeit zu verfügen. ein recht auf ein unbegrenztes ansammeln von ansprüchen auf bezahlten jahresurlaub aus mehreren bezugszeiträumen, die während eines zeitraums der dienstunfähigkeit erworben wurden, entspräche jedoch nicht mehr dem zweck des anspruchs auf bezahlten jahresurlaub. 83vgl. eugh, urteil vom 22. november 2011 - c-214/10 (khs) - juris, rn. 30 f. 84dessen positive wirkung für die sicherheit und die gesundheit des beamten verliert zwar nicht an bedeutung, wenn der urlaub zu einer späteren zeit genommen wird. der urlaub kann seiner zweckbestimmung jedoch nur insoweit entsprechen, als der übertrag eine gewisse zeitliche grenze nicht überschreitet. über eine solche grenze hinaus fehlt dem jahresurlaub seine positive wirkung für den beamten als erholungszeit; erhalten bleibt ihm lediglich seine eigenschaft als zeitraum für entspannung und freizeit. unter berücksichtigung dieser erwägungen hat der gerichtshof festgestellt, dass art. 7 abs. 1 der richtlinie 2003/88/eg einzelstaatlichen rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die in fällen der langzeiterkrankung von arbeitnehmern einen auf 15 monate begrenzten übertragungszeitraum vorsehen, nach dessen ablauf der anspruch auf bezahlten jahresurlaub erlischt. 85vgl. eugh, urteil vom 22. november 2011 - c-214/10 (khs) -, juris, rn. 33, 43; bag, beschluss vom 7. juli 2020 - 9 azr 401/19 -, juris, rn. 38 ff. 86dem steht nicht die erwägung des klägers entgegen, dass der zweck des erholungsurlaubs auch in den fällen nicht mehr erreicht werden könne, in denen ein beamter aus anderen gründen als dem der dienstunfähigkeit aus dem beamtenverhältnis entlassen würde, diesen beamten jedoch bei verletzung der hinweisobliegenheit ein unbegrenztes ansammeln möglich gewesen sei, sodass der nicht in anspruch genommene urlaub abzugelten sei. hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, dass in diesen fällen eine andere sachverhaltskonstellation gegeben ist. anders als in den fällen durchgängiger erkrankung des beamten hat der dienstherr von der dienstleistung dieser beamten auch tatsächlich profitiert und ist daher weniger schützenswert als in den fällen, in denen ein beamter durchgängig erkrankt war und dementsprechend keine dienstleistung erbracht hat. in diesem umstand liegen besondere umstände, die den europäischen gerichtshof veranlasst haben, in fällen durchgängiger erkrankung ein unbegrenztes ansammeln von urlaubsansprüchen durch die schaffung eines hinreichend lagen übergangszeitraums zu ermöglichen. 87vgl. eugh, urteil vom 22. november 2011 - c-214/10 (khs) -, juris, rn. 33, 43; schlussantrag des generalstaatsanwaltes vom 17. märz 2022 - c-518/20 und c-727/20, juris -, rn. 49, 52. 88vor diesem hintergrund greifen die vom europäischen gerichtshof getroffenen erwägungen hinsichtlich der hinweisobliegenheit des dienstherrn, durch die der betroffene beamten in die lage versetzen soll, seinen ihm zustehenden erholungsurlaub in anspruch zu nehmen, in der vorliegenden konstellation nicht. vielmehr bleibt es bei den vom europäischen gerichtshof aufgestellten grundsätzen, wonach ein erholungsurlaubsanspruch eines beamten, der im bezugszeitraum und im sich anschließenden übertragungszeitraum allein aus dauerhaften gesundheitlichen gründen seinen erholungsurlaubsanspruch nicht realisieren kann, gemäß einer nationalen regelung – wie hier § 19 abs. 2 frurlv nrw – nach 15 monaten verfallen kann, weil wegen der gefahr des unbegrenzten ansammelns von erholungsurlaubsansprüchen besondere, den verfall rechtfertigende umstände vorliegen. 892. auch aus art. 7 rl 2003/88/eg steht dem kläger ein anspruch auf finanzielle abgeltung seines restlichen erholungsurlaubs für die jahre 2017 und 2018 nicht zu. 90nach dieser vorschrift treffen die mitgliedstaaten die erforderlichen maßnahmen, damit jeder arbeitnehmer einen bezahlten mindestjahresurlaub von vier wochen nach maßgabe der bedingungen für die inanspruchnahme und die gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen gepflogenheiten vorgesehen sind (absatz 1). der bezahlte mindestjahresurlaub darf außer bei beendigung des arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle vergütung ersetzt werden (absatz 2). 91aus art. 7 abs. 2 richtlinie 2003/88/eg ergibt sich über das nationale recht hinaus unmittelbar ein abgeltungsanspruch, wenn der arbeitnehmer nicht die möglichkeit hatte, den ihm zustehenden mindesturlaub in anspruch zu nehmen. 92vgl. ovg nrw, beschluss vom 3. april 2017 - 6 a 1084/15 -, juris, rn. 16. 93im streitfall gewährt art. 7 abs. 2 richtlinie 2003/88/eg jedoch keine über die nationalen bestimmungen hinausgehenden ansprüche, da dessen voraussetzungen in den entscheidungserheblichen punkten identisch sind. 94die frage, ob hinweisobliegenheiten über den verfall von urlaubsansprüchen für beamte im falle der geltendmachung von ansprüchen für zeiten durchgängiger erkrankungen entgegen der vorstehenden rechtsansicht unmittelbar aus der richtlinie herzuleiten sind, ist zu verneinen, da sich die beantwortung dieser frage bereits im rahmen der nationalstaatlichen regelung an art. 7 abs. 2 der richtlinie 2003/88/eg und der rechtsprechung der europäischen gerichtshofes orientiert. 95dies zugrunde gelegt kann der kläger aus art. 7 abs. 1 und 2 der richtlinie 2003/88/eg im streitfalle keine weitergehenden rechte ableiten als aus § 19a frurlv nrw. zur weiteren begründung wird zur vermeidung von wiederholungen auf die unter 1. erfolgten ausführungen verwiesen. 96die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit basiert auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 der zivilprozessordnung (zpo). 97rechtsmittelbelehrung: 98gegen dieses urteil steht den beteiligten die berufung an das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. die berufung ist nur zuzulassen, wenn 991. ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1002. die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1013. die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1024. das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1035. ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 104die zulassung der berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils schriftlich bei dem verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen, zu beantragen. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, schriftlich einzureichen. 105auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 106im berufungsverfahren muss sich jeder beteiligte durch einen prozessbevollmächtigten vertreten lassen. dies gilt auch für den antrag auf zulassung der berufung. der kreis der als prozessbevollmächtigte zugelassenen personen und organisationen bestimmt sich nach § 67 abs. 4 vwgo. 107b e s c h l u s s : 108der streitwert wird auf 9.269,33 eur festgesetzt. 109g r ü n d e : 110die streitwertfestsetzung beruht auf § 52 abs. 3 gkg. unter zugrundelegung der nach § 19a abs. 2 frurlv nrw festzusetzenden höhe des begehrten abgeltungsanspruchs für 50 urlaubstage ist der streitwert unter berücksichtigung des umstandes, dass der kläger vor seiner zurruhesetzung der besoldungsgruppe a 10 und der erfahrungsstufe 11 (4016,71 eur brutto / monat) zugeordnet war von einem streitwert in höhe von 9.269,22 eur auszugehen (4016,71 eur x 3 = 12.050,13 eur / 13 = 926,922 eur / 5 = 185,386 eur x 50 tage = 9.269,33 eur). 111rechtsmittelbelehrung: 112gegen diesen beschluss findet innerhalb von sechs monaten, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat, beschwerde statt, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200 euro übersteigt. 113die beschwerde ist schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle beim verwaltungsgericht gelsenkirchen, bahnhofsvorplatz 3, 45879 gelsenkirchen einzulegen. über sie entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, aegidiikirchplatz 5, 48143 münster, falls das beschließende gericht ihr nicht abhilft. 114auf die unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung von schriftstücken als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. | Verklagte*r | 0 |
320,855 | 2 K 10272/18 | 2019-06-18T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin war Studierende im Bachelorstudiengang Polizeivollzugsdienst an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (im Folgenden FHöV) im Einstellungsjahrgang 2017 und als solche Kommissaranwärterin sowie Beamtin auf Widerruf. Die jeweiligen Prüfungstermine dieses Studiengangs werden den Studierenden über die Homepage der FHöV unter dem Stichpunkt „Prüfungen im Bachelor“ mitgeteilt, wie den Prüflingen zu Beginn des Studiums in Gestalt eines offiziellen Begrüßungsschreibens unter dem Stichwort „Prüfungstermine und -zeiträume“ und unter Nennung der entsprechenden Homepage-Rubrik erläutert wird, wobei auch ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass eine gesonderte Ladung zu den einzelnen Prüfungen nicht erfolgt. Im Rahmen ihres Bachelorstudiums hatte die Klägerin im Modul G[rund]S[tudium] 2 „Eingriffsrecht/Staatsrecht“ eine Prüfungsleistung in Form einer Klausur zu absolvieren. Den Erstversuch vom 27. April 2018 bewertete die FHöV mit „nicht ausreichend“ (5,0). Mit Blick auf einen zunächst auf den 3. September 2019 bestimmten Klausurnachholtermin trat die Klägerin krankheitsbedingt zurück. Sodann suchte die Klägerin an einem Tag Mitte Oktober das Studienbüro am Studienort N. auf, um sich mit Blick auf das hier streitgegenständliche Modul, aber auch hinsichtlich des Moduls GS 4 „Strafrecht“, welches sie im Erstversuch ebenso nicht bestanden hatte, nach den jeweiligen Terminen für ihre Wiederholungsversuche zu erkundigen. Die zu diesem Zeitpunkt im Prüfungsbüro tätige Frau B. N1. ließ auf dem Monitor ihres Arbeitsplatzes den digitalen Prüfungskalender für den Einstellungsjahrgang 2018 anzeigen, den sich die Klägerin mittels ihres Mobiltelefons abfotografierte, wobei der Inhalt des während des Aufenthalts der Klägerin im Prüfungsbüro zwischen ihr und der Frau N1. geführten Dialogs zwischen den Beteiligten umstritten ist. Als entsprechende Termine in den Modulen GS 2 und GS 4 wies der Prüfungskalender für den Einstellungsjahrgang 2018 Mittwoch, den 6. November 2019, respektive Montag, den 11. November 2019, aus. Im Jahr 2018 fiel der 11. November auf einen Sonntag. Am für den 31. Oktober 2018 anberaumten Wiederholungsversuch nahm die Klägerin schließlich nicht teil. Sie teilte dem Prüfungsamt allerdings am selben Tag mit, dass sie von einem falschen Prüfungstermin ausgegangen und deshalb nicht angetreten sei. 3Mit Schreiben vom 9. November 2018 hörte die FHöV die Klägerin zu einer geplanten Einordnung ihrer Nichtteilnahme als Rücktritt ohne triftigen Grund und der damit einhergehenden Bewertung des Wiederholungsversuchs mit „nicht ausreichend“ (5,0) an. Unter dem 12. November 2018 führte die Klägerin insoweit im Wesentlichen aus, sie habe Frau N1. im Prüfungsbüro nach den Nachschreibeterminen gefragt, woraufhin sich diese nach ihrem Einstellungsjahrgang erkundigt und neben einem konkreten Termin für das Modul GS 4 hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Moduls GS 2 den 6. November 2018 genannt habe. Anschließend habe sie sich auf die Richtigkeit dieser Auskunft verlassen und sich nicht mehr auf der Internetseite der FHöV rückversichert. 4Mit Bescheid vom 14. November 2018, der Klägerin am 19. November 2018 ausgehändigt, teilte die FHöV der Klägerin sodann als Ergebnis ihres Wiederholungsversuchs die Note „nicht ausreichend“ (5,0) mit und wies darauf hin, dass die Klägerin in der Folge das Modul GS 2 und damit die gesamte Bachelorprüfung (endgültig) nicht bestanden habe. Zur Begründung brachte die FHöV im Wesentlichen vor, auf Nachfrage der Frau N1. habe die Klägerin die von ihr konkret nachzuschreibenden Klausuren nicht benennen können, weshalb seitens der Frau N1. lediglich mitgeteilt worden sei, dass die Wiederholungsklausuren im November stattfänden, aber die Termine allesamt online zu finden seien. Konkrete Prüfungstermine seien seitens der Frau N1. gerade nicht benannt worden. Bei genauerer Prüfung der Fotografie des Prüfungskalenders würde die Klägerin bemerkt haben, dass es sich bei den dort aufgeführten Prüfungsterminen um solche im Jahr 2019 – ersichtlich also nicht um die für sie relevanten – gehandelt habe. Auch würde ihr aufgefallen sein müssen, dass am Rand des Dokuments eine Zuordnung zum Einstellungsjahrgang 2018 vermerkt gewesen sei. Insofern habe die Klägerin die ihr zumutbare und erforderliche Sorgfalt nicht walten lassen, indem sie sich nicht über die Homepage der FHöV rückversichert habe. 5Gegen den Bescheid vom 14. November 2018 hat die Klägerin am 19. Dezember 2018 Klage erhoben. 6Zur Begründung wiederholt sie in tatsächlicher Hinsicht den Vortrag aus ihrem Anhörungsschreiben und führt in rechtlicher Hinsicht aus, ihr sei der Termin für die Wiederholungsklausur im streitgegenständlichen Modul nicht entsprechend der einschlägigen Studienordnung beziehungsweise der allgemein geltenden Voraussetzungen an eine ordnungsgemäße Ladung bekannt gegeben worden, weshalb ihr das Nichterscheinen zur Wiederholungsprüfung nicht angelastet werden könne. Dies gelte ferner auch deshalb, weil ihr im Prüfungsbüro falsche Daten mitgeteilt worden seien. Die Prüfungsbehörde habe gegenüber dem Prüfling Informationspflichten, sodass eine falsche Auskunft, welche die Prüfungsbehörde zu vertreten habe, grundsätzlich dazu führe, dass daraus entstandene Nachteile weitestgehend zu kompensieren seien. Ferner sei der Klägerin durchaus aufgefallen, dass es sich beim 11. November des Jahres 2018 um einen Sonntag gehandelt habe. Sie habe sich hierüber aber nur kurz gewundert, da die Klausuraufsicht oftmals von Polizeibeamten übernommen werde und die Polizei rund um die Uhr und jeden Tag arbeite. 7Die Klägerin beantragt, 8das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheids der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW vom 14. November 2018 zu verpflichten, ihr einen neuen Prüfungsversuch im Modul GS 2 „Eingriffsrecht/Staatsrecht“ (Klausur) zu gewähren. 9Das beklagte Land beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Ergänzend zum streitgegenständlichen Bescheid trägt die FHöV vor, die Klägerin habe angesichts der ihr bekannten und über das Internet stattfindenden Prüfungsterminsbekanntgabepraxis die Obliegenheit verletzt, sich rechtzeitig und unter ausschließlicher Zugrundelegung des offiziellen Prüfungskalenders über die für sie geltenden Termine zu informieren, weshalb es rechtlich unschädlich sei, dass durch zutun der Frau N1. die Fotografie vom Prüfungskalender des falschen Einstellungsjahrgangs entstanden sei. Bei ausreichend sorgfältiger Betrachtung dieser Fotografie würde die Klägerin zudem ohne Mühe erkannt haben, dass der von ihr vermerkte Termin für die Klausur im Modul GS 4 am 11. November 2018 deshalb nicht richtig sein konnte, weil es sich bei diesem Tag um einen Sonntag und mithin um einen auch für Laien erkennbar untauglichen Termin für eine Wiederholungsklausur gehandelt habe. Angesichts dieser Ungereimtheit und den bereits im Bescheid dargestellten Gesichtspunkten habe eine Nachforschungspflicht bestanden, der die Klägerin ebenfalls nicht nachgekommen sei. 12Die Klägerin hat mit Schreiben vom 6. Mai 2019, das beklagte Land mit Schriftsatz vom 18. April 2019 das Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt. 13Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen. 14Entscheidungsgründe: 15Der Berichterstatter konnte im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO alleine entscheiden. 16Die als Verpflichtungsklage zulässige Klage ist unbegründet. 17Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung eines weiteren Prüfungsversuchs im Modul GS 2 „Eingriffsrecht/Staatsrecht“ (Klausur) nicht zu. Der Bescheid vom 14. November 2018 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 18Nach den prüfungsrechtlichen Vorschriften hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen weiteren Wiederholungsversuch. Einschlägig sind die Vorschriften der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Laufbahnabschnitt II Bachelor (im Folgenden VAPPol II), Teil A der Studienordnung der Bachelorstudiengänge an der FHöV (im Folgenden StudO Teil A) sowie die Regelungen für den Studiengang Polizeivollzugsdienst B.A. Ergänzende Regelungen (im Folgenden StudO Teil B). Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 VAPPol II, § 13 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 StudO-BA und im Umkehrschluss zu § 10 StudO Teil B kann die streitgegenständliche Prüfung im Modul GS 2 nur einmal wiederholt werden. 19Der Klägerin erwächst aber ein Anspruch auf Gewährung eines weiteren Prüfungsversuchs auch nicht daraus, dass ihr Rücktritt durch Nichterscheinen (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 StudO Teil A) mit Blick auf eine nicht ordnungsgemäße Ladung (dazu Gliederungspunkt 1) oder einen von der FHöV zu vertretenden Informationsmangel (dazu Gliederungspunkt 2) aus triftigen Gründen i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 StudO Teil A erfolgt wäre. 201. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch folgt nicht aus einer nicht ordnungsgemäßen Ladung zur streitgegenständlichen Wiederholungsprüfung. 21Dabei trifft es – wie die Klägerin meint – im Ausgangspunkt zu, dass eine Bewertung mit „nicht bestanden“ wegen Ausbleibens des Prüflings beim entsprechenden Prüfungstermin nur dann in Betracht kommt, wenn er ordnungsgemäß geladen worden ist. 22Vgl. nur Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 415 m.w.N. 23Eine solche ordnungsgemäße Ladung der Klägerin ist aber vorliegend erfolgt. 24Es begegnet keinen Bedenken, wenn die jeweilige Prüfungsordnung keine Vorschriften über die Details der Ladung, insbesondere über deren Form und Frist, enthält. Vielmehr ist es unbedenklich, wenn zwecks Bekanntgabe herkömmliche, lange bewährte Methoden angewendet werden und keine besonders schwierigen Aufgaben der Informationsübermittlung zu bewältigen sind. In Ermangelung abweichender Maßgaben hat die Prüfungsbehörde dabei hinsichtlich der Form der Ladung ein weites Ermessen. Das Prüfungsrecht gebietet keine individuelle und schriftliche Ladung jeden Prüflings, weshalb bei Nichtvorhandensein abweichender Vorschriften auch eine Bekanntgabe der Prüfungstermine auf der Internetseite der Prüfungsbehörde zulässig ist, wenn die Prüflinge zuvor auf diese Möglichkeit der Ladung hingewiesen worden sind und gewährleistet ist, dass sie zumutbar, zuverlässig und zweifelsfrei Kenntnis davon erlangen können, dass und wann ein für sie relevanter Prüfungstermin ansteht, an dem sie teilnehmen oder sich entschuldigen müssen. 25Vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, ebda., Rn. 415 und 420, jeweils m.w.N.; speziell zur Bekanntgabe im Internet die Nachweise bei Rn. 415 Fn. 888 sowie VG Oldenburg, Urteil vom 12. Mai 2016 – 5 A 4722/15 –, juris, Rn. 19 ff. und VG Cottbus, Urteil vom 27. April 2012 – 1 K 253/10 –, juris, Rn. 27. 26So liegt es auch hier. Die StudO Teil A enthält lediglich in ihrem § 12 Abs. 4 Satz 1 eine Vorschrift bezüglich der Ladung, nach welcher der Prüfungsausschuss den Studierenden die Termine für die fachwissenschaftlichen Modulprüfungen bekanntgibt. Eben dies tut der Prüfungsausschuss im Wege fehlerfreier Ausübung seines weiten und nicht durch entgegenstehende Vorschriften begrenzten Organisationsermessens, indem er die Prüfungstermine auf der Homepage der FHöV zum Abruf bereitstellt. Unabhängig davon, ob die Klägerin das Begrüßungsschreiben mit den entsprechenden Hinweisen erhalten hat – für das Gegenteil sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich –, steht zudem bereits angesichts ihrer Äußerungen im Rahmen der Anhörung fest, dass sie positive Kenntnis von dieser ständigen Bekanntgabepraxis hatte. Das Einsehen der entsprechenden Websitepassage ist in der heutigen Zeit, in der die Nutzung des Internets vielerorts kostenfrei und unter Nutzung kostenfrei zur Verfügung stehender Geräte möglich ist, auch unter Berücksichtigung des minimalen Zeitaufwands, der damit verbunden ist, zumutbar und führt zudem dazu, dass zuverlässig und zweifelsfrei Kenntnis von den einschlägigen Terminen erlangt wird. 27Wenn dies aber der Fall ist, so kann sich aus dem Charakter der Wiederholungsprüfung, deren erfolgreiche Absolvierung kumulative Voraussetzung für das Bestehen des streitgegenständlichen Bachelorstudiums als berufseröffnende Prüfung ist, auch mit Blick auf die Berufswahl- und -ausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG nichts anderes ergeben, denn der mit einer als zumutbar und zuverlässig gekennzeichneten Ladungsform einhergehende Eingriff ist derart minimal, dass bereits jede Praktikabilitätserwägung geeignet ist, ihn zu rechtfertigen. Die Intensität ist bei dieser Sachlage nämlich richtigerweise an dem Aufwand der Kenntnisverschaffung und nicht an den Folgen einer Versäumung des Prüfungstermins zu bemessen, zumal die Ladung zu einer Prüfung eben der bloßen Information, nicht der Erinnerung des Prüflings oder dessen organisatorischer Unterstützung durch Zusendung eines körperlich perpetuierten Dokuments dient. 282. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus einem von der FHöV zu vertretenden Informationsmangel. 29Zwar können Informationsmängel – wie die Klägerin zurecht anführt – dazu führen, dass dem Prüfling die Nichteinhaltung entsprechender Maßgaben, insbesondere auch die Nichtbeachtung von Fristen und Terminen, nicht angelastet werden darf, sodass eine von der Prüfungsbehörde erteilte Falschauskunft grundsätzlich geeignet ist, die Rechtsfolge einer Kompensation der dem Prüfling daraus entstandenen Nachteile auszulösen. 30Vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, ebda., Rn. 188 m.w.N. 31Allerdings hat der Prüfling auch eine (sich in Ansehung des Prüfungsrechtsverhältnisses aus Treu und Glauben ergebende) Mitwirkungsobliegenheit. Insofern ist er insbesondere gehalten, „sich darum zu bemühen, rechtzeitig zu erfahren, ob an dem üblichen Ort in der üblichen Weise derzeit fällige Informationen stattfinden.“ Demzufolge führt gerade nicht jede Fehlauskunft automatisch und ohne weiteres zur Kompensationspflicht. Vielmehr ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu entscheiden, ob die Verantwortung für die Versäumnis des Prüfungstermins der Prüfungsbehörde oder dem Prüfling zur Last fällt. 32Vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, ebda., Rn. 179 m.w.N. 33Vorliegend fällt diese Verantwortung für die Versäumnis des Prüfungstermins der Klägerin zur Last. Dies gilt selbst dann, wenn man ihren Vortrag, nach dem die Frau N1. ihr im Prüfungsbüro zwei konkrete unrichtige Daten (und nicht nur – wie letztlich unumstritten ist – den Monat November) mündlich mitgeteilt hat, als wahr unterstellt. Dahinstehen kann zudem, ob – worauf Bl. 12 des Verwaltungsvorgangs der FHöV hindeutet – die Klägerin sogar von ihrer Einstellungsbehörde per E-Mail über den korrekten Nachschreibetermin informiert worden ist. Denn das (etwaige) Verschulden der Frau N1. angesichts einer mündlichen Fehlauskunft sowie des Aufrufens des nicht einschlägigen Prüfungskalenders, welches der FHöV zuzurechnen ist/wäre, tritt angesichts des leichtfertigen Verhaltens der Klägerin – ohne welches sich etwaige Fehlauskünfte gar nicht ausgewirkt hätten – jedenfalls in den Hintergrund. 34Die Mitwirkungspflicht der Klägerin ist/wäre insbesondere auch nicht dadurch entfallen, dass die Frau N1. respektive die FHöV das mündliche Auskunftsbegehren der Klägerin im Prüfungsbüro nicht zurückgewiesen und sich damit auf die von der üblichen Praxis abweichende Auskunftsart eingelassen hat/haben würde. Die Verletzung der der Prüfungsbehörde obliegenden Informationspflicht führt nicht dazu, dass die während des gesamten Prüfungsverhältnisses geltende Mitwirkungsobliegenheit des Prüflings entfiele. Vielmehr bestehen die jeweiligen Verpflichtungen beziehungsweise Obliegenheiten ihrem Sinn und Zweck entsprechend, die insgesamt reibungslose und chancengleiche Durchführung des Prüfungsverfahrens zu gewährleisten, nebeneinander und unabhängig davon, ob der jeweils andere Teil den für ihn geltenden Anforderungen vollumfänglich gerecht wird. Ein do-ut-des verbietet sich schon allein deshalb, weil sich die Pflichten/Obliegenheiten nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis gegenüberstehen und zudem nicht nur im Interesse des konkreten Prüflings und der Prüfungsbehörde, sondern auch wegen der Belange der übrigen Prüflinge und der Allgemeinheit bestehen. 35Der Klägerin sind mehrere gravierende Fahrlässigkeitsvorwürfe zu machen. 36Zunächst hat sie bewusst nicht den eigentlich vorgesehenen respektive offiziellen Bekanntgabekanal genutzt, sondern sich stattdessen auf eine Auskunft einer Mitarbeiterin des Prüfungsbüros verlassen. Dass eine ad-hoc getätigte mündliche Aussage sowie das spontane Öffnen einer Computerdatei erheblich fehleranfälligere Quellen sind, als die Einsicht in eine schriftliche Veröffentlichung des Prüfungsausschusses auf dem dafür eigens vorgesehenen Weg, liegt dabei auf der Hand und hätte auch der Klägerin einleuchten müssen, zumal sie durch das zusätzliche Abfotografieren des (digitalen) Prüfungskalenders selber dokumentiert hat, ein gewisses Misstrauen gegenüber der mündlichen Auskunft zu hegen, sollte diese tatsächlich erfolgt sein. 37Zu ähnlichen Fällen: VG Oldenburg, Urteil vom 12. Mai 2016 – 5 A 4722/15 –, juris, Rn. 24 und nachgehend OVG Nds., Beschluss vom 12. September 2016 – 2 LA 125/16 –, juris, Rn. 20 sowie zuvor OVG Nds., Beschluss vom 14. März 2003 – 2 ME 97/03 –, juris, Rn. 5. 38Ferner hat die Klägerin die von ihr erstellte Fotografie in der Folge – wenn überhaupt – nicht ansatzweise sorgfältig eingesehen, wobei dies umso unerklärlicher ist, weil sie sich ja ursprünglich offenbar nicht auf die vorgebliche mündliche Auskunft hat verlassen wollen. Andernfalls wäre ihr nämlich aufgefallen, dass sich die Daten auf das Jahr 2019 bezogen und zudem auch in der oberen linken Ecke der Einstellungsjahrgang 2018 vermerkt war, dem sie nicht angehörte. 39Allerspätestens hätte sich eine erneute Überprüfung beziehungsweise Rückversicherung geradezu aufdrängen müssen, nachdem die Klägerin festgestellt hatte, dass der 11. November 2018 ein Sonntag war. Mag die Anberaumung einer Hochschulklausur auf einen Sonntag angesichts der polizeilichen Dienstzeiten mit Blick auf das Erfordernis einer Aufsichtsperson auch nicht vollkommen oder denknotwendig ausgeschlossen sein, so ist ein solcher Vorgang angesichts der im maßgeblichen und auch die Klägerin umfassenden Verkehrskreis vorherrschenden christlich-abendländischen Prägung gleichwohl derart unüblich, dass eine entsprechende Feststellung bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zweifellos zu weiteren Nachforschungen nötigt. 40Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 41Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 Var. 2, § 711 Sätze 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO. 42Rechtsmittelbelehrung: 43Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 44Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 45Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 46Die Berufung ist nur zuzulassen, 471. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 482. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 493. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 504. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 515. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 52Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 53Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 54Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). 55Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 56Beschluss: 57Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 58Gründe: 59Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 60Rechtsmittelbelehrung: 61Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 62Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 63Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 64Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 65Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 66War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens trägt die klägerin. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110% des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrags leistet. 1 | 2die klägerin war studierende im bachelorstudiengang polizeivollzugsdienst an der fachhochschule für öffentliche verwaltung nrw (im folgenden fhöv) im einstellungsjahrgang 2017 und als solche kommissaranwärterin sowie beamtin auf widerruf. die jeweiligen prüfungstermine dieses studiengangs werden den studierenden über die homepage der fhöv unter dem stichpunkt „prüfungen im bachelor“ mitgeteilt, wie den prüflingen zu beginn des studiums in gestalt eines offiziellen begrüßungsschreibens unter dem stichwort „prüfungstermine und -zeiträume“ und unter nennung der entsprechenden homepage-rubrik erläutert wird, wobei auch ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass eine gesonderte ladung zu den einzelnen prüfungen nicht erfolgt. im rahmen ihres bachelorstudiums hatte die klägerin im modul g[rund]s[tudium] 2 „eingriffsrecht/staatsrecht“ eine prüfungsleistung in form einer klausur zu absolvieren. den erstversuch vom 27. april 2018 bewertete die fhöv mit „nicht ausreichend“ (5,0). mit blick auf einen zunächst auf den 3. september 2019 bestimmten klausurnachholtermin trat die klägerin krankheitsbedingt zurück. sodann suchte die klägerin an einem tag mitte oktober das studienbüro am studienort n. auf, um sich mit blick auf das hier streitgegenständliche modul, aber auch hinsichtlich des moduls gs 4 „strafrecht“, welches sie im erstversuch ebenso nicht bestanden hatte, nach den jeweiligen terminen für ihre wiederholungsversuche zu erkundigen. die zu diesem zeitpunkt im prüfungsbüro tätige frau b. n1. ließ auf dem monitor ihres arbeitsplatzes den digitalen prüfungskalender für den einstellungsjahrgang 2018 anzeigen, den sich die klägerin mittels ihres mobiltelefons abfotografierte, wobei der inhalt des während des aufenthalts der klägerin im prüfungsbüro zwischen ihr und der frau n1. geführten dialogs zwischen den beteiligten umstritten ist. als entsprechende termine in den modulen gs 2 und gs 4 wies der prüfungskalender für den einstellungsjahrgang 2018 mittwoch, den 6. november 2019, respektive montag, den 11. november 2019, aus. im jahr 2018 fiel der 11. november auf einen sonntag. am für den 31. oktober 2018 anberaumten wiederholungsversuch nahm die klägerin schließlich nicht teil. sie teilte dem prüfungsamt allerdings am selben tag mit, dass sie von einem falschen prüfungstermin ausgegangen und deshalb nicht angetreten sei. 3mit schreiben vom 9. november 2018 hörte die fhöv die klägerin zu einer geplanten einordnung ihrer nichtteilnahme als rücktritt ohne triftigen grund und der damit einhergehenden bewertung des wiederholungsversuchs mit „nicht ausreichend“ (5,0) an. unter dem 12. november 2018 führte die klägerin insoweit im wesentlichen aus, sie habe frau n1. im prüfungsbüro nach den nachschreibeterminen gefragt, woraufhin sich diese nach ihrem einstellungsjahrgang erkundigt und neben einem konkreten termin für das modul gs 4 hinsichtlich des hier streitgegenständlichen moduls gs 2 den 6. november 2018 genannt habe. anschließend habe sie sich auf die richtigkeit dieser auskunft verlassen und sich nicht mehr auf der internetseite der fhöv rückversichert. 4mit bescheid vom 14. november 2018, der klägerin am 19. november 2018 ausgehändigt, teilte die fhöv der klägerin sodann als ergebnis ihres wiederholungsversuchs die note „nicht ausreichend“ (5,0) mit und wies darauf hin, dass die klägerin in der folge das modul gs 2 und damit die gesamte bachelorprüfung (endgültig) nicht bestanden habe. zur begründung brachte die fhöv im wesentlichen vor, auf nachfrage der frau n1. habe die klägerin die von ihr konkret nachzuschreibenden klausuren nicht benennen können, weshalb seitens der frau n1. lediglich mitgeteilt worden sei, dass die wiederholungsklausuren im november stattfänden, aber die termine allesamt online zu finden seien. konkrete prüfungstermine seien seitens der frau n1. gerade nicht benannt worden. bei genauerer prüfung der fotografie des prüfungskalenders würde die klägerin bemerkt haben, dass es sich bei den dort aufgeführten prüfungsterminen um solche im jahr 2019 – ersichtlich also nicht um die für sie relevanten – gehandelt habe. auch würde ihr aufgefallen sein müssen, dass am rand des dokuments eine zuordnung zum einstellungsjahrgang 2018 vermerkt gewesen sei. insofern habe die klägerin die ihr zumutbare und erforderliche sorgfalt nicht walten lassen, indem sie sich nicht über die homepage der fhöv rückversichert habe. 5gegen den bescheid vom 14. november 2018 hat die klägerin am 19. dezember 2018 klage erhoben. 6zur begründung wiederholt sie in tatsächlicher hinsicht den vortrag aus ihrem anhörungsschreiben und führt in rechtlicher hinsicht aus, ihr sei der termin für die wiederholungsklausur im streitgegenständlichen modul nicht entsprechend der einschlägigen studienordnung beziehungsweise der allgemein geltenden voraussetzungen an eine ordnungsgemäße ladung bekannt gegeben worden, weshalb ihr das nichterscheinen zur wiederholungsprüfung nicht angelastet werden könne. dies gelte ferner auch deshalb, weil ihr im prüfungsbüro falsche daten mitgeteilt worden seien. die prüfungsbehörde habe gegenüber dem prüfling informationspflichten, sodass eine falsche auskunft, welche die prüfungsbehörde zu vertreten habe, grundsätzlich dazu führe, dass daraus entstandene nachteile weitestgehend zu kompensieren seien. ferner sei der klägerin durchaus aufgefallen, dass es sich beim 11. november des jahres 2018 um einen sonntag gehandelt habe. sie habe sich hierüber aber nur kurz gewundert, da die klausuraufsicht oftmals von polizeibeamten übernommen werde und die polizei rund um die uhr und jeden tag arbeite. 7die klägerin beantragt, 8das beklagte land unter aufhebung des bescheids der fachhochschule für öffentliche verwaltung nrw vom 14. november 2018 zu verpflichten, ihr einen neuen prüfungsversuch im modul gs 2 „eingriffsrecht/staatsrecht“ (klausur) zu gewähren. 9das beklagte land beantragt, 10die klage abzuweisen. 11ergänzend zum streitgegenständlichen bescheid trägt die fhöv vor, die klägerin habe angesichts der ihr bekannten und über das internet stattfindenden prüfungsterminsbekanntgabepraxis die obliegenheit verletzt, sich rechtzeitig und unter ausschließlicher zugrundelegung des offiziellen prüfungskalenders über die für sie geltenden termine zu informieren, weshalb es rechtlich unschädlich sei, dass durch zutun der frau n1. die fotografie vom prüfungskalender des falschen einstellungsjahrgangs entstanden sei. bei ausreichend sorgfältiger betrachtung dieser fotografie würde die klägerin zudem ohne mühe erkannt haben, dass der von ihr vermerkte termin für die klausur im modul gs 4 am 11. november 2018 deshalb nicht richtig sein konnte, weil es sich bei diesem tag um einen sonntag und mithin um einen auch für laien erkennbar untauglichen termin für eine wiederholungsklausur gehandelt habe. angesichts dieser ungereimtheit und den bereits im bescheid dargestellten gesichtspunkten habe eine nachforschungspflicht bestanden, der die klägerin ebenfalls nicht nachgekommen sei. 12die klägerin hat mit schreiben vom 6. mai 2019, das beklagte land mit schriftsatz vom 18. april 2019 das einverständnis mit einer entscheidung durch den berichterstatter erklärt. 13wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie auf den des beigezogenen verwaltungsvorgangs verwiesen. 14 | 15der berichterstatter konnte im einverständnis der beteiligten gemäß § 87a abs. 2 und 3 vwgo alleine entscheiden. 16die als verpflichtungsklage zulässige klage ist unbegründet. 17der klägerin steht ein anspruch auf gewährung eines weiteren prüfungsversuchs im modul gs 2 „eingriffsrecht/staatsrecht“ (klausur) nicht zu. der bescheid vom 14. november 2018 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). 18nach den prüfungsrechtlichen vorschriften hat die klägerin keinen anspruch auf einen weiteren wiederholungsversuch. einschlägig sind die vorschriften der ausbildungs- und prüfungsverordnung laufbahnabschnitt ii bachelor (im folgenden vappol ii), teil a der studienordnung der bachelorstudiengänge an der fhöv (im folgenden studo teil a) sowie die regelungen für den studiengang polizeivollzugsdienst b.a. ergänzende regelungen (im folgenden studo teil b). nach § 12 abs. 1 satz 1 vappol ii, § 13 abs. 2 satz 1 hs. 1 studo-ba und im umkehrschluss zu § 10 studo teil b kann die streitgegenständliche prüfung im modul gs 2 nur einmal wiederholt werden. 19der klägerin erwächst aber ein anspruch auf gewährung eines weiteren prüfungsversuchs auch nicht daraus, dass ihr rücktritt durch nichterscheinen (vgl. § 19 abs. 1 satz 2 var. 1 studo teil a) mit blick auf eine nicht ordnungsgemäße ladung (dazu gliederungspunkt 1) oder einen von der fhöv zu vertretenden informationsmangel (dazu gliederungspunkt 2) aus triftigen gründen i.s.d. § 19 abs. 1 satz 1 studo teil a erfolgt wäre. 201. der von der klägerin geltend gemachte anspruch folgt nicht aus einer nicht ordnungsgemäßen ladung zur streitgegenständlichen wiederholungsprüfung. 21dabei trifft es – wie die klägerin meint – im ausgangspunkt zu, dass eine bewertung mit „nicht bestanden“ wegen ausbleibens des prüflings beim entsprechenden prüfungstermin nur dann in betracht kommt, wenn er ordnungsgemäß geladen worden ist. 22vgl. nur niehues/fischer/jeremias, prüfungsrecht, 7. aufl. 2018, rn. 415 m.w.n. 23eine solche ordnungsgemäße ladung der klägerin ist aber vorliegend erfolgt. 24es begegnet keinen bedenken, wenn die jeweilige prüfungsordnung keine vorschriften über die details der ladung, insbesondere über deren form und frist, enthält. vielmehr ist es unbedenklich, wenn zwecks bekanntgabe herkömmliche, lange bewährte methoden angewendet werden und keine besonders schwierigen aufgaben der informationsübermittlung zu bewältigen sind. in ermangelung abweichender maßgaben hat die prüfungsbehörde dabei hinsichtlich der form der ladung ein weites ermessen. das prüfungsrecht gebietet keine individuelle und schriftliche ladung jeden prüflings, weshalb bei nichtvorhandensein abweichender vorschriften auch eine bekanntgabe der prüfungstermine auf der internetseite der prüfungsbehörde zulässig ist, wenn die prüflinge zuvor auf diese möglichkeit der ladung hingewiesen worden sind und gewährleistet ist, dass sie zumutbar, zuverlässig und zweifelsfrei kenntnis davon erlangen können, dass und wann ein für sie relevanter prüfungstermin ansteht, an dem sie teilnehmen oder sich entschuldigen müssen. 25vgl. niehues/fischer/jeremias, ebda., rn. 415 und 420, jeweils m.w.n.; speziell zur bekanntgabe im internet die nachweise bei rn. 415 fn. 888 sowie vg oldenburg, urteil vom 12. mai 2016 – 5 a 4722/15 –, juris, rn. 19 ff. und vg cottbus, urteil vom 27. april 2012 – 1 k 253/10 –, juris, rn. 27. 26so liegt es auch hier. die studo teil a enthält lediglich in ihrem § 12 abs. 4 satz 1 eine vorschrift bezüglich der ladung, nach welcher der prüfungsausschuss den studierenden die termine für die fachwissenschaftlichen modulprüfungen bekanntgibt. eben dies tut der prüfungsausschuss im wege fehlerfreier ausübung seines weiten und nicht durch entgegenstehende vorschriften begrenzten organisationsermessens, indem er die prüfungstermine auf der homepage der fhöv zum abruf bereitstellt. unabhängig davon, ob die klägerin das begrüßungsschreiben mit den entsprechenden hinweisen erhalten hat – für das gegenteil sind anhaltspunkte nicht ersichtlich –, steht zudem bereits angesichts ihrer äußerungen im rahmen der anhörung fest, dass sie positive kenntnis von dieser ständigen bekanntgabepraxis hatte. das einsehen der entsprechenden websitepassage ist in der heutigen zeit, in der die nutzung des internets vielerorts kostenfrei und unter nutzung kostenfrei zur verfügung stehender geräte möglich ist, auch unter berücksichtigung des minimalen zeitaufwands, der damit verbunden ist, zumutbar und führt zudem dazu, dass zuverlässig und zweifelsfrei kenntnis von den einschlägigen terminen erlangt wird. 27wenn dies aber der fall ist, so kann sich aus dem charakter der wiederholungsprüfung, deren erfolgreiche absolvierung kumulative voraussetzung für das bestehen des streitgegenständlichen bachelorstudiums als berufseröffnende prüfung ist, auch mit blick auf die berufswahl- und -ausübungsfreiheit aus art. 12 abs. 1 gg nichts anderes ergeben, denn der mit einer als zumutbar und zuverlässig gekennzeichneten ladungsform einhergehende eingriff ist derart minimal, dass bereits jede praktikabilitätserwägung geeignet ist, ihn zu rechtfertigen. die intensität ist bei dieser sachlage nämlich richtigerweise an dem aufwand der kenntnisverschaffung und nicht an den folgen einer versäumung des prüfungstermins zu bemessen, zumal die ladung zu einer prüfung eben der bloßen information, nicht der erinnerung des prüflings oder dessen organisatorischer unterstützung durch zusendung eines körperlich perpetuierten dokuments dient. 282. der von der klägerin geltend gemachte anspruch ergibt sich auch nicht aus einem von der fhöv zu vertretenden informationsmangel. 29zwar können informationsmängel – wie die klägerin zurecht anführt – dazu führen, dass dem prüfling die nichteinhaltung entsprechender maßgaben, insbesondere auch die nichtbeachtung von fristen und terminen, nicht angelastet werden darf, sodass eine von der prüfungsbehörde erteilte falschauskunft grundsätzlich geeignet ist, die rechtsfolge einer kompensation der dem prüfling daraus entstandenen nachteile auszulösen. 30vgl. niehues/fischer/jeremias, ebda., rn. 188 m.w.n. 31allerdings hat der prüfling auch eine (sich in ansehung des prüfungsrechtsverhältnisses aus treu und glauben ergebende) mitwirkungsobliegenheit. insofern ist er insbesondere gehalten, „sich darum zu bemühen, rechtzeitig zu erfahren, ob an dem üblichen ort in der üblichen weise derzeit fällige informationen stattfinden.“ demzufolge führt gerade nicht jede fehlauskunft automatisch und ohne weiteres zur kompensationspflicht. vielmehr ist nach den jeweiligen umständen des einzelfalls zu entscheiden, ob die verantwortung für die versäumnis des prüfungstermins der prüfungsbehörde oder dem prüfling zur last fällt. 32vgl. niehues/fischer/jeremias, ebda., rn. 179 m.w.n. 33vorliegend fällt diese verantwortung für die versäumnis des prüfungstermins der klägerin zur last. dies gilt selbst dann, wenn man ihren vortrag, nach dem die frau n1. ihr im prüfungsbüro zwei konkrete unrichtige daten (und nicht nur – wie letztlich unumstritten ist – den monat november) mündlich mitgeteilt hat, als wahr unterstellt. dahinstehen kann zudem, ob – worauf bl. 12 des verwaltungsvorgangs der fhöv hindeutet – die klägerin sogar von ihrer einstellungsbehörde per e-mail über den korrekten nachschreibetermin informiert worden ist. denn das (etwaige) verschulden der frau n1. angesichts einer mündlichen fehlauskunft sowie des aufrufens des nicht einschlägigen prüfungskalenders, welches der fhöv zuzurechnen ist/wäre, tritt angesichts des leichtfertigen verhaltens der klägerin – ohne welches sich etwaige fehlauskünfte gar nicht ausgewirkt hätten – jedenfalls in den hintergrund. 34die mitwirkungspflicht der klägerin ist/wäre insbesondere auch nicht dadurch entfallen, dass die frau n1. respektive die fhöv das mündliche auskunftsbegehren der klägerin im prüfungsbüro nicht zurückgewiesen und sich damit auf die von der üblichen praxis abweichende auskunftsart eingelassen hat/haben würde. die verletzung der der prüfungsbehörde obliegenden informationspflicht führt nicht dazu, dass die während des gesamten prüfungsverhältnisses geltende mitwirkungsobliegenheit des prüflings entfiele. vielmehr bestehen die jeweiligen verpflichtungen beziehungsweise obliegenheiten ihrem sinn und zweck entsprechend, die insgesamt reibungslose und chancengleiche durchführung des prüfungsverfahrens zu gewährleisten, nebeneinander und unabhängig davon, ob der jeweils andere teil den für ihn geltenden anforderungen vollumfänglich gerecht wird. ein do-ut-des verbietet sich schon allein deshalb, weil sich die pflichten/obliegenheiten nicht in einem gegenseitigkeitsverhältnis gegenüberstehen und zudem nicht nur im interesse des konkreten prüflings und der prüfungsbehörde, sondern auch wegen der belange der übrigen prüflinge und der allgemeinheit bestehen. 35der klägerin sind mehrere gravierende fahrlässigkeitsvorwürfe zu machen. 36zunächst hat sie bewusst nicht den eigentlich vorgesehenen respektive offiziellen bekanntgabekanal genutzt, sondern sich stattdessen auf eine auskunft einer mitarbeiterin des prüfungsbüros verlassen. dass eine ad-hoc getätigte mündliche aussage sowie das spontane öffnen einer computerdatei erheblich fehleranfälligere quellen sind, als die einsicht in eine schriftliche veröffentlichung des prüfungsausschusses auf dem dafür eigens vorgesehenen weg, liegt dabei auf der hand und hätte auch der klägerin einleuchten müssen, zumal sie durch das zusätzliche abfotografieren des (digitalen) prüfungskalenders selber dokumentiert hat, ein gewisses misstrauen gegenüber der mündlichen auskunft zu hegen, sollte diese tatsächlich erfolgt sein. 37zu ähnlichen fällen: vg oldenburg, urteil vom 12. mai 2016 – 5 a 4722/15 –, juris, rn. 24 und nachgehend ovg nds., beschluss vom 12. september 2016 – 2 la 125/16 –, juris, rn. 20 sowie zuvor ovg nds., beschluss vom 14. märz 2003 – 2 me 97/03 –, juris, rn. 5. 38ferner hat die klägerin die von ihr erstellte fotografie in der folge – wenn überhaupt – nicht ansatzweise sorgfältig eingesehen, wobei dies umso unerklärlicher ist, weil sie sich ja ursprünglich offenbar nicht auf die vorgebliche mündliche auskunft hat verlassen wollen. andernfalls wäre ihr nämlich aufgefallen, dass sich die daten auf das jahr 2019 bezogen und zudem auch in der oberen linken ecke der einstellungsjahrgang 2018 vermerkt war, dem sie nicht angehörte. 39allerspätestens hätte sich eine erneute überprüfung beziehungsweise rückversicherung geradezu aufdrängen müssen, nachdem die klägerin festgestellt hatte, dass der 11. november 2018 ein sonntag war. mag die anberaumung einer hochschulklausur auf einen sonntag angesichts der polizeilichen dienstzeiten mit blick auf das erfordernis einer aufsichtsperson auch nicht vollkommen oder denknotwendig ausgeschlossen sein, so ist ein solcher vorgang angesichts der im maßgeblichen und auch die klägerin umfassenden verkehrskreis vorherrschenden christlich-abendländischen prägung gleichwohl derart unüblich, dass eine entsprechende feststellung bei beachtung der im verkehr erforderlichen sorgfalt zweifellos zu weiteren nachforschungen nötigt. 40die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. 41die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit findet ihre rechtsgrundlage in § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11 var. 2, § 711 sätze 1 und 2, § 709 satz 2 zpo. 42rechtsmittelbelehrung: 43gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 44der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 45innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 46die berufung ist nur zuzulassen, 471. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 482. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 493. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 504. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 515. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 52die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 53über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 54im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). 55die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 56beschluss: 57der streitwert wird auf 5.000,00 euro festgesetzt. 58gründe: 59die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 2 gkg erfolgt. 60rechtsmittelbelehrung: 61gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 62die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 63die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 64die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 65die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 66war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | Verklagte*r | 0 |
126,642 | 2 K 5849/15 | 2016-01-28T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1 2Tatbestand: 3Die am 00.00.1966 geborene Klägerin ist seit dem 5. Februar 2004 unbefristet als tarifangestellte Lehrkraft des beklagten Landes im öffentlichen Schuldienst beschäftigt. 4Unter dem 14. März 2010 beantragte sie ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Schreiben vom 25. März 2010 hörte die Bezirksregierung E. die Klägerin dazu an, diesen Antrag auf Grund der Überschreitung der laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze ablehnen zu wollen. Ein Ablehnungsbescheid erging in der Folgezeit indes nicht. 5Mit Schreiben vom 27. Juni 2015 begehrte die Klägerin erneut ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Hinweis auf die nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 2015, 2 BvR 1322/12 und 2 BvR 1989/12, unwirksame Höchstaltersgrenze. Die Bezirksregierung E. erwiderte hierauf unter dem 6. Juli 2015, sie werde nach Auswertung dieser Entscheidung und nach einer Entscheidung der Landesregierung bezüglich der hieraus zu ziehenden Konsequenzen unaufgefordert auf den Antrag zurückkommen. 6Die Klägerin hat am 27. August 2015 Untätigkeitsklage erhoben. 7Mit Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Höchstaltersgrenzen für die Einstellung in ein Beamtenverhältnis im Land Nordrhein-Westfalen und zur Entfristung der Altersteilzeitregelung vom 17. Dezember 2015 (GV. NRW., Seite 938), in Kraft getreten am 31. Dezember 2015, hat der Landesgesetzgeber die Altersgrenze auf die Vollendung des 42. Lebensjahres angehoben. 8Die Klägerin beantragt, 9das beklagte Land zu verpflichten, sie auf ihre Anträge vom 14. März 2010 und 27. Juni 2015 in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, 10hilfsweise das beklagte Land zu verpflichten, über ihre Anträge vom 14. März 2010 und 27. Juni 2015 auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. 11Das beklagte Land beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. 16Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Denn sie überschreitet die Einstellungshöchstaltersgrenze. Maßgebend ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. 17Der Landesgesetzgeber hat mit der am 31. Dezember 2015 in Kraft getretenen Neuregelung in § 15a Abs. 1 LBG NRW 18- vgl. hierzu Art. 1 Ziffer 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Höchstaltersgrenzen für die Einstellung in ein Beamtenverhältnis im Land Nordrhein-Westfalen und zur Entfristung der Altersteilzeitregelung vom 17. Dezember 2015, GV. NRW., Seite 938 - 19die Altersgrenze auf die Vollendung des 42. Lebensjahres angehoben. Diese Grenze überschreitet die am 00.00.1966 geborene Klägerin. 20Die Kammer hat keine Bedenken an der Wirksamkeit dieser Neuregelung. Dies gilt auch mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 und 2 BvR 1989/12 -. Das Bundesverfassungsgericht hat dort den verfassungsrechtlichen Rahmen aufgezeigt, an dem sich Einstellungshöchstaltersgrenzen messen lassen müssen, ohne allerdings die in dem vorgenannten Verfahren in Rede stehende Altersgrenze (Vollendung des 40. Lebensjahres) in Frage zu stellen. Hierauf kam es zwar nach den verfassungsrechtlichen Feststellungen auch nicht mehr entscheidungserheblich an, weil es bereits an einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage für die Regelung von Einstellungshöchstaltersgrenzen mangelte. Den getroffenen Feststellungen lässt sich nach Auffassung der Kammer aber auch sonst nicht entnehmen, dass der durch die nunmehr gewählte Altersgrenze bewirkte Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass dem (Landes-) Gesetzgeber bei der Einführung von Einstellungshöchstaltersgrenzen für Beamte ein Gestaltungsspielraum einzuräumen ist. Hinzu kommt, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 C 76.10 -, juris, die vormalige Höchstaltersgrenze (Vollendung des 40. Lebensjahres) für verfassungsgemäß gehalten hat. Nichts anderes kann nach Auffassung der Kammer für die im Streit stehende Altersgrenze gelten. 21Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass die Klägerin ihre am 00.00.2008 (K. ) und am 00.00.2010 (I. ) geborenen Kinder betreut hat. Denn Kinderbetreuungszeiten führen nur zu einer Erhöhung der Einstellungshöchstaltersgrenze um insgesamt bis zu sechs Jahre (§ 15a Abs. 3 Satz 2 LBG NRW). 22Die Klägerin kann ihr Verbeamtungsbegehren auch nicht mit Erfolg auf § 15a Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 LBG NRW stützen. Danach können Ausnahmen von dem Höchstalter für die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe für einzelne Fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, welches die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erschienen ließe. Das OVG NRW hat zu der inhaltsgleichen Reglung in § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW a.F. unter anderem mit Beschluss vom 11. Juli 2011, 6 A 2501/10, entschieden, dass die vorgenannten Voraussetzungen etwa dann vorliegen, wenn ein Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe rechtswidrig unter Hinweis auf die - von Anfang an unwirksame - Höchstaltersgrenze alten Rechts abgelehnt wurde, der Bewerber hiergegen Rechtsmittel eingelegt hat und zwischenzeitlich die neue Höchstaltersgrenze überschritten ist. Ein solcher Geschehensablauf, bei dem sich der berufliche Werdegang des Bewerbers durch die behördliche Behandlung seines Verbeamtungsantrags verzögert hat, ließe die Anwendung der Altersgrenze unbillig erscheinen. Um einen solchen Fall handelt es sich hier indessen nicht, weil die Klägerin zuletzt unter dem 27. Juni 2015 und also nach der angeführten verfassungsrechtlichen Entscheidung ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe beantragt hat. 23Nichts anderes gilt mit Blick auf den Verbeamtungsantrag der Klägerin vom 14. März 2010. Den hierauf gestützten Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe hat die Klägerin verwirkt. 24Die Verwirkung beansprucht als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Prinzips von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das öffentliche Recht und das Beamtenrecht Geltung. 25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 – 2 B 75.13 -, juris. 26Verwirkung erfordert ein Zeit- und Umstandsmoment. Ab erstmals möglicher Geltendmachung des Rechts muss als Zeitmoment „längere Zeit“ verstrichen sein, gerechnet ab Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände; die konkrete Dauer bestimmen die Umstände des Einzelfalls. Als Umstandsmoment tritt ein besonderes Verhalten des Berechtigten hinzu. Es muss die späte Geltendmachung nach einem objektiven Maßstab als Verstoß gegen Treu und Glauben infolge Verletzung oder Gefährdung berechtigter Interessen des anderen Teils erscheinen lassen. 27In Anwendung dieser Grundsätze hat die Klägerin ihren auf den Antrag vom 14. März 2010 gestützten Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis verwirkt. Für das Zeitmoment kann regelmäßig auf die Jahresfrist abgestellt werden (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Diese Frist ist hier verstrichen. Hinsichtlich des Umstandsmoments gilt, dass das beklagte Land davon ausgehen durfte, dass die Klägerin an ihrem Antrag vom 14. März 2010 nicht mehr festhalten wollte. Die Bezirksregierung E. hatte die Klägerin in dem Anhörungsschreiben vom 25. März 2010 aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen Gründe zu benennen, die gegen die beabsichtigte Ablehnung des Übernahmeantrags sprechen. Dem ist die Klägerin nicht nachgekommen. Auch sonst ist die Klägerin hinsichtlich ihres Übernahmeantrages untätig geblieben. Angesichts des Umstandes, dass sie sich in mehreren anderen Angelegenheiten schriftlich an die Bezirksregierung gewendet hatte (unter anderem Elternzeitanträge vom 30. Mai 2010 und 13. Februar 2012, Antrag auf Bewilligung von Sonderurlaub vom 1. Oktober 2012, Antrag auf Teilzeitbeschäftigung vom 2. Februar 2015), durfte diese bei verständiger Würdigung davon ausgehen, dass die Klägerin ihren Übernahmeantrag nicht mehr aufrechterhalten wollte. 28Das Verhalten der Klägerin erweist sich im Übrigen als widersprüchlich, soweit sie ihr Übernahmebegehren auch auf den Antrag vom 14. März 2010 stützt. Denn sie hat noch in ihrem neuerlichen Antrag vom 27. Juni 2015 zum Ausdruck gebracht, dass sie diesen Antrag als „erledigt“ betrachtet. So hat sie ausgeführt: „Mein Antrag auf Verbeamtung vom 14.03.2010 wurde mit Ihrem Schreiben vom 25.03.2010 aus dem gleichen Grund negativ beschieden“. Auch wenn es sich bei dem in Bezug genommenen Schreiben der Bezirksregierung E. lediglich um ein Anhörungsschreiben und nicht um einen Ablehnungsbescheid handelt, hat die Klägerin doch keinen Zweifel daran gelassen, dass sie ihren „Altantrag“ auch ohne Bescheidung als erledigt ansah. 29Aus den vorgenannten Gründen bleibt auch der Hilfsantrag der Klägerin erfolglos. 30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 vom hundert des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht das beklagte land vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 2 | 3die am 00.00.1966 geborene klägerin ist seit dem 5. februar 2004 unbefristet als tarifangestellte lehrkraft des beklagten landes im öffentlichen schuldienst beschäftigt. 4unter dem 14. märz 2010 beantragte sie ihre übernahme in das beamtenverhältnis auf probe. mit schreiben vom 25. märz 2010 hörte die bezirksregierung e. die klägerin dazu an, diesen antrag auf grund der überschreitung der laufbahnrechtlichen höchstaltersgrenze ablehnen zu wollen. ein ablehnungsbescheid erging in der folgezeit indes nicht. 5mit schreiben vom 27. juni 2015 begehrte die klägerin erneut ihre übernahme in das beamtenverhältnis auf probe unter hinweis auf die nach der entscheidung des bundesverfassungsgerichts vom 21. april 2015, 2 bvr 1322/12 und 2 bvr 1989/12, unwirksame höchstaltersgrenze. die bezirksregierung e. erwiderte hierauf unter dem 6. juli 2015, sie werde nach auswertung dieser entscheidung und nach einer entscheidung der landesregierung bezüglich der hieraus zu ziehenden konsequenzen unaufgefordert auf den antrag zurückkommen. 6die klägerin hat am 27. august 2015 untätigkeitsklage erhoben. 7mit art. 1 ziffer 2 des gesetzes zur neuregelung der höchstaltersgrenzen für die einstellung in ein beamtenverhältnis im land nordrhein-westfalen und zur entfristung der altersteilzeitregelung vom 17. dezember 2015 (gv. nrw., seite 938), in kraft getreten am 31. dezember 2015, hat der landesgesetzgeber die altersgrenze auf die vollendung des 42. lebensjahres angehoben. 8die klägerin beantragt, 9das beklagte land zu verpflichten, sie auf ihre anträge vom 14. märz 2010 und 27. juni 2015 in das beamtenverhältnis auf probe zu übernehmen, 10hilfsweise das beklagte land zu verpflichten, über ihre anträge vom 14. märz 2010 und 27. juni 2015 auf übernahme in das beamtenverhältnis auf probe unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu entscheiden. 11das beklagte land beantragt, 12die klage abzuweisen. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 14 | 15die klage hat keinen erfolg. sie ist unbegründet. 16die klägerin hat keinen anspruch auf übernahme in das beamtenverhältnis auf probe (vgl. § 113 abs. 5 vwgo). denn sie überschreitet die einstellungshöchstaltersgrenze. maßgebend ist insoweit die sach- und rechtslage im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung. 17der landesgesetzgeber hat mit der am 31. dezember 2015 in kraft getretenen neuregelung in § 15a abs. 1 lbg nrw 18- vgl. hierzu art. 1 ziffer 2 des gesetzes zur neuregelung der höchstaltersgrenzen für die einstellung in ein beamtenverhältnis im land nordrhein-westfalen und zur entfristung der altersteilzeitregelung vom 17. dezember 2015, gv. nrw., seite 938 - 19die altersgrenze auf die vollendung des 42. lebensjahres angehoben. diese grenze überschreitet die am 00.00.1966 geborene klägerin. 20die kammer hat keine bedenken an der wirksamkeit dieser neuregelung. dies gilt auch mit blick auf den beschluss des bundesverfassungsgerichts vom 21. april 2015 – 2 bvr 1322/12 und 2 bvr 1989/12 -. das bundesverfassungsgericht hat dort den verfassungsrechtlichen rahmen aufgezeigt, an dem sich einstellungshöchstaltersgrenzen messen lassen müssen, ohne allerdings die in dem vorgenannten verfahren in rede stehende altersgrenze (vollendung des 40. lebensjahres) in frage zu stellen. hierauf kam es zwar nach den verfassungsrechtlichen feststellungen auch nicht mehr entscheidungserheblich an, weil es bereits an einer hinreichend bestimmten ermächtigungsgrundlage für die regelung von einstellungshöchstaltersgrenzen mangelte. den getroffenen feststellungen lässt sich nach auffassung der kammer aber auch sonst nicht entnehmen, dass der durch die nunmehr gewählte altersgrenze bewirkte eingriff in art. 12 abs. 1 gg und art. 33 abs. 2 gg verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. vielmehr hat das bundesverfassungsgericht festgestellt, dass dem (landes-) gesetzgeber bei der einführung von einstellungshöchstaltersgrenzen für beamte ein gestaltungsspielraum einzuräumen ist. hinzu kommt, dass das bundesverwaltungsgericht mit urteil vom 23. februar 2012 – 2 c 76.10 -, juris, die vormalige höchstaltersgrenze (vollendung des 40. lebensjahres) für verfassungsgemäß gehalten hat. nichts anderes kann nach auffassung der kammer für die im streit stehende altersgrenze gelten. 21zu keinem anderen ergebnis führt der umstand, dass die klägerin ihre am 00.00.2008 (k. ) und am 00.00.2010 (i. ) geborenen kinder betreut hat. denn kinderbetreuungszeiten führen nur zu einer erhöhung der einstellungshöchstaltersgrenze um insgesamt bis zu sechs jahre (§ 15a abs. 3 satz 2 lbg nrw). 22die klägerin kann ihr verbeamtungsbegehren auch nicht mit erfolg auf § 15a abs. 8 satz 1 nr. 2 lbg nrw stützen. danach können ausnahmen von dem höchstalter für die einstellung in das beamtenverhältnis auf probe für einzelne fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche werdegang aus von dem bewerber nicht zu vertretenden gründen in einem maß verzögert hat, welches die anwendung der höchstaltersgrenze unbillig erschienen ließe. das ovg nrw hat zu der inhaltsgleichen reglung in § 84 abs. 2 satz 1 nr. 2 lvo nrw a.f. unter anderem mit beschluss vom 11. juli 2011, 6 a 2501/10, entschieden, dass die vorgenannten voraussetzungen etwa dann vorliegen, wenn ein antrag auf übernahme in das beamtenverhältnis auf probe rechtswidrig unter hinweis auf die - von anfang an unwirksame - höchstaltersgrenze alten rechts abgelehnt wurde, der bewerber hiergegen rechtsmittel eingelegt hat und zwischenzeitlich die neue höchstaltersgrenze überschritten ist. ein solcher geschehensablauf, bei dem sich der berufliche werdegang des bewerbers durch die behördliche behandlung seines verbeamtungsantrags verzögert hat, ließe die anwendung der altersgrenze unbillig erscheinen. um einen solchen fall handelt es sich hier indessen nicht, weil die klägerin zuletzt unter dem 27. juni 2015 und also nach der angeführten verfassungsrechtlichen entscheidung ihre übernahme in das beamtenverhältnis auf probe beantragt hat. 23nichts anderes gilt mit blick auf den verbeamtungsantrag der klägerin vom 14. märz 2010. den hierauf gestützten anspruch auf übernahme in das beamtenverhältnis auf probe hat die klägerin verwirkt. 24die verwirkung beansprucht als allgemeiner rechtsgrundsatz des prinzips von treu und glauben (§ 242 bgb) auch für das öffentliche recht und das beamtenrecht geltung. 25vgl. bverwg, beschluss vom 6. juni 2014 – 2 b 75.13 -, juris. 26verwirkung erfordert ein zeit- und umstandsmoment. ab erstmals möglicher geltendmachung des rechts muss als zeitmoment „längere zeit“ verstrichen sein, gerechnet ab kenntnis der anspruchsbegründenden umstände; die konkrete dauer bestimmen die umstände des einzelfalls. als umstandsmoment tritt ein besonderes verhalten des berechtigten hinzu. es muss die späte geltendmachung nach einem objektiven maßstab als verstoß gegen treu und glauben infolge verletzung oder gefährdung berechtigter interessen des anderen teils erscheinen lassen. 27in anwendung dieser grundsätze hat die klägerin ihren auf den antrag vom 14. märz 2010 gestützten anspruch auf übernahme in das beamtenverhältnis verwirkt. für das zeitmoment kann regelmäßig auf die jahresfrist abgestellt werden (vgl. § 58 abs. 2 satz 1 vwgo). diese frist ist hier verstrichen. hinsichtlich des umstandsmoments gilt, dass das beklagte land davon ausgehen durfte, dass die klägerin an ihrem antrag vom 14. märz 2010 nicht mehr festhalten wollte. die bezirksregierung e. hatte die klägerin in dem anhörungsschreiben vom 25. märz 2010 aufgefordert, innerhalb von zwei wochen gründe zu benennen, die gegen die beabsichtigte ablehnung des übernahmeantrags sprechen. dem ist die klägerin nicht nachgekommen. auch sonst ist die klägerin hinsichtlich ihres übernahmeantrages untätig geblieben. angesichts des umstandes, dass sie sich in mehreren anderen angelegenheiten schriftlich an die bezirksregierung gewendet hatte (unter anderem elternzeitanträge vom 30. mai 2010 und 13. februar 2012, antrag auf bewilligung von sonderurlaub vom 1. oktober 2012, antrag auf teilzeitbeschäftigung vom 2. februar 2015), durfte diese bei verständiger würdigung davon ausgehen, dass die klägerin ihren übernahmeantrag nicht mehr aufrechterhalten wollte. 28das verhalten der klägerin erweist sich im übrigen als widersprüchlich, soweit sie ihr übernahmebegehren auch auf den antrag vom 14. märz 2010 stützt. denn sie hat noch in ihrem neuerlichen antrag vom 27. juni 2015 zum ausdruck gebracht, dass sie diesen antrag als „erledigt“ betrachtet. so hat sie ausgeführt: „mein antrag auf verbeamtung vom 14.03.2010 wurde mit ihrem schreiben vom 25.03.2010 aus dem gleichen grund negativ beschieden“. auch wenn es sich bei dem in bezug genommenen schreiben der bezirksregierung e. lediglich um ein anhörungsschreiben und nicht um einen ablehnungsbescheid handelt, hat die klägerin doch keinen zweifel daran gelassen, dass sie ihren „altantrag“ auch ohne bescheidung als erledigt ansah. 29aus den vorgenannten gründen bleibt auch der hilfsantrag der klägerin erfolglos. 30die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |
126,947 | 27 K 2552/14 | 2016-01-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. 1Tatbestand: 2Der 30-jährige Kläger ist in L. als jüngstes von vier Kindern seiner türkischen Eltern geboren und selbst türkischer Staatsangehörigkeit. Seine Familie lebt seit mehr als 40 Jahren in L. . Sein Vater arbeitete bis zu einem Arbeitsunfall 1992 als Textilarbeiter und sodann bis 1998 in einem Getränkeshop. Bei einem Verkehrsunfall im Jahr 1998 wurde der Vater von einer Straßenbahn angefahren und ist seitdem nicht mehr arbeitsfähig und pflegebedürftig. In der Folgezeit bezogen die Eltern und der Kläger die Erwerbsunfähigkeitsrente des Vaters ergänzende Sozialhilfe. Die deutlich älteren Brüder des Klägers sind verheiratet und leben in eigenen Haushalten. 3Nach dem Besuch der Grundschule wechselte der Kläger 1996 auf die u. -N. -Realschule in L. . Im Jahre 1997 wurde er von dort verwiesen und wechselte auf die B. -T. Realschule in L. , wurde aber im Jahre 1998 auch von dort verwiesen und besuchte fortan die T1. -Hauptschule in L. , von der er im Oktober 2001 aus der 10. Klasse heraus (ohne Abschluss) abermals verwiesen wurde. 4Dem Kläger wurde erstmals im August 1997 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, die im Januar 2003 bis zum 18. Mai 2003 verlängert wurde. 5Der Kläger wurde wie folgt rechtskräftig verurteilt: 671. Mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 15. Mai 2002 (4 Js 254/02) wurde er wegen Raubes sowie Diebstahls in sieben Fällen (Tatbeschreibung siehe unten) zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die zunächst auf die Berufung des Klägers hin mit Urteil des Landgerichts L. vom 6. November 2002 zur Bewährung ausgesetzt wurde, woraufhin der Kläger noch am selben Tage aus der Untersuchungshaft entlassen wurde; die Aussetzung wurde jedoch wegen gröblichen und beharrlichen Verstoßes gegen seine Bewährungsauflagen (Teilnahme an einem Anti-Aggressionstraining und an schulischer Ausbildung sowie Kontakthaltung mit seinem Bewährungshelfer) mit Beschluss vom 3. Juni 2003 widerrufen und der Kläger noch am selben Tage wieder inhaftiert. 828. Dezember 2001: Im Zusammenhang mit Streitigkeiten über Geldschulden anlässlich der Beendigung seiner Beziehung mit seiner Freundin entriss der Kläger der Freundin in deren Wohnung gewaltsam das Portmonee, entfernte sich aus der Wohnung und hob mit der im Portmonee befindlichen EC-Karte und der ihm bekannten Geheimnummer von einem Bankautomaten 200 DM ab. Geld, Portmonee und EC-Karte gab der Kläger der Geschädigten später zurück. 918./19. Januar 2002: Der Kläger schlug mit einem Nothammer die Schaufensterscheibe eines Secondhand-Ladens ein und entwendete sodann ca. drei Handys und acht PSP2-Spiele. 107./8. Februar 2002: Der Kläger schlug mit einer Stahlkugel eine Scheibe eines Geschäftes ein und entwendete mehrere Rasierapparate. 119./10. Februar 2002: Der Kläger schlug erneut eine Scheibe des vorgenannten Geschäftes ein und entwendete wiederum mehrere Rasierapparate, die zusammen mit denjenigen aus der vorangegangenen Tat einen Wert von knapp 1000 Euro hatten. 1211./12. Februar 2002: Der Kläger schlug mit einer Stahlkugel eine Scheibe eines Asia-Shops ein und entwendete Teleskopschlagstöcke, Messer und Schwerter im Gesamtwert von über 2000 Euro. 1313./14. Februar 2002: Der Kläger schlug mit einem Nothammer ein Loch in die Fensterscheibe eines Geschäfts und entwendete vier Schreckschusswaffen. 1416./17. Februar 2002: Der Kläger schlug mit einer Stahlkugel die Scheibe eines Kiosks ein und entwendete mehrere Stangen Zigaretten sowie drei Flaschen Wodka. 1522. Februar 2002: Der Kläger schlug mit einer Stahlkugel eine Scheibe des Geschäfts aus der Tat vom 13./14. Februar 2002 ein, entnahm eine silberne Pistole, die er jedoch liegen liess, als sich mehrere Autos näherten. Kurz nachdem er diesen Tatort verlassen hatte, konnte er festgenommen werden. 16Zu den persönlichen Verhältnissen des Klägers stellte das Amtsgericht überdies fest: Nach dem Unfall des Vaters habe der Kläger immer höhere Ansprüche in Bezug auf persönliche Freiheiten, Finanzen und Ausgehzeiten entwickelt und sei zunehmend ungeduldig und aggressiv geworden. Die älteren Brüder hätten auf sein Verhalten in den letzten Jahren mit Stockschlägen und Züchtigungen reagiert. Seine Mutter sei nicht in der Lage gewesen, ihm Grenzen aufzuzeigen und diese durchzusetzen. So sei der Angeklagte aggressiv und laut geworden, wenn ihm ein Wunsch nicht erfüllt worden sei. In diesem Zusammenhang habe er auch seiner Mutter körperlich zugesetzt und sie bestohlen. Am 3. Dezember 2001 sei es zu einer Eskalation gekommen, als seine Freundin, die zuvor über drei Monate lang mit dem Kläger in dessen Zimmer gewohnt hätte, die Wohnung auf Wunsch der Mutter habe verlassen sollen. Es habe sich ein lautstarker Streit entwickelt, in dessen Verlauf der Kläger auf einen seiner Brüder mit dem Messer losgegangen sei. Die hinzugerufene Polizei habe die Situation entschärfen und dem Kläger das Messer abnehmen können. 17Im Rahmen der Strafzumessung führte das Amtsgericht aus: Eine Aussetzung der erstmals gegen den Kläger verhängten Jugendstrafe zur Bewährung habe nicht erfolgen können. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger allein durch die vorliegende Verurteilung ausreichend beeindruckt sein könne, um nicht erneut Straftaten zu begehen. Der Kläger lebe, nachdem er von seiner Mutter aufgrund seines aggressiven und tätlichen Verhaltens der Wohnung verwiesen worden sei, bei einem Freund. Dort gehe er einem geregelten Tagesablauf nicht nach und entwickle auch keine Perspektive für sein zukünftiges Leben. Er lebe in den Tag hinein und das einzige, was einer gewissen Kontinuität unterworfen gewesen sei, seien die von ihm begangenen Straftaten gewesen. 18Das Landgericht ergänzte in tatsächlicher Hinsicht die Feststellungen insbesondere wie folgt: Der Kläger habe sich nach seiner Inhaftierung zunächst wenig einsichtig und zugänglich gezeigt. Erst nach Ablauf von drei Monaten sei er bereit gewesen, über sein Verhalten zu reflektieren und seine Fehler einzusehen. Es sei sodann zu einer langsamen Annäherung mit seiner Mutter gekommen, die ihn zuletzt regelmäßig besucht habe. Der Kläger habe sich mit seiner Mutter ausgesprochen und sie sei aufgrund seiner Verhaltensveränderung bereit, ihn wieder im elterlichen Haushalt aufzunehmen. Auch mit seinen Brüdern habe er sich ausgesöhnt. Der Kläger, der in der Untersuchungshaft von April bis Juli 2002 ein Berufskolleg besucht habe, möchte in Zukunft den Hauptschulabschluss schaffen und eine Berufsausbildung absolvieren. 19Hinsichtlich der Strafzumessung sei – so das Landgericht weiter – zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er in vollem Umfang geständig gewesen sei, die geraubten/gestohlenen Gegenstände zum Teil zurückgegeben habe und ihn die inzwischen mehr als acht Monate währende Untersuchungshaft stark beeindruckt habe. Zulasten des Klägers müsse sich demgegenüber auswirken, dass er eine Vielzahl erheblicher Straftaten begangen habe und die Beute dabei erheblich gewesen sei. Aufgrund der zwischen den Instanzen erfolgten positiven Entwicklung könne die tat- und schuldangemessene Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden, da nunmehr zu erwarten sei, dass der Angeklagte im Verlauf der Untersuchungshaft eine Einsicht dahingehend entwickelt habe, dass er sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs unter der erzieherischen Einwirkung der Bewährungszeit künftig einen rechtschaffenden Lebenswandel führen werde. Hierfür spreche auch, dass er während der Haft an einer schulischen Ausbildung teilgenommen, in der Hafteinrichtung eine verantwortungsvolle Tätigkeit übernommen und auch an einer Anti-Aggressionsgruppe und einer Streitgruppe teilgenommen habe. 20Anknüpfend an diese Verurteilung mahnte die Beklagte den Kläger ausländerrechtlich unter dem 30. Januar 2003 ab, wies aber darauf hin, dass die Verurteilung derzeit nicht zum Anlass ausländerrechtlicher Maßnahmen genommen werde. 21222. Mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 5. November 2003 (4 Js 579/03) wurde er wegen Bedrohung unter Einbeziehung der Jugendstrafe aus dem zuvor genannten Urteil zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, die nach der – am 3. Juni 2003 aufgenommenen – Verbüßung von zwei Dritteln in der Annahme eines beim Kläger durch den Strafvollzug nachhaltig bewirkten Eindrucks und angesichts seiner Bemühungen zur Erlangung der Fachoberschulreife aus der Haft heraus mit Beschluss vom 5. Februar 2004 ab dem 13. Februar 2004 zur Bewährung ausgesetzt wurde. 2313. Mai 2003: Der Kläger verlangte von seiner Mutter die Herausgabe eines Geldbetrages von 175 Euro, um seinen Pass verlängern zu lassen. Als seine Mutter dies mangels ausreichender finanzieller Mittel verweigerte, holte der Kläger aus der Küche ein Küchenmesser und hielt es ihr drohend mit den Worten entgegen: „Ich will innerhalb von 2 Tagen mein Geld, ansonsten schneide ich Dir die Kehle durch!“. 24Im Rahmen der Strafzumessung führte das Gericht aus: Für eine Strafaussetzung zur Bewährung sei kein Raum gewesen. Der Kläger habe sich als krasser Bewährungsversager erwiesen und aus seiner Vorverurteilung offensichtlich nicht die notwendigen Schlüsse gezogen. 25Auf seine Anhörung vom 30. Januar 2004 zur beabsichtigten Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nach Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis teilte der Kläger mit, dass er in der Haft in letzter Zeit viel dazu gelernt habe, mit der Hilfe seines großen Bruders weiter an sich arbeiten, künftig ein ordentliches Leben führen und auch kurzfristig seine Ausweisangelegenheiten erledigen werde. Nach seiner Haftentlassung hielt er zunächst keinen Kontakt zur Ausländerbehörde, sprach erst wieder am 4. November 2004 dort vor, beantragte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und führte hierzu aus, dass er nach seiner Inhaftierung zunächst nicht zurecht gekommen sei, er aber dann eingesehen habe, dass es so nicht weitergehen könne, daraufhin wieder bei seiner Mutter habe einziehen dürfen, den Kontakt zur Bewährungshilfe aufgenommen und sich um seine Passangelegenheit gekümmert habe; des Weiteren besuche er seit September 2004 regelmäßig die Abendrealschule – Weiterbildungskolleg der Stadt L. , wolle sich beim Arbeitsamt melden und eine Arbeitsstelle suchen. 26273. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 1. Oktober 2004 (3 Js 960/04) wurde der Kläger wegen Erschleichens von Leistungen (unentgeltliche Benutzung der Krefelder Straßenbahn am 17. Mai 2004) zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. 28Am 1. Februar 2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er infolge von Meinungsverschiedenheiten mit dem Biologielehrer über Fehlzeiten von der Schule abgegangen sei und derzeit weder eine Schul- noch eine Berufsausbildung mache. Am 24. März 2005 wurde der Kläger von Amts wegen nach unbekannt verzogen abgemeldet. 29304. Sodann wurde der Kläger mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts L. vom 23. September 2005 (27 Js 1547/04) wegen Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 5. November 2003 zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt, die der Kläger ab dem 26. April 2006 unter zweimaliger zwischenzeitlicher Aussetzung zur Bewährung (vom 27. Februar bis zum 12. Oktober 2007 und vom 16. Mai 2008 bis zum 31. Juli 2009) und deren jeweiligen Widerrufs letztlich bis zum 16. September 2009 verbüßte. 3122. März 2005: Der Kläger hatte mit einem Mädchen Streit in einem L1. Internetcafé und versetzte ihr in diesem Zusammenhang eine Ohrfeige. Als er von einem unbeteiligten Zeugen befragt wurde, wie er dazu komme, ein Mädchen zu schlagen, nahm er dies zum Anlass, dem völlig überraschten Zeugen mit der Faust mindestens zweimal ins Gesicht zu schlagen, wodurch dieser zu Boden ging, einen doppelten Unterkieferbruch erlitt und zehn Tage stationär behandelt werden musste. 32Im Rahmen der Strafzumessung führte das Gericht aus: Der Kläger wisse nach wie vor nicht, mit seinen Aggressionen umzugehen. Zu seinen Lasten sei gewürdigt worden, dass er einschlägig vorbelastet sei und auch aus der längeren Haft nicht die nötigen Konsequenzen gezogen habe. Schließlich müsse auch sein äußerst brutales Vorgehen Berücksichtigung finden. Wie wenig er im übrigen bereit sei, sich an Regeln und Normen zu halten, zeige auch das negative Bewährungsverhalten des Klägers, der den Kontakt zur Bewährungshilfe nach einem Gespräch im Januar 2005 abgebrochen und drei nachfolgenden Einladungen nicht mehr Folge geleistet habe. 33Der im Dezember 2006 aus der Haft heraus erfolgten Ankündigung, sich unverzüglich nach seiner Entlassung mit der Ausländerbehörde in Verbindung zu setzen, kam der Kläger in der Folgezeit nicht nach. Nach Angaben seiner Mutter war er zwischenzeitlich wieder bei ihr in der L2.-----straße 0x wohnhaft. Einer dort im März 2009 hinterlassenen Aufforderung zur Anmeldung kam er jedoch nicht nach und hielt auch ansonsten weiterhin über Jahre hinweg keinen Kontakt mit der Ausländerbehörde. In dieser Zeit wurden gegen ihn zahlreiche strafrechtliche Ermittlungsverfahren geführt, unter anderem wegen Unterschlagung, gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Bedrohung, räuberischer Erpressung, Hausfriedensbruch, Diebstahls, Beleidigung und Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz, die jedoch zu keiner weiteren Verurteilung führten. 34Zum 21. Februar 2011 meldete sich der Kläger bei der Meldebehörde mit einer neuen Wohnung in der J. Straße 000 an und sprach nach Einladung und Erinnerung erstmals wieder am 25. März 2011 bei der Ausländerbehörde vor. Dabei gab er an: Er sei seit 2005 immer wieder mit Unterbrechungen in Haft gewesen, habe sich ansonsten in L. bei Freunden oder bei der Familie aufgehalten, zu seinen Eltern aber nur sehr wenig Kontakt gehabt. Er habe versucht, mithilfe seiner Freunde Arbeit zu finden, aber ohne Nationalpass und Aufenthaltserlaubnis nichts erreichen können. In der JVA habe er seinen Schweißerschein gemacht und wolle Arbeit in dieser Richtung finden.- Daraufhin wurde dem Kläger am 25. März 2011 eine Duldung mit der Nebenbestimmung „Erwerbstätigkeit nicht gestattet“ ausgehändigt. 35Am 4. Mai 2011 wurde der Kläger jedoch wieder von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet und hielt erneut keinen Kontakt zur Ausländerbehörde. Am 22. August 2011 wurde der Kläger wegen unentschuldigten Nichterscheinens in einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung erneut inhaftiert, am 28. September 2011 wieder entlassen. 36375. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts L. vom 12. Oktober 2011 (15 Js 169/11) wurde der Kläger wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt. 3825. November 2010: Der Kläger schlug auf dem T2.-------platz in L. den Geschädigten mit der Faust ins Gesicht. Der Geschädigte erlitt eine geschwollene linke Wange. 39Am 1. Dezember 2011 wurde der Kläger in Untersuchungshaft genommen, am 6. Januar 2012 wieder entlassen. 40Am 23. November 2012 stellte der Außendienst der Beklagten fest, dass der Kläger wieder bei seinen Eltern in der L2.-----straße 0x wohnhaft ist. Mit dieser Adresse wurde der Kläger sodann von Amts wegen rückwirkend zum 5. Mai 2011 angemeldet. 41426. Sodann wurde der Kläger mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 25. August 2012 (31 Js 424/11) wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und Sachbeschädigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt, aus der mit Beschluss des Amtsgerichts L. vom 20. Februar 2013 zusammen mit der mit Urteil vom 12. Oktober 2011 verhängten Geldstrafe eine Gesamtstrafe von 150 Tagessätzen zu je 20 Euro gebildet wurde, hinsichtlich derer der Kläger zunächst vom 4. bis zum 12. Februar 2014 eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßte; die dadurch noch nicht verbüßte Geldstrafe i.H.v. 2060 Euro wurde sodann durch Freunde beglichen. 432. April 2011: In der Nacht hatte der Kläger auf dem V. in L. 1,62 g Marihuana in seinem Gewahrsam, obwohl ihm bewusst war, dass er zum Besitz nicht berechtigt war. Kurz zuvor trat er auf dem T3. gegen die Beifahrertür eines vorbeifahrenden Fahrzeuges, an dem ein Schaden von 2325,33 Euro entstand. Um 3:50 Uhr befand sich im Blut des Klägers eine Alkoholkonzentration von 2,06 Promille, so dass er beide Handlungen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat. 44457. Mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 22. Februar 2013 (4 Js 642/12) wurde der Kläger wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. 4622. September 2012: Im Rahmen eines Wortwechsels mit dem Betreiber der vom Kläger besuchten Gaststätte, für deren Rechnung er ca. 10 Euro zu wenig Geld bei sich hatte, schlug der Kläger dem Betreiber unvermittelt mit voller Wucht die Faust auf den linken Mundwinkel, um zu verhindern, dass dieser seine offene Forderung weiter durchsetzte. Der Betreiber erlitt zwei Platzwunden am Kopf und verlor drei Zähne, deren Wiederherstellung einen Aufwand von 2500 Euro erforderte. 47Zur Strafzumessung führte das Gericht aus: Aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere des einschlägigen strafrechtlichen Vorlebens des Klägers sowie des erheblichen Gewalteinsatzes sei auch unter Berücksichtigung einer erheblichen alkoholischen Enthemmung die Annahme eines minder schweren Falles der räuberischen Erpressung nicht vertretbar gewesen, zumal der Kläger eingeräumt habe, er wisse, dass er unter Alkoholeinfluss gewalttätig werde. Bei der Strafzumessung im engeren Sinne seien die zulasten des Klägers sprechenden und gegen die Annahme eines minder schweren Falles ausschlaggebenden Umstände nur noch in abgeschwächter Form zu berücksichtigen, zu seinen Gunsten aber in vollem Umfang, dass er die Tat unter Beschönigung eingeräumt habe. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe habe – wenn auch mit Bedenken – noch zur Bewährung ausgesetzt werden können. Dem Kläger sei allerdings deutlich vor Augen geführt worden, dass er bei neuerlichen Straftaten, insbesondere im Bereich von Gewaltdelikten, mit dem Widerruf der Strafaussetzung und gegebenenfalls auch mit der Verhängung von Freiheitsstrafen rechnen müsse, deren Vollstreckung dann nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden könne. 48Am 28. Februar 2014 holte die Beklagte beim Sozialversicherungsträger die telefonische Auskunft ein, dass der Kläger in den vergangenen fünf Jahren weder sozialversicherungspflichtig, noch in Form eines so genannten Minijobs beschäftigt gewesen sei. 49Nach Anhörung, auf die der Kläger die unverzügliche Ausstellung der deklaratorischen Bescheinigung über sein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht beantragte, wies die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 13. März 2014 – dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am Folgetage gegen Empfangsbekenntnis zugestellt – unter Annahme erhöhten Ausweisungsschutzes nach nationalem Recht und nach Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB) nach Ermessen aus dem Bundesgebiet aus, lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab, drohte ihm für den Fall, dass er nicht innerhalb von 30 Tagen ab Zustellung dieser Verfügung ausreist, die Abschiebung in sein Heimatland Türkei an und befristete das mit der Ausweisung und einer durchgeführten Abschiebung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot auf die Dauer von fünf Jahren ab Ausreise. Zur Begründung führte sie unter anderem aus: Durch Verwirklichung eines Ausweisungstatbestandes nach § 53 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) durch Verurteilung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren im Jahr 2005 sei ein schwerwiegender Ausweisungsgrund gegeben. Dies zeige sich auch konkret im betreffenden Strafurteil und dem Strafmaß. Darüber hinaus habe der Kläger in der Folgezeit weitere schwere Straftaten begangen, die zu weiteren Verurteilungen, letztlich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten geführt hätten. Nach alledem liege unzweifelhaft sowohl einzelfallbezogen als auch in der Gesamtschau ein gravierender Ausweisungsanlass vor. Bei Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Klägers und seines bislang dargelegten Verhaltens bestehe auch die hinreichend konkrete Gefahr, dass er erneut einschlägige oder im Gewicht vergleichbare Verfehlungen begehe und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgehe, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Die Wiederholungsgefahr, die vom Kläger für wichtigste Rechtsgüter ausgehe, ergebe sich sowohl aus der Schwere der abgeurteilten Taten als aus der Tatbegehung und Dauerhaftigkeit schon deutlich. Im Verlauf der letzten elf Jahre sei der Kläger regelmäßig und wiederholt durch die Begehung neuer Straftaten aufgefallen. Auch längere Zeiten der Inhaftierung hätten niemals zu seiner Resozialisierung führen können. Eine Vielzahl seiner Taten seien unter dem Einfluss von Alkohol begangen worden und zeugten von erheblicher Brutalität. Mehrere Menschen seien von ihm zum Teil schwer verletzt worden, ohne dass eine Kompensation des Schadens erfolgt sei. Vielmehr habe der Kläger im Rahmen der letzten mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2013 erklärt, dass er unter Alkoholeinfluss nun einmal keine Kontrolle mehr über sich habe. Auch die letztlich eingestellten Verfahren ließen in der Gesamtschau erkennen, dass der Kläger über Jahre hinweg die Zeiten außerhalb des Strafvollzugs vor allem dazu genutzt habe, seine Aggressionen gegen seine Mitmenschen und des Öfteren gegen seine Lebensgefährtinnen zu richten. Bereits die abgeurteilten Straftaten aus dem Jahre 2002 stünden symptomatisch für seinen späteren Werdegang als jugendlicher und erwachsener Intensivstraftäter. Durch seine an- und fortdauernden Verstöße gegen geltendes Recht, die vollkommene Ignoranz gegenüber den hiesigen Behörden und die völlige Verweigerung der Partizipation am wirtschaftlichen und/oder gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland zeige er deutlich seine rechtsfeindliche Gesinnung auf. Jedes Vertrauen in eine Zäsur seines Lebenswandels seitens der Justiz oder der Ausländerbehörde sei vom Kläger untergraben worden. Er habe mehrfach während laufender Bewährung versagt. Trotz seines wiederholt beteuerten Wissens um sein erhöhtes Aggressionspotenzial unter Alkoholeinfluss trinke der Kläger – wie sich aus seiner Facebook-Seite und aus polizeilichen Erkenntnisberichten ergebe – weiterhin. Er gehe keiner Beschäftigung nach, lebe in den Tag hinein und sei für die Rechtsordnung nicht mehr erreichbar. Den schwerwiegenden und spezialpräventiven Ausweisungsgründen stehe das Interesse des Klägers an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet gegenüber, das sich insbesondere daraus ergebe, dass er sich langjährig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte, in der Haft einen Hauptschulabschluss erlangt habe und hier über familiäre Bindungen zu seinen Eltern und Geschwistern verfüge. Eine qualifizierte Berufsausbildung oder eine längerfristige Beschäftigung habe er aber niemals ausgeübt, so dass eine wirtschaftliche Integration nicht erfolgt sei. Seine Eingliederung im Bundesgebiet habe er durch Straffälligkeit und Inhaftierung wissentlich und willentlich selbst zur Disposition gestellt. Die Folgen der Ausweisung für seine Familienangehörigen seien ebenfalls nicht geeignet, von einer Ausweisung abzusehen. Sein Vater werde von seiner Mutter gepflegt, ohne dass eine Teilhabe an der Pflege durch den Kläger ersichtlich sei. Angesichts der Schwere der Straftaten und der vom Kläger ausgehenden Gefahren für elementare Rechtsgüter überwiege daher das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung. Schließlich sei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt und seine Ausweisung auch mit der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), insbesondere mit Art. 8 vereinbar. Dass keinerlei soziale und soziokulturelle Beziehungen mehr zum Staat seiner Staatsangehörigkeit bestünden, sei vorliegend nicht gegeben. Angesichts der von ihm verfassten Facebook-Einträge und seiner Angaben auf einem Anmeldebogen für das Arbeitsamt L. verfüge der Kläger auch über türkische Sprachkenntnisse. Die festgesetzte Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbotes von fünf Jahren sei unter Berücksichtigung der gefährdeten Rechtsgüter und der hohen Rückfallgefahr nicht überhöht, sondern lediglich der Relativierung unter Berücksichtigung höherrangigen Rechts hinsichtlich seiner Geburt und seines seitdem augenscheinlich ununterbrochenen Aufenthaltes im Bundesgebiet sowie der familiären Bindungen zu seinen hier lebenden Eltern und Geschwistern geschuldet. 50Mit der hiergegen gerichteten Klage vom 14. April 2014 trägt der Kläger vor: Er sei das Kind eines türkischen Arbeitnehmers in Deutschland, der alle Stufen des Erwerbs einer Rechtsstellung nach Art. 6 ARB durchlaufen habe, so dass er nach Art. 7 ARB selbst ein entsprechendes Aufenthaltsrecht besitze. Er habe nicht nur einen Hauptschulabschluss, sondern auch eine Berufsausbildung als Schweißer erfolgreich absolviert. Wenn auch ein Großteil der Pflege von seiner Mutter geleistet werde, helfe er bei der täglichen Pflege seines schwerbehinderten Vaters mit. Seine Straffälligkeit in der Vergangenheit solle nicht in Abrede gestellt werden. Ihm sei jedoch durch die Beklagte über viele Jahre hinweg, wenigstens seit 2004 großes Unrecht geschehen, das ursächlich oder jedenfalls mitbegründend für seine offensichtliche Haltlosigkeit, seine eher mäßige Integration und durchaus auch für die wiederholt vorgekommenen Straftaten sei. So habe ihm die Beklagte letztmalig bis 2004 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt und damals seinen Reisepass einbehalten, obwohl sie hierzu mangels seiner Ausreisepflicht auch nach § 50 AufenthG nicht berechtigt gewesen sei. Ohne Pass bekomme man in der Praxis keinerlei Arbeit mehr. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte ihm in der Folge über Jahre hinweg nur noch Duldungen ausgestellt habe, teilweise sogar mit der Auflage, dass eine Erwerbstätigkeit nicht gestattet sei. Später habe die Beklagte ihm nicht einmal mehr Duldungsbescheinigungen ausgestellt, obwohl er mit einem Arbeitsangebot dort vorgesprochen habe. Nur wenige dieser Vorsprachen seien in der Ausländerakte dokumentiert. Außerdem halte die Beklagte ihm in der angegriffenen Verfügung längst Verjährtes, eigentlich Straffreies, Eingestelltes, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Verbrauchtes und sogar nicht mehr im aktuellen Bundeszentralregisterauszug Verzeichnetes entgegen. Des Weiteren habe die Beklagte sich illegal Erkenntnisse aus seinem Facebook-Konto beschafft und diese zur Untermauerung einer angeblichen Wiederholungsgefahr gegen ihn verwendet. Eine nationale Aufenthaltserlaubnis habe er bei der Beklagten im übrigen niemals beantragt, sondern lediglich im Jahre 2004 die Ausstellung der deklaratorischen Bescheinigung über sein ohnehin bestehendes Aufenthaltsrecht nach dem ARB. Er sei völlig mittellos, ohne Möglichkeit, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, und obendrein nicht krankenversichert, sondern völlig auf die Unterstützung seiner Eltern und von Freunden angewiesen. 51Mit der Klage legt der Kläger ein Zeugnis der Schweißtechnischen Lehranstalt B1. vom 30. April 2007 über eine bestandene Prüfung zum Kehlnahtschweißer nach einem Fortbildungslehrgang vor. 52Im Laufe des Klageverfahrens hat die Beklagte in einem Erörterungstermin vom 17. März 2015 die Vollziehung aus ihrem Bescheid vom 13. März 2014 vorbehaltlich einer Änderung der Sach- und Rechtslage ausgesetzt, woraufhin ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren (Az.: 27 L 900/14) von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I 2015, S. 1386) hat sie mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2015 hinsichtlich der Befristung der Sperrwirkung folgende Ermessenserwägungen nachgetragen: Es werde nicht verkannt, dass der Kläger im Bundesgebiet geboren worden sei und sein gesamtes Leben hier verbracht habe. Zudem habe er aus der Strafhaft heraus einen Schulabschluss erlangt. Eine nachfolgende wirtschaftliche Integration sei nicht zu erkennen. Die Ankündigung des Klägers im Erörterungstermin zur Aufnahme einer Ausbildung sei anschließend dahingehend relativiert worden, ein Praktikum aufzunehmen. Eine sozialpflichtige Beschäftigung liege bis heute nicht vor. Auch bestünden keine schützenswerten familiären Bindungen im Bundesgebiet. Darüber hinausgehende private Bindungen, die von Art. 8 EMRK geschützt seien, bestünden vornehmlich zu seiner Mutter und seinen Geschwistern. Die von Seiten des Klägers ausgehende Gefahr setze sich fort. Er erhalte seine völlige Ignoranz gegenüber Regeln und Pflichten aufrecht. Dies gelte insbesondere auch für das laufende Bewährungsverfahren. Außerdem seien nach Erlass der Ausweisungsverfügung weitere Vorwürfe wegen Nachstellungen und Misshandlungen gegenüber Frauen bzw. kurzzeitigen Lebensabschnittsgefährtinnen erhoben worden. Dem Kläger sei es aufgrund seiner massiven Straffälligkeit und der von ihm ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuzumuten, sich in die Gegeben- und Gepflogenheiten seines Heimatlandes einzufinden. Selbst unter dem Druck eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und dem Damoklesschwert der Ausweisung bzw. drohenden Abschiebung gelinge es ihm nicht, auch nur während dieses Verfahrens eine wirtschaftliche Integration zu beginnen und sich straffrei zu halten. Für eine Zäsur seines Verhaltens lägen keine Anhaltspunkte vor. Soweit der Kläger geltend macht, dass sein Verhalten jedenfalls auch auf einem rechtswidrigen Verwaltungshandeln wenigstens seit 2004 beruhe, sei festzustellen, dass ihm nach mehrjährigem Kontaktabbruch zu den hiesigen Behörden lediglich im Jahr 2011 eine einzige – im Hinblick auf die erworbenen Rechte nach Art. 7 ARB – irrtümliche Duldung erteilt wurde und er sodann abermals den Kontakt abgebrochen habe. Die in der Ausweisung dargestellte Strafbiografie, die Einschätzungen und Beurteilungen der Strafgerichte, das Bewährungsversagen, die hohe Wiederholungsgefahr und Rückfallgeschwindigkeit, das Persönlichkeitsbild und die fehlenden Anhaltspunkte für einen Persönlichkeitswandel belegten eine Gefährlichkeit des Klägers bis zu seiner Abschiebung, so dass eine Befristung auch jenseits der fünf Jahre in Betracht gekommen wäre. Ein Großteil der Straftaten habe er nicht als Jugendlicher oder Heranwachsender begangen, sondern in einem Alter, in dem eine nachhaltige Nachreifung in dem hier erforderlichen Maße nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden könne. Von einer höheren Sperrwirkung sei ausschließlich im Hinblick auf die privaten Bindungen des Klägers und die lange Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet abgesehen worden. 53Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 541.55die im Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 verfügte Ausweisung aufzuheben, 2.56die im Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 verfügte Abschiebungsandrohung aufzuheben und 3.57die im Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 unter Fristsetzung von 30 Tagen ab Zustellung verfügte Ausreiseaufforderung aufzuheben. 58Die Beklagte beantragt, 59die Klage abzuweisen. 60Sie nimmt zur Begründung auf die Ausführungen in der angefochtenen Verfügung Bezug und trägt ergänzend vor: Die zitierten Facebook-Einträge seien am 11. März 2014 frei öffentlich zugänglich und für keinen Nutzerkreis eingeschränkt gewesen. Durch entsprechende Rechtsprechung sei geklärt, dass von den Einträgen ohne Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen Kenntnis genommen werden könne, wenn der Betroffene selbst die Information öffentlich ins Netz stelle; auch einer Verwertung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens stehe unter diesen Umständen nichts entgegen (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 18 B 1159/13). 61Am 15. September 2014 hat eine ehemalige Freundin des Klägers, Frau Z. H. gegen den Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Bedrohung und Nötigung Strafanzeige gestellt und hierzu folgendes angegeben: Sie habe am 4. September 2014 den Kläger in seiner Wohnung in der L2.-----straße besucht. Er sei betrunken gewesen, ausgerastet, habe sie mehrmals von hinten getreten, ihr an den Hals gegriffen und sie gewürgt, so dass sie noch jetzt Schmerzen beim Schlucken habe. Nachdem andere Personen die Polizei verständigt hätten, sei sie auf Anforderung der Beamten, in ihre Wohnung gegangen. Als sie am nächsten Tag nachhause gegangen sei, habe der Kläger schon vor dem Haus gewartet, sie getreten und geschubst und ihr dann mit der Faust ins Gesicht geschlagen, so dass sie gegen die Briefkästen geprallt sei. Die Polizei sei gekommen und habe den Kläger mitgenommen. Sie sei zu einer Freundin gegangen. Als sie am nächsten Tag in ihre Wohnung gekommen sei, sei die Tür aufgebrochen und die Wohnung verwüstet gewesen, wovon der Kläger ihr Bilder auf ihr Handy geschickt habe. Seit dem 11. September erhalte sie etwa 100 SMS oder Anrufe von ihm, in denen er ihr deutlich mache, dass alles nur noch schlimmer würde, wenn sie Anzeige erstatte. Er habe ihr Fotos von einer Pistole geschickt, sie beleidigt und ihre Freundin und sie bedroht, sie umzubringen. Am 14. September sei sie mit ihrem Auto nachhause gefahren, wo vor dem Haus bereits der Kläger mit einem anderen Mann in einem Auto gewartet und sie anschließend verfolgt habe. Sie werde erstmal bei einer Freundin wohnen und beim Amtsgericht eine einstweilige Verfügung beantragen. 62Mit Beschluss des Familiengerichts L. vom 16. September 2014 ist dem Kläger auf Antrag der Frau Z. H. befristet bis 16. Dezember 2014 unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verboten worden, diese zu bedrohen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln, sich ihrer Wohnung weniger als 20 m zu nähern und mit ihr – auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln – Verbindung aufzunehmen (68 F 261/14). 63Mit Verfügung vom 24. Oktober 2014 hat die Staatsanwaltschaft L. das betreffende strafrechtliche Ermittlungsverfahren 5 Js 899/14 eingestellt, die Geschädigte auf den Privatklageweg verwiesen und ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung mit dem Hinweis darauf verneint, dass es sich um eine Beziehungstat handele. 64Zum 1. April 2015 hat sich der Kläger zu seiner aktuellen Meldeadresse in der T4.----straße 00 in L. umgemeldet. 65Der Kläger hat bei der Beklagten zuletzt am 29. Juni 2015 vorgesprochen, woraufhin ihm eine Duldung bis zum 28. September 2015 ausgehändigt worden ist. 66Mit Beschluss vom 2. November 2015 hat das Landgericht L3. (166 StVK 142/14 BEW) die mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 22. Februar 2013 im Verfahren 4 Js 642/12 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen, dabei festgestellt, dass die Leistungen, die der Kläger im Bewährungsverfahren erbracht hat, dergestalt auf die Strafe angerechnet werden, dass ein Zeitraum von drei Monaten als verbüßt gilt, und zur Begründung ausgeführt, dass von den auferlegten Arbeitsstunden trotz Aufforderung durch die Gerichtshilfe nach wie vor sechs unentschuldigt nicht erbracht seien und der Kläger auch zum gerichtlichen Anhörungstermin vom 2. November 2015 nicht erschienen sei. 67Zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht am 19. Januar 2016 ist der Kläger nicht erschienen. 68Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsvorgänge der Beklagten einschließlich der von ihr beigezogenen Strafakten sowie des vom Gericht beigezogenen Bewährungsheftes des Landgerichts L3. zum Verfahren 166 StVK 142/14 BEW Bezug genommen. 69Entscheidungsgründe: 70Das Gericht kann in der Sache entscheiden, obwohl der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2016 nicht vertreten war. Denn der Kläger ist zu diesem Termin ordnungsgemäß geladen und gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Möglichkeit einer Entscheidung trotz Abwesenheit hingewiesen worden (Blatt 116, 118 und 121 der Gerichtsakte). 71Die Klage ist dahingehend auszulegen, dass sie darauf gerichtet ist, 72die Ausweisungsverfügung und Abschiebungsandrohung im Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 aufzuheben, 73hilfsweise, die Beklagte unter entsprechender Abänderung ihres Bescheides vom 13. März 2014 in der Gestalt der Erklärung vom 1. Oktober 2015 zu verpflichten, das mit der Ausweisung und einer Abschiebung nach § 11 Abs. 1 AufenthG verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sofort zu befristen. 74Mit der Klage wendet sich der Kläger zwar ausdrücklich lediglich gegen die im Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 verfügte Ausweisung nebst Abschiebungsandrohung sowie Ausreiseaufforderung. Zum einen ist die Klage der Sache nach aber auf die Sicherstellung eines weiteren Aufenthalts des Klägers im Bundesgebiet oder aber zumindest auf die Begrenzung der mit der Ausweisung und einer Abschiebung gesetzlich verbundenen Folgen und damit sinngemäß neben der Aufhebung der Ausweisung und Abschiebungsandrohung hilfsweise auch auf die Abänderung der Befristungsentscheidung gerichtet. Zum andern enthält der Bescheid vom 13. März 2014 keine (anfechtbare) Ausreiseaufforderung, der es im übrigen auch nicht bedarf. Im Bescheid vom 13. März 2014 wird lediglich die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Ausreiseverpflichtung (§ 50 AufenthG) festgestellt. Der Hinweis auf die Ausreisepflicht stellt jedoch mangels Regelungsgehaltes keinen Verwaltungsakt dar. 75Vgl. Thüringer OVG, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 3 EO 387/02 –, EZAR 040 Nr. 6; Hailbronner, Ausländerrecht – Kommentar, Stand: November 2015, § 50 Rn. 4; vgl. dazu, dass selbst eine ausdrückliche Ausreiseaufforderung nicht die Ausreisepflicht begründet, sondern nur die jeder Abschiebungsandrohung immanente Aufforderung zum Verlassen des Bundesgebietes unterstreicht: BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1993 – 1 B 149.92 –, juris (Rn. 6). 76Die Fristsetzung ist Teil der Abschiebungsandrohung (vgl. § 59 Abs. 1 AufenthG). 77Die so verstandene zulässige Klage ist sowohl mit dem Hauptantrag (I.) als auch mit dem Hilfsantrag (II.) unbegründet. 78I. Die mit Bescheid der Beklagten vom 13. März 2014 verfügte Ausweisung (1.) und Abschiebungsandrohung (2.) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). 791. Die Ausweisung, für deren Überprüfung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist, 80vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2007 – 1 C 45.06 –, juris (Rn. 14 ff.) und vom 13. Januar 2009 – 1 C 2.08 –, juris (Rn. 12), 81findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 53 Abs. 1 bis 3, 54 f. AufenthG in der Fassung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I 2015 S. 1722) (a). Dass § 53 Abs. 1 AufenthG insoweit eine (gerichtlich voll überprüfbare) gebundene Entscheidung vorsieht, steht auch nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK und Art. 14 ARB – diese gebieten keine Ermessensentscheidung über die Ausweisung des Klägers (b). Ebenso wenig dürfte das Erfordernis einer Ermessensentscheidung aus den Stillhalteklauseln des Art. 13 ARB bzw. Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (ZP) folgen, was jedoch offen bleiben kann, da die Beklagte Ermessen ausgeübt hat und ihre Entscheidung ermessensfehlerfrei ist (c). 82a) Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird unter anderem ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Dabei setzt die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach den im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht entwickelten Grundsätzen voraus, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet ein Schaden an einem der Schutzgüter eintreten wird. 83Vgl. die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 49. 84Umstände, die ein Interesse an der Ausreise, d.h. ein Ausweisungsinteresse begründen, 85vgl. zu dieser begrifflichen Gleichsetzung Cziersky-Reis in: Hofmann, NomosKommentar – Ausländerrecht (NK-AuslR), 2. Aufl., § 53 Rn. 16, 86benennt und bewertet das Gesetz als schwer bzw. besonders schwer in § 54 AufenthG. Umstände, aus denen sich ein Interesse des Ausländers an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet ergibt, werden in § 53 Abs. 2 und § 55 AufenthG angeführt und in letztgenannter Vorschrift als schwer bzw. besonders schwer bewertet. Die Aufzählung von Umständen in § 54 f. AufenthG, die zur Annahme eines Ausweisungs- bzw. Bleibeinteresses führen können, ist jedoch nicht abschließend. Insbesondere sollen in die Abwägung die Kriterien mit einbezogen werden, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) insoweit zu Art. 8 EMRK entwickelt worden sind: Art und Schwere der Straftat, Dauer des Aufenthaltes im Gastland, seit der Tatzeit verstrichene Zeitspanne und Verhalten des Ausländers in dieser Zeit, Staatsangehörigkeit der Betroffenen, familiäre Situation und Dauer einer etwaigen Ehe, etwaige Kenntnis des Ehegatten von der Straftat bei Aufnahme der Beziehung, etwaige aus der Ehe hervorgegangene Kinder, ihr Alter und das Maß an Schwierigkeiten, denen der Ehegatte und/oder die Kinder im Abschiebezielland begegnen können, sowie Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gaststaat und zum Abschiebezielland. 87Vgl. die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 49 f.; vgl. zu diesen sog. Boultif/Üner-Kriterien: EGMR, Urteil vom 2. August 2001 – Individualbeschwerde Nr. 54273/00 –, InfAuslR 2001, 476 (478); EGMR, Urteil vom 18. Oktober 2006 – Individualbeschwerde Nr. 46410/99 <Üner> –, juris (Rn. 57 f.). 88Dabei werden in den jeweiligen Abs. 1 und 2 der §§ 54 f. AufenthG die Ausweisungs- bzw. Bleibeinteressen nur allgemein als schwer bzw. besonders schwer typisiert, ohne dabei im Sinne eines Automatismus bzw. Schemas die letztliche Interessenabwägung zu bestimmen. Erforderlich und maßgeblich ist stets eine umfassende und ergebnisoffene Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles, die nach dem Gesetzeswortlaut gerichtlich voll überprüfbar ist. 89Vgl. auch die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 49 f. 90Für bestimmte Personengruppen, so auch für Ausländer mit einem Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei wird der Ausweisungstatbestand durch § 53 Abs. 3 AufenthG in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) 91vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 – C-371/08 –, juris (Rn. 79 ff.), 92dahingehend eingeschränkt, dass die Ausweisung nur erfolgen darf, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Mit der erstgenannten Voraussetzung darf jedenfalls für diese Personengruppe eine Ausweisung nur auf spezialpräventive Gründe gestützt werden. 93Vgl. die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 49 f. 94Mit dem zweiten Erfordernis der Unerlässlichkeit der Ausweisung ist keine weitere Verschärfung der Ausweisungsvoraussetzungen verbunden, sondern wird entsprechend den genannten Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes 95vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 – C-371/08 –, juris (Rn. 82 und 86) in Anknüpfung an EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 – C-303/08 –, juris (Rn. 60), 96lediglich die besondere Bedeutung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hervorgehoben. 97Vgl. Neidhardt, HTK-AuslR, § 53 AufenthG Abs. 3 01/2016 Nr. 3.3. 98Im übrigen bedarf es auch insoweit einer umfassenden Interessenabwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung der in §§ 53 Abs. 2, 54 f. AufenthG exemplarisch genannten Umstände des Einzelfalls. 99Gegen die Anwendung von §§ 54 f. AufenthG in diesen Fällen Cziersky-Reis in: Hofmann, NK-AuslR, 2. Aufl., § 53 Rn. 37, der allerdings die gesetzliche Typisierung in den Abs. 1 und 2 der §§ 53 f. AufenthG mit einem schematischen Punktesystem gleichsetzt, in dem man ein schweres Interesse mit fünf Punkten und ein besonders schweres Interesse mit zehn Punkten bewertet und im Rahmen der Schlussbetrachtung noch einmal bis zu zehn Punkte addiert oder abzieht (§ 53 Rn. 29 a.E.), im übrigen aber auch hinsichtlich Assoziationsberechtigter eine Abwägung im Einzelfall nach § 53 Abs. 1 AufenthG für erforderlich erachtet (Art. 14 ARB Rn. 10). 100Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen der § 53 Abs. 1 und 3 AufenthG für die Ausweisung des Klägers erfüllt. Das persönliche Verhalten des Klägers stellt gegenwärtig im Sinne des § 53 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AufenthG eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und ein Ausweisungsinteresse begründet (aa), das das Bleibeinteresse des Klägers (bb) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles überwiegt, so dass seine Ausweisung unerlässlich ist (cc). 101aa) Die vom Kläger in den vergangenen 15 Jahren begangenen Straftaten, die zu den in seinem aktuellen Strafregisterauszug angeführten und oben dargestellten sieben Verurteilungen geführt haben, begründen unter Berücksichtigung seines übrigen Verhaltens auch gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und ein Ausweisungsinteresse im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG, das der Gesetzgeber in § 54 AufenthG teils als schwer, teils als besonders schwer einstuft. Es besteht ein entsprechend gewichtiger Ausweisungsanlass und eine konkrete Wiederholungsgefahr. 102Insbesondere die zuletzt geahndete Straftat des Klägers vom 22. September 2012 – das Verbrechen der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung –, wegen derer er mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 22. Februar 2013 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden ist, bildet einen Ausweisungsanlass von entsprechend schwerem Gewicht. Die in dem angefochtenen Bescheid im Einzelnen beschriebene Tat richtet sich mit der körperlichen Unversehrtheit, dem Schutz des Vermögens und der Willensentschließungsfreiheit gegen sehr hohe Rechtsgüter und berührt damit ein Grundinteresse der Gesellschaft. Diese Rechtsgüter hat der Kläger in massiver Weise verletzt, wie sich aus dem strafrichterlichen Urteil, dessen Feststellungen von der Beklagten im angegriffenen Bescheid wiedergegeben und gewürdigt worden sind, ergibt. 103Hinsichtlich des Klägers besteht auch heute noch die konkrete Gefahr der Begehung weiterer schwerer Straftaten gegen bedeutende Rechtsgüter. Bei der Prüfung der individuellen Wiederholungsgefahr im Rahmen einer Ausweisung trifft das Verwaltungsgericht eine eigenständige Prognoseentscheidung. Dabei gelten nicht an Resozialisierungsgesichtspunkten, sondern an strengeren Kriterien orientierte und darüber hinaus eine längerfristige Gefahrenprognose erfordernde gefahrenabwehrrechtliche Maßstäbe. 104Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2008 – 18 A 1145/07 –, juris (Rn. 8). 105Für die Feststellung der Wiederholungsgefahr gilt ein differenzierender, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. 106Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Januar 2013 – 1 C 10.12 –, juris (Rn. 15), vom 10. Juli 2012 – 1 C 19.11 –, juris (Rn. 16), vom 2. September 2009 – 1 C 2.09 –, juris (Rn. 17) und vom 3. August 2004 – 1 C 30.02 –, juris (Rn. 26); OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 2003 – 18 B 2436/02 –, juris (Rn. 6). 107Bei der Prognose sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, aber auch die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt, der Entscheidung des Gerichts. 108Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Mai 2011 – 10 B 30.10 –, juris (Rn. 6) und Urteil vom 16. November 2000 – 9 C 6.00 –, juris (Rn. 16). 109Nach diesen Maßstäben ist die Einschätzung der Beklagten, dass von dem Kläger eine erhebliche Wiederholungsgefahr ausgeht, nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat in der angefochtenen Ordnungsverfügung zutreffend gewürdigt, dass dies sowohl aus der Schwere der abgeurteilten Straftaten als auch aus der Tatbegehung und der Dauerhaftigkeit sowie der Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Klägers und fehlender Anhaltspunkte für eine Zäsur seines Lebenswandels folgt. Das Gericht folgt den Ausführungen der Beklagten auf den Seiten 19-22 ihrer Ordnungsverfügung vom 13. März 2014 und sieht daher gemäß § 117 Abs. 5 VwGO insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe ab. 110Ergänzend und vertiefend ist zur Frage der Wiederholungsgefahr folgendes auszuführen: 111Ausgangspunkt der Prognose ist die zuvor genannte Anlasstat, die darin bestand, dass der Kläger dem Betreiber einer von ihm besuchten Gaststätte unvermittelt mit voller Wucht die Faust auf den linken Mundwinkel schlug, um zu verhindern dass dieser seine offene Forderung, für deren Begleichung dem Kläger ca. 10 Euro fehlten, durchsetzte. Infolge des Angriffs erlitt der Betreiber der Gaststätte zwei Platzwunden am Kopf und verlor drei Zähne, deren Wiederherstellung einen Aufwand von 2500 Euro erforderte. Dieser massive und brutale Einsatz roher körperlicher Gewalt gegen besonders sensible Körperregionen mit schweren gesundheitlichen Folgen, seine Plötzlichkeit und der ihm zu Grunde liegende vergleichsweise geringfügige Anlass sprechen bereits für eine besondere Gefährlichkeit des Klägers. Dass die Tat nach den Feststellungen des Amtsgerichts zur Strafzumessung unter erheblicher alkoholischer Enthemmung erfolgte, steigert diese Gefährlichkeit noch. Wie der Kläger in der strafgerichtlichen Hauptverhandlung vom 22. Februar 2013 eingeräumt hat, ist es so, „dass bei ihm unter Alkoholeinfluss eine Sicherung durchbrennt“ (Bl. 68 des Teilbandes 4 der Beiakte Heft 3). Dass es sich bei dem erheblichen Alkoholgenuss vor der Tat vom 22. September 2012 nicht um einen Einzelfall handelt, wird daran deutlich, dass er auch nach den beiden Straftaten vom 2. April 2011, die zu seiner Verurteilung vom 25. August 2012 geführt haben, eine Blutalkoholkonzentration von 2,06 Promille aufwies und nach Angaben seiner Ex-Freundin auch am 4. September 2014 bei dem ersten angezeigten Angriff auf sie betrunken war. Dies alles legt die Annahme nahe, dass es auch in Zukunft, insbesondere unter zu erwartendem weiteren Alkoholkonsum seitens des Klägers zur Begehung von Straftaten gegen wichtige Rechtsgüter kommt. 112Dem steht nicht entgegen, dass das Amtsgericht L. in seinem Urteil vom 22. Februar 2013 die verhängte erhebliche Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten zunächst gemäß § 56 Abs. 2 des Strafgesetzbuches (StGB) zur Bewährung ausgesetzt hat. Denn zum einen stellt eine solche Strafaussetzung zur Bewährung namentlich nach § 56 StGB zwar eine wesentliche Entscheidungsgrundlage dar, bindet die Ausländerbehörde und das Verwaltungsgericht aber insbesondere bei einer – hier erfolgten – Verurteilung wegen einer Gewalttat nicht. 113Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. August 2010 – 2 BvR 130/10 –, juris (Rn. 36); BVerwG, Urteil vom 31. März 1998 – 1 C 28/97 –, juris (Rn. 20); BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1978 – 1 C 91.76 –, juris (Rn. 14 ff.). 114Zum anderen ist diese Strafaussetzung zur Bewährung auch inzwischen durch das Landgericht L3. mit Beschluss vom 2. November 2015 widerrufen worden, nachdem der Kläger von dem ihm im Bewährungsbeschluss auferlegten Arbeitsstunden trotz Aufforderung durch die Gerichtshilfe nach wie vor sechs Stunden unentschuldigt nicht erbracht hatte und auch zum gerichtlichen Anhörungstermin nicht erschienen war. 115Die Annahme einer beachtlichen Wiederholungsgefahr wird dadurch bekräftigt, dass der Kläger auch vor der Anlasstat bereits vielfach, insbesondere mit mehreren erheblichen Gewaltdelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. So bestehen folgende Vorverurteilungen: 116117zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 15. Mai 2002 wegen Raubes sowie Diebstahls in sieben Fällen, 118zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 5. November 2003 wegen Bedrohung unter Einbeziehung der zuvor genannten Verurteilung, 119zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen mit Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 1. Oktober 2004 wegen Erschleichens von Leistungen, 120zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 23. September 2005 wegen Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 5. November 2003, 121zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen mit Urteil des Amtsgerichts L. vom 12. Oktober 2011 wegen Körperverletzung und 122zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen mit Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 25. August 2012 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und Sachbeschädigung, die sodann mit der zuvor genannten Geldstrafe zu einer Gesamtstrafe von 150 Tagessätzen zusammengefasst wurde. 123Entgegen der Einschätzung des Klägers sind sämtliche dieser Verurteilungen noch zu berücksichtigen. Sie sind alle im aktuellen Zentralregisterauszug des Klägers vom 13. November 2015 enthalten und unterliegen gemäß § 51 Abs. 1 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister (BZRG) keinem Verwertungsverbot, 124vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1997 – 1 C 17.94 –, juris (Rn. 25); OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2001 – 18 A 4647/99 –, juris (Rn. 30), 125da gemäß §§ 46, 47 BZRG die Tilgungsfrist in keinem Fall abgelaufen ist. Auch ist insbesondere die Verurteilung vom 15. Mai 2002 noch nicht zur Begründung eines Ausweisungsinteresses verbraucht. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der behördlicherseits erklärte „Verzicht“ auf die Ausweisung grundsätzlich zu einem „Verbrauch“ des Ausweisungsgrundes führen und ein derartiger Fall dann gegeben sein kann, wenn die Ausländerbehörde dem Betroffenen in voller Kenntnis vom Vorliegen eines Ausweisungsgrundes den weiteren Aufenthalt im Wege der Erteilung/Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis ermöglicht. Der dem betroffenen Ausländer dadurch vermittelte Vertrauensschutz steht jedoch schon von sich heraus unter dem Vorbehalt, dass sich die für die behördliche Entscheidung maßgeblichen Umstände nicht ändern. 126Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. März 2005 – 1 C 26.03 –, juris (Rn. 21); BVerwG, Urteil vom 16. November 1999 – 1 C 11.99 –, juris (Rn. 20); OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2001 – 18 A 4647/99 –, juris (Rn. 31 ff.). 127Abgesehen davon hat die Beklagte einen entsprechenden Vorbehalt anlässlich der letztmaligen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Klägers am 30. Januar 2003 im Wege der Abmahnung auch erklärt. In dieser Abmahnung vom 30. Januar 2003 ist der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Verurteilung vom 15. Mai 2002 „derzeit nicht zum Anlass ausländerrechtlicher Maßnahmen genommen (wird)“, aber „strafrechtliche Verurteilungen bei der Beurteilung der aufenthaltsrechtlichen Situation eines Ausländers zu berücksichtigen (sind)“ und „in Häufung aber auch bei schwerwiegenden Straftaten im Einzelfall (…) zur Aufenthaltsbeendigung führen (können)“. Damit hat die Beklagte deutlich gemacht, dass die betreffende Verurteilung für sich allein nicht zum Anlass für eine Ausweisung genommen wird, im – hier eingetretenen – Fall weiterer Straftaten insoweit aber noch berücksichtigt werden kann, so dass der Kläger auf ihre Unverwertbarkeit nicht vertrauen durfte. 128Bei der somit wie oben beschrieben vollumfänglich zu berücksichtigenden Strafbiografie des Klägers tritt insbesondere erneut seine unvermittelte rohe Gewalt gegen unbekannte wie auch gegen nahestehende Personen sowie seine erhebliche kriminelle Energie auch bei Übergriffen auf Eigentum und Vermögen anderer zu Tage. Das von ihm ausgehende Gefährdungspotenzial wird speziell an der Tat vom 13. Mai 2003 deutlich, die der Verurteilung vom 5. November 2003 zugrundelag, als der Kläger nach der Weigerung seiner Mutter, ihm 175 Euro für eine Passverlängerung zu geben, gezielt ein Messer aus der Küche holte und seiner Mutter damit drohte, ihr die Kehle durchzuschneiden, wenn sie ihm nicht innerhalb von zwei Tagen sein Geld gibt. Ausweislich der Feststellungen des Amtsgerichts L. im vorangegangenen Urteil vom 15. Mai 2002 handelte es sich insoweit auch nicht um den ersten Angriff auf Familienangehörige mit einem Messer; so war der Kläger bereits anlässlich eines Streits über den Verbleib seiner Freundin in der Wohnung der Familie am 3. Dezember 2001 auf einen seiner Brüder mit dem Messer losgegangen. Der Kläger wird in diesem Zusammenhang als ungeduldig, aggressiv und fordernd beschrieben. Die hohe Aggressivität des Klägers, seine niedrige Hemmschwelle und erhebliche Brutalität wird auch an seinem nächsten Gewaltdelikt vom 22. März 2005 deutlich, das zu seiner Verurteilung vom 23. September 2005 geführt hat. Nachdem der Kläger in einem L1. Internetcafé einem Mädchen, mit dem er in Streit geraten war, eine Ohrfeige versetzt hatte, schlug er einem Zeugen, der ihn auf den Vorfall ansprach, völlig überraschend mit der Faust mindestens zweimal ins Gesicht, wodurch dieser zu Boden ging, einen doppelten Unterkieferbruch erlitt und zehn Tage stationär behandelt werden musste. Gleiches gilt letztlich auch für die Tat vom 25. November 2010, bei der er dem Geschädigten ebenfalls mit der Faust ins Gesicht schlug und die zu seiner nächsten Verurteilung am 12. Oktober 2011 führte. Für die erhebliche kriminelle Energie, die vom Kläger ausgeht, spricht schließlich auch die Serie von insgesamt sieben Einbruchsdiebstählen, die der Kläger binnen nur etwas mehr als eines Monats Anfang des Jahres 2002 beging. Dabei schlug er abwechselnd mit einem Nothammer bzw. einer Stahlkugel Fensterscheiben von Geschäften in L. ein und entwendete aus der Auslage teils hochwertige Gegenstände wie Handys, mehrere Rasierapparate im Wert von knapp 1000 Euro, Teleskopschlagstöcke, Messer und Schwerter im Gesamtwert von über 2000 Euro sowie vier Schreckschusswaffen. Ebenfalls von erheblicher Gewalteinwirkung gegenüber Sachen gezeichnet ist schließlich seine – der Verurteilung vom 25. August 2012 zu Grunde liegende – Tat vom 2. April 2011, bei der er gegen die Beifahrertür eines vorbeifahrenden Fahrzeuges trat und dadurch ein Schaden von mehr als 2000 Euro verursachte. Dies alles macht deutlich, dass es dem Kläger an Respekt vor anderen, ihrer körperlichen Unversehrtheit, ihrem Eigentum und Vermögen mangelt und von ihm insbesondere, aber nicht ausschließlich unter Alkoholeinfluss gegenüber sowohl ihm nahestehenden Personen als auch Dritten in Alltagssituationen unvorhersehbar und ohne Schutzmöglichkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit immer wieder schwere Angriffe mit gravierenden Folgen ausgehen. Hierfür spricht auch die Frequenz seiner Straffälligkeit in den letzten 14 Jahren, in denen es allein zu sieben Verurteilungen wegen 15 Tathandlungen gekommen ist. Die längere Unterbrechung an abgeurteilten Straftaten zwischen 2005 und 2010 beruht nicht zuletzt darauf, dass er in dieser Zeit nach jeweils neuerlicher Aussetzung zur Bewährung allein dreimal zur Verbüßung seiner dreijährigen Jugendstrafe aus dem Urteil vom 23. September 2005 angetreten ist. 129Aus dem letztgenannten Umstand wird auch deutlich, dass der Kläger die zahlreichen ihm gebotenen Gelegenheiten zu einer Änderung seines Lebenswandels nicht genutzt hat. Die Strafgerichte haben insgesamt fünfmal die Verbüßung von Jugend- und Freiheitsstrafen des Klägers zur Bewährung ausgesetzt und auch die Beklagte hat den Kläger bereits im Januar 2003 ausländerrechtlich ermahnt. Trotzdem ist der Kläger immer wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten. Auch mehrfache Gefängnisaufenthalte zur Verbüßung von Jugend-, Untersuchungs- und Hauptverhandlungshaft bzw. Ersatzfreiheitsstrafe haben insoweit keine Verhaltensveränderung bewirkt. Zwischenzeitliche Einschätzungen der Strafgerichte, dass die Haft ihn stark beeindruckt habe und sein Verhalten Anzeichen von Reflexion und Bereitschaft zu beruflicher Entwicklung zeige, haben sich nicht bestätigt. Der Kläger hat in der Folgezeit vielmehr Bewährungsauflagen vielfach missachtet, den weiteren Besuch der Abendrealschule Anfang 2005 allein wegen Meinungsverschiedenheiten mit einem Lehrer über Fehlzeiten abgebrochen und weitere Straftaten begangen. Nachdem ihn bereits das Amtsgericht L. im Urteil vom 5. November 2003 als krassen Bewährungsversager bezeichnet hatte, stellte dasselbe Gericht in seinem Urteil vom 23. September 2005 fest, dass sein negatives Bewährungsverhalten zeige, wie wenig er bereit sei, sich an Regeln und Normen zu halten. Auch die letzte ihm eingeräumte Strafaussetzung zur Bewährung im Urteil vom 22. Februar 2013 hat das Landgericht L3. nun mit Beschluss vom 2. November 2015 widerrufen, nachdem der Kläger von den auferlegten Arbeitsstunden trotz Aufforderung durch die Gerichtshilfe nach wie vor sechs Stunden unentschuldigt nicht erbracht hatte und dem gerichtlichen Anhörungstermin vom 2. November 2015 – ebenso wie der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht – ferngeblieben war. 130Dem entspricht es, dass der Kläger den Kontakt zur Ausländerbehörde teilweise über Jahre hinweg nicht gehalten hat. Nach Ablauf der letzten ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis im Mai 2003 und der ersten Entlassung aus der Jugendhaft im Februar 2004 sprach der Kläger erst im November 2004 wieder bei der Beklagten vor, musste jedoch bereits im März 2005 nach unbekannt verzogen abgemeldet werden. Der Ankündigung von Dezember 2006 aus der Haft heraus zur unverzüglichen Kontaktaufnahme mit der Ausländerbehörde nach seiner Entlassung im Februar 2007 ist der Kläger nicht nachgekommen, hat sich vielmehr sodann mehr als vier Jahre lang gar nicht mehr bei der Ausländerbehörde gemeldet. Im Mai 2011 ist er erneut von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet und im November 2012 rückwirkend wieder mit der Adresse seiner Eltern angemeldet worden. Bis zur Anhörung zur streitbefangenen Ausweisung hat er jedoch weiterhin keinen Kontakt zur Ausländerbehörde gehalten und diesen nach Erteilung der auf drei Monate befristeten letzten Duldung vom 29. Juni 2015 bis zur mündlichen Verhandlung erneut abgebrochen. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, dass ihm seitens der Beklagten über viele Jahre hinweg großes Unrecht geschehen sei, das nicht nur für seine mäßige Integration, sondern auch für seine Straffälligkeit jedenfalls mitbegründend sei, so vermag ihn dies nicht zu entlasten. Selbst wenn das Verhalten der Ausländerbehörde im Einzelfall sein Assoziationsrecht nicht hinreichend berücksichtigt haben sollte, gab ihm dies nicht das Recht, den Kontakt zu ihr weitestgehend abzubrechen. Ihm war es zuzumuten, gegen ein etwaiges Fehlverhalten der Beklagten auch insoweit um Rechtsschutz nachzusuchen und den Kontakt im Übrigen aufrechtzuerhalten. Jedenfalls aber war ein solches Fehlverhalten nicht ansatzweise dafür ursächlich, dass der Kläger andere Menschen mit dem Messer bedroht, ihnen mit der Faust ins Gesicht schlägt oder ihre Autotüren eintritt. Der dahingehende Einwand bestätigt allenfalls die weiterhin unzureichende Selbstreflexion des Klägers. 131Dementsprechend lässt sich hinsichtlich des Klägers auch nach der Anlasstat keine nachhaltige Verhaltensänderung feststellen. Das im Februar 2013 vor dem Strafgericht abgelegte Geständnis erweist sich ebenso wie die bekundete Reue insoweit als nicht tragfähig, als der Kläger zum einen auch nach mehreren vorangegangenen Taten Geständnisse abgelegt hatte, ohne daraus entsprechende Konsequenzen für das eigene Verhalten in Zukunft zu ziehen, und zum anderen auch dieses Geständnis wie bereits zuvor dasjenige zur Tat aus dem Jahre 2005 wie vom Amtsgericht festgestellt nur unter Beschönigungen erfolgte. Hier wie dort gab der Kläger nicht nachvollziehbar an, sich irgendwie angegriffen gefühlt zu haben. Damit hat der Kläger erkennbar versucht, die Verantwortung für das Geschehene von sich auf andere abzuwälzen, anstatt zur Tat zu stehen und sein Verhalten in Zukunft zu ändern. Das Verhalten des Klägers in der Folgezeit bestätigt vielmehr die Annahme einer hohen von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr. So hat der Kläger nach den Angaben seiner Ex-Freundin in ihrer Strafanzeige vom 15. September 2014, denen er – soweit ersichtlich – bis heute nicht inhaltlich entgegengetreten ist und in deren Folge das Familiengericht L. am nächsten Tag auch eine entsprechende Unterlassensanordnung erlassen hat, sie beim Besuch in seiner Wohnung am 4. September 2014 mehrmals von hinten getreten, ihr an den Hals gegriffen und sie gewürgt, am nächsten Tag vor ihrem Haus getreten, geschubst und mit der Faust ins Gesicht geschlagen, sodann ihre Wohnung verwüstet, ihr über Handy mit dem Tode gedroht und sie verfolgt. Auch unter dem Eindruck der streitbefangenen Ausweisung und einer drohenden Abschiebung hat der Kläger seine Einstellung zur Rechtsordnung im allgemeinen und zu fundamentalen Rechten seiner Mitmenschen im besonderen mithin nicht geändert. 132Die Wiederholungsgefahr wird hinsichtlich des Klägers weiter dadurch verstärkt, dass er im Bundesgebiet nicht nur über keine beachtliche soziale, sondern auch über keine wirtschaftliche und persönliche Integration in nennenswertem Umfang verfügt, worauf im Rahmen der Abwägung noch näher einzugehen sein wird. 133Das sich aus der somit hohen Wiederholungsgefahr der Begehung von schweren Straftaten gegen wichtige Rechtsgüter ergebende Ausweisungsinteresse wiegt nach der gesetzgeberischen Wertung im Hinblick auf die Verurteilung des Klägers vom 23. September 2005 zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren besonders schwer (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) sowie im Hinblick auf die Verurteilung vom 22. Februar 2013 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG) und im Hinblick auf die den beiden Verurteilungen vom 12. Oktober 2011 und 25. August 2012 zu Grunde liegenden weiteren, nicht geringfügigen Straftaten der Körperverletzung, des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und der Sachbeschädigung (§ 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG) schwer. 134bb) Ein Bleibeinteresse des Klägers im Sinne des § 53 Abs. 1 AufenthG ergibt sich im Hinblick auf die in Abs. 2 angeführten Umstände dagegen daraus, dass er 1985 in Deutschland geboren und hier aufgewachsen ist, sich seit seiner Geburt, d.h. seit über 30 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hier während der Haft seinen Hauptschulabschluss nachgeholt hat und seine Eltern und seine älteren Brüder in Deutschland leben. Entsprechend der Regelung in § 55 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG in Bezug auf im Bundesgebiet geborene Ausländer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis mit mindestens fünfjährigem rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet dürfte auch das Bleibeinteresse des Klägers, der unstreitig ein Assoziationsrecht nach Art. 7 ARB besitzt, grundsätzlich besonders schwer wiegen. 135cc) Wiegen beide Interessen nach der gesetzlichen Wertung in §§ 54 f. AufenthG abstrakt besonders schwer, ergibt die Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, dass das öffentliche Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse des Klägers überwiegt und seine Ausweisung zur Wahrung eines Grundinteresses der Gesellschaft unerlässlich ist. 136Im Rahmen der Abwägung sind zugunsten des Ausländers einerseits die in § 55 AufenthG hervorgehobenen Bleibeinteressen zu berücksichtigen, aber auch, wie bereits ausgeführt, die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthaltes und seine schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet. Außerdem sind die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben, in die Abwägung einzustellen (vgl. § 53 Abs. 2 AufenthG). Die von Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sowie Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 EMRK geschützten Belange sind dabei entsprechend ihrem Gewicht und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere bei im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländern, zumal wenn diese über keine Bindungen an das Land ihrer Staatsangehörigkeit verfügen. 137Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2009 – 1 C 25.08 –, juris (Rn. 23); OVG NRW, Urteil vom 22. März 2012 – 18 A 951/09 –, juris (Rn. 81). 138Auch nach der Rechtsprechung des EGMR gewährt Art. 8 EMRK im Gastland geborenen und aufgewachsenen Ausländern der sogenannten zweiten Generation kein absolutes Bleiberecht. Ob ein Ausländer der zweiten Generation ausgewiesen werden kann, ist letztlich anhand einer einzelfallbezogenen Würdigung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers und deren Abwägung gegeneinander zu ermitteln. In die Verhältnismäßigkeitsprüfung sind auch hierbei als Kriterien einzustellen: Die Art und Schwere der von dem Ausländer begangenen Straftaten; die Dauer seines Aufenthalts in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll; die seit der Tatbegehung verstrichene Zeit und das Verhalten des Ausländers während dieser Zeit; die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielstaat der Ausweisung sowie die familiäre Situation des Ausländers, etwa die Dauer des Fortbestehens seiner Ehe und andere Faktoren, aus denen ein wirksames Beziehungs- bzw. Familienleben hervorgeht und ob die Ehegattin bzw. der Ehegatte im Zeitpunkt des Eingehens der familiären Beziehung von der Begehung der Straftaten wusste. 139Vgl. EGMR, Urteil vom 12. Januar 2010 – Individualbeschwerde Nr. 47486/06 (Khan) –, InfAuslR 2010, 369; OVG NRW, a.a.O. (Rn. 83). 140Die Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet stellt nach obigen Ausführungen eine hohe Gefahr für grundlegende Rechtsgüter der Gesellschaft, insbesondere für die körperliche Unversehrtheit, die Willensentschließungsfreiheit sowie Eigentum und Vermögen anderer dar. Angesichts der Schwere und Häufigkeit der von ihm in den letzten 15 Jahren begangenen Straftaten, insbesondere der Brutalität seiner mehrfachen körperlichen Übergriffe in unterschiedlichsten Situationen, seines wiederholt zu Tage getretenen Alkoholkonsums und der dadurch bedingten Enthemmung, der bis heute fehlenden Anhaltspunkte für eine nachhaltige Verhaltensänderung trotz Ermahnungen, wiederholter Inhaftierungen und zahlreicher Gelegenheiten zur Bewährung und sogar der mangelhaften Bereitschaft zur bloßen Kontakthaltung mit der Ausländer- und Meldebehörde sowie dem Verwaltungsgericht aber auch den Bewährungshelfern und den Strafgerichten selbst nach seiner Ausweisung und Androhung seiner Abschiebung besteht eine hohe Gefahr, dass der Kläger in Zukunft erneut schwere Straftaten insbesondere im Bereich der Gewaltdelikte begeht. 141Demgegenüber ist der Kläger zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen, hat sich seit seiner Geburt, d.h. seit mehr als 30 Jahren hier rechtmäßig aufgehalten und den Hauptschulabschluss erworben. Im übrigen ist jedoch seine persönliche und wirtschaftliche Integration im Bundesgebiet denkbar gering. Er spricht zwar die deutsche Sprache, hat jedoch nach dem Erwerb des Hauptschulabschlusses, den er auch erst nach dreimaliger Schulverweisung während der Haft nachgeholt hat, die weitere Schulausbildung auf der Abendrealschule freiwillig aufgegeben und soweit ersichtlich entgegen seinen Ausführungen in der Klagebegründung auch keine Berufsausbildung absolviert. Belegt hat der Kläger insoweit lediglich die im April 2007 bestandene Prüfung zum Kehlnahtschweißer nach einem bloßen Fortbildungslehrgang. Nach den von der Beklagten eingeholten Auskünften war der Kläger jedenfalls in den vergangenen knapp sieben Jahren auch weder sozialversicherungspflichtig noch im Rahmen eines so genannten Minijobs beschäftigt. Soweit der Kläger hierzu einwendet, dass ihm die Beklagte über Jahre hinweg nur noch – teilweise noch nicht einmal zu einer Erwerbstätigkeit berechtigende – Duldungen ausgestellt und später sogar nicht einmal mehr diese ausgestellt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass sich der Ausländerakte lediglich unter dem 25. März 2011 eine einzelne Duldung mit einem Verbot der Erwerbstätigkeit entnehmen lässt, es im übrigen aber der Kläger selbst war, der trotz entsprechender Bemühungen der Ausländerbehörde den Kontakt insoweit über Jahre hinweg schlicht abgebrochen und damit die Bescheinigung der Zulässigkeit einer Erwerbstätigkeit verhindert hat und im Übrigen auch jüngst nach Erteilung einer Duldung mit Beschäftigungserlaubnis, auf die sich die Beteiligten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren geeinigt hatten, weder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen noch den Kontakt zur Ausländerbehörde gehalten hat. In persönlicher Hinsicht ist der Kläger ledig und kinderlos. Im Übrigen verfügt er über schützenswerte persönliche Bindungen im Bundesgebiet soweit ersichtlich nur zu seinen Eltern und Brüdern, die ihn jedoch auch zuvor von seinen vielfachen Straftaten trotz entsprechender Bemühungen nicht haben abhalten können. Dafür, dass der Kläger tatsächlich wie mit der Klage geltend gemacht bei der täglichen Pflege seines seit langem schwerbehinderten Vaters mithilft, ist nichts ersichtlich, zumal der Kläger nach eigenen Angaben im März 2011 über viele Jahre hinweg noch nicht einmal in engerer Verbindung zu seinen Eltern stand, sondern mit ihnen nur sehr wenig Kontakt hatte. Abgesehen von dieser geringen Integration im Bundesgebiet ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger aus dem Land seiner Staatsangehörigkeit, der Türkei, entwurzelt ist. Er ist jedenfalls bis zum 16. Lebensjahr im Haushalt seiner türkischen Eltern aufgewachsen und hat sich auch danach zunächst noch häufiger dort aufgehalten, so dass davon auszugehen ist, dass er im türkischen Kulturkreis groß geworden ist. Auch verfügt er ausweislich eines bereits im November 2004 bei der Beklagten vorgelegten Anmeldebogens bei der damaligen Bundesanstalt für Arbeit über muttersprachliche Türkischkenntnisse. Trotz der zweifelsohne bestehenden Schwierigkeiten dürfte daher für den Kläger gerade auch angesichts seines noch geringen Alters der Aufbau einer Existenz in der Türkei realisierbar sein. 142Bei alledem ist die Ausweisung des Klägers zur Bekämpfung der von ihm ausgehenden hohen Gefahr der Begehung weiterer schwerer Straftaten nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch im engeren Sinne verhältnismäßig und damit unerlässlich. 143b) Dass die Ausweisung nach § 53 Abs. 1 AufenthG eine (gerichtlich voll überprüfbare) gebundene Entscheidung darstellt, steht auch nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK und Art. 14 ARB – diese Vorschriften gebieten keine Ermessensentscheidung über die Ausweisung des Klägers. 144Es besteht weder für ARB-Berechtigte nach Art. 14 ARB noch allgemein für Ausländer nach Art. 8 EMRK ein Anspruch auf eine Ermessensentscheidung über ihre Ausweisung. 145Vgl. Cziersky-Reis in: Hofmann, NK-AuslR, 2. Aufl., Art. 14 Rn. 10; a.A. Marx, „Zur Reform des Ausweisungsrechts“, ZAR 2015, 245 (246 f.); Hailbronner, Ausländerrecht – Kommentar, Stand: November 2015, § 5 Rn. 26. 146Art. 14 ARB erfordert lediglich eine „Einzelfallprüfung“ ohne Automatismen und unter Berücksichtigung sowohl des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit als auch der Grundrechte des Betroffenen. 147Vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 – C-371/08 –, juris (Rn. 82 f.). 148Vergleichbar verlangt Art. 8 EMRK insoweit lediglich, dass unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen den betroffenen Interessen geschaffen wird und die Ausweisung zu dem verfolgten berechtigten Ziel verhältnismäßig ist. 149Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2007 – Individualbeschwerde Nr. 31753/02 –, juris (Rn. 54 f. und 61); EGMR, Entscheidung vom 4. Oktober 2001 – Individualbeschwerde Nr. 43359/98 –, NJW 2003, 2595; Meyer-Ladewig, NomosKommentar – Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 25 ff. 150Die vom Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit angenommene Notwendigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung bezog sich ausschließlich auf das alte Ausweisungsrecht mit seiner schematischen Einteilung in Fälle der Ist-, Regel- und Ermessensausweisung nach § 53 ff. AufenthG a.F., das für die ersten beiden Stufen einen Automatismus oder jedenfalls eine Vermutung zur Ausweisung begründete und der Ausländerbehörde nur auf der letztgenannten Stufe die notwendige Flexibilität bot, um den besonderen Umständen des konkreten Falles ausreichend Rechnung tragen zu können. 151Vgl. bzgl. Art. 14 ARB BVerwG, Urteil vom 3. August 2004 – 1 C 29.02 –, juris, (Rn. 16 f.) in Anknüpfung an die Rechtsprechung in Bezug auf freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger in BVerwG, Urteil vom 3. August 2004 – 1 C 30.02 –, juris (Rn. 16 ff.); vgl. bzgl. Art. 8 EMRK BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2007 – 1 C 10.07 –, juris (Rn. 22 ff.). 152Dieses dreistufige System wird mit der Neuregelung, die stets eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls erfordert, aber gerade überwunden. 153Vgl. die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 49. 154c) Eine Verpflichtung der Ausländerbehörde zur Vornahme einer Ermessensentscheidung über die Ausweisung eines Assoziationsberechtigten dürfte sich auch nicht aus den Stillhalteklauseln des Art. 13 ARB und Art. 41 Abs. 1 ZP ergeben. 155So auch Neidhardt, HTK-AuslR, § 53 AufenthG Abs. 3 01/2016 Nr. 4, a.A. Cziersky-Reis in: Hofmann, NK-AuslR, 2. Aufl., § 53 Rn. 42 und Oberhäuser in: Hofmann, NK-AuslR, 2. Aufl., Art. 13 ARB Rn. 22; differenzierend Welte, „Die neue Verhältnismäßigkeitsausweisung“, InfAuslR 2015, 426. 156Gemäß Art. 13 ARB dürfen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen. Nach Art. 41 Abs. 1 ZP werden die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen. Es spricht einiges dafür, dass das neue Ausweisungsrecht in §§ 53 ff. AufenthG weder eine neue Beschränkung der Bedingungen für den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt noch eine neue Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für entsprechende türkische Staatsangehörige darstellt. 157Jedenfalls die Bedingungen für den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt dürfte die Ausweisung eines Ausländers nach § 53 Abs. 1 AufenthG bereits nicht betreffen. Vielmehr dient letztere ausschließlich dazu, den Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet zum Schutz vor einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonstiger erheblicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland und ohne jeden Bezug zur Beschäftigungspolitik zu beenden. 158So zur früheren Regelung des § 47 AuslG: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. März 2001 – 10 S 536/01 –, juris (Rn. 3); Armbruster, HTK-AuslR, ARB 1/80 Art. 13 10/2015 Nr. 4. 159Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass sich auch Art. 13 ARB auf Maßnahmen bezieht, die sich nicht unmittelbar gegen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt, sondern allgemein zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegen den Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet richten, ist weder hinsichtlich des Arbeitsmarktes noch hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs ersichtlich, dass das neue Ausweisungsrecht in §§ 53 ff. AufenthG eine entsprechende neue Beschränkung darstellt. Insbesondere lässt sich hierzu nicht anführen, dass eine – nach früherer Rechtslage gebotene – Ermessensentscheidung für den Betroffenen immer günstiger ist als eine zwingende Ausweisung wie sie nunmehr § 53 Abs. 1 AufenthG vorsieht. 160So aber: Cziersky-Reis in: Hofmann, NK-AuslR, 2. Aufl., § 53 Rn. 42. 161Denn diese Feststellung trifft in ihrer Allgemeinheit nicht zu. Sie lässt sich auch nicht der hierzu zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 12. Juli 2000 – 10 B 99.1889 –, juris (Rn. 30 f.) entnehmen, in dem in Bezug auf die Stillhalteklausel des Art. 41 Abs. 1 ZP ausgeführt wird, dass diese Vorschrift der Anwendung der Tatbestände der Ist- und Regelausweisung in § 47 des früheren Gesetzes über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet (AuslG) entgegensteht. Denn auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zur Feststellung einer Verschlechterung insoweit nicht allein auf den Unterschied zwischen gebundener und Ermessensentscheidung abgestellt, sondern darauf, dass § 47 AuslG eine einzelfallbezogene Abwägung, d.h. eine Einzelfallentscheidung jedenfalls grundsätzlich nicht vorsah. Abgesehen davon ist diese Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Februar 2002 – 1 C 21.00 –, juris (insbesondere Rn. 14 ff.) mit der Feststellung aufgehoben worden, dass sich aus dem Umstand, dass der Ausländerbehörde nach § 47 AuslG bei der Entscheidung über die Ausweisung im Regelfall kein Rechtsfolgeermessen bleibt, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs gerade kein Verstoß gegen das Stillhaltegebot ergibt. Der Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts darauf, dass bei der maßgeblichen Prüfung der Verhältnisse nach den unterschiedlichen Rechtslagen die Rechtsprechung zu den einschlägigen früheren Vorschriften und eine mit dieser in Einklang stehende Verwaltungspraxis zu berücksichtigen sind, macht jedenfalls deutlich, dass insoweit nicht lediglich formal an den Unterschied zwischen gebundener und Ermessensentscheidung angeknüpft werden kann, sondern eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung des gesamten Systems der betreffenden staatlichen Maßnahme, der hierzu ergangenen Rechtsprechung sowie der einschlägigen Verwaltungspraxis erfolgen muss. 162Vgl. zur Notwendigkeit einer solchen „Gesamtschau“ auch: Neidhardt, HTK-AuslR, § 53 AufenthG Abs. 3 01/2016 Nr. 4. 163Nach dieser Gesamtbetrachtung dürfte das neue Ausweisungsrecht, das auch in Bezug auf Assoziationsberechtigte – wie bisher erst durch die von der Rechtsprechung geforderte „Umgehung“ des dreistufigen Ausweisungsrechts mit den ihm eigenen Schematisierungen – nunmehr zwingend eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gebietet, die zudem anders als früher jetzt auch gerichtlich voll überprüfbar ist, keine Verschlechterung der Rechtslage darstellen. 164So auch: Neidhardt, HTK-AuslR, § 53 AufenthG Abs. 3 01/2016 Nr. 4. 165Abgesehen davon spricht einiges dafür, dass Art. 13 ARB der gebundenen Entscheidung über die Ausweisung des Klägers nach § 53 Abs. 1 und 3 AufenthG auch deswegen nicht entgegenstehen dürfte, weil auch diese Vorschrift als Teil des 1. Abschnitts des Kapitels II des Assoziationsratsbeschlusses gemäß Art. 14 ARB ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Beschränkungen gilt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, 166vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2001 – 18 B 116/01 –, juris (Rn. 15 ff.); Armbruster, HTK-AuslR, ARB 1/80 Art. 13 10/2015 Nr. 4, 167und der Kläger die sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes daraus ergebenden Voraussetzungen für eine Ausweisung Assoziationsberechtigter, 168vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 – C-371/08 –, juris (Rn. 79 ff.), 169die der Gesetzgeber in § 53 Abs. 3 AufenthG im Wesentlichen übernommen hat, nach obigen Ausführungen erfüllt. 170Unabhängig davon hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 13. März 2014 jedoch – auf der Grundlage des alten Ausweisungsrechts – tatsächlich eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über die Ausweisung des Klägers getroffen. Die Ausweisung des nicht verheiraten und kinderlosen Klägers verstößt nicht gegen höherrangiges Recht – insbesondere nicht gegen Art. 8 EMRK und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Beklagte hat die Interessen des Klägers in nicht zu beanstandender Weise gegen das öffentliche Interesse am Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abgewogen und alle zugunsten des Klägers sprechenden Umstände (Geburt im Bundesgebiet, rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland seit gut 30 Jahren, Erwerb des Hauptschulabschlusses und Kontakt zu seinen hier lebenden Eltern und Brüdern) berücksichtigt, jedoch den vom Kläger begangenen Straftaten angesichts der durch sie verletzten gewichtigen Rechtsgüter und der konkreten Tatbegehung sowie der bestehenden Wiederholungsgefahr ein größeres Gewicht beigemessen. Sie hat auch bedacht, dass eine Ausreise in die Türkei für den Kläger sicherlich zu Problemen privater Art führen wird. Diese hat sie jedoch – in nicht zu beanstandender Weise – nicht als unüberbrückbar eingeschätzt, sodass sie es als zumutbar eingestuft hat, dass der Kläger sich in die Verhältnisse seines Heimatlandes integriert und sich dort eine Existenzgrundlage schafft. 1712. Die Rechtmäßigkeit der mit der Ausweisung verbundenen Abschiebungsandrohung folgt aus § 59 AufenthG. Die Länge der eingeräumten Ausreisefrist von 30 Tagen wahrt den in § 59 Abs. 1 S. 1 AufenthG vorgegeben Rahmen zwischen sieben und 30 Tagen. 172II. Auch die Ablehnung einer kürzeren Frist für das mit der Ausweisung vom 13. März 2014 und einer Abschiebung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG, die mit der Befristung auf fünf Jahre mit dem genannten Bescheid der Beklagten in der Fassung ihrer Erklärung vom 1. Oktober 2015 einhergeht, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 und 2 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine kürzere Befristung bzw. eine neue Entscheidung der Beklagten über die Bemessung der Frist. 173Nach § 11 Abs. 2 S. 1 bis 3 AufenthG ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot von Amts wegen zu befristen, wobei die Frist mit der Ausreise beginnt und im Fall der Ausweisung mit der Ausweisungsverfügung festzusetzen ist. Gemäß § 11 Abs. 3 S. 1 AufenthG wird über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden. § 11 Abs. 3 S. 2 AufenthG sieht vor, dass die Frist fünf Jahre nur überschreiten darf, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Nach § 11 Abs. 3 S. 3 AufenthG soll diese Frist zehn Jahre nicht überschreiten. 174Entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur früheren Regelung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes in § 11 Abs. 1 S. 3 und 4 AufenthG a.F. hat die Ausländerbehörde auch bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG n.F. zum einen das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck zu berücksichtigen. Dabei bedarf es insbesondere der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrundeliegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Zum anderen muss sich die Frist aber an höherrangigem Recht, das heißt verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) sowie den Vorgaben aus Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK messen lassen. Insoweit sind insbesondere auch die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG a.F., § 53 Abs. 2 AufenthG n.F. genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung ist nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. 175Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 1 C 14.12 –, juris (Rn. 14 f.). 176Die Beklagte hat diese Vorgaben beachtet, das ihr hinsichtlich der Länge der Frist eingeräumte – nicht auf eine kürzere Befristung reduzierte – Ermessen erkannt und bei seiner Ausübung weder die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten noch von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (vgl. § 114 S. 1 VwGO). 177Die Beklagte hat mit der Befristung auf fünf Jahre die in § 11 Abs. 3 S. 2 und 3 AufenthG gezogenen zeitlichen Grenzen nicht überschreiten. Auch lässt die erstmalige Ermessensentscheidung der Beklagten zur Befristung, die erst im Laufe des Klageverfahrens zum 1. August 2015 durch die Neufassung des § 11 Abs. 3 S. 1 AufenthG eingeräumt worden ist und deshalb mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2015 in zulässiger Weise nachgeschoben werden durfte, 178vgl. zur entsprechenden Konstellation infolge der Verlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2011 – 1 C 14.10 –, juris (Rn. 8 ff.), 179keine Ermessensfehler erkennen. Die Beklagte hat in ihrer Ermessensentscheidung zur Länge der Befristung alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt und angemessen gewichtet. Sie hat alle persönlichen Belange des Klägers – insbesondere seine Geburt in Deutschland, seinen seitdem andauernden Aufenthalt im Bundesgebiet, den Erwerb eines Schulabschlusses aus der Haft heraus sowie seine geschützten privaten Bindungen vornehmlich zu seiner Mutter und seinen Geschwistern – einbezogen und gewichtet. Dem gegenübergestellt hat sie die öffentlichen Interessen an der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbotes und dabei hervorgehoben, dass das Gewicht der Ausweisungsgründe und der bedrohten Rechtsgüter schwer wiege. Ihre auf der Grundlage der in der Ausweisungsverfügung dargestellten Strafbiografie des Klägers, der Einschätzungen und Beurteilungen der Strafgerichte, des Bewährungsversagens, der Rückfallgeschwindigkeit, des Persönlichkeitsbildes des Klägers und der fehlenden Anhaltspunkte für einen Persönlichkeitswandel angesichts des erneuten Verstoßes gegen Bewährungsauflagen hinsichtlich der Verurteilung vom 22. Februar 2013, der Vorwürfe wegen Nachstellungen und Misshandlungen gegenüber seiner Ex-Freundin, die zum Erlass einer einstweiligen Anordnung führten, und der weiterhin unzureichenden Mitwirkung im ausländerrechtlichen Verfahren vorgenommene Einschätzung einer jedenfalls für die nächsten fünf Jahre von ihm ausgehenden schwerwiegenden Gefährdung ist trotz seines noch geringen Alters nicht zu beanstanden, wie sich aus obigen Ausführungen zur Ausweisung ergibt. Danach fehlt es hinsichtlich des Klägers derzeit – wie die Beklagte abschließend feststellt – an einem belastbaren Kriterium für eine Unterschreitung der Frist von fünf Jahren. Sollte es hinsichtlich des Klägers entgegen der aktuell negativen Prognose in der Zukunft zu einer nachhaltigen Läuterung seiner Person mit einer nachgewiesenen deutlichen Reduzierung seiner Aggressivität und Brutalität und einer erkennbaren Akzeptanz gesellschaftlicher Regeln kommen, besteht die Möglichkeit einer späteren Verkürzung der Frist gemäß § 11 Abs. 4 S. 1 AufenthG. 180Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. 181Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 v. h. des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung in höhe von 110 v. h. des jeweils zu vollstreckenden betrages sicherheit leistet. 1 | 2der 30-jährige kläger ist in l. als jüngstes von vier kindern seiner türkischen eltern geboren und selbst türkischer staatsangehörigkeit. seine familie lebt seit mehr als 40 jahren in l. . sein vater arbeitete bis zu einem arbeitsunfall 1992 als textilarbeiter und sodann bis 1998 in einem getränkeshop. bei einem verkehrsunfall im jahr 1998 wurde der vater von einer straßenbahn angefahren und ist seitdem nicht mehr arbeitsfähig und pflegebedürftig. in der folgezeit bezogen die eltern und der kläger die erwerbsunfähigkeitsrente des vaters ergänzende sozialhilfe. die deutlich älteren brüder des klägers sind verheiratet und leben in eigenen haushalten. 3nach dem besuch der grundschule wechselte der kläger 1996 auf die u. -n. -realschule in l. . im jahre 1997 wurde er von dort verwiesen und wechselte auf die b. -t. realschule in l. , wurde aber im jahre 1998 auch von dort verwiesen und besuchte fortan die t1. -hauptschule in l. , von der er im oktober 2001 aus der 10. klasse heraus (ohne abschluss) abermals verwiesen wurde. 4dem kläger wurde erstmals im august 1997 eine aufenthaltserlaubnis erteilt, die im januar 2003 bis zum 18. mai 2003 verlängert wurde. 5der kläger wurde wie folgt rechtskräftig verurteilt: 671. mit urteil des amtsgerichts l. vom 15. mai 2002 (4 js 254/02) wurde er wegen raubes sowie diebstahls in sieben fällen (tatbeschreibung siehe unten) zu einer jugendstrafe von einem jahr und sechs monaten verurteilt, die zunächst auf die berufung des klägers hin mit urteil des landgerichts l. vom 6. november 2002 zur bewährung ausgesetzt wurde, woraufhin der kläger noch am selben tage aus der untersuchungshaft entlassen wurde; die aussetzung wurde jedoch wegen gröblichen und beharrlichen verstoßes gegen seine bewährungsauflagen (teilnahme an einem anti-aggressionstraining und an schulischer ausbildung sowie kontakthaltung mit seinem bewährungshelfer) mit beschluss vom 3. juni 2003 widerrufen und der kläger noch am selben tage wieder inhaftiert. 828. dezember 2001: im zusammenhang mit streitigkeiten über geldschulden anlässlich der beendigung seiner beziehung mit seiner freundin entriss der kläger der freundin in deren wohnung gewaltsam das portmonee, entfernte sich aus der wohnung und hob mit der im portmonee befindlichen ec-karte und der ihm bekannten geheimnummer von einem bankautomaten 200 dm ab. geld, portmonee und ec-karte gab der kläger der geschädigten später zurück. 918./19. januar 2002: der kläger schlug mit einem nothammer die schaufensterscheibe eines secondhand-ladens ein und entwendete sodann ca. drei handys und acht psp2-spiele. 107./8. februar 2002: der kläger schlug mit einer stahlkugel eine scheibe eines geschäftes ein und entwendete mehrere rasierapparate. 119./10. februar 2002: der kläger schlug erneut eine scheibe des vorgenannten geschäftes ein und entwendete wiederum mehrere rasierapparate, die zusammen mit denjenigen aus der vorangegangenen tat einen wert von knapp 1000 euro hatten. 1211./12. februar 2002: der kläger schlug mit einer stahlkugel eine scheibe eines asia-shops ein und entwendete teleskopschlagstöcke, messer und schwerter im gesamtwert von über 2000 euro. 1313./14. februar 2002: der kläger schlug mit einem nothammer ein loch in die fensterscheibe eines geschäfts und entwendete vier schreckschusswaffen. 1416./17. februar 2002: der kläger schlug mit einer stahlkugel die scheibe eines kiosks ein und entwendete mehrere stangen zigaretten sowie drei flaschen wodka. 1522. februar 2002: der kläger schlug mit einer stahlkugel eine scheibe des geschäfts aus der tat vom 13./14. februar 2002 ein, entnahm eine silberne pistole, die er jedoch liegen liess, als sich mehrere autos näherten. kurz nachdem er diesen tatort verlassen hatte, konnte er festgenommen werden. 16zu den persönlichen verhältnissen des klägers stellte das amtsgericht überdies fest: nach dem unfall des vaters habe der kläger immer höhere ansprüche in bezug auf persönliche freiheiten, finanzen und ausgehzeiten entwickelt und sei zunehmend ungeduldig und aggressiv geworden. die älteren brüder hätten auf sein verhalten in den letzten jahren mit stockschlägen und züchtigungen reagiert. seine mutter sei nicht in der lage gewesen, ihm grenzen aufzuzeigen und diese durchzusetzen. so sei der angeklagte aggressiv und laut geworden, wenn ihm ein wunsch nicht erfüllt worden sei. in diesem zusammenhang habe er auch seiner mutter körperlich zugesetzt und sie bestohlen. am 3. dezember 2001 sei es zu einer eskalation gekommen, als seine freundin, die zuvor über drei monate lang mit dem kläger in dessen zimmer gewohnt hätte, die wohnung auf wunsch der mutter habe verlassen sollen. es habe sich ein lautstarker streit entwickelt, in dessen verlauf der kläger auf einen seiner brüder mit dem messer losgegangen sei. die hinzugerufene polizei habe die situation entschärfen und dem kläger das messer abnehmen können. 17im rahmen der strafzumessung führte das amtsgericht aus: eine aussetzung der erstmals gegen den kläger verhängten jugendstrafe zur bewährung habe nicht erfolgen können. es lägen keine anhaltspunkte dafür vor, dass der kläger allein durch die vorliegende verurteilung ausreichend beeindruckt sein könne, um nicht erneut straftaten zu begehen. der kläger lebe, nachdem er von seiner mutter aufgrund seines aggressiven und tätlichen verhaltens der wohnung verwiesen worden sei, bei einem freund. dort gehe er einem geregelten tagesablauf nicht nach und entwickle auch keine perspektive für sein zukünftiges leben. er lebe in den tag hinein und das einzige, was einer gewissen kontinuität unterworfen gewesen sei, seien die von ihm begangenen straftaten gewesen. 18das landgericht ergänzte in tatsächlicher hinsicht die feststellungen insbesondere wie folgt: der kläger habe sich nach seiner inhaftierung zunächst wenig einsichtig und zugänglich gezeigt. erst nach ablauf von drei monaten sei er bereit gewesen, über sein verhalten zu reflektieren und seine fehler einzusehen. es sei sodann zu einer langsamen annäherung mit seiner mutter gekommen, die ihn zuletzt regelmäßig besucht habe. der kläger habe sich mit seiner mutter ausgesprochen und sie sei aufgrund seiner verhaltensveränderung bereit, ihn wieder im elterlichen haushalt aufzunehmen. auch mit seinen brüdern habe er sich ausgesöhnt. der kläger, der in der untersuchungshaft von april bis juli 2002 ein berufskolleg besucht habe, möchte in zukunft den hauptschulabschluss schaffen und eine berufsausbildung absolvieren. 19hinsichtlich der strafzumessung sei – so das landgericht weiter – zu seinen gunsten zu berücksichtigen, dass er in vollem umfang geständig gewesen sei, die geraubten/gestohlenen gegenstände zum teil zurückgegeben habe und ihn die inzwischen mehr als acht monate währende untersuchungshaft stark beeindruckt habe. zulasten des klägers müsse sich demgegenüber auswirken, dass er eine vielzahl erheblicher straftaten begangen habe und die beute dabei erheblich gewesen sei. aufgrund der zwischen den instanzen erfolgten positiven entwicklung könne die tat- und schuldangemessene jugendstrafe von einem jahr und sechs monaten zur bewährung ausgesetzt werden, da nunmehr zu erwarten sei, dass der angeklagte im verlauf der untersuchungshaft eine einsicht dahingehend entwickelt habe, dass er sich schon die verurteilung zur warnung dienen lassen und auch ohne die einwirkung des strafvollzugs unter der erzieherischen einwirkung der bewährungszeit künftig einen rechtschaffenden lebenswandel führen werde. hierfür spreche auch, dass er während der haft an einer schulischen ausbildung teilgenommen, in der hafteinrichtung eine verantwortungsvolle tätigkeit übernommen und auch an einer anti-aggressionsgruppe und einer streitgruppe teilgenommen habe. 20anknüpfend an diese verurteilung mahnte die beklagte den kläger ausländerrechtlich unter dem 30. januar 2003 ab, wies aber darauf hin, dass die verurteilung derzeit nicht zum anlass ausländerrechtlicher maßnahmen genommen werde. 21222. mit urteil des amtsgerichts l. vom 5. november 2003 (4 js 579/03) wurde er wegen bedrohung unter einbeziehung der jugendstrafe aus dem zuvor genannten urteil zu einer einheitsjugendstrafe von zwei jahren verurteilt, die nach der – am 3. juni 2003 aufgenommenen – verbüßung von zwei dritteln in der annahme eines beim kläger durch den strafvollzug nachhaltig bewirkten eindrucks und angesichts seiner bemühungen zur erlangung der fachoberschulreife aus der haft heraus mit beschluss vom 5. februar 2004 ab dem 13. februar 2004 zur bewährung ausgesetzt wurde. 2313. mai 2003: der kläger verlangte von seiner mutter die herausgabe eines geldbetrages von 175 euro, um seinen pass verlängern zu lassen. als seine mutter dies mangels ausreichender finanzieller mittel verweigerte, holte der kläger aus der küche ein küchenmesser und hielt es ihr drohend mit den worten entgegen: „ich will innerhalb von 2 tagen mein geld, ansonsten schneide ich dir die kehle durch!“. 24im rahmen der strafzumessung führte das gericht aus: für eine strafaussetzung zur bewährung sei kein raum gewesen. der kläger habe sich als krasser bewährungsversager erwiesen und aus seiner vorverurteilung offensichtlich nicht die notwendigen schlüsse gezogen. 25auf seine anhörung vom 30. januar 2004 zur beabsichtigten ausreiseaufforderung und abschiebungsandrohung nach ablauf seiner aufenthaltserlaubnis teilte der kläger mit, dass er in der haft in letzter zeit viel dazu gelernt habe, mit der hilfe seines großen bruders weiter an sich arbeiten, künftig ein ordentliches leben führen und auch kurzfristig seine ausweisangelegenheiten erledigen werde. nach seiner haftentlassung hielt er zunächst keinen kontakt zur ausländerbehörde, sprach erst wieder am 4. november 2004 dort vor, beantragte die erteilung einer aufenthaltserlaubnis und führte hierzu aus, dass er nach seiner inhaftierung zunächst nicht zurecht gekommen sei, er aber dann eingesehen habe, dass es so nicht weitergehen könne, daraufhin wieder bei seiner mutter habe einziehen dürfen, den kontakt zur bewährungshilfe aufgenommen und sich um seine passangelegenheit gekümmert habe; des weiteren besuche er seit september 2004 regelmäßig die abendrealschule – weiterbildungskolleg der stadt l. , wolle sich beim arbeitsamt melden und eine arbeitsstelle suchen. 26273. mit strafbefehl des amtsgerichts l. vom 1. oktober 2004 (3 js 960/04) wurde der kläger wegen erschleichens von leistungen (unentgeltliche benutzung der krefelder straßenbahn am 17. mai 2004) zu einer geldstrafe von 50 tagessätzen zu je 10 euro verurteilt. 28am 1. februar 2005 teilte der kläger der beklagten mit, dass er infolge von meinungsverschiedenheiten mit dem biologielehrer über fehlzeiten von der schule abgegangen sei und derzeit weder eine schul- noch eine berufsausbildung mache. am 24. märz 2005 wurde der kläger von amts wegen nach unbekannt verzogen abgemeldet. 29304. sodann wurde der kläger mit rechtskräftigem urteil des amtsgerichts l. vom 23. september 2005 (27 js 1547/04) wegen körperverletzung unter einbeziehung der verurteilung vom 5. november 2003 zu einer einheitsjugendstrafe von drei jahren verurteilt, die der kläger ab dem 26. april 2006 unter zweimaliger zwischenzeitlicher aussetzung zur bewährung (vom 27. februar bis zum 12. oktober 2007 und vom 16. mai 2008 bis zum 31. juli 2009) und deren jeweiligen widerrufs letztlich bis zum 16. september 2009 verbüßte. 3122. märz 2005: der kläger hatte mit einem mädchen streit in einem l1. internetcafé und versetzte ihr in diesem zusammenhang eine ohrfeige. als er von einem unbeteiligten zeugen befragt wurde, wie er dazu komme, ein mädchen zu schlagen, nahm er dies zum anlass, dem völlig überraschten zeugen mit der faust mindestens zweimal ins gesicht zu schlagen, wodurch dieser zu boden ging, einen doppelten unterkieferbruch erlitt und zehn tage stationär behandelt werden musste. 32im rahmen der strafzumessung führte das gericht aus: der kläger wisse nach wie vor nicht, mit seinen aggressionen umzugehen. zu seinen lasten sei gewürdigt worden, dass er einschlägig vorbelastet sei und auch aus der längeren haft nicht die nötigen konsequenzen gezogen habe. schließlich müsse auch sein äußerst brutales vorgehen berücksichtigung finden. wie wenig er im übrigen bereit sei, sich an regeln und normen zu halten, zeige auch das negative bewährungsverhalten des klägers, der den kontakt zur bewährungshilfe nach einem gespräch im januar 2005 abgebrochen und drei nachfolgenden einladungen nicht mehr folge geleistet habe. 33der im dezember 2006 aus der haft heraus erfolgten ankündigung, sich unverzüglich nach seiner entlassung mit der ausländerbehörde in verbindung zu setzen, kam der kläger in der folgezeit nicht nach. nach angaben seiner mutter war er zwischenzeitlich wieder bei ihr in der l2.-----straße 0x wohnhaft. einer dort im märz 2009 hinterlassenen aufforderung zur anmeldung kam er jedoch nicht nach und hielt auch ansonsten weiterhin über jahre hinweg keinen kontakt mit der ausländerbehörde. in dieser zeit wurden gegen ihn zahlreiche strafrechtliche ermittlungsverfahren geführt, unter anderem wegen unterschlagung, gefährlicher körperverletzung, sachbeschädigung, bedrohung, räuberischer erpressung, hausfriedensbruch, diebstahls, beleidigung und straftaten nach dem betäubungsmittelgesetz, die jedoch zu keiner weiteren verurteilung führten. 34zum 21. februar 2011 meldete sich der kläger bei der meldebehörde mit einer neuen wohnung in der j. straße 000 an und sprach nach einladung und erinnerung erstmals wieder am 25. märz 2011 bei der ausländerbehörde vor. dabei gab er an: er sei seit 2005 immer wieder mit unterbrechungen in haft gewesen, habe sich ansonsten in l. bei freunden oder bei der familie aufgehalten, zu seinen eltern aber nur sehr wenig kontakt gehabt. er habe versucht, mithilfe seiner freunde arbeit zu finden, aber ohne nationalpass und aufenthaltserlaubnis nichts erreichen können. in der jva habe er seinen schweißerschein gemacht und wolle arbeit in dieser richtung finden.- daraufhin wurde dem kläger am 25. märz 2011 eine duldung mit der nebenbestimmung „erwerbstätigkeit nicht gestattet“ ausgehändigt. 35am 4. mai 2011 wurde der kläger jedoch wieder von amts wegen nach unbekannt abgemeldet und hielt erneut keinen kontakt zur ausländerbehörde. am 22. august 2011 wurde der kläger wegen unentschuldigten nichterscheinens in einer strafgerichtlichen hauptverhandlung erneut inhaftiert, am 28. september 2011 wieder entlassen. 36375. mit rechtskräftigem urteil des amtsgerichts l. vom 12. oktober 2011 (15 js 169/11) wurde der kläger wegen körperverletzung zu einer geldstrafe von 90 tagessätzen zu je 20 euro verurteilt. 3825. november 2010: der kläger schlug auf dem t2.-------platz in l. den geschädigten mit der faust ins gesicht. der geschädigte erlitt eine geschwollene linke wange. 39am 1. dezember 2011 wurde der kläger in untersuchungshaft genommen, am 6. januar 2012 wieder entlassen. 40am 23. november 2012 stellte der außendienst der beklagten fest, dass der kläger wieder bei seinen eltern in der l2.-----straße 0x wohnhaft ist. mit dieser adresse wurde der kläger sodann von amts wegen rückwirkend zum 5. mai 2011 angemeldet. 41426. sodann wurde der kläger mit rechtskräftigem strafbefehl des amtsgerichts l. vom 25. august 2012 (31 js 424/11) wegen unerlaubten besitzes von betäubungsmitteln und sachbeschädigung zu einer gesamtgeldstrafe von 120 tagessätzen zu je 20 euro verurteilt, aus der mit beschluss des amtsgerichts l. vom 20. februar 2013 zusammen mit der mit urteil vom 12. oktober 2011 verhängten geldstrafe eine gesamtstrafe von 150 tagessätzen zu je 20 euro gebildet wurde, hinsichtlich derer der kläger zunächst vom 4. bis zum 12. februar 2014 eine ersatzfreiheitsstrafe verbüßte; die dadurch noch nicht verbüßte geldstrafe i.h.v. 2060 euro wurde sodann durch freunde beglichen. 432. april 2011: in der nacht hatte der kläger auf dem v. in l. 1,62 g marihuana in seinem gewahrsam, obwohl ihm bewusst war, dass er zum besitz nicht berechtigt war. kurz zuvor trat er auf dem t3. gegen die beifahrertür eines vorbeifahrenden fahrzeuges, an dem ein schaden von 2325,33 euro entstand. um 3:50 uhr befand sich im blut des klägers eine alkoholkonzentration von 2,06 promille, so dass er beide handlungen im zustand erheblich verminderter schuldfähigkeit begangen hat. 44457. mit urteil des amtsgerichts l. vom 22. februar 2013 (4 js 642/12) wurde der kläger wegen räuberischer erpressung in tateinheit mit körperverletzung zu einer freiheitsstrafe von einem jahr und zehn monaten unter strafaussetzung zur bewährung verurteilt. 4622. september 2012: im rahmen eines wortwechsels mit dem betreiber der vom kläger besuchten gaststätte, für deren rechnung er ca. 10 euro zu wenig geld bei sich hatte, schlug der kläger dem betreiber unvermittelt mit voller wucht die faust auf den linken mundwinkel, um zu verhindern, dass dieser seine offene forderung weiter durchsetzte. der betreiber erlitt zwei platzwunden am kopf und verlor drei zähne, deren wiederherstellung einen aufwand von 2500 euro erforderte. 47zur strafzumessung führte das gericht aus: aufgrund der gesamtumstände, insbesondere des einschlägigen strafrechtlichen vorlebens des klägers sowie des erheblichen gewalteinsatzes sei auch unter berücksichtigung einer erheblichen alkoholischen enthemmung die annahme eines minder schweren falles der räuberischen erpressung nicht vertretbar gewesen, zumal der kläger eingeräumt habe, er wisse, dass er unter alkoholeinfluss gewalttätig werde. bei der strafzumessung im engeren sinne seien die zulasten des klägers sprechenden und gegen die annahme eines minder schweren falles ausschlaggebenden umstände nur noch in abgeschwächter form zu berücksichtigen, zu seinen gunsten aber in vollem umfang, dass er die tat unter beschönigung eingeräumt habe. die vollstreckung der freiheitsstrafe habe – wenn auch mit bedenken – noch zur bewährung ausgesetzt werden können. dem kläger sei allerdings deutlich vor augen geführt worden, dass er bei neuerlichen straftaten, insbesondere im bereich von gewaltdelikten, mit dem widerruf der strafaussetzung und gegebenenfalls auch mit der verhängung von freiheitsstrafen rechnen müsse, deren vollstreckung dann nicht mehr zur bewährung ausgesetzt werden könne. 48am 28. februar 2014 holte die beklagte beim sozialversicherungsträger die telefonische auskunft ein, dass der kläger in den vergangenen fünf jahren weder sozialversicherungspflichtig, noch in form eines so genannten minijobs beschäftigt gewesen sei. 49nach anhörung, auf die der kläger die unverzügliche ausstellung der deklaratorischen bescheinigung über sein assoziationsrechtliches aufenthaltsrecht beantragte, wies die beklagte den kläger mit bescheid vom 13. märz 2014 – dem damaligen prozessbevollmächtigten des klägers am folgetage gegen empfangsbekenntnis zugestellt – unter annahme erhöhten ausweisungsschutzes nach nationalem recht und nach art. 7 des beschlusses nr. 1/80 des assoziationsrates ewg-türkei über die entwicklung der assoziation (arb) nach ermessen aus dem bundesgebiet aus, lehnte seinen antrag auf erteilung einer aufenthaltserlaubnis ab, drohte ihm für den fall, dass er nicht innerhalb von 30 tagen ab zustellung dieser verfügung ausreist, die abschiebung in sein heimatland türkei an und befristete das mit der ausweisung und einer durchgeführten abschiebung verbundene einreise- und aufenthaltsverbot auf die dauer von fünf jahren ab ausreise. zur begründung führte sie unter anderem aus: durch verwirklichung eines ausweisungstatbestandes nach § 53 des gesetzes über den aufenthalt, die erwerbstätigkeit und die integration von ausländern im bundesgebiet (aufenthg) durch verurteilung zu einer jugendstrafe von drei jahren im jahr 2005 sei ein schwerwiegender ausweisungsgrund gegeben. dies zeige sich auch konkret im betreffenden strafurteil und dem strafmaß. darüber hinaus habe der kläger in der folgezeit weitere schwere straftaten begangen, die zu weiteren verurteilungen, letztlich zu einer freiheitsstrafe von einem jahr und zehn monaten geführt hätten. nach alledem liege unzweifelhaft sowohl einzelfallbezogen als auch in der gesamtschau ein gravierender ausweisungsanlass vor. bei würdigung der gesamtpersönlichkeit des klägers und seines bislang dargelegten verhaltens bestehe auch die hinreichend konkrete gefahr, dass er erneut einschlägige oder im gewicht vergleichbare verfehlungen begehe und damit von ihm eine bedeutsame gefahr für ein wichtiges schutzgut ausgehe, die ein grundinteresse der gesellschaft berühre. die wiederholungsgefahr, die vom kläger für wichtigste rechtsgüter ausgehe, ergebe sich sowohl aus der schwere der abgeurteilten taten als aus der tatbegehung und dauerhaftigkeit schon deutlich. im verlauf der letzten elf jahre sei der kläger regelmäßig und wiederholt durch die begehung neuer straftaten aufgefallen. auch längere zeiten der inhaftierung hätten niemals zu seiner resozialisierung führen können. eine vielzahl seiner taten seien unter dem einfluss von alkohol begangen worden und zeugten von erheblicher brutalität. mehrere menschen seien von ihm zum teil schwer verletzt worden, ohne dass eine kompensation des schadens erfolgt sei. vielmehr habe der kläger im rahmen der letzten mündlichen verhandlung am 22. februar 2013 erklärt, dass er unter alkoholeinfluss nun einmal keine kontrolle mehr über sich habe. auch die letztlich eingestellten verfahren ließen in der gesamtschau erkennen, dass der kläger über jahre hinweg die zeiten außerhalb des strafvollzugs vor allem dazu genutzt habe, seine aggressionen gegen seine mitmenschen und des öfteren gegen seine lebensgefährtinnen zu richten. bereits die abgeurteilten straftaten aus dem jahre 2002 stünden symptomatisch für seinen späteren werdegang als jugendlicher und erwachsener intensivstraftäter. durch seine an- und fortdauernden verstöße gegen geltendes recht, die vollkommene ignoranz gegenüber den hiesigen behörden und die völlige verweigerung der partizipation am wirtschaftlichen und/oder gesellschaftlichen leben der bundesrepublik deutschland zeige er deutlich seine rechtsfeindliche gesinnung auf. jedes vertrauen in eine zäsur seines lebenswandels seitens der justiz oder der ausländerbehörde sei vom kläger untergraben worden. er habe mehrfach während laufender bewährung versagt. trotz seines wiederholt beteuerten wissens um sein erhöhtes aggressionspotenzial unter alkoholeinfluss trinke der kläger – wie sich aus seiner facebook-seite und aus polizeilichen erkenntnisberichten ergebe – weiterhin. er gehe keiner beschäftigung nach, lebe in den tag hinein und sei für die rechtsordnung nicht mehr erreichbar. den schwerwiegenden und spezialpräventiven ausweisungsgründen stehe das interesse des klägers an seinem weiteren verbleib im bundesgebiet gegenüber, das sich insbesondere daraus ergebe, dass er sich langjährig in der bundesrepublik deutschland aufhalte, in der haft einen hauptschulabschluss erlangt habe und hier über familiäre bindungen zu seinen eltern und geschwistern verfüge. eine qualifizierte berufsausbildung oder eine längerfristige beschäftigung habe er aber niemals ausgeübt, so dass eine wirtschaftliche integration nicht erfolgt sei. seine eingliederung im bundesgebiet habe er durch straffälligkeit und inhaftierung wissentlich und willentlich selbst zur disposition gestellt. die folgen der ausweisung für seine familienangehörigen seien ebenfalls nicht geeignet, von einer ausweisung abzusehen. sein vater werde von seiner mutter gepflegt, ohne dass eine teilhabe an der pflege durch den kläger ersichtlich sei. angesichts der schwere der straftaten und der vom kläger ausgehenden gefahren für elementare rechtsgüter überwiege daher das öffentliche interesse an seiner ausweisung. schließlich sei auch der grundsatz der verhältnismäßigkeit gewahrt und seine ausweisung auch mit der europäischen konvention zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (emrk), insbesondere mit art. 8 vereinbar. dass keinerlei soziale und soziokulturelle beziehungen mehr zum staat seiner staatsangehörigkeit bestünden, sei vorliegend nicht gegeben. angesichts der von ihm verfassten facebook-einträge und seiner angaben auf einem anmeldebogen für das arbeitsamt l. verfüge der kläger auch über türkische sprachkenntnisse. die festgesetzte dauer des einreise- und aufenthaltsverbotes von fünf jahren sei unter berücksichtigung der gefährdeten rechtsgüter und der hohen rückfallgefahr nicht überhöht, sondern lediglich der relativierung unter berücksichtigung höherrangigen rechts hinsichtlich seiner geburt und seines seitdem augenscheinlich ununterbrochenen aufenthaltes im bundesgebiet sowie der familiären bindungen zu seinen hier lebenden eltern und geschwistern geschuldet. 50mit der hiergegen gerichteten klage vom 14. april 2014 trägt der kläger vor: er sei das kind eines türkischen arbeitnehmers in deutschland, der alle stufen des erwerbs einer rechtsstellung nach art. 6 arb durchlaufen habe, so dass er nach art. 7 arb selbst ein entsprechendes aufenthaltsrecht besitze. er habe nicht nur einen hauptschulabschluss, sondern auch eine berufsausbildung als schweißer erfolgreich absolviert. wenn auch ein großteil der pflege von seiner mutter geleistet werde, helfe er bei der täglichen pflege seines schwerbehinderten vaters mit. seine straffälligkeit in der vergangenheit solle nicht in abrede gestellt werden. ihm sei jedoch durch die beklagte über viele jahre hinweg, wenigstens seit 2004 großes unrecht geschehen, das ursächlich oder jedenfalls mitbegründend für seine offensichtliche haltlosigkeit, seine eher mäßige integration und durchaus auch für die wiederholt vorgekommenen straftaten sei. so habe ihm die beklagte letztmalig bis 2004 eine aufenthaltserlaubnis erteilt und damals seinen reisepass einbehalten, obwohl sie hierzu mangels seiner ausreisepflicht auch nach § 50 aufenthg nicht berechtigt gewesen sei. ohne pass bekomme man in der praxis keinerlei arbeit mehr. dies gelte umso mehr, als die beklagte ihm in der folge über jahre hinweg nur noch duldungen ausgestellt habe, teilweise sogar mit der auflage, dass eine erwerbstätigkeit nicht gestattet sei. später habe die beklagte ihm nicht einmal mehr duldungsbescheinigungen ausgestellt, obwohl er mit einem arbeitsangebot dort vorgesprochen habe. nur wenige dieser vorsprachen seien in der ausländerakte dokumentiert. außerdem halte die beklagte ihm in der angegriffenen verfügung längst verjährtes, eigentlich straffreies, eingestelltes, nach höchstrichterlicher rechtsprechung verbrauchtes und sogar nicht mehr im aktuellen bundeszentralregisterauszug verzeichnetes entgegen. des weiteren habe die beklagte sich illegal erkenntnisse aus seinem facebook-konto beschafft und diese zur untermauerung einer angeblichen wiederholungsgefahr gegen ihn verwendet. eine nationale aufenthaltserlaubnis habe er bei der beklagten im übrigen niemals beantragt, sondern lediglich im jahre 2004 die ausstellung der deklaratorischen bescheinigung über sein ohnehin bestehendes aufenthaltsrecht nach dem arb. er sei völlig mittellos, ohne möglichkeit, eine erwerbstätigkeit aufzunehmen, und obendrein nicht krankenversichert, sondern völlig auf die unterstützung seiner eltern und von freunden angewiesen. 51mit der klage legt der kläger ein zeugnis der schweißtechnischen lehranstalt b1. vom 30. april 2007 über eine bestandene prüfung zum kehlnahtschweißer nach einem fortbildungslehrgang vor. 52im laufe des klageverfahrens hat die beklagte in einem erörterungstermin vom 17. märz 2015 die vollziehung aus ihrem bescheid vom 13. märz 2014 vorbehaltlich einer änderung der sach- und rechtslage ausgesetzt, woraufhin ein vorläufiges rechtsschutzverfahren (az.: 27 l 900/14) von den beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. nach inkrafttreten des gesetzes zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung vom 27. juli 2015 (bgbl. i 2015, s. 1386) hat sie mit schriftsatz vom 1. oktober 2015 hinsichtlich der befristung der sperrwirkung folgende ermessenserwägungen nachgetragen: es werde nicht verkannt, dass der kläger im bundesgebiet geboren worden sei und sein gesamtes leben hier verbracht habe. zudem habe er aus der strafhaft heraus einen schulabschluss erlangt. eine nachfolgende wirtschaftliche integration sei nicht zu erkennen. die ankündigung des klägers im erörterungstermin zur aufnahme einer ausbildung sei anschließend dahingehend relativiert worden, ein praktikum aufzunehmen. eine sozialpflichtige beschäftigung liege bis heute nicht vor. auch bestünden keine schützenswerten familiären bindungen im bundesgebiet. darüber hinausgehende private bindungen, die von art. 8 emrk geschützt seien, bestünden vornehmlich zu seiner mutter und seinen geschwistern. die von seiten des klägers ausgehende gefahr setze sich fort. er erhalte seine völlige ignoranz gegenüber regeln und pflichten aufrecht. dies gelte insbesondere auch für das laufende bewährungsverfahren. außerdem seien nach erlass der ausweisungsverfügung weitere vorwürfe wegen nachstellungen und misshandlungen gegenüber frauen bzw. kurzzeitigen lebensabschnittsgefährtinnen erhoben worden. dem kläger sei es aufgrund seiner massiven straffälligkeit und der von ihm ausgehenden gefahren für die öffentliche sicherheit und ordnung zuzumuten, sich in die gegeben- und gepflogenheiten seines heimatlandes einzufinden. selbst unter dem druck eines verwaltungsgerichtlichen verfahrens und dem damoklesschwert der ausweisung bzw. drohenden abschiebung gelinge es ihm nicht, auch nur während dieses verfahrens eine wirtschaftliche integration zu beginnen und sich straffrei zu halten. für eine zäsur seines verhaltens lägen keine anhaltspunkte vor. soweit der kläger geltend macht, dass sein verhalten jedenfalls auch auf einem rechtswidrigen verwaltungshandeln wenigstens seit 2004 beruhe, sei festzustellen, dass ihm nach mehrjährigem kontaktabbruch zu den hiesigen behörden lediglich im jahr 2011 eine einzige – im hinblick auf die erworbenen rechte nach art. 7 arb – irrtümliche duldung erteilt wurde und er sodann abermals den kontakt abgebrochen habe. die in der ausweisung dargestellte strafbiografie, die einschätzungen und beurteilungen der strafgerichte, das bewährungsversagen, die hohe wiederholungsgefahr und rückfallgeschwindigkeit, das persönlichkeitsbild und die fehlenden anhaltspunkte für einen persönlichkeitswandel belegten eine gefährlichkeit des klägers bis zu seiner abschiebung, so dass eine befristung auch jenseits der fünf jahre in betracht gekommen wäre. ein großteil der straftaten habe er nicht als jugendlicher oder heranwachsender begangen, sondern in einem alter, in dem eine nachhaltige nachreifung in dem hier erforderlichen maße nicht mit ausreichender wahrscheinlichkeit erwartet werden könne. von einer höheren sperrwirkung sei ausschließlich im hinblick auf die privaten bindungen des klägers und die lange dauer seines aufenthaltes im bundesgebiet abgesehen worden. 53der kläger beantragt schriftsätzlich, 541.55die im bescheid der beklagten vom 13. märz 2014 verfügte ausweisung aufzuheben, 2.56die im bescheid der beklagten vom 13. märz 2014 verfügte abschiebungsandrohung aufzuheben und 3.57die im bescheid der beklagten vom 13. märz 2014 unter fristsetzung von 30 tagen ab zustellung verfügte ausreiseaufforderung aufzuheben. 58die beklagte beantragt, 59die klage abzuweisen. 60sie nimmt zur begründung auf die ausführungen in der angefochtenen verfügung bezug und trägt ergänzend vor: die zitierten facebook-einträge seien am 11. märz 2014 frei öffentlich zugänglich und für keinen nutzerkreis eingeschränkt gewesen. durch entsprechende rechtsprechung sei geklärt, dass von den einträgen ohne verstoß gegen datenschutzrechtliche bestimmungen kenntnis genommen werden könne, wenn der betroffene selbst die information öffentlich ins netz stelle; auch einer verwertung im rahmen eines verwaltungsverfahrens stehe unter diesen umständen nichts entgegen (vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, beschluss vom 9. oktober 2013 – 18 b 1159/13). 61am 15. september 2014 hat eine ehemalige freundin des klägers, frau z. h. gegen den kläger wegen vorsätzlicher körperverletzung, bedrohung und nötigung strafanzeige gestellt und hierzu folgendes angegeben: sie habe am 4. september 2014 den kläger in seiner wohnung in der l2.-----straße besucht. er sei betrunken gewesen, ausgerastet, habe sie mehrmals von hinten getreten, ihr an den hals gegriffen und sie gewürgt, so dass sie noch jetzt schmerzen beim schlucken habe. nachdem andere personen die polizei verständigt hätten, sei sie auf anforderung der beamten, in ihre wohnung gegangen. als sie am nächsten tag nachhause gegangen sei, habe der kläger schon vor dem haus gewartet, sie getreten und geschubst und ihr dann mit der faust ins gesicht geschlagen, so dass sie gegen die briefkästen geprallt sei. die polizei sei gekommen und habe den kläger mitgenommen. sie sei zu einer freundin gegangen. als sie am nächsten tag in ihre wohnung gekommen sei, sei die tür aufgebrochen und die wohnung verwüstet gewesen, wovon der kläger ihr bilder auf ihr handy geschickt habe. seit dem 11. september erhalte sie etwa 100 sms oder anrufe von ihm, in denen er ihr deutlich mache, dass alles nur noch schlimmer würde, wenn sie anzeige erstatte. er habe ihr fotos von einer pistole geschickt, sie beleidigt und ihre freundin und sie bedroht, sie umzubringen. am 14. september sei sie mit ihrem auto nachhause gefahren, wo vor dem haus bereits der kläger mit einem anderen mann in einem auto gewartet und sie anschließend verfolgt habe. sie werde erstmal bei einer freundin wohnen und beim amtsgericht eine einstweilige verfügung beantragen. 62mit beschluss des familiengerichts l. vom 16. september 2014 ist dem kläger auf antrag der frau z. h. befristet bis 16. dezember 2014 unter androhung eines ordnungsgeldes bis zu 250.000 euro oder ordnungshaft bis zu sechs monaten verboten worden, diese zu bedrohen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln, sich ihrer wohnung weniger als 20 m zu nähern und mit ihr – auch unter verwendung von fernkommunikationsmitteln – verbindung aufzunehmen (68 f 261/14). 63mit verfügung vom 24. oktober 2014 hat die staatsanwaltschaft l. das betreffende strafrechtliche ermittlungsverfahren 5 js 899/14 eingestellt, die geschädigte auf den privatklageweg verwiesen und ein öffentliches interesse an der strafverfolgung mit dem hinweis darauf verneint, dass es sich um eine beziehungstat handele. 64zum 1. april 2015 hat sich der kläger zu seiner aktuellen meldeadresse in der t4.----straße 00 in l. umgemeldet. 65der kläger hat bei der beklagten zuletzt am 29. juni 2015 vorgesprochen, woraufhin ihm eine duldung bis zum 28. september 2015 ausgehändigt worden ist. 66mit beschluss vom 2. november 2015 hat das landgericht l3. (166 stvk 142/14 bew) die mit urteil des amtsgerichts l. vom 22. februar 2013 im verfahren 4 js 642/12 gewährte strafaussetzung zur bewährung widerrufen, dabei festgestellt, dass die leistungen, die der kläger im bewährungsverfahren erbracht hat, dergestalt auf die strafe angerechnet werden, dass ein zeitraum von drei monaten als verbüßt gilt, und zur begründung ausgeführt, dass von den auferlegten arbeitsstunden trotz aufforderung durch die gerichtshilfe nach wie vor sechs unentschuldigt nicht erbracht seien und der kläger auch zum gerichtlichen anhörungstermin vom 2. november 2015 nicht erschienen sei. 67zum termin zur mündlichen verhandlung vor dem erkennenden gericht am 19. januar 2016 ist der kläger nicht erschienen. 68wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte, der verwaltungsvorgänge der beklagten einschließlich der von ihr beigezogenen strafakten sowie des vom gericht beigezogenen bewährungsheftes des landgerichts l3. zum verfahren 166 stvk 142/14 bew bezug genommen. 69 | 70das gericht kann in der sache entscheiden, obwohl der kläger im termin zur mündlichen verhandlung am 19. januar 2016 nicht vertreten war. denn der kläger ist zu diesem termin ordnungsgemäß geladen und gemäß § 102 abs. 2 der verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) auf die möglichkeit einer entscheidung trotz abwesenheit hingewiesen worden (blatt 116, 118 und 121 der gerichtsakte). 71die klage ist dahingehend auszulegen, dass sie darauf gerichtet ist, 72die ausweisungsverfügung und abschiebungsandrohung im bescheid der beklagten vom 13. märz 2014 aufzuheben, 73hilfsweise, die beklagte unter entsprechender abänderung ihres bescheides vom 13. märz 2014 in der gestalt der erklärung vom 1. oktober 2015 zu verpflichten, das mit der ausweisung und einer abschiebung nach § 11 abs. 1 aufenthg verbundene einreise- und aufenthaltsverbot auf sofort zu befristen. 74mit der klage wendet sich der kläger zwar ausdrücklich lediglich gegen die im bescheid der beklagten vom 13. märz 2014 verfügte ausweisung nebst abschiebungsandrohung sowie ausreiseaufforderung. zum einen ist die klage der sache nach aber auf die sicherstellung eines weiteren aufenthalts des klägers im bundesgebiet oder aber zumindest auf die begrenzung der mit der ausweisung und einer abschiebung gesetzlich verbundenen folgen und damit sinngemäß neben der aufhebung der ausweisung und abschiebungsandrohung hilfsweise auch auf die abänderung der befristungsentscheidung gerichtet. zum andern enthält der bescheid vom 13. märz 2014 keine (anfechtbare) ausreiseaufforderung, der es im übrigen auch nicht bedarf. im bescheid vom 13. märz 2014 wird lediglich die sich unmittelbar aus dem gesetz ergebende ausreiseverpflichtung (§ 50 aufenthg) festgestellt. der hinweis auf die ausreisepflicht stellt jedoch mangels regelungsgehaltes keinen verwaltungsakt dar. 75vgl. thüringer ovg, beschluss vom 11. februar 2003 – 3 eo 387/02 –, ezar 040 nr. 6; hailbronner, ausländerrecht – kommentar, stand: november 2015, § 50 rn. 4; vgl. dazu, dass selbst eine ausdrückliche ausreiseaufforderung nicht die ausreisepflicht begründet, sondern nur die jeder abschiebungsandrohung immanente aufforderung zum verlassen des bundesgebietes unterstreicht: bverwg, beschluss vom 20. januar 1993 – 1 b 149.92 –, juris (rn. 6). 76die fristsetzung ist teil der abschiebungsandrohung (vgl. § 59 abs. 1 aufenthg). 77die so verstandene zulässige klage ist sowohl mit dem hauptantrag (i.) als auch mit dem hilfsantrag (ii.) unbegründet. 78i. die mit bescheid der beklagten vom 13. märz 2014 verfügte ausweisung (1.) und abschiebungsandrohung (2.) ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 s. 1 vwgo). 791. die ausweisung, für deren überprüfung auf die sach- und rechtslage im zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung abzustellen ist, 80vgl. bverwg, urteile vom 15. november 2007 – 1 c 45.06 –, juris (rn. 14 ff.) und vom 13. januar 2009 – 1 c 2.08 –, juris (rn. 12), 81findet ihre rechtsgrundlage in §§ 53 abs. 1 bis 3, 54 f. aufenthg in der fassung des asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. oktober 2015 (bgbl. i 2015 s. 1722) (a). dass § 53 abs. 1 aufenthg insoweit eine (gerichtlich voll überprüfbare) gebundene entscheidung vorsieht, steht auch nicht in widerspruch zu art. 8 emrk und art. 14 arb – diese gebieten keine ermessensentscheidung über die ausweisung des klägers (b). ebenso wenig dürfte das erfordernis einer ermessensentscheidung aus den stillhalteklauseln des art. 13 arb bzw. art. 41 abs. 1 des zusatzprotokolls zum abkommen vom 12. september 1963 zur gründung einer assoziation zwischen der europäischen wirtschaftsgemeinschaft und der türkei für die übergangsphase der assoziation (zp) folgen, was jedoch offen bleiben kann, da die beklagte ermessen ausgeübt hat und ihre entscheidung ermessensfehlerfrei ist (c). 82a) nach § 53 abs. 1 aufenthg wird unter anderem ein ausländer, dessen aufenthalt die öffentliche sicherheit und ordnung gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalles vorzunehmende abwägung der interessen an der ausreise mit den interessen an einem weiteren verbleib des ausländers im bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche interesse an der ausreise überwiegt. dabei setzt die annahme einer gefährdung der öffentlichen sicherheit und ordnung nach den im allgemeinen polizei- und ordnungsrecht entwickelten grundsätzen voraus, dass mit hinreichender wahrscheinlichkeit durch die weitere anwesenheit des ausländers im bundesgebiet ein schaden an einem der schutzgüter eintreten wird. 83vgl. die begründung des entwurfs der bundesregierung zu einem gesetz zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung, bt-drs. 18/4097, s. 49. 84umstände, die ein interesse an der ausreise, d.h. ein ausweisungsinteresse begründen, 85vgl. zu dieser begrifflichen gleichsetzung cziersky-reis in: hofmann, nomoskommentar – ausländerrecht (nk-auslr), 2. aufl., § 53 rn. 16, 86benennt und bewertet das gesetz als schwer bzw. besonders schwer in § 54 aufenthg. umstände, aus denen sich ein interesse des ausländers an seinem weiteren verbleib im bundesgebiet ergibt, werden in § 53 abs. 2 und § 55 aufenthg angeführt und in letztgenannter vorschrift als schwer bzw. besonders schwer bewertet. die aufzählung von umständen in § 54 f. aufenthg, die zur annahme eines ausweisungs- bzw. bleibeinteresses führen können, ist jedoch nicht abschließend. insbesondere sollen in die abwägung die kriterien mit einbezogen werden, die vom europäischen gerichtshof für menschenrechte (egmr) insoweit zu art. 8 emrk entwickelt worden sind: art und schwere der straftat, dauer des aufenthaltes im gastland, seit der tatzeit verstrichene zeitspanne und verhalten des ausländers in dieser zeit, staatsangehörigkeit der betroffenen, familiäre situation und dauer einer etwaigen ehe, etwaige kenntnis des ehegatten von der straftat bei aufnahme der beziehung, etwaige aus der ehe hervorgegangene kinder, ihr alter und das maß an schwierigkeiten, denen der ehegatte und/oder die kinder im abschiebezielland begegnen können, sowie festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären bindungen zum gaststaat und zum abschiebezielland. 87vgl. die begründung des entwurfs der bundesregierung zu einem gesetz zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung, bt-drs. 18/4097, s. 49 f.; vgl. zu diesen sog. boultif/üner-kriterien: egmr, urteil vom 2. august 2001 – individualbeschwerde nr. 54273/00 –, infauslr 2001, 476 (478); egmr, urteil vom 18. oktober 2006 – individualbeschwerde nr. 46410/99 <üner> –, juris (rn. 57 f.). 88dabei werden in den jeweiligen abs. 1 und 2 der §§ 54 f. aufenthg die ausweisungs- bzw. bleibeinteressen nur allgemein als schwer bzw. besonders schwer typisiert, ohne dabei im sinne eines automatismus bzw. schemas die letztliche interessenabwägung zu bestimmen. erforderlich und maßgeblich ist stets eine umfassende und ergebnisoffene abwägung aller umstände des jeweiligen einzelfalles, die nach dem gesetzeswortlaut gerichtlich voll überprüfbar ist. 89vgl. auch die begründung des entwurfs der bundesregierung zu einem gesetz zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung, bt-drs. 18/4097, s. 49 f. 90für bestimmte personengruppen, so auch für ausländer mit einem aufenthaltsrecht nach dem assoziationsabkommen ewg/türkei wird der ausweisungstatbestand durch § 53 abs. 3 aufenthg in anknüpfung an die rechtsprechung des europäischen gerichtshofs (eugh) 91vgl. eugh, urteil vom 8. dezember 2011 – c-371/08 –, juris (rn. 79 ff.), 92dahingehend eingeschränkt, dass die ausweisung nur erfolgen darf, wenn das persönliche verhalten des betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung darstellt, die ein grundinteresse der gesellschaft berührt, und die ausweisung für die wahrung dieses interesses unerlässlich ist. mit der erstgenannten voraussetzung darf jedenfalls für diese personengruppe eine ausweisung nur auf spezialpräventive gründe gestützt werden. 93vgl. die begründung des entwurfs der bundesregierung zu einem gesetz zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung, bt-drs. 18/4097, s. 49 f. 94mit dem zweiten erfordernis der unerlässlichkeit der ausweisung ist keine weitere verschärfung der ausweisungsvoraussetzungen verbunden, sondern wird entsprechend den genannten vorgaben des europäischen gerichtshofes 95vgl. eugh, urteil vom 8. dezember 2011 – c-371/08 –, juris (rn. 82 und 86) in anknüpfung an eugh, urteil vom 22. dezember 2010 – c-303/08 –, juris (rn. 60), 96lediglich die besondere bedeutung des grundsatzes der verhältnismäßigkeit hervorgehoben. 97vgl. neidhardt, htk-auslr, § 53 aufenthg abs. 3 01/2016 nr. 3.3. 98im übrigen bedarf es auch insoweit einer umfassenden interessenabwägung nach § 53 abs. 1 aufenthg unter berücksichtigung der in §§ 53 abs. 2, 54 f. aufenthg exemplarisch genannten umstände des einzelfalls. 99gegen die anwendung von §§ 54 f. aufenthg in diesen fällen cziersky-reis in: hofmann, nk-auslr, 2. aufl., § 53 rn. 37, der allerdings die gesetzliche typisierung in den abs. 1 und 2 der §§ 53 f. aufenthg mit einem schematischen punktesystem gleichsetzt, in dem man ein schweres interesse mit fünf punkten und ein besonders schweres interesse mit zehn punkten bewertet und im rahmen der schlussbetrachtung noch einmal bis zu zehn punkte addiert oder abzieht (§ 53 rn. 29 a.e.), im übrigen aber auch hinsichtlich assoziationsberechtigter eine abwägung im einzelfall nach § 53 abs. 1 aufenthg für erforderlich erachtet (art. 14 arb rn. 10). 100ausgehend von diesen grundsätzen sind die voraussetzungen der § 53 abs. 1 und 3 aufenthg für die ausweisung des klägers erfüllt. das persönliche verhalten des klägers stellt gegenwärtig im sinne des § 53 abs. 3 i.v.m. abs. 1 aufenthg eine schwerwiegende gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung dar, die ein grundinteresse der gesellschaft berührt und ein ausweisungsinteresse begründet (aa), das das bleibeinteresse des klägers (bb) unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalles überwiegt, so dass seine ausweisung unerlässlich ist (cc). 101aa) die vom kläger in den vergangenen 15 jahren begangenen straftaten, die zu den in seinem aktuellen strafregisterauszug angeführten und oben dargestellten sieben verurteilungen geführt haben, begründen unter berücksichtigung seines übrigen verhaltens auch gegenwärtig eine schwerwiegende gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung, die ein grundinteresse der gesellschaft berührt, und ein ausweisungsinteresse im sinne des § 53 abs. 1 aufenthg, das der gesetzgeber in § 54 aufenthg teils als schwer, teils als besonders schwer einstuft. es besteht ein entsprechend gewichtiger ausweisungsanlass und eine konkrete wiederholungsgefahr. 102insbesondere die zuletzt geahndete straftat des klägers vom 22. september 2012 – das verbrechen der räuberischen erpressung in tateinheit mit körperverletzung –, wegen derer er mit urteil des amtsgerichts l. vom 22. februar 2013 zu einer freiheitsstrafe von einem jahr und zehn monaten verurteilt worden ist, bildet einen ausweisungsanlass von entsprechend schwerem gewicht. die in dem angefochtenen bescheid im einzelnen beschriebene tat richtet sich mit der körperlichen unversehrtheit, dem schutz des vermögens und der willensentschließungsfreiheit gegen sehr hohe rechtsgüter und berührt damit ein grundinteresse der gesellschaft. diese rechtsgüter hat der kläger in massiver weise verletzt, wie sich aus dem strafrichterlichen urteil, dessen feststellungen von der beklagten im angegriffenen bescheid wiedergegeben und gewürdigt worden sind, ergibt. 103hinsichtlich des klägers besteht auch heute noch die konkrete gefahr der begehung weiterer schwerer straftaten gegen bedeutende rechtsgüter. bei der prüfung der individuellen wiederholungsgefahr im rahmen einer ausweisung trifft das verwaltungsgericht eine eigenständige prognoseentscheidung. dabei gelten nicht an resozialisierungsgesichtspunkten, sondern an strengeren kriterien orientierte und darüber hinaus eine längerfristige gefahrenprognose erfordernde gefahrenabwehrrechtliche maßstäbe. 104vgl. ovg nrw, beschluss vom 17. juli 2008 – 18 a 1145/07 –, juris (rn. 8). 105für die feststellung der wiederholungsgefahr gilt ein differenzierender, mit zunehmendem ausmaß des möglichen schadens abgesenkter grad der wahrscheinlichkeit des schadenseintritts. 106vgl. bverwg, urteile vom 15. januar 2013 – 1 c 10.12 –, juris (rn. 15), vom 10. juli 2012 – 1 c 19.11 –, juris (rn. 16), vom 2. september 2009 – 1 c 2.09 –, juris (rn. 17) und vom 3. august 2004 – 1 c 30.02 –, juris (rn. 26); ovg nrw, beschluss vom 10. januar 2003 – 18 b 2436/02 –, juris (rn. 6). 107bei der prognose sind die besonderen umstände des einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die höhe der verhängten strafe, die schwere der konkreten straftat, die umstände ihrer begehung und das gewicht des bei einem rückfall bedrohten rechtsguts, aber auch die persönlichkeit des täters und seine entwicklung und lebensumstände bis zum maßgeblichen entscheidungszeitpunkt, der entscheidung des gerichts. 108vgl. bverwg, beschluss vom 6. mai 2011 – 10 b 30.10 –, juris (rn. 6) und urteil vom 16. november 2000 – 9 c 6.00 –, juris (rn. 16). 109nach diesen maßstäben ist die einschätzung der beklagten, dass von dem kläger eine erhebliche wiederholungsgefahr ausgeht, nicht zu beanstanden. die beklagte hat in der angefochtenen ordnungsverfügung zutreffend gewürdigt, dass dies sowohl aus der schwere der abgeurteilten straftaten als auch aus der tatbegehung und der dauerhaftigkeit sowie der würdigung der gesamtpersönlichkeit des klägers und fehlender anhaltspunkte für eine zäsur seines lebenswandels folgt. das gericht folgt den ausführungen der beklagten auf den seiten 19-22 ihrer ordnungsverfügung vom 13. märz 2014 und sieht daher gemäß § 117 abs. 5 vwgo insoweit von einer weiteren darstellung der gründe ab. 110ergänzend und vertiefend ist zur frage der wiederholungsgefahr folgendes auszuführen: 111ausgangspunkt der prognose ist die zuvor genannte anlasstat, die darin bestand, dass der kläger dem betreiber einer von ihm besuchten gaststätte unvermittelt mit voller wucht die faust auf den linken mundwinkel schlug, um zu verhindern dass dieser seine offene forderung, für deren begleichung dem kläger ca. 10 euro fehlten, durchsetzte. infolge des angriffs erlitt der betreiber der gaststätte zwei platzwunden am kopf und verlor drei zähne, deren wiederherstellung einen aufwand von 2500 euro erforderte. dieser massive und brutale einsatz roher körperlicher gewalt gegen besonders sensible körperregionen mit schweren gesundheitlichen folgen, seine plötzlichkeit und der ihm zu grunde liegende vergleichsweise geringfügige anlass sprechen bereits für eine besondere gefährlichkeit des klägers. dass die tat nach den feststellungen des amtsgerichts zur strafzumessung unter erheblicher alkoholischer enthemmung erfolgte, steigert diese gefährlichkeit noch. wie der kläger in der strafgerichtlichen hauptverhandlung vom 22. februar 2013 eingeräumt hat, ist es so, „dass bei ihm unter alkoholeinfluss eine sicherung durchbrennt“ (bl. 68 des teilbandes 4 der beiakte heft 3). dass es sich bei dem erheblichen alkoholgenuss vor der tat vom 22. september 2012 nicht um einen einzelfall handelt, wird daran deutlich, dass er auch nach den beiden straftaten vom 2. april 2011, die zu seiner verurteilung vom 25. august 2012 geführt haben, eine blutalkoholkonzentration von 2,06 promille aufwies und nach angaben seiner ex-freundin auch am 4. september 2014 bei dem ersten angezeigten angriff auf sie betrunken war. dies alles legt die annahme nahe, dass es auch in zukunft, insbesondere unter zu erwartendem weiteren alkoholkonsum seitens des klägers zur begehung von straftaten gegen wichtige rechtsgüter kommt. 112dem steht nicht entgegen, dass das amtsgericht l. in seinem urteil vom 22. februar 2013 die verhängte erhebliche freiheitsstrafe von einem jahr und zehn monaten zunächst gemäß § 56 abs. 2 des strafgesetzbuches (stgb) zur bewährung ausgesetzt hat. denn zum einen stellt eine solche strafaussetzung zur bewährung namentlich nach § 56 stgb zwar eine wesentliche entscheidungsgrundlage dar, bindet die ausländerbehörde und das verwaltungsgericht aber insbesondere bei einer – hier erfolgten – verurteilung wegen einer gewalttat nicht. 113vgl. bverfg, beschluss vom 27. august 2010 – 2 bvr 130/10 –, juris (rn. 36); bverwg, urteil vom 31. märz 1998 – 1 c 28/97 –, juris (rn. 20); bverwg, urteil vom 27. oktober 1978 – 1 c 91.76 –, juris (rn. 14 ff.). 114zum anderen ist diese strafaussetzung zur bewährung auch inzwischen durch das landgericht l3. mit beschluss vom 2. november 2015 widerrufen worden, nachdem der kläger von dem ihm im bewährungsbeschluss auferlegten arbeitsstunden trotz aufforderung durch die gerichtshilfe nach wie vor sechs stunden unentschuldigt nicht erbracht hatte und auch zum gerichtlichen anhörungstermin nicht erschienen war. 115die annahme einer beachtlichen wiederholungsgefahr wird dadurch bekräftigt, dass der kläger auch vor der anlasstat bereits vielfach, insbesondere mit mehreren erheblichen gewaltdelikten strafrechtlich in erscheinung getreten ist. so bestehen folgende vorverurteilungen: 116117zu einer jugendstrafe von einem jahr und sechs monaten mit urteil des amtsgerichts l. vom 15. mai 2002 wegen raubes sowie diebstahls in sieben fällen, 118zu einer einheitsjugendstrafe von zwei jahren mit urteil des amtsgerichts l. vom 5. november 2003 wegen bedrohung unter einbeziehung der zuvor genannten verurteilung, 119zu einer geldstrafe von 50 tagessätzen mit strafbefehl des amtsgerichts l. vom 1. oktober 2004 wegen erschleichens von leistungen, 120zu einer einheitsjugendstrafe von drei jahren mit urteil des amtsgerichts l. vom 23. september 2005 wegen körperverletzung unter einbeziehung der verurteilung vom 5. november 2003, 121zu einer geldstrafe von 90 tagessätzen mit urteil des amtsgerichts l. vom 12. oktober 2011 wegen körperverletzung und 122zu einer gesamtgeldstrafe von 120 tagessätzen mit strafbefehl des amtsgerichts l. vom 25. august 2012 wegen unerlaubten besitzes von betäubungsmitteln und sachbeschädigung, die sodann mit der zuvor genannten geldstrafe zu einer gesamtstrafe von 150 tagessätzen zusammengefasst wurde. 123entgegen der einschätzung des klägers sind sämtliche dieser verurteilungen noch zu berücksichtigen. sie sind alle im aktuellen zentralregisterauszug des klägers vom 13. november 2015 enthalten und unterliegen gemäß § 51 abs. 1 des gesetzes über das zentralregister und das erziehungsregister (bzrg) keinem verwertungsverbot, 124vgl. hierzu bverwg, urteil vom 28. januar 1997 – 1 c 17.94 –, juris (rn. 25); ovg nrw, beschluss vom 12. juni 2001 – 18 a 4647/99 –, juris (rn. 30), 125da gemäß §§ 46, 47 bzrg die tilgungsfrist in keinem fall abgelaufen ist. auch ist insbesondere die verurteilung vom 15. mai 2002 noch nicht zur begründung eines ausweisungsinteresses verbraucht. in der rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der behördlicherseits erklärte „verzicht“ auf die ausweisung grundsätzlich zu einem „verbrauch“ des ausweisungsgrundes führen und ein derartiger fall dann gegeben sein kann, wenn die ausländerbehörde dem betroffenen in voller kenntnis vom vorliegen eines ausweisungsgrundes den weiteren aufenthalt im wege der erteilung/verlängerung einer aufenthaltserlaubnis ermöglicht. der dem betroffenen ausländer dadurch vermittelte vertrauensschutz steht jedoch schon von sich heraus unter dem vorbehalt, dass sich die für die behördliche entscheidung maßgeblichen umstände nicht ändern. 126vgl. bverwg, urteil vom 15. märz 2005 – 1 c 26.03 –, juris (rn. 21); bverwg, urteil vom 16. november 1999 – 1 c 11.99 –, juris (rn. 20); ovg nrw, beschluss vom 12. juni 2001 – 18 a 4647/99 –, juris (rn. 31 ff.). 127abgesehen davon hat die beklagte einen entsprechenden vorbehalt anlässlich der letztmaligen verlängerung der aufenthaltserlaubnis des klägers am 30. januar 2003 im wege der abmahnung auch erklärt. in dieser abmahnung vom 30. januar 2003 ist der kläger ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die verurteilung vom 15. mai 2002 „derzeit nicht zum anlass ausländerrechtlicher maßnahmen genommen (wird)“, aber „strafrechtliche verurteilungen bei der beurteilung der aufenthaltsrechtlichen situation eines ausländers zu berücksichtigen (sind)“ und „in häufung aber auch bei schwerwiegenden straftaten im einzelfall (…) zur aufenthaltsbeendigung führen (können)“. damit hat die beklagte deutlich gemacht, dass die betreffende verurteilung für sich allein nicht zum anlass für eine ausweisung genommen wird, im – hier eingetretenen – fall weiterer straftaten insoweit aber noch berücksichtigt werden kann, so dass der kläger auf ihre unverwertbarkeit nicht vertrauen durfte. 128bei der somit wie oben beschrieben vollumfänglich zu berücksichtigenden strafbiografie des klägers tritt insbesondere erneut seine unvermittelte rohe gewalt gegen unbekannte wie auch gegen nahestehende personen sowie seine erhebliche kriminelle energie auch bei übergriffen auf eigentum und vermögen anderer zu tage. das von ihm ausgehende gefährdungspotenzial wird speziell an der tat vom 13. mai 2003 deutlich, die der verurteilung vom 5. november 2003 zugrundelag, als der kläger nach der weigerung seiner mutter, ihm 175 euro für eine passverlängerung zu geben, gezielt ein messer aus der küche holte und seiner mutter damit drohte, ihr die kehle durchzuschneiden, wenn sie ihm nicht innerhalb von zwei tagen sein geld gibt. ausweislich der feststellungen des amtsgerichts l. im vorangegangenen urteil vom 15. mai 2002 handelte es sich insoweit auch nicht um den ersten angriff auf familienangehörige mit einem messer; so war der kläger bereits anlässlich eines streits über den verbleib seiner freundin in der wohnung der familie am 3. dezember 2001 auf einen seiner brüder mit dem messer losgegangen. der kläger wird in diesem zusammenhang als ungeduldig, aggressiv und fordernd beschrieben. die hohe aggressivität des klägers, seine niedrige hemmschwelle und erhebliche brutalität wird auch an seinem nächsten gewaltdelikt vom 22. märz 2005 deutlich, das zu seiner verurteilung vom 23. september 2005 geführt hat. nachdem der kläger in einem l1. internetcafé einem mädchen, mit dem er in streit geraten war, eine ohrfeige versetzt hatte, schlug er einem zeugen, der ihn auf den vorfall ansprach, völlig überraschend mit der faust mindestens zweimal ins gesicht, wodurch dieser zu boden ging, einen doppelten unterkieferbruch erlitt und zehn tage stationär behandelt werden musste. gleiches gilt letztlich auch für die tat vom 25. november 2010, bei der er dem geschädigten ebenfalls mit der faust ins gesicht schlug und die zu seiner nächsten verurteilung am 12. oktober 2011 führte. für die erhebliche kriminelle energie, die vom kläger ausgeht, spricht schließlich auch die serie von insgesamt sieben einbruchsdiebstählen, die der kläger binnen nur etwas mehr als eines monats anfang des jahres 2002 beging. dabei schlug er abwechselnd mit einem nothammer bzw. einer stahlkugel fensterscheiben von geschäften in l. ein und entwendete aus der auslage teils hochwertige gegenstände wie handys, mehrere rasierapparate im wert von knapp 1000 euro, teleskopschlagstöcke, messer und schwerter im gesamtwert von über 2000 euro sowie vier schreckschusswaffen. ebenfalls von erheblicher gewalteinwirkung gegenüber sachen gezeichnet ist schließlich seine – der verurteilung vom 25. august 2012 zu grunde liegende – tat vom 2. april 2011, bei der er gegen die beifahrertür eines vorbeifahrenden fahrzeuges trat und dadurch ein schaden von mehr als 2000 euro verursachte. dies alles macht deutlich, dass es dem kläger an respekt vor anderen, ihrer körperlichen unversehrtheit, ihrem eigentum und vermögen mangelt und von ihm insbesondere, aber nicht ausschließlich unter alkoholeinfluss gegenüber sowohl ihm nahestehenden personen als auch dritten in alltagssituationen unvorhersehbar und ohne schutzmöglichkeit mit beachtlicher wahrscheinlichkeit immer wieder schwere angriffe mit gravierenden folgen ausgehen. hierfür spricht auch die frequenz seiner straffälligkeit in den letzten 14 jahren, in denen es allein zu sieben verurteilungen wegen 15 tathandlungen gekommen ist. die längere unterbrechung an abgeurteilten straftaten zwischen 2005 und 2010 beruht nicht zuletzt darauf, dass er in dieser zeit nach jeweils neuerlicher aussetzung zur bewährung allein dreimal zur verbüßung seiner dreijährigen jugendstrafe aus dem urteil vom 23. september 2005 angetreten ist. 129aus dem letztgenannten umstand wird auch deutlich, dass der kläger die zahlreichen ihm gebotenen gelegenheiten zu einer änderung seines lebenswandels nicht genutzt hat. die strafgerichte haben insgesamt fünfmal die verbüßung von jugend- und freiheitsstrafen des klägers zur bewährung ausgesetzt und auch die beklagte hat den kläger bereits im januar 2003 ausländerrechtlich ermahnt. trotzdem ist der kläger immer wieder strafrechtlich in erscheinung getreten. auch mehrfache gefängnisaufenthalte zur verbüßung von jugend-, untersuchungs- und hauptverhandlungshaft bzw. ersatzfreiheitsstrafe haben insoweit keine verhaltensveränderung bewirkt. zwischenzeitliche einschätzungen der strafgerichte, dass die haft ihn stark beeindruckt habe und sein verhalten anzeichen von reflexion und bereitschaft zu beruflicher entwicklung zeige, haben sich nicht bestätigt. der kläger hat in der folgezeit vielmehr bewährungsauflagen vielfach missachtet, den weiteren besuch der abendrealschule anfang 2005 allein wegen meinungsverschiedenheiten mit einem lehrer über fehlzeiten abgebrochen und weitere straftaten begangen. nachdem ihn bereits das amtsgericht l. im urteil vom 5. november 2003 als krassen bewährungsversager bezeichnet hatte, stellte dasselbe gericht in seinem urteil vom 23. september 2005 fest, dass sein negatives bewährungsverhalten zeige, wie wenig er bereit sei, sich an regeln und normen zu halten. auch die letzte ihm eingeräumte strafaussetzung zur bewährung im urteil vom 22. februar 2013 hat das landgericht l3. nun mit beschluss vom 2. november 2015 widerrufen, nachdem der kläger von den auferlegten arbeitsstunden trotz aufforderung durch die gerichtshilfe nach wie vor sechs stunden unentschuldigt nicht erbracht hatte und dem gerichtlichen anhörungstermin vom 2. november 2015 – ebenso wie der mündlichen verhandlung vor dem erkennenden gericht – ferngeblieben war. 130dem entspricht es, dass der kläger den kontakt zur ausländerbehörde teilweise über jahre hinweg nicht gehalten hat. nach ablauf der letzten ihm erteilten aufenthaltserlaubnis im mai 2003 und der ersten entlassung aus der jugendhaft im februar 2004 sprach der kläger erst im november 2004 wieder bei der beklagten vor, musste jedoch bereits im märz 2005 nach unbekannt verzogen abgemeldet werden. der ankündigung von dezember 2006 aus der haft heraus zur unverzüglichen kontaktaufnahme mit der ausländerbehörde nach seiner entlassung im februar 2007 ist der kläger nicht nachgekommen, hat sich vielmehr sodann mehr als vier jahre lang gar nicht mehr bei der ausländerbehörde gemeldet. im mai 2011 ist er erneut von amts wegen nach unbekannt abgemeldet und im november 2012 rückwirkend wieder mit der adresse seiner eltern angemeldet worden. bis zur anhörung zur streitbefangenen ausweisung hat er jedoch weiterhin keinen kontakt zur ausländerbehörde gehalten und diesen nach erteilung der auf drei monate befristeten letzten duldung vom 29. juni 2015 bis zur mündlichen verhandlung erneut abgebrochen. soweit der kläger nunmehr geltend macht, dass ihm seitens der beklagten über viele jahre hinweg großes unrecht geschehen sei, das nicht nur für seine mäßige integration, sondern auch für seine straffälligkeit jedenfalls mitbegründend sei, so vermag ihn dies nicht zu entlasten. selbst wenn das verhalten der ausländerbehörde im einzelfall sein assoziationsrecht nicht hinreichend berücksichtigt haben sollte, gab ihm dies nicht das recht, den kontakt zu ihr weitestgehend abzubrechen. ihm war es zuzumuten, gegen ein etwaiges fehlverhalten der beklagten auch insoweit um rechtsschutz nachzusuchen und den kontakt im übrigen aufrechtzuerhalten. jedenfalls aber war ein solches fehlverhalten nicht ansatzweise dafür ursächlich, dass der kläger andere menschen mit dem messer bedroht, ihnen mit der faust ins gesicht schlägt oder ihre autotüren eintritt. der dahingehende einwand bestätigt allenfalls die weiterhin unzureichende selbstreflexion des klägers. 131dementsprechend lässt sich hinsichtlich des klägers auch nach der anlasstat keine nachhaltige verhaltensänderung feststellen. das im februar 2013 vor dem strafgericht abgelegte geständnis erweist sich ebenso wie die bekundete reue insoweit als nicht tragfähig, als der kläger zum einen auch nach mehreren vorangegangenen taten geständnisse abgelegt hatte, ohne daraus entsprechende konsequenzen für das eigene verhalten in zukunft zu ziehen, und zum anderen auch dieses geständnis wie bereits zuvor dasjenige zur tat aus dem jahre 2005 wie vom amtsgericht festgestellt nur unter beschönigungen erfolgte. hier wie dort gab der kläger nicht nachvollziehbar an, sich irgendwie angegriffen gefühlt zu haben. damit hat der kläger erkennbar versucht, die verantwortung für das geschehene von sich auf andere abzuwälzen, anstatt zur tat zu stehen und sein verhalten in zukunft zu ändern. das verhalten des klägers in der folgezeit bestätigt vielmehr die annahme einer hohen von ihm ausgehenden wiederholungsgefahr. so hat der kläger nach den angaben seiner ex-freundin in ihrer strafanzeige vom 15. september 2014, denen er – soweit ersichtlich – bis heute nicht inhaltlich entgegengetreten ist und in deren folge das familiengericht l. am nächsten tag auch eine entsprechende unterlassensanordnung erlassen hat, sie beim besuch in seiner wohnung am 4. september 2014 mehrmals von hinten getreten, ihr an den hals gegriffen und sie gewürgt, am nächsten tag vor ihrem haus getreten, geschubst und mit der faust ins gesicht geschlagen, sodann ihre wohnung verwüstet, ihr über handy mit dem tode gedroht und sie verfolgt. auch unter dem eindruck der streitbefangenen ausweisung und einer drohenden abschiebung hat der kläger seine einstellung zur rechtsordnung im allgemeinen und zu fundamentalen rechten seiner mitmenschen im besonderen mithin nicht geändert. 132die wiederholungsgefahr wird hinsichtlich des klägers weiter dadurch verstärkt, dass er im bundesgebiet nicht nur über keine beachtliche soziale, sondern auch über keine wirtschaftliche und persönliche integration in nennenswertem umfang verfügt, worauf im rahmen der abwägung noch näher einzugehen sein wird. 133das sich aus der somit hohen wiederholungsgefahr der begehung von schweren straftaten gegen wichtige rechtsgüter ergebende ausweisungsinteresse wiegt nach der gesetzgeberischen wertung im hinblick auf die verurteilung des klägers vom 23. september 2005 zu einer einheitsjugendstrafe von drei jahren besonders schwer (§ 54 abs. 1 nr. 1 aufenthg) sowie im hinblick auf die verurteilung vom 22. februar 2013 zu einer freiheitsstrafe von einem jahr und zehn monaten (§ 54 abs. 2 nr. 1 aufenthg) und im hinblick auf die den beiden verurteilungen vom 12. oktober 2011 und 25. august 2012 zu grunde liegenden weiteren, nicht geringfügigen straftaten der körperverletzung, des unerlaubten besitzes von betäubungsmitteln und der sachbeschädigung (§ 54 abs. 2 nr. 9 aufenthg) schwer. 134bb) ein bleibeinteresse des klägers im sinne des § 53 abs. 1 aufenthg ergibt sich im hinblick auf die in abs. 2 angeführten umstände dagegen daraus, dass er 1985 in deutschland geboren und hier aufgewachsen ist, sich seit seiner geburt, d.h. seit über 30 jahren rechtmäßig im bundesgebiet aufhält, hier während der haft seinen hauptschulabschluss nachgeholt hat und seine eltern und seine älteren brüder in deutschland leben. entsprechend der regelung in § 55 abs. 1 nr. 2 aufenthg in bezug auf im bundesgebiet geborene ausländer im besitz einer aufenthaltserlaubnis mit mindestens fünfjährigem rechtmäßigen aufenthalt im bundesgebiet dürfte auch das bleibeinteresse des klägers, der unstreitig ein assoziationsrecht nach art. 7 arb besitzt, grundsätzlich besonders schwer wiegen. 135cc) wiegen beide interessen nach der gesetzlichen wertung in §§ 54 f. aufenthg abstrakt besonders schwer, ergibt die abwägung aller umstände des konkreten einzelfalls, dass das öffentliche ausweisungsinteresse das bleibeinteresse des klägers überwiegt und seine ausweisung zur wahrung eines grundinteresses der gesellschaft unerlässlich ist. 136im rahmen der abwägung sind zugunsten des ausländers einerseits die in § 55 aufenthg hervorgehobenen bleibeinteressen zu berücksichtigen, aber auch, wie bereits ausgeführt, die dauer seines rechtmäßigen aufenthaltes und seine schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen bindungen im bundesgebiet. außerdem sind die folgen der ausweisung für die familienangehörigen des ausländers, die sich rechtmäßig im bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer lebensgemeinschaft leben, in die abwägung einzustellen (vgl. § 53 abs. 2 aufenthg). die von art. 2 abs. 1 des grundgesetzes (gg) sowie art. 6 abs. 1 und 2 gg und art. 8 emrk geschützten belange sind dabei entsprechend ihrem gewicht und unter berücksichtigung des grundsatzes der verhältnismäßigkeit in der gesamtabwägung zu berücksichtigen. dies gilt insbesondere bei im bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen ausländern, zumal wenn diese über keine bindungen an das land ihrer staatsangehörigkeit verfügen. 137vgl. bverwg, beschluss vom 25. august 2009 – 1 c 25.08 –, juris (rn. 23); ovg nrw, urteil vom 22. märz 2012 – 18 a 951/09 –, juris (rn. 81). 138auch nach der rechtsprechung des egmr gewährt art. 8 emrk im gastland geborenen und aufgewachsenen ausländern der sogenannten zweiten generation kein absolutes bleiberecht. ob ein ausländer der zweiten generation ausgewiesen werden kann, ist letztlich anhand einer einzelfallbezogenen würdigung der für die ausweisung sprechenden öffentlichen belange und der gegenläufigen interessen des ausländers und deren abwägung gegeneinander zu ermitteln. in die verhältnismäßigkeitsprüfung sind auch hierbei als kriterien einzustellen: die art und schwere der von dem ausländer begangenen straftaten; die dauer seines aufenthalts in dem land, aus dem er ausgewiesen werden soll; die seit der tatbegehung verstrichene zeit und das verhalten des ausländers während dieser zeit; die stabilität der sozialen, kulturellen und familiären bindungen zum gastland und zum zielstaat der ausweisung sowie die familiäre situation des ausländers, etwa die dauer des fortbestehens seiner ehe und andere faktoren, aus denen ein wirksames beziehungs- bzw. familienleben hervorgeht und ob die ehegattin bzw. der ehegatte im zeitpunkt des eingehens der familiären beziehung von der begehung der straftaten wusste. 139vgl. egmr, urteil vom 12. januar 2010 – individualbeschwerde nr. 47486/06 (khan) –, infauslr 2010, 369; ovg nrw, a.a.o. (rn. 83). 140die anwesenheit des klägers im bundesgebiet stellt nach obigen ausführungen eine hohe gefahr für grundlegende rechtsgüter der gesellschaft, insbesondere für die körperliche unversehrtheit, die willensentschließungsfreiheit sowie eigentum und vermögen anderer dar. angesichts der schwere und häufigkeit der von ihm in den letzten 15 jahren begangenen straftaten, insbesondere der brutalität seiner mehrfachen körperlichen übergriffe in unterschiedlichsten situationen, seines wiederholt zu tage getretenen alkoholkonsums und der dadurch bedingten enthemmung, der bis heute fehlenden anhaltspunkte für eine nachhaltige verhaltensänderung trotz ermahnungen, wiederholter inhaftierungen und zahlreicher gelegenheiten zur bewährung und sogar der mangelhaften bereitschaft zur bloßen kontakthaltung mit der ausländer- und meldebehörde sowie dem verwaltungsgericht aber auch den bewährungshelfern und den strafgerichten selbst nach seiner ausweisung und androhung seiner abschiebung besteht eine hohe gefahr, dass der kläger in zukunft erneut schwere straftaten insbesondere im bereich der gewaltdelikte begeht. 141demgegenüber ist der kläger zwar in deutschland geboren und aufgewachsen, hat sich seit seiner geburt, d.h. seit mehr als 30 jahren hier rechtmäßig aufgehalten und den hauptschulabschluss erworben. im übrigen ist jedoch seine persönliche und wirtschaftliche integration im bundesgebiet denkbar gering. er spricht zwar die deutsche sprache, hat jedoch nach dem erwerb des hauptschulabschlusses, den er auch erst nach dreimaliger schulverweisung während der haft nachgeholt hat, die weitere schulausbildung auf der abendrealschule freiwillig aufgegeben und soweit ersichtlich entgegen seinen ausführungen in der klagebegründung auch keine berufsausbildung absolviert. belegt hat der kläger insoweit lediglich die im april 2007 bestandene prüfung zum kehlnahtschweißer nach einem bloßen fortbildungslehrgang. nach den von der beklagten eingeholten auskünften war der kläger jedenfalls in den vergangenen knapp sieben jahren auch weder sozialversicherungspflichtig noch im rahmen eines so genannten minijobs beschäftigt. soweit der kläger hierzu einwendet, dass ihm die beklagte über jahre hinweg nur noch – teilweise noch nicht einmal zu einer erwerbstätigkeit berechtigende – duldungen ausgestellt und später sogar nicht einmal mehr diese ausgestellt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass sich der ausländerakte lediglich unter dem 25. märz 2011 eine einzelne duldung mit einem verbot der erwerbstätigkeit entnehmen lässt, es im übrigen aber der kläger selbst war, der trotz entsprechender bemühungen der ausländerbehörde den kontakt insoweit über jahre hinweg schlicht abgebrochen und damit die bescheinigung der zulässigkeit einer erwerbstätigkeit verhindert hat und im übrigen auch jüngst nach erteilung einer duldung mit beschäftigungserlaubnis, auf die sich die beteiligten im vorläufigen rechtsschutzverfahren geeinigt hatten, weder eine erwerbstätigkeit aufgenommen noch den kontakt zur ausländerbehörde gehalten hat. in persönlicher hinsicht ist der kläger ledig und kinderlos. im übrigen verfügt er über schützenswerte persönliche bindungen im bundesgebiet soweit ersichtlich nur zu seinen eltern und brüdern, die ihn jedoch auch zuvor von seinen vielfachen straftaten trotz entsprechender bemühungen nicht haben abhalten können. dafür, dass der kläger tatsächlich wie mit der klage geltend gemacht bei der täglichen pflege seines seit langem schwerbehinderten vaters mithilft, ist nichts ersichtlich, zumal der kläger nach eigenen angaben im märz 2011 über viele jahre hinweg noch nicht einmal in engerer verbindung zu seinen eltern stand, sondern mit ihnen nur sehr wenig kontakt hatte. abgesehen von dieser geringen integration im bundesgebiet ist auch nicht ersichtlich, dass der kläger aus dem land seiner staatsangehörigkeit, der türkei, entwurzelt ist. er ist jedenfalls bis zum 16. lebensjahr im haushalt seiner türkischen eltern aufgewachsen und hat sich auch danach zunächst noch häufiger dort aufgehalten, so dass davon auszugehen ist, dass er im türkischen kulturkreis groß geworden ist. auch verfügt er ausweislich eines bereits im november 2004 bei der beklagten vorgelegten anmeldebogens bei der damaligen bundesanstalt für arbeit über muttersprachliche türkischkenntnisse. trotz der zweifelsohne bestehenden schwierigkeiten dürfte daher für den kläger gerade auch angesichts seines noch geringen alters der aufbau einer existenz in der türkei realisierbar sein. 142bei alledem ist die ausweisung des klägers zur bekämpfung der von ihm ausgehenden hohen gefahr der begehung weiterer schwerer straftaten nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch im engeren sinne verhältnismäßig und damit unerlässlich. 143b) dass die ausweisung nach § 53 abs. 1 aufenthg eine (gerichtlich voll überprüfbare) gebundene entscheidung darstellt, steht auch nicht in widerspruch zu art. 8 emrk und art. 14 arb – diese vorschriften gebieten keine ermessensentscheidung über die ausweisung des klägers. 144es besteht weder für arb-berechtigte nach art. 14 arb noch allgemein für ausländer nach art. 8 emrk ein anspruch auf eine ermessensentscheidung über ihre ausweisung. 145vgl. cziersky-reis in: hofmann, nk-auslr, 2. aufl., art. 14 rn. 10; a.a. marx, „zur reform des ausweisungsrechts“, zar 2015, 245 (246 f.); hailbronner, ausländerrecht – kommentar, stand: november 2015, § 5 rn. 26. 146art. 14 arb erfordert lediglich eine „einzelfallprüfung“ ohne automatismen und unter berücksichtigung sowohl des grundsatzes der verhältnismäßigkeit als auch der grundrechte des betroffenen. 147vgl. eugh, urteil vom 8. dezember 2011 – c-371/08 –, juris (rn. 82 f.). 148vergleichbar verlangt art. 8 emrk insoweit lediglich, dass unter berücksichtigung aller umstände des einzelfalles ein ausgewogenes gleichgewicht zwischen den betroffenen interessen geschaffen wird und die ausweisung zu dem verfolgten berechtigten ziel verhältnismäßig ist. 149vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2007 – individualbeschwerde nr. 31753/02 –, juris (rn. 54 f. und 61); egmr, entscheidung vom 4. oktober 2001 – individualbeschwerde nr. 43359/98 –, njw 2003, 2595; meyer-ladewig, nomoskommentar – europäische menschenrechtskonvention, 2. aufl., art. 8 rn. 25 ff. 150die vom bundesverwaltungsgericht in der vergangenheit angenommene notwendigkeit einer behördlichen ermessensentscheidung bezog sich ausschließlich auf das alte ausweisungsrecht mit seiner schematischen einteilung in fälle der ist-, regel- und ermessensausweisung nach § 53 ff. aufenthg a.f., das für die ersten beiden stufen einen automatismus oder jedenfalls eine vermutung zur ausweisung begründete und der ausländerbehörde nur auf der letztgenannten stufe die notwendige flexibilität bot, um den besonderen umständen des konkreten falles ausreichend rechnung tragen zu können. 151vgl. bzgl. art. 14 arb bverwg, urteil vom 3. august 2004 – 1 c 29.02 –, juris, (rn. 16 f.) in anknüpfung an die rechtsprechung in bezug auf freizügigkeitsberechtigte unionsbürger in bverwg, urteil vom 3. august 2004 – 1 c 30.02 –, juris (rn. 16 ff.); vgl. bzgl. art. 8 emrk bverwg, urteil vom 23. oktober 2007 – 1 c 10.07 –, juris (rn. 22 ff.). 152dieses dreistufige system wird mit der neuregelung, die stets eine umfassende abwägung aller umstände des einzelfalls erfordert, aber gerade überwunden. 153vgl. die begründung des entwurfs der bundesregierung zu einem gesetz zur neubestimmung des bleiberechts und der aufenthaltsbeendigung, bt-drs. 18/4097, s. 49. 154c) eine verpflichtung der ausländerbehörde zur vornahme einer ermessensentscheidung über die ausweisung eines assoziationsberechtigten dürfte sich auch nicht aus den stillhalteklauseln des art. 13 arb und art. 41 abs. 1 zp ergeben. 155so auch neidhardt, htk-auslr, § 53 aufenthg abs. 3 01/2016 nr. 4, a.a. cziersky-reis in: hofmann, nk-auslr, 2. aufl., § 53 rn. 42 und oberhäuser in: hofmann, nk-auslr, 2. aufl., art. 13 arb rn. 22; differenzierend welte, „die neue verhältnismäßigkeitsausweisung“, infauslr 2015, 426. 156gemäß art. 13 arb dürfen die mitgliedstaaten der gemeinschaft für arbeitnehmer und ihre familienangehörigen, deren aufenthalt und beschäftigung in ihrem hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen beschränkungen der bedingungen für den zugang zum arbeitsmarkt einführen. nach art. 41 abs. 1 zp werden die vertragsparteien untereinander keine neuen beschränkungen der niederlassungsfreiheit und des freien dienstleistungsverkehrs einführen. es spricht einiges dafür, dass das neue ausweisungsrecht in §§ 53 ff. aufenthg weder eine neue beschränkung der bedingungen für den zugang zum deutschen arbeitsmarkt noch eine neue beschränkung der niederlassungsfreiheit und des freien dienstleistungsverkehrs für entsprechende türkische staatsangehörige darstellt. 157jedenfalls die bedingungen für den zugang zum deutschen arbeitsmarkt dürfte die ausweisung eines ausländers nach § 53 abs. 1 aufenthg bereits nicht betreffen. vielmehr dient letztere ausschließlich dazu, den aufenthalt des ausländers im bundesgebiet zum schutz vor einer gefährdung der öffentlichen sicherheit und ordnung, der freiheitlichen demokratischen grundordnung oder sonstiger erheblicher interessen der bundesrepublik deutschland und ohne jeden bezug zur beschäftigungspolitik zu beenden. 158so zur früheren regelung des § 47 auslg: vgh baden-württemberg, beschluss vom 14. märz 2001 – 10 s 536/01 –, juris (rn. 3); armbruster, htk-auslr, arb 1/80 art. 13 10/2015 nr. 4. 159selbst wenn man aber davon ausgeht, dass sich auch art. 13 arb auf maßnahmen bezieht, die sich nicht unmittelbar gegen den zugang zum deutschen arbeitsmarkt, sondern allgemein zur sicherstellung der öffentlichen sicherheit und ordnung gegen den verbleib des ausländers im bundesgebiet richten, ist weder hinsichtlich des arbeitsmarktes noch hinsichtlich der niederlassungsfreiheit und des freien dienstleistungsverkehrs ersichtlich, dass das neue ausweisungsrecht in §§ 53 ff. aufenthg eine entsprechende neue beschränkung darstellt. insbesondere lässt sich hierzu nicht anführen, dass eine – nach früherer rechtslage gebotene – ermessensentscheidung für den betroffenen immer günstiger ist als eine zwingende ausweisung wie sie nunmehr § 53 abs. 1 aufenthg vorsieht. 160so aber: cziersky-reis in: hofmann, nk-auslr, 2. aufl., § 53 rn. 42. 161denn diese feststellung trifft in ihrer allgemeinheit nicht zu. sie lässt sich auch nicht der hierzu zitierten rechtsprechung des bayerischen verwaltungsgerichtshof in seinem urteil vom 12. juli 2000 – 10 b 99.1889 –, juris (rn. 30 f.) entnehmen, in dem in bezug auf die stillhalteklausel des art. 41 abs. 1 zp ausgeführt wird, dass diese vorschrift der anwendung der tatbestände der ist- und regelausweisung in § 47 des früheren gesetzes über die einreise und den aufenthalt von ausländern im bundesgebiet (auslg) entgegensteht. denn auch der bayerische verwaltungsgerichtshof hat zur feststellung einer verschlechterung insoweit nicht allein auf den unterschied zwischen gebundener und ermessensentscheidung abgestellt, sondern darauf, dass § 47 auslg eine einzelfallbezogene abwägung, d.h. eine einzelfallentscheidung jedenfalls grundsätzlich nicht vorsah. abgesehen davon ist diese entscheidung vom bundesverwaltungsgericht mit urteil vom 26. februar 2002 – 1 c 21.00 –, juris (insbesondere rn. 14 ff.) mit der feststellung aufgehoben worden, dass sich aus dem umstand, dass der ausländerbehörde nach § 47 auslg bei der entscheidung über die ausweisung im regelfall kein rechtsfolgeermessen bleibt, entgegen der ansicht des verwaltungsgerichtshofs gerade kein verstoß gegen das stillhaltegebot ergibt. der hinweis des bundesverwaltungsgerichts darauf, dass bei der maßgeblichen prüfung der verhältnisse nach den unterschiedlichen rechtslagen die rechtsprechung zu den einschlägigen früheren vorschriften und eine mit dieser in einklang stehende verwaltungspraxis zu berücksichtigen sind, macht jedenfalls deutlich, dass insoweit nicht lediglich formal an den unterschied zwischen gebundener und ermessensentscheidung angeknüpft werden kann, sondern eine gesamtbetrachtung unter berücksichtigung des gesamten systems der betreffenden staatlichen maßnahme, der hierzu ergangenen rechtsprechung sowie der einschlägigen verwaltungspraxis erfolgen muss. 162vgl. zur notwendigkeit einer solchen „gesamtschau“ auch: neidhardt, htk-auslr, § 53 aufenthg abs. 3 01/2016 nr. 4. 163nach dieser gesamtbetrachtung dürfte das neue ausweisungsrecht, das auch in bezug auf assoziationsberechtigte – wie bisher erst durch die von der rechtsprechung geforderte „umgehung“ des dreistufigen ausweisungsrechts mit den ihm eigenen schematisierungen – nunmehr zwingend eine umfassende abwägung aller umstände des einzelfalls unter berücksichtigung des verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gebietet, die zudem anders als früher jetzt auch gerichtlich voll überprüfbar ist, keine verschlechterung der rechtslage darstellen. 164so auch: neidhardt, htk-auslr, § 53 aufenthg abs. 3 01/2016 nr. 4. 165abgesehen davon spricht einiges dafür, dass art. 13 arb der gebundenen entscheidung über die ausweisung des klägers nach § 53 abs. 1 und 3 aufenthg auch deswegen nicht entgegenstehen dürfte, weil auch diese vorschrift als teil des 1. abschnitts des kapitels ii des assoziationsratsbeschlusses gemäß art. 14 arb ausdrücklich unter dem vorbehalt der beschränkungen gilt, die aus gründen der öffentlichen ordnung, sicherheit und gesundheit gerechtfertigt sind, 166vgl. ovg nrw, beschluss vom 29. januar 2001 – 18 b 116/01 –, juris (rn. 15 ff.); armbruster, htk-auslr, arb 1/80 art. 13 10/2015 nr. 4, 167und der kläger die sich nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes daraus ergebenden voraussetzungen für eine ausweisung assoziationsberechtigter, 168vgl. eugh, urteil vom 8. dezember 2011 – c-371/08 –, juris (rn. 79 ff.), 169die der gesetzgeber in § 53 abs. 3 aufenthg im wesentlichen übernommen hat, nach obigen ausführungen erfüllt. 170unabhängig davon hat die beklagte in ihrem bescheid vom 13. märz 2014 jedoch – auf der grundlage des alten ausweisungsrechts – tatsächlich eine fehlerfreie ermessensentscheidung über die ausweisung des klägers getroffen. die ausweisung des nicht verheiraten und kinderlosen klägers verstößt nicht gegen höherrangiges recht – insbesondere nicht gegen art. 8 emrk und den grundsatz der verhältnismäßigkeit. die beklagte hat die interessen des klägers in nicht zu beanstandender weise gegen das öffentliche interesse am schutz der öffentlichen sicherheit und ordnung abgewogen und alle zugunsten des klägers sprechenden umstände (geburt im bundesgebiet, rechtmäßiger aufenthalt in deutschland seit gut 30 jahren, erwerb des hauptschulabschlusses und kontakt zu seinen hier lebenden eltern und brüdern) berücksichtigt, jedoch den vom kläger begangenen straftaten angesichts der durch sie verletzten gewichtigen rechtsgüter und der konkreten tatbegehung sowie der bestehenden wiederholungsgefahr ein größeres gewicht beigemessen. sie hat auch bedacht, dass eine ausreise in die türkei für den kläger sicherlich zu problemen privater art führen wird. diese hat sie jedoch – in nicht zu beanstandender weise – nicht als unüberbrückbar eingeschätzt, sodass sie es als zumutbar eingestuft hat, dass der kläger sich in die verhältnisse seines heimatlandes integriert und sich dort eine existenzgrundlage schafft. 1712. die rechtmäßigkeit der mit der ausweisung verbundenen abschiebungsandrohung folgt aus § 59 aufenthg. die länge der eingeräumten ausreisefrist von 30 tagen wahrt den in § 59 abs. 1 s. 1 aufenthg vorgegeben rahmen zwischen sieben und 30 tagen. 172ii. auch die ablehnung einer kürzeren frist für das mit der ausweisung vom 13. märz 2014 und einer abschiebung verbundene einreise- und aufenthaltsverbot nach § 11 abs. 1 aufenthg, die mit der befristung auf fünf jahre mit dem genannten bescheid der beklagten in der fassung ihrer erklärung vom 1. oktober 2015 einhergeht, ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (vgl. § 113 abs. 5 s. 1 und 2 vwgo). der kläger hat keinen anspruch auf eine kürzere befristung bzw. eine neue entscheidung der beklagten über die bemessung der frist. 173nach § 11 abs. 2 s. 1 bis 3 aufenthg ist das einreise- und aufenthaltsverbot von amts wegen zu befristen, wobei die frist mit der ausreise beginnt und im fall der ausweisung mit der ausweisungsverfügung festzusetzen ist. gemäß § 11 abs. 3 s. 1 aufenthg wird über die länge der frist nach ermessen entschieden. § 11 abs. 3 s. 2 aufenthg sieht vor, dass die frist fünf jahre nur überschreiten darf, wenn der ausländer aufgrund einer strafrechtlichen verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung ausgeht. nach § 11 abs. 3 s. 3 aufenthg soll diese frist zehn jahre nicht überschreiten. 174entsprechend der höchstrichterlichen rechtsprechung zur früheren regelung der befristung des einreise- und aufenthaltsverbotes in § 11 abs. 1 s. 3 und 4 aufenthg a.f. hat die ausländerbehörde auch bei der bemessung der frist nach § 11 abs. 2 und 3 aufenthg n.f. zum einen das gewicht des ausweisungsinteresses und den mit der ausweisung verfolgten zweck zu berücksichtigen. dabei bedarf es insbesondere der prognostischen einschätzung im jeweiligen einzelfall, wie lange das verhalten des betroffenen, das der zu spezialpräventiven zwecken verfügten ausweisung zugrundeliegt, das öffentliche interesse an der gefahrenabwehr zu tragen vermag. zum anderen muss sich die frist aber an höherrangigem recht, das heißt verfassungsrechtlichen wertentscheidungen (art. 2 abs. 1, art. 6 gg) sowie den vorgaben aus art. 7 grch und art. 8 emrk messen lassen. insoweit sind insbesondere auch die in § 55 abs. 3 nr. 1 und 2 aufenthg a.f., § 53 abs. 2 aufenthg n.f. genannten schutzwürdigen belange des ausländers in den blick zu nehmen. die abwägung ist nach maßgabe des grundsatzes der verhältnismäßigkeit auf der grundlage der umstände des einzelfalls vorzunehmen. 175vgl. etwa bverwg, urteil vom 13. dezember 2012 – 1 c 14.12 –, juris (rn. 14 f.). 176die beklagte hat diese vorgaben beachtet, das ihr hinsichtlich der länge der frist eingeräumte – nicht auf eine kürzere befristung reduzierte – ermessen erkannt und bei seiner ausübung weder die gesetzlichen grenzen des ermessens überschritten noch von dem ermessen in einer dem zweck der ermächtigung nicht entsprechenden weise gebrauch gemacht (vgl. § 114 s. 1 vwgo). 177die beklagte hat mit der befristung auf fünf jahre die in § 11 abs. 3 s. 2 und 3 aufenthg gezogenen zeitlichen grenzen nicht überschreiten. auch lässt die erstmalige ermessensentscheidung der beklagten zur befristung, die erst im laufe des klageverfahrens zum 1. august 2015 durch die neufassung des § 11 abs. 3 s. 1 aufenthg eingeräumt worden ist und deshalb mit schriftsatz vom 1. oktober 2015 in zulässiger weise nachgeschoben werden durfte, 178vgl. zur entsprechenden konstellation infolge der verlagerung des maßgeblichen zeitpunkts für die beurteilung der rechtmäßigkeit einer ausweisung: bverwg, urteil vom 13. dezember 2011 – 1 c 14.10 –, juris (rn. 8 ff.), 179keine ermessensfehler erkennen. die beklagte hat in ihrer ermessensentscheidung zur länge der befristung alle wesentlichen gesichtspunkte berücksichtigt und angemessen gewichtet. sie hat alle persönlichen belange des klägers – insbesondere seine geburt in deutschland, seinen seitdem andauernden aufenthalt im bundesgebiet, den erwerb eines schulabschlusses aus der haft heraus sowie seine geschützten privaten bindungen vornehmlich zu seiner mutter und seinen geschwistern – einbezogen und gewichtet. dem gegenübergestellt hat sie die öffentlichen interessen an der dauer des einreise- und aufenthaltsverbotes und dabei hervorgehoben, dass das gewicht der ausweisungsgründe und der bedrohten rechtsgüter schwer wiege. ihre auf der grundlage der in der ausweisungsverfügung dargestellten strafbiografie des klägers, der einschätzungen und beurteilungen der strafgerichte, des bewährungsversagens, der rückfallgeschwindigkeit, des persönlichkeitsbildes des klägers und der fehlenden anhaltspunkte für einen persönlichkeitswandel angesichts des erneuten verstoßes gegen bewährungsauflagen hinsichtlich der verurteilung vom 22. februar 2013, der vorwürfe wegen nachstellungen und misshandlungen gegenüber seiner ex-freundin, die zum erlass einer einstweiligen anordnung führten, und der weiterhin unzureichenden mitwirkung im ausländerrechtlichen verfahren vorgenommene einschätzung einer jedenfalls für die nächsten fünf jahre von ihm ausgehenden schwerwiegenden gefährdung ist trotz seines noch geringen alters nicht zu beanstanden, wie sich aus obigen ausführungen zur ausweisung ergibt. danach fehlt es hinsichtlich des klägers derzeit – wie die beklagte abschließend feststellt – an einem belastbaren kriterium für eine unterschreitung der frist von fünf jahren. sollte es hinsichtlich des klägers entgegen der aktuell negativen prognose in der zukunft zu einer nachhaltigen läuterung seiner person mit einer nachgewiesenen deutlichen reduzierung seiner aggressivität und brutalität und einer erkennbaren akzeptanz gesellschaftlicher regeln kommen, besteht die möglichkeit einer späteren verkürzung der frist gemäß § 11 abs. 4 s. 1 aufenthg. 180die kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 abs. 1 vwgo. 181die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 und 2 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 zivilprozessordnung. | Verklagte*r | 0 |
143,795 | 7 K 8047/14 | 2015-10-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 06. November 2014 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.0000 geborene Kläger wehrt sich gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet. 3Der ledige Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und hat keine Kinder. Er reiste am 27.09.1980 als Kind sozialversicherungspflichtiger türkischer Arbeitnehmer im Alter von 10 Jahren ins Bundesgebiet ein und hält sich seitdem – unterbrochen durch eine ca. 10‑monatige Ausreise im Jahr 2012, s.u.,- im Inland auf. Seine Eltern waren in Deutschland mehr als drei Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er hat zwei ältere Geschwister, die Schwester lebt in E. , der Bruder in der Türkei. Sein Vater starb 0000. Seine Mutter lebt überwiegend in Deutschland. 4Der Kläger erhielt beginnend mit dem 31.01.1986 wiederholt Aufenthaltserlaubnisse und am 16.10.1992 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. 5Er besuchte in E. ab der 4. Klasse eine Schule bis zum Hauptschulabschluss 1987. Über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt er nicht. Seinen Berufswunsch Kfz-Mechaniker konnte er nicht verwirklichen, da er keine Lehrstelle fand. Eine im August 1987 begonnene Berufsausbildung als Stahlbetonbauer brach er im Juni 1988 ab, danach war er zunächst arbeitslos. Anschließend übte er nur noch Helfertätigkeiten aus, so nahm er eine Tätigkeit in der Flughafengastronomie auf, die er aber selbst wieder kündigte, da ihm der Verdienst zu gering war. Von Mitte Januar 1993 bis Ende Juni 1993 war er im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als Transporthelfer beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis wurde von Arbeitgeberseite gekündigt, da der Kläger wegen Drogenkonsums weitgehende krankheitsbedingte Fehlzeiten aufwies. 6Ca. 1988, mithin ab einem Alter von etwa 18 Jahren, begann der Kläger durchgehend bis 2013 Cannabis zu rauchen, dabei verbrauchte er zuletzt ungefähr 2 g täglich. In den Jahren 1992/ 1993 konsumierte er über einen Zeitraum von ca. 6 Monaten Heroin in einer Menge von 2-4 g täglich, bevor er zu Hause einen „kalten Entzug“ durchführte. Von 2009 bis 2013 nahm er neben Cannabis auch Kokain (ca. 2-3 g täglich). 7Während seines Aufenthalts im Bundesgebiet trat der Kläger strafrechtlich in Erscheinung. 8Mit Urteil des Amtsgerichts E. vom 25.04.1988 (46 Js 129/88) erhielt er wegen Diebstahls neben einer Verwarnung eine richterliche Weisung. 9Mit Urteil des Landgerichts E. vom 16.05.1994 (54 Js 184/93) wurde er wegen gemeinschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Er hatte zusammen mit drei Mittätern seit 1992 eine Teestube („Q. -T. “) in der C.------straße 00 in E. -I. betrieben und dort spätestens seit August 1992 bis zur Schließung der „Q. -T. “ Mitte April 1993 gewerbsmäßig mit mindestens 431 g Heroin gehandelt. Der Kläger selbst hatte das Heroin, das bereits von unterer Güte war, nochmals mit derselben Menge Streckmittel gestreckt und zum Verkauf abgepackt. Neben dem Eigenkonsum verkaufte er zusammen mit seinen Mittätern über einen Zeitraum von 7 ½ Monaten den überwiegenden Teil in der Teestube, aber auch im nahegelegenen Q1. und auf dem angrenzenden Spielplatz, später nur noch im Park und auf dem Spielplatz. Den Gewinn teilte er sich mit seinen Mittätern. Am 31.08.1995 wurde er nach Verbüßung von 2/3 seiner Strafe auf Bewährung aus der Haft entlassen und die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe zur Bewährung (Bewährungszeit 3 Jahre) ausgesetzt. Am 29.05.1999 wurde der Strafrest erlassen. 10Mit Schreiben vom 27.10.2000 verwarnte ihn der Beklagte wegen der vorangegangenen Straftaten ausländerrechtlich. 11In der Folgezeit machte sich der Kläger erneut strafbar. 12So wurde er am 01.02.2007 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln per Strafbefehl des Amtsgerichts H. (101 Js 28/07) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt, da er aus den Niederlanden 2,8 g Marihuana eingeführt hatte. 13Das Landgerichts E. verurteilt ihn am 06.06.2013 (152 Js 831/11-3/13) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen (Verkauf von mindestens 36,6 kg Marihuana im Zeitraum vom 23.01.2012 bis 10.02.2012) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten und ordnete an, dass er nach einer Strafvollstreckung von 9 Monaten in einer Erziehungsanstalt untergebracht werden solle. Zu Gunsten des Klägers berücksichtigte das Landgericht, dass er ein Geständnis abgelegt hatte, sich freiwillig gestellt hatte und mit den Taten auch seine eigene Drogenabhängigkeit hatte finanzieren wollen. Zu seinen Lasten wurde berücksichtigt, dass es sich um eine Vielzahl von Taten innerhalb eines kurzen Zeitraums gehandelt hatte, der Kläger maßgeblich an der Organisation des Vertriebs und am Gewinn beteiligt war und die Betäubungsmittelmengen sehr groß waren. 14Der Verurteilung vom 06.06.2013 lag folgendes Geschehen zu Grunde:Der Kläger hatte am 20.12.2009 Räumlichkeiten in E. zum Betrieb einer Schankwirtschaft angemietet und dort eine türkische Teestube „B. “ eröffnet, die tatsächlich ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt umfunktioniert wurde und zusammen mit mehreren Mittätern zum Verkauf von Marihuana diente. Das Marihuana wurde durch Mittäter aus den Niederlanden eingeführt. Der Kläger leitete den Verkauf, indem er andere Personen zum Verkauf einsetzte, und verkaufte auch selbst das in Beutel von 0,7 g (10,- €), 2,1 g (25,- €) und 4,2 g (50,- €) abgepackte Marihuana an die Kunden. Auf diese Weise wurden in der Teestube zwischen dem 23.01.2012 und 10.02.2012 mindestens 36,6 kg Marihuana verkauft. Den Gewinn teilte er sich mit seinen Mittätern, er selbst erwirtschaftete so monatlich ca. 20.000 €. Er beging die Taten zum einen zur Finanzierung seines eigenen Drogenkonsums als auch zur Schaffung einer Einnahmequelle. 15Nachdem am 10.02.2012 die Mittäter des Klägers von der Polizei festgenommen worden waren, flüchtete dieser in die Türkei. In seinem Pass findet sich ein Ausreisestempel der Niederlande vom 13.02.2012 und ein Einreisestempel in die Türkei vom 14.02.2012. Am 27.12.2012 erfolgte die Wiedereinreise in die Niederlande. Danach, spätestens im Januar 2013, reiste er wieder nach Deutschland ein und stellte sich am 17.01.2013 freiwillig den deutschen Behörden. Der Aufenthalt im Ausland betrug somit mindestens 10 ½ Monate. 16Mit Schreiben vom 24.07.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie auf Grund der begangenen Straftaten ein Verfahren zur Prüfung ausländerrechtlicher Maßnahmen gegen ihn einleite. Der Kläger erhielt bis zum 06.09.2013 Gelegenheit, Gründe für eine Prognose für ein zukünftiges straffreies Leben vorzubringen. Hierzu brachte er mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.08.2013 vor, er habe ein Assoziationsfreizügigkeitsrecht nach Art 7 ARB 1/80 und sein Aufenthaltsrecht sei durch die Niederlassungserlaubnis unbefristet. Er habe fast sein ganzes bewusstes Leben in Deutschland verbracht und eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ginge nicht von ihm aus, da es zu den Straftaten nur auf Grund seiner Drogensucht gekommen sei. Er werde gemäß der Anordnung der Strafkammer ab dem 16.10.2013 eine Suchttherapie antreten. Es sei daher verhältnismäßig abzuwarten, ob die Therapie erfolgreich durchgestanden werde und die Maßregelanstalt nach Beendigung der Therapie eine Wiederholungsgefahr von Straftaten verneine. 17Der Kläger befindet sich seit dem 17.10.2013 in der Maßregelvollzugsbehandlung, zunächst im O. -Therapiezentrum in E. und seit dem 30.10.2013 zwecks Tätertrennung im M. -Therapiezentrum für Forensische Psychiatrie N. . Der Halbstrafentermin ist auf den 17.10.2015 datiert, der 2/3-Termin auf den 16.09.2016, die Höchstfrist ist am 18.09.2018 erreicht. 18Eine dort gefertigte Stellungnahme für die Staatsanwaltschaft E. vom 12.03.2014 berichtet über gravierende Regelüberschreitungen. So habe der Kläger über mehrere Wochen mit Mitpatienten unerlaubt um Sachwerte gespielt, auch die Einhaltung von Rauchverboten habe ihm längere Zeit Probleme bereitet. Es sei aber ein zunehmendes Bemühen um regelkonformes Verhalten zu konstatieren. Er habe einen ernsthaft wirkenden Einstieg in die Bearbeitung seiner Sucht- und Deliktsentwicklung getätigt. Die Entwicklung einer legalen Lebensperspektive stehe aber noch aus. Im Behandlungsverlauf seien alle Drogenscreenings unauffällig gewesen. Insgesamt sei die Behandlungsprognose noch als unsicher einzustufen, auch das Eruieren der hinsichtlich Sucht und Delikt handlungsleitenden motivationalen Hintergründe sowie die therapeutische Bearbeitung der damit zusammenhängenden spezifischen Defizite benötige einer längerfristigen Aufarbeitung. Die Sozial- und Legalprognose könne daher noch nicht als günstig beurteilt werden. 19Nach einer weiteren Stellungnahme des M. -Therapiezentrums vom 19.08.2014 an die Staatsanwaltschaft E. werde die Behandlungsprognose noch immer als unsicher und die Sozial- und Legalprognose als noch nicht günstig eingestuft. Die Chronizität der Suchtentwicklung, die langjährige Verstrickung in Subkulturen sowie die begrenzte Introspektionsfähigkeit bedingten eher langsame Therapiefortschritte. Das Eruieren und Modifizieren der hinsichtlich Sucht- und Deliktsentwicklung handlungsleitenden motivationalen Hintergründe bedürfe noch einer längerfristigen Aufarbeitung. Allerdings betone der Kläger durchgängig seine Behandlungsbereitschaft und alle Drogenscreenings im bisherigen Behandlungsverlauf seien unauffällig gewesen. Stabilisierende und wichtige Außenkontakte bestünden zu seiner Herkunftsfamilie und seiner Lebensgefährtin. 20Mit Schreiben vom 03.09.2014 wies die Beklagte den Kläger auf die von ihr beabsichtigte ausländerrechtliche Maßnahme hin und gab ihm Gelegenheit zur Äußerung. Hierzu führte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 13.10.2014 aus, eine Entscheidung über die Beendigung des Aufenthalts müsse sich an Art 14 ARB 1/80 messen lassen, da er Rechte aus Art 7 ARB 1/80 herleiten könne. Diese Rechte seien auch nicht durch die 10-monatige Flucht ins Ausland erloschen. Er habe die letzten 34 Jahre seines Lebens im Bundesgebiet verbracht und habe hier Freunde und Familie, eine Ausweisung sei an Art. 8 EMRK zu messen und nur im Ermessenswege möglich. Er habe sich nur zur Finanzierung seiner Drogenabhängigkeit auf Rauschgiftgeschäfte eingelassen, die Drogenabhängigkeit werde aber seit einem Jahr im Maßregelvollzug therapiert, der bisherige Therapieverlauf gebe Anlass zur Annahme, dass er zukünftig drogenfrei leben könne. Es solle daher abgewartet werden, wie die psychologischen Sachverständigen nach Therapieabschluss die Wiederholungsgefahr für Straftaten bewerten würden. Da im Rahmen der Maßregel derzeit keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung von ihm ausgehen könne, sei es momentan unverhältnismäßig, eine Ausweisung zu verfügen. 21Mit Ordnungsverfügung vom 06.11.2014 wies die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (Nr. 1) und drohte ihm die Abschiebung (ggf. aus dem Maßregelvollzug) in die Türkei oder einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist, an (Nr. 2a, b). Die Wirkung der Ausweisung wurde auf acht Jahre befristet (Nr. 3). Für die Bearbeitung des Antrags setzte die Beklagte eine Gebühr von 30,- € fest (Nr. 4). Wegen der Einzelheiten wird auf die eingehend begründete Ordnungsverfügung verwiesen. 22Dort heißt es u.a. zur Begründung der Ausweisung, der Kläger habe durch den mindestens 10-monatigen Aufenthalt in der Türkei seine Rechte aus Art. 7 ARB 1/80 verloren. Seine Niederlassungserlaubnis sei nach § 51 Abs.1 Nr. 6, Abs. 2 Satz 1 AufenthG erloschen, da er aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund für einen nicht unerheblichen Zeitraum von mindestens 6 Monaten ausgereist und der Lebensunterhalt im Rahmen einer Prognoseentscheidung für den erneuten Aufenthalt im Bundesgebiet nicht sichergestellt sei. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger 6 Monate nach seiner Ausreise über eigenes Einkommen oder Vermögen zur ausreichenden Deckung seines Lebensunterhalts verfügt habe. Seine erneute Einreise in das Bundesgebiet sei daher unerlaubt gewesen.Die Voraussetzungen für eine zwingende Ausweisung nach § 53 Abs. Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG lägen wegen der strafrechtlichen Verurteilungen vor. Ermessen sei nicht zu betätigen.Ein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG sei nicht einschlägig. Der Kläger habe seine Niederlassungerlaubnis durch die Flucht in die Türkei verloren, die Tatsache, dass er sich seit 34 Jahren im Bundesgebiet aufhalte, vermittle keinen besonderen Ausweisungsschutz.Die zwingende Ausweisung genüge auch dem Verhältnismäßigkeitsmaßstab des Art 8 EMRK. Der Schutzbereich sei bereits nicht eröffnet. Die Ausweisung stelle auch eine generalpräventive Maßnahme dar, um andere Ausländer vor gleichartigen Verstößen abzuschrecken. Der Kläger habe sich über Bestimmungen hinweggesetzt, die unmittelbar dem Schutz und der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen dienten, er sei nicht bereit, die Rechtsordnung der Bundesrepublik zu beachten. Die dadurch eingetretene Störung und die künftige Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung könne nur durch eine Ausweisung beseitigt werden. Hilfsweise (für den Fall der Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 8 EMRK) sei Art. 8 EMRK jedenfalls nicht verletzt, so dass eine Ausweisung auch den Maßstäben des Art. 8 EMRK im Ermessenswege genüge. Der Kläger sei zwar sprachlich integriert, eine wirtschaftliche Integration sei jedoch nicht erfolgt, da ihm die Aufnahme einer langfristigen und nachhaltigen Erwerbstätigkeit nicht gelungen sei. Familiäre Bindungen bestünden nur zur Mutter, auch eine soziale Integration sei auf Grund der wiederholten Begehung von Straftaten nicht gegeben.Ebenso seien Art. 6 und 3 GG nicht verletzt. 23Auch das Europäische Niederlassungsabkommen hemme die Ausweisung nicht, da sie aus spezialpräventiven Gründen erfolge und die begangenen Straftaten besonders schwerwiegend im Sinne dieses Abkommens seien. 24Die Bemessung einer Befristung der Ausweisung auf 8 Jahre sei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (nicht als Ermessensentscheidung) angemessen. 25Mit Schriftsatz vom 02.12.2014 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sich gegen die Ordnungsverfügung wendet. 26Er führt dazu aus, für ihn gelte Assoziationsrecht, weil das Assoziationsrecht nicht erloschen sei, auch seine Niederlassungserlaubnis bestehe fort. Der Schutzbereich des Art. 8 EMRK sei eröffnet, so dass eine Ausweisungsentscheidung nur als Ermessensentscheidung zulässig sei. 27Seine Rechte aus Art 7 ARB 1/80 seien nicht nach Art 14 ARB 1/80 erloschen, da er nicht ohne berechtigte Gründe für einen nicht unerheblichen Zeitraum das Bundesgebiet verlassen habe. Vielmehr lägen berechtigte Gründe vor, die anzunehmen seien, wenn der Auslandsaufenthalt Ausdruck allgemein üblicher sozialtypischer Verhaltensweisen sei; dass ein Straftäter versuche, sich der Strafverfolgung zu entziehen, sei aber sozialtypisch.Auch die Niederlassungserlaubnis sei nicht nach § 51 Abs. 2 AufenthG erloschen, da im Zeitpunkt des Verlassens des Bundesgebietes sein Lebensunterhalt durch das vorherige Betreiben der Teestube gesichert gewesen sei, er habe sogar genügend Mittel für seine 10-monatige Flucht gehabt. Demzufolge genieße er besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Nr.1 AufenthG. 28Auch sei der Schutzbereich des Art 8 EMRK eröffnet. Er habe in Deutschland seinen Freundes- und Bekanntenkreis, seine Familie und seine Lebensgefährtin seien in Deutschland und er sei auch durch den selbständigen Betrieb der Teestube wirtschaftlich integriert, da diese seinen Lebensunterhalt sichere. In der Türkei habe er keine Perspektive, dort finde er sich nicht zurecht und könne sich kein Leben aufbauen.Insgesamt sei eine Ausweisung daher nur im Ermessenswege möglich. 29Der Kläger beantragt, 301.31die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 06.11.2014 aufzuheben, 2.32hilfsweise, die Befristung der Wirkung der Ausweisung unter entsprechender Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 06.11.2014 auf Null zu reduzieren. 33Die Beklagte beantragt, 34 die Klage abzuweisen. 35Zur Begründung verweist sie auf die ausführliche Begründung in ihrer Ordnungsverfügung und führt ergänzend aus, es könne dahinstehen, ob der Kläger während des Betreibens der Teestube ausreichende Einkünfte erzielt habe und daraus während seiner Flucht den Lebensunterhalt habe sicherstellen können, da die maßgeblichen Einnahmen vor allem aus dem nachgewiesenen Handel mit Betäubungsmitteln erzielt worden seien. 36Eine nach Ergehen der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung gefertigte weitere Stellungnahme aus dem Maßregelvollzug des M. -Therapiezentrums N. vom 13.03.2015 stuft die Behandlungsprognose des Klägers weiterhin als unsicher und auch die Sozial- und Legalprognose als ungünstig ein. Zwar sei es dem Kläger zunehmend gelungen, Emotionen zuzulassen und sich nicht mehr selbst zu inszenieren, sondern sich seiner Hilflosigkeit und seines Scheiterns bewusst zu werden sowie die motivationalen Hintergründe seiner Sucht- und Deliktsentwicklung aufzudecken, er habe aber weiterhin große Schwierigkeiten, legale Alternativen zu generieren. Durch die vorhandene defizitäre Selbstbeobachtungsfähigkeit fiele es ihm weiterhin sehr schwer, funktionale Ansatzpunkte für eine stabilisierende und legale Modifikation seiner Persönlichkeit zu eruieren. Sämtliche Drogenscreenings seien aber unauffällig gewesen. 37In der aktuellen Stellungnahme des M. -Therapiezentrums N. vom 10.09.2015 wird die Behandlungsprognose nunmehr als vorsichtig positiv eingestuft. Der Kläger sei zwar weiterhin in seiner Selbstbeobachtungsfähigkeit eingeschränkt und bedürfte zur selbstkritischen Auseinandersetzung einer intensiven Spiegelung durch sein Gegenüber. Er zeige jedoch eine ersichtliche Therapiemotivation. Seit dem 13.08.2015 sei dem Kläger begleiteter Ausgang zugesprochen worden, den er bislang absprachefähig und zuverlässig genutzt habe. Im Therapieverlauf habe er im Berichtszeitraum lediglich einmal im stationären Setting und einmal in der Arbeitstherapie gegen akzeptable Umgangsformen verstoßen und sei beleidigend geworden. Die Arbeitstherapie erfülle der Kläger zuverlässig. Dysfunktionale Entwicklungen in der Interaktion mit seiner Lebensgefährtin thematisiere er offen, was eine hohe Relevanz für seine Abstinenz habe. In der Vergangenheit habe es immer einen engen Zusammenhang zwischen auftretenden Beziehungsproblemen und der Verschlechterung des Suchtmittelkonsums gegeben. Zumindest unter den beschützenden Bedingungen der gesicherten Unterbringung im Maßregelvollzug habe der Kläger seine Probleme so handhaben können, dass er nicht von einem relevanten Suchtdruck berichtet habe. Sämtliche Drogenscreenings im bisherigen Behandlungsverlauf seien unauffällig gewesen.Die Sozial- und Legalprognose müsse aber derzeit noch als ungünstig beurteilt werden, da die Beurteilungsgrundlage primär auf dem Auftreten des Klägers im gesicherten Innenbereich fuße und eine längerfristige Erprobung im Außenbereich noch ausstehe. 38Mit Schreiben vom 26.10.2015 begründet die Beklagte eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der Befristung des durch die Ausweisungsentscheidung entstandenen Einreise- und Aufenthaltsverbots. Hierzu führt sie aus, sie halte auch aktuell eine Frist von 8 Jahren für ermessensgerecht. Zwar sei der Kläger therapiefähig und motiviert, auch seien alle Drogenscreenings nach Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung unauffällig gewesen und der Kläger habe sich bei den begleiteten Ausgängen verlässlich gezeigt. Andererseits sei weiterhin eine eingeschränkte Introspektionsfähigkeit zu konstatieren und es sei schwierig für ihn, legale Alternativen zu regenerieren, welche die früheren illegalen Möglichkeiten der Selbstinszenierung und Selbsterhöhung unnötig machen würden. Daraus sei zu folgern, dass der Kläger nicht in der Lage sei, sein Selbstbewusstsein über persönliche Beziehungen zu steigern und dass die früheren illegalen Handlungen im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln die einzige Möglichkeit zur Selbstinszenierung und Stärkung seines Selbstwertgefühls seien. Ein positiver Einfluss seines persönlichen Umfeldes sei nicht ersichtlich, eine enge familiäre Bindung zu seiner Familie und zu seiner Lebensgefährtin nicht erkennbar; insofern sei es unverständlich, dass der Kläger in seinem Umfeld bleiben wolle. Sein Handeln sei ausschließlich von dem Zweck geprägt, einen Verbleib im Bundesgebiet zu erreichen und müsse daher als verfahrensangepasste Äußerung betrachtet werden. Es bestehe kein Zweifel, dass von ihm weiterhin eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe, so dass eine Befristung von 8 Jahren nach erfolgter Ausreise angemessen sei. 39Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung zu den Umständen seines Türkei-Aufenthalts angehört worden. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll Bezug genommen. 40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Unterlagen des M. Therapiezentrums N. , das Vollstreckungsheft 152 Js 831/11 und die beigezogenen Strafakten 152 Js 831/11 sowie die Gefangenenpersonalakte aus der JVA F. verwiesen. 41Entscheidungsgründe: 42Die als Anfechtungsklage gegen die Ausweisungsverfügung zulässige Klage ist begründet. 43Die angefochtene Ordnungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 44Die Ausweisung des Klägers ist wegen Ermessensausfalls und ihre auch generalpräventiven Begründung rechtswidrig. 45Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung ist nach der Änderung der ursprünglich auf die letzte Behördenentscheidung abstellenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Folge des Inkrafttretens des Richtlinienumsetzungsgesetzes vom 19. August 2007 (BGBl. I 2007, 1970) nunmehr bei allen Ausländern einheitlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich. 46Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2007 - 1 C 45.06 -, InfAuslR 2008, 156. 47Als Rechtsgrundlage für die Ausweisungsverfügung gegen den Kläger kommt allein § 55 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 (ARB 1/80) in Betracht. 48In Anwendung von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 kann der Kläger nur im Ermessenswege ausgewiesen werden. 49vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 – C-371/08 -, Ziebell , juris; BVerwG, Urteile vom 10. Juli 2012 – 1 C 19/11 , 13. Dezember 2012 – 1 C 20.11 -, 15. Januar 2013 – 1 C 10/12 – und 14. Mai 2013 – 1 C 13/12 –, jeweils juris; hierbei kann derzeit offenbleiben, ob dies nach Inkrafttreten der §§ 53 – 56 AufenthG n.F. am 1. Januar 2016 noch gelten kann, wenn man davon ausgeht die Neuregelung des Ausweisungsrechts biete keine Ermächtigungsgrundlage für eine Ermessensentscheidung (a.A. Marx, Zur Reform des Ausweisungsrechts, ZAR 2015, 245). Es spricht allerdings viel dafür, dass die Verortung als nationale Ermächtigungsgrundlage für Ausweisungen assoziationsberechtigter Personen nach dem ARB 1/80 im § 55 AufenthG a.F. lediglich der Ermöglichung einer Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles und Wahrung der Verhältnismäßigkeit diente, die auch ohne Eröffnung eines Ermessens nach §§ 53 – 56 AufenthG n.F. möglich und – nach Fassung der Tatbestände - auch geboten sein wird. 50Zur Bestimmung des Umfangs der in Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 enthaltenen Schranke der öffentlichen Ordnung ist nach Aufhebung des Art. 3 der Richtlinie 64/221/EWG nunmehr auf Art. 12 Daueraufenthaltsrichtlinie 51Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 203 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, ABl. Nr. L 16, S. 44, nachfolgend: Daueraufenthaltsrichtlinie 52zurückzugreifen. Danach können assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige nur ausgewiesen werden, wenn ihr persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt und die Maßnahme zur Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist, 53vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 75 ff.; BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 – 1 C 19.11 –, Juris Rn. 14); OVG NRW, Urteil vom 22. März 2012 – 18 A 951/09 –, Juris Rn. 60 ff.. 54Die Ausweisungsentscheidung der Beklagten ist - vor diesem rechtlichen Hintergrund – rechtswidrig, da die Beklagte das ihr zustehende Ermessen nicht erkannt und von einer zwingenden Ausweisung ausgegangen ist. 55Die Anwendung des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 setzt voraus, dass der Kläger zum begünstigen Personenkreis des Art. 6, 7 ARB 1/80 gehört. 56Dies ist der Fall. 57Der Kläger hat ein Assoziationsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erworben. Er ist im Alter von 10 Jahren als Sohn eines nach Deutschland gezogenen türkischen Arbeitnehmers in die Bundesrepublik eingereist und hatte in E. mehr als fünf Jahre lang seinen ordnungsgemäßen Wohnsitz. Damit erfüllt er die Voraussetzungen des Art. 7 Satz 1 1. und 2. Spiegelstrich ARB 1/80. 58Der Kläger hat diese assoziationsrechtliche Rechtsposition nach Art. 7 ARB 1/80 auch nicht durch die 10 ½ Monate dauernde Flucht in die Türkei verloren. 59Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) können aus Art. 7 ARB 1/80 erwachsene Rechte nur unter zwei Voraussetzungen beschränkt werden: Entweder stellt die Anwesenheit des türkischen Wanderarbeitnehmers im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates wegen seines persönlichen Verhaltens eine tatsächliche und schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit im Sinne von Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 dar, oder der Betroffene hat das Hoheitsgebiet dieses Staates für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen. 60vgl. EuGH, Urteile vom 16. März 2000 - C-329/97 [ECLI:EU:C:2000:133], Ergat - Rn. 45, 46 und 48 und vom 8. Dezember 2011 - C-371/08 [ECLI:EU:C:2011:809], Ziebell - Rn. 49 61Dabei ist grundsätzlich vom abschließenden Charakter dieser beiden Verlustgründe auszugehen. 62BVerwG, Urteile vom 9. August 2007 - 1 C 47.06 - BVerwGE 129, 162 Rn. 15 und vom 30. April 2009 - 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27 Rn. 24 63Da die erste Variante Gegenstand der streitgegenständlichen Ausweisung und erst in diesem Rahmen zu prüfen ist, kommt lediglich die zweite Variante in Betracht, nämlich, ob der Kläger das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen hat. 64Der Gerichtshof hat zur Auslegung dieses Verlustgrundes in der Sache Ergat, 65EuGH, Urteil vom 16. März 2000 - C-329/97 [ECLI:EU:C:2000:133] - Rn. 48) 66auf sein Urteil in der Sache 67Kadiman (EuGH, Urteil vom 17. April 1997 - C-351/95 [ECLI:EU:C:1997:205], Kadiman - Rn. 48, 68verwiesen. Jener Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem der Ehemann seiner Frau während eines Urlaubs in der Türkei den Reisepass entwendet hatte, so dass sie erst nach fünf Monaten in das Bundesgebiet zurückkehren konnte. Der Gerichtshof hat im Zusammenhang mit dem anspruchsbegründenden Drei-Jahres-Zeitraum des Art. 7 Satz 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 ausgeführt, dass kurzzeitige Unterbrechungen der Lebensgemeinschaft zwischen Familienangehörigem und Stammberechtigtem, die ohne die Absicht erfolgen, den gemeinsamen Wohnsitz im Aufnahmemitgliedstaat in Frage zu stellen, den Zeiten gleichzustellen seien, während der der betroffene Familienangehörige tatsächlich mit dem türkischen Arbeitnehmer zusammengelebt habe. Erst recht habe dies für einen kürzeren als sechsmonatigen Aufenthalt des Betroffenen in seinem Heimatland zu gelten, wenn dieser Aufenthalt nicht von seinem eigenen Willen abhängig gewesen sei. Diese Ausführungen gelten - wie aus dem Verweis des Gerichtshofs in der Sache Ergat ersichtlich - entsprechend für den Verlust der assoziationsrechtlichen Stellung bei der Prüfung, ob ein Familienangehöriger den Mitgliedstaat für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen hat. 69BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 - 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27 Rn. 26; BVerwG, Urteil vom 25.03.2015, 1 C 19/14 70Im Übrigen ist das Verständnis dieses Erlöschensgrundes vom Ziel und Zweck des Art. 7 ARB 1/80 her zu bestimmen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs dient das System des schrittweisen Erwerbs von Rechten aus Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 zwei Zwecken: Zum einen sollen Familienangehörige des Wanderarbeitnehmers bis zum Ablauf des ersten Zeitraums von drei Jahren die Möglichkeit erhalten, bei diesem zu leben, um so durch Familienzusammenführung die Beschäftigung und den Aufenthalt des türkischen Arbeitnehmers, der sich bereits ordnungsgemäß in den Aufnahmemitgliedstaat integriert hat, zu begünstigen. Zum anderen soll die Vorschrift eine dauerhafte Eingliederung der Familie des türkischen Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat fördern, indem dem Familienangehörigen nach drei Jahren ordnungsgemäßen Wohnsitzes selbst der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht wird. Hauptzweck ist also, die Stellung des Familienangehörigen, der sich in dieser Phase bereits ordnungsgemäß in den Aufnahmemitgliedstaat integriert hat, dadurch zu festigen, dass er die Mittel erhält, dort selbst seinen Lebensunterhalt zu verdienen und sich folglich eine gegenüber der Stellung des Wanderarbeitnehmers selbständige Stellung aufzubauen. 71EuGH, Urteile vom 22. Juni 2000 - C-65/98 [ECLI:EU:C:2000:336], Eyüp - Rn. 26; vom 11. November 2004 - C-467/02 [ECLI:EU:C:2004:708], Cetinkaya - Rn. 25 und vom 29. März 2012 - C-7/10 und C-9/10 [ECLI:EU:C:2012:180], Kahveci und Inan - Rn. 33 72Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 zielt demzufolge nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darauf ab, das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht nach seiner Entstehung aus der Abhängigkeit von der beschäftigungsbezogenen Rechtsstellung des Stammberechtigten zu lösen und dem Familienangehörigen zum Zwecke der Integration im Mitgliedstaat eine autonome Rechtsposition zu verschaffen. 73EuGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - C-373/03 [ECLI:EU:C:2005:434], Aydinli - Rn. 23; allgemein Urteil vom 18. Juli 2007 - C-325/05 [ECLI:EU:C:2007:442], Derin - Rn. 53 und 71; BVerwG, Urteil vom 9. August 2007 - 1 C 47.06 - BVerwGE 129, 162 Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 25.03.2015, 1 C 19/14 74Mit Blick auf dieses Regelungsziel kommt es im Falle eines längeren Auslandsaufenthalts des assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen unter Bewertung aller Umstände des Einzelfalles für die Frage, ob er das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen hat, maßgeblich darauf an, ob er seinen Lebensmittelpunkt aus Deutschland wegverlagert hat. Dabei stehen das zeitliche Moment und die Gründe für das Verlassen des Bundesgebiets nicht isoliert nebeneinander; vielmehr besteht zwischen ihnen ein Zusammenhang: Je länger der Betroffene sich im Ausland aufhält, desto eher spricht das dafür, dass er seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland aufgegeben hat. Ab einem Auslandsaufenthalt von ungefähr einem Jahr müssen gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sein Lebensmittelpunkt noch im Bundesgebiet ist. 75Zur weiteren Konkretisierung dieses Erlöschensgrundes kann nicht im Sinne eines notwendigen Mindestzeitraums auf Art. 16 Abs. 4 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. EG L 158 S. 77, berichtigt ABl. EG L 229 S. 35 und ABl. EG L 204 S. 28) – nachfolgend: Unionsbürgerrichtlinie - zurückgegriffen werden. Nach dieser Vorschrift führt, wenn das Recht auf Daueraufenthalt von einem Unionsbürger oder seinem Familienangehörigen erworben wurde, nur die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, zum Rechtsverlust. Diese Regelung, die nicht nach Gründen für die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat differenziert, kann mit Blick auf das Besserstellungsverbot des Art. 59 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen EWG–Türkei lediglich als Orientierungsrahmen im Sinne einer zeitlichen Höchstgrenze dienen. 76BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 - 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27 Rn. 27; BVerwG, Urteil vom 25.03.2015, 1 C 19/14 77Die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 als der anderen Beschränkung assoziationsrechtlicher Aufenthaltsrechte, die seit Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG nicht Art. 28 Abs. 3 Buchst. a) der Unionsbürgerrichtlinie, sondern Art. 12 der Daueraufenthaltsrichtlinie - als den maßgeblichen unionsrechtlichen Bezugsrahmen für die Bestimmung des Abschiebungsschutzes bei assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen heranzieht, 78EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - C-371/08 [ECLI:EU:C:2011:809], Ziebell - Rn. 62 ff., 79wirkt sich auch auf die Bestimmung des zeitlichen Rahmens bei dem hier zu prüfenden Erlöschensgrund aus. Denn die vom Gerichtshof im Wege des Vergleichs von Zweck und Kontext des Assoziierungsabkommens EWG - Türkei und der Unionsbürgerrichtlinie angeführten Erwägungen, das Assoziationsabkommen verfolge nur wirtschaftliche Zwecke, während die Unionsbürgerrichtlinie darüber hinaus die Unionsbürgerschaft als grundlegenden Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten mit ihrem unmittelbar aus dem Vertrag erwachsenden elementaren Freizügigkeitsrecht ausforme, sind allgemeiner Natur, so dass die Ausführungen zur Zwecksetzung ebenso für den hier zu prüfenden Verlustgrund gelten. Erweisen sich aber die Rechtsstellung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen und die wesentlich stärkere Stellung eines Unionsbürgers nicht als gleichwertig, liegt es auf der Hand, dass die - nicht nach Gründen für die Abwesenheit differenzierende - rechtsvernichtende Zweijahresfrist des Art. 16 Abs. 4 der Richtlinie 2004/38/EG jedenfalls nicht als Mindestzeitraum für den Verlust assoziationsrechtlicher Aufenthaltsrechte türkischer Staatsbürger herangezogen werden kann. 80BVerwG, Urteil vom 25.03.2015, 1 C 19/14 81Daraus folgt indes nicht gleichsam im Gegenschluss, dass Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) der Daueraufenthaltsrichtlinie entsprechend anzuwenden ist, um den "nicht unerheblichen Zeitraum" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs exakt zu fixieren. Nach dieser Vorschrift ist ein Drittstaatsangehöriger nicht mehr berechtigt, die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu behalten, wenn er sich während eines Zeitraums von zwölf aufeinander folgenden Monaten nicht im Gebiet der Gemeinschaft aufgehalten hat. Da diese Vorschrift nicht nach den Gründen für den Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Europäischen Union differenziert, erscheint sie als abschließende Regelung zur Konkretisierung des hier maßgeblichen Erlöschensgrundes ungeeignet. Dennoch liegt es mit Blick auf die Ausführungen des Gerichtshofs in der Ziebell-Entscheidung, 82EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - C-371/08 [ECLI:EU:C:2011:809], Ziebell - Rn. 75 ff., 83nahe, bei assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen die jeweiligen Maßstäbe der Daueraufenthaltsrichtlinie als unionsrechtlichen Bezugsrahmen nicht nur für die Bestimmung des Abschiebungsschutzes heranzuziehen, sondern sie auch für den hier maßgeblichen Verlustgrund assoziationsrechtlicher Rechte als Orientierung fruchtbar zu machen. Deshalb erscheint es gerechtfertigt, der Zwölfmonatsfrist des Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) der Daueraufenthaltsrichtlinie jedenfalls eine gewichtige Indizwirkung dafür zu entnehmen, ab wann ein Assoziationsberechtigter - wenn keine berechtigten Gründe vorliegen - seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland aufgegeben und dadurch seine assoziationsrechtliche Rechtsstellung verloren hat. 84BVerwG, Urteil vom 25.03.2015, 1 C 19/14 85Nach diesen Maßstäben ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass der Kläger seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland durch die etwas mehr als 10 Monate andauernde Flucht aufgegeben und seinen Lebensmittelpunkt in die Türkei verlagert hat. Der Kläger ist nach der Razzia in seiner Teestube „B. “ am 10.02.2012 ausweislich des Ausreisestempels in seinem Reisepass am 13.02.2012 via Amsterdam nach Istanbul geflogen. Von dort ist er am 27.12.2012 wieder in die Niederlande eingereist und hat sich am 17.01.2013 den deutschen Strafverfolgungsbehörden gestellt. 86Zwar stellt die Flucht vor der Strafverfolgung keinen berechtigten Grund im Sinne des Assoziationsabkommens dar, auch wenn sie aus der subjektiven Sicht des Klägers nachvollziehbar erscheinen mag. Berechtigte Gründe sind nur dann anzunehmen, wenn sie Ausdruck allgemein üblicher, sozialtypischer Verhaltensweisen sind wie etwa Urlaub oder Verwandtenbesuch, oder wenn sie durch staatsangehörigkeitsbezogene Rechte oder Pflichten bedingt sind, wie etwa die Ableistung von Wehrdienst. 87VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.04.2011, 11 S 189/11 88Der Kläger hat aber nicht allein durch die Flucht als solche seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er sich auf Dauer in der Türkei niederlassen und dort sein weiteres Leben verbringen wollte. 89Dafür spricht schon die Tatsache, dass er weniger als ein Jahr im Ausland aufhältig war und damit nicht die Indizwirkung des Art. 9 Abs. 1 lit. c der Daueraufenthaltsrichtlinie auslöste. Auch spricht dafür, dass er sich Mitte Januar 2013 freiwillig den Behörden zur Strafverfolgung gestellt hat. Wie der Kläger in seiner persönlichen Anhörung mitgeteilt hat, sei die Flucht spontan erfolgt, als er von der Festnahme seiner Mittäter erfahren habe. Er sei zu diesem Zeitpunkt „voll auf Kokain gewesen“, er habe nicht gewusst, was er machen solle und habe sich zunächst zwei Tage bei jemandem aufgehalten. Er habe unter Schock gestanden und Angst gehabt. Anschließend sei er nach Amsterdam gefahren, habe sich dort ein One-Way-Ticket besorgt und sei in die Türkei geflogen. Das Geld für das Ticket habe er sich vorher geliehen. In der Türkei sei er in J. bei seinem Bruder und dessen 0-köpfiger Familie in deren Wohnung untergekommen. Am Anfang sei das für ihn in Ordnung gewesen, nach einiger Zeit habe er sich aber dort unwohl und nicht zu Hause gefühlt. Er habe in der Türkei keine Drogen mehr konsumiert und nachdem er etwas Abstand gewonnen habe, sei er sich bewusst geworden, dass er die Verantwortung für seine Taten übernehmen müsse. Seinen Lebensunterhalt habe er finanziert, indem er von seiner Lebensgefährtin und seiner Mutter etwas Taschengeld geschickt bekommen habe, Miete habe er bei seinem Bruder nicht zahlen müssen. Von den Gewinnen aus den Drogenverkäufen habe er nichts mitgenommen, es sei auch gar kein Geld mehr da gewesen, da er das Geld für die Beschaffung des Kokains für den Eigenkonsum und an Spielautomaten ausgegeben habe. Selbst das Geld für die Flucht habe er sich leihen müssen. Er sei sehr zerrissen gewesen hinsichtlich einer etwaigen Rückkehr, ursprünglich habe er nicht zurückkommen wollen, dann aber doch, weil er ein schlechtes Gewissen gehabt habe. Er habe sich in J. auch nicht um Arbeit oder eine eigene Wohnung bemüht. Die Türkei betrachte er nicht mehr als seine Heimat, dort sei ihm alles fremd gewesen. Während seines Aufenthalts dort habe er beständig Kontakt zu seiner Lebensgefährtin und zu seiner Mutter gehabt, die ihm auch den Rückflug finanziert habe. Während seines Türkeiaufenthalts habe er auch schon einen Anwalt in Deutschland kontaktiert. 90Diese Aussagen, die das Gericht inhaltlich im Wesentlichen nicht in Zweifel zieht und die nicht verfahrensangepasst wirken, belegen, dass die Flucht nur der Angst vor der Bestrafung geschuldet war und nicht von langer Hand geplant, sondern spontan erfolgt ist. Seine Äußerung, er habe zurückkehren wollen und doch wieder nicht, spiegelt seine innere Zerrissenheit wider. Der Kläger hatte sich augenscheinlich keine tiefergreifenden Gedanken über seine weitere Lebensperspektive gemacht, was angesichts seines damaligen Zustands „voll auf Kokain“ auch nachvollziehbar erscheint. Er ist nicht in seinen Heimatort, sondern in die Großstadt J. geflüchtet. Anstrengungen zum Aufbau einer wirtschaftlichen und persönlichen Zukunft in der Türkei mittels Arbeits- und Wohnungssuche hat er in keiner Weise entfaltet und er hatte weiterhin Kontakt zu seiner langjährigen Lebensgefährtin im Inland. Zudem hat er ausweislich der Strafakten bereits zwei Tage nach seiner Flucht eine Vollmacht für seinen Strafverteidiger unterzeichnet, der für ihn die Rückkehrperspektive und das zu erwartende Strafmaß eruieren sollte. 91Nach alldem kann keinesfalls von einer Verlagerung des Lebensmittelpunkts in die Türkei ausgegangen werden. Seine Flucht hat mithin auch nicht den im Wege des Aufenthaltsrechts aus Art. 7 ARB 1/80 erreichten Integrationszusammenhang zerrissen. 92Auf Grund der Assoziationsberechtigung des Klägers bestimmt sich die Rechtmäßigkeit der gegen ihn verfügten Ausweisung nach § 55 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80, Art. 12 der Daueraufenthaltsrichtlinie. 93Ob der Kläger darüber hinaus besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auf Grund seiner Niederlassungserlaubnis genießt oder ob seine Niederlassungserlaubnis erloschen ist, kann dahinstehen. Denn der nationale Ausweisungsschutz reicht jedenfalls nicht weiter als der assoziationsrechtliche. 94Sind die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 erfüllt, liegen damit auch schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG vor. 95Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Mai 2013 – 1 C 13/12 –, juris Rn. 11, und vom 10. Juli 2012 – 1 C 19.11 –, juris, Rn. 14. 96Gemäß Art. 14 ARB 1/80 kann der Kläger nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. 97EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422 Rn. 86 98Das ist hier zwar hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen der Norm der Fall. 99Die Gefahren, die vom gewerbsmäßigen illegalen Handel mit Betäubungsmitteln ausgehen, sind schwerwiegend und berühren ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die betroffenen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit der Bürger nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen hohen Rang ein. Der Gerichtshof der Europäischen Union sieht in der Rauschgiftsucht ein "großes Übel für den Einzelnen und eine soziale und wirtschaftliche Gefahr für die Menschheit", 100vgl. EuGH, Urteil vom 23. November 2010 - Rs. C-145/09, Tsakouridis - NVwZ 2011, 221 Rn. 47. 101Er verweist auf die "verheerenden Folgen" gerade des bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln für die Gesundheit, Sicherheit und Lebensqualität der Unionsbürger sowie der legalen Wirtschaftstätigkeit, der Stabilität und der Sicherheit der Mitgliedstaaten. 102EuGH, a.a.O. Rn. 46 103Die Mitgliedstaaten dürfen daher die Verwendung von Betäubungsmitteln als eine Gefahr für die Gesellschaft ansehen, die besondere Maßnahmen gegen Ausländer rechtfertigt, die gegen Vorschriften über Betäubungsmittel verstoßen. 104EuGH, a.a.O. Rn. 54 105Im Übrigen zählt der illegale Drogenhandel zu den Straftaten, die in Art. 83 Abs. 1 UAbs. 2 AEUV als Bereiche besonders schwerer Kriminalität genannt werden. Diese können als schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses angesehen werden und die Ausweisung von Personen rechtfertigen, die entsprechende Straftaten begangen haben. 106vgl. EuGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - Rs. C-348/09, P.I. - NVwZ 2012, 1095 Rn. 28 107Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht den Handel mit Betäubungsmitteln, selbst wenn er nicht bandenmäßig begangen wird, als schwerwiegende Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Interessen an. 108vgl. Urteile vom 3. November 2011 - Nr. 28770/05, Arvelo Aponte/Niederlande - Rn. 58 und vom 12. Januar 2010 - Nr. 47486/06, Khan/Vereinigtes Königreich - InfAuslR 2010, 369 Rn. 40 m.w.N. 109Nach diesen Maßstäben stellt das persönliche Verhalten des Klägers eine schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft im Sinne des Art. 14 ARB 1/80 dar. Er hat neben der Finanzierung seiner eigenen Drogensucht auch aus Gewinnstreben mit Betäubungsmitteln gehandelt, und zwar in nicht untergeordneter Position. Der illegale Handel erfolgte über einen Zeitraum von mehreren Wochen und bezog sich auf eine große Menge Marihuana (mindestens 36,6 kg). 110Das Verhalten des Klägers stellt auch noch gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für das beschriebene Grundinteresse dar. 111Die sich nach Unionsrecht bestimmende Prognose, ob der Ausländer eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt, bestimmt sich nicht nach strafrechtlichen Gesichtspunkten, auch nicht nach dem Gedanken der Resozialisierung. Vielmehr haben die zuständigen Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte eine eigenständige Prognose über die Wiederholungsgefahr des Klägers zu treffen. 112BVerwG, Urteil v. 15.01.2013 - 1 C 10.12 -; BVerwG, Urteil v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 113Bei der Prüfung der Wiederholungsgefahr hängen die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts vom Schutzbedürfnis des gefährdeten Rechtsguts und von der Größe der drohenden Schäden ab. Für die Feststellung der Wiederholungsgefahr gilt auch bei Art. 14 ARB 1/80 ein differenzierender, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind - wie ganz allgemein - auch bei Art. 14 ARB 1/80 umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Auch bei hochrangigen Rechtsgütern begründet danach allerdings nicht bereits jede auch nur entfernte Möglichkeit eine Wiederholungsgefahr. Vielmehr dürfen im Hinblick auf Art. 14 ARB 1/80 an die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit keine zu geringen Anforderungen gestellt werden dürfen. 114BVerwG, Urteil v. 15.01.2013 - 1 C 10.12 -; BVerwG, Beschluss v. 04.10.2012 - 1 C 13.11 – 115Gemessen daran ist für den Kläger die Gefahr der Wiederholung seines strafbaren Verhaltens im Bereich der Drogenkriminalität zu bejahen. Nach der Überzeugung des Gerichts lässt sich eine erhebliche Wiederholungsgefahr vor allem aus dem Ausmaß der vom Kläger begangenen Taten und der diesen zugrunde liegenden Motivation ableiten.Der Kläger ist bereits mehrfach wegen Drogendelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er ist nach den Feststellungen des M. -Therapiezentrums von Kokain, Alkohol und Opioiden abhängig, derzeit abstinent in beschützender Umgebung des Maßregelvollzugs. Die Opiodabhängigkeit besteht seit 27 Jahren, die Kokainabhängigkeit seit 6 Jahren. Er hat die bisherigen Delikte nicht nur zur Finanzierung seiner eigenen Drogensucht, sondern auch ganz wesentlich zur Einnahmeerzielung begangen. Der Kläger habe es nach den aktuellen Stellungnahmen des Stationstherapeuten im Maßregelvollzug vom 13.03.2015 und 10.09.2015, die ausschließlich unter den beschützenden Bedingungen des Maßregelvollzugs erfolgt sind, im bisherigen Verlauf des Maßregelvollzuges zwar vermocht, die motivationalen Hintergründe seiner Sucht- und Deliktsentwicklung aufzudecken und auch eine ersichtliche Therapiemotivation entfaltet, er habe aber nach wie vor große Schwierigkeiten, legale Lebens- und Erwerbsalternativen zu generieren. Er sei weiterhin in seiner Selbstbeobachtungsfähigkeit eingeschränkt und bedürfe zur selbstkritischen Auseinandersetzung einer intensiven Spiegelung durch sein Gegenüber. Infolge dessen müsse auch die Sozial- und Legalprognose derzeit noch als ungünstig beurteilt werden, zumal eine langfristige Erprobung im Außenbereich noch ausstehe. Auf Grund dieser Einschätzung, die das Gericht nicht in Zweifel zieht, ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger trotz gewisser positiver Ansätze bisher keine nachhaltige Persönlichkeitswandlung und Verhaltensänderung durchlaufen hat. Auch seine (nach Anlaufschwierigkeiten) beanstandungsfreie Führung im Straf- bzw. Maßregelvollzug und die Tatsache, dass sämtliche Drogenscreenings im Behandlungsverlauf unauffällig waren, lassen bislang nicht auf einen dauerhaften Wandel schließen. Der bisherige Deliktsverlauf lässt vielmehr befürchten, dass der Kläger – wie in der Vergangenheit geschehen – in sein bisheriges Umfeld zurückkehren wird und demzufolge die Rückfallgefahr in das Drogenmilieu mit der Folge der Begehung weiterer Straftaten nicht unerheblich hoch ist, zumal er keinerlei Berufsausbildung abgeschlossen hat und eine legale Lebensperspektive zur Finanzierung seines Lebensunterhalts völlig ungewiss ist, da er – wie die Vergangenheit gezeigt hat – den Verlockungen des schnellen Gelderwerbs durch illegale Geschäfte durchaus nicht abgeneigt war und dies auch für die Zukunft zu befürchten ist. 116Trotz der vorstehenden Ausführungen erweist sich die Ausweisungsentscheidung der Beklagten jedoch im Ergebnis als rechtswidrig. 117Im Fall des Bestehens eines assoziationsrechtlich begründeten Aufenthaltsrechts darf der Assoziationsberechtigte nur auf der Grundlage einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden, 118so bereits BVerwG, Urteil vom 3. August 2004 - BVerwG 1 C 29.02 - BVerwGE 121, 315 <320 f.> in ständiger Rechtsprechung, vgl. jüngst auch Urteil vom 13.12.2012, - 1 C 20.11 -, juris Rn. 26. 119Die Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde über den Erlass einer Ausweisung erfordert eine sachgerechte Abwägung der öffentlichen Interessen an der Ausreise mit den privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet. Zugunsten des Ausländers sind die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthalts und seine schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Außerdem sind die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben, in die Abwägung einzustellen (§ 55 Abs. 3 AufenthG). Die von Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 EMRK geschützten Belange auf Achtung des Privat- und Familienlebens sind dabei entsprechend ihrem Gewicht und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. 120Mit Blick auf diese Vorgaben ist die Ordnungsverfügung der Beklagten im Ausweisungsbescheid vom 06.11.2014 schon allein deshalb zu beanstanden, weil die Beklagte gar kein Ermessen ausgeübt hat. Sie hat die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung nicht erkannt, da sie fehlerhaft vom Verlust des Assoziationsrechts des Klägers ausging, so dass ein Ermessensausfall vorliegt. Zwar hat die Beklagte im Rahmen der Prüfung von Art. 8 EMRK hilfsweise (für den Fall der Eröffnung des Schutzbereiches) Ermessenserwägungen angestellt. Diese Hilfsermessenserwägungen im Rahmen von Art. 8 EMRK ersetzen aber keinesfalls eine Ermessensentscheidung im Rahmen von Art. 14 ARB 1/80 hinsichtlich der Ausweisung. Darüber hinaus sind sie auch in der Sache verfehlt, weil Art. 8 EMRK kein Ermessen eröffnet, sondern bei Bejahung eines Eingriffs in den Schutzbereich eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert (Abs. 2 der Vorschrift). 121Darüber hinaus hat die Beklagte diese Hilfserwägungen unzulässigerweise auch auf generalpräventive Gründe gestützt und sich mit der aktuellen Gefährlichkeit des Klägers im Sinne einer Wiederholungsgefahr nicht auseinandergesetzt. 122Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach Art. 14 ARB 1/80 sind aber ausschließlich spezialpräventive Erwägungen zulässig. 123EuGH, Urteil v. 18.07.2007 - C-325/05 - (Derin), BVerwG, Urteil v. 02.09.2009 - 1 C 2.09 – 124Unzulässig ist es, die Ausweisung tragend oder auch nur mittragend auf andere als in der persönlichen Gefährlichkeit des Ausländers liegende sog. generalpräventive Erwägungen zu stützen. 125BVerwG, Urteil v. 06.10.2005 - 1 C 5.04 - ; BVerwG, Urteil v. 02.09.2009 - 1 C 2.09 - 126Denn das Unionsrecht lässt eine Ausweisung ausnahmslos nur aus spezialpräventiven Gründen zu, d.h. zum Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, die von dem einzelnen Ausländer persönlich ausgehen, nicht aber zur - auch nur "ergänzend" oder sekundär als Nebenzweck verfolgten - (generalpräventiven) Abschreckung anderer Ausländer. 127BVerwG, Urteil v. 06.10.2005 - 1 C 5.04 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 07.03.2012 - 11 S 3269/11 – 128Auch dies führt zur Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung der Beklagten. Eine Heilung durch das Nachschieben von Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO ist nicht möglich, da ein Ermessensausfall vorliegt, also schon begrifflich keine Ergänzung vorliegen kann. 129Demzufolge sind auch die Abschiebungsandrohung und die Befristungsentscheidung rechtswidrig. Über den Hilfsantrag war nicht mehr zu entscheiden. 130Die Berufung war nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. 131Grundsätzliche Bedeutung weist eine Rechtsstreitigkeit auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf. 132BVerfG, NVwZ-RR 2011, 964 133Die Entscheidung muss aus Gründen der Rechtssicherheit, der Einheit der Rechtsordnung oder der Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse liegen, was dann zutrifft, wenn die klärungsbedürftige Frage mit Auswirkung über den Einzelfall hinaus in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden kann. 134OVG Hamburg, NVwZ-RR 2012, 104 135Vorliegend ist bislang nicht abschließend geklärt, wie der Verlusttatbestand hinsichtlich der assoziationsrechtlichen Privilegierung nach dem ARB 1/80 „für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe das Gebiet eines Mitgliedsstaates verlassen“ auszufüllen ist. Höchstrichterlich geklärt ist lediglich, dass ab einem Auslandaufenthalt von einem Jahr – sofern keine berechtigten Gründe vorliegen - eine Indizwirkung für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes und damit das Erlöschen des assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts besteht. Unklar ist bislang, unter welchen Umständen bei einem kürzeren Auslandsaufenthalt als einem Jahr das „assoziationsrechtliche Band zerschnitten“ wird, wie in diesen Fällen die Darlegungslast verteilt ist, ob eine Mindestaufenthaltsdauer im Ausland erforderlich ist, es auf eine objektive Betrachtungsweise oder die Motivationslage des Betroffenen ankommt, auf welchen Zeitpunkt hinsichtlich des Rechtsverlustes abzustellen ist und ob sich eine Änderung der Motivationslage oder der objektiven Betrachtung während des Auslandsaufenthalts auswirkt, mithin ob auch bei nur kurzfristigen Auslandaufenthalten von z.B. wenigen Wochen bei einer zunächst objektiv und subjektiv eindeutigen Verlagerung des Lebensmittelpunktes ins Ausland und späterer Revidierung dieser Entscheidung ein Verlust des Aufenthaltsrechts eintritt. 136Diese Rechtsfrage ist im konkreten Fall auch entscheidungserheblich, da - sofern man bei dem hier vorliegenden Auslandsaufenthalt ohne berechtigte Gründe von ca. 10 Monaten von einem Verlust des Assoziations-Aufenthaltsrechts ausgehen wollte –die Ausweisung nach nationalem Recht (§ 53 AufenthG) ohne Ermessen als Ist-Ausweisung erfolgen müsste und wegen des Verlustes der Niederlassungerlaubnis des Klägers nach § 51 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 1 AufenthG auf Grund des Auslandsaufenthalts auch keine Abstufung auf eine Regelausweisung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG zu erfolgen hätte mit der Folge, dass die Ordnungsverfügung – auch mit generalpräventiver Begründung - rechtmäßig wäre. 137Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die ordnungsverfügung der beklagten vom 06. november 2014 wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. die berufung wird zugelassen. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagten wird nachgelassen, die vollstreckung durch hinterlegung oder sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der kläger zuvor sicherheit in gleicher höhe geleistet hat. 1 | 2der am 00.00.0000 geborene kläger wehrt sich gegen seine ausweisung aus dem bundesgebiet. 3der ledige kläger ist türkischer staatsangehöriger und hat keine kinder. er reiste am 27.09.1980 als kind sozialversicherungspflichtiger türkischer arbeitnehmer im alter von 10 jahren ins bundesgebiet ein und hält sich seitdem – unterbrochen durch eine ca. 10‑monatige ausreise im jahr 2012, s.u.,- im inland auf. seine eltern waren in deutschland mehr als drei jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt. er hat zwei ältere geschwister, die schwester lebt in e. , der bruder in der türkei. sein vater starb 0000. seine mutter lebt überwiegend in deutschland. 4der kläger erhielt beginnend mit dem 31.01.1986 wiederholt aufenthaltserlaubnisse und am 16.10.1992 eine unbefristete aufenthaltserlaubnis. 5er besuchte in e. ab der 4. klasse eine schule bis zum hauptschulabschluss 1987. über eine abgeschlossene berufsausbildung verfügt er nicht. seinen berufswunsch kfz-mechaniker konnte er nicht verwirklichen, da er keine lehrstelle fand. eine im august 1987 begonnene berufsausbildung als stahlbetonbauer brach er im juni 1988 ab, danach war er zunächst arbeitslos. anschließend übte er nur noch helfertätigkeiten aus, so nahm er eine tätigkeit in der flughafengastronomie auf, die er aber selbst wieder kündigte, da ihm der verdienst zu gering war. von mitte januar 1993 bis ende juni 1993 war er im rahmen einer arbeitsbeschaffungsmaßnahme als transporthelfer beschäftigt. dieses arbeitsverhältnis wurde von arbeitgeberseite gekündigt, da der kläger wegen drogenkonsums weitgehende krankheitsbedingte fehlzeiten aufwies. 6ca. 1988, mithin ab einem alter von etwa 18 jahren, begann der kläger durchgehend bis 2013 cannabis zu rauchen, dabei verbrauchte er zuletzt ungefähr 2 g täglich. in den jahren 1992/ 1993 konsumierte er über einen zeitraum von ca. 6 monaten heroin in einer menge von 2-4 g täglich, bevor er zu hause einen „kalten entzug“ durchführte. von 2009 bis 2013 nahm er neben cannabis auch kokain (ca. 2-3 g täglich). 7während seines aufenthalts im bundesgebiet trat der kläger strafrechtlich in erscheinung. 8mit urteil des amtsgerichts e. vom 25.04.1988 (46 js 129/88) erhielt er wegen diebstahls neben einer verwarnung eine richterliche weisung. 9mit urteil des landgerichts e. vom 16.05.1994 (54 js 184/93) wurde er wegen gemeinschaftlichen handeltreibens mit betäubungsmitteln in nicht geringer menge zu einer freiheitsstrafe von 3 jahren verurteilt. er hatte zusammen mit drei mittätern seit 1992 eine teestube („q. -t. “) in der c.------straße 00 in e. -i. betrieben und dort spätestens seit august 1992 bis zur schließung der „q. -t. “ mitte april 1993 gewerbsmäßig mit mindestens 431 g heroin gehandelt. der kläger selbst hatte das heroin, das bereits von unterer güte war, nochmals mit derselben menge streckmittel gestreckt und zum verkauf abgepackt. neben dem eigenkonsum verkaufte er zusammen mit seinen mittätern über einen zeitraum von 7 ½ monaten den überwiegenden teil in der teestube, aber auch im nahegelegenen q1. und auf dem angrenzenden spielplatz, später nur noch im park und auf dem spielplatz. den gewinn teilte er sich mit seinen mittätern. am 31.08.1995 wurde er nach verbüßung von 2/3 seiner strafe auf bewährung aus der haft entlassen und die vollstreckung der restfreiheitsstrafe zur bewährung (bewährungszeit 3 jahre) ausgesetzt. am 29.05.1999 wurde der strafrest erlassen. 10mit schreiben vom 27.10.2000 verwarnte ihn der beklagte wegen der vorangegangenen straftaten ausländerrechtlich. 11in der folgezeit machte sich der kläger erneut strafbar. 12so wurde er am 01.02.2007 wegen unerlaubter einfuhr von betäubungsmitteln per strafbefehl des amtsgerichts h. (101 js 28/07) zu einer geldstrafe von 30 tagessätzen verurteilt, da er aus den niederlanden 2,8 g marihuana eingeführt hatte. 13das landgerichts e. verurteilt ihn am 06.06.2013 (152 js 831/11-3/13) wegen unerlaubten handeltreibens mit betäubungsmitteln in nicht geringer menge in sechs fällen (verkauf von mindestens 36,6 kg marihuana im zeitraum vom 23.01.2012 bis 10.02.2012) zu einer gesamtfreiheitsstrafe von 5 jahren und 6 monaten und ordnete an, dass er nach einer strafvollstreckung von 9 monaten in einer erziehungsanstalt untergebracht werden solle. zu gunsten des klägers berücksichtigte das landgericht, dass er ein geständnis abgelegt hatte, sich freiwillig gestellt hatte und mit den taten auch seine eigene drogenabhängigkeit hatte finanzieren wollen. zu seinen lasten wurde berücksichtigt, dass es sich um eine vielzahl von taten innerhalb eines kurzen zeitraums gehandelt hatte, der kläger maßgeblich an der organisation des vertriebs und am gewinn beteiligt war und die betäubungsmittelmengen sehr groß waren. 14der verurteilung vom 06.06.2013 lag folgendes geschehen zu grunde:der kläger hatte am 20.12.2009 räumlichkeiten in e. zum betrieb einer schankwirtschaft angemietet und dort eine türkische teestube „b. “ eröffnet, die tatsächlich ab einem nicht mehr feststellbaren zeitpunkt umfunktioniert wurde und zusammen mit mehreren mittätern zum verkauf von marihuana diente. das marihuana wurde durch mittäter aus den niederlanden eingeführt. der kläger leitete den verkauf, indem er andere personen zum verkauf einsetzte, und verkaufte auch selbst das in beutel von 0,7 g (10,- €), 2,1 g (25,- €) und 4,2 g (50,- €) abgepackte marihuana an die kunden. auf diese weise wurden in der teestube zwischen dem 23.01.2012 und 10.02.2012 mindestens 36,6 kg marihuana verkauft. den gewinn teilte er sich mit seinen mittätern, er selbst erwirtschaftete so monatlich ca. 20.000 €. er beging die taten zum einen zur finanzierung seines eigenen drogenkonsums als auch zur schaffung einer einnahmequelle. 15nachdem am 10.02.2012 die mittäter des klägers von der polizei festgenommen worden waren, flüchtete dieser in die türkei. in seinem pass findet sich ein ausreisestempel der niederlande vom 13.02.2012 und ein einreisestempel in die türkei vom 14.02.2012. am 27.12.2012 erfolgte die wiedereinreise in die niederlande. danach, spätestens im januar 2013, reiste er wieder nach deutschland ein und stellte sich am 17.01.2013 freiwillig den deutschen behörden. der aufenthalt im ausland betrug somit mindestens 10 ½ monate. 16mit schreiben vom 24.07.2013 teilte die beklagte dem kläger mit, dass sie auf grund der begangenen straftaten ein verfahren zur prüfung ausländerrechtlicher maßnahmen gegen ihn einleite. der kläger erhielt bis zum 06.09.2013 gelegenheit, gründe für eine prognose für ein zukünftiges straffreies leben vorzubringen. hierzu brachte er mit anwaltlichem schriftsatz vom 27.08.2013 vor, er habe ein assoziationsfreizügigkeitsrecht nach art 7 arb 1/80 und sein aufenthaltsrecht sei durch die niederlassungserlaubnis unbefristet. er habe fast sein ganzes bewusstes leben in deutschland verbracht und eine gegenwärtige schwerwiegende gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung ginge nicht von ihm aus, da es zu den straftaten nur auf grund seiner drogensucht gekommen sei. er werde gemäß der anordnung der strafkammer ab dem 16.10.2013 eine suchttherapie antreten. es sei daher verhältnismäßig abzuwarten, ob die therapie erfolgreich durchgestanden werde und die maßregelanstalt nach beendigung der therapie eine wiederholungsgefahr von straftaten verneine. 17der kläger befindet sich seit dem 17.10.2013 in der maßregelvollzugsbehandlung, zunächst im o. -therapiezentrum in e. und seit dem 30.10.2013 zwecks tätertrennung im m. -therapiezentrum für forensische psychiatrie n. . der halbstrafentermin ist auf den 17.10.2015 datiert, der 2/3-termin auf den 16.09.2016, die höchstfrist ist am 18.09.2018 erreicht. 18eine dort gefertigte stellungnahme für die staatsanwaltschaft e. vom 12.03.2014 berichtet über gravierende regelüberschreitungen. so habe der kläger über mehrere wochen mit mitpatienten unerlaubt um sachwerte gespielt, auch die einhaltung von rauchverboten habe ihm längere zeit probleme bereitet. es sei aber ein zunehmendes bemühen um regelkonformes verhalten zu konstatieren. er habe einen ernsthaft wirkenden einstieg in die bearbeitung seiner sucht- und deliktsentwicklung getätigt. die entwicklung einer legalen lebensperspektive stehe aber noch aus. im behandlungsverlauf seien alle drogenscreenings unauffällig gewesen. insgesamt sei die behandlungsprognose noch als unsicher einzustufen, auch das eruieren der hinsichtlich sucht und delikt handlungsleitenden motivationalen hintergründe sowie die therapeutische bearbeitung der damit zusammenhängenden spezifischen defizite benötige einer längerfristigen aufarbeitung. die sozial- und legalprognose könne daher noch nicht als günstig beurteilt werden. 19nach einer weiteren stellungnahme des m. -therapiezentrums vom 19.08.2014 an die staatsanwaltschaft e. werde die behandlungsprognose noch immer als unsicher und die sozial- und legalprognose als noch nicht günstig eingestuft. die chronizität der suchtentwicklung, die langjährige verstrickung in subkulturen sowie die begrenzte introspektionsfähigkeit bedingten eher langsame therapiefortschritte. das eruieren und modifizieren der hinsichtlich sucht- und deliktsentwicklung handlungsleitenden motivationalen hintergründe bedürfe noch einer längerfristigen aufarbeitung. allerdings betone der kläger durchgängig seine behandlungsbereitschaft und alle drogenscreenings im bisherigen behandlungsverlauf seien unauffällig gewesen. stabilisierende und wichtige außenkontakte bestünden zu seiner herkunftsfamilie und seiner lebensgefährtin. 20mit schreiben vom 03.09.2014 wies die beklagte den kläger auf die von ihr beabsichtigte ausländerrechtliche maßnahme hin und gab ihm gelegenheit zur äußerung. hierzu führte der bevollmächtigte des klägers mit schriftsatz vom 13.10.2014 aus, eine entscheidung über die beendigung des aufenthalts müsse sich an art 14 arb 1/80 messen lassen, da er rechte aus art 7 arb 1/80 herleiten könne. diese rechte seien auch nicht durch die 10-monatige flucht ins ausland erloschen. er habe die letzten 34 jahre seines lebens im bundesgebiet verbracht und habe hier freunde und familie, eine ausweisung sei an art. 8 emrk zu messen und nur im ermessenswege möglich. er habe sich nur zur finanzierung seiner drogenabhängigkeit auf rauschgiftgeschäfte eingelassen, die drogenabhängigkeit werde aber seit einem jahr im maßregelvollzug therapiert, der bisherige therapieverlauf gebe anlass zur annahme, dass er zukünftig drogenfrei leben könne. es solle daher abgewartet werden, wie die psychologischen sachverständigen nach therapieabschluss die wiederholungsgefahr für straftaten bewerten würden. da im rahmen der maßregel derzeit keine gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung von ihm ausgehen könne, sei es momentan unverhältnismäßig, eine ausweisung zu verfügen. 21mit ordnungsverfügung vom 06.11.2014 wies die beklagte den kläger aus dem bundesgebiet aus (nr. 1) und drohte ihm die abschiebung (ggf. aus dem maßregelvollzug) in die türkei oder einen anderen staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner übernahme verpflichtet ist, an (nr. 2a, b). die wirkung der ausweisung wurde auf acht jahre befristet (nr. 3). für die bearbeitung des antrags setzte die beklagte eine gebühr von 30,- € fest (nr. 4). wegen der einzelheiten wird auf die eingehend begründete ordnungsverfügung verwiesen. 22dort heißt es u.a. zur begründung der ausweisung, der kläger habe durch den mindestens 10-monatigen aufenthalt in der türkei seine rechte aus art. 7 arb 1/80 verloren. seine niederlassungserlaubnis sei nach § 51 abs.1 nr. 6, abs. 2 satz 1 aufenthg erloschen, da er aus einem seiner natur nach nicht vorübergehenden grund für einen nicht unerheblichen zeitraum von mindestens 6 monaten ausgereist und der lebensunterhalt im rahmen einer prognoseentscheidung für den erneuten aufenthalt im bundesgebiet nicht sichergestellt sei. es sei nichts dafür ersichtlich, dass der kläger 6 monate nach seiner ausreise über eigenes einkommen oder vermögen zur ausreichenden deckung seines lebensunterhalts verfügt habe. seine erneute einreise in das bundesgebiet sei daher unerlaubt gewesen.die voraussetzungen für eine zwingende ausweisung nach § 53 abs. nr. 1 und nr. 2 aufenthg lägen wegen der strafrechtlichen verurteilungen vor. ermessen sei nicht zu betätigen.ein besonderer ausweisungsschutz nach § 56 aufenthg sei nicht einschlägig. der kläger habe seine niederlassungerlaubnis durch die flucht in die türkei verloren, die tatsache, dass er sich seit 34 jahren im bundesgebiet aufhalte, vermittle keinen besonderen ausweisungsschutz.die zwingende ausweisung genüge auch dem verhältnismäßigkeitsmaßstab des art 8 emrk. der schutzbereich sei bereits nicht eröffnet. die ausweisung stelle auch eine generalpräventive maßnahme dar, um andere ausländer vor gleichartigen verstößen abzuschrecken. der kläger habe sich über bestimmungen hinweggesetzt, die unmittelbar dem schutz und der gesundheit und der körperlichen unversehrtheit des einzelnen dienten, er sei nicht bereit, die rechtsordnung der bundesrepublik zu beachten. die dadurch eingetretene störung und die künftige beeinträchtigung der öffentlichen sicherheit und ordnung könne nur durch eine ausweisung beseitigt werden. hilfsweise (für den fall der eröffnung des schutzbereichs des art. 8 emrk) sei art. 8 emrk jedenfalls nicht verletzt, so dass eine ausweisung auch den maßstäben des art. 8 emrk im ermessenswege genüge. der kläger sei zwar sprachlich integriert, eine wirtschaftliche integration sei jedoch nicht erfolgt, da ihm die aufnahme einer langfristigen und nachhaltigen erwerbstätigkeit nicht gelungen sei. familiäre bindungen bestünden nur zur mutter, auch eine soziale integration sei auf grund der wiederholten begehung von straftaten nicht gegeben.ebenso seien art. 6 und 3 gg nicht verletzt. 23auch das europäische niederlassungsabkommen hemme die ausweisung nicht, da sie aus spezialpräventiven gründen erfolge und die begangenen straftaten besonders schwerwiegend im sinne dieses abkommens seien. 24die bemessung einer befristung der ausweisung auf 8 jahre sei unter berücksichtigung der umstände des einzelfalls (nicht als ermessensentscheidung) angemessen. 25mit schriftsatz vom 02.12.2014 hat der kläger die vorliegende klage erhoben, mit der er sich gegen die ordnungsverfügung wendet. 26er führt dazu aus, für ihn gelte assoziationsrecht, weil das assoziationsrecht nicht erloschen sei, auch seine niederlassungserlaubnis bestehe fort. der schutzbereich des art. 8 emrk sei eröffnet, so dass eine ausweisungsentscheidung nur als ermessensentscheidung zulässig sei. 27seine rechte aus art 7 arb 1/80 seien nicht nach art 14 arb 1/80 erloschen, da er nicht ohne berechtigte gründe für einen nicht unerheblichen zeitraum das bundesgebiet verlassen habe. vielmehr lägen berechtigte gründe vor, die anzunehmen seien, wenn der auslandsaufenthalt ausdruck allgemein üblicher sozialtypischer verhaltensweisen sei; dass ein straftäter versuche, sich der strafverfolgung zu entziehen, sei aber sozialtypisch.auch die niederlassungserlaubnis sei nicht nach § 51 abs. 2 aufenthg erloschen, da im zeitpunkt des verlassens des bundesgebietes sein lebensunterhalt durch das vorherige betreiben der teestube gesichert gewesen sei, er habe sogar genügend mittel für seine 10-monatige flucht gehabt. demzufolge genieße er besonderen ausweisungsschutz nach § 56 abs. 1 nr.1 aufenthg. 28auch sei der schutzbereich des art 8 emrk eröffnet. er habe in deutschland seinen freundes- und bekanntenkreis, seine familie und seine lebensgefährtin seien in deutschland und er sei auch durch den selbständigen betrieb der teestube wirtschaftlich integriert, da diese seinen lebensunterhalt sichere. in der türkei habe er keine perspektive, dort finde er sich nicht zurecht und könne sich kein leben aufbauen.insgesamt sei eine ausweisung daher nur im ermessenswege möglich. 29der kläger beantragt, 301.31die ordnungsverfügung des beklagten vom 06.11.2014 aufzuheben, 2.32hilfsweise, die befristung der wirkung der ausweisung unter entsprechender aufhebung der ordnungsverfügung vom 06.11.2014 auf null zu reduzieren. 33die beklagte beantragt, 34 die klage abzuweisen. 35zur begründung verweist sie auf die ausführliche begründung in ihrer ordnungsverfügung und führt ergänzend aus, es könne dahinstehen, ob der kläger während des betreibens der teestube ausreichende einkünfte erzielt habe und daraus während seiner flucht den lebensunterhalt habe sicherstellen können, da die maßgeblichen einnahmen vor allem aus dem nachgewiesenen handel mit betäubungsmitteln erzielt worden seien. 36eine nach ergehen der streitgegenständlichen ordnungsverfügung gefertigte weitere stellungnahme aus dem maßregelvollzug des m. -therapiezentrums n. vom 13.03.2015 stuft die behandlungsprognose des klägers weiterhin als unsicher und auch die sozial- und legalprognose als ungünstig ein. zwar sei es dem kläger zunehmend gelungen, emotionen zuzulassen und sich nicht mehr selbst zu inszenieren, sondern sich seiner hilflosigkeit und seines scheiterns bewusst zu werden sowie die motivationalen hintergründe seiner sucht- und deliktsentwicklung aufzudecken, er habe aber weiterhin große schwierigkeiten, legale alternativen zu generieren. durch die vorhandene defizitäre selbstbeobachtungsfähigkeit fiele es ihm weiterhin sehr schwer, funktionale ansatzpunkte für eine stabilisierende und legale modifikation seiner persönlichkeit zu eruieren. sämtliche drogenscreenings seien aber unauffällig gewesen. 37in der aktuellen stellungnahme des m. -therapiezentrums n. vom 10.09.2015 wird die behandlungsprognose nunmehr als vorsichtig positiv eingestuft. der kläger sei zwar weiterhin in seiner selbstbeobachtungsfähigkeit eingeschränkt und bedürfte zur selbstkritischen auseinandersetzung einer intensiven spiegelung durch sein gegenüber. er zeige jedoch eine ersichtliche therapiemotivation. seit dem 13.08.2015 sei dem kläger begleiteter ausgang zugesprochen worden, den er bislang absprachefähig und zuverlässig genutzt habe. im therapieverlauf habe er im berichtszeitraum lediglich einmal im stationären setting und einmal in der arbeitstherapie gegen akzeptable umgangsformen verstoßen und sei beleidigend geworden. die arbeitstherapie erfülle der kläger zuverlässig. dysfunktionale entwicklungen in der interaktion mit seiner lebensgefährtin thematisiere er offen, was eine hohe relevanz für seine abstinenz habe. in der vergangenheit habe es immer einen engen zusammenhang zwischen auftretenden beziehungsproblemen und der verschlechterung des suchtmittelkonsums gegeben. zumindest unter den beschützenden bedingungen der gesicherten unterbringung im maßregelvollzug habe der kläger seine probleme so handhaben können, dass er nicht von einem relevanten suchtdruck berichtet habe. sämtliche drogenscreenings im bisherigen behandlungsverlauf seien unauffällig gewesen.die sozial- und legalprognose müsse aber derzeit noch als ungünstig beurteilt werden, da die beurteilungsgrundlage primär auf dem auftreten des klägers im gesicherten innenbereich fuße und eine längerfristige erprobung im außenbereich noch ausstehe. 38mit schreiben vom 26.10.2015 begründet die beklagte eine ermessensentscheidung hinsichtlich der befristung des durch die ausweisungsentscheidung entstandenen einreise- und aufenthaltsverbots. hierzu führt sie aus, sie halte auch aktuell eine frist von 8 jahren für ermessensgerecht. zwar sei der kläger therapiefähig und motiviert, auch seien alle drogenscreenings nach erlass der streitgegenständlichen ordnungsverfügung unauffällig gewesen und der kläger habe sich bei den begleiteten ausgängen verlässlich gezeigt. andererseits sei weiterhin eine eingeschränkte introspektionsfähigkeit zu konstatieren und es sei schwierig für ihn, legale alternativen zu regenerieren, welche die früheren illegalen möglichkeiten der selbstinszenierung und selbsterhöhung unnötig machen würden. daraus sei zu folgern, dass der kläger nicht in der lage sei, sein selbstbewusstsein über persönliche beziehungen zu steigern und dass die früheren illegalen handlungen im zusammenhang mit betäubungsmitteln die einzige möglichkeit zur selbstinszenierung und stärkung seines selbstwertgefühls seien. ein positiver einfluss seines persönlichen umfeldes sei nicht ersichtlich, eine enge familiäre bindung zu seiner familie und zu seiner lebensgefährtin nicht erkennbar; insofern sei es unverständlich, dass der kläger in seinem umfeld bleiben wolle. sein handeln sei ausschließlich von dem zweck geprägt, einen verbleib im bundesgebiet zu erreichen und müsse daher als verfahrensangepasste äußerung betrachtet werden. es bestehe kein zweifel, dass von ihm weiterhin eine schwerwiegende gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung ausgehe, so dass eine befristung von 8 jahren nach erfolgter ausreise angemessen sei. 39der kläger ist in der mündlichen verhandlung zu den umständen seines türkei-aufenthalts angehört worden. wegen des ergebnisses wird auf das protokoll bezug genommen. 40wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie die beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten, die unterlagen des m. therapiezentrums n. , das vollstreckungsheft 152 js 831/11 und die beigezogenen strafakten 152 js 831/11 sowie die gefangenenpersonalakte aus der jva f. verwiesen. 41 | 42die als anfechtungsklage gegen die ausweisungsverfügung zulässige klage ist begründet. 43die angefochtene ordnungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 44die ausweisung des klägers ist wegen ermessensausfalls und ihre auch generalpräventiven begründung rechtswidrig. 45für die beurteilung der rechtmäßigkeit einer ausweisung ist nach der änderung der ursprünglich auf die letzte behördenentscheidung abstellenden rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts in folge des inkrafttretens des richtlinienumsetzungsgesetzes vom 19. august 2007 (bgbl. i 2007, 1970) nunmehr bei allen ausländern einheitlich die sach- und rechtslage im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung oder entscheidung des tatsachengerichts maßgeblich. 46vgl. bverwg, urteil vom 15. november 2007 - 1 c 45.06 -, infauslr 2008, 156. 47als rechtsgrundlage für die ausweisungsverfügung gegen den kläger kommt allein § 55 abs. 1 aufenthg i.v.m. art. 14 abs. 1 des beschlusses nr. 1/80 des assoziationsrates ewg/türkei über die entwicklung der assoziation vom 19. september 1980 (arb 1/80) in betracht. 48in anwendung von art. 14 abs. 1 arb 1/80 kann der kläger nur im ermessenswege ausgewiesen werden. 49vgl. eugh, urteil vom 8. dezember 2011 – c-371/08 -, ziebell , juris; bverwg, urteile vom 10. juli 2012 – 1 c 19/11 , 13. dezember 2012 – 1 c 20.11 -, 15. januar 2013 – 1 c 10/12 – und 14. mai 2013 – 1 c 13/12 –, jeweils juris; hierbei kann derzeit offenbleiben, ob dies nach inkrafttreten der §§ 53 – 56 aufenthg n.f. am 1. januar 2016 noch gelten kann, wenn man davon ausgeht die neuregelung des ausweisungsrechts biete keine ermächtigungsgrundlage für eine ermessensentscheidung (a.a. marx, zur reform des ausweisungsrechts, zar 2015, 245). es spricht allerdings viel dafür, dass die verortung als nationale ermächtigungsgrundlage für ausweisungen assoziationsberechtigter personen nach dem arb 1/80 im § 55 aufenthg a.f. lediglich der ermöglichung einer einzelfallentscheidung unter berücksichtigung der gesamtumstände des einzelfalles und wahrung der verhältnismäßigkeit diente, die auch ohne eröffnung eines ermessens nach §§ 53 – 56 aufenthg n.f. möglich und – nach fassung der tatbestände - auch geboten sein wird. 50zur bestimmung des umfangs der in art. 14 abs. 1 arb 1/80 enthaltenen schranke der öffentlichen ordnung ist nach aufhebung des art. 3 der richtlinie 64/221/ewg nunmehr auf art. 12 daueraufenthaltsrichtlinie 51richtlinie 2003/109/eg des rates vom 25. november 203 betreffend die rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten drittstaatsangehörigen, abl. nr. l 16, s. 44, nachfolgend: daueraufenthaltsrichtlinie 52zurückzugreifen. danach können assoziationsrechtlich privilegierte türkische staatsangehörige nur ausgewiesen werden, wenn ihr persönliches verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere gefahr für ein grundinteresse der gesellschaft der bundesrepublik deutschland darstellt und die maßnahme zur wahrung dieses interesses unerlässlich ist, 53vgl. eugh, a.a.o., rn. 75 ff.; bverwg, urteil vom 10. juli 2012 – 1 c 19.11 –, juris rn. 14); ovg nrw, urteil vom 22. märz 2012 – 18 a 951/09 –, juris rn. 60 ff.. 54die ausweisungsentscheidung der beklagten ist - vor diesem rechtlichen hintergrund – rechtswidrig, da die beklagte das ihr zustehende ermessen nicht erkannt und von einer zwingenden ausweisung ausgegangen ist. 55die anwendung des art. 14 abs. 1 arb 1/80 setzt voraus, dass der kläger zum begünstigen personenkreis des art. 6, 7 arb 1/80 gehört. 56dies ist der fall. 57der kläger hat ein assoziationsrecht nach art. 7 satz 1 arb 1/80 erworben. er ist im alter von 10 jahren als sohn eines nach deutschland gezogenen türkischen arbeitnehmers in die bundesrepublik eingereist und hatte in e. mehr als fünf jahre lang seinen ordnungsgemäßen wohnsitz. damit erfüllt er die voraussetzungen des art. 7 satz 1 1. und 2. spiegelstrich arb 1/80. 58der kläger hat diese assoziationsrechtliche rechtsposition nach art. 7 arb 1/80 auch nicht durch die 10 ½ monate dauernde flucht in die türkei verloren. 59nach der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union (eugh) können aus art. 7 arb 1/80 erwachsene rechte nur unter zwei voraussetzungen beschränkt werden: entweder stellt die anwesenheit des türkischen wanderarbeitnehmers im hoheitsgebiet des aufnahmemitgliedstaates wegen seines persönlichen verhaltens eine tatsächliche und schwerwiegende gefahr für die öffentliche ordnung, sicherheit oder gesundheit im sinne von art. 14 abs. 1 arb 1/80 dar, oder der betroffene hat das hoheitsgebiet dieses staates für einen nicht unerheblichen zeitraum ohne berechtigte gründe verlassen. 60vgl. eugh, urteile vom 16. märz 2000 - c-329/97 [ecli:eu:c:2000:133], ergat - rn. 45, 46 und 48 und vom 8. dezember 2011 - c-371/08 [ecli:eu:c:2011:809], ziebell - rn. 49 61dabei ist grundsätzlich vom abschließenden charakter dieser beiden verlustgründe auszugehen. 62bverwg, urteile vom 9. august 2007 - 1 c 47.06 - bverwge 129, 162 rn. 15 und vom 30. april 2009 - 1 c 6.08 - bverwge 134, 27 rn. 24 63da die erste variante gegenstand der streitgegenständlichen ausweisung und erst in diesem rahmen zu prüfen ist, kommt lediglich die zweite variante in betracht, nämlich, ob der kläger das bundesgebiet für einen nicht unerheblichen zeitraum ohne berechtigte gründe verlassen hat. 64der gerichtshof hat zur auslegung dieses verlustgrundes in der sache ergat, 65eugh, urteil vom 16. märz 2000 - c-329/97 [ecli:eu:c:2000:133] - rn. 48) 66auf sein urteil in der sache 67kadiman (eugh, urteil vom 17. april 1997 - c-351/95 [ecli:eu:c:1997:205], kadiman - rn. 48, 68verwiesen. jener entscheidung lag ein fall zugrunde, in dem der ehemann seiner frau während eines urlaubs in der türkei den reisepass entwendet hatte, so dass sie erst nach fünf monaten in das bundesgebiet zurückkehren konnte. der gerichtshof hat im zusammenhang mit dem anspruchsbegründenden drei-jahres-zeitraum des art. 7 satz 1 erster spiegelstrich arb 1/80 ausgeführt, dass kurzzeitige unterbrechungen der lebensgemeinschaft zwischen familienangehörigem und stammberechtigtem, die ohne die absicht erfolgen, den gemeinsamen wohnsitz im aufnahmemitgliedstaat in frage zu stellen, den zeiten gleichzustellen seien, während der der betroffene familienangehörige tatsächlich mit dem türkischen arbeitnehmer zusammengelebt habe. erst recht habe dies für einen kürzeren als sechsmonatigen aufenthalt des betroffenen in seinem heimatland zu gelten, wenn dieser aufenthalt nicht von seinem eigenen willen abhängig gewesen sei. diese ausführungen gelten - wie aus dem verweis des gerichtshofs in der sache ergat ersichtlich - entsprechend für den verlust der assoziationsrechtlichen stellung bei der prüfung, ob ein familienangehöriger den mitgliedstaat für einen nicht unerheblichen zeitraum ohne berechtigte gründe verlassen hat. 69bverwg, urteil vom 30. april 2009 - 1 c 6.08 - bverwge 134, 27 rn. 26; bverwg, urteil vom 25.03.2015, 1 c 19/14 70im übrigen ist das verständnis dieses erlöschensgrundes vom ziel und zweck des art. 7 arb 1/80 her zu bestimmen. nach der rechtsprechung des gerichtshofs dient das system des schrittweisen erwerbs von rechten aus art. 7 abs. 1 arb 1/80 zwei zwecken: zum einen sollen familienangehörige des wanderarbeitnehmers bis zum ablauf des ersten zeitraums von drei jahren die möglichkeit erhalten, bei diesem zu leben, um so durch familienzusammenführung die beschäftigung und den aufenthalt des türkischen arbeitnehmers, der sich bereits ordnungsgemäß in den aufnahmemitgliedstaat integriert hat, zu begünstigen. zum anderen soll die vorschrift eine dauerhafte eingliederung der familie des türkischen wanderarbeitnehmers im aufnahmemitgliedstaat fördern, indem dem familienangehörigen nach drei jahren ordnungsgemäßen wohnsitzes selbst der zugang zum arbeitsmarkt ermöglicht wird. hauptzweck ist also, die stellung des familienangehörigen, der sich in dieser phase bereits ordnungsgemäß in den aufnahmemitgliedstaat integriert hat, dadurch zu festigen, dass er die mittel erhält, dort selbst seinen lebensunterhalt zu verdienen und sich folglich eine gegenüber der stellung des wanderarbeitnehmers selbständige stellung aufzubauen. 71eugh, urteile vom 22. juni 2000 - c-65/98 [ecli:eu:c:2000:336], eyüp - rn. 26; vom 11. november 2004 - c-467/02 [ecli:eu:c:2004:708], cetinkaya - rn. 25 und vom 29. märz 2012 - c-7/10 und c-9/10 [ecli:eu:c:2012:180], kahveci und inan - rn. 33 72art. 7 abs. 1 arb 1/80 zielt demzufolge nach der rechtsprechung des gerichtshofs darauf ab, das assoziationsrechtliche aufenthaltsrecht nach seiner entstehung aus der abhängigkeit von der beschäftigungsbezogenen rechtsstellung des stammberechtigten zu lösen und dem familienangehörigen zum zwecke der integration im mitgliedstaat eine autonome rechtsposition zu verschaffen. 73eugh, urteil vom 7. juli 2005 - c-373/03 [ecli:eu:c:2005:434], aydinli - rn. 23; allgemein urteil vom 18. juli 2007 - c-325/05 [ecli:eu:c:2007:442], derin - rn. 53 und 71; bverwg, urteil vom 9. august 2007 - 1 c 47.06 - bverwge 129, 162 rn. 16; bverwg, urteil vom 25.03.2015, 1 c 19/14 74mit blick auf dieses regelungsziel kommt es im falle eines längeren auslandsaufenthalts des assoziationsberechtigten türkischen staatsangehörigen unter bewertung aller umstände des einzelfalles für die frage, ob er das bundesgebiet für einen nicht unerheblichen zeitraum ohne berechtigte gründe verlassen hat, maßgeblich darauf an, ob er seinen lebensmittelpunkt aus deutschland wegverlagert hat. dabei stehen das zeitliche moment und die gründe für das verlassen des bundesgebiets nicht isoliert nebeneinander; vielmehr besteht zwischen ihnen ein zusammenhang: je länger der betroffene sich im ausland aufhält, desto eher spricht das dafür, dass er seinen lebensmittelpunkt in deutschland aufgegeben hat. ab einem auslandsaufenthalt von ungefähr einem jahr müssen gewichtige anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sein lebensmittelpunkt noch im bundesgebiet ist. 75zur weiteren konkretisierung dieses erlöschensgrundes kann nicht im sinne eines notwendigen mindestzeitraums auf art. 16 abs. 4 der richtlinie 2004/38/eg des europäischen parlaments und des rates vom 29. april 2004 über das recht der unionsbürger und ihrer familienangehörigen, sich im hoheitsgebiet der mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur änderung der verordnung (ewg) nr. 1612/68 und zur aufhebung der richtlinien 64/221/ewg, 68/360/ewg, 72/194/ewg, 73/148/ewg, 75/34/ewg, 75/35/ewg, 90/364/ewg, 90/365/ewg und 93/96/ewg (abl. eg l 158 s. 77, berichtigt abl. eg l 229 s. 35 und abl. eg l 204 s. 28) – nachfolgend: unionsbürgerrichtlinie - zurückgegriffen werden. nach dieser vorschrift führt, wenn das recht auf daueraufenthalt von einem unionsbürger oder seinem familienangehörigen erworben wurde, nur die abwesenheit vom aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende jahre überschreitet, zum rechtsverlust. diese regelung, die nicht nach gründen für die abwesenheit vom aufnahmemitgliedstaat differenziert, kann mit blick auf das besserstellungsverbot des art. 59 des zusatzprotokolls zum assoziierungsabkommen ewg–türkei lediglich als orientierungsrahmen im sinne einer zeitlichen höchstgrenze dienen. 76bverwg, urteil vom 30. april 2009 - 1 c 6.08 - bverwge 134, 27 rn. 27; bverwg, urteil vom 25.03.2015, 1 c 19/14 77die neuere rechtsprechung des gerichtshofs zu art. 14 abs. 1 arb 1/80 als der anderen beschränkung assoziationsrechtlicher aufenthaltsrechte, die seit aufhebung der richtlinie 64/221/ewg nicht art. 28 abs. 3 buchst. a) der unionsbürgerrichtlinie, sondern art. 12 der daueraufenthaltsrichtlinie - als den maßgeblichen unionsrechtlichen bezugsrahmen für die bestimmung des abschiebungsschutzes bei assoziationsberechtigten türkischen staatsangehörigen heranzieht, 78eugh, urteil vom 8. dezember 2011 - c-371/08 [ecli:eu:c:2011:809], ziebell - rn. 62 ff., 79wirkt sich auch auf die bestimmung des zeitlichen rahmens bei dem hier zu prüfenden erlöschensgrund aus. denn die vom gerichtshof im wege des vergleichs von zweck und kontext des assoziierungsabkommens ewg - türkei und der unionsbürgerrichtlinie angeführten erwägungen, das assoziationsabkommen verfolge nur wirtschaftliche zwecke, während die unionsbürgerrichtlinie darüber hinaus die unionsbürgerschaft als grundlegenden status der angehörigen der mitgliedstaaten mit ihrem unmittelbar aus dem vertrag erwachsenden elementaren freizügigkeitsrecht ausforme, sind allgemeiner natur, so dass die ausführungen zur zwecksetzung ebenso für den hier zu prüfenden verlustgrund gelten. erweisen sich aber die rechtsstellung eines assoziationsberechtigten türkischen staatsangehörigen und die wesentlich stärkere stellung eines unionsbürgers nicht als gleichwertig, liegt es auf der hand, dass die - nicht nach gründen für die abwesenheit differenzierende - rechtsvernichtende zweijahresfrist des art. 16 abs. 4 der richtlinie 2004/38/eg jedenfalls nicht als mindestzeitraum für den verlust assoziationsrechtlicher aufenthaltsrechte türkischer staatsbürger herangezogen werden kann. 80bverwg, urteil vom 25.03.2015, 1 c 19/14 81daraus folgt indes nicht gleichsam im gegenschluss, dass art. 9 abs. 1 buchst. c) der daueraufenthaltsrichtlinie entsprechend anzuwenden ist, um den "nicht unerheblichen zeitraum" im sinne der rechtsprechung des gerichtshofs exakt zu fixieren. nach dieser vorschrift ist ein drittstaatsangehöriger nicht mehr berechtigt, die rechtsstellung eines langfristig aufenthaltsberechtigten zu behalten, wenn er sich während eines zeitraums von zwölf aufeinander folgenden monaten nicht im gebiet der gemeinschaft aufgehalten hat. da diese vorschrift nicht nach den gründen für den aufenthalt außerhalb des gebiets der europäischen union differenziert, erscheint sie als abschließende regelung zur konkretisierung des hier maßgeblichen erlöschensgrundes ungeeignet. dennoch liegt es mit blick auf die ausführungen des gerichtshofs in der ziebell-entscheidung, 82eugh, urteil vom 8. dezember 2011 - c-371/08 [ecli:eu:c:2011:809], ziebell - rn. 75 ff., 83nahe, bei assoziationsberechtigten türkischen staatsangehörigen die jeweiligen maßstäbe der daueraufenthaltsrichtlinie als unionsrechtlichen bezugsrahmen nicht nur für die bestimmung des abschiebungsschutzes heranzuziehen, sondern sie auch für den hier maßgeblichen verlustgrund assoziationsrechtlicher rechte als orientierung fruchtbar zu machen. deshalb erscheint es gerechtfertigt, der zwölfmonatsfrist des art. 9 abs. 1 buchst. c) der daueraufenthaltsrichtlinie jedenfalls eine gewichtige indizwirkung dafür zu entnehmen, ab wann ein assoziationsberechtigter - wenn keine berechtigten gründe vorliegen - seinen lebensmittelpunkt in deutschland aufgegeben und dadurch seine assoziationsrechtliche rechtsstellung verloren hat. 84bverwg, urteil vom 25.03.2015, 1 c 19/14 85nach diesen maßstäben ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass der kläger seinen lebensmittelpunkt in deutschland durch die etwas mehr als 10 monate andauernde flucht aufgegeben und seinen lebensmittelpunkt in die türkei verlagert hat. der kläger ist nach der razzia in seiner teestube „b. “ am 10.02.2012 ausweislich des ausreisestempels in seinem reisepass am 13.02.2012 via amsterdam nach istanbul geflogen. von dort ist er am 27.12.2012 wieder in die niederlande eingereist und hat sich am 17.01.2013 den deutschen strafverfolgungsbehörden gestellt. 86zwar stellt die flucht vor der strafverfolgung keinen berechtigten grund im sinne des assoziationsabkommens dar, auch wenn sie aus der subjektiven sicht des klägers nachvollziehbar erscheinen mag. berechtigte gründe sind nur dann anzunehmen, wenn sie ausdruck allgemein üblicher, sozialtypischer verhaltensweisen sind wie etwa urlaub oder verwandtenbesuch, oder wenn sie durch staatsangehörigkeitsbezogene rechte oder pflichten bedingt sind, wie etwa die ableistung von wehrdienst. 87vgh baden-württemberg, urteil vom 15.04.2011, 11 s 189/11 88der kläger hat aber nicht allein durch die flucht als solche seinen lebensmittelpunkt ins ausland verlagert. es bestehen keinerlei anhaltspunkte dafür, dass er sich auf dauer in der türkei niederlassen und dort sein weiteres leben verbringen wollte. 89dafür spricht schon die tatsache, dass er weniger als ein jahr im ausland aufhältig war und damit nicht die indizwirkung des art. 9 abs. 1 lit. c der daueraufenthaltsrichtlinie auslöste. auch spricht dafür, dass er sich mitte januar 2013 freiwillig den behörden zur strafverfolgung gestellt hat. wie der kläger in seiner persönlichen anhörung mitgeteilt hat, sei die flucht spontan erfolgt, als er von der festnahme seiner mittäter erfahren habe. er sei zu diesem zeitpunkt „voll auf kokain gewesen“, er habe nicht gewusst, was er machen solle und habe sich zunächst zwei tage bei jemandem aufgehalten. er habe unter schock gestanden und angst gehabt. anschließend sei er nach amsterdam gefahren, habe sich dort ein one-way-ticket besorgt und sei in die türkei geflogen. das geld für das ticket habe er sich vorher geliehen. in der türkei sei er in j. bei seinem bruder und dessen 0-köpfiger familie in deren wohnung untergekommen. am anfang sei das für ihn in ordnung gewesen, nach einiger zeit habe er sich aber dort unwohl und nicht zu hause gefühlt. er habe in der türkei keine drogen mehr konsumiert und nachdem er etwas abstand gewonnen habe, sei er sich bewusst geworden, dass er die verantwortung für seine taten übernehmen müsse. seinen lebensunterhalt habe er finanziert, indem er von seiner lebensgefährtin und seiner mutter etwas taschengeld geschickt bekommen habe, miete habe er bei seinem bruder nicht zahlen müssen. von den gewinnen aus den drogenverkäufen habe er nichts mitgenommen, es sei auch gar kein geld mehr da gewesen, da er das geld für die beschaffung des kokains für den eigenkonsum und an spielautomaten ausgegeben habe. selbst das geld für die flucht habe er sich leihen müssen. er sei sehr zerrissen gewesen hinsichtlich einer etwaigen rückkehr, ursprünglich habe er nicht zurückkommen wollen, dann aber doch, weil er ein schlechtes gewissen gehabt habe. er habe sich in j. auch nicht um arbeit oder eine eigene wohnung bemüht. die türkei betrachte er nicht mehr als seine heimat, dort sei ihm alles fremd gewesen. während seines aufenthalts dort habe er beständig kontakt zu seiner lebensgefährtin und zu seiner mutter gehabt, die ihm auch den rückflug finanziert habe. während seines türkeiaufenthalts habe er auch schon einen anwalt in deutschland kontaktiert. 90diese aussagen, die das gericht inhaltlich im wesentlichen nicht in zweifel zieht und die nicht verfahrensangepasst wirken, belegen, dass die flucht nur der angst vor der bestrafung geschuldet war und nicht von langer hand geplant, sondern spontan erfolgt ist. seine äußerung, er habe zurückkehren wollen und doch wieder nicht, spiegelt seine innere zerrissenheit wider. der kläger hatte sich augenscheinlich keine tiefergreifenden gedanken über seine weitere lebensperspektive gemacht, was angesichts seines damaligen zustands „voll auf kokain“ auch nachvollziehbar erscheint. er ist nicht in seinen heimatort, sondern in die großstadt j. geflüchtet. anstrengungen zum aufbau einer wirtschaftlichen und persönlichen zukunft in der türkei mittels arbeits- und wohnungssuche hat er in keiner weise entfaltet und er hatte weiterhin kontakt zu seiner langjährigen lebensgefährtin im inland. zudem hat er ausweislich der strafakten bereits zwei tage nach seiner flucht eine vollmacht für seinen strafverteidiger unterzeichnet, der für ihn die rückkehrperspektive und das zu erwartende strafmaß eruieren sollte. 91nach alldem kann keinesfalls von einer verlagerung des lebensmittelpunkts in die türkei ausgegangen werden. seine flucht hat mithin auch nicht den im wege des aufenthaltsrechts aus art. 7 arb 1/80 erreichten integrationszusammenhang zerrissen. 92auf grund der assoziationsberechtigung des klägers bestimmt sich die rechtmäßigkeit der gegen ihn verfügten ausweisung nach § 55 abs. 1 aufenthg i.v.m. art. 14 abs. 1 arb 1/80, art. 12 der daueraufenthaltsrichtlinie. 93ob der kläger darüber hinaus besonderen ausweisungsschutz nach § 56 abs. 1 nr. 1 aufenthg auf grund seiner niederlassungserlaubnis genießt oder ob seine niederlassungserlaubnis erloschen ist, kann dahinstehen. denn der nationale ausweisungsschutz reicht jedenfalls nicht weiter als der assoziationsrechtliche. 94sind die voraussetzungen des art. 14 abs. 1 arb 1/80 erfüllt, liegen damit auch schwerwiegende gründe der öffentlichen sicherheit und ordnung im sinne des § 56 abs. 1 satz 2 aufenthg vor. 95vgl. bverwg, urteile vom 14. mai 2013 – 1 c 13/12 –, juris rn. 11, und vom 10. juli 2012 – 1 c 19.11 –, juris, rn. 14. 96gemäß art. 14 arb 1/80 kann der kläger nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere gefahr für ein grundinteresse der gesellschaft der bundesrepublik deutschland darstellt und die maßnahme für die wahrung dieses interesses unerlässlich ist. 97eugh, urteil vom 8. dezember 2011 - rs. c-371/08, ziebell - nvwz 2012, 422 rn. 86 98das ist hier zwar hinsichtlich der tatbestandsvoraussetzungen der norm der fall. 99die gefahren, die vom gewerbsmäßigen illegalen handel mit betäubungsmitteln ausgehen, sind schwerwiegend und berühren ein grundinteresse der gesellschaft. die betroffenen schutzgüter des lebens und der gesundheit der bürger nehmen in der hierarchie der in den grundrechten enthaltenen wertordnung einen hohen rang ein. der gerichtshof der europäischen union sieht in der rauschgiftsucht ein "großes übel für den einzelnen und eine soziale und wirtschaftliche gefahr für die menschheit", 100vgl. eugh, urteil vom 23. november 2010 - rs. c-145/09, tsakouridis - nvwz 2011, 221 rn. 47. 101er verweist auf die "verheerenden folgen" gerade des bandenmäßigen handels mit betäubungsmitteln für die gesundheit, sicherheit und lebensqualität der unionsbürger sowie der legalen wirtschaftstätigkeit, der stabilität und der sicherheit der mitgliedstaaten. 102eugh, a.a.o. rn. 46 103die mitgliedstaaten dürfen daher die verwendung von betäubungsmitteln als eine gefahr für die gesellschaft ansehen, die besondere maßnahmen gegen ausländer rechtfertigt, die gegen vorschriften über betäubungsmittel verstoßen. 104eugh, a.a.o. rn. 54 105im übrigen zählt der illegale drogenhandel zu den straftaten, die in art. 83 abs. 1 uabs. 2 aeuv als bereiche besonders schwerer kriminalität genannt werden. diese können als schwere beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen interesses angesehen werden und die ausweisung von personen rechtfertigen, die entsprechende straftaten begangen haben. 106vgl. eugh, urteil vom 22. mai 2012 - rs. c-348/09, p.i. - nvwz 2012, 1095 rn. 28 107auch der europäische gerichtshof für menschenrechte sieht den handel mit betäubungsmitteln, selbst wenn er nicht bandenmäßig begangen wird, als schwerwiegende beeinträchtigung der gesellschaftlichen interessen an. 108vgl. urteile vom 3. november 2011 - nr. 28770/05, arvelo aponte/niederlande - rn. 58 und vom 12. januar 2010 - nr. 47486/06, khan/vereinigtes königreich - infauslr 2010, 369 rn. 40 m.w.n. 109nach diesen maßstäben stellt das persönliche verhalten des klägers eine schwere gefahr für ein grundinteresse der gesellschaft im sinne des art. 14 arb 1/80 dar. er hat neben der finanzierung seiner eigenen drogensucht auch aus gewinnstreben mit betäubungsmitteln gehandelt, und zwar in nicht untergeordneter position. der illegale handel erfolgte über einen zeitraum von mehreren wochen und bezog sich auf eine große menge marihuana (mindestens 36,6 kg). 110das verhalten des klägers stellt auch noch gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere gefahr für das beschriebene grundinteresse dar. 111die sich nach unionsrecht bestimmende prognose, ob der ausländer eine tatsächliche und hinreichend schwere gefahr für ein grundinteresse der gesellschaft der bundesrepublik deutschland darstellt, bestimmt sich nicht nach strafrechtlichen gesichtspunkten, auch nicht nach dem gedanken der resozialisierung. vielmehr haben die zuständigen ausländerbehörden und verwaltungsgerichte eine eigenständige prognose über die wiederholungsgefahr des klägers zu treffen. 112bverwg, urteil v. 15.01.2013 - 1 c 10.12 -; bverwg, urteil v. 13.12.2012 - 1 c 20.11 113bei der prüfung der wiederholungsgefahr hängen die anforderungen an die wahrscheinlichkeit des schadenseintritts vom schutzbedürfnis des gefährdeten rechtsguts und von der größe der drohenden schäden ab. für die feststellung der wiederholungsgefahr gilt auch bei art. 14 arb 1/80 ein differenzierender, mit zunehmendem ausmaß des möglichen schadens abgesenkter grad der wahrscheinlichkeit des schadenseintritts. an die wahrscheinlichkeit des schadenseintritts sind - wie ganz allgemein - auch bei art. 14 arb 1/80 umso geringere anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende schaden ist. auch bei hochrangigen rechtsgütern begründet danach allerdings nicht bereits jede auch nur entfernte möglichkeit eine wiederholungsgefahr. vielmehr dürfen im hinblick auf art. 14 arb 1/80 an die nach dem ausmaß des möglichen schadens differenzierende hinreichende wahrscheinlichkeit keine zu geringen anforderungen gestellt werden dürfen. 114bverwg, urteil v. 15.01.2013 - 1 c 10.12 -; bverwg, beschluss v. 04.10.2012 - 1 c 13.11 – 115gemessen daran ist für den kläger die gefahr der wiederholung seines strafbaren verhaltens im bereich der drogenkriminalität zu bejahen. nach der überzeugung des gerichts lässt sich eine erhebliche wiederholungsgefahr vor allem aus dem ausmaß der vom kläger begangenen taten und der diesen zugrunde liegenden motivation ableiten.der kläger ist bereits mehrfach wegen drogendelikten strafrechtlich in erscheinung getreten. er ist nach den feststellungen des m. -therapiezentrums von kokain, alkohol und opioiden abhängig, derzeit abstinent in beschützender umgebung des maßregelvollzugs. die opiodabhängigkeit besteht seit 27 jahren, die kokainabhängigkeit seit 6 jahren. er hat die bisherigen delikte nicht nur zur finanzierung seiner eigenen drogensucht, sondern auch ganz wesentlich zur einnahmeerzielung begangen. der kläger habe es nach den aktuellen stellungnahmen des stationstherapeuten im maßregelvollzug vom 13.03.2015 und 10.09.2015, die ausschließlich unter den beschützenden bedingungen des maßregelvollzugs erfolgt sind, im bisherigen verlauf des maßregelvollzuges zwar vermocht, die motivationalen hintergründe seiner sucht- und deliktsentwicklung aufzudecken und auch eine ersichtliche therapiemotivation entfaltet, er habe aber nach wie vor große schwierigkeiten, legale lebens- und erwerbsalternativen zu generieren. er sei weiterhin in seiner selbstbeobachtungsfähigkeit eingeschränkt und bedürfe zur selbstkritischen auseinandersetzung einer intensiven spiegelung durch sein gegenüber. infolge dessen müsse auch die sozial- und legalprognose derzeit noch als ungünstig beurteilt werden, zumal eine langfristige erprobung im außenbereich noch ausstehe. auf grund dieser einschätzung, die das gericht nicht in zweifel zieht, ist die kammer davon überzeugt, dass der kläger trotz gewisser positiver ansätze bisher keine nachhaltige persönlichkeitswandlung und verhaltensänderung durchlaufen hat. auch seine (nach anlaufschwierigkeiten) beanstandungsfreie führung im straf- bzw. maßregelvollzug und die tatsache, dass sämtliche drogenscreenings im behandlungsverlauf unauffällig waren, lassen bislang nicht auf einen dauerhaften wandel schließen. der bisherige deliktsverlauf lässt vielmehr befürchten, dass der kläger – wie in der vergangenheit geschehen – in sein bisheriges umfeld zurückkehren wird und demzufolge die rückfallgefahr in das drogenmilieu mit der folge der begehung weiterer straftaten nicht unerheblich hoch ist, zumal er keinerlei berufsausbildung abgeschlossen hat und eine legale lebensperspektive zur finanzierung seines lebensunterhalts völlig ungewiss ist, da er – wie die vergangenheit gezeigt hat – den verlockungen des schnellen gelderwerbs durch illegale geschäfte durchaus nicht abgeneigt war und dies auch für die zukunft zu befürchten ist. 116trotz der vorstehenden ausführungen erweist sich die ausweisungsentscheidung der beklagten jedoch im ergebnis als rechtswidrig. 117im fall des bestehens eines assoziationsrechtlich begründeten aufenthaltsrechts darf der assoziationsberechtigte nur auf der grundlage einer ermessensentscheidung ausgewiesen werden, 118so bereits bverwg, urteil vom 3. august 2004 - bverwg 1 c 29.02 - bverwge 121, 315 <320 f.> in ständiger rechtsprechung, vgl. jüngst auch urteil vom 13.12.2012, - 1 c 20.11 -, juris rn. 26. 119die ermessensentscheidung der ausländerbehörde über den erlass einer ausweisung erfordert eine sachgerechte abwägung der öffentlichen interessen an der ausreise mit den privaten interessen an einem weiteren aufenthalt des ausländers im bundesgebiet. zugunsten des ausländers sind die dauer seines rechtmäßigen aufenthalts und seine schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen bindungen im bundesgebiet zu berücksichtigen. außerdem sind die folgen der ausweisung für die familienangehörigen des ausländers, die sich rechtmäßig im bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer lebensgemeinschaft leben, in die abwägung einzustellen (§ 55 abs. 3 aufenthg). die von art. 2 abs. 1 gg sowie art. 6 abs. 1 und 2 gg und art. 8 emrk geschützten belange auf achtung des privat- und familienlebens sind dabei entsprechend ihrem gewicht und unter wahrung des grundsatzes der verhältnismäßigkeit in der gesamtabwägung zu berücksichtigen. 120mit blick auf diese vorgaben ist die ordnungsverfügung der beklagten im ausweisungsbescheid vom 06.11.2014 schon allein deshalb zu beanstanden, weil die beklagte gar kein ermessen ausgeübt hat. sie hat die notwendigkeit einer ermessensentscheidung nicht erkannt, da sie fehlerhaft vom verlust des assoziationsrechts des klägers ausging, so dass ein ermessensausfall vorliegt. zwar hat die beklagte im rahmen der prüfung von art. 8 emrk hilfsweise (für den fall der eröffnung des schutzbereiches) ermessenserwägungen angestellt. diese hilfsermessenserwägungen im rahmen von art. 8 emrk ersetzen aber keinesfalls eine ermessensentscheidung im rahmen von art. 14 arb 1/80 hinsichtlich der ausweisung. darüber hinaus sind sie auch in der sache verfehlt, weil art. 8 emrk kein ermessen eröffnet, sondern bei bejahung eines eingriffs in den schutzbereich eine verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert (abs. 2 der vorschrift). 121darüber hinaus hat die beklagte diese hilfserwägungen unzulässigerweise auch auf generalpräventive gründe gestützt und sich mit der aktuellen gefährlichkeit des klägers im sinne einer wiederholungsgefahr nicht auseinandergesetzt. 122im rahmen der ermessensentscheidung nach art. 14 arb 1/80 sind aber ausschließlich spezialpräventive erwägungen zulässig. 123eugh, urteil v. 18.07.2007 - c-325/05 - (derin), bverwg, urteil v. 02.09.2009 - 1 c 2.09 – 124unzulässig ist es, die ausweisung tragend oder auch nur mittragend auf andere als in der persönlichen gefährlichkeit des ausländers liegende sog. generalpräventive erwägungen zu stützen. 125bverwg, urteil v. 06.10.2005 - 1 c 5.04 - ; bverwg, urteil v. 02.09.2009 - 1 c 2.09 - 126denn das unionsrecht lässt eine ausweisung ausnahmslos nur aus spezialpräventiven gründen zu, d.h. zum schutz der allgemeinheit vor gefahren, die von dem einzelnen ausländer persönlich ausgehen, nicht aber zur - auch nur "ergänzend" oder sekundär als nebenzweck verfolgten - (generalpräventiven) abschreckung anderer ausländer. 127bverwg, urteil v. 06.10.2005 - 1 c 5.04 -; vgh baden-württemberg, urteil v. 07.03.2012 - 11 s 3269/11 – 128auch dies führt zur rechtswidrigkeit der ordnungsverfügung der beklagten. eine heilung durch das nachschieben von ermessenserwägungen im gerichtlichen verfahren gemäß § 114 satz 2 vwgo ist nicht möglich, da ein ermessensausfall vorliegt, also schon begrifflich keine ergänzung vorliegen kann. 129demzufolge sind auch die abschiebungsandrohung und die befristungsentscheidung rechtswidrig. über den hilfsantrag war nicht mehr zu entscheiden. 130die berufung war nach § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo zuzulassen, da die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat. 131grundsätzliche bedeutung weist eine rechtsstreitigkeit auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche frage aufwirft, die für die berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im sinne der rechtseinheit einer klärung bedarf. 132bverfg, nvwz-rr 2011, 964 133die entscheidung muss aus gründen der rechtssicherheit, der einheit der rechtsordnung oder der fortbildung des rechts im allgemeinen interesse liegen, was dann zutrifft, wenn die klärungsbedürftige frage mit auswirkung über den einzelfall hinaus in verallgemeinerungsfähiger form beantwortet werden kann. 134ovg hamburg, nvwz-rr 2012, 104 135vorliegend ist bislang nicht abschließend geklärt, wie der verlusttatbestand hinsichtlich der assoziationsrechtlichen privilegierung nach dem arb 1/80 „für einen nicht unerheblichen zeitraum ohne berechtigte gründe das gebiet eines mitgliedsstaates verlassen“ auszufüllen ist. höchstrichterlich geklärt ist lediglich, dass ab einem auslandaufenthalt von einem jahr – sofern keine berechtigten gründe vorliegen - eine indizwirkung für die verlagerung des lebensmittelpunktes und damit das erlöschen des assoziationsrechtlichen aufenthaltsrechts besteht. unklar ist bislang, unter welchen umständen bei einem kürzeren auslandsaufenthalt als einem jahr das „assoziationsrechtliche band zerschnitten“ wird, wie in diesen fällen die darlegungslast verteilt ist, ob eine mindestaufenthaltsdauer im ausland erforderlich ist, es auf eine objektive betrachtungsweise oder die motivationslage des betroffenen ankommt, auf welchen zeitpunkt hinsichtlich des rechtsverlustes abzustellen ist und ob sich eine änderung der motivationslage oder der objektiven betrachtung während des auslandsaufenthalts auswirkt, mithin ob auch bei nur kurzfristigen auslandaufenthalten von z.b. wenigen wochen bei einer zunächst objektiv und subjektiv eindeutigen verlagerung des lebensmittelpunktes ins ausland und späterer revidierung dieser entscheidung ein verlust des aufenthaltsrechts eintritt. 136diese rechtsfrage ist im konkreten fall auch entscheidungserheblich, da - sofern man bei dem hier vorliegenden auslandsaufenthalt ohne berechtigte gründe von ca. 10 monaten von einem verlust des assoziations-aufenthaltsrechts ausgehen wollte –die ausweisung nach nationalem recht (§ 53 aufenthg) ohne ermessen als ist-ausweisung erfolgen müsste und wegen des verlustes der niederlassungerlaubnis des klägers nach § 51 abs. 1 nr. 5, abs. 2 satz 1 aufenthg auf grund des auslandsaufenthalts auch keine abstufung auf eine regelausweisung gemäß § 56 abs. 1 satz 4 aufenthg zu erfolgen hätte mit der folge, dass die ordnungsverfügung – auch mit generalpräventiver begründung - rechtmäßig wäre. 137die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit auf § 167 vwgo, §§ 708 nr. 11, 711 zpo. | Klaeger*in | 1 |
345,573 | 23 K 15695/17 | 2022-05-20T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt die friedhofsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines sogenannten Friedwaldes in kommunaler Trägerschaft. 32014/2015 traten die W GmbH und die U. Vermögensverwaltung GmbH gemeinsam mit dem Ansinnen an die Klägerin heran, in I. einen Friedwald zu errichten und zu betreiben. Dabei soll die Asche Verstorbener in einer biologisch abbaubaren Urne an den Wurzeln eines Baumes in freier Natur beigesetzt werden. Die betroffenen Waldgrundstücke sind Teil der überwiegend bewaldeten U1. berge und stehen im Eigentum der U. Vermögensverwaltung GmbH. Der Friedhof soll von der W GmbH betrieben werden. Hierzu unterbreitete die W GmbH ihr Konzept der klassischen Partnerschaft, nach dem zwischen Waldbesitzer, Gemeinde und W GmbH Verträge geschlossen werden, der Waldbesitzer die Waldfläche zur Verfügung stellt, die Gemeinde als Friedhofsträger die Genehmigung beantragt und die W GmbH als deren Verwaltungshelfer den Friedwald betreibt. 4Die Klägerin verfügt bisher über keine kommunalen Friedhofseinrichtungen. Die Friedhöfe im Gemeindegebiet befinden sich in kirchlicher Trägerschaft (Evangelische Kirchengemeinde E. und Evangelische Kirchengemeinde I. ). Auf Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses der Klägerin im April 2015 wurden die Kirchengemeinden zu dem Vorhaben angehört; die Evangelische Kirchengemeinde E. sprach sich dagegen aus. 5Im Februar 2016 richtete die Klägerin eine informelle Anfrage zur Genehmigungsfähigkeit an den Beklagten. Mit Ratsbeschluss vom 6. Juli 2016 entschied die Klägerin, die friedhofsrechtliche Genehmigung zu beantragen und die Verträge vorzubereiten. 6Im August 2016 reichte die W GmbH Unterlagen zur Erläuterung und kartenmäßigen Darstellung des Vorhabens bei dem Beklagten ein. Von der beteiligten Landschaftsplanung wurden daraufhin Bedenken erhoben, weil der Landschaftsplan des Beklagten für den Raum I. /T. mit seinen Darstellungen und Festsetzungen, insbesondere mit seinem Betretungsverbot, dem Vorhaben entgegenstehe. 7Am 26. September 2016 erfolgte eine Besprechung der Beteiligten zum Austausch über den Stand des Verfahrens nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen. Dabei teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass keine grundsätzlichen Bedenken bestünden, aus Sicht der Unteren Landschaftsbehörde auch keine Bedenken aus materieller Sicht, jedoch müsse das formelle Problem, dass der Landschaftsplan mit dem allgemeinen Betretungsverbot dem Planungsziel entgegenstehe, überwunden werden. Dazu sei eine Bauleitplanung in Form einer Flächennutzungsplanänderung und eines (einfachen) Bebauungsplanes erforderlich. Die Klägerin trat dem mit einer im Auftrag der W GmbH gefertigten Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. T1. vom 5. November 2016 entgegen, wonach das Betretungsverbot in Ermangelung einer tragfähigen Begründung nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen vermöge, die Anpassung aber über eine landschaftsschutzrechtliche Befreiung im Rahmen des friedhofsrechtlichen Genehmigungsverfahrens erfolgen solle. Denn der friedhofsrechtlichen Genehmigung komme Konzentrationswirkung zu. Anfang März 2017 fand eine Unterredung zwischen Landrat und Bürgermeister statt, in der der Klägerin aufgezeigt wurde, dass ein Genehmigungsantrag nach dem Bestattungsgesetz NRW nicht erfolgversprechend sei. 8Unter dem 25. April 2017 schloss die Klägerin einen Nutzungsvertrag mit der U. Vermögensverwaltung GmbH und einen Austauschvertrag mit der W GmbH, jeweils unter der aufschiebenden Bedingung, dass sämtliche erforderlichen Genehmigungen zum Friedwaldbetrieb vorliegen. 9Am 2. Mai 2017 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten, die Einrichtung eines Friedwald-Standortes auf den Gemarkungen C. (Flur 0) und C1. (Flur 00) gemäß § 2 des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz – BestG NRW) zu genehmigen. 10Sämtliche Grundstücke liegen im Außenbereich des Gemeindegebietes. Der Flächennutzungsplan stellt hier Fläche für Wald dar; es besteht kein Bebauungsplan. Das Plangebiet befindet sich im Wasserschutzgebiet III B der Wassergewinnungsanlage C1. /H. der Niederrheinischen Gas- und Wasserwerke. 11Die insgesamt ca. 44 ha großen Grundstücke liegen weiter im Geltungsbereich des am 27. Dezember 2004 in Kraft getretenen Landschaftsplanes des Kreises X. , Raum I. /T. , dort im Bereich des ca. 3.337 ha großen Landschaftsschutzgebiets X 0 „Landschaftsschutzgebiet Hauptterrasse südlich I. “. Zusätzlich zu den allgemeinen Festsetzungen des Landschaftsplans, nach denen es u.a. verboten ist, bauliche Anlagen im Sinne der Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen zu errichten oder in einer das Landschaftsbild beeinträchtigenden Weise zu ändern, auch wenn sie keiner bauaufsichtlichen Genehmigung bedürfen (Ziff. 2.4.1 Verbot I.1), gilt hier auch das Verbot, Flächen außerhalb der Straßen, Wege, Park- und Stellplätze sowie Grillplätze zu betreten oder auf diesen zu reiten (Ziff. 2.4.2 Verbot I.14). 12In ihrem Antrag führte die Klägerin aus, mittelfristig sei mit etwa 4-5 Beisetzungen pro Woche zu rechnen. Zuwegung und Parkplätze seien vorhanden. Zu Beisetzungszeiten seien etwa 15-20 Stellplätze notwendig; der öffentliche Wanderparkplatz biete ausreichend Stellplätze für alle Waldbesucher. Im Zugangsbereich vom Parkplatz in den Friedwald solle eine Informationstafel im Format DIN A0 mit hölzernem Rahmen aufgestellt werden, auf der die Friedwaldfläche deutlich gekennzeichnet sei. Zudem werde eine Satzungstafel im Bereich des Parkplatzes sowie eine mobile Toilette aufgestellt. Um kurze Andachtsfeiern abhalten zu können, werde ein kleiner Andachtsplatz auf einer Fläche von ca. 200-300 m² in einer existierenden Bestandslücke im Wald angelegt. Zusätzlich werde der Andachtsplatz mit natürlichen und standortgerechten Forstgehölzen eingefasst. Der Boden werde mit einem sand-wassergebundenen Material befestigt und sei somit wasserdurchlässig. Auf dem Andachtsplatz würden 6-8 Holzbänke sowie ein Urnenpult aus Naturstein oder einem Baumstammabschnitt aufgestellt sowie ein Holzkreuz errichtet. Dazu werde ein Metallschuh einbetoniert, sodass das Kreuz je nach Wunsch der Trauernden bei der Beisetzung aufgebaut oder mit wenigen Handgriffen entfernt werden könne. Von dem bestehenden, bereits asphaltierten M.--------weg aus sei zudem ein etwa 2,5-3 m breiter befestigter Waldweg hin zu dem gedachten Andachtsplatz geplant, ebenfalls in sandwassergebundener Form. Ein weiterer Wegeausbau sei nicht notwendig. Lediglich die bereits vorhandenen Waldwege und Pfade würden während des Friedwaldbetriebes so instandgehalten, dass sie mit festem Schuhwerk genutzt werden könnten. Im südlichen Plangebiet befinde sich eine von vier separaten Flächen eines gesetzlich geschützten Biotops. Im Bereich des Feuchtbiotops seien schon aufgrund der Bodenbeschaffenheit keine Beisetzungen möglich. Zudem werde zum Schutze des Biotops mindestens ein Abstand von 10 m eingehalten, in dem keine Beisetzungen durchgeführt würden. Ferner würden die Fußwege so geleitet, dass die Waldbesucher diesen schützenswerten Bereich nicht durchlaufen und somit auch nicht negativ beeinträchtigen könnten. Pro Hektar seien 85-100 Bestattungsbäume vorgesehen. An einem Baum könnten bis zu zehn Urnen beigesetzt werden. Ohne Abweichung von dem Betretungsverbot könne der Friedwald nicht betrieben werden. Daher werde eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) von dem Betretungsverbot in Ziffer 2.4.2 I.14 des Landschaftsplans beantragt. Es liege ein atypischer Fall vor. Friedwälder seien zur Zeit der Aufstellung des Landschaftsplans in den Jahren 2001-2004 in Deutschland noch weitgehend unbekannt gewesen. Das nordrheinwestfälische Bestattungsgesetz habe erst im Juni 2003 die Voraussetzungen für eine Zulassung von Bestattungswäldern geschaffen. An der Errichtung eines Bestattungswaldes bestehe ein öffentliches Interesse. Kommunen seien im Wege der Daseinsvorsorge verpflichtet, ausreichende Bestattungsmöglichkeiten vorzuhalten. Dabei bestehe auch ein öffentliches Interesse an der Ermöglichung alternativer Bestattungsformen. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägungsentscheidung überwiege das öffentliche Interesse. Vergleichbare Flächen zur Verwirklichung des Bedarfs an alternativen Gestaltungsmöglichkeiten existierten im Gemeindegebiet nicht. Demgegenüber würden durch das Betretungsverbot auf den antragsgegenständlichen Waldflächen keine einzigartigen oder besonders wertvollen Strukturen geschützt. Zudem werde der Zweck des Betretungsverbotes im Landschaftsschutzgebiet durch die Stille und pietätsvolle Nutzung der antragsgegenständlichen Waldflächen im Falle des Betriebes eines Friedwaldes kaum beeinträchtigt. Die Pflege und Entwicklung der Friedwaldflächen fördere den Zweck des Betretungsverbotes sogar in weiten Teilen. Die Befreiung könne gemeinsam mit der beantragten bestattungsrechtlichen Genehmigung erteilt werden. 13In dem von dem Beklagten durchgeführten Beteiligungsverfahren wurden insbesondere seitens der Unteren und Oberen Wasserbehörde und der Unteren Gesundheitsbehörde keine grundsätzlichen Bedenken geäußert. Die Untere Bauaufsicht nahm dahingehend Stellung, dass der geplante Andachtsplatz einer bauaufsichtlichen Genehmigung bedürfe. Aus Sicht von Naturschutz und Landschaftspflege wurden die Darstellungen und Festsetzungen des Landschaftsplanes eingewandt, insbesondere das Betretungsverbot, das gegenüber jedermann und damit einem unbestimmten Personenkreis gelte und von dem nicht im Wege einer Befreiung abgewichen werden könne. 14Mit Bescheid vom 16. August 2017 versagte der Beklagte die Genehmigung, da ihr öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstünden. Das Vorhaben stehe im Widerspruch zum Bauplanungsrecht. Es widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplanes. Ein Friedhof sei keine Waldnutzung. Auch bedürfe es einer förmlichen Planung nach § 1 Abs. 3 S. 1 Baugesetzbuch (BauGB), wenn – wie hier – eine umfassende Prüfung sämtlicher Belange im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens nicht möglich sei. Dabei stelle sich die Frage des gemeindlichen Bedarfs, und die hauptsächlich bezweckte Erzielung von Einnahmen verstoße wohl gegen § 107 der Gemeindeordnung NRW. Ferner stehe der Landschaftsplan als Vorschrift des öffentlichen Rechts dem Vorhaben an der geplanten Stelle entgegen. Die gemäß Ziffern 2.4.1 und 2.4.2 geltenden Ge- und Verbote, insbesondere das Verbot I.14, seien zur Erreichung des Schutzzwecks „Biotopverbund“ erforderlich. Das Betretungsverbot außerhalb der Wege, Park- und Stellflächen sei erforderlich, um den Biotopverbund dauerhaft zu gewährleisten. Es schütze insbesondere solche störempfindlichen Tierarten, deren arttypische Wanderbewegungen auf vernetzten, störungsfreien und hinsichtlich der Biotopstrukturen funktionsgerecht ausgestatteten Korridoren basierten. Eine Befreiung von den Ge- und Verboten des Landschaftsplanes komme nicht in Betracht. Der Geltungsanspruch des in Rede stehenden Verbotes dürfe durch eine Behördenentscheidung grundsätzlich nicht auf breiter Front durchbrochen werden. Dies sei nicht Inhalt der Ermächtigung zur Befreiung im Einzelfalle. Da das Betretungsverbot gegenüber jedermann und damit einem unbestimmten Personenkreis gelte, könne von der Norm nicht im Wege einer Befreiung abgewichen werden. Eine generelle Befreiung zur Überwindung des Betretungsverbotes komme somit für die Klägerin, aber auch für die W GmbH formalrechtlich nicht in Betracht. Ferner stehe das Eigentum Dritter einer Nutzung als gemeindlichem Friedhof entgegen. Mit Blick auf den Wasserschutz werde ein begleitendes Grundwassermonitoring gefordert, dessen Einzelheiten erst dann festgelegt würden, wenn die Ergebnisse der vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsarbeit „Evaluierung von Ausmaß und Ursachen einer Schadstofffreisetzung aus Urnen in Bestattungswäldern“ vorlägen. Einige Flächen des Vorhabens seien als Teil des Ökokontos der U. Vermögensverwaltung GmbH ausgewiesen. Bei der geplanten Nutzung könne die Anerkennung dieser Flächen als Ökokontoflächen nicht in Aussicht gestellt werden. Der erforderlichen baurechtlichen Genehmigung für die Befestigung des vorgesehenen Andachtsplatzes stehe der Landschaftsplan entgegen. Die Darstellungen hinsichtlich des Verkehrsaufkommens ließen keine Grundlage erkennen. Ein entsprechendes Verkehrsgutachten sei nicht vorgelegt worden. Forstrechtlich bestünden Anzeigepflichten. Für eine abschließende Beurteilung möglicher Beeinträchtigungen des im südlichen Planbereich gelegenen Biotops durch Bestattungen und Besucherverkehr seien konkrete Angaben zu den geplanten Eingriffen sowie Kompensationsmaßnahmen erforderlich und ein landschaftspflegerischer Begleitplan vorzulegen. Jagdrechtlich bestünden Informationspflichten. Die nach dem Bestattungsgesetz erforderliche Satzung sei nicht vorgelegt worden, ein Beleihungsakt nicht erfolgt und gegen die mobile Toilettenanlage bestünden erhebliche Bedenken, da sie negative Vorbildwirkung für Anlagen im Außenbereich habe. Die geplante Informationstafel genüge nicht zur Wahrung der Totenwürde. 15Am 15. September 2017 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Einzelnen ausführt, dass die Ablehnungsgründe des Beklagten nicht trügen und auch im Übrigen Vorschriften des öffentlichen Rechts der Genehmigungserteilung nicht entgegenstünden. Die Genehmigungserteilung sei weder vom Vorliegen der Friedhofssatzung noch von der Vorlage ihres Entwurfs abhängig. Es handele sich schon nicht um ein Vorhaben im Sinne des BauGB; selbst wenn dies der Fall wäre, bestehe jedenfalls kein Planungserfordernis. Gegen den Flächennutzungsplan werde nicht verstoßen, da sich an der Nutzungsart „Wald“ nichts ändere. Das Betretungsverbot des Landschaftsplans sei unwirksam, da es nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei und gegen das Übermaßverbot verstoße. Es gebe keine substantiierte besondere Begründung für das Betretungsverbot. Eine Analyse zu erwartender Beeinträchtigungen bzw. Störungen sei offensichtlich nicht erfolgt. Die Rüge unterliege nicht der Geltendmachungsfrist. Jedenfalls bestehe ein Anspruch auf Befreiung vom Betretungsverbot. Dieses werde durch die Befreiung nicht generell aufgehoben; vielmehr handele es sich um einen vergleichsweise kleinen Personenkreis, der den Friedwald nutzen werde, und auch flächenmäßig sei bei einem Vorhabenbereich von 43/44 ha im Vergleich zur Gesamtfläche von ca. 3.300 ha keine breite Durchbrechung zu besorgen. Gegen das Bauverbot werde nicht verstoßen, da schon keine baulichen Anlagen geplant seien. Der Andachtsplatz könne anstatt mit einem Schottersandgemisch auch mit Holzhackschnitzeln befestigt werden. Selbst wenn es sich um bauliche Anlagen handeln sollte, bestünde ein Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot, da hier noch offensichtlicher nicht die verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine förmliche Satzungsänderung unterlaufen würden und das Landschaftsschutzgebiet nur punktuell und singulär betroffen sei. Der bloße Entwurf des Regionalplans Ruhr stelle noch keine verbindlichen Ziele der Raumordnung dar. In Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung seien lediglich in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Sofern die Sache noch nicht spruchreif sei, sei der Beklagte zur Neubescheidung zu verpflichten. Das folge nicht allein aus den unzutreffenden rechtlichen Erwägungen des Beklagten, sondern bereits aus der unterbliebenen Anhörung der Klägerin vor Ablehnung ihres Antrags. 16Die Klägerin beantragt, 171.18den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 16.08.2017 zu verpflichten, ihr die unter dem 02.05.2017 beantragte Genehmigung zur Errichtung eines kommunalen Friedhofs in I. auf den Grundstücken Gemarkung C1. , Flur 00, Flurstücke 000, 000, 000 und Gemarkung C. , Flur 0, Flurstücke 0, 00, 00, 00, 00, 00, 00 zu erteilen, 2.19hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 16.08.2017 zu verpflichten, der Klägerin eine Befreiung nach § 67 Bundesnaturschutzgesetz für die Errichtung des unter dem 02.05.2017 beantragten kommunalen Friedhofs in I. zu erteilen und anschließend die unter dem 02.05.2017 beantragte bestattungsrechtliche Genehmigung zur Errichtung des Friedhofs zu erteilen, 3.20weiter hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 16.08.2017 zu verpflichten, den Antrag vom 02.05.2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. 21Der Beklagte beantragt, 22die Klage abzuweisen. 23Er verweist auf die Gründe seines ablehnenden Bescheids und macht weiter geltend: Eine Anhörung der Klägerin vor Erlass des Ablehnungsbescheides sei nicht erforderlich gewesen, zumal sie bereits im Vorfeld auf die entscheidungsrelevanten Aspekte hingewiesen worden sei. Der Antrag sei unterdessen nicht entscheidungsreif, da die Klägerin keine vollständigen prüffähigen Unterlagen vorgelegt habe. Es fehle der Satzungsentwurf, in dem die wesentlichen Förmlichkeiten für die Nutzung des Friedhofs geregelt würden. Das Betretungsverbot sei wirksam. Die Klägerin sei mit ihren dagegen erhobenen Einwendungen schon präkludiert, weil die Rügefrist abgelaufen sei. Die Gründe für die Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes ergäben sich aus dem Landschaftsplan. Der Schutzzweck der landesweiten und regionalen Bedeutung für den Biotopverbund mache das festgesetzte Betretungsverbot notwendig. Entscheidend für die Schutzbedürftigkeit sei die gesamträumliche Situation. Es handelte sich nicht um ein beliebiges Landschaftsschutzgebiet, sondern um einen Schwerpunkt der Biotopvernetzung in der Region. Eine Auflistung zu schützender Tierarten sei entbehrlich. Die Erholungsfunktion werde nicht ausgeschlossen. Es bestehe ein ausgedehntes frei nutzbares Wander- und Reitwegenetz. Das Vorhabengebiet liege im Bereich eines künftigen Naturschutzgebiets. Die Regelung im Gesamtzusammenhang stelle kein repressives Verbot ohne Erlaubnisvorbehalt dar. Eine Befreiung vom Verbot für eine unbestimmte Zahl von Personen bzw. eine generelle Befreiung für die geplante Friedhofsfläche komme einer Planänderung gleich. Das Vorhaben verstoße auch gegen das Bauverbot. Der Andachtsplatz, die Errichtung neuer und der Ausbau vorhandener Wege sowie die Informationstafel seien bauliche Anlagen. Entscheidend sei, dass aufgrund der Bedeutung der in Rede stehenden Teile des Landschaftsschutzgebietes für den Biotopverbund gemäß § 21 BNatSchG und der Konkretisierungen durch das bestehende Landschaftsschutzgebiet eine Abweichung vom aktuellen Landschaftsplan nicht möglich sei. 24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten und des Landschaftsplans des Kreises X. Raum I. /T. Bezug genommen. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. 27Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten friedhofsrechtlichen Genehmigung (I.). Die hilfsweise begehrte Befreiung von den dem Vorhaben entgegenstehenden Verboten des Landschaftsplans kommt nicht in Betracht (II.). Insoweit erweist sich die Ablehnungsentscheidung des Beklagten vom 16. August 2017 als rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Hiernach besteht auch kein Anspruch auf die weiter hilfsweise begehrte Neubescheidung, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO (III.). 28I. Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW erforderliche Genehmigung für die Errichtung eines Friedhofs einer kreisangehörigen Gemeinde beanspruchen. 29Die Genehmigung ist gemäß § 2 Abs. 3 BestG NRW zu erteilen, wenn der Friedhof den Erfordernissen des Wasserhaushaltsrechts und des Gesundheitsschutzes entspricht und ihr sonstige Vorschriften des öffentlichen Rechts nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Der beantragten Genehmigung stehen die rechtsverbindlichen Festsetzungen des im Dezember 2004 in Kraft getretenen Landschaftsplans des Kreises X. , Raum I. /T. entgegen. 301. Nach Ziffer 2.4.2 I.14 der textlichen Festsetzungen des Landschaftsplanes ist es im Landschaftsschutzgebiet X 0 verboten, Flächen außerhalb der Straßen, Wege, Park- und Stellplätze sowie Grillplätze zu betreten oder auf diesen zu reiten. Dieses Betretensverbot steht der geplanten Friedwaldnutzung, bei der die Asche Verstorbener an den Wurzeln eines Baumes in freier Natur beigesetzt werden soll und die ein Betreten von Flächen abseits der Wege erfordert, entgegen. 31Der Einwand der Klägerin, dieses Betretensverbot sei unwirksam und stehe dem Vorhaben nicht entgegen, weil es nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei und gegen das Übermaßverbot verstoße, verfängt nicht. 32Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Einwand entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten nicht bereits unbeachtlich ist nach der damals geltenden Vorschrift des § 30 Abs. 3 Nr. 2 des zwischenzeitlich außer Kraft getretenen Landschaftsgesetzes NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000 (im Folgenden: LG NRW). Die Klägerin rügt keine Mängel des Abwägungsergebnisses, die nach der vorstehenden, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Landschaftsplans im Dezember 2004 geltenden Vorschrift für die Rechtswirksamkeit des Landschaftsplans unbeachtlich sind, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung des Landschaftsplans schriftlich geltend gemacht worden sind. Vielmehr beanstandet die Klägerin das Vorliegen der normativ vorgegebenen Kriterien für die Unterschutzstellung. Die Verbote müssen zur Erreichung des Schutzzwecks geeignet und notwendig (§ 19 LG NRW bzw. § 22 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG), die Schutzmaßnahme also für das Gemeinwohl erforderlich sein. Erst dann sind ihre Auswirkungen mit den übrigen Zielen des Naturschutzes und gegen die sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft abzuwägen. 33Vgl. Schumacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, 3. Aufl. (2021), § 22 Rn. 46. 34Damit unterliegt die Schutzerklärung der verwaltungsgerichtlichen Inzidentkontrolle im Rahmen der Überprüfung der hierauf gestützten Genehmigungsversagung. 35Das Betretensverbot ist aber materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Es entspricht den an den Erlass eines solchen Verbots gestellten Anforderungen und ist mit höherrangigem Recht vereinbar. 36Es findet seine Rechtsgrundlage im seinerzeit geltenden § 34 Abs. 2 LG NRW. Danach sind in Landschaftsschutzgebieten nach Maßgabe näherer Bestimmungen im Landschaftsplan alle Handlungen verboten, die dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Diese näheren Bestimmungen werden in der Schutzerklärung festgelegt. 37Repressive Verbote ohne Erlaubnisvorbehalt dürfen dabei nur dann erlassen werden, wenn von vornherein feststeht, dass die verbotene Handlung dem besonderen Schutzzweck schlechthin zuwiderläuft. Denn landschaftsschutzrechtliche Verbote dürfen nicht weiterreichen, als im Interesse der gesetzlich anerkannten Schutzgüter erforderlich ist. Dem Schutzzweck nicht generell zuwider laufende Handlungen dürfen dagegen nur mit präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt belegt werden, die es der Naturschutzbehörde ermöglichen, die Vereinbarkeit der Maßnahmen mit den Schutzgütern der Schutzerklärung in jedem Einzelfall zu überprüfen, und einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis begründen, wenn die Schutzgüter nicht beeinträchtigt werden. 38Vgl. HessVGH, Urteil vom 9. März 2017 – 4 C 328/16.N –, juris Rn. 85; OVG Lüneburg, Urteil vom 13. März 2003 – 8 KN 236/01 –, juris Rn. 46 m.w.N. und Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 12. Juli 1956 – I C 91.54 –, juris. 39Bei dem streitgegenständlichen Verbot, Flächen außerhalb der Straßen, Wege, Park- und Stellplätze sowie Grillplätze zu betreten oder auf diesen zu reiten, handelt es sich um ein repressives Verbot ohne Erlaubnisvorbehalt. Jenseits diverser Maßnahmen und Nutzungen, die von dem Verbot unberührt bleiben (allgemeine Unberührtheitsklausel Ziffer 2.1 I., besondere Unberührtheitsklausel Ziffer 2.4.2 I.14 und Unberührtheiten gemäß textlichen Festsetzungen zum Landschaftsschutzgebiet X ), besteht nur die Möglichkeit der Befreiung nach § 69 Abs. 1 LG NRW (Ziffer 2.1 I. Befreiungen), die sich nach Außerkrafttreten dieser Vorschrift nunmehr in § 67 Abs. 1 BNatSchG findet. 40Das solchermaßen ausgestaltete Betretensverbot war und ist wegen der Bedeutung des Gebietes für den landesweiten und den regionalen Biotopverbund erforderlich im Sinne der §§ 19, 21 LG NRW. 41Wild lebende Tiere und Pflanzen sind Teil des Naturhaushalts, weshalb in Landschaftsschutzgebieten schon vor der durch das Bundesnaturschutzgesetz 2009 erfolgten Ergänzung von § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Ziele des Arten- und Biotopschutzes verfolgt werden konnten. Der nach § 21a LG NRW bzw. § 26 BNatSchG ermöglichte Schutz von Lebensstätten und Lebensräumen geht über das spezielle, nur für besonders geschützte Arten und unter weiteren Voraussetzungen greifende Störungsverbot nach § 44 Abs. 1 BNatSchG hinaus. In einem Landschaftsschutzgebiet sind zum Schutz von Lebensstätten und Lebensräumen alle Handlungen zu verbieten, die geeignet sind, die Lebensbedingungen der Pflanzen und Tierarten zu beeinträchtigen. 42Vgl. HessVGH, Urteil vom 9. März 2017 – 4 C 328/16.N –, juris Rn. 62; Schumacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, § 26 Rn. 23. 43Repressive Verbote sind zur Abwehr von Beeinträchtigungen und Störungen z.B. durch Betreten möglich, wenn die Störung mit dem Schutzzweck schlechthin unvereinbar ist. 44Vgl. Schumacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, § 26 Rn. 41. 45So verhält es sich vorliegend. Der Schutzzweck „Biotopverbund“ erfordert das Betretensverbot abseits der Straßen, Wege und Plätze. 46Das großflächige Landschaftsschutzgebiet X 0 ist überwiegend bewaldet, und der Wald ist Teil des regional bedeutsamen Biotopverbundes. Außerdem hat das Gebiet in Verbindung mit den angrenzenden Naturschutzgebieten für den Arten- und Biotopschutz eine wichtige Habitatfunktion (Erläuterungsband zum Landschaftsplan, S. 67). Die gesamträumliche Bedeutung des Schutzgebiets auch für den landesweiten Biotopverbund und seine Besonderheit als Schwerpunkt der Biotopvernetzung in der Region ist aus der dem Erläuterungsband zum Landschaftsplan anliegenden Themenkarte „Biotopverbund“ zu ersehen. Ausweislich dieser Themenkarte erstreckt sich der Biotopverbund über das gesamte Landschaftsschutzgebiet. Nichts anderes ist dem von der Klägerin eingereichten Übersichtsplan des Ingenieur- und Planungsbüros M1. GbR von September 2019 (Anlage K 2 zum Schriftsatz vom 16. September 2019, Bl. 300 GA) zu entnehmen. Die Darstellung zeigt Biotopverbundsflächen mit besonderer oder stellenweiser herausragender Bedeutung im gesamten Landschaftsschutzgebiet. Soweit kennzeichnende Schraffuren unterbrochen sind, ist dem – wenn überhaupt – jedenfalls keine maßgebliche Bedeutung zuzumessen. 47Auf dieser Grundlage ist seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert worden, dass die Biotopvernetzung für das gesamte Schutzgebiet in alle Himmelsrichtungen gilt und das Schutzgebiet ein tragendes Element des landesweiten Biotopverbundes ist. Hier werden die Biotope des Hellweg-Bereiches zu den Lebensräumen an der Lippe und am Rhein miteinander verbunden. 48Die Festsetzungen für das Landschaftsschutzgebiet haben den Zielsetzungen des Biotopverbunds Rechnung zu tragen. Als Ziel des Biotopverbunds hat der Gesetzgeber seinerzeit die nachhaltige Sicherung von heimischen Tier- und Pflanzenarten und deren Populationen einschließlich ihrer Lebensräume und Lebensgemeinschaften sowie die Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen formuliert (§ 2b Abs. 2 Satz 1 LG NRW). Der Plangeber hat zum Biotopverbund erläuternd ausgeführt, dass bestimmte Tierarten bzw. –gemeinschaften auf funktional zusammenhängende Lebensräume oder ein bestimmtes Minimalareal angewiesen seien; außerdem sei zum erforderlichen Austausch zwischen verschiedenen Tierpopulationen und für die erforderlichen Funktionsbeziehungen zwischen den Biotopen und Lebensräumen untereinander die Vernetzung bzw. der Verbund der Biotope zu gewährleisten (Erläuterungsband zum Landschaftsplan, S. 48). Es geht mithin um geschützte Rückzugsbereiche und die Ermöglichung von Wanderbewegungen der dort lebenden Tiere. 49Das Betretensverbot ist zur Erreichung dieser Schutzfunktionen geeignet und erforderlich. Es sichert die Rückzugsräume der störempfindlichen waldbewohnenden Tierarten abseits des bestehenden dichten Wegenetzes. Es schützt insbesondere solche störempfindlichen Tierarten, deren arttypische Wanderbewegungen auf vernetzten, störungsfreien und hinsichtlich der Biotopstrukturen funktionsgerecht ausgestatteten Korridoren basieren. Letzteres hat der Beklagte bereits in seinem ablehnenden Bescheid vom 16. August 2017 ausgeführt (Seite 8). Insofern handelt es sich nicht um in der mündlichen Verhandlung erstmals neu vorgetragene Tatsachen, die das Betretensverbot rechtfertigen sollen. Vielmehr ist seitens des Beklagten der bisherige Vortrag erläutert und dargelegt worden, welche anderweitigen – bestandsgeschützten – Nutzungen zur Korridorbildung im Vorhabengebiet geführt haben. 50Gleiches gilt für die Erläuterungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, welche Tiere u.a. auf Wandermöglichkeiten angewiesen sind (neben dem Rothirsch, Wolf und Biber Allerweltsarten wie Wildschweine und Rehe) und wie der Biotopverbund funktioniert (nachhaltige Sicherung heimischer Tier- und Pflanzenarten etwa durch den tierischen Transport von Pflanzensamen, genetischer Austausch von Arten). 51Das Gericht hat hiernach keine Veranlassung, an der im Verfahren zur Aufstellung des Landschaftsplans getroffenen fachlichen Einschätzung zur Erforderlichkeit des Betretensverbots im Landschaftsschutzgebiet X 0 zu zweifeln. In der mündlichen Verhandlung ist seitens des Beklagten weiter nachvollziehbar erläutert worden, dass es Landschaftsschutzgebiete mit gleichlautendendem Schutzzweck (Biotopverbund), aber ohne Betretungsverbot gibt, weil es keines Betretungsverbotes bedarf, wenn die Vernetzung über Gewässer erfolgt oder es etwa darum geht, die Wanderbewegung von Vögeln zu sichern. Dies trifft auf das Landschaftsschutzgebiet X 0 nicht zu. Zweifel ergeben sich auch nicht daraus, dass dem Vorhaben im Rahmen der Voranfrage zunächst hauptsächlich formelle Bedenken entgegen gehalten worden sind. Der Inhalt der Verwaltungsvorgänge trägt die Erklärung, man sei auf Seiten des Beklagten (erst) nach intensiverer Auseinandersetzung mit der Angelegenheit zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Vorbringen auch materielle Gründe entgegenstünden. Dies soll ausweislich eines Aktenvermerks in einem Gespräch zwischen Landrat und Bürgermeister auch der Klägerin vor Antragstellung aufgezeigt worden sein (Beiakte Heft 1 Bl. 212). 52Der beantragten Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es bei dieser Sachlage nicht. Es besteht keine Veranlassung zu weiterer Sachaufklärung. Insbesondere geben die erläuternden Erklärungen des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung, die Erforderlichkeit des Betretensverbots im Landschaftsschutzgebiet X 0 weiter aufzuklären. Die erläuterte Korridorbildung im Vorhabengebiet und die Wanderbewegungen dort vorkommender Tierarten werden von der Klägerin selbst nicht bestritten. Das Vorkommen von Wölfen im Raum I. /T. ist zudem über die Presse hinlänglich bekannt und auch der Lebensraum des Rothirschs im Landschaftsschutzgebiet – außerhalb des Vorhabengebiets – seitens der U. Vermögensverwaltung GmbH in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden. Ausweislich des Kartenmaterials erstreckt sich der Biotopverbund – wie ausgeführt – über das gesamte Landschaftsschutzgebiet. Damit korrespondiert das flächendeckende Verbot zur Erreichung des Schutzzwecks. 53Abgesehen davon würde die beantragte Beweiserhebung zur Verfahrensverzögerung führen. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind mit der Ladungsverfügung unter Hinweis auf die Folgen einer Fristversäumung aufgefordert worden, Erklärungen und Beweismittel innerhalb einer nach § 87b Abs. 1 und 2 VwGO gesetzten Frist vorzubringen. Das Beweismittel des Sachverständigenbeweises ist nicht bis zum 29. April 2022 bezeichnet worden, ohne dass dies genügend entschuldigt worden ist. Dem lässt sich nicht entgegen halten, Beweistatsachen seien erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden. Wanderbewegungen von Tieren auf störungsfreien Korridoren hat der Beklagte bereits im angefochtenen Bescheid angeführt und sein demnach nicht neues Vorbringen in der mündlichen Verhandlung lediglich konkretisierend erläutert. Die Klage stützt sich ganz wesentlich auf die Annahme, das Betretensverbot im Landschaftsschutzgebiet X 0 sei nicht erforderlich. Der darauf abzielende Beweisantrag hätte in allgemeiner Form fristgerecht angebracht werden können. 54Das Betretensverbot ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Es verstößt nicht gegen das Übermaßverbot. Angesichts der zahlreichen Unberührtheiten – darunter sämtliche dem Bestandsschutz unterfallenden Nutzungen, die von dem Betretensverbot unberührt bleiben – und der bestehenden Nutzungsmöglichkeiten der freien Landschaft auf dem sehr dichten Wegenetz zu Erholungszwecken ist die Ausgestaltung als ansonsten repressives Verbot nicht zu beanstanden. Vielmehr ist nachzuvollziehen, dass das dichte Wegenetz und die sonstigen, den Biotopverbund einschränkenden Nutzungen es erfordern, in dem für den Verbund bedeutsamen Bereich der Tierwelt ohne weitere Einschränkungen Rückzugsräume zu sichern. Es liefe dem Schutzzweck schlechthin zuwider, die Flächen, die dem Lebensbereich von Tieren und Pflanzen vorbehalten bleiben sollen, weiterer Störung preiszugeben. Das Betreten dieser Flächen stört die Rückzugs- und Wandermöglichkeiten der dort lebenden Tiere und beeinträchtigt die Lebensräume wildwachsender Pflanzen. Dies ist ein wichtiger Grund des Naturschutzes und der Landschaftspflege, aus dem das Betreten des Waldes gemäß § 59 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG eingeschränkt werden kann. 552. Weiter ist es nach Ziffer 2.4.1 I.1 der textlichen Festsetzungen des Landschaftsplanes in allen Landschaftsschutzgebieten verboten, bauliche Anlagen im Sinne der Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) zu errichten oder in einer das Landschaftsbild beeinträchtigenden Weise zu ändern, auch wenn sie keiner bauaufsichtlichen Genehmigung bedürfen. Auch dieses allgemeine Bauverbot steht der geplanten Friedwaldeinrichtung entgegen. 56Bei den im Antrag vom 2. Mai 2017 genannten Bestandteilen des Friedwaldes handelt es sich um bauliche Anlagen gemäß § 2 Abs. 1 BauO NRW. Nach dieser Vorschrift sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen (Satz 1). Eine Verbindung mit dem Erdboden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden (Satz 2). 57Danach stellen der geplante 200-300 qm große Andachtsplatz mit Holzkreuz, Pult und Sitzbänken sowie die mobile Toilette, die Informationstafel und der Weg zum Andachtsplatz bauliche Anlagen dar. Sämtliche Einrichtungen sind aus Bauprodukten hergestellt, ruhen mindestens kraft eigener Schwere auf dem Boden und sind zur ortsfesten Verwendung bestimmt. Die Eigenschaft des Andachtsplatzes als bauliche Anlage entfällt auch nicht, wenn statt eines Sand-Kies-Gemisches Holzhackschnitzel zur Befestigung verwendet werden. Entscheidend ist die jedenfalls beabsichtigte Bodenbefestigung, nicht zuletzt als Vorkehrung für nasses Wetter. 58Es handelt sich zugleich um ein bodenrechtlich (bauplanungsrechtlich) relevantes Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB, das der bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf. Bei der Beurteilung der bodenrechtlichen Relevanz ist nicht die bauliche Anlage allein zu betrachten, sondern auch die ihr zugedachte Funktion einzubeziehen. 59Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1988 – 4 C 50/87 –, juris Rn. 14 ff. 60Bodenrechtliche Relevanz kommt den vorgenannten Einrichtungen in ihrer Gesamtheit im Hinblick auf ihre Funktion als (naturnahe) Friedhofseinrichtung zu, von der in Ziffer 8 der Hygiene-Richtlinien für die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen vorgesehenen Toilette bis hin zum Andachtsplatz für die Trauerfeier. Nichts anderes folgt aus dem von der Klägerin angeführten Erlass des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2017, in dem ausdrücklich von Parkplätzen, Holzkreuzen, Sitzbänken, Einfriedungen, Wegebefestigungen und Sanitäranlagen als baulichen Vorhaben im Sinne des Bauplanungsrechts die Rede ist. 61Dabei hilft es nicht weiter, dass die beabsichtigte Verlängerung eines bestehenden Weges als bloße Änderung einer vorhandenen baulichen Anlage nicht dem Bauverbot unterfallen mag, wenn sie das Landschaftsbild nicht beeinträchtigt. Das Bauverbot greift jedenfalls für die Gesamtanlage mit ihren weiteren Bestandteilen. 62Eine Befreiung von den dem Vorhaben entgegenstehenden Verboten gemäß § 67 BNatSchG liegt nicht vor. 63II. Die Klägerin kann auch nicht hilfsweise beanspruchen, den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 16. August 2017 zur Erteilung einer Befreiung nach § 67 BNatSchG und sodann zur Erteilung der friedhofsrechtlichen Genehmigung zu verpflichten. 64Für die Erteilung von Befreiungen nach § 67 BNatSchG ist gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LNatSchG NRW der Beklagte als untere Naturschutzbehörde zuständig. Es handelt sich um eine gesonderte Entscheidung, die ihrerseits mit Rechtsbehelfen angreifbar ist, wenn – wie hier – die Befreiung nicht durch eine andere Genehmigung ersetzt oder von der Konzentrationswirkung einer Genehmigung erfasst wird. Die Genehmigung nach § 2 Abs. 3 BestG NRW hat keine Konzentrationswirkung. Sie schließt nach anderen Gesetzen erforderliche Erlaubnisse oder Genehmigungen nicht ein. 65Vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 13 Aufl. (2022), Kapitel 2 Rn. 40, 42. 66Bedarf ein Vorhaben – so wie vorliegend – einer Genehmigung, die voraussetzt, dass dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, ist die Befreiung vorgreiflich. 67Vgl. Schumacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, § 67 Rn. 56. 68Der Beklagte ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass die Erteilung einer Befreiung hier nicht in Betracht kommt, weil es sich nicht um einen Einzelfall handelt, in dem nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG ein Dispens erteilt werden kann. 69Die Funktion der Befreiung besteht darin, rechtlichen Unausgewogenheiten abzuhelfen, die sich bei Anwendung einer Norm auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles ergeben. 70Vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 96. EL September 2021, BNatSchG § 67 Rn. 10. 71Da der Anwendungsbereich von § 67 nur für besondere Einzelfälle eröffnet ist, darf mittels der Erteilung einer (oder mehrerer) Befreiung(en) nicht die Geltung der Norm an sich in Frage gestellt werden. Die Befreiung darf nach Umfang und Häufigkeit nicht dazu führen, dass die Norm ganz oder teilweise gegenstandslos oder funktionslos, die Norm sozusagen „in kleiner Münze“ aufgehoben wird. Damit würde die Entscheidung des Normgebers in unzulässiger Weise auf administrativem Weg konterkariert. 72Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1992 – 4 B 1-11.92 –, juris Rn. 40; OVG NRW, Urteil vom 21. April 2020 – 8 A 311/19 –, juris Rn. 70 f.; VG Köln, Urteil vom 5. September 2017 – 2 K 6600/15 –, juris Rn. 70 ff.; Schumacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, § 67 Rn. 10; BeckOK UmweltR/Teßmer, 61. Ed. 1.1.2022, BNatSchG § 67 Rn. 6. 73Das Instrument der Befreiung erlaubt der Verwaltung nicht, grundlegende Korrekturen an den im Landschaftsplan getroffenen Festsetzungen zu treffen. Solche sind einzig dem Plangeber im Wege der Planänderung vorbehalten. 74Vgl. VG Köln, Urteil vom 5. September 2017 – 2 K 6600/15 –, juris Rn. 70 ff. 75Eine naturschutzrechtliche Befreiung für ein Vorhaben kommt daher vor allem bei Planungen in Betracht, die das Schutzgebiet nur punktuell, „linear“ oder in Grenzbereichen berühren. 76Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 1997 – 4 C 3/95 –, juris Rn. 30; OVG NRW, Urteil vom 21. April 2020 – 8 A 311/19 –, juris Rn. 72 f. 77Dagegen sind Befreiungen nicht dafür konzipiert, bauliche Anlagen in nennenswertem Umfang, in für den Landschaftsschutz bedeutsamen Teilen eines Landschaftsschutzgebiets oder gar flächendeckend zuzulassen und auf diese Weise einen allgemeinen Konflikt zu lösen. 78Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. April 2020 – 8 A 311/19 –, juris Rn. 70. 79In Rechtsprechung und Literatur wird zudem bezweifelt, dass es im Wege der Befreiung möglich sein soll, großflächig Bereiche eines Landschaftsschutzgebiets den Festsetzungen einer Landschaftsschutzverordnung zu entziehen. 80Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. März 2014 – 10 S 216/13 –, juris Rn. 18 und Urteil vom 5. April 1990 – 8 S 2303/89 –, juris Rn. 20; BeckOK UmweltR/Teßmer, 61. Ed. 1.1.2022, BNatSchG § 67 Rn. 6; die Fläche als bestimmendes Kriterium ablehnend: VG Köln, Urteil vom 5. September 2017 – 2 K 6600/15 –, juris Rn. 75. 81Nach Maßgabe dessen kommt hier die Erteilung einer Befreiung von den dem Vorhaben entgegenstehenden Verboten nicht in Betracht, weil dadurch das Vorhabengebiet den maßgeblichen Festsetzungen des Landschaftsplans entzogen und das Schutzgebiet verkleinert würde, was jedoch alleine dem Plangeber vorbehalten ist. 82Das Friedwaldvorhaben ließe sich nur verwirklichen, wenn im Vorhabengebiet sowohl vom Bauverbot als auch – langfristig für die Dauer des Friedwaldbetriebes – von dem Betretensverbot befreit würde. Das Betretensverbot würde damit im Vorhabengebiet funktionslos. Soweit die Klägerin dem entgegenhält, von der Befreiung würden zweckgebunden nur diejenigen Personen Gebrauch machen können, die den Wald im Zusammenhang mit der Nutzung als Friedwald betreten, und dabei handele es sich um einen von der Allgemeinheit abgrenzbaren, vergleichsweise kleinen Personenkreis, lässt sie unberücksichtigt, dass Friedhöfe öffentlich zugänglich sind (Voraussetzung auch bei privater Trägerschaft, § 1 Abs. 6 BestG NRW). Sie können von jedermann, auch zu Erholungszwecken, aufgesucht werden. Faktisch wäre das Betretensverbot damit im Vorhabengebiet aufgehoben. Dies liefe jedoch dem planerischen Grundkonzept zuwider und würde das Schutzgebiet auch nicht nur punktuell, linear oder in Grenzbereichen berühren. Dabei ist nicht entscheidend auf die Fläche abzustellen, auf die sich die Befreiung erstrecken soll. Ihr Anteil von weniger als 1,5 % der Gesamtfläche des Landschaftsschutzgebietes X 0 scheint gering. Für sich betrachtet ist das Vorhabengebiet mit 44 ha hingegen als großflächig zu bezeichnen. Vor allem aber handelt es sich um einen zentralen Bereich für den Biotopverbund, wie aus der Themenkarte „Biotopverbund“ zu ersehen ist. Eine Aufhebung der besonderen Schutzanordnung, auf die es in der Sache hinausläuft, berührt die Grundzüge der Planung und kann nicht im Wege eines Dispenses nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG erfolgen. 83III. Nach alledem hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf die weiter hilfsweise geltend gemachte Aufhebung des Bescheides vom 16. August 2017 und Neubescheidung ihres Antrags vom 2. Mai 2017. 84Dies setzte die Rechtswidrigkeit der Ablehnungsentscheidung und fehlende Spruchreife voraus. Die Versagung der begehrten Genehmigung, die im Übrigen als gebundene Entscheidung ausgestaltet ist, stellt sich jedoch als rechtmäßig dar. 85Aus dem geltend gemachten Anhörungsfehler kann die Klägerin keinen Aufhebungsanspruch für sich herleiten. Nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW ist vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Hiernach ist eine Anhörung nur bei Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes vorgesehen. Die Versagung eines begünstigenden Verwaltungsaktes fällt nach ständiger Rechtsprechung nicht hierunter. 86Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1982 – 3 C 46.81 –, juris Rn. 35; OVG Magdeburg, Beschluss vom 21. April 2021 – 2 L 97/19 –, juris Rn. 32; VG Lüneburg, Urteil vom 10. Mai 2017 – 5 A 104/16 –, juris Rn. 28; Engel/Pfau, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. (2019), § 28 Rn. 32; a.A.: Schneider, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 28 Rn. 23; Kallerhoff/Mayer, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. (2018), § 28 Rn. 31 ff.; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. (2021), § 28 Rn. 26 ff. 87Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 88Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. 89Rechtsmittelbelehrung: 90Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 91Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 92Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 93Die Berufung ist nur zuzulassen, 941. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 952. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 963. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 974. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 985. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 99Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. 100Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 101Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 102Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 103Beschluss: 104Der Streitwert wird auf 15.000,- Euro festgesetzt. 105Gründe: 106Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt. 107Rechtsmittelbelehrung: 108Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 109Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen. 110Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 111Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 112Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 113War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | die klage wird abgewiesen. die klägerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 % des auf grund des urteils beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht der beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die klägerin begehrt die friedhofsrechtliche genehmigung für die errichtung und den betrieb eines sogenannten friedwaldes in kommunaler trägerschaft. 32014/2015 traten die w gmbh und die u. vermögensverwaltung gmbh gemeinsam mit dem ansinnen an die klägerin heran, in i. einen friedwald zu errichten und zu betreiben. dabei soll die asche verstorbener in einer biologisch abbaubaren urne an den wurzeln eines baumes in freier natur beigesetzt werden. die betroffenen waldgrundstücke sind teil der überwiegend bewaldeten u1. berge und stehen im eigentum der u. vermögensverwaltung gmbh. der friedhof soll von der w gmbh betrieben werden. hierzu unterbreitete die w gmbh ihr konzept der klassischen partnerschaft, nach dem zwischen waldbesitzer, gemeinde und w gmbh verträge geschlossen werden, der waldbesitzer die waldfläche zur verfügung stellt, die gemeinde als friedhofsträger die genehmigung beantragt und die w gmbh als deren verwaltungshelfer den friedwald betreibt. 4die klägerin verfügt bisher über keine kommunalen friedhofseinrichtungen. die friedhöfe im gemeindegebiet befinden sich in kirchlicher trägerschaft (evangelische kirchengemeinde e. und evangelische kirchengemeinde i. ). auf beschluss des haupt- und finanzausschusses der klägerin im april 2015 wurden die kirchengemeinden zu dem vorhaben angehört; die evangelische kirchengemeinde e. sprach sich dagegen aus. 5im februar 2016 richtete die klägerin eine informelle anfrage zur genehmigungsfähigkeit an den beklagten. mit ratsbeschluss vom 6. juli 2016 entschied die klägerin, die friedhofsrechtliche genehmigung zu beantragen und die verträge vorzubereiten. 6im august 2016 reichte die w gmbh unterlagen zur erläuterung und kartenmäßigen darstellung des vorhabens bei dem beklagten ein. von der beteiligten landschaftsplanung wurden daraufhin bedenken erhoben, weil der landschaftsplan des beklagten für den raum i. /t. mit seinen darstellungen und festsetzungen, insbesondere mit seinem betretungsverbot, dem vorhaben entgegenstehe. 7am 26. september 2016 erfolgte eine besprechung der beteiligten zum austausch über den stand des verfahrens nach prüfung der vorgelegten unterlagen. dabei teilte der beklagte der klägerin mit, dass keine grundsätzlichen bedenken bestünden, aus sicht der unteren landschaftsbehörde auch keine bedenken aus materieller sicht, jedoch müsse das formelle problem, dass der landschaftsplan mit dem allgemeinen betretungsverbot dem planungsziel entgegenstehe, überwunden werden. dazu sei eine bauleitplanung in form einer flächennutzungsplanänderung und eines (einfachen) bebauungsplanes erforderlich. die klägerin trat dem mit einer im auftrag der w gmbh gefertigten stellungnahme von prof. dr. dr. t1. vom 5. november 2016 entgegen, wonach das betretungsverbot in ermangelung einer tragfähigen begründung nicht den verfassungsrechtlichen anforderungen zu genügen vermöge, die anpassung aber über eine landschaftsschutzrechtliche befreiung im rahmen des friedhofsrechtlichen genehmigungsverfahrens erfolgen solle. denn der friedhofsrechtlichen genehmigung komme konzentrationswirkung zu. anfang märz 2017 fand eine unterredung zwischen landrat und bürgermeister statt, in der der klägerin aufgezeigt wurde, dass ein genehmigungsantrag nach dem bestattungsgesetz nrw nicht erfolgversprechend sei. 8unter dem 25. april 2017 schloss die klägerin einen nutzungsvertrag mit der u. vermögensverwaltung gmbh und einen austauschvertrag mit der w gmbh, jeweils unter der aufschiebenden bedingung, dass sämtliche erforderlichen genehmigungen zum friedwaldbetrieb vorliegen. 9am 2. mai 2017 beantragte die klägerin bei dem beklagten, die einrichtung eines friedwald-standortes auf den gemarkungen c. (flur 0) und c1. (flur 00) gemäß § 2 des gesetzes über das friedhofs- und bestattungswesen (bestattungsgesetz – bestg nrw) zu genehmigen. 10sämtliche grundstücke liegen im außenbereich des gemeindegebietes. der flächennutzungsplan stellt hier fläche für wald dar; es besteht kein bebauungsplan. das plangebiet befindet sich im wasserschutzgebiet iii b der wassergewinnungsanlage c1. /h. der niederrheinischen gas- und wasserwerke. 11die insgesamt ca. 44 ha großen grundstücke liegen weiter im geltungsbereich des am 27. dezember 2004 in kraft getretenen landschaftsplanes des kreises x. , raum i. /t. , dort im bereich des ca. 3.337 ha großen landschaftsschutzgebiets x 0 „landschaftsschutzgebiet hauptterrasse südlich i. “. zusätzlich zu den allgemeinen festsetzungen des landschaftsplans, nach denen es u.a. verboten ist, bauliche anlagen im sinne der bauordnung des landes nordrhein-westfalen zu errichten oder in einer das landschaftsbild beeinträchtigenden weise zu ändern, auch wenn sie keiner bauaufsichtlichen genehmigung bedürfen (ziff. 2.4.1 verbot i.1), gilt hier auch das verbot, flächen außerhalb der straßen, wege, park- und stellplätze sowie grillplätze zu betreten oder auf diesen zu reiten (ziff. 2.4.2 verbot i.14). 12in ihrem antrag führte die klägerin aus, mittelfristig sei mit etwa 4-5 beisetzungen pro woche zu rechnen. zuwegung und parkplätze seien vorhanden. zu beisetzungszeiten seien etwa 15-20 stellplätze notwendig; der öffentliche wanderparkplatz biete ausreichend stellplätze für alle waldbesucher. im zugangsbereich vom parkplatz in den friedwald solle eine informationstafel im format din a0 mit hölzernem rahmen aufgestellt werden, auf der die friedwaldfläche deutlich gekennzeichnet sei. zudem werde eine satzungstafel im bereich des parkplatzes sowie eine mobile toilette aufgestellt. um kurze andachtsfeiern abhalten zu können, werde ein kleiner andachtsplatz auf einer fläche von ca. 200-300 m² in einer existierenden bestandslücke im wald angelegt. zusätzlich werde der andachtsplatz mit natürlichen und standortgerechten forstgehölzen eingefasst. der boden werde mit einem sand-wassergebundenen material befestigt und sei somit wasserdurchlässig. auf dem andachtsplatz würden 6-8 holzbänke sowie ein urnenpult aus naturstein oder einem baumstammabschnitt aufgestellt sowie ein holzkreuz errichtet. dazu werde ein metallschuh einbetoniert, sodass das kreuz je nach wunsch der trauernden bei der beisetzung aufgebaut oder mit wenigen handgriffen entfernt werden könne. von dem bestehenden, bereits asphaltierten m.--------weg aus sei zudem ein etwa 2,5-3 m breiter befestigter waldweg hin zu dem gedachten andachtsplatz geplant, ebenfalls in sandwassergebundener form. ein weiterer wegeausbau sei nicht notwendig. lediglich die bereits vorhandenen waldwege und pfade würden während des friedwaldbetriebes so instandgehalten, dass sie mit festem schuhwerk genutzt werden könnten. im südlichen plangebiet befinde sich eine von vier separaten flächen eines gesetzlich geschützten biotops. im bereich des feuchtbiotops seien schon aufgrund der bodenbeschaffenheit keine beisetzungen möglich. zudem werde zum schutze des biotops mindestens ein abstand von 10 m eingehalten, in dem keine beisetzungen durchgeführt würden. ferner würden die fußwege so geleitet, dass die waldbesucher diesen schützenswerten bereich nicht durchlaufen und somit auch nicht negativ beeinträchtigen könnten. pro hektar seien 85-100 bestattungsbäume vorgesehen. an einem baum könnten bis zu zehn urnen beigesetzt werden. ohne abweichung von dem betretungsverbot könne der friedwald nicht betrieben werden. daher werde eine befreiung nach § 67 abs. 1 nr. 1 bundesnaturschutzgesetz (bnatschg) von dem betretungsverbot in ziffer 2.4.2 i.14 des landschaftsplans beantragt. es liege ein atypischer fall vor. friedwälder seien zur zeit der aufstellung des landschaftsplans in den jahren 2001-2004 in deutschland noch weitgehend unbekannt gewesen. das nordrheinwestfälische bestattungsgesetz habe erst im juni 2003 die voraussetzungen für eine zulassung von bestattungswäldern geschaffen. an der errichtung eines bestattungswaldes bestehe ein öffentliches interesse. kommunen seien im wege der daseinsvorsorge verpflichtet, ausreichende bestattungsmöglichkeiten vorzuhalten. dabei bestehe auch ein öffentliches interesse an der ermöglichung alternativer bestattungsformen. im rahmen der vorzunehmenden abwägungsentscheidung überwiege das öffentliche interesse. vergleichbare flächen zur verwirklichung des bedarfs an alternativen gestaltungsmöglichkeiten existierten im gemeindegebiet nicht. demgegenüber würden durch das betretungsverbot auf den antragsgegenständlichen waldflächen keine einzigartigen oder besonders wertvollen strukturen geschützt. zudem werde der zweck des betretungsverbotes im landschaftsschutzgebiet durch die stille und pietätsvolle nutzung der antragsgegenständlichen waldflächen im falle des betriebes eines friedwaldes kaum beeinträchtigt. die pflege und entwicklung der friedwaldflächen fördere den zweck des betretungsverbotes sogar in weiten teilen. die befreiung könne gemeinsam mit der beantragten bestattungsrechtlichen genehmigung erteilt werden. 13in dem von dem beklagten durchgeführten beteiligungsverfahren wurden insbesondere seitens der unteren und oberen wasserbehörde und der unteren gesundheitsbehörde keine grundsätzlichen bedenken geäußert. die untere bauaufsicht nahm dahingehend stellung, dass der geplante andachtsplatz einer bauaufsichtlichen genehmigung bedürfe. aus sicht von naturschutz und landschaftspflege wurden die darstellungen und festsetzungen des landschaftsplanes eingewandt, insbesondere das betretungsverbot, das gegenüber jedermann und damit einem unbestimmten personenkreis gelte und von dem nicht im wege einer befreiung abgewichen werden könne. 14mit bescheid vom 16. august 2017 versagte der beklagte die genehmigung, da ihr öffentlich-rechtliche vorschriften entgegenstünden. das vorhaben stehe im widerspruch zum bauplanungsrecht. es widerspreche den darstellungen des flächennutzungsplanes. ein friedhof sei keine waldnutzung. auch bedürfe es einer förmlichen planung nach § 1 abs. 3 s. 1 baugesetzbuch (baugb), wenn – wie hier – eine umfassende prüfung sämtlicher belange im rahmen eines baugenehmigungsverfahrens nicht möglich sei. dabei stelle sich die frage des gemeindlichen bedarfs, und die hauptsächlich bezweckte erzielung von einnahmen verstoße wohl gegen § 107 der gemeindeordnung nrw. ferner stehe der landschaftsplan als vorschrift des öffentlichen rechts dem vorhaben an der geplanten stelle entgegen. die gemäß ziffern 2.4.1 und 2.4.2 geltenden ge- und verbote, insbesondere das verbot i.14, seien zur erreichung des schutzzwecks „biotopverbund“ erforderlich. das betretungsverbot außerhalb der wege, park- und stellflächen sei erforderlich, um den biotopverbund dauerhaft zu gewährleisten. es schütze insbesondere solche störempfindlichen tierarten, deren arttypische wanderbewegungen auf vernetzten, störungsfreien und hinsichtlich der biotopstrukturen funktionsgerecht ausgestatteten korridoren basierten. eine befreiung von den ge- und verboten des landschaftsplanes komme nicht in betracht. der geltungsanspruch des in rede stehenden verbotes dürfe durch eine behördenentscheidung grundsätzlich nicht auf breiter front durchbrochen werden. dies sei nicht inhalt der ermächtigung zur befreiung im einzelfalle. da das betretungsverbot gegenüber jedermann und damit einem unbestimmten personenkreis gelte, könne von der norm nicht im wege einer befreiung abgewichen werden. eine generelle befreiung zur überwindung des betretungsverbotes komme somit für die klägerin, aber auch für die w gmbh formalrechtlich nicht in betracht. ferner stehe das eigentum dritter einer nutzung als gemeindlichem friedhof entgegen. mit blick auf den wasserschutz werde ein begleitendes grundwassermonitoring gefordert, dessen einzelheiten erst dann festgelegt würden, wenn die ergebnisse der vom umweltbundesamt in auftrag gegebenen forschungsarbeit „evaluierung von ausmaß und ursachen einer schadstofffreisetzung aus urnen in bestattungswäldern“ vorlägen. einige flächen des vorhabens seien als teil des ökokontos der u. vermögensverwaltung gmbh ausgewiesen. bei der geplanten nutzung könne die anerkennung dieser flächen als ökokontoflächen nicht in aussicht gestellt werden. der erforderlichen baurechtlichen genehmigung für die befestigung des vorgesehenen andachtsplatzes stehe der landschaftsplan entgegen. die darstellungen hinsichtlich des verkehrsaufkommens ließen keine grundlage erkennen. ein entsprechendes verkehrsgutachten sei nicht vorgelegt worden. forstrechtlich bestünden anzeigepflichten. für eine abschließende beurteilung möglicher beeinträchtigungen des im südlichen planbereich gelegenen biotops durch bestattungen und besucherverkehr seien konkrete angaben zu den geplanten eingriffen sowie kompensationsmaßnahmen erforderlich und ein landschaftspflegerischer begleitplan vorzulegen. jagdrechtlich bestünden informationspflichten. die nach dem bestattungsgesetz erforderliche satzung sei nicht vorgelegt worden, ein beleihungsakt nicht erfolgt und gegen die mobile toilettenanlage bestünden erhebliche bedenken, da sie negative vorbildwirkung für anlagen im außenbereich habe. die geplante informationstafel genüge nicht zur wahrung der totenwürde. 15am 15. september 2017 hat die klägerin klage erhoben, zu deren begründung sie im einzelnen ausführt, dass die ablehnungsgründe des beklagten nicht trügen und auch im übrigen vorschriften des öffentlichen rechts der genehmigungserteilung nicht entgegenstünden. die genehmigungserteilung sei weder vom vorliegen der friedhofssatzung noch von der vorlage ihres entwurfs abhängig. es handele sich schon nicht um ein vorhaben im sinne des baugb; selbst wenn dies der fall wäre, bestehe jedenfalls kein planungserfordernis. gegen den flächennutzungsplan werde nicht verstoßen, da sich an der nutzungsart „wald“ nichts ändere. das betretungsverbot des landschaftsplans sei unwirksam, da es nicht von der ermächtigungsgrundlage gedeckt sei und gegen das übermaßverbot verstoße. es gebe keine substantiierte besondere begründung für das betretungsverbot. eine analyse zu erwartender beeinträchtigungen bzw. störungen sei offensichtlich nicht erfolgt. die rüge unterliege nicht der geltendmachungsfrist. jedenfalls bestehe ein anspruch auf befreiung vom betretungsverbot. dieses werde durch die befreiung nicht generell aufgehoben; vielmehr handele es sich um einen vergleichsweise kleinen personenkreis, der den friedwald nutzen werde, und auch flächenmäßig sei bei einem vorhabenbereich von 43/44 ha im vergleich zur gesamtfläche von ca. 3.300 ha keine breite durchbrechung zu besorgen. gegen das bauverbot werde nicht verstoßen, da schon keine baulichen anlagen geplant seien. der andachtsplatz könne anstatt mit einem schottersandgemisch auch mit holzhackschnitzeln befestigt werden. selbst wenn es sich um bauliche anlagen handeln sollte, bestünde ein anspruch auf befreiung vom bauverbot, da hier noch offensichtlicher nicht die verfahrensrechtlichen anforderungen an eine förmliche satzungsänderung unterlaufen würden und das landschaftsschutzgebiet nur punktuell und singulär betroffen sei. der bloße entwurf des regionalplans ruhr stelle noch keine verbindlichen ziele der raumordnung dar. in aufstellung befindliche ziele der raumordnung seien lediglich in abwägungs- oder ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. sofern die sache noch nicht spruchreif sei, sei der beklagte zur neubescheidung zu verpflichten. das folge nicht allein aus den unzutreffenden rechtlichen erwägungen des beklagten, sondern bereits aus der unterbliebenen anhörung der klägerin vor ablehnung ihres antrags. 16die klägerin beantragt, 171.18den beklagten unter aufhebung seines bescheides vom 16.08.2017 zu verpflichten, ihr die unter dem 02.05.2017 beantragte genehmigung zur errichtung eines kommunalen friedhofs in i. auf den grundstücken gemarkung c1. , flur 00, flurstücke 000, 000, 000 und gemarkung c. , flur 0, flurstücke 0, 00, 00, 00, 00, 00, 00 zu erteilen, 2.19hilfsweise, den beklagten unter aufhebung seines bescheides vom 16.08.2017 zu verpflichten, der klägerin eine befreiung nach § 67 bundesnaturschutzgesetz für die errichtung des unter dem 02.05.2017 beantragten kommunalen friedhofs in i. zu erteilen und anschließend die unter dem 02.05.2017 beantragte bestattungsrechtliche genehmigung zur errichtung des friedhofs zu erteilen, 3.20weiter hilfsweise, den beklagten unter aufhebung seines bescheides vom 16.08.2017 zu verpflichten, den antrag vom 02.05.2017 unter beachtung der rechtsauffassung des gerichts erneut zu bescheiden. 21der beklagte beantragt, 22die klage abzuweisen. 23er verweist auf die gründe seines ablehnenden bescheids und macht weiter geltend: eine anhörung der klägerin vor erlass des ablehnungsbescheides sei nicht erforderlich gewesen, zumal sie bereits im vorfeld auf die entscheidungsrelevanten aspekte hingewiesen worden sei. der antrag sei unterdessen nicht entscheidungsreif, da die klägerin keine vollständigen prüffähigen unterlagen vorgelegt habe. es fehle der satzungsentwurf, in dem die wesentlichen förmlichkeiten für die nutzung des friedhofs geregelt würden. das betretungsverbot sei wirksam. die klägerin sei mit ihren dagegen erhobenen einwendungen schon präkludiert, weil die rügefrist abgelaufen sei. die gründe für die ausweisung des landschaftsschutzgebietes ergäben sich aus dem landschaftsplan. der schutzzweck der landesweiten und regionalen bedeutung für den biotopverbund mache das festgesetzte betretungsverbot notwendig. entscheidend für die schutzbedürftigkeit sei die gesamträumliche situation. es handelte sich nicht um ein beliebiges landschaftsschutzgebiet, sondern um einen schwerpunkt der biotopvernetzung in der region. eine auflistung zu schützender tierarten sei entbehrlich. die erholungsfunktion werde nicht ausgeschlossen. es bestehe ein ausgedehntes frei nutzbares wander- und reitwegenetz. das vorhabengebiet liege im bereich eines künftigen naturschutzgebiets. die regelung im gesamtzusammenhang stelle kein repressives verbot ohne erlaubnisvorbehalt dar. eine befreiung vom verbot für eine unbestimmte zahl von personen bzw. eine generelle befreiung für die geplante friedhofsfläche komme einer planänderung gleich. das vorhaben verstoße auch gegen das bauverbot. der andachtsplatz, die errichtung neuer und der ausbau vorhandener wege sowie die informationstafel seien bauliche anlagen. entscheidend sei, dass aufgrund der bedeutung der in rede stehenden teile des landschaftsschutzgebietes für den biotopverbund gemäß § 21 bnatschg und der konkretisierungen durch das bestehende landschaftsschutzgebiet eine abweichung vom aktuellen landschaftsplan nicht möglich sei. 24wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beteiligten und des landschaftsplans des kreises x. raum i. /t. bezug genommen. 25 | 26die klage hat keinen erfolg. sie ist zulässig, aber unbegründet. 27die klägerin hat keinen anspruch auf erteilung der begehrten friedhofsrechtlichen genehmigung (i.). die hilfsweise begehrte befreiung von den dem vorhaben entgegenstehenden verboten des landschaftsplans kommt nicht in betracht (ii.). insoweit erweist sich die ablehnungsentscheidung des beklagten vom 16. august 2017 als rechtmäßig und verletzt die klägerin daher nicht in ihren rechten (§ 113 abs. 5 satz 1, abs. 1 satz 1 vwgo). hiernach besteht auch kein anspruch auf die weiter hilfsweise begehrte neubescheidung, § 113 abs. 5 satz 2 vwgo (iii.). 28i. die klägerin kann von dem beklagten nicht die nach § 2 abs. 1 satz 1 bestg nrw erforderliche genehmigung für die errichtung eines friedhofs einer kreisangehörigen gemeinde beanspruchen. 29die genehmigung ist gemäß § 2 abs. 3 bestg nrw zu erteilen, wenn der friedhof den erfordernissen des wasserhaushaltsrechts und des gesundheitsschutzes entspricht und ihr sonstige vorschriften des öffentlichen rechts nicht entgegenstehen. diese voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. der beantragten genehmigung stehen die rechtsverbindlichen festsetzungen des im dezember 2004 in kraft getretenen landschaftsplans des kreises x. , raum i. /t. entgegen. 301. nach ziffer 2.4.2 i.14 der textlichen festsetzungen des landschaftsplanes ist es im landschaftsschutzgebiet x 0 verboten, flächen außerhalb der straßen, wege, park- und stellplätze sowie grillplätze zu betreten oder auf diesen zu reiten. dieses betretensverbot steht der geplanten friedwaldnutzung, bei der die asche verstorbener an den wurzeln eines baumes in freier natur beigesetzt werden soll und die ein betreten von flächen abseits der wege erfordert, entgegen. 31der einwand der klägerin, dieses betretensverbot sei unwirksam und stehe dem vorhaben nicht entgegen, weil es nicht von der ermächtigungsgrundlage gedeckt sei und gegen das übermaßverbot verstoße, verfängt nicht. 32dabei geht das gericht davon aus, dass der einwand entgegen der rechtsauffassung des beklagten nicht bereits unbeachtlich ist nach der damals geltenden vorschrift des § 30 abs. 3 nr. 2 des zwischenzeitlich außer kraft getretenen landschaftsgesetzes nrw in der fassung der bekanntmachung vom 21. juli 2000 (im folgenden: lg nrw). die klägerin rügt keine mängel des abwägungsergebnisses, die nach der vorstehenden, zum zeitpunkt des inkrafttretens des landschaftsplans im dezember 2004 geltenden vorschrift für die rechtswirksamkeit des landschaftsplans unbeachtlich sind, wenn sie nicht innerhalb von sieben jahren seit bekanntmachung des landschaftsplans schriftlich geltend gemacht worden sind. vielmehr beanstandet die klägerin das vorliegen der normativ vorgegebenen kriterien für die unterschutzstellung. die verbote müssen zur erreichung des schutzzwecks geeignet und notwendig (§ 19 lg nrw bzw. § 22 abs. 1 satz 2 bnatschg), die schutzmaßnahme also für das gemeinwohl erforderlich sein. erst dann sind ihre auswirkungen mit den übrigen zielen des naturschutzes und gegen die sonstigen anforderungen der allgemeinheit an natur und landschaft abzuwägen. 33vgl. schumacher/fischer-hüftle, bundesnaturschutzgesetz, 3. aufl. (2021), § 22 rn. 46. 34damit unterliegt die schutzerklärung der verwaltungsgerichtlichen inzidentkontrolle im rahmen der überprüfung der hierauf gestützten genehmigungsversagung. 35das betretensverbot ist aber materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. es entspricht den an den erlass eines solchen verbots gestellten anforderungen und ist mit höherrangigem recht vereinbar. 36es findet seine rechtsgrundlage im seinerzeit geltenden § 34 abs. 2 lg nrw. danach sind in landschaftsschutzgebieten nach maßgabe näherer bestimmungen im landschaftsplan alle handlungen verboten, die dem besonderen schutzzweck zuwiderlaufen. diese näheren bestimmungen werden in der schutzerklärung festgelegt. 37repressive verbote ohne erlaubnisvorbehalt dürfen dabei nur dann erlassen werden, wenn von vornherein feststeht, dass die verbotene handlung dem besonderen schutzzweck schlechthin zuwiderläuft. denn landschaftsschutzrechtliche verbote dürfen nicht weiterreichen, als im interesse der gesetzlich anerkannten schutzgüter erforderlich ist. dem schutzzweck nicht generell zuwider laufende handlungen dürfen dagegen nur mit präventiven verboten mit erlaubnisvorbehalt belegt werden, die es der naturschutzbehörde ermöglichen, die vereinbarkeit der maßnahmen mit den schutzgütern der schutzerklärung in jedem einzelfall zu überprüfen, und einen anspruch auf erteilung der erlaubnis begründen, wenn die schutzgüter nicht beeinträchtigt werden. 38vgl. hessvgh, urteil vom 9. märz 2017 – 4 c 328/16.n –, juris rn. 85; ovg lüneburg, urteil vom 13. märz 2003 – 8 kn 236/01 –, juris rn. 46 m.w.n. und hinweis auf bverwg, urteil vom 12. juli 1956 – i c 91.54 –, juris. 39bei dem streitgegenständlichen verbot, flächen außerhalb der straßen, wege, park- und stellplätze sowie grillplätze zu betreten oder auf diesen zu reiten, handelt es sich um ein repressives verbot ohne erlaubnisvorbehalt. jenseits diverser maßnahmen und nutzungen, die von dem verbot unberührt bleiben (allgemeine unberührtheitsklausel ziffer 2.1 i., besondere unberührtheitsklausel ziffer 2.4.2 i.14 und unberührtheiten gemäß textlichen festsetzungen zum landschaftsschutzgebiet x ), besteht nur die möglichkeit der befreiung nach § 69 abs. 1 lg nrw (ziffer 2.1 i. befreiungen), die sich nach außerkrafttreten dieser vorschrift nunmehr in § 67 abs. 1 bnatschg findet. 40das solchermaßen ausgestaltete betretensverbot war und ist wegen der bedeutung des gebietes für den landesweiten und den regionalen biotopverbund erforderlich im sinne der §§ 19, 21 lg nrw. 41wild lebende tiere und pflanzen sind teil des naturhaushalts, weshalb in landschaftsschutzgebieten schon vor der durch das bundesnaturschutzgesetz 2009 erfolgten ergänzung von § 67 abs. 1 nr. 1 bnatschg ziele des arten- und biotopschutzes verfolgt werden konnten. der nach § 21a lg nrw bzw. § 26 bnatschg ermöglichte schutz von lebensstätten und lebensräumen geht über das spezielle, nur für besonders geschützte arten und unter weiteren voraussetzungen greifende störungsverbot nach § 44 abs. 1 bnatschg hinaus. in einem landschaftsschutzgebiet sind zum schutz von lebensstätten und lebensräumen alle handlungen zu verbieten, die geeignet sind, die lebensbedingungen der pflanzen und tierarten zu beeinträchtigen. 42vgl. hessvgh, urteil vom 9. märz 2017 – 4 c 328/16.n –, juris rn. 62; schumacher/fischer-hüftle, bundesnaturschutzgesetz, § 26 rn. 23. 43repressive verbote sind zur abwehr von beeinträchtigungen und störungen z.b. durch betreten möglich, wenn die störung mit dem schutzzweck schlechthin unvereinbar ist. 44vgl. schumacher/fischer-hüftle, bundesnaturschutzgesetz, § 26 rn. 41. 45so verhält es sich vorliegend. der schutzzweck „biotopverbund“ erfordert das betretensverbot abseits der straßen, wege und plätze. 46das großflächige landschaftsschutzgebiet x 0 ist überwiegend bewaldet, und der wald ist teil des regional bedeutsamen biotopverbundes. außerdem hat das gebiet in verbindung mit den angrenzenden naturschutzgebieten für den arten- und biotopschutz eine wichtige habitatfunktion (erläuterungsband zum landschaftsplan, s. 67). die gesamträumliche bedeutung des schutzgebiets auch für den landesweiten biotopverbund und seine besonderheit als schwerpunkt der biotopvernetzung in der region ist aus der dem erläuterungsband zum landschaftsplan anliegenden themenkarte „biotopverbund“ zu ersehen. ausweislich dieser themenkarte erstreckt sich der biotopverbund über das gesamte landschaftsschutzgebiet. nichts anderes ist dem von der klägerin eingereichten übersichtsplan des ingenieur- und planungsbüros m1. gbr von september 2019 (anlage k 2 zum schriftsatz vom 16. september 2019, bl. 300 ga) zu entnehmen. die darstellung zeigt biotopverbundsflächen mit besonderer oder stellenweiser herausragender bedeutung im gesamten landschaftsschutzgebiet. soweit kennzeichnende schraffuren unterbrochen sind, ist dem – wenn überhaupt – jedenfalls keine maßgebliche bedeutung zuzumessen. 47auf dieser grundlage ist seitens des beklagten in der mündlichen verhandlung nachvollziehbar erläutert worden, dass die biotopvernetzung für das gesamte schutzgebiet in alle himmelsrichtungen gilt und das schutzgebiet ein tragendes element des landesweiten biotopverbundes ist. hier werden die biotope des hellweg-bereiches zu den lebensräumen an der lippe und am rhein miteinander verbunden. 48die festsetzungen für das landschaftsschutzgebiet haben den zielsetzungen des biotopverbunds rechnung zu tragen. als ziel des biotopverbunds hat der gesetzgeber seinerzeit die nachhaltige sicherung von heimischen tier- und pflanzenarten und deren populationen einschließlich ihrer lebensräume und lebensgemeinschaften sowie die bewahrung, wiederherstellung und entwicklung funktionsfähiger ökologischer wechselbeziehungen formuliert (§ 2b abs. 2 satz 1 lg nrw). der plangeber hat zum biotopverbund erläuternd ausgeführt, dass bestimmte tierarten bzw. –gemeinschaften auf funktional zusammenhängende lebensräume oder ein bestimmtes minimalareal angewiesen seien; außerdem sei zum erforderlichen austausch zwischen verschiedenen tierpopulationen und für die erforderlichen funktionsbeziehungen zwischen den biotopen und lebensräumen untereinander die vernetzung bzw. der verbund der biotope zu gewährleisten (erläuterungsband zum landschaftsplan, s. 48). es geht mithin um geschützte rückzugsbereiche und die ermöglichung von wanderbewegungen der dort lebenden tiere. 49das betretensverbot ist zur erreichung dieser schutzfunktionen geeignet und erforderlich. es sichert die rückzugsräume der störempfindlichen waldbewohnenden tierarten abseits des bestehenden dichten wegenetzes. es schützt insbesondere solche störempfindlichen tierarten, deren arttypische wanderbewegungen auf vernetzten, störungsfreien und hinsichtlich der biotopstrukturen funktionsgerecht ausgestatteten korridoren basieren. letzteres hat der beklagte bereits in seinem ablehnenden bescheid vom 16. august 2017 ausgeführt (seite 8). insofern handelt es sich nicht um in der mündlichen verhandlung erstmals neu vorgetragene tatsachen, die das betretensverbot rechtfertigen sollen. vielmehr ist seitens des beklagten der bisherige vortrag erläutert und dargelegt worden, welche anderweitigen – bestandsgeschützten – nutzungen zur korridorbildung im vorhabengebiet geführt haben. 50gleiches gilt für die erläuterungen des beklagten in der mündlichen verhandlung, welche tiere u.a. auf wandermöglichkeiten angewiesen sind (neben dem rothirsch, wolf und biber allerweltsarten wie wildschweine und rehe) und wie der biotopverbund funktioniert (nachhaltige sicherung heimischer tier- und pflanzenarten etwa durch den tierischen transport von pflanzensamen, genetischer austausch von arten). 51das gericht hat hiernach keine veranlassung, an der im verfahren zur aufstellung des landschaftsplans getroffenen fachlichen einschätzung zur erforderlichkeit des betretensverbots im landschaftsschutzgebiet x 0 zu zweifeln. in der mündlichen verhandlung ist seitens des beklagten weiter nachvollziehbar erläutert worden, dass es landschaftsschutzgebiete mit gleichlautendendem schutzzweck (biotopverbund), aber ohne betretungsverbot gibt, weil es keines betretungsverbotes bedarf, wenn die vernetzung über gewässer erfolgt oder es etwa darum geht, die wanderbewegung von vögeln zu sichern. dies trifft auf das landschaftsschutzgebiet x 0 nicht zu. zweifel ergeben sich auch nicht daraus, dass dem vorhaben im rahmen der voranfrage zunächst hauptsächlich formelle bedenken entgegen gehalten worden sind. der inhalt der verwaltungsvorgänge trägt die erklärung, man sei auf seiten des beklagten (erst) nach intensiverer auseinandersetzung mit der angelegenheit zu dem ergebnis gekommen, dass dem vorbringen auch materielle gründe entgegenstünden. dies soll ausweislich eines aktenvermerks in einem gespräch zwischen landrat und bürgermeister auch der klägerin vor antragstellung aufgezeigt worden sein (beiakte heft 1 bl. 212). 52der beantragten beweiserhebung durch einholung eines sachverständigengutachtens bedurfte es bei dieser sachlage nicht. es besteht keine veranlassung zu weiterer sachaufklärung. insbesondere geben die erläuternden erklärungen des beklagtenvertreters in der mündlichen verhandlung keine veranlassung, die erforderlichkeit des betretensverbots im landschaftsschutzgebiet x 0 weiter aufzuklären. die erläuterte korridorbildung im vorhabengebiet und die wanderbewegungen dort vorkommender tierarten werden von der klägerin selbst nicht bestritten. das vorkommen von wölfen im raum i. /t. ist zudem über die presse hinlänglich bekannt und auch der lebensraum des rothirschs im landschaftsschutzgebiet – außerhalb des vorhabengebiets – seitens der u. vermögensverwaltung gmbh in der mündlichen verhandlung bestätigt worden. ausweislich des kartenmaterials erstreckt sich der biotopverbund – wie ausgeführt – über das gesamte landschaftsschutzgebiet. damit korrespondiert das flächendeckende verbot zur erreichung des schutzzwecks. 53abgesehen davon würde die beantragte beweiserhebung zur verfahrensverzögerung führen. die prozessbevollmächtigten der klägerin sind mit der ladungsverfügung unter hinweis auf die folgen einer fristversäumung aufgefordert worden, erklärungen und beweismittel innerhalb einer nach § 87b abs. 1 und 2 vwgo gesetzten frist vorzubringen. das beweismittel des sachverständigenbeweises ist nicht bis zum 29. april 2022 bezeichnet worden, ohne dass dies genügend entschuldigt worden ist. dem lässt sich nicht entgegen halten, beweistatsachen seien erstmals in der mündlichen verhandlung vorgebracht worden. wanderbewegungen von tieren auf störungsfreien korridoren hat der beklagte bereits im angefochtenen bescheid angeführt und sein demnach nicht neues vorbringen in der mündlichen verhandlung lediglich konkretisierend erläutert. die klage stützt sich ganz wesentlich auf die annahme, das betretensverbot im landschaftsschutzgebiet x 0 sei nicht erforderlich. der darauf abzielende beweisantrag hätte in allgemeiner form fristgerecht angebracht werden können. 54das betretensverbot ist auch mit höherrangigem recht vereinbar. es verstößt nicht gegen das übermaßverbot. angesichts der zahlreichen unberührtheiten – darunter sämtliche dem bestandsschutz unterfallenden nutzungen, die von dem betretensverbot unberührt bleiben – und der bestehenden nutzungsmöglichkeiten der freien landschaft auf dem sehr dichten wegenetz zu erholungszwecken ist die ausgestaltung als ansonsten repressives verbot nicht zu beanstanden. vielmehr ist nachzuvollziehen, dass das dichte wegenetz und die sonstigen, den biotopverbund einschränkenden nutzungen es erfordern, in dem für den verbund bedeutsamen bereich der tierwelt ohne weitere einschränkungen rückzugsräume zu sichern. es liefe dem schutzzweck schlechthin zuwider, die flächen, die dem lebensbereich von tieren und pflanzen vorbehalten bleiben sollen, weiterer störung preiszugeben. das betreten dieser flächen stört die rückzugs- und wandermöglichkeiten der dort lebenden tiere und beeinträchtigt die lebensräume wildwachsender pflanzen. dies ist ein wichtiger grund des naturschutzes und der landschaftspflege, aus dem das betreten des waldes gemäß § 59 abs. 2 satz 2 bnatschg eingeschränkt werden kann. 552. weiter ist es nach ziffer 2.4.1 i.1 der textlichen festsetzungen des landschaftsplanes in allen landschaftsschutzgebieten verboten, bauliche anlagen im sinne der bauordnung des landes nordrhein-westfalen (bauo nrw) zu errichten oder in einer das landschaftsbild beeinträchtigenden weise zu ändern, auch wenn sie keiner bauaufsichtlichen genehmigung bedürfen. auch dieses allgemeine bauverbot steht der geplanten friedwaldeinrichtung entgegen. 56bei den im antrag vom 2. mai 2017 genannten bestandteilen des friedwaldes handelt es sich um bauliche anlagen gemäß § 2 abs. 1 bauo nrw. nach dieser vorschrift sind bauliche anlagen mit dem erdboden verbundene, aus bauprodukten hergestellte anlagen (satz 1). eine verbindung mit dem erdboden besteht auch dann, wenn die anlage durch eigene schwere auf dem boden ruht oder auf ortsfesten bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die anlage nach ihrem verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden (satz 2). 57danach stellen der geplante 200-300 qm große andachtsplatz mit holzkreuz, pult und sitzbänken sowie die mobile toilette, die informationstafel und der weg zum andachtsplatz bauliche anlagen dar. sämtliche einrichtungen sind aus bauprodukten hergestellt, ruhen mindestens kraft eigener schwere auf dem boden und sind zur ortsfesten verwendung bestimmt. die eigenschaft des andachtsplatzes als bauliche anlage entfällt auch nicht, wenn statt eines sand-kies-gemisches holzhackschnitzel zur befestigung verwendet werden. entscheidend ist die jedenfalls beabsichtigte bodenbefestigung, nicht zuletzt als vorkehrung für nasses wetter. 58es handelt sich zugleich um ein bodenrechtlich (bauplanungsrechtlich) relevantes vorhaben im sinne von § 29 abs. 1 baugb, das der bauaufsichtlichen genehmigung bedarf. bei der beurteilung der bodenrechtlichen relevanz ist nicht die bauliche anlage allein zu betrachten, sondern auch die ihr zugedachte funktion einzubeziehen. 59vgl. bverwg, urteil vom 11. november 1988 – 4 c 50/87 –, juris rn. 14 ff. 60bodenrechtliche relevanz kommt den vorgenannten einrichtungen in ihrer gesamtheit im hinblick auf ihre funktion als (naturnahe) friedhofseinrichtung zu, von der in ziffer 8 der hygiene-richtlinien für die anlage und erweiterung von begräbnisplätzen vorgesehenen toilette bis hin zum andachtsplatz für die trauerfeier. nichts anderes folgt aus dem von der klägerin angeführten erlass des ministeriums für bauen, wohnen, stadtentwicklung und verkehr des landes nordrhein-westfalen vom 22. februar 2017, in dem ausdrücklich von parkplätzen, holzkreuzen, sitzbänken, einfriedungen, wegebefestigungen und sanitäranlagen als baulichen vorhaben im sinne des bauplanungsrechts die rede ist. 61dabei hilft es nicht weiter, dass die beabsichtigte verlängerung eines bestehenden weges als bloße änderung einer vorhandenen baulichen anlage nicht dem bauverbot unterfallen mag, wenn sie das landschaftsbild nicht beeinträchtigt. das bauverbot greift jedenfalls für die gesamtanlage mit ihren weiteren bestandteilen. 62eine befreiung von den dem vorhaben entgegenstehenden verboten gemäß § 67 bnatschg liegt nicht vor. 63ii. die klägerin kann auch nicht hilfsweise beanspruchen, den beklagten unter aufhebung seines bescheides vom 16. august 2017 zur erteilung einer befreiung nach § 67 bnatschg und sodann zur erteilung der friedhofsrechtlichen genehmigung zu verpflichten. 64für die erteilung von befreiungen nach § 67 bnatschg ist gemäß § 75 abs. 1 satz 1 i.v.m. § 2 abs. 1 satz 1 nr. 3 lnatschg nrw der beklagte als untere naturschutzbehörde zuständig. es handelt sich um eine gesonderte entscheidung, die ihrerseits mit rechtsbehelfen angreifbar ist, wenn – wie hier – die befreiung nicht durch eine andere genehmigung ersetzt oder von der konzentrationswirkung einer genehmigung erfasst wird. die genehmigung nach § 2 abs. 3 bestg nrw hat keine konzentrationswirkung. sie schließt nach anderen gesetzen erforderliche erlaubnisse oder genehmigungen nicht ein. 65vgl. gaedke, handbuch des friedhofs- und bestattungsrechts, 13 aufl. (2022), kapitel 2 rn. 40, 42. 66bedarf ein vorhaben – so wie vorliegend – einer genehmigung, die voraussetzt, dass dem vorhaben keine öffentlich-rechtlichen vorschriften entgegenstehen, ist die befreiung vorgreiflich. 67vgl. schumacher/fischer-hüftle, bundesnaturschutzgesetz, § 67 rn. 56. 68der beklagte ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass die erteilung einer befreiung hier nicht in betracht kommt, weil es sich nicht um einen einzelfall handelt, in dem nach § 67 abs. 1 satz 1 bnatschg ein dispens erteilt werden kann. 69die funktion der befreiung besteht darin, rechtlichen unausgewogenheiten abzuhelfen, die sich bei anwendung einer norm auf grund besonderer umstände des einzelfalles ergeben. 70vgl. landmann/rohmer umweltr/gellermann, 96. el september 2021, bnatschg § 67 rn. 10. 71da der anwendungsbereich von § 67 nur für besondere einzelfälle eröffnet ist, darf mittels der erteilung einer (oder mehrerer) befreiung(en) nicht die geltung der norm an sich in frage gestellt werden. die befreiung darf nach umfang und häufigkeit nicht dazu führen, dass die norm ganz oder teilweise gegenstandslos oder funktionslos, die norm sozusagen „in kleiner münze“ aufgehoben wird. damit würde die entscheidung des normgebers in unzulässiger weise auf administrativem weg konterkariert. 72vgl. bverwg, beschluss vom 26. juni 1992 – 4 b 1-11.92 –, juris rn. 40; ovg nrw, urteil vom 21. april 2020 – 8 a 311/19 –, juris rn. 70 f.; vg köln, urteil vom 5. september 2017 – 2 k 6600/15 –, juris rn. 70 ff.; schumacher/fischer-hüftle, bundesnaturschutzgesetz, § 67 rn. 10; beckok umweltr/teßmer, 61. ed. 1.1.2022, bnatschg § 67 rn. 6. 73das instrument der befreiung erlaubt der verwaltung nicht, grundlegende korrekturen an den im landschaftsplan getroffenen festsetzungen zu treffen. solche sind einzig dem plangeber im wege der planänderung vorbehalten. 74vgl. vg köln, urteil vom 5. september 2017 – 2 k 6600/15 –, juris rn. 70 ff. 75eine naturschutzrechtliche befreiung für ein vorhaben kommt daher vor allem bei planungen in betracht, die das schutzgebiet nur punktuell, „linear“ oder in grenzbereichen berühren. 76vgl. bverwg, urteil vom 18. juni 1997 – 4 c 3/95 –, juris rn. 30; ovg nrw, urteil vom 21. april 2020 – 8 a 311/19 –, juris rn. 72 f. 77dagegen sind befreiungen nicht dafür konzipiert, bauliche anlagen in nennenswertem umfang, in für den landschaftsschutz bedeutsamen teilen eines landschaftsschutzgebiets oder gar flächendeckend zuzulassen und auf diese weise einen allgemeinen konflikt zu lösen. 78vgl. ovg nrw, urteil vom 21. april 2020 – 8 a 311/19 –, juris rn. 70. 79in rechtsprechung und literatur wird zudem bezweifelt, dass es im wege der befreiung möglich sein soll, großflächig bereiche eines landschaftsschutzgebiets den festsetzungen einer landschaftsschutzverordnung zu entziehen. 80vgl. vgh baden-württemberg, beschluss vom 24. märz 2014 – 10 s 216/13 –, juris rn. 18 und urteil vom 5. april 1990 – 8 s 2303/89 –, juris rn. 20; beckok umweltr/teßmer, 61. ed. 1.1.2022, bnatschg § 67 rn. 6; die fläche als bestimmendes kriterium ablehnend: vg köln, urteil vom 5. september 2017 – 2 k 6600/15 –, juris rn. 75. 81nach maßgabe dessen kommt hier die erteilung einer befreiung von den dem vorhaben entgegenstehenden verboten nicht in betracht, weil dadurch das vorhabengebiet den maßgeblichen festsetzungen des landschaftsplans entzogen und das schutzgebiet verkleinert würde, was jedoch alleine dem plangeber vorbehalten ist. 82das friedwaldvorhaben ließe sich nur verwirklichen, wenn im vorhabengebiet sowohl vom bauverbot als auch – langfristig für die dauer des friedwaldbetriebes – von dem betretensverbot befreit würde. das betretensverbot würde damit im vorhabengebiet funktionslos. soweit die klägerin dem entgegenhält, von der befreiung würden zweckgebunden nur diejenigen personen gebrauch machen können, die den wald im zusammenhang mit der nutzung als friedwald betreten, und dabei handele es sich um einen von der allgemeinheit abgrenzbaren, vergleichsweise kleinen personenkreis, lässt sie unberücksichtigt, dass friedhöfe öffentlich zugänglich sind (voraussetzung auch bei privater trägerschaft, § 1 abs. 6 bestg nrw). sie können von jedermann, auch zu erholungszwecken, aufgesucht werden. faktisch wäre das betretensverbot damit im vorhabengebiet aufgehoben. dies liefe jedoch dem planerischen grundkonzept zuwider und würde das schutzgebiet auch nicht nur punktuell, linear oder in grenzbereichen berühren. dabei ist nicht entscheidend auf die fläche abzustellen, auf die sich die befreiung erstrecken soll. ihr anteil von weniger als 1,5 % der gesamtfläche des landschaftsschutzgebietes x 0 scheint gering. für sich betrachtet ist das vorhabengebiet mit 44 ha hingegen als großflächig zu bezeichnen. vor allem aber handelt es sich um einen zentralen bereich für den biotopverbund, wie aus der themenkarte „biotopverbund“ zu ersehen ist. eine aufhebung der besonderen schutzanordnung, auf die es in der sache hinausläuft, berührt die grundzüge der planung und kann nicht im wege eines dispenses nach § 67 abs. 1 satz 1 bnatschg erfolgen. 83iii. nach alledem hat die klägerin auch keinen anspruch auf die weiter hilfsweise geltend gemachte aufhebung des bescheides vom 16. august 2017 und neubescheidung ihres antrags vom 2. mai 2017. 84dies setzte die rechtswidrigkeit der ablehnungsentscheidung und fehlende spruchreife voraus. die versagung der begehrten genehmigung, die im übrigen als gebundene entscheidung ausgestaltet ist, stellt sich jedoch als rechtmäßig dar. 85aus dem geltend gemachten anhörungsfehler kann die klägerin keinen aufhebungsanspruch für sich herleiten. nach § 28 abs. 1 vwvfg nrw ist vor erlass eines verwaltungsaktes, der in rechte eines beteiligten eingreift, diesem gelegenheit zu geben, sich zu den für die entscheidung erheblichen tatsachen zu äußern. hiernach ist eine anhörung nur bei erlass eines belastenden verwaltungsaktes vorgesehen. die versagung eines begünstigenden verwaltungsaktes fällt nach ständiger rechtsprechung nicht hierunter. 86vgl. bverwg, urteil vom 14. oktober 1982 – 3 c 46.81 –, juris rn. 35; ovg magdeburg, beschluss vom 21. april 2021 – 2 l 97/19 –, juris rn. 32; vg lüneburg, urteil vom 10. mai 2017 – 5 a 104/16 –, juris rn. 28; engel/pfau, in: mann/sennekamp/uechtritz, vwvfg, 2. aufl. (2019), § 28 rn. 32; a.a.: schneider, in: schoch/schneider, vwvfg, stand: juli 2020, § 28 rn. 23; kallerhoff/mayer, in: stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 9. aufl. (2018), § 28 rn. 31 ff.; ramsauer, in: kopp/ramsauer, vwvfg, 22. aufl. (2021), § 28 rn. 26 ff. 87die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 88die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zpo. 89rechtsmittelbelehrung: 90gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 91auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 92innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 93die berufung ist nur zuzulassen, 941. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 952. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 963. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 974. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 985. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 99die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich einzureichen. 100über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 101im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 102die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 103beschluss: 104der streitwert wird auf 15.000,- euro festgesetzt. 105gründe: 106die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg erfolgt. 107rechtsmittelbelehrung: 108gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 109auf die ab dem 1. januar 2022 unter anderem für rechtsanwälte, behörden und juristische personen des öffentlichen rechts geltende pflicht zur übermittlung als elektronisches dokument nach maßgabe der §§ 55a, 55d verwaltungsgerichtsordnung – vwgo – und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer-rechtsverkehr-verordnung – ervv –) wird hingewiesen. 110die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 111die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 112die beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 113war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. | Verklagte*r | 0 |
337,775 | 20 O 493/17 | 2021-04-26T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.104,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.01.2018 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Auskunftserteilung und Rechnungslegung, welche anteiligen Erlöse die Klägerin aus der Vermarktung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Kartonagen, die im Jahre 2014 im Gebiet der C im Rahmen der haushaltsnahen Sammlung von Altpapier miterfasst wurden, erzielt hat. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist seit dem 01.01.2013 öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gemäß der §§ 17, 20 KrWG in Verbindung mit dem Abfallgesetz NRW. Bei der Beklagten handelt es sich um einen nach der Verpackungsverordnung (VerpackV) anerkannten Systembetreiber, welcher die flächendeckende Rücknahme und Entsorgung von PPK (Papier, Pappe, Kartonagen) -Verkaufsverpackungen privater Endverbraucher im Sinne von § 3 Abs. 11 VerpackV gewährleistet und auf diese Weise die Hersteller und Vertreiber der Verkaufsverpackungen von ihrer Verpflichtung zur unentgeltlichen Rücknahme und Entsorgung verbrauchter Verkaufsverpackungen befreit (§ 6 VerpackV). Zur Erfüllung dieser Aufgabe nutzt die Beklagte das kommunale Erfassungssystem für Altpapier mit und beauftragte bis Ende 2013 die Klägerin als operativ tätigen Entsorger im Gebiet der Stadt C. Dementsprechend werden die den dualen Systemen nach der VerpackV zugewiesenen PPK-Verkaufsverpackungen sowie die kommunale Altpapierfraktion aus den privaten Haushaltungen (sog. „kommunales Altpapier“) gemeinsam erfasst. 3Die Aufgabe der Verwertung des überlassungspflichtigen Altpapiers aus privaten Haushalten hat die C mit Wirkung zum 01.06.2010 befreiend auf den Zweckverband Rheinische Entsorgungs-Kooperation (REK) übertragen. 4Zwischen der Beklagten und der vormals zuständigen C als öffentlicher Entsorgungsträger bestand seit dem Jahre 2008 bis einschließlich 31.12.2013 ein entsprechender Vertrag über die Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Karton (PPK-Vertrag). Nach dem Auslaufen des PPK-Vertrages 2013 kam kein neuer Vertrag zwischen den Parteien zustande, entsprechende Verhandlungen scheiterten. Mit Schreiben vom 18.10.2017 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung des klageweise geltend gemachten Anspruchs auf; diesen erkannte die Beklagte dem Grunde nach an, bestritt ihn jedoch der Höhe nach. 5Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zu, den sie gegenüber der Forderung der Beklagten aufrechnet. Bei der Miterfassung von Verkaufsverpackungen handele es sich objektiv um ein „auch fremdes“ Geschäft, welches den Fremdgeschäftsführungswillen indiziere. 6Sie behauptet, es seien ihr im Rahmen der Sammlung von Altpapier Gesamtkosten in Höhe von 2.449.435,78 € entstanden. Aus der im Jahr 2014 durch die Klägerin veranlassten Sortieranalyse ergebe sich ein tatsächlicher prozentualer Volumenanteil von 24,61 % an Verkaufsverpackungen. Die Klägerin meint, eine volumenorientierte Bemessung des auf die Beklagten anfallenden Anteils sei sachgerecht, da sich auch der Umfang des Entsorgungsbedarfs bei der Sammlung nach dem Volumen und nicht nach dem Gewicht der Abfälle bemesse. Unter Zugrundelegung dieser Parameter und unter Berücksichtigung eines – insoweit unstreitigen – durchschnittlichen Marktanteils der Beklagten von 8,93 % für das Jahr 2014 ergebe sich demnach ein Aufwendungsanspruch in Höhe von 53.830,59 €. 7Von diesem Betrag sei ein anteiliger Verwertungserlös der Beklagten in Höhe von 12.726,15 € abzuziehen. Auf Grundlage der für das Jahr 2014 erstellten Abfallbilanz der Klägerin sei von einer Gesamtmenge an Altpapier in Höhe von 25.067,40 to im Jahr auszugehen. Unter Zugrundelegung eines Masseanteils für Verkaufsverpackungen von 9,07 % und eines durchschnittlichen Marktanteils der Beklagten von 8,93 % ergebe sich ausgehend von einem Reinerlös von 62,68 € pro Tonne ein anteiliger Gesamterlös von 12.726,15 €. Bei dieser Berechnung habe die Klägerin vorhandene Wertunterschiede zwischen grafischen Papieren und Verpackungspapieren zugunsten der Beklagten unberücksichtigt gelassen. Den „dualen“ rechnerisch verbleibenden Masseanteil der nicht überlassungspflichtigen Papiermengen, der separat nicht ausweisbar sei, verwerte die Klägerin über die S GmbH, einem Tochterunternehmen des S1 ; dabei stünden dem Verwertungserlös Aufwendungen für den Transport des Sammelgemisches zur Sortieranlage der S GmbH (11,87 € / t) sowie die Kosten der Sortierung (32,54 € / t ) gegenüber. 8Ursprünglich hat die Klägerin die Zahlung von 42.010,24 € Zug-um-Zug gegen Auskunftserteilung und Rechnungslegung beantragt. 9Nunmehr beantragt die Klägerin, 10die Beklagte zu verurteilen, an sie 41.104,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, auf Verlangen der Beklagten Zug-um-Zug gegen Auskunftserteilung und Rechnungslegung, welche anteiligen Erlöse die Klägerin aus der Vermarktung von Verkaufsverpackungen aus Papier, Pappe und Kartonagen, die im Jahre 2014 im Gebiet der C im Rahmen der haushaltsnahen Sammlung von Altpapier miterfasst wurden, erzielt hat. 11Die Beklagte beantragt, 12 die Klage abzuweisen. 13Sie bestreitet, dass die von der Klägerin verlangten Kosten den tatsächlichen Sach- und Personalkosten für die Geschäftsführung entsprechen und dass die Klägerin diese für erforderlich halten durfte. Im Einzelnen bestreitet die Beklagte die klägerseits behaupteten Gesamtkosten von 2.449.435,78 € sowie den zugrunde gelegten Systemanteil von 24,61 %. Letzterer habe im Zeitraum Juli 2012 bis Dezember 2013 lediglich 9,07 % betragen. Im Übrigen spreche für einen überhöhten Berechnungsansatz im Rahmen des Aufwendungsersatzanspruchs der Umstand, dass die Beklagte an andere kommunale Betriebe für die Miterfassung von Verkaufsverpackungen im Durchschnitt 97,56 € / t zahle, die Klägern demgegenüber einen Betrag von ca. 265,13 € / t verlange. Zudem widerspreche die Berechnung auf Grundlage des Volumenanteils der gängigen Praxis anderer kommunaler Betriebe, welche den Anteil der Systembetreiber nach dem Gewicht bemessen. Schließlich sei im Rahmen des Aufwendungsanspruchs zu berücksichtigen, dass es sich bei sämtlichen Positionen um „Sowieso-Kosten“ handele, zumal der Verkaufsverpackungsanteil lediglich 9,07 %, die Systemquote der Beklagten 8,93 % betrage. 14Ferner ist sie der Auffassung, bei der Verwertung der PPK-Verkaufsverpackungen handele es sich um eine angemaßte Eigengeschäftsführung gegen den Willen der Beklagten als Systembetreiberin, sodass die Klägerin umfassend zur Auskunft und Rechnungslegung über die erzielten Vermarktungserlöse verpflichtet sei. Diesen Anspruch macht die Beklagte einredeweise geltend. Die Beklagte bestreitet die im Rahmen der Berechnung des Verwertungserlöses zugrunde gelegte Gesamtmenge an Altpapier sowie den von der Klägerin behaupteten Reinerlös von 62,68 € pro Tonne. Aufwendungen für Sortierung und Transport seien nicht erlösmindernd anzusetzen. Im Übrigen meint sie, die Erfassung und Verwertung würden grundsätzlich nicht in den satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Klägerin fallen. 15Die Kammer hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Insoweit wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl-Kfm. T vom 06.02.2020 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 21.06.2018 verwiesen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage ist zulässig und begründet. 18Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet, da die in Rede stehenden Ansprüche aus einer privatrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag herrühren. Die Entsorgungsverpflichtungen der Beklagten beruhen auf Verträgen mit den Herstellern und Vertreibern von Verkaufsverpackungen und sind mithin privatrechtlicher Natur. Dementsprechend ist die Klägerin im Rahmen ihrer Geschäftsführung auch nicht im öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis der Beklagten tätig geworden (LG Köln, Urteil vom 20. April 2012 – 7 O 146/11 –, Rn. 15, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24. August 2006 – 23 C 06.1986 –, Rn. 4). 19Auch ist die Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. 20Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen in Höhe von 53.830,59 € nach den §§ 677, 683, 670 BGB aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag zu. 21Die Anspruchsvoraussetzungen liegen vor. Durch die Vornahme der flächendeckenden Erfassung der anteiligen PPK-Verkaufsverpackungen hat die Klägerin ein Geschäft für die Beklagte geführt und zwar nicht (nur) als eigenes, sondern (auch) als fremdes, in dem Bewusstsein und mit dem Willen, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln. Dabei handelt es sich um ein Geschäft, das zumindest auch dem Interessen- und Pflichtenkreis der Beklagten zuzuordnen ist, da diese gemäß § 6 Abs. 1, 2 VerpackV für die den Vertreibern und Herstellern von Verkaufsverpackungen auferlegte Pflicht zur Rücknahme und Entsorgung derselben zuständig ist. Dabei ist ohne Belang, ob es sich um ein fremdes oder ein „auch fremdes“ Geschäft für die Klägerin handelt, da der für die Qualifizierung der Geschäftsbesorgung maßgebliche Fremdgeschäftsführungswille gleichermaßen vermutet wird. In der vorliegenden Konstellation ist der Fremdgeschäftsführungswille der Klägerin überdies durch die während der jahrelangen Vertragsbeziehung vereinbarte Vergütung der Leistung ersichtlich. 22Mangels Zustandekommens eines neuen Vertrages im Jahr 2014 handelte die Klägerin ohne Auftrag, aber im objektiven Interesse der Beklagten, welche nach § 6 Abs. 2 VerpackV die Aufgabe der Rücknahme und Entsorgung der PPK-Verkaufsverpackungen privater Endverbraucher wahrnimmt. Die Übernahme der Geschäftsführung entsprach auch dem Willen der Beklagten, § 683 Satz 1 BGB. Die Beklagte hatte in dem hier in Rede stehenden Zeitraum nicht erklärt, die Sammlung selbst durchführen zu wollen, sondern war grundsätzlich stets daran interessiert, dass die Klägerin diese Aufgabe für sie übernimmt und auch gewillt, sie vertraglich zu beauftragen. Der Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung scheiterte nur am Dissens über Einzelheiten der Abrechnung bzw. Vergütung. Unabhängig davon wäre ein entgegenstehender Wille der Beklagten nach §§ 679, 683 Satz 2 BGB auch unbeachtlich, da die Erfüllung der Entsorgungsverpflichtung im öffentlichen Interesse lag. 23Die Klägerin kann nach den Grundsätzen des Auftragsrechts Ersatz ihrer bereits tatsächlich getätigten Aufwendungen verlangen. Dabei genügt es, dass sie die Aufwendungen den Umständen nach für erforderlich halten durfte, d.h. wenn sie diese nach sorgfältiger Prüfung ihrer Pflichten vernünftigerweise aufzuwenden hatte (Palandt/Sprau, BGB, 79. Auflage 2019, § 670 Rn. 4). 24Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die von der Klägerin zugrunde gelegten Sach- und Personalkosten in Höhe von 2.448.604,07 € tatsächlich entstanden sind und es sich dabei um Aufwendungen handelt, die sie im Zusammenhang mit der Abholung von Altpapier für erforderlich halten durfte. Dies folgt zum einen aus dem Gutachten des Sachverständigen T . In diesem stellt er nachvollziehbar, plausibel und frei von Widersprüchen fest, dass der Klägerin in der von ihr geltend gemachten Höhe Aufwendungen in Form von Sach- und Personalkosten entstanden sind. Dies ergibt sich insbesondere aus der Prüfung der klägerischen Jahresabschlüsse für das Geschäftsjahr 2014 durch die unabhängigen Wirtschaftsprüfer F GmbH, welche bereits einen uneingeschränkten, beanstandungsfreien Bestätigungsvermerk zugunsten der Klägerin erteilt hatten. Der Sachverständige T setzte sich dezidiert mit den einzelnen Positionen der Kostenrechnung auf Grundlage der Finanzbuchhaltung auseinander. Im Ergebnis stufte er die Zuordnung der Kostenarten ebenfalls als sachgerecht und ordnungsgemäß ein und bestätigte insofern die Bewertung von F . 25Auch im Übrigen ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass der Klägerin Aufwendungen in der geltend gemachten Höhe entstanden sind und sie diese nach entsprechender sorgfältiger Prüfung als notwendig erachten durfte. Sie legt schlüssig und substantiiert unter Vorlage ausführlicher und detaillierter Kostenaufstellungen dar, welche Einzelkosten im Zusammenhang mit der Altpapierentsorgung konkret angefallen sind. Dabei durfte sie entsprechend dem betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff nach § 6 Abs. 2 S. 1 KAG NRW neben Personal-, Material- und Sachkosten auch anteilige Verwaltungsgemeinkosten einkalkulieren. Ebenfalls ist nicht zu beanstanden, dass sie Personalkosten über die Vergütung der eingesetzten Arbeitskräfte hinaus – etwa Beihilfe- und Reisekosten – veranschlagt. Diese stehen im engen sachlichen und funktionalen Zusammenhang zu der Geschäftsbesorgung, zumal die Klägerin als Anstalt des öffentlichen Rechts in noch größerem Umfang an gesetzliche Vorgaben im Rahmen ihrer Arbeitgeber- und Dienstherrenfunktion gebunden ist und Kosten für Beihilfen oder vergleichbare Leistungen schlichtweg systembedingt anfallen. 26Grundsätzlich schuldet der Geschäftsherr dem Geschäftsführer nach dem Wortlaut der §§ 683, 670 BGB zwar lediglich den Ersatz seiner tatsächlichen Aufwendungen, d.h. seiner freiwilligen Vermögensbußen. Jedoch schließt der Aufwendungsersatzanspruch anerkanntermaßen auch die übliche Vergütung mit ein, wenn die auftragslose Besorgung eines fremden Geschäfts im Rahmen des Berufs oder des Gewerbes des Geschäftsführers erfolgt, da es hier - anders als beim unentgeltlichen Auftrag - an der Vereinbarung der Unentgeltlichkeit fehlt (BGH, Urteil vom 27. April 2005 – VIII ZR 140/04 –, Rn. 23, juris). Trotz ihrer öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht ist hier die Vergleichbarkeit zu einer Berufs- bzw. Gewerbeausübung gegeben, auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin gemäß § 22 Abs. 4 S. 1 VerpackG für die Mitbenutzung ihres Sammelsystems ein angemessenes Entgelt verlangen kann (LG Köln, Urteil vom 20. April 2012 – 7 O 146/11 –, Rn. 25; VG Köln, Urteil vom 02. August 2012 – 13 K 1221/10 –, Rn. 73, juris), sodass die im Rahmen der Altpapierentsorgung tatsächlich angefallenen Kosten auch Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB darstellen. 27Ferner ist eine Berechnung der Aufwendungen auf Basis des Volumenanteils in Höhe von 24,61 % gerechtfertigt. § 22 Abs. 4 S. 5 VerpackG eröffnet explizit die Möglichkeit einer Berechnung des auf den Systembetreiber anfallenden prozentualen Anteils auf Grundlage des festgestellten Volumens der Verkaufsverpackungen. Darüber hinaus hat die Klägerin plausibel dargetan, dass der Entsorgungsbedarf im C Entsorgungsgebiet ausschließlich volumenbezogen erfolgt. Die Orientierung am Volumenmaßstab für den Umfang des Entsorgungsbedarfs ermöglicht der Klägerin eine bedarfs- und verursachergerechte Inanspruchnahme der Abfallsammlung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Behältergrößen und Abfuhrrhythmen. Vor diesem Hintergrund durfte sie auch den prozentualen Volumenanteil der PPK-Verkaufsverpackungen in Ansatz bringen, da es – anders als bei der Ermittlung der Erlösbeteiligung – auf den Gewichtsanteil der Verkaufsverpackungen für die Konzeption des hiesigen Sammelsystems nicht ankommt. 28Soweit die Beklagte dagegen einwendet, dass andere öffentliche Träger demgegenüber einen gewichtsbezogenen Anteil zugrunde legen und dieser deutlich geringer ausfallen würde, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung. Die Klägerin hat – im Gegensatz zu den meisten öffentlich-rechtlichen Vertragspartnern der Beklagten – eine spezifische Sortieranalyse durchgeführt, welche die jeweiligen Volumen- und Masseanteile konkret ermittelt. Ohne die Durchführung einer solchen Sortieranalyse ist den öffentlichen Entsorgungsträgern in der Regel die Bestimmung des Volumenanteils der PPK-Verkaufsverpackungen nicht möglich, sodass insoweit nur auf den Gewichtsanteil abgestellt werden kann. Da die Klägerin aufgrund der von ihr in Auftrag gegebenen Sortieranalyse imstande ist, den Volumenanteil substantiiert zu bestimmen, ist ihr eine Berücksichtigung desselben ohne Weiteres nach § 22 Abs. 4 S. 5 VerpackG im Rahmen der Berechnung des Aufwendungsersatzanspruchs möglich. 29Auch geht die Beklagte in der Annahme fehl, sämtliche Personal- und Transportkosten seien als „Sowieso-Kosten“ unberücksichtigt zu lassen. Entsprechend dem schlüssigen Vortrag der Klägerin orientieren sich Behältergrößen, Behälterzahl und Abfuhrrhythmen am tatsächlichen und individuellen Entsorgungsbedarf der Abfallfraktion und unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Bei einer Nichterfassung der für die Beklagten maßgeblichen Verkaufsverpackungen käme für die Klägerin beispielsweise das im Gegensatz zum Holsystem kostengünstigere Bringsystem für die ausschließliche Erfassung des kommunalen Altpapiers in Betracht. Die Beklagte entsprechend des Anteils an PPK-Verkaufsverpackungen und unter Berücksichtigung ihres eigenen Marktanteils an den Entsorgungskosten zu beteiligen ist vor diesem Hintergrund nur sachgerecht. 30Zusammenfassend berechnet sich der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin wie folgt: 31Gesamtkosten der Altpapiersammlung: 322.449.435,78 € 33Davon prozentualer Anteil auf Volumenbasis 34der Systembetreiber in Höhe von 24,61 %: 602.806,15 € 35Davon durchschnittlicher Marktanteil 36der Beklagten von 8,93 %: 3753.830,59 € 38Hiergegen kann die Beklagte einen Anspruch auf anteiligen Verwertungserlös gemäß §§ 681 S. 2, 667 BGB in Höhe von 12.726,15 € geltend machen. Danach ist der Geschäftsführer verpflichtet, alles, was er aus der Geschäftsführung erlangt hat, herauszugeben. Erlangt im Sinne von § 667 Alt. 2 BGB sind alle Vorteile, die dieser aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem im Interesse des Geschäftsherrn geführten Geschäfts erhalten hat und die nicht ihm, sondern dem Geschäftsherrn gebühren (BGH, Urteil vom 04. Februar 2000 – V ZR 260/98 –, Rn. 10, juris). 39Dem Anspruch ist die Gesamtmenge des tatsächlich erfassten Altpapiers für das Jahr 2014 in Höhe von 25.067 t zugrunde zu legen. Dies ergibt sich aus der für das Jahr 2014 erstellten vorgelegten Abfallbilanz der Klägerin. Soweit die Beklagte die Gesamtmenge pauschal bestreitet und sie für ersichtlich unzutreffend hält, fehlt es indes an substantiiertem Gegenvortrag. 40Des Weiteren sind entsprechend des klägerischen Vortrags die Kosten für Transport (11,87 € / t) und Sortierung (32,54 € / t) in Abzug zu bringen. Nach dem schlüssigen Vortrag der Klägerin nimmt die von ihr beauftragte S GmbH die Verwertung für die Klägerin vor und erzielte – nach entsprechender Saldierung – im Jahr 2014 einen durchschnittlichen Erlös von 62,68 € pro Tonne. Sowohl der Transport des Sammelgemisches von der Sortieranlage zu den Papierfabriken als auch die Sortierung des Sammelgemisches, welches durch zahlreiche Fehlwürfe verunreinigt ist, stellen zwingend notwendige und sachgerechte Maßnahmen im Rahmen der Weiterveräußerung dar, welche die Vertragspartnerin der Klägerin ihr – wirtschaftlich nachvollziehbar – in Rechnung gestellt hat. Diesen Erlös erhielt die Klägerin für das Jahr 2014 auch im Rahmen der Verwertung „ihrer“ kommunalen Altpapiermengen. Da sie ausschließlich das aus der Geschäftsbesorgung unmittelbar Erlangte herauszugeben hat, ergibt sich kein weitergehender Anspruch der Beklagten. Im Übrigen ist auch hier ein pauschales Bestreiten der im Rahmen des Herausgabeanspruchs darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht ausreichend, um den mit Beweisantritt seitens der Klägerin vorgetragenen und insoweit auch plausiblen Mengen- und Wertangaben entgegenzutreten. 41Im Ergebnis schlüsselt sich der Herausgabeanspruch der Beklagten wie folgt auf: 42Gesamtmenge Altpapier im Jahr 2014 4325.067,40 t 44Davon Verwertungsanteil Systembetreiber 45In Höhe von 9,07 %: 462.273,61 t 47Davon durchschnittlicher Marktanteil der Beklagten 48In Höhe von 8,93 %: 49203,03 t 50Unter Berücksichtigung des durchschnittlich 51erzielten Reinerlös von 62,68 € / t : 5212.726,15 € 53Nach Abzug des Herausgabeanspruchs der Beklagten verbleibt der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin in der beantragten Höhe von 41.104,44 €. 54Gemäß §§ 681 S. 2, 666 BGB ist die Klägerin verpflichtet, der Beklagten auf Verlangen Auskunft über den Stand der von ihr vorgenommenen Verwertung der gebrauchten Verkaufsverpackungen zu erteilen und entsprechende Rechnungen offenzulegen. Die Pflicht zur Auskunft und Rechnungslegung besteht allerdings – wie bereits in der Klageforderung formuliert – lediglich Zug-um-Zug gegen Zahlung des eingeklagten Aufrechnungsersatzanspruchs (§ 273 Abs. 1 BGB; vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 04. Februar 2015 – VI-U (Kart) 16/14 –, Rn. 23, juris). Soweit die Beklagte meint, die Auskunftspflicht der Klägerin sei durch diese zuerst zu erfüllen, steht dem bereits die gesetzlich vorgesehene Wirkung des Zurückbehaltungsrechts nach § 274 BGB sowie die daraus resultierende Zug-um-Zug-Verurteilung entgegen. 55Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges seit Rechtshängigkeit gemäß der §§ 288, 291 BGB. 56Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 S. 1 ZPO. Die Beschränkung des Klageantrags wirkt sich – da damit kein Gebührensprung verbunden war – kostenrechtlich nicht aus. 57Streitwert: 41.104,44 € | die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 41.104,44 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 25.01.2018 zu zahlen zug-um-zug gegen auskunftserteilung und rechnungslegung, welche anteiligen erlöse die klägerin aus der vermarktung von verkaufsverpackungen aus papier, pappe und kartonagen, die im jahre 2014 im gebiet der c im rahmen der haushaltsnahen sammlung von altpapier miterfasst wurden, erzielt hat. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin ist seit dem 01.01.2013 öffentlich-rechtlicher entsorgungsträger gemäß der §§ 17, 20 krwg in verbindung mit dem abfallgesetz nrw. bei der beklagten handelt es sich um einen nach der verpackungsverordnung (verpackv) anerkannten systembetreiber, welcher die flächendeckende rücknahme und entsorgung von ppk (papier, pappe, kartonagen) -verkaufsverpackungen privater endverbraucher im sinne von § 3 abs. 11 verpackv gewährleistet und auf diese weise die hersteller und vertreiber der verkaufsverpackungen von ihrer verpflichtung zur unentgeltlichen rücknahme und entsorgung verbrauchter verkaufsverpackungen befreit (§ 6 verpackv). zur erfüllung dieser aufgabe nutzt die beklagte das kommunale erfassungssystem für altpapier mit und beauftragte bis ende 2013 die klägerin als operativ tätigen entsorger im gebiet der stadt c. dementsprechend werden die den dualen systemen nach der verpackv zugewiesenen ppk-verkaufsverpackungen sowie die kommunale altpapierfraktion aus den privaten haushaltungen (sog. „kommunales altpapier“) gemeinsam erfasst. 3die aufgabe der verwertung des überlassungspflichtigen altpapiers aus privaten haushalten hat die c mit wirkung zum 01.06.2010 befreiend auf den zweckverband rheinische entsorgungs-kooperation (rek) übertragen. 4zwischen der beklagten und der vormals zuständigen c als öffentlicher entsorgungsträger bestand seit dem jahre 2008 bis einschließlich 31.12.2013 ein entsprechender vertrag über die entsorgung gebrauchter verkaufsverpackungen aus papier, pappe und karton (ppk-vertrag). nach dem auslaufen des ppk-vertrages 2013 kam kein neuer vertrag zwischen den parteien zustande, entsprechende verhandlungen scheiterten. mit schreiben vom 18.10.2017 forderte die klägerin die beklagte zur zahlung des klageweise geltend gemachten anspruchs auf; diesen erkannte die beklagte dem grunde nach an, bestritt ihn jedoch der höhe nach. 5die klägerin ist der auffassung, ihr stehe ein anspruch auf ersatz von aufwendungen aus den grundsätzen der geschäftsführung ohne auftrag zu, den sie gegenüber der forderung der beklagten aufrechnet. bei der miterfassung von verkaufsverpackungen handele es sich objektiv um ein „auch fremdes“ geschäft, welches den fremdgeschäftsführungswillen indiziere. 6sie behauptet, es seien ihr im rahmen der sammlung von altpapier gesamtkosten in höhe von 2.449.435,78 € entstanden. aus der im jahr 2014 durch die klägerin veranlassten sortieranalyse ergebe sich ein tatsächlicher prozentualer volumenanteil von 24,61 % an verkaufsverpackungen. die klägerin meint, eine volumenorientierte bemessung des auf die beklagten anfallenden anteils sei sachgerecht, da sich auch der umfang des entsorgungsbedarfs bei der sammlung nach dem volumen und nicht nach dem gewicht der abfälle bemesse. unter zugrundelegung dieser parameter und unter berücksichtigung eines – insoweit unstreitigen – durchschnittlichen marktanteils der beklagten von 8,93 % für das jahr 2014 ergebe sich demnach ein aufwendungsanspruch in höhe von 53.830,59 €. 7von diesem betrag sei ein anteiliger verwertungserlös der beklagten in höhe von 12.726,15 € abzuziehen. auf grundlage der für das jahr 2014 erstellten abfallbilanz der klägerin sei von einer gesamtmenge an altpapier in höhe von 25.067,40 to im jahr auszugehen. unter zugrundelegung eines masseanteils für verkaufsverpackungen von 9,07 % und eines durchschnittlichen marktanteils der beklagten von 8,93 % ergebe sich ausgehend von einem reinerlös von 62,68 € pro tonne ein anteiliger gesamterlös von 12.726,15 €. bei dieser berechnung habe die klägerin vorhandene wertunterschiede zwischen grafischen papieren und verpackungspapieren zugunsten der beklagten unberücksichtigt gelassen. den „dualen“ rechnerisch verbleibenden masseanteil der nicht überlassungspflichtigen papiermengen, der separat nicht ausweisbar sei, verwerte die klägerin über die s gmbh, einem tochterunternehmen des s1 ; dabei stünden dem verwertungserlös aufwendungen für den transport des sammelgemisches zur sortieranlage der s gmbh (11,87 € / t) sowie die kosten der sortierung (32,54 € / t ) gegenüber. 8ursprünglich hat die klägerin die zahlung von 42.010,24 € zug-um-zug gegen auskunftserteilung und rechnungslegung beantragt. 9nunmehr beantragt die klägerin, 10die beklagte zu verurteilen, an sie 41.104,44 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz ab rechtshängigkeit zu zahlen, auf verlangen der beklagten zug-um-zug gegen auskunftserteilung und rechnungslegung, welche anteiligen erlöse die klägerin aus der vermarktung von verkaufsverpackungen aus papier, pappe und kartonagen, die im jahre 2014 im gebiet der c im rahmen der haushaltsnahen sammlung von altpapier miterfasst wurden, erzielt hat. 11die beklagte beantragt, 12 die klage abzuweisen. 13sie bestreitet, dass die von der klägerin verlangten kosten den tatsächlichen sach- und personalkosten für die geschäftsführung entsprechen und dass die klägerin diese für erforderlich halten durfte. im einzelnen bestreitet die beklagte die klägerseits behaupteten gesamtkosten von 2.449.435,78 € sowie den zugrunde gelegten systemanteil von 24,61 %. letzterer habe im zeitraum juli 2012 bis dezember 2013 lediglich 9,07 % betragen. im übrigen spreche für einen überhöhten berechnungsansatz im rahmen des aufwendungsersatzanspruchs der umstand, dass die beklagte an andere kommunale betriebe für die miterfassung von verkaufsverpackungen im durchschnitt 97,56 € / t zahle, die klägern demgegenüber einen betrag von ca. 265,13 € / t verlange. zudem widerspreche die berechnung auf grundlage des volumenanteils der gängigen praxis anderer kommunaler betriebe, welche den anteil der systembetreiber nach dem gewicht bemessen. schließlich sei im rahmen des aufwendungsanspruchs zu berücksichtigen, dass es sich bei sämtlichen positionen um „sowieso-kosten“ handele, zumal der verkaufsverpackungsanteil lediglich 9,07 %, die systemquote der beklagten 8,93 % betrage. 14ferner ist sie der auffassung, bei der verwertung der ppk-verkaufsverpackungen handele es sich um eine angemaßte eigengeschäftsführung gegen den willen der beklagten als systembetreiberin, sodass die klägerin umfassend zur auskunft und rechnungslegung über die erzielten vermarktungserlöse verpflichtet sei. diesen anspruch macht die beklagte einredeweise geltend. die beklagte bestreitet die im rahmen der berechnung des verwertungserlöses zugrunde gelegte gesamtmenge an altpapier sowie den von der klägerin behaupteten reinerlös von 62,68 € pro tonne. aufwendungen für sortierung und transport seien nicht erlösmindernd anzusetzen. im übrigen meint sie, die erfassung und verwertung würden grundsätzlich nicht in den satzungsgemäßen aufgabenbereich der klägerin fallen. 15die kammer hat beweis erhoben durch die einholung eines sachverständigengutachtens. insoweit wird auf das gutachten des sachverständigen dipl-kfm. t vom 06.02.2020 bezug genommen. wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die zwischen den parteien gewechselten schriftsätze und anlagen sowie das sitzungsprotokoll vom 21.06.2018 verwiesen. 16 | 17die klage ist zulässig und begründet. 18der rechtsweg zu den ordentlichen gerichten ist eröffnet, da die in rede stehenden ansprüche aus einer privatrechtlichen geschäftsführung ohne auftrag herrühren. die entsorgungsverpflichtungen der beklagten beruhen auf verträgen mit den herstellern und vertreibern von verkaufsverpackungen und sind mithin privatrechtlicher natur. dementsprechend ist die klägerin im rahmen ihrer geschäftsführung auch nicht im öffentlich-rechtlichen pflichtenkreis der beklagten tätig geworden (lg köln, urteil vom 20. april 2012 – 7 o 146/11 –, rn. 15, bayerischer verwaltungsgerichtshof, beschluss vom 24. august 2006 – 23 c 06.1986 –, rn. 4). 19auch ist die beschränkung des klageantrags nach § 264 nr. 2 zpo zulässig. 20der klägerin steht gegen die beklagte ein anspruch auf ersatz von aufwendungen in höhe von 53.830,59 € nach den §§ 677, 683, 670 bgb aus einer geschäftsführung ohne auftrag zu. 21die anspruchsvoraussetzungen liegen vor. durch die vornahme der flächendeckenden erfassung der anteiligen ppk-verkaufsverpackungen hat die klägerin ein geschäft für die beklagte geführt und zwar nicht (nur) als eigenes, sondern (auch) als fremdes, in dem bewusstsein und mit dem willen, zumindest auch im interesse eines anderen zu handeln. dabei handelt es sich um ein geschäft, das zumindest auch dem interessen- und pflichtenkreis der beklagten zuzuordnen ist, da diese gemäß § 6 abs. 1, 2 verpackv für die den vertreibern und herstellern von verkaufsverpackungen auferlegte pflicht zur rücknahme und entsorgung derselben zuständig ist. dabei ist ohne belang, ob es sich um ein fremdes oder ein „auch fremdes“ geschäft für die klägerin handelt, da der für die qualifizierung der geschäftsbesorgung maßgebliche fremdgeschäftsführungswille gleichermaßen vermutet wird. in der vorliegenden konstellation ist der fremdgeschäftsführungswille der klägerin überdies durch die während der jahrelangen vertragsbeziehung vereinbarte vergütung der leistung ersichtlich. 22mangels zustandekommens eines neuen vertrages im jahr 2014 handelte die klägerin ohne auftrag, aber im objektiven interesse der beklagten, welche nach § 6 abs. 2 verpackv die aufgabe der rücknahme und entsorgung der ppk-verkaufsverpackungen privater endverbraucher wahrnimmt. die übernahme der geschäftsführung entsprach auch dem willen der beklagten, § 683 satz 1 bgb. die beklagte hatte in dem hier in rede stehenden zeitraum nicht erklärt, die sammlung selbst durchführen zu wollen, sondern war grundsätzlich stets daran interessiert, dass die klägerin diese aufgabe für sie übernimmt und auch gewillt, sie vertraglich zu beauftragen. der abschluss einer vertraglichen vereinbarung scheiterte nur am dissens über einzelheiten der abrechnung bzw. vergütung. unabhängig davon wäre ein entgegenstehender wille der beklagten nach §§ 679, 683 satz 2 bgb auch unbeachtlich, da die erfüllung der entsorgungsverpflichtung im öffentlichen interesse lag. 23die klägerin kann nach den grundsätzen des auftragsrechts ersatz ihrer bereits tatsächlich getätigten aufwendungen verlangen. dabei genügt es, dass sie die aufwendungen den umständen nach für erforderlich halten durfte, d.h. wenn sie diese nach sorgfältiger prüfung ihrer pflichten vernünftigerweise aufzuwenden hatte (palandt/sprau, bgb, 79. auflage 2019, § 670 rn. 4). 24es steht zur überzeugung der kammer fest, dass die von der klägerin zugrunde gelegten sach- und personalkosten in höhe von 2.448.604,07 € tatsächlich entstanden sind und es sich dabei um aufwendungen handelt, die sie im zusammenhang mit der abholung von altpapier für erforderlich halten durfte. dies folgt zum einen aus dem gutachten des sachverständigen t . in diesem stellt er nachvollziehbar, plausibel und frei von widersprüchen fest, dass der klägerin in der von ihr geltend gemachten höhe aufwendungen in form von sach- und personalkosten entstanden sind. dies ergibt sich insbesondere aus der prüfung der klägerischen jahresabschlüsse für das geschäftsjahr 2014 durch die unabhängigen wirtschaftsprüfer f gmbh, welche bereits einen uneingeschränkten, beanstandungsfreien bestätigungsvermerk zugunsten der klägerin erteilt hatten. der sachverständige t setzte sich dezidiert mit den einzelnen positionen der kostenrechnung auf grundlage der finanzbuchhaltung auseinander. im ergebnis stufte er die zuordnung der kostenarten ebenfalls als sachgerecht und ordnungsgemäß ein und bestätigte insofern die bewertung von f . 25auch im übrigen ergeben sich keine durchgreifenden bedenken dagegen, dass der klägerin aufwendungen in der geltend gemachten höhe entstanden sind und sie diese nach entsprechender sorgfältiger prüfung als notwendig erachten durfte. sie legt schlüssig und substantiiert unter vorlage ausführlicher und detaillierter kostenaufstellungen dar, welche einzelkosten im zusammenhang mit der altpapierentsorgung konkret angefallen sind. dabei durfte sie entsprechend dem betriebswirtschaftlichen kostenbegriff nach § 6 abs. 2 s. 1 kag nrw neben personal-, material- und sachkosten auch anteilige verwaltungsgemeinkosten einkalkulieren. ebenfalls ist nicht zu beanstanden, dass sie personalkosten über die vergütung der eingesetzten arbeitskräfte hinaus – etwa beihilfe- und reisekosten – veranschlagt. diese stehen im engen sachlichen und funktionalen zusammenhang zu der geschäftsbesorgung, zumal die klägerin als anstalt des öffentlichen rechts in noch größerem umfang an gesetzliche vorgaben im rahmen ihrer arbeitgeber- und dienstherrenfunktion gebunden ist und kosten für beihilfen oder vergleichbare leistungen schlichtweg systembedingt anfallen. 26grundsätzlich schuldet der geschäftsherr dem geschäftsführer nach dem wortlaut der §§ 683, 670 bgb zwar lediglich den ersatz seiner tatsächlichen aufwendungen, d.h. seiner freiwilligen vermögensbußen. jedoch schließt der aufwendungsersatzanspruch anerkanntermaßen auch die übliche vergütung mit ein, wenn die auftragslose besorgung eines fremden geschäfts im rahmen des berufs oder des gewerbes des geschäftsführers erfolgt, da es hier - anders als beim unentgeltlichen auftrag - an der vereinbarung der unentgeltlichkeit fehlt (bgh, urteil vom 27. april 2005 – viii zr 140/04 –, rn. 23, juris). trotz ihrer öffentlich-rechtlichen entsorgungspflicht ist hier die vergleichbarkeit zu einer berufs- bzw. gewerbeausübung gegeben, auch vor dem hintergrund, dass die klägerin gemäß § 22 abs. 4 s. 1 verpackg für die mitbenutzung ihres sammelsystems ein angemessenes entgelt verlangen kann (lg köln, urteil vom 20. april 2012 – 7 o 146/11 –, rn. 25; vg köln, urteil vom 02. august 2012 – 13 k 1221/10 –, rn. 73, juris), sodass die im rahmen der altpapierentsorgung tatsächlich angefallenen kosten auch aufwendungen im sinne des § 670 bgb darstellen. 27ferner ist eine berechnung der aufwendungen auf basis des volumenanteils in höhe von 24,61 % gerechtfertigt. § 22 abs. 4 s. 5 verpackg eröffnet explizit die möglichkeit einer berechnung des auf den systembetreiber anfallenden prozentualen anteils auf grundlage des festgestellten volumens der verkaufsverpackungen. darüber hinaus hat die klägerin plausibel dargetan, dass der entsorgungsbedarf im c entsorgungsgebiet ausschließlich volumenbezogen erfolgt. die orientierung am volumenmaßstab für den umfang des entsorgungsbedarfs ermöglicht der klägerin eine bedarfs- und verursachergerechte inanspruchnahme der abfallsammlung unter berücksichtigung der unterschiedlichen behältergrößen und abfuhrrhythmen. vor diesem hintergrund durfte sie auch den prozentualen volumenanteil der ppk-verkaufsverpackungen in ansatz bringen, da es – anders als bei der ermittlung der erlösbeteiligung – auf den gewichtsanteil der verkaufsverpackungen für die konzeption des hiesigen sammelsystems nicht ankommt. 28soweit die beklagte dagegen einwendet, dass andere öffentliche träger demgegenüber einen gewichtsbezogenen anteil zugrunde legen und dieser deutlich geringer ausfallen würde, führt dies zu keiner abweichenden beurteilung. die klägerin hat – im gegensatz zu den meisten öffentlich-rechtlichen vertragspartnern der beklagten – eine spezifische sortieranalyse durchgeführt, welche die jeweiligen volumen- und masseanteile konkret ermittelt. ohne die durchführung einer solchen sortieranalyse ist den öffentlichen entsorgungsträgern in der regel die bestimmung des volumenanteils der ppk-verkaufsverpackungen nicht möglich, sodass insoweit nur auf den gewichtsanteil abgestellt werden kann. da die klägerin aufgrund der von ihr in auftrag gegebenen sortieranalyse imstande ist, den volumenanteil substantiiert zu bestimmen, ist ihr eine berücksichtigung desselben ohne weiteres nach § 22 abs. 4 s. 5 verpackg im rahmen der berechnung des aufwendungsersatzanspruchs möglich. 29auch geht die beklagte in der annahme fehl, sämtliche personal- und transportkosten seien als „sowieso-kosten“ unberücksichtigt zu lassen. entsprechend dem schlüssigen vortrag der klägerin orientieren sich behältergrößen, behälterzahl und abfuhrrhythmen am tatsächlichen und individuellen entsorgungsbedarf der abfallfraktion und unter strenger beachtung des verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. bei einer nichterfassung der für die beklagten maßgeblichen verkaufsverpackungen käme für die klägerin beispielsweise das im gegensatz zum holsystem kostengünstigere bringsystem für die ausschließliche erfassung des kommunalen altpapiers in betracht. die beklagte entsprechend des anteils an ppk-verkaufsverpackungen und unter berücksichtigung ihres eigenen marktanteils an den entsorgungskosten zu beteiligen ist vor diesem hintergrund nur sachgerecht. 30zusammenfassend berechnet sich der aufwendungsersatzanspruch der klägerin wie folgt: 31gesamtkosten der altpapiersammlung: 322.449.435,78 € 33davon prozentualer anteil auf volumenbasis 34der systembetreiber in höhe von 24,61 %: 602.806,15 € 35davon durchschnittlicher marktanteil 36der beklagten von 8,93 %: 3753.830,59 € 38hiergegen kann die beklagte einen anspruch auf anteiligen verwertungserlös gemäß §§ 681 s. 2, 667 bgb in höhe von 12.726,15 € geltend machen. danach ist der geschäftsführer verpflichtet, alles, was er aus der geschäftsführung erlangt hat, herauszugeben. erlangt im sinne von § 667 alt. 2 bgb sind alle vorteile, die dieser aufgrund eines inneren zusammenhangs mit dem im interesse des geschäftsherrn geführten geschäfts erhalten hat und die nicht ihm, sondern dem geschäftsherrn gebühren (bgh, urteil vom 04. februar 2000 – v zr 260/98 –, rn. 10, juris). 39dem anspruch ist die gesamtmenge des tatsächlich erfassten altpapiers für das jahr 2014 in höhe von 25.067 t zugrunde zu legen. dies ergibt sich aus der für das jahr 2014 erstellten vorgelegten abfallbilanz der klägerin. soweit die beklagte die gesamtmenge pauschal bestreitet und sie für ersichtlich unzutreffend hält, fehlt es indes an substantiiertem gegenvortrag. 40des weiteren sind entsprechend des klägerischen vortrags die kosten für transport (11,87 € / t) und sortierung (32,54 € / t) in abzug zu bringen. nach dem schlüssigen vortrag der klägerin nimmt die von ihr beauftragte s gmbh die verwertung für die klägerin vor und erzielte – nach entsprechender saldierung – im jahr 2014 einen durchschnittlichen erlös von 62,68 € pro tonne. sowohl der transport des sammelgemisches von der sortieranlage zu den papierfabriken als auch die sortierung des sammelgemisches, welches durch zahlreiche fehlwürfe verunreinigt ist, stellen zwingend notwendige und sachgerechte maßnahmen im rahmen der weiterveräußerung dar, welche die vertragspartnerin der klägerin ihr – wirtschaftlich nachvollziehbar – in rechnung gestellt hat. diesen erlös erhielt die klägerin für das jahr 2014 auch im rahmen der verwertung „ihrer“ kommunalen altpapiermengen. da sie ausschließlich das aus der geschäftsbesorgung unmittelbar erlangte herauszugeben hat, ergibt sich kein weitergehender anspruch der beklagten. im übrigen ist auch hier ein pauschales bestreiten der im rahmen des herausgabeanspruchs darlegungs- und beweisbelasteten beklagten nicht ausreichend, um den mit beweisantritt seitens der klägerin vorgetragenen und insoweit auch plausiblen mengen- und wertangaben entgegenzutreten. 41im ergebnis schlüsselt sich der herausgabeanspruch der beklagten wie folgt auf: 42gesamtmenge altpapier im jahr 2014 4325.067,40 t 44davon verwertungsanteil systembetreiber 45in höhe von 9,07 %: 462.273,61 t 47davon durchschnittlicher marktanteil der beklagten 48in höhe von 8,93 %: 49203,03 t 50unter berücksichtigung des durchschnittlich 51erzielten reinerlös von 62,68 € / t : 5212.726,15 € 53nach abzug des herausgabeanspruchs der beklagten verbleibt der aufwendungsersatzanspruch der klägerin in der beantragten höhe von 41.104,44 €. 54gemäß §§ 681 s. 2, 666 bgb ist die klägerin verpflichtet, der beklagten auf verlangen auskunft über den stand der von ihr vorgenommenen verwertung der gebrauchten verkaufsverpackungen zu erteilen und entsprechende rechnungen offenzulegen. die pflicht zur auskunft und rechnungslegung besteht allerdings – wie bereits in der klageforderung formuliert – lediglich zug-um-zug gegen zahlung des eingeklagten aufrechnungsersatzanspruchs (§ 273 abs. 1 bgb; vgl. olg düsseldorf, urteil vom 04. februar 2015 – vi-u (kart) 16/14 –, rn. 23, juris). soweit die beklagte meint, die auskunftspflicht der klägerin sei durch diese zuerst zu erfüllen, steht dem bereits die gesetzlich vorgesehene wirkung des zurückbehaltungsrechts nach § 274 bgb sowie die daraus resultierende zug-um-zug-verurteilung entgegen. 55der zinsanspruch ergibt sich aus dem gesichtspunkt des verzuges seit rechtshängigkeit gemäß der §§ 288, 291 bgb. 56die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 s. 1 zpo. die beschränkung des klageantrags wirkt sich – da damit kein gebührensprung verbunden war – kostenrechtlich nicht aus. 57streitwert: 41.104,44 € | Klaeger*in | 1 |
165,431 | 10 D 115/12.NE | 2015-05-19T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bebauungsplan Nr. 2/09 „F.-straße , südlich Güterbahn“ der Stadt F1. ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 von Hundert des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 von Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 2/09 „F.-straße, südlich Güterbahn“ (im Folgenden: Bebauungsplan) der Stadt F1. Das circa 4,25 ha große Plangebiet liegt im Nordwesten des Stadtteils F1.-L. und wird im Norden von einer Güterbahnstrecke, im Osten von der F.-straße begrenzt. Im Süden endet das Plangebiet, etwa 500 m südlich der Güterbahnstrecke, mit dem Flurstück 405. Im Westen verläuft die Plangebietsgrenze – bis zu 100 m entfernt – etwa parallel zur F.‑straße . 3Der Antragsteller zu 1. ist Eigentümer fast aller Flächen im Plangebiet, mit Ausnahme der Flurstücke 264 und 265 (Flur 12, Gemarkung L.). Seine Flächen sind an die Antragstellerin zu 2. verpachtet. 4Auf dem im südlichen Plangebiet liegenden Grundstück F.-straße 27 wird eine Autorecyclinganlage betrieben, für die der Antragstellerin zu 2. unter dem 31. Juli 2009 eine Genehmigung nach § 4 BImSchG erteilt worden ist. Diese Genehmigung umfasst eine Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten einschließlich Autowracks (Gesamtlagerkapazität zwischen 1.000 qm und 14.999 qm beziehungsweise zwischen 100 t und 1.499 t Eisen-/Nichteisenschrotte), eine Anlage zur Behandlung von Autos mit einer Leistung von fünf oder mehr Autos pro Woche und eine Anlage zur sonstigen Behandlung nicht gefährlicher Abfälle mit einer Durchsatz-leistung von 10 t oder mehr pro Tag. 5Am 16. August 2011 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 3., die die Autorecyclinganlage nach vertraglicher Vereinbarung mit der Antragstellerin zu 2. betreibt, eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Lager- und Stapelbox aus Beton-Systemsteinen für Metalle auf demselben Grundstück (Flurstück 405). 6Am 29. September 2011 beantragte die Antragstellerin zu 2. eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Kabelschneidanlage und die Wiederinbetriebnahme einer vorhandenen Spänebrecheranlage. Am 28. Oktober 2011 zeigte sie der Antragsgegnerin die Errichtung einer Stahlbauhalle an, am 9. Juli 2012 den Neubau eines Büro- und Sozialgebäudes. 7Für das nicht im Eigentum des Antragstellers zu 1. stehende Flurstück 264 erteilte die Antragsgegnerin am 1. April 2009 eine Baugenehmigung zur Umnutzung einer Werkhalle in eine Autowerkstatt ohne Zerlegung von Altfahrzeugen und Altfahrzeugverwertung. Mit Baugenehmigung vom 12. November 2009 legalisierte sie die dortige Errichtung eines Kundenempfangsbüros als Anbau an die Werkstatt. 8Der seit dem 3. Mai 2010 geltende Regionale Flächennutzungsplan (RFNP) der aus den Städten C., F1., H., I., N. und P. bestehenden Planungsgemeinschaft Städteregion S., der für diese Städte auch die Funktion des Regionalplans übernimmt, stellt das Plangebiet größtenteils als „Wohnbauflächen“ und als „Allgemeinen Siedlungsbereich (ASB)“ dar. 9Der angefochtene Bebauungsplan regelt die Art der baulichen Nutzung. Er setzt ein in die Teile GE 1 und GE 2 gegliedertes Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) fest. Nach Nr. 1.2.1 der textlichen Festsetzungen sind Einzelhandelsbetriebe dort nicht zulässig. Ausnahmsweise können Einzelhandelsbetriebe mit den Sortimenten Fahrzeuge aller Art (ohne Fahrräder) und Zubehör, Boote und Zubehör, Baustoffe und Bauelemente, Brennstoffe und Mineralölerzeugnisse zugelassen werden. Im gesamten Plangebiet sind Trödelmärkte sowie Bordelle und vergleichbare Nutzungen, in denen der gewerbsmäßigen Prostitution nachgegangen wird, nicht zulässig (Nrn. 1.2.2 und 1.2.3). Vergnügungsstätten sind nicht Bestandteil des Bebauungsplans (Nr. 1.2.4). Das GE 1 im nördlichen Teil des Plangebiets erstreckt sich über circa ein Drittel der Gesamtfläche. Dort sind nach Nr. 1.2.5 der textlichen Festsetzungen Betriebe der Abstandsklassen I bis VI der Abstandsliste 2007 (Anlage 1 zu dem Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 6. Juni 2007 – Abstandserlass) unzulässig. In dem etwa doppelt so großen, südlich angrenzenden GE 2 sind Betriebe der Abstandsklassen I bis VII der Abstandsliste 2007 unzulässig (Nr. 1.2.6); davon ausgenommen sind Änderungen (keine Nutzungsänderungen) an und Erneuerungen von Betrieben und Anlagen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans genehmigt und vorhanden sind, wenn gutachterlich nachgewiesen wird, dass sie zu einer Verbesserung der Immissionssituation an den benachbarten Wohngrundstücken (F.-straße , M., A.-straße) führen. 10Das Aufstellungsverfahren nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: Die Aufstellung des Bebauungsplans im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB beschloss der Ausschuss des Rates für Stadtentwicklung und Stadtplanung am 1. Juli 2010. Die öffentliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses erfolgte im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 20. August 2010. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans in der Zeit vom 31. August bis zum 30. September 2010 im Amt für Stadtplanung und Bauordnung erfolge und dort in dieser Zeit Stellungnahmen abgegeben werden könnten. Darüber hinaus könne der Planentwurf im Internet unter www.F.de/stadtplanung eingesehen werden. Zusätzlich zu der amtlichen öffentlichen Auslegung sei der Planentwurf in den Bürgerämtern B. und T. „ausgestellt“. 11Die Behörden und die sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden von der Planaufstellung in Kenntnis gesetzt und ihre Stellungnahmen ausgewertet. 12Die Antragsteller nahmen mit Schreiben vom 30. September 2010 Stellung. Sie führten aus, der Antragsteller zu 1. habe den Großteil des Plangebiets im Jahr 2002 erworben. Früher habe sich dort das Aluminiumschmelzwerk der Firma P1. mit ungefähr 30.000 t überwachungspflichtiger Abfälle befunden. Der Antragsteller zu 1. habe circa 1,5 Millionen Euro für die Sanierung investiert. Diese Sanierung habe auch dem allgemeinen Wohl gedient, weil die Firma P1. als Verursacherin der Abfälle insolvent gewesen sei. Soweit mit Bescheid vom 31. Juli 2009 genehmigte Betriebsteile noch nicht in Betrieb genommen worden seien, sei die Verlängerung bewilligt worden. Wenn der Bebauungsplan in Form der Entwurfsfassung in Kraft träte, könne der Antragsteller zu 1. seinen Betrieb nicht mehr erweitern. Etwa ab dem Jahr 2011 beziehungsweise 2012 sei eine Betriebserweiterung beabsichtigt. Die vorhandene Spänebrecheranlage solle wieder in Betrieb genommen werden. Die nördlich gelegenen, etwa 6.000 qm großen Hallen sollten in Zukunft als Logistikzentrum für Fahrzeugersatzteile genutzt werden. Dieses Vorhaben stehe in Zusammenhang mit der gegenwärtig ausgeübten Nutzung, da die Ersatzteile auch und gerade solche Teile sein sollten, die aus Altfahrzeugen ausgebaut werden. Der am nördlichen Ende des Plangebiets liegende Gleisanschluss zur Güterbahnstrecke solle reaktiviert werden, um in Zukunft größere Schrottmengen verladen zu können. Auf den restlichen Freiflächen mit einer Größe von etwa 12.000 qm sollten in Zukunft zusätzlich Eisen und weitere Metallteile gelagert werden. Es sei beabsichtigt, für diese Erweiterungen demnächst die erforderlichen Genehmigungen zu beantragen. Für das Verwaltungsgebäude der ehemaligen Firma P1. werde eine Abbruchgenehmigung beantragt. Der RFNP stelle das Plangebiet als Wohnbaufläche dar. Gegen die Ausweisung eines allgemeinen Wohngebietes habe der Antragsteller zu 1. nichts einzuwenden. Ob die Festsetzung eines Gewerbegebietes mit dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vereinbar sei, sei auch in Ansehung des groben Maßstabes des RFNP von 1:50.000 und der Darstellungsschwelle von 5 ha zweifelhaft. Diese Festsetzung in einem im RFNP als Wohnbaufläche festgesetzten Bereich sei von § 1 BauNVO nicht gedeckt und widerspreche einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Die geplante Implementierung des Abstandserlasses sei inakzeptabel. Dadurch würden diverse Tätigkeiten untersagt, die mit ihrer – der Antragsteller – gewerblichen Tätigkeit in Verbindung stünden, beispielsweise die Lagerung von Schrotten einschließlich Autowracks, die Behandlung von Altautos, die Reparatur von Kraftfahrzeugen, die Lagerung diverser Abfälle und verschiedene Arten der Metallverarbeitung. Die bereits konkret geplanten Betriebserweiterungen könnten dann nicht mehr verwirklicht werden. Zudem sei nicht auszuschließen, dass der genehmigte und bestandsgeschützte Betrieb gegebenenfalls empfindliche nachträgliche Immissionsschutzauflagen hinnehmen müsse. Auch sei dann nicht mehr sichergestellt, dass der Betrieb sich an etwaige zukünftige Erfordernisse des Marktes oder rechtliche Rahmenbedingungen anpassen könne. Die Abstandsliste erfasse auch sämtliche in der 4. BImSchV aufgeführte emittierende Anlagen, so dass zukünftige Nutzungsmöglichkeiten der Flächen im Plangebiet stark eingeschränkt würden. Eine Implementierung der Abstandsliste in den Bebauungsplan sei auch deshalb bedenklich, weil eine vorhandene Gemengelage überplant werde. Die Begründung des Planentwurfs gehe davon aus, dass sich das Plangebiet teils als Industriegebiet, teils als Gewerbegebiet mit uneingeschränkten gewerblichen Nutzungen darstelle und durch emittierende Betriebe geprägt sei. Östlich grenzten mehrere Betriebe, die mit Gebrauchtwagen handelten, und Kfz-Werkstätten an sowie drei Mehrfamilienhäuser mit je sechs Wohneinheiten. Die Wohnhäuser lägen gegenüber der im Plangebiet befindlichen Kfz-Werkstatt. Südlich des Plangebiets befänden sich das Gelände der städtischen Entsorgungsbetriebe mit einem Recyclinghof und ein Lebensmittel-Discountmarkt. Bei der Überplanung einer Gemengelage müsse in der planerischen Abwägung besonders sorgfältig geprüft werden, ob eine Anwendung des Abstandserlasses sachgerecht sei. Vorzugswürdig sei die Verlagerung der Konfliktbewältigung in die Genehmigungsverfahren, in denen Schallschutzmaßnahmen vorgesehen werden könnten, sowie die Festsetzung von Lärmschutzanlagen im Bebauungsplan. Der westlich gelegene Automobillogistikbetrieb I1. sei nicht schutzbedürftig, die nördlich gelegene Zechensiedlung, die Wohnnutzung östlich der F.-straße und die Wohnnutzung südlich der T1.-straße seien wegen der erheblichen Immissionsvorbelastung in ihrem Schutzanspruch herabgesetzt. Im Übrigen sei das im Zusammenhang mit der für die Autorecyclinganlage erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eingeholte Immissionsgutachten aus dem Jahr 2008 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Immissionsrichtwerte an den dort untersuchten sechs Immissionspunkten eingehalten würden. Da die Einhaltung der Immissionsrichtwerte auch bei einer Betriebserweiterung in nördlicher Richtung erwartet werden könne, sei die Implementierung der Abstandsliste in den Bebauungsplan nicht notwendig, zumal unklar sei, ob die Bebauung östlich der F.-straße als allgemeines Wohngebiet oder als Mischgebiet einzuordnen sei. Ihre – der Antragsteller – Belange würden nicht nur durch das Eigentumsgrundrecht, sondern auch durch § 1 Abs. 6 Nr. 8 BauGB geschützt. Hilfsweise werde angeregt, Bestandsschutzfestsetzungen gemäß § 1 Abs. 10 BauNVO zu treffen. 13Die Antragsgegnerin teilte den Antragstellern mit Schreiben vom 13. April 2011 mit, der Planentwurf werde gemäß § 4 Abs. 3 BauGB geändert. Dies betreffe die Formulierungen hinsichtlich der gewerbsmäßigen Prostitution und der Vergnügungsstätten. Außerdem solle für das GE 2 textlich festgesetzt werden, dass Änderungen an und Erneuerungen von Betrieben und Anlagen die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans genehmigt und vorhanden seien, ausnahmsweise zulässig seien, wenn gutachterlich nachgewiesen werde, dass sie zu einer Verbesserung der Immissionssituation an den benachbarten Wohngrundstücken (F.-straße, M., Zollverein) führten. Diese Änderungen seien im beigefügten Planentwurf blau eingetragen. Anregungen könnten nur zu den geänderten Planinhalten vorgebracht werden. 14Die Antragsteller erklärten mit Schreiben vom 6. Mai 2011, trotz dieser Änderungen würde ihnen bei der Implementierung der Abstandsliste die Möglichkeit weitergehender Betriebserweiterungen oder Nutzungsänderungen genommen. Bestimmte Erweiterungen seien bereits konkret geplant, so die Nutzung der Spänebrecheranlage und des Gleisanschlusses. Im Übrigen seien die Änderungen nicht von § 1 Abs. 10 BauNVO gedeckt. Diese Vorschrift lasse nur Sonderregelungen für kleinere Flächen zu; die Autorecyclinganlage erstrecke sich aber über etwa die Hälfte des Plangebiets, die Spänebrecheranlage und der Gleisanschluss erfassten zusammen fast die andere Hälfte. 15Der Rat beschloss den Bebauungsplan in seiner Sitzung am 19. Oktober 2011 als Satzung. Nach Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange würden die Anregungen der Antragsteller vom 30. September 2010 teilweise berücksichtigt, ihre Anregungen vom 6. Mai 2011 würden nicht berücksichtigt. Der Antragsteller zu 1. habe über die Art, den Aufwand und die Kosten der von ihm im Plangebiet vorgenommenen Altlastensanierung keine Nachweise erbracht. Dem städtischen Umweltamt seien solche Maßnahmen nicht bekannt geworden. Er habe im Jahr 2001 eine aufwändige Abfallentsorgung der von der Firma P1. hinterlassenen Salzschlacken durchgeführt. Auch über den Abriss von ehemaligen Betriebsgebäuden dieser Firma gebe es Informationen. Über darüber hinausgehende Maßnahmen lägen keine Unterlagen vor. Am 8. Februar 2011 habe ein Ortstermin stattgefunden, um die genehmigten beziehungsweise die tatsächlich ausgeübten Nutzungen auf den Grundstücken im Plangebiet zu klären. Nach dem Abgleich mit den tatsächlichen Gegebenheiten begründe der Bebauungsplan keine Eingriffe in tatsächlich ausgeübte Nutzungen. Die von den Antragstellern geäußerten Erweiterungsabsichten seien sehr vielfältig und teilweise widersprüchlich. Die genaue räumliche Abgrenzung der behaupteten Vorhaben sei kaum nachvollziehbar, sodass sie nicht als Grundlage für eine Planung angesehen werden könnten. Diesen Vorhaben fehle es an Ernsthaftigkeit. Alternativ sei eine Wohnnutzung hochwillkommen. Für die in der Vergangenheit beantragten Nutzungen für ein Bordell, ein Casino und einen Trödelmarkt würden die Festsetzungen des Bebauungsplans eine Einschränkung darstellen, nicht aber für die immissionsschutzrechtlich genehmigten Nutzungen. Die textlichen Festsetzungen seien im Sinne der Antragsteller im Hinblick auf die im Plangebiet genehmigten Nutzungen geändert worden. Der Bebauungsplan nehme diese von der Nutzungseinschränkung aus. Darüber hinaus seien Änderungen zulässig, wenn sie zu einer Verbesserung der Immissionssituation führten. Eine Festsetzung der Nutzungsart Wohnen im Plangebiet wäre angesichts der derzeit dort ausgeübten Nutzungen auf absehbare Zeit nicht vollzugsfähig und daher nicht erforderlich. Die Zielsetzung des Bebauungsplans, im Plangebiet Einzelhandelsnutzungen auszuschließen, um die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche zu steuern und verträgliche und wenig störende Gewerbebetriebe anzusiedeln, mache aktuell keine weitergehenden städtebaulichen Konzeptionen oder alternative Nutzungsüberlegungen notwendig. Nichts anderes gelte im Hinblick auf das weitere Planziel, die Ansiedlung von Prostitutionsbetrieben und Vergnügungsstätten zu verhindern. Eine langfristige Planung mit anderen Zielsetzungen komme erst in Betracht, wenn die vorhandenen emittierenden Betriebe ihren Standort aufgäben. Die Darstellung im RFNP als Wohnbaufläche, die, durch Grünzüge gegliedert, eine Ausdehnung von etwa 400 ha habe, werde durch die vorliegende Planung eines Gewerbegebietes von 4,25 ha Größe nicht in Frage gestellt. Im Sinne einer abweichenden Konkretisierung sei eine Entwicklung unterhalb der Darstellungsschwelle des RFNP gegeben. Wegen des groben Maßstabes könnten untergeordnete Flächen nicht dargestellt werden, Grenzziehungen seien generalisiert und nicht parzellenscharf. Eine abweichende Entwicklung unterhalb der Darstellungsschwelle sei ausdrücklich vorgesehen. Die gewählte abweichende Konkretisierung entspreche den Zielen der Raumordnung. Die im Juli 2009 genehmigte, im GE 2 gelegene Anlage zur Behandlung und zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten sei im Jahr 2011 teilweise in Betrieb genommen worden, so dass das Plangebiet nur noch zur Hälfte brachliege. Da das GE 1 mehr als 100 m von den umliegenden Wohngebieten M., X.-straße, L1. und M1. entfernt sei, seien dort Gewerbebetriebe der Abstandsklassen I bis VI unzulässig, aber solche der Abstandsklasse VII zulässig. Aufgrund eines Abstandes zur Wohnbebauung von weniger als 100 m seien in dem Teilgebiet GE 2 Betriebe der Abstandsklassen I bis VII unzulässig. Die genehmigte Anlage für Schrotte falle als Nr. 131 der Abstandliste in die Abstandsklasse V. Da die Anlagenart in der Abstandsliste nicht mit „(*)“ gekennzeichnet sei, sei sie nicht nach Nr. 2.2.1 der Abstandsliste in die Abstandsklasse VI abzustufen; einer solchen Abstufung stehe auch entgegen, dass die meisten der benachbarten Wohngebiete reine Wohngebiete seien. Schrottplätze mit weniger als 1.000 qm Gesamtlagerfläche fielen in die Abstandsklasse VI, Anlagen zur Behandlung von Altautos mit einer Durchsatzleistung von fünf oder mehr Autos je Woche fielen in die Abstandsklasse VII. Die genehmigte Autorecyclinganlage halte nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 26. Februar 2008 an allen sechs gewählten Immissionsorten die Immissionsrichtwerte der TA Lärm ein. Die textliche Festsetzung Nr. 1.2.6 des Bebauungsplans sei im Sinne eines erweiterten Bestandsschutzes ergänzt worden. Die von den Antragstellern angesprochenen F2. Entsorgungsbetriebe und die Firma I1. befänden sich nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplans. Regelungen zu diesen Betrieben müssten gegebenenfalls in einem gesonderten Verfahren getroffen werden. Eine Festsetzung aktiver Lärmschutzanlagen, zum Beispiel Lärmschutzwände, scheitere nicht nur an der räumlichen Situation. Solche Anlagen müssten auf maximal denkbare Emissionen ausgelegt werden. Dies führe zu einem unangemessenen Aufwand, gegebenenfalls zu Lasten der die Emissionen verursachenden Antragsteller. Diesen stehe es frei, durch Lärmschutzvorrichtungen selbst erweiterte Nutzungsmöglichkeiten im Sinne der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 Satz 2 zu schaffen. 16Die Gliederung nach der Abstandsliste diene dem Schutz der benachbarten Wohnbebauung. Die Vorbelastung und Einstufung dieser Bebauung werde durch die Ergänzung der textlichen Festsetzungen im Sinne der Entwicklungsmöglichkeit für rechtmäßig vorhandene Betriebe berücksichtigt. Bezüglich noch nicht vorhandener oder genehmigter Betriebe und Anlagen sei die Anwendung der Abstandsliste im Sinne des vorsorgenden Umweltschutzes und des immissionsschutzrechtlichen Verbesserungsgebotes angemessen. Der maßgebliche Schutzanspruch der Umgebung werde von reinen Wohngebieten im Umfeld des Plangebiets bestimmt, aber auch von der benachbarten Wohnnutzung an der F.-straße unter Berücksichtigung ihrer Vorbelastung. Für das GE 1 existiere keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Jahr 2002 sei auf alle solche Genehmigungen verzichtet worden. Für neue Tätigkeiten, wie zum Beispiel den Betrieb der Spänebrecheranlage, müssten, soweit sie nicht von den bisher erteilten Baugenehmigungen erfasst seien, erst noch Genehmigungen erteilt werden. Die jahrzehntelange Vorbelastung der umliegenden Wohngebiete durch Lärm-, Staub-, und Erschütterungsimmissionen rechtfertige nicht automatisch die Zulassung zusätzlich emittierender Betriebe im Plangebiet. 17Etwaig im Plangebiet vorhandene Eisenbahngleise hätten keinen direkten Anschluss an die nördlich verlaufenden Gleise der Güterbahnstrecke auf dem im Eigentum der Firma I1. Logistik stehenden Flurstück 258, die dort in ein Kopfgleis mündeten. Die im Jahr 2010 erwähnte Spänebrecheranlage sei im Ortstermin vom Februar 2011 ebenso wenig angesprochen worden wie die Gleisanlagen. 18Der Satzungsbeschluss wurde in dem Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 9. Dezember 2011 ortsüblich bekannt gemacht. Dabei wurde als Datum des Satzungsbeschlusses fälschlicherweise der 29. April 2009 angegeben. In dem Amtsblatt vom 20. Januar 2012 wurde auf diesen Fehler hingewiesen und angegeben, der Bebauungsplan sei mit der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses am 9. Dezember 2011 in Kraft getreten. Zudem wurde der Satzungsbeschluss – unter Angabe des korrekten Beschlussdatums – erneut bekanntgemacht. 19Die Antragsteller haben am 6. Dezember 2012 den Normenkontrollantrag gestellt. Sie tragen vor, die genehmigte Autorecyclinganlage erfasse circa die Hälfte des Plangebiets und werde nach vertraglicher Vereinbarung von der Antragstellerin zu 3. betrieben. Diese betreibe dort zudem einen Metall- und Schrotthandel. Die Antragstellerin zu 2. zerlege Altautos seit den 1980er Jahren an der T1.-straße . Früher habe sich im Plangebiet das Aluminiumschmelzwerk der Firma P1. befunden. Der Antragsteller zu 1. habe – in Abstimmung mit der Antragsgegnerin – ungefähr 1,5 Millionen Euro investiert für die Sanierung der im Plangebiet vormals vorhandenen 30.000 t überwachungspflichtiger Abfälle und er habe auch marode Betriebsgebäude abgerissen. Für den Erwerb der Grundstücke habe er im Jahr 2001 nicht einen nur symbolischen Kaufpreis gezahlt, sondern eine Million DM. 20Die Autorecyclinganlage sei mittlerweile weitgehend in Betrieb genommen. Sie bestehe aus verschiedenen Betriebseinheiten, wie sich aus dem Genehmigungsbescheid vom 31. Juli 2009 ergebe. Soweit genehmigte Betriebsteile noch nicht in Betrieb genommen worden seien, sei regelmäßig die Verlängerung der Genehmigung bewilligt worden. Falls der Bebauungsplan wirksam wäre, könne der Antragsteller zu 1. seinen Betrieb nicht mehr oder allenfalls in äußerst geringem Umfang erweitern. Es sei ein Gleisanschluss vorhanden, der zwar ungenutzt und betrieblich gesperrt sei, aber wieder in Betrieb genommen werden könne. Die Antragstellerin zu 3. habe Anfang Januar 2012 ein entsprechendes Angebot eingeholt. 21Ihre im Aufstellungsverfahren mit Schreiben vom 30. September 2010 und vom 6. Mai 2011 geltend gemachten Einwendungen, insbesondere zu konkret geplanten Betriebserweiterungen und zur Unverhältnismäßigkeit einer Implementierung der Abstandsliste in den Bebauungsplan, seien vom Rat weitgehend unbeachtet geblieben, belegten aber die Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Dieser leide an einem Verfahrensfehler. Die nach § 3 Abs. 2 BauGB gebotene Öffentlichkeitsbeteiligung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. In der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs in dem Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 20. August 2010 sei darauf hingewiesen worden, dass der Planentwurf zusätzlich zu der amtlichen öffentlichen Auslegung auch im Bürgeramt B. und im Bürgeramt T. ausgestellt werde. Im Bürgeramt B. habe der Planentwurf am 29. September 2010 im Foyer nur auf der Rückseite der aufgestellten Pinnwand gehangen. Dies sei nicht auf den ersten Blick zu erkennen gewesen. In dem Bürgeramt T. sei der Planentwurf an diesem Tage nicht vorhanden gewesen. In dem Servicecenter des Bürgeramtes sei ihrem Prozessbevollmächtigten nur erklärt worden, dass der Planentwurf aufgehängt worden sei. Dem um Einsichtnahme nachsuchenden Bürger dürften aber keine Hindernisse in den Weg gelegt werden, die ihn von einer Einsichtnahme abhielten. 22Der Bebauungsplan sei entgegen § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. Der RFNP stelle das Plangebiet als Wohnbaufläche dar. Die aus dem Maßstab von 1:50.000 folgende sogenannte Regeldarstellungsschwelle von 5 ha dürfe nicht schematisch angewendet werden und unterhalb dieser Schwelle nicht jedwede Entwicklung ermöglichen. Die Festsetzung des Gewerbegebiets in dem im RFNP als Wohnbaufläche dargestellten Bereich sei von § 1 Abs. 2 und 3 BauNVO nicht gedeckt. Eine solche Umwidmung widerspreche einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. 23Der Bebauungsplan leide an einem beachtlichen Abwägungsfehler, da die von dem Antragsteller zu 1. im Aufstellungsverfahren vorgetragenen erheblichen Investitionen in die Sanierung des Plangebiets nicht hinreichend beachtet worden seien. Die umfangreichen Abriss- und Sanierungsarbeiten seien offensichtlich und bekannt, so dass es eines näheren Kostennachweises nicht bedurft habe. Auch habe die Antragsgegnerin ihre – der Antragsteller – gewerblichen Interessen an der Grundstücksnutzung und Betriebserweiterung fehlerhaft eingeschätzt und als zu gering gewichtet. Sie habe namentlich die geltend gemachten Erweiterungsabsichten nicht ausreichend beachtet. 24Die Implementierung der Abstandsliste sei disproportional. Sie verbiete diverse Tätigkeiten, die mit der derzeitigen gewerblichen Tätigkeit im Plangebiet in Verbindung stünden, beispielsweise die Lagerung von Schrotten einschließlich Autowracks, die Behandlung von Altautos, die Reparatur von Kraftfahrzeugen in Werkstätten, die Lagerung diverser Abfälle und verschiedene Arten der Metallverarbeitung. Die konkret geplanten Betriebserweiterungen könnten nicht mehr verwirklicht werden. 25Die getroffene Bestandsschutzregelung in der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 sei nicht von § 1 Abs. 10 BauNVO gedeckt. Dieser lasse nur Sonderregelungen für kleinere Einsprengsel mit geringem Flächenumfang zu. Die genehmigte Autorecyclinganlage beanspruche aber etwa die Hälfte des Plangebiets und der übrige Teil des nördlichen Plangebiets solle in naher Zukunft mit der Spänebrecheranlage und dem Gleisanschluss genutzt werden. Zudem sei die Regelung unbestimmt. Es sei weder klar, wie und durch wen ein gutachterlicher Nachweis einer Verbesserung der Immissionssituation erfolgen könne, noch was eine solche Verbesserung voraussetze. Das in Bezug genommene Gebiet der F.-straße, M. und A.-straße sei großflächig und nicht nachvollziehbar abgegrenzt. Auch sei das Erfordernis einer Verbesserung der Immissionssituation, an das mögliche Erweiterungen geknüpft seien, auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die genehmigte Anlage die Grenzwerte der TA Lärm einhalte. Zudem sei der umfassende Ausschluss von Trödelmärkten städtebaulich nicht erforderlich, da er nicht nur das zentren- und nahversorgungsrelevante Angebot von (Neu-)Waren, sondern auch die nicht zentren- und nahversorgungsschädlichen klassischen Trödelmärkte erfasse. Anträge auf Erteilung einer Baugenehmigung für ein Bordell oder ein Casino habe kein Antragsteller jemals gestellt. 26Die Antragsteller beantragen, 27den Bebauungsplan Nr. 2/09 „F.-straße , südlich Güterbahn“ der Stadt F1. für unwirksam zu erklären. 28Die Antragsgegnerin beantragt, 29den Antrag abzulehnen. 30Zur Begründung führt sie aus, der Antragsteller zu 1. habe die Flächen des Plangebiets nicht saniert, sondern nur die von der Voreigentümerin dort gelagerten Abfälle beseitigt, um das Gelände nutzen zu können. Auch habe er wegen dieser notwendigen Aufwendungen einen verhältnismäßig geringen Grundstückskaufpreis gezahlt. Ein Anschluss etwaiger Bahngleise an das Netz der Deutschen Bahn sei nicht ohne Weiteres realisierbar. Zwischen der Bahntrasse und dem Plangebiet liege ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück, auf dem sich kein Gleis befinde. Die öffentliche Auslegung des Planentwurfs zwischen dem 31. August und dem 30. September 2010 sei ordnungsgemäß erfolgt. Maßgeblicher Auslegungsort sei das Amt für Stadtplanung und Bauordnung gewesen. 31Ein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB liege nicht vor. Zwar sei das Plangebiet in dem RFNP als Wohnbaufläche dargestellt. Die Plangebietsgröße von 4,25 ha liege aber unterhalb der Darstellungsschwelle von 5 ha des im Maßstab von 1:50.000 verfassten RFNP. Wegen des Bestandsschutzes der emittierenden Betriebe im Plangebiet sei eine Änderung der Nutzungsart in ein Wohngebiet auf lange Sicht nicht umsetzbar und daher nicht beabsichtigt. Die im RFNP dargestellte Wohnbaufläche mit einer Ausdehnung von etwa 400 ha um das Plangebiet werde durch die festgesetzte gewerbliche Nutzung auf 4,25 ha im Plangebiet nicht in Frage gestellt. Die Interessen der Antragsteller an einer größtmöglichen Ausnutzung des Plangebietes seien in der Begründung zum Bebauungsplan aufgeführt und zu den anderen Belangen in Bezug gesetzt. Berücksichtigt worden sei die genehmigte Autorecyclinganlage nebst der Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten und der Behandlung nicht gefährlicher Abfälle. Zu Gunsten der genehmigten Autorecyclinganlage seien die textlichen Festsetzungen im Aufstellungsverfahren geändert worden. Die Anlage sei von Nutzungseinschränkungen ausgenommen. Änderungen seien zulässig, wenn sie die Immissionssituation verbesserten. Die diesbezügliche textliche Festsetzung Nr. 1.2.6 beruhe auf § 1 Abs. 4 Nr. 2 BauNVO und sei hinreichend bestimmt. Die Planbegründung nenne als Beispiel die Einhausung eines Schrottplatzes und verweise auf die Immissionsgrenzwerte der TA Lärm. Die Feststellung einer Immissionsverbesserung setze einen Vergleich zwischen der bisherigen und der künftigen Nutzung voraus und erfordere in der Regel die Hilfe eines Gutachters. Dieser sollte für das Gebiet der Lärmbegutachtung qualifiziert sein, weitere Anforderungen würden nicht gestellt. Auch im Genehmigungsverfahren für die Autorecyclinganlage habe sie – die Antragsgegnerin – das von Antragstellerseite beigebrachte Immissionsgutachten akzeptiert. Benachbarte Wohnbebauung könne gegenüber den in einem neu aufgestellten Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsarten Schutz verlangen, der über die Einhaltung der Grenzwerte der TA Lärm hinausgehe. Für eine Verbesserung der Immissionssituation könne es bereits ausreichen, wenn an jeweils einem Wohngrundstück an den in der textlichen Festsetzung genannten Straßen (F.-straße, M., A.-straße) eine Verbesserung eintrete. 32Im nördlichen Plangebiet seien im GE 1 Betriebe der Abstandsklasse VII zugelassen. Dies umfasse beispielsweise Anlagen zur Behandlung von Altautos mit einer Durchsatzleistung von fünf Altautos oder mehr je Woche, Autolackierereien einschließlich Karosseriebau, Anlagen zur Kraftfahrzeugüberwachung und Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstätten. Die dem Plangebiet benachbarten Wohngebiete seien überwiegend reine Wohngebiete. Die Voraussetzungen für eine Verringerung des ihnen gegenüber benötigten Abstandes um eine Abstandsklasse lägen nicht vor. Der Ausschluss von sämtlichen Trödelmärkten sei erforderlich, damit auch diejenigen Erscheinungsformen davon erfasst würden, die nicht als Einzelhandelsbetrieb zu werten seien, aber vergleichbare Auswirkungen entfalteten. 33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 bis 3). 34Entscheidungsgründe: 35Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet. 36Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor, insbesondere sind die Antragsteller antragsbefugt. 37Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag stellen, wer geltend machen kann, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. 38Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich abwägungserheblicher privater Belange und kann daher ein Recht im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sein. Nach dem Vorbringen der Antragsteller ist es möglich, dass sie durch den Bebauungsplan in dem ihnen zustehenden Recht auf gerechte Abwägung ihrer privaten Interessen verletzt werden. 39Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan leidet an einem zu seiner Unwirksamkeit führenden beachtlichen Mangel. 40Satz 2 der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 ist unwirksam. Nach deren Satz 1 sind in dem Bereich GE 2 Betriebe der Abstandsklassen I bis VII der Abstandsliste 2007 unzulässig. Gemäß Satz 2 sind davon ausgenommen Änderungen (keine Nutzungsänderungen) an und Erneuerungen von Betrieben und Anlagen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans genehmigt und vorhanden sind, wenn gutachterlich nachgewiesen wird, dass sie zu einer Verbesserung der Immissionssituation an den benachbarten Wohngrundstücken (F.-straße, M., A.-straße) führen. 41Während für Satz 1 der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 mit § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vorliegt, 42vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 – 4 N 6.88 –, juris, Rn. 16, Urteil vom 16. Dezember 1999 ‑ 4 CN 7.98 ‑, juris, Rn. 24; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2006 – 10 D 43/03.NE –, juris, Rn. 78, 43existiert eine solche in dem abschließenden Katalog der Festsetzungsmöglichkeiten in § 9 BauGB und den Vorschriften der Baunutzungsverordnung für die Ausnahmebestimmung des Satzes 2 nicht. 44§ 31 Abs. 1 BauGB ist keine allgemeine Ermächtigungsgrundlage für Ausnahmevorschriften eines Bebauungsplans, sondern knüpft an eine von dem Rat zulässigerweise in den Bebauungsplan aufgenommene Ausnahmevorschrift an. 45Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 ‑ 4 C 16.07 ‑, juris, Rn. 17. 46§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO scheidet ebenfalls als Ermächtigungsgrundlage aus, da die Ausnahme nach Satz 2 der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 keine Gliederung des Baugebiets bewirkt oder wieder aufhebt, 47vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. März 2015 – 4 BN 26.14 –, juris, Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 27. November 2014 – 7 D 25/13.NE –, juris, Rn. 39 bis 52, 48sondern nur einzelne, räumlich nicht näher bestimmte Betriebe innerhalb des gegliederten Baugebiets begünstigt. 49Die Regelung des Satzes 2 der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 lässt sich auch nicht auf § 1 Abs. 10 BauNVO stützen. Nach dessen Satz 1 kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen bestimmter in überwiegend bebauten Gebieten vorhandener baulicher und sonstiger Anlagen zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können, wenn diese Anlagen bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 BauNVO unzulässig wären. 50Eine solche Festsetzung setzt neben der überwiegenden Bebauung des Gebiets voraus, dass die Anlagen, für die ein derart erweiterter Bestandschutz zugelassen werden soll, im Bebauungsplan oder zumindest in der Planbegründung konkret benannt werden. 51Vgl. OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2007 – 7 D 64/06.NE –, juris, Rn. 72, und vom 9. November 2010 – 10 D 15/08.NE –, juris, Rn. 34 bis 37. 52Eine Benennung der begünstigten Anlagen ist hier nicht erfolgt. Auch wenn der Rat mit der Festsetzung wohl allein die immissionsschutzrechtlich genehmigte Recyclinganlage für Altautos absichern wollte, kommt dies weder in der Festsetzung noch in der Planbegründung hinreichend bestimmt zum Ausdruck. 53Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen für eine Festsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO auch in der Sache nicht vor. Diese Ermächtigung setzt voraus, dass die Anlagen, zu deren Absicherung erweiternde bestandssichernde Festsetzungen getroffen werden, innerhalb des jeweiligen Baugebiets keine zentrale Bedeutung oder eine die städtebauliche Situation beherrschende Größe aufweisen. Andernfalls käme den nach den Baugebietsfestsetzungen allgemein zulässigen Anlagen keine prägende Wirkung mehr zu und diese Festsetzungen, denen die nach § 1 Abs. 10 BauNVO abzusichernde Anlage widerspricht, würden weitgehend leerlaufen. 54Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28. Juni 2007 – 7 D 59/06.NE –, juris, Rn. 170 bis 173, und vom 13. September 2007 – 7 D 91/06.NE –, juris, Rn. 91 bis 93; Brügelmann, BauGB, Bd. 6, § 1 BauNVO, Rn. 442, 451; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 1 Abs. 10, Rn. 139; König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 1, Rn. 104. 55Der Recyclinganlage, auf welche Satz 2 der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 abzielt, kommt aber nicht nur innerhalb des GE 2, sondern im gesamten Plangebiet auf Grund ihrer räumlichen Ausdehnung und ihrer erheblichen Emissionslast eine zentrale, gebietsbeherrschende Bedeutung zu. 56Im Übrigen ist Satz 2 der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 auch deshalb unwirksam, weil er unbestimmt ist. 57Der Grundsatz der Bestimmtheit verlangt, Tatbestände so präzise zu formulieren, dass die Normadressaten ihr Handeln kalkulieren können, weil die Folgen der Regelung für sie voraussehbar und berechenbar sind. Rechtsnormen brauchen jedoch nur so bestimmt zu sein, wie dies nach der Eigenart der zu regelnden Sachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Es genügt, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Die Vorschrift darf nicht so konturenlos sein, dass ihre willkürfreie Handhabung durch Behörden und Gerichte nicht gewährleistet ist. 58Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. März 2014, 1 BvR 3185/09, juris, Rn. 40; BVerwG, Urteile vom 11. Oktober 2007 – 4 C 7.07 –, juris, Rn. 13, und vom 12. Juli 2006 – 10 C 9.05 –, juris, Rn. 30. 59Ob eine Regelung eines Bebauungsplans dem Bestimmtheitserfordernis genügt, ist in aller Regel eine Frage des Einzelfalles. 60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2012 ‑ 4 BN 32.12 ‑, juris, Rn. 4. 61Satz 2 der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 ist unbestimmt, weil die Tatbestandsmerkmale so konturenlos sind, dass eine willkürfreie Handhabung durch Behörden und Gerichte nicht gewährleistet ist. Es ist nicht hinreichend deutlich, unter welchen Bedingungen im GE 2 Änderungen an und Erneuerungen von Betrieben und Anlagen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans genehmigt und vorhanden sind, von den Beschränkungen der Abstandsklassen I bis VII ausgenommen sind. Satz 2 erfordert insoweit, dass gutachterlich nachgewiesen wird, dass die Änderungen beziehungsweise Erneuerungen zu einer Verbesserung der Immissionssituation an den benachbarten Wohngrundstücken (F.-straße, M., A.-straße ) führen. 62Auch wenn die Antragsgegnerin zu Recht darauf verweist, dass die Feststellung einer Verbesserung der Immissionssituation einen Vergleich zwischen der bisherigen und der zukünftigen Nutzung voraussetzt und der tätige Gutachter (nur) für das Gebiet der Lärmbegutachtung qualifiziert sein müsse, bleibt für die Genehmigungsbehörde völlig unklar, an welchen Immissionsorten in welchem Umfang eine Verbesserung der Immissionssituation eintreten muss, um die Veränderung oder Erneuerung des Betriebes oder der Anlage erlauben zu können. 63Etwas anderes folgt nicht daraus, dass der Erteilung der Genehmigung nach § 4 BImSchG vom 31. Juli 2009 für den Autorecyclingbetrieb ein immissionsschutzrechtliches Gutachten zugrunde lag, für das sechs Immissionsorte ausgewählt worden waren, von denen sich drei in den Straßen F.-straße oder M. befanden. 64Da weder das Gutachten selbst noch der Ort, an dem es von den interessierten Bürgern eingesehen werden kann, in dem Bebauungsplan genannt sind, 65vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2010 – 4 BN 21.10 –, juris, Rn. 10 bis 13. 66kann es zur Auslegung der textlichen Festsetzung nicht herangezogen werden. 67Auch wenn die Anforderungen an die Bestimmtheit von Ausnahmevorschriften im Sinne des § 31 Abs. 1 BauGB, § 1 Abs. 10 BauNVO nicht überspannt werden dürfen, fehlt es hier an der erforderlichen Vorgabe hinreichend bestimmter Mindestkriterien. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 – 4 CN 3.11 –, juris, Rn. 16; OVG NRW, Urteile vom 30. Januar 2014 – 7 A 1066/11 –, juris, Rn. 53 und vom 11. Februar 2014 – 2 D 15/13.NE –, a.a.O., Rn. 124. 69Insbesondere aus den Regelungen der TA Lärm ergeben sich solche nicht. 70Gemäß Ziff. 2.3 der TA Lärm ist der maßgebliche Immissionsort der nach Nr. A.1.3 ihres Anhangs zu ermittelnde Ort im Einwirkungsbereich der Anlage, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist. Selbst wenn man in der hier gegebenen Situation, in der die Immissionsrichtwerte bei Zugrundelegung des immissionsschutzrechtlichen Gutachtens überall eingehalten sind, als maßgeblichen Immissionsort den Ort ansehen will, an dem mutmaßlich der höchste Immissionswert zu messen sein wird, ist wegen der Bezugnahme in der Ausnahmevorschrift auf die in verschiedenen Richtungen gelegenen Straßen F.-straße, M. und A.‑straße unklar, ob an einer, zwei oder allen drei Straßen beziehungsweise den dort gelegenen Punkten mit den derzeit höchsten Immissionswerten Verbesserungen zu erwarten sein müssen, zumal die Änderung oder Erneuerung, um deren Zulassung es geht, die von dem gesamten Betrieb ausgehenden Immissionen auch hinsichtlich ihres Einwirkungsbereichs wesentlich verändern können. 71Darüber hinaus ergibt sich weder aus dem Gutachten noch aus der Planbegründung oder aus den Vorschriften der TA Lärm, ab welcher Verringerung der Immissionswerte eine Verbesserung der Immissionssituation im Sinne der Festsetzung anzunehmen ist. Dies lässt sich insbesondere nicht aus dem in der Planbegründung genannten Beispiel der Einhausung eines Schrottplatzes entnehmen. Danach ist allenfalls zu vermuten, dass der Rat geringfügige Verbesserungen wohl nicht als ausreichend angesehen hat. 72Zudem sieht die TA Lärm in der Regelung zur Ermittlung der Geräuschimmissionen durch Prognose (Nr. A.2.1 der Anlage zur TA Lärm) vor, dass, wenn wie hier die Beurteilungspegel zu keiner Überschreitung der Immissionsrichtwerte führen, zwei verschiedene Verfahren angewendet werden können, nämlich die detaillierte Prognose (DP) und die überschlägige Prognose (ÜP). Ob hier zum Nachweis der Verbesserung eine überschlägige Prognose ausreichend ist, ist der Ausnahmevorschrift im Wege der Auslegung nicht zu entnehmen. 73Wegen der Unwirksamkeit des Satzes 2 der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 ist der Bebauungsplan insgesamt unwirksam. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. 74Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 4 B 54.08 –, juris, Rn. 5. 75Es lässt sich nicht feststellen, dass der Rat den Bebauungsplan im Zweifel auch ohne die Ausnahmeregelung in Satz 2 der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.6 beschlossen hätte. Vielmehr hat er diese Ausnahmeregelung ausweislich der Planbegründung und des tatsächlichen Ablaufs des Aufstellungsverfahrens gerade deshalb in den Bebauungsplan aufgenommen, um den von den Antragstellern geäußerten Bedenken an der Wirksamkeit, insbesondere Verhältnismäßigkeit des durch die textlichen Festsetzungen Nrn. 1.2.5 und 1.2.6 bewirkten weitgehenden Ausschlusses emissionsintensiver Nutzungen im Plangebiet sowie der Überplanung der Autorecyclinganlage zu begegnen. 76Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999 – 4 CN 7.98 –, juris, Rn. 26. 77Da nicht auszuschließen ist, dass der Rat für das Plangebiet erneut einen Bebauungsplan aufstellen wird, sind ungeachtet der Unwirksamkeit des Bebauungsplans noch folgende Ausführungen angezeigt: 78Ein – nach § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB beachtlicher – Verfahrensmangel in Form eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB ist nicht gegeben. Danach sind die Entwürfe der Bauleitpläne mit der Begründung und die nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogene Informationen verfügbar sind, sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekanntzumachen. 79Die Antragsgegnerin hat den Entwurf des Bebauungsplans und die nach ihrer Einschätzung wesentlichen umweltbezogenen Stellungnahmen in Übereinstimmung mit diesen gesetzlichen Vorgaben für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt. Die öffentliche Auslegung erfolgte nach den – von den Antragstellern nicht in Frage gestellten – Angaben der Antragsgegnerin zwischen dem 31. August und dem 30. September 2010 ordnungsgemäß im Amt für Stadtplanung und Bauordnung. Dies entspricht der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs in dem Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 20. August 2010. Danach erfolge die öffentliche Auslegung des Planentwurfs in dieser Zeit in diesem Amt. 80Dass nach Angaben der Antragsteller im Bürgeramt B. der Planentwurf am 29. September 2010 im Foyer nicht auf der Vorderseite, sondern auf der Rückseite der aufgestellten Pinnwand gehangen hat, stellt die ordnungsgemäße öffentliche Auslegung des Planentwurfs nicht in Frage, denn es ist einem interessierten Bürger zuzumuten, gegebenenfalls durch Nachfragen bei den städtischen Bediensteten den genauen Standort der Entwurfsunterlagen zu erfahren. 81Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 ‑ 4 C 16.07 ‑, juris, Rn. 34. 82Eine solche Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller ermöglichte ihm nach eigenen Angaben die Kenntnisnahme von den Planunterlagen im Bürgeramt B. 83Dass der Planentwurf am 29. September 2010 offenbar in dem Bürgeramt T. nicht vorhanden beziehungsweise nicht zugänglich war und nach Aussagen einer dortigen Mitarbeiterin wohl abhanden gekommen war, begründet ebenfalls keinen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 BauGB. Dies folgt schon daraus, dass die Unterlagen entsprechend der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs in dem Amtsblatt vom 20. August 2010 in dem fraglichen Zeitraum in dem Amt für Stadtplanung und Bauordnung einsehbar waren. Damit war den gesetzlichen Anforderungen Genüge getan. Den interessierten Bürgern war es möglich und zumutbar, dort Einsicht zu nehmen. Dies gilt auch für Bürger, die gegebenenfalls zuvor in dem Bürgeramt T. erfolglos um Einsicht nachgesucht hatten. 84Ob die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 BauGB für die Aufstellung des Bebauungsplans im vereinfachten Verfahren vorgelegen haben und ob ein Fehlen der Voraussetzungen eine beachtliche Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften im Sinne des § 214 Abs. 1 BauGB darstellen würde, kann offenbleiben. Beachtliche Form- und Verfahrensfehler werden nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich, sofern sie nicht innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung des Bebauungsplans schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhaltes geltend gemacht worden sind. Auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie die Rechtsfolgen der unterbliebenen Geltendmachung hat die Antragsgegnerin in der öffentlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses ordnungsgemäß hingewiesen. Die Antragsteller haben nicht binnen Jahresfrist gerügt, dass die Voraussetzungen des § 13 BauGB für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorgelegen hätten. 85Der dem Bebauungsplan zu Grunde liegenden Planung fehlt auch nicht die nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderliche städtebauliche Rechtfertigung. Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Die erforderliche Planrechtfertigung ist gegeben, wenn der Bebauungsplan nach seinem Inhalt auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung ausgerichtet und nach der planerischen Konzeption der zur Planung berufenen Gemeinde als Mittel hierfür erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bebauungsplan in aller Regel erst bei groben und einigermaßen offensichtlichen, von keiner nachvollziehbaren Konzeption getragenen planerischen Missgriffen, oder wenn er auf unabsehbare Zeit vollzugsunfähig ist. 86Mit dem Bebauungsplan hat der Rat ausweislich der Planbegründung unter anderem beabsichtigt, das Plangebiet als Standort insbesondere für produzierende Betriebe, Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe zu sichern, negative Auswirkungen auf das städtische Zentrengefüge durch die Ansiedelung von Einzelhandel im Plangebiet zu verhindern, erkannte Konflikte zwischen den gewerblichen Nutzungen und in der näheren Umgebung ausgeübten Wohnnutzungen zu lösen sowie Vergnügungsstätten und Betriebe des Prostitutionsgewerbes im Hinblick auf den angestrebten Gebietscharakter und die in der Umgebung befindlichen Schulen auszuschließen. Dies sind städtebauliche Erwägungen im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, die die Aufstellung von Bebauungsplänen rechtfertigen können. 87Dass der Bebauungsplan von vornherein vollzugsunfähig sein könnte, weil seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen, ergibt sich aus dem Vortrag der Antragsteller nicht. 88Die vermeintliche Vollzugsunfähigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass der im Plangebiet angesiedelte, der Abstandsklasse V zuzuordnende Betrieb seinen Standort in absehbarer Zeit nicht aufgeben dürfte. Es gehört zu den der Gemeinde im Rahmen ihrer Planungshoheit übertragenen Aufgaben, erkannte städtebauliche Missstände oder sich abzeichnende städtebauliche Fehlentwicklungen in bebauten Bereichen zu beseitigen beziehungsweise ihnen entgegenzuwirken. Die Angebotsplanung ist regelmäßig ein taugliches Mittel für die Umsetzung dieser Aufgabe. Sind Missstände oder Fehlentwicklungen Anlass für die Aufstellung des Bebauungsplans, besteht naturgemäß ein Widerspruch zwischen dem Plankonzept und den bisher zulässigen, bestandsgeschützten Nutzungen, aus denen sich die städtebaulichen Missstände ergeben oder die Raum lassen für die befürchteten städtebaulichen Fehlentwicklungen. Der Plangeber braucht auch in solchen Fällen regelmäßig keine Prognose anzustellen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang und wann die Angebote des Bebauungsplans letztlich angenommen werden, sondern kann die Entwicklung grundsätzlich den Mechanismen des Marktes überlassen. 89Hier ist keine Abweichung vom vorstehend beschriebenen Regelfall ersichtlich. Es ist auch keinesfalls ausgeschlossen, dass einzelne, im Plangebiet angesiedelte Betriebe oder Betriebsteile, sollten sie nach den Festsetzungen des Bebauungsplans dort nicht mehr zulässig sein, ihren Standort – gegebenenfalls unter Mithilfe der Antragsgegnerin – auf eine städtebaulich besser geeignete Fläche verlagern. Selbst wenn nach dem Plankonzept unerwünschte Nutzungen für einen längeren Zeitraum im Plangebiet fortgeführt werden sollten, steht damit nicht das Plankonzept insgesamt in Frage, solange der Bebauungsplan gleichwohl zur gewollten städtebaulichen Ordnung und Entwicklung beitragen kann. Der Senat hat keine durchgreifenden Zweifel an der Ordnungs- und Entwicklungsfunktion der hier getroffenen Festsetzungen zur baulichen Nutzung. 90Die städtebauliche Erforderlichkeit der Festsetzungen ist gegeben. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der grobe Maßstab für die Planrechtfertigung auch anzulegen, wenn es darum geht, die städtebauliche Erforderlichkeit der einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans festzustellen. Die Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB beträfen die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür sei das Abwägungsgebot maßgeblich. 91Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 – 4 CN 7.11 –, juris. 92Weder dem weitgehenden Ausschluss des Einzelhandels noch dem mit der Gliederung nach der Abstandsliste des Abstandserlasses verbundenen Ausschluss bestimmter emittierender Gewerbebetriebe oder den übrigen Nutzungsausschlüssen fehlt danach die städtebauliche Rechtfertigung. 93Die gemeindegebietsweite Steuerung der Ansiedlung von Einzelhandel zum Schutz der gemeindlichen Zentrenstruktur ist ein anerkannter städtebaulicher Grund für den Ausschluss von Einzelhandel in nicht integrierten Lagen. Städtebaulich gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind daher die auf § 1 Abs. 9 BauNVO gestützten textlichen Festsetzungen zum Ausschluss von Einzelhandel. 94Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann sich der Plangeber die rechtfertigende Wirkung eines Einzelhandelskonzeptes im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB – hier: Masterplan Einzelhandel – auch in Teilen zunutze machen, solange die zu seiner Umsetzung getroffenen Festsetzungen des Bebauungsplans jedenfalls geeignet sind, einen Beitrag zur Förderung des Einzelhandelskonzeptes zu leisten, und nicht die realistische Gefahr besteht, dass eine nur teilweise Umsetzung des Einzelhandelskonzeptes dieses konterkariere. Verfolgt das Einzelhandelskonzept das Ziel, die Versorgungszentren im Stadtgebiet zu stärken, bedürfen Festsetzungen, die von dem Einzelhandelskonzept abweichen, keiner nachvollziehbaren Begründung, die auf der Ebene der Bauleitplanung ein schlüssiges Planungskonzept erkennen lässt. Von der Eignung eines Einzelhandelsausschlusses zur Förderung des Zentrenschutzes ist grundsätzlich auszugehen, wenn in einem Einzelhandelskonzept die für die Funktionsfähigkeit der jeweiligen Versorgungszentren entscheidenden und mithin zentrumsbildenden Sortimente festgelegt und diese Sortimente für ein Gebiet außerhalb der Versorgungszentren ausgeschlossen sind. Etwas anderes gilt nur in offensichtlichen Ausnahmefällen, in denen der Ausschluss zentrumsbildender Sortimente für ein bestimmtes Gebiet außerhalb der Versorgungszentren keinerlei Beitrag zum Zentrenschutz leisten kann. 95Dass hier die textlichen Festsetzungen zum Ausschluss von Einzelhandel nicht geeignet sein könnten, zumindest irgendeinen Beitrag zu leisten, das Ziel der Stärkung der städtischen Versorgungszentren zu fördern, oder eventuelle Abweichungen von den Vorgaben des Masterplans Einzelhandel dieses Ziel gar konterkarieren würden, lässt sich nicht feststellen. Nach dem von dem Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen Maßstab dürfte die Möglichkeit, solche Feststellungen zu treffen, ohnehin eher theoretischer Natur sein. 96Der Ausschluss von Vergnügungsstätten sowie von Betrieben der gewerbsmäßigen Prostitution beruht auf dem Willen des Rates, die Flächen im Plangebiet produzierenden Gewerbebetrieben sowie Dienstleistungs- und Handwerksbetrieben vorzubehalten, sowie auf der angenommenen Unverträglichkeit solcher unerwünschter Nutzungen mit dem nach dem Plankonzept angestrebten Gebietscharakter, der umliegenden Wohnbebauung und den benachbarten Schulen. Dies sind jeweils Gründe städtebaulicher Natur, die im Rahmen des weiten Planungsermessens des Rates nicht zu beanstanden sind. 97Soweit durch die Gliederung des festgesetzten Gewerbegebietes nach der Abstandsliste die Art der baulichen Nutzung eingeschränkt wird, steht der Charakter eines Gewerbegebiets im Sinne von § 8 Abs. 1 und 2 BauNVO nicht in Frage. Neben den in der Abstandsliste genannten Gewerbebetrieben kommt eine Vielzahl weiterer gewerblicher Nutzungen in Betracht, die bei typisierender Betrachtung in einem Gewerbegebiet allgemein zulässig sind. Durch die festgesetzten Einschränkungen ist das Spektrum der baulichen Anlagen in dem Gewerbegebiet nicht etwa auf die ausnahmsweise zugelassenen Anlagen und Betriebsarten und auf solche der Abstandsklasse VII innerhalb des GE 1 beschränkt. Mit der Gliederung des Gewerbegebietes nach dem Störverhalten der in den Teilbereichen jeweils zulässigen Anlagen und Betriebsarten trägt der Rat dem Schutz der nördlich, östlich und südlich des Plangebiets vorhandenen Wohnbebauung Rechnung. Damit verfolgt er ein zulässiges städtebauliches Anliegen. 98Auch ein Verstoß des Bebauungsplans gegen § 1 Abs. 4 BauGB ist nicht festzustellen. Nach dieser Vorschrift sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. 99Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind Ziele der Raumordnung nicht zugänglich. Dem für die Festlegung eines Ziels charakteristischen Erfordernis einer abschließenden Abwägung ist genügt, wenn die auf der landesplanerischen Ebene getroffene Planaussage keiner Ergänzung mehr bedarf. 100Das Plangebiet ist in dem RFNP raumordnungsrechtlich als Allgemeiner Siedlungsbereich (ASB) festgelegt im Sinne der Nr. 1 Buchstabe a der Anlage zu § 3 Abs. 1 der Planverordnung zum LPlG NRW vom 10. Mai 2005 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 der Verordnung zu Regionalen Flächennutzungsplänen. Danach dienen Allgemeine Siedlungsbereiche nicht nur dem Wohnen, sondern unter anderem auch dem wohnverträglichen Gewerbe. Demgegenüber dienen als Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) festgelegte Flächen der Unterbringung insbesondere von emittierenden Industrie- und Gewerbebetrieben. 101Der Rat hat in dem Bebauungsplan durch Implementierung der Abstandsliste jedenfalls weitestgehend eine Beschränkung auf wohnverträgliches Gewerbe festgesetzt. In dem Teilbereich GE 1 sind zwar auch Gewerbebetriebe zulässig, die der Abstandsklasse VII unterfallen und damit bei abstrakter Betrachtung nicht wohnverträglich sind. Da die Flächen in diesem Teil des Plangebiets zu der umliegenden Wohnbebauung aber einen Abstand von mindestens 100 m haben, ist eine konkrete Wohnunverträglichkeit der dort zugelassenen Betriebe und Anlagen bei Zugrundelegung der Empfehlungen des Abstandserlasses nicht erkennbar. 102Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2006 – 10 D 43/03.NE –, juris, Rn. 81. 103Die Festsetzung des Gewerbegebiets dürfte daher hinreichend an die auf der Ebene der Regionalplanung erfolgte zeichnerische Festlegung des Plangebiets als Allgemeiner Siedlungsbereich, die selbst kein Ziel der Raumordnung ist, angepasst sein. Die Ziele 7 und 8 des RFNP zur überwiegenden Ansiedlung nicht erheblich belästigender Betriebe in den als „Gewerbliche Bauflächen/ASB“ festgesetzten Bereichen beziehungsweise erheblich belästigender Betriebe in den als „Gewerbliche Bauflächen/GIB“ festgesetzten Bereichen werden durch die Festsetzung des Gewerbegebietes nicht verfehlt. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass durch das Ziel 7 eine Ansiedlung nicht erheblich belästigender Betriebe in den gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB als Wohnbauflächen dargestellten Teilen der raumordnungsrechtlich als Allgemeine Siedlungsbereiche festgelegten Gebieten in jedem Fall ausgeschlossen ist. 104Ein gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB beachtlicher Verstoß gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB liegt ebenfalls nicht vor. 105Den Darstellungen des Flächennutzungsplans kommt als Entwicklungsgrundlage für den üblicherweise nachfolgenden Erlass von Bebauungsplänen noch nicht der Bestimmtheitsgrad zu, der für Festsetzungen eines Bebauungsplans typisch ist. Der Flächennutzungsplan weist ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung angelegt ist. Anders als ein Bebauungsplan ist der Flächennutzungsplan für sich betrachtet keine rechtssatzmäßige Regelung zulässiger Bodennutzungen. 106Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2005 ‑ 4 C 13.04 ‑, juris, Rn. 31 f. 107Unter der Voraussetzung, dass die Grundzüge des Flächennutzungsplans unangetastet bleiben, gestattet das Entwicklungsgebot Abweichungen. Festsetzungen, die mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht vollständig übereinstimmen, indizieren nicht ohne Weiteres einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot. Ob den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB genügt ist, hängt – auch bei parzellenscharfer Darstellungen des Flächennutzungsplans und der Festsetzung einer abweichenden Nutzungsart im Bebauungsplan – davon ab, ob die Konzeption, die dem Flächennutzungsplan zugrunde liegt, in sich schlüssig bleibt. 108Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Februar 2004 ‑ 4 BN 1.04 ‑, juris, Rn. 7, und vom 30. Juni 2003 ‑ 4 BN 31.03 ‑, juris, Rn. 16; OVG NRW, Urteil vom 12. Dezember 2012 – 10 D 85/10.NE –, juris, Rn. 42. 109Es kann offen bleiben, ob der angefochtene Bebauungsplan nach diesem Maßstab gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstößt. 110Der Bebauungsplan setzt zwar kein Wohngebiet oder ein auch dem Wohnen dienendes Mischgebiet (§§ 3, 4, 4a oder 6 BauNVO), sondern ein Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) fest, obwohl das Plangebiet im RFNP im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB als Wohnbaufläche dargestellt ist. Das festgesetzte Gewerbegebiet dürfte aber angesichts der Implementierung der Abstandsliste und der Einhaltung entsprechender Abstände bei konkreter Betrachtung – wie bereits hinsichtlich § 1 Abs. 4 BauGB dargelegt – noch ausreichend wohngebietsverträglich und mit der Konzeption der Flächennutzungsplanung vereinbar sein. Die in der Planbegründung niedergelegten Erwägungen des Rates, wegen des Bestandsschutzes des im Plangebiet angesiedelten emittierenden Betriebs sei dort eine Änderung in ein Wohngebiet auf lange Sicht nicht umsetzbar und daher nicht beabsichtigt, ist nachvollziehbar. Die im RFNP um das Plangebiet herum dargestellte Wohnbaufläche in einer Größe von etwa 400 ha wird durch die Festsetzung des Gewerbegebietes in dem 4,25 ha großen Plangebiet nicht durchgreifend in Frage gestellt. Demgegenüber kann allein der Umstand, dass die Größe des Plangebiets unterhalb der Regeldarstellungsschwelle des RFNP von 5 ha liegt, die von der Darstellung auf der Ebene des Flächennutzungsplans abweichende Festsetzung der Nutzungsart nicht rechtfertigen. Stünde es dem Plangeber frei, bei sämtlichen Planungen bis zu dieser Flächengröße die Vorgaben des Flächennutzungsplans zu ignorieren, würde er selbst seine Aussagekraft als grobes Raster für die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung weitgehend verlieren. Hier ist zudem zu bedenken, dass der RFNP auch südlich und westlich an das Plangebiet angrenzend Wohnbauflächen darstellt, dort aber tatsächlich bereits größere Gewerbebetriebe bestehen, sodass die Darstellungsschwelle von 5 ha insgesamt deutlich überschritten ist. 111Ein etwaiger Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB wäre jedenfalls gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für die Wirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich. Danach ist es unbeachtlich, wenn § 8 Abs. 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist. 112Eine solche Beeinträchtigung ist nur gegeben, wenn der Flächennutzungsplan seine Bedeutung als kommunales Steuerungsinstrument der städtebaulichen Entwicklung im Großen und Ganzen verloren hat. 113Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 2009 – 10 D 8/08.NE –, juris, Rn. 58. 114Dies ist hier nicht der Fall. Angesichts der beschränkten Größe des Plangebiets von 4,25 ha und der aufgezeigten (weitgehenden) Wohngebietsverträglichkeit der dort zugelassenen gewerblichen Betriebe und Anlagen, ist die geordnete städtebauliche Entwicklung der Antragsgegnerin in dem hier fraglichen Bereich nicht beeinträchtigt. 115Ob der Bebauungsplan beachtliche Mängel der Abwägung (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) aufweist, kann offenbleiben. Allerdings erscheint die Annahme des Rates, die Erweiterungsabsichten der Antragsteller im Hinblick auf die Wiederinbetriebnahme der Spänebrecheranlage und die Reaktivierung des Gleisanschluss seien derart vielfältig, teilweise widersprüchlich und in ihrer genauen räumlichen Abgrenzung schwer nachvollziehbar, dass sie nicht als Grundlage der Planung hätten angesehen werden können, fragwürdig. Angesichts des Vorhandenseins der Spänebrecheranlage und der Gleisanlagen auf dem Betriebsgrundstück der Antragsteller, der Art ihres Betriebes und der offensichtlichen Nützlichkeit der besagten Anlagen für diesen Betrieb sowie der im Aufstellungsverfahren in diese Richtung geäußerten Erweiterungsabsichten dürfte deren Außerachtlassen bei der Ermittlung und Bewertung der Nutzungsinteressen und Entwicklungsmöglichkeiten des vorhandenen Betriebs im Rahmen der Abwägung bedenklich sein. 116Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. 117Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 VwGO nicht vorliegen. | der bebauungsplan nr. 2/09 „f.-straße , südlich güterbahn“ der stadt f1. ist unwirksam. die antragsgegnerin trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. die antragsgegnerin darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 von hundert des auf grund des urteils vollstreckbaren betrags abwenden, wenn nicht die antragsteller vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 von hundert des jeweils zu vollstreckenden betrags leisten. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2die antragsteller wenden sich gegen den bebauungsplan nr. 2/09 „f.-straße, südlich güterbahn“ (im folgenden: bebauungsplan) der stadt f1. das circa 4,25 ha große plangebiet liegt im nordwesten des stadtteils f1.-l. und wird im norden von einer güterbahnstrecke, im osten von der f.-straße begrenzt. im süden endet das plangebiet, etwa 500 m südlich der güterbahnstrecke, mit dem flurstück 405. im westen verläuft die plangebietsgrenze – bis zu 100 m entfernt – etwa parallel zur f.‑straße . 3der antragsteller zu 1. ist eigentümer fast aller flächen im plangebiet, mit ausnahme der flurstücke 264 und 265 (flur 12, gemarkung l.). seine flächen sind an die antragstellerin zu 2. verpachtet. 4auf dem im südlichen plangebiet liegenden grundstück f.-straße 27 wird eine autorecyclinganlage betrieben, für die der antragstellerin zu 2. unter dem 31. juli 2009 eine genehmigung nach § 4 bimschg erteilt worden ist. diese genehmigung umfasst eine anlage zur zeitweiligen lagerung von eisen- und nichteisenschrotten einschließlich autowracks (gesamtlagerkapazität zwischen 1.000 qm und 14.999 qm beziehungsweise zwischen 100 t und 1.499 t eisen-/nichteisenschrotte), eine anlage zur behandlung von autos mit einer leistung von fünf oder mehr autos pro woche und eine anlage zur sonstigen behandlung nicht gefährlicher abfälle mit einer durchsatz-leistung von 10 t oder mehr pro tag. 5am 16. august 2011 erteilte die antragsgegnerin der antragstellerin zu 3., die die autorecyclinganlage nach vertraglicher vereinbarung mit der antragstellerin zu 2. betreibt, eine baugenehmigung für die errichtung einer lager- und stapelbox aus beton-systemsteinen für metalle auf demselben grundstück (flurstück 405). 6am 29. september 2011 beantragte die antragstellerin zu 2. eine genehmigung für die errichtung und den betrieb einer kabelschneidanlage und die wiederinbetriebnahme einer vorhandenen spänebrecheranlage. am 28. oktober 2011 zeigte sie der antragsgegnerin die errichtung einer stahlbauhalle an, am 9. juli 2012 den neubau eines büro- und sozialgebäudes. 7für das nicht im eigentum des antragstellers zu 1. stehende flurstück 264 erteilte die antragsgegnerin am 1. april 2009 eine baugenehmigung zur umnutzung einer werkhalle in eine autowerkstatt ohne zerlegung von altfahrzeugen und altfahrzeugverwertung. mit baugenehmigung vom 12. november 2009 legalisierte sie die dortige errichtung eines kundenempfangsbüros als anbau an die werkstatt. 8der seit dem 3. mai 2010 geltende regionale flächennutzungsplan (rfnp) der aus den städten c., f1., h., i., n. und p. bestehenden planungsgemeinschaft städteregion s., der für diese städte auch die funktion des regionalplans übernimmt, stellt das plangebiet größtenteils als „wohnbauflächen“ und als „allgemeinen siedlungsbereich (asb)“ dar. 9der angefochtene bebauungsplan regelt die art der baulichen nutzung. er setzt ein in die teile ge 1 und ge 2 gegliedertes gewerbegebiet (§ 8 baunvo) fest. nach nr. 1.2.1 der textlichen festsetzungen sind einzelhandelsbetriebe dort nicht zulässig. ausnahmsweise können einzelhandelsbetriebe mit den sortimenten fahrzeuge aller art (ohne fahrräder) und zubehör, boote und zubehör, baustoffe und bauelemente, brennstoffe und mineralölerzeugnisse zugelassen werden. im gesamten plangebiet sind trödelmärkte sowie bordelle und vergleichbare nutzungen, in denen der gewerbsmäßigen prostitution nachgegangen wird, nicht zulässig (nrn. 1.2.2 und 1.2.3). vergnügungsstätten sind nicht bestandteil des bebauungsplans (nr. 1.2.4). das ge 1 im nördlichen teil des plangebiets erstreckt sich über circa ein drittel der gesamtfläche. dort sind nach nr. 1.2.5 der textlichen festsetzungen betriebe der abstandsklassen i bis vi der abstandsliste 2007 (anlage 1 zu dem runderlass des ministeriums für umwelt und naturschutz, landwirtschaft und verbraucherschutz vom 6. juni 2007 – abstandserlass) unzulässig. in dem etwa doppelt so großen, südlich angrenzenden ge 2 sind betriebe der abstandsklassen i bis vii der abstandsliste 2007 unzulässig (nr. 1.2.6); davon ausgenommen sind änderungen (keine nutzungsänderungen) an und erneuerungen von betrieben und anlagen, die zum zeitpunkt des inkrafttretens des bebauungsplans genehmigt und vorhanden sind, wenn gutachterlich nachgewiesen wird, dass sie zu einer verbesserung der immissionssituation an den benachbarten wohngrundstücken (f.-straße , m., a.-straße) führen. 10das aufstellungsverfahren nahm im wesentlichen folgenden verlauf: die aufstellung des bebauungsplans im vereinfachten verfahren nach § 13 baugb beschloss der ausschuss des rates für stadtentwicklung und stadtplanung am 1. juli 2010. die öffentliche bekanntmachung des aufstellungsbeschlusses erfolgte im amtsblatt der antragsgegnerin vom 20. august 2010. dabei wurde darauf hingewiesen, dass die öffentliche auslegung des bebauungsplans in der zeit vom 31. august bis zum 30. september 2010 im amt für stadtplanung und bauordnung erfolge und dort in dieser zeit stellungnahmen abgegeben werden könnten. darüber hinaus könne der planentwurf im internet unter www.f.de/stadtplanung eingesehen werden. zusätzlich zu der amtlichen öffentlichen auslegung sei der planentwurf in den bürgerämtern b. und t. „ausgestellt“. 11die behörden und die sonstigen träger öffentlicher belange wurden von der planaufstellung in kenntnis gesetzt und ihre stellungnahmen ausgewertet. 12die antragsteller nahmen mit schreiben vom 30. september 2010 stellung. sie führten aus, der antragsteller zu 1. habe den großteil des plangebiets im jahr 2002 erworben. früher habe sich dort das aluminiumschmelzwerk der firma p1. mit ungefähr 30.000 t überwachungspflichtiger abfälle befunden. der antragsteller zu 1. habe circa 1,5 millionen euro für die sanierung investiert. diese sanierung habe auch dem allgemeinen wohl gedient, weil die firma p1. als verursacherin der abfälle insolvent gewesen sei. soweit mit bescheid vom 31. juli 2009 genehmigte betriebsteile noch nicht in betrieb genommen worden seien, sei die verlängerung bewilligt worden. wenn der bebauungsplan in form der entwurfsfassung in kraft träte, könne der antragsteller zu 1. seinen betrieb nicht mehr erweitern. etwa ab dem jahr 2011 beziehungsweise 2012 sei eine betriebserweiterung beabsichtigt. die vorhandene spänebrecheranlage solle wieder in betrieb genommen werden. die nördlich gelegenen, etwa 6.000 qm großen hallen sollten in zukunft als logistikzentrum für fahrzeugersatzteile genutzt werden. dieses vorhaben stehe in zusammenhang mit der gegenwärtig ausgeübten nutzung, da die ersatzteile auch und gerade solche teile sein sollten, die aus altfahrzeugen ausgebaut werden. der am nördlichen ende des plangebiets liegende gleisanschluss zur güterbahnstrecke solle reaktiviert werden, um in zukunft größere schrottmengen verladen zu können. auf den restlichen freiflächen mit einer größe von etwa 12.000 qm sollten in zukunft zusätzlich eisen und weitere metallteile gelagert werden. es sei beabsichtigt, für diese erweiterungen demnächst die erforderlichen genehmigungen zu beantragen. für das verwaltungsgebäude der ehemaligen firma p1. werde eine abbruchgenehmigung beantragt. der rfnp stelle das plangebiet als wohnbaufläche dar. gegen die ausweisung eines allgemeinen wohngebietes habe der antragsteller zu 1. nichts einzuwenden. ob die festsetzung eines gewerbegebietes mit dem entwicklungsgebot des § 8 abs. 2 satz 1 baugb vereinbar sei, sei auch in ansehung des groben maßstabes des rfnp von 1:50.000 und der darstellungsschwelle von 5 ha zweifelhaft. diese festsetzung in einem im rfnp als wohnbaufläche festgesetzten bereich sei von § 1 baunvo nicht gedeckt und widerspreche einer geordneten städtebaulichen entwicklung. die geplante implementierung des abstandserlasses sei inakzeptabel. dadurch würden diverse tätigkeiten untersagt, die mit ihrer – der antragsteller – gewerblichen tätigkeit in verbindung stünden, beispielsweise die lagerung von schrotten einschließlich autowracks, die behandlung von altautos, die reparatur von kraftfahrzeugen, die lagerung diverser abfälle und verschiedene arten der metallverarbeitung. die bereits konkret geplanten betriebserweiterungen könnten dann nicht mehr verwirklicht werden. zudem sei nicht auszuschließen, dass der genehmigte und bestandsgeschützte betrieb gegebenenfalls empfindliche nachträgliche immissionsschutzauflagen hinnehmen müsse. auch sei dann nicht mehr sichergestellt, dass der betrieb sich an etwaige zukünftige erfordernisse des marktes oder rechtliche rahmenbedingungen anpassen könne. die abstandsliste erfasse auch sämtliche in der 4. bimschv aufgeführte emittierende anlagen, so dass zukünftige nutzungsmöglichkeiten der flächen im plangebiet stark eingeschränkt würden. eine implementierung der abstandsliste in den bebauungsplan sei auch deshalb bedenklich, weil eine vorhandene gemengelage überplant werde. die begründung des planentwurfs gehe davon aus, dass sich das plangebiet teils als industriegebiet, teils als gewerbegebiet mit uneingeschränkten gewerblichen nutzungen darstelle und durch emittierende betriebe geprägt sei. östlich grenzten mehrere betriebe, die mit gebrauchtwagen handelten, und kfz-werkstätten an sowie drei mehrfamilienhäuser mit je sechs wohneinheiten. die wohnhäuser lägen gegenüber der im plangebiet befindlichen kfz-werkstatt. südlich des plangebiets befänden sich das gelände der städtischen entsorgungsbetriebe mit einem recyclinghof und ein lebensmittel-discountmarkt. bei der überplanung einer gemengelage müsse in der planerischen abwägung besonders sorgfältig geprüft werden, ob eine anwendung des abstandserlasses sachgerecht sei. vorzugswürdig sei die verlagerung der konfliktbewältigung in die genehmigungsverfahren, in denen schallschutzmaßnahmen vorgesehen werden könnten, sowie die festsetzung von lärmschutzanlagen im bebauungsplan. der westlich gelegene automobillogistikbetrieb i1. sei nicht schutzbedürftig, die nördlich gelegene zechensiedlung, die wohnnutzung östlich der f.-straße und die wohnnutzung südlich der t1.-straße seien wegen der erheblichen immissionsvorbelastung in ihrem schutzanspruch herabgesetzt. im übrigen sei das im zusammenhang mit der für die autorecyclinganlage erteilten immissionsschutzrechtlichen genehmigung eingeholte immissionsgutachten aus dem jahr 2008 zu dem ergebnis gelangt, dass die immissionsrichtwerte an den dort untersuchten sechs immissionspunkten eingehalten würden. da die einhaltung der immissionsrichtwerte auch bei einer betriebserweiterung in nördlicher richtung erwartet werden könne, sei die implementierung der abstandsliste in den bebauungsplan nicht notwendig, zumal unklar sei, ob die bebauung östlich der f.-straße als allgemeines wohngebiet oder als mischgebiet einzuordnen sei. ihre – der antragsteller – belange würden nicht nur durch das eigentumsgrundrecht, sondern auch durch § 1 abs. 6 nr. 8 baugb geschützt. hilfsweise werde angeregt, bestandsschutzfestsetzungen gemäß § 1 abs. 10 baunvo zu treffen. 13die antragsgegnerin teilte den antragstellern mit schreiben vom 13. april 2011 mit, der planentwurf werde gemäß § 4 abs. 3 baugb geändert. dies betreffe die formulierungen hinsichtlich der gewerbsmäßigen prostitution und der vergnügungsstätten. außerdem solle für das ge 2 textlich festgesetzt werden, dass änderungen an und erneuerungen von betrieben und anlagen die zum zeitpunkt des inkrafttretens des bebauungsplans genehmigt und vorhanden seien, ausnahmsweise zulässig seien, wenn gutachterlich nachgewiesen werde, dass sie zu einer verbesserung der immissionssituation an den benachbarten wohngrundstücken (f.-straße, m., zollverein) führten. diese änderungen seien im beigefügten planentwurf blau eingetragen. anregungen könnten nur zu den geänderten planinhalten vorgebracht werden. 14die antragsteller erklärten mit schreiben vom 6. mai 2011, trotz dieser änderungen würde ihnen bei der implementierung der abstandsliste die möglichkeit weitergehender betriebserweiterungen oder nutzungsänderungen genommen. bestimmte erweiterungen seien bereits konkret geplant, so die nutzung der spänebrecheranlage und des gleisanschlusses. im übrigen seien die änderungen nicht von § 1 abs. 10 baunvo gedeckt. diese vorschrift lasse nur sonderregelungen für kleinere flächen zu; die autorecyclinganlage erstrecke sich aber über etwa die hälfte des plangebiets, die spänebrecheranlage und der gleisanschluss erfassten zusammen fast die andere hälfte. 15der rat beschloss den bebauungsplan in seiner sitzung am 19. oktober 2011 als satzung. nach abwägung aller öffentlichen und privaten belange würden die anregungen der antragsteller vom 30. september 2010 teilweise berücksichtigt, ihre anregungen vom 6. mai 2011 würden nicht berücksichtigt. der antragsteller zu 1. habe über die art, den aufwand und die kosten der von ihm im plangebiet vorgenommenen altlastensanierung keine nachweise erbracht. dem städtischen umweltamt seien solche maßnahmen nicht bekannt geworden. er habe im jahr 2001 eine aufwändige abfallentsorgung der von der firma p1. hinterlassenen salzschlacken durchgeführt. auch über den abriss von ehemaligen betriebsgebäuden dieser firma gebe es informationen. über darüber hinausgehende maßnahmen lägen keine unterlagen vor. am 8. februar 2011 habe ein ortstermin stattgefunden, um die genehmigten beziehungsweise die tatsächlich ausgeübten nutzungen auf den grundstücken im plangebiet zu klären. nach dem abgleich mit den tatsächlichen gegebenheiten begründe der bebauungsplan keine eingriffe in tatsächlich ausgeübte nutzungen. die von den antragstellern geäußerten erweiterungsabsichten seien sehr vielfältig und teilweise widersprüchlich. die genaue räumliche abgrenzung der behaupteten vorhaben sei kaum nachvollziehbar, sodass sie nicht als grundlage für eine planung angesehen werden könnten. diesen vorhaben fehle es an ernsthaftigkeit. alternativ sei eine wohnnutzung hochwillkommen. für die in der vergangenheit beantragten nutzungen für ein bordell, ein casino und einen trödelmarkt würden die festsetzungen des bebauungsplans eine einschränkung darstellen, nicht aber für die immissionsschutzrechtlich genehmigten nutzungen. die textlichen festsetzungen seien im sinne der antragsteller im hinblick auf die im plangebiet genehmigten nutzungen geändert worden. der bebauungsplan nehme diese von der nutzungseinschränkung aus. darüber hinaus seien änderungen zulässig, wenn sie zu einer verbesserung der immissionssituation führten. eine festsetzung der nutzungsart wohnen im plangebiet wäre angesichts der derzeit dort ausgeübten nutzungen auf absehbare zeit nicht vollzugsfähig und daher nicht erforderlich. die zielsetzung des bebauungsplans, im plangebiet einzelhandelsnutzungen auszuschließen, um die entwicklung zentraler versorgungsbereiche zu steuern und verträgliche und wenig störende gewerbebetriebe anzusiedeln, mache aktuell keine weitergehenden städtebaulichen konzeptionen oder alternative nutzungsüberlegungen notwendig. nichts anderes gelte im hinblick auf das weitere planziel, die ansiedlung von prostitutionsbetrieben und vergnügungsstätten zu verhindern. eine langfristige planung mit anderen zielsetzungen komme erst in betracht, wenn die vorhandenen emittierenden betriebe ihren standort aufgäben. die darstellung im rfnp als wohnbaufläche, die, durch grünzüge gegliedert, eine ausdehnung von etwa 400 ha habe, werde durch die vorliegende planung eines gewerbegebietes von 4,25 ha größe nicht in frage gestellt. im sinne einer abweichenden konkretisierung sei eine entwicklung unterhalb der darstellungsschwelle des rfnp gegeben. wegen des groben maßstabes könnten untergeordnete flächen nicht dargestellt werden, grenzziehungen seien generalisiert und nicht parzellenscharf. eine abweichende entwicklung unterhalb der darstellungsschwelle sei ausdrücklich vorgesehen. die gewählte abweichende konkretisierung entspreche den zielen der raumordnung. die im juli 2009 genehmigte, im ge 2 gelegene anlage zur behandlung und zeitweiligen lagerung von eisen- und nichteisenschrotten sei im jahr 2011 teilweise in betrieb genommen worden, so dass das plangebiet nur noch zur hälfte brachliege. da das ge 1 mehr als 100 m von den umliegenden wohngebieten m., x.-straße, l1. und m1. entfernt sei, seien dort gewerbebetriebe der abstandsklassen i bis vi unzulässig, aber solche der abstandsklasse vii zulässig. aufgrund eines abstandes zur wohnbebauung von weniger als 100 m seien in dem teilgebiet ge 2 betriebe der abstandsklassen i bis vii unzulässig. die genehmigte anlage für schrotte falle als nr. 131 der abstandliste in die abstandsklasse v. da die anlagenart in der abstandsliste nicht mit „(*)“ gekennzeichnet sei, sei sie nicht nach nr. 2.2.1 der abstandsliste in die abstandsklasse vi abzustufen; einer solchen abstufung stehe auch entgegen, dass die meisten der benachbarten wohngebiete reine wohngebiete seien. schrottplätze mit weniger als 1.000 qm gesamtlagerfläche fielen in die abstandsklasse vi, anlagen zur behandlung von altautos mit einer durchsatzleistung von fünf oder mehr autos je woche fielen in die abstandsklasse vii. die genehmigte autorecyclinganlage halte nach dem gutachten des tüv nord vom 26. februar 2008 an allen sechs gewählten immissionsorten die immissionsrichtwerte der ta lärm ein. die textliche festsetzung nr. 1.2.6 des bebauungsplans sei im sinne eines erweiterten bestandsschutzes ergänzt worden. die von den antragstellern angesprochenen f2. entsorgungsbetriebe und die firma i1. befänden sich nicht im geltungsbereich des bebauungsplans. regelungen zu diesen betrieben müssten gegebenenfalls in einem gesonderten verfahren getroffen werden. eine festsetzung aktiver lärmschutzanlagen, zum beispiel lärmschutzwände, scheitere nicht nur an der räumlichen situation. solche anlagen müssten auf maximal denkbare emissionen ausgelegt werden. dies führe zu einem unangemessenen aufwand, gegebenenfalls zu lasten der die emissionen verursachenden antragsteller. diesen stehe es frei, durch lärmschutzvorrichtungen selbst erweiterte nutzungsmöglichkeiten im sinne der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 satz 2 zu schaffen. 16die gliederung nach der abstandsliste diene dem schutz der benachbarten wohnbebauung. die vorbelastung und einstufung dieser bebauung werde durch die ergänzung der textlichen festsetzungen im sinne der entwicklungsmöglichkeit für rechtmäßig vorhandene betriebe berücksichtigt. bezüglich noch nicht vorhandener oder genehmigter betriebe und anlagen sei die anwendung der abstandsliste im sinne des vorsorgenden umweltschutzes und des immissionsschutzrechtlichen verbesserungsgebotes angemessen. der maßgebliche schutzanspruch der umgebung werde von reinen wohngebieten im umfeld des plangebiets bestimmt, aber auch von der benachbarten wohnnutzung an der f.-straße unter berücksichtigung ihrer vorbelastung. für das ge 1 existiere keine immissionsschutzrechtliche genehmigung. im jahr 2002 sei auf alle solche genehmigungen verzichtet worden. für neue tätigkeiten, wie zum beispiel den betrieb der spänebrecheranlage, müssten, soweit sie nicht von den bisher erteilten baugenehmigungen erfasst seien, erst noch genehmigungen erteilt werden. die jahrzehntelange vorbelastung der umliegenden wohngebiete durch lärm-, staub-, und erschütterungsimmissionen rechtfertige nicht automatisch die zulassung zusätzlich emittierender betriebe im plangebiet. 17etwaig im plangebiet vorhandene eisenbahngleise hätten keinen direkten anschluss an die nördlich verlaufenden gleise der güterbahnstrecke auf dem im eigentum der firma i1. logistik stehenden flurstück 258, die dort in ein kopfgleis mündeten. die im jahr 2010 erwähnte spänebrecheranlage sei im ortstermin vom februar 2011 ebenso wenig angesprochen worden wie die gleisanlagen. 18der satzungsbeschluss wurde in dem amtsblatt der antragsgegnerin vom 9. dezember 2011 ortsüblich bekannt gemacht. dabei wurde als datum des satzungsbeschlusses fälschlicherweise der 29. april 2009 angegeben. in dem amtsblatt vom 20. januar 2012 wurde auf diesen fehler hingewiesen und angegeben, der bebauungsplan sei mit der bekanntmachung des satzungsbeschlusses am 9. dezember 2011 in kraft getreten. zudem wurde der satzungsbeschluss – unter angabe des korrekten beschlussdatums – erneut bekanntgemacht. 19die antragsteller haben am 6. dezember 2012 den normenkontrollantrag gestellt. sie tragen vor, die genehmigte autorecyclinganlage erfasse circa die hälfte des plangebiets und werde nach vertraglicher vereinbarung von der antragstellerin zu 3. betrieben. diese betreibe dort zudem einen metall- und schrotthandel. die antragstellerin zu 2. zerlege altautos seit den 1980er jahren an der t1.-straße . früher habe sich im plangebiet das aluminiumschmelzwerk der firma p1. befunden. der antragsteller zu 1. habe – in abstimmung mit der antragsgegnerin – ungefähr 1,5 millionen euro investiert für die sanierung der im plangebiet vormals vorhandenen 30.000 t überwachungspflichtiger abfälle und er habe auch marode betriebsgebäude abgerissen. für den erwerb der grundstücke habe er im jahr 2001 nicht einen nur symbolischen kaufpreis gezahlt, sondern eine million dm. 20die autorecyclinganlage sei mittlerweile weitgehend in betrieb genommen. sie bestehe aus verschiedenen betriebseinheiten, wie sich aus dem genehmigungsbescheid vom 31. juli 2009 ergebe. soweit genehmigte betriebsteile noch nicht in betrieb genommen worden seien, sei regelmäßig die verlängerung der genehmigung bewilligt worden. falls der bebauungsplan wirksam wäre, könne der antragsteller zu 1. seinen betrieb nicht mehr oder allenfalls in äußerst geringem umfang erweitern. es sei ein gleisanschluss vorhanden, der zwar ungenutzt und betrieblich gesperrt sei, aber wieder in betrieb genommen werden könne. die antragstellerin zu 3. habe anfang januar 2012 ein entsprechendes angebot eingeholt. 21ihre im aufstellungsverfahren mit schreiben vom 30. september 2010 und vom 6. mai 2011 geltend gemachten einwendungen, insbesondere zu konkret geplanten betriebserweiterungen und zur unverhältnismäßigkeit einer implementierung der abstandsliste in den bebauungsplan, seien vom rat weitgehend unbeachtet geblieben, belegten aber die unwirksamkeit des bebauungsplans. dieser leide an einem verfahrensfehler. die nach § 3 abs. 2 baugb gebotene öffentlichkeitsbeteiligung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. in der bekanntmachung der öffentlichen auslegung des planentwurfs in dem amtsblatt der antragsgegnerin vom 20. august 2010 sei darauf hingewiesen worden, dass der planentwurf zusätzlich zu der amtlichen öffentlichen auslegung auch im bürgeramt b. und im bürgeramt t. ausgestellt werde. im bürgeramt b. habe der planentwurf am 29. september 2010 im foyer nur auf der rückseite der aufgestellten pinnwand gehangen. dies sei nicht auf den ersten blick zu erkennen gewesen. in dem bürgeramt t. sei der planentwurf an diesem tage nicht vorhanden gewesen. in dem servicecenter des bürgeramtes sei ihrem prozessbevollmächtigten nur erklärt worden, dass der planentwurf aufgehängt worden sei. dem um einsichtnahme nachsuchenden bürger dürften aber keine hindernisse in den weg gelegt werden, die ihn von einer einsichtnahme abhielten. 22der bebauungsplan sei entgegen § 8 abs. 2 satz 1 baugb nicht aus dem flächennutzungsplan entwickelt. der rfnp stelle das plangebiet als wohnbaufläche dar. die aus dem maßstab von 1:50.000 folgende sogenannte regeldarstellungsschwelle von 5 ha dürfe nicht schematisch angewendet werden und unterhalb dieser schwelle nicht jedwede entwicklung ermöglichen. die festsetzung des gewerbegebiets in dem im rfnp als wohnbaufläche dargestellten bereich sei von § 1 abs. 2 und 3 baunvo nicht gedeckt. eine solche umwidmung widerspreche einer geordneten städtebaulichen entwicklung. 23der bebauungsplan leide an einem beachtlichen abwägungsfehler, da die von dem antragsteller zu 1. im aufstellungsverfahren vorgetragenen erheblichen investitionen in die sanierung des plangebiets nicht hinreichend beachtet worden seien. die umfangreichen abriss- und sanierungsarbeiten seien offensichtlich und bekannt, so dass es eines näheren kostennachweises nicht bedurft habe. auch habe die antragsgegnerin ihre – der antragsteller – gewerblichen interessen an der grundstücksnutzung und betriebserweiterung fehlerhaft eingeschätzt und als zu gering gewichtet. sie habe namentlich die geltend gemachten erweiterungsabsichten nicht ausreichend beachtet. 24die implementierung der abstandsliste sei disproportional. sie verbiete diverse tätigkeiten, die mit der derzeitigen gewerblichen tätigkeit im plangebiet in verbindung stünden, beispielsweise die lagerung von schrotten einschließlich autowracks, die behandlung von altautos, die reparatur von kraftfahrzeugen in werkstätten, die lagerung diverser abfälle und verschiedene arten der metallverarbeitung. die konkret geplanten betriebserweiterungen könnten nicht mehr verwirklicht werden. 25die getroffene bestandsschutzregelung in der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 sei nicht von § 1 abs. 10 baunvo gedeckt. dieser lasse nur sonderregelungen für kleinere einsprengsel mit geringem flächenumfang zu. die genehmigte autorecyclinganlage beanspruche aber etwa die hälfte des plangebiets und der übrige teil des nördlichen plangebiets solle in naher zukunft mit der spänebrecheranlage und dem gleisanschluss genutzt werden. zudem sei die regelung unbestimmt. es sei weder klar, wie und durch wen ein gutachterlicher nachweis einer verbesserung der immissionssituation erfolgen könne, noch was eine solche verbesserung voraussetze. das in bezug genommene gebiet der f.-straße, m. und a.-straße sei großflächig und nicht nachvollziehbar abgegrenzt. auch sei das erfordernis einer verbesserung der immissionssituation, an das mögliche erweiterungen geknüpft seien, auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die genehmigte anlage die grenzwerte der ta lärm einhalte. zudem sei der umfassende ausschluss von trödelmärkten städtebaulich nicht erforderlich, da er nicht nur das zentren- und nahversorgungsrelevante angebot von (neu-)waren, sondern auch die nicht zentren- und nahversorgungsschädlichen klassischen trödelmärkte erfasse. anträge auf erteilung einer baugenehmigung für ein bordell oder ein casino habe kein antragsteller jemals gestellt. 26die antragsteller beantragen, 27den bebauungsplan nr. 2/09 „f.-straße , südlich güterbahn“ der stadt f1. für unwirksam zu erklären. 28die antragsgegnerin beantragt, 29den antrag abzulehnen. 30zur begründung führt sie aus, der antragsteller zu 1. habe die flächen des plangebiets nicht saniert, sondern nur die von der voreigentümerin dort gelagerten abfälle beseitigt, um das gelände nutzen zu können. auch habe er wegen dieser notwendigen aufwendungen einen verhältnismäßig geringen grundstückskaufpreis gezahlt. ein anschluss etwaiger bahngleise an das netz der deutschen bahn sei nicht ohne weiteres realisierbar. zwischen der bahntrasse und dem plangebiet liege ein in ihrem eigentum stehendes grundstück, auf dem sich kein gleis befinde. die öffentliche auslegung des planentwurfs zwischen dem 31. august und dem 30. september 2010 sei ordnungsgemäß erfolgt. maßgeblicher auslegungsort sei das amt für stadtplanung und bauordnung gewesen. 31ein verstoß gegen das entwicklungsgebot des § 8 abs. 2 satz 1 baugb liege nicht vor. zwar sei das plangebiet in dem rfnp als wohnbaufläche dargestellt. die plangebietsgröße von 4,25 ha liege aber unterhalb der darstellungsschwelle von 5 ha des im maßstab von 1:50.000 verfassten rfnp. wegen des bestandsschutzes der emittierenden betriebe im plangebiet sei eine änderung der nutzungsart in ein wohngebiet auf lange sicht nicht umsetzbar und daher nicht beabsichtigt. die im rfnp dargestellte wohnbaufläche mit einer ausdehnung von etwa 400 ha um das plangebiet werde durch die festgesetzte gewerbliche nutzung auf 4,25 ha im plangebiet nicht in frage gestellt. die interessen der antragsteller an einer größtmöglichen ausnutzung des plangebietes seien in der begründung zum bebauungsplan aufgeführt und zu den anderen belangen in bezug gesetzt. berücksichtigt worden sei die genehmigte autorecyclinganlage nebst der lagerung von eisen- und nichteisenschrotten und der behandlung nicht gefährlicher abfälle. zu gunsten der genehmigten autorecyclinganlage seien die textlichen festsetzungen im aufstellungsverfahren geändert worden. die anlage sei von nutzungseinschränkungen ausgenommen. änderungen seien zulässig, wenn sie die immissionssituation verbesserten. die diesbezügliche textliche festsetzung nr. 1.2.6 beruhe auf § 1 abs. 4 nr. 2 baunvo und sei hinreichend bestimmt. die planbegründung nenne als beispiel die einhausung eines schrottplatzes und verweise auf die immissionsgrenzwerte der ta lärm. die feststellung einer immissionsverbesserung setze einen vergleich zwischen der bisherigen und der künftigen nutzung voraus und erfordere in der regel die hilfe eines gutachters. dieser sollte für das gebiet der lärmbegutachtung qualifiziert sein, weitere anforderungen würden nicht gestellt. auch im genehmigungsverfahren für die autorecyclinganlage habe sie – die antragsgegnerin – das von antragstellerseite beigebrachte immissionsgutachten akzeptiert. benachbarte wohnbebauung könne gegenüber den in einem neu aufgestellten bebauungsplan festgesetzten nutzungsarten schutz verlangen, der über die einhaltung der grenzwerte der ta lärm hinausgehe. für eine verbesserung der immissionssituation könne es bereits ausreichen, wenn an jeweils einem wohngrundstück an den in der textlichen festsetzung genannten straßen (f.-straße, m., a.-straße) eine verbesserung eintrete. 32im nördlichen plangebiet seien im ge 1 betriebe der abstandsklasse vii zugelassen. dies umfasse beispielsweise anlagen zur behandlung von altautos mit einer durchsatzleistung von fünf altautos oder mehr je woche, autolackierereien einschließlich karosseriebau, anlagen zur kraftfahrzeugüberwachung und kraftfahrzeug-reparaturwerkstätten. die dem plangebiet benachbarten wohngebiete seien überwiegend reine wohngebiete. die voraussetzungen für eine verringerung des ihnen gegenüber benötigten abstandes um eine abstandsklasse lägen nicht vor. der ausschluss von sämtlichen trödelmärkten sei erforderlich, damit auch diejenigen erscheinungsformen davon erfasst würden, die nicht als einzelhandelsbetrieb zu werten seien, aber vergleichbare auswirkungen entfalteten. 33wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte und den der beigezogenen verwaltungsvorgänge (beiakten hefte 1 bis 3). 34 | 35der normenkontrollantrag hat erfolg. er ist zulässig und begründet. 36die zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor, insbesondere sind die antragsteller antragsbefugt. 37nach § 47 abs. 2 satz 1 vwgo kann einen normenkontrollantrag stellen, wer geltend machen kann, durch die angegriffene rechtsvorschrift oder deren anwendung in seinen rechten verletzt zu sein oder in absehbarer zeit verletzt zu werden. 38das in § 1 abs. 7 baugb verankerte abwägungsgebot hat drittschützenden charakter hinsichtlich abwägungserheblicher privater belange und kann daher ein recht im sinne von § 47 abs. 2 satz 1 vwgo sein. nach dem vorbringen der antragsteller ist es möglich, dass sie durch den bebauungsplan in dem ihnen zustehenden recht auf gerechte abwägung ihrer privaten interessen verletzt werden. 39der normenkontrollantrag ist auch begründet. der bebauungsplan leidet an einem zu seiner unwirksamkeit führenden beachtlichen mangel. 40satz 2 der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 ist unwirksam. nach deren satz 1 sind in dem bereich ge 2 betriebe der abstandsklassen i bis vii der abstandsliste 2007 unzulässig. gemäß satz 2 sind davon ausgenommen änderungen (keine nutzungsänderungen) an und erneuerungen von betrieben und anlagen, die zum zeitpunkt des inkrafttretens des bebauungsplans genehmigt und vorhanden sind, wenn gutachterlich nachgewiesen wird, dass sie zu einer verbesserung der immissionssituation an den benachbarten wohngrundstücken (f.-straße, m., a.-straße) führen. 41während für satz 1 der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 mit § 1 abs. 4 satz 1 nr. 2 baunvo eine gesetzliche ermächtigungsgrundlage vorliegt, 42vgl. bverwg, beschluss vom 18. dezember 1990 – 4 n 6.88 –, juris, rn. 16, urteil vom 16. dezember 1999 ‑ 4 cn 7.98 ‑, juris, rn. 24; ovg nrw, urteil vom 7. märz 2006 – 10 d 43/03.ne –, juris, rn. 78, 43existiert eine solche in dem abschließenden katalog der festsetzungsmöglichkeiten in § 9 baugb und den vorschriften der baunutzungsverordnung für die ausnahmebestimmung des satzes 2 nicht. 44§ 31 abs. 1 baugb ist keine allgemeine ermächtigungsgrundlage für ausnahmevorschriften eines bebauungsplans, sondern knüpft an eine von dem rat zulässigerweise in den bebauungsplan aufgenommene ausnahmevorschrift an. 45vgl. bverwg, urteil vom 29. januar 2009 ‑ 4 c 16.07 ‑, juris, rn. 17. 46§ 1 abs. 4 satz 1 nr. 2 baunvo scheidet ebenfalls als ermächtigungsgrundlage aus, da die ausnahme nach satz 2 der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 keine gliederung des baugebiets bewirkt oder wieder aufhebt, 47vgl. bverwg, beschluss vom 9. märz 2015 – 4 bn 26.14 –, juris, rn. 5; ovg nrw, urteil vom 27. november 2014 – 7 d 25/13.ne –, juris, rn. 39 bis 52, 48sondern nur einzelne, räumlich nicht näher bestimmte betriebe innerhalb des gegliederten baugebiets begünstigt. 49die regelung des satzes 2 der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 lässt sich auch nicht auf § 1 abs. 10 baunvo stützen. nach dessen satz 1 kann im bebauungsplan festgesetzt werden, dass erweiterungen, änderungen, nutzungsänderungen und erneuerungen bestimmter in überwiegend bebauten gebieten vorhandener baulicher und sonstiger anlagen zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können, wenn diese anlagen bei festsetzung eines baugebiets nach den §§ 2 bis 9 baunvo unzulässig wären. 50eine solche festsetzung setzt neben der überwiegenden bebauung des gebiets voraus, dass die anlagen, für die ein derart erweiterter bestandschutz zugelassen werden soll, im bebauungsplan oder zumindest in der planbegründung konkret benannt werden. 51vgl. ovg nrw, urteile vom 7. mai 2007 – 7 d 64/06.ne –, juris, rn. 72, und vom 9. november 2010 – 10 d 15/08.ne –, juris, rn. 34 bis 37. 52eine benennung der begünstigten anlagen ist hier nicht erfolgt. auch wenn der rat mit der festsetzung wohl allein die immissionsschutzrechtlich genehmigte recyclinganlage für altautos absichern wollte, kommt dies weder in der festsetzung noch in der planbegründung hinreichend bestimmt zum ausdruck. 53darüber hinaus liegen die voraussetzungen für eine festsetzung nach § 1 abs. 10 baunvo auch in der sache nicht vor. diese ermächtigung setzt voraus, dass die anlagen, zu deren absicherung erweiternde bestandssichernde festsetzungen getroffen werden, innerhalb des jeweiligen baugebiets keine zentrale bedeutung oder eine die städtebauliche situation beherrschende größe aufweisen. andernfalls käme den nach den baugebietsfestsetzungen allgemein zulässigen anlagen keine prägende wirkung mehr zu und diese festsetzungen, denen die nach § 1 abs. 10 baunvo abzusichernde anlage widerspricht, würden weitgehend leerlaufen. 54vgl. ovg nrw, urteile vom 28. juni 2007 – 7 d 59/06.ne –, juris, rn. 170 bis 173, und vom 13. september 2007 – 7 d 91/06.ne –, juris, rn. 91 bis 93; brügelmann, baugb, bd. 6, § 1 baunvo, rn. 442, 451; fickert/fieseler, baunvo, 11. aufl. 2008, § 1 abs. 10, rn. 139; könig/roeser/stock, baunvo, 3. aufl. 2014, § 1, rn. 104. 55der recyclinganlage, auf welche satz 2 der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 abzielt, kommt aber nicht nur innerhalb des ge 2, sondern im gesamten plangebiet auf grund ihrer räumlichen ausdehnung und ihrer erheblichen emissionslast eine zentrale, gebietsbeherrschende bedeutung zu. 56im übrigen ist satz 2 der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 auch deshalb unwirksam, weil er unbestimmt ist. 57der grundsatz der bestimmtheit verlangt, tatbestände so präzise zu formulieren, dass die normadressaten ihr handeln kalkulieren können, weil die folgen der regelung für sie voraussehbar und berechenbar sind. rechtsnormen brauchen jedoch nur so bestimmt zu sein, wie dies nach der eigenart der zu regelnden sachverhalte mit rücksicht auf den normzweck möglich ist. es genügt, dass die betroffenen die rechtslage erkennen und ihr verhalten danach einrichten können. die vorschrift darf nicht so konturenlos sein, dass ihre willkürfreie handhabung durch behörden und gerichte nicht gewährleistet ist. 58vgl. bverfg, beschluss vom 26. märz 2014, 1 bvr 3185/09, juris, rn. 40; bverwg, urteile vom 11. oktober 2007 – 4 c 7.07 –, juris, rn. 13, und vom 12. juli 2006 – 10 c 9.05 –, juris, rn. 30. 59ob eine regelung eines bebauungsplans dem bestimmtheitserfordernis genügt, ist in aller regel eine frage des einzelfalles. 60vgl. bverwg, beschluss vom 21. dezember 2012 ‑ 4 bn 32.12 ‑, juris, rn. 4. 61satz 2 der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 ist unbestimmt, weil die tatbestandsmerkmale so konturenlos sind, dass eine willkürfreie handhabung durch behörden und gerichte nicht gewährleistet ist. es ist nicht hinreichend deutlich, unter welchen bedingungen im ge 2 änderungen an und erneuerungen von betrieben und anlagen, die zum zeitpunkt des inkrafttretens des bebauungsplans genehmigt und vorhanden sind, von den beschränkungen der abstandsklassen i bis vii ausgenommen sind. satz 2 erfordert insoweit, dass gutachterlich nachgewiesen wird, dass die änderungen beziehungsweise erneuerungen zu einer verbesserung der immissionssituation an den benachbarten wohngrundstücken (f.-straße, m., a.-straße ) führen. 62auch wenn die antragsgegnerin zu recht darauf verweist, dass die feststellung einer verbesserung der immissionssituation einen vergleich zwischen der bisherigen und der zukünftigen nutzung voraussetzt und der tätige gutachter (nur) für das gebiet der lärmbegutachtung qualifiziert sein müsse, bleibt für die genehmigungsbehörde völlig unklar, an welchen immissionsorten in welchem umfang eine verbesserung der immissionssituation eintreten muss, um die veränderung oder erneuerung des betriebes oder der anlage erlauben zu können. 63etwas anderes folgt nicht daraus, dass der erteilung der genehmigung nach § 4 bimschg vom 31. juli 2009 für den autorecyclingbetrieb ein immissionsschutzrechtliches gutachten zugrunde lag, für das sechs immissionsorte ausgewählt worden waren, von denen sich drei in den straßen f.-straße oder m. befanden. 64da weder das gutachten selbst noch der ort, an dem es von den interessierten bürgern eingesehen werden kann, in dem bebauungsplan genannt sind, 65vgl. bverwg, beschluss vom 29. juli 2010 – 4 bn 21.10 –, juris, rn. 10 bis 13. 66kann es zur auslegung der textlichen festsetzung nicht herangezogen werden. 67auch wenn die anforderungen an die bestimmtheit von ausnahmevorschriften im sinne des § 31 abs. 1 baugb, § 1 abs. 10 baunvo nicht überspannt werden dürfen, fehlt es hier an der erforderlichen vorgabe hinreichend bestimmter mindestkriterien. 68vgl. bverwg, urteil vom 19. april 2012 – 4 cn 3.11 –, juris, rn. 16; ovg nrw, urteile vom 30. januar 2014 – 7 a 1066/11 –, juris, rn. 53 und vom 11. februar 2014 – 2 d 15/13.ne –, a.a.o., rn. 124. 69insbesondere aus den regelungen der ta lärm ergeben sich solche nicht. 70gemäß ziff. 2.3 der ta lärm ist der maßgebliche immissionsort der nach nr. a.1.3 ihres anhangs zu ermittelnde ort im einwirkungsbereich der anlage, an dem eine überschreitung der immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist. selbst wenn man in der hier gegebenen situation, in der die immissionsrichtwerte bei zugrundelegung des immissionsschutzrechtlichen gutachtens überall eingehalten sind, als maßgeblichen immissionsort den ort ansehen will, an dem mutmaßlich der höchste immissionswert zu messen sein wird, ist wegen der bezugnahme in der ausnahmevorschrift auf die in verschiedenen richtungen gelegenen straßen f.-straße, m. und a.‑straße unklar, ob an einer, zwei oder allen drei straßen beziehungsweise den dort gelegenen punkten mit den derzeit höchsten immissionswerten verbesserungen zu erwarten sein müssen, zumal die änderung oder erneuerung, um deren zulassung es geht, die von dem gesamten betrieb ausgehenden immissionen auch hinsichtlich ihres einwirkungsbereichs wesentlich verändern können. 71darüber hinaus ergibt sich weder aus dem gutachten noch aus der planbegründung oder aus den vorschriften der ta lärm, ab welcher verringerung der immissionswerte eine verbesserung der immissionssituation im sinne der festsetzung anzunehmen ist. dies lässt sich insbesondere nicht aus dem in der planbegründung genannten beispiel der einhausung eines schrottplatzes entnehmen. danach ist allenfalls zu vermuten, dass der rat geringfügige verbesserungen wohl nicht als ausreichend angesehen hat. 72zudem sieht die ta lärm in der regelung zur ermittlung der geräuschimmissionen durch prognose (nr. a.2.1 der anlage zur ta lärm) vor, dass, wenn wie hier die beurteilungspegel zu keiner überschreitung der immissionsrichtwerte führen, zwei verschiedene verfahren angewendet werden können, nämlich die detaillierte prognose (dp) und die überschlägige prognose (üp). ob hier zum nachweis der verbesserung eine überschlägige prognose ausreichend ist, ist der ausnahmevorschrift im wege der auslegung nicht zu entnehmen. 73wegen der unwirksamkeit des satzes 2 der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 ist der bebauungsplan insgesamt unwirksam. mängel, die einzelnen festsetzungen eines bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zu dessen unwirksamkeit, wenn die übrigen regelungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche ordnung im sinne des § 1 abs. 3 satz 1 baugb bewirken können und wenn die gemeinde nach ihrem im planungsverfahren zum ausdruck gelangten willen im zweifel auch eine satzung dieses eingeschränkten inhalts beschlossen hätte. 74vgl. bverwg, beschluss vom 18. februar 2009 – 4 b 54.08 –, juris, rn. 5. 75es lässt sich nicht feststellen, dass der rat den bebauungsplan im zweifel auch ohne die ausnahmeregelung in satz 2 der textlichen festsetzung nr. 1.2.6 beschlossen hätte. vielmehr hat er diese ausnahmeregelung ausweislich der planbegründung und des tatsächlichen ablaufs des aufstellungsverfahrens gerade deshalb in den bebauungsplan aufgenommen, um den von den antragstellern geäußerten bedenken an der wirksamkeit, insbesondere verhältnismäßigkeit des durch die textlichen festsetzungen nrn. 1.2.5 und 1.2.6 bewirkten weitgehenden ausschlusses emissionsintensiver nutzungen im plangebiet sowie der überplanung der autorecyclinganlage zu begegnen. 76vgl. bverwg, urteil vom 16. dezember 1999 – 4 cn 7.98 –, juris, rn. 26. 77da nicht auszuschließen ist, dass der rat für das plangebiet erneut einen bebauungsplan aufstellen wird, sind ungeachtet der unwirksamkeit des bebauungsplans noch folgende ausführungen angezeigt: 78ein – nach § 214 abs. 1 nr. 2 baugb beachtlicher – verfahrensmangel in form eines verstoßes gegen § 3 abs. 2 satz 1 und 2 baugb ist nicht gegeben. danach sind die entwürfe der bauleitpläne mit der begründung und die nach einschätzung der gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen stellungnahmen für die dauer eines monats öffentlich auszulegen. ort und dauer der auslegung sowie angaben dazu, welche arten umweltbezogene informationen verfügbar sind, sind mindestens eine woche vorher ortsüblich bekanntzumachen. 79die antragsgegnerin hat den entwurf des bebauungsplans und die nach ihrer einschätzung wesentlichen umweltbezogenen stellungnahmen in übereinstimmung mit diesen gesetzlichen vorgaben für die dauer eines monats öffentlich ausgelegt. die öffentliche auslegung erfolgte nach den – von den antragstellern nicht in frage gestellten – angaben der antragsgegnerin zwischen dem 31. august und dem 30. september 2010 ordnungsgemäß im amt für stadtplanung und bauordnung. dies entspricht der bekanntmachung der öffentlichen auslegung des planentwurfs in dem amtsblatt der antragsgegnerin vom 20. august 2010. danach erfolge die öffentliche auslegung des planentwurfs in dieser zeit in diesem amt. 80dass nach angaben der antragsteller im bürgeramt b. der planentwurf am 29. september 2010 im foyer nicht auf der vorderseite, sondern auf der rückseite der aufgestellten pinnwand gehangen hat, stellt die ordnungsgemäße öffentliche auslegung des planentwurfs nicht in frage, denn es ist einem interessierten bürger zuzumuten, gegebenenfalls durch nachfragen bei den städtischen bediensteten den genauen standort der entwurfsunterlagen zu erfahren. 81vgl. bverwg, urteil vom 29. januar 2009 ‑ 4 c 16.07 ‑, juris, rn. 34. 82eine solche nachfrage des prozessbevollmächtigten der antragsteller ermöglichte ihm nach eigenen angaben die kenntnisnahme von den planunterlagen im bürgeramt b. 83dass der planentwurf am 29. september 2010 offenbar in dem bürgeramt t. nicht vorhanden beziehungsweise nicht zugänglich war und nach aussagen einer dortigen mitarbeiterin wohl abhanden gekommen war, begründet ebenfalls keinen verstoß gegen § 3 abs. 2 baugb. dies folgt schon daraus, dass die unterlagen entsprechend der bekanntmachung der öffentlichen auslegung des planentwurfs in dem amtsblatt vom 20. august 2010 in dem fraglichen zeitraum in dem amt für stadtplanung und bauordnung einsehbar waren. damit war den gesetzlichen anforderungen genüge getan. den interessierten bürgern war es möglich und zumutbar, dort einsicht zu nehmen. dies gilt auch für bürger, die gegebenenfalls zuvor in dem bürgeramt t. erfolglos um einsicht nachgesucht hatten. 84ob die voraussetzungen des § 13 abs. 1 baugb für die aufstellung des bebauungsplans im vereinfachten verfahren vorgelegen haben und ob ein fehlen der voraussetzungen eine beachtliche verletzung von verfahrens- oder formvorschriften im sinne des § 214 abs. 1 baugb darstellen würde, kann offenbleiben. beachtliche form- und verfahrensfehler werden nach § 215 abs. 1 satz 1 nr. 1 baugb unbeachtlich, sofern sie nicht innerhalb eines jahres seit der bekanntmachung des bebauungsplans schriftlich gegenüber der gemeinde unter darlegung des die verletzung begründenden sachverhaltes geltend gemacht worden sind. auf die voraussetzungen für die geltendmachung der verletzung von vorschriften sowie die rechtsfolgen der unterbliebenen geltendmachung hat die antragsgegnerin in der öffentlichen bekanntmachung des satzungsbeschlusses ordnungsgemäß hingewiesen. die antragsteller haben nicht binnen jahresfrist gerügt, dass die voraussetzungen des § 13 baugb für die durchführung des vereinfachten verfahrens nicht vorgelegen hätten. 85der dem bebauungsplan zu grunde liegenden planung fehlt auch nicht die nach § 1 abs. 3 satz 1 baugb erforderliche städtebauliche rechtfertigung. nach dieser vorschrift haben die gemeinden die bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche entwicklung und ordnung erforderlich ist. welche städtebaulichen ziele die gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen ermessen. die erforderliche planrechtfertigung ist gegeben, wenn der bebauungsplan nach seinem inhalt auf die städtebauliche entwicklung und ordnung ausgerichtet und nach der planerischen konzeption der zur planung berufenen gemeinde als mittel hierfür erforderlich ist. nicht erforderlich ist ein bebauungsplan in aller regel erst bei groben und einigermaßen offensichtlichen, von keiner nachvollziehbaren konzeption getragenen planerischen missgriffen, oder wenn er auf unabsehbare zeit vollzugsunfähig ist. 86mit dem bebauungsplan hat der rat ausweislich der planbegründung unter anderem beabsichtigt, das plangebiet als standort insbesondere für produzierende betriebe, dienstleistungs- und handwerksbetriebe zu sichern, negative auswirkungen auf das städtische zentrengefüge durch die ansiedelung von einzelhandel im plangebiet zu verhindern, erkannte konflikte zwischen den gewerblichen nutzungen und in der näheren umgebung ausgeübten wohnnutzungen zu lösen sowie vergnügungsstätten und betriebe des prostitutionsgewerbes im hinblick auf den angestrebten gebietscharakter und die in der umgebung befindlichen schulen auszuschließen. dies sind städtebauliche erwägungen im sinne des § 1 abs. 3 baugb, die die aufstellung von bebauungsplänen rechtfertigen können. 87dass der bebauungsplan von vornherein vollzugsunfähig sein könnte, weil seiner verwirklichung auf unabsehbare zeit rechtliche oder tatsächliche hindernisse im wege stehen, ergibt sich aus dem vortrag der antragsteller nicht. 88die vermeintliche vollzugsunfähigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass der im plangebiet angesiedelte, der abstandsklasse v zuzuordnende betrieb seinen standort in absehbarer zeit nicht aufgeben dürfte. es gehört zu den der gemeinde im rahmen ihrer planungshoheit übertragenen aufgaben, erkannte städtebauliche missstände oder sich abzeichnende städtebauliche fehlentwicklungen in bebauten bereichen zu beseitigen beziehungsweise ihnen entgegenzuwirken. die angebotsplanung ist regelmäßig ein taugliches mittel für die umsetzung dieser aufgabe. sind missstände oder fehlentwicklungen anlass für die aufstellung des bebauungsplans, besteht naturgemäß ein widerspruch zwischen dem plankonzept und den bisher zulässigen, bestandsgeschützten nutzungen, aus denen sich die städtebaulichen missstände ergeben oder die raum lassen für die befürchteten städtebaulichen fehlentwicklungen. der plangeber braucht auch in solchen fällen regelmäßig keine prognose anzustellen, ob und gegebenenfalls in welchem umfang und wann die angebote des bebauungsplans letztlich angenommen werden, sondern kann die entwicklung grundsätzlich den mechanismen des marktes überlassen. 89hier ist keine abweichung vom vorstehend beschriebenen regelfall ersichtlich. es ist auch keinesfalls ausgeschlossen, dass einzelne, im plangebiet angesiedelte betriebe oder betriebsteile, sollten sie nach den festsetzungen des bebauungsplans dort nicht mehr zulässig sein, ihren standort – gegebenenfalls unter mithilfe der antragsgegnerin – auf eine städtebaulich besser geeignete fläche verlagern. selbst wenn nach dem plankonzept unerwünschte nutzungen für einen längeren zeitraum im plangebiet fortgeführt werden sollten, steht damit nicht das plankonzept insgesamt in frage, solange der bebauungsplan gleichwohl zur gewollten städtebaulichen ordnung und entwicklung beitragen kann. der senat hat keine durchgreifenden zweifel an der ordnungs- und entwicklungsfunktion der hier getroffenen festsetzungen zur baulichen nutzung. 90die städtebauliche erforderlichkeit der festsetzungen ist gegeben. nach der neuen rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ist der grobe maßstab für die planrechtfertigung auch anzulegen, wenn es darum geht, die städtebauliche erforderlichkeit der einzelnen festsetzungen eines bebauungsplans festzustellen. die anforderungen des § 1 abs. 3 baugb beträfen die generelle erforderlichkeit der planung, nicht hingegen die einzelheiten einer konkreten planerischen lösung. dafür sei das abwägungsgebot maßgeblich. 91vgl. bverwg, urteil vom 27. märz 2013 – 4 cn 7.11 –, juris. 92weder dem weitgehenden ausschluss des einzelhandels noch dem mit der gliederung nach der abstandsliste des abstandserlasses verbundenen ausschluss bestimmter emittierender gewerbebetriebe oder den übrigen nutzungsausschlüssen fehlt danach die städtebauliche rechtfertigung. 93die gemeindegebietsweite steuerung der ansiedlung von einzelhandel zum schutz der gemeindlichen zentrenstruktur ist ein anerkannter städtebaulicher grund für den ausschluss von einzelhandel in nicht integrierten lagen. städtebaulich gerechtfertigt im sinne des § 1 abs. 3 baugb sind daher die auf § 1 abs. 9 baunvo gestützten textlichen festsetzungen zum ausschluss von einzelhandel. 94nach der zitierten rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts kann sich der plangeber die rechtfertigende wirkung eines einzelhandelskonzeptes im sinne des § 1 abs. 6 nr. 11 baugb – hier: masterplan einzelhandel – auch in teilen zunutze machen, solange die zu seiner umsetzung getroffenen festsetzungen des bebauungsplans jedenfalls geeignet sind, einen beitrag zur förderung des einzelhandelskonzeptes zu leisten, und nicht die realistische gefahr besteht, dass eine nur teilweise umsetzung des einzelhandelskonzeptes dieses konterkariere. verfolgt das einzelhandelskonzept das ziel, die versorgungszentren im stadtgebiet zu stärken, bedürfen festsetzungen, die von dem einzelhandelskonzept abweichen, keiner nachvollziehbaren begründung, die auf der ebene der bauleitplanung ein schlüssiges planungskonzept erkennen lässt. von der eignung eines einzelhandelsausschlusses zur förderung des zentrenschutzes ist grundsätzlich auszugehen, wenn in einem einzelhandelskonzept die für die funktionsfähigkeit der jeweiligen versorgungszentren entscheidenden und mithin zentrumsbildenden sortimente festgelegt und diese sortimente für ein gebiet außerhalb der versorgungszentren ausgeschlossen sind. etwas anderes gilt nur in offensichtlichen ausnahmefällen, in denen der ausschluss zentrumsbildender sortimente für ein bestimmtes gebiet außerhalb der versorgungszentren keinerlei beitrag zum zentrenschutz leisten kann. 95dass hier die textlichen festsetzungen zum ausschluss von einzelhandel nicht geeignet sein könnten, zumindest irgendeinen beitrag zu leisten, das ziel der stärkung der städtischen versorgungszentren zu fördern, oder eventuelle abweichungen von den vorgaben des masterplans einzelhandel dieses ziel gar konterkarieren würden, lässt sich nicht feststellen. nach dem von dem bundesverwaltungsgericht vorgegebenen maßstab dürfte die möglichkeit, solche feststellungen zu treffen, ohnehin eher theoretischer natur sein. 96der ausschluss von vergnügungsstätten sowie von betrieben der gewerbsmäßigen prostitution beruht auf dem willen des rates, die flächen im plangebiet produzierenden gewerbebetrieben sowie dienstleistungs- und handwerksbetrieben vorzubehalten, sowie auf der angenommenen unverträglichkeit solcher unerwünschter nutzungen mit dem nach dem plankonzept angestrebten gebietscharakter, der umliegenden wohnbebauung und den benachbarten schulen. dies sind jeweils gründe städtebaulicher natur, die im rahmen des weiten planungsermessens des rates nicht zu beanstanden sind. 97soweit durch die gliederung des festgesetzten gewerbegebietes nach der abstandsliste die art der baulichen nutzung eingeschränkt wird, steht der charakter eines gewerbegebiets im sinne von § 8 abs. 1 und 2 baunvo nicht in frage. neben den in der abstandsliste genannten gewerbebetrieben kommt eine vielzahl weiterer gewerblicher nutzungen in betracht, die bei typisierender betrachtung in einem gewerbegebiet allgemein zulässig sind. durch die festgesetzten einschränkungen ist das spektrum der baulichen anlagen in dem gewerbegebiet nicht etwa auf die ausnahmsweise zugelassenen anlagen und betriebsarten und auf solche der abstandsklasse vii innerhalb des ge 1 beschränkt. mit der gliederung des gewerbegebietes nach dem störverhalten der in den teilbereichen jeweils zulässigen anlagen und betriebsarten trägt der rat dem schutz der nördlich, östlich und südlich des plangebiets vorhandenen wohnbebauung rechnung. damit verfolgt er ein zulässiges städtebauliches anliegen. 98auch ein verstoß des bebauungsplans gegen § 1 abs. 4 baugb ist nicht festzustellen. nach dieser vorschrift sind die bauleitpläne den zielen der raumordnung anzupassen. 99gemäß § 3 abs. 1 nr. 2 rog sind ziele der raumordnung verbindliche vorgaben in form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom träger der landes- oder regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen festlegungen in raumordnungsplänen zur entwicklung, ordnung und sicherung des raums. einer weiteren abwägung auf einer nachgeordneten planungsstufe sind ziele der raumordnung nicht zugänglich. dem für die festlegung eines ziels charakteristischen erfordernis einer abschließenden abwägung ist genügt, wenn die auf der landesplanerischen ebene getroffene planaussage keiner ergänzung mehr bedarf. 100das plangebiet ist in dem rfnp raumordnungsrechtlich als allgemeiner siedlungsbereich (asb) festgelegt im sinne der nr. 1 buchstabe a der anlage zu § 3 abs. 1 der planverordnung zum lplg nrw vom 10. mai 2005 in verbindung mit § 5 abs. 2 der verordnung zu regionalen flächennutzungsplänen. danach dienen allgemeine siedlungsbereiche nicht nur dem wohnen, sondern unter anderem auch dem wohnverträglichen gewerbe. demgegenüber dienen als bereiche für gewerbliche und industrielle nutzungen (gib) festgelegte flächen der unterbringung insbesondere von emittierenden industrie- und gewerbebetrieben. 101der rat hat in dem bebauungsplan durch implementierung der abstandsliste jedenfalls weitestgehend eine beschränkung auf wohnverträgliches gewerbe festgesetzt. in dem teilbereich ge 1 sind zwar auch gewerbebetriebe zulässig, die der abstandsklasse vii unterfallen und damit bei abstrakter betrachtung nicht wohnverträglich sind. da die flächen in diesem teil des plangebiets zu der umliegenden wohnbebauung aber einen abstand von mindestens 100 m haben, ist eine konkrete wohnunverträglichkeit der dort zugelassenen betriebe und anlagen bei zugrundelegung der empfehlungen des abstandserlasses nicht erkennbar. 102vgl. ovg nrw, urteil vom 7. märz 2006 – 10 d 43/03.ne –, juris, rn. 81. 103die festsetzung des gewerbegebiets dürfte daher hinreichend an die auf der ebene der regionalplanung erfolgte zeichnerische festlegung des plangebiets als allgemeiner siedlungsbereich, die selbst kein ziel der raumordnung ist, angepasst sein. die ziele 7 und 8 des rfnp zur überwiegenden ansiedlung nicht erheblich belästigender betriebe in den als „gewerbliche bauflächen/asb“ festgesetzten bereichen beziehungsweise erheblich belästigender betriebe in den als „gewerbliche bauflächen/gib“ festgesetzten bereichen werden durch die festsetzung des gewerbegebietes nicht verfehlt. insbesondere ist nicht erkennbar, dass durch das ziel 7 eine ansiedlung nicht erheblich belästigender betriebe in den gemäß § 5 abs. 2 nr. 1 baugb als wohnbauflächen dargestellten teilen der raumordnungsrechtlich als allgemeine siedlungsbereiche festgelegten gebieten in jedem fall ausgeschlossen ist. 104ein gemäß § 214 abs. 2 nr. 2 baugb beachtlicher verstoß gegen das entwicklungsgebot des § 8 abs. 2 satz 1 baugb liegt ebenfalls nicht vor. 105den darstellungen des flächennutzungsplans kommt als entwicklungsgrundlage für den üblicherweise nachfolgenden erlass von bebauungsplänen noch nicht der bestimmtheitsgrad zu, der für festsetzungen eines bebauungsplans typisch ist. der flächennutzungsplan weist ebenenspezifisch ein grobmaschiges raster auf, das auf verfeinerung angelegt ist. anders als ein bebauungsplan ist der flächennutzungsplan für sich betrachtet keine rechtssatzmäßige regelung zulässiger bodennutzungen. 106vgl. bverwg, urteil vom 18. august 2005 ‑ 4 c 13.04 ‑, juris, rn. 31 f. 107unter der voraussetzung, dass die grundzüge des flächennutzungsplans unangetastet bleiben, gestattet das entwicklungsgebot abweichungen. festsetzungen, die mit den darstellungen des flächennutzungsplans nicht vollständig übereinstimmen, indizieren nicht ohne weiteres einen verstoß gegen das entwicklungsgebot. ob den anforderungen des § 8 abs. 2 satz 1 baugb genügt ist, hängt – auch bei parzellenscharfer darstellungen des flächennutzungsplans und der festsetzung einer abweichenden nutzungsart im bebauungsplan – davon ab, ob die konzeption, die dem flächennutzungsplan zugrunde liegt, in sich schlüssig bleibt. 108vgl. bverwg, beschlüsse vom 11. februar 2004 ‑ 4 bn 1.04 ‑, juris, rn. 7, und vom 30. juni 2003 ‑ 4 bn 31.03 ‑, juris, rn. 16; ovg nrw, urteil vom 12. dezember 2012 – 10 d 85/10.ne –, juris, rn. 42. 109es kann offen bleiben, ob der angefochtene bebauungsplan nach diesem maßstab gegen das entwicklungsgebot des § 8 abs. 2 satz 1 baugb verstößt. 110der bebauungsplan setzt zwar kein wohngebiet oder ein auch dem wohnen dienendes mischgebiet (§§ 3, 4, 4a oder 6 baunvo), sondern ein gewerbegebiet (§ 8 baunvo) fest, obwohl das plangebiet im rfnp im sinne des § 5 abs. 2 nr. 1 baugb als wohnbaufläche dargestellt ist. das festgesetzte gewerbegebiet dürfte aber angesichts der implementierung der abstandsliste und der einhaltung entsprechender abstände bei konkreter betrachtung – wie bereits hinsichtlich § 1 abs. 4 baugb dargelegt – noch ausreichend wohngebietsverträglich und mit der konzeption der flächennutzungsplanung vereinbar sein. die in der planbegründung niedergelegten erwägungen des rates, wegen des bestandsschutzes des im plangebiet angesiedelten emittierenden betriebs sei dort eine änderung in ein wohngebiet auf lange sicht nicht umsetzbar und daher nicht beabsichtigt, ist nachvollziehbar. die im rfnp um das plangebiet herum dargestellte wohnbaufläche in einer größe von etwa 400 ha wird durch die festsetzung des gewerbegebietes in dem 4,25 ha großen plangebiet nicht durchgreifend in frage gestellt. demgegenüber kann allein der umstand, dass die größe des plangebiets unterhalb der regeldarstellungsschwelle des rfnp von 5 ha liegt, die von der darstellung auf der ebene des flächennutzungsplans abweichende festsetzung der nutzungsart nicht rechtfertigen. stünde es dem plangeber frei, bei sämtlichen planungen bis zu dieser flächengröße die vorgaben des flächennutzungsplans zu ignorieren, würde er selbst seine aussagekraft als grobes raster für die beabsichtigte städtebauliche entwicklung weitgehend verlieren. hier ist zudem zu bedenken, dass der rfnp auch südlich und westlich an das plangebiet angrenzend wohnbauflächen darstellt, dort aber tatsächlich bereits größere gewerbebetriebe bestehen, sodass die darstellungsschwelle von 5 ha insgesamt deutlich überschritten ist. 111ein etwaiger verstoß gegen § 8 abs. 2 satz 1 baugb wäre jedenfalls gemäß § 214 abs. 2 nr. 2 baugb für die wirksamkeit des bebauungsplans unbeachtlich. danach ist es unbeachtlich, wenn § 8 abs. 2 satz 1 hinsichtlich des entwickelns des bebauungsplans aus dem flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche entwicklung beeinträchtigt worden ist. 112eine solche beeinträchtigung ist nur gegeben, wenn der flächennutzungsplan seine bedeutung als kommunales steuerungsinstrument der städtebaulichen entwicklung im großen und ganzen verloren hat. 113vgl. ovg nrw, urteil vom 30. september 2009 – 10 d 8/08.ne –, juris, rn. 58. 114dies ist hier nicht der fall. angesichts der beschränkten größe des plangebiets von 4,25 ha und der aufgezeigten (weitgehenden) wohngebietsverträglichkeit der dort zugelassenen gewerblichen betriebe und anlagen, ist die geordnete städtebauliche entwicklung der antragsgegnerin in dem hier fraglichen bereich nicht beeinträchtigt. 115ob der bebauungsplan beachtliche mängel der abwägung (§ 1 abs. 7, § 2 abs. 3 baugb) aufweist, kann offenbleiben. allerdings erscheint die annahme des rates, die erweiterungsabsichten der antragsteller im hinblick auf die wiederinbetriebnahme der spänebrecheranlage und die reaktivierung des gleisanschluss seien derart vielfältig, teilweise widersprüchlich und in ihrer genauen räumlichen abgrenzung schwer nachvollziehbar, dass sie nicht als grundlage der planung hätten angesehen werden können, fragwürdig. angesichts des vorhandenseins der spänebrecheranlage und der gleisanlagen auf dem betriebsgrundstück der antragsteller, der art ihres betriebes und der offensichtlichen nützlichkeit der besagten anlagen für diesen betrieb sowie der im aufstellungsverfahren in diese richtung geäußerten erweiterungsabsichten dürfte deren außerachtlassen bei der ermittlung und bewertung der nutzungsinteressen und entwicklungsmöglichkeiten des vorhandenen betriebs im rahmen der abwägung bedenklich sein. 116die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo in verbindung mit den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. 117die revision ist nicht zuzulassen, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 1 vwgo nicht vorliegen. | Klaeger*in | 1 |
126,301 | 9 K 5172/15 | 2016-02-16T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der 1977 geborene Kläger ist Inhaber einer Fahrerlaubnis. 3Am 20. August 2015 führte der Kläger gegen 22:00 Uhr ein Kraftfahrzeug. Im Rahmen einer Verkehrskontrolle erklärte der Kläger, am selben Tag gegen 20:30 Uhr einen Joint mit Cannabis in seiner Wohnung geraucht zu haben. In der Mitteilung der Polizei an die Beklagte vom selben Tag wird zudem ausgeführt, dass der Kläger nach erfolgter Belehrung angegeben habe, Cannabisprodukte seit 13 Jahren regelmäßig zu konsumieren und über viele Jahre täglich konsumiert zu haben. 4Das Blut des Klägers wurde auf Betäubungsmittel untersucht. Das Universitätsklinikum N°°°°° stellte in seinem wissenschaftlichen Gutachten zur chemisch-toxikologischen Untersuchung des Blutserums des Klägers vom 1. Oktober 2015 einen THC-Gehalt von 11 ng/ml Blutserum, einen 11-OH-THC-Gehalt von 4,4 ng/ml Blutserum und einen THC-COOH-Gehalt von 17 ng/ml Blutserum fest. 5Mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 hörte die Beklagte den Kläger zur Entziehung der Fahrerlaubnis an. Daraufhin meldete sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers und bat um Fristverlängerung von 10 Tagen, die die Beklagte gewährte. Vor Ablauf der Frist meldete sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten und erklärte, dass ihm eine Stellungnahme nach Aktenlage nicht möglich sei, da er die Akte nicht erhalten habe. Die Beklagte übersandte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers sodann das rechtsmedizinische Gutachten und wies ihn darauf hin, dass er bisher keine Akteneinsicht beantragt habe, er aber die Möglichkeit habe, bis zum 18. November 2015 die Akte bei ihr einzusehen. Unter dem 12. November 2015 verwies der Prozessbevollmächtigte auf sein Recht auf Akteneinsicht und forderte die Beklagte auf, ihm die Akte zur Einsichtnahme zu überlassen. 6Mit begründeter Ordnungsverfügung vom 19. November 2015, dem Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt am 24. November 2015, entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis und forderte ihn auf, seinen Führerschein unverzüglich nach Zustellung des Bescheides abzugeben. Außerdem setzte die Beklagte für den Bescheid Kosten i.H.v. 203,45 €, bestehend aus 200 € Verwaltungsgebühr und 3,45 € Zustellungskosten fest. 7Der Kläger hat am 3. Dezember 2015 Klage erhoben. Zur Begründung seiner Klage führt er mittels seines Prozessbevollmächtigten aus: Es habe für die Polizei keinen Grund für eine allgemeine Verkehrskontrolle gegeben. Ein Drogenvortest habe nicht durchgeführt werden können. Die zu seinem Konsumverhalten gemachten Aussagen habe er nicht getätigt. Es sei lebensfremd, dass ein Autofahrer so redselig sich verhalte und sich selbst so belaste. Statt viermal sei ihm nur einmal Blut abgenommen worden. Verwaltungsrechtlich sei bei Cannabis zu differenzieren, ob nur eine gelegentliche Einnahme vorliege oder Anhaltspunkte für regelmäßigen Konsum vorhanden seien. Ein nachweislich lediglich experimenteller Cannabiskonsum rechtfertige ohne Hinzutreten weiterer Umstände weder die Verneinung der Fahreignung noch Eignungszweifel. 8Der Kläger beantragt, 9die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 19. November 2015 aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Die Kammer hat das Verfahren mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 dem Vorsitzenden als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. 13Entscheidungsgründe: 14Der Einzelrichter ist zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit mit Beschluss der Kammer übertragen worden ist, § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 15Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sowie die Gebührenfestsetzung im Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 16Formell leidet die angefochtene Ordnungsverfügung nicht am Verfahrensmangel der fehlenden Anhörung (§ 28 VwVfG NRW). Die Beklagte hat ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers ohne Aktenkenntnis keine Stellungnahme abgeben konnte, liegt nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten, da der Prozessbevollmächtigte zunächst keine Akteneinsicht beantragt hatte und ihm – als sein Versäumnis kurz vor Ablauf der bereits verlängerten Anhörungsfrist zutage getreten war – die Beklagte anbot, Akteneinsicht bei der Behörde zu nehmen, was umso zumutbarer war, als Kanzlei und Behördensitz nur wenige hundert Meter auseinander liegen. 17Auch materiell-rechtlich ist die Ordnungsverfügung rechtmäßig. 18Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis sind § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c Straßenverkehrsgesetz (StVG) und § 46 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnisverordnung – FeV). Danach ist die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, eine Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der Inhaber sich als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erweist. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV wiederholt insoweit den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG; in Satz 2 heißt es dazu konkretisierend, dass dies insbesondere gilt, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. 19Nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist derjenige zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, der gelegentlich Cannabis einnimmt und nicht zwischen Konsum und Fahren trennt. Gelegentlicher Cannabiskonsument ist, wer jedenfalls zweimal Cannabisprodukte konsumiert hat. 20Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, DAR 2014, 711 = juris Rn 20; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Juni 2009 – 16 B 55/09 –, nicht veröffentlicht. 21Der Kläger ist gelegentlicher Cannabiskonsument. Zwei Konsumakte sind durch die Einlassungen des Klägers sowie durch die Blutuntersuchung durch das Universitätsklinikum N°°°°°, rechtsmedizinisches Gutachten vom 1. Oktober 2015, belegt. 22Der Kläger hat eingeräumt, am Tag der Verkehrskontrolle konsumiert zu haben. Dass dies ein einmaliger Probekonsum war, hat er nicht mal geltend gemacht. Er hat nur bestritten, gegenüber der Polizei die im Tatbestand wiedergegebenen Angaben gemacht zu haben, und dazu darauf verwiesen, dass es lebensfremd sei, dass ein Autofahrer so redselig sei und sich selbst so belaste. Da ein substantiiertes Vorbringen zum Ablauf und Inhalt der Kommunikation mit den Polizeibeamten fehlt und der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf eine Anhörung der Polizeibeamten verzichtet hat, bestand keine Veranlassung seitens des Gerichts zur Zeugenvernehmung von Amts wegen. 23Hinzu kommt, dass allein aufgrund eines Wertes von 100 ng THC-COOH/ml Blutserum gesichert von einem gelegentlichen Konsum ausgegangen werden kann. 24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Februar 2015 - 16 B 8/15 -, juris Rn. 11 m.w.N.. 25Mit 99 ng THC-COOH/ml Blutserum liegt das Blutserum des Klägers nur äußerst knapp darunter. Unter Hinzuziehung der übrigen Messergebnisse lässt sich zudem rückschließen, dass der Konsum des Klägers am 20. August 2015 kein einmaliger Probierkonsum war. Nach dem Rauchen von Cannabisprodukten steigt die THC-Konzentration im Blut innerhalb von ca. 10 Minuten auf ein Maximum von u.U. > 100 ng/ml Blutserum an, um anschließend ebenso rasch auf Grund der Verteilung im gesamten Organismus wieder abzusinken (Stellungnahme der Labor L. GbR vom 11. Februar 2016 im Verfahren 7 K 52/16). Demgegenüber erreicht das im Körper sich absetzende Abbauprodukt THC-COOH beim erstmaligen Konsum keine derart hohen Werte. Der Arbeit von Huestis/Henningfield/Cone, Blood cannabinoids, I. Absorption of THC and formation of 11-OH-THC and THC-COOH during and after smoking marijuana, J Anal Toxicol 16, 276- 282, ist zu entnehmen, dass nach dem Rauchen einer standardisierten Cannabis-Zigarette mit 3,5 % THC die Konzentration von THC-COOH die Größenordnung von 60 - 80 ng/ ml Blutserum nicht überschreitet. Im Rahmen der 1. Maastricht-Studie ergab sich, dass sich die gemessenen Maximal-, Mittel- und Minimalwerte von THC-COOH im Blutserum zwischen 2 und 6 Stunden nach dem einmaligen Konsum einer Marihuana-Zigarette mit einem THC-Gehalt von 250 ug bzw. 500 ug THC/kg Körpergewicht etwa halbierten. Sechs Stunden nach Verabreichung von 250 ug THC/kg Körpergewicht ergab sich ein Mittelwert von 4,9 ng THC-COOH/ml Blutserum und unter Berücksichtigung der gemessenen Standardabweichung von 5,3 ng/ml ein Maximalwert von 10,2 ng THC-COOH/ml Blutserum. Bei Probanden, die die doppelte Dosis an THC aufgenommen hatten, belief sich die THC-COOH-Konzentration sechs Stunden nach dem Rauchende im Mittel auf 8,4 ng/ml Blutserum. Der zu erwartende Höchstwert beträgt auf der Grundlage der in der Studie festgestellten Standardabweichung von 7,6 ng THC-COOH/ml Blutserum 16,0 ng THC-COOH/ml Blutserum (vgl. Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ramaekers, Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, Blutalkohol Bd. 43 [2006], S. 361/364, Tabelle 2). Im Hinblick auf die im Fall des Klägers zu berücksichtigende Abbauzeit von 2 Stunden wären die vorstehenden Werte zu verdoppeln um auf einen realistischen THC-COOH-Wert im Blutserum 2 Stunden nach einem erstmaligen Konsum zu kommen. Der Maximalwert läge dann bei ca. 32 ng THC-COOH/ml Blutserum. Bestätigt wird dies durch die 2. Maastricht-Studie, bei der chronische Konsumenten mit Gelegenheitskonsumenten verglichen wurden. Ein Vergleich der dort gemessenen Werte von THC-COOH bei chronischen Konsumenten mit den Werten bei Gelegenheitskonsumenten zeigt eine mittlere THC-COOH-Konzentration von 71 zu 1,6 ng/ml Blutserum vor Versuchsbeginn und von 62,4 zu 1,7 ng/ml Blutserum nach Versuchsende. Bei den Placeboversuchen lagen der Eingangsmittelwert der chronischen Konsumenten bei 96,3 ng THC-COOH/ml Blutserum und der Endmittelwert nach 8 Stunden bei 65,9 ng THC-COOH/ml Blutserum. 26Aufgrund dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse und dem im Blutserum des Klägers noch 2 Stunden danach gemessenen Wert von 99 ng THC-COOH/ml ist es ausgeschlossen, dass es sich bei diesem Konsum um ein einmaliges Ereignis oder um einen sogenannten Probekonsum handelt, der sich regelmäßig dadurch auszeichnet, dass zunächst eine kleinere Menge konsumiert wird, um deren Wirkung zu testen. 27Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen kann auch das Alter gegen die Annahme eines Probierkonsums sprechen. Danach ist mit zunehmendem Alter die Neigung zum Experimentieren mit illegalen Drogen zwar nicht schlechterdings ausgeschlossen ist, erscheint aber doch durchgreifend atypisch, wenn es an nachvollziehbaren Angaben des Klägers fehlt, was ihn in seinem Alter veranlasst haben könnte, erstmals zum Cannabis zu greifen, 28vgl. zur Notwendigkeit eingehender Angaben zum behaupteten Erstkonsum von Cannabis bei unrealistischer Ausgangslage etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 12. März 2012 - 16 B 1294/11 -, DAR 2012, 275 = Blutalkohol 49 (2012), 179 = juris, Rn. 5 bis 13, sowie vom 22. Mai 2012 - 16 B 536/12 -, juris, Rn. 17 bis 29, jeweils m. w. N., 29Trotz seines Alters von im Zeitpunkt des Vorfalls noch 37 Jahren und Vorhalt desselben in der mündlichen Verhandlung, hat der Kläger keinerlei Angaben zu den Konsumumständen am Tag der Verkehrskontrolle gemacht. 30Der Kläger kann nicht sicher zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges trennen. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer fehlt dem Betroffenen das erforderliche Trennungsvermögen, wenn er ein Fahrzeug in einem oder mehreren Fällen unter der Wirkung von Cannabis führt, 31vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil der Kammer vom 23. Oktober 2009 – 9 K 2142/09 –; Beschlüsse vom 21. Oktober 2009 – 9 L 917/09 –, und vom 28. Februar 2013 – 9 L 92/13 –m.w.N., 32was entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer im Einklang mit der Grenzwertekommission bei einem Grenzwert von 1 ng THC/ml Blutserum oder mehr anzunehmen ist. 33Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil der Kammer vom 25. Mai 2010 – 9 K 3406/09 –, juris Rn 28; so auch BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 3 C 3/13 –, DAR 2014, 711 = juris Rn 41; OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2012 – 16 A 2006/12 –, juris Rn 2 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2006 – 10 S 2519/05 –, juris Rn 7; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 15. Dezember 2005 – 3 Bs 214/05 –, juris Rn 20; Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschluss vom 7. Juni 2005 – 4 MB 49/05 –, juris Rn 5; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 4. November 2009 – 6 K 1704/09 –, juris Rn 33; VG Düsseldorf, Beschluss vom 4. März 2010 – 14 L 139/10 –, juris Rn 26; VG Bremen, Urteil vom 26. April 2010 – 5 K 126/10 –, juris Rn 18. 34Durch seine Fahrt unter Cannabiseinfluss am 20. August 2015 hat der Kläger belegt, dass er nicht zwischen Cannabiskonsum und Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann. In der nach der Verkehrskontrolle an diesem Tag entnommenen Blutprobe hat das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums N°°°°° eine THC-Konzentration von 11 ng THC/ml Blutserum nachgewiesen. 35Für eine Wiedererlangung der Fahreignung im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung ist nichts ersichtlich. Ein Ermessen stand der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG nicht zu. 36Die in dem Bescheid enthaltene Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 37Die Gebührenfestsetzung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. Sie findet ihre Grundlage in § 6a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Die Verwaltungsgebühr in Höhe von 200,- € hält sich in dem von § 1 Abs. 1 GebOSt i.V.m. Nr. 206 der Anlage zu § 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (Anlage GebOSt) gesetzten Rahmen von 33,20 € bis 256,00 €. Die Zustellkosten sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt vom Kläger zu tragen. 38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 39Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2der 1977 geborene kläger ist inhaber einer fahrerlaubnis. 3am 20. august 2015 führte der kläger gegen 22:00 uhr ein kraftfahrzeug. im rahmen einer verkehrskontrolle erklärte der kläger, am selben tag gegen 20:30 uhr einen joint mit cannabis in seiner wohnung geraucht zu haben. in der mitteilung der polizei an die beklagte vom selben tag wird zudem ausgeführt, dass der kläger nach erfolgter belehrung angegeben habe, cannabisprodukte seit 13 jahren regelmäßig zu konsumieren und über viele jahre täglich konsumiert zu haben. 4das blut des klägers wurde auf betäubungsmittel untersucht. das universitätsklinikum n°°°°° stellte in seinem wissenschaftlichen gutachten zur chemisch-toxikologischen untersuchung des blutserums des klägers vom 1. oktober 2015 einen thc-gehalt von 11 ng/ml blutserum, einen 11-oh-thc-gehalt von 4,4 ng/ml blutserum und einen thc-cooh-gehalt von 17 ng/ml blutserum fest. 5mit schreiben vom 15. oktober 2015 hörte die beklagte den kläger zur entziehung der fahrerlaubnis an. daraufhin meldete sich der prozessbevollmächtigte des klägers und bat um fristverlängerung von 10 tagen, die die beklagte gewährte. vor ablauf der frist meldete sich der prozessbevollmächtigte des klägers bei der beklagten und erklärte, dass ihm eine stellungnahme nach aktenlage nicht möglich sei, da er die akte nicht erhalten habe. die beklagte übersandte dem prozessbevollmächtigten des klägers sodann das rechtsmedizinische gutachten und wies ihn darauf hin, dass er bisher keine akteneinsicht beantragt habe, er aber die möglichkeit habe, bis zum 18. november 2015 die akte bei ihr einzusehen. unter dem 12. november 2015 verwies der prozessbevollmächtigte auf sein recht auf akteneinsicht und forderte die beklagte auf, ihm die akte zur einsichtnahme zu überlassen. 6mit begründeter ordnungsverfügung vom 19. november 2015, dem kläger über seinen prozessbevollmächtigten zugestellt am 24. november 2015, entzog die beklagte dem kläger die fahrerlaubnis und forderte ihn auf, seinen führerschein unverzüglich nach zustellung des bescheides abzugeben. außerdem setzte die beklagte für den bescheid kosten i.h.v. 203,45 €, bestehend aus 200 € verwaltungsgebühr und 3,45 € zustellungskosten fest. 7der kläger hat am 3. dezember 2015 klage erhoben. zur begründung seiner klage führt er mittels seines prozessbevollmächtigten aus: es habe für die polizei keinen grund für eine allgemeine verkehrskontrolle gegeben. ein drogenvortest habe nicht durchgeführt werden können. die zu seinem konsumverhalten gemachten aussagen habe er nicht getätigt. es sei lebensfremd, dass ein autofahrer so redselig sich verhalte und sich selbst so belaste. statt viermal sei ihm nur einmal blut abgenommen worden. verwaltungsrechtlich sei bei cannabis zu differenzieren, ob nur eine gelegentliche einnahme vorliege oder anhaltspunkte für regelmäßigen konsum vorhanden seien. ein nachweislich lediglich experimenteller cannabiskonsum rechtfertige ohne hinzutreten weiterer umstände weder die verneinung der fahreignung noch eignungszweifel. 8der kläger beantragt, 9die ordnungsverfügung der beklagten vom 19. november 2015 aufzuheben. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12die kammer hat das verfahren mit beschluss vom 22. dezember 2015 dem vorsitzenden als einzelrichter zur entscheidung übertragen. 13 | 14der einzelrichter ist zuständig, nachdem ihm der rechtsstreit mit beschluss der kammer übertragen worden ist, § 6 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). 15die zulässige klage ist unbegründet. die entziehung der fahrerlaubnis sowie die gebührenfestsetzung im bescheid der beklagten vom 5. januar 2015 sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten, § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 16formell leidet die angefochtene ordnungsverfügung nicht am verfahrensmangel der fehlenden anhörung (§ 28 vwvfg nrw). die beklagte hat ihm gelegenheit zur stellungnahme gegeben. dass der prozessbevollmächtigte des klägers ohne aktenkenntnis keine stellungnahme abgeben konnte, liegt nicht im verantwortungsbereich der beklagten, da der prozessbevollmächtigte zunächst keine akteneinsicht beantragt hatte und ihm – als sein versäumnis kurz vor ablauf der bereits verlängerten anhörungsfrist zutage getreten war – die beklagte anbot, akteneinsicht bei der behörde zu nehmen, was umso zumutbarer war, als kanzlei und behördensitz nur wenige hundert meter auseinander liegen. 17auch materiell-rechtlich ist die ordnungsverfügung rechtmäßig. 18rechtsgrundlage für die entziehung der fahrerlaubnis sind § 3 abs. 1 satz 1 i.v.m. § 6 abs. 1 nr. 1 buchst. c straßenverkehrsgesetz (stvg) und § 46 abs. 1 der verordnung über die zulassung von personen zum straßenverkehr (fahrerlaubnisverordnung – fev). danach ist die fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, eine fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der inhaber sich als zum führen von kraftfahrzeugen ungeeignet erweist. § 46 abs. 1 satz 1 fev wiederholt insoweit den wortlaut des § 3 abs. 1 satz 1 stvg; in satz 2 heißt es dazu konkretisierend, dass dies insbesondere gilt, wenn erkrankungen oder mängel nach den anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. 19nach ziffer 9.2.2 der anlage 4 zur fev ist derjenige zum führen von kraftfahrzeugen ungeeignet, der gelegentlich cannabis einnimmt und nicht zwischen konsum und fahren trennt. gelegentlicher cannabiskonsument ist, wer jedenfalls zweimal cannabisprodukte konsumiert hat. 20vgl. nur bverwg, urteil vom 23. oktober 2014 – 3 c 3/13 –, dar 2014, 711 = juris rn 20; ovg nordrhein-westfalen, beschluss vom 17. juni 2009 – 16 b 55/09 –, nicht veröffentlicht. 21der kläger ist gelegentlicher cannabiskonsument. zwei konsumakte sind durch die einlassungen des klägers sowie durch die blutuntersuchung durch das universitätsklinikum n°°°°°, rechtsmedizinisches gutachten vom 1. oktober 2015, belegt. 22der kläger hat eingeräumt, am tag der verkehrskontrolle konsumiert zu haben. dass dies ein einmaliger probekonsum war, hat er nicht mal geltend gemacht. er hat nur bestritten, gegenüber der polizei die im tatbestand wiedergegebenen angaben gemacht zu haben, und dazu darauf verwiesen, dass es lebensfremd sei, dass ein autofahrer so redselig sei und sich selbst so belaste. da ein substantiiertes vorbringen zum ablauf und inhalt der kommunikation mit den polizeibeamten fehlt und der prozessbevollmächtigte des klägers in der mündlichen verhandlung ausdrücklich auf eine anhörung der polizeibeamten verzichtet hat, bestand keine veranlassung seitens des gerichts zur zeugenvernehmung von amts wegen. 23hinzu kommt, dass allein aufgrund eines wertes von 100 ng thc-cooh/ml blutserum gesichert von einem gelegentlichen konsum ausgegangen werden kann. 24vgl. ovg nrw, beschluss vom 5. februar 2015 - 16 b 8/15 -, juris rn. 11 m.w.n.. 25mit 99 ng thc-cooh/ml blutserum liegt das blutserum des klägers nur äußerst knapp darunter. unter hinzuziehung der übrigen messergebnisse lässt sich zudem rückschließen, dass der konsum des klägers am 20. august 2015 kein einmaliger probierkonsum war. nach dem rauchen von cannabisprodukten steigt die thc-konzentration im blut innerhalb von ca. 10 minuten auf ein maximum von u.u. > 100 ng/ml blutserum an, um anschließend ebenso rasch auf grund der verteilung im gesamten organismus wieder abzusinken (stellungnahme der labor l. gbr vom 11. februar 2016 im verfahren 7 k 52/16). demgegenüber erreicht das im körper sich absetzende abbauprodukt thc-cooh beim erstmaligen konsum keine derart hohen werte. der arbeit von huestis/henningfield/cone, blood cannabinoids, i. absorption of thc and formation of 11-oh-thc and thc-cooh during and after smoking marijuana, j anal toxicol 16, 276- 282, ist zu entnehmen, dass nach dem rauchen einer standardisierten cannabis-zigarette mit 3,5 % thc die konzentration von thc-cooh die größenordnung von 60 - 80 ng/ ml blutserum nicht überschreitet. im rahmen der 1. maastricht-studie ergab sich, dass sich die gemessenen maximal-, mittel- und minimalwerte von thc-cooh im blutserum zwischen 2 und 6 stunden nach dem einmaligen konsum einer marihuana-zigarette mit einem thc-gehalt von 250 ug bzw. 500 ug thc/kg körpergewicht etwa halbierten. sechs stunden nach verabreichung von 250 ug thc/kg körpergewicht ergab sich ein mittelwert von 4,9 ng thc-cooh/ml blutserum und unter berücksichtigung der gemessenen standardabweichung von 5,3 ng/ml ein maximalwert von 10,2 ng thc-cooh/ml blutserum. bei probanden, die die doppelte dosis an thc aufgenommen hatten, belief sich die thc-cooh-konzentration sechs stunden nach dem rauchende im mittel auf 8,4 ng/ml blutserum. der zu erwartende höchstwert beträgt auf der grundlage der in der studie festgestellten standardabweichung von 7,6 ng thc-cooh/ml blutserum 16,0 ng thc-cooh/ml blutserum (vgl. möller/kauert/tönnes/schneider/theunissen/ramaekers, leistungsverhalten und toxikokinetik der cannabinoide nach inhalativer marihuanaaufnahme, blutalkohol bd. 43 [2006], s. 361/364, tabelle 2). im hinblick auf die im fall des klägers zu berücksichtigende abbauzeit von 2 stunden wären die vorstehenden werte zu verdoppeln um auf einen realistischen thc-cooh-wert im blutserum 2 stunden nach einem erstmaligen konsum zu kommen. der maximalwert läge dann bei ca. 32 ng thc-cooh/ml blutserum. bestätigt wird dies durch die 2. maastricht-studie, bei der chronische konsumenten mit gelegenheitskonsumenten verglichen wurden. ein vergleich der dort gemessenen werte von thc-cooh bei chronischen konsumenten mit den werten bei gelegenheitskonsumenten zeigt eine mittlere thc-cooh-konzentration von 71 zu 1,6 ng/ml blutserum vor versuchsbeginn und von 62,4 zu 1,7 ng/ml blutserum nach versuchsende. bei den placeboversuchen lagen der eingangsmittelwert der chronischen konsumenten bei 96,3 ng thc-cooh/ml blutserum und der endmittelwert nach 8 stunden bei 65,9 ng thc-cooh/ml blutserum. 26aufgrund dieser wissenschaftlichen erkenntnisse und dem im blutserum des klägers noch 2 stunden danach gemessenen wert von 99 ng thc-cooh/ml ist es ausgeschlossen, dass es sich bei diesem konsum um ein einmaliges ereignis oder um einen sogenannten probekonsum handelt, der sich regelmäßig dadurch auszeichnet, dass zunächst eine kleinere menge konsumiert wird, um deren wirkung zu testen. 27nach auffassung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen kann auch das alter gegen die annahme eines probierkonsums sprechen. danach ist mit zunehmendem alter die neigung zum experimentieren mit illegalen drogen zwar nicht schlechterdings ausgeschlossen ist, erscheint aber doch durchgreifend atypisch, wenn es an nachvollziehbaren angaben des klägers fehlt, was ihn in seinem alter veranlasst haben könnte, erstmals zum cannabis zu greifen, 28vgl. zur notwendigkeit eingehender angaben zum behaupteten erstkonsum von cannabis bei unrealistischer ausgangslage etwa ovg nrw, beschlüsse vom 12. märz 2012 - 16 b 1294/11 -, dar 2012, 275 = blutalkohol 49 (2012), 179 = juris, rn. 5 bis 13, sowie vom 22. mai 2012 - 16 b 536/12 -, juris, rn. 17 bis 29, jeweils m. w. n., 29trotz seines alters von im zeitpunkt des vorfalls noch 37 jahren und vorhalt desselben in der mündlichen verhandlung, hat der kläger keinerlei angaben zu den konsumumständen am tag der verkehrskontrolle gemacht. 30der kläger kann nicht sicher zwischen cannabiskonsum und dem führen eines kraftfahrzeuges trennen. nach ständiger rechtsprechung der kammer fehlt dem betroffenen das erforderliche trennungsvermögen, wenn er ein fahrzeug in einem oder mehreren fällen unter der wirkung von cannabis führt, 31vgl. vg gelsenkirchen, urteil der kammer vom 23. oktober 2009 – 9 k 2142/09 –; beschlüsse vom 21. oktober 2009 – 9 l 917/09 –, und vom 28. februar 2013 – 9 l 92/13 –m.w.n., 32was entsprechend der ständigen rechtsprechung der kammer im einklang mit der grenzwertekommission bei einem grenzwert von 1 ng thc/ml blutserum oder mehr anzunehmen ist. 33vgl. vg gelsenkirchen, urteil der kammer vom 25. mai 2010 – 9 k 3406/09 –, juris rn 28; so auch bverwg, urteil vom 23. oktober 2014 – 3 c 3/13 –, dar 2014, 711 = juris rn 41; ovg nrw, beschluss vom 8. november 2012 – 16 a 2006/12 –, juris rn 2 ff.; vgh baden-württemberg, beschluss vom 27. märz 2006 – 10 s 2519/05 –, juris rn 7; hamburgisches ovg, beschluss vom 15. dezember 2005 – 3 bs 214/05 –, juris rn 20; schleswig-holsteinisches ovg, beschluss vom 7. juni 2005 – 4 mb 49/05 –, juris rn 5; vg düsseldorf, gerichtsbescheid vom 4. november 2009 – 6 k 1704/09 –, juris rn 33; vg düsseldorf, beschluss vom 4. märz 2010 – 14 l 139/10 –, juris rn 26; vg bremen, urteil vom 26. april 2010 – 5 k 126/10 –, juris rn 18. 34durch seine fahrt unter cannabiseinfluss am 20. august 2015 hat der kläger belegt, dass er nicht zwischen cannabiskonsum und führen eines kraftfahrzeugs trennen kann. in der nach der verkehrskontrolle an diesem tag entnommenen blutprobe hat das institut für rechtsmedizin des universitätsklinikums n°°°°° eine thc-konzentration von 11 ng thc/ml blutserum nachgewiesen. 35für eine wiedererlangung der fahreignung im für die entscheidung maßgeblichen zeitpunkt des erlasses der ordnungsverfügung ist nichts ersichtlich. ein ermessen stand der beklagten gemäß § 3 abs. 1 satz 1 stvg nicht zu. 36die in dem bescheid enthaltene aufforderung zur abgabe des führerscheins (vgl. § 3 abs. 2 satz 3 stvg) begegnet keinen rechtlichen bedenken. 37die gebührenfestsetzung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. sie findet ihre grundlage in § 6a abs. 1 nr. 1, abs. 2 stvg i.v.m. §§ 1 abs. 1, 2 abs. 1 nr. 1 der gebührenordnung für maßnahmen im straßenverkehr (gebost). die verwaltungsgebühr in höhe von 200,- € hält sich in dem von § 1 abs. 1 gebost i.v.m. nr. 206 der anlage zu § 1 der gebührenordnung für maßnahmen im straßenverkehr (anlage gebost) gesetzten rahmen von 33,20 € bis 256,00 €. die zustellkosten sind gemäß § 2 abs. 1 nr. 1 gebost vom kläger zu tragen. 38die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 39die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zivilprozessordnung (zpo). | Verklagte*r | 0 |
164,604 | 5 K 2766/13 | 2015-06-23T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 31.07.2013 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist nur wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Heranziehung zu einem Straßenbaubeitrag für eine Ausbaumaßnahme im Bereich der Straßen N. G1. und S1.----straße in C1. . 3Die Straße N. G1. verläuft von ihrer Einmündung in die F. T1. in südliche Richtung. Nach ca. 280 m verschwenkt dieser 10 m breite Streckenzug in einer 90°-Kurve nach Osten. Im Bereich dieser Kurve mündet von Westen her über den abgesenkten Gehweg die 4,60 m breite, gepflasterte S1.----straße ein. Der nach Osten verschwenkte Streckenzug trägt fortan ebenfalls die Bezeichnung S1.----straße . Im Kurvenbereich führen zudem jenseits des abgesenkten Gehwegs je ein Stichweg nach Süden und - parallel zur S1.----straße - nach Westen. Etwa 50 m östlich des Zusammentreffens der T1. N. G1. mit der S1.----straße mündet von Norden her die knapp 4 m breite T1. T2. in die S1.----straße . Wegen der weiteren Einzelheiten des Straßen- und Wegenetzes im hier relevanten Bereich wird Bezug genommen auf das in den Verwaltungsvorgängen befindliche Kartenmaterial. 4Nachdem die Bezirksvertretung der Beklagten die Verwaltung beauftragt hatte, die T1. N. G1. so herzustellen, dass sie den verkehrlichen Belangen von Busverkehr, Durchfahrt- und Anwohnerverkehr sowie von Fußgängern und Radfahrern Rechnung trägt, erstellte diese im Dezember 2007 eine sog. Vorplanung. Danach endete die Ausbaustrecke in etwa mit dem Auslaufen der 90°-Kurve vor dem Grundstück S1.----straße 45. 5In der Beschlussvorlage vom 17.12.2007 schlug die Verwaltung der Bezirksvertretung I. vor, dem Ausbau der T1. N. G1. entsprechend den beigefügten Querschnitten zuzustimmen. Die Verkehrsfläche, die bis dahin eine 5 m breite Fahrbahn sowie beidseitig unbefestigte Seitenstreifen aufgewiesen hatte, sollte eine 6 m breite Fahrbahn sowie beidseitige Gehwege mit einer Breite von je 2 m erhalten. Abweichend davon sollten vor den Häusern N. G1. Nr. 5 und 19 zur Geschwindigkeitsdämpfung zwei einspurige, 3,50 m breite Einengungen angelegt werden. Im Bereich der beiden Bushaltestellen war eine 4,50 m breite Fahrbahn vorgesehen. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Vorplanung enthielt die Beschlussvorlage nicht. 6In seiner Sitzung am 10.01.2008 beschloss die Bezirksvertretung I. den Ausbau der T1. N. G1. entsprechend den der Beschlussvorlage beigefügten Querschnitten mit der Maßgabe, dass die innerhalb der Engstellen vorgesehenen Plateaupflasterungen (sog. Berliner Kissen) eine maximale Höhe von 5 cm aufweisen dürfen. Der Sitzungsniederschrift ist eine Bezugnahme auf die Vorplanung nicht zu entnehmen. 7In der Folge ließ die Verwaltung durch ein beauftragtes Ingenieurbüro eine Entwurfs- und eine Ausführungsplanung erstellen, die die Ausbaustrecke bis an die Zufahrten zu den Grundstücken N. G1. 2 und S1.----straße 45 heranführten. Auf dieser Grundlage wurde die Straßenbaumaßnahme durchgeführt und am 03.04.2009 von der Beklagten nach VOB abgenommen. 8Die Klägerin ist als Mitglied einer Erbengemeinschaft Gesamthandseigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung B. Flur 5 Flurstück 654 (postalisch: S1.----straße 56). Dieses Grundstück grenzt nach Süden an die S1.----straße sowie nach Osten an die T1. T2. . 9Mit Datum vom 31.07.2013 zog die Beklagte die Klägerin zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 3.670,93 € heran. Dabei legte sie eine räumliche Ausdehnung der ausgebauten Anlage von der F. T1. bis zur Einmündung der T1. T2. in die S1.----straße zu Grunde. 10Am 15.08.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor: 11Die Beitragserhebung scheitere schon daran, dass die Beklagte kein taugliches Bauprogramm beschlossen habe. In der Bezirksvertretung sei stets nur vom Ausbau der T1. N. G1. die Rede gewesen, nicht aber von einem Mit-Ausbau eines Teils der S1.----straße . Die von der Beklagten erstellte Vorplanung aus Dezember 2007 sei im Beschluss nicht in Bezug genommen worden. Es werde bestritten, dass die Vorplanung, wie von der Beklagten behauptet, der Bezirksvertretung bei der Beschlussfassung vorgelegen habe. Etwaige Vorstellungen von der Planung im Vorfeld der Sitzung seien irrelevant. Zudem sei die sog. Vorplanung gar nicht umgesetzt worden, sondern die Ausbauplanung, die ein zur Aufstellung des Bauprogramms nicht befugtes Ingenieurbüro erstellt habe. Weiterhin weiche die tatsächliche Ausführung der Baumaßnahme erheblich von dem angeblichen Bauprogramm ab. So seien die Plateaupflasterungen höher als 5 cm. Außerdem könne die Zahl von 14 Sinkkästen in der Örtlichkeit nicht nachvollzogen werden. Der Ausbau des Einmündungsbereichs in die S1.----straße entspreche nicht der in diesem Punkt unklaren Vorplanung. Auch sei der Erschließungsaufwand unzutreffend ermittelt worden. Schließlich habe die Beklagte das Verteilungsgebiet fehlerhaft gebildet. Die an den beiden Stichwegen südlich der S1.----straße gelegenen Wohngrundstücke seien in das Verteilungsgebiet einzubeziehen. 12Die Klägerin beantragt, 13den Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 31.07.2013 aufzuheben. 14Die Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Sie meint, der Ausbaumaßnahme liege ein taugliches Bauprogramm zu Grunde. Nach ihrer Hauptsatzung sei die Bezirksvertretung nur für die Festlegung der Ausbaustandards zuständig, nicht für die regelmäßig nachfolgende Detailplanung. Den Mitgliedern der Bezirksvertretung sei die räumliche Ausdehnung der Ausbaustrecke bekannt gewesen. Die Vorplanung sei den Fraktionen schon vorab und in der Sitzung vom 10.01.2008 nochmals im Großformat vorgestellt worden. Die nachfolgenden Planungen hätten die Vorplanung nur um straßenbautechnische Details ergänzt. Die räumliche Ausdehnung der ausgebauten Anlage reiche über das Bauprogramm hinaus bis zur südlichen Einmündung der T1. T2. in die S1.----straße . Die tatsächliche Bauausführung weiche von der Planung nicht ab. Dies gelte sowohl für die Plateaupflasterungen, die eine Höhe von 5 cm aufwiesen, als auch für die 14 neu angelegten Sinkkästen. Der Erschließungsaufwand sei zutreffend ermittelt und das Verteilungsgebiet korrekt gebildet worden. Insbesondere seien die an den beiden Stichwegen gelegenen Wohngrundstücke nicht durch die ausgebaute Anlage erschlossen, da es sich bei diesen Stichwegen um selbstständige Erschließungsanlagen handele. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist begründet, weil der Straßenbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 31.07.2013 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt; vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 20Der angefochtene Heranziehungsbescheid lässt sich nicht auf § 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt C1. vom 16.08.1988 (SBS) stützen. Danach erhebt die Stadt C1. Beiträge zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung von Anlagen im Bereich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze (Anlagen) und als Gegenleistung für die dadurch den Eigentümern und Erbbauberechtigten der erschlossenen Grundstücke erwachsenden wirtschaftlichen Vorteile. Die Voraussetzungen für die Erhebung eines Straßenbaubeitrags für die hier durchgeführte Baumaßnahme liegen in Bezug auf das klägerische Grundstück nicht vor. Es fehlt an der Beitragsfähigkeit des hier nur durchgeführten Teilausbaus einer Anlage, weil nicht allen durch sie erschlossenen Grundstücken annähernd gleiche wirtschaftliche Vorteile geboten werden. 21Bei der in Rede stehenden Straßenbaumaßnahme handelt es sich lediglich um einen Teilausbau, weil die Anlage über die Ausbaustrecke hinausreicht. Die konkrete längenmäßige Begrenzung einer Anlage ergibt sich, wenn die Straßenbaubeitragssatzung, wie hier in § 1 SBS, den sog. „weiten“ Anlagenbegriff zugrunde legt, grundsätzlich aus dem von der Gemeinde nach ihrem Ermessen aufgestellten Bauprogramm. Die Maßgeblichkeit des Bauprogramms unterliegt aber gewissen rechtlichen Schranken. Die Gemeinde muss berücksichtigen, dass die Abrechnung des Abschnitts einer Anlage nach § 8 Abs. 5 KAG NRW nur möglich ist, wenn der Abschnitt selbstständig in Anspruch genommen werden kann. Was für den Abschnitt einer Anlage gilt, muss auch für die Anlage selbst gelten: Gegenstand einer beitragsfähigen Ausbaumaßnahme kann nur ein solcher Teil des Straßennetzes der Gemeinde sein, der selbstständig in Anspruch genommen werden kann. Die selbstständige Inanspruchnahme muss im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Vorteilen gesehen werden, die den Grundstückseigentümern durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme geboten werden. Nur der Teil des Straßennetzes, dessen Benutzung für sich allein einem bestimmten Kreis von Grundstückseigentümern wirtschaftliche Vorteile bietet, kann Gegenstand einer beitragsfähigen Straßenbaumaßnahme und damit Anlage im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW sein. Da der wirtschaftliche Vorteil im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW ein Erschließungsvorteil ist, muss die Anlage so abgegrenzt werden, dass ihr erkennbar eine Erschließungsfunktion für bestimmte Grundstücke zukommt. Das setzt u.a. voraus, dass der Anlage hinsichtlich ihrer Erschließungsfunktion ein Abrechnungsgebiet zugeordnet ist, das hinsichtlich des Kreises der erschlossenen Grundstücke genau und überzeugend abgegrenzt werden kann, und dass sie so begrenzt wird, dass alle Grundstücke erfasst werden, denen durch die Ausbaumaßnahme annähernd gleiche wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Die Abgrenzung der Anlage selbst muss deshalb nach örtlich erkennbaren Merkmalen (z.B. Einmündung einer T1. ) oder nach rechtlichen Gesichtspunkten (z.B. Grenzen eines Bebauungsplangebiets oder des Außenbereichs) erfolgen. Das Ende der Ausbaustrecke ist für sich allein kein für die Begrenzung geeignetes Merkmal. Dieser Umstand kann dazu führen, dass die räumliche Ausdehnung einer Anlage über das Bauprogramm hinausgeht oder hinter diesem zurückbleibt. 22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.01.2002 - 15 A 5565/99 -, NVwZ-RR 2002, 870 und bei juris; Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 KAG NRW, 8. Auflage 2013, Rn. 44 ff. 23Hiervon ausgehend kann die zwischen den Beteiligten streitige Frage, welche längenmäßige Begrenzung der Ausbaustrecke im Bauprogramm der Beklagten festgelegt worden ist, offen bleiben. Denn im vorliegenden Fall ist das Bauprogramm für die Anlagenbildung nicht maßgeblich, und zwar unabhängig davon, ob der Ausbau - dem Wortlaut des Ausbaubeschlusses entsprechend - bereits mit dem Auftreffen des in Nord-Südrichtung verlaufenden Streckenzugs auf die S1.----straße , gemäß der sog. Vorplanung aus Dezember 2007 mit dem Auslaufen dessen Verschwenkung nach Osten oder nach der Ausführungsplanung an den westlichen Grenzen der Zufahrten auf den Grundstücken N. G1. 2 und S1.----straße 45 enden sollte. An keiner dieser Stellen finden sich örtlich erkennbare Merkmale, die eine Begrenzung der Anlage bewirken. 24Der Umstand, dass sich mit dem Auftreffen der T1. N. G1. auf die S1.----straße der Straßenname ändert, ist für die Abgrenzung der Anlage ohne Belang. Die an dieser Stelle beginnende Verschwenkung des Streckenzugs in Gestalt einer 90°-Kurve nach Osten wirkt in der Örtlichkeit nicht als Abschluss. Gerade auch, weil der Richtungswechsel ohne ins Auge fallenden Änderung der Ausstattungsmerkmale geschieht, entsteht vielmehr der Eindruck einer Fortführung des Streckenzugs, der dadurch noch verstärkt wird, dass der wesentlich schmalere und mit einer Pflasterung ausgestattete westliche Ast der S1.----straße über den abgesenkten Gehweg des verschwenkten Streckenzugs einmündet und damit deutlich als selbständige Anlage in Erscheinung tritt. 25Geht man davon aus, dass das Bauprogramm das Ausbauende entweder mit Auslaufen der auf die S1.----straße führenden Kurve bestimmt oder bis an die westlichen Grenzen der Zufahrten auf den Grundstücken N. G1. 2 und S1.----straße 45 führt, vermag ein solches Bauprogramm den Anlagenabschluss jeweils dort ebenfalls nicht festzulegen, weil es jeweils an einer erkennbaren Begrenzung wie insbesondere durch einmündende Straßen fehlt. Weder dem Kurvenauslauf noch den beiden Grundstückszufahrten kann ein entsprechend prägendes Gewicht beigemessen werden. 26Mithin ist die längenmäßige Ausdehnung der Anlage unabhängig vom Bauprogramm festzulegen. Da Anhaltspunkte für eine Begrenzung im Bereich der tatsächlich ausgebauten Strecke fehlen, reicht die Anlage über diese hinaus. Ob die Anlage entweder - wie die Beklagte meint - bis zur Einmündung der T2. reicht oder - was angesichts der geringen Breite der T2. näher liegen dürfte - erst durch eine der im weiteren Verlauf der S1.----straße nach Südosten einmündenden Straßen begrenzt wird, kann dahinstehen, weil sich die abgerechnete Baumaßnahme jedenfalls als bloßer Teilausbau der Anlage darstellt. 27Dieser Teilausbau ist vorliegend nicht beitragsfähig. Zwar kann der Ausbau einer größeren Teilstrecke einer Anlage beitragsfähig sein. Dies setzt allerdings voraus, dass die Gemeinde den Gesamtausbau der Anlage in den Blick genommen, jedoch Teile der Anlage als nicht ausbaubedürftig eingestuft hat. 28Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.07.2006 - 15 A 2831/04 -, und Beschlüsse vom 22.01.2009 - 15 A 3137/06 - und vom 16.07.2012 - 15 A 912/12 -, alle bei juris. 29Daran fehlt es vorliegend. Den Verwaltungsvorgängen ist an keiner Stelle ein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Bezirksvertretung I. , die nach § 7 Abs. 1 Buchst. j) der Hauptsatzung der Stadt C1. zur Festlegung der Ausbaustandards bei Gemeindestraßen und damit notwendigerweise auch zur längenmäßigen Begrenzung der Ausbaustrecke berufen ist, einen etwaigen Ausbau der S1.----straße bis zur T2. (oder darüber hinaus) in Betracht gezogen hat. Vielmehr ist beginnend mit dem Beschluss der Bezirksvertretung I. vom 16.08.2007, in dem die Verwaltung mit der Herstellung der T1. N. G1. beauftragt wurde, und durchgängig während der Planungs- und der Bauphase stets nur vom Ausbau der T1. N. G1. die Rede. Diese Straßenbezeichnung bezieht sich aber ausschließlich auf den in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Streckenzug von der F. T1. bis zu seiner kurvenförmigen Verschwenkung. Im Laufe der Planung wurden zwar zunächst der auf der S1.----straße auslaufende Kurvenbereich und später noch ein kurzes Verlängerungsstück bis zu den Einfahrten auf den Grundstücken N. G1. 2 und S1.----straße 45 hinzugenommen. Für einen angestrebten Gesamtausbau der Anlage von der F. T1. bis zur T2. (oder darüber hinaus) und eine Auseinandersetzung mit der Frage der Ausbaubedürftigkeit des Teilstücks zwischen dem jetzigen Ausbauende und dem östlichen Anlagenende findet sich jedoch keinerlei Anhaltspunkt. Hinzu kommt, dass nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotografien von diesem nur etwa 30 m langen Teilstück eine Einstufung als nicht ausbaubedürftig selbst unter Berücksichtigung des der Gemeinde zuzubilligenden weiten Ermessensspielraums kaum sachgerecht erscheint. An der nördlichen Straßenseite geht der ausgebaute Gehweg in einen geschotterten Seitenstreifen über, an der südlichen in eine asphaltierte Fläche ohne Abgrenzung zur Fahrbahn, die erhebliche Schäden aufweist. Die Entwässerungsrinnen enden mit dem Gehweg bzw. reichen nur unwesentlich darüber hinaus. Damit weicht der Ausbauzustand dieser Strecke kaum vom alten Zustand der ausgebauten Strecke ab. 30Der damit rechtswidrige Straßenbaubeitragsbescheid kann auch nicht in einen rechtmäßigen Erschließungsbeitragsbescheid umgedeutet werden. Zwar ist - insbesondere mit Blick auf die alte Straßenentwässerung - durchaus zweifelhaft, ob es sich bei der hier abgerechneten Maßnahme nicht um die erstmalige endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage i.S.v. § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB handelt. Dies bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil eine sachliche Erschließungsbeitragspflicht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedenfalls mangels einer bauplanungsrechtlichen Entscheidung der Beklagten nach § 125 Abs. 2 BauGB noch nicht entstanden war. 31Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 32Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. | der beitragsbescheid der beklagten vom 31.07.2013 wird aufgehoben. die beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist nur wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die beklagte darf die vollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht zuvor die klägerin sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die beteiligten streiten um die rechtmäßigkeit der heranziehung zu einem straßenbaubeitrag für eine ausbaumaßnahme im bereich der straßen n. g1. und s1.----straße in c1. . 3die straße n. g1. verläuft von ihrer einmündung in die f. t1. in südliche richtung. nach ca. 280 m verschwenkt dieser 10 m breite streckenzug in einer 90°-kurve nach osten. im bereich dieser kurve mündet von westen her über den abgesenkten gehweg die 4,60 m breite, gepflasterte s1.----straße ein. der nach osten verschwenkte streckenzug trägt fortan ebenfalls die bezeichnung s1.----straße . im kurvenbereich führen zudem jenseits des abgesenkten gehwegs je ein stichweg nach süden und - parallel zur s1.----straße - nach westen. etwa 50 m östlich des zusammentreffens der t1. n. g1. mit der s1.----straße mündet von norden her die knapp 4 m breite t1. t2. in die s1.----straße . wegen der weiteren einzelheiten des straßen- und wegenetzes im hier relevanten bereich wird bezug genommen auf das in den verwaltungsvorgängen befindliche kartenmaterial. 4nachdem die bezirksvertretung der beklagten die verwaltung beauftragt hatte, die t1. n. g1. so herzustellen, dass sie den verkehrlichen belangen von busverkehr, durchfahrt- und anwohnerverkehr sowie von fußgängern und radfahrern rechnung trägt, erstellte diese im dezember 2007 eine sog. vorplanung. danach endete die ausbaustrecke in etwa mit dem auslaufen der 90°-kurve vor dem grundstück s1.----straße 45. 5in der beschlussvorlage vom 17.12.2007 schlug die verwaltung der bezirksvertretung i. vor, dem ausbau der t1. n. g1. entsprechend den beigefügten querschnitten zuzustimmen. die verkehrsfläche, die bis dahin eine 5 m breite fahrbahn sowie beidseitig unbefestigte seitenstreifen aufgewiesen hatte, sollte eine 6 m breite fahrbahn sowie beidseitige gehwege mit einer breite von je 2 m erhalten. abweichend davon sollten vor den häusern n. g1. nr. 5 und 19 zur geschwindigkeitsdämpfung zwei einspurige, 3,50 m breite einengungen angelegt werden. im bereich der beiden bushaltestellen war eine 4,50 m breite fahrbahn vorgesehen. eine ausdrückliche bezugnahme auf die vorplanung enthielt die beschlussvorlage nicht. 6in seiner sitzung am 10.01.2008 beschloss die bezirksvertretung i. den ausbau der t1. n. g1. entsprechend den der beschlussvorlage beigefügten querschnitten mit der maßgabe, dass die innerhalb der engstellen vorgesehenen plateaupflasterungen (sog. berliner kissen) eine maximale höhe von 5 cm aufweisen dürfen. der sitzungsniederschrift ist eine bezugnahme auf die vorplanung nicht zu entnehmen. 7in der folge ließ die verwaltung durch ein beauftragtes ingenieurbüro eine entwurfs- und eine ausführungsplanung erstellen, die die ausbaustrecke bis an die zufahrten zu den grundstücken n. g1. 2 und s1.----straße 45 heranführten. auf dieser grundlage wurde die straßenbaumaßnahme durchgeführt und am 03.04.2009 von der beklagten nach vob abgenommen. 8die klägerin ist als mitglied einer erbengemeinschaft gesamthandseigentümerin des mit einem wohnhaus bebauten grundstücks gemarkung b. flur 5 flurstück 654 (postalisch: s1.----straße 56). dieses grundstück grenzt nach süden an die s1.----straße sowie nach osten an die t1. t2. . 9mit datum vom 31.07.2013 zog die beklagte die klägerin zu einem straßenausbaubeitrag in höhe von 3.670,93 € heran. dabei legte sie eine räumliche ausdehnung der ausgebauten anlage von der f. t1. bis zur einmündung der t1. t2. in die s1.----straße zu grunde. 10am 15.08.2013 hat die klägerin klage erhoben. zur begründung trägt sie vor: 11die beitragserhebung scheitere schon daran, dass die beklagte kein taugliches bauprogramm beschlossen habe. in der bezirksvertretung sei stets nur vom ausbau der t1. n. g1. die rede gewesen, nicht aber von einem mit-ausbau eines teils der s1.----straße . die von der beklagten erstellte vorplanung aus dezember 2007 sei im beschluss nicht in bezug genommen worden. es werde bestritten, dass die vorplanung, wie von der beklagten behauptet, der bezirksvertretung bei der beschlussfassung vorgelegen habe. etwaige vorstellungen von der planung im vorfeld der sitzung seien irrelevant. zudem sei die sog. vorplanung gar nicht umgesetzt worden, sondern die ausbauplanung, die ein zur aufstellung des bauprogramms nicht befugtes ingenieurbüro erstellt habe. weiterhin weiche die tatsächliche ausführung der baumaßnahme erheblich von dem angeblichen bauprogramm ab. so seien die plateaupflasterungen höher als 5 cm. außerdem könne die zahl von 14 sinkkästen in der örtlichkeit nicht nachvollzogen werden. der ausbau des einmündungsbereichs in die s1.----straße entspreche nicht der in diesem punkt unklaren vorplanung. auch sei der erschließungsaufwand unzutreffend ermittelt worden. schließlich habe die beklagte das verteilungsgebiet fehlerhaft gebildet. die an den beiden stichwegen südlich der s1.----straße gelegenen wohngrundstücke seien in das verteilungsgebiet einzubeziehen. 12die klägerin beantragt, 13den heranziehungsbescheid der beklagten vom 31.07.2013 aufzuheben. 14die beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16sie meint, der ausbaumaßnahme liege ein taugliches bauprogramm zu grunde. nach ihrer hauptsatzung sei die bezirksvertretung nur für die festlegung der ausbaustandards zuständig, nicht für die regelmäßig nachfolgende detailplanung. den mitgliedern der bezirksvertretung sei die räumliche ausdehnung der ausbaustrecke bekannt gewesen. die vorplanung sei den fraktionen schon vorab und in der sitzung vom 10.01.2008 nochmals im großformat vorgestellt worden. die nachfolgenden planungen hätten die vorplanung nur um straßenbautechnische details ergänzt. die räumliche ausdehnung der ausgebauten anlage reiche über das bauprogramm hinaus bis zur südlichen einmündung der t1. t2. in die s1.----straße . die tatsächliche bauausführung weiche von der planung nicht ab. dies gelte sowohl für die plateaupflasterungen, die eine höhe von 5 cm aufwiesen, als auch für die 14 neu angelegten sinkkästen. der erschließungsaufwand sei zutreffend ermittelt und das verteilungsgebiet korrekt gebildet worden. insbesondere seien die an den beiden stichwegen gelegenen wohngrundstücke nicht durch die ausgebaute anlage erschlossen, da es sich bei diesen stichwegen um selbstständige erschließungsanlagen handele. 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird bezug genommen auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten. 18 | 19die zulässige klage ist begründet, weil der straßenbaubeitragsbescheid der beklagten vom 31.07.2013 rechtswidrig ist und die klägerin in ihren rechten verletzt; vgl. § 113 abs. 1 satz 1 vwgo. 20der angefochtene heranziehungsbescheid lässt sich nicht auf § 8 des kommunalabgabengesetzes für das land nordrhein-westfalen (kag nrw) i.v.m. der satzung über die erhebung von beiträgen nach § 8 kag für straßenbauliche maßnahmen der stadt c1. vom 16.08.1988 (sbs) stützen. danach erhebt die stadt c1. beiträge zum ersatz des aufwandes für die herstellung, anschaffung, erweiterung, verbesserung und erneuerung von anlagen im bereich der öffentlichen straßen, wege und plätze (anlagen) und als gegenleistung für die dadurch den eigentümern und erbbauberechtigten der erschlossenen grundstücke erwachsenden wirtschaftlichen vorteile. die voraussetzungen für die erhebung eines straßenbaubeitrags für die hier durchgeführte baumaßnahme liegen in bezug auf das klägerische grundstück nicht vor. es fehlt an der beitragsfähigkeit des hier nur durchgeführten teilausbaus einer anlage, weil nicht allen durch sie erschlossenen grundstücken annähernd gleiche wirtschaftliche vorteile geboten werden. 21bei der in rede stehenden straßenbaumaßnahme handelt es sich lediglich um einen teilausbau, weil die anlage über die ausbaustrecke hinausreicht. die konkrete längenmäßige begrenzung einer anlage ergibt sich, wenn die straßenbaubeitragssatzung, wie hier in § 1 sbs, den sog. „weiten“ anlagenbegriff zugrunde legt, grundsätzlich aus dem von der gemeinde nach ihrem ermessen aufgestellten bauprogramm. die maßgeblichkeit des bauprogramms unterliegt aber gewissen rechtlichen schranken. die gemeinde muss berücksichtigen, dass die abrechnung des abschnitts einer anlage nach § 8 abs. 5 kag nrw nur möglich ist, wenn der abschnitt selbstständig in anspruch genommen werden kann. was für den abschnitt einer anlage gilt, muss auch für die anlage selbst gelten: gegenstand einer beitragsfähigen ausbaumaßnahme kann nur ein solcher teil des straßennetzes der gemeinde sein, der selbstständig in anspruch genommen werden kann. die selbstständige inanspruchnahme muss im zusammenhang mit den wirtschaftlichen vorteilen gesehen werden, die den grundstückseigentümern durch die möglichkeit der inanspruchnahme geboten werden. nur der teil des straßennetzes, dessen benutzung für sich allein einem bestimmten kreis von grundstückseigentümern wirtschaftliche vorteile bietet, kann gegenstand einer beitragsfähigen straßenbaumaßnahme und damit anlage im sinne von § 8 abs. 2 satz 1 kag nrw sein. da der wirtschaftliche vorteil im sinne von § 8 abs. 2 satz 2 kag nrw ein erschließungsvorteil ist, muss die anlage so abgegrenzt werden, dass ihr erkennbar eine erschließungsfunktion für bestimmte grundstücke zukommt. das setzt u.a. voraus, dass der anlage hinsichtlich ihrer erschließungsfunktion ein abrechnungsgebiet zugeordnet ist, das hinsichtlich des kreises der erschlossenen grundstücke genau und überzeugend abgegrenzt werden kann, und dass sie so begrenzt wird, dass alle grundstücke erfasst werden, denen durch die ausbaumaßnahme annähernd gleiche wirtschaftliche vorteile geboten werden. die abgrenzung der anlage selbst muss deshalb nach örtlich erkennbaren merkmalen (z.b. einmündung einer t1. ) oder nach rechtlichen gesichtspunkten (z.b. grenzen eines bebauungsplangebiets oder des außenbereichs) erfolgen. das ende der ausbaustrecke ist für sich allein kein für die begrenzung geeignetes merkmal. dieser umstand kann dazu führen, dass die räumliche ausdehnung einer anlage über das bauprogramm hinausgeht oder hinter diesem zurückbleibt. 22vgl. ovg nrw, urteil vom 29.01.2002 - 15 a 5565/99 -, nvwz-rr 2002, 870 und bei juris; dietzel/kallerhoff, das straßenbaubeitragsrecht nach § 8 kag nrw, 8. auflage 2013, rn. 44 ff. 23hiervon ausgehend kann die zwischen den beteiligten streitige frage, welche längenmäßige begrenzung der ausbaustrecke im bauprogramm der beklagten festgelegt worden ist, offen bleiben. denn im vorliegenden fall ist das bauprogramm für die anlagenbildung nicht maßgeblich, und zwar unabhängig davon, ob der ausbau - dem wortlaut des ausbaubeschlusses entsprechend - bereits mit dem auftreffen des in nord-südrichtung verlaufenden streckenzugs auf die s1.----straße , gemäß der sog. vorplanung aus dezember 2007 mit dem auslaufen dessen verschwenkung nach osten oder nach der ausführungsplanung an den westlichen grenzen der zufahrten auf den grundstücken n. g1. 2 und s1.----straße 45 enden sollte. an keiner dieser stellen finden sich örtlich erkennbare merkmale, die eine begrenzung der anlage bewirken. 24der umstand, dass sich mit dem auftreffen der t1. n. g1. auf die s1.----straße der straßenname ändert, ist für die abgrenzung der anlage ohne belang. die an dieser stelle beginnende verschwenkung des streckenzugs in gestalt einer 90°-kurve nach osten wirkt in der örtlichkeit nicht als abschluss. gerade auch, weil der richtungswechsel ohne ins auge fallenden änderung der ausstattungsmerkmale geschieht, entsteht vielmehr der eindruck einer fortführung des streckenzugs, der dadurch noch verstärkt wird, dass der wesentlich schmalere und mit einer pflasterung ausgestattete westliche ast der s1.----straße über den abgesenkten gehweg des verschwenkten streckenzugs einmündet und damit deutlich als selbständige anlage in erscheinung tritt. 25geht man davon aus, dass das bauprogramm das ausbauende entweder mit auslaufen der auf die s1.----straße führenden kurve bestimmt oder bis an die westlichen grenzen der zufahrten auf den grundstücken n. g1. 2 und s1.----straße 45 führt, vermag ein solches bauprogramm den anlagenabschluss jeweils dort ebenfalls nicht festzulegen, weil es jeweils an einer erkennbaren begrenzung wie insbesondere durch einmündende straßen fehlt. weder dem kurvenauslauf noch den beiden grundstückszufahrten kann ein entsprechend prägendes gewicht beigemessen werden. 26mithin ist die längenmäßige ausdehnung der anlage unabhängig vom bauprogramm festzulegen. da anhaltspunkte für eine begrenzung im bereich der tatsächlich ausgebauten strecke fehlen, reicht die anlage über diese hinaus. ob die anlage entweder - wie die beklagte meint - bis zur einmündung der t2. reicht oder - was angesichts der geringen breite der t2. näher liegen dürfte - erst durch eine der im weiteren verlauf der s1.----straße nach südosten einmündenden straßen begrenzt wird, kann dahinstehen, weil sich die abgerechnete baumaßnahme jedenfalls als bloßer teilausbau der anlage darstellt. 27dieser teilausbau ist vorliegend nicht beitragsfähig. zwar kann der ausbau einer größeren teilstrecke einer anlage beitragsfähig sein. dies setzt allerdings voraus, dass die gemeinde den gesamtausbau der anlage in den blick genommen, jedoch teile der anlage als nicht ausbaubedürftig eingestuft hat. 28vgl. ovg nrw, urteil vom 25.07.2006 - 15 a 2831/04 -, und beschlüsse vom 22.01.2009 - 15 a 3137/06 - und vom 16.07.2012 - 15 a 912/12 -, alle bei juris. 29daran fehlt es vorliegend. den verwaltungsvorgängen ist an keiner stelle ein hinweis darauf zu entnehmen, dass die bezirksvertretung i. , die nach § 7 abs. 1 buchst. j) der hauptsatzung der stadt c1. zur festlegung der ausbaustandards bei gemeindestraßen und damit notwendigerweise auch zur längenmäßigen begrenzung der ausbaustrecke berufen ist, einen etwaigen ausbau der s1.----straße bis zur t2. (oder darüber hinaus) in betracht gezogen hat. vielmehr ist beginnend mit dem beschluss der bezirksvertretung i. vom 16.08.2007, in dem die verwaltung mit der herstellung der t1. n. g1. beauftragt wurde, und durchgängig während der planungs- und der bauphase stets nur vom ausbau der t1. n. g1. die rede. diese straßenbezeichnung bezieht sich aber ausschließlich auf den in nord-süd-richtung verlaufenden streckenzug von der f. t1. bis zu seiner kurvenförmigen verschwenkung. im laufe der planung wurden zwar zunächst der auf der s1.----straße auslaufende kurvenbereich und später noch ein kurzes verlängerungsstück bis zu den einfahrten auf den grundstücken n. g1. 2 und s1.----straße 45 hinzugenommen. für einen angestrebten gesamtausbau der anlage von der f. t1. bis zur t2. (oder darüber hinaus) und eine auseinandersetzung mit der frage der ausbaubedürftigkeit des teilstücks zwischen dem jetzigen ausbauende und dem östlichen anlagenende findet sich jedoch keinerlei anhaltspunkt. hinzu kommt, dass nach den in der mündlichen verhandlung vorgelegten fotografien von diesem nur etwa 30 m langen teilstück eine einstufung als nicht ausbaubedürftig selbst unter berücksichtigung des der gemeinde zuzubilligenden weiten ermessensspielraums kaum sachgerecht erscheint. an der nördlichen straßenseite geht der ausgebaute gehweg in einen geschotterten seitenstreifen über, an der südlichen in eine asphaltierte fläche ohne abgrenzung zur fahrbahn, die erhebliche schäden aufweist. die entwässerungsrinnen enden mit dem gehweg bzw. reichen nur unwesentlich darüber hinaus. damit weicht der ausbauzustand dieser strecke kaum vom alten zustand der ausgebauten strecke ab. 30der damit rechtswidrige straßenbaubeitragsbescheid kann auch nicht in einen rechtmäßigen erschließungsbeitragsbescheid umgedeutet werden. zwar ist - insbesondere mit blick auf die alte straßenentwässerung - durchaus zweifelhaft, ob es sich bei der hier abgerechneten maßnahme nicht um die erstmalige endgültige herstellung einer erschließungsanlage i.s.v. § 133 abs. 2 satz 1 baugb handelt. dies bedarf hier jedoch keiner entscheidung, weil eine sachliche erschließungsbeitragspflicht im zeitpunkt der mündlichen verhandlung jedenfalls mangels einer bauplanungsrechtlichen entscheidung der beklagten nach § 125 abs. 2 baugb noch nicht entstanden war. 31die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. 32der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zpo. | Klaeger*in | 1 |
330,958 | 14 O 77/19 | 2020-08-13T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 10.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 03.04.2019 zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrages zu 3 erledigt hat. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin zu 60 % und die Beklagte zu 40 % als Gesamtschuldner. 5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist eine Verlagsgruppe. Unter ihrem Dach vereint sie diverse rechtlich unselbstständige Verlagshäuser als deren Rechtsträgerin (Imprints), darunter auch den G Verlag. Die Beklagte zu 1 ist ein Unternehmen der Mediengruppe C . In ihrem Verlag erscheint das Nachrichtenmagazin H Magazin. Darüber hinaus verantwortet sie die auf der Internetseite www.H .de erscheinenden Artikel des H -Magazins. Der Beklagte zu 2 ist der Verfasser des streitgegenständlichen Artikels „Der neue T und die alten Sorgen“. 3Zwischen der Klägerin und dem Autor T besteht ein auf den 03.06.2018 und 07.07. 2017 datierender Autorenvertrag mit dem Arbeitstitel „Zeitbombe Islam“. 4Der Vertrag enthält folgende Regelungen: 5„§ 2 Rechte Dritter 62.1 Der Autor versichert, dass das Werk noch nicht (auch nicht in wesentlichen Teilen) veröffentlicht wurde, dass er allein berechtigt ist, über die vertragsgegenständlichen Rechte an seinem Werk uneingeschränkt und frei von Rechten Dritter zu verfügen, […] 7§ 3 Rechtseinräumung 83.1 Der Autor räumt dem Verlag an dem Werk die räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten, ausschließlichen Nutzungsrechte für alle bekannten und unbekannten Nutzungsarten ein. Die Rechtseinräumung erstreckt sich auf die Verwertung der Nutzungsrechte sowohl im eigenen Verlag als auch durch entgeltliche und unentgeltliche (auch teilweise) Vergabe von Rechten an Dritte sowie alle Ausgaben und Auflagen in allen Sprachen. Eine genauere Ausweisung der übertragenen Rechte findet sich in der Anlage. 9Das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes in Hardcover-, Taschenbuch […] sowie das Recht zur Aufnahme des Werkes oder von Teile darauf in Archive und Sammlungen […] das Recht des ganzen oder teilweisen Vorabdrucks und Nachdrucks des Werkes […] das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung von Ausgaben oder Teilen davon […] 10§ 6 Manuskriptablieferung, Rücktritt, sonstige Rechte und Pflichten 116.2 Als spätester Lieferzeitpunkt für das vollständige und vervielfältigungsfähige Manuskript wird ein Tag nach Vertragsschluss vereinbart. Das Manuskript ist einschließlich etwa vorgesehener und vom Autor zu beschaffender Bildvorlagen den formalen und technischen Vorgaben des Verlags entsprechend in elektronischer Form zu übergeben. […] Als Erscheinungstermin wird Ende August 2018 vereinbart […].“ 12In der Anlage zu dem Vertrag heißt es unter 3.1. Rechtseinräumung: 133.1.1 Print- und Verlagsrechte 14a. Das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes in Hardcover-, Taschenbuch-, Reprint-, Schul-, Buchgemeinschaft […] und sonstigen Buchausgaben […]. 15c. Das Recht des ganzen oder teilweisen Vorabdrucks und Nachdrucks des Werkes, […] 163.1.4. „das Recht, das Werk in allen vertragsgegenständlichen körperlichen Nutzungsarten zu veröffentlichen, gewerblich oder nichtgewerblich auszuleihen und/oder zu vermieten“ 17Vorprozessual erteilte der Autor T der Klägerin folgende Ermächtigung: 18„Hiermit ermächtige ich […] zur gerichtlichen und außergerichtlichen Wahrnehmung sämtlicher aus der Verletzung meiner Urheberrechte an dem Werk „Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ resultierender Rechte, einschließlich derjenigen aus der Verletzung des Rechts aus § 12 UrhG, im eigenen Namen (gewillkürte Prozesstandschaft).“ 19Die Klägerin hatte das Manuskript des Buches vor Veröffentlichung an mehrere, die genaue Anzahl ist im Einzelnen streitig, ausgewählte Medienunternehmen übersandt. Unstreitig ging den Beklagten das Manuskript vor Veröffentlichung der nachfolgend genannten Artikel zu. Die ebenfalls von der Klägerin am 06.07.2018 herausgegebene Verlagsankündigung enthielt folgenden Text: 20„Das Zurückbleiben der islamischen Welt, die Integrationsdefizite der Muslime in Deutschland und Europa sowie die Unterdrückung der muslimischen Frauen sind eine Folge der kulturellen Prägung durch den Islam. Das zeigt T in seinem neuen Bestseller. Auch Deutschland muss sich diesen Tatsachen stellen, wächst doch der Anteil der Muslime in Deutschland und Europa durch Einwanderung und anhaltend hohe Geburtenraten immer weiter an. Bei einer Fortsetzung dieses Trends sind die Muslime hier auf dem Weg zur Mehrheit. Unsere Kultur und Gesellschaft lassen sich nur schützen, indem die weitere Einwanderung von Muslimen gestoppt und die Integration der bei uns lebenden Muslime mit robusten Mitteln vorangetrieben wird. Denn alle Tendenzen, den Islam zu reformieren, sind bisher weitgehend gescheitert. So gibt es in keinem Land, in dem Muslime in der Mehrheit sind, Religionsfreiheit und eine funktionierende Demokratie. Stattdessen leidet die islamische Welt als Ganzes unter einem explosionsartigen Bevölkerungswachstum, und ihre Fanatisierung nimmt ständig zu. 21T spannt einen Bogen von den Aussagen des Koran zur mentalen Prägung der Muslime, von da weiter zu den Eigenarten und Problemen muslimischer Staaten und Gesellschaften und schließlich zu den Einstellungen und Verhaltensweisen von Muslimen in den Einwanderungsgesellschaft des Westens.“ 22Am 18.08.2018 erschien der streitgegenständliche Artikel „Der neue T und die alten Sorgen“ in der Ausgabe 34/2018 in der Printausgabe des Magazins H und am 24.08.2018 auf der Internetseite des H Magazins www.H .de. 23Der Artikel lautet auszugsweise wie folgt: 24„[…] Die SPD streitet über T . Bis heute ist es ihr nicht gelungen, den Autor aus der Partei zu werfen. Nun hat er wieder ein Buch geschrieben: „Feindliche Übernahme“, eine Islam Kritik. H liegt das Manuskript vor. […] 25Die knapp 500 Seiten gipfeln in einer klaren Aussage, einer Conclusio, die im deutschen Parlament so bislang nur von der AfD geteilt wird: Die Einwanderung von Muslimen muss grundsätzlich unterbunden werden. […] 26Sein Buch schließt mit der Frage: „Was kann man tun?“ Dann folgen diese neun Antworten, hier vollständig zitiert 271. Man muss verhindern, dass sich das demographische Gewicht der Muslime in Deutschland und Europa weiterhin durch Einwanderung und Geburtenreichtum kontinuierlich verstärkt. Deshalb muss man die Einwanderung von Muslimen grundsätzlich unterbinden und falsche Anreize im Sozialsystem beseitigen. 282. Man muss mit allen Richtungen des islamischen Glaubens in Dialog bleiben. Die Relevanz der Kernaussagen der traditionellen islamischen Lehre für die moderne Welt muss man dabei immerhin wieder hinterfragen und den Zusammenhang zur Rückständigkeit der islamischen Welt auch öffentlich herstellen. 293. Man muss das Frauenbild und die Rolle der Frau im Islam immer wieder öffentlich kritisieren. 304. Man muss in Schulen und öffentlichen Einrichtungen die fortschritt- und freiheitsfeindlichen Aspekte des Islam thematisieren. 315. Die gesellschaftlich richtige Antwort auf die religiöse Herausforderung durch den Islam ist nicht mehr die christliche oder eine andere Religion, sondern mehr säkulare Aufklärung. Wo Vertreter christlicher Religion in falsch verstandener Solidarität problematische Aspekte des Islam verdrängen oder herunterspielen, gehört zur Islam Kritik auch die Kritik an den Vertreter christlicher Kirchen. 326. Man muss klar kommunizieren: In der gesamten islamischen Geschichte und Gegenwart gab und gibt es keinen Fall eines toleranten Mehrheitsislan, der Nichtmuslimen gleiche Rechte gewährte oder gewährt, darunter auch das Recht zur Missionierung der Muslime. 337. wenn es den toleranten Mehrheitsislam noch nie gab und auch gegenwärtig nirgendwo gibt, ist es nicht nur erlaubt, sondern auch geboten, ihn öffentlich immer wieder die Schimäre zu nennen, die er tatsächlich ist. 348. Die geistige Reform des Islam ist eine Aufgabe der Muslime. Der tolerante, mit Demokratie und Pluralität kompatible Islam ist bislang in der islamischen Welt ein Projekt kleiner Minderheiten. Außer den Büchern einiger islamische Intellektueller in Europa gibt es dazu bisher wenig. Die weitere Entwicklung zu einem liberalen, mit der Moderne und der Demokratie kompatiblen Islam hängt von den Muslime selbst ab. 359. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu einer breit angelegten Reform des Islam in Richtung Demokratie und Pluralität kommt, ist eher niedrig. Gegenwärtig dringt überall in der islamischen Welt die islamistische Radikalisierung vor. Die Länder des Westens sollten sich in ihrer Einwanderungs- und Integrationspolitik entsprechend aufstellen, um daraus erwachsenden Gefahren vorbeugend abzuwehren.“ 36So sieht es T . Verletzt er damit sozialdemokratische Grundsätze? Oder hat das Flüchtlingsjahr 2015 das gesellschaftliche Klima innerhalb der SPD so sehr verändert, dass ein Parteimitglied und ehemaliger Berliner Senator den grundsätzlichen Einwanderungstop von Muslimen fordern kann“. 37Zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen des streitgegenständlichen Artikels schwebte ein Parteiausschlussverfahren über der Person des Autors T . Im Hinblick auf das schwebende Parteiausschlussverfahren sowie die kurzbevorstehende Buchveröffentlichung erschienen eine Vielzahl von Zeitungsartikeln unter anderem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Bild und der Welt. 38Am 30.08.2018 erschien das Buch „Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ im G Verlag. 39Die Klägerin behauptet, aktivlegitimiert zu sein. Die Klägerin behauptet ferner, dass I , ein Redakteur, der schwerpunktmäßig für H tätig sei, am 06.08.2018 eine Vertraulichkeitsvereinbarung für die Beklagte zu 1 unterschrieben habe. Diese Vereinbarung beinhalte Folgendes: 40„Zwischen dem G Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH […] und Herrn I , H Magazin, […] Der Buchverlag veröffentlicht das Werk mit dem Titel „Feindliche Übernahme“ des Autors Dr. T . Das Buch erscheint zum 30.08.2018. Der Buchverlag ist bereits, dem Journalisten das Buch vor Erscheinen zu übersenden. Eine Besprechung/Kritik des Werkes darf nicht vor dem Erscheinungsdatum veröffentlicht werden (Sperrfrist). Auch dürfen Inhalte aus dem Werk, die über die Verlagsankündigung hinausgehen, nicht vor dem Erscheinungsdatum veröffentlich werden. Der Text der Verlagsankündigung hängt dieser Vereinbarung an. Im Falle eines Verstoßes gegen die Sperrfrist ist der Buchverlag berechtigt, vom Journalisten eine Vertragsstrafe in Höhe von 50.000 Euro zu fordern. Soweit gesetzlich zulässig ist ausschließlicher Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung der Sitz des Buchverlages (z.Zt. München).“ 41Die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 1 habe das Manuskript von dem Zeugen I erhalten und für den oben genannten streitgegenständlichen Artikel verwendet. Sie behauptet ferner, das Manuskript vor Veröffentlichung am 30.08.2018 an ausschließlich 36 ausgewählte Medienunternehmen bzw. deren Journalisten jeweils nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung übersandt zu haben. Sie ist der Ansicht, dass der Zeuge I die Beklagte zu 1 mit Abschluss der Vertraulichkeitsvereinbarung vertraglich gebunden und sie daher einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe habe. 42Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, 431. Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin ein Betrag i.H.v. 50.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den zuerkannten Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 442. Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Herkunft der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, insbesondere der Herkunft der Manuskriptdatei zu erteilen, nach deren Vorlage die Textpassagen aus dem Werk „Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ des Autors T im Magazin H (Aufgabe 34 / 2018) vervielfältigt, verbreitet und/oder öffentlich zugänglich gemacht hat. 453. Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden verurteilt, der Klägerin die Manuskriptdatei vorzulegen, nach deren Vorlage sie die Textpassagen aus dem Werk „Feindliche Übernahme“. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ des Autors T im Magazin H (Ausgabe 34/2018) vervielfältigt, verbreitet und/oder öffentlich zugänglich gemacht haben. 464. Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden verurteilt, die in ihren unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke zu vernichten. 475. Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, die rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke zurückzurufen. 48In der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2020 erklärte die Klägerin den Antrag zu 3 für erledigt. 49Die Beklagten beantragen, 50die Klage abzuweisen. 51Die Beklagten sind der Ansicht, dass sie nicht durch die streitige Vertraulichkeitsvereinbarung vertraglich gebunden worden sei. Ferner sind sie der Ansicht, dass die Klägerin bereits vor Erscheinen des streitgegenständlichen Artikels das Werk durch Übersendung an die Medienvertreter veröffentlicht habe. Ferner sei die sog. Verlagsankündigung, die bereits einen wesentlichen Inhalt des Werkes darstelle, vor Veröffentlichung erschienen. Die im streitgegenständlichen Artikel wiedergegebenen Thesen seien insofern in der Verlagsankündigung bereits enthalten oder zumindest angerissen wurden. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, dass die Schrankenregelungen der §§ 50, 51 UrhG zu ihren Gunsten griffen. 52Entscheidungsgründe: 53I. Die Klage ist zulässig. 541. Die Zuständigkeit des Landgerichts Köln folgt aus § 32 ZPO. Die Klägerin macht Ansprüche aus Urheberrechtsverletzungen gegen die Beklagten geltend. Diese zählen zu den unerlaubten Handlungen im Sinne von § 32 ZPO. Eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 32 ZPO ist sowohl am Handlungsort als auch am Erfolgsort begangen, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen oder in das Rechtsgut eingegriffen worden ist. Zur Begründung der Zuständigkeit reicht die schlüssige Behauptung von Tatsachen aus, auf deren Grundlage sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.2013 – I ZR 133/12, GRUR 2014, 601 - englischsprachige Pressemitteilung; BGH, Urteil vom 21.04.2016 - I ZR 43/14, WRP 2016,1114 ff. - An Evening with Marlene Dietrich - zitiert nach juris Rn. 17 m.w.N.). 55Nach diesen Grundsätzen ist die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln begründet, da der Internetauftritt der Beklagten, mittels welchem eine der beiden streitgegenständlichen Verletzungshandlungen begangen wurde, sich mit dem Ziel der Aufklärung und Information der Bevölkerung an die Öffentlichkeit in der ganzen Bundesrepublik Deutschland und damit an alle Internetnutzer wie auch Leser, auch solche wohnhaft in Köln, richtet. Gleiches gilt auch für die Veröffentlichung der Printausgabe, welche ebenfalls auf dem gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erhältlich ist. 562. Hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrages zu 3 war der Antrag aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2020 erfolgten teilweisen Erledigungserklärung in einen Feststellungsantrag umzudeuten. Die Zulässigkeit folgt aus § 264 Nr. 2 ZPO. 57II. Die Klage ist in dem zuerkannten Umfang begründet. 581. Die Klägerin ist hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen wegen der Verletzung des Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechtes sowie hinsichtlich des Rechtes der öffentlichen Zugänglichmachung aktivlegitimiert. Das Recht zur Geltendmachung einer Verletzung des Veröffentlichungsrechtes kann sie in gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen. 59a. Ausweislich des vorgelegten Autorenvertrages zwischen der Klägerin und dem Zeugen T vom 03.06.2018 wurden der Klägerin hinsichtlich des Werkes mit dem (damaligen) Arbeitstitel „Zeitbombe Islam“, die räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten Nutzungsrechte für alle bekannten und unbekannten Nutzungsarten eingeräumt. In der Anlage zu dem Vertrag wurden der Klägerin insbesondere das Recht zur Vielfältigung und Verbreitung des Werkes, das Recht des Vorabdruckes sowie das Recht das Werk in allen vertragsgegenständlichen körperlichen Nutzungsarten zu veröffentlichen eingeräumt. 60b. Das Recht zur Veröffentlichung im Sinne des § 12 Abs. 1 UrhG konnte der Zeuge T zwar nicht übertragen, da dieses als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechtes höchstpersönlicher Natur und damit nicht übertragbar ist. Allerdings kann die Klägerin dieses aufgrund der vorgelegten und als Ermächtigung bezeichneten Erklärung des Zeugen T als Urheber der Werkes in gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen. 61Das Veröffentlichungsrecht steht gemäß § 12 Abs. 1 UrhG dem Urheber zu und kann als Urheberpersönlichkeitsrecht nicht auf andere übertragen werden. Jedoch kann die Veröffentlichung selbst Dritten überlassen werden, insbesondere im Rahmen einer Nutzungsrechtseinräumung (Wandtke/Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 12, Rn. 2, 5. Auflage 2019). Der Urheber kann im Rahmen einer Nutzungsrechtseinräumung dem Nutzungsberechtigten die Veröffentlichung des Werkes zunächst gestatten und es dem Nutzungsberechtigten überlassen, wann er von seiner Befugnis Gebrauch macht (OLG Köln, Urteil vom 12.6.2015 – 6 U 5/15 Afghanistan Papiere). 62So liegt der Fall auch hier. Zum Einen wurde der Klägerin ausweislich 3.1.4 der Anlage zum Autorenvertrag der Klägerin das Recht eingeräumt, das Werk in allen vertragsgegenständlichen körperlichen Nutzungsarten zu veröffentlichen. Zum anderen folgt aus der vertraglich vereinbarten Verwertung der Nutzungsrechte, dass mit Ablieferung des Werkes die Veröffentlichungsbefugnis auf die Klägerin übergehen sollte. Hiermit hat der Zeuge T zwar nicht das als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts anzusehende Veröffentlichungsrecht übertragen. Allerdings hat der Zeuge T die Veröffentlichung nur durch die Klägerin gestattet. 63Die Klägerin kann indes die Verletzung des Veröffentlichungsrechtes gemäß § 12 UrhG in gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen. 64Eine entsprechende Ermächtigung durch den Urheber des Werkes „Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht.“ und des streitgegenständlichen Textauszuges liegt in Form des als Anlage K 8 vorgelegten Schreibens vor. In prozessualer Hinsicht kann es dahinstehen, ob das Schreiben auf den 18.02.2018 oder 18.02.2019 datiert, da beide Daten vor Klageerhebung liegen. In materieller Hinsicht hat der Zeuge T mit dem im späteren Verlauf zur Akte gereichten Schreiben, datierend auf den 18.02.2019, spätestens aber die Ermächtigung hinsichtlich der Geltendmachung des Veröffentlichungsrechtes erteilt. Das erforderliche Interesse der Klägerin ergibt sich schon daraus, dass der Urheber ihr die Veröffentlichung überlassen hat und partielle, ungenehmigte Vorabdrucke auch ihren wirtschaftlichen Interessen entgegenstehen. Auch ist das Recht zur Veröffentlichung nach § 12 UrhG übertragbar. Grundsätzlich können höchstpersönliche Rechte nur von den Rechtsinhabern selbst geltend gemacht werden (Zöller, Vorbemerkung zu §§ 50-58, Rn. 42, 33. Auflage 2020). Etwas anderes gilt aber, wenn der Rechtinhaber die kommerzielle Auswertung von z.B. Namensrechten gestatten kann (BGH, Urteil vom 23.09.1992, I ZR 251/30). Auch im Urheberrecht ist die Abtretbarkeit von Ansprüchen wegen der Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechtes wie das Urheberbenennungsrecht nach § 13 UrhG anerkannt (BGH, Urteil vom 15.01.2015, I ZR 148/13). Das Veröffentlichungsrecht ist gleichfalls kommerzialisierbar, was nicht zuletzt aus der Möglichkeit der (entgeltlichen) Gestattung der Ausübung des Veröffentlichungsrechtes folgt. 652. Die Beklagten sind passivlegitimiert. Die Beklagte zu 1 ist die verantwortliche Herausgeberin der hier streitgegenständlichen Ausgabe des H Magazins. Gleiches gilt für den auf der Internetseite www.H .de herausgegebenen Artikel des H Magazins. Der Beklagte zu 2 ist Verfasser des streitgegenständlichen Artikels. 663. Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10.000 EUR gemäß §§ 97 Abs. 1, 12, 16, 17, 19a UrhG i.V.m. § 840 BGB zu. 67a. Bei den hier streitgegenständlichen Textpassagen handelt es sich um ein geschütztes Sprachwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Dass es sich lediglich um einen Auszug aus dem Werk des Autors T handelt ist unschädlich. 68Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit eines Sprachwerkes kommt es unter anderem auf Art und Umfang des Werkes an, wobei die Länge des Textes Aufschluss über die Schutzfähigkeit geben kann. Die einzelnen Worte und Zeichen genießen grundsätzlich keinen Schutz (Dreier/Schulze, § 2, Rn. 83, 6. Auflage 2018). Die hier wiedergegebenen Textpassagen geben die Kernthesen des Buches wieder, welche die Kernaussagen der gesellschaftspolitischen Untersuchungen des Autors kurz und prägnant zusammenfassen sollen. Sprachlich haben die Textpassagen appellartigen Charakter und sind plakativ gehalten, stilistisch sind sie in Form von Thesen aufgebaut. Inhalt, Stil und Anordnung der Textpassagen weisen den erforderlichen Grad an Individualität sowohl hinsichtlich der Form als auch des Inhaltes auf. 69b. Indem der Beklagte zu 2 die streitgegenständlichen Textpassagen unverändert in seinen Artikel übernommen hat und die Beklagte den Artikel sowohl in ihrer Printausgabe als auch online zugänglich machte, hat sie in die Verwertungsrechte der Klägerin gemäß §§ 16, 17 und 19a UrhG sowie in § 12 UrhG eingegriffen. 70Der Klägerin stehen, wie oben ausgeführt, die ausschließlichen Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Werk zu. Die Nutzung erfolgte unstreitig ohne Zustimmung der Klägerin. Dass sie eine von der Klägerin abgeleitete Berechtigung zur Verwendung des streitgegenständlichen Werkes haben, behaupten auch die Beklagten nicht. 71c. Der Eingriff in die Rechte der Klägerin erfolgte rechtswidrig, insbesondere ist er nicht durch die Schrankenregelungen der §§ 50, 51 UrhG gerechtfertigt. 72aa. Die Voraussetzungen der Schrankenregelung einer Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 UrhG liegen nicht vor. Die wortgleiche Wiedergabe der wesentlichen Kernthesen des Buches war weder für die Berichterstattung erforderlich noch war sie angemessen. 73Gemäß § 50 UrhG ist die Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. 74(1) Die Beklagten haben in dem angegriffenen Artikel über ein Tagesereignis berichtet. 75(aa) Unter einem Tagesereignis ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedes zur Zeit des Eingriffs in das Urheberrecht aktuelle Geschehen zu verstehen, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist, wobei ein Geschehen so lange aktuell ist, wie ein Bericht darüber von der Öffentlichkeit noch als Gegenwartsberichterstattung empfunden wird (BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - I ZR 285/99, GRUR 2002, 1050, 1051 [juris Rn. 19] = WRP 2002, 1302 - Zeitungsbericht als Tagesereignis; Urteil vom 20. Dezember 2007 - I ZR 42/05, BGHZ 175, 135 Rn. 48 - TV-Total; Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 127/09, GRUR 2011, 415 Rn. 11 f. = WRP 2011, 609 - Kunstausstellung im Online-Archiv; Urteil vom 17. Dezember 2015 - I ZR 69/14, GRUR 2016, 368 Rn. 14 = WRP 2016, 485 - Exklusivinterview). 76Der streitgegenständliche Artikel erschien am 18.08.2018 in der Printausgabe und wurde am 24.08.2018 online gestellt. Zu diesem Zeitpunkt stand die Veröffentlichung des Buches kurz bevor. Der zu erwartende gedankliche Inhalt des Buches war durch die Veröffentlichung der Verlagsankündigung bekannt und die Auswirkungen der Veröffentlichung des Buches auf das Parteiausschlussverfahren und die Diskussion über die Vereinbarkeit der Thesen des Autors mit den sozialdemokratischen Grundsätzen waren Gegenstand öffentlicher Diskussionen. In diesem tagesaktuellen Kontext erfolgte die Berichterstattung der Beklagten. Die Beklagte hat ferner Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der X, der c Berlin und der C1 Zeitung vom 12.08.2018 und 13.08.2018 vorgelegt, welche sich ebenfalls mit der Haltung des Autors T zu Fragen der Integration und des Islam, dem zum damaligen Zeitpunkt anhängigen Parteiausschlussverfahren und in diesem Zusammenhang stehenden kurz bevorstehenden Veröffentlichung des Buches samt der streitbaren Haltung des Autors auseinandersetzen. 77(bb) Die Texte des Klägers sind im Sinne von § 50 UrhG im Verlaufe des von der Beklagten berichteten Tagesereignisses wahrnehmbar geworden. Die Beklagten haben nicht das Werk des Autors T selbst zum Gegenstand ihrer Berichterstattung und damit wahrnehmbar gemacht. Das Merkmal, dass das Werk im Verlaufe des berichteten Tagesereignisses wahrnehmbar geworden sein muss, setzt das in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2002/19/EG geregelte Erfordernis um, dass die Nutzung des urheberrechtlich geschützten Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands in Verbindung mit der Berichterstattung über Tagesereignisse stehen muss (BGH, Urteil vom 30.04.2020, I ZR 228/15, Reformistischer Aufbruch II). So liegt der Fall auch hier. Das zum Gegenstand der Berichterstattung gemachte Tagesereignis ist nicht der streitgegenständliche Text des Autors als solcher, sondern die aktuelle Diskussion über die Vereinbarkeit der Meinung des Autors mit den sozialdemokratischen Grundsätze und den Auswirkungen der Veröffentlichungen der streitbaren Ansichten des Autors im Hinblick auf das anhängige Parteiausschlussverfahren. 78(cc) Die streitgegenständliche Berichterstattung entspricht nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Die wortwörtliche Übernahme der neun Kernthesen des Autors, mithin die Quintessenz des Buches, war nicht zur Erreichung des Informationszieles erforderlich. 79Gemäß § 50 UrhG ist die Berichterstattung über Tagesereignisse nur in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. Nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2001/29/EG darf die fragliche Nutzung des Werks nur erfolgen, soweit es der Informationszweck rechtfertigt, sie also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Daraus ergibt sich, dass die Nutzung des geschützten Werks zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein muss und nicht die Grenzen dessen überschreiten darf, was zur Erreichung des verfolgten Informationsziels erforderlich ist (EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 34 und 68 - Spiegel Online). Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Ausnahme oder Beschränkung gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2001/29/EG nicht als Ausnahme von einer allgemeinen Regel eng, sondern in einer Weise auszulegen ist, die ihre praktische Wirksamkeit wahrt und ihre Zielsetzung beachtet, die Achtung der Grundfreiheiten des Rechts auf Meinungsfreiheit und auf Pressefreiheit zu gewährleisten (vgl. EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 53 und 55 bis 59 - Spiegel Online). Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind außerdem die betroffenen Grundrechte des Rechts am geistigen Eigentum auf der einen und der Meinungsäußerungsfreiheit und Informationsfreiheit auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen (vgl. EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 38 - Spiegel Online). Eine Berichterstattung über Tagesereignisse ist folglich nur dann gemäß § 50 UrhG privilegiert, wenn sie verhältnismäßig ist, das heißt mit Blick auf den Zweck der Schutzschranke, der Achtung der Grundfreiheiten des Rechts auf Meinungsfreiheit und auf Pressefreiheit, den Anforderungen der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) entspricht (BGH, Urteil vom 30.04.2020, I ZR 228/15, Reformistischer Aufbruch II). 80Die öffentliche Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Texte durch die Beklagte war geeignet, das mit der Berichterstattung verfolgte Informationsziel zu erreichen. Das mit dem angegriffenen Artikel verfolgte Ziel der Beklagten bestand im Streitfall darin, ihre Leser über die zum Zeitpunkt der Berichterstattung aktuellen Auswirkungen der kurz bevorstehenden Buchveröffentlichung mit den provokativen Ansichten des Autors, über deren möglichen Widerspruch zu sozialdemokratischen Grundsätzen sowie über die Auswirkungen auf das Parteiausschlussverfahren der SPD zu informieren. 81Die wortgleiche Übernahme der Kernthesen des Autors war indes nicht erforderlich. 82Die Beklagten selbst tragen vor, dass die durch die Klägerin veröffentlichte Verlagsankündigung bereits einen Teil der Thesen enthält. Nach Ansicht der Beklagten gibt die Verlagsankündigung schon „vollumfänglich“ die Haltung des Autors wieder (Schriftsatz vom 28.05.2019, S. 10). Um die Wiedergabe dieser Haltung und deren Auswirkungen auf das Parteiausschlussverfahren ging es der Beklagten nach eigenen Ausführungen aber in ihrer Berichterstattung. Folgt aber die Haltung des Autors schon aus der Verlagsankündigung und beinhaltet diese – nach Auffassung der Beklagten – bereits die Thesen, ist die wortwörtliche Übernahme der Quintessenz des Buches aber nicht erforderlich. Dies zeigt auch ein Vergleich mit den durch die Beklagte vorgelegten Artikel. So legt die Beklagte selbst Artikel anderer Zeitungen vor, die ebenfalls das schwebende Parteiausschlussverfahren und die neueren Thesen des Autors T thematisieren ohne sich auch nur einer der Kernthesen des Autors zu bedienen. Der durch die Beklagte vorgelegte Artikel der Bild-Zeitung zitiert wiederum „nur“ aus der Verlagsankündigung und auch dies nur auszugsweise. Die anderen Artikel kommen sogar ohne Zitat der Verlagsankündigung aus. Die vollständige Wiedergabe der Textpassagen war auch deshalb nicht erforderlich, weil die Beklagten sich nicht dezidiert mit den einzelnen Thesen des Autors auseinandergesetzt haben, sondern mit seiner allgemeinen Haltung gegenüber u.a. Themen wie Zuwanderung und dem etwaigen Widerspruch zu den parteipolitischen Zielen der SPD. So schreibt auch der Beklagte zu 2. wiederum als Gedankenanstoß „[…]Oder hat das Flüchtlingsjahr 2015 das gesellschaftliche Klima innerhalb der SPD so sehr verändert, dass ein Parteimitglied und ehemaliger Berliner Senator den grundsätzlichen Einwanderungsstop von Muslimen fordern kann […]“. Da sich die Haltung des Autors – schon nach Vortrag der Beklagten selbst – aber bereits hinlänglich aus der durch die Klägerin bereit gestellten Verlagsankündigung ergibt, war die wörtliche Übernahme der neun Kernthesen und damit der Quintessenz des Buches eine Woche vor dem Erscheinen des Buches nicht erforderlich. Sofern die Beklagten nunmehr bestreiten, dass es sich bei den neun Thesen um den Kernbestandteil des Buches und die zentrale Aussage der Untersuchung handelt, ist dieses Bestreiten angesichts der eigenen Ausführungen in ihrem Artikel, in welchem die neun Thesen als Conclusio dargestellt werden, widersprüchlich und somit unbeachtlich. 83Die wörtliche Übernahme der neun Kernthesen des Autors war überdies nicht angemessen. 84Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die betroffenen Grundrechte des Rechts am geistigen Eigentum auf der einen Seite und der Meinungsäußerungsfreiheit und Informationsfreiheit auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen (vgl. EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 38 - Spiegel Online, BGH, Urteil vom 30.04.2020 a.a.O.). Da keine konkreten und hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass das grundrechtliche Schutzniveau des Unionsrechts - hier Art. 17 Abs. 2 sowie Art. 11 Abs. 1 und 2 der EU-Grundrechtecharta - durch die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 und 14 Abs. 1 GG geregelten Grundrechte des Grundgesetzes nicht gewahrt ist, sind diese nach den vorstehend wiedergegebenen Grundsätzen in die Abwägung einzustellen. Der Konflikt zwischen grundrechtlich geschützten Positionen verschiedener Grundrechtsträger ist dabei nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (vgl. BVerfGE 28, 243, 260 f.; 41, 29, 50; 52, 223, 247, 251; 93, 1, 21; BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16, GRUR 2017, 1233 Rn. 22 = WRP 2017, 1482 - Loud). 85Im Streitfall sind nach diesen Maßstäben bei der Auslegung und Anwendung der Verwertungsrechte und der Schrankenregelungen auf der Seite der Klägerin die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten ausschließlichen Verwertungsrechte zu berücksichtigen. Für die Beklagte streiten dagegen die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG. 86Den von der Beklagten dabei in Anspruch genommenen Grundrechten der Meinungs- und der Pressefreiheit kommt ein besonders hoher Rang zu, weil die umfassende und wahrheitsgemäße Information der Bürger durch die Presse eine Grundvoraussetzung des Prozesses demokratischer Meinungs- und Willensbildung ist; diese Grundrechte gewinnen bei einem Konflikt mit anderen Rechtsgütern besonderes Gewicht, wenn sie Angelegenheiten betreffen, die die Öffentlichkeit wesentlich berühren (BGH, Urteil vom 30.04.2020, a.a.O.). Im Hinblick auf die Interessen der Klägerin ist zu berücksichtigen, dass ihr durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes ausschließliches Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung durch die Veröffentlichung der Quintessenz des Buches eine Woche und damit kurz vor dem Erscheinen desselbigen ganz erheblich betroffen war und der Beginn der Erstverwertungsphase des Buches kurz bevorstand. In diesem Zusammenhang ist zu sehen, dass die Beklagten nicht irgendeine Stelle des Buches wörtlich wiedergegeben haben, sondern sich der Zusammenfassung des gedanklichen Inhaltes des Buches bedient haben und damit erheblich in die Erstverwertungsrechte der Klägerin eingegriffen haben. Es handelt sich damit um einen Eingriff in die ausschließlichen wirtschaftlichen Verwertungsrechte der Klägerin, welchen im Rahmen der Abwägung – da Ausfluss aus Art. 14 GG - ein besonderes Gewicht zukommt (BGH, Urteil vom 30.04.2020, I ZR 139/15, Afghanistan-Papiere II). Ein Vergleich zu den Artikel anderer Pressevertreter zeigt zudem, dass dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch dann Genüge getan ist, wenn nicht einmal die Verlagsankündigung zitiert wird. Auch geht die Ansicht der Beklagten, sie habe die Thesen vollständig zitieren müssen, um den Inhalt nicht zu verfälschen, fehl. Zum einen übersieht die Beklagte, dass es sich im vorliegenden Fall um ein noch nicht veröffentlichtes Werk handelt. Zum anderen ginge unter dieser Prämisse die Abwägung – bei wortwörtlicher Übernahme wesentlicher Teile urheberrechtlich geschützter Werke –stets zu Lasten des Urhebers, was auch angesichts der durch den EuGH und BGH geforderten sorgfältigen Abwägung nicht gewollt sein kann. Selbst wenn man unterstellt, dass der Informationsgehalt bei wortwörtlicher Wiedergabe ein anderer ist, war dies angesichts der kurz bevorstehenden Veröffentlichungen des Buches und des wirtschaftlichen Verwertungsinteresses der Klägerin schlicht nicht verhältnismäßig. 87Der Eingriff ist auch nicht allein über die in Art. 5 GG gewährleistete Presse- und Informationsfreiheit gerechtfertigt. Art. 5 GG bietet keine eigenständige Schrankenregelung. Die Grundrechte des Grundgesetzes und die Grundrechte der Charta der Grundrechte der Europäischen Union können außerhalb der in Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen keine Abweichung von den ausschließlichen Rechten der Rechtsinhaber rechtfertigen (vgl. EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 49 - Spiegel Online; GRUR 2019, 934 Rn. 64 - Funke Medien). Eine außerhalb der urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse und Schrankenbestimmungen angesiedelte allgemeine Interessenabwägung kommt nicht in Betracht. Angesichts der ausdrücklichen Regelungen der Richtlinie würde eine von der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Vorschriften losgelöste Grundrechtsabwägung durch die Gerichte in das vom Richtliniengeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bereits allgemein geregelte Verhältnis von Urheberrecht und Schrankenregelung übergreifen (zum deutschen Urheberrecht vgl. BVerfG, GRUR 2012, 389 Rn. 14 mwN; BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 - I ZR 115/16, GRUR 2017, 895 Rn. 51 = WRP 2017, 1114 - Metall auf Metall III, m.w.N.). 88bb. Zugunsten der Beklagten greift auch nicht die Schrankenregelung des § 51 UrhG ein. Weder das streitgegenständliche Werk noch das Buch des Autors T „Feindliche Übernahme – Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Artikels veröffentlicht im Sinne des § 51 UrhG. 89Gemäß § 51 S. 1 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist, zulässig. Für den Fall, dass ein Werk oder ein Teil eines Werkes nach § 51 UrhG vervielfältigt oder öffentlich wiedergegeben wird, besteht nach Maßgabe von § 63 Abs. 1 und 2 UrhG die Verpflichtung zur Angabe der Quelle. Diese Bestimmungen dienen der Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG und sind daher unionsrechtskonform auszulegen. Nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG können die Mitgliedstaaten für Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen in Bezug auf das in Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehene Vervielfältigungsrecht und das in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehene Recht der öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung Ausnahmen und Beschränkungen vorsehen, sofern sie ein Werk betreffen, das der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht wurde, sofern - außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist - die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, angegeben wird und sofern die Nutzung den anständigen Gepflogenheiten entspricht und in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. 90(1) Das Eingreifen der Schutzschranke gemäß § 51 UrhG setzt voraus, dass das zum Gegenstand des Zitats gemachte Werk der Öffentlichkeit bereits in seiner konkreten Gestalt mit Zustimmung des Rechtsinhabers, aufgrund einer Zwangslizenz oder aufgrund einer gesetzlichen Erlaubnis zugänglich gemacht wurde (vgl. EuGH, GRUR 2019, 940 Rn. 95 - Spiegel Online). Der Begriff der Veröffentlichung ist derjenige des § 6 Abs. 1 UrhG. Entscheidend für das Vorliegen einer Öffentlichkeit i.S.v. § 6 Abs. 1 UrhG ist, dass es sich um einen nicht von vorneherein bestimmt abgegrenzten Personenkreis handelt, bei dem der Urheber im Fall der Vorstellung seines Werkes nicht auf „Veröffentlichungsreife bedacht zu sein braucht“. Um der Schutzintention des UrhG Rechnung zu tragen, ist daher davon auszugehen, dass § 6 Abs. 1 UrhG einen eigenen Öffentlichkeitsbegriff enthält, der mit demjenigen des § 15 Abs. 3 UrhG zwar weitgehend übereinstimmt, mit diesem jedoch nicht gänzlich deckungsgleich ist (Dreier/Schulze/Dreier, 6. Aufl. 2018, UrhG § 6 Rn. 7). Schon die Gesetzessystematik spricht dafür, dass es sich bei § 6 UrhG um eine im Allgemeinen Teil vorangestellte Definition handelt. 91Zum Zeitpunkt der Berichterstattung war das streitgegenständliche Werk noch nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Übersendung des Manuskriptes an bestimmte Medienvertreter ist nicht als Veröffentlichung anzusehen (Wandtke/Bullinger, § 6 Rn. 12, 5. Auflage, 2019; Dreier/Schulze, § 6, Rn. 11, 6. Auflage, 2018). Nach dem Vortrag der Klägerin hat diese das Manuskript nicht an einen unbestimmten Kreis von Personen, sondern an einen ausgewählten Kreis von 36 Journalisten, übersandt. Sofern die Beklagte diesen Vortrag bestreitet, war dies unerheblich. Alleine aus der Tatsache, dass sie das Manuskript von einem anderen als den 36 genannten Medienvertretern erhalten hat, folgt nicht, dass die Klägerin das Manuskript an einen unbestimmten Kreis von Personen übersandt hat. Dass die Klägerin, die ein ganz erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Erstverwertung hat, das Manuskript wahllos einer Vielzahl von Personen hat zukommen lassen, ist abwegig und im Übrigen auch nicht substantiiert vorgetragen. Es handelt sich hier auch nicht um einen von vorneherein unbestimmbaren Kreis an Personen. Das Werk war nach Übersendung an die Medienvertreter nicht für jedermann zugänglich. Dem steht auch nicht entgegen, dass letztlich mehr Personen bzw. Journalisten als von der Klägerin beabsichtigt das Manuskript erhalten haben. Das Recht aus § 12 UrhG erlischt nämlich nicht durch eine unbefugte Veröffentlichung (OLG Köln GRUR-RR 2005, 337). Zwar war die Weitergabe an andere Personen nicht explizit verboten. Allerdings folgt dies schon aus dem Sinn der Vertraulichkeitsvereinbarung, welche die Klägerin nach Überzeugung der Kammer mit diversen Medienvertretern geschlossen hat und die Klägerin vor unberechtigten Vorveröffentlichungen schützen sollte. Dass es nicht im Interesse der Klägerin oder des Autors war, dass das Manuskript an eine Vielzahl von Personen weitergegeben wird, ergibt sich schon aus dem strafbewehrten Versprechen, dass Auszüge aus dem Buch, welche über die Verlagsankündigung hinausgehen, nicht veröffentlicht werden sollten. Die Annahme, dass die Übersendung eines Buchskriptes an einen ausgewählten Kreis an Journalisten mit dem Ziel diesen die Erstellung von Rezensionen zu ermöglichen, eine Veröffentlichung darstellen soll, ist auch mit der insoweit gerichtsbekannten branchenüblichen Praxis des Verlagswesens nicht zu vereinbaren. Denn dies hätte zur Folge, dass die Verlage – in Fällen wie dem vorliegenden – keine Handhabe hätten, wenn wesentliche Teile des Werkes vor dem offiziellen Erscheinungsdatum veröffentlicht werden würden und damit ein massiver wirtschaftlicher Schaden eintreten würde. Auch der Annahme, der Autor T habe sein Erstveröffentlichungsrecht durch Weitergabe des Manuskriptes an die Klägerin ausgeübt, stehen schon wiederum die branchenübliche Praxis und die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Autor und der Klägerin entgegen. Zwar hat der Autor das Werk mit Übersendung an die Klägerin aus seiner Geheimsphäre entlassen. Gleichzeitig hat der Autor aber das Recht zur Ausübung des Veröffentlichungsrechtes und damit die Modalitäten der Veröffentlichung an die Klägerin übertragen. Es kann letztlich dahinstehen, da die Ausübung des Veröffentlichungsrechtes und die Veröffentlichung selbst auseinander fallen können (Wandtke/Bullinger, § 12, Rn. 2, 5. Auflage, 2019). Letztere ist aber maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Werk im Sinne des § 51 UrhG veröffentlicht wurde. Da hier aber die Vornahme der Veröffentlichungshandlung durch die Klägerin erst am 31.08.2018 erfolgte, ist – entgegen der Auffassung der Beklagten - in der Übersendung des Manuskriptes an die Klägerin nicht die Ausübung des Veröffentlichungsrechtes des Autors zu sehen. 92Selbst wenn man den Begriff der Öffentlichkeit des § 15 Abs. 3 UrhG zugrunde legt, liegt keine Veröffentlichung vor. Die Weitergabe des Manuskriptes war hier auf bestimmte Medienvertreter zwecks u.a. Erstellung von Buchbesprechungen beschränkt. Der Begriff der Öffentlichkeit im Sinne des § 15 Abs.3 UrhG dient der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Amtsblatt EG Nummer L 167 Seite 10; im Folgenden: Richtlinie 2001/29). "Öffentlichkeit" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 bedeutet nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine unbestimmte Zahl potenzieller Adressaten und muss aus recht vielen Personen bestehen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. März 2012 - C-135/10 - SCF, Rn. 84; EuGH, Urteil vom 15. März 2012 – C-162/10 – PPL/Irland, Rn. 33; EuGH, Urteil vom 7. März 2013 - C-607/11 - ITV Broadcasting, Rn. 31; EuGH, Urteil vom 27. Februar 2014 – C-351/12 – OSA, Rn. 27; EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 – C-115/15 – Rehatraining, Rn. 41). Um eine „unbestimmte Zahl potentieller Adressaten“ handelt es sich, wenn die Wiedergabe für "Personen allgemein" erfolgt, also nicht auf besondere Personen beschränkt ist, die einer privaten Gruppe angehören (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2006 - C-306/05 - SGAE, Rn. 37; EuGH, Urteil vom 15. März 2012 - C-135/10 - SCF, Rn. 85; EuGH, Urteil vom 15. März 2012 – C-162/10 – PPL/Irland, Rn. 34; EuGH, Urteil vom 31. Mai 2016 – C-117/15 – Rehatraining, Rn. 42). 93Die Adressaten des Manuskriptes – selbst wenn man mit der Beklagten unterstellt, es wären mehr als 36 Personen gewesen - waren Medienvertreter, an die das Manuskript zwecks Buchbesprechungen, Kritiken etc. vorab übersendet wurde und damit Angehöriger einer besonderen, abgrenzbaren Gruppe. 94d. Das für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs erforderliche Verschulden der Beklagten ist darin zu sehen, dass diese zumindest fahrlässig, d.h. unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 BGB) verkannt haben, zu einer Nutzung der Texte der Klägerin ohne deren Zustimmung nicht berechtigt gewesen zu sein. Die Beklagten tragen selbst vor, dass sie das Manuskript nicht von der Klägerin selbst, sondern von einer dritten Person, per E-Mail in Pdf-Format erhalten hat. Von einer Zustimmung der Klägerin gingen die Beklagten nicht aus. Auf die Kenntnis der mit anderen Medienvertretern geschlossenen strafbewehrten Vertraulichkeitsvereinbarungen oder Sperrfristen kommt es nicht an. Es liegt auf der Hand, dass die Beklagte erkennen musste zur Vorabveröffentlichung wesentlicher Teile eines noch nicht veröffentlichten Buches, welche sie von einem Dritten und nicht dem Rechteinhaber selbst erhalten, nicht berechtigt gewesen zu sein. 95e. Die Festsetzung der Höhe des Schadensersatzes auf 10.000 EUR ist angemessen. 96Die Klägerin hat hier die Berechnungsmethode der Lizenzanalogie gewählt. Danach kann der Anspruchsteller von dem Verletzer die Vergütung verlangen, die ihm bei ordnungsgemäßer Nutzungsrechtseinräumung gewährt worden wäre. Es wird der Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen fingiert (BGH GRUR 1993, 55 – Tchibo/Rolex II; BGH GRUR 1990, 1008 – Lizenzanalogie; BGH GRUR 2015, 780 – Motorradteile). Gibt es – wie im Streitfall – keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gem. § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, ZUM 2013, 406 Rn. 30 = GRURRS 2013, 03085 = GRUR-RR 2013, 312 Ls. – Einzelbild). Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu (vgl. BGHZ 119, 20 = GRUR 1993, 55 [59] = WRP 1992, 700 – Tchibo/Rolex II). Dabei sind Gesichtspunkte erheblich wie die Intensität, der Umfang und die Dauer der Rechtsverletzung, Gewinn und Umsatz für den Verletzer, Gewinn- und Umsatzverlust für den Verletzten, Bekanntheit des Werks bzw. dessen Urhebers (BGH GRUR 1982, 301 – Kunststoffhohlprofil II). 97Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Artikel sowohl in der Print- als auch in der Onlineausgabe der Beklagten zu 1 erschienen ist. Ferner fällt ins Gewicht, dass die Beklagte anders als die anderen Medienunternehmen sich nicht auf die Wiedergabe der Verlagsankündigung beschränkt hat, sondern unter wörtlicher Übernahme der Kernthesen, mithin der Conclusio, das Thema der Woche und mithin einen Aufhänger in ihrem Magazin gestaltete und sich zudem hierdurch einen (auch wirtschaftlichen) Vorteil gegenüber den anderen Medienunternehmen unter Verletzung der Rechte der Klägerin verschaffte. So trägt die Beklagte selbst vor, dass die Buchveröffentlichung angesichts der streitbaren Person des Autors T ein „ganz heißes Thema“ in Berlin gewesen sei und insbesondere die Thesen diskutiert worden seien. Diesen Vortrag zu Grunde gelegt, wiegt der Eingriff aber schwer, wenn die Beklagten eine Woche vor Buchveröffentlichung genau diese Thesen wortwörtlich wiedergeben und damit denknotwendig der Anreiz zum Kauf des Buches vermindert wird. Es kann dahinstehen, welche Auswirkungen der Artikel auf die Verkaufszahlen des Buches hatte. Dies lässt sich letztlich nicht feststellen. Entscheidend ist die Intensität des Eingriffs, welcher – angesichts des Zeitpunktes der Veröffentlichung des Artikels kurz vor dem Erscheinen des mit Spannung erwarteten Buch – als erheblich einzustufen ist. Eine Bemessung des Schadensersatzes auf – wie von der Klägerin gefordert – 50.000 EUR ist indes übersetzt. Das mit anderen Medienunternehmen vereinbarte Vertragsstrafenversprechen kommt lediglich indizielle Bedeutung zu. Insofern kommt einer Vertragsstrafe nur teilweise kompensatorischer Charakter zu. Im Vordergrund steht die pönalisierende und abschreckende Wirkung. Darüber hinaus ist den Beklagten schon zuzugeben, dass das Buch sich – trotz Vorabveröffentlichung wesentlicher Teile durch die Beklagten – gut verkauft hat. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Schadenshöhe von 50.000 EUR übersetzt. 984. Hinsichtlich eines darüberhinausgehenden Zahlungsanspruches war die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 50.000 EUR. Ein Vertragsstrafenversprechen wurde weder mit der Beklagten zu 1 noch mit dem Beklagten zu 2 geschlossen. Der Zeuge I hat weder mittels einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht noch über die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht mit Vertretungsmacht für die Beklagten gehandelt. 99a. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass der Zeuge I im Rahmen der Unterzeichnung der strafbewährten Vertraulichkeitsvereinbarung für den Beklagten zu 2 mit (Rechtschein)Vollmacht gehandelt hat. Eine durch die Beklagte zu 1 erteilte Vollmacht des Zeugen I liegt ebenfalls unstreitig nicht vor. 100b. Auch die durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Rechtscheinvollmacht greifen im vorliegenden Fall nicht. Ist streitig, ob ein Rechtsgeschäft im eigenen oder fremden Namen geschlossen wurde, so ist derjenige beweispflichtig, der ein Vertretergeschäft behauptet (Ellenberger/Palandt, § 164, Rn. 18, 78. Auflage, 2019). Wer sich auf einen durch nichtöffentliche Erklärungen hervorgerufenen Rechtsschein als Haftungsgrundlage beruft, hat grundsätzlich zu beweisen, dass er durch den Rechtsschein zu dem Geschäftsabschluss veranlasst wurde (BGH, NJW 1955, 985, beck-online). 101aa. Eine Duldungsvollmacht kommt mangels Darlegung einer willentlichen Duldung des Vertreterhandelns des Zeugen I nicht in Betracht. Insofern hat die Klägerin hier nicht substantiiert vorgetragen, wann und bei welcher Gelegenheit der Zeuge I als Vertreter für die Beklagte zu 1 aufgetreten sein soll und die Beklagte hiervon Kenntnis gehabt hat. Die Klägerin trägt lediglich pauschal vor, der Zeuge habe in der Vergangenheit wiederholt Rezensionsexemplare erhalten und sei dabei mit einer Signatur von C aufgetreten. Ein Handeln als Vertreter der rechtlich selbstständigen Beklagten zu 1 wird hiermit nicht behauptet. 102bb. Die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht liegen ebenfalls nicht vor. 103Eine Anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertreters. Allerdings greifen die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung des Dritten glaubt schließen zu können, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (BGH, Urteil vom 11. 5. 2011 − VIII ZR 289/09). 104Der Vortrag der insofern darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin ist schon nicht ausreichend substantiiert. Die Klägerin trägt selbst vor, der Zeuge I sei Redakteur bei der H N. Aus dem von der Beklagten vorgelegten Handelsregisterauszug ergibt sich, dass es sich bei der H N Redaktions-GmbH um eine rechtlich selbstständige juristische Person handelt. Die Klägerin macht geltend, dass I in seinem E-Mailfooter C GmbH, welche die Magazine der H -Gruppe bündele, angebe. Allerdings ergibt sich aus dem E-Mailfooter auch H N Redaktions GmbH, welche eben nicht identisch mit der Beklagten zu 2 ist. Auch aus der E-Mailadresse ergibt sich H N. Auf die Rechtsprechung des BGH zur Zurechnung des Vertreterhandelns bei unternehmensbezogenen Geschäften kommt es nicht an, da der Zeuge I , wie dargelegt, erkennbar nicht für das Unternehmen der Beklagten zu 1 gehandelt hat. 1055. Hinsichtlich des Klageantrages zu 3 hat sich der Rechtsstreit erledigt. Der Antrag des Klägers war ursprünglich zulässig und begründet. Durch Übersendung der Manuskriptdatei mit Schriftsatz vom 28.05.2020 ist Erfüllung gemäß § 362 BGB eingetreten. 1066. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Auskunftserteilung hinsichtlich der Herkunft der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke, insbesondere der Herkunft der Manuskriptdatei gemäß §§ 101 Abs. 1, 16, 17, 19a UrhG, zu. 107Die Auskunftserteilung ist nicht verhältnismäßig. Sie bezieht sich auf den Namen der Person, die der Beklagten die pdf Datei als Vervielfältigungsstück hat zukommen lassen. Da § 101 UrhG eine Abwägung widerstreitender Interessen zugrunde liegt, regelt Abs. 4 in Übereinstimmung mit Art. 8 Abs. 1 Enforcement-RL den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach darf die Auskunft nur erteilt werden, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen ist (Dreier/Schulze, § 101, Rn. 22, a.a.O.). 108Bei der hier vorzunehmenden Abwägung überwiegt die für die Beklagten streitende aus Art. 5 GG folgende Pressefreiheit. Die Pressefreiheit kann nicht mehr gewährleistet werden, wenn Pressevertreter dazu gezwungen sind, die Quellen ihrer Informationen preiszugeben, da damit auch direkt in den auch für die Informationsfreiheit der Bevölkerung essentielle Prozess der Informationsgewinnung eingegriffen wird. Dem gegenüber steht wiegen die grundrechtlich ebenfalls geschützten Interessen des Urhebers weniger. In diesem Zusammenhang ist zu sehen, dass die Beklagten der Klägerin die Manuskriptdatei bereits herausgegeben haben und mit dem Antrag zu 1 eine finanzielle Entschädigung erfolgt. 1097. Aus demselben Grund hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen Vervielfältigungsstücke des Werkes der Beklagten gemäß § 98 Abs. 1 UrhG oder auf Rückruf der von ihnen hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke verlangen, § 98 Abs. 2 UrhG. Insofern wird auf die Begründung zu Ziffer 6 verwiesen. 1108. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO. Die Verteilung der Kosten zu 60% für die Klägerin und zu 40% für die Beklagte erfolgte entsprechend dem Unterliegen der Parteien. 1119. Streitwert wird festgesetzt auf 60.000,00 € bis zum 18.06.2020. 112Danach wird der Streitwert auf 57.500,00 Euro festgesetzt. | 1. die beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die klägerin einen betrag i.h.v. 10.000 eur nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit 03.04.2019 zu zahlen. 2. es wird festgestellt, dass sich der rechtsstreit hinsichtlich des klageantrages zu 3 erledigt hat. 3. im übrigen wird die klage abgewiesen. 4. die kosten des rechtsstreites tragen die klägerin zu 60 % und die beklagte zu 40 % als gesamtschuldner. 5. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin ist eine verlagsgruppe. unter ihrem dach vereint sie diverse rechtlich unselbstständige verlagshäuser als deren rechtsträgerin (imprints), darunter auch den g verlag. die beklagte zu 1 ist ein unternehmen der mediengruppe c . in ihrem verlag erscheint das nachrichtenmagazin h magazin. darüber hinaus verantwortet sie die auf der internetseite www.h .de erscheinenden artikel des h -magazins. der beklagte zu 2 ist der verfasser des streitgegenständlichen artikels „der neue t und die alten sorgen“. 3zwischen der klägerin und dem autor t besteht ein auf den 03.06.2018 und 07.07. 2017 datierender autorenvertrag mit dem arbeitstitel „zeitbombe islam“. 4der vertrag enthält folgende regelungen: 5„§ 2 rechte dritter 62.1 der autor versichert, dass das werk noch nicht (auch nicht in wesentlichen teilen) veröffentlicht wurde, dass er allein berechtigt ist, über die vertragsgegenständlichen rechte an seinem werk uneingeschränkt und frei von rechten dritter zu verfügen, […] 7§ 3 rechtseinräumung 83.1 der autor räumt dem verlag an dem werk die räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten, ausschließlichen nutzungsrechte für alle bekannten und unbekannten nutzungsarten ein. die rechtseinräumung erstreckt sich auf die verwertung der nutzungsrechte sowohl im eigenen verlag als auch durch entgeltliche und unentgeltliche (auch teilweise) vergabe von rechten an dritte sowie alle ausgaben und auflagen in allen sprachen. eine genauere ausweisung der übertragenen rechte findet sich in der anlage. 9das recht der vervielfältigung und verbreitung des werkes in hardcover-, taschenbuch […] sowie das recht zur aufnahme des werkes oder von teile darauf in archive und sammlungen […] das recht des ganzen oder teilweisen vorabdrucks und nachdrucks des werkes […] das recht zur vervielfältigung und verbreitung von ausgaben oder teilen davon […] 10§ 6 manuskriptablieferung, rücktritt, sonstige rechte und pflichten 116.2 als spätester lieferzeitpunkt für das vollständige und vervielfältigungsfähige manuskript wird ein tag nach vertragsschluss vereinbart. das manuskript ist einschließlich etwa vorgesehener und vom autor zu beschaffender bildvorlagen den formalen und technischen vorgaben des verlags entsprechend in elektronischer form zu übergeben. […] als erscheinungstermin wird ende august 2018 vereinbart […].“ 12in der anlage zu dem vertrag heißt es unter 3.1. rechtseinräumung: 133.1.1 print- und verlagsrechte 14a. das recht zur vervielfältigung und verbreitung des werkes in hardcover-, taschenbuch-, reprint-, schul-, buchgemeinschaft […] und sonstigen buchausgaben […]. 15c. das recht des ganzen oder teilweisen vorabdrucks und nachdrucks des werkes, […] 163.1.4. „das recht, das werk in allen vertragsgegenständlichen körperlichen nutzungsarten zu veröffentlichen, gewerblich oder nichtgewerblich auszuleihen und/oder zu vermieten“ 17vorprozessual erteilte der autor t der klägerin folgende ermächtigung: 18„hiermit ermächtige ich […] zur gerichtlichen und außergerichtlichen wahrnehmung sämtlicher aus der verletzung meiner urheberrechte an dem werk „feindliche übernahme. wie der islam den fortschritt behindert und die gesellschaft bedroht“ resultierender rechte, einschließlich derjenigen aus der verletzung des rechts aus § 12 urhg, im eigenen namen (gewillkürte prozesstandschaft).“ 19die klägerin hatte das manuskript des buches vor veröffentlichung an mehrere, die genaue anzahl ist im einzelnen streitig, ausgewählte medienunternehmen übersandt. unstreitig ging den beklagten das manuskript vor veröffentlichung der nachfolgend genannten artikel zu. die ebenfalls von der klägerin am 06.07.2018 herausgegebene verlagsankündigung enthielt folgenden text: 20„das zurückbleiben der islamischen welt, die integrationsdefizite der muslime in deutschland und europa sowie die unterdrückung der muslimischen frauen sind eine folge der kulturellen prägung durch den islam. das zeigt t in seinem neuen bestseller. auch deutschland muss sich diesen tatsachen stellen, wächst doch der anteil der muslime in deutschland und europa durch einwanderung und anhaltend hohe geburtenraten immer weiter an. bei einer fortsetzung dieses trends sind die muslime hier auf dem weg zur mehrheit. unsere kultur und gesellschaft lassen sich nur schützen, indem die weitere einwanderung von muslimen gestoppt und die integration der bei uns lebenden muslime mit robusten mitteln vorangetrieben wird. denn alle tendenzen, den islam zu reformieren, sind bisher weitgehend gescheitert. so gibt es in keinem land, in dem muslime in der mehrheit sind, religionsfreiheit und eine funktionierende demokratie. stattdessen leidet die islamische welt als ganzes unter einem explosionsartigen bevölkerungswachstum, und ihre fanatisierung nimmt ständig zu. 21t spannt einen bogen von den aussagen des koran zur mentalen prägung der muslime, von da weiter zu den eigenarten und problemen muslimischer staaten und gesellschaften und schließlich zu den einstellungen und verhaltensweisen von muslimen in den einwanderungsgesellschaft des westens.“ 22am 18.08.2018 erschien der streitgegenständliche artikel „der neue t und die alten sorgen“ in der ausgabe 34/2018 in der printausgabe des magazins h und am 24.08.2018 auf der internetseite des h magazins www.h .de. 23der artikel lautet auszugsweise wie folgt: 24„[…] die spd streitet über t . bis heute ist es ihr nicht gelungen, den autor aus der partei zu werfen. nun hat er wieder ein buch geschrieben: „feindliche übernahme“, eine islam kritik. h liegt das manuskript vor. […] 25die knapp 500 seiten gipfeln in einer klaren aussage, einer conclusio, die im deutschen parlament so bislang nur von der afd geteilt wird: die einwanderung von muslimen muss grundsätzlich unterbunden werden. […] 26sein buch schließt mit der frage: „was kann man tun?“ dann folgen diese neun antworten, hier vollständig zitiert 271. man muss verhindern, dass sich das demographische gewicht der muslime in deutschland und europa weiterhin durch einwanderung und geburtenreichtum kontinuierlich verstärkt. deshalb muss man die einwanderung von muslimen grundsätzlich unterbinden und falsche anreize im sozialsystem beseitigen. 282. man muss mit allen richtungen des islamischen glaubens in dialog bleiben. die relevanz der kernaussagen der traditionellen islamischen lehre für die moderne welt muss man dabei immerhin wieder hinterfragen und den zusammenhang zur rückständigkeit der islamischen welt auch öffentlich herstellen. 293. man muss das frauenbild und die rolle der frau im islam immer wieder öffentlich kritisieren. 304. man muss in schulen und öffentlichen einrichtungen die fortschritt- und freiheitsfeindlichen aspekte des islam thematisieren. 315. die gesellschaftlich richtige antwort auf die religiöse herausforderung durch den islam ist nicht mehr die christliche oder eine andere religion, sondern mehr säkulare aufklärung. wo vertreter christlicher religion in falsch verstandener solidarität problematische aspekte des islam verdrängen oder herunterspielen, gehört zur islam kritik auch die kritik an den vertreter christlicher kirchen. 326. man muss klar kommunizieren: in der gesamten islamischen geschichte und gegenwart gab und gibt es keinen fall eines toleranten mehrheitsislan, der nichtmuslimen gleiche rechte gewährte oder gewährt, darunter auch das recht zur missionierung der muslime. 337. wenn es den toleranten mehrheitsislam noch nie gab und auch gegenwärtig nirgendwo gibt, ist es nicht nur erlaubt, sondern auch geboten, ihn öffentlich immer wieder die schimäre zu nennen, die er tatsächlich ist. 348. die geistige reform des islam ist eine aufgabe der muslime. der tolerante, mit demokratie und pluralität kompatible islam ist bislang in der islamischen welt ein projekt kleiner minderheiten. außer den büchern einiger islamische intellektueller in europa gibt es dazu bisher wenig. die weitere entwicklung zu einem liberalen, mit der moderne und der demokratie kompatiblen islam hängt von den muslime selbst ab. 359. die wahrscheinlichkeit, dass es in den nächsten jahren und jahrzehnten zu einer breit angelegten reform des islam in richtung demokratie und pluralität kommt, ist eher niedrig. gegenwärtig dringt überall in der islamischen welt die islamistische radikalisierung vor. die länder des westens sollten sich in ihrer einwanderungs- und integrationspolitik entsprechend aufstellen, um daraus erwachsenden gefahren vorbeugend abzuwehren.“ 36so sieht es t . verletzt er damit sozialdemokratische grundsätze? oder hat das flüchtlingsjahr 2015 das gesellschaftliche klima innerhalb der spd so sehr verändert, dass ein parteimitglied und ehemaliger berliner senator den grundsätzlichen einwanderungstop von muslimen fordern kann“. 37zum zeitpunkt der veröffentlichungen des streitgegenständlichen artikels schwebte ein parteiausschlussverfahren über der person des autors t . im hinblick auf das schwebende parteiausschlussverfahren sowie die kurzbevorstehende buchveröffentlichung erschienen eine vielzahl von zeitungsartikeln unter anderem in der frankfurter allgemeinen zeitung, der bild und der welt. 38am 30.08.2018 erschien das buch „feindliche übernahme. wie der islam den fortschritt behindert und die gesellschaft bedroht“ im g verlag. 39die klägerin behauptet, aktivlegitimiert zu sein. die klägerin behauptet ferner, dass i , ein redakteur, der schwerpunktmäßig für h tätig sei, am 06.08.2018 eine vertraulichkeitsvereinbarung für die beklagte zu 1 unterschrieben habe. diese vereinbarung beinhalte folgendes: 40„zwischen dem g verlag, ein imprint der münchner verlagsgruppe gmbh […] und herrn i , h magazin, […] der buchverlag veröffentlicht das werk mit dem titel „feindliche übernahme“ des autors dr. t . das buch erscheint zum 30.08.2018. der buchverlag ist bereits, dem journalisten das buch vor erscheinen zu übersenden. eine besprechung/kritik des werkes darf nicht vor dem erscheinungsdatum veröffentlicht werden (sperrfrist). auch dürfen inhalte aus dem werk, die über die verlagsankündigung hinausgehen, nicht vor dem erscheinungsdatum veröffentlich werden. der text der verlagsankündigung hängt dieser vereinbarung an. im falle eines verstoßes gegen die sperrfrist ist der buchverlag berechtigt, vom journalisten eine vertragsstrafe in höhe von 50.000 euro zu fordern. soweit gesetzlich zulässig ist ausschließlicher gerichtsstand für alle streitigkeiten aus oder im zusammenhang mit dieser vereinbarung der sitz des buchverlages (z.zt. münchen).“ 41die klägerin behauptet, die beklagte zu 1 habe das manuskript von dem zeugen i erhalten und für den oben genannten streitgegenständlichen artikel verwendet. sie behauptet ferner, das manuskript vor veröffentlichung am 30.08.2018 an ausschließlich 36 ausgewählte medienunternehmen bzw. deren journalisten jeweils nach unterzeichnung einer vertraulichkeitsvereinbarung übersandt zu haben. sie ist der ansicht, dass der zeuge i die beklagte zu 1 mit abschluss der vertraulichkeitsvereinbarung vertraglich gebunden und sie daher einen anspruch auf zahlung der vertragsstrafe habe. 42die klägerin hat ursprünglich beantragt, 431. die beklagten zu 1) und zu 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die klägerin ein betrag i.h.v. 50.000 eur nebst zinsen i.h.v. 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz auf den zuerkannten betrag seit rechtshängigkeit zu zahlen. 442. die beklagten zu 1) und zu 2) werden verurteilt, der klägerin auskunft über die herkunft der rechtsverletzenden vervielfältigungsstücke oder sonstigen erzeugnisse, insbesondere der herkunft der manuskriptdatei zu erteilen, nach deren vorlage die textpassagen aus dem werk „feindliche übernahme. wie der islam den fortschritt behindert und die gesellschaft bedroht“ des autors t im magazin h (aufgabe 34 / 2018) vervielfältigt, verbreitet und/oder öffentlich zugänglich gemacht hat. 453. die beklagten zu 1) und zu 2) werden verurteilt, der klägerin die manuskriptdatei vorzulegen, nach deren vorlage sie die textpassagen aus dem werk „feindliche übernahme“. wie der islam den fortschritt behindert und die gesellschaft bedroht“ des autors t im magazin h (ausgabe 34/2018) vervielfältigt, verbreitet und/oder öffentlich zugänglich gemacht haben. 464. die beklagten zu 1) und zu 2) werden verurteilt, die in ihren unmittelbaren oder mittelbaren besitz oder eigentum befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen verbreitung bestimmten vervielfältigungsstücke zu vernichten. 475. die beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, die rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen verbreitung bestimmten vervielfältigungsstücke zurückzurufen. 48in der mündlichen verhandlung vom 18.06.2020 erklärte die klägerin den antrag zu 3 für erledigt. 49die beklagten beantragen, 50die klage abzuweisen. 51die beklagten sind der ansicht, dass sie nicht durch die streitige vertraulichkeitsvereinbarung vertraglich gebunden worden sei. ferner sind sie der ansicht, dass die klägerin bereits vor erscheinen des streitgegenständlichen artikels das werk durch übersendung an die medienvertreter veröffentlicht habe. ferner sei die sog. verlagsankündigung, die bereits einen wesentlichen inhalt des werkes darstelle, vor veröffentlichung erschienen. die im streitgegenständlichen artikel wiedergegebenen thesen seien insofern in der verlagsankündigung bereits enthalten oder zumindest angerissen wurden. darüber hinaus ist sie der ansicht, dass die schrankenregelungen der §§ 50, 51 urhg zu ihren gunsten griffen. 52 | 53i. die klage ist zulässig. 541. die zuständigkeit des landgerichts köln folgt aus § 32 zpo. die klägerin macht ansprüche aus urheberrechtsverletzungen gegen die beklagten geltend. diese zählen zu den unerlaubten handlungen im sinne von § 32 zpo. eine unerlaubte handlung im sinne von § 32 zpo ist sowohl am handlungsort als auch am erfolgsort begangen, so dass eine zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die verletzungshandlung begangen oder in das rechtsgut eingegriffen worden ist. zur begründung der zuständigkeit reicht die schlüssige behauptung von tatsachen aus, auf deren grundlage sich eine im gerichtsbezirk begangene unerlaubte handlung ergibt (vgl. bgh, urteil vom 12.12.2013 – i zr 133/12, grur 2014, 601 - englischsprachige pressemitteilung; bgh, urteil vom 21.04.2016 - i zr 43/14, wrp 2016,1114 ff. - an evening with marlene dietrich - zitiert nach juris rn. 17 m.w.n.). 55nach diesen grundsätzen ist die örtliche zuständigkeit des landgerichts köln begründet, da der internetauftritt der beklagten, mittels welchem eine der beiden streitgegenständlichen verletzungshandlungen begangen wurde, sich mit dem ziel der aufklärung und information der bevölkerung an die öffentlichkeit in der ganzen bundesrepublik deutschland und damit an alle internetnutzer wie auch leser, auch solche wohnhaft in köln, richtet. gleiches gilt auch für die veröffentlichung der printausgabe, welche ebenfalls auf dem gesamten gebiet der bundesrepublik deutschland erhältlich ist. 562. hinsichtlich des ursprünglichen klageantrages zu 3 war der antrag aufgrund der in der mündlichen verhandlung vom 18.06.2020 erfolgten teilweisen erledigungserklärung in einen feststellungsantrag umzudeuten. die zulässigkeit folgt aus § 264 nr. 2 zpo. 57ii. die klage ist in dem zuerkannten umfang begründet. 581. die klägerin ist hinsichtlich der geltendmachung von ansprüchen wegen der verletzung des vervielfältigungs- und verbreitungsrechtes sowie hinsichtlich des rechtes der öffentlichen zugänglichmachung aktivlegitimiert. das recht zur geltendmachung einer verletzung des veröffentlichungsrechtes kann sie in gewillkürter prozessstandschaft geltend machen. 59a. ausweislich des vorgelegten autorenvertrages zwischen der klägerin und dem zeugen t vom 03.06.2018 wurden der klägerin hinsichtlich des werkes mit dem (damaligen) arbeitstitel „zeitbombe islam“, die räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten nutzungsrechte für alle bekannten und unbekannten nutzungsarten eingeräumt. in der anlage zu dem vertrag wurden der klägerin insbesondere das recht zur vielfältigung und verbreitung des werkes, das recht des vorabdruckes sowie das recht das werk in allen vertragsgegenständlichen körperlichen nutzungsarten zu veröffentlichen eingeräumt. 60b. das recht zur veröffentlichung im sinne des § 12 abs. 1 urhg konnte der zeuge t zwar nicht übertragen, da dieses als teil des urheberpersönlichkeitsrechtes höchstpersönlicher natur und damit nicht übertragbar ist. allerdings kann die klägerin dieses aufgrund der vorgelegten und als ermächtigung bezeichneten erklärung des zeugen t als urheber der werkes in gewillkürter prozessstandschaft geltend machen. 61das veröffentlichungsrecht steht gemäß § 12 abs. 1 urhg dem urheber zu und kann als urheberpersönlichkeitsrecht nicht auf andere übertragen werden. jedoch kann die veröffentlichung selbst dritten überlassen werden, insbesondere im rahmen einer nutzungsrechtseinräumung (wandtke/wandtke/bullinger, urheberrecht, § 12, rn. 2, 5. auflage 2019). der urheber kann im rahmen einer nutzungsrechtseinräumung dem nutzungsberechtigten die veröffentlichung des werkes zunächst gestatten und es dem nutzungsberechtigten überlassen, wann er von seiner befugnis gebrauch macht (olg köln, urteil vom 12.6.2015 – 6 u 5/15 afghanistan papiere). 62so liegt der fall auch hier. zum einen wurde der klägerin ausweislich 3.1.4 der anlage zum autorenvertrag der klägerin das recht eingeräumt, das werk in allen vertragsgegenständlichen körperlichen nutzungsarten zu veröffentlichen. zum anderen folgt aus der vertraglich vereinbarten verwertung der nutzungsrechte, dass mit ablieferung des werkes die veröffentlichungsbefugnis auf die klägerin übergehen sollte. hiermit hat der zeuge t zwar nicht das als teil des urheberpersönlichkeitsrechts anzusehende veröffentlichungsrecht übertragen. allerdings hat der zeuge t die veröffentlichung nur durch die klägerin gestattet. 63die klägerin kann indes die verletzung des veröffentlichungsrechtes gemäß § 12 urhg in gewillkürter prozessstandschaft geltend machen. 64eine entsprechende ermächtigung durch den urheber des werkes „feindliche übernahme. wie der islam den fortschritt behindert und die gesellschaft bedroht.“ und des streitgegenständlichen textauszuges liegt in form des als anlage k 8 vorgelegten schreibens vor. in prozessualer hinsicht kann es dahinstehen, ob das schreiben auf den 18.02.2018 oder 18.02.2019 datiert, da beide daten vor klageerhebung liegen. in materieller hinsicht hat der zeuge t mit dem im späteren verlauf zur akte gereichten schreiben, datierend auf den 18.02.2019, spätestens aber die ermächtigung hinsichtlich der geltendmachung des veröffentlichungsrechtes erteilt. das erforderliche interesse der klägerin ergibt sich schon daraus, dass der urheber ihr die veröffentlichung überlassen hat und partielle, ungenehmigte vorabdrucke auch ihren wirtschaftlichen interessen entgegenstehen. auch ist das recht zur veröffentlichung nach § 12 urhg übertragbar. grundsätzlich können höchstpersönliche rechte nur von den rechtsinhabern selbst geltend gemacht werden (zöller, vorbemerkung zu §§ 50-58, rn. 42, 33. auflage 2020). etwas anderes gilt aber, wenn der rechtinhaber die kommerzielle auswertung von z.b. namensrechten gestatten kann (bgh, urteil vom 23.09.1992, i zr 251/30). auch im urheberrecht ist die abtretbarkeit von ansprüchen wegen der verletzung des urheberpersönlichkeitsrechtes wie das urheberbenennungsrecht nach § 13 urhg anerkannt (bgh, urteil vom 15.01.2015, i zr 148/13). das veröffentlichungsrecht ist gleichfalls kommerzialisierbar, was nicht zuletzt aus der möglichkeit der (entgeltlichen) gestattung der ausübung des veröffentlichungsrechtes folgt. 652. die beklagten sind passivlegitimiert. die beklagte zu 1 ist die verantwortliche herausgeberin der hier streitgegenständlichen ausgabe des h magazins. gleiches gilt für den auf der internetseite www.h .de herausgegebenen artikel des h magazins. der beklagte zu 2 ist verfasser des streitgegenständlichen artikels. 663. der klägerin steht gegen die beklagten ein anspruch auf zahlung von schadensersatz in höhe von 10.000 eur gemäß §§ 97 abs. 1, 12, 16, 17, 19a urhg i.v.m. § 840 bgb zu. 67a. bei den hier streitgegenständlichen textpassagen handelt es sich um ein geschütztes sprachwerk im sinne des § 2 abs. 1 nr. 1 urhg. dass es sich lediglich um einen auszug aus dem werk des autors t handelt ist unschädlich. 68für die beurteilung der schutzfähigkeit eines sprachwerkes kommt es unter anderem auf art und umfang des werkes an, wobei die länge des textes aufschluss über die schutzfähigkeit geben kann. die einzelnen worte und zeichen genießen grundsätzlich keinen schutz (dreier/schulze, § 2, rn. 83, 6. auflage 2018). die hier wiedergegebenen textpassagen geben die kernthesen des buches wieder, welche die kernaussagen der gesellschaftspolitischen untersuchungen des autors kurz und prägnant zusammenfassen sollen. sprachlich haben die textpassagen appellartigen charakter und sind plakativ gehalten, stilistisch sind sie in form von thesen aufgebaut. inhalt, stil und anordnung der textpassagen weisen den erforderlichen grad an individualität sowohl hinsichtlich der form als auch des inhaltes auf. 69b. indem der beklagte zu 2 die streitgegenständlichen textpassagen unverändert in seinen artikel übernommen hat und die beklagte den artikel sowohl in ihrer printausgabe als auch online zugänglich machte, hat sie in die verwertungsrechte der klägerin gemäß §§ 16, 17 und 19a urhg sowie in § 12 urhg eingegriffen. 70der klägerin stehen, wie oben ausgeführt, die ausschließlichen verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen werk zu. die nutzung erfolgte unstreitig ohne zustimmung der klägerin. dass sie eine von der klägerin abgeleitete berechtigung zur verwendung des streitgegenständlichen werkes haben, behaupten auch die beklagten nicht. 71c. der eingriff in die rechte der klägerin erfolgte rechtswidrig, insbesondere ist er nicht durch die schrankenregelungen der §§ 50, 51 urhg gerechtfertigt. 72aa. die voraussetzungen der schrankenregelung einer berichterstattung über tagesereignisse gemäß § 50 urhg liegen nicht vor. die wortgleiche wiedergabe der wesentlichen kernthesen des buches war weder für die berichterstattung erforderlich noch war sie angemessen. 73gemäß § 50 urhg ist die berichterstattung über tagesereignisse durch funk oder durch ähnliche technische mittel, in zeitungen, zeitschriften und in anderen druckschriften oder sonstigen datenträgern, die im wesentlichen tagesinteressen rechnung tragen, sowie im film die vervielfältigung und öffentliche wiedergabe von werken, die im verlauf dieser ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den zweck gebotenen umfang zulässig. 74(1) die beklagten haben in dem angegriffenen artikel über ein tagesereignis berichtet. 75(aa) unter einem tagesereignis ist nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofs jedes zur zeit des eingriffs in das urheberrecht aktuelle geschehen zu verstehen, das für die öffentlichkeit von interesse ist, wobei ein geschehen so lange aktuell ist, wie ein bericht darüber von der öffentlichkeit noch als gegenwartsberichterstattung empfunden wird (bgh, urteil vom 11. juli 2002 - i zr 285/99, grur 2002, 1050, 1051 [juris rn. 19] = wrp 2002, 1302 - zeitungsbericht als tagesereignis; urteil vom 20. dezember 2007 - i zr 42/05, bghz 175, 135 rn. 48 - tv-total; urteil vom 5. oktober 2010 - i zr 127/09, grur 2011, 415 rn. 11 f. = wrp 2011, 609 - kunstausstellung im online-archiv; urteil vom 17. dezember 2015 - i zr 69/14, grur 2016, 368 rn. 14 = wrp 2016, 485 - exklusivinterview). 76der streitgegenständliche artikel erschien am 18.08.2018 in der printausgabe und wurde am 24.08.2018 online gestellt. zu diesem zeitpunkt stand die veröffentlichung des buches kurz bevor. der zu erwartende gedankliche inhalt des buches war durch die veröffentlichung der verlagsankündigung bekannt und die auswirkungen der veröffentlichung des buches auf das parteiausschlussverfahren und die diskussion über die vereinbarkeit der thesen des autors mit den sozialdemokratischen grundsätzen waren gegenstand öffentlicher diskussionen. in diesem tagesaktuellen kontext erfolgte die berichterstattung der beklagten. die beklagte hat ferner artikel der frankfurter allgemeinen zeitung, der x, der c berlin und der c1 zeitung vom 12.08.2018 und 13.08.2018 vorgelegt, welche sich ebenfalls mit der haltung des autors t zu fragen der integration und des islam, dem zum damaligen zeitpunkt anhängigen parteiausschlussverfahren und in diesem zusammenhang stehenden kurz bevorstehenden veröffentlichung des buches samt der streitbaren haltung des autors auseinandersetzen. 77(bb) die texte des klägers sind im sinne von § 50 urhg im verlaufe des von der beklagten berichteten tagesereignisses wahrnehmbar geworden. die beklagten haben nicht das werk des autors t selbst zum gegenstand ihrer berichterstattung und damit wahrnehmbar gemacht. das merkmal, dass das werk im verlaufe des berichteten tagesereignisses wahrnehmbar geworden sein muss, setzt das in art. 5 abs. 3 buchst. c fall 2 der richtlinie 2002/19/eg geregelte erfordernis um, dass die nutzung des urheberrechtlich geschützten werks oder des sonstigen schutzgegenstands in verbindung mit der berichterstattung über tagesereignisse stehen muss (bgh, urteil vom 30.04.2020, i zr 228/15, reformistischer aufbruch ii). so liegt der fall auch hier. das zum gegenstand der berichterstattung gemachte tagesereignis ist nicht der streitgegenständliche text des autors als solcher, sondern die aktuelle diskussion über die vereinbarkeit der meinung des autors mit den sozialdemokratischen grundsätze und den auswirkungen der veröffentlichungen der streitbaren ansichten des autors im hinblick auf das anhängige parteiausschlussverfahren. 78(cc) die streitgegenständliche berichterstattung entspricht nicht dem gebot der verhältnismäßigkeit. die wortwörtliche übernahme der neun kernthesen des autors, mithin die quintessenz des buches, war nicht zur erreichung des informationszieles erforderlich. 79gemäß § 50 urhg ist die berichterstattung über tagesereignisse nur in einem durch den zweck gebotenen umfang zulässig. nach art. 5 abs. 3 buchst. c fall 2 der richtlinie 2001/29/eg darf die fragliche nutzung des werks nur erfolgen, soweit es der informationszweck rechtfertigt, sie also dem grundsatz der verhältnismäßigkeit entspricht. daraus ergibt sich, dass die nutzung des geschützten werks zur erreichung des verfolgten ziels geeignet sein muss und nicht die grenzen dessen überschreiten darf, was zur erreichung des verfolgten informationsziels erforderlich ist (eugh, grur 2019, 940 rn. 34 und 68 - spiegel online). ferner ist zu berücksichtigen, dass die ausnahme oder beschränkung gemäß art. 5 abs. 3 buchst. c fall 2 der richtlinie 2001/29/eg nicht als ausnahme von einer allgemeinen regel eng, sondern in einer weise auszulegen ist, die ihre praktische wirksamkeit wahrt und ihre zielsetzung beachtet, die achtung der grundfreiheiten des rechts auf meinungsfreiheit und auf pressefreiheit zu gewährleisten (vgl. eugh, grur 2019, 940 rn. 53 und 55 bis 59 - spiegel online). im rahmen der prüfung der verhältnismäßigkeit sind außerdem die betroffenen grundrechte des rechts am geistigen eigentum auf der einen und der meinungsäußerungsfreiheit und informationsfreiheit auf der anderen seite gegeneinander abzuwägen (vgl. eugh, grur 2019, 940 rn. 38 - spiegel online). eine berichterstattung über tagesereignisse ist folglich nur dann gemäß § 50 urhg privilegiert, wenn sie verhältnismäßig ist, das heißt mit blick auf den zweck der schutzschranke, der achtung der grundfreiheiten des rechts auf meinungsfreiheit und auf pressefreiheit, den anforderungen der geeignetheit, erforderlichkeit und angemessenheit (verhältnismäßigkeit im engeren sinne) entspricht (bgh, urteil vom 30.04.2020, i zr 228/15, reformistischer aufbruch ii). 80die öffentliche zugänglichmachung der streitgegenständlichen texte durch die beklagte war geeignet, das mit der berichterstattung verfolgte informationsziel zu erreichen. das mit dem angegriffenen artikel verfolgte ziel der beklagten bestand im streitfall darin, ihre leser über die zum zeitpunkt der berichterstattung aktuellen auswirkungen der kurz bevorstehenden buchveröffentlichung mit den provokativen ansichten des autors, über deren möglichen widerspruch zu sozialdemokratischen grundsätzen sowie über die auswirkungen auf das parteiausschlussverfahren der spd zu informieren. 81die wortgleiche übernahme der kernthesen des autors war indes nicht erforderlich. 82die beklagten selbst tragen vor, dass die durch die klägerin veröffentlichte verlagsankündigung bereits einen teil der thesen enthält. nach ansicht der beklagten gibt die verlagsankündigung schon „vollumfänglich“ die haltung des autors wieder (schriftsatz vom 28.05.2019, s. 10). um die wiedergabe dieser haltung und deren auswirkungen auf das parteiausschlussverfahren ging es der beklagten nach eigenen ausführungen aber in ihrer berichterstattung. folgt aber die haltung des autors schon aus der verlagsankündigung und beinhaltet diese – nach auffassung der beklagten – bereits die thesen, ist die wortwörtliche übernahme der quintessenz des buches aber nicht erforderlich. dies zeigt auch ein vergleich mit den durch die beklagte vorgelegten artikel. so legt die beklagte selbst artikel anderer zeitungen vor, die ebenfalls das schwebende parteiausschlussverfahren und die neueren thesen des autors t thematisieren ohne sich auch nur einer der kernthesen des autors zu bedienen. der durch die beklagte vorgelegte artikel der bild-zeitung zitiert wiederum „nur“ aus der verlagsankündigung und auch dies nur auszugsweise. die anderen artikel kommen sogar ohne zitat der verlagsankündigung aus. die vollständige wiedergabe der textpassagen war auch deshalb nicht erforderlich, weil die beklagten sich nicht dezidiert mit den einzelnen thesen des autors auseinandergesetzt haben, sondern mit seiner allgemeinen haltung gegenüber u.a. themen wie zuwanderung und dem etwaigen widerspruch zu den parteipolitischen zielen der spd. so schreibt auch der beklagte zu 2. wiederum als gedankenanstoß „[…]oder hat das flüchtlingsjahr 2015 das gesellschaftliche klima innerhalb der spd so sehr verändert, dass ein parteimitglied und ehemaliger berliner senator den grundsätzlichen einwanderungsstop von muslimen fordern kann […]“. da sich die haltung des autors – schon nach vortrag der beklagten selbst – aber bereits hinlänglich aus der durch die klägerin bereit gestellten verlagsankündigung ergibt, war die wörtliche übernahme der neun kernthesen und damit der quintessenz des buches eine woche vor dem erscheinen des buches nicht erforderlich. sofern die beklagten nunmehr bestreiten, dass es sich bei den neun thesen um den kernbestandteil des buches und die zentrale aussage der untersuchung handelt, ist dieses bestreiten angesichts der eigenen ausführungen in ihrem artikel, in welchem die neun thesen als conclusio dargestellt werden, widersprüchlich und somit unbeachtlich. 83die wörtliche übernahme der neun kernthesen des autors war überdies nicht angemessen. 84im rahmen der prüfung der verhältnismäßigkeit sind die betroffenen grundrechte des rechts am geistigen eigentum auf der einen seite und der meinungsäußerungsfreiheit und informationsfreiheit auf der anderen seite gegeneinander abzuwägen (vgl. eugh, grur 2019, 940 rn. 38 - spiegel online, bgh, urteil vom 30.04.2020 a.a.o.). da keine konkreten und hinreichenden anhaltspunkte für die annahme vorliegen, dass das grundrechtliche schutzniveau des unionsrechts - hier art. 17 abs. 2 sowie art. 11 abs. 1 und 2 der eu-grundrechtecharta - durch die in art. 5 abs. 1 satz 1 und 2 und 14 abs. 1 gg geregelten grundrechte des grundgesetzes nicht gewahrt ist, sind diese nach den vorstehend wiedergegebenen grundsätzen in die abwägung einzustellen. der konflikt zwischen grundrechtlich geschützten positionen verschiedener grundrechtsträger ist dabei nach dem grundsatz praktischer konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden ausgleich erfahren (vgl. bverfge 28, 243, 260 f.; 41, 29, 50; 52, 223, 247, 251; 93, 1, 21; bgh, urteil vom 30. märz 2017 - i zr 19/16, grur 2017, 1233 rn. 22 = wrp 2017, 1482 - loud). 85im streitfall sind nach diesen maßstäben bei der auslegung und anwendung der verwertungsrechte und der schrankenregelungen auf der seite der klägerin die durch art. 14 abs. 1 gg geschützten ausschließlichen verwertungsrechte zu berücksichtigen. für die beklagte streiten dagegen die grundrechte der meinungs- und pressefreiheit gemäß art. 5 abs. 1 satz 1 und 2 gg. 86den von der beklagten dabei in anspruch genommenen grundrechten der meinungs- und der pressefreiheit kommt ein besonders hoher rang zu, weil die umfassende und wahrheitsgemäße information der bürger durch die presse eine grundvoraussetzung des prozesses demokratischer meinungs- und willensbildung ist; diese grundrechte gewinnen bei einem konflikt mit anderen rechtsgütern besonderes gewicht, wenn sie angelegenheiten betreffen, die die öffentlichkeit wesentlich berühren (bgh, urteil vom 30.04.2020, a.a.o.). im hinblick auf die interessen der klägerin ist zu berücksichtigen, dass ihr durch art. 14 abs. 1 gg geschütztes ausschließliches recht zur öffentlichen zugänglichmachung durch die veröffentlichung der quintessenz des buches eine woche und damit kurz vor dem erscheinen desselbigen ganz erheblich betroffen war und der beginn der erstverwertungsphase des buches kurz bevorstand. in diesem zusammenhang ist zu sehen, dass die beklagten nicht irgendeine stelle des buches wörtlich wiedergegeben haben, sondern sich der zusammenfassung des gedanklichen inhaltes des buches bedient haben und damit erheblich in die erstverwertungsrechte der klägerin eingegriffen haben. es handelt sich damit um einen eingriff in die ausschließlichen wirtschaftlichen verwertungsrechte der klägerin, welchen im rahmen der abwägung – da ausfluss aus art. 14 gg - ein besonderes gewicht zukommt (bgh, urteil vom 30.04.2020, i zr 139/15, afghanistan-papiere ii). ein vergleich zu den artikel anderer pressevertreter zeigt zudem, dass dem informationsinteresse der öffentlichkeit auch dann genüge getan ist, wenn nicht einmal die verlagsankündigung zitiert wird. auch geht die ansicht der beklagten, sie habe die thesen vollständig zitieren müssen, um den inhalt nicht zu verfälschen, fehl. zum einen übersieht die beklagte, dass es sich im vorliegenden fall um ein noch nicht veröffentlichtes werk handelt. zum anderen ginge unter dieser prämisse die abwägung – bei wortwörtlicher übernahme wesentlicher teile urheberrechtlich geschützter werke –stets zu lasten des urhebers, was auch angesichts der durch den eugh und bgh geforderten sorgfältigen abwägung nicht gewollt sein kann. selbst wenn man unterstellt, dass der informationsgehalt bei wortwörtlicher wiedergabe ein anderer ist, war dies angesichts der kurz bevorstehenden veröffentlichungen des buches und des wirtschaftlichen verwertungsinteresses der klägerin schlicht nicht verhältnismäßig. 87der eingriff ist auch nicht allein über die in art. 5 gg gewährleistete presse- und informationsfreiheit gerechtfertigt. art. 5 gg bietet keine eigenständige schrankenregelung. die grundrechte des grundgesetzes und die grundrechte der charta der grundrechte der europäischen union können außerhalb der in art. 5 abs. 2 und 3 der richtlinie 2001/29/eg vorgesehenen ausnahmen und beschränkungen keine abweichung von den ausschließlichen rechten der rechtsinhaber rechtfertigen (vgl. eugh, grur 2019, 940 rn. 49 - spiegel online; grur 2019, 934 rn. 64 - funke medien). eine außerhalb der urheberrechtlichen verwertungsbefugnisse und schrankenbestimmungen angesiedelte allgemeine interessenabwägung kommt nicht in betracht. angesichts der ausdrücklichen regelungen der richtlinie würde eine von der auslegung und anwendung der urheberrechtlichen vorschriften losgelöste grundrechtsabwägung durch die gerichte in das vom richtliniengeber im rahmen seiner gestaltungsfreiheit bereits allgemein geregelte verhältnis von urheberrecht und schrankenregelung übergreifen (zum deutschen urheberrecht vgl. bverfg, grur 2012, 389 rn. 14 mwn; bgh, beschluss vom 1. juni 2017 - i zr 115/16, grur 2017, 895 rn. 51 = wrp 2017, 1114 - metall auf metall iii, m.w.n.). 88bb. zugunsten der beklagten greift auch nicht die schrankenregelung des § 51 urhg ein. weder das streitgegenständliche werk noch das buch des autors t „feindliche übernahme – wie der islam den fortschritt behindert und die gesellschaft bedroht“ waren zum zeitpunkt der veröffentlichung des streitgegenständlichen artikels veröffentlicht im sinne des § 51 urhg. 89gemäß § 51 s. 1 urhg ist die vervielfältigung, verbreitung und öffentliche wiedergabe eines veröffentlichten werkes zum zweck des zitats, sofern die nutzung in ihrem umfang durch den besonderen zweck gerechtfertigt ist, zulässig. für den fall, dass ein werk oder ein teil eines werkes nach § 51 urhg vervielfältigt oder öffentlich wiedergegeben wird, besteht nach maßgabe von § 63 abs. 1 und 2 urhg die verpflichtung zur angabe der quelle. diese bestimmungen dienen der umsetzung von art. 5 abs. 3 buchst. d der richtlinie 2001/29/eg und sind daher unionsrechtskonform auszulegen. nach art. 5 abs. 3 buchst. d der richtlinie 2001/29/eg können die mitgliedstaaten für zitate zu zwecken wie kritik oder rezensionen in bezug auf das in art. 2 buchst. a der richtlinie 2001/29/eg vorgesehene vervielfältigungsrecht und das in art. 3 abs. 1 der richtlinie 2001/29/eg vorgesehene recht der öffentlichen wiedergabe einschließlich der öffentlichen zugänglichmachung ausnahmen und beschränkungen vorsehen, sofern sie ein werk betreffen, das der öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht wurde, sofern - außer in fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist - die quelle, einschließlich des namens des urhebers, angegeben wird und sofern die nutzung den anständigen gepflogenheiten entspricht und in ihrem umfang durch den besonderen zweck gerechtfertigt ist. 90(1) das eingreifen der schutzschranke gemäß § 51 urhg setzt voraus, dass das zum gegenstand des zitats gemachte werk der öffentlichkeit bereits in seiner konkreten gestalt mit zustimmung des rechtsinhabers, aufgrund einer zwangslizenz oder aufgrund einer gesetzlichen erlaubnis zugänglich gemacht wurde (vgl. eugh, grur 2019, 940 rn. 95 - spiegel online). der begriff der veröffentlichung ist derjenige des § 6 abs. 1 urhg. entscheidend für das vorliegen einer öffentlichkeit i.s.v. § 6 abs. 1 urhg ist, dass es sich um einen nicht von vorneherein bestimmt abgegrenzten personenkreis handelt, bei dem der urheber im fall der vorstellung seines werkes nicht auf „veröffentlichungsreife bedacht zu sein braucht“. um der schutzintention des urhg rechnung zu tragen, ist daher davon auszugehen, dass § 6 abs. 1 urhg einen eigenen öffentlichkeitsbegriff enthält, der mit demjenigen des § 15 abs. 3 urhg zwar weitgehend übereinstimmt, mit diesem jedoch nicht gänzlich deckungsgleich ist (dreier/schulze/dreier, 6. aufl. 2018, urhg § 6 rn. 7). schon die gesetzessystematik spricht dafür, dass es sich bei § 6 urhg um eine im allgemeinen teil vorangestellte definition handelt. 91zum zeitpunkt der berichterstattung war das streitgegenständliche werk noch nicht der öffentlichkeit zugänglich gemacht. die übersendung des manuskriptes an bestimmte medienvertreter ist nicht als veröffentlichung anzusehen (wandtke/bullinger, § 6 rn. 12, 5. auflage, 2019; dreier/schulze, § 6, rn. 11, 6. auflage, 2018). nach dem vortrag der klägerin hat diese das manuskript nicht an einen unbestimmten kreis von personen, sondern an einen ausgewählten kreis von 36 journalisten, übersandt. sofern die beklagte diesen vortrag bestreitet, war dies unerheblich. alleine aus der tatsache, dass sie das manuskript von einem anderen als den 36 genannten medienvertretern erhalten hat, folgt nicht, dass die klägerin das manuskript an einen unbestimmten kreis von personen übersandt hat. dass die klägerin, die ein ganz erhebliches wirtschaftliches interesse an der erstverwertung hat, das manuskript wahllos einer vielzahl von personen hat zukommen lassen, ist abwegig und im übrigen auch nicht substantiiert vorgetragen. es handelt sich hier auch nicht um einen von vorneherein unbestimmbaren kreis an personen. das werk war nach übersendung an die medienvertreter nicht für jedermann zugänglich. dem steht auch nicht entgegen, dass letztlich mehr personen bzw. journalisten als von der klägerin beabsichtigt das manuskript erhalten haben. das recht aus § 12 urhg erlischt nämlich nicht durch eine unbefugte veröffentlichung (olg köln grur-rr 2005, 337). zwar war die weitergabe an andere personen nicht explizit verboten. allerdings folgt dies schon aus dem sinn der vertraulichkeitsvereinbarung, welche die klägerin nach überzeugung der kammer mit diversen medienvertretern geschlossen hat und die klägerin vor unberechtigten vorveröffentlichungen schützen sollte. dass es nicht im interesse der klägerin oder des autors war, dass das manuskript an eine vielzahl von personen weitergegeben wird, ergibt sich schon aus dem strafbewehrten versprechen, dass auszüge aus dem buch, welche über die verlagsankündigung hinausgehen, nicht veröffentlicht werden sollten. die annahme, dass die übersendung eines buchskriptes an einen ausgewählten kreis an journalisten mit dem ziel diesen die erstellung von rezensionen zu ermöglichen, eine veröffentlichung darstellen soll, ist auch mit der insoweit gerichtsbekannten branchenüblichen praxis des verlagswesens nicht zu vereinbaren. denn dies hätte zur folge, dass die verlage – in fällen wie dem vorliegenden – keine handhabe hätten, wenn wesentliche teile des werkes vor dem offiziellen erscheinungsdatum veröffentlicht werden würden und damit ein massiver wirtschaftlicher schaden eintreten würde. auch der annahme, der autor t habe sein erstveröffentlichungsrecht durch weitergabe des manuskriptes an die klägerin ausgeübt, stehen schon wiederum die branchenübliche praxis und die vertraglichen vereinbarungen zwischen dem autor und der klägerin entgegen. zwar hat der autor das werk mit übersendung an die klägerin aus seiner geheimsphäre entlassen. gleichzeitig hat der autor aber das recht zur ausübung des veröffentlichungsrechtes und damit die modalitäten der veröffentlichung an die klägerin übertragen. es kann letztlich dahinstehen, da die ausübung des veröffentlichungsrechtes und die veröffentlichung selbst auseinander fallen können (wandtke/bullinger, § 12, rn. 2, 5. auflage, 2019). letztere ist aber maßgeblich für die beurteilung, ob ein werk im sinne des § 51 urhg veröffentlicht wurde. da hier aber die vornahme der veröffentlichungshandlung durch die klägerin erst am 31.08.2018 erfolgte, ist – entgegen der auffassung der beklagten - in der übersendung des manuskriptes an die klägerin nicht die ausübung des veröffentlichungsrechtes des autors zu sehen. 92selbst wenn man den begriff der öffentlichkeit des § 15 abs. 3 urhg zugrunde legt, liegt keine veröffentlichung vor. die weitergabe des manuskriptes war hier auf bestimmte medienvertreter zwecks u.a. erstellung von buchbesprechungen beschränkt. der begriff der öffentlichkeit im sinne des § 15 abs.3 urhg dient der umsetzung der richtlinie 2001/29/eg des europäischen parlaments und des rates vom 22. mai 2001 zur harmonisierung bestimmter aspekte des urheberrechts und der verwandten schutzrechte in der informationsgesellschaft (amtsblatt eg nummer l 167 seite 10; im folgenden: richtlinie 2001/29). "öffentlichkeit" im sinne von art. 3 abs. 1 der richtlinie 2001/29 bedeutet nach der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union eine unbestimmte zahl potenzieller adressaten und muss aus recht vielen personen bestehen (vgl. eugh, urteil vom 15. märz 2012 - c-135/10 - scf, rn. 84; eugh, urteil vom 15. märz 2012 – c-162/10 – ppl/irland, rn. 33; eugh, urteil vom 7. märz 2013 - c-607/11 - itv broadcasting, rn. 31; eugh, urteil vom 27. februar 2014 – c-351/12 – osa, rn. 27; eugh, urteil vom 31. mai 2016 – c-115/15 – rehatraining, rn. 41). um eine „unbestimmte zahl potentieller adressaten“ handelt es sich, wenn die wiedergabe für "personen allgemein" erfolgt, also nicht auf besondere personen beschränkt ist, die einer privaten gruppe angehören (vgl. eugh, urteil vom 17. dezember 2006 - c-306/05 - sgae, rn. 37; eugh, urteil vom 15. märz 2012 - c-135/10 - scf, rn. 85; eugh, urteil vom 15. märz 2012 – c-162/10 – ppl/irland, rn. 34; eugh, urteil vom 31. mai 2016 – c-117/15 – rehatraining, rn. 42). 93die adressaten des manuskriptes – selbst wenn man mit der beklagten unterstellt, es wären mehr als 36 personen gewesen - waren medienvertreter, an die das manuskript zwecks buchbesprechungen, kritiken etc. vorab übersendet wurde und damit angehöriger einer besonderen, abgrenzbaren gruppe. 94d. das für die geltendmachung eines schadensersatzanspruchs erforderliche verschulden der beklagten ist darin zu sehen, dass diese zumindest fahrlässig, d.h. unter außerachtlassung der im verkehr erforderlichen sorgfalt (§ 276 bgb) verkannt haben, zu einer nutzung der texte der klägerin ohne deren zustimmung nicht berechtigt gewesen zu sein. die beklagten tragen selbst vor, dass sie das manuskript nicht von der klägerin selbst, sondern von einer dritten person, per e-mail in pdf-format erhalten hat. von einer zustimmung der klägerin gingen die beklagten nicht aus. auf die kenntnis der mit anderen medienvertretern geschlossenen strafbewehrten vertraulichkeitsvereinbarungen oder sperrfristen kommt es nicht an. es liegt auf der hand, dass die beklagte erkennen musste zur vorabveröffentlichung wesentlicher teile eines noch nicht veröffentlichten buches, welche sie von einem dritten und nicht dem rechteinhaber selbst erhalten, nicht berechtigt gewesen zu sein. 95e. die festsetzung der höhe des schadensersatzes auf 10.000 eur ist angemessen. 96die klägerin hat hier die berechnungsmethode der lizenzanalogie gewählt. danach kann der anspruchsteller von dem verletzer die vergütung verlangen, die ihm bei ordnungsgemäßer nutzungsrechtseinräumung gewährt worden wäre. es wird der abschluss eines lizenzvertrages zu angemessenen bedingungen fingiert (bgh grur 1993, 55 – tchibo/rolex ii; bgh grur 1990, 1008 – lizenzanalogie; bgh grur 2015, 780 – motorradteile). gibt es – wie im streitfall – keine branchenüblichen vergütungssätze und tarife, ist die höhe der als schadensersatz zu zahlenden lizenzgebühr vom tatrichter gem. § 287 zpo unter würdigung aller umstände des einzelfalls nach seiner freien überzeugung zu bemessen (bgh, zum 2013, 406 rn. 30 = grurrs 2013, 03085 = grur-rr 2013, 312 ls. – einzelbild). dabei sind an art und umfang der vom geschädigten beizubringenden schätzgrundlagen nur geringe anforderungen zu stellen; dem tatrichter kommt zudem in den grenzen eines freien ermessens ein großer spielraum zu (vgl. bghz 119, 20 = grur 1993, 55 [59] = wrp 1992, 700 – tchibo/rolex ii). dabei sind gesichtspunkte erheblich wie die intensität, der umfang und die dauer der rechtsverletzung, gewinn und umsatz für den verletzer, gewinn- und umsatzverlust für den verletzten, bekanntheit des werks bzw. dessen urhebers (bgh grur 1982, 301 – kunststoffhohlprofil ii). 97im vorliegenden fall ist zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche artikel sowohl in der print- als auch in der onlineausgabe der beklagten zu 1 erschienen ist. ferner fällt ins gewicht, dass die beklagte anders als die anderen medienunternehmen sich nicht auf die wiedergabe der verlagsankündigung beschränkt hat, sondern unter wörtlicher übernahme der kernthesen, mithin der conclusio, das thema der woche und mithin einen aufhänger in ihrem magazin gestaltete und sich zudem hierdurch einen (auch wirtschaftlichen) vorteil gegenüber den anderen medienunternehmen unter verletzung der rechte der klägerin verschaffte. so trägt die beklagte selbst vor, dass die buchveröffentlichung angesichts der streitbaren person des autors t ein „ganz heißes thema“ in berlin gewesen sei und insbesondere die thesen diskutiert worden seien. diesen vortrag zu grunde gelegt, wiegt der eingriff aber schwer, wenn die beklagten eine woche vor buchveröffentlichung genau diese thesen wortwörtlich wiedergeben und damit denknotwendig der anreiz zum kauf des buches vermindert wird. es kann dahinstehen, welche auswirkungen der artikel auf die verkaufszahlen des buches hatte. dies lässt sich letztlich nicht feststellen. entscheidend ist die intensität des eingriffs, welcher – angesichts des zeitpunktes der veröffentlichung des artikels kurz vor dem erscheinen des mit spannung erwarteten buch – als erheblich einzustufen ist. eine bemessung des schadensersatzes auf – wie von der klägerin gefordert – 50.000 eur ist indes übersetzt. das mit anderen medienunternehmen vereinbarte vertragsstrafenversprechen kommt lediglich indizielle bedeutung zu. insofern kommt einer vertragsstrafe nur teilweise kompensatorischer charakter zu. im vordergrund steht die pönalisierende und abschreckende wirkung. darüber hinaus ist den beklagten schon zuzugeben, dass das buch sich – trotz vorabveröffentlichung wesentlicher teile durch die beklagten – gut verkauft hat. vor diesem hintergrund erscheint eine schadenshöhe von 50.000 eur übersetzt. 984. hinsichtlich eines darüberhinausgehenden zahlungsanspruches war die klage abzuweisen. die klägerin hat gegen die beklagten keinen anspruch auf zahlung der vertragsstrafe in höhe von 50.000 eur. ein vertragsstrafenversprechen wurde weder mit der beklagten zu 1 noch mit dem beklagten zu 2 geschlossen. der zeuge i hat weder mittels einer rechtsgeschäftlichen vollmacht noch über die grundsätze der anscheins- und duldungsvollmacht mit vertretungsmacht für die beklagten gehandelt. 99a. es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass der zeuge i im rahmen der unterzeichnung der strafbewährten vertraulichkeitsvereinbarung für den beklagten zu 2 mit (rechtschein)vollmacht gehandelt hat. eine durch die beklagte zu 1 erteilte vollmacht des zeugen i liegt ebenfalls unstreitig nicht vor. 100b. auch die durch die rechtsprechung entwickelten grundsätze der rechtscheinvollmacht greifen im vorliegenden fall nicht. ist streitig, ob ein rechtsgeschäft im eigenen oder fremden namen geschlossen wurde, so ist derjenige beweispflichtig, der ein vertretergeschäft behauptet (ellenberger/palandt, § 164, rn. 18, 78. auflage, 2019). wer sich auf einen durch nichtöffentliche erklärungen hervorgerufenen rechtsschein als haftungsgrundlage beruft, hat grundsätzlich zu beweisen, dass er durch den rechtsschein zu dem geschäftsabschluss veranlasst wurde (bgh, njw 1955, 985, beck-online). 101aa. eine duldungsvollmacht kommt mangels darlegung einer willentlichen duldung des vertreterhandelns des zeugen i nicht in betracht. insofern hat die klägerin hier nicht substantiiert vorgetragen, wann und bei welcher gelegenheit der zeuge i als vertreter für die beklagte zu 1 aufgetreten sein soll und die beklagte hiervon kenntnis gehabt hat. die klägerin trägt lediglich pauschal vor, der zeuge habe in der vergangenheit wiederholt rezensionsexemplare erhalten und sei dabei mit einer signatur von c aufgetreten. ein handeln als vertreter der rechtlich selbstständigen beklagten zu 1 wird hiermit nicht behauptet. 102bb. die voraussetzungen einer anscheinsvollmacht liegen ebenfalls nicht vor. 103eine anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn der vertretene das handeln des scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der geschäftspartner annehmen durfte, der vertretene kenne und billige das handeln des vertreters. allerdings greifen die rechtsgrundsätze der anscheinsvollmacht in der regel nur dann ein, wenn das verhalten des einen teils, aus dem der geschäftsgegner auf die bevollmächtigung des dritten glaubt schließen zu können, von einer gewissen dauer und häufigkeit ist (bgh, urteil vom 11. 5. 2011 − viii zr 289/09). 104der vortrag der insofern darlegungs- und beweispflichtigen klägerin ist schon nicht ausreichend substantiiert. die klägerin trägt selbst vor, der zeuge i sei redakteur bei der h n. aus dem von der beklagten vorgelegten handelsregisterauszug ergibt sich, dass es sich bei der h n redaktions-gmbh um eine rechtlich selbstständige juristische person handelt. die klägerin macht geltend, dass i in seinem e-mailfooter c gmbh, welche die magazine der h -gruppe bündele, angebe. allerdings ergibt sich aus dem e-mailfooter auch h n redaktions gmbh, welche eben nicht identisch mit der beklagten zu 2 ist. auch aus der e-mailadresse ergibt sich h n. auf die rechtsprechung des bgh zur zurechnung des vertreterhandelns bei unternehmensbezogenen geschäften kommt es nicht an, da der zeuge i , wie dargelegt, erkennbar nicht für das unternehmen der beklagten zu 1 gehandelt hat. 1055. hinsichtlich des klageantrages zu 3 hat sich der rechtsstreit erledigt. der antrag des klägers war ursprünglich zulässig und begründet. durch übersendung der manuskriptdatei mit schriftsatz vom 28.05.2020 ist erfüllung gemäß § 362 bgb eingetreten. 1066. der klägerin steht kein anspruch auf auskunftserteilung hinsichtlich der herkunft der rechtsverletzenden vervielfältigungsstücke, insbesondere der herkunft der manuskriptdatei gemäß §§ 101 abs. 1, 16, 17, 19a urhg, zu. 107die auskunftserteilung ist nicht verhältnismäßig. sie bezieht sich auf den namen der person, die der beklagten die pdf datei als vervielfältigungsstück hat zukommen lassen. da § 101 urhg eine abwägung widerstreitender interessen zugrunde liegt, regelt abs. 4 in übereinstimmung mit art. 8 abs. 1 enforcement-rl den grundsatz der verhältnismäßigkeit. danach darf die auskunft nur erteilt werden, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen ist (dreier/schulze, § 101, rn. 22, a.a.o.). 108bei der hier vorzunehmenden abwägung überwiegt die für die beklagten streitende aus art. 5 gg folgende pressefreiheit. die pressefreiheit kann nicht mehr gewährleistet werden, wenn pressevertreter dazu gezwungen sind, die quellen ihrer informationen preiszugeben, da damit auch direkt in den auch für die informationsfreiheit der bevölkerung essentielle prozess der informationsgewinnung eingegriffen wird. dem gegenüber steht wiegen die grundrechtlich ebenfalls geschützten interessen des urhebers weniger. in diesem zusammenhang ist zu sehen, dass die beklagten der klägerin die manuskriptdatei bereits herausgegeben haben und mit dem antrag zu 1 eine finanzielle entschädigung erfolgt. 1097. aus demselben grund hat die klägerin auch keinen anspruch auf vernichtung der im besitz oder eigentum der beklagten befindlichen vervielfältigungsstücke des werkes der beklagten gemäß § 98 abs. 1 urhg oder auf rückruf der von ihnen hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen verbreitung bestimmten vervielfältigungsstücke verlangen, § 98 abs. 2 urhg. insofern wird auf die begründung zu ziffer 6 verwiesen. 1108. die kostenentscheidung beruht auf §§ 92 abs. 1 zpo. die verteilung der kosten zu 60% für die klägerin und zu 40% für die beklagte erfolgte entsprechend dem unterliegen der parteien. 1119. streitwert wird festgesetzt auf 60.000,00 € bis zum 18.06.2020. 112danach wird der streitwert auf 57.500,00 euro festgesetzt. | Klaeger*in | 1 |
179,296 | 4 K 2692/13 | 2014-05-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger für die Zeit seines Rechtsreferendariats zustehende Unterhaltsbeihilfe (Grundbetrag und Familienzuschlag) unter Zugrundelegung der jeweils gültigen Sätze des Bundesbesoldungsgesetzes - für den Grundbetrag: 85 v.H. - neu zu berechnen und den sich aus der Berechnung ergebenden (Netto)Differenzbetrag an ihn auszuzahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 5/6, der Beklagte 1/6. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger wendet sich gegen die Berechnung der Unterhaltsbeihilfe während der Zeit seines Referendariats im Landgerichtsbezirk Q. . 3Der geborene und seit Juli verheiratete Kläger stand vom 1. September 2011 bis zum Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung im Oktober 2013 als Rechtsreferendar in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zum beklagten Land. In dieser Zeit erhielt er monatlich eine Unterhaltsbeihilfe, die sich zusammensetzt aus einem Grundbetrag und einem sog. Ortszuschlag der Stufe 2. Über die Höhe der Zahlungen wurde er regelmäßig durch sog. Bezügemitteilungen des Landesamts für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (LBV) informiert. 4Mit Schreiben vom 2. Juni 2013 wandte sich der Kläger an das LBV, widersprach "sämtlichen vergangenen Beihilfeabrechnungen" und bat um Überprüfung und Nachzahlung. Dadurch, dass der Berechnung nicht 85 vom Hundert der höchsten Anwärterbezüge nach dem Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) zugrunde gelegt würden, sei die Auszahlung der Beihilfe jeweils zu seinem Nachteil fehlerhaft erfolgt. Nach seinen Berechnungen ergebe sich ein Zahlungsrückstand in Höhe von 1.305,76 €. Der Kläger legte seiner Berechnung zugrunde, dass in den Monaten September 2011 bis Mai 2013 100 vom Hundert des höchsten Anwärtergrundbetrages nach dem Bundesbesoldungsgesetz zuzüglich des Ortszuschlages 1.269,68 € betragen hätten. Diese Summe ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. 5Mit Schreiben vom 24. Juli 2013 lehnte das LBV den Antrag des Klägers ab. Maßgebend für die Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare sei der jeweils in Nordrhein-Westfalen geltende höchste Anwärtergrundbetrag. Nach dem Wortlaut der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfe entspreche zwar der Grundbetrag 85 v.H. des höchsten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährten Anwärter-grundbetrages. Eine am Wortlaut festhaltende Interpretation der Vorschrift werde jedoch dem Willen des Verordnungsgebers und dem Sinn und Zweck der Regelung nicht gerecht. Der Terminus "Bundesbesoldungsgesetz" sei nach der Historie, aber auch nach Systematik und dem Sinn und Zweck der Verordnung dahingehend auszulegen, dass das jeweils für Nordrhein-Westfalen geltende Besoldungsrecht gemeint sei und für die Bemessung der Unterhaltsbeihilfen der nordrhein-westfälischen Rechtsreferendare die in Nordrhein-Westfalen zum maßgebenden Zeitpunkt geltenden Anwärtergrundbeträge sowie der jeweils geltende Familienzuschlag maßgeblich seien. Hintergrund sei, dass die nordrhein-westfälische Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen von 1999 aus einer Zeit stamme, als die Besoldung der Beamten des Bundes und der Länder noch weitgehend einheitlich durch den Bundesgesetzgeber geregelt gewesen sei. Die Anwärter in Nordrhein-Westfalen hätten dieselben Grundbeträge wie die im Bund und in anderen Ländern erhalten; der Grundbetrag für Rechtsreferendare habe in Nordrhein-Westfalen 85 v.H. hiervon betragen. Seit dem hätten sich durch die Föderalismusreform die Rahmenbedingungen der Verordnung geändert. Seit September 2006 seien ausschließlich die Länder für die Regelung der Besoldung ihrer Beamten und Anwärter zuständig. Bei Erlass der Unterhaltsbeihilfenverordnung für Rechtsreferendare habe der nordrhein-westfälische Normgeber die hiesigen Referendare erkennbar weitestgehend den hiesigen Beamten und nicht den Bundesbeamten gleichstellen wollen. Das zeige sich auch daran, dass das Juristenausbildungsgesetz NRW (JAG) in § 32 Abs. 2, Abs. 3 Satz 3 und 4 sowie in Abs. 4 zahlreiche Verweisungen auf die beamtenrechtlichen Vorschriften enthalte. An dem Willen des Normgebers habe sich durch die Föderalismusreform nichts geändert, lediglich der Wortlaut der Verordnung sei unverändert geblieben. Deshalb sei es erforderlich, die Norm im Wege einer Rechtsfortbildung auszulegen, so wie es auch im Saarland geschehen sei. Der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber habe auch an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht, dass er die Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare in Anlehnung an das Landesbesoldungsrecht regeln will. Im Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2011/2012 habe er ausdrücklich auch die Unterhaltsbeihilfen erhöht. Dadurch habe er durch höherrangiges Recht zum Ausdruck gebracht, dass die Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare angelehnt an die Landesbesoldung erfolgen und an den entsprechenden Anpassungen teilnehmen solle. Entsprechend sei im Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014 verfahren worden. 6Am 7. August 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist jetzt der Ansicht, für die Berechnung sowohl des Grundbetrages als auch des Familienzuschlages seien die Sätze nach dem Bundesbesoldungsgesetz zugrunde zu legen, und zwar auch beim Grundbetrag in Höhe von 100 v.H. Die Absenkung auf 85 v.H. sei wegen einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung mit den Forstreferendaren unwirksam. 7Der Kläger hat ursprünglich einen Antrag angekündigt, nach dem die Unterhaltsbeihilfe "auf der Basis von 1.248,87 € brutto" neu berechnet werden sollte. Diese Summe setzt sich nach seiner Berechnung, der allerdings falsche Bezugsgrößen nach dem Bundesbesoldungsgesetz zugrunde liegen, zusammen aus der Differenz zwischen 85 v.H. des (Brutto)Grundbetrages nach dem Bundesbesoldungsgesetz und dem (Brutto)Grundbetrag, der für ihn festgesetzt wurde, und der Differenz zwischen dem Familienzuschlag nach dem BBesG und dem, der ihm gewährt wurde (vgl. Bl. 14 d.A.). Später hat er mit Schriftsatz vom 7. November 2013 seine Klage erweitert und auf der Grundlage seiner ursprünglichen Berechnung auch eine Nachzahlung für die letzten drei Monate seines Referendariats beantragt. 8Der Kläger beantragt nunmehr, 9das beklagte Land zu verurteilen, die ihm, dem Kläger, für die Zeit seines Rechtsreferendariats zustehende Unterhaltsbeihilfe (Grundbetrag und Familienzuschlag) unter Zugrundelegung der Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes neu zu berechnen und den sich daraus ergebenden (Netto)Differenzbetrag an ihn auszuzahlen. 10Der Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Er beruft sich auf Urteile des VG Saarland und des VG Köln und hält die dort vertretene Auffassung, dass sich die Bezugsgröße für die Unterhaltsbeihilfe von 85 v.H. auf Landesbesoldungsrecht und nicht auf Bundesbesoldungsrecht beziehe, für zutreffend. Mit der Absenkung auf 85 v.H. des höchsten Anwärtergrundbetrages sei überdies die nordrhein-westfälische Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare dem Durchschnittsbetrag der Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare in den anderen Bundesländern angepasst worden. Für eine finanzielle Besserstellung der in Nordrhein-Westfalen tätigen Referendare gegenüber denjenigen, die den Vorbereitungsdienst in anderen Bundesländern ableisten, bestehe kein sachlicher Grund. Das gelte auch für den Familienzuschlag. 13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des dazu vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die Klage ist zulässig (dazu 1.) und in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet (dazu 2.). Im Übrigen ist sie unbegründet. 161. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig. Ein gegebenenfalls nach §§ 6 Abs. 1 Satz 2, 104 Abs. 1 Satz 1 und 2 Landesbeamtengesetz NRW - LBG - i.V.m. § 54 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - erforderliches Vorverfahren ist jedenfalls hinsichtlich des ursprünglich vom Kläger angekündigten Antrags, der sich auf eine Neuberechnung auf der Grundlage von 85 v.H. des Anwärtergrundbetrages nach dem BBesG bezogen hat, durchgeführt worden. Der Kläger hat mit Schreiben vom 2. Juni 2013 allen Beihilfeabrechnungen widersprochen und einen Antrag auf Überprüfung der Berechnung und Nachzahlung einer Summe, die er in Anlehnung an 85 v.H. des Anwärtergrundbetrages nach dem BBesG berechnet hat, gestellt. Diese Forderung hat der Beklagte mit Bescheid vom 24. Juli 2013 zurückgewiesen. 17Die Kammer hält ein isoliertes weiteres Vorverfahren in Bezug auf den erweiterten Antrag des Klägers, der nunmehr eine Neuberechnung unter Zugrundelegung von 100 v.H. des Anwärtergrundbetrages nach dem BBesG begehrt, nicht für erforderlich, weil die Frage in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist und der Beklagte sowohl in der Verhandlung als auch bereits im Vorfeld hinreichend deutlich gemacht hat, dass er eine Berechnung nach den Sätzen des Bundesbesoldungsgesetzes nicht vornehmen wird, nicht in Höhe von 85 v.H. und schon gar nicht in Höhe von 100 v.H. Damit ist auch die Klageerweiterung zulässig. 18Der Zulässigkeit der erhobenen Leistungsklage steht nicht entgegen, dass der Kläger seinen Klageantrag nicht (mehr) im Einzelnen beziffert hat. Da sich die Höhe der für die einzelnen Monate jeweils geltend gemachten Forderungen ohne weiteres Zutun des Klägers anhand der einschlägigen Tabellen und Rechtsvorschriften errechnen lässt, fehlt es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit des Klagebegehrens. 19Vgl. dazu VG Saarland, Urteil vom 12. August 2011 - 2 K 181/10 -, juris, Rdn. 31. 20Das angerufene Gericht ist auch örtlich zuständig. Einschlägig ist insoweit § 52 Nr. 4 VwGO, der auf Klagen aus einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis nach Auffassung der Kammer analog anzuwenden ist. Demnach ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger (bei Klageerhebung) seinen dienstlichen Wohnsitz hat. Der Kläger ist als dem Landgericht Q. bis Oktober 2013 zugewiesener Rechtsreferendar so zu behandeln, als habe er bei Klageerhebung im August 2013 seinen dienstlichen Wohnsitz in Q. , also dem Bezirk des erkennenden Gerichts, gehabt. 212. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die ihm in der Zeit seines Referendariats von September 2011 bis Oktober 2013 zustehende Unterhaltsbeihilfe unter Zugrundelegung der sich aus dem Bundesbesoldungsgesetz jeweils ergebenden Sätze neu berechnet und ihm die sich zu seinen Gunsten ergebende (Netto)Differenz ausgezahlt wird. Das gilt (grundsätzlich) sowohl für den Grundbetrag nach Anlage VIII als auch für den Familienzuschlag nach Anlage V zum BBesG (dazu a). Allerdings beträgt der dem Kläger zu gewährende Grundbetrag nur 85 v.H. der Summe, die sich aus der Anlage VIII zum BBesG in der jeweils geltenden Fassung ergibt (dazu b). Dem Anspruch des Klägers kann eine mangelnde zeitnahe Geltendmachung nicht entgegengehalten werden (dazu c). 22Das Gericht kann, weil die Ermittlung des neu festzusetzenden Betrages einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert, in analoger Anwendung des § 113 Abs. 2 Satz 2 VwGO die Änderung der Festsetzung durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Diesen Weg hat die Kammer gewählt, weil nicht unmittelbar nachvollziehbar ist, ob die vom Beklagten mit Schreiben vom 24. April 2014 bereits vorgelegte Vergleichsberechnung hinsichtlich sämtlicher Zahlen korrekt ist, zumal der Kläger zwischenzeitlich über zusätzliche Einkünfte aus einer Nebentätigkeit verfügte. 23a) Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf eine monatliche Unterhaltsbeihilfe in dem hier streitigen Zeitraum ist § 32 Abs. 3 Satz 1 und 6 Juristenausbildungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. März 2003 (GV. NRW. 135) - JAG - i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare vom 20. April 1999 (GV. NRW. 148) in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 28. Oktober 2005 (GV. NRW. 838) - RRef-BeihV NW -. Diese Verordnung ist ursprünglich auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 20 Abs. 6 Satz 4 JAG (in der alten Fassung des Änderungsgesetzes vom 20. April 1999 - GV. NRW. 147 -) ergangen, deren Wortlaut im Wesentlichen mit der jetzt geltenden Regelung übereinstimmt. 24Danach erhalten Rechtsreferendarinnen oder Rechtsreferendare, die in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen, eine Unterhaltsbeihilfe, zu der ein monatlicher Grundbetrag und ein Familienzuschlag gehören (Sätze 1 und 2 der Norm). Der Grundbetrag für die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare entspricht 85 v.H. des höchsten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährten Anwärter-grundbetrages (Satz 3). Der Familienzuschlag wird in entsprechender Anwendung des Bundesbesoldungsgesetzes gewährt (Satz 4). 25Der Grundbetrag der Unterhaltsbeihilfe ist, wie vom Wortlaut der Norm vorgegeben, nach dem sich aus der Anlage VIII zum Bundesbesoldungsgesetz ergebenden höchsten Anwärtergrundbetrag zu berechnen und beträgt 85 vom Hundert dieses Betrages. Dabei ist - wie vom Verordnungsgeber ursprünglich gewollt und mangels anderer Anhaltspunkte - von einer dynamischen Verweisung auf die Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes auszugehen, so dass hier nicht der am 31. August 2006 gültige Betrag, sondern die in den Zeiten August bis Dezember 2011, Januar und Februar 2012, März 2012 bis Juli 2013 und ab August 2013 geltenden Beträge maßgeblich sind. 26Anders als das VG Saarland 27in seinem Urteil vom 12. August 2011 - 2 K 181/10 -, juris, das in einem parallel gelagerten Fall ergangen ist, 28und das VG Köln 29Urteile vom 22. Januar 2014 - 3 K 962 u.a./11, 3 K 2993/13 -, juris, 30geht das erkennende Gericht nicht davon aus, dass die hier entscheidende Norm des § 1 Abs. 1 RRefBeihV NW auslegungsfähig und -bedürftig ist. Der Wortlaut, der auf das Bundesbesoldungsgesetz verweist, ist eindeutig, und eine Regelungslücke liegt nicht vor. Eine Auslegung ist auch nicht wegen einer möglicherweise relevanten Änderung der Rahmenbedingungen 31vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 30. März 1993 - 1 BvR 1045/89 u.a. -, juris, insb. Rdn. 68 und 71 32geboten. Soweit das VG Saarland und das VG Köln eine entscheidende Änderung der Rahmenbedingungen im Inkrafttreten der sog. Föderalismusreform zum 1. September 2006 sehen, mit der die Gesetzgebungskompetenz für die Beamtenbesoldung vom Bund auf die Länder übergegangen ist, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Für die Zahlung von Unterhaltsbeihilfen an (Rechts)Referendare hatte der Übergang der Gesetzgebungskompetenz keine Bedeutung. Seit dem Moment, in dem der Landesgesetzgeber mit dem Neunten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 20. April 1999 (GV. NRW: 147) mit Wirkung zum 1. Juli 1999 den damaligen § 20 Abs. 1 Satz 1 JAG änderte und die Rechtsreferendare nicht mehr in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf berief, sondern sie in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis zum Land aufnahm, war für die Bemessung ihrer monatlichen Unterhaltsbeihilfe das Land zuständig, das das Nähere einer vom Finanzministerium im Einvernehmen mit dem Justizministerium zu erlassenden Rechtsverordnung überließ. In dieser entschieden die zuständigen Ministerien, sich hinsichtlich der Höhe der Unterhaltsbeihilfe an den Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes zu orientieren. 33Vgl. dazu das Protokoll der Rechtsausschuss-Sitzung vom 3. März 1999 (Ausschussprotokoll 12/1169), S. 20. 34An dieser Kompetenz des Landes, für die Höhe der Unterhaltsbeihilfe die Besoldungssätze für Anwärter aus dem Bundesbesoldungsgesetz in Bezug zu nehmen oder davon abweichende, eigene Regelungen zu treffen, hat sich seit 1999 nichts geändert, auch nicht durch die Föderalismusreform. 35Selbst wenn man aber in dem Umstand, dass sich seit Inkrafttreten der Föderalismusreform die Beamtenbesoldung im Bund und in den Ländern unterschiedlich entwickelt hat, eine eine Auslegung der die Unterhaltsbeihilfe an Rechtsreferendare regelnden Norm rechtfertigende Änderung der Rahmenbedingungen sehen wollte, käme die Kammer nicht zu der vom Beklagten vertretenen Auffassung. Eine vom Wortlaut der Norm abweichende Auslegung in dem Sinne, dass maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare im Land Nordrhein-Westfalen jeweils die Höhe der höchsten Anwärterbezüge nach Landesbesoldungsrecht ist, kommt nicht in Betracht. Das ergibt sich aus Folgendem: 36Grundsätzlich ist für die Auslegung von Gesetzen der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen. Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich der Richter nicht entgegenstellen darf. Seine Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall - auch unter gewandelten Bedingungen - möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen. In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen. Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt daneben den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu. Die Eindeutigkeit der im Wege der Auslegung gewonnenen gesetzgeberischen Grundentscheidung wird nicht notwendig dadurch relativiert, dass der Wortlaut der einschlägigen Norm auch andere Deutungsmöglichkeiten eröffnet, soweit diese Deutungen offensichtlich eher fern liegen. Anderenfalls wäre es für den Gesetzgeber angesichts der Schwierigkeit, textlich Eindeutigkeit herzustellen, nahezu unmöglich, sein Regelungsanliegen gegenüber der Rechtsprechung über einen längeren Zeitraum durchzusetzen. 37BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. -, juris, Rdn. 66 mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 38Auch wenn es nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts ausschließlich oder in erster Linie darauf anzukommen scheint, den objektiven Willen des Gesetzgebers zu erfassen, ist zu beachten, dass für die Auslegung besoldungsrechtlicher Normen - und auch bei der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis handelt es sich nach Auffassung der Kammer um eine Regelung der Besoldung im weiteren Sinne - Besonderheiten gelten. Dazu hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 30. Mai 2011 - 1 A 2825/09 -, juris, Rdn. 86 ff., ausgeführt: 39" …, als dem Wortlaut der Vorschrift wegen der strikten Gesetzesbindung des Besoldungsrechts (§ 2 Abs. 1 BBesG) eine gesteigerte Bedeutung für die Auslegung zukommt. Nach der Natur des Besoldungsrechts … sind der ausdehnenden Auslegung des Anwendungsbereichs einer Norm enge Grenzen gezogen. Das Besoldungsrecht regelt grundsätzlich die Höhe der einzelnen Bezüge, ihre Errechnung und Festsetzung in einer stark differenzierten und verfeinerten Weise durch formelle und zwingende Vorschriften kasuistischen Inhalts. Regelungen dieser Art sind nach dem darin erkennbar zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers einer ausdehnenden Auslegung nicht zugänglich. (Nachweise) 40Nichts anderes kann aber für die einschränkende Auslegung einer Besoldungsnorm gelten, … wenn dadurch eine weder dem Wortlaut noch der Systematik der Vorschrift zu entnehmende zusätzliche Beschränkung ihres Regelungsgehalts eingefügt werden soll. Denn die Aufnahme einer solchen Beschränkung stellt im Ergebnis ebenfalls eine ausdehnende Auslegung der Norm dar, nämlich die Ergänzung um ein - nicht vorhandenes - begrenzendes Tatbestandsmerkmal. Auch dadurch bleibt der Gesetz gewordene, differenzierte und damit abschließende Wille des Besoldungsgesetzgebers unberücksichtigt. 41Die Befugnis zur Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung steht den Gerichten nur begrenzt zu. Sie ist u.a. dann gegeben, wenn eine gesetzliche Regelung nach ihrem - mit den allgemeinen Auslegungsregeln festgestellten - eindeutigen Wortsinn Sachverhalte (mit)erfasst, die sie nach dem Willen des Gesetzgebers nicht (auch) erfassen soll und deswegen eine Beschränkung des Wortlauts der gesetzlichen Regelung aufgrund des vom Gesetzgeber erkennbar mit ihr verfolgten Regelungsziels geboten ist. In einem solchen Fall ist die ihrem Wortlaut nach zu weit gefasste Regelung im Wege der sog. teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen. Der Regelungszweck ist dabei regelmäßig im Wege der historischen Auslegung, namentlich anhand der Gesetzesmaterialien, sowie unter Berücksichtigung des gesamten Regelungszusammenhangs der Vorschrift zu ermitteln. (Nachweise) 42Vorliegend ist nach den vorstehenden Ausführungen bereits zweifelhaft, ob sich überhaupt ein hinreichend eindeutiger Wille des "Gesetzgebers" ermitteln lässt, … 43Darüber hinaus steht einer Korrektur des Wortlauts der Vorschrift im Wege der teleologischen Reduktion jedenfalls das aus der strikten Gesetzesbindung des Besoldungsrechts (§ 2 Abs. 1 BBesG) folgende Verbot richterlicher Rechtsfortbildung entgegen. Wie bereits ausgeführt, legt das Besoldungsrecht den Kreis der Anspruchsberechtigten und die einzelnen Ansprüche nach Grund und Höhe durch formelle und zwingende Vorschriften im Einzelnen fest. Aus diesem kasuistischen formal-gesetzlichen Regelungskonzept folgt, dass besoldungsrechtliche Regelungen nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers auch einer Ergänzung durch allgemeine Rechtsgrundsätze nicht zugänglich sind. Hierzu zählt namentlich ihre analoge Anwendung. Dementsprechend dürfen weder die Verwaltung noch die Gerichte über den der Auslegung zugänglichen Wortlaut hinaus den Besoldungsgesetzgeber im Wege der Rechtsfortbildung korrigieren. (Nachweise) 44Ist aber mit Rücksicht auf die strikte Gesetzesbindung des Besoldungsrechts von einer grundsätzlich fehlenden Analogiefähigkeit dieses Normbereichs auszugehen, muss dies in gleicher Weise auch für eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion gelten. Denn die teleologische Reduktion ist das methodische Gegenstück zur Analogie. Während bei der Analogie der zu entscheidende Fall zwar nicht vom Wortlaut der Norm, wohl aber von deren Normzweck erfasst wird, ist dies bei der teleologischen Reduktion genau umgekehrt. Bei der Analogie wird der Anwendungsbereich der Norm über ihren Wortlaut hinaus entsprechend dem Normzweck ausdehnt, während bei der teleologischen Reduktion die Norm entsprechend ihrem Regelungszweck durch Hinzufügen einer vom Wortlaut nicht vorgesehenen Einschränkung begrenzt wird. (Nachweise) 45Der Annahme eines Reduktionsverbots kann im gegebenen Zusammenhang auch nicht entgegengehalten werden, dass durch diese Form der Rechtsfortbildung lediglich den Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, die im Wortlaut der Norm - sei es unbewusst, sei es versehentlich - jedoch keinen hinreichenden Ausdruck gefunden haben, Geltung verschafft und daher eine Besoldung gerade nicht ohne gesetzliche Grundlage gewährt wird. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der besoldungsrechtliche Gesetzesvorbehalt u.a. auch der Rechtsklarheit und Rechtseinheitlichkeit dient. Die Besoldung soll für alle Besoldungsempfänger einheitlich allein vom Gesetzgeber durch Gesetz festgelegt werden. Damit wird verhindert, dass Verwaltungsbehörden oder Gerichte vom positiven Recht losgelöst in Einzelentscheidungen Besoldung ggf. auch in unterschiedlicher Höhe gewähren bzw. zusprechen und dadurch das für die Stabilität und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes wichtige Besoldungsgefüge erschüttern. Darüber hinaus bewirkt der Grundsatz der Gesetzesbindung der Besoldung, dass das in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verankerte Prinzip der Gewaltenteilung auf dem Gebiet des Besoldungsrechts strenger verwirklicht ist als in anderen Rechtsgebieten, mit der Folge, dass die Regelungskompetenz des Besoldungsgesetzgebers hier in besonderem Maße zu berücksichtigen ist. (Nachweise) 46Vor diesem Hintergrund muss auch die Korrektur einer besoldungsrechtlichen Vorschrift, soweit sie die Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten nicht in hinreichender Weise zum Ausdruck bringen sollte, dem Besoldungsgesetzgeber selbst vorbehalten bleiben. Sie kann nicht durch die Gerichte mit dem Risiko ggf. divergierender Entscheidungen vorgenommen werden." (Hervorhebungen durch das hier erkennende Gericht) 47Bei Anwendung dieser Maßstäbe kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass sich auch hier zum Einen ein hinreichend eindeutiger Wille des Verordnungsgebers, der Berechnung der Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare abweichend vom Wortlaut der Norm landesbesoldungsrechtliche Regelungen zugrunde zu legen, nicht feststellen lässt, und dass zum Anderen, wenn ein solcher Wille doch zumindest überwiegend wahrscheinlich scheinen sollte, der Verordnungsgeber selbst aufgerufen ist, eine Änderung herbei zu führen, um der Gefahr divergierender Gerichtsentscheidungen zu begegnen. 48Das Gericht hat erhebliche Zweifel an dem ernstlichen Willen des Verordnungsgebers, die Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare nach Landesbesoldungsrecht zu berechnen, weil anders nicht zu erklären ist, warum der Verordnungsgeber über inzwischen 7 ½ Jahre seit Inkrafttreten der Föderalismusreform I untätig geblieben ist. Hätte er eine Anpassung an landesrechtliche Regelungen wirklich gewollt, hätte er bis zum Beginn des Referendariats des Klägers am 1. September 2011 ausreichend Zeit gehabt, die Verordnung entsprechend zu ändern. Anlass dazu hat es wiederholt gegeben. Selbst wenn man dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber zugutehält, dass er in den ersten zwei Jahren nach der Grundgesetzänderung durch dringendere Normgebungsverfahren in Anspruch genommen war, so stellt sich doch die Frage, warum er nicht Ende September 2008, als die Unterhaltsbeihilfe-Verordnung für den Forstdienst geändert und die Wörter "dem Bundesbesoldungsgesetz" durch die Wörter "der landesbesoldungsrechtlichen Regelung" ersetzt wurden, zeitgleich eine Anpassung der RRefBeihV NW vorgenommen hat. Auch wenn dies wegen der vorrangigen Ressortzuständigkeit des Ministers für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz übersehen worden sein sollte, bestand im März 2010, als sich die ersten Rechtsreferendare an das LBV wandten und eine Auszahlung ihrer Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 85 v.H. der höchsten Anwärterbezüge nach dem BBesG beantragten (vgl. den Hinweis in VG Köln, Urteil vom 22. Januar 2014 - 3 K 962/11 -, juris, Rdn. 2), erneut Veranlassung, die Verordnung so wie angeblich gewollt zu ändern. Jedenfalls aber Anfang 2011, als der Justizminister vermutlich, wie durch § 8 RRefBeihV NW (in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Befristung des Landesrechts NRW vom 5. April 2005 - GV. NRW. 332 -) vorgegeben, zum 31. Dezember 2010 berichtet hatte, "ob Teile dieser Verordnung aufgehoben oder geändert werden sollen", wäre der Zeitpunkt gewesen, bei entsprechendem Wunsch die Verordnung zu ändern. Gänzlich unverständlich bleibt für das Gericht, warum nicht später im Jahr 2011, als der Finanzminister angeblich durch Erlasse vom 30. Juni und 4. Juli versuchte, die Anbindung an das Landesrecht vorzunehmen, eine Verordnungsänderung erfolgt ist. 49Die Argumente des Beklagten, sein Wille, die nordrhein-westfälischen Rechtsreferendare erkennbar weitestgehend den hiesigen Beamten und nicht den Bundesbeamten gleichzustellen, ergebe sich hinreichend deutlich daraus, dass das JAG in § 32 Abs. 2, Abs. 3 Satz 3 und 4 sowie in Abs. 4 zahlreiche Verweisungen auf die beamtenrechtlichen Vorschriften enthalte, und daraus, dass in den Gesetzen zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2011/2012 sowie 2013/2014 durch höherrangiges Recht zum Ausdruck gebracht worden sei, dass die Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare angelehnt an die Landesbesoldung erfolgen und an den entsprechenden Anpassungen teilnehmen solle, überzeugen nicht vom Gegenteil. 50Dass der Gesetzgeber in § 32 Abs. 2 JAG auf § 2 Abs. 5 LBG und die dortige Legaldefinition für den Begriff "Vorgesetzter" verweist, die im Übrigen von der in § 3 Abs. 3 Bundesbeamtengesetz - BBG - kaum abweicht, und ansonsten auf die Regelung für Laufbahnbewerber in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis in § 6 Abs. 1 Satz 2 LBG Bezug nimmt, hat nach Auffassung des Gerichts keine Bedeutung für die an anderer Stelle vorgenommene Regelung der Höhe der Unterhaltsbeihilfe. Gleiches gilt für die zitierten Vorschriften in § 32 Abs. 3 Satz 3 und 4 sowie in Abs. 4, von denen überdies nur Abs. 4 mit seinen Vorgaben für die Gewährung von Erholungs- und Sonderurlaub ausdrücklich auf "Vorschriften … des Landes" verweist. 51Auch der Hinweis auf die (höherrangigen) Gesetze zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge, in denen neben den Anwärtergrundbeträgen die Unterhaltsbeihilfen ausdrücklich erwähnt werden, verfängt nicht. Zum Einen ergibt sich durch die Erwähnung der Unterhaltsbeihilfen ein Widerspruch zum jeweiligen § 1, der den Geltungsbereich des Gesetzes regelt, und die betroffenen Personengruppen (Beamtinnen und Beamte …, Richterinnen und Richter …, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger …) enumerativ aufzählt, ohne dabei nicht-beamtete Laufbahnbewerber in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zu erwähnen. Zum Anderen macht - abgesehen von dem Widerspruch zu § 1 - die Berücksichtigung von Unterhaltsbeihilfen bereits mit Blick auf die Forstreferendare durchaus Sinn, denen seit 2008 Beihilfen nach landesbesoldungsrechtlichen Regelungen gewährt werden. 52Soweit der Beklagte auf - bislang nicht vorgelegte - Erlasse des Finanzministeriums vom 30. Juni und 4. Juli 2011 verweist, ist dazu anzumerken, dass durch diese Erlasse die höherrangige Verordnung nicht abgeändert werden kann. 53Angesichts des nicht eindeutig feststellbaren Willens des Verordnungsgebers in Bezug auf eine Änderung und seiner Untätigkeit über einen so langen Zeitraum, in dem er die - angeblich angestrebte - Änderung unterließ, obwohl ihm das Problem offensichtlich bewusst war und er ohne weiteres hätte tätig werden können, sieht sich das Gericht nicht befugt, an seiner Stelle tätig zu werden. Der Beklagte ist an den Wortlaut der von ihm selbst gesetzten und unverändert gelassenen Norm gebunden und muss dem Kläger einen Grundbetrag in Höhe vom 85 v.H. des jeweils höchsten Anwärtergrundbetrages nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewähren. 54Gleiches gilt für den Familienzuschlag. Anspruchsgrundlage für den Familienzuschlag als Teil der Unterhaltsbeihilfe ist § 1 Abs. 1 Satz 4 RRefBeihV NW. Danach wird der Familienzuschlag in entsprechender Anwendung des Bundesbesoldungsgesetzes gewährt. Damit sind auch für die Bemessung des Familienzuschlages die sich aus dem Bundesbesoldungsgesetz (Anlage V) ergebenden Sätze maßgeblich. 55Das Gericht vermag nicht zu sagen, warum der Verordnungsgeber in Bezug auf den Grundbetrag die Formulierung "entspricht dem (später: 85 v.H. des) höchsten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährten Anwärtergrundbetrag" gewählt hat und den Familienzuschlag "in entsprechender Anwendung" des Bundesbesoldungsgesetzes gewährt. Es ist aber nicht ersichtlich oder naheliegend, dass damit inhaltlich etwas anderes geregelt werden sollte. In beiden Fällen werden offensichtlich die sich aus dem Bundesbesoldungsgesetz bzw. seinen Anlagen ergebenden Beträge in Bezug genommen. Damit gelten für den Familienzuschlag die obigen Ausführungen entsprechend: Auch hier ist der Beklagte an den Wortlaut der von ihm selbst gesetzten und unverändert gelassenen Norm gebunden und muss dem Kläger den Familienzuschlag in der Höhe gewähren, die sich jeweils aus der Anlage V zum Bundesbesoldungsgesetz ergibt. 56b) Der Kläger hat dagegen keinen Anspruch darauf, dass bei der Neuberechnung seiner Unterhaltsbeihilfe ein Grundbetrag in Höhe von 100 v.H. des sich jeweils aus Anlage VIII zum Bundesbesoldungsgesetz ergebenden Betrages zugrunde gelegt wird. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung seine Klage erweitert. Sein Antrag, seine Unterhaltsbeihilfe unter Zugrundelegung der Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes neu zu berechnen, ist unter Berücksichtigung seiner zuvor in der mündlichen Verhandlung gemachten Ausführungen so zu verstehen, dass er - über die ursprünglich allein geltend gemachte Orientierung an 85 v.H. des Anwärtergrundbetrages hinaus - nunmehr einen Grundbetrag in voller Höhe der Summe aus Anlage VIII zum BBesG begehrt. Nach längerer Erörterung der Frage der Gleichbehandlung zwischen Forst- und Rechtsreferendaren hat sich der Kläger die Argumente des Klägers im Verfahren 4 K 96/14 dazu ausdrücklich zu eigen gemacht und zum Ausdruck gebracht, dass er seinen Antrag entsprechend verstanden wissen wolle. Damit begehrt der Kläger jetzt nicht mehr eine Brutto-Nachzahlung von 981,18 € sondern von 5.888,44 €, wie sich aus der nachfolgenden Tabelle ergibt. 57Monat gezahlt brutto Grundbetrag und FZ 100 % BBesG (GB + FZ) Diff. zu tatsächlicher Festsetzung brutto 85 % BBesG (GB) + FZ Diff. zu tatsächlicher Festsetzung brutto Sept. bis Dez. 11 997,58 + 114,64 = 1.112,22 € 1.190,63 + 116,82 = 1.307,45 € 195,23 € x 4 1.012,04 € + 116,82 € = 1.128,86 € 16,64 € x 4 Jan. und Feb. 12 1.021,63 + 116,82 = 1.138,45 € 1.219,68 + 119,68 = 1.339,36 € 200,91 € x 2 1.036,73 € + 119,68 € = 1.156,41 € 17,96 € x 2 März bis Dez. 12 1.021,63 + 116,82 = 1.138,45 € 1.269,68 + 123,64 = 1.393,32 254,87 € x 10 1.079,23 € + 123,64 € = 1.202,87 € 64,42 € x 10 Jan. bis Juli 13 1.021,63 + 116,82 + 50,00 + 3,10 = 1.191,55 € 1.269,68 + 125,12 = 1.394,80 203,25 € x 7 1.079,23 € + 125,12 € = 1.204,35 € 12,80 € x 7 Aug. bis Okt. 13 1.071,63 + 119,92 = 1.191,55 € 1.309,68 + 126,62 = 1.436,30 244,75 € x 3 1.113,23 € + 126,62 € = 1.239,85 € 48,30 € x 3 gesamt brutto 5.888,44 € 981,18 € 58Ein entsprechender Anspruch des Klägers besteht aber nicht. Die Absenkung der Unterhaltsbeihilfe auf "85 v.H. des höchsten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährten Anwärtergrundbetrages" durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare vom 28. Oktober 2005 (GV. NRW. 838) ist nicht zu beanstanden. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung mit den Forstreferendaren, deren Unterhaltsbeihilfen nicht entsprechend abgesenkt wurden, liegt nicht vor. 59Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger des Verfahrens 4 K 96/14 in seinem Schriftsatz vom 21. März 2014 (Blatt 81 ff der dortigen Akte) dargelegten zahlreichen Gemeinsamkeiten zwischen dem Rechts- und dem Forstreferendariat und der weiteren Argumente in dem Schriftsatz vom 28. April 2014 (Blatt 172 f. der dortigen Akte) gibt es nach Auffassung der Kammer hinreichende Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung der verschiedenen Referendargruppen rechtfertigen. Maßgeblich ist insoweit die ganz und gar andere Bedeutung, die das Referendariat für die beiden Berufszweige hat. Voraussetzung für die Einstellung als Forstreferendar ist der Abschluss eines forstwissenschaftlichen Studiums. Dieser Abschluss allein eröffnet allerdings schon ein breites Spektrum an Berufsfeldern, von Tätigkeiten in der Holzindustrie und in der privaten Waldwirtschaft bis etwa zur globalen Umweltplanung. Lediglich für die Verwendung im Staatsdienst ist darüber hinaus ein zweijähriges Referendariat erforderlich. Es handelt sich um eine "interne Qualifikation für den höheren Forstdienst"; dementsprechend werden jährlich nur sechs bis acht Absolventen in das Referendariat eingestellt. 60Vgl. Landesbetrieb Wald und Holz, www.wald-und-holz.nrw.de/wald zum Vorbereitungsdienst für den höheren Forstdienst. 61Demgegenüber ist für die allermeisten juristischen Berufe das Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung Zugangsvoraussetzung, die ihrerseits erst nach Durchlaufen des Rechtsreferendariats abgelegt werden kann. Entsprechend höher ist die Zahl der im Land jährlich eingestellten Rechtsreferendare; sie liegt derzeit bei ca. 1.600. 62An diese Unterschiede darf der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber bei der Bemessung von Unterhaltsbeihilfen für nicht verbeamtete Auszubildende anknüpfen und - auch unter Berücksichtigung fiskalischer Interessen unterschiedlicher Ressorts - abweichende Regelungen für beide Gruppen von Referendaren treffen. 63c) Dem Anspruch des Klägers kann nicht entgegen gehalten werden, dass der Kläger ihn nicht rechtzeitig, nämlich "zeitnah" geltend gemacht habe. 64Zwar gilt nach dem vom Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 u.a. -) im Zusammenhang mit der nicht amtsangemessenen Besoldung kinderreicher Beamter entwickelten und vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 28. Juni 2011 - 2 C 40.10 -) aufgegriffenen Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung, dass Ansprüche, die über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinausgehen, von Beamten stets zeitnah, mithin spätestens bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres geltend zu machen sind, damit der Dienstherr sich darauf einstellen kann. Das genannte Erfordernis folgt aus dem gegenseitigen Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, auf dessen berechtigte Belange Rücksicht zu nehmen ist. 65Der Kläger ist aber gerade kein Beamter; ihn treffen deshalb nicht die gesteigerten Treuepflichten. Überdies geht es hier auch nicht um Ansprüche, die über eine gesetzlich vorgesehene "Besoldung" hinausgehen, sondern lediglich um die Ermittlung und Auszahlung der Unterhaltsbeihilfe in genau der Höhe, die durch die RRefBeihV NW vorgegeben ist. Das Gericht muss auch nicht entscheiden, wie lange ein Nachzahlungsanspruch geltend gemacht werden kann. Jedenfalls wenn - wie hier - der Anspruch während des laufenden Ausbildungsverhältnisses geltend gemacht wird, reicht das zur Fristwahrung aus. 66Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Wegen der erforderlichen Neuberechnung durch den Beklagten ist das Urteil nur wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. 67Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zugelassen. | der beklagte wird verurteilt, die dem kläger für die zeit seines rechtsreferendariats zustehende unterhaltsbeihilfe (grundbetrag und familienzuschlag) unter zugrundelegung der jeweils gültigen sätze des bundesbesoldungsgesetzes - für den grundbetrag: 85 v.h. - neu zu berechnen und den sich aus der berechnung ergebenden (netto)differenzbetrag an ihn auszuzahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. von den kosten des verfahrens trägt der kläger 5/6, der beklagte 1/6. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. die berufung wird zugelassen. 1 | 2der kläger wendet sich gegen die berechnung der unterhaltsbeihilfe während der zeit seines referendariats im landgerichtsbezirk q. . 3der geborene und seit juli verheiratete kläger stand vom 1. september 2011 bis zum bestehen der zweiten juristischen staatsprüfung im oktober 2013 als rechtsreferendar in einem öffentlich-rechtlichen ausbildungsverhältnis zum beklagten land. in dieser zeit erhielt er monatlich eine unterhaltsbeihilfe, die sich zusammensetzt aus einem grundbetrag und einem sog. ortszuschlag der stufe 2. über die höhe der zahlungen wurde er regelmäßig durch sog. bezügemitteilungen des landesamts für besoldung und versorgung nordrhein-westfalen (lbv) informiert. 4mit schreiben vom 2. juni 2013 wandte sich der kläger an das lbv, widersprach "sämtlichen vergangenen beihilfeabrechnungen" und bat um überprüfung und nachzahlung. dadurch, dass der berechnung nicht 85 vom hundert der höchsten anwärterbezüge nach dem bundesbesoldungsgesetz (bbesg) zugrunde gelegt würden, sei die auszahlung der beihilfe jeweils zu seinem nachteil fehlerhaft erfolgt. nach seinen berechnungen ergebe sich ein zahlungsrückstand in höhe von 1.305,76 €. der kläger legte seiner berechnung zugrunde, dass in den monaten september 2011 bis mai 2013 100 vom hundert des höchsten anwärtergrundbetrages nach dem bundesbesoldungsgesetz zuzüglich des ortszuschlages 1.269,68 € betragen hätten. diese summe ist für das gericht nicht nachvollziehbar. 5mit schreiben vom 24. juli 2013 lehnte das lbv den antrag des klägers ab. maßgebend für die unterhaltsbeihilfe der rechtsreferendare sei der jeweils in nordrhein-westfalen geltende höchste anwärtergrundbetrag. nach dem wortlaut der verordnung über die gewährung von unterhaltsbeihilfe entspreche zwar der grundbetrag 85 v.h. des höchsten nach dem bundesbesoldungsgesetz gewährten anwärter-grundbetrages. eine am wortlaut festhaltende interpretation der vorschrift werde jedoch dem willen des verordnungsgebers und dem sinn und zweck der regelung nicht gerecht. der terminus "bundesbesoldungsgesetz" sei nach der historie, aber auch nach systematik und dem sinn und zweck der verordnung dahingehend auszulegen, dass das jeweils für nordrhein-westfalen geltende besoldungsrecht gemeint sei und für die bemessung der unterhaltsbeihilfen der nordrhein-westfälischen rechtsreferendare die in nordrhein-westfalen zum maßgebenden zeitpunkt geltenden anwärtergrundbeträge sowie der jeweils geltende familienzuschlag maßgeblich seien. hintergrund sei, dass die nordrhein-westfälische verordnung über die gewährung von unterhaltsbeihilfen von 1999 aus einer zeit stamme, als die besoldung der beamten des bundes und der länder noch weitgehend einheitlich durch den bundesgesetzgeber geregelt gewesen sei. die anwärter in nordrhein-westfalen hätten dieselben grundbeträge wie die im bund und in anderen ländern erhalten; der grundbetrag für rechtsreferendare habe in nordrhein-westfalen 85 v.h. hiervon betragen. seit dem hätten sich durch die föderalismusreform die rahmenbedingungen der verordnung geändert. seit september 2006 seien ausschließlich die länder für die regelung der besoldung ihrer beamten und anwärter zuständig. bei erlass der unterhaltsbeihilfenverordnung für rechtsreferendare habe der nordrhein-westfälische normgeber die hiesigen referendare erkennbar weitestgehend den hiesigen beamten und nicht den bundesbeamten gleichstellen wollen. das zeige sich auch daran, dass das juristenausbildungsgesetz nrw (jag) in § 32 abs. 2, abs. 3 satz 3 und 4 sowie in abs. 4 zahlreiche verweisungen auf die beamtenrechtlichen vorschriften enthalte. an dem willen des normgebers habe sich durch die föderalismusreform nichts geändert, lediglich der wortlaut der verordnung sei unverändert geblieben. deshalb sei es erforderlich, die norm im wege einer rechtsfortbildung auszulegen, so wie es auch im saarland geschehen sei. der nordrhein-westfälische landesgesetzgeber habe auch an anderer stelle zum ausdruck gebracht, dass er die unterhaltsbeihilfe für rechtsreferendare in anlehnung an das landesbesoldungsrecht regeln will. im gesetz zur anpassung der dienst- und versorgungsbezüge 2011/2012 habe er ausdrücklich auch die unterhaltsbeihilfen erhöht. dadurch habe er durch höherrangiges recht zum ausdruck gebracht, dass die unterhaltsbeihilfe der rechtsreferendare angelehnt an die landesbesoldung erfolgen und an den entsprechenden anpassungen teilnehmen solle. entsprechend sei im gesetz zur anpassung der dienst- und versorgungsbezüge 2013/2014 verfahren worden. 6am 7. august 2013 hat der kläger klage erhoben. er ist jetzt der ansicht, für die berechnung sowohl des grundbetrages als auch des familienzuschlages seien die sätze nach dem bundesbesoldungsgesetz zugrunde zu legen, und zwar auch beim grundbetrag in höhe von 100 v.h. die absenkung auf 85 v.h. sei wegen einer verfassungswidrigen ungleichbehandlung mit den forstreferendaren unwirksam. 7der kläger hat ursprünglich einen antrag angekündigt, nach dem die unterhaltsbeihilfe "auf der basis von 1.248,87 € brutto" neu berechnet werden sollte. diese summe setzt sich nach seiner berechnung, der allerdings falsche bezugsgrößen nach dem bundesbesoldungsgesetz zugrunde liegen, zusammen aus der differenz zwischen 85 v.h. des (brutto)grundbetrages nach dem bundesbesoldungsgesetz und dem (brutto)grundbetrag, der für ihn festgesetzt wurde, und der differenz zwischen dem familienzuschlag nach dem bbesg und dem, der ihm gewährt wurde (vgl. bl. 14 d.a.). später hat er mit schriftsatz vom 7. november 2013 seine klage erweitert und auf der grundlage seiner ursprünglichen berechnung auch eine nachzahlung für die letzten drei monate seines referendariats beantragt. 8der kläger beantragt nunmehr, 9das beklagte land zu verurteilen, die ihm, dem kläger, für die zeit seines rechtsreferendariats zustehende unterhaltsbeihilfe (grundbetrag und familienzuschlag) unter zugrundelegung der regelungen des bundesbesoldungsgesetzes neu zu berechnen und den sich daraus ergebenden (netto)differenzbetrag an ihn auszuzahlen. 10der beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12er beruft sich auf urteile des vg saarland und des vg köln und hält die dort vertretene auffassung, dass sich die bezugsgröße für die unterhaltsbeihilfe von 85 v.h. auf landesbesoldungsrecht und nicht auf bundesbesoldungsrecht beziehe, für zutreffend. mit der absenkung auf 85 v.h. des höchsten anwärtergrundbetrages sei überdies die nordrhein-westfälische unterhaltsbeihilfe für rechtsreferendare dem durchschnittsbetrag der unterhaltsbeihilfe der rechtsreferendare in den anderen bundesländern angepasst worden. für eine finanzielle besserstellung der in nordrhein-westfalen tätigen referendare gegenüber denjenigen, die den vorbereitungsdienst in anderen bundesländern ableisten, bestehe kein sachlicher grund. das gelte auch für den familienzuschlag. 13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte und des dazu vorgelegten verwaltungsvorgangs bezug genommen. 14 | 15die klage ist zulässig (dazu 1.) und in dem sich aus dem tenor ergebenden umfang begründet (dazu 2.). im übrigen ist sie unbegründet. 161. die klage ist als allgemeine leistungsklage im sinne von § 43 abs. 2 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung - vwgo - zulässig. ein gegebenenfalls nach §§ 6 abs. 1 satz 2, 104 abs. 1 satz 1 und 2 landesbeamtengesetz nrw - lbg - i.v.m. § 54 abs. 2 beamtenstatusgesetz - beamtstg - erforderliches vorverfahren ist jedenfalls hinsichtlich des ursprünglich vom kläger angekündigten antrags, der sich auf eine neuberechnung auf der grundlage von 85 v.h. des anwärtergrundbetrages nach dem bbesg bezogen hat, durchgeführt worden. der kläger hat mit schreiben vom 2. juni 2013 allen beihilfeabrechnungen widersprochen und einen antrag auf überprüfung der berechnung und nachzahlung einer summe, die er in anlehnung an 85 v.h. des anwärtergrundbetrages nach dem bbesg berechnet hat, gestellt. diese forderung hat der beklagte mit bescheid vom 24. juli 2013 zurückgewiesen. 17die kammer hält ein isoliertes weiteres vorverfahren in bezug auf den erweiterten antrag des klägers, der nunmehr eine neuberechnung unter zugrundelegung von 100 v.h. des anwärtergrundbetrages nach dem bbesg begehrt, nicht für erforderlich, weil die frage in der mündlichen verhandlung erörtert worden ist und der beklagte sowohl in der verhandlung als auch bereits im vorfeld hinreichend deutlich gemacht hat, dass er eine berechnung nach den sätzen des bundesbesoldungsgesetzes nicht vornehmen wird, nicht in höhe von 85 v.h. und schon gar nicht in höhe von 100 v.h. damit ist auch die klageerweiterung zulässig. 18der zulässigkeit der erhobenen leistungsklage steht nicht entgegen, dass der kläger seinen klageantrag nicht (mehr) im einzelnen beziffert hat. da sich die höhe der für die einzelnen monate jeweils geltend gemachten forderungen ohne weiteres zutun des klägers anhand der einschlägigen tabellen und rechtsvorschriften errechnen lässt, fehlt es nicht an der erforderlichen bestimmtheit des klagebegehrens. 19vgl. dazu vg saarland, urteil vom 12. august 2011 - 2 k 181/10 -, juris, rdn. 31. 20das angerufene gericht ist auch örtlich zuständig. einschlägig ist insoweit § 52 nr. 4 vwgo, der auf klagen aus einem öffentlich-rechtlichen ausbildungsverhältnis nach auffassung der kammer analog anzuwenden ist. demnach ist das verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen bezirk der kläger (bei klageerhebung) seinen dienstlichen wohnsitz hat. der kläger ist als dem landgericht q. bis oktober 2013 zugewiesener rechtsreferendar so zu behandeln, als habe er bei klageerhebung im august 2013 seinen dienstlichen wohnsitz in q. , also dem bezirk des erkennenden gerichts, gehabt. 212. der kläger hat einen anspruch darauf, dass die ihm in der zeit seines referendariats von september 2011 bis oktober 2013 zustehende unterhaltsbeihilfe unter zugrundelegung der sich aus dem bundesbesoldungsgesetz jeweils ergebenden sätze neu berechnet und ihm die sich zu seinen gunsten ergebende (netto)differenz ausgezahlt wird. das gilt (grundsätzlich) sowohl für den grundbetrag nach anlage viii als auch für den familienzuschlag nach anlage v zum bbesg (dazu a). allerdings beträgt der dem kläger zu gewährende grundbetrag nur 85 v.h. der summe, die sich aus der anlage viii zum bbesg in der jeweils geltenden fassung ergibt (dazu b). dem anspruch des klägers kann eine mangelnde zeitnahe geltendmachung nicht entgegengehalten werden (dazu c). 22das gericht kann, weil die ermittlung des neu festzusetzenden betrages einen nicht unerheblichen aufwand erfordert, in analoger anwendung des § 113 abs. 2 satz 2 vwgo die änderung der festsetzung durch angabe der zu unrecht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen verhältnisse so bestimmen, dass die behörde den betrag auf grund der entscheidung errechnen kann. diesen weg hat die kammer gewählt, weil nicht unmittelbar nachvollziehbar ist, ob die vom beklagten mit schreiben vom 24. april 2014 bereits vorgelegte vergleichsberechnung hinsichtlich sämtlicher zahlen korrekt ist, zumal der kläger zwischenzeitlich über zusätzliche einkünfte aus einer nebentätigkeit verfügte. 23a) rechtsgrundlage für den anspruch des klägers auf eine monatliche unterhaltsbeihilfe in dem hier streitigen zeitraum ist § 32 abs. 3 satz 1 und 6 juristenausbildungsgesetz in der fassung der bekanntmachung vom 11. märz 2003 (gv. nrw. 135) - jag - i.v.m. § 1 abs. 1 der verordnung über die gewährung von unterhaltsbeihilfen an rechtsreferendare vom 20. april 1999 (gv. nrw. 148) in der fassung der zweiten änderungsverordnung vom 28. oktober 2005 (gv. nrw. 838) - rref-beihv nw -. diese verordnung ist ursprünglich auf der grundlage der verordnungsermächtigung in § 20 abs. 6 satz 4 jag (in der alten fassung des änderungsgesetzes vom 20. april 1999 - gv. nrw. 147 -) ergangen, deren wortlaut im wesentlichen mit der jetzt geltenden regelung übereinstimmt. 24danach erhalten rechtsreferendarinnen oder rechtsreferendare, die in einem öffentlich-rechtlichen ausbildungsverhältnis stehen, eine unterhaltsbeihilfe, zu der ein monatlicher grundbetrag und ein familienzuschlag gehören (sätze 1 und 2 der norm). der grundbetrag für die rechtsreferendarinnen und rechtsreferendare entspricht 85 v.h. des höchsten nach dem bundesbesoldungsgesetz gewährten anwärter-grundbetrages (satz 3). der familienzuschlag wird in entsprechender anwendung des bundesbesoldungsgesetzes gewährt (satz 4). 25der grundbetrag der unterhaltsbeihilfe ist, wie vom wortlaut der norm vorgegeben, nach dem sich aus der anlage viii zum bundesbesoldungsgesetz ergebenden höchsten anwärtergrundbetrag zu berechnen und beträgt 85 vom hundert dieses betrages. dabei ist - wie vom verordnungsgeber ursprünglich gewollt und mangels anderer anhaltspunkte - von einer dynamischen verweisung auf die regelungen des bundesbesoldungsgesetzes auszugehen, so dass hier nicht der am 31. august 2006 gültige betrag, sondern die in den zeiten august bis dezember 2011, januar und februar 2012, märz 2012 bis juli 2013 und ab august 2013 geltenden beträge maßgeblich sind. 26anders als das vg saarland 27in seinem urteil vom 12. august 2011 - 2 k 181/10 -, juris, das in einem parallel gelagerten fall ergangen ist, 28und das vg köln 29urteile vom 22. januar 2014 - 3 k 962 u.a./11, 3 k 2993/13 -, juris, 30geht das erkennende gericht nicht davon aus, dass die hier entscheidende norm des § 1 abs. 1 rrefbeihv nw auslegungsfähig und -bedürftig ist. der wortlaut, der auf das bundesbesoldungsgesetz verweist, ist eindeutig, und eine regelungslücke liegt nicht vor. eine auslegung ist auch nicht wegen einer möglicherweise relevanten änderung der rahmenbedingungen 31vgl. dazu bverfg, beschluss vom 30. märz 1993 - 1 bvr 1045/89 u.a. -, juris, insb. rdn. 68 und 71 32geboten. soweit das vg saarland und das vg köln eine entscheidende änderung der rahmenbedingungen im inkrafttreten der sog. föderalismusreform zum 1. september 2006 sehen, mit der die gesetzgebungskompetenz für die beamtenbesoldung vom bund auf die länder übergegangen ist, vermag die kammer dem nicht zu folgen. für die zahlung von unterhaltsbeihilfen an (rechts)referendare hatte der übergang der gesetzgebungskompetenz keine bedeutung. seit dem moment, in dem der landesgesetzgeber mit dem neunten gesetz zur änderung dienstrechtlicher vorschriften vom 20. april 1999 (gv. nrw: 147) mit wirkung zum 1. juli 1999 den damaligen § 20 abs. 1 satz 1 jag änderte und die rechtsreferendare nicht mehr in ein beamtenverhältnis auf widerruf berief, sondern sie in ein öffentlich-rechtliches ausbildungsverhältnis zum land aufnahm, war für die bemessung ihrer monatlichen unterhaltsbeihilfe das land zuständig, das das nähere einer vom finanzministerium im einvernehmen mit dem justizministerium zu erlassenden rechtsverordnung überließ. in dieser entschieden die zuständigen ministerien, sich hinsichtlich der höhe der unterhaltsbeihilfe an den regelungen des bundesbesoldungsgesetzes zu orientieren. 33vgl. dazu das protokoll der rechtsausschuss-sitzung vom 3. märz 1999 (ausschussprotokoll 12/1169), s. 20. 34an dieser kompetenz des landes, für die höhe der unterhaltsbeihilfe die besoldungssätze für anwärter aus dem bundesbesoldungsgesetz in bezug zu nehmen oder davon abweichende, eigene regelungen zu treffen, hat sich seit 1999 nichts geändert, auch nicht durch die föderalismusreform. 35selbst wenn man aber in dem umstand, dass sich seit inkrafttreten der föderalismusreform die beamtenbesoldung im bund und in den ländern unterschiedlich entwickelt hat, eine eine auslegung der die unterhaltsbeihilfe an rechtsreferendare regelnden norm rechtfertigende änderung der rahmenbedingungen sehen wollte, käme die kammer nicht zu der vom beklagten vertretenen auffassung. eine vom wortlaut der norm abweichende auslegung in dem sinne, dass maßgebliche berechnungsgrundlage für die unterhaltsbeihilfe für rechtsreferendare im land nordrhein-westfalen jeweils die höhe der höchsten anwärterbezüge nach landesbesoldungsrecht ist, kommt nicht in betracht. das ergibt sich aus folgendem: 36grundsätzlich ist für die auslegung von gesetzen der in der norm zum ausdruck kommende objektivierte wille des gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem wortlaut der vorschrift und dem sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. der erfassung des objektiven willens des gesetzgebers dienen die anerkannten methoden der gesetzesauslegung aus dem wortlaut der norm, der systematik, ihrem sinn und zweck sowie aus den gesetzesmaterialien und der entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. unter ihnen hat keine einen unbedingten vorrang vor einer anderen. ausgangspunkt der auslegung ist der wortlaut der vorschrift. er gibt allerdings nicht immer hinreichende hinweise auf den willen des gesetzgebers. unter umständen wird erst im zusammenhang mit sinn und zweck des gesetzes oder anderen auslegungsgesichtspunkten die im wortlaut ausgedrückte, vom gesetzgeber verfolgte regelungskonzeption deutlich, der sich der richter nicht entgegenstellen darf. seine aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte regelungskonzeption bezogen auf den konkreten fall - auch unter gewandelten bedingungen - möglichst zuverlässig zur geltung zu bringen. in keinem fall darf richterliche rechtsfindung das gesetzgeberische ziel der norm in einem wesentlichen punkt verfehlen oder verfälschen oder an die stelle der regelungskonzeption des gesetzgebers gar eine eigene treten lassen. für die beantwortung der frage, welche regelungskonzeption dem gesetz zugrunde liegt, kommt daneben den gesetzesmaterialien und der systematik des gesetzes eine nicht unerhebliche indizwirkung zu. die eindeutigkeit der im wege der auslegung gewonnenen gesetzgeberischen grundentscheidung wird nicht notwendig dadurch relativiert, dass der wortlaut der einschlägigen norm auch andere deutungsmöglichkeiten eröffnet, soweit diese deutungen offensichtlich eher fern liegen. anderenfalls wäre es für den gesetzgeber angesichts der schwierigkeit, textlich eindeutigkeit herzustellen, nahezu unmöglich, sein regelungsanliegen gegenüber der rechtsprechung über einen längeren zeitraum durchzusetzen. 37bverfg, urteil vom 19. märz 2013 - 2 bvr 2628/10 u.a. -, juris, rdn. 66 mit zahlreichen weiteren nachweisen. 38auch wenn es nach den ausführungen des bundesverfassungsgerichts ausschließlich oder in erster linie darauf anzukommen scheint, den objektiven willen des gesetzgebers zu erfassen, ist zu beachten, dass für die auslegung besoldungsrechtlicher normen - und auch bei der verordnung über die gewährung von unterhaltsbeihilfen an rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen ausbildungsverhältnis handelt es sich nach auffassung der kammer um eine regelung der besoldung im weiteren sinne - besonderheiten gelten. dazu hat das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in seinem urteil vom 30. mai 2011 - 1 a 2825/09 -, juris, rdn. 86 ff., ausgeführt: 39" …, als dem wortlaut der vorschrift wegen der strikten gesetzesbindung des besoldungsrechts (§ 2 abs. 1 bbesg) eine gesteigerte bedeutung für die auslegung zukommt. nach der natur des besoldungsrechts … sind der ausdehnenden auslegung des anwendungsbereichs einer norm enge grenzen gezogen. das besoldungsrecht regelt grundsätzlich die höhe der einzelnen bezüge, ihre errechnung und festsetzung in einer stark differenzierten und verfeinerten weise durch formelle und zwingende vorschriften kasuistischen inhalts. regelungen dieser art sind nach dem darin erkennbar zum ausdruck kommenden willen des gesetzgebers einer ausdehnenden auslegung nicht zugänglich. (nachweise) 40nichts anderes kann aber für die einschränkende auslegung einer besoldungsnorm gelten, … wenn dadurch eine weder dem wortlaut noch der systematik der vorschrift zu entnehmende zusätzliche beschränkung ihres regelungsgehalts eingefügt werden soll. denn die aufnahme einer solchen beschränkung stellt im ergebnis ebenfalls eine ausdehnende auslegung der norm dar, nämlich die ergänzung um ein - nicht vorhandenes - begrenzendes tatbestandsmerkmal. auch dadurch bleibt der gesetz gewordene, differenzierte und damit abschließende wille des besoldungsgesetzgebers unberücksichtigt. 41die befugnis zur korrektur des wortlauts einer vorschrift im wege der richterlichen rechtsfortbildung steht den gerichten nur begrenzt zu. sie ist u.a. dann gegeben, wenn eine gesetzliche regelung nach ihrem - mit den allgemeinen auslegungsregeln festgestellten - eindeutigen wortsinn sachverhalte (mit)erfasst, die sie nach dem willen des gesetzgebers nicht (auch) erfassen soll und deswegen eine beschränkung des wortlauts der gesetzlichen regelung aufgrund des vom gesetzgeber erkennbar mit ihr verfolgten regelungsziels geboten ist. in einem solchen fall ist die ihrem wortlaut nach zu weit gefasste regelung im wege der sog. teleologischen reduktion auf den ihr nach sinn und zweck zugedachten anwendungsbereich zurückzuführen. der regelungszweck ist dabei regelmäßig im wege der historischen auslegung, namentlich anhand der gesetzesmaterialien, sowie unter berücksichtigung des gesamten regelungszusammenhangs der vorschrift zu ermitteln. (nachweise) 42vorliegend ist nach den vorstehenden ausführungen bereits zweifelhaft, ob sich überhaupt ein hinreichend eindeutiger wille des "gesetzgebers" ermitteln lässt, … 43darüber hinaus steht einer korrektur des wortlauts der vorschrift im wege der teleologischen reduktion jedenfalls das aus der strikten gesetzesbindung des besoldungsrechts (§ 2 abs. 1 bbesg) folgende verbot richterlicher rechtsfortbildung entgegen. wie bereits ausgeführt, legt das besoldungsrecht den kreis der anspruchsberechtigten und die einzelnen ansprüche nach grund und höhe durch formelle und zwingende vorschriften im einzelnen fest. aus diesem kasuistischen formal-gesetzlichen regelungskonzept folgt, dass besoldungsrechtliche regelungen nach dem erkennbaren willen des gesetzgebers auch einer ergänzung durch allgemeine rechtsgrundsätze nicht zugänglich sind. hierzu zählt namentlich ihre analoge anwendung. dementsprechend dürfen weder die verwaltung noch die gerichte über den der auslegung zugänglichen wortlaut hinaus den besoldungsgesetzgeber im wege der rechtsfortbildung korrigieren. (nachweise) 44ist aber mit rücksicht auf die strikte gesetzesbindung des besoldungsrechts von einer grundsätzlich fehlenden analogiefähigkeit dieses normbereichs auszugehen, muss dies in gleicher weise auch für eine rechtsfortbildung im wege der teleologischen reduktion gelten. denn die teleologische reduktion ist das methodische gegenstück zur analogie. während bei der analogie der zu entscheidende fall zwar nicht vom wortlaut der norm, wohl aber von deren normzweck erfasst wird, ist dies bei der teleologischen reduktion genau umgekehrt. bei der analogie wird der anwendungsbereich der norm über ihren wortlaut hinaus entsprechend dem normzweck ausdehnt, während bei der teleologischen reduktion die norm entsprechend ihrem regelungszweck durch hinzufügen einer vom wortlaut nicht vorgesehenen einschränkung begrenzt wird. (nachweise) 45der annahme eines reduktionsverbots kann im gegebenen zusammenhang auch nicht entgegengehalten werden, dass durch diese form der rechtsfortbildung lediglich den vorstellung der am gesetzgebungsverfahren beteiligten, die im wortlaut der norm - sei es unbewusst, sei es versehentlich - jedoch keinen hinreichenden ausdruck gefunden haben, geltung verschafft und daher eine besoldung gerade nicht ohne gesetzliche grundlage gewährt wird. denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der besoldungsrechtliche gesetzesvorbehalt u.a. auch der rechtsklarheit und rechtseinheitlichkeit dient. die besoldung soll für alle besoldungsempfänger einheitlich allein vom gesetzgeber durch gesetz festgelegt werden. damit wird verhindert, dass verwaltungsbehörden oder gerichte vom positiven recht losgelöst in einzelentscheidungen besoldung ggf. auch in unterschiedlicher höhe gewähren bzw. zusprechen und dadurch das für die stabilität und leistungsfähigkeit des öffentlichen dienstes wichtige besoldungsgefüge erschüttern. darüber hinaus bewirkt der grundsatz der gesetzesbindung der besoldung, dass das in art. 20 abs. 2 satz 2 gg verankerte prinzip der gewaltenteilung auf dem gebiet des besoldungsrechts strenger verwirklicht ist als in anderen rechtsgebieten, mit der folge, dass die regelungskompetenz des besoldungsgesetzgebers hier in besonderem maße zu berücksichtigen ist. (nachweise) 46vor diesem hintergrund muss auch die korrektur einer besoldungsrechtlichen vorschrift, soweit sie die vorstellungen der am gesetzgebungsverfahren beteiligten nicht in hinreichender weise zum ausdruck bringen sollte, dem besoldungsgesetzgeber selbst vorbehalten bleiben. sie kann nicht durch die gerichte mit dem risiko ggf. divergierender entscheidungen vorgenommen werden." (hervorhebungen durch das hier erkennende gericht) 47bei anwendung dieser maßstäbe kommt die kammer zu dem ergebnis, dass sich auch hier zum einen ein hinreichend eindeutiger wille des verordnungsgebers, der berechnung der unterhaltsbeihilfe für rechtsreferendare abweichend vom wortlaut der norm landesbesoldungsrechtliche regelungen zugrunde zu legen, nicht feststellen lässt, und dass zum anderen, wenn ein solcher wille doch zumindest überwiegend wahrscheinlich scheinen sollte, der verordnungsgeber selbst aufgerufen ist, eine änderung herbei zu führen, um der gefahr divergierender gerichtsentscheidungen zu begegnen. 48das gericht hat erhebliche zweifel an dem ernstlichen willen des verordnungsgebers, die unterhaltsbeihilfe der rechtsreferendare nach landesbesoldungsrecht zu berechnen, weil anders nicht zu erklären ist, warum der verordnungsgeber über inzwischen 7 ½ jahre seit inkrafttreten der föderalismusreform i untätig geblieben ist. hätte er eine anpassung an landesrechtliche regelungen wirklich gewollt, hätte er bis zum beginn des referendariats des klägers am 1. september 2011 ausreichend zeit gehabt, die verordnung entsprechend zu ändern. anlass dazu hat es wiederholt gegeben. selbst wenn man dem gesetz- bzw. verordnungsgeber zugutehält, dass er in den ersten zwei jahren nach der grundgesetzänderung durch dringendere normgebungsverfahren in anspruch genommen war, so stellt sich doch die frage, warum er nicht ende september 2008, als die unterhaltsbeihilfe-verordnung für den forstdienst geändert und die wörter "dem bundesbesoldungsgesetz" durch die wörter "der landesbesoldungsrechtlichen regelung" ersetzt wurden, zeitgleich eine anpassung der rrefbeihv nw vorgenommen hat. auch wenn dies wegen der vorrangigen ressortzuständigkeit des ministers für umwelt, naturschutz, landwirtschaft und verbraucherschutz übersehen worden sein sollte, bestand im märz 2010, als sich die ersten rechtsreferendare an das lbv wandten und eine auszahlung ihrer unterhaltsbeihilfe in höhe von 85 v.h. der höchsten anwärterbezüge nach dem bbesg beantragten (vgl. den hinweis in vg köln, urteil vom 22. januar 2014 - 3 k 962/11 -, juris, rdn. 2), erneut veranlassung, die verordnung so wie angeblich gewollt zu ändern. jedenfalls aber anfang 2011, als der justizminister vermutlich, wie durch § 8 rrefbeihv nw (in der fassung des vierten gesetzes zur befristung des landesrechts nrw vom 5. april 2005 - gv. nrw. 332 -) vorgegeben, zum 31. dezember 2010 berichtet hatte, "ob teile dieser verordnung aufgehoben oder geändert werden sollen", wäre der zeitpunkt gewesen, bei entsprechendem wunsch die verordnung zu ändern. gänzlich unverständlich bleibt für das gericht, warum nicht später im jahr 2011, als der finanzminister angeblich durch erlasse vom 30. juni und 4. juli versuchte, die anbindung an das landesrecht vorzunehmen, eine verordnungsänderung erfolgt ist. 49die argumente des beklagten, sein wille, die nordrhein-westfälischen rechtsreferendare erkennbar weitestgehend den hiesigen beamten und nicht den bundesbeamten gleichzustellen, ergebe sich hinreichend deutlich daraus, dass das jag in § 32 abs. 2, abs. 3 satz 3 und 4 sowie in abs. 4 zahlreiche verweisungen auf die beamtenrechtlichen vorschriften enthalte, und daraus, dass in den gesetzen zur anpassung der dienst- und versorgungsbezüge 2011/2012 sowie 2013/2014 durch höherrangiges recht zum ausdruck gebracht worden sei, dass die unterhaltsbeihilfe der rechtsreferendare angelehnt an die landesbesoldung erfolgen und an den entsprechenden anpassungen teilnehmen solle, überzeugen nicht vom gegenteil. 50dass der gesetzgeber in § 32 abs. 2 jag auf § 2 abs. 5 lbg und die dortige legaldefinition für den begriff "vorgesetzter" verweist, die im übrigen von der in § 3 abs. 3 bundesbeamtengesetz - bbg - kaum abweicht, und ansonsten auf die regelung für laufbahnbewerber in einem öffentlich-rechtlichen ausbildungsverhältnis in § 6 abs. 1 satz 2 lbg bezug nimmt, hat nach auffassung des gerichts keine bedeutung für die an anderer stelle vorgenommene regelung der höhe der unterhaltsbeihilfe. gleiches gilt für die zitierten vorschriften in § 32 abs. 3 satz 3 und 4 sowie in abs. 4, von denen überdies nur abs. 4 mit seinen vorgaben für die gewährung von erholungs- und sonderurlaub ausdrücklich auf "vorschriften … des landes" verweist. 51auch der hinweis auf die (höherrangigen) gesetze zur anpassung der dienst- und versorgungsbezüge, in denen neben den anwärtergrundbeträgen die unterhaltsbeihilfen ausdrücklich erwähnt werden, verfängt nicht. zum einen ergibt sich durch die erwähnung der unterhaltsbeihilfen ein widerspruch zum jeweiligen § 1, der den geltungsbereich des gesetzes regelt, und die betroffenen personengruppen (beamtinnen und beamte …, richterinnen und richter …, versorgungsempfängerinnen und versorgungsempfänger …) enumerativ aufzählt, ohne dabei nicht-beamtete laufbahnbewerber in einem öffentlich-rechtlichen ausbildungsverhältnis zu erwähnen. zum anderen macht - abgesehen von dem widerspruch zu § 1 - die berücksichtigung von unterhaltsbeihilfen bereits mit blick auf die forstreferendare durchaus sinn, denen seit 2008 beihilfen nach landesbesoldungsrechtlichen regelungen gewährt werden. 52soweit der beklagte auf - bislang nicht vorgelegte - erlasse des finanzministeriums vom 30. juni und 4. juli 2011 verweist, ist dazu anzumerken, dass durch diese erlasse die höherrangige verordnung nicht abgeändert werden kann. 53angesichts des nicht eindeutig feststellbaren willens des verordnungsgebers in bezug auf eine änderung und seiner untätigkeit über einen so langen zeitraum, in dem er die - angeblich angestrebte - änderung unterließ, obwohl ihm das problem offensichtlich bewusst war und er ohne weiteres hätte tätig werden können, sieht sich das gericht nicht befugt, an seiner stelle tätig zu werden. der beklagte ist an den wortlaut der von ihm selbst gesetzten und unverändert gelassenen norm gebunden und muss dem kläger einen grundbetrag in höhe vom 85 v.h. des jeweils höchsten anwärtergrundbetrages nach dem bundesbesoldungsgesetz gewähren. 54gleiches gilt für den familienzuschlag. anspruchsgrundlage für den familienzuschlag als teil der unterhaltsbeihilfe ist § 1 abs. 1 satz 4 rrefbeihv nw. danach wird der familienzuschlag in entsprechender anwendung des bundesbesoldungsgesetzes gewährt. damit sind auch für die bemessung des familienzuschlages die sich aus dem bundesbesoldungsgesetz (anlage v) ergebenden sätze maßgeblich. 55das gericht vermag nicht zu sagen, warum der verordnungsgeber in bezug auf den grundbetrag die formulierung "entspricht dem (später: 85 v.h. des) höchsten nach dem bundesbesoldungsgesetz gewährten anwärtergrundbetrag" gewählt hat und den familienzuschlag "in entsprechender anwendung" des bundesbesoldungsgesetzes gewährt. es ist aber nicht ersichtlich oder naheliegend, dass damit inhaltlich etwas anderes geregelt werden sollte. in beiden fällen werden offensichtlich die sich aus dem bundesbesoldungsgesetz bzw. seinen anlagen ergebenden beträge in bezug genommen. damit gelten für den familienzuschlag die obigen ausführungen entsprechend: auch hier ist der beklagte an den wortlaut der von ihm selbst gesetzten und unverändert gelassenen norm gebunden und muss dem kläger den familienzuschlag in der höhe gewähren, die sich jeweils aus der anlage v zum bundesbesoldungsgesetz ergibt. 56b) der kläger hat dagegen keinen anspruch darauf, dass bei der neuberechnung seiner unterhaltsbeihilfe ein grundbetrag in höhe von 100 v.h. des sich jeweils aus anlage viii zum bundesbesoldungsgesetz ergebenden betrages zugrunde gelegt wird. insoweit hat der kläger in der mündlichen verhandlung seine klage erweitert. sein antrag, seine unterhaltsbeihilfe unter zugrundelegung der regelungen des bundesbesoldungsgesetzes neu zu berechnen, ist unter berücksichtigung seiner zuvor in der mündlichen verhandlung gemachten ausführungen so zu verstehen, dass er - über die ursprünglich allein geltend gemachte orientierung an 85 v.h. des anwärtergrundbetrages hinaus - nunmehr einen grundbetrag in voller höhe der summe aus anlage viii zum bbesg begehrt. nach längerer erörterung der frage der gleichbehandlung zwischen forst- und rechtsreferendaren hat sich der kläger die argumente des klägers im verfahren 4 k 96/14 dazu ausdrücklich zu eigen gemacht und zum ausdruck gebracht, dass er seinen antrag entsprechend verstanden wissen wolle. damit begehrt der kläger jetzt nicht mehr eine brutto-nachzahlung von 981,18 € sondern von 5.888,44 €, wie sich aus der nachfolgenden tabelle ergibt. 57monat gezahlt brutto grundbetrag und fz 100 % bbesg (gb + fz) diff. zu tatsächlicher festsetzung brutto 85 % bbesg (gb) + fz diff. zu tatsächlicher festsetzung brutto sept. bis dez. 11 997,58 + 114,64 = 1.112,22 € 1.190,63 + 116,82 = 1.307,45 € 195,23 € x 4 1.012,04 € + 116,82 € = 1.128,86 € 16,64 € x 4 jan. und feb. 12 1.021,63 + 116,82 = 1.138,45 € 1.219,68 + 119,68 = 1.339,36 € 200,91 € x 2 1.036,73 € + 119,68 € = 1.156,41 € 17,96 € x 2 märz bis dez. 12 1.021,63 + 116,82 = 1.138,45 € 1.269,68 + 123,64 = 1.393,32 254,87 € x 10 1.079,23 € + 123,64 € = 1.202,87 € 64,42 € x 10 jan. bis juli 13 1.021,63 + 116,82 + 50,00 + 3,10 = 1.191,55 € 1.269,68 + 125,12 = 1.394,80 203,25 € x 7 1.079,23 € + 125,12 € = 1.204,35 € 12,80 € x 7 aug. bis okt. 13 1.071,63 + 119,92 = 1.191,55 € 1.309,68 + 126,62 = 1.436,30 244,75 € x 3 1.113,23 € + 126,62 € = 1.239,85 € 48,30 € x 3 gesamt brutto 5.888,44 € 981,18 € 58ein entsprechender anspruch des klägers besteht aber nicht. die absenkung der unterhaltsbeihilfe auf "85 v.h. des höchsten nach dem bundesbesoldungsgesetz gewährten anwärtergrundbetrages" durch die zweite verordnung zur änderung der verordnung über die gewährung von unterhaltsbeihilfen an rechtsreferendare vom 28. oktober 2005 (gv. nrw. 838) ist nicht zu beanstanden. eine verfassungswidrige ungleichbehandlung mit den forstreferendaren, deren unterhaltsbeihilfen nicht entsprechend abgesenkt wurden, liegt nicht vor. 59auch unter berücksichtigung der vom kläger des verfahrens 4 k 96/14 in seinem schriftsatz vom 21. märz 2014 (blatt 81 ff der dortigen akte) dargelegten zahlreichen gemeinsamkeiten zwischen dem rechts- und dem forstreferendariat und der weiteren argumente in dem schriftsatz vom 28. april 2014 (blatt 172 f. der dortigen akte) gibt es nach auffassung der kammer hinreichende unterschiede, die eine ungleichbehandlung der verschiedenen referendargruppen rechtfertigen. maßgeblich ist insoweit die ganz und gar andere bedeutung, die das referendariat für die beiden berufszweige hat. voraussetzung für die einstellung als forstreferendar ist der abschluss eines forstwissenschaftlichen studiums. dieser abschluss allein eröffnet allerdings schon ein breites spektrum an berufsfeldern, von tätigkeiten in der holzindustrie und in der privaten waldwirtschaft bis etwa zur globalen umweltplanung. lediglich für die verwendung im staatsdienst ist darüber hinaus ein zweijähriges referendariat erforderlich. es handelt sich um eine "interne qualifikation für den höheren forstdienst"; dementsprechend werden jährlich nur sechs bis acht absolventen in das referendariat eingestellt. 60vgl. landesbetrieb wald und holz, www.wald-und-holz.nrw.de/wald zum vorbereitungsdienst für den höheren forstdienst. 61demgegenüber ist für die allermeisten juristischen berufe das bestehen der zweiten juristischen staatsprüfung zugangsvoraussetzung, die ihrerseits erst nach durchlaufen des rechtsreferendariats abgelegt werden kann. entsprechend höher ist die zahl der im land jährlich eingestellten rechtsreferendare; sie liegt derzeit bei ca. 1.600. 62an diese unterschiede darf der gesetz- bzw. verordnungsgeber bei der bemessung von unterhaltsbeihilfen für nicht verbeamtete auszubildende anknüpfen und - auch unter berücksichtigung fiskalischer interessen unterschiedlicher ressorts - abweichende regelungen für beide gruppen von referendaren treffen. 63c) dem anspruch des klägers kann nicht entgegen gehalten werden, dass der kläger ihn nicht rechtzeitig, nämlich "zeitnah" geltend gemacht habe. 64zwar gilt nach dem vom bundesverfassungsgericht (vgl. beschluss vom 24. november 1998 - 2 bvl 26/91 u.a. -) im zusammenhang mit der nicht amtsangemessenen besoldung kinderreicher beamter entwickelten und vom bundesverwaltungsgericht (vgl. urteil vom 28. juni 2011 - 2 c 40.10 -) aufgegriffenen grundsatz der zeitnahen geltendmachung, dass ansprüche, die über die gesetzlich vorgesehene besoldung hinausgehen, von beamten stets zeitnah, mithin spätestens bis zum ende des laufenden haushaltsjahres geltend zu machen sind, damit der dienstherr sich darauf einstellen kann. das genannte erfordernis folgt aus dem gegenseitigen treueverhältnis zwischen beamten und dienstherrn, auf dessen berechtigte belange rücksicht zu nehmen ist. 65der kläger ist aber gerade kein beamter; ihn treffen deshalb nicht die gesteigerten treuepflichten. überdies geht es hier auch nicht um ansprüche, die über eine gesetzlich vorgesehene "besoldung" hinausgehen, sondern lediglich um die ermittlung und auszahlung der unterhaltsbeihilfe in genau der höhe, die durch die rrefbeihv nw vorgegeben ist. das gericht muss auch nicht entscheiden, wie lange ein nachzahlungsanspruch geltend gemacht werden kann. jedenfalls wenn - wie hier - der anspruch während des laufenden ausbildungsverhältnisses geltend gemacht wird, reicht das zur fristwahrung aus. 66die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 satz 1 vwgo, die entscheidung über deren vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. wegen der erforderlichen neuberechnung durch den beklagten ist das urteil nur wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. 67wegen der grundsätzlichen bedeutung der rechtssache wird nach § 124 a abs. 1 satz 1 i.v.m. § 124 abs. 2 nr. 3 vwgo die berufung zugelassen. | Klaeger*in | 1 |
341,300 | 11 K 3674/19 | 2021-10-06T00:00:00 | Urteil | Tenor Die der Beigeladenen für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück O. Straße 000 in X. erteilte Teilbaugenehmigung der Beklagten vom 28. März 2019, der Bescheid der Beklagten über die Zulassung einer Befreiung vom 28. März 2019, die Baugenehmigung der Beklagten vom 22. Mai 2019 in Gestalt der Nachtragsbaugenehmigung vom 14. Januar 2021 und der Bescheid der Beklagten über die Zulassung einer Befreiung vom 22. Mai 2019 werden aufgehoben. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen tragen die Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte. Die Beklagte und die Beigeladene tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Die Klage richtet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück G1 (postalisch: O. Straße 000) in X. . 3Das Vorhabengrundstück liegt östlich der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden O. Straße. Es ist Teil des ehemaligen Flurstücks G2, welches inzwischen in das Flurstück G3 und das südlich davon gelegene Flurstück G4 unterteilt wurde. 4Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen der Grundstücke mit den postalischen Bezeichnungen O. Straße 001/002 sowie 003. Die Grundstücke schließen sich nördlich an das Vorhabengrundstück an und liegen ebenfalls unmittelbar an der O. Straße. Sie sind mit dreigeschossigen Gebäuden bebaut, in deren Erdgeschoss sich die Ausstellungsräume eines Fliesenlegerbetriebes und -handels samt Lager befinden. Die weiteren Geschosse werden jeweils zu Wohnzwecken genutzt. 5Das ehemalige Flurstück G2 befand sich ursprünglich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 0 – Am B. . Dieser setzte dort eine öffentliche Grünfläche (Sportplatz) fest; auf dem Flurstück befand sich ein Fußballfeld mit Stehtribüne. Für das Grundstück O. Straße 001/002 setzte der Bebauungsplan Nr. 0 ein allgemeines Wohngebiet fest. Im rückwärtigen Bereich des Grundstücks war ein – bisher ungenutztes – Baufenster vorgesehen. Das Grundstück O. Straße 003 lag seit dessen 3. Änderung, in Kraft getreten am 17. Juni 1992, außerhalb des Geltungsbereichs dieses Bebauungsplans. 6Der Rat der Beklagten beschloss am 19. Dezember 2016 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 00 – Sportplatz O. Straße. Dessen Geltungsbereich umfasst im Westen die Verkehrsfläche der O. Straße von der Hausnummer 002 im Norden bis zur Hausnummer 004 im Süden, östlich davon die Grundstücke O. Straße 001/002 sowie das wiederum östlich davon gelegene Grundstück O. Straße 005, das Vorhabengrundstück und das südlich davon gelegene Flurstück G5 sowie wiederum südwestlich davon das Flurstück G6 (postalisch: O. Straße 006 und 007). 7Der Aufstellungsbeschluss wurde am 4. Januar 2017 im Amtsblatt der Beklagten bekanntgemacht. 8Die Gesellschaft für N. mbH (im Folgenden: H. ) erstellte am 3. Juli 2017 im Auftrag der Beigeladenen eine Auswirkungsanalyse zur Ansiedlung eines M. Lebensmitteldiscounters in X. , O. Straße. Darin kam sie zu dem Ergebnis, der Standort „O. Straße 008“ würde eine wichtige, auch fußläufige Nahversorgungsfunktion für ein dicht besiedeltes Umfeld erfüllen. Das Einzugsgebiet des geplanten Marktes werde sich über den Nahbereich hinaus schwerpunktmäßig auf die nördlichen Wohnquartiere in den Stadtbezirken F. und F. -West beziehen. Städtebauliche oder versorgungsstrukturelle Auswirkungen durch die Ansiedlung seien nicht zu erwarten. 9Das Ingenieurbüro für Verkehrs- und Infrastrukturplanung C. (im Folgenden: C. ) erstellte im August 2017 im Auftrag der Beklagten ein Verkehrsgutachten zum Bebauungsplanverfahren 00. Es prognostizierte darin eine Verkehrszunahme an den untersuchten Knotenpunkten um bis zu 25,7 % in Spitzenzeiten. Zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit bei der Ausfahrt aus dem Plangebiet sowie zur Gewährleistung eines angemessenen Verkehrsflusses im Geradeausstrom sei die Einrichtung einer Linksabbiegerspur in der nördlichen Zufahrt O. Straße zu empfehlen; alternativ komme eine Signalisierung des Knotenpunktes in Betracht. 10Die B1. GmbH (im Folgenden: B1. ) legte im Auftrag der Beklagten am 20. September 2017 ein „Schalltechnisches Fachgutachten zum Bebauungsplan 00 – Sportplatz O. Str. – der Stadt X. . Errichtung einer 4-fach Sporthalle / Ansiedlung von Einzelhandel“ vor. Sie kam darin zu dem Ergebnis, dass an den ungünstigsten Wohnhäusern oberhalb des Plangebiets Am L. die zulässigen Immissionspegel eines allgemeinen Wohngebiets durch Gewerbelärm ausgeschöpft, jedoch nicht überschritten würden. Am Gebäude O. Straße 001 ergebe sich ein Immissionspegel von Gewerbelärm zur Tageszeit von 56 dB(A). Der Betrieb der Sporthalle sei weitgehend unkritisch. Im Hinblick auf Verkehrslärm, der unter Bezugnahme auf das Verkehrsgutachten von C. untersucht wurde, sei das Plangebiet in den westlichen Randgebieten an der O. Straße stark vom Straßenverkehrslärm belastet. Diese Belastung würde jedoch weitgehend durch das bereits derzeit herrschende Verkehrsaufkommen verursacht. 11Wegen des näheren Inhalts der durchgeführten Untersuchungen wird auf die Auswirkungsanalyse der H. , das Verkehrsgutachten von C. und das Schalltechnische Fachgutachten der B1. in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Beklagten, Beiakten Hefte 2 und 3, Bezug genommen. 12Nach Durchführung der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung beschloss der Ausschuss für Stadtentwicklung, Wirtschaft und Bauen der Beklagten am 25. Oktober 2017 die öffentliche Auslegung des Planentwurfs einschließlich der Begründung. Der Beschluss wurde am gleichen Tage im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht. 13Die Auslegung des Planentwurfs fand vom 6. November 2017 bis zum 6. Dezember 2017 statt. Den Behörden und Nachbargemeinden wurde ebenfalls bis zum 6. Dezember 2017 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. 14Am 12. März 2018 beschloss der Rat der Beklagten den Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 00 als Satzung. Der Bebauungsplan setzt für das Vorhabengrundstück ein Mischgebiet (MI 1) mit abweichender Bauweise, einer Grundflächenzahl von 0,6 sowie einem rechteckigen Baufenster fest, welches ausnahmsweise „für ein Vordach im Eingangsbereich an der Südfassade“ überschritten werden darf. Das Baufenster ist nördlich und östlich von einer Fläche mit Bindungen für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen umgeben. Die nicht überbaubaren Grundstücksflächen südlich und westlich des Baufensters sind überwiegend als für Stellplätze zulässige Flächen gekennzeichnet. Von sonstigen Nebenanlagen sind die nicht überbaubaren Flächen innerhalb des MI 1 freizuhalten; ausgenommen davon ist lediglich eine Werbetafel bzw. –pylon, für die eine entsprechende Fläche festgesetzt ist. Für die südlich davon gelegenen Flurstücke setzt der Bebauungsplan eine Fläche für den Gemeinbedarf (Sport- und Mehrzweckhalle) fest, das Flurstück G6 bildet ein Besonderes Wohngebiet. Für die Grundstücke O. Straße 001/002 und O. Straße 005 ist ebenfalls ein Mischgebiet (MI 2) festgesetzt, dort mit einer Grundflächenzahl von 0,6 und einer Geschossflächenzahl von 1,2. Das Baufenster im rückwärtigen Bereich des Grundstücks O. Straße 001/002 wurde hinsichtlich seiner Fläche aus dem Bebauungsplan Nr. 0 übernommen. 15Am 27. April 2018 nahm B1. eine Neuberechnung der Geräuschsituation des geplanten Neubaus auf dem ehemaligen Sportplatz O. Straße vor, die am 13. September 2018 wegen eines Berechnungsfehlers nochmals überarbeitet wurde. Demzufolge ergäben sich gegenüber der ursprünglichen Berechnung in Bezug auf den Gewerbelärm teilweise Pegelerhöhungen um 1 dB(A) tags und bis zu 5 dB(A) nachts. Die geltenden Richtwerte würden aber in keinem Fall überschritten. Der berechnete Immissionspegel zur Tageszeit am Gebäude O. Straße 001 bleibe unverändert. 16Die Beigeladene stellte am 3. Juli 2018 einen Bauantrag für den Neubau eines Lebensmittelmarktes mit 1374,06 m² Verkaufsfläche und 97 Stellplätzen auf dem ehemaligen Flurstück G2. Dieser wurde von der Beklagten ungültig gestempelt. 17Nachdem die Beklagte die H. um Aktualisierung der Datengrundlagen im Gutachten vom 3. Juli 2017 gebeten hatte, nahm diese mit Stellungnahme vom 5. September 2018 die Aktualisierung vor und teilte mit, dass die Ergebnisse der Auswirkungsanalyse weiterhin Bestand hätten. 18Die Beigeladene bestätigte am 10. September 2018 gegenüber der Beklagten, die künftigen Festsetzungen des im Genehmigungsverfahren befindlichen Bebauungsplans Nr. 00 anzuerkennen. 19Der Satzungsbeschluss wurde am 7. November 2018 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht. 20Die Klägerinnen machten mit Schreiben vom 20. November 2018, bei der Beklagten spätestens eingegangen am 4. Dezember 2018, Einwände gegen den Bebauungsplan geltend. Dabei führten sie unter anderem aus, die gesetzlichen Vorgaben an ein Mischgebiet würden von der Planung nicht berücksichtigt. Die Ausweisung der überbaubaren Grundstücksfläche im Gebiet MI 1 sei allein durch die Bedürfnisse des Discounters geprägt und lasse eine sinnvolle anderweitige MI-Nutzung nicht zu. 21Am 22. Januar 2019 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes mit 1374,06 m² Verkaufsfläche und 96 (gestrichen: 100) Stellplätzen unter Mitnutzung eines Teilgrundstückes der Sporthalle, zur Errichtung einer Bohrpfahlwand zur Hangsicherung sowie zur Errichtung einer Zufahrtsstraße mit L-Steinmauer zur Erschließung der Grundstücke M. und Sporthalle. Der beigefügten Betriebsbeschreibung zufolge sollten die Betriebszeiten des Marktes von 6:00 bis 22:00 Uhr und die Öffnungszeiten für Kunden von 7:00 bis 21:00 Uhr reichen. 22Die Beklagte erteilte der Beigeladenen am 28. März 2019 eine Teil-Baugenehmigung für die Errichtung einer Bohrpfahlwand zur Hangsicherung sowie einen Bescheid über die Zulassung einer Befreiung (BauGB) hinsichtlich der teilweisen Inanspruchnahme der im Bebauungsplan festgesetzten Erhaltungsfläche. Die Bescheide gingen der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 11. April 2019 gegen Postzustellungsurkunde zu. 23Die Klägerinnen haben am 7. Mai 2019 die vorliegende Klage gegen die Teil-Baugenehmigung und den Befreiungsbescheid vom 28. März 2019 erhoben. 24Die Beklagte erteilte der Beigeladenen am 22. Mai 2019 eine Baugenehmigung für die Errichtung des Lebensmittelmarktes mit 96 Stellplätzen und einer Feuerwehrzufahrtsstraße mit L-Steinmauer sowie einen Bescheid über die Zulassung einer Befreiung (BauGB) hinsichtlich der Art der Nutzung für den innerhalb der Gemeinbedarfsfläche liegenden Teil der geplanten Stellplätze. Den Auflagen zur Baugenehmigung zufolge wurde diese für einen atypisch großflächigen Lebensmittel-Discountmarkt im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO erteilt. Die Gesamtverkaufsfläche von 1.374,06 m² sowie das Kernsortiment „Nahrungs- und Genussmittel“ wurden festgeschrieben. Das Randsortiment ist auf maximal 10 % der Gesamtverkaufsfläche begrenzt. Das Gutachten der H. nebst Ergänzungsschreiben vom 5. Juli 2018 ist Bestandteil der Baugenehmigung. Ferner enthält die Baugenehmigung Bestimmungen, wonach die Anlage so zu errichten und zu betreiben ist, dass die von ihr einschließlich des ihr zuzurechnenden Fahrzeugverkehrs verursachten Geräuschimmissionen näher festgesetzte Überwachungswerte an bestimmten Immissionsorten nicht überschreiten. 25Die Bescheide vom 22. Mai 2019 gingen der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 11. Juni 2019 gegen Postzustellungsurkunde zu. 26Die Klägerinnen haben mit Schriftsatz vom 8. Juli 2019 die Klage um die Anfechtung der Baugenehmigung und des Befreiungsbescheides vom 22. Mai 2019 erweitert. 27Die Beigeladene beantragte am 21. August 2020 die Erteilung einer geänderten Baugenehmigung, mit der die Öffnungszeiten des Marktes von 7:00 Uhr bis 21:30 Uhr verlängert werden sollten. Sie legte im weiteren Verfahren eine Beurteilung der Geräuschsituation durch B1. vom 9. Oktober 2020 vor, wonach an der Südseite des Gebäudes O. Straße 001 der Gewerbelärm bei Öffnungszeiten bis maximal 21:45 Uhr zur Tageszeit 57 dB(A) betrage. 28Am 14. Januar 2021 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine Nachtragsbaugenehmigung, mit der die Öffnungszeiten des Markes von 7:00 bis 21:30 Uhr verlängert wurden. 29Die Klägerinnen haben die Nachtragsbaugenehmigung vom 14. Januar 2021 mit Schriftsatz vom 29. Januar 2021 zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht. 30Zur Begründung der Klage tragen sie im Wesentlichen vor: 31Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sei zu unbestimmt. Der Begriff des Lebensmittelmarktes sei nicht legaldefiniert, sodass nicht klar sei, welches Warenangebot von der Baugenehmigung umfasst sei. 32Der Bebauungsplan Nr. 00 sei formell fehlerhaft. Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Wirtschaft und Bauen sei nicht für den Offenlegungsbeschluss zuständig gewesen. Ferner genüge die Belehrung im Rahmen der Bekanntmachung des Offenlegungsbeschlusses nicht den gesetzlichen Anforderungen. 33Der Bebauungsplan Nr. 00 sei zudem abwägungsfehlerhaft zustande gekommen. Er zerschneide willkürlich die Gebäude O. Straße 001 bis 003, die eine optische Einheit bildeten. Die Mischgebietsfestsetzung MI 2 für das vormalige allgemeine Wohngebiet in diesem Bereich sei nur gewählt worden, um höhere Immissionswerte ansetzen zu können. Die Voraussetzungen für ein Mischgebiet lägen nicht vor, da es am quantitativen Gleichgewicht zwischen Wohnnutzung und Gewerbe fehle. Im Bereich der Festsetzung MI 1 liege ein unechtes Mischgebiet vor. Die einzelnen Festsetzungen seien von Anfang an ausschließlich auf das Vorhaben der Beigeladenen ausgerichtet gewesen. Ein Gutachten zu den Auswirkungen eines – im Mischgebiet regelmäßig zulässigen – nicht großflächigen Einzelhandels habe die Beklagte gar nicht erst eingeholt. Eine Durchmischung von Wohnen und Gewerbe fände im Bereich der Festsetzung MI 1 mangels Wohnungen gar nicht statt. 34Wegen der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 00 lebe der Bebauungsplan Nr. 0 wieder auf. Mit dessen Festsetzungen sei das Vorhaben der Beigeladenen nicht vereinbar. Ginge man hingegen nicht vom Wiederaufleben des vormaligen Bebauungsplans, sondern von einem unbeplanten Innenbereich aus, liege ein faktisches allgemeines Wohngebiet vor, in dem das Vorhaben nicht zulässig sei. Die Annahme der Beklagten, es liege ein faktisches Mischgebiet vor, lasse sich nicht mit dem Gewerbebetrieb im Erdgeschoss der Gebäude O. Straße 001 bis 003 begründen. Der Betrieb, der vorrangig ein Fliesenlegerbetrieb sei, sei im allgemeinen Wohngebiet genehmigt worden und verursache lediglich überschaubaren Kunden- und Anlieferverkehr. Einmal wöchentlich werde eine Lkw-Lieferung aus Italien entgegengenommen, darüber hinaus würden maximal zweimal pro Woche Kleinstmaterialien mit Sprintern angeliefert. 35Selbst bei Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 00 sei die Klage begründet, da der Gebietsgewährleistungsanspruch der Klägerinnen verletzt sei. Diesbezüglich dürften die Festsetzungen MI 1 und MI 2 nicht getrennt betrachtet werden. Der Gebietsgewährleistungsanspruch beziehe sich auf die Art der baulichen Nutzung, diese sei bei beiden Festsetzungen identisch. Der genehmigte Lebensmittelmarkt sei wegen seiner Größe nur in einem Kern- oder Sondergebiet zulässig. Eine ausnahmsweise Zulässigkeit des Vorhabens in einem Mischgebiet sei nicht gegeben, da eine Atypik im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 4 BauVNO nicht vorliege. Dies folge nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bereits aus der Nutzfläche des Vorhabens von über 1.900 m². Das Gutachten der H. , das der Annahme einer Atypik durch die Beklagte zugrunde liege, sei methodisch fehlerhaft. Es gehe von unrichtigen Verhältnissen vor Ort aus und sei nicht in sich schlüssig. Die Auswirkungen des Marktes auf die Nahversorgung, etwa auf den rund 2 km entfernten D. -Markt im Quartier F1. , würden unschlüssig dargelegt. Ein bestehendes Nahversorgungsdefizit im Bereich V. werde durch das Vorhaben nicht behoben, sondern höchstens verlagert. Der Umstand, dass die Beigeladene das Vorhaben in einem Umkreis von über 5 km bewerbe, zeige, dass dieses nicht nur der Versorgung des Nahbereichs diene. 36Des Weiteren werde das Rücksichtnahmegebot verletzt. Die rückwärtige Ruhezone der Gebäude O. Straße 001/002 sei betroffen, zumal die Zufahrt zum Vorhaben als Steigung ausgeführt sei. Der Lärm vom Parkplatz werde durch die Bohrpfahlwand reflektiert und gegen die Sporthalle gespiegelt und so in Richtung der Klägergrundstücke noch zusätzlich verstärkt. Die Ampelanlage an der Abbiegung zur Zufahrt, deren Kosten allein die Beigeladene getragen habe, führe zu Staus und Anfahrtslärm, den das Lärmgutachten nicht berücksichtige. Der Bau der Ampelanlage stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vorhaben der Beigeladenen; die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben des Verkehrsgutachtens von C. würde in der Baugenehmigung ausdrücklich gefordert. Zudem sei im Lärmgutachten die Anzahl der Fahrzeugbewegungen zu gering angesetzt, da es sich gerade nicht um einen typischen M. -Markt handele. Der Verkehr zu den Sporthallen sei ebenfalls nicht berücksichtigt worden. Ob am Gebäude O. Straße 003 die Richtwerte für allgemeine Wohngebiete eingehalten würden, sei durch nichts belegt. Eine Abschirmwirkung des Gebäudes O. Straße 001/002 sei wegen der Ausrichtung der Gebäude nicht gegeben. Darüber hinaus beständen vom Parkplatz des Vorhabens aus unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten. 37Die Nebenbestimmung zum Ende der Stellplatznutzung um 22:00 Uhr sei untauglich, da sie nicht umsetzbar sei. 38Es liege auch ein Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften vor. Der zwei Meter hohe Sichtschutzzaun an der Grundstücksgrenze stehe auf einer Stützmauer, die zu seiner Gesamthöhe hinzuzurechnen sei. Die Berufung auf diesen Verstoß sei ihnen nicht verwehrt, da ihre eigene Bebauung in der Abstandsfläche zulässig sei bzw. keine Abstandsflächen auslöse. 39Zuletzt liege ein Verstoß gegen § 51 Abs. 7 BauO NRW a.F. durch die Anordnung der Stellplätze vor. Die Wohngebäude würden durch die Scheinwerfer im Dunkeln ausgeleuchtet. Dies gelte vor allem für Fahrzeuge, die beim Verlassen des Grundstücks der Beigeladenen auf die Rampe einbögen und von deren oberem Ende aus direkt in die Schlafzimmerfenster des Gebäudes O. Straße 001 leuchteten. 40Die Klägerinnen beantragen, 41die der Beigeladenen für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück O. Straße 000 in X. erteilte Teilbaugenehmigung der Beklagten vom 28. März 2019, den Bescheid der Beklagten über die Zulassung einer Befreiung vom 28. März 2019, die Baugenehmigung der Beklagten vom 22. Mai 2019 in Gestalt der Nachtragsbaugenehmigung vom 14. Januar 2021 und den Bescheid der Beklagten über die Zulassung einer Befreiung vom 22. Mai 2019 aufzuheben. 42Die Beklagte beantragt, 43 die Klage abzuweisen. 44Sie macht im Wesentlichen geltend: 45Der Bebauungsplan Nr. 00 sei nicht formell fehlerhaft zustande gekommen. Eine Belehrung im Rahmen des Offenlegungsbeschlusses sei im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB entbehrlich. 46Durch die Festsetzung MI 2 des Bebauungsplans Nr. 00 würden die bestehenden Nutzungen umfassend abgesichert und besäßen darüber hinaus wegen des nunmehr erweiterten Baufensters noch Entwicklungsmöglichkeiten. Trotz der Festsetzung als allgemeines Wohngebiet im Bebauungsplan Nr. 0 handele es sich bereits gegenwärtig um ein faktisch vorhandenes Mischgebiet. 47Der Gebietsgewährleistungsanspruch der Klägerinnen sei nicht verletzt. Das Vorhaben sei im Mischgebiet zulässig, da eine städtebauliche Atypik ermittelt worden sei und sich das Vorhaben als verträglich erweise. Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Beklagten stelle für den Bereich V. -L1. ein Versorgungsdefizit fest. Das Vorhaben stelle sich als strukturelle Erstversorgung des Stadtteils dar und behebe dieses Defizit. Das zugrundeliegende Gutachten der H. sei nicht zu beanstanden. Die Auswirkungen auf den D. -Markt seien berücksichtigt worden, die Umsatzumverteilung liege aber unter 10 %. Es finde keine Verlagerung eines Nahversorgungsdefizits statt; der Bereich V. werde parallel zum Umfeld O. Straße verstärkt und ausgebaut. 48Es liege auch kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor. Die Geräuschsituation sei bereits im Rahmen des Bauleitplanverfahrens umfassend untersucht worden. Das Plangebiet sei durch den Verkehrslärm auf der O. Straße und den früher vorhandenen Sportplatz stark vorbelastet. Im Lärmschutzgutachten sei die gemeinsame Zufahrt des Lebensmittelmarktes und der Sporthallen berücksichtigt worden. Der von der künftigen Sporthalle ausgehende Lärm sei bei der Beurteilung des Vorhabens der Beigeladenen unbeachtlich. Die im Hinblick auf den Verkehrslärm zugrunde gelegte Anzahl an Fahrzeugbewegungen beruhe auf dem Verkehrsgutachten von C. , dessen Angaben die Klägerinnen nicht substantiiert angegriffen hätten. Das Lärmschutzgutachten ermittele die Gewerbelärmbelastung am Gebäude O. Straße 001/002. Wegen der größeren Distanz und der Abschirmwirkung des Gebäudes O. Straße 001/002 sei damit klar, dass der Richtwert für allgemeine Wohngebiete von 55 dB(A) am Gebäude O. Straße 003 eingehalten werde. Die von den Klägerinnen behauptete Reflektion des Lärms sei mit den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort nicht in Einklang zu bringen. Zudem sei der rückwärtige Grundstücksbereich der Klägerinnen durch eine Tiefgarageneinfahrt vorbelastet. 49Die Nebenbestimmung zur Sicherstellung der Betriebszeiten sei nicht untauglich, sondern lasse verschiedene Maßnahmen der Sicherung zu. 50Die Vorschriften zu den Abstandsflächen würden nicht verletzt. Der Sichtschutzzaun sei nicht höher als 2 Meter. Eine Kombination aus Stützmauer und Zaun sei nicht genehmigt. 51Da das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt sei, liege auch kein Verstoß gegen § 51 Abs. 7 BauO NRW a.F. vor. 52Die Beigeladene beantragt, 53 die Klage abzuweisen. 54Sie macht ergänzend zur Beklagten geltend: 55Die Zuständigkeit des Ausschusses für Stadtentwicklung, Wirtschaft und Bauen ergebe sich aus der Zuständigkeitsordnung der Beklagten. 56Die Festlegung der Grenzen des Plangebiets sei nicht Bestandteil der zu überprüfenden Abwägungsentscheidung. Im Übrigen stelle sich der Umstand, dass das Gebäude O. Straße 003 nicht zum Plangebiet gehöre, als konsequenter Nachvollzug der natürlich gewachsenen Grenzen der Umgebung dar. Die Grenze des Plangebiets entspreche dort auch der Grenze zwischen den Fluren G7 und G8 der Gemarkung F. sowie der Plangrenze des zuvor geltenden Bebauungsplans Nr. 0. 57Die Mischgebietsfestsetzung greife nicht in die Rechte der Klägerinnen ein. Vielmehr profitierten diese von der damit erfolgten Erweiterung der zulässigen Nutzungsarten und der wirtschaftlichen Wertsteigerung ihrer Grundstücke. Der Betrieb im Erdgeschoss der Gebäude der Klägerinnen sei schwerpunktmäßig ein Fliesenhandel, der nicht der Versorgung des Gebiets diene. Er sei damit in einem allgemeinen Wohngebiet als Einzelhandelsbetrieb nicht zulässig. Eine mischgebietskonforme Entwicklung des Plangebiets sei – auch infolge des Lebensmittelmarktes – bereits vorhanden. Im Übrigen ermöglichten die Festsetzungen des Bebauungsplans auch andere Vorhaben als das der Beigeladenen; das Baufenster eigne sich für eine Vielzahl anderer gewerblicher Nutzungen. 58Ein Gebietsgewährleistungsanspruch der Klägerinnen komme nicht in Betracht, da ein solcher Anspruch grundsätzlich nicht gebietsübergreifend gewährt werde. Bei den Festsetzungen MI 1 und MI 2 handele es sich um zwei getrennt voneinander zu betrachtende Baugebiete. Das ergebe sich aus den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00, der Planurkunde und der Begründung zum Bebauungsplan. Darüber hinaus sei die Vorschrift des § 11 Abs. 3 BauNVO nicht drittschützend. Das müsse dann auch gelten, wenn der Verstoß gegen diese Vorschrift über die Figur des Gebietsgewährleistungsanspruchs vermittelt werden solle. 59Für die Verträglichkeit des geplanten Einzelhandelsvorhabens sprächen die Zahl der Einwohner im Nahbereich, die gute ÖPNV-Anbindung und die gutachterlich nachgewiesene Nahversorgungsfunktion des Marktes unter Einbeziehung der bisherigen Unterversorgung des Einzugsgebiets. Die Verbreitung der Werbeschilder lasse keinen Rückschluss auf den Einzugsbereich des Vorhabens zu, sondern entspreche der üblichen Geschäftspraxis. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass ein gewisser Anteil der Umsätze auch aus dem erweiterten Umfeld generiert werde, dies stehe aber einer Atypik des Marktes im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO nicht entgegen. Tatsächlich sei es seit der Inbetriebnahme des Vorhabens zu keinen Geschäftsaufgaben in zentralen Versorgungsbereichen gekommen. 60Von einem rückwärtigen Ruhebereich auf den Grundstücken der Klägerinnen könne angesichts der bestehenden Vorbelastung durch Straße und Sportplatz keine Rede sein. Bei der Prüfung, ob das Vorhaben durch seinen Lärm rücksichtslos wirke, sei die Möglichkeit der Zwischenwertbildung nach der TA Lärm zu beachten. 61Die Ampelanlage an der Zufahrt zum Vorhaben sei nicht in die Betrachtung einzubeziehen. Diese diene nicht nur der Verkehrsführung, sondern auch der Sicherheit der die Straße querenden Personen und der Andienung der Sporthallen; die Frage der Kostentragung sei dafür unerheblich. 62Einblicke auf die Grundstücke der Klägerinnen seien – soweit überhaupt möglich – hinzunehmen; die Klägerinnen könnten sich davor durch das Anbringen von Vorhängen schützen. 63Die von den Klägerinnen behauptete Gesamthöhe des Sichtschutzzaunes treffe nicht zu. Die von ihnen ausgemachten Höhenunterschiede beruhten auf Ablesefehlern. Dem Zaun komme ohnehin keine gebäudegleiche Wirkung zu. Im Übrigen dürften sich die Klägerinnen nicht auf einen Abstandsflächenverstoß berufen, da sich auf ihrem eigenen Grundstück entlang der Grundstücksgrenze zum Vorhaben auf einer Länge von 21 Metern eine eingeschossige Bebauung befinde. 64Die Baugenehmigung sei nicht unbestimmt. Die zulässige Spezifikation der Art der baulichen Nutzung in einer Baugenehmigung sei regelmäßig nicht davon abhängig, dass für sie eine Legaldefinition existiere. 65Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit am 23. Oktober 2020 in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses des Ortstermins wird auf das Protokoll vom 23. Oktober 2020 und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 66Entscheidungsgründe: 67Die Klage hat Erfolg. 68Sie ist zulässig. Insbesondere fehlt es hinsichtlich der Anfechtung der Teilbaugenehmigung vom 28. März 2019 nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis der Klägerinnen. Die Teilbaugenehmigung hat sich durch die Baugenehmigung vom 22. Mai 2019 nicht erledigt, da mit ihr ein positives Gesamturteil des Vorhabens ausgesprochen wird, auf das sie sich bezieht. Ähnlich wie aus einem Vorbescheid können aus einer bestandskräftigen Teilbaugenehmigung dem Nachbarn negative Bindungen auch dann abzuleiten sein, wenn zwar die Baugenehmigung, nicht aber die Teilbaugenehmigung auf die Nachbarklage hin aufgehoben wird. 69Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Oktober 2002 – 7 A 3185/01 –, juris, Rn. 37; Schulte, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte u.a., Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand: April 2021, § 76 BauO NRW 2018, Rn. 13, 20. 70Darüber hinaus steht einer Erledigung der Teilbaugenehmigung durch die endgültige Baugenehmigung hier entgegen, dass die Nebenbestimmungen und Hinweise der Teilbaugenehmigung ausweislich der Auflage BGA24 zur Baugenehmigung vom 22. Mai 2019 ihre Gültigkeit behalten, soweit sie nicht erkennbar durch diese Genehmigung überholt sind. 71Auch das Rechtsschutzbedürfnis zur Anfechtung der Baugenehmigung vom 22. Mai 2019 ist nicht durch die Erteilung der Nachtragsbaugenehmigung vom 14. Januar 2021 entfallen. Die Nachtragsbaugenehmigung führt nicht zur Erledigung der ursprünglich erteilten Baugenehmigung, sondern modifiziert diese und bildet mit ihr einen einheitlichen Gegenstand der Anfechtungsklage. Denn sie betrifft kleinere Änderungen – hier im Hinblick auf die Öffnungszeiten des Marktes –, regelt aber kein inhaltlich von dem Genehmigungsgegenstand wesensverschiedenes Vorhaben (aliud). 72Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. November 2012 – 2 B 1095/12 –, juris, Rn. 10, und vom 4. Mai 2004 – 10 A 1476/04 –, juris, Rn. 7. 73Die Klage ist auch begründet. 74Die Teilbaugenehmigung der Beklagten vom 28. März 2019, der Bescheid der Beklagten über die Zulassung einer Befreiung vom 28. März 2019, die Baugenehmigung der Beklagten vom 22. Mai 2019 in Gestalt der Nachtragsbaugenehmigung vom 14. Januar 2021 und der Bescheid der Beklagten über die Zulassung einer Befreiung vom 22. Mai 2019 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). 75Im Rahmen einer Baunachbarklage ist das genehmigte Vorhaben ausschließlich darauf zu überprüfen, ob seine Genehmigung den Nachbarkläger in dessen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, also gegen – insbesondere baurechtliche – Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz des Klägers zu dienen bestimmt sind. 76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. November 2013 – 2 B 1010/13 –, juris, Rn. 9. 77Maßgeblich ist insoweit die Rechtslage nach der zum 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018). Denn gemäß § 90 Abs. 4 BauO NRW 2018 werden (nur) die bis zum 31. Dezember 2018 vollständigen und ohne erhebliche Mängel eingereichten Bauvorlagen nach der Landesbauordnung in der Fassung vom 1. März 2000 (BauO NRW 2000) beschieden. Vorliegend hat die Beigeladene erst im Jahr 2019 den (überarbeiteten) Bauantrag gestellt. Dass bereits zuvor im Jahr 2018 ein Bauantrag gestellt wurde, der später ungültig gestempelt wurde, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 90 Abs. 4 BauO NRW 2018 nicht maßgeblich. Weder der letztlich beschiedene Antrag noch die dabei berücksichtigten Bauvorlagen lagen bis zum 31. Dezember 2018 vor. 78Die Erteilung der Baugenehmigung vom 22. Mai 2019 in Gestalt der Nachtragsbaugenehmigung vom 14. Januar 2021 verstößt gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts, da der zugrunde liegende Bebauungsplan Nr. 00 – Sportplatz O. Straße – unwirksam ist und sich der vom Vorhaben ausgehende Gewerbelärm unter Geltung des Bebauungsplans Nr. 0 – Am B. – als rücksichtslos erweist. 79Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens richtet sich nach § 30 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB). 80Der Bebauungsplan Nr. 00 – Sportplatz O. Straße – ist unwirksam. 81Zwar ist der Bebauungsplan Nr. 00 entgegen der Ansicht der Klägerinnen nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Zum einen war der Ausschuss für Stadtentwicklung, Wirtschaft und Bauen der Beklagten gemäß § 9 Abs. 1 der Zuständigkeitsordnung der Beklagten vom 18. Dezember 2009 für den Offenlegungsbeschluss zuständig. Nach dieser Vorschrift werden dem Ausschuss alle verfahrensleitenden Beschlüsse zur Aufstellung von Bauleitplänen übertragen, soweit sie nicht dem Rat gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 lit. g) der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) vorbehalten sind. § 41 Abs. 1 Satz 2 lit. g) GO NRW weist lediglich abschließende Satzungsbeschlüsse auf der Grundlage des Baugesetzbuchs und des Maßnahmengesetzes zum Baugesetzbuch dem Rat zu. Um einen solchen abschließenden Satzungsbeschluss handelt es sich bei dem Offenlegungsbeschluss nicht. Zum anderen war die Bekanntgabe von Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs nicht entgegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB unvollständig. Denn im hier einschlägigen beschleunigten Verfahren für die Aufstellung von Bebauungsplänen der Innenentwicklung nach § 13a BauGB ist die von den Klägerinnen als fehlend monierte Angabe, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, entbehrlich, § 13a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Stattdessen ist gemäß § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB ortsüblich bekannt zu machen, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt werden soll. Diese Bekanntmachung muss nicht zwingend im Zusammenhang mit dem Offenlegungsbeschluss vorgenommen werden, sondern kann bereits mit der Bekanntmachung des Planaufstellungsbeschlusses erfolgen. 82Vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn u.a., Baugesetzbuch, Stand: Mai 2021, § 13a, Rn. 70. 83Vorliegend enthält die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses vom 4. Januar 2017 die entsprechenden Hinweise (vgl. Blatt 41 des Aufstellungsvorgangs). Darüber hinaus wäre ein Unterbleiben der Hinweise für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich, § 214 Abs. 2a Nr. 2 BauGB. 84Der Bebauungsplan Nr. 00 leidet jedoch an Abwägungsmängeln. 85Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) und stellt inhaltlich Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Es ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. 86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juli 2021 – 10 D 35/19.NE –, juris, Rn. 36. 87Diesen Anforderungen wurde bei der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 00 durch die Beklagte nicht entsprochen. 88Fallen die Festsetzungen des Bebauungsplans einerseits und die vom Plangeber eigentlich angestrebten städtebaulichen Verhältnisse andererseits auseinander, führt das zu einem Abwägungsmangel. 89Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. November 2014 – 7 D 35/13.NE –, juris, Rn. 59. 90Die Mischgebietsfestsetzung MI 1 ist nicht mit den angestrebten städtebaulichen Verhältnissen im Plangebiet vereinbar. 91Die Kammer geht davon aus, dass es sich bei den Festsetzungen MI 1 und MI 2 um die Festsetzungen zweier eigenständiger Baugebiete handelt. Dies ergibt sich, wie die Beigeladene selbst zutreffend ausgeführt hat, aus den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen in der Planurkunde. In dieser sind das MI 1 und das MI 2 durch eine „Perlenschnur“ (Ziffer 15.14 der Anlage zur Verordnung über die Ausarbeitung der Bauleitpläne und die Darstellung des Planinhalts (Planzeichenverordnung – PlanZV)) getrennt. Zwar weist die PlanZV diesem Planzeichen mehrere Bedeutungen zu. So kann die Perlenschnur entweder für die Abgrenzung unterschiedlicher Nutzung, z.B. von Baugebieten, oder für die Abgrenzung des Maßes der Nutzung innerhalb eines Baugebiets (z.B. § 1 Abs. 4, § 16 Abs. 5 der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO)) stehen. Diese unterschiedlichen Inhalte derselben zeichnerischen Festsetzung haben jedoch nicht vollständig Eingang in die Legende des Bebauungsplans Nr. 00 gefunden. Dort wird dem Planzeichen 15.14 lediglich die „Abgrenzung unterschiedlicher Nutzung“, also im Fall der Festsetzungen MI 1 und MI 2 zweier getrennt zu betrachtender Baugebiete, zugeschrieben. Eine reine Abgrenzung des Maßes der baulichen Nutzung innerhalb eines einheitlichen Gebiets scheidet daher – trotz der unterschiedlichen Maßfestsetzungen für MI 1 und MI 2 – aus. Dem entspricht der Wortlaut der weiteren textlichen Festsetzungen. So heißt es in Ziffer 1.1 unter Verwendung des Plurals: „Innerhalb der Mischgebiete MI sind nicht zulässig…“. Ferner werden über das Maß der baulichen Nutzung hinaus – und damit außerhalb des Anwendungsbereichs von § 16 Abs. 5 BauNVO – Festsetzungen getroffen, die nur für eines der Mischgebiete gelten (vgl. etwa Ziffern 3.1, 3.2, 4.2, 4.3). 92Dem stehen die Ausführungen der Beklagten in den Aufstellungsvorgängen zum Bebauungsplan, insbesondere in der Planbegründung, nicht entgegen. Zwar können die Aufstellungsvorgänge grundsätzlich zur Auslegung von Bebauungsplänen herangezogen werden. Ist der Inhalt des Bebauungsplans jedoch eindeutig, kommt ein Rückgriff auf die den Norminhalt lediglich erläuternde Begründung nicht in Betracht. 93Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2020 – 2 A 2323/19 –, juris, Rn. 10 f. 94Vorliegend verbleibt angesichts des eindeutigen Inhalts der Festsetzungen im Bebauungsplan Nr. 00 zum Charakter der Mischgebiete MI 1 und MI 2 kein Raum für eine ergänzende Auslegung unter Berücksichtigung der Aufstellungsvorgänge. Im Übrigen ergäbe sich aus diesen auch kein zwingendes gegenteiliges Verständnis. Die dortigen Ausführungen zur Einordnung der Festsetzungen MI 1 und MI 2 sind vielmehr diffus. So könnte die Erläuterung „Mit den getroffenen Festsetzungen für das MI 1 Gebiet und das MI 2 Gebiet ist eine MI-gebietskonforme Entwicklung des Plangebiets möglich“ (Seite 19 der Planbegründung) sowohl für als auch gegen eine Behandlung der Gebiete als zwei separate Baugebiete sprechen. Zwar tritt die Beklagte der Stellungnahme der Handwerkskammer Düsseldorf vom 27. Dezember 2016, welche die Entstehung eines „unechten MI-Gebiets“ ohne Wohnnutzung befürchtete, mit der Erwägung entgegen, die angrenzenden Flächen nördlich des zukünftigen Einzelhandelsstandorts MI 1 würden ebenfalls als MI-Gebiet festgesetzt, dort befänden sich (auch) Wohnnutzungen (Blatt 185 der Aufstellungsvorgänge). Demgegenüber werden aber in der Planbegründung für „das Mischgebiet MI 1“ und „das Mischgebiet MI 2“ getrennte Ausführungen zu den getroffenen Festsetzungen – auch hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung – gemacht. 95Für das demnach eigenständige Mischgebiet MI 1 sind die inhaltlichen Anforderungen an den Mischgebietscharakter losgelöst von den Gegebenheiten im übrigen Plangebiet, insbesondere im Mischgebiet MI 2, zu prüfen. 96Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. November 2014 – 7 D 35/13.NE –, juris. 97Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp (vgl. § 1 Abs. 2 BauNVO) wird gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch gekennzeichnet, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. Der Verordnungsgeber hat die beiden Hauptnutzungsarten nicht in ein Rangverhältnis zueinander gestellt. Dadurch unterscheidet sich die Umschreibung des Baugebietstyps in § 6 Abs. 1 BauNVO von derjenigen der anderen Baugebiete in den jeweiligen Absätzen 1 der §§ 2 bis 5 und §§ 7 bis 9 BauNVO. Das Mischgebiet ist nach seiner typischen Eigenart also für Wohnen und nichtstörendes Gewerbe gleichermaßen offen. Die Nutzungen des Mischgebiets zum Wohnen und zur Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander. Diese Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht störendem Gewerbe sowie deren wechselseitige Verträglichkeit ist kennzeichnend für den Baugebietstyp "Mischgebiet". Dieses gleichwertige Nebeneinander zweier Nutzungsarten setzt zum einen wechselseitige Rücksichtnahme der einen Nutzung auf die andere und deren Bedürfnisse voraus; es bedeutet zum anderen aber auch, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen solle. Die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe sind ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden. § 6 Abs. 1 BauNVO bringt dadurch die städtebauliche Gestaltungsabsicht des Verordnungsgebers zum Ausdruck, dass diese beiden Nutzungsarten in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten auch in ihrer jeweiligen Quantität "gemischt" sein sollen. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart. Für die hiernach zu beachtende auch quantitative Mischung kommt es - wie gleichzeitig durch § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bestätigt wird - darauf an, in welchem Verhältnis die dem Wohnen und die gewerblichen Zwecken dienenden Anlagen im Baugebiet nach Anzahl und Umfang zueinander stehen. Dabei ist einerseits nicht erforderlich, dass die beiden Hauptnutzungsarten zu genau oder annähernd gleichen - wie auch immer rechnerisch zu bestimmenden - Anteilen im jeweiligen Gebiet vertreten sind. Auf der anderen Seite wird jedoch die Bandbreite der typischen Eigenart des Mischgebiets, soweit es um die quantitative Seite des Mischungsverhältnisses geht, nicht erst dann verlassen, wenn eine der beiden Hauptnutzungsarten als eigenständige Nutzung im Gebiet völlig verdrängt wird und das Gebiet deshalb in einen anderen Gebietstyp "umkippt" mit der Folge, dass sich die Festsetzung als Mischgebiet letztlich als funktionslos (geworden) darstellen würde. Um ein solches "Umkippen" des Gebietes zu verhindern und seine Eigenart zu wahren, ist es erforderlich und zugleich aber auch ausreichend, dass im jeweiligen Gebiet eine der beiden Hauptnutzungsarten nicht nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend und in diesem Sinne "übergewichtig" in Erscheinung tritt. Ob dies der Fall ist oder nicht, lässt sich nicht notwendig, jedenfalls aber nicht ausschließlich, danach beurteilen, mit welchen Prozentsätzen die Grundfläche des jeweiligen Mischgebiets für die eine und die andere Nutzungsart in Anspruch genommen werden soll. Die Störung des gebotenen quantitativen Mischungsverhältnisses und damit zugleich der Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets kann sich aus einem solchen übermäßig großen Anteil einer Nutzungsart an der Grundfläche des Baugebiets, aber auch aus anderen Umständen, z.B. auch aus einem Missverhältnis der Geschoßflächen oder der Zahl der eigenständigen gewerblichen Betriebe im Verhältnis zu den vorhandenen Wohngebäuden, oder auch erst aus mehreren solcher Merkmale zusammengenommen ergeben. Erforderlich ist stets eine Bewertung aller für eine quantitative Beurteilung in Frage kommenden tatsächlichen Umstände im einzelnen Fall. 98Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 – 4 C 34/86 –, juris, Rn. 18 f.; OVG NRW, Urteil vom 30. Juni 2021 – 7 D 62/19.NE –, juris, Rn. 69. 99Strebt der Plangeber jedoch ein Miteinander von Wohnen und Gewerbe in Wahrheit gar nicht an oder ist eine solche Entwicklung wegen der vorhandenen Bebauung oder aufgrund sonstiger Festsetzungen im Bebauungsplan faktisch nicht zu erreichen, ist die Festsetzung des Mischgebiets städtebaulich nicht gerechtfertigt. 100Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2006 – 10 D 43/03.NE –, juris, Rn. 127. 101So liegt der Fall hier. In Bezug auf das Gebiet MI 1 fallen das Ergebnis des Abwägungsvorgangs – die Festsetzung als Mischgebiet – und die ausweislich der Aufstellungsvorgänge angestrebten städtebaulichen Verhältnisse in unvereinbarer Weise auseinander. 102Zwar mögen die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00 in Bezug auf das Gebiet MI 1 den vorstehend darlegten Anforderungen an eine Mischgebietsfestsetzung (noch) genügen. Obwohl einzelne textliche Festsetzungen bereits auf eine ausschließliche Nutzung des dort ausgewiesenen Baufensters für ein Einzelhandelsvorhaben hindeuten (vgl. etwa Ziffer 2.3 – Vordach im Eingangsbereich –; Ziffer 3.2 – Werbetafel bzw. -pylon „im Zufahrtsbereich des Vorhabens“), erscheint es bei unbefangener Betrachtung der Planurkunde zumindest nicht ausgeschlossen, innerhalb des Baufensters sowohl Wohnnutzungen als auch Gewerbe anzusiedeln. 103Demgegenüber ergibt sich aus den Aufstellungsvorgängen eindeutig, dass nach der Vorstellung der Beklagten das Mischgebiet MI 1 ausschließlich gewerblichen Nutzungen, konkret einem Lebensmitteldiscounter, vorbehalten sein soll. So ist „die Errichtung eines Nahversorgers“ zentraler Bestandteil des Bebauungskonzepts der Beklagten (vgl. Seite 17 der Planbegründung). Der Gebäudekörper des Nahversorgers soll am Fuß der nördlich des Geltungsbereichs befindlichen Böschung realisiert werden, mithin im Gebiet MI 1. Die Festsetzungen des Gebiets MI 1 werden in der Folge ausschließlich mit Blick auf die Ansiedlung eines Lebensmittelnahversorgers erläutert (Seite 19 f. der Planbegründung). Faktisch ist damit die Realisierung von Wohnnutzung ergänzend zum Einzelhandelsvorhaben angesichts des einzig vorhandenen, auf den Grundriss eines Lebensmittelmarktes zugeschnittenen Baufensters ausgeschlossen. Zwar heißt es im Rahmen der Erläuterungen zum Gebiet MI 1 in der Planbegründung, eine ergänzende Wohnnutzung, die im Kontext zum städtebaulichen Umfeld stehe, sei möglich. Diese pauschale Einschätzung wird jedoch nicht ansatzweise vertieft; so wurden etwa Belange des Lärmschutzes zwischen einer gewerblichen Nutzung und einer etwaigen Wohnnutzung im selben Baufenster im Rahmen des Abwägungsvorgangs überhaupt nicht berücksichtigt. Sie steht überdies in erheblichem Widerspruch zum Planungskonzept und allen übrigen Belangen, die im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens Berücksichtigung fanden. Exemplarisch sei auf die Abbildungen 2.3.2 bis 2.3.4 des im Rahmen des Bauleitplanverfahrens von der Beklagten eingeholten Schalltechnischen Fachgutachtens der B1. vom 20. September 2017 verwiesen, die den Stand der Gestaltungsplanung der Beklagten – vor der Stellung des Bauantrags durch die Beigeladene – wiedergeben. Diese gewollte Nutzungsstruktur verfehlt die nach obigen Maßstäben erforderlichen Anforderungen an die Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe, da im Gebiet MI 1 überhaupt keine Wohnnutzung angestrebt wird. 104Offen bleiben kann, ob es sich bei der Festsetzung des Mischgebiets MI 1 entgegen der eigentlich gewollten Nutzungsstruktur um einen Mangel im Abwägungsvorgang, 105so OVG NRW, Urteil vom 27. November 2014 – 7 D 35/13.NE –, juris, Rn. 61, 106oder im Abwägungsergebnis handelt. Denn selbst wenn ein Mangel im Abwägungsvorgang vorliegen sollte, ist dieser vorliegend nach den §§ 214 f. BauGB beachtlich und führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. 107Gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB ist ein Mangel im Abwägungsvorgang erheblich, wenn er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Ein Fehler im Abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rats über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist. Er ist auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. 108Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 CN 1/11 –, juris, Rn. 16; OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2021 – 2 D 100/19.NE –, juris, Rn. 130. 109Das ist hier der Fall. Die mit der Festsetzung nicht zu vereinbarende gewollte Nutzungsstruktur stellt sich nicht nur als innere Vorstellung oder Motiv der Ratsmitglieder der Beklagten dar, sondern tritt in den Planungsunterlagen offen und unzweideutig zutage. Es besteht zudem die konkrete Möglichkeit, dass das Gebiet der Festsetzung MI 1 ohne den Mangel nicht als Mischgebiet festgesetzt worden wäre. Der Mangel ist auch nicht gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden, denn die Klägerinnen haben ihn gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 20. November 2018 rechtzeitig geltend gemacht. 110Der Abwägungsmangel erfasst den Bebauungsplan Nr. 00 in seiner Gesamtheit. Die Unwirksamkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung hat nur dann nicht die Gesamtunwirksamkeit zur Folge, wenn die Rechtsbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen Teil erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). An der objektiven Teilbarkeit des Plans fehlt es, wenn eine einzelne unwirksame Festsetzung mit dem gesamten Bebauungsplan in einem untrennbaren Zusammenhang steht. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Nichtigkeit der einzelnen Festsetzung das Planungskonzept in seinem Kerngehalt trifft, so dass nur noch ein Planungstorso übrig bleibt. 111Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 – 4 B 37/18 –, juris, Rn. 6. 112So liegt der Fall hier. Das Planungskonzept der Beklagten sieht als zentrale Bestandteile die Errichtung eines Nahversorgers sowie einer Sporthalle vor. Mit der Unwirksamkeit der Mischgebietsfestsetzung MI 1, die die Grundlage für die Ansiedlung des Nahversorgers bilden sollte, ist dieses Konzept entfallen. 113Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 00 ist im Übrigen aus denselben Gründen selbst dann zu bejahen, wenn man – entgegen der Auffassung der Kammer – von einem einheitlichen Baugebiet, bestehend aus den Teilbereichen MI 1 und MI 2, ausginge, 114vgl. beispielhaft für einen solchen Fall OVG NRW, Urteil vom 30. Juni 2021 – 7 D 62/19.NE –, juris, 115oder wenn man voneinander unabhängige Mischgebiete annähme, aber bei der Prüfung der Anforderungen an die Durchmischung von Wohnen und Gewerbe gleichwohl das Plangebiet als Ganzes in den Blick nähme, soweit darin Mischgebiete ausgewiesen sind, 116so in Bezug auf einen Bebauungsplan, der ausschließlich Mischgebiete festsetzte: OVG NRW, Urteil vom 18. November 2014 – 2 D 96/13.NE –, juris, Rn. 48. 117Denn auch bei einer gemeinsamen Betrachtung der Gebiete MI 1 und MI 2 ist die Mischgebietsfestsetzung städtebaulich nicht gerechtfertigt, da sie nicht den von der Beklagten in Wahrheit angestrebten Verhältnissen entspricht. Hinsichtlich des Planungskonzepts für das Gebiet MI 1 wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. In Bezug auf das Gebiet MI 2 ging die Beklagte davon aus, ein dort bereits entgegen der Festsetzungen im zuvor geltenden Bebauungsplan Nr. 0 vorhandenes faktisches Mischgebiet nunmehr auch planerisch festzuschreiben und zugleich – insbesondere durch eine vollständige Ausschöpfung des nach der BauNVO zulässigen Maßes der baulichen Nutzung – weitere das Wohnen nicht störende Gewerbe-, Büro- und andere Dienstleistungsnutzungen zu ermöglichen. Im Ergebnis sah das Planungskonzept damit bei gemeinsamer Betrachtung der Gebiete MI 1 und MI 2 eine Bebauung des Gebiets mit einem gemischt genutzten Gebäude (O. Straße 001/002), einem Einfamilienhaus (O. Straße 005) sowie einem Einzelhandelsvorhaben samt Stellplatzfläche und Zufahrt vor. Selbst wenn man außen vor lässt, dass das im Gebiet MI 2 vorhandene ungenutzte Baufenster im rückwärtigen Bereich des Gebäudes O. Straße 001/002 der Planbegründung zufolge noch zusätzliche gewerbliche Nutzungen ermöglichen soll, besteht in den angestrebten städtebaulichen Verhältnissen des Gesamtgebiets nicht ansatzweise eine ausreichende Durchmischung von Wohnen und Gewerbe. Vielmehr tritt die gewerbliche Nutzung jedenfalls in ihrem Umfang deutlich „übergewichtig“ in Erscheinung. Die als Mischgebiet festgesetzten Teile des Plangebiets werden von den Gewerbenutzungen, zu denen auch die Parkflächen und die Zufahrt für das im Bebauungskonzept vorgesehene Einzelhandelsvorhaben zu zählen sind, 118vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 – 4 C 34/86 –, juris, Rn. 20, 119in erheblicher Weise dominiert. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass die laut Planbegründung vorgesehene Größe des Einzelhandelsvorhabens mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 m² lediglich vorgeschoben erscheint. Aus dem Aufstellungsvorgang samt der in diesem Zusammenhang eingeholten Gutachten wird deutlich, dass die Beklagte von Anfang an die Ansiedlung eines (erheblich) großflächigen Einzelhandelsvorhabens anstrebte (vgl. auch die aus diesem Anlass abgegebene ergänzende Stellungnahme der Handwerkskammer Düsseldorf vom 6. Dezember 2017, Blatt 265 der Aufstellungsvorgänge). So wurden in den von ihr beauftragten Gutachten Verkaufsflächen von 1.400 m² (Verkehrsgutachten V. ) bzw. 1.360 m² (Schalltechnisches Fachgutachten B1. ) zugrunde gelegt. Bei der Veranstaltung im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit am 13. Juli 2017 stellte der Leiter der M. -Immobilienabteilung Rheinland / nördl. Ruhrgebiet die Pläne für die Errichtung eines Marktes mit einer Verkaufsfläche von 1.350 m² vor (vgl. Blatt 150 der Aufstellungsvorgänge). Selbst bei der Ausschreibung einer Teilfläche des (ehemaligen) Sportplatzes für die Errichtung eines Lebensmitteleinzelhandelsbetriebs am 29. November 2016 ging die Beklagte bereits von der Zulässigkeit eines großflächigen Einzelhandelsvorhabens aus (vgl. Blatt 15 ff. des Aufstellungsvorgangs). Das letztlich festgesetzte Baufenster ermöglichte die Errichtung eines Marktes mit einer Geschossfläche von rund 2.000 m². Darüber hinaus sah die Planung im nicht überbaubaren Grundstücksbereich eine Parkfläche mit ca. 100 Stellplätzen (vgl. Seite 21 der Planbegründung) und eine Zufahrtsrampe vor. Demgegenüber erscheint die Wohnnutzung im Einfamilienhaus O. Straße 005 sowie in den Obergeschossen des seinerseits gemischt genutzten Gebäudes O. Straße 001/002 selbst im Fall von dessen Erweiterung zu Wohnzwecken oder im Fall der Errichtung eines (reinen) Wohngebäudes im rückwärtigen Bereich des dort vorgegebenen Baufensters – insoweit abweichend von der Intention des Plangebers laut Planbegründung – qualitativ völlig untergeordnet. 120Vgl. zur Unvereinbarkeit von Gewerbeflächen, die 85 % der Baugebietsfläche ausmachen, mit der Festsetzung als Mischgebiet: BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 – 4 C 34/86 –, juris. 121Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Festsetzung eines Mischgebiets zum Zwecke der Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs mit etwa 2.000 m² Geschossfläche (vgl. Beiakte Heft 2, Blatt 21) und über 1.300 m² Verkaufsfläche, wie sie hier bereits in der Planung der Beklagten angelegt ist, überhaupt abwägungsfehlerfrei zum Inhalt eines Bebauungsplans gemacht werden kann oder ob die Widerlegung der Vermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO bei Einzelhandelsbetrieben in dieser Größenordnung von vorneherein ausgeschlossen ist, 122vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 15. April 2020 – 2 A 3319/19 –, juris, Rn. 25, wonach ein Abweichen vom Regelfall des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO „allein schon“ wegen einer ganz erheblichen Überschreitung der Schwellenwerte von 1.200 m² Geschossfläche um mehr als 50 % und der Verkaufsfläche von 800 m² um etwa 40 % „mindestens fern“ liegt. 123Es besteht auch kein Anlass, im Rahmen der Prüfung der Mischgebietsanforderungen ausnahmsweise über das Plangebiet hinaus die örtlichen Verhältnisse der angrenzenden Umgebung heranzuziehen. Grundsätzlich handelt es sich bei der örtlichen Situation, in die ein Baugebiet „hineingeplant“ wird und die dessen Eigenart mit charakterisiert, in erster Linie um die örtlichen Verhältnisse, auf die ein Plan in dem Gebiet trifft, für das er gelten soll. Die Anwendung eines das Plangebiet überschreitenden Rahmens zur Bestimmung seiner konkreten örtlichen Eigenart kommt demgegenüber in Betracht, wenn nach der gegebenen örtlichen Situation die Festsetzung eines kleineren Mischgebiets nur der „Abpufferung“ zwischen Gebieten mit einer das Wohnen störenden gewerblichen Nutzung und einer überwiegenden oder reinen Wohnnutzung dienen soll. 124Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 – 4 C 34/86 –, juris, Rn. 22. 125Dies ist hier nicht der Fall. Die Gebiete MI 1 und MI 2 sind – bei der hier unterstellten gemeinsamen Betrachtungsweise – kein Puffergebiet zwischen Wohn- und Gewerbebebauung, sondern sollen selbst das fragliche Gewerbe, dessen Wohnverträglichkeit im Streit steht, aufnehmen. 126Ist der Bebauungsplan Nr. 00 demnach auch dann, wenn man alle Mischgebiete im Plangebiet zusammen in den Blick nimmt, abwägungsfehlerhaft zustande gekommen, so ist dieser Mangel – bei unterstellter Einordnung als Mangel im Abwägungsvorgang – aus den bereits dargelegten Gründen beachtlich und führt (erst recht) zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. 127Infolge der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 00 beansprucht der Bebauungsplan Nr. 0 – Am B. –, der bei Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 00 nicht teilweise aufgehoben, sondern lediglich überlagert wurde, in der Fassung der 4. Änderung vom 27. Dezember 2016 wieder Geltung. Auf die von den Klägerinnen ergänzend aufgeworfenen Fragen, ob das Vorhaben mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00 vereinbar ist und ob ihnen insoweit ein Gebietserhaltungsanspruch zusteht, kommt es deswegen nicht an. 128Der Bebauungsplan Nr. 0 setzt für das klägerische Grundstück ein allgemeines Wohngebiet und für den Vorhabenstandort der Beigeladenen eine öffentliche Grünfläche (Sportplatz) gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB fest. Anhaltspunkte für eine Funktionslosigkeit der WA-Festsetzung bestehen aus Sicht der Kammer nicht. Insbesondere steht der Gewerbebetrieb im Erdgeschoss der klägerischen Gebäude, sei es schwerpunktmäßig ein Fliesenlegerbetrieb oder ein Fliesenhandel, der Wirksamkeit der Festsetzung nicht entgegen. Selbst wenn diese einzelne vorhandene Nutzung mit der Festsetzung nicht zu vereinbaren sein sollte, würde dadurch in der tatsächlichen Entwicklung kein Zustand erreicht, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt. 129Vgl. zu den Voraussetzungen für die Annahme einer Funktionslosigkeit von Festsetzungen: OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2019 – 7 A 1419/17 –, juris, Rn. 47. 130Ohne dass es nach dem Vorstehenden noch darauf ankäme, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Betrieb der Klägerinnen zwar nicht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO genehmigungsfähig sein dürfte, da er – wie der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat – nicht nur der Versorgung des Gebiets dienen dürfte. Er dürfte aber als sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zugelassen werden können und wurde von der Beklagten – wohl auf dieser Grundlage – auch zugelassen. Angesichts der überschaubaren Zahl an Kundenparkplätzen und der von den Klägerinnen geschilderten Lieferbewegungen ist die Einordnung als das Wohnen nicht störender Gewerbebetrieb nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Dem steht nicht entgegen, dass der Betrieb bei einem Schwerpunkt im Bereich Fliesenhandel als Einzelhandelsbetrieb einzuordnen wäre. Denn Einzelhandel in Ladenform – einer Unterart des Einzelhandelsbetriebs – kann im allgemeinen Wohngebiet (ausnahmsweise) zugelassen werden, auch wenn der Laden nicht der Versorgung des Gebiets dient. 131Vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/u.a., Baugesetzbuch, Stand: Mai 2021, § 4 BauNVO, Rn. 122, sowie § 6 BauNVO, Rn. 24. 132Ob der Betrieb aufgrund seiner Größe nicht mehr als Einzelhandel in Ladenform angesehen werden könnte, ist aus den der Kammer vorliegenden Unterlagen nicht zu beurteilen, aber aufgrund der erteilten Genehmigung durch die Beklagte eher fernliegend. 133Das Vorhaben der Beigeladenen steht im Widerspruch zur Festsetzung der öffentlichen Grünfläche im Bebauungsplan Nr. 0. Dieser Verstoß betrifft jedoch die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Insbesondere steht ihnen insoweit kein Gebietsgewährleistungsanspruch zu. 134Der Gebietsgewährleistungsanspruch ist darauf gerichtet, dass Grundstückseigentümer durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden sind, sie im Rahmen ihres nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können. Allerdings kann sich ein Nachbar gegen eine gebietsfremde Nutzung unabhängig vom Vorliegen einer konkreten Beeinträchtigung nur dann zur Wehr setzen, wenn beide Grundstücke demselben Baugebiet angehören. Sind die Eigentümer der betroffenen Grundstücke nicht denselben rechtlichen Bindungen unterworfen, weil sie sich nicht innerhalb desselben Baugebiets befinden, können sie auch nicht vom jeweils anderen Eigentümer deren Einhaltung verlangen. Ein gebietsübergreifender Gebietsgewährleistungsanspruch besteht grundsätzlich nicht. 135Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2020 – 2 A 211/17 –, juris, Rn. 82 ff. 136Die öffentliche Grünfläche im Bebauungsplan Nr. 0 ist – trotz fehlender Abgrenzung in der Planurkunde etwa durch Verwendung des Planzeichens 15.14 – nicht dem allgemeinen Wohngebiet, zu dem das Grundstück der Klägerinnen gehört, zuzurechnen. Denn die Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ist von der Festsetzung von Baugebieten nach der BauNVO – hier: dem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauNVO – abzugrenzen. Es handelt sich jeweils um selbstständige Festsetzungen, die nicht in Bezug auf die gleiche Fläche mit anderen selbstständigen Festsetzungen verbunden werden können. 137Vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 8. Oktober 2020 – 1 A 868/17 –, juris, Rn. 38 f.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn u.a., Baugesetzbuch, 141. EL 2021, § 9, Rn. 124. 138Abweichend davon kann ein gebietsübergreifender Nachbarschutz ausnahmsweise dann gewährt werden, wenn der Satzungsgeber der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche eine aus sich heraus nachbarschützende Wirkung objektiv erkennbar im Einzelfall hat beimessen wollen. Entscheidend ist dabei, ob die betreffende Festsetzung zwischen dem den Gebietsgewährleistungsanspruch stellenden Grundstück und dem Vorhabengrundstück, auf das der Abwehranspruch zielt, das notwendige bodenrechtliche Austauschverhältnis herstellt. 139Vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 25. März 2014 – 2 Bs 43/14 –, juris, Rn. 8; vgl. ferner in Bezug auf Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 ff. BauNVO: OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2014 – 2 A 2082/14 –, juris, Rn. 12., sowie in Bezug auf § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauNVO: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Januar 2019 – 8 S 2441/18 –, juris, Rn. 10. 140Für einen Willen der Beklagten, durch die Festsetzung der öffentlichen Grünfläche im Bebauungsplan Nr. 0 Drittschutz zu vermitteln, ist nichts ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung zur dritten Änderung des Bebauungsplans (Blatt 750 des Aufstellungsvorgangs, Beiakte Heft 14), dass die Festsetzung keine Neuplanung darstellt, sondern lediglich das historisch gewachsene Nebeneinander von Wohngebiet und Sportanlage abbildet. Eine Konfliktlage in Bezug auf Lärmstörungen wird nicht erkannt. Damit wird deutlich, dass zwar vom Sportplatz nach Einschätzung des Plangebers keine Störung der Wohnruhe der Nachbarn ausging. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Festsetzung gerade (auch) zum Schutz der Nachbarn vor Lärmimmissionen getroffen wurde. Die öffentliche Grünfläche wurde vielmehr deshalb festgesetzt, weil sie an dieser Stelle schlichtweg schon vorhanden war und kein Anlass bestand, dies zu ändern. 141Mangels eines gebietsübergreifenden Gebietsgewährleistungsanspruchs der Klägerinnen bestimmt sich der Nachbarschutz trotz des Widerspruchs des Vorhabens zu den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 0 (nur) nach dem Gebot der Rücksichtnahme. Zwar ist § 15 Abs. 1 BauNVO nicht unmittelbar anwendbar, wenn – wie hier – ein Vorhaben von den Festsetzungen des Bebauungsplans abweicht. Der Nachbarschutz darf jedoch nicht hinter dem aus § 31 Abs. 2 BauGB zurückbleiben. Danach ist eine Würdigung der Interessen des betroffenen Nachbarn bei der Erteilung einer Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans vorzunehmen. Die Interessenlage des Nachbarn ist identisch, wenn die Baugenehmigungsbehörde von den dem Vorhaben widersprechenden Festsetzungen nicht ausdrücklich befreit hat, sondern ohne Befreiung eine – insoweit deshalb objektiv rechtswidrige – Baugenehmigung erteilt. Sofern eine fehlerhafte Berücksichtigung nachbarlicher Interessen bei Erteilung einer Befreiung zu einer Verletzung von Rechten des Nachbarn führt, gilt dies ebenso, wenn die Baugenehmigung bei gleicher Sachlage entgegen den Festsetzungen des Bebauungsplans ohne die erforderliche Befreiung erteilt wird. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu beachten, dass die Interessen der Beteiligten ein unterschiedliches Gewicht haben, je nachdem, ob es um ein Vorhaben geht, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans entspricht, also nur ausnahmsweise über § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig sein kann, oder ob es um ein Vorhaben geht, das von den Festsetzungen abweicht, also nur ausnahmsweise über eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zulässig sein kann. Wer sich auf den Bebauungsplan berufen kann, hat bei der Interessenabwägung grundsätzlich einen gewissen Vorrang. 142Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1989 – 4 C 14/87 –, juris, Rn. 11 ff. 143In Anwendung dessen erweist sich das Vorhaben der Beigeladenen gegenüber den Klägerinnen als rücksichtslos. Der vom Vorhaben ausgehende Gewerbelärm ist ihnen als Anwohnerinnen im benachbarten allgemeinen Wohngebiet unzumutbar. 144Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmemissionen, die von der genehmigten Anlage ausgehen, ist auf die Immissionsrichtwerte der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) abzustellen. Die TA Lärm dient dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche sowie der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche. Sie gilt für Anlagen, die als genehmigungsbedürftige oder nicht genehmigungsbedürftige Anlagen den Anforderungen des Zweiten Teils des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterliegen und die nicht vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen sind (vgl. Nr. 1 Abs. 1 und 2 der TA Lärm). Das Vorhaben als großflächiger Einzelhandelsbetrieb ist eine nicht genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des Zweiten Teils des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (vgl. §§ 22 ff. BImSchG), der im Katalog der vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommenen Anlagearten nicht aufgeführt ist. 145Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 5. März 2015 – 5 L 1593/14 –, juris, Rn. 40; vgl. ferner zur Anwendbarkeit der TA Lärm auf nicht genehmigungsbedürftige Anlagen i.S.d. BImSchG und zur Einordnung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben als solche: OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21. November 2013 – 2 A 335/13 –; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Januar 2010 – 10 S 31.09 –; vgl. ferner OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2012 – 2 B 1095/12 – , jeweils juris. 146Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften und Bewertungsspannen Spielräume eröffnet. Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten im Rahmen des Rücksichtnahmegebots. 147Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 – 4 C 8/11 –, juris, Rn. 18 f. 148Vorliegend überschreitet der vom Vorhaben ausgehende Gewerbelärm an der Südseite des Gebäudes O. Straße 001 den in Nr. 6.1 der TA Lärm vorgeschriebenen Immissionsrichtwert in allgemeinen Wohngebieten von 55 dB(A) tags um 2 dB(A), vgl. Seite 5 der Beurteilung der Geräuschsituation des M. -Marktes auf dem ehemaligen Sportplatz O. Str. in X. bei verlängerten Öffnungszeiten vom 9. Oktober 2020 (Blatt 492 ff. der Genehmigungsvorgänge, Beiakte Heft 5). 149Eine Erhöhung des Immissionsrichtwertes für das allgemeine Wohngebiet der Klägerinnen durch eine Zwischenwertbildung nach Nr. 6.7 der TA Lärm kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuschauswirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelagen), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Vorliegend fehlt es bereits an einer Gemengelage im Sinne der Vorschrift, da lediglich ein allgemeines Wohngebiet und eine öffentliche Grünfläche aneinander grenzen. Die Annahme eines gewerblich genutzten Gebiets aufgrund des Vorhandenseins des (objektiv planwidrigen) Lebensmitteldiscounters wäre im Rahmen einer Drittanfechtungsklage, deren Gegenstand die für die Errichtung dieses Discounters erteilte Baugenehmigung ist, in sich widersprüchlich. Selbst wenn man die öffentliche Grünfläche wegen des darauf ursprünglich angesiedelten Sportplatzes als hinsichtlich seiner Geräuschauswirkungen vergleichbar genutztes Gebiet ansehen wollte und als für diese „Gebietskategorie“ geltende Richtwerte die Werte der 18. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Sportanlagenlärmschutzverordnung – 18. BImSchV) ansetzen wollte, würde sich kein den Richtwert für allgemeine Wohngebiete erhöhender Wert bilden lassen, da die Immissionsrichtwerte für Sportanlagen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 der 18. BImSchV nicht höher als jene nach Nr. 6.1 der TA Lärm sind. 150Eine Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze im Einzelfall aufgrund einer besonderen Vorbelastung kommt angesichts der dargelegten Bindungswirkung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm nicht in Betracht. Entgegen der Ansicht der Beklagten und der Beigeladenen ist nach der TA Lärm nicht von einer relevanten sonstigen Belastung des Gebäudes der Klägerinnen auszugehen. 151Dies gilt zunächst für den – unzweifelhaft vorhandenen – erheblichen Verkehrslärm auf der westlich des Gebäudes verlaufenden O. Straße, der im Schalltechnischen Fachgutachten der B1. vom 20. September 2017, Seite 50, für die Gebäudesüdseite O. Straße 1001 mit 61-62 dB(A) tags (maximaler Pegel) angegeben wird. Dieser führt nach den verbindlichen Vorgaben der TA Lärm nicht dazu, dass der hinzukommende Gewerbelärm nicht mehr rücksichtlos wirken könnte. Denn der Gewerbelärm, zu dem auch der von der Stellplatzanlage ausgehende Lärm gehört, wird in seiner spezifischen Ausprägung, insbesondere seiner Impulshaftigkeit (Türenschlagen, Rollen der Einkaufswagen) nicht durch Verkehrslärm überdeckt. Zwar darf nach Nr. 3.2.1 Abs. 5 Satz 1 der TA Lärm eine Genehmigung wegen einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte nicht versagt werden, wenn infolge ständig vorherrschender Fremdgeräusche (hier: Verkehrslärm) keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen durch die zu beurteilende Anlage zu befürchten sind. Das ist nach Satz 2 insbesondere dann der Fall, wenn für die Beurteilung der Geräuschimmissionen der Anlage weder Zuschläge gemäß dem Anhang für Ton- und Informationshaltigkeit oder Impulshaftigkeit noch eine Berücksichtigung tieffrequenter Geräusche erforderlich sind. Durch diese Bedingungen soll sichergestellt werden, dass das Anlagengeräusch nicht nur physikalisch, sondern auch nach seinem tatsächlichen Störpotenzial weniger auffällig ist als das Fremdgeräusch. 152Vgl. Beckert/Fabricius, TA Lärm, 2. Auflage 2009, Seite 48. 153Die Voraussetzungen der Nr. 3.2.1 Abs. 5 Satz 2 der TA Lärm sind vorliegend jedoch nicht erfüllt, da für die Beurteilung des Gewerbelärms durch das Vorhaben der Beigeladenen bei der Berechnung des Emissionspegels der Pkw-Stellplätze ein Zuschlag für Impulshaftigkeit in Höhe von 4 dB(A) vorgenommen wurde (vgl. Seite 23 des Fachgutachtens vom 20. September 2017 sowie Seiten 3 und 4 der Beurteilung der Geräuschsituation vom 9. Oktober 2020). Dieser Zuschlag entspricht den Vorgaben der Nr. A.2.5.3 der Anlage zur TA Lärm, wonach, falls Erfahrungswerte von vergleichbaren Anlagen und Anlagenteilen vorliegen, von diesen auszugehen ist. Solche Erfahrungswerte ergeben sich aus der vom Gutachter herangezogenen Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt aus August 2007 (vgl. Anhang A 4 des Fachgutachtens vom 20. September 2017). Danach ist im Rahmen des in der TA Lärm vorgesehenen Taktmaximalpegelverfahrens (vgl. Nr. 2.9 TA Lärm) im Fall von Parkplätzen an Einkaufsmärkten – ebenso wie bei sonstigen Parkplätzen in der vorliegenden Größenordnung – ein Zuschlag für Impulshaftigkeit KI in Höhe von 4 dB(A) anzusetzen, vgl. Ziffer 7.1.4 der Parkplatzlärmstudie. Anhaltspunkte für eine Fallgestaltung, in der trotz der fehlenden Voraussetzungen für die Annahme ständig vorherrschender Fremdgeräusche nach Satz 2 („insbesondere“) keine schädlichen Umwelteinwirkungen zu erwarten sind, sind nicht ersichtlich, zumal die Richtwertüberschreitung oberhalb der Geringfügigkeitsschwelle von 1 dB(A) gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm liegt. Darüber hinaus ist auch entgegen Nr. 3.2.1 Abs. 5 Satz 3 TA Lärm nicht sichergestellt, dass die zu beurteilende Anlage im Fall einer späteren Verminderung der Fremdgeräusche (hier: des Verkehrslärms) nicht relevant zu schädlichen Umwelteinwirkungen beiträgt; auch insoweit ist für die Relevanz der Anlagenemissionen auf die hier überschrittene Geringfügigkeitsschwelle von 1 dB(A) abzustellen, 154vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 95. EL 2021, TA Lärm Nr. 3, Rn. 27. 155Auch im Hinblick auf die vormalige Nutzung des Vorhabengrundstücks als Sportplatz ist nicht von einer die Schutzbedürftigkeit der Klägerinnen wesentlich verringernden Lärmbelastung auszugehen. Zum einen führt die Beklagte in der Begründung zur 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 0 selbst aus, dass von dem Sportplatz in der konkreten Situation keine Störungen der Wohnruhe in den benachbarten Gebieten ausgingen. Zum anderen ist der von Sportanlagen ausgehende Lärm nicht mit Lärm von einem Discounterparkplatz mit rund 100 Stellplätzen zu vergleichen. Letzterer stellt während der Öffnungszeiten des Marktes eine zwar in der Intensität schwankende, aber über den gesamten Tag hinweg dauerhaft emittierende Lärmquelle dar. Demgegenüber konzentrierte sich der Sportplatzlärm auf bestimmte Tageszeiten während des Trainings- und Spielbetriebs. Zudem sind die vom Sportplatz hervorgerufenen menschlichen Lautäußerungen in ihrer Qualität mit dem Lärm von Fahrzeugen und Einkaufswagen nicht vergleichbar. 156Schließlich vermag die Kammer auch keine vorhandene Belastung in Form einer rückwärtigen Tiefgaragenzufahrt auf den Klägergrundstücken zu erkennen. Von der O. Straße führt ein Stichweg nach Osten, über den unter anderem das Gebäude O. Straße 005 erschlossen wird. Von diesem Stichweg zweigt hinter dem Gebäude O. Straße 003 eine (theoretisch) befahrbare Rampe ab, an die sich eine überdachte Fläche anschließt, die nach dem Eindruck im Ortstermin als Lagerfläche genutzt wird. Sämtliche der genannten Wege und Flächen liegen – ungeachtet der Frage, ob bzw. in welcher Frequenz sie überhaupt befahren werden – zu weit vom maßgeblichen Immissionspunkt auf der Südseite des Gebäudes O. Straße 001 entfernt, um in Bezug auf die dort festgestellte Richtwertüberschreitung von Relevanz zu sein. Im Übrigen wäre aus den bereits ausgeführten Gründen auch insoweit nicht von einem ständig vorherrschenden Fremdgeräusch i.S.d. TA Lärm auszugehen. 157Der Einordnung des vom Vorhaben ausgehenden Gewerbelärms als gegenüber den Anwohnern in einem allgemeinen Wohngebiet rücksichtslos entspricht es, dass die Untere Immissionsschutz- und Abfallwirtschaftsbehörde der Beklagten ihre Zustimmung zu dem Vorhaben nur unter der ausdrücklichen und besonders hervorgehobenen Einschränkung erteilt hat, dass das Haus O. Straße 001 weiterhin als Mischgebiet eingestuft wird (vgl. Blatt 515 des Genehmigungsvorgangs der Beklagten, Beiakte Heft 5). 158Ob das Vorhaben darüber hinaus wegen unzumutbarer Einsichtsmöglichkeiten auf die Grundstücke der Klägerinnen oder wegen blendender Kfz-Scheinwerfer rücksichtslos wirkt, muss nicht entschieden werden, wenngleich die Annahme einer Rücksichtslosigkeit unter diesen Aspekten angesichts des vorhandenen Sichtschutzzauns und der gegebenen Selbstschutzmöglichkeiten (in Bezug auf die Einsichtnahme) sowie angesichts der Entfernung des oberen Endes der Parkplatzzufahrt zum Klägergebäude, der Streuung des Scheinwerferlichts sowie des Vorhandenseins zahlreicher weiterer bei Dunkelheit beleuchteter Kfz auf der O. Straße (in Bezug auf die Blendwirkung) eher fern liegen dürfte. 159Wegen des Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot im Hinblick auf den vom Vorhaben ausgehenden Gewerbelärm bedurfte es auch keiner Entscheidung über die darüber hinaus aufgeworfenen Fragen hinsichtlich einzelner Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung, des Abstandsflächenrechts und der Bestimmtheit der Baugenehmigung. 160Die Teilbaugenehmigung vom 28. März 2019 ist wegen des mit ihr ausgesprochenen positiven Gesamturteils des Vorhabens, das sich als gegenüber den Klägerinnen rücksichtslos erwiesen hat, ebenfalls rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten. 161Zuletzt sind auch die Befreiungsbescheide vom 28. März 2019 und vom 22. Mai 2019 aufzuheben. Dabei kann offen bleiben, ob beide Bescheide nichtig i.S.d. § 44 Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG. NRW.) sind, weil ihnen aufgrund der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 00, von dessen Festsetzungen sie befreien, keine Regelungswirkung zukommt. Ebenso kann offen bleiben, ob sich eine Nichtigkeit des Befreiungsbescheides vom 22. Mai 2019 auch daraus ergeben kann, dass die vier Stellplätze im Bereich der Festsetzung der Fläche für den Gemeinbedarf (Sport- und Mehrzweckhalle), auf die sich die Befreiung allein beziehen kann, ausweislich des grüngestempelten Lageplans zum Baugenehmigungsantrag (Beiakte Heft 2, Blatt 1 des Planguts) gar nicht zu den 96 genehmigten Stellplätzen gehören dürften. Denn selbst im Fall ihrer Nichtigkeit könnten die genannten Bescheide im Rahmen einer Anfechtungsklage aufgehoben werden, da der mit ihnen verbundene Rechtsschein zu beseitigen ist. 162Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 113, Rn. 4. 163Sollten die Befreiungsbescheide hingegen nicht nichtig sein, liegen jedenfalls die Voraussetzungen einer Aufhebung als rechtswidrige Verwaltungsakte, die die Klägerinnen in ihren Rechten verletzen, vor. Nachbarschutz gegen Befreiungsentscheidungen nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt in Betracht, wenn eine fehlerhafte Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans erteilt wurde oder wenn die Behörde bei einer Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung nicht die gebotene Rücksicht auf die Interessen des Nachbarn genommen hat. 164Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1998 – 4 B 64/98 –, juris, Rn. 5. 165Letzteres ist hier der Fall. Die Beklagte hat bei der Erteilung der Befreiungen nicht die gemäß § 31 Abs. 2 BauGB gebotene Rücksicht auf die Interessen der Nachbarn genommen. Mit der Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu der darin vorgesehenen Erhaltungsfläche zum Zwecke der Errichtung einer Bohrpfahlwand hat sie die Realisierung des nachbarrechtswidrigen Vorhabens überhaupt erst ermöglicht. Die Befreiung hinsichtlich der Art der Nutzung für den innerhalb der Gemeinbedarfsfläche liegenden Teil der geplanten Stellplätze wiederum betrifft unmittelbar die Größe der Stellplatzanlage des Discounters, von der der rücksichtslos wirkende Lärm ausgeht. 166Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Es entspricht der Billigkeit, die Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da ihr Klageabweisungsantrag keinen Erfolg hatte. 167Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO. 168Rechtsmittelbelehrung: 169Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 170Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 171Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 172Die Berufung ist nur zuzulassen, 1731. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 1742. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 1753. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 1764. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 1775. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 178Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 179Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 180Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 181Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 182 183Beschluss: 184Der Streitwert wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt. 185Gründe: 186Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 erfolgt. Von einer Verdopplung des Streitwerts nach Ziffer 1.1.3 des Streitwertkatalogs wurde abgesehen, da die Klägerinnen jeweils Eigentümerinnen zu 1/2 desselben Nachbargrundstücks sind. 187Rechtsmittelbelehrung: 188Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 189Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 190Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 191Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 192Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 193War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. 194 | die der beigeladenen für die errichtung eines lebensmittelmarktes auf dem grundstück o. straße 000 in x. erteilte teilbaugenehmigung der beklagten vom 28. märz 2019, der bescheid der beklagten über die zulassung einer befreiung vom 28. märz 2019, die baugenehmigung der beklagten vom 22. mai 2019 in gestalt der nachtragsbaugenehmigung vom 14. januar 2021 und der bescheid der beklagten über die zulassung einer befreiung vom 22. mai 2019 werden aufgehoben. die gerichtskosten und die außergerichtlichen kosten der klägerinnen tragen die beklagte und die beigeladene jeweils zur hälfte. die beklagte und die beigeladene tragen ihre außergerichtlichen kosten selbst. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der jeweilige vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des auf grund des urteils jeweils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige vollstreckungsgläubiger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die klage richtet sich gegen die der beigeladenen erteilte baugenehmigung zur errichtung eines lebensmittelmarktes auf dem grundstück g1 (postalisch: o. straße 000) in x. . 3das vorhabengrundstück liegt östlich der in nord-süd-richtung verlaufenden o. straße. es ist teil des ehemaligen flurstücks g2, welches inzwischen in das flurstück g3 und das südlich davon gelegene flurstück g4 unterteilt wurde. 4die klägerinnen sind eigentümerinnen der grundstücke mit den postalischen bezeichnungen o. straße 001/002 sowie 003. die grundstücke schließen sich nördlich an das vorhabengrundstück an und liegen ebenfalls unmittelbar an der o. straße. sie sind mit dreigeschossigen gebäuden bebaut, in deren erdgeschoss sich die ausstellungsräume eines fliesenlegerbetriebes und -handels samt lager befinden. die weiteren geschosse werden jeweils zu wohnzwecken genutzt. 5das ehemalige flurstück g2 befand sich ursprünglich im geltungsbereich des bebauungsplans nr. 0 – am b. . dieser setzte dort eine öffentliche grünfläche (sportplatz) fest; auf dem flurstück befand sich ein fußballfeld mit stehtribüne. für das grundstück o. straße 001/002 setzte der bebauungsplan nr. 0 ein allgemeines wohngebiet fest. im rückwärtigen bereich des grundstücks war ein – bisher ungenutztes – baufenster vorgesehen. das grundstück o. straße 003 lag seit dessen 3. änderung, in kraft getreten am 17. juni 1992, außerhalb des geltungsbereichs dieses bebauungsplans. 6der rat der beklagten beschloss am 19. dezember 2016 die aufstellung des bebauungsplans nr. 00 – sportplatz o. straße. dessen geltungsbereich umfasst im westen die verkehrsfläche der o. straße von der hausnummer 002 im norden bis zur hausnummer 004 im süden, östlich davon die grundstücke o. straße 001/002 sowie das wiederum östlich davon gelegene grundstück o. straße 005, das vorhabengrundstück und das südlich davon gelegene flurstück g5 sowie wiederum südwestlich davon das flurstück g6 (postalisch: o. straße 006 und 007). 7der aufstellungsbeschluss wurde am 4. januar 2017 im amtsblatt der beklagten bekanntgemacht. 8die gesellschaft für n. mbh (im folgenden: h. ) erstellte am 3. juli 2017 im auftrag der beigeladenen eine auswirkungsanalyse zur ansiedlung eines m. lebensmitteldiscounters in x. , o. straße. darin kam sie zu dem ergebnis, der standort „o. straße 008“ würde eine wichtige, auch fußläufige nahversorgungsfunktion für ein dicht besiedeltes umfeld erfüllen. das einzugsgebiet des geplanten marktes werde sich über den nahbereich hinaus schwerpunktmäßig auf die nördlichen wohnquartiere in den stadtbezirken f. und f. -west beziehen. städtebauliche oder versorgungsstrukturelle auswirkungen durch die ansiedlung seien nicht zu erwarten. 9das ingenieurbüro für verkehrs- und infrastrukturplanung c. (im folgenden: c. ) erstellte im august 2017 im auftrag der beklagten ein verkehrsgutachten zum bebauungsplanverfahren 00. es prognostizierte darin eine verkehrszunahme an den untersuchten knotenpunkten um bis zu 25,7 % in spitzenzeiten. zur verbesserung der leistungsfähigkeit bei der ausfahrt aus dem plangebiet sowie zur gewährleistung eines angemessenen verkehrsflusses im geradeausstrom sei die einrichtung einer linksabbiegerspur in der nördlichen zufahrt o. straße zu empfehlen; alternativ komme eine signalisierung des knotenpunktes in betracht. 10die b1. gmbh (im folgenden: b1. ) legte im auftrag der beklagten am 20. september 2017 ein „schalltechnisches fachgutachten zum bebauungsplan 00 – sportplatz o. str. – der stadt x. . errichtung einer 4-fach sporthalle / ansiedlung von einzelhandel“ vor. sie kam darin zu dem ergebnis, dass an den ungünstigsten wohnhäusern oberhalb des plangebiets am l. die zulässigen immissionspegel eines allgemeinen wohngebiets durch gewerbelärm ausgeschöpft, jedoch nicht überschritten würden. am gebäude o. straße 001 ergebe sich ein immissionspegel von gewerbelärm zur tageszeit von 56 db(a). der betrieb der sporthalle sei weitgehend unkritisch. im hinblick auf verkehrslärm, der unter bezugnahme auf das verkehrsgutachten von c. untersucht wurde, sei das plangebiet in den westlichen randgebieten an der o. straße stark vom straßenverkehrslärm belastet. diese belastung würde jedoch weitgehend durch das bereits derzeit herrschende verkehrsaufkommen verursacht. 11wegen des näheren inhalts der durchgeführten untersuchungen wird auf die auswirkungsanalyse der h. , das verkehrsgutachten von c. und das schalltechnische fachgutachten der b1. in den beigezogenen verwaltungsvorgängen der beklagten, beiakten hefte 2 und 3, bezug genommen. 12nach durchführung der frühzeitigen öffentlichkeits- und behördenbeteiligung beschloss der ausschuss für stadtentwicklung, wirtschaft und bauen der beklagten am 25. oktober 2017 die öffentliche auslegung des planentwurfs einschließlich der begründung. der beschluss wurde am gleichen tage im amtsblatt der beklagten bekannt gemacht. 13die auslegung des planentwurfs fand vom 6. november 2017 bis zum 6. dezember 2017 statt. den behörden und nachbargemeinden wurde ebenfalls bis zum 6. dezember 2017 gelegenheit zur stellungnahme gegeben. 14am 12. märz 2018 beschloss der rat der beklagten den entwurf des bebauungsplanes nr. 00 als satzung. der bebauungsplan setzt für das vorhabengrundstück ein mischgebiet (mi 1) mit abweichender bauweise, einer grundflächenzahl von 0,6 sowie einem rechteckigen baufenster fest, welches ausnahmsweise „für ein vordach im eingangsbereich an der südfassade“ überschritten werden darf. das baufenster ist nördlich und östlich von einer fläche mit bindungen für die erhaltung von bäumen, sträuchern und sonstigen bepflanzungen umgeben. die nicht überbaubaren grundstücksflächen südlich und westlich des baufensters sind überwiegend als für stellplätze zulässige flächen gekennzeichnet. von sonstigen nebenanlagen sind die nicht überbaubaren flächen innerhalb des mi 1 freizuhalten; ausgenommen davon ist lediglich eine werbetafel bzw. –pylon, für die eine entsprechende fläche festgesetzt ist. für die südlich davon gelegenen flurstücke setzt der bebauungsplan eine fläche für den gemeinbedarf (sport- und mehrzweckhalle) fest, das flurstück g6 bildet ein besonderes wohngebiet. für die grundstücke o. straße 001/002 und o. straße 005 ist ebenfalls ein mischgebiet (mi 2) festgesetzt, dort mit einer grundflächenzahl von 0,6 und einer geschossflächenzahl von 1,2. das baufenster im rückwärtigen bereich des grundstücks o. straße 001/002 wurde hinsichtlich seiner fläche aus dem bebauungsplan nr. 0 übernommen. 15am 27. april 2018 nahm b1. eine neuberechnung der geräuschsituation des geplanten neubaus auf dem ehemaligen sportplatz o. straße vor, die am 13. september 2018 wegen eines berechnungsfehlers nochmals überarbeitet wurde. demzufolge ergäben sich gegenüber der ursprünglichen berechnung in bezug auf den gewerbelärm teilweise pegelerhöhungen um 1 db(a) tags und bis zu 5 db(a) nachts. die geltenden richtwerte würden aber in keinem fall überschritten. der berechnete immissionspegel zur tageszeit am gebäude o. straße 001 bleibe unverändert. 16die beigeladene stellte am 3. juli 2018 einen bauantrag für den neubau eines lebensmittelmarktes mit 1374,06 m² verkaufsfläche und 97 stellplätzen auf dem ehemaligen flurstück g2. dieser wurde von der beklagten ungültig gestempelt. 17nachdem die beklagte die h. um aktualisierung der datengrundlagen im gutachten vom 3. juli 2017 gebeten hatte, nahm diese mit stellungnahme vom 5. september 2018 die aktualisierung vor und teilte mit, dass die ergebnisse der auswirkungsanalyse weiterhin bestand hätten. 18die beigeladene bestätigte am 10. september 2018 gegenüber der beklagten, die künftigen festsetzungen des im genehmigungsverfahren befindlichen bebauungsplans nr. 00 anzuerkennen. 19der satzungsbeschluss wurde am 7. november 2018 im amtsblatt der beklagten bekannt gemacht. 20die klägerinnen machten mit schreiben vom 20. november 2018, bei der beklagten spätestens eingegangen am 4. dezember 2018, einwände gegen den bebauungsplan geltend. dabei führten sie unter anderem aus, die gesetzlichen vorgaben an ein mischgebiet würden von der planung nicht berücksichtigt. die ausweisung der überbaubaren grundstücksfläche im gebiet mi 1 sei allein durch die bedürfnisse des discounters geprägt und lasse eine sinnvolle anderweitige mi-nutzung nicht zu. 21am 22. januar 2019 beantragte die beigeladene die erteilung einer baugenehmigung für den neubau eines lebensmittelmarktes mit 1374,06 m² verkaufsfläche und 96 (gestrichen: 100) stellplätzen unter mitnutzung eines teilgrundstückes der sporthalle, zur errichtung einer bohrpfahlwand zur hangsicherung sowie zur errichtung einer zufahrtsstraße mit l-steinmauer zur erschließung der grundstücke m. und sporthalle. der beigefügten betriebsbeschreibung zufolge sollten die betriebszeiten des marktes von 6:00 bis 22:00 uhr und die öffnungszeiten für kunden von 7:00 bis 21:00 uhr reichen. 22die beklagte erteilte der beigeladenen am 28. märz 2019 eine teil-baugenehmigung für die errichtung einer bohrpfahlwand zur hangsicherung sowie einen bescheid über die zulassung einer befreiung (baugb) hinsichtlich der teilweisen inanspruchnahme der im bebauungsplan festgesetzten erhaltungsfläche. die bescheide gingen der prozessbevollmächtigten der klägerinnen am 11. april 2019 gegen postzustellungsurkunde zu. 23die klägerinnen haben am 7. mai 2019 die vorliegende klage gegen die teil-baugenehmigung und den befreiungsbescheid vom 28. märz 2019 erhoben. 24die beklagte erteilte der beigeladenen am 22. mai 2019 eine baugenehmigung für die errichtung des lebensmittelmarktes mit 96 stellplätzen und einer feuerwehrzufahrtsstraße mit l-steinmauer sowie einen bescheid über die zulassung einer befreiung (baugb) hinsichtlich der art der nutzung für den innerhalb der gemeinbedarfsfläche liegenden teil der geplanten stellplätze. den auflagen zur baugenehmigung zufolge wurde diese für einen atypisch großflächigen lebensmittel-discountmarkt im sinne des § 11 abs. 3 satz 4 baunvo erteilt. die gesamtverkaufsfläche von 1.374,06 m² sowie das kernsortiment „nahrungs- und genussmittel“ wurden festgeschrieben. das randsortiment ist auf maximal 10 % der gesamtverkaufsfläche begrenzt. das gutachten der h. nebst ergänzungsschreiben vom 5. juli 2018 ist bestandteil der baugenehmigung. ferner enthält die baugenehmigung bestimmungen, wonach die anlage so zu errichten und zu betreiben ist, dass die von ihr einschließlich des ihr zuzurechnenden fahrzeugverkehrs verursachten geräuschimmissionen näher festgesetzte überwachungswerte an bestimmten immissionsorten nicht überschreiten. 25die bescheide vom 22. mai 2019 gingen der prozessbevollmächtigten der klägerinnen am 11. juni 2019 gegen postzustellungsurkunde zu. 26die klägerinnen haben mit schriftsatz vom 8. juli 2019 die klage um die anfechtung der baugenehmigung und des befreiungsbescheides vom 22. mai 2019 erweitert. 27die beigeladene beantragte am 21. august 2020 die erteilung einer geänderten baugenehmigung, mit der die öffnungszeiten des marktes von 7:00 uhr bis 21:30 uhr verlängert werden sollten. sie legte im weiteren verfahren eine beurteilung der geräuschsituation durch b1. vom 9. oktober 2020 vor, wonach an der südseite des gebäudes o. straße 001 der gewerbelärm bei öffnungszeiten bis maximal 21:45 uhr zur tageszeit 57 db(a) betrage. 28am 14. januar 2021 erteilte die beklagte der beigeladenen eine nachtragsbaugenehmigung, mit der die öffnungszeiten des markes von 7:00 bis 21:30 uhr verlängert wurden. 29die klägerinnen haben die nachtragsbaugenehmigung vom 14. januar 2021 mit schriftsatz vom 29. januar 2021 zum gegenstand des klageverfahrens gemacht. 30zur begründung der klage tragen sie im wesentlichen vor: 31die der beigeladenen erteilte baugenehmigung sei zu unbestimmt. der begriff des lebensmittelmarktes sei nicht legaldefiniert, sodass nicht klar sei, welches warenangebot von der baugenehmigung umfasst sei. 32der bebauungsplan nr. 00 sei formell fehlerhaft. der ausschuss für stadtentwicklung, wirtschaft und bauen sei nicht für den offenlegungsbeschluss zuständig gewesen. ferner genüge die belehrung im rahmen der bekanntmachung des offenlegungsbeschlusses nicht den gesetzlichen anforderungen. 33der bebauungsplan nr. 00 sei zudem abwägungsfehlerhaft zustande gekommen. er zerschneide willkürlich die gebäude o. straße 001 bis 003, die eine optische einheit bildeten. die mischgebietsfestsetzung mi 2 für das vormalige allgemeine wohngebiet in diesem bereich sei nur gewählt worden, um höhere immissionswerte ansetzen zu können. die voraussetzungen für ein mischgebiet lägen nicht vor, da es am quantitativen gleichgewicht zwischen wohnnutzung und gewerbe fehle. im bereich der festsetzung mi 1 liege ein unechtes mischgebiet vor. die einzelnen festsetzungen seien von anfang an ausschließlich auf das vorhaben der beigeladenen ausgerichtet gewesen. ein gutachten zu den auswirkungen eines – im mischgebiet regelmäßig zulässigen – nicht großflächigen einzelhandels habe die beklagte gar nicht erst eingeholt. eine durchmischung von wohnen und gewerbe fände im bereich der festsetzung mi 1 mangels wohnungen gar nicht statt. 34wegen der unwirksamkeit des bebauungsplans nr. 00 lebe der bebauungsplan nr. 0 wieder auf. mit dessen festsetzungen sei das vorhaben der beigeladenen nicht vereinbar. ginge man hingegen nicht vom wiederaufleben des vormaligen bebauungsplans, sondern von einem unbeplanten innenbereich aus, liege ein faktisches allgemeines wohngebiet vor, in dem das vorhaben nicht zulässig sei. die annahme der beklagten, es liege ein faktisches mischgebiet vor, lasse sich nicht mit dem gewerbebetrieb im erdgeschoss der gebäude o. straße 001 bis 003 begründen. der betrieb, der vorrangig ein fliesenlegerbetrieb sei, sei im allgemeinen wohngebiet genehmigt worden und verursache lediglich überschaubaren kunden- und anlieferverkehr. einmal wöchentlich werde eine lkw-lieferung aus italien entgegengenommen, darüber hinaus würden maximal zweimal pro woche kleinstmaterialien mit sprintern angeliefert. 35selbst bei wirksamkeit des bebauungsplans nr. 00 sei die klage begründet, da der gebietsgewährleistungsanspruch der klägerinnen verletzt sei. diesbezüglich dürften die festsetzungen mi 1 und mi 2 nicht getrennt betrachtet werden. der gebietsgewährleistungsanspruch beziehe sich auf die art der baulichen nutzung, diese sei bei beiden festsetzungen identisch. der genehmigte lebensmittelmarkt sei wegen seiner größe nur in einem kern- oder sondergebiet zulässig. eine ausnahmsweise zulässigkeit des vorhabens in einem mischgebiet sei nicht gegeben, da eine atypik im sinne des § 11 abs. 3 satz 4 bauvno nicht vorliege. dies folge nach der rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen bereits aus der nutzfläche des vorhabens von über 1.900 m². das gutachten der h. , das der annahme einer atypik durch die beklagte zugrunde liege, sei methodisch fehlerhaft. es gehe von unrichtigen verhältnissen vor ort aus und sei nicht in sich schlüssig. die auswirkungen des marktes auf die nahversorgung, etwa auf den rund 2 km entfernten d. -markt im quartier f1. , würden unschlüssig dargelegt. ein bestehendes nahversorgungsdefizit im bereich v. werde durch das vorhaben nicht behoben, sondern höchstens verlagert. der umstand, dass die beigeladene das vorhaben in einem umkreis von über 5 km bewerbe, zeige, dass dieses nicht nur der versorgung des nahbereichs diene. 36des weiteren werde das rücksichtnahmegebot verletzt. die rückwärtige ruhezone der gebäude o. straße 001/002 sei betroffen, zumal die zufahrt zum vorhaben als steigung ausgeführt sei. der lärm vom parkplatz werde durch die bohrpfahlwand reflektiert und gegen die sporthalle gespiegelt und so in richtung der klägergrundstücke noch zusätzlich verstärkt. die ampelanlage an der abbiegung zur zufahrt, deren kosten allein die beigeladene getragen habe, führe zu staus und anfahrtslärm, den das lärmgutachten nicht berücksichtige. der bau der ampelanlage stehe in unmittelbarem zusammenhang mit dem vorhaben der beigeladenen; die einhaltung der entsprechenden vorgaben des verkehrsgutachtens von c. würde in der baugenehmigung ausdrücklich gefordert. zudem sei im lärmgutachten die anzahl der fahrzeugbewegungen zu gering angesetzt, da es sich gerade nicht um einen typischen m. -markt handele. der verkehr zu den sporthallen sei ebenfalls nicht berücksichtigt worden. ob am gebäude o. straße 003 die richtwerte für allgemeine wohngebiete eingehalten würden, sei durch nichts belegt. eine abschirmwirkung des gebäudes o. straße 001/002 sei wegen der ausrichtung der gebäude nicht gegeben. darüber hinaus beständen vom parkplatz des vorhabens aus unzumutbare einsichtsmöglichkeiten. 37die nebenbestimmung zum ende der stellplatznutzung um 22:00 uhr sei untauglich, da sie nicht umsetzbar sei. 38es liege auch ein verstoß gegen die abstandsflächenvorschriften vor. der zwei meter hohe sichtschutzzaun an der grundstücksgrenze stehe auf einer stützmauer, die zu seiner gesamthöhe hinzuzurechnen sei. die berufung auf diesen verstoß sei ihnen nicht verwehrt, da ihre eigene bebauung in der abstandsfläche zulässig sei bzw. keine abstandsflächen auslöse. 39zuletzt liege ein verstoß gegen § 51 abs. 7 bauo nrw a.f. durch die anordnung der stellplätze vor. die wohngebäude würden durch die scheinwerfer im dunkeln ausgeleuchtet. dies gelte vor allem für fahrzeuge, die beim verlassen des grundstücks der beigeladenen auf die rampe einbögen und von deren oberem ende aus direkt in die schlafzimmerfenster des gebäudes o. straße 001 leuchteten. 40die klägerinnen beantragen, 41die der beigeladenen für die errichtung eines lebensmittelmarktes auf dem grundstück o. straße 000 in x. erteilte teilbaugenehmigung der beklagten vom 28. märz 2019, den bescheid der beklagten über die zulassung einer befreiung vom 28. märz 2019, die baugenehmigung der beklagten vom 22. mai 2019 in gestalt der nachtragsbaugenehmigung vom 14. januar 2021 und den bescheid der beklagten über die zulassung einer befreiung vom 22. mai 2019 aufzuheben. 42die beklagte beantragt, 43 die klage abzuweisen. 44sie macht im wesentlichen geltend: 45der bebauungsplan nr. 00 sei nicht formell fehlerhaft zustande gekommen. eine belehrung im rahmen des offenlegungsbeschlusses sei im beschleunigten verfahren nach § 13a baugb entbehrlich. 46durch die festsetzung mi 2 des bebauungsplans nr. 00 würden die bestehenden nutzungen umfassend abgesichert und besäßen darüber hinaus wegen des nunmehr erweiterten baufensters noch entwicklungsmöglichkeiten. trotz der festsetzung als allgemeines wohngebiet im bebauungsplan nr. 0 handele es sich bereits gegenwärtig um ein faktisch vorhandenes mischgebiet. 47der gebietsgewährleistungsanspruch der klägerinnen sei nicht verletzt. das vorhaben sei im mischgebiet zulässig, da eine städtebauliche atypik ermittelt worden sei und sich das vorhaben als verträglich erweise. das einzelhandels- und zentrenkonzept der beklagten stelle für den bereich v. -l1. ein versorgungsdefizit fest. das vorhaben stelle sich als strukturelle erstversorgung des stadtteils dar und behebe dieses defizit. das zugrundeliegende gutachten der h. sei nicht zu beanstanden. die auswirkungen auf den d. -markt seien berücksichtigt worden, die umsatzumverteilung liege aber unter 10 %. es finde keine verlagerung eines nahversorgungsdefizits statt; der bereich v. werde parallel zum umfeld o. straße verstärkt und ausgebaut. 48es liege auch kein verstoß gegen das rücksichtnahmegebot vor. die geräuschsituation sei bereits im rahmen des bauleitplanverfahrens umfassend untersucht worden. das plangebiet sei durch den verkehrslärm auf der o. straße und den früher vorhandenen sportplatz stark vorbelastet. im lärmschutzgutachten sei die gemeinsame zufahrt des lebensmittelmarktes und der sporthallen berücksichtigt worden. der von der künftigen sporthalle ausgehende lärm sei bei der beurteilung des vorhabens der beigeladenen unbeachtlich. die im hinblick auf den verkehrslärm zugrunde gelegte anzahl an fahrzeugbewegungen beruhe auf dem verkehrsgutachten von c. , dessen angaben die klägerinnen nicht substantiiert angegriffen hätten. das lärmschutzgutachten ermittele die gewerbelärmbelastung am gebäude o. straße 001/002. wegen der größeren distanz und der abschirmwirkung des gebäudes o. straße 001/002 sei damit klar, dass der richtwert für allgemeine wohngebiete von 55 db(a) am gebäude o. straße 003 eingehalten werde. die von den klägerinnen behauptete reflektion des lärms sei mit den tatsächlichen verhältnissen vor ort nicht in einklang zu bringen. zudem sei der rückwärtige grundstücksbereich der klägerinnen durch eine tiefgarageneinfahrt vorbelastet. 49die nebenbestimmung zur sicherstellung der betriebszeiten sei nicht untauglich, sondern lasse verschiedene maßnahmen der sicherung zu. 50die vorschriften zu den abstandsflächen würden nicht verletzt. der sichtschutzzaun sei nicht höher als 2 meter. eine kombination aus stützmauer und zaun sei nicht genehmigt. 51da das rücksichtnahmegebot nicht verletzt sei, liege auch kein verstoß gegen § 51 abs. 7 bauo nrw a.f. vor. 52die beigeladene beantragt, 53 die klage abzuweisen. 54sie macht ergänzend zur beklagten geltend: 55die zuständigkeit des ausschusses für stadtentwicklung, wirtschaft und bauen ergebe sich aus der zuständigkeitsordnung der beklagten. 56die festlegung der grenzen des plangebiets sei nicht bestandteil der zu überprüfenden abwägungsentscheidung. im übrigen stelle sich der umstand, dass das gebäude o. straße 003 nicht zum plangebiet gehöre, als konsequenter nachvollzug der natürlich gewachsenen grenzen der umgebung dar. die grenze des plangebiets entspreche dort auch der grenze zwischen den fluren g7 und g8 der gemarkung f. sowie der plangrenze des zuvor geltenden bebauungsplans nr. 0. 57die mischgebietsfestsetzung greife nicht in die rechte der klägerinnen ein. vielmehr profitierten diese von der damit erfolgten erweiterung der zulässigen nutzungsarten und der wirtschaftlichen wertsteigerung ihrer grundstücke. der betrieb im erdgeschoss der gebäude der klägerinnen sei schwerpunktmäßig ein fliesenhandel, der nicht der versorgung des gebiets diene. er sei damit in einem allgemeinen wohngebiet als einzelhandelsbetrieb nicht zulässig. eine mischgebietskonforme entwicklung des plangebiets sei – auch infolge des lebensmittelmarktes – bereits vorhanden. im übrigen ermöglichten die festsetzungen des bebauungsplans auch andere vorhaben als das der beigeladenen; das baufenster eigne sich für eine vielzahl anderer gewerblicher nutzungen. 58ein gebietsgewährleistungsanspruch der klägerinnen komme nicht in betracht, da ein solcher anspruch grundsätzlich nicht gebietsübergreifend gewährt werde. bei den festsetzungen mi 1 und mi 2 handele es sich um zwei getrennt voneinander zu betrachtende baugebiete. das ergebe sich aus den textlichen festsetzungen des bebauungsplans nr. 00, der planurkunde und der begründung zum bebauungsplan. darüber hinaus sei die vorschrift des § 11 abs. 3 baunvo nicht drittschützend. das müsse dann auch gelten, wenn der verstoß gegen diese vorschrift über die figur des gebietsgewährleistungsanspruchs vermittelt werden solle. 59für die verträglichkeit des geplanten einzelhandelsvorhabens sprächen die zahl der einwohner im nahbereich, die gute öpnv-anbindung und die gutachterlich nachgewiesene nahversorgungsfunktion des marktes unter einbeziehung der bisherigen unterversorgung des einzugsgebiets. die verbreitung der werbeschilder lasse keinen rückschluss auf den einzugsbereich des vorhabens zu, sondern entspreche der üblichen geschäftspraxis. es werde nicht in abrede gestellt, dass ein gewisser anteil der umsätze auch aus dem erweiterten umfeld generiert werde, dies stehe aber einer atypik des marktes im sinne des § 11 abs. 3 satz 4 baunvo nicht entgegen. tatsächlich sei es seit der inbetriebnahme des vorhabens zu keinen geschäftsaufgaben in zentralen versorgungsbereichen gekommen. 60von einem rückwärtigen ruhebereich auf den grundstücken der klägerinnen könne angesichts der bestehenden vorbelastung durch straße und sportplatz keine rede sein. bei der prüfung, ob das vorhaben durch seinen lärm rücksichtslos wirke, sei die möglichkeit der zwischenwertbildung nach der ta lärm zu beachten. 61die ampelanlage an der zufahrt zum vorhaben sei nicht in die betrachtung einzubeziehen. diese diene nicht nur der verkehrsführung, sondern auch der sicherheit der die straße querenden personen und der andienung der sporthallen; die frage der kostentragung sei dafür unerheblich. 62einblicke auf die grundstücke der klägerinnen seien – soweit überhaupt möglich – hinzunehmen; die klägerinnen könnten sich davor durch das anbringen von vorhängen schützen. 63die von den klägerinnen behauptete gesamthöhe des sichtschutzzaunes treffe nicht zu. die von ihnen ausgemachten höhenunterschiede beruhten auf ablesefehlern. dem zaun komme ohnehin keine gebäudegleiche wirkung zu. im übrigen dürften sich die klägerinnen nicht auf einen abstandsflächenverstoß berufen, da sich auf ihrem eigenen grundstück entlang der grundstücksgrenze zum vorhaben auf einer länge von 21 metern eine eingeschossige bebauung befinde. 64die baugenehmigung sei nicht unbestimmt. die zulässige spezifikation der art der baulichen nutzung in einer baugenehmigung sei regelmäßig nicht davon abhängig, dass für sie eine legaldefinition existiere. 65der berichterstatter hat die örtlichkeit am 23. oktober 2020 in augenschein genommen. wegen des ergebnisses des ortstermins wird auf das protokoll vom 23. oktober 2020 und wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes ergänzend auf den inhalt der gerichtsakte und der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 66 | 67die klage hat erfolg. 68sie ist zulässig. insbesondere fehlt es hinsichtlich der anfechtung der teilbaugenehmigung vom 28. märz 2019 nicht am erforderlichen rechtsschutzbedürfnis der klägerinnen. die teilbaugenehmigung hat sich durch die baugenehmigung vom 22. mai 2019 nicht erledigt, da mit ihr ein positives gesamturteil des vorhabens ausgesprochen wird, auf das sie sich bezieht. ähnlich wie aus einem vorbescheid können aus einer bestandskräftigen teilbaugenehmigung dem nachbarn negative bindungen auch dann abzuleiten sein, wenn zwar die baugenehmigung, nicht aber die teilbaugenehmigung auf die nachbarklage hin aufgehoben wird. 69vgl. ovg nrw, urteil vom 21. oktober 2002 – 7 a 3185/01 –, juris, rn. 37; schulte, in: boeddinghaus/hahn/schulte u.a., bauordnung für das land nordrhein-westfalen, stand: april 2021, § 76 bauo nrw 2018, rn. 13, 20. 70darüber hinaus steht einer erledigung der teilbaugenehmigung durch die endgültige baugenehmigung hier entgegen, dass die nebenbestimmungen und hinweise der teilbaugenehmigung ausweislich der auflage bga24 zur baugenehmigung vom 22. mai 2019 ihre gültigkeit behalten, soweit sie nicht erkennbar durch diese genehmigung überholt sind. 71auch das rechtsschutzbedürfnis zur anfechtung der baugenehmigung vom 22. mai 2019 ist nicht durch die erteilung der nachtragsbaugenehmigung vom 14. januar 2021 entfallen. die nachtragsbaugenehmigung führt nicht zur erledigung der ursprünglich erteilten baugenehmigung, sondern modifiziert diese und bildet mit ihr einen einheitlichen gegenstand der anfechtungsklage. denn sie betrifft kleinere änderungen – hier im hinblick auf die öffnungszeiten des marktes –, regelt aber kein inhaltlich von dem genehmigungsgegenstand wesensverschiedenes vorhaben (aliud). 72vgl. ovg nrw, beschlüsse vom 16. november 2012 – 2 b 1095/12 –, juris, rn. 10, und vom 4. mai 2004 – 10 a 1476/04 –, juris, rn. 7. 73die klage ist auch begründet. 74die teilbaugenehmigung der beklagten vom 28. märz 2019, der bescheid der beklagten über die zulassung einer befreiung vom 28. märz 2019, die baugenehmigung der beklagten vom 22. mai 2019 in gestalt der nachtragsbaugenehmigung vom 14. januar 2021 und der bescheid der beklagten über die zulassung einer befreiung vom 22. mai 2019 sind rechtswidrig und verletzen die klägerinnen in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung – vwgo). 75im rahmen einer baunachbarklage ist das genehmigte vorhaben ausschließlich darauf zu überprüfen, ob seine genehmigung den nachbarkläger in dessen subjektiv-öffentlichen rechten verletzt, also gegen – insbesondere baurechtliche – vorschriften verstößt, die zumindest auch dem schutz des klägers zu dienen bestimmt sind. 76vgl. ovg nrw, beschluss vom 5. november 2013 – 2 b 1010/13 –, juris, rn. 9. 77maßgeblich ist insoweit die rechtslage nach der zum 1. januar 2019 in kraft getretenen bauordnung für das land nordrhein-westfalen (bauo nrw 2018). denn gemäß § 90 abs. 4 bauo nrw 2018 werden (nur) die bis zum 31. dezember 2018 vollständigen und ohne erhebliche mängel eingereichten bauvorlagen nach der landesbauordnung in der fassung vom 1. märz 2000 (bauo nrw 2000) beschieden. vorliegend hat die beigeladene erst im jahr 2019 den (überarbeiteten) bauantrag gestellt. dass bereits zuvor im jahr 2018 ein bauantrag gestellt wurde, der später ungültig gestempelt wurde, ist nach dem eindeutigen wortlaut des § 90 abs. 4 bauo nrw 2018 nicht maßgeblich. weder der letztlich beschiedene antrag noch die dabei berücksichtigten bauvorlagen lagen bis zum 31. dezember 2018 vor. 78die erteilung der baugenehmigung vom 22. mai 2019 in gestalt der nachtragsbaugenehmigung vom 14. januar 2021 verstößt gegen nachbarschützende vorschriften des bauplanungsrechts, da der zugrunde liegende bebauungsplan nr. 00 – sportplatz o. straße – unwirksam ist und sich der vom vorhaben ausgehende gewerbelärm unter geltung des bebauungsplans nr. 0 – am b. – als rücksichtslos erweist. 79die bauplanungsrechtliche beurteilung des vorhabens richtet sich nach § 30 abs. 1 des baugesetzbuchs (baugb). 80der bebauungsplan nr. 00 – sportplatz o. straße – ist unwirksam. 81zwar ist der bebauungsplan nr. 00 entgegen der ansicht der klägerinnen nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. zum einen war der ausschuss für stadtentwicklung, wirtschaft und bauen der beklagten gemäß § 9 abs. 1 der zuständigkeitsordnung der beklagten vom 18. dezember 2009 für den offenlegungsbeschluss zuständig. nach dieser vorschrift werden dem ausschuss alle verfahrensleitenden beschlüsse zur aufstellung von bauleitplänen übertragen, soweit sie nicht dem rat gemäß § 41 abs. 1 satz 2 lit. g) der gemeindeordnung für das land nordrhein-westfalen (go nrw) vorbehalten sind. § 41 abs. 1 satz 2 lit. g) go nrw weist lediglich abschließende satzungsbeschlüsse auf der grundlage des baugesetzbuchs und des maßnahmengesetzes zum baugesetzbuch dem rat zu. um einen solchen abschließenden satzungsbeschluss handelt es sich bei dem offenlegungsbeschluss nicht. zum anderen war die bekanntgabe von ort und dauer der öffentlichen auslegung des planentwurfs nicht entgegen § 3 abs. 2 satz 2 baugb unvollständig. denn im hier einschlägigen beschleunigten verfahren für die aufstellung von bebauungsplänen der innenentwicklung nach § 13a baugb ist die von den klägerinnen als fehlend monierte angabe, welche arten umweltbezogener informationen verfügbar sind, entbehrlich, § 13a abs. 2 nr. 1 i.v.m. § 13 abs. 3 satz 1 baugb. stattdessen ist gemäß § 13a abs. 3 satz 1 nr. 1 baugb ortsüblich bekannt zu machen, dass der bebauungsplan im beschleunigten verfahren ohne durchführung einer umweltprüfung nach § 2 abs. 4 baugb aufgestellt werden soll. diese bekanntmachung muss nicht zwingend im zusammenhang mit dem offenlegungsbeschluss vorgenommen werden, sondern kann bereits mit der bekanntmachung des planaufstellungsbeschlusses erfolgen. 82vgl. krautzberger, in: ernst/zinkahn u.a., baugesetzbuch, stand: mai 2021, § 13a, rn. 70. 83vorliegend enthält die bekanntmachung des aufstellungsbeschlusses vom 4. januar 2017 die entsprechenden hinweise (vgl. blatt 41 des aufstellungsvorgangs). darüber hinaus wäre ein unterbleiben der hinweise für die rechtswirksamkeit des bebauungsplans unbeachtlich, § 214 abs. 2a nr. 2 baugb. 84der bebauungsplan nr. 00 leidet jedoch an abwägungsmängeln. 85gemäß § 1 abs. 7 baugb sind die öffentlichen und privaten belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. das abwägungsgebot umfasst als verfahrensnorm das gebot zur ermittlung und bewertung des abwägungsmaterials (§ 2 abs. 3 baugb) und stellt inhaltlich anforderungen an den abwägungsvorgang und an das abwägungsergebnis. es ist verletzt, wenn eine sachgerechte abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die abwägung belange nicht eingestellt werden, die nach lage der dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die bedeutung der betroffenen belange verkannt oder wenn der ausgleich zwischen den von der planung berührten belangen in einer weise vorgenommen wird, die zur objektiven gewichtigkeit einzelner belange außer verhältnis steht. innerhalb des so gezogenen rahmens ist dem abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur planung berufene gemeinde im widerstreit verschiedener belange für die bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die zurückstellung des anderen belangs entscheidet. 86vgl. ovg nrw, urteil vom 1. juli 2021 – 10 d 35/19.ne –, juris, rn. 36. 87diesen anforderungen wurde bei der aufstellung des bebauungsplans nr. 00 durch die beklagte nicht entsprochen. 88fallen die festsetzungen des bebauungsplans einerseits und die vom plangeber eigentlich angestrebten städtebaulichen verhältnisse andererseits auseinander, führt das zu einem abwägungsmangel. 89vgl. ovg nrw, urteil vom 27. november 2014 – 7 d 35/13.ne –, juris, rn. 59. 90die mischgebietsfestsetzung mi 1 ist nicht mit den angestrebten städtebaulichen verhältnissen im plangebiet vereinbar. 91die kammer geht davon aus, dass es sich bei den festsetzungen mi 1 und mi 2 um die festsetzungen zweier eigenständiger baugebiete handelt. dies ergibt sich, wie die beigeladene selbst zutreffend ausgeführt hat, aus den zeichnerischen und textlichen festsetzungen in der planurkunde. in dieser sind das mi 1 und das mi 2 durch eine „perlenschnur“ (ziffer 15.14 der anlage zur verordnung über die ausarbeitung der bauleitpläne und die darstellung des planinhalts (planzeichenverordnung – planzv)) getrennt. zwar weist die planzv diesem planzeichen mehrere bedeutungen zu. so kann die perlenschnur entweder für die abgrenzung unterschiedlicher nutzung, z.b. von baugebieten, oder für die abgrenzung des maßes der nutzung innerhalb eines baugebiets (z.b. § 1 abs. 4, § 16 abs. 5 der verordnung über die bauliche nutzung der grundstücke (baunutzungsverordnung – baunvo)) stehen. diese unterschiedlichen inhalte derselben zeichnerischen festsetzung haben jedoch nicht vollständig eingang in die legende des bebauungsplans nr. 00 gefunden. dort wird dem planzeichen 15.14 lediglich die „abgrenzung unterschiedlicher nutzung“, also im fall der festsetzungen mi 1 und mi 2 zweier getrennt zu betrachtender baugebiete, zugeschrieben. eine reine abgrenzung des maßes der baulichen nutzung innerhalb eines einheitlichen gebiets scheidet daher – trotz der unterschiedlichen maßfestsetzungen für mi 1 und mi 2 – aus. dem entspricht der wortlaut der weiteren textlichen festsetzungen. so heißt es in ziffer 1.1 unter verwendung des plurals: „innerhalb der mischgebiete mi sind nicht zulässig…“. ferner werden über das maß der baulichen nutzung hinaus – und damit außerhalb des anwendungsbereichs von § 16 abs. 5 baunvo – festsetzungen getroffen, die nur für eines der mischgebiete gelten (vgl. etwa ziffern 3.1, 3.2, 4.2, 4.3). 92dem stehen die ausführungen der beklagten in den aufstellungsvorgängen zum bebauungsplan, insbesondere in der planbegründung, nicht entgegen. zwar können die aufstellungsvorgänge grundsätzlich zur auslegung von bebauungsplänen herangezogen werden. ist der inhalt des bebauungsplans jedoch eindeutig, kommt ein rückgriff auf die den norminhalt lediglich erläuternde begründung nicht in betracht. 93vgl. ovg nrw, beschluss vom 20. april 2020 – 2 a 2323/19 –, juris, rn. 10 f. 94vorliegend verbleibt angesichts des eindeutigen inhalts der festsetzungen im bebauungsplan nr. 00 zum charakter der mischgebiete mi 1 und mi 2 kein raum für eine ergänzende auslegung unter berücksichtigung der aufstellungsvorgänge. im übrigen ergäbe sich aus diesen auch kein zwingendes gegenteiliges verständnis. die dortigen ausführungen zur einordnung der festsetzungen mi 1 und mi 2 sind vielmehr diffus. so könnte die erläuterung „mit den getroffenen festsetzungen für das mi 1 gebiet und das mi 2 gebiet ist eine mi-gebietskonforme entwicklung des plangebiets möglich“ (seite 19 der planbegründung) sowohl für als auch gegen eine behandlung der gebiete als zwei separate baugebiete sprechen. zwar tritt die beklagte der stellungnahme der handwerkskammer düsseldorf vom 27. dezember 2016, welche die entstehung eines „unechten mi-gebiets“ ohne wohnnutzung befürchtete, mit der erwägung entgegen, die angrenzenden flächen nördlich des zukünftigen einzelhandelsstandorts mi 1 würden ebenfalls als mi-gebiet festgesetzt, dort befänden sich (auch) wohnnutzungen (blatt 185 der aufstellungsvorgänge). demgegenüber werden aber in der planbegründung für „das mischgebiet mi 1“ und „das mischgebiet mi 2“ getrennte ausführungen zu den getroffenen festsetzungen – auch hinsichtlich der art der baulichen nutzung – gemacht. 95für das demnach eigenständige mischgebiet mi 1 sind die inhaltlichen anforderungen an den mischgebietscharakter losgelöst von den gegebenheiten im übrigen plangebiet, insbesondere im mischgebiet mi 2, zu prüfen. 96vgl. ovg nrw, urteil vom 27. november 2014 – 7 d 35/13.ne –, juris. 97die eigenart des mischgebiets als baugebietstyp (vgl. § 1 abs. 2 baunvo) wird gemäß § 6 abs. 1 baunvo dadurch gekennzeichnet, dass es sowohl dem wohnen als auch der unterbringung von gewerbebetrieben, die das wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. der verordnungsgeber hat die beiden hauptnutzungsarten nicht in ein rangverhältnis zueinander gestellt. dadurch unterscheidet sich die umschreibung des baugebietstyps in § 6 abs. 1 baunvo von derjenigen der anderen baugebiete in den jeweiligen absätzen 1 der §§ 2 bis 5 und §§ 7 bis 9 baunvo. das mischgebiet ist nach seiner typischen eigenart also für wohnen und nichtstörendes gewerbe gleichermaßen offen. die nutzungen des mischgebiets zum wohnen und zur unterbringung nicht wesentlich störender gewerbebetriebe stehen als gleichwertige funktionen nebeneinander. diese gleichwertigkeit und gleichgewichtigkeit von wohnen und das wohnen nicht störendem gewerbe sowie deren wechselseitige verträglichkeit ist kennzeichnend für den baugebietstyp "mischgebiet". dieses gleichwertige nebeneinander zweier nutzungsarten setzt zum einen wechselseitige rücksichtnahme der einen nutzung auf die andere und deren bedürfnisse voraus; es bedeutet zum anderen aber auch, dass keine der nutzungsarten ein deutliches übergewicht über die andere gewinnen solle. die zwei hauptnutzungsarten wohnen und nicht wesentlich störendes gewerbe sind ohne abstufenden zusatz nebeneinandergestellt worden. § 6 abs. 1 baunvo bringt dadurch die städtebauliche gestaltungsabsicht des verordnungsgebers zum ausdruck, dass diese beiden nutzungsarten in den durch bebauungsplan festgesetzten mischgebieten auch in ihrer jeweiligen quantität "gemischt" sein sollen. in dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden durchmischung von wohnen und nicht wesentlich störendem gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere funktion des mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen baugebietstypen der baunutzungsverordnung unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen eigenart. für die hiernach zu beachtende auch quantitative mischung kommt es - wie gleichzeitig durch § 15 abs. 1 satz 1 baunvo bestätigt wird - darauf an, in welchem verhältnis die dem wohnen und die gewerblichen zwecken dienenden anlagen im baugebiet nach anzahl und umfang zueinander stehen. dabei ist einerseits nicht erforderlich, dass die beiden hauptnutzungsarten zu genau oder annähernd gleichen - wie auch immer rechnerisch zu bestimmenden - anteilen im jeweiligen gebiet vertreten sind. auf der anderen seite wird jedoch die bandbreite der typischen eigenart des mischgebiets, soweit es um die quantitative seite des mischungsverhältnisses geht, nicht erst dann verlassen, wenn eine der beiden hauptnutzungsarten als eigenständige nutzung im gebiet völlig verdrängt wird und das gebiet deshalb in einen anderen gebietstyp "umkippt" mit der folge, dass sich die festsetzung als mischgebiet letztlich als funktionslos (geworden) darstellen würde. um ein solches "umkippen" des gebietes zu verhindern und seine eigenart zu wahren, ist es erforderlich und zugleich aber auch ausreichend, dass im jeweiligen gebiet eine der beiden hauptnutzungsarten nicht nach anzahl und/oder umfang beherrschend und in diesem sinne "übergewichtig" in erscheinung tritt. ob dies der fall ist oder nicht, lässt sich nicht notwendig, jedenfalls aber nicht ausschließlich, danach beurteilen, mit welchen prozentsätzen die grundfläche des jeweiligen mischgebiets für die eine und die andere nutzungsart in anspruch genommen werden soll. die störung des gebotenen quantitativen mischungsverhältnisses und damit zugleich der widerspruch zur eigenart des baugebiets kann sich aus einem solchen übermäßig großen anteil einer nutzungsart an der grundfläche des baugebiets, aber auch aus anderen umständen, z.b. auch aus einem missverhältnis der geschoßflächen oder der zahl der eigenständigen gewerblichen betriebe im verhältnis zu den vorhandenen wohngebäuden, oder auch erst aus mehreren solcher merkmale zusammengenommen ergeben. erforderlich ist stets eine bewertung aller für eine quantitative beurteilung in frage kommenden tatsächlichen umstände im einzelnen fall. 98vgl. bverwg, urteil vom 4. mai 1988 – 4 c 34/86 –, juris, rn. 18 f.; ovg nrw, urteil vom 30. juni 2021 – 7 d 62/19.ne –, juris, rn. 69. 99strebt der plangeber jedoch ein miteinander von wohnen und gewerbe in wahrheit gar nicht an oder ist eine solche entwicklung wegen der vorhandenen bebauung oder aufgrund sonstiger festsetzungen im bebauungsplan faktisch nicht zu erreichen, ist die festsetzung des mischgebiets städtebaulich nicht gerechtfertigt. 100vgl. ovg nrw, urteil vom 7. märz 2006 – 10 d 43/03.ne –, juris, rn. 127. 101so liegt der fall hier. in bezug auf das gebiet mi 1 fallen das ergebnis des abwägungsvorgangs – die festsetzung als mischgebiet – und die ausweislich der aufstellungsvorgänge angestrebten städtebaulichen verhältnisse in unvereinbarer weise auseinander. 102zwar mögen die zeichnerischen und textlichen festsetzungen des bebauungsplans nr. 00 in bezug auf das gebiet mi 1 den vorstehend darlegten anforderungen an eine mischgebietsfestsetzung (noch) genügen. obwohl einzelne textliche festsetzungen bereits auf eine ausschließliche nutzung des dort ausgewiesenen baufensters für ein einzelhandelsvorhaben hindeuten (vgl. etwa ziffer 2.3 – vordach im eingangsbereich –; ziffer 3.2 – werbetafel bzw. -pylon „im zufahrtsbereich des vorhabens“), erscheint es bei unbefangener betrachtung der planurkunde zumindest nicht ausgeschlossen, innerhalb des baufensters sowohl wohnnutzungen als auch gewerbe anzusiedeln. 103demgegenüber ergibt sich aus den aufstellungsvorgängen eindeutig, dass nach der vorstellung der beklagten das mischgebiet mi 1 ausschließlich gewerblichen nutzungen, konkret einem lebensmitteldiscounter, vorbehalten sein soll. so ist „die errichtung eines nahversorgers“ zentraler bestandteil des bebauungskonzepts der beklagten (vgl. seite 17 der planbegründung). der gebäudekörper des nahversorgers soll am fuß der nördlich des geltungsbereichs befindlichen böschung realisiert werden, mithin im gebiet mi 1. die festsetzungen des gebiets mi 1 werden in der folge ausschließlich mit blick auf die ansiedlung eines lebensmittelnahversorgers erläutert (seite 19 f. der planbegründung). faktisch ist damit die realisierung von wohnnutzung ergänzend zum einzelhandelsvorhaben angesichts des einzig vorhandenen, auf den grundriss eines lebensmittelmarktes zugeschnittenen baufensters ausgeschlossen. zwar heißt es im rahmen der erläuterungen zum gebiet mi 1 in der planbegründung, eine ergänzende wohnnutzung, die im kontext zum städtebaulichen umfeld stehe, sei möglich. diese pauschale einschätzung wird jedoch nicht ansatzweise vertieft; so wurden etwa belange des lärmschutzes zwischen einer gewerblichen nutzung und einer etwaigen wohnnutzung im selben baufenster im rahmen des abwägungsvorgangs überhaupt nicht berücksichtigt. sie steht überdies in erheblichem widerspruch zum planungskonzept und allen übrigen belangen, die im rahmen des planaufstellungsverfahrens berücksichtigung fanden. exemplarisch sei auf die abbildungen 2.3.2 bis 2.3.4 des im rahmen des bauleitplanverfahrens von der beklagten eingeholten schalltechnischen fachgutachtens der b1. vom 20. september 2017 verwiesen, die den stand der gestaltungsplanung der beklagten – vor der stellung des bauantrags durch die beigeladene – wiedergeben. diese gewollte nutzungsstruktur verfehlt die nach obigen maßstäben erforderlichen anforderungen an die durchmischung von wohnen und nicht wesentlich störendem gewerbe, da im gebiet mi 1 überhaupt keine wohnnutzung angestrebt wird. 104offen bleiben kann, ob es sich bei der festsetzung des mischgebiets mi 1 entgegen der eigentlich gewollten nutzungsstruktur um einen mangel im abwägungsvorgang, 105so ovg nrw, urteil vom 27. november 2014 – 7 d 35/13.ne –, juris, rn. 61, 106oder im abwägungsergebnis handelt. denn selbst wenn ein mangel im abwägungsvorgang vorliegen sollte, ist dieser vorliegend nach den §§ 214 f. baugb beachtlich und führt zur unwirksamkeit des bebauungsplans. 107gemäß § 214 abs. 3 satz 2 baugb ist ein mangel im abwägungsvorgang erheblich, wenn er offensichtlich und auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen ist. ein fehler im abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er auf objektiv feststellbaren umständen beruht und ohne ausforschung der mitglieder des rats über deren planungsvorstellungen für den rechtsanwender erkennbar ist. er ist auf das abwägungsergebnis von einfluss gewesen, wenn nach den umständen des jeweiligen falls die konkrete möglichkeit besteht, dass ohne den mangel die planung anders ausgefallen wäre. 108vgl. bverwg, urteil vom 13. dezember 2012 – 4 cn 1/11 –, juris, rn. 16; ovg nrw, urteil vom 10. mai 2021 – 2 d 100/19.ne –, juris, rn. 130. 109das ist hier der fall. die mit der festsetzung nicht zu vereinbarende gewollte nutzungsstruktur stellt sich nicht nur als innere vorstellung oder motiv der ratsmitglieder der beklagten dar, sondern tritt in den planungsunterlagen offen und unzweideutig zutage. es besteht zudem die konkrete möglichkeit, dass das gebiet der festsetzung mi 1 ohne den mangel nicht als mischgebiet festgesetzt worden wäre. der mangel ist auch nicht gemäß § 215 abs. 1 satz 1 nr. 3 baugb unbeachtlich geworden, denn die klägerinnen haben ihn gegenüber der beklagten mit schreiben vom 20. november 2018 rechtzeitig geltend gemacht. 110der abwägungsmangel erfasst den bebauungsplan nr. 00 in seiner gesamtheit. die unwirksamkeit eines teils einer satzungsbestimmung hat nur dann nicht die gesamtunwirksamkeit zur folge, wenn die rechtsbestimmung auch ohne den unwirksamen teil sinnvoll bleibt (grundsatz der teilbarkeit) und mit sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen teil erlassen worden wäre (grundsatz des mutmaßlichen willens des normgebers). an der objektiven teilbarkeit des plans fehlt es, wenn eine einzelne unwirksame festsetzung mit dem gesamten bebauungsplan in einem untrennbaren zusammenhang steht. ein solcher fall liegt vor, wenn die nichtigkeit der einzelnen festsetzung das planungskonzept in seinem kerngehalt trifft, so dass nur noch ein planungstorso übrig bleibt. 111vgl. bverwg, beschluss vom 30. oktober 2019 – 4 b 37/18 –, juris, rn. 6. 112so liegt der fall hier. das planungskonzept der beklagten sieht als zentrale bestandteile die errichtung eines nahversorgers sowie einer sporthalle vor. mit der unwirksamkeit der mischgebietsfestsetzung mi 1, die die grundlage für die ansiedlung des nahversorgers bilden sollte, ist dieses konzept entfallen. 113die unwirksamkeit des bebauungsplans nr. 00 ist im übrigen aus denselben gründen selbst dann zu bejahen, wenn man – entgegen der auffassung der kammer – von einem einheitlichen baugebiet, bestehend aus den teilbereichen mi 1 und mi 2, ausginge, 114vgl. beispielhaft für einen solchen fall ovg nrw, urteil vom 30. juni 2021 – 7 d 62/19.ne –, juris, 115oder wenn man voneinander unabhängige mischgebiete annähme, aber bei der prüfung der anforderungen an die durchmischung von wohnen und gewerbe gleichwohl das plangebiet als ganzes in den blick nähme, soweit darin mischgebiete ausgewiesen sind, 116so in bezug auf einen bebauungsplan, der ausschließlich mischgebiete festsetzte: ovg nrw, urteil vom 18. november 2014 – 2 d 96/13.ne –, juris, rn. 48. 117denn auch bei einer gemeinsamen betrachtung der gebiete mi 1 und mi 2 ist die mischgebietsfestsetzung städtebaulich nicht gerechtfertigt, da sie nicht den von der beklagten in wahrheit angestrebten verhältnissen entspricht. hinsichtlich des planungskonzepts für das gebiet mi 1 wird auf die vorstehenden ausführungen verwiesen. in bezug auf das gebiet mi 2 ging die beklagte davon aus, ein dort bereits entgegen der festsetzungen im zuvor geltenden bebauungsplan nr. 0 vorhandenes faktisches mischgebiet nunmehr auch planerisch festzuschreiben und zugleich – insbesondere durch eine vollständige ausschöpfung des nach der baunvo zulässigen maßes der baulichen nutzung – weitere das wohnen nicht störende gewerbe-, büro- und andere dienstleistungsnutzungen zu ermöglichen. im ergebnis sah das planungskonzept damit bei gemeinsamer betrachtung der gebiete mi 1 und mi 2 eine bebauung des gebiets mit einem gemischt genutzten gebäude (o. straße 001/002), einem einfamilienhaus (o. straße 005) sowie einem einzelhandelsvorhaben samt stellplatzfläche und zufahrt vor. selbst wenn man außen vor lässt, dass das im gebiet mi 2 vorhandene ungenutzte baufenster im rückwärtigen bereich des gebäudes o. straße 001/002 der planbegründung zufolge noch zusätzliche gewerbliche nutzungen ermöglichen soll, besteht in den angestrebten städtebaulichen verhältnissen des gesamtgebiets nicht ansatzweise eine ausreichende durchmischung von wohnen und gewerbe. vielmehr tritt die gewerbliche nutzung jedenfalls in ihrem umfang deutlich „übergewichtig“ in erscheinung. die als mischgebiet festgesetzten teile des plangebiets werden von den gewerbenutzungen, zu denen auch die parkflächen und die zufahrt für das im bebauungskonzept vorgesehene einzelhandelsvorhaben zu zählen sind, 118vgl. bverwg, urteil vom 4. mai 1988 – 4 c 34/86 –, juris, rn. 20, 119in erheblicher weise dominiert. dabei ist auch in rechnung zu stellen, dass die laut planbegründung vorgesehene größe des einzelhandelsvorhabens mit einer verkaufsfläche von bis zu 800 m² lediglich vorgeschoben erscheint. aus dem aufstellungsvorgang samt der in diesem zusammenhang eingeholten gutachten wird deutlich, dass die beklagte von anfang an die ansiedlung eines (erheblich) großflächigen einzelhandelsvorhabens anstrebte (vgl. auch die aus diesem anlass abgegebene ergänzende stellungnahme der handwerkskammer düsseldorf vom 6. dezember 2017, blatt 265 der aufstellungsvorgänge). so wurden in den von ihr beauftragten gutachten verkaufsflächen von 1.400 m² (verkehrsgutachten v. ) bzw. 1.360 m² (schalltechnisches fachgutachten b1. ) zugrunde gelegt. bei der veranstaltung im rahmen der frühzeitigen beteiligung der öffentlichkeit am 13. juli 2017 stellte der leiter der m. -immobilienabteilung rheinland / nördl. ruhrgebiet die pläne für die errichtung eines marktes mit einer verkaufsfläche von 1.350 m² vor (vgl. blatt 150 der aufstellungsvorgänge). selbst bei der ausschreibung einer teilfläche des (ehemaligen) sportplatzes für die errichtung eines lebensmitteleinzelhandelsbetriebs am 29. november 2016 ging die beklagte bereits von der zulässigkeit eines großflächigen einzelhandelsvorhabens aus (vgl. blatt 15 ff. des aufstellungsvorgangs). das letztlich festgesetzte baufenster ermöglichte die errichtung eines marktes mit einer geschossfläche von rund 2.000 m². darüber hinaus sah die planung im nicht überbaubaren grundstücksbereich eine parkfläche mit ca. 100 stellplätzen (vgl. seite 21 der planbegründung) und eine zufahrtsrampe vor. demgegenüber erscheint die wohnnutzung im einfamilienhaus o. straße 005 sowie in den obergeschossen des seinerseits gemischt genutzten gebäudes o. straße 001/002 selbst im fall von dessen erweiterung zu wohnzwecken oder im fall der errichtung eines (reinen) wohngebäudes im rückwärtigen bereich des dort vorgegebenen baufensters – insoweit abweichend von der intention des plangebers laut planbegründung – qualitativ völlig untergeordnet. 120vgl. zur unvereinbarkeit von gewerbeflächen, die 85 % der baugebietsfläche ausmachen, mit der festsetzung als mischgebiet: bverwg, urteil vom 4. mai 1988 – 4 c 34/86 –, juris. 121vor diesem hintergrund kann offen bleiben, ob die festsetzung eines mischgebiets zum zwecke der ansiedlung eines großflächigen einzelhandelsbetriebs mit etwa 2.000 m² geschossfläche (vgl. beiakte heft 2, blatt 21) und über 1.300 m² verkaufsfläche, wie sie hier bereits in der planung der beklagten angelegt ist, überhaupt abwägungsfehlerfrei zum inhalt eines bebauungsplans gemacht werden kann oder ob die widerlegung der vermutung des § 11 abs. 3 satz 3 baunvo bei einzelhandelsbetrieben in dieser größenordnung von vorneherein ausgeschlossen ist, 122vgl. hierzu ovg nrw, beschluss vom 15. april 2020 – 2 a 3319/19 –, juris, rn. 25, wonach ein abweichen vom regelfall des § 11 abs. 3 satz 3 baunvo „allein schon“ wegen einer ganz erheblichen überschreitung der schwellenwerte von 1.200 m² geschossfläche um mehr als 50 % und der verkaufsfläche von 800 m² um etwa 40 % „mindestens fern“ liegt. 123es besteht auch kein anlass, im rahmen der prüfung der mischgebietsanforderungen ausnahmsweise über das plangebiet hinaus die örtlichen verhältnisse der angrenzenden umgebung heranzuziehen. grundsätzlich handelt es sich bei der örtlichen situation, in die ein baugebiet „hineingeplant“ wird und die dessen eigenart mit charakterisiert, in erster linie um die örtlichen verhältnisse, auf die ein plan in dem gebiet trifft, für das er gelten soll. die anwendung eines das plangebiet überschreitenden rahmens zur bestimmung seiner konkreten örtlichen eigenart kommt demgegenüber in betracht, wenn nach der gegebenen örtlichen situation die festsetzung eines kleineren mischgebiets nur der „abpufferung“ zwischen gebieten mit einer das wohnen störenden gewerblichen nutzung und einer überwiegenden oder reinen wohnnutzung dienen soll. 124vgl. bverwg, urteil vom 4. mai 1988 – 4 c 34/86 –, juris, rn. 22. 125dies ist hier nicht der fall. die gebiete mi 1 und mi 2 sind – bei der hier unterstellten gemeinsamen betrachtungsweise – kein puffergebiet zwischen wohn- und gewerbebebauung, sondern sollen selbst das fragliche gewerbe, dessen wohnverträglichkeit im streit steht, aufnehmen. 126ist der bebauungsplan nr. 00 demnach auch dann, wenn man alle mischgebiete im plangebiet zusammen in den blick nimmt, abwägungsfehlerhaft zustande gekommen, so ist dieser mangel – bei unterstellter einordnung als mangel im abwägungsvorgang – aus den bereits dargelegten gründen beachtlich und führt (erst recht) zur gesamtunwirksamkeit des bebauungsplans. 127infolge der unwirksamkeit des bebauungsplans nr. 00 beansprucht der bebauungsplan nr. 0 – am b. –, der bei aufstellung des bebauungsplans nr. 00 nicht teilweise aufgehoben, sondern lediglich überlagert wurde, in der fassung der 4. änderung vom 27. dezember 2016 wieder geltung. auf die von den klägerinnen ergänzend aufgeworfenen fragen, ob das vorhaben mit den festsetzungen des bebauungsplans nr. 00 vereinbar ist und ob ihnen insoweit ein gebietserhaltungsanspruch zusteht, kommt es deswegen nicht an. 128der bebauungsplan nr. 0 setzt für das klägerische grundstück ein allgemeines wohngebiet und für den vorhabenstandort der beigeladenen eine öffentliche grünfläche (sportplatz) gemäß § 9 abs. 1 nr. 15 baugb fest. anhaltspunkte für eine funktionslosigkeit der wa-festsetzung bestehen aus sicht der kammer nicht. insbesondere steht der gewerbebetrieb im erdgeschoss der klägerischen gebäude, sei es schwerpunktmäßig ein fliesenlegerbetrieb oder ein fliesenhandel, der wirksamkeit der festsetzung nicht entgegen. selbst wenn diese einzelne vorhandene nutzung mit der festsetzung nicht zu vereinbaren sein sollte, würde dadurch in der tatsächlichen entwicklung kein zustand erreicht, der eine verwirklichung der festsetzung auf unabsehbare zeit ausschließt. 129vgl. zu den voraussetzungen für die annahme einer funktionslosigkeit von festsetzungen: ovg nrw, urteil vom 10. mai 2019 – 7 a 1419/17 –, juris, rn. 47. 130ohne dass es nach dem vorstehenden noch darauf ankäme, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der betrieb der klägerinnen zwar nicht gemäß § 4 abs. 2 nr. 2 baunvo genehmigungsfähig sein dürfte, da er – wie der prozessbevollmächtigte der beigeladenen in der mündlichen verhandlung ausgeführt hat – nicht nur der versorgung des gebiets dienen dürfte. er dürfte aber als sonstiger nicht störender gewerbebetrieb nach § 4 abs. 3 nr. 2 baunvo zugelassen werden können und wurde von der beklagten – wohl auf dieser grundlage – auch zugelassen. angesichts der überschaubaren zahl an kundenparkplätzen und der von den klägerinnen geschilderten lieferbewegungen ist die einordnung als das wohnen nicht störender gewerbebetrieb nicht ernsthaft in zweifel zu ziehen. dem steht nicht entgegen, dass der betrieb bei einem schwerpunkt im bereich fliesenhandel als einzelhandelsbetrieb einzuordnen wäre. denn einzelhandel in ladenform – einer unterart des einzelhandelsbetriebs – kann im allgemeinen wohngebiet (ausnahmsweise) zugelassen werden, auch wenn der laden nicht der versorgung des gebiets dient. 131vgl. stock, in: ernst/zinkahn/u.a., baugesetzbuch, stand: mai 2021, § 4 baunvo, rn. 122, sowie § 6 baunvo, rn. 24. 132ob der betrieb aufgrund seiner größe nicht mehr als einzelhandel in ladenform angesehen werden könnte, ist aus den der kammer vorliegenden unterlagen nicht zu beurteilen, aber aufgrund der erteilten genehmigung durch die beklagte eher fernliegend. 133das vorhaben der beigeladenen steht im widerspruch zur festsetzung der öffentlichen grünfläche im bebauungsplan nr. 0. dieser verstoß betrifft jedoch die klägerinnen nicht in ihren rechten. insbesondere steht ihnen insoweit kein gebietsgewährleistungsanspruch zu. 134der gebietsgewährleistungsanspruch ist darauf gerichtet, dass grundstückseigentümer durch die festsetzungen eines bebauungsplans im hinblick auf die nutzung ihrer grundstücke zu einer rechtlichen schicksalsgemeinschaft verbunden sind, sie im rahmen ihres nachbarschaftlichen gemeinschaftsverhältnisses das eindringen einer gebietsfremden nutzung und damit die schleichende umwandlung des baugebiets unabhängig von einer konkreten beeinträchtigung verhindern können. allerdings kann sich ein nachbar gegen eine gebietsfremde nutzung unabhängig vom vorliegen einer konkreten beeinträchtigung nur dann zur wehr setzen, wenn beide grundstücke demselben baugebiet angehören. sind die eigentümer der betroffenen grundstücke nicht denselben rechtlichen bindungen unterworfen, weil sie sich nicht innerhalb desselben baugebiets befinden, können sie auch nicht vom jeweils anderen eigentümer deren einhaltung verlangen. ein gebietsübergreifender gebietsgewährleistungsanspruch besteht grundsätzlich nicht. 135vgl. ovg nrw, urteil vom 19. juni 2020 – 2 a 211/17 –, juris, rn. 82 ff. 136die öffentliche grünfläche im bebauungsplan nr. 0 ist – trotz fehlender abgrenzung in der planurkunde etwa durch verwendung des planzeichens 15.14 – nicht dem allgemeinen wohngebiet, zu dem das grundstück der klägerinnen gehört, zuzurechnen. denn die festsetzung nach § 9 abs. 1 nr. 15 baugb ist von der festsetzung von baugebieten nach der baunvo – hier: dem allgemeinen wohngebiet nach § 4 baunvo – abzugrenzen. es handelt sich jeweils um selbstständige festsetzungen, die nicht in bezug auf die gleiche fläche mit anderen selbstständigen festsetzungen verbunden werden können. 137vgl. sächsisches ovg, urteil vom 8. oktober 2020 – 1 a 868/17 –, juris, rn. 38 f.; söfker, in: ernst/zinkahn u.a., baugesetzbuch, 141. el 2021, § 9, rn. 124. 138abweichend davon kann ein gebietsübergreifender nachbarschutz ausnahmsweise dann gewährt werden, wenn der satzungsgeber der festsetzung der öffentlichen grünfläche eine aus sich heraus nachbarschützende wirkung objektiv erkennbar im einzelfall hat beimessen wollen. entscheidend ist dabei, ob die betreffende festsetzung zwischen dem den gebietsgewährleistungsanspruch stellenden grundstück und dem vorhabengrundstück, auf das der abwehranspruch zielt, das notwendige bodenrechtliche austauschverhältnis herstellt. 139vgl. hamburgisches ovg, beschluss vom 25. märz 2014 – 2 bs 43/14 –, juris, rn. 8; vgl. ferner in bezug auf festsetzungen nach § 1 abs. 4 ff. baunvo: ovg nrw, beschluss vom 16. dezember 2014 – 2 a 2082/14 –, juris, rn. 12., sowie in bezug auf § 9 abs. 1 nr. 5 baunvo: vgh baden-württemberg, beschluss vom 21. januar 2019 – 8 s 2441/18 –, juris, rn. 10. 140für einen willen der beklagten, durch die festsetzung der öffentlichen grünfläche im bebauungsplan nr. 0 drittschutz zu vermitteln, ist nichts ersichtlich. vielmehr ergibt sich aus der begründung zur dritten änderung des bebauungsplans (blatt 750 des aufstellungsvorgangs, beiakte heft 14), dass die festsetzung keine neuplanung darstellt, sondern lediglich das historisch gewachsene nebeneinander von wohngebiet und sportanlage abbildet. eine konfliktlage in bezug auf lärmstörungen wird nicht erkannt. damit wird deutlich, dass zwar vom sportplatz nach einschätzung des plangebers keine störung der wohnruhe der nachbarn ausging. daraus folgt jedoch nicht, dass die festsetzung gerade (auch) zum schutz der nachbarn vor lärmimmissionen getroffen wurde. die öffentliche grünfläche wurde vielmehr deshalb festgesetzt, weil sie an dieser stelle schlichtweg schon vorhanden war und kein anlass bestand, dies zu ändern. 141mangels eines gebietsübergreifenden gebietsgewährleistungsanspruchs der klägerinnen bestimmt sich der nachbarschutz trotz des widerspruchs des vorhabens zu den festsetzungen des bebauungsplans nr. 0 (nur) nach dem gebot der rücksichtnahme. zwar ist § 15 abs. 1 baunvo nicht unmittelbar anwendbar, wenn – wie hier – ein vorhaben von den festsetzungen des bebauungsplans abweicht. der nachbarschutz darf jedoch nicht hinter dem aus § 31 abs. 2 baugb zurückbleiben. danach ist eine würdigung der interessen des betroffenen nachbarn bei der erteilung einer befreiung von festsetzungen des bebauungsplans vorzunehmen. die interessenlage des nachbarn ist identisch, wenn die baugenehmigungsbehörde von den dem vorhaben widersprechenden festsetzungen nicht ausdrücklich befreit hat, sondern ohne befreiung eine – insoweit deshalb objektiv rechtswidrige – baugenehmigung erteilt. sofern eine fehlerhafte berücksichtigung nachbarlicher interessen bei erteilung einer befreiung zu einer verletzung von rechten des nachbarn führt, gilt dies ebenso, wenn die baugenehmigung bei gleicher sachlage entgegen den festsetzungen des bebauungsplans ohne die erforderliche befreiung erteilt wird. bei der vorzunehmenden interessenabwägung ist zu beachten, dass die interessen der beteiligten ein unterschiedliches gewicht haben, je nachdem, ob es um ein vorhaben geht, das den festsetzungen eines bebauungsplans entspricht, also nur ausnahmsweise über § 15 abs. 1 baunvo unzulässig sein kann, oder ob es um ein vorhaben geht, das von den festsetzungen abweicht, also nur ausnahmsweise über eine befreiung nach § 31 abs. 2 baugb zulässig sein kann. wer sich auf den bebauungsplan berufen kann, hat bei der interessenabwägung grundsätzlich einen gewissen vorrang. 142vgl. bverwg, urteil vom 6. oktober 1989 – 4 c 14/87 –, juris, rn. 11 ff. 143in anwendung dessen erweist sich das vorhaben der beigeladenen gegenüber den klägerinnen als rücksichtslos. der vom vorhaben ausgehende gewerbelärm ist ihnen als anwohnerinnen im benachbarten allgemeinen wohngebiet unzumutbar. 144bei der beurteilung der zumutbarkeit von lärmemissionen, die von der genehmigten anlage ausgehen, ist auf die immissionsrichtwerte der sechsten allgemeinen verwaltungsvorschrift zum bundes-immissionsschutzgesetz (technische anleitung zum schutz gegen lärm – ta lärm) abzustellen. die ta lärm dient dem schutz der allgemeinheit und der nachbarschaft vor schädlichen umwelteinwirkungen durch geräusche sowie der vorsorge gegen schädliche umwelteinwirkungen durch geräusche. sie gilt für anlagen, die als genehmigungsbedürftige oder nicht genehmigungsbedürftige anlagen den anforderungen des zweiten teils des bundes-immissionsschutzgesetzes unterliegen und die nicht vom anwendungsbereich der ta lärm ausgenommen sind (vgl. nr. 1 abs. 1 und 2 der ta lärm). das vorhaben als großflächiger einzelhandelsbetrieb ist eine nicht genehmigungsbedürftige anlage im sinne des zweiten teils des bundes-immissionsschutzgesetzes (vgl. §§ 22 ff. bimschg), der im katalog der vom anwendungsbereich der ta lärm ausgenommenen anlagearten nicht aufgeführt ist. 145vgl. vg gelsenkirchen, beschluss vom 5. märz 2015 – 5 l 1593/14 –, juris, rn. 40; vgl. ferner zur anwendbarkeit der ta lärm auf nicht genehmigungsbedürftige anlagen i.s.d. bimschg und zur einordnung von großflächigen einzelhandelsvorhaben als solche: ovg des saarlandes, beschluss vom 21. november 2013 – 2 a 335/13 –; ovg berlin-brandenburg, beschluss vom 28. januar 2010 – 10 s 31.09 –; vgl. ferner ovg nrw, beschluss vom 16. november 2012 – 2 b 1095/12 – , jeweils juris. 146als normkonkretisierender verwaltungsvorschrift kommt der ta lärm, soweit sie für geräusche den unbestimmten rechtsbegriff der schädlichen umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen verfahren zu beachtende bindungswirkung zu. die normative konkretisierung des gesetzlichen maßstabs für die schädlichkeit von geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte gebietsarten und tageszeiten entsprechend ihrer schutzbedürftigkeit bestimmten immissionsrichtwerten zuordnet und das verfahren der ermittlung und beurteilung der geräuschimmissionen vorschreibt. für eine einzelfallbezogene beurteilung der schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher würdigung lässt das normkonkretisierende regelungskonzept der ta lärm nur insoweit raum, als es insbesondere durch kann-vorschriften und bewertungsspannen spielräume eröffnet. diese bindungswirkung besteht in gleicher weise bei der bestimmung der zumutbarkeitsgrenze in nachbarkonflikten im rahmen des rücksichtnahmegebots. 147vgl. bverwg, urteil vom 29. november 2012 – 4 c 8/11 –, juris, rn. 18 f. 148vorliegend überschreitet der vom vorhaben ausgehende gewerbelärm an der südseite des gebäudes o. straße 001 den in nr. 6.1 der ta lärm vorgeschriebenen immissionsrichtwert in allgemeinen wohngebieten von 55 db(a) tags um 2 db(a), vgl. seite 5 der beurteilung der geräuschsituation des m. -marktes auf dem ehemaligen sportplatz o. str. in x. bei verlängerten öffnungszeiten vom 9. oktober 2020 (blatt 492 ff. der genehmigungsvorgänge, beiakte heft 5). 149eine erhöhung des immissionsrichtwertes für das allgemeine wohngebiet der klägerinnen durch eine zwischenwertbildung nach nr. 6.7 der ta lärm kommt nicht in betracht. nach dieser vorschrift können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer geräuschauswirkungen vergleichbar genutzte und zum wohnen dienende gebiete aneinandergrenzen (gemengelagen), die für die zum wohnen dienenden gebiete geltenden immissionsrichtwerte auf einen geeigneten zwischenwert der für die aneinandergrenzenden gebietskategorien geltenden werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen pflicht zur rücksichtnahme erforderlich ist. vorliegend fehlt es bereits an einer gemengelage im sinne der vorschrift, da lediglich ein allgemeines wohngebiet und eine öffentliche grünfläche aneinander grenzen. die annahme eines gewerblich genutzten gebiets aufgrund des vorhandenseins des (objektiv planwidrigen) lebensmitteldiscounters wäre im rahmen einer drittanfechtungsklage, deren gegenstand die für die errichtung dieses discounters erteilte baugenehmigung ist, in sich widersprüchlich. selbst wenn man die öffentliche grünfläche wegen des darauf ursprünglich angesiedelten sportplatzes als hinsichtlich seiner geräuschauswirkungen vergleichbar genutztes gebiet ansehen wollte und als für diese „gebietskategorie“ geltende richtwerte die werte der 18. verordnung zur durchführung des bundes-immissionsschutzgesetzes (sportanlagenlärmschutzverordnung – 18. bimschv) ansetzen wollte, würde sich kein den richtwert für allgemeine wohngebiete erhöhender wert bilden lassen, da die immissionsrichtwerte für sportanlagen nach § 2 abs. 2 nr. 3 der 18. bimschv nicht höher als jene nach nr. 6.1 der ta lärm sind. 150eine erhöhung der zumutbarkeitsgrenze im einzelfall aufgrund einer besonderen vorbelastung kommt angesichts der dargelegten bindungswirkung der immissionsrichtwerte der ta lärm nicht in betracht. entgegen der ansicht der beklagten und der beigeladenen ist nach der ta lärm nicht von einer relevanten sonstigen belastung des gebäudes der klägerinnen auszugehen. 151dies gilt zunächst für den – unzweifelhaft vorhandenen – erheblichen verkehrslärm auf der westlich des gebäudes verlaufenden o. straße, der im schalltechnischen fachgutachten der b1. vom 20. september 2017, seite 50, für die gebäudesüdseite o. straße 1001 mit 61-62 db(a) tags (maximaler pegel) angegeben wird. dieser führt nach den verbindlichen vorgaben der ta lärm nicht dazu, dass der hinzukommende gewerbelärm nicht mehr rücksichtlos wirken könnte. denn der gewerbelärm, zu dem auch der von der stellplatzanlage ausgehende lärm gehört, wird in seiner spezifischen ausprägung, insbesondere seiner impulshaftigkeit (türenschlagen, rollen der einkaufswagen) nicht durch verkehrslärm überdeckt. zwar darf nach nr. 3.2.1 abs. 5 satz 1 der ta lärm eine genehmigung wegen einer überschreitung der immissionsrichtwerte nicht versagt werden, wenn infolge ständig vorherrschender fremdgeräusche (hier: verkehrslärm) keine zusätzlichen schädlichen umwelteinwirkungen durch die zu beurteilende anlage zu befürchten sind. das ist nach satz 2 insbesondere dann der fall, wenn für die beurteilung der geräuschimmissionen der anlage weder zuschläge gemäß dem anhang für ton- und informationshaltigkeit oder impulshaftigkeit noch eine berücksichtigung tieffrequenter geräusche erforderlich sind. durch diese bedingungen soll sichergestellt werden, dass das anlagengeräusch nicht nur physikalisch, sondern auch nach seinem tatsächlichen störpotenzial weniger auffällig ist als das fremdgeräusch. 152vgl. beckert/fabricius, ta lärm, 2. auflage 2009, seite 48. 153die voraussetzungen der nr. 3.2.1 abs. 5 satz 2 der ta lärm sind vorliegend jedoch nicht erfüllt, da für die beurteilung des gewerbelärms durch das vorhaben der beigeladenen bei der berechnung des emissionspegels der pkw-stellplätze ein zuschlag für impulshaftigkeit in höhe von 4 db(a) vorgenommen wurde (vgl. seite 23 des fachgutachtens vom 20. september 2017 sowie seiten 3 und 4 der beurteilung der geräuschsituation vom 9. oktober 2020). dieser zuschlag entspricht den vorgaben der nr. a.2.5.3 der anlage zur ta lärm, wonach, falls erfahrungswerte von vergleichbaren anlagen und anlagenteilen vorliegen, von diesen auszugehen ist. solche erfahrungswerte ergeben sich aus der vom gutachter herangezogenen parkplatzlärmstudie des bayerischen landesamtes für umwelt aus august 2007 (vgl. anhang a 4 des fachgutachtens vom 20. september 2017). danach ist im rahmen des in der ta lärm vorgesehenen taktmaximalpegelverfahrens (vgl. nr. 2.9 ta lärm) im fall von parkplätzen an einkaufsmärkten – ebenso wie bei sonstigen parkplätzen in der vorliegenden größenordnung – ein zuschlag für impulshaftigkeit ki in höhe von 4 db(a) anzusetzen, vgl. ziffer 7.1.4 der parkplatzlärmstudie. anhaltspunkte für eine fallgestaltung, in der trotz der fehlenden voraussetzungen für die annahme ständig vorherrschender fremdgeräusche nach satz 2 („insbesondere“) keine schädlichen umwelteinwirkungen zu erwarten sind, sind nicht ersichtlich, zumal die richtwertüberschreitung oberhalb der geringfügigkeitsschwelle von 1 db(a) gemäß nr. 3.2.1 abs. 3 ta lärm liegt. darüber hinaus ist auch entgegen nr. 3.2.1 abs. 5 satz 3 ta lärm nicht sichergestellt, dass die zu beurteilende anlage im fall einer späteren verminderung der fremdgeräusche (hier: des verkehrslärms) nicht relevant zu schädlichen umwelteinwirkungen beiträgt; auch insoweit ist für die relevanz der anlagenemissionen auf die hier überschrittene geringfügigkeitsschwelle von 1 db(a) abzustellen, 154vgl. hansmann, in: landmann/rohmer, umweltrecht, 95. el 2021, ta lärm nr. 3, rn. 27. 155auch im hinblick auf die vormalige nutzung des vorhabengrundstücks als sportplatz ist nicht von einer die schutzbedürftigkeit der klägerinnen wesentlich verringernden lärmbelastung auszugehen. zum einen führt die beklagte in der begründung zur 3. änderung des bebauungsplans nr. 0 selbst aus, dass von dem sportplatz in der konkreten situation keine störungen der wohnruhe in den benachbarten gebieten ausgingen. zum anderen ist der von sportanlagen ausgehende lärm nicht mit lärm von einem discounterparkplatz mit rund 100 stellplätzen zu vergleichen. letzterer stellt während der öffnungszeiten des marktes eine zwar in der intensität schwankende, aber über den gesamten tag hinweg dauerhaft emittierende lärmquelle dar. demgegenüber konzentrierte sich der sportplatzlärm auf bestimmte tageszeiten während des trainings- und spielbetriebs. zudem sind die vom sportplatz hervorgerufenen menschlichen lautäußerungen in ihrer qualität mit dem lärm von fahrzeugen und einkaufswagen nicht vergleichbar. 156schließlich vermag die kammer auch keine vorhandene belastung in form einer rückwärtigen tiefgaragenzufahrt auf den klägergrundstücken zu erkennen. von der o. straße führt ein stichweg nach osten, über den unter anderem das gebäude o. straße 005 erschlossen wird. von diesem stichweg zweigt hinter dem gebäude o. straße 003 eine (theoretisch) befahrbare rampe ab, an die sich eine überdachte fläche anschließt, die nach dem eindruck im ortstermin als lagerfläche genutzt wird. sämtliche der genannten wege und flächen liegen – ungeachtet der frage, ob bzw. in welcher frequenz sie überhaupt befahren werden – zu weit vom maßgeblichen immissionspunkt auf der südseite des gebäudes o. straße 001 entfernt, um in bezug auf die dort festgestellte richtwertüberschreitung von relevanz zu sein. im übrigen wäre aus den bereits ausgeführten gründen auch insoweit nicht von einem ständig vorherrschenden fremdgeräusch i.s.d. ta lärm auszugehen. 157der einordnung des vom vorhaben ausgehenden gewerbelärms als gegenüber den anwohnern in einem allgemeinen wohngebiet rücksichtslos entspricht es, dass die untere immissionsschutz- und abfallwirtschaftsbehörde der beklagten ihre zustimmung zu dem vorhaben nur unter der ausdrücklichen und besonders hervorgehobenen einschränkung erteilt hat, dass das haus o. straße 001 weiterhin als mischgebiet eingestuft wird (vgl. blatt 515 des genehmigungsvorgangs der beklagten, beiakte heft 5). 158ob das vorhaben darüber hinaus wegen unzumutbarer einsichtsmöglichkeiten auf die grundstücke der klägerinnen oder wegen blendender kfz-scheinwerfer rücksichtslos wirkt, muss nicht entschieden werden, wenngleich die annahme einer rücksichtslosigkeit unter diesen aspekten angesichts des vorhandenen sichtschutzzauns und der gegebenen selbstschutzmöglichkeiten (in bezug auf die einsichtnahme) sowie angesichts der entfernung des oberen endes der parkplatzzufahrt zum klägergebäude, der streuung des scheinwerferlichts sowie des vorhandenseins zahlreicher weiterer bei dunkelheit beleuchteter kfz auf der o. straße (in bezug auf die blendwirkung) eher fern liegen dürfte. 159wegen des verstoßes gegen das rücksichtnahmegebot im hinblick auf den vom vorhaben ausgehenden gewerbelärm bedurfte es auch keiner entscheidung über die darüber hinaus aufgeworfenen fragen hinsichtlich einzelner nebenbestimmungen zur baugenehmigung, des abstandsflächenrechts und der bestimmtheit der baugenehmigung. 160die teilbaugenehmigung vom 28. märz 2019 ist wegen des mit ihr ausgesprochenen positiven gesamturteils des vorhabens, das sich als gegenüber den klägerinnen rücksichtslos erwiesen hat, ebenfalls rechtswidrig und verletzt die klägerinnen in ihren rechten. 161zuletzt sind auch die befreiungsbescheide vom 28. märz 2019 und vom 22. mai 2019 aufzuheben. dabei kann offen bleiben, ob beide bescheide nichtig i.s.d. § 44 verwaltungsverfahrensgesetzes für das land nordrhein-westfalen (vwvfg. nrw.) sind, weil ihnen aufgrund der unwirksamkeit des bebauungsplans nr. 00, von dessen festsetzungen sie befreien, keine regelungswirkung zukommt. ebenso kann offen bleiben, ob sich eine nichtigkeit des befreiungsbescheides vom 22. mai 2019 auch daraus ergeben kann, dass die vier stellplätze im bereich der festsetzung der fläche für den gemeinbedarf (sport- und mehrzweckhalle), auf die sich die befreiung allein beziehen kann, ausweislich des grüngestempelten lageplans zum baugenehmigungsantrag (beiakte heft 2, blatt 1 des planguts) gar nicht zu den 96 genehmigten stellplätzen gehören dürften. denn selbst im fall ihrer nichtigkeit könnten die genannten bescheide im rahmen einer anfechtungsklage aufgehoben werden, da der mit ihnen verbundene rechtsschein zu beseitigen ist. 162vgl. kopp/schenke, vwgo, 25. auflage 2019, § 113, rn. 4. 163sollten die befreiungsbescheide hingegen nicht nichtig sein, liegen jedenfalls die voraussetzungen einer aufhebung als rechtswidrige verwaltungsakte, die die klägerinnen in ihren rechten verletzen, vor. nachbarschutz gegen befreiungsentscheidungen nach § 31 abs. 2 baugb kommt in betracht, wenn eine fehlerhafte befreiung von einer nachbarschützenden festsetzung eines bebauungsplans erteilt wurde oder wenn die behörde bei einer befreiung von einer nicht nachbarschützenden festsetzung nicht die gebotene rücksicht auf die interessen des nachbarn genommen hat. 164vgl. bverwg, beschluss vom 8. juli 1998 – 4 b 64/98 –, juris, rn. 5. 165letzteres ist hier der fall. die beklagte hat bei der erteilung der befreiungen nicht die gemäß § 31 abs. 2 baugb gebotene rücksicht auf die interessen der nachbarn genommen. mit der befreiung von den festsetzungen des bebauungsplans zu der darin vorgesehenen erhaltungsfläche zum zwecke der errichtung einer bohrpfahlwand hat sie die realisierung des nachbarrechtswidrigen vorhabens überhaupt erst ermöglicht. die befreiung hinsichtlich der art der nutzung für den innerhalb der gemeinbedarfsfläche liegenden teil der geplanten stellplätze wiederum betrifft unmittelbar die größe der stellplatzanlage des discounters, von der der rücksichtslos wirkende lärm ausgeht. 166die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1 und abs. 3, 159 satz 1, 162 abs. 3 vwgo, § 100 abs. 1 der zivilprozessordnung (zpo). es entspricht der billigkeit, die kosten der beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da ihr klageabweisungsantrag keinen erfolg hatte. 167die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 167 vwgo i.v.m. §§ 708 nr. 11, 709 satz 2, 711 zpo. 168rechtsmittelbelehrung: 169gegen dieses urteil kann innerhalb eines monats nach zustellung des vollständigen urteils bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) schriftlich die zulassung der berufung beantragt werden. der antrag muss das angefochtene urteil bezeichnen. 170der antrag kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) eingereicht werden. 171innerhalb von zwei monaten nach zustellung des vollständigen urteils sind die gründe darzulegen, aus denen die berufung zuzulassen ist. 172die berufung ist nur zuzulassen, 1731. wenn ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils bestehen, 1742. wenn die rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche schwierigkeiten aufweist, 1753. wenn die rechtssache grundsätzliche bedeutung hat, 1764. wenn das urteil von einer entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen, des bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser abweichung beruht oder 1775. wenn ein der beurteilung des berufungsgerichts unterliegender verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die entscheidung beruhen kann. 178die begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem antrag vorgelegt worden ist, bei dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (aegidiikirchplatz 5, 48143 münster oder postfach 6309, 48033 münster) schriftlich oder als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der ervv einzureichen. 179über den antrag entscheidet das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen. 180im berufungs- und berufungszulassungsverfahren müssen sich die beteiligten durch prozessbevollmächtigte vertreten lassen. dies gilt auch für prozesshandlungen, durch die das verfahren eingeleitet wird. die beteiligten können sich durch einen rechtsanwalt oder einen rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten hochschule eines mitgliedstaates der europäischen union, eines anderen vertragsstaates des abkommens über den europäischen wirtschaftsraum oder der schweiz, der die befähigung zum richteramt besitzt, als bevollmächtigten vertreten lassen. auf die zusätzlichen vertretungsmöglichkeiten für behörden und juristische personen des öffentlichen rechts einschließlich der von ihnen zur erfüllung ihrer öffentlichen aufgaben gebildeten zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 abs. 4 satz 4 vwgo und § 5 nr. 6 des einführungsgesetzes zum rechtsdienstleistungsgesetz – rdgeg –). darüber hinaus sind die in § 67 abs. 2 satz 2 nr. 3 bis 7 vwgo bezeichneten personen und organisationen unter den dort genannten voraussetzungen als bevollmächtigte zugelassen. 181die antragsschrift und die zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 182 183beschluss: 184der streitwert wird auf 10.000,-- euro festgesetzt. 185gründe: 186die festsetzung des streitwertes ist nach § 52 abs. 1 gkg i.v.m. ziffer 9.7.1 des streitwertkatalogs für die verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 erfolgt. von einer verdopplung des streitwerts nach ziffer 1.1.3 des streitwertkatalogs wurde abgesehen, da die klägerinnen jeweils eigentümerinnen zu 1/2 desselben nachbargrundstücks sind. 187rechtsmittelbelehrung: 188gegen den streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle bei dem verwaltungsgericht düsseldorf (bastionstraße 39, 40213 düsseldorf oder postfach 20 08 60, 40105 düsseldorf) beschwerde eingelegt werden, über die das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 189die beschwerde kann auch als elektronisches dokument nach maßgabe des § 55a vwgo und der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (elektronischer rechtsverkehr-verordnung – ervv) oder zu protokoll der geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der zivilprozessordnung gilt entsprechend. 190die beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs monaten eingelegt wird, nachdem die entscheidung in der hauptsache rechtskraft erlangt oder das verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der streitwert später als einen monat vor ablauf dieser frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines monats nach zustellung oder formloser mitteilung des festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 191die beschwerde ist nicht gegeben, wenn der wert des beschwerdegegenstandes 200,-- euro nicht übersteigt. 192die beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. im fall der einreichung als elektronisches dokument bedarf es keiner abschriften. 193war der beschwerdeführer ohne sein verschulden verhindert, die frist einzuhalten, ist ihm auf antrag von dem gericht, das über die beschwerde zu entscheiden hat, wiedereinsetzung in den vorigen stand zu gewähren, wenn er die beschwerde binnen zwei wochen nach der beseitigung des hindernisses einlegt und die tatsachen, welche die wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. nach ablauf eines jahres, von dem ende der versäumten frist angerechnet, kann die wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. 194 | Klaeger*in | 1 |
185,232 | 15 K 4674/10 U | 2014-01-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Umsatzsteuer-Bescheide für 2007 und 2008 vom 21.01.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer für 2007 und 2008 auf jeweils 0 € festgesetzt wird. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob die Klägerin (Klin.) in den Streitjahren 2007 und 2008 Unternehmerin war, sowie, ob sie steuerfreie Leistungen ausgeführt hat. 3Die Klin. übte in den Streitjahren eine Tätigkeit als Pflegehelferin aus. Über eine Ausbildung als Krankenpflegerin bzw. Altenpflegerin verfügt sie nicht, sie hat aber verschiedene Fortbildungen im Bereich der Pflege absolviert. 4Die Klin. wurde im Jahr 2000 Mitglied des Vereins B e.V. Dieser Verein ist Mitglied des paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Nach der Satzung des Vereins B e.V. hat der Verein den Zweck, hilfe- und pflegeabhängigen, kranken, behinderten und alten Menschen in ihrer häuslichen Umgebung umfassende Betreuung zu ermöglichen. 5Die Mitglieder des Vereins bzw. der Verein werden nach dem sog. "… Modell" tätig. Der Verein schließt die Verträge/Vereinbarungen mit den zu pflegenden Personen bzw. den Kostenträgern (Pflegekassen bzw. regionale und überregionale Sozialämter). Die jeweilige Pflegekraft - wie auch die Klin. - schließt mit dem Verein eine Qualitätsvereinbarung ab, wodurch sie zu einem aktiven Mitglied des Vereins wird. Die Mitglieder verpflichten sich in der Qualitätsvereinbarung u.a,. an einem Einführungsseminar und an regelmäßigen Teambesprechungen teilzunehmen, sowie Fortbildungsseminare zu besuchen. 6Die aktiven Mitglieder sind in verschiedenen Teams als Untergliederungen des Vereins organisiert, denen die Pflegekräfte die von ihnen geleisteten Stunden in Rechnung stellen. Die Klin. war in den Streitjahren für das Team I und das Team II tätig. Im Jahr 2007 war sie zudem in einem Team des K e.V. tätig. Das letztgenannte Team bestand aus Mitgliedern des Vereins B e.V. und des K e.V., welches beabsichtigte, auch das sog. "… Modell" zu übernehmen. 7Die Klin. war in den Streitjahren im Wesentlichen im Bereich der Pflege tätig (abgerechnet über das Team II und den K e.V.). Sie erbrachte Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 36 SGB XI, § 70 Abs. 1 SGB XII), Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII und Pflegeleistungen nach §§ 36, 39, 45 SGB XI, § 61 SGB XII. Daneben erledigte sie auch Tätigkeiten im Büro des Vereins B e.V. (abgerechnet über das Team I). Diese dienten nach den Ausführungen der Klin. dem Kontakt mit hilfsbedürftigen Menschen und ihren Angehörigen z.B. telefonisch oder per e-mail, der Abrechnung der Pflegeleistungen gegenüber den Kostenträgern und der Kontrolle von Rechnungen, sowie in geringem Umfang Assistenzleistungen für schwerbehinderte Mitarbeiter des Vereins. Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbrachte sie nicht. 8Wegen der weiteren Einzelheiten der in den Streitjahren jeweils erbrachten Leistungen wird auf die von der Klin. vorgelegten Rechnungen nebst Stundenaufstellungen Bezug genommen. 9Die Umsätze der Streitjahre teilten sich wie folgt auf die Teams auf: 102007 Monat K e.V. Team II Team I Gesamt 01 1.315,75 € 1.743,75 € 3.059,50 € 02 95,00 € 95,00 € 03 494,00 € 1.087,00 € 1.581,00 € 04 575,75 € 1.427,75 € 632,50 € 2.680,00 € 05 522,50 € 1.756,25 € 2.278,75 € 06 204,25 € 2.354,50 € 2.558,75 € 07 2.381,25 € 2.381,25 € 08 2.483,75 € 88,00 € 2.571,75 € 09 0,00 € 10 2.458,88 € 139,00 € 2.597,88 € 11 2.101,50 € 156,00 € 2.257,50 € 12 1.362,88 € 748,00 € 2.110,88 € Summe 3.111,25 € 19.297,51 € 1.763,50 € 24.172,26 € 112008 Monat Team II Team I Gesamt 01 1.193,63 € 616,00 € 1.809,63 € 02 565,50 € 565,50 € 03 1.441,13 € 1.441,13 € 04 2.106,00 € 2.106,00 € 05 2.348,25 € 2.348,25 € 06 1.066,88 € 1.066,88 € 07 994,88 € 88,00 € 1.082,88 € 08 1.656,01 € 1.656,01 € 09 520,88 € 520,88 € 10 2.641,28 € 173,00 € 2.814,28 € 11 1.724,25 € 1.724,25 € 12 2.000, 63 € 2.000,63 € Summe 18.259,32 € 877,00 € 19.136,32 € 12Für das Team II liegen Aufstellungen vor, nach der im Streitjahr 2007 96,85 % und im Streitjahr 2008 82,43 % der Pflegeleistungen der Klin. letztlich (mittelbar) von den Sozialhilfeträgern bzw. Pflegekassen getragen wurden. 13Seitens der Stadt C liegt eine Bestätigung vor, dass ihr bei Abschluss der Vereinbarung gem. § 75 Abs. 3 SGB XII bekannt war, dass der Verein B e.V. seine Mitglieder vertritt, die in selbständiger Tätigkeit die in der Vereinbarung beschriebenen Leistungen erbringen. Des Weiteren liegt eine Bestätigung des Landschaftsverbands … vor, dass er eine Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung zum Leistungsbereich des ambulant betreuten Wohnens in der Stadt C abgeschlossen hat, und dass ihm bei Abschluss bekannt war, dass die eingesetzten Mitarbeiter selbständig tätig werden, sowie auch eine Bescheinigung der Landesverbände der Pflegekassen, dass bei Abschluss der Verträge mit B e.V. bekannt war, dass dieser seine Mitglieder vertritt, die in selbständiger Tätigkeit Leistungen erbringen. 14Die Klin. gab für die Streitjahre keine Umsatzsteuererklärung ab. 15Bei einer bei der Klin. im Jahr 2008 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Sp), wegen deren Einzelheiten auf den Bericht vom 17.11.2008 verwiesen wird, gelangte der Prüfer zu der Ansicht, dass die Leistungen der Klin. weder nach § 4 Nr. 14, § 4 Nr. 16 Buchst. e noch nach § 4 Nr. 18 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - steuerfrei seien und sämtliche o.g. Umsätze der USt unterliegen würden. Er ging des Weiteren davon aus, dass für die Streitjahre Vorsteuerbeträge i.H.v. 153,59 € (2007) und 209,39 € (2008) zu berücksichtigen seien und setzte zudem für das Streitjahr 2008 für die private Pkw-Nutzung des am 21.06.2007 erworbenen Pkw‘s eine unentgeltliche Wertabgabe i.H.v. 504 € zuzüglich 95,76 € USt an. 16Diesen Feststellungen gemäß erteilte der Beklagte (Bekl.) der Klin. am 21.01.2010 erstmalige USt-Bescheide für 2007 und 2008, mit denen er die USt für das Jahr 2007 auf 3.705,69 € und für das Jahr 2008 auf 2.941,76 € festsetzte. Gegen diese Bescheide legte die Klin. am 22.02.2010 Einspruch ein. 17Mit Einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen Folgendes aus: Die Pflegeleistungen begünstigter Einrichtungen seien nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG nur dann von der USt befreit, wenn die Einrichtungen selbst alle in Zusammenhang mit der Pflege anfallenden Pflegeleistungen oder Pflegeberatungsleistungen nach § 37 Abs. 3 SGB XI erbringen könnten. Übernehme eine Pflegeeinrichtung als Kooperationspartner einer anderen Einrichtung einen Teil des Pflegeauftrages für eine zu pflegende Person und lägen bei beiden Einrichtungen die Voraussetzungen vor, dass sie jeweils sämtliche in Zusammenhang mit der Übernahme einer ambulanten Pflege anfallenden Pflegeleistungen erbringen könnten, könne für beide Einrichtungen die Steuerbefreiung im Betracht kommen. Im Streitfall habe die Klin. mit dem Verein B e.V. einen Kooperationsvertrag geschlossen. Die Betreuungsleistungen rechne sie mit dem Verein ab. Die Verträge mit den zu betreuenden Personen bestünden mit dem Verein B e.V. Dieser stelle seine Leistungen auch den Sozialversicherungsträgern in Rechnung. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG seien für die Klin. in den Streitjahren nicht erfüllt. Unter dem Gesichtspunkt, dass durch die Steuerbefreiung die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder Sozialhilfe entlastet werden sollten, sei zwar eine weitergehende Anwendung der Steuerbefreiung gerechtfertigt. Die Steuerbefreiung von Subunternehmern komme aber nur dann in Betracht, wenn der Subunternehmer sämtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nachweisen könne. Selbst wenn von Seiten der Klin. mit Hilfe des Vereins B e.V. die erforderlichen Nachweise erbracht werden könnten, scheitere eine Steuerbefreiung auch daran, dass nicht alle erforderlichen Pflegeleistungen (Grund-, Behandlungspflege und Pflegeberatungsleistung), von der Klin. selbst erbracht werden könnten bzw. dürften. § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG verlange zwar keine besondere Berufsausbildung, jedoch dürften die Pflegekassen nach § 69 SGB XI Pflegeverträge nur mit Trägern von Einrichtungen nach § 71 SGB XI abschließen. Diese müssten jedoch nach § 71 Abs. 1 und 2 SGB XI unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft stehen. Für eine Anerkennung als Pflegekraft sei nach § 71 Abs. 3 SGB XI neben dem Abschluss einer Ausbildung als Krankenschwester/-pfleger und Altenpfleger bzw. bei Pflege und Betreuung von Behinderten als Heilerziehungspfleger eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten Pflegeberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre erforderlich. Nur soweit diese Voraussetzungen erfüllt seien, sei der Unternehmer begünstigter Unternehmer. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht gegeben, da die Klin. keine Ausbildung als Pflegerin habe. Außerdem habe sie neben den Pflegeleistungen auch Bürotätigkeiten sowie Einkäufe und den Haushalt erledigt. Der BFH habe in verschiedenen Urteilen klargestellt, dass Subunternehmern einer anerkannten Einrichtung die Steuerbefreiung nicht zustehe, und dass diese selbst nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen seien. 18Die Klin. hat am 20.12.2010 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie Folgendes vor: Da sie Mitglied des Vereins B e.V. sei, der wiederum Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege, sei, sei sie, die Klin., mittelbar Mitglied in einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege und habe somit umsatzsteuerfreie Leistungen ausgeführt. Bei einer im September 2003 beim Verein B e.V. durchgeführten Betriebsprüfung habe der damalige Prüfer die Auffassung vertreten, dass die Honorarzahlungen bei den Empfängern (Pflegekräften) nach § 4 Nr. 18 UStG i.V.m. Abschnitt 103 Abs. 4 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) umsatzsteuerfrei seien, da die Honorarempfänger Mitglieder des Vereins B e.V. seien und dieser wiederum Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband sei, so dass eine mittelbare Mitgliedschaft in einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege vorliege. Folglich seien ihre Leistungen auch umsatzsteuerfrei. Die USt-Festsetzungen verstießen gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. 19Es liege bereits kein steuerbare Umsatz vor, da sie, die Klin., in den Streitjahren keine Unternehmerin gewesen sei. Sie sei entgegen § 2 Absatz 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig tätig gewesen. Allein durch die Bezeichnung als selbständig werde eine Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, es komme vielmehr auf den tatsächlichen Inhalt und die tatsächliche Beziehung zum Vertragspartner (hier dem Verein) an. Die vertraglichen Beziehungen hätten lediglich zwischen dem Verein und den Pflegebedürftigen bestanden. Sie habe zwar eigene Leistungen gegenüber den Pflegebedürftigen erbracht, diese allerdings in enger Absprache und unter engen Vorgaben der gegenseitigen Selbstverpflichtung der Mitglieder ohne direkte vertragliche Bindung an die zu pflegende Person. Die Mitglieder des Vereins würden auf der Grundlage fachlicher Standards tätig, diese fachlichen Standards seien verbindlich. Sie habe eine zur Mitgliedschaft gehörende Qualitätsvereinbarung auf Gegenseitigkeit akzeptiert und diese eingehalten. Sie habe daher nicht frei entscheiden können, wie sie ihre Arbeitsleistung erbringe. Sie habe nach den engen Vorgaben der durch die Mitgliedschaft entstandenen Vereinbarung handeln müssen. Sie sei zur Teilnahme an regelmäßig stattfindenden Teambesprechungen sowie Fortbildungsseminaren verpflichtet gewesen. Eine Selbständige habe selbst zu entscheiden, wie sie sich auf dem aktuellen Stand halte, um ihre Leistung optimal erbringen zu können. Die Teambesprechungen würden eine enge Nähe zur Arbeit der übrigen Mitarbeiter des Vereins zum Ausdruck bringen. Die Qualitätsvereinbarung nehme auf Regelungen Bezug, die typischerweise das Verhältnis unselbständiger Arbeitnehmer zu ihrem Arbeitgeber regeln würden. Die Entlohnung erfolge nach der Qualitätsvereinbarung tarifähnlich. Auch dies nehme auf das Verhältnis Arbeitnehmer/Arbeitgeber Bezug. Sie wende einen Großteil ihrer Arbeitszeit für den Verein auf. Sie sei in beiden Streitjahren für den Verein tätig gewesen, lediglich im Jahr 2007 sei sie auch in geringem Umfang für den K e.V. tätig gewesen. 20Aber selbst wenn sie, die Klin., selbständig tätig gewesen wäre, so wären die Umsätze steuerfrei gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSystRL -. Diese Vorschrift sei in den Streitjahren unmittelbar anwendbar. § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F., der diese europarechtlich zwingende Steuerbefreiung in deutsches Recht habe umsetzen sollen, sei zu eng gefasst. Daher gehe der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der MwStSystRL unmittelbar anwendbar sei. 21Sie, die Klin., erbringe eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH seien Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung, die körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftigen Personen von ambulanten Pflegediensten erbracht würden, eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen. Die von ihr erbrachten Leistungen der ambulanten Pflege nach dem SGB XI und dem SGB XII würden die Definition von BFH und EuGH erfüllen. Aber auch die von ihr erledigten Bürotätigkeiten würden der Umsatzsteuerbefreiung unterfallen. Es handele sich um eng mit der Sozialfürsorge verbunden Dienstleistungen. Ihre Leistungen gegenüber den hilfebedürftigen Menschen wären ohne telefonischen Kontakt zu diesen Menschen und den Angehörigen, ohne die Abrechnung gegenüber dem jeweiligen Sozialträger und ohne die Erstellung von Dienstplänen nicht möglich. Es handele sich um Tätigkeiten, die typischerweise mit der Hilfe für bedürftige Menschen verbunden seien und dementsprechend von den Sozialträgern auch pauschal erstattet würden. 22Aus dem Wortlaut von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL folge, dass diese Norm lediglich die tätigkeitsbezogene Voraussetzung der „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen“ und keine personenbezogene Voraussetzung aufstelle. Der zweite Teil der Norm enthalte lediglich eine beispielhafte Aufzählung von Einrichtungen, die sich ebenfalls auf die Steuerbefreiung berufen könnten. Ausschlaggebend für die Steuerbefreiung könne daher nur der Inhalt der Leistung sein. Zumindest natürliche Personen können sich auf die Steuerbefreiung selbst dann berufen, wenn sie nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt wären. 23Aber selbst wenn man dieser Auslegung nicht folge, lägen die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung vor, da sie, die Klin., eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter sei. Der BFH habe festgestellt, dass eine Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne des Unionsrecht vorliege, wenn die Einrichtung folgende Gesichtspunkte erfülle: Bestehen spezifischer Vorschriften, Vorliegen eines mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundenen Gemeinwohlinteresses, Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung gekommen seien sowie Kostenübernahme durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit. Auch sei es nach Auffassung des BFH unschädlich, wenn einer dieser Gesichtspunkte nicht vorliege. Ferner komme es nach der Rechtsprechung nicht darauf an, ob die Kosten im konkreten Fall tatsächlich übernommen worden seien, es genüge vielmehr, dass diese übernehmbar seien. 24Ihre Tätigkeit sei durch spezifische Vorschriften der sozialen Sicherheit geregelt. Insbesondere das SGB XI und das SGB XII stellten verschiedene Anforderungen, wie sie ihre Tätigkeit auszuüben habe. Das SGB XI verbunden mit dem jeweiligen Vertrag regele den Inhalt der zu erbringenden Leistung. Gleiches gelte gemäß § 53 SGB XII und § 75 Abs. 3 SGB XII für Leistungen aufgrund von Vereinbarungen nach diesem Sozialgesetzbuch. 25Sie, die Klin., erbringe auch unstrittig Leistungen, die im Gemeinwohlinteresse liegen würden. Sie erbringe Leistungen nach dem SGB XI und SGB XII an hilfs- und pflegebedürftige Menschen. Dies zeige sich vor allem auch durch die Kostentragung ihrer Tätigkeit durch die Sozialkassen. Andere Steuerpflichtige, die die gleiche Tätigkeit erbringen würden, kämen zudem in den Genuss der Steuerbefreiung. 26Die Kosten ihrer Tätigkeit seien von den Krankenkassen und anderen Trägern der sozialen Sicherheit übernommen worden. Der BFH stelle diesbezüglich nicht darauf ab, ob die Sozialträger die Kosten direkt an den Leistungserbringer erstatten oder ob sie über Dritte ausbezahlt würden. Selbst wenn nur von einer mittelbaren Tragung auszugehen wäre und dies keine tatsächliche Kostenübernahme sein sollte, wären die Kosten zumindest direkt übernehmbar. Gemäß § 77 Abs. 1 SGB XI könne sie selbst mit den Pflegekassen Verträge abschließen und dementsprechend eine Kostenübernahme ihr gegenüber erreichen. Solche Verträge zwischen Einzelpersonen und einer Pflegekasse, z.B. der …, seien in C auch tatsächlich praktiziert worden. Vor allem bedürfe es dafür keines berufsspezifischen Abschlusses. Nichts anderes gelte für die Leistungen nach dem SGB XII. Gemäß §§ 70 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 SGB XII könne sie auch direkt mit den Trägern der sozialen Sicherheit, hier dem Landschaftsverband, einen Vertrag abschließen. Es seien auch zwischen Einzelpersonen und der Kommune, z.B. der Stadt C, Leistungserbringungen im Rahmen des persönlichen Budgets vereinbart worden. Dass ihre Tätigkeit einer Tätigkeit entspreche, die auch direkt von den Trägern der sozialen Sicherheit vergütet werde, zeige sich zudem daran, dass die Kostenträger das Modell des Vereins gekannt hätten. In diesem Wissen hätten sie ihre Vergütungen für ihre, der Klin., Tätigkeit erbracht. Die vom BFH aufgestellten Voraussetzungen für eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter lägen daher vor. 27Nichts anderes folge aus dem Urteil des BFH vom 08.08.2013 (V R 8/12). In dieser Entscheidung habe sich der BFH dahingehend geäußert, dass es für eine Anerkennung eines Unternehmers als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht allein ausreiche, dass der Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden sei. Dieses Urteil sei auf die vorliegende Fallkonstellation schon nicht übertragbar. In dem dort entschiedenen Fall sei der Kläger beim Krankenhaus als Subunternehmer angestellt gewesen. Er habe also ausschließlich in vertraglicher Beziehung zum Krankenhaus gestanden. Der Kläger habe seine Leistungen für das Krankenhaus an Vertragspartner des Krankenhauses erbracht. Sie, die Klin., sei keine Subunternehmerin des Vereins. Vielmehr sei sie als dessen Mitglied Bestandteil des Vereins. Sie sei kein vom Hauptunternehmer unabhängiger Unternehmer. Sie habe sich in dem Verein mit anderen zusammengeschlossen, die ebenfalls soziale Leistungen erbringen wollten. Dies sei gerade der Zweck des Vereins. 28Auch erhalte sie keine Vergütung vom Verein; sie erhalte ihre Vergütungen von den Sozialkassen, die der Verein schlicht durchleite. Der Kläger in dem vom BFH entschiedenen Fall habe seine Vergütung von der Klinik erhalten, und zwar unabhängig von der Zahlung der Sozialkassen. Des Weiteren seien die Kosten der Leistungen des Klägers in dem vom BFH entschiedenen Fall nicht von den Trägern der Sozialhilfe nach einem SGB erstattet worden. Die Kosten der Leistungen, die sie, die Klin., erbringe, würden demgegenüber von solchen Trägern erstattet. Schließlich habe der Kläger in dem vom BFH entschiedenen Fall keine eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen erbracht. Aber selbst wenn sie Subunternehmerin wäre, würde das Urteil sie nicht erfassen. Der Wortlaut des Urteils des BFH spreche davon, dass die Tätigkeit als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung "für sich allein nicht schon" ausreiche, um selbst anerkannt zu werden. Das bedeute, auch bei einem Subunternehmer könne es sich um eine mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung handeln, wenn weitere Voraussetzungen vorliegen würden. Der BFH habe im Urteil vom 08.08.2013 nur dazu Stellung genommen, ob eine anerkannte Einrichtung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL vorliege, wenn außer einer Tätigkeit für eine andere anerkannte Einrichtung keine anderen Gesichtspunkte vorliegen würden, die auf eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter schließen lassen würden. Dies habe er ohne weitere Begründung abgelehnt. Demgegenüber träten solche anderen Gesichtspunkte bei ihr, der Klin., deutlich zu Tage. Sie begehre die Steuerbefreiung daher nicht als Subunternehmerin einer anerkannten Einrichtung mit sozialem Charakter, vielmehr begehre sie die Steuerbefreiung aufgrund der eigenen Leistungserbringung an pflegebedürftige Menschen und der gleichzeitig vorliegenden weiteren Gesichtspunkte. 29Der Unterschied zeige sich auch deutlich durch den Vorlagebeschluss des BFH vom 21.08.2013 (V R 20/12). Der Unterschied zum Urteil vom 08.08.2003 zeige sich darin, dass die überlassenen Arbeitnehmer selbst Leistungen der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL erbracht hätten. Die überlassenen Arbeitnehmer erhielten die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter daher nicht aufgrund der Anerkennung der Einrichtung, der sie überlassen seien. Sie erhielten die Anerkennung aufgrund ihrer eigenen Tätigkeit. Dafür sei es nach der BFH-Vorlage vom 21.08.2013 irrelevant, ob sie selbst die Kostenerstattung erhalten würden. 30Schließlich müsse sie, die Klin., auch keine abgeschlossene Ausbildung (zum Beispiel als Krankenpflegerin) haben, um als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt zu werden. Ein solches Tatbestandsmerkmal sehe die Richtlinie nicht vor. Auch der EuGH habe in seiner bisherigen Rechtsprechung eine abgeschlossene Ausbildung nicht gefordert. Sie, die Klin., dürfe auch ohne eine entsprechende Ausbildung Pflegeleistungen nach den verschiedenen sozialgesetzlichen Regelungen erbringen. Sie habe jahrelange Berufserfahrung auf dem Gebiet der Pflege und habe sich regelmäßig fortgebildet; sie sei eine erfahrene und qualifizierte Kraft. Sie könne insbesondere auch einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen im Sinne von § 75 Abs. 2 Satz 2 Abs. 3 SGB XII oder gemäß § 77 SGB XI abschließen. 31Schließlich sei auch nicht erforderlich, dass sie selbst in vertraglichen Beziehungen mit den Trägern der sozialen Sicherheit stehe, damit sie eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter sei. Ein solches Erfordernis ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Der BFH gehe in dem Vorlagebeschluss vom 21.08.2013 davon aus, dass eine direkte vertragliche Beziehung zwischen den Leistungserbringern und dem Träger der sozialen Sicherheit nicht notwendig sei. Ansonsten wäre seine Vorlage unsinnig, da die unselbstständig tätigen Krankenpfleger ersichtlich in keiner vertraglichen Beziehung zu Sozialhilfeträgern stünden. Weiterhin habe der BFH entschieden, dass es nicht erforderlich sei, dass der Leistungserbringer in vertraglichen Beziehungen zum Empfänger der Sozialleistung stehe. Dies folge daraus, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der MwStSystRL auf die Art der Dienstleistung abstelle und nicht auf die schuldrechtlichen Beziehungen (BFH-Urteil vom 08.06.2011 XI R 22/09, UR 2000, 821). Dieses Argument lasse sich unmittelbar auf die vertraglichen Beziehungen zwischen Leistungserbringern und Trägern der sozialen Sicherheit übertragen. Auch in diesem Verhältnis komme es einzig auf den Inhalt der Leistung an. Dementsprechend habe der EuGH seit der Entscheidung "Dornier" auf das Merkmal der vertraglichen Beziehung zum Träger der sozialen Sicherheit verzichtet. Eine direkte Kostenerstattung durch Sozialhilfeträger an die Leistungserbringer sei nicht erforderlich. Wenn schon keine direkten vertraglichen Beziehungen bestehen müssten, bedürfe es auch keiner direkten Zahlungen. Der EuGH spreche lediglich davon, dass ein Kriterium die Kostenübernahme durch Dritte sei; er gehe nicht darauf ein, ob dies unmittelbar oder mittelbar erfolge. 32Der BFH habe sowohl im Urteil zu den Berufsbetreuern vom 25.04.2013 (V R 7/11) als auch im Vorlagebeschluss vom 21.08.2013 (V R 20/12) vier Kriterien für die Anerkennung einer Einrichtung mit sozialem Charakter aufgestellt. Eines dieser Kriterien sei die Kostenübernahme, diese müsse aber nur möglich sein, sie müsse nicht tatsächlich erfolgt sein. Wenn aber die Kostenübernahme nicht zwingend erforderlich sei, dann könne die mittelbare Zahlung durch einen Träger der Sozialversicherung kein Ausschlusskriterium sein. Die mittelbare Kostenübernahme bringe den sozialen Charakter zumindest deutlicher zum Ausdruck als eine Verweigerung der Zahlung durch einen Sozialträger. Im Übrigen würden aber unmittelbare vertragliche Beziehungen mit den Sozialkassen bestehen, da bei Abschluss des Vertrages zwischen Verein und Sozialträger der Verein sie, die Klin., in die jeweiligen Verträge mit einbezogen habe und alle Leistungserbringer gewusst hätten, dass der Verein die Leistungen durch Vereinsmitglieder wie sie erbringe. 33Die Klin. beantragt, 34die USt-Bescheide für 2007 und 2008 vom 21.01.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 dahingehend zu ändern, dass die USt jeweils auf 0 € festgesetzt wird, 35hilfsweise, die Revision zuzulassen. 36Der Bekl. beantragt, 37die Klage abzuweisen, 38hilfsweise, die Revision zuzulassen. 39Er trägt vor: Der BFH habe mit Urteil vom 08.08.2013 die bis dahin strittige Frage, ob die Anerkennung der Mitglieder als Einrichtung mit sozialem Charakter nur aus der konkreten Kostenübernahme durch Sozialleistungsträger oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit abgeleitet werden könne, oder ob es ausreiche, dass die Kosten lediglich übernehmbar seien, entschieden. Für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter reiche es für sich nicht aus, dass der Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden sei. In Rz. 43 des Urteils werde klargestellt, dass sich ein Unternehmer, der zwar eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen erbringe, jedoch nicht über die erforderliche staatliche Anerkennung verfüge, sich selbst dann nicht auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen könne, wenn die gleichen Leistungen gemäß § 4 Nr. 18 UStG von der Steuer befreit wären, sofern sie von einem amtlich anerkannten Wohlfahrtsverband oder einem seiner Mitglieder erbracht würden. 40Die von der Klin. in den Streitjahren erbrachten Leistungen seien vollständig als umsatzsteuerpflichtig zu qualifizieren. Nach seiner, des Bekl., Auffassung, sei die Klin. Subunternehmerin, so dass das Urteil weitgehend direkt angewendet werden könne. Sie arbeite im Auftrag des Vereins auf eigene Rechnung. 41Bei den erbrachten Leistungen sei zwischen Leistungen für den Kunden und den sogenannten Leistungen im Büro zu unterscheiden. Die Tätigkeiten im Bürobereich beim Team I stellten keine abzurechnenden Pflegesachleistungen im Sinne der §§ 36 und 77 SGB XI dar. Unter Pflegesachleistungen seien die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung für die zu Pflegenden zu verstehen. Nicht erfasst würden die Bürotätigkeiten für das Team I. 42Die von der Klin. gegenüber den Kunden erbrachten Pflegeleistungen seien aber ebenfalls umsatzsteuerpflichtig. Die Anwendung der MwStSystRL komme nicht in Betracht, da die Klin. weder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts noch eine vom Mitgliedstaat Deutschland anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter sei. Auch besitze die Klin. die in § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG geforderte Eigenschaft nicht; sie sei weder eine Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen noch eine Einrichtung zur ambulanten Pflege. Sowohl nach der grammatikalischen Auslegung als auch im Rahmen der teleologischen Auslegung des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG sei zu entnehmen, dass nicht eine Einzelperson für die Steuerbefreiung in Betracht komme. Die Klin. erfülle auch nicht die Voraussetzung des § 4 Nr. 18 UStG. Insoweit komme nur eine Personengemeinschaft als Ziel der Steuerbefreiung in Betracht. 43Nach Ausschluss dieser Punkte verbleibe als einziger Anknüpfungspunkt die Übernahmefähigkeit der Kosten. Nach übereinstimmender Rechtsprechung von BFH und EuGH könne die Anerkennung eines Unternehmers als Einrichtung mit sozialem Charakter aus der Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit abgeleitet werden. Ausreichend sei, dass die Kosten übernehmbar seien. Dies bedeute, dass die von der Klin. erbrachten Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit direkt hätten abgerechnet werden können. Soweit vorgetragen worden sei, dass die von der Klin. erbrachten Leistungen, insbesondere Grundpflege, Mobilisation und ähnliche Dinge nach dem SGB XI und SGB XII auch direkt ohne die Einschaltung des Vereins mit den Trägern hätten abgerechnet werden können, sei dies unzutreffend. Sowohl nach dem Gesetzeswortlaut als auch nach den jeweiligen Rahmenverträgen im Sinne des §§ 75 SGB XI seien direkte Abrechnungen mit den Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit ausgeschlossen. Die Klin. könne als ungelernte Kraft niemals wie ein Pflegedienst anerkannt werden. Es sei vorgetragen worden, dass durch den zwischen der Klin. und dem Verein geschlossenen Qualitätsvertrag eine Pflegequalität im Sinne des SGB XI und SGB XII erreicht werde. Diese Vereinbarung gelte nur für den Verein B e.V. Hierdurch könne er unter anderem gegenüber den Krankenversicherungen nachweisen, dass er alles erforderliche im Sinne des SGB XI bezüglich der Qualitätsmaßstäbe der zu beaufsichtigenden Personen, die für ihn tätig würden, getan habe. Dieser Vertrag entfalte allenfalls nur mittelbare Wirkung. Vertragspartner im Sinne der SGB XI sei immer der Verein B e.V. mit den Krankenkassen und seien nicht die Mitglieder des Vereins. 44Am 26.11.2013 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf das hierüber gefertigte Protokoll verwiesen. 45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bekl. Bezug genommen. 46Entscheidungsgründe: 47Die Klage ist zulässig und begründet. 48Die USt-Bescheide 2007 und 2008 vom 21.01.2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klin. in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Klin. hat in den Streitjahren lediglich steuerfreie Umsätze erzielt. Die USt ist daher auf 0 € festzusetzen. 49A. Leistungen gegenüber dem Verein B e.V. und dem K e.V. 501. Entgegen der Auffassung der Klin. hat sie in den Streitjahren als Unternehmerin steuerbare sonstige Leistungen erbracht. 51Der USt unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). 52Unternehmer ist gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Nichtselbständig tätig sind natürliche Personen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG, soweit sie in einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen eines Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Es müssen die für und gegen die Unternehmereigenschaft sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, gegeneinander abgewogen werden. Maßgebend ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Kriterien das Gesamtbild der Verhältnisse (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 02.12.1998 X R 83/96, BStBl II 1999, 534 m.w.N. und BFH-Beschlüsse vom 28.02.2002 V B 31/01, BFH/NV 2002, 957 und vom 20.12.2004 VI B 137/03, BFH/NV 2005, 552). Für Selbständigkeit sprechen insbesondere die Selbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit, das Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko), die Unternehmerinitiative, die Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb und geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern (BFH-Urteil vom 30.05.1996 V R 2/95, BStBl II 1996, 493). Die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung der Tätigkeit als selbständig oder unselbständig ist für die umsatzsteuerliche Beurteilung ohne Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss vom 29.07.2003 V B 22/03, BFH/NV 2003, 1615). 53Bei der nach diesen Grundsätzen gebotenen Abwägung ist der Senat der Auffassung, dass die Klin. als selbständige Unternehmerin tätig war. 54Zwar trifft es zu, dass sie in den Streitjahren tatsächlich im Wesentlichen für den Verein B e.V. tätig war. Auch war sie, um für diesen Leistungen erbringen zu können, etwa zur Teilnahme an Besprechungen oder Fortbildungen verpflichtet. Allerdings konnte die Klin. frei entscheiden, in welchem Umfang sie für den Verein B e.V. bzw. den K e.V. tätig sein wollte, und entfaltete hierdurch Unternehmerinitiative. Auch erzielte die Klin., wenn sie erkrankt war oder sich in Urlaub befand, keine Einnahmen und trug insoweit auch Unternehmerrisiko. Ein garantierter Mindestverdienst war mit dem Verein B e.V. oder dem K e.V. ebenso wenig vereinbart wie ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle und Anspruch auf bezahlten Urlaub. 55Die Leistungen der Klin. an den Verein B e.V. und den K e.V. sind mithin steuerbare Leistungen der Klin. im Rahmen ihres Unternehmens. 562. Die in den Streitjahren von der Klin. gegenüber dem Verein B e.V. und dem K e.V. erbrachten Leistungen sind jedoch steuerfrei. 57a) Die o.g. Leistungen der Klin. waren in den Streitjahren zwar nicht nach nationalem Recht steuerfrei. Sie erfüllte nicht die in der Person des leistenden Unternehmers bestehenden Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG oder nach § 4 Nr. 18 UStG. 58Gem. § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind steuerfrei die mit dem Betrieb der Einrichtungen ambulanter Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, wenn bei der Einrichtung zur ambulanten Pflege die Pflegekosten im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind. 59Die Befreiung nach dieser Vorschrift erfasst jedoch nur die Leistungen der in der jeweiligen Bestimmung bezeichneten Einrichtungen selbst (BFH-Urteil vom 28.06.2000 V R 72/99, BFHE 191, 463, BStBl II 2000, 554). 60Die Klin. selbst war in den Streitjahren jedoch keine Einrichtung zur ambulanten Pflege im Sinne dieser Bestimmung. 61Die Leistungen der Klin. waren auch nicht nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG von der Steuer befreit. 62Nach dieser Vorschrift sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei: 63"... 64die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, wenn 65a) diese Unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, 66b) die Leistungen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigten Personenkreis zugute kommen und 67c) die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben." 68Die Klin. selbst erfüllte nicht die in der Person des leistenden Unternehmers erforderlichen Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG. Sie war lediglich Mitglied des Vereins B e.V., der wiederum Mitglied des paritätischen Wohlfahrtsverbandes war. 69Insoweit kann sich die Klin. auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Zwar hat bei einer im September 2003 beim Verein B e.V. durchgeführten Betriebsprüfung der Prüfer die Auffassung vertreten, dass die Honorarzahlungen des Vereins B e.V. bei den Empfängern (Pflegekräften) nach § 4 Nr. 18 UStG umsatzsteuerfrei seien, da die Honorarempfänger Mitglieder des Vereins B e.V. seien und dieser wiederum Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband sei, so dass eine mittelbare Mitgliedschaft in einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege vorliege. Hiervon hatte die Klin. wohl auch Kenntnis. Jedoch ist seitens des Bekl. diesbezüglich keine verbindliche Auskunft i.S.d. § 89 Abs. 2 AO oder eine verbindliche Zusage nach § 205 AO im Anschluss an eine Außenprüfung gegenüber der Klin. gemacht worden, die insoweit Vertrauensschutz begründen würde. 70b) Allerdings kann sich die Klin. hinsichtlich der Steuerfreiheit unmittelbar auf das Unionsrecht berufen. 71Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH kann sich ein Einzelner in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen (ständige Rechtsprechung des EuGH, vgl. z.B. Urteil vom 10.09.2002 C-141/00 Kügler, Slg. 2002, I-6833, HFR 2002, 1146). 72Nach der Rechtsprechung des BFH hat das UStG - jedenfalls auch in den Streitjahren - Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nicht hinreichend umgesetzt (vgl. BFH-Urteil vom 16.10. 2013 XI R 19/11 HFR 2014, 74, BFH/NV 2014, 190 m.w.N.). Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL zählt die Tätigkeiten, die steuerfrei sind, auch hinreichend genau und unbedingt auf (vgl. EuGH-Urteil vom 10.09.2002 C-141/00 Kügler, Slg. 2002, I-6833, HFR 2002, 1146). 73Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten "die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden". 74Es kann vorliegend letztlich dahin stehen, ob die Auffassung der Klin. zutrifft, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL - zumindest bei natürlichen Personen - lediglich die tätigkeitsbezogene Voraussetzung der „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen“ und keine personenbezogene Voraussetzung aufstellt, und der zweite Teil der Norm lediglich eine beispielhafte Aufzählung von Einrichtungen enthält, die sich ebenfalls auf die Steuerbefreiung berufen können, da die Klin. in den Streitjahren sowohl eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen erbracht hat und darüber hinaus als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen ist. 75Für die Auffassung der Klin. spricht möglicherweise der bereits zitierte Wortlaut des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, der von der vorhergehenden Fassung des Art. 13 A Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG abweicht, nach der die Mitgliedstaaten "die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen“ von der Steuer befreiten. Vergleicht man diese unterschiedlichen Fassungen, so könnte man zu der Auffassung gelangen, dass der zweite Halbsatz des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (einschließlich derjenigen, die durch …) tatsächlich nur noch eine Aufzählung von Einrichtungen enthält, die auch in den Genuss der Steuerbefreiung kommen sollen. 76Gegen diese Auslegung spricht allerdings, dass nach den Erwägungsgründen 1 und 3 der MwStSystRL grundsätzlich keine inhaltlichen Änderungen an der Richtlinie 77/388/EWG vorgenommen werden sollten. 77Zudem darf nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eine Bestimmung wegen der Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung der Gemeinschaftsrichtlinien im Zweifelsfall nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss unter Berücksichtigung ihrer Fassung in anderen Amtssprachen ausgelegt werden (EuGH-Urteil vom 26.05.2005 C-498/03 Kingscrest Associates und Montecello, HFR 2005, 915). Vergleicht man aber etwa die jeweiligen englischen und französischen Fassungen, so lässt sich feststellen, dass diese in ihrem Wortlaut nicht geändert worden sind, vielmehr der Wortlaut des Art. 13 A Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG unverändert sowohl in der englischen als auch in der französischen Fassung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL übernommen worden sind. Daher geht der Senat davon aus, dass es sich bei der deutschen Fassung lediglich um eine - missverständliche - Anpassung des Wortlauts handelt, und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL weiterhin - wie sich aus der Rechtsprechung zu Art. 13 A Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG ergibt - zwei Voraussetzungen enthält, die kumulativ erfüllt sein müssen, nämlich dass es sich um „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen“ handelt, sowie, dass es sich bei dem leistenden Unternehmer um „Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder eine andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung“ handelt. 78aa) Bei den in den Streitjahren erbrachten Leistungen der Klin. handelt es sich um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen i.S. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. 79Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind die Begriffe, mit denen die in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG, nunmehr Art. 132 MwStSystRL, vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, zwar eng auszulegen; weil die Auslegung aber mit den mit den Befreiungen verfolgten Zielen - die Kosten dieser Leistungen zu senken und dadurch diese Leistungen dem Einzelnen, der sie in Anspruch nehmen könnte, zugänglicher zu machen (EuGH-Urteil vom 26.05.2005 C-498/03 Kingscrest Associates und Montecello, HFR 2005, 915) - im Einklang stehen und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen muss, dürfen sie nicht in einer Weise ausgelegt werden, die den Befreiungen ihre Wirkung nähme (EuGH-Urteil vom 15.11.2012 C-174/11 Zimmermann, HFR 2013, 84). 80Der EuGH hat bereits anerkannt, dass die Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung, die körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftigen Personen erbracht werden, eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL darstellen (EuGH-Urteil vom 15.11.2012 C-174/11 Zimmermann, HFR 2013, 84 und EuGH-Urteil vom 10.09.2002, C-141/00 Kügler, Slg. 2002, I-6833 HFR 2002, 1146). Dabei sind für die Qualifikation der Pflegekräfte bei der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung geringere Anforderungen als für die Behandlungspflege zu stellen. Es reicht aus, wenn die Pflegekraft geeignet ist, die erforderlichen Leistungen zu erbringen (BFH-Urteil vom 22.04.2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl. II 2004, 849). Das ist bei der Klin. der Fall. 81Allerdings hat die Klin. neben den direkt gegenüber den hilfsbedürftigen Personen erbrachten Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung auch Tätigkeiten im Büro des Vereins B e.V. erledigt, die sie nach Stunden gesondert gegenüber dem Team I abgerechnet hat. Nach Auffassung des Senats handelt es sich insoweit aber um Nebenleistungen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung - der Leistungen der Behandlungspflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung - teilen. 82Zur Beantwortung der Frage, ob mehrere Leistungen steuerrechtlich zu nur einem Umsatz oder zu mehreren eigenständigen Umsätzen führen, gelten nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, folgende Grundsätze (vgl. BFH-Urteil vom 10.01.2013 V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352; BFH-Beschluss vom 28.10.2010 V R 9/10, BFHE 231, 360, BStBl II 2011, 360, m.w.N.): 83In der Regel ist jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind. 84Einen einheitlichen Umsatz hat der EuGH für zwei Fallgruppen bejaht. 85Zum einen liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 13/12 BFH/NV 2014, 123 m.w.N.). 86Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 13/12 BFH/NV 2014, 123 m.w.N.) 87Nach der insoweit erforderlichen Gesamtbetrachtung ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass die gegenüber dem Team I abgerechneten, im Büro des Vereins B e.V. geleisteten Stunden, bei denen die Klin. im wesentlichen Kontakt zu den hilfebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen gehalten hat, Dienstpläne erstellt hat und Abrechnungen gegenüber dem jeweiligen Kostenträger erstellt hat, Nebenleistungen darstellen, die mit der Hauptleistung der Klin., der eigentlichen Pflege und hauswirtschaftlichen Versorgung, untrennbar verbunden sind. Für diese Auffassung spricht insbesondere auch, dass diese Kosten von den Kostenträgern - wie sich aus auch den eingereichten Verträgen ergibt (vgl. Vereinbarungen zwischen dem Landschaftsverband und dem Verein B e.V., Anlagen 4 und 5 zum Schriftsatz der Klin. vom 20.12.2013) pauschal erstattet werden. 88bb) Die Klin. ist auch als eine Einrichtung mit sozialem Charakter i.S. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL anzuerkennen. 89Zwar liegt es grundsätzlich im Ermessen der Mitgliedsstaaten, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt werden kann. Ficht ein Steuerpflichtiger die Anerkennung oder die Nichtanerkennung der Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL an, haben die nationalen Gerichte zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen in diesem Artikel eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, einschließlich insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt (vgl. in diesem Sinne u. a. EuGH-Urteil vom 10.09.2002, C-141/00, Kügler, Slg. 2002, I-6833, HFR 2002, 1146 und EuGH-Urteil vom 26.05.2005 C-498/03 Kingscrest Associates und Montecello, HFR 2005, 915). 90Aus der Rechtsprechung des EuGH geht hervor, dass bei der Bestimmung der Einrichtungen, deren "sozialer Charakter" im Sinne im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL für die Zwecke dieser Bestimmung anzuerkennen ist, mehrere Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Zu ihnen können das Bestehen spezifischer Vorschriften - seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit -, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und der Gesichtspunkt zählen, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden (vgl. in diesem Sinne EuGH-Urteil vom 10.09.2002, C-141/00, Kügler Slg. 2002, I-6833 und EuGH-Urteil vom 26.05.2005 Rs. C-498/03 Kingscrest Associates und Montecello, HFR 2005, 915 sowie entsprechend EuGH-Urteil vom 6.11.2003, C-45/01 Dornier, Slg. 2003, I-12911, und EuGH-Urteil vom 15.11.2012 C-174/11 Zimmermann, HFR 2013, 84). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kosten im konkreten Fall tatsächlich übernommen worden sind, sondern es reicht aus, dass sie übernehmbar sind (BFH-Urteil vom 8.06.2011 XI R 22/09, BFHE 234, 448, HFR 2011, 1132). Nach der Rechtsprechung des BFH kann insoweit auch gewürdigt werden, dass der Leistende die begünstigten Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Trägern der Sozialhilfe erbracht hat. Es reicht für sich allein jedoch nicht, dass der Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden ist (BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/07, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 und BFH-Urteil vom 08.08.2013 V R 8/12, BFH/NV 2014, 119). 91Wie sich aus der Rechtsprechung des BFH ergibt, sind die o.g. Gesichtspunkte dabei nicht kumulativ zu verstehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25.04.2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, HFR 2013, 1521 und BFH-Urteil vom 08.06.2011, XI R 22/09, BFHE 234, 448, HFR 2011, 1132) 92Ausgehend hiervon ist der Senat der Auffassung, dass die Klin. im Rahmen einer Gesamtwürdigung der o.g. Gesichtspunkte als "Einrichtung mit sozialem Charakter" anzuerkennen ist. 93Der Begriff "Einrichtung" im Sinne des Gemeinschaftsrechts ist dabei grundsätzlich weit genug, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen (EuGH-Urteil vom 26.05.2005 Rs. C-498/03 Kingscrest Associates und Montecello, HFR 2005, 915 m.w.N.), so dass die Klin. eine Einrichtung im o.g. Sinne sein kann. 94Die Klin. hat zudem in den Streitjahren Leistungen erbracht, die durch spezifische Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit, nämlich durch Vorschriften des SGB XI und SGB XII wie etwa § 36 SGB XI (häusliche Pflegehilfe), § 39 SGB XI, § 45 SGB XI oder § 53 SGB XII (Eingliederungshilfe) geregelt und bei denen die Kosten durch die Träger der sozialen Sicherheit übernehmbar sind. 95Diese gegenüber hilfs- und pflegebedürftigen Menschen erbrachten Leistungen der Pflege lagen auch im Gemeinwohlinteresse. 96Des Weiteren kommen auch andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung. 97Der BFH hat in seinem Urteil vom 22.04.2004 VR 1/98 (BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849) diesbezüglich ausgeführt: "Schließlich kann der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung zur Anerkennung der Klin. als Einrichtung mit sozialem Charakter führen, wenn sie die gleichen Leistungen wie Leistungsanbieter der freien Wohlfahrtspflege erbringt, die steuerfrei (z.B. nach § 4 Nr. 18 UStG) tätig sind." Vorliegend sind etwa die Umsätze von Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 18 UStG, die ebenfalls ambulante Pflegeleistungen erbringen, steuerfrei. 98Schließlich ist im Falle der Klin. - wie sich aus den in den Akten befindlichen Aufstellungen ergibt - der überwiegende Teil der Kosten für ihre Leistungen letztlich (mittelbar) 99von den Sozialleistungsträgern übernommen worden, so z.B. bei den gegenüber dem Team II abgerechneten Leistungen im Streitjahr 2007 96,85 % und im Streitjahr 2008 82,43 %. 100Zwar trifft es zu, dass weder unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen der Klin. und der jeweiligen hilfebedürftigen Person bzw. zwischen der Klin. und dem jeweiligen Kostenträger bestanden und die Klin. die Zahlungen auch nicht direkt von den Kostenträgern erhalten hat, sondern die Zahlungen an den Verein B e.V. bzw. an K e.V. erfolgt sind, die wiederum Zahlungen an die Klin. geleistet haben. Dies schließt nach Auffassung des Senats die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter jedoch nicht aus. 101Das Erfordernis einer unmittelbaren Leistungsbeziehung ist nach Ansicht des Senats weder vom Wortlaut der Richtlinienbestimmung gedeckt noch ergibt sich ein solches aus der Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (vgl. Dickkopp/van der Boeken, UR 2009, 335, 341; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.05.2013 7 V 7322/12, EFG 2013, 1444; vgl. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.11.2008 6 K 1431/05, EFG 2009, 527 zum Erfordernis der Unmittelbarkeit im Rahmen des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG). 102Entscheidend ist vielmehr - wie bereits ausgeführt - , dass es sich um Leistungen handelt, für die die Kosten von den Trägern der sozialen Sicherheit übernehmbar sind. Dass es sich um Leistungen handelt, deren Kostens grundsätzlich von den Sozialversicherungsträgern übernommen werden können, zeigt sich vorliegend aber schon daran, dass letztlich diese Kosten zu einem überwiegenden Teil von den örtlichen bzw. über-örtlichen Sozialleistungsträgern wie der Stadt C und dem Landschaftsverband bzw. den Pflegekassen getragen worden sind. Hinzu kommt vorliegend, dass diese Kostenerstattungen in Kenntnis dessen erfolgt sind, dass der Verein B e.V., die Leistungen, für die er von diesen Kostenerstattungen erhalten hat, nicht durch Angestellte, sondern durch Vereinsmitglieder als selbständige Pflegekräfte ausführen ließ (vgl. Bescheinigung des Landschaftsverbandes vom 28.02.2013 - Anlage 14 -, § 4 Abs. 3 des Vertrages des Vereins B e.V. mit der … - Anlage 15 -, Bescheinigung des Landespflegekassen vom 1.02.2013 - Anlage 16 - und die Erklärung der Stadt C - Anlage 17 -, jeweils zum Schriftsatz der Klin. vom 20.12.2013). 103Soweit der Beklagte diesbezüglich anführt, die Kosten seien deswegen nicht als übernehmbar im Sinne der Rechtsprechung anzusehen, weil die Klin. selbst nicht mit den Sozialleistungsträgern hätte entsprechende Verträge (wie der Verein B e.V.) abschließen können, so führt dies zu keiner anderen Beurteilung. 104Es trifft zwar zu, dass die Klin. keine ausgebildete Pflegefachkraft, sondern lediglich eine Pflegehilfskraft ist. Die Klin. ist aber nach den entsprechenden sozialgesetzlichen Vorschriften dazu berechtigt, die von ihr erbrachten und abgerechneten Leistungen wie etwa Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung oder Eingliederungshilfe vorzunehmen, so dass die Kosten für derartige Leistungen grundsätzlich übernehmbar sind. 105Darüber hinaus könnte die Klin. auch etwa nach § 77 Abs. 1 SGB XI mit den Pflegekassen zur Sicherstellung der häuslichen Pflege und Betreuung sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung einen Vertrag schließen. Nach § 77 Abs. 1 SGB XI können nämlich grundsätzlich auch Verträge mit einzelnen geeigneten Pflegekräften abgeschlossen werden und zwar über Leistungen der Grundpflege, der hauswirtschaftlichen Versorgung und Betreuungsleistungen nach § 36 Abs. 1 SGB XI. Nach dieser Vorschrift, muss es sich - entgegen der Auffassung des Bekl. - bei der Pflegekraft auch lediglich um eine geeignete Pflegekraft handeln. Diesbezüglich hat die Klin. Nachweise über Fortbildungen vorgelegt und sie verfügt zudem auch über eine langjährige Erfahrung in diesem Bereich. Ein bestimmter Berufsabschluss wird in § 77 Abs. 1 SGB XI hingegen nicht voraus gesetzt, denn § 77 SGB XI verweist insbesondere nicht wie z.B. § 72 SGB XI (Zulassung zur Pflege durch Versorgungsvertrag) auf § 71 SGB XI (Pflegeeinrichtung) und die darin aufgestellten Anforderungen an eine Pflegeeinrichtung. Ob derartige Verträge - wie der Bekl. vorträgt - tatsächlich bislang noch nicht abgeschlossen wurden oder entsprechende Musterverträge vorliegen, ist unbeachtlich. 106Entgegen der Auffassung des Bekl. ergibt sich insbesondere auch nicht aus der Rechtsprechung des BFH, dass eine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter nur in Betracht kommt, wenn unmittelbare Leistungsbeziehungen zwischen dem Unternehmer und dem Kostenträger bestehen. In dem Urteil vom 8.11.2007 V R 2/06 (BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634) hat der BFH hierzu in den Leitsätzen Folgendes ausgeführt: "Für die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter kann auch gewürdigt werden, dass der Leistende die begünstigten Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Trägern der Sozialversicherung erbracht hat." 107Daraus ergibt sich nach Auffassung des Senats lediglich, dass das Bestehen von unmittelbaren Leistungsbeziehungen zwischen dem Unternehmer, der die Steuerbefreiung begehrt, und dem Kostenträger, einer von mehreren Gesichtspunkten ist, der bei der Prüfung, ob eine "Einrichtung mit sozialem Charakter" vorliegt, zu würdigen ist. 108Denn ansonsten würde das BFH-Urteil vom 08.06.2011 XI R 22/09 (BFHE 234, 448, HFR 2011,1132) im Widerspruch zu dieser Entscheidung stehen. In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Fall bestanden lediglich vertragliche Beziehungen zwischen dem die Steuerbefreiung begehrenden Kläger und dem Vermieter von Seniorenwohnungen. Der BFH hat - obwohl weder unmittelbare Leistungsbeziehungen zwischen dem dortigen Kläger und den betreuten Personen noch zwischen dem Kläger und den Trägern der Sozialleistungen vorlagen, und dementsprechend auch keine unmittelbaren Kostenerstattungen vom Sozialleistungsträger an den Kläger erfolgten - in diesem Fall die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter allein daraus abgeleitet, dass die Kosten für die Leistungen des Klägers durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernehmbar seien, und hierzu ausgeführt: "Im Streitfall ist die vom Kläger erbrachte einheitliche Leistung eine solche der Altenhilfe, die gemäß § 75 BSHG von den Trägern der Sozialhilfe übernehmbar war." 109Des Weiteren hat der BFH mit dem Vorabentscheidungsersuchen vom 21.08.2013 V R 20/12 (BFH/NV 2014, 126) dem EuGH einen Fall zur Entscheidung vorgelegt, in dem ebenfalls keine unmittelbaren Leistungsbeziehungen bestehen. Klägerin dieses Verfahrens ist eine Zeitarbeitsfirma, die Pflegefachkräfte an stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen überlässt und sowohl ausschließlich in vertraglichen Beziehungen zu diesen Pflegeeinrichtungen steht, als auch ausschließlich von diesen Pflegeinrichtungen das Entgelt für ihre jeweiligen Leistungen erhält. 110Die Auffassung des Senats steht schließlich auch nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen des BFH vom 8.11.2007 V R 2/06 (BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634) und vom 08.08.2012 V R 8/12 (BFH/NV 2014, 119), soweit der BFH in diesen Entscheidungen Folgendes ausgeführt hat: "Für die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter reicht es für sich allein jedoch nicht schon aus, dass der Unternehmer -wie hier- lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden ist." 111Aus diesen Ausführungen des BFH ergibt sich gerade nicht, dass ein "Subunternehmer" einer anerkannten Einrichtung mit sozialem Charakter nicht auch selbst - bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter sein kann. 112cc) Die Steuerbefreiung der streitigen Leistungen ist schließlich auch nicht nach Art. 134 Satz 1 Buchst. a MwStSystRL ausgeschlossen. 113Nach Art. 134 Satz 1 Buchst. a MwStSystRL sind von der Steuerbefreiung Dienstleistungen ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der von der Steuer befreiten Tätigkeit nicht unerlässlich sind. Nach Auffassung des Senats sind vorliegend insbesondere auch die von der Klin. erbrachten Verwaltungstätigkeiten zur Ausübung der Pflegeleistungen unerlässlich (vgl. unter A 2 b) aa). 114B. Unentgeltliche Wertabgabe 115Hinsichtlich der privaten Pkw-Nutzung der Klin. ist - entgegen dem USt-Bescheid vom 21.01.2010 - für das Streitjahr 2008 keine unentgeltliche Wertabgabe anzusetzen. 116Gemäß § 3 Nr. 9a UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung wird u.a. einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt 1171181. die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen. 119Vorliegend besteht für den Pkw der Klin. aber kein Recht auf Vorsteuerabzug, denn da die Klin. den Pkw lediglich zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendete (vgl. unter A), ist der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Dementsprechend ist auch keine unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Nr. 9a Nr. 1 UStG anzusetzen. 120C. Vorsteuer-Anspruch 121Der Klin. steht für die Streitjahre der in den USt-Bescheiden berücksichtigte Vorsteueranspruch i.H.v. 153,59 € (2007) und 209,39 € (2008) nicht zu. Dieser ist gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, da die Klin. in den Streitjahren lediglich steuerfreie Umsätze (vgl. unter A) erzielt hat. Dagegen hat die Klin. - was sich letztlich auch aus ihrem Klageantrag ergibt - keine Einwendungen. 122D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. 123Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. 124Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, § 115 Abs. 2 FGO. | die umsatzsteuer-bescheide für 2007 und 2008 vom 21.01.2010 und die einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 werden dahingehend geändert, dass die umsatzsteuer für 2007 und 2008 auf jeweils 0 € festgesetzt wird. der beklagte trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten ohne sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des kostenerstattungsanspruchs der klägerin abwenden, soweit nicht die klägerin zuvor sicherheit in derselben höhe leistet. die revision wird zugelassen. 1 | 2streitig ist, ob die klägerin (klin.) in den streitjahren 2007 und 2008 unternehmerin war, sowie, ob sie steuerfreie leistungen ausgeführt hat. 3die klin. übte in den streitjahren eine tätigkeit als pflegehelferin aus. über eine ausbildung als krankenpflegerin bzw. altenpflegerin verfügt sie nicht, sie hat aber verschiedene fortbildungen im bereich der pflege absolviert. 4die klin. wurde im jahr 2000 mitglied des vereins b e.v. dieser verein ist mitglied des paritätischen wohlfahrtsverbandes. nach der satzung des vereins b e.v. hat der verein den zweck, hilfe- und pflegeabhängigen, kranken, behinderten und alten menschen in ihrer häuslichen umgebung umfassende betreuung zu ermöglichen. 5die mitglieder des vereins bzw. der verein werden nach dem sog. "… modell" tätig. der verein schließt die verträge/vereinbarungen mit den zu pflegenden personen bzw. den kostenträgern (pflegekassen bzw. regionale und überregionale sozialämter). die jeweilige pflegekraft - wie auch die klin. - schließt mit dem verein eine qualitätsvereinbarung ab, wodurch sie zu einem aktiven mitglied des vereins wird. die mitglieder verpflichten sich in der qualitätsvereinbarung u.a,. an einem einführungsseminar und an regelmäßigen teambesprechungen teilzunehmen, sowie fortbildungsseminare zu besuchen. 6die aktiven mitglieder sind in verschiedenen teams als untergliederungen des vereins organisiert, denen die pflegekräfte die von ihnen geleisteten stunden in rechnung stellen. die klin. war in den streitjahren für das team i und das team ii tätig. im jahr 2007 war sie zudem in einem team des k e.v. tätig. das letztgenannte team bestand aus mitgliedern des vereins b e.v. und des k e.v., welches beabsichtigte, auch das sog. "… modell" zu übernehmen. 7die klin. war in den streitjahren im wesentlichen im bereich der pflege tätig (abgerechnet über das team ii und den k e.v.). sie erbrachte leistungen der hauswirtschaftlichen versorgung (§ 36 sgb xi, § 70 abs. 1 sgb xii), eingliederungshilfe nach § 53 sgb xii und pflegeleistungen nach §§ 36, 39, 45 sgb xi, § 61 sgb xii. daneben erledigte sie auch tätigkeiten im büro des vereins b e.v. (abgerechnet über das team i). diese dienten nach den ausführungen der klin. dem kontakt mit hilfsbedürftigen menschen und ihren angehörigen z.b. telefonisch oder per e-mail, der abrechnung der pflegeleistungen gegenüber den kostenträgern und der kontrolle von rechnungen, sowie in geringem umfang assistenzleistungen für schwerbehinderte mitarbeiter des vereins. leistungen der medizinischen behandlungspflege erbrachte sie nicht. 8wegen der weiteren einzelheiten der in den streitjahren jeweils erbrachten leistungen wird auf die von der klin. vorgelegten rechnungen nebst stundenaufstellungen bezug genommen. 9die umsätze der streitjahre teilten sich wie folgt auf die teams auf: 102007 monat k e.v. team ii team i gesamt 01 1.315,75 € 1.743,75 € 3.059,50 € 02 95,00 € 95,00 € 03 494,00 € 1.087,00 € 1.581,00 € 04 575,75 € 1.427,75 € 632,50 € 2.680,00 € 05 522,50 € 1.756,25 € 2.278,75 € 06 204,25 € 2.354,50 € 2.558,75 € 07 2.381,25 € 2.381,25 € 08 2.483,75 € 88,00 € 2.571,75 € 09 0,00 € 10 2.458,88 € 139,00 € 2.597,88 € 11 2.101,50 € 156,00 € 2.257,50 € 12 1.362,88 € 748,00 € 2.110,88 € summe 3.111,25 € 19.297,51 € 1.763,50 € 24.172,26 € 112008 monat team ii team i gesamt 01 1.193,63 € 616,00 € 1.809,63 € 02 565,50 € 565,50 € 03 1.441,13 € 1.441,13 € 04 2.106,00 € 2.106,00 € 05 2.348,25 € 2.348,25 € 06 1.066,88 € 1.066,88 € 07 994,88 € 88,00 € 1.082,88 € 08 1.656,01 € 1.656,01 € 09 520,88 € 520,88 € 10 2.641,28 € 173,00 € 2.814,28 € 11 1.724,25 € 1.724,25 € 12 2.000, 63 € 2.000,63 € summe 18.259,32 € 877,00 € 19.136,32 € 12für das team ii liegen aufstellungen vor, nach der im streitjahr 2007 96,85 % und im streitjahr 2008 82,43 % der pflegeleistungen der klin. letztlich (mittelbar) von den sozialhilfeträgern bzw. pflegekassen getragen wurden. 13seitens der stadt c liegt eine bestätigung vor, dass ihr bei abschluss der vereinbarung gem. § 75 abs. 3 sgb xii bekannt war, dass der verein b e.v. seine mitglieder vertritt, die in selbständiger tätigkeit die in der vereinbarung beschriebenen leistungen erbringen. des weiteren liegt eine bestätigung des landschaftsverbands … vor, dass er eine leistungs-, prüfungs- und vergütungsvereinbarung zum leistungsbereich des ambulant betreuten wohnens in der stadt c abgeschlossen hat, und dass ihm bei abschluss bekannt war, dass die eingesetzten mitarbeiter selbständig tätig werden, sowie auch eine bescheinigung der landesverbände der pflegekassen, dass bei abschluss der verträge mit b e.v. bekannt war, dass dieser seine mitglieder vertritt, die in selbständiger tätigkeit leistungen erbringen. 14die klin. gab für die streitjahre keine umsatzsteuererklärung ab. 15bei einer bei der klin. im jahr 2008 durchgeführten umsatzsteuer-sonderprüfung (sp), wegen deren einzelheiten auf den bericht vom 17.11.2008 verwiesen wird, gelangte der prüfer zu der ansicht, dass die leistungen der klin. weder nach § 4 nr. 14, § 4 nr. 16 buchst. e noch nach § 4 nr. 18 des umsatzsteuergesetzes - ustg - steuerfrei seien und sämtliche o.g. umsätze der ust unterliegen würden. er ging des weiteren davon aus, dass für die streitjahre vorsteuerbeträge i.h.v. 153,59 € (2007) und 209,39 € (2008) zu berücksichtigen seien und setzte zudem für das streitjahr 2008 für die private pkw-nutzung des am 21.06.2007 erworbenen pkw‘s eine unentgeltliche wertabgabe i.h.v. 504 € zuzüglich 95,76 € ust an. 16diesen feststellungen gemäß erteilte der beklagte (bekl.) der klin. am 21.01.2010 erstmalige ust-bescheide für 2007 und 2008, mit denen er die ust für das jahr 2007 auf 3.705,69 € und für das jahr 2008 auf 2.941,76 € festsetzte. gegen diese bescheide legte die klin. am 22.02.2010 einspruch ein. 17mit einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 wies der bekl. den einspruch als unbegründet zurück. zur begründung führte er im wesentlichen folgendes aus: die pflegeleistungen begünstigter einrichtungen seien nach § 4 nr. 16 buchst. e ustg nur dann von der ust befreit, wenn die einrichtungen selbst alle in zusammenhang mit der pflege anfallenden pflegeleistungen oder pflegeberatungsleistungen nach § 37 abs. 3 sgb xi erbringen könnten. übernehme eine pflegeeinrichtung als kooperationspartner einer anderen einrichtung einen teil des pflegeauftrages für eine zu pflegende person und lägen bei beiden einrichtungen die voraussetzungen vor, dass sie jeweils sämtliche in zusammenhang mit der übernahme einer ambulanten pflege anfallenden pflegeleistungen erbringen könnten, könne für beide einrichtungen die steuerbefreiung im betracht kommen. im streitfall habe die klin. mit dem verein b e.v. einen kooperationsvertrag geschlossen. die betreuungsleistungen rechne sie mit dem verein ab. die verträge mit den zu betreuenden personen bestünden mit dem verein b e.v. dieser stelle seine leistungen auch den sozialversicherungsträgern in rechnung. die voraussetzungen für die anwendung des § 4 nr. 16 buchst. e ustg seien für die klin. in den streitjahren nicht erfüllt. unter dem gesichtspunkt, dass durch die steuerbefreiung die träger der gesetzlichen sozialversicherung oder sozialhilfe entlastet werden sollten, sei zwar eine weitergehende anwendung der steuerbefreiung gerechtfertigt. die steuerbefreiung von subunternehmern komme aber nur dann in betracht, wenn der subunternehmer sämtliche voraussetzungen für die steuerbefreiung nachweisen könne. selbst wenn von seiten der klin. mit hilfe des vereins b e.v. die erforderlichen nachweise erbracht werden könnten, scheitere eine steuerbefreiung auch daran, dass nicht alle erforderlichen pflegeleistungen (grund-, behandlungspflege und pflegeberatungsleistung), von der klin. selbst erbracht werden könnten bzw. dürften. § 4 nr. 16 buchst. e ustg verlange zwar keine besondere berufsausbildung, jedoch dürften die pflegekassen nach § 69 sgb xi pflegeverträge nur mit trägern von einrichtungen nach § 71 sgb xi abschließen. diese müssten jedoch nach § 71 abs. 1 und 2 sgb xi unter der ständigen verantwortung einer ausgebildeten pflegekraft stehen. für eine anerkennung als pflegekraft sei nach § 71 abs. 3 sgb xi neben dem abschluss einer ausbildung als krankenschwester/-pfleger und altenpfleger bzw. bei pflege und betreuung von behinderten als heilerziehungspfleger eine praktische berufserfahrung in dem erlernten pflegeberuf von zwei jahren innerhalb der letzten fünf jahre erforderlich. nur soweit diese voraussetzungen erfüllt seien, sei der unternehmer begünstigter unternehmer. diese voraussetzungen seien im streitfall nicht gegeben, da die klin. keine ausbildung als pflegerin habe. außerdem habe sie neben den pflegeleistungen auch bürotätigkeiten sowie einkäufe und den haushalt erledigt. der bfh habe in verschiedenen urteilen klargestellt, dass subunternehmern einer anerkannten einrichtung die steuerbefreiung nicht zustehe, und dass diese selbst nicht als einrichtung mit sozialem charakter anzuerkennen seien. 18die klin. hat am 20.12.2010 klage erhoben. zur begründung trägt sie folgendes vor: da sie mitglied des vereins b e.v. sei, der wiederum mitglied im deutschen paritätischen wohlfahrtsverband, einem anerkannten verband der freien wohlfahrtspflege, sei, sei sie, die klin., mittelbar mitglied in einem anerkannten verband der freien wohlfahrtspflege und habe somit umsatzsteuerfreie leistungen ausgeführt. bei einer im september 2003 beim verein b e.v. durchgeführten betriebsprüfung habe der damalige prüfer die auffassung vertreten, dass die honorarzahlungen bei den empfängern (pflegekräften) nach § 4 nr. 18 ustg i.v.m. abschnitt 103 abs. 4 der umsatzsteuerrichtlinien (ustr) umsatzsteuerfrei seien, da die honorarempfänger mitglieder des vereins b e.v. seien und dieser wiederum mitglied im deutschen paritätischen wohlfahrtsverband sei, so dass eine mittelbare mitgliedschaft in einem anerkannten verband der freien wohlfahrtspflege vorliege. folglich seien ihre leistungen auch umsatzsteuerfrei. die ust-festsetzungen verstießen gegen die grundsätze von treu und glauben. 19es liege bereits kein steuerbare umsatz vor, da sie, die klin., in den streitjahren keine unternehmerin gewesen sei. sie sei entgegen § 2 absatz 1 s. 1, abs. 2 nr. 1 ustg nicht selbständig tätig gewesen. allein durch die bezeichnung als selbständig werde eine tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, es komme vielmehr auf den tatsächlichen inhalt und die tatsächliche beziehung zum vertragspartner (hier dem verein) an. die vertraglichen beziehungen hätten lediglich zwischen dem verein und den pflegebedürftigen bestanden. sie habe zwar eigene leistungen gegenüber den pflegebedürftigen erbracht, diese allerdings in enger absprache und unter engen vorgaben der gegenseitigen selbstverpflichtung der mitglieder ohne direkte vertragliche bindung an die zu pflegende person. die mitglieder des vereins würden auf der grundlage fachlicher standards tätig, diese fachlichen standards seien verbindlich. sie habe eine zur mitgliedschaft gehörende qualitätsvereinbarung auf gegenseitigkeit akzeptiert und diese eingehalten. sie habe daher nicht frei entscheiden können, wie sie ihre arbeitsleistung erbringe. sie habe nach den engen vorgaben der durch die mitgliedschaft entstandenen vereinbarung handeln müssen. sie sei zur teilnahme an regelmäßig stattfindenden teambesprechungen sowie fortbildungsseminaren verpflichtet gewesen. eine selbständige habe selbst zu entscheiden, wie sie sich auf dem aktuellen stand halte, um ihre leistung optimal erbringen zu können. die teambesprechungen würden eine enge nähe zur arbeit der übrigen mitarbeiter des vereins zum ausdruck bringen. die qualitätsvereinbarung nehme auf regelungen bezug, die typischerweise das verhältnis unselbständiger arbeitnehmer zu ihrem arbeitgeber regeln würden. die entlohnung erfolge nach der qualitätsvereinbarung tarifähnlich. auch dies nehme auf das verhältnis arbeitnehmer/arbeitgeber bezug. sie wende einen großteil ihrer arbeitszeit für den verein auf. sie sei in beiden streitjahren für den verein tätig gewesen, lediglich im jahr 2007 sei sie auch in geringem umfang für den k e.v. tätig gewesen. 20aber selbst wenn sie, die klin., selbständig tätig gewesen wäre, so wären die umsätze steuerfrei gemäß art. 132 abs. 1 buchst. g der mehrwertsteuersystemrichtlinie - mwstsystrl -. diese vorschrift sei in den streitjahren unmittelbar anwendbar. § 4 nr. 16 buchst. e ustg a.f., der diese europarechtlich zwingende steuerbefreiung in deutsches recht habe umsetzen sollen, sei zu eng gefasst. daher gehe der bfh in ständiger rechtsprechung davon aus, dass art. 132 abs. 1 buchst. g der mwstsystrl unmittelbar anwendbar sei. 21sie, die klin., erbringe eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene dienstleistungen. nach der rechtsprechung des eugh und des bfh seien leistungen der grundpflege und der hauswirtschaftlichen versorgung, die körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftigen personen von ambulanten pflegediensten erbracht würden, eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene dienstleistungen. die von ihr erbrachten leistungen der ambulanten pflege nach dem sgb xi und dem sgb xii würden die definition von bfh und eugh erfüllen. aber auch die von ihr erledigten bürotätigkeiten würden der umsatzsteuerbefreiung unterfallen. es handele sich um eng mit der sozialfürsorge verbunden dienstleistungen. ihre leistungen gegenüber den hilfebedürftigen menschen wären ohne telefonischen kontakt zu diesen menschen und den angehörigen, ohne die abrechnung gegenüber dem jeweiligen sozialträger und ohne die erstellung von dienstplänen nicht möglich. es handele sich um tätigkeiten, die typischerweise mit der hilfe für bedürftige menschen verbunden seien und dementsprechend von den sozialträgern auch pauschal erstattet würden. 22aus dem wortlaut von art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl folge, dass diese norm lediglich die tätigkeitsbezogene voraussetzung der „eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene dienstleistungen“ und keine personenbezogene voraussetzung aufstelle. der zweite teil der norm enthalte lediglich eine beispielhafte aufzählung von einrichtungen, die sich ebenfalls auf die steuerbefreiung berufen könnten. ausschlaggebend für die steuerbefreiung könne daher nur der inhalt der leistung sein. zumindest natürliche personen können sich auf die steuerbefreiung selbst dann berufen, wenn sie nicht als einrichtung mit sozialem charakter anerkannt wären. 23aber selbst wenn man dieser auslegung nicht folge, lägen die voraussetzungen der umsatzsteuerbefreiung vor, da sie, die klin., eine anerkannte einrichtung mit sozialem charakter sei. der bfh habe festgestellt, dass eine einrichtung mit sozialem charakter im sinne des unionsrecht vorliege, wenn die einrichtung folgende gesichtspunkte erfülle: bestehen spezifischer vorschriften, vorliegen eines mit den tätigkeiten des betreffenden steuerpflichtigen verbundenen gemeinwohlinteresses, tatsache, dass andere steuerpflichtige mit den gleichen tätigkeiten bereits in den genuss einer ähnlichen anerkennung gekommen seien sowie kostenübernahme durch krankenkassen oder andere einrichtungen der sozialen sicherheit. auch sei es nach auffassung des bfh unschädlich, wenn einer dieser gesichtspunkte nicht vorliege. ferner komme es nach der rechtsprechung nicht darauf an, ob die kosten im konkreten fall tatsächlich übernommen worden seien, es genüge vielmehr, dass diese übernehmbar seien. 24ihre tätigkeit sei durch spezifische vorschriften der sozialen sicherheit geregelt. insbesondere das sgb xi und das sgb xii stellten verschiedene anforderungen, wie sie ihre tätigkeit auszuüben habe. das sgb xi verbunden mit dem jeweiligen vertrag regele den inhalt der zu erbringenden leistung. gleiches gelte gemäß § 53 sgb xii und § 75 abs. 3 sgb xii für leistungen aufgrund von vereinbarungen nach diesem sozialgesetzbuch. 25sie, die klin., erbringe auch unstrittig leistungen, die im gemeinwohlinteresse liegen würden. sie erbringe leistungen nach dem sgb xi und sgb xii an hilfs- und pflegebedürftige menschen. dies zeige sich vor allem auch durch die kostentragung ihrer tätigkeit durch die sozialkassen. andere steuerpflichtige, die die gleiche tätigkeit erbringen würden, kämen zudem in den genuss der steuerbefreiung. 26die kosten ihrer tätigkeit seien von den krankenkassen und anderen trägern der sozialen sicherheit übernommen worden. der bfh stelle diesbezüglich nicht darauf ab, ob die sozialträger die kosten direkt an den leistungserbringer erstatten oder ob sie über dritte ausbezahlt würden. selbst wenn nur von einer mittelbaren tragung auszugehen wäre und dies keine tatsächliche kostenübernahme sein sollte, wären die kosten zumindest direkt übernehmbar. gemäß § 77 abs. 1 sgb xi könne sie selbst mit den pflegekassen verträge abschließen und dementsprechend eine kostenübernahme ihr gegenüber erreichen. solche verträge zwischen einzelpersonen und einer pflegekasse, z.b. der …, seien in c auch tatsächlich praktiziert worden. vor allem bedürfe es dafür keines berufsspezifischen abschlusses. nichts anderes gelte für die leistungen nach dem sgb xii. gemäß §§ 70 abs. 2 s. 2, abs. 3 sgb xii könne sie auch direkt mit den trägern der sozialen sicherheit, hier dem landschaftsverband, einen vertrag abschließen. es seien auch zwischen einzelpersonen und der kommune, z.b. der stadt c, leistungserbringungen im rahmen des persönlichen budgets vereinbart worden. dass ihre tätigkeit einer tätigkeit entspreche, die auch direkt von den trägern der sozialen sicherheit vergütet werde, zeige sich zudem daran, dass die kostenträger das modell des vereins gekannt hätten. in diesem wissen hätten sie ihre vergütungen für ihre, der klin., tätigkeit erbracht. die vom bfh aufgestellten voraussetzungen für eine anerkannte einrichtung mit sozialem charakter lägen daher vor. 27nichts anderes folge aus dem urteil des bfh vom 08.08.2013 (v r 8/12). in dieser entscheidung habe sich der bfh dahingehend geäußert, dass es für eine anerkennung eines unternehmers als einrichtung mit sozialem charakter nicht allein ausreiche, dass der unternehmer lediglich als subunternehmer für eine anerkannte einrichtung tätig geworden sei. dieses urteil sei auf die vorliegende fallkonstellation schon nicht übertragbar. in dem dort entschiedenen fall sei der kläger beim krankenhaus als subunternehmer angestellt gewesen. er habe also ausschließlich in vertraglicher beziehung zum krankenhaus gestanden. der kläger habe seine leistungen für das krankenhaus an vertragspartner des krankenhauses erbracht. sie, die klin., sei keine subunternehmerin des vereins. vielmehr sei sie als dessen mitglied bestandteil des vereins. sie sei kein vom hauptunternehmer unabhängiger unternehmer. sie habe sich in dem verein mit anderen zusammengeschlossen, die ebenfalls soziale leistungen erbringen wollten. dies sei gerade der zweck des vereins. 28auch erhalte sie keine vergütung vom verein; sie erhalte ihre vergütungen von den sozialkassen, die der verein schlicht durchleite. der kläger in dem vom bfh entschiedenen fall habe seine vergütung von der klinik erhalten, und zwar unabhängig von der zahlung der sozialkassen. des weiteren seien die kosten der leistungen des klägers in dem vom bfh entschiedenen fall nicht von den trägern der sozialhilfe nach einem sgb erstattet worden. die kosten der leistungen, die sie, die klin., erbringe, würden demgegenüber von solchen trägern erstattet. schließlich habe der kläger in dem vom bfh entschiedenen fall keine eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundenen leistungen erbracht. aber selbst wenn sie subunternehmerin wäre, würde das urteil sie nicht erfassen. der wortlaut des urteils des bfh spreche davon, dass die tätigkeit als subunternehmer für eine anerkannte einrichtung "für sich allein nicht schon" ausreiche, um selbst anerkannt zu werden. das bedeute, auch bei einem subunternehmer könne es sich um eine mit sozialem charakter anerkannte einrichtung handeln, wenn weitere voraussetzungen vorliegen würden. der bfh habe im urteil vom 08.08.2013 nur dazu stellung genommen, ob eine anerkannte einrichtung nach art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl vorliege, wenn außer einer tätigkeit für eine andere anerkannte einrichtung keine anderen gesichtspunkte vorliegen würden, die auf eine anerkannte einrichtung mit sozialem charakter schließen lassen würden. dies habe er ohne weitere begründung abgelehnt. demgegenüber träten solche anderen gesichtspunkte bei ihr, der klin., deutlich zu tage. sie begehre die steuerbefreiung daher nicht als subunternehmerin einer anerkannten einrichtung mit sozialem charakter, vielmehr begehre sie die steuerbefreiung aufgrund der eigenen leistungserbringung an pflegebedürftige menschen und der gleichzeitig vorliegenden weiteren gesichtspunkte. 29der unterschied zeige sich auch deutlich durch den vorlagebeschluss des bfh vom 21.08.2013 (v r 20/12). der unterschied zum urteil vom 08.08.2003 zeige sich darin, dass die überlassenen arbeitnehmer selbst leistungen der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit gemäß art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl erbracht hätten. die überlassenen arbeitnehmer erhielten die anerkennung als einrichtung mit sozialem charakter daher nicht aufgrund der anerkennung der einrichtung, der sie überlassen seien. sie erhielten die anerkennung aufgrund ihrer eigenen tätigkeit. dafür sei es nach der bfh-vorlage vom 21.08.2013 irrelevant, ob sie selbst die kostenerstattung erhalten würden. 30schließlich müsse sie, die klin., auch keine abgeschlossene ausbildung (zum beispiel als krankenpflegerin) haben, um als einrichtung mit sozialem charakter anerkannt zu werden. ein solches tatbestandsmerkmal sehe die richtlinie nicht vor. auch der eugh habe in seiner bisherigen rechtsprechung eine abgeschlossene ausbildung nicht gefordert. sie, die klin., dürfe auch ohne eine entsprechende ausbildung pflegeleistungen nach den verschiedenen sozialgesetzlichen regelungen erbringen. sie habe jahrelange berufserfahrung auf dem gebiet der pflege und habe sich regelmäßig fortgebildet; sie sei eine erfahrene und qualifizierte kraft. sie könne insbesondere auch einen versorgungsvertrag mit den pflegekassen im sinne von § 75 abs. 2 satz 2 abs. 3 sgb xii oder gemäß § 77 sgb xi abschließen. 31schließlich sei auch nicht erforderlich, dass sie selbst in vertraglichen beziehungen mit den trägern der sozialen sicherheit stehe, damit sie eine anerkannte einrichtung mit sozialem charakter sei. ein solches erfordernis ergebe sich nicht aus dem gesetz. der bfh gehe in dem vorlagebeschluss vom 21.08.2013 davon aus, dass eine direkte vertragliche beziehung zwischen den leistungserbringern und dem träger der sozialen sicherheit nicht notwendig sei. ansonsten wäre seine vorlage unsinnig, da die unselbstständig tätigen krankenpfleger ersichtlich in keiner vertraglichen beziehung zu sozialhilfeträgern stünden. weiterhin habe der bfh entschieden, dass es nicht erforderlich sei, dass der leistungserbringer in vertraglichen beziehungen zum empfänger der sozialleistung stehe. dies folge daraus, dass art. 132 abs. 1 buchst. g der mwstsystrl auf die art der dienstleistung abstelle und nicht auf die schuldrechtlichen beziehungen (bfh-urteil vom 08.06.2011 xi r 22/09, ur 2000, 821). dieses argument lasse sich unmittelbar auf die vertraglichen beziehungen zwischen leistungserbringern und trägern der sozialen sicherheit übertragen. auch in diesem verhältnis komme es einzig auf den inhalt der leistung an. dementsprechend habe der eugh seit der entscheidung "dornier" auf das merkmal der vertraglichen beziehung zum träger der sozialen sicherheit verzichtet. eine direkte kostenerstattung durch sozialhilfeträger an die leistungserbringer sei nicht erforderlich. wenn schon keine direkten vertraglichen beziehungen bestehen müssten, bedürfe es auch keiner direkten zahlungen. der eugh spreche lediglich davon, dass ein kriterium die kostenübernahme durch dritte sei; er gehe nicht darauf ein, ob dies unmittelbar oder mittelbar erfolge. 32der bfh habe sowohl im urteil zu den berufsbetreuern vom 25.04.2013 (v r 7/11) als auch im vorlagebeschluss vom 21.08.2013 (v r 20/12) vier kriterien für die anerkennung einer einrichtung mit sozialem charakter aufgestellt. eines dieser kriterien sei die kostenübernahme, diese müsse aber nur möglich sein, sie müsse nicht tatsächlich erfolgt sein. wenn aber die kostenübernahme nicht zwingend erforderlich sei, dann könne die mittelbare zahlung durch einen träger der sozialversicherung kein ausschlusskriterium sein. die mittelbare kostenübernahme bringe den sozialen charakter zumindest deutlicher zum ausdruck als eine verweigerung der zahlung durch einen sozialträger. im übrigen würden aber unmittelbare vertragliche beziehungen mit den sozialkassen bestehen, da bei abschluss des vertrages zwischen verein und sozialträger der verein sie, die klin., in die jeweiligen verträge mit einbezogen habe und alle leistungserbringer gewusst hätten, dass der verein die leistungen durch vereinsmitglieder wie sie erbringe. 33die klin. beantragt, 34die ust-bescheide für 2007 und 2008 vom 21.01.2010 und die einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 dahingehend zu ändern, dass die ust jeweils auf 0 € festgesetzt wird, 35hilfsweise, die revision zuzulassen. 36der bekl. beantragt, 37die klage abzuweisen, 38hilfsweise, die revision zuzulassen. 39er trägt vor: der bfh habe mit urteil vom 08.08.2013 die bis dahin strittige frage, ob die anerkennung der mitglieder als einrichtung mit sozialem charakter nur aus der konkreten kostenübernahme durch sozialleistungsträger oder andere einrichtungen der sozialen sicherheit abgeleitet werden könne, oder ob es ausreiche, dass die kosten lediglich übernehmbar seien, entschieden. für die anerkennung als einrichtung mit sozialem charakter reiche es für sich nicht aus, dass der unternehmer lediglich als subunternehmer für eine anerkannte einrichtung tätig geworden sei. in rz. 43 des urteils werde klargestellt, dass sich ein unternehmer, der zwar eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene leistungen erbringe, jedoch nicht über die erforderliche staatliche anerkennung verfüge, sich selbst dann nicht auf die steuerbefreiung nach art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl berufen könne, wenn die gleichen leistungen gemäß § 4 nr. 18 ustg von der steuer befreit wären, sofern sie von einem amtlich anerkannten wohlfahrtsverband oder einem seiner mitglieder erbracht würden. 40die von der klin. in den streitjahren erbrachten leistungen seien vollständig als umsatzsteuerpflichtig zu qualifizieren. nach seiner, des bekl., auffassung, sei die klin. subunternehmerin, so dass das urteil weitgehend direkt angewendet werden könne. sie arbeite im auftrag des vereins auf eigene rechnung. 41bei den erbrachten leistungen sei zwischen leistungen für den kunden und den sogenannten leistungen im büro zu unterscheiden. die tätigkeiten im bürobereich beim team i stellten keine abzurechnenden pflegesachleistungen im sinne der §§ 36 und 77 sgb xi dar. unter pflegesachleistungen seien die grundpflege und hauswirtschaftliche versorgung für die zu pflegenden zu verstehen. nicht erfasst würden die bürotätigkeiten für das team i. 42die von der klin. gegenüber den kunden erbrachten pflegeleistungen seien aber ebenfalls umsatzsteuerpflichtig. die anwendung der mwstsystrl komme nicht in betracht, da die klin. weder eine einrichtung des öffentlichen rechts noch eine vom mitgliedstaat deutschland anerkannte einrichtung mit sozialem charakter sei. auch besitze die klin. die in § 4 nr. 16 buchst. e ustg geforderte eigenschaft nicht; sie sei weder eine einrichtung zur vorübergehenden aufnahme pflegebedürftiger personen noch eine einrichtung zur ambulanten pflege. sowohl nach der grammatikalischen auslegung als auch im rahmen der teleologischen auslegung des § 4 nr. 16 buchst. e ustg sei zu entnehmen, dass nicht eine einzelperson für die steuerbefreiung in betracht komme. die klin. erfülle auch nicht die voraussetzung des § 4 nr. 18 ustg. insoweit komme nur eine personengemeinschaft als ziel der steuerbefreiung in betracht. 43nach ausschluss dieser punkte verbleibe als einziger anknüpfungspunkt die übernahmefähigkeit der kosten. nach übereinstimmender rechtsprechung von bfh und eugh könne die anerkennung eines unternehmers als einrichtung mit sozialem charakter aus der übernahme der kosten für seine leistungen durch krankenkassen oder andere einrichtungen der sozialen sicherheit abgeleitet werden. ausreichend sei, dass die kosten übernehmbar seien. dies bedeute, dass die von der klin. erbrachten leistungen durch krankenkassen oder andere einrichtungen der sozialen sicherheit direkt hätten abgerechnet werden können. soweit vorgetragen worden sei, dass die von der klin. erbrachten leistungen, insbesondere grundpflege, mobilisation und ähnliche dinge nach dem sgb xi und sgb xii auch direkt ohne die einschaltung des vereins mit den trägern hätten abgerechnet werden können, sei dies unzutreffend. sowohl nach dem gesetzeswortlaut als auch nach den jeweiligen rahmenverträgen im sinne des §§ 75 sgb xi seien direkte abrechnungen mit den krankenkassen oder anderen einrichtungen der sozialen sicherheit ausgeschlossen. die klin. könne als ungelernte kraft niemals wie ein pflegedienst anerkannt werden. es sei vorgetragen worden, dass durch den zwischen der klin. und dem verein geschlossenen qualitätsvertrag eine pflegequalität im sinne des sgb xi und sgb xii erreicht werde. diese vereinbarung gelte nur für den verein b e.v. hierdurch könne er unter anderem gegenüber den krankenversicherungen nachweisen, dass er alles erforderliche im sinne des sgb xi bezüglich der qualitätsmaßstäbe der zu beaufsichtigenden personen, die für ihn tätig würden, getan habe. dieser vertrag entfalte allenfalls nur mittelbare wirkung. vertragspartner im sinne der sgb xi sei immer der verein b e.v. mit den krankenkassen und seien nicht die mitglieder des vereins. 44am 26.11.2013 hat ein erörterungstermin stattgefunden. wegen der einzelheiten wird auf das hierüber gefertigte protokoll verwiesen. 45wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des vortrags der beteiligten wird auf den inhalt der gerichtsakte und die beigezogenen verwaltungsvorgänge des bekl. bezug genommen. 46 | 47die klage ist zulässig und begründet. 48die ust-bescheide 2007 und 2008 vom 21.01.2010 sowie die einspruchsentscheidung vom 23.11.2010 sind rechtswidrig und verletzen die klin. in ihren rechten (§ 100 abs. 1 s. 1 der finanzgerichtsordnung - fgo -). die klin. hat in den streitjahren lediglich steuerfreie umsätze erzielt. die ust ist daher auf 0 € festzusetzen. 49a. leistungen gegenüber dem verein b e.v. und dem k e.v. 501. entgegen der auffassung der klin. hat sie in den streitjahren als unternehmerin steuerbare sonstige leistungen erbracht. 51der ust unterliegen die lieferungen und sonstigen leistungen, die ein unternehmer im inland gegen entgelt im rahmen seines unternehmens ausführt (§ 1 abs. 1 nr. 1 satz 1 ustg). 52unternehmer ist gem. § 2 abs. 1 satz 1 ustg, wer eine gewerbliche oder berufliche tätigkeit selbständig ausübt. nichtselbständig tätig sind natürliche personen nach § 2 abs. 2 nr. 1 ustg, soweit sie in einem unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den weisungen eines unternehmers zu folgen verpflichtet sind. die frage, ob jemand eine tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist nach wirtschaftlichen gesichtspunkten zu beurteilen. es müssen die für und gegen die unternehmereigenschaft sprechenden merkmale, die im einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, gegeneinander abgewogen werden. maßgebend ist anhand einer vielzahl in betracht kommender kriterien das gesamtbild der verhältnisse (vgl. z.b. bfh-urteil vom 02.12.1998 x r 83/96, bstbl ii 1999, 534 m.w.n. und bfh-beschlüsse vom 28.02.2002 v b 31/01, bfh/nv 2002, 957 und vom 20.12.2004 vi b 137/03, bfh/nv 2005, 552). für selbständigkeit sprechen insbesondere die selbständigkeit in organisation und durchführung der tätigkeit, das unternehmerrisiko (vergütungsrisiko), die unternehmerinitiative, die bindung nur für bestimmte tage an den betrieb und geschäftliche beziehungen zu mehreren vertragspartnern (bfh-urteil vom 30.05.1996 v r 2/95, bstbl ii 1996, 493). die sozial- und arbeitsrechtliche einordnung der tätigkeit als selbständig oder unselbständig ist für die umsatzsteuerliche beurteilung ohne bedeutung (vgl. bfh-beschluss vom 29.07.2003 v b 22/03, bfh/nv 2003, 1615). 53bei der nach diesen grundsätzen gebotenen abwägung ist der senat der auffassung, dass die klin. als selbständige unternehmerin tätig war. 54zwar trifft es zu, dass sie in den streitjahren tatsächlich im wesentlichen für den verein b e.v. tätig war. auch war sie, um für diesen leistungen erbringen zu können, etwa zur teilnahme an besprechungen oder fortbildungen verpflichtet. allerdings konnte die klin. frei entscheiden, in welchem umfang sie für den verein b e.v. bzw. den k e.v. tätig sein wollte, und entfaltete hierdurch unternehmerinitiative. auch erzielte die klin., wenn sie erkrankt war oder sich in urlaub befand, keine einnahmen und trug insoweit auch unternehmerrisiko. ein garantierter mindestverdienst war mit dem verein b e.v. oder dem k e.v. ebenso wenig vereinbart wie ein anspruch auf lohnfortzahlung im krankheitsfalle und anspruch auf bezahlten urlaub. 55die leistungen der klin. an den verein b e.v. und den k e.v. sind mithin steuerbare leistungen der klin. im rahmen ihres unternehmens. 562. die in den streitjahren von der klin. gegenüber dem verein b e.v. und dem k e.v. erbrachten leistungen sind jedoch steuerfrei. 57a) die o.g. leistungen der klin. waren in den streitjahren zwar nicht nach nationalem recht steuerfrei. sie erfüllte nicht die in der person des leistenden unternehmers bestehenden voraussetzungen für eine steuerfreiheit nach § 4 nr. 16 buchst. e ustg oder nach § 4 nr. 18 ustg. 58gem. § 4 nr. 16 buchst. e ustg in der in den streitjahren geltenden fassung sind steuerfrei die mit dem betrieb der einrichtungen ambulanter pflege kranker und pflegebedürftiger personen eng verbundenen umsätze, wenn bei der einrichtung zur ambulanten pflege die pflegekosten im vorangegangenen kalenderjahr in mindestens 40 % der fälle von den gesetzlichen trägern der sozialversicherung oder sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden teil getragen worden sind. 59die befreiung nach dieser vorschrift erfasst jedoch nur die leistungen der in der jeweiligen bestimmung bezeichneten einrichtungen selbst (bfh-urteil vom 28.06.2000 v r 72/99, bfhe 191, 463, bstbl ii 2000, 554). 60die klin. selbst war in den streitjahren jedoch keine einrichtung zur ambulanten pflege im sinne dieser bestimmung. 61die leistungen der klin. waren auch nicht nach § 4 nr. 18 satz 1 ustg von der steuer befreit. 62nach dieser vorschrift sind von den unter § 1 abs. 1 nr. 1 ustg fallenden umsätzen steuerfrei: 63"... 64die leistungen der amtlich anerkannten verbände der freien wohlfahrtspflege und der der freien wohlfahrtspflege dienenden körperschaften, personenvereinigungen und vermögensmassen, die einem wohlfahrtsverband als mitglied angeschlossen sind, wenn 65a) diese unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen zwecken dienen, 66b) die leistungen unmittelbar dem nach der satzung, stiftung oder sonstigen verfassung begünstigten personenkreis zugute kommen und 67c) die entgelte für die in betracht kommenden leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige leistungen von erwerbsunternehmen verlangten entgelten zurückbleiben." 68die klin. selbst erfüllte nicht die in der person des leistenden unternehmers erforderlichen voraussetzungen für eine steuerbefreiung nach § 4 nr. 18 satz 1 ustg. sie war lediglich mitglied des vereins b e.v., der wiederum mitglied des paritätischen wohlfahrtsverbandes war. 69insoweit kann sich die klin. auch nicht auf vertrauensschutz berufen. zwar hat bei einer im september 2003 beim verein b e.v. durchgeführten betriebsprüfung der prüfer die auffassung vertreten, dass die honorarzahlungen des vereins b e.v. bei den empfängern (pflegekräften) nach § 4 nr. 18 ustg umsatzsteuerfrei seien, da die honorarempfänger mitglieder des vereins b e.v. seien und dieser wiederum mitglied im deutschen paritätischen wohlfahrtsverband sei, so dass eine mittelbare mitgliedschaft in einem anerkannten verband der freien wohlfahrtspflege vorliege. hiervon hatte die klin. wohl auch kenntnis. jedoch ist seitens des bekl. diesbezüglich keine verbindliche auskunft i.s.d. § 89 abs. 2 ao oder eine verbindliche zusage nach § 205 ao im anschluss an eine außenprüfung gegenüber der klin. gemacht worden, die insoweit vertrauensschutz begründen würde. 70b) allerdings kann sich die klin. hinsichtlich der steuerfreiheit unmittelbar auf das unionsrecht berufen. 71nach der ständigen rechtsprechung des eugh kann sich ein einzelner in ermangelung fristgemäß erlassener umsetzungsmaßnahmen auf bestimmungen einer richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen vorschriften berufen (ständige rechtsprechung des eugh, vgl. z.b. urteil vom 10.09.2002 c-141/00 kügler, slg. 2002, i-6833, hfr 2002, 1146). 72nach der rechtsprechung des bfh hat das ustg - jedenfalls auch in den streitjahren - art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl nicht hinreichend umgesetzt (vgl. bfh-urteil vom 16.10. 2013 xi r 19/11 hfr 2014, 74, bfh/nv 2014, 190 m.w.n.). art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl zählt die tätigkeiten, die steuerfrei sind, auch hinreichend genau und unbedingt auf (vgl. eugh-urteil vom 10.09.2002 c-141/00 kügler, slg. 2002, i-6833, hfr 2002, 1146). 73nach art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl befreien die mitgliedstaaten "die eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundenen dienstleistungen und lieferungen von gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch altenheime, einrichtungen des öffentlichen rechts oder andere von dem betreffenden mitgliedstaat als einrichtungen mit sozialem charakter anerkannte einrichtungen bewirkt werden". 74es kann vorliegend letztlich dahin stehen, ob die auffassung der klin. zutrifft, dass art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl - zumindest bei natürlichen personen - lediglich die tätigkeitsbezogene voraussetzung der „eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene dienstleistungen“ und keine personenbezogene voraussetzung aufstellt, und der zweite teil der norm lediglich eine beispielhafte aufzählung von einrichtungen enthält, die sich ebenfalls auf die steuerbefreiung berufen können, da die klin. in den streitjahren sowohl eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene dienstleistungen erbracht hat und darüber hinaus als einrichtung mit sozialem charakter anzuerkennen ist. 75für die auffassung der klin. spricht möglicherweise der bereits zitierte wortlaut des art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl, der von der vorhergehenden fassung des art. 13 a buchst. g der richtlinie 77/388/ewg abweicht, nach der die mitgliedstaaten "die eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundenen dienstleistungen und lieferungen von gegenständen, einschließlich derjenigen der altenheime, durch einrichtungen des öffentlichen rechts oder andere von dem betreffenden mitgliedstaat als einrichtungen mit sozialem charakter anerkannte einrichtungen“ von der steuer befreiten. vergleicht man diese unterschiedlichen fassungen, so könnte man zu der auffassung gelangen, dass der zweite halbsatz des art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl (einschließlich derjenigen, die durch …) tatsächlich nur noch eine aufzählung von einrichtungen enthält, die auch in den genuss der steuerbefreiung kommen sollen. 76gegen diese auslegung spricht allerdings, dass nach den erwägungsgründen 1 und 3 der mwstsystrl grundsätzlich keine inhaltlichen änderungen an der richtlinie 77/388/ewg vorgenommen werden sollten. 77zudem darf nach ständiger rechtsprechung des eugh eine bestimmung wegen der notwendigkeit einer einheitlichen auslegung der gemeinschaftsrichtlinien im zweifelsfall nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss unter berücksichtigung ihrer fassung in anderen amtssprachen ausgelegt werden (eugh-urteil vom 26.05.2005 c-498/03 kingscrest associates und montecello, hfr 2005, 915). vergleicht man aber etwa die jeweiligen englischen und französischen fassungen, so lässt sich feststellen, dass diese in ihrem wortlaut nicht geändert worden sind, vielmehr der wortlaut des art. 13 a buchst. g der richtlinie 77/388/ewg unverändert sowohl in der englischen als auch in der französischen fassung in art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl übernommen worden sind. daher geht der senat davon aus, dass es sich bei der deutschen fassung lediglich um eine - missverständliche - anpassung des wortlauts handelt, und art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl weiterhin - wie sich aus der rechtsprechung zu art. 13 a buchst. g der richtlinie 77/388/ewg ergibt - zwei voraussetzungen enthält, die kumulativ erfüllt sein müssen, nämlich dass es sich um „eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene dienstleistungen“ handelt, sowie, dass es sich bei dem leistenden unternehmer um „einrichtungen des öffentlichen rechts oder eine andere von dem betreffenden mitgliedstaat als einrichtung mit sozialem charakter anerkannte einrichtung“ handelt. 78aa) bei den in den streitjahren erbrachten leistungen der klin. handelt es sich um eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene dienstleistungen i.s. art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl. 79nach ständiger rechtsprechung des eugh sind die begriffe, mit denen die in art. 13 der richtlinie 77/388/ewg, nunmehr art. 132 mwstsystrl, vorgesehenen steuerbefreiungen umschrieben sind, zwar eng auszulegen; weil die auslegung aber mit den mit den befreiungen verfolgten zielen - die kosten dieser leistungen zu senken und dadurch diese leistungen dem einzelnen, der sie in anspruch nehmen könnte, zugänglicher zu machen (eugh-urteil vom 26.05.2005 c-498/03 kingscrest associates und montecello, hfr 2005, 915) - im einklang stehen und den erfordernissen des grundsatzes der steuerlichen neutralität entsprechen muss, dürfen sie nicht in einer weise ausgelegt werden, die den befreiungen ihre wirkung nähme (eugh-urteil vom 15.11.2012 c-174/11 zimmermann, hfr 2013, 84). 80der eugh hat bereits anerkannt, dass die leistungen der grundpflege und der hauswirtschaftlichen versorgung, die körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftigen personen erbracht werden, eng mit der sozialfürsorge und der sozialen sicherheit verbundene dienstleistungen im sinne von artikel 13 teil a absatz 1 buchstabe g der richtlinie 77/388/ewg bzw. art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl darstellen (eugh-urteil vom 15.11.2012 c-174/11 zimmermann, hfr 2013, 84 und eugh-urteil vom 10.09.2002, c-141/00 kügler, slg. 2002, i-6833 hfr 2002, 1146). dabei sind für die qualifikation der pflegekräfte bei der grundpflege und der hauswirtschaftlichen versorgung geringere anforderungen als für die behandlungspflege zu stellen. es reicht aus, wenn die pflegekraft geeignet ist, die erforderlichen leistungen zu erbringen (bfh-urteil vom 22.04.2004 v r 1/98, bfhe 205, 514, bstbl. ii 2004, 849). das ist bei der klin. der fall. 81allerdings hat die klin. neben den direkt gegenüber den hilfsbedürftigen personen erbrachten leistungen der grundpflege und der hauswirtschaftlichen versorgung auch tätigkeiten im büro des vereins b e.v. erledigt, die sie nach stunden gesondert gegenüber dem team i abgerechnet hat. nach auffassung des senats handelt es sich insoweit aber um nebenleistungen, die das steuerliche schicksal der hauptleistung - der leistungen der behandlungspflege und der hauswirtschaftlichen versorgung - teilen. 82zur beantwortung der frage, ob mehrere leistungen steuerrechtlich zu nur einem umsatz oder zu mehreren eigenständigen umsätzen führen, gelten nach der rechtsprechung des eugh, der sich der bfh angeschlossen hat, folgende grundsätze (vgl. bfh-urteil vom 10.01.2013 v r 31/10, bfhe 240, 380, bstbl ii 2013, 352; bfh-beschluss vom 28.10.2010 v r 9/10, bfhe 231, 360, bstbl ii 2011, 360, m.w.n.): 83in der regel ist jede lieferung oder dienstleistung als eigene, selbständige leistung zu betrachten. bei einem umsatz, der ein bündel von einzelleistungen und handlungen umfasst, ist aber im rahmen einer gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte umsätze vorliegen oder ein einheitlicher umsatz. dabei sind unter berücksichtigung eines durchschnittsverbrauchers die charakteristischen merkmale des umsatzes zu ermitteln. insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche leistung nicht künstlich aufgespalten werden. andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte einzelumsätze als einheitlicher umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind. 84einen einheitlichen umsatz hat der eugh für zwei fallgruppen bejaht. 85zum einen liegt eine einheitliche leistung vor, wenn eine oder mehrere einzelleistungen eine hauptleistung bilden und die andere einzelleistung oder die anderen einzelleistungen eine oder mehrere nebenleistungen bilden, die das steuerliche schicksal der hauptleistung teilen. eine leistung ist insbesondere dann neben- und nicht hauptleistung, wenn sie für die kundschaft keinen eigenen zweck, sondern das mittel darstellt, um die hauptleistung des leistungserbringers unter optimalen bedingungen in anspruch zu nehmen (bfh-urteil vom 08.08.2013 v r 13/12 bfh/nv 2014, 123 m.w.n.). 86zum anderen kann sich eine einheitliche leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere handlungen oder einzelleistungen des steuerpflichtigen für den kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen vorgang bilden, dessen aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (bfh-urteil vom 08.08.2013 v r 13/12 bfh/nv 2014, 123 m.w.n.) 87nach der insoweit erforderlichen gesamtbetrachtung ist der senat zu der auffassung gelangt, dass die gegenüber dem team i abgerechneten, im büro des vereins b e.v. geleisteten stunden, bei denen die klin. im wesentlichen kontakt zu den hilfebedürftigen menschen und ihren angehörigen gehalten hat, dienstpläne erstellt hat und abrechnungen gegenüber dem jeweiligen kostenträger erstellt hat, nebenleistungen darstellen, die mit der hauptleistung der klin., der eigentlichen pflege und hauswirtschaftlichen versorgung, untrennbar verbunden sind. für diese auffassung spricht insbesondere auch, dass diese kosten von den kostenträgern - wie sich aus auch den eingereichten verträgen ergibt (vgl. vereinbarungen zwischen dem landschaftsverband und dem verein b e.v., anlagen 4 und 5 zum schriftsatz der klin. vom 20.12.2013) pauschal erstattet werden. 88bb) die klin. ist auch als eine einrichtung mit sozialem charakter i.s. art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl anzuerkennen. 89zwar liegt es grundsätzlich im ermessen der mitgliedsstaaten, die regeln aufzustellen, nach denen einrichtungen eine solche anerkennung gewährt werden kann. ficht ein steuerpflichtiger die anerkennung oder die nichtanerkennung der eigenschaft als einrichtung mit sozialem charakter im sinne von artikel 13 teil a absatz 1 buchst. g der richtlinie 77/388/ewg bzw. art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl an, haben die nationalen gerichte zu prüfen, ob die zuständigen behörden die grenzen des ihnen in diesem artikel eingeräumten ermessens unter beachtung der grundsätze des unionsrechts eingehalten haben, einschließlich insbesondere des grundsatzes der gleichbehandlung, der im mehrwertsteuerbereich im grundsatz der steuerlichen neutralität zum ausdruck kommt (vgl. in diesem sinne u. a. eugh-urteil vom 10.09.2002, c-141/00, kügler, slg. 2002, i-6833, hfr 2002, 1146 und eugh-urteil vom 26.05.2005 c-498/03 kingscrest associates und montecello, hfr 2005, 915). 90aus der rechtsprechung des eugh geht hervor, dass bei der bestimmung der einrichtungen, deren "sozialer charakter" im sinne im sinne von artikel 13 teil a absatz 1 buchst. g der richtlinie 77/388/ewg bzw. art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl für die zwecke dieser bestimmung anzuerkennen ist, mehrere gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. zu ihnen können das bestehen spezifischer vorschriften - seien es nationale oder regionale, rechts- oder verwaltungsvorschriften, steuervorschriften oder vorschriften im bereich der sozialen sicherheit -, das mit den tätigkeiten des betreffenden steuerpflichtigen verbundene gemeinwohlinteresse, die tatsache, dass andere steuerpflichtige mit den gleichen tätigkeiten bereits in den genuss einer ähnlichen anerkennung kommen, und der gesichtspunkt zählen, dass die kosten der fraglichen leistungen unter umständen zum großen teil von krankenkassen oder anderen einrichtungen der sozialen sicherheit übernommen werden (vgl. in diesem sinne eugh-urteil vom 10.09.2002, c-141/00, kügler slg. 2002, i-6833 und eugh-urteil vom 26.05.2005 rs. c-498/03 kingscrest associates und montecello, hfr 2005, 915 sowie entsprechend eugh-urteil vom 6.11.2003, c-45/01 dornier, slg. 2003, i-12911, und eugh-urteil vom 15.11.2012 c-174/11 zimmermann, hfr 2013, 84). dabei kommt es nicht darauf an, ob die kosten im konkreten fall tatsächlich übernommen worden sind, sondern es reicht aus, dass sie übernehmbar sind (bfh-urteil vom 8.06.2011 xi r 22/09, bfhe 234, 448, hfr 2011, 1132). nach der rechtsprechung des bfh kann insoweit auch gewürdigt werden, dass der leistende die begünstigten leistungen aufgrund vertraglicher vereinbarungen mit trägern der sozialhilfe erbracht hat. es reicht für sich allein jedoch nicht, dass der unternehmer lediglich als subunternehmer für eine anerkannte einrichtung tätig geworden ist (bfh-urteil vom 08.11.2007 v r 2/07, bfhe 219, 428, bstbl ii 2008, 634 und bfh-urteil vom 08.08.2013 v r 8/12, bfh/nv 2014, 119). 91wie sich aus der rechtsprechung des bfh ergibt, sind die o.g. gesichtspunkte dabei nicht kumulativ zu verstehen (vgl. z.b. bfh-urteil vom 25.04.2013 v r 7/11, bfhe 241, 475, hfr 2013, 1521 und bfh-urteil vom 08.06.2011, xi r 22/09, bfhe 234, 448, hfr 2011, 1132) 92ausgehend hiervon ist der senat der auffassung, dass die klin. im rahmen einer gesamtwürdigung der o.g. gesichtspunkte als "einrichtung mit sozialem charakter" anzuerkennen ist. 93der begriff "einrichtung" im sinne des gemeinschaftsrechts ist dabei grundsätzlich weit genug, um auch private einheiten mit gewinnerzielungsabsicht zu erfassen (eugh-urteil vom 26.05.2005 rs. c-498/03 kingscrest associates und montecello, hfr 2005, 915 m.w.n.), so dass die klin. eine einrichtung im o.g. sinne sein kann. 94die klin. hat zudem in den streitjahren leistungen erbracht, die durch spezifische vorschriften im bereich der sozialen sicherheit, nämlich durch vorschriften des sgb xi und sgb xii wie etwa § 36 sgb xi (häusliche pflegehilfe), § 39 sgb xi, § 45 sgb xi oder § 53 sgb xii (eingliederungshilfe) geregelt und bei denen die kosten durch die träger der sozialen sicherheit übernehmbar sind. 95diese gegenüber hilfs- und pflegebedürftigen menschen erbrachten leistungen der pflege lagen auch im gemeinwohlinteresse. 96des weiteren kommen auch andere steuerpflichtige mit den gleichen tätigkeiten bereits in den genuss einer ähnlichen anerkennung. 97der bfh hat in seinem urteil vom 22.04.2004 vr 1/98 (bfhe 205, 514, bstbl ii 2004, 849) diesbezüglich ausgeführt: "schließlich kann der gemeinschaftsrechtliche grundsatz der gleichbehandlung zur anerkennung der klin. als einrichtung mit sozialem charakter führen, wenn sie die gleichen leistungen wie leistungsanbieter der freien wohlfahrtspflege erbringt, die steuerfrei (z.b. nach § 4 nr. 18 ustg) tätig sind." vorliegend sind etwa die umsätze von einrichtungen im sinne des § 4 nr. 18 ustg, die ebenfalls ambulante pflegeleistungen erbringen, steuerfrei. 98schließlich ist im falle der klin. - wie sich aus den in den akten befindlichen aufstellungen ergibt - der überwiegende teil der kosten für ihre leistungen letztlich (mittelbar) 99von den sozialleistungsträgern übernommen worden, so z.b. bei den gegenüber dem team ii abgerechneten leistungen im streitjahr 2007 96,85 % und im streitjahr 2008 82,43 %. 100zwar trifft es zu, dass weder unmittelbare vertragsbeziehungen zwischen der klin. und der jeweiligen hilfebedürftigen person bzw. zwischen der klin. und dem jeweiligen kostenträger bestanden und die klin. die zahlungen auch nicht direkt von den kostenträgern erhalten hat, sondern die zahlungen an den verein b e.v. bzw. an k e.v. erfolgt sind, die wiederum zahlungen an die klin. geleistet haben. dies schließt nach auffassung des senats die anerkennung als einrichtung mit sozialem charakter jedoch nicht aus. 101das erfordernis einer unmittelbaren leistungsbeziehung ist nach ansicht des senats weder vom wortlaut der richtlinienbestimmung gedeckt noch ergibt sich ein solches aus der rechtsprechung des eugh zu artikel 13 teil a absatz 1 buchstabe g der richtlinie 77/388/ewg bzw. art. 132 abs. 1 buchst. g mwstsystrl (vgl. dickkopp/van der boeken, ur 2009, 335, 341; fg berlin-brandenburg, beschluss vom 27.05.2013 7 v 7322/12, efg 2013, 1444; vgl. auch fg rheinland-pfalz, urteil vom 27.11.2008 6 k 1431/05, efg 2009, 527 zum erfordernis der unmittelbarkeit im rahmen des § 4 nr. 16 buchst. e ustg). 102entscheidend ist vielmehr - wie bereits ausgeführt - , dass es sich um leistungen handelt, für die die kosten von den trägern der sozialen sicherheit übernehmbar sind. dass es sich um leistungen handelt, deren kostens grundsätzlich von den sozialversicherungsträgern übernommen werden können, zeigt sich vorliegend aber schon daran, dass letztlich diese kosten zu einem überwiegenden teil von den örtlichen bzw. über-örtlichen sozialleistungsträgern wie der stadt c und dem landschaftsverband bzw. den pflegekassen getragen worden sind. hinzu kommt vorliegend, dass diese kostenerstattungen in kenntnis dessen erfolgt sind, dass der verein b e.v., die leistungen, für die er von diesen kostenerstattungen erhalten hat, nicht durch angestellte, sondern durch vereinsmitglieder als selbständige pflegekräfte ausführen ließ (vgl. bescheinigung des landschaftsverbandes vom 28.02.2013 - anlage 14 -, § 4 abs. 3 des vertrages des vereins b e.v. mit der … - anlage 15 -, bescheinigung des landespflegekassen vom 1.02.2013 - anlage 16 - und die erklärung der stadt c - anlage 17 -, jeweils zum schriftsatz der klin. vom 20.12.2013). 103soweit der beklagte diesbezüglich anführt, die kosten seien deswegen nicht als übernehmbar im sinne der rechtsprechung anzusehen, weil die klin. selbst nicht mit den sozialleistungsträgern hätte entsprechende verträge (wie der verein b e.v.) abschließen können, so führt dies zu keiner anderen beurteilung. 104es trifft zwar zu, dass die klin. keine ausgebildete pflegefachkraft, sondern lediglich eine pflegehilfskraft ist. die klin. ist aber nach den entsprechenden sozialgesetzlichen vorschriften dazu berechtigt, die von ihr erbrachten und abgerechneten leistungen wie etwa grundpflege, hauswirtschaftliche versorgung oder eingliederungshilfe vorzunehmen, so dass die kosten für derartige leistungen grundsätzlich übernehmbar sind. 105darüber hinaus könnte die klin. auch etwa nach § 77 abs. 1 sgb xi mit den pflegekassen zur sicherstellung der häuslichen pflege und betreuung sowie der hauswirtschaftlichen versorgung einen vertrag schließen. nach § 77 abs. 1 sgb xi können nämlich grundsätzlich auch verträge mit einzelnen geeigneten pflegekräften abgeschlossen werden und zwar über leistungen der grundpflege, der hauswirtschaftlichen versorgung und betreuungsleistungen nach § 36 abs. 1 sgb xi. nach dieser vorschrift, muss es sich - entgegen der auffassung des bekl. - bei der pflegekraft auch lediglich um eine geeignete pflegekraft handeln. diesbezüglich hat die klin. nachweise über fortbildungen vorgelegt und sie verfügt zudem auch über eine langjährige erfahrung in diesem bereich. ein bestimmter berufsabschluss wird in § 77 abs. 1 sgb xi hingegen nicht voraus gesetzt, denn § 77 sgb xi verweist insbesondere nicht wie z.b. § 72 sgb xi (zulassung zur pflege durch versorgungsvertrag) auf § 71 sgb xi (pflegeeinrichtung) und die darin aufgestellten anforderungen an eine pflegeeinrichtung. ob derartige verträge - wie der bekl. vorträgt - tatsächlich bislang noch nicht abgeschlossen wurden oder entsprechende musterverträge vorliegen, ist unbeachtlich. 106entgegen der auffassung des bekl. ergibt sich insbesondere auch nicht aus der rechtsprechung des bfh, dass eine anerkennung als einrichtung mit sozialem charakter nur in betracht kommt, wenn unmittelbare leistungsbeziehungen zwischen dem unternehmer und dem kostenträger bestehen. in dem urteil vom 8.11.2007 v r 2/06 (bfhe 219, 428, bstbl ii 2008, 634) hat der bfh hierzu in den leitsätzen folgendes ausgeführt: "für die anerkennung eines unternehmers als eine einrichtung mit sozialem charakter kann auch gewürdigt werden, dass der leistende die begünstigten leistungen aufgrund vertraglicher vereinbarungen mit trägern der sozialversicherung erbracht hat." 107daraus ergibt sich nach auffassung des senats lediglich, dass das bestehen von unmittelbaren leistungsbeziehungen zwischen dem unternehmer, der die steuerbefreiung begehrt, und dem kostenträger, einer von mehreren gesichtspunkten ist, der bei der prüfung, ob eine "einrichtung mit sozialem charakter" vorliegt, zu würdigen ist. 108denn ansonsten würde das bfh-urteil vom 08.06.2011 xi r 22/09 (bfhe 234, 448, hfr 2011,1132) im widerspruch zu dieser entscheidung stehen. in dem diesem urteil zugrunde liegenden fall bestanden lediglich vertragliche beziehungen zwischen dem die steuerbefreiung begehrenden kläger und dem vermieter von seniorenwohnungen. der bfh hat - obwohl weder unmittelbare leistungsbeziehungen zwischen dem dortigen kläger und den betreuten personen noch zwischen dem kläger und den trägern der sozialleistungen vorlagen, und dementsprechend auch keine unmittelbaren kostenerstattungen vom sozialleistungsträger an den kläger erfolgten - in diesem fall die anerkennung als einrichtung mit sozialem charakter allein daraus abgeleitet, dass die kosten für die leistungen des klägers durch krankenkassen oder andere einrichtungen der sozialen sicherheit übernehmbar seien, und hierzu ausgeführt: "im streitfall ist die vom kläger erbrachte einheitliche leistung eine solche der altenhilfe, die gemäß § 75 bshg von den trägern der sozialhilfe übernehmbar war." 109des weiteren hat der bfh mit dem vorabentscheidungsersuchen vom 21.08.2013 v r 20/12 (bfh/nv 2014, 126) dem eugh einen fall zur entscheidung vorgelegt, in dem ebenfalls keine unmittelbaren leistungsbeziehungen bestehen. klägerin dieses verfahrens ist eine zeitarbeitsfirma, die pflegefachkräfte an stationäre und ambulante pflegeeinrichtungen überlässt und sowohl ausschließlich in vertraglichen beziehungen zu diesen pflegeeinrichtungen steht, als auch ausschließlich von diesen pflegeinrichtungen das entgelt für ihre jeweiligen leistungen erhält. 110die auffassung des senats steht schließlich auch nicht im widerspruch zu den entscheidungen des bfh vom 8.11.2007 v r 2/06 (bfhe 219, 428, bstbl ii 2008, 634) und vom 08.08.2012 v r 8/12 (bfh/nv 2014, 119), soweit der bfh in diesen entscheidungen folgendes ausgeführt hat: "für die anerkennung eines unternehmers als eine einrichtung mit sozialem charakter reicht es für sich allein jedoch nicht schon aus, dass der unternehmer -wie hier- lediglich als subunternehmer für eine anerkannte einrichtung tätig geworden ist." 111aus diesen ausführungen des bfh ergibt sich gerade nicht, dass ein "subunternehmer" einer anerkannten einrichtung mit sozialem charakter nicht auch selbst - bei vorliegen bestimmter voraussetzungen - eine anerkannte einrichtung mit sozialem charakter sein kann. 112cc) die steuerbefreiung der streitigen leistungen ist schließlich auch nicht nach art. 134 satz 1 buchst. a mwstsystrl ausgeschlossen. 113nach art. 134 satz 1 buchst. a mwstsystrl sind von der steuerbefreiung dienstleistungen ausgeschlossen, wenn sie zur ausübung der von der steuer befreiten tätigkeit nicht unerlässlich sind. nach auffassung des senats sind vorliegend insbesondere auch die von der klin. erbrachten verwaltungstätigkeiten zur ausübung der pflegeleistungen unerlässlich (vgl. unter a 2 b) aa). 114b. unentgeltliche wertabgabe 115hinsichtlich der privaten pkw-nutzung der klin. ist - entgegen dem ust-bescheid vom 21.01.2010 - für das streitjahr 2008 keine unentgeltliche wertabgabe anzusetzen. 116gemäß § 3 nr. 9a ustg in der in den streitjahren geltenden fassung wird u.a. einer sonstigen leistung gegen entgelt gleichgestellt 1171181. die verwendung eines dem unternehmen zugeordneten gegenstands, der zum vollen oder teilweisen vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen unternehmer für zwecke, die außerhalb des unternehmens liegen. 119vorliegend besteht für den pkw der klin. aber kein recht auf vorsteuerabzug, denn da die klin. den pkw lediglich zur ausführung steuerfreier umsätze verwendete (vgl. unter a), ist der vorsteuerabzug gemäß § 15 abs. 2 nr. 1 ustg ausgeschlossen. dementsprechend ist auch keine unentgeltliche wertabgabe gemäß § 3 nr. 9a nr. 1 ustg anzusetzen. 120c. vorsteuer-anspruch 121der klin. steht für die streitjahre der in den ust-bescheiden berücksichtigte vorsteueranspruch i.h.v. 153,59 € (2007) und 209,39 € (2008) nicht zu. dieser ist gemäß § 15 abs. 2 nr. 1 ustg ausgeschlossen, da die klin. in den streitjahren lediglich steuerfreie umsätze (vgl. unter a) erzielt hat. dagegen hat die klin. - was sich letztlich auch aus ihrem klageantrag ergibt - keine einwendungen. 122d. die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo. 123die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 der zivilprozessordnung. 124der senat lässt die revision wegen grundsätzlicher bedeutung zu, § 115 abs. 2 fgo. | Klaeger*in | 1 |
164,317 | 9 O 342/14 | 2015-07-06T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Beklagte betreibt auf dem Grundstück H in F einen Recyclingbetrieb für Bauschutt. An einer gesonderten Stelle des Betriebsgeländes wird Bauschutt gelagert, der zu groß für die Öffnung des Schrottbrechers ist. Wenn es sich von der Menge her lohnt, werden die Bestandteile dieses Berges Bauschutt mittels eines Baggers, der mit einer Betonzange ausgerüstet ist, zerkleinert und dann dem Brecher zugeführt. 3Am 03.01.2014 arbeite der Baggerführer E auf dem Betriebsgelände. Als er einen Brocken aus dem Bauschutthaufen mit den für den Brecher zu großen Teilen aufnahm und die Betonzange zupackte, kam es zu einer Explosion: In dem Brocken befand sich eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg, nämlich eine britische Sprengbombe des Typs HC 4000-lb. Mk 3. Der Baggerführer E kam dabei ums Leben, zwei weitere Mitarbeiter des Beklagten wurden schwer verletzt. 4Aufgrund der Explosion entstanden an den auf dem angrenzenden Grundstück S-Straße in F aufstehenden Gebäuden und baulichen Anlagen Schäden, deren Ausmaß zwischen den Parteien streitig ist. Dieses Nachbargrundstück steht im Eigentum der Eigentümergemeinschaft C. 5Die Klägerin behauptet, sie sei die Gebäudeversichererin für den Risikoort S-Straße. Sie habe – insoweit unstreitig – an die Eigentümergemeinschaft C eine Summe von 240.000,00 EUR für den Sachschaden gezahlt und Sachverständigengebühren in Höhe von insgesamt 10.948,82 EUR aufgewendet. Bei der Summe von insgesamt 250.948,82 EUR handele es sich um erforderliche, angemessene und ortsübliche Aufwendungen zur Schadensregulierung. Der regulierte Neuwert entspreche aufgrund der Kürzungen wegen Unterversicherung dem regressierbaren Zeitwert. Bezüglich der Einzelheiten der von der Klägerin behaupteten Beschädigungen der Gebäude am Risikoort sowie den Regulierungsaufwendungen wird auf Bl. ##-## GA und Bl. ##-## GA Bezug genommen. 6Die Klägerin behauptet, es würden im Rahmen der Zerkleinerungsarbeiten bei dem Beklagten immer wieder Bomben und Minen aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Die Bombe sei – auch im Hinblick darauf, dass ein solcher Fund in der Vergangenheit häufiger vorgekommen sei – als solche erkennbar gewesen. Sie sei nicht vollständig von Beton umgossen gewesen. Der Beklagte habe die Pflicht, derart auffällige Schrottteile zu röntgen bzw. mit einem ähnlichen Verfahren zu durchleuchten. Wenigstens müsse der Beklagte eine ausführliche Sichtkontrolle des Bauschutts mit Sondergröße vornehmen, um ihn auf seine Verarbeitbarkeit zu überprüfen. Diese Sichtkontrolle sei hier unterblieben. Es sei auch ein Organisationsmangel, dass der Bauschutt nicht entsprechend den anerkannten Regeln der Technik untersucht worden sei. Der Beklagte hafte der Klägerin daher aus übergegangenem Recht (§ 86 VVG) gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 308 StGB. Zudem habe die Klägerin einen Anspruch aus dem allgemeinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog. Denn der Beklagte habe durch die gewerbsmäßige Beseitigung und Verarbeitung von Bauschutt eine Gefahrenquelle auf dem Grundstück geschaffen, welche sich realisiert habe. Die im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Bauschutt explodierende Bombe sei dem Bereich der konkreten Nutzung des Grundstücks zuzuordnen und weise einen sachlichen Bezug zu diesem auf. 7Die Klägerin beantragt, 8den Beklagten zu verurteilen, an sie 250.948,82 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 9Der Beklagte beantragt, 10 die Klage abzuweisen. 11Der Beklagte behauptet, dass auf seinem Betriebshof noch nie Bomben und Minen gefunden worden seien. Diese würden vielmehr bei Tätigkeiten im Rahmen von Abbrucharbeiten auf Baustellen entdeckt. Die Bombe sei hier vollständig von Beton umgossen und daher nicht sichtbar gewesen, so dass weder der Baggerführer E noch die an diesem Tag ebenfalls auf dem Hof arbeitenden Zeugen M und H2 die Bombe hätten erkennen können. Eine anerkannte Durchleuchtungstechnik gebe es nicht, da eine Durchleuchtung nicht zielführend sei. Der verarbeitete Abbruchbeton sei von Bewehrung, also Stahlarmierungen durchsetzt, so dass man beim Röntgen bzw. Durchleuchten keine Kampfmittel feststellen könne. Ein nachbarrechtlicher Ausgleichanspruch sei durch § 14 BImschG sowie das Allgemeine Kriegsfolgengesetz ausgeschlossen. Zudem sei der Beklagte nicht Störer, da die Beeinträchtigung gleichsam durch eine Naturkraft verursacht worden sei. Die Explosionsgefahr durch Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg sei nicht mehr von anderen natürlichen Gefahrenquellen zu unterscheiden und gehöre insoweit zum allgemeinen Risiko. 12Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A, N, T und T2. Im Hinblick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 15.06.2015 (Bl. ###-### GA) Bezug genommen. 13Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist unbegründet. 16I. 17Die Klägerin ist aktivlegitimiert; indes hat sie keine Ansprüche aus § 86 VVG i.V.m. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog oder § 86 VVG i.V.m. §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 308 StGB gegen den Beklagten. 181. 19Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Gebäudeversichererin des Risikoortes S-Straße und als solche aktivlegitimiert. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Urkunden. Ausweislich des von der Klägerin zur Akte gereichten Versicherungsscheins ist die A2 Versicherung AG die Versichererin für den Risikoort S-Straße in F (Anlage K1). Es ist gerichtsbekannt, dass die Klägerin die Rechtsnachfolgerin der A2 Versicherung AG ist. Außerdem ist dies durch den vorgelegten Handelsregisterauszug (Anlage K19) nachgewiesen. Durch Vorlage des Nachtrages zum Versicherungsschein vom 15.11.2013 (Anlage K47, Bl. ## GA) hat die Klägerin auch bewiesen, dass der Versicherungsschutz für den genannten Risikoort auch am Schadenstag noch bestand. 202. 21Die Voraussetzungen für einen gesetzlichen Forderungsübergang nach § 86 VVG von der Eigentümergemeinschaft C (im Folgenden: Versicherungsnehmerin) auf die Klägerin liegen nicht vor. 22Zwar hat die Klägerin nach dem Explosionsereignis Zahlungen geleistet, welche sich auf die Klageforderung summieren, so dass in diesem Umfang Ansprüche der Versicherungsnehmerin auf sie übergegangen sein könnten. Es ist insoweit nicht erforderlich, dass eine Leistungspflicht des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer besteht; entscheidend ist, dass der Versicherer tatsächlich Leistungen erbracht hat (Römer/Langheid-Langheid, VVG, 4. Auflage 2014, § 86 Rn. 27 f.). Auf eine Prüfung der Leistungspflicht des Versicherers kommt es daher auch vorliegend nicht an. 23Allerdings stehen der Versicherungsnehmerin keine Ersatzansprüche gegen den Beklagten aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog oder §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 308 StGB zu, so dass ein Forderungsübergang auf die Klägerin aus diesem Grunde ausscheidet. 24a. 25Ein Anspruch der Versicherungsnehmerin gegen den Beklagten aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog besteht nicht. 26Eine direkte Anwendung der genannten Vorschrift ist nicht möglich, da es bei der Explosion nicht nur zu einer Druckwelle, sondern – ähnlich wie bei einer Sprengung – auch dazu kam, dass Trümmer umherflogen. Damit handelt es sich um eine grobkörperliche Immission, die nicht von § 906 BGB erfasst ist (vgl. Schulze-Staudinger, BGB, 8. Auflage 2014, § 906 Rn. 4). 27Wenn ein Grundstückseigentümer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen ist, bestimmte Immissionen zu dulden, kommt ein Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB in Betracht, der auch für grobkörperliche Immissionen gilt (BGH NJW 2011, 3294, 3296 Rn. 20; BGH NZM 2009, 384 Rn. 9). Dass hier die Versicherungsnehmerin faktisch daran gehindert war, die Beeinträchtigung durch die Bombe mittels Geltendmachung von Abwehransprüchen zu unterbinden, bedarf keiner näheren Begründung. 28Der Anspruch aus § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog ist nicht durch § 14 BImschG ausgeschlossen. Diese Vorschrift betrifft nur die Beschränkung von bürgerlich-rechtlichen Abwehransprüchen gegen den Betrieb unanfechtbar genehmigter Anlagen auf die von ihr vorgesehenen Schutzmaßnahmen. Daher kann die Vorschrift Ansprüche, welche demgegenüber auf Ausgleich oder Schadensersatz wegen nicht erreichbarer Abwehr gerichtet sind, nicht ausschließen (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 72. Auflage 2013, § 906 Rn. 32). 29Die analoge Anwendung von § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ist auch nicht aufgrund des Inhalts des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes (vom 5.11.1957, BGBl. I, S. 1747) ausgeschlossen. Denn dieses Gesetz regelt die Einstandspflicht der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches für ganz bestimmte Kriegsfolgen; im Übrigen sind Ansprüche gegen die Bundesrepublik wegen Kriegsfolgen ausgeschlossen. Hier geht es jedoch nicht um eine deutsche Bombe, sondern um eine britische. Insoweit fehlt es schon an einer Handlung, die eine Einstandspflicht der Bundesrepublik überhaupt begründen könnte. Zudem ist prinzipiell fraglich, ob es eine Rechtsgrundlage für die Haftung eines Staates für den Einsatz von Waffen im Rahmen eines allgemeinen Kriegszustandes gibt. 30Voraussetzung eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog ist, dass die Einwirkungen vom benachbarten Grundstück, die zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führen, auf eine Nutzung dieses Grundstücks zurückzuführen sind. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB richtet sich gegen den Nutzer des emittierenden Grundstücks, so dass es sich immer um Nutzungen des Grundstücks handeln muss, die zu Nachteilen für den Nachbarn führen. Das gilt auch für den Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB, wobei der Nachbar hier die beeinträchtigenden Einwirkungen zudem nicht nach § 1004 BGB verhindern kann (BGH, NZM 2009, 834, 835 Rn. 18, bezogen auf Zustand und Nutzung; Schulze-Staudinger, BGB, 8. Auflage 2014, § 906 Rn. 24). Folglich haftet der Eigentümer oder Nutzer nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog nur, wenn das von ihm ausgehende beeinträchtigende Verhalten dem Bereich der konkreten Nutzung des Grundstücks zuzuordnen ist und einen sachlichen Bezug zu diesem aufweist (BGH, NZM 2009, 834, 835 Rn. 20 m.w.N.). 31Daran fehlt es hier. Die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks beruht vorliegend auf der zufälligen Explosion einer Bombe anlässlich des Betriebs einer Bauschuttrecyclinganlage, nicht auf dem Betrieb dieser Anlage als solcher. Es handelt sich bei der Bombenexplosion um einen Unglücksfall, der genauso an anderer Stelle hätte ausgelöst werden können. 32Einwirkungen oder Störungen, die ebenso an anderer Stelle vorgenommen werden könnten, sind von dem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch indes nicht umfasst. Es handelt sich nämlich insoweit um Verhaltensweisen, die zwar auf dem Grundstück stattfinden, durch die jedoch die spezifische Beziehung der Grundstückseigentümer oder -nutzer zueinander nicht berührt wird (BGH NZM 2009, 834, 386 Rn. 20). Das hat der Bundesgerichtshof anhand eines Falles entschieden, in dem es um das Abdriften einer verspäteten Silvesterrakete ging, die einen Gebäudekomplex in Brand setzte. Der vorliegende Fall ist freilich ungleich drastischer; dies ändert jedoch nichts daran, dass die Explosion einer Bombe auf dem Betriebsgelände des Beklagten nicht dem Bereich der konkreten Nutzung des Grundstückes zuzuordnen ist. Vielmehr lag hier eine Bauschuttbeschaffenheit vor, die auf lange vergangene Kriegshandlungen zurückzuführen ist. Der Bauschutt wurde von einem unbekannten Abbruch- oder Aushubort auf das Grundstück des Beklagten verbracht. Dort ist die Bombe, als sie vom Baggerführer E mit der Betonzange aufgenommen und dabei zu sehr erschüttert wurde, explodiert. Eine solche Erschütterung mit Explosionsfolge hätte sich jedoch auch an jeder anderen Stelle, an der sich der Brocken Bauschutt, der die Bombe enthielt, je befand – also auch bereits am Abrissort oder im Rahmen des Transports – ereignen können. Mithin steht die Handlung, welche zu der Explosion der Bombe führte, nämlich die Erschütterung der Bombe durch Aufgreifen mit einer Betonzange, in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Betriebsgelände des Beklagten. Sie betrifft, mit anderen Worten, nicht einen konkreten nachbarschaftlichen Nutzungskonflikt, dessen alleinigen Regelungsgegenstand § 906 BGB aber bildet. Für eine Haftung des Beklagten auf nachbarrechtlicher Grundlage besteht somit kein Raum. 33Das gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass der Beklagte mit seinem Betrieb eine Gefahrenquelle geschaffen hat. Denn die Schaffung einer solchen führt nicht zu einer verschuldensunabhängigen Haftung, sondern zum Entstehen von Verkehrssicherungspflichten. Deren schuldhafte Verletzung kann zu Schadensersatzansprüchen führen; im vorliegenden Fall sind deren Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt (siehe unten b.). 34b. 35Die Versicherungsnehmerin hat auch keinen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten. Soweit den Beklagten eine Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf eine Überprüfung des Bauschutts vor der Verarbeitung trifft, hat er diese nicht schuldhaft verletzt. Zudem wäre eine etwaige Verletzung der dem Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht für die Rechtsgutsverletzung der Versicherungsnehmerin auch nicht kausal geworden. 36aa. 37Den Beklagten trifft bezüglich des von ihm betriebenen Bauschuttrecyclingunternehmens eine Verkehrssicherungspflicht dahingehend, dass er eine sorgfältige Sichtkontrolle des zu verarbeitenden Bauschutts auf Sprengkörper und sonstige explosionsverdächtige Gegenstände hin vornehmen muss. 38Ein Bauschuttrecyclingbetrieb kann durchaus als gefahrgeneigter Betrieb betrachtet werden. Wenn eine Gefahr von einer Sache ausgeht, so hat jeder, der die Sachherrschaft ausübt, die drohenden Gefahren für andere durch geeignete Maßnahmen abzuwenden, soweit dies zumutbar und durch billige Rücksichtnahme auf das Integritätsinteresse Dritter geboten ist (Palandt-Sprau, BGB, 73. Auflage 2013, § 823 Rn. 48). So gewendet treffen den Inhaber der Gefahrenquelle Verkehrssicherungs- und Organisationspflichten dahingehend, dass der drohenden Gefahr durch geeignete Mittel begegnet wird und dass diejenigen, die ggfs. damit betraut werden, eingewiesen, kontrolliert und überwacht werden. 39Die Klägerin meint, der Beklagte habe den Bauschutt röntgen oder durchleuchten müssen. Eine so weitreichende Verpflichtung zur Sicherung des Bauschutts vor möglichen Sprengkörpern vor der Weiterverarbeitung besteht indes nicht, schon weil der diesbezügliche Kostenaufwand unzumutbar wäre. Allerdings kann und muss von dem Beklagten verlangt werden, dass er den im Fundamentbereich entstandenen Abriss besonders sorgfältig auf Kampfmittel untersucht, bevor er ihn weiterverarbeitet. 40Diese Verpflichtung hat in der BGV D23 (Berufsgenossenschaftliche Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit) „Unfallverhütungsvorschrift Sprengkörper und Hohlkörper im Schrott“ ihren Niederschlag gefunden. Diese Unfallverhütungsvorschrift bestimmt, dass der Unternehmer Versicherte beim Umgang mit Schrott nur beschäftigen darf, wenn diese zuvor unterwiesen worden sind. Er hat zudem dafür zu sorgen, dass beim Umgang mit Schrott geprüft wird, ob der Schrott Sprengkörper, sonstige explosionsverdächtige Gegenstände oder geschlossene Hohlkörper enthält (§ 2). In der Durchführungsanweisung hierzu heißt es, dass die Prüfung darin besteht, dass beim Umgang mit Schrott (Befördern, Umladen, Lagern, Be- und Verarbeiten, Sortieren) darauf geachtet wird, dass der Schrott keine Sprengkörper, sonstige explosionsverdächtige Gegenstände oder geschlossene Hohlkörper enthält. Diese Vorschrift verdeutlicht, dass beim Umgang mit Schrott besondere Vorsicht und daher eine Untersuchung geboten ist. 41Vorliegend geht es nicht um Schrott (definiert als Eisen-, Stahl- und NE-Metallschrott), sondern um Bauschutt. Dieser kann jedoch auch Schrott enthalten, gerade wenn es um Fundamentabrisse geht. Es ist also zwar nicht zu fordern, dass die Regelungen, welche der BGV D23 zu Grunde liegen, auf Bauschrott generell entsprechend angewendet werden, wohl aber auf solchen Bauschutt, in dem sich Sprengkörper, sonstige explosionsverdächtige Gegenstände oder geschlossene Hohlkörper befinden können. Das ist nicht bei Entkernungen oder Abriss von oberirdischen Geschossen der Fall, wohl aber beim Abriss von Fundamenten oder Kellern. Daraus kann man herleiten, dass solcher Bauschutt jedenfalls sorgfältig durch eine Sichtkontrolle überprüft werden muss, bevor mit ihm umgegangen wird. 42Auf dem Betriebsgelände des Beklagten wird Bauschutt aus verschiedensten Abrisslagen verarbeitet, auch aus Fundamentabrissen sowie aus Erdaushubarbeiten. Damit war der Beklagte in jedem Falle verpflichtet, seinen Betrieb so zu organisieren, dass dort verarbeiteter Bauschutt zuvor einer sorgfältigen Sichtkontrolle unterzogen wird. 43bb. 44Ob der Beklagte eine Verkehrssicherungspflichtverleztung begangen hat, indem er seinen Betrieb nicht so organisiert hat, dass der Bauschutt vor der Verarbeitung einer sorgfältigen Sichtkontrolle unterzogen wird, bedarf keiner weiteren Aufklärung. Denn nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es jedenfalls am Verschulden des Beklagten sowie an der Kausalität einer solchen Verkehrspflichtverletzung für die Rechtsgutsverletzung der Versicherungsnehmerin fehlt. 45(1) 46Das Gericht hat Zweifel daran, ob es sich bei dem Gegenstand, welchen die Zeugen N, T und T2 ihrem bekunden nach in dem Schuttberg auf dem Betriebsgelände des Beklagten gesehen haben, überhaupt um die am 03.01.2014 explodierte Bombe gehandelt hat. 47Der Zeuge N hat bekundet, im Spätherbst, vielleicht im September 2013, in dem Schuttberg auf dem Betriebsgelände des Beklagten einen wasserfassähnlichen Gegenstand gesehen zu haben. Der Zeuge T hat ausgesagt, im Jahr 2012, als er mit einer Crossmaschine über den großen Schuttberg gefahren sei, einen wasserfassähnlichen Gegenstand gesehen zu haben. Über diesem habe noch ein Stück von einer Fußgängerbrücke gelegen. Der Zeuge T2 hat bekundet, ebenfalls über den Schuttberg gefahren zu sein und dort oben ein Eisenfass gesehen zu haben. Dies sei im Sommer 2012 gewesen; damals habe er den Mofa-Führerschein gemacht. 48Nach den glaubhaften Zeugenaussagen hat keiner der Zeugen unmittelbar vor dem Explosionsereignis den Schutthaufen auf dem Betriebsgelände des Beklagten betreten oder genauer angesehen; vielmehr war dies mindestens ein Vierteljahr her. Wenn die Erinnerung der Zeugen T zutreffend ist – wofür die Erklärung des Zeugen T2 im Hinblick auf den Mofa-Führerschein spricht – war sogar mehr als ein Jahr vergangen, seitdem die Zeugen den Schutthaufen betreten und betrachtet haben. Jedenfalls ist allein aufgrund des Zeitablaufes zwischen den Beobachtungen der Zeugen und dem Explosionsereignis unsicher, ob es sich bei dem von den Zeugen gesichteten Gegenstand um die später explodierte Bombe handelte. Denn der Schutthaufen wird unstreitig regelmäßig abgeräumt, indem die großen Schuttbrocken mit einer Betonzange zerkleinert und dann dem Brecher zugeführt werden. Die Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass der von ihnen beobachtete Gegenstand oben auf dem Schuttberg war. Der obere Teil des Schuttberges ist derjenige, welcher als erstes abgeräumt würde. Wenn also in der Zeit zwischen Sommer 2012 oder September 2013 und der Explosion im Januar 2014 der Schutthaufen auch nur teilweise abgeräumt wurde, kann es sich bei dem von den Zeugen gesehenen Gegenstand nicht um die Bombe gehandelt haben. Es ist also keineswegs sicher, dass es sich bei dem Gegenstand, den die Zeugen gesehen haben, tatsächlich um die Bombe gehandelt hat. 49(2) 50Sofern es sich bei dem Gegenstand, den die Zeugen N und T gesehen haben, tatsächlich um die Sprengbombe gehandelt hat, war sie jedenfalls optisch als solche nicht erkennbar. 51Die Zeugen N und T haben übereinstimmend bekundet, auf dem Schuttberg auf dem Betriebsgelände des Beklagten einen wasserfassähnlichen Behälter gesehen zu haben. Der Zeuge T2 beschrieb diesen Gegenstand als ein „Eisenfass“. Nach Aussage aller drei Zeugen hat dieser Gegenstand etwa einen Meter aus dem sonstigen Bauschutt herausgeragt. Die Zeugen N und T erinnerten zudem noch, dass der Behälter stark verrostet war. Die Zeugen T konnten den Behälter außerdem dem Durchmesser nach, welcher etwa 80 cm betragen habe, beschreiben. Der Zeuge N bekundete überdies, dass der Gegenstand einen Deckel gehabt habe, der CD-groß gewesen und mit Schrauben befestigt gewesen sei. 52Die Zeugen N und T haben auch übereinstimmend ausgesagt, sich beim Anblick dieses Gegenstandes nichts gedacht haben. Der Zeuge N führte aus, dass er insbesondere nicht an eine Bombe gedacht habe. Auch der Zeuge T betonte, dass er, der er als Schrotthändler ein gutes Auge für Alteisen habe, im Ansatz nicht daran gedacht habe, dass es sich möglicherweise um eine Bombe oder Mine handeln könne. Der Zeuge T2 hat in diesem Zusammenhang bekundet, im Leben nicht daran gedacht zu haben, dass es sich um eine Bombe handeln könnte; ansonsten wäre er auch mit seinem Motorrad dort nicht herumgefahren. 53Die Aussagen der Zeugen waren alle in sich schlüssig und konsistent. Sie waren jeweils geprägt von lebhaften und detailreichen Schilderungen des Ablaufes aus der jeweiligen Sicht des Zeugen. Obwohl die Zeugen selbst teilweise erhebliche materielle Schäden durch das Explosionsereignis erlitten haben, war eine Belastungstendenz zu keiner Zeit erkennbar. 54Nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen war der von allen Zeugen gesehene Gegenstand, obwohl er aus dem Bauschutt etwa einen Meter hervorragte, optisch in keiner Weise als Bombe erkennbar. Sofern es sich bei diesem Gegenstand also tatsächlich um die später explodierte Bombe gehandelt hat, entfaltet auch die Dauer, welche sie möglicherweise Bestandteil des Schutthaufens war, keinerlei Bedeutung. Besonderes Gewicht im Hinblick auf die Beurteilung der Erkennbarkeit des von den Zeugen gesehenen Metallgegenstandes als mögliche Sprengbombe hat die Aussage des Zeugen T. Denn dieser ist als Schrotthändler bezüglich der optischen Beurteilung von Altmetall sachverständiger Zeuge. Sogar er hat unter Betonung seiner Erfahrung als Schrotthändler offen geschildert, dass er im Ansatz nicht daran gedacht habe, dass es sich um eine Bombe handeln könne. Er hatte mithin keinerlei Anhaltspunkte dafür, von einer solchen auszugehen. Auch die Zeugen N und T2 hatten aus ihrer jeweiligen Sicht keinen Grund dazu anzunehmen, dass es sich bei dem vermeintlichen „Wasserfass“ tatsächlich um eine Bombe handelte. Mithin steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass – sofern es sich bei dem von den Zeugen beobachteten Metallgegenstand überhaupt um die Sprengbombe gehandelt hat –, die Bombe als solche optisch nicht zu erkennen war. Auch für den Fall, dass es sich bei dem von den Zeugen wahrgenommenen Gegenstand gar nicht um die später explodierte Bombe gehandelt hat, vermag die Kammer aufgrund der Inaugenscheinnahme von Lichtbildern einer mit der hiesigen baugleichen Sprengbombe (Museumsstück aus Koblenz, Bl. ###-### GA) ein Verschulden des Beklagten auszuschließen. Die einer länglichen Tonne ähnelnde äußere Erscheinung, zumal wenn noch verrostet und Großteils von Bauschutt verdeckt, entspricht nicht der typischen und damit erkennbaren Bombenform. Folglich trifft den Beklagten keinerlei Verschulden, noch nicht einmal leichte Fahrlässigkeit, im Hinblick darauf, dass die Bombe tatsächlich vor der Verarbeitung des Bauschuttstückes, in welchem sie steckte, nicht erkannt worden ist. 55Ferner fehlt es vor dem Hintergrund der obigen auf den glaubhaften Zeugenaussagen beruhenden Überzeugung des Gerichts, dass die Bombe in dem Bauschutt optisch nicht zu erkennen war, an der Kausalität einer etwaigen Verkehrspflichtverletzung für die Eigentumsverletzung der Versicherungsnehmerin. 56Selbst wenn die gebotene sorgfältige Sichtkontrolle von dem Beklagten schuldhaft nicht veranlasst worden wäre, hätte sich dies nicht ausgewirkt, weil diese Sicherungsmaßnahme vorliegend kein positives Ergebnis gebracht hätte. Denn die Bombe war optisch als solche nicht zu erkennen. Dies auch unter Zugrundelegung eines erhöhten Kenntnismaßstabes bezüglich der optischen Beschaffenheit von Bomben, da der Zeuge T als sachverständiger Zeuge den als Alteisen erkannten Metallschrott in keiner Weise für verdächtig gehalten hat. 57cc. 58Vor dem Hintergrund des Vorstehenden scheidet auch ein Anspruch der Versicherungsnehmerin gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 308 StGB aus. 59II. 60Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. 61Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. 62Streitwert: 250.948,82 EUR 63Rechtsbehelfsbelehrung: 64Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben, wenn der Wert der Hauptsache 600,00 EUR und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, oder dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 65Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses (Datum des Beschlusses, Geschäftsnummer und Parteien) sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden. 66Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Landgericht Bonn oder dem Oberlandesgericht Köln eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die sofortige Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt die klägerin. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der beklagte betreibt auf dem grundstück h in f einen recyclingbetrieb für bauschutt. an einer gesonderten stelle des betriebsgeländes wird bauschutt gelagert, der zu groß für die öffnung des schrottbrechers ist. wenn es sich von der menge her lohnt, werden die bestandteile dieses berges bauschutt mittels eines baggers, der mit einer betonzange ausgerüstet ist, zerkleinert und dann dem brecher zugeführt. 3am 03.01.2014 arbeite der baggerführer e auf dem betriebsgelände. als er einen brocken aus dem bauschutthaufen mit den für den brecher zu großen teilen aufnahm und die betonzange zupackte, kam es zu einer explosion: in dem brocken befand sich eine bombe aus dem zweiten weltkrieg, nämlich eine britische sprengbombe des typs hc 4000-lb. mk 3. der baggerführer e kam dabei ums leben, zwei weitere mitarbeiter des beklagten wurden schwer verletzt. 4aufgrund der explosion entstanden an den auf dem angrenzenden grundstück s-straße in f aufstehenden gebäuden und baulichen anlagen schäden, deren ausmaß zwischen den parteien streitig ist. dieses nachbargrundstück steht im eigentum der eigentümergemeinschaft c. 5die klägerin behauptet, sie sei die gebäudeversichererin für den risikoort s-straße. sie habe – insoweit unstreitig – an die eigentümergemeinschaft c eine summe von 240.000,00 eur für den sachschaden gezahlt und sachverständigengebühren in höhe von insgesamt 10.948,82 eur aufgewendet. bei der summe von insgesamt 250.948,82 eur handele es sich um erforderliche, angemessene und ortsübliche aufwendungen zur schadensregulierung. der regulierte neuwert entspreche aufgrund der kürzungen wegen unterversicherung dem regressierbaren zeitwert. bezüglich der einzelheiten der von der klägerin behaupteten beschädigungen der gebäude am risikoort sowie den regulierungsaufwendungen wird auf bl. ##-## ga und bl. ##-## ga bezug genommen. 6die klägerin behauptet, es würden im rahmen der zerkleinerungsarbeiten bei dem beklagten immer wieder bomben und minen aus dem zweiten weltkrieg gefunden. die bombe sei – auch im hinblick darauf, dass ein solcher fund in der vergangenheit häufiger vorgekommen sei – als solche erkennbar gewesen. sie sei nicht vollständig von beton umgossen gewesen. der beklagte habe die pflicht, derart auffällige schrottteile zu röntgen bzw. mit einem ähnlichen verfahren zu durchleuchten. wenigstens müsse der beklagte eine ausführliche sichtkontrolle des bauschutts mit sondergröße vornehmen, um ihn auf seine verarbeitbarkeit zu überprüfen. diese sichtkontrolle sei hier unterblieben. es sei auch ein organisationsmangel, dass der bauschutt nicht entsprechend den anerkannten regeln der technik untersucht worden sei. der beklagte hafte der klägerin daher aus übergegangenem recht (§ 86 vvg) gemäß § 823 abs. 1 bgb i.v.m. § 823 abs. 2 bgb i.v.m. § 308 stgb. zudem habe die klägerin einen anspruch aus dem allgemeinen nachbarrechtlichen ausgleichsanspruch gemäß § 906 abs. 2 s. 2 bgb analog. denn der beklagte habe durch die gewerbsmäßige beseitigung und verarbeitung von bauschutt eine gefahrenquelle auf dem grundstück geschaffen, welche sich realisiert habe. die im zusammenhang mit der verarbeitung von bauschutt explodierende bombe sei dem bereich der konkreten nutzung des grundstücks zuzuordnen und weise einen sachlichen bezug zu diesem auf. 7die klägerin beantragt, 8den beklagten zu verurteilen, an sie 250.948,82 eur zzgl. zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen. 9der beklagte beantragt, 10 die klage abzuweisen. 11der beklagte behauptet, dass auf seinem betriebshof noch nie bomben und minen gefunden worden seien. diese würden vielmehr bei tätigkeiten im rahmen von abbrucharbeiten auf baustellen entdeckt. die bombe sei hier vollständig von beton umgossen und daher nicht sichtbar gewesen, so dass weder der baggerführer e noch die an diesem tag ebenfalls auf dem hof arbeitenden zeugen m und h2 die bombe hätten erkennen können. eine anerkannte durchleuchtungstechnik gebe es nicht, da eine durchleuchtung nicht zielführend sei. der verarbeitete abbruchbeton sei von bewehrung, also stahlarmierungen durchsetzt, so dass man beim röntgen bzw. durchleuchten keine kampfmittel feststellen könne. ein nachbarrechtlicher ausgleichanspruch sei durch § 14 bimschg sowie das allgemeine kriegsfolgengesetz ausgeschlossen. zudem sei der beklagte nicht störer, da die beeinträchtigung gleichsam durch eine naturkraft verursacht worden sei. die explosionsgefahr durch kampfmittel aus dem zweiten weltkrieg sei nicht mehr von anderen natürlichen gefahrenquellen zu unterscheiden und gehöre insoweit zum allgemeinen risiko. 12das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugen a, n, t und t2. im hinblick auf das ergebnis der beweisaufnahme wird auf das protokoll der sitzung vom 15.06.2015 (bl. ###-### ga) bezug genommen. 13wegen der einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die von den parteien eingereichten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 14 | 15die zulässige klage ist unbegründet. 16i. 17die klägerin ist aktivlegitimiert; indes hat sie keine ansprüche aus § 86 vvg i.v.m. § 906 abs. 2 s. 2 bgb analog oder § 86 vvg i.v.m. §§ 823 abs. 1, abs. 2 bgb, § 308 stgb gegen den beklagten. 181. 19die klägerin ist die rechtsnachfolgerin der ursprünglichen gebäudeversichererin des risikoortes s-straße und als solche aktivlegitimiert. dies ergibt sich aus den von der klägerin vorgelegten urkunden. ausweislich des von der klägerin zur akte gereichten versicherungsscheins ist die a2 versicherung ag die versichererin für den risikoort s-straße in f (anlage k1). es ist gerichtsbekannt, dass die klägerin die rechtsnachfolgerin der a2 versicherung ag ist. außerdem ist dies durch den vorgelegten handelsregisterauszug (anlage k19) nachgewiesen. durch vorlage des nachtrages zum versicherungsschein vom 15.11.2013 (anlage k47, bl. ## ga) hat die klägerin auch bewiesen, dass der versicherungsschutz für den genannten risikoort auch am schadenstag noch bestand. 202. 21die voraussetzungen für einen gesetzlichen forderungsübergang nach § 86 vvg von der eigentümergemeinschaft c (im folgenden: versicherungsnehmerin) auf die klägerin liegen nicht vor. 22zwar hat die klägerin nach dem explosionsereignis zahlungen geleistet, welche sich auf die klageforderung summieren, so dass in diesem umfang ansprüche der versicherungsnehmerin auf sie übergegangen sein könnten. es ist insoweit nicht erforderlich, dass eine leistungspflicht des versicherers gegenüber dem versicherungsnehmer besteht; entscheidend ist, dass der versicherer tatsächlich leistungen erbracht hat (römer/langheid-langheid, vvg, 4. auflage 2014, § 86 rn. 27 f.). auf eine prüfung der leistungspflicht des versicherers kommt es daher auch vorliegend nicht an. 23allerdings stehen der versicherungsnehmerin keine ersatzansprüche gegen den beklagten aus § 906 abs. 2 s. 2 bgb analog oder §§ 823 abs. 1, abs. 2 bgb i.v.m. § 308 stgb zu, so dass ein forderungsübergang auf die klägerin aus diesem grunde ausscheidet. 24a. 25ein anspruch der versicherungsnehmerin gegen den beklagten aus § 906 abs. 2 s. 2 bgb analog besteht nicht. 26eine direkte anwendung der genannten vorschrift ist nicht möglich, da es bei der explosion nicht nur zu einer druckwelle, sondern – ähnlich wie bei einer sprengung – auch dazu kam, dass trümmer umherflogen. damit handelt es sich um eine grobkörperliche immission, die nicht von § 906 bgb erfasst ist (vgl. schulze-staudinger, bgb, 8. auflage 2014, § 906 rn. 4). 27wenn ein grundstückseigentümer aus rechtlichen oder tatsächlichen gründen gezwungen ist, bestimmte immissionen zu dulden, kommt ein ausgleichsanspruch analog § 906 abs. 2 s. 2 bgb in betracht, der auch für grobkörperliche immissionen gilt (bgh njw 2011, 3294, 3296 rn. 20; bgh nzm 2009, 384 rn. 9). dass hier die versicherungsnehmerin faktisch daran gehindert war, die beeinträchtigung durch die bombe mittels geltendmachung von abwehransprüchen zu unterbinden, bedarf keiner näheren begründung. 28der anspruch aus § 906 abs. 2 s. 2 bgb analog ist nicht durch § 14 bimschg ausgeschlossen. diese vorschrift betrifft nur die beschränkung von bürgerlich-rechtlichen abwehransprüchen gegen den betrieb unanfechtbar genehmigter anlagen auf die von ihr vorgesehenen schutzmaßnahmen. daher kann die vorschrift ansprüche, welche demgegenüber auf ausgleich oder schadensersatz wegen nicht erreichbarer abwehr gerichtet sind, nicht ausschließen (vgl. palandt-bassenge, bgb, 72. auflage 2013, § 906 rn. 32). 29die analoge anwendung von § 906 abs. 2 s. 2 bgb ist auch nicht aufgrund des inhalts des allgemeinen kriegsfolgengesetzes (vom 5.11.1957, bgbl. i, s. 1747) ausgeschlossen. denn dieses gesetz regelt die einstandspflicht der bundesrepublik deutschland als rechtsnachfolgerin des deutschen reiches für ganz bestimmte kriegsfolgen; im übrigen sind ansprüche gegen die bundesrepublik wegen kriegsfolgen ausgeschlossen. hier geht es jedoch nicht um eine deutsche bombe, sondern um eine britische. insoweit fehlt es schon an einer handlung, die eine einstandspflicht der bundesrepublik überhaupt begründen könnte. zudem ist prinzipiell fraglich, ob es eine rechtsgrundlage für die haftung eines staates für den einsatz von waffen im rahmen eines allgemeinen kriegszustandes gibt. 30voraussetzung eines nachbarrechtlichen ausgleichsanspruchs nach § 906 abs. 2 s. 2 bgb analog ist, dass die einwirkungen vom benachbarten grundstück, die zu einer wesentlichen beeinträchtigung führen, auf eine nutzung dieses grundstücks zurückzuführen sind. § 906 abs. 2 s. 2 bgb richtet sich gegen den nutzer des emittierenden grundstücks, so dass es sich immer um nutzungen des grundstücks handeln muss, die zu nachteilen für den nachbarn führen. das gilt auch für den ausgleichsanspruch analog § 906 abs. 2 s. 2 bgb, wobei der nachbar hier die beeinträchtigenden einwirkungen zudem nicht nach § 1004 bgb verhindern kann (bgh, nzm 2009, 834, 835 rn. 18, bezogen auf zustand und nutzung; schulze-staudinger, bgb, 8. auflage 2014, § 906 rn. 24). folglich haftet der eigentümer oder nutzer nach § 906 abs. 2 s. 2 bgb analog nur, wenn das von ihm ausgehende beeinträchtigende verhalten dem bereich der konkreten nutzung des grundstücks zuzuordnen ist und einen sachlichen bezug zu diesem aufweist (bgh, nzm 2009, 834, 835 rn. 20 m.w.n.). 31daran fehlt es hier. die beeinträchtigung des nachbargrundstücks beruht vorliegend auf der zufälligen explosion einer bombe anlässlich des betriebs einer bauschuttrecyclinganlage, nicht auf dem betrieb dieser anlage als solcher. es handelt sich bei der bombenexplosion um einen unglücksfall, der genauso an anderer stelle hätte ausgelöst werden können. 32einwirkungen oder störungen, die ebenso an anderer stelle vorgenommen werden könnten, sind von dem nachbarrechtlichen ausgleichsanspruch indes nicht umfasst. es handelt sich nämlich insoweit um verhaltensweisen, die zwar auf dem grundstück stattfinden, durch die jedoch die spezifische beziehung der grundstückseigentümer oder -nutzer zueinander nicht berührt wird (bgh nzm 2009, 834, 386 rn. 20). das hat der bundesgerichtshof anhand eines falles entschieden, in dem es um das abdriften einer verspäteten silvesterrakete ging, die einen gebäudekomplex in brand setzte. der vorliegende fall ist freilich ungleich drastischer; dies ändert jedoch nichts daran, dass die explosion einer bombe auf dem betriebsgelände des beklagten nicht dem bereich der konkreten nutzung des grundstückes zuzuordnen ist. vielmehr lag hier eine bauschuttbeschaffenheit vor, die auf lange vergangene kriegshandlungen zurückzuführen ist. der bauschutt wurde von einem unbekannten abbruch- oder aushubort auf das grundstück des beklagten verbracht. dort ist die bombe, als sie vom baggerführer e mit der betonzange aufgenommen und dabei zu sehr erschüttert wurde, explodiert. eine solche erschütterung mit explosionsfolge hätte sich jedoch auch an jeder anderen stelle, an der sich der brocken bauschutt, der die bombe enthielt, je befand – also auch bereits am abrissort oder im rahmen des transports – ereignen können. mithin steht die handlung, welche zu der explosion der bombe führte, nämlich die erschütterung der bombe durch aufgreifen mit einer betonzange, in keinem sachlichen zusammenhang mit dem betriebsgelände des beklagten. sie betrifft, mit anderen worten, nicht einen konkreten nachbarschaftlichen nutzungskonflikt, dessen alleinigen regelungsgegenstand § 906 bgb aber bildet. für eine haftung des beklagten auf nachbarrechtlicher grundlage besteht somit kein raum. 33das gilt auch unter berücksichtigung dessen, dass der beklagte mit seinem betrieb eine gefahrenquelle geschaffen hat. denn die schaffung einer solchen führt nicht zu einer verschuldensunabhängigen haftung, sondern zum entstehen von verkehrssicherungspflichten. deren schuldhafte verletzung kann zu schadensersatzansprüchen führen; im vorliegenden fall sind deren voraussetzungen jedoch nicht erfüllt (siehe unten b.). 34b. 35die versicherungsnehmerin hat auch keinen anspruch aus § 823 abs. 1 bgb gegen den beklagten. soweit den beklagten eine verkehrssicherungspflicht im hinblick auf eine überprüfung des bauschutts vor der verarbeitung trifft, hat er diese nicht schuldhaft verletzt. zudem wäre eine etwaige verletzung der dem beklagten obliegenden verkehrssicherungspflicht für die rechtsgutsverletzung der versicherungsnehmerin auch nicht kausal geworden. 36aa. 37den beklagten trifft bezüglich des von ihm betriebenen bauschuttrecyclingunternehmens eine verkehrssicherungspflicht dahingehend, dass er eine sorgfältige sichtkontrolle des zu verarbeitenden bauschutts auf sprengkörper und sonstige explosionsverdächtige gegenstände hin vornehmen muss. 38ein bauschuttrecyclingbetrieb kann durchaus als gefahrgeneigter betrieb betrachtet werden. wenn eine gefahr von einer sache ausgeht, so hat jeder, der die sachherrschaft ausübt, die drohenden gefahren für andere durch geeignete maßnahmen abzuwenden, soweit dies zumutbar und durch billige rücksichtnahme auf das integritätsinteresse dritter geboten ist (palandt-sprau, bgb, 73. auflage 2013, § 823 rn. 48). so gewendet treffen den inhaber der gefahrenquelle verkehrssicherungs- und organisationspflichten dahingehend, dass der drohenden gefahr durch geeignete mittel begegnet wird und dass diejenigen, die ggfs. damit betraut werden, eingewiesen, kontrolliert und überwacht werden. 39die klägerin meint, der beklagte habe den bauschutt röntgen oder durchleuchten müssen. eine so weitreichende verpflichtung zur sicherung des bauschutts vor möglichen sprengkörpern vor der weiterverarbeitung besteht indes nicht, schon weil der diesbezügliche kostenaufwand unzumutbar wäre. allerdings kann und muss von dem beklagten verlangt werden, dass er den im fundamentbereich entstandenen abriss besonders sorgfältig auf kampfmittel untersucht, bevor er ihn weiterverarbeitet. 40diese verpflichtung hat in der bgv d23 (berufsgenossenschaftliche vorschrift für sicherheit und gesundheit bei der arbeit) „unfallverhütungsvorschrift sprengkörper und hohlkörper im schrott“ ihren niederschlag gefunden. diese unfallverhütungsvorschrift bestimmt, dass der unternehmer versicherte beim umgang mit schrott nur beschäftigen darf, wenn diese zuvor unterwiesen worden sind. er hat zudem dafür zu sorgen, dass beim umgang mit schrott geprüft wird, ob der schrott sprengkörper, sonstige explosionsverdächtige gegenstände oder geschlossene hohlkörper enthält (§ 2). in der durchführungsanweisung hierzu heißt es, dass die prüfung darin besteht, dass beim umgang mit schrott (befördern, umladen, lagern, be- und verarbeiten, sortieren) darauf geachtet wird, dass der schrott keine sprengkörper, sonstige explosionsverdächtige gegenstände oder geschlossene hohlkörper enthält. diese vorschrift verdeutlicht, dass beim umgang mit schrott besondere vorsicht und daher eine untersuchung geboten ist. 41vorliegend geht es nicht um schrott (definiert als eisen-, stahl- und ne-metallschrott), sondern um bauschutt. dieser kann jedoch auch schrott enthalten, gerade wenn es um fundamentabrisse geht. es ist also zwar nicht zu fordern, dass die regelungen, welche der bgv d23 zu grunde liegen, auf bauschrott generell entsprechend angewendet werden, wohl aber auf solchen bauschutt, in dem sich sprengkörper, sonstige explosionsverdächtige gegenstände oder geschlossene hohlkörper befinden können. das ist nicht bei entkernungen oder abriss von oberirdischen geschossen der fall, wohl aber beim abriss von fundamenten oder kellern. daraus kann man herleiten, dass solcher bauschutt jedenfalls sorgfältig durch eine sichtkontrolle überprüft werden muss, bevor mit ihm umgegangen wird. 42auf dem betriebsgelände des beklagten wird bauschutt aus verschiedensten abrisslagen verarbeitet, auch aus fundamentabrissen sowie aus erdaushubarbeiten. damit war der beklagte in jedem falle verpflichtet, seinen betrieb so zu organisieren, dass dort verarbeiteter bauschutt zuvor einer sorgfältigen sichtkontrolle unterzogen wird. 43bb. 44ob der beklagte eine verkehrssicherungspflichtverleztung begangen hat, indem er seinen betrieb nicht so organisiert hat, dass der bauschutt vor der verarbeitung einer sorgfältigen sichtkontrolle unterzogen wird, bedarf keiner weiteren aufklärung. denn nach der durchgeführten beweisaufnahme steht zur überzeugung des gerichts fest, dass es jedenfalls am verschulden des beklagten sowie an der kausalität einer solchen verkehrspflichtverletzung für die rechtsgutsverletzung der versicherungsnehmerin fehlt. 45(1) 46das gericht hat zweifel daran, ob es sich bei dem gegenstand, welchen die zeugen n, t und t2 ihrem bekunden nach in dem schuttberg auf dem betriebsgelände des beklagten gesehen haben, überhaupt um die am 03.01.2014 explodierte bombe gehandelt hat. 47der zeuge n hat bekundet, im spätherbst, vielleicht im september 2013, in dem schuttberg auf dem betriebsgelände des beklagten einen wasserfassähnlichen gegenstand gesehen zu haben. der zeuge t hat ausgesagt, im jahr 2012, als er mit einer crossmaschine über den großen schuttberg gefahren sei, einen wasserfassähnlichen gegenstand gesehen zu haben. über diesem habe noch ein stück von einer fußgängerbrücke gelegen. der zeuge t2 hat bekundet, ebenfalls über den schuttberg gefahren zu sein und dort oben ein eisenfass gesehen zu haben. dies sei im sommer 2012 gewesen; damals habe er den mofa-führerschein gemacht. 48nach den glaubhaften zeugenaussagen hat keiner der zeugen unmittelbar vor dem explosionsereignis den schutthaufen auf dem betriebsgelände des beklagten betreten oder genauer angesehen; vielmehr war dies mindestens ein vierteljahr her. wenn die erinnerung der zeugen t zutreffend ist – wofür die erklärung des zeugen t2 im hinblick auf den mofa-führerschein spricht – war sogar mehr als ein jahr vergangen, seitdem die zeugen den schutthaufen betreten und betrachtet haben. jedenfalls ist allein aufgrund des zeitablaufes zwischen den beobachtungen der zeugen und dem explosionsereignis unsicher, ob es sich bei dem von den zeugen gesichteten gegenstand um die später explodierte bombe handelte. denn der schutthaufen wird unstreitig regelmäßig abgeräumt, indem die großen schuttbrocken mit einer betonzange zerkleinert und dann dem brecher zugeführt werden. die zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass der von ihnen beobachtete gegenstand oben auf dem schuttberg war. der obere teil des schuttberges ist derjenige, welcher als erstes abgeräumt würde. wenn also in der zeit zwischen sommer 2012 oder september 2013 und der explosion im januar 2014 der schutthaufen auch nur teilweise abgeräumt wurde, kann es sich bei dem von den zeugen gesehenen gegenstand nicht um die bombe gehandelt haben. es ist also keineswegs sicher, dass es sich bei dem gegenstand, den die zeugen gesehen haben, tatsächlich um die bombe gehandelt hat. 49(2) 50sofern es sich bei dem gegenstand, den die zeugen n und t gesehen haben, tatsächlich um die sprengbombe gehandelt hat, war sie jedenfalls optisch als solche nicht erkennbar. 51die zeugen n und t haben übereinstimmend bekundet, auf dem schuttberg auf dem betriebsgelände des beklagten einen wasserfassähnlichen behälter gesehen zu haben. der zeuge t2 beschrieb diesen gegenstand als ein „eisenfass“. nach aussage aller drei zeugen hat dieser gegenstand etwa einen meter aus dem sonstigen bauschutt herausgeragt. die zeugen n und t erinnerten zudem noch, dass der behälter stark verrostet war. die zeugen t konnten den behälter außerdem dem durchmesser nach, welcher etwa 80 cm betragen habe, beschreiben. der zeuge n bekundete überdies, dass der gegenstand einen deckel gehabt habe, der cd-groß gewesen und mit schrauben befestigt gewesen sei. 52die zeugen n und t haben auch übereinstimmend ausgesagt, sich beim anblick dieses gegenstandes nichts gedacht haben. der zeuge n führte aus, dass er insbesondere nicht an eine bombe gedacht habe. auch der zeuge t betonte, dass er, der er als schrotthändler ein gutes auge für alteisen habe, im ansatz nicht daran gedacht habe, dass es sich möglicherweise um eine bombe oder mine handeln könne. der zeuge t2 hat in diesem zusammenhang bekundet, im leben nicht daran gedacht zu haben, dass es sich um eine bombe handeln könnte; ansonsten wäre er auch mit seinem motorrad dort nicht herumgefahren. 53die aussagen der zeugen waren alle in sich schlüssig und konsistent. sie waren jeweils geprägt von lebhaften und detailreichen schilderungen des ablaufes aus der jeweiligen sicht des zeugen. obwohl die zeugen selbst teilweise erhebliche materielle schäden durch das explosionsereignis erlitten haben, war eine belastungstendenz zu keiner zeit erkennbar. 54nach den übereinstimmenden zeugenaussagen war der von allen zeugen gesehene gegenstand, obwohl er aus dem bauschutt etwa einen meter hervorragte, optisch in keiner weise als bombe erkennbar. sofern es sich bei diesem gegenstand also tatsächlich um die später explodierte bombe gehandelt hat, entfaltet auch die dauer, welche sie möglicherweise bestandteil des schutthaufens war, keinerlei bedeutung. besonderes gewicht im hinblick auf die beurteilung der erkennbarkeit des von den zeugen gesehenen metallgegenstandes als mögliche sprengbombe hat die aussage des zeugen t. denn dieser ist als schrotthändler bezüglich der optischen beurteilung von altmetall sachverständiger zeuge. sogar er hat unter betonung seiner erfahrung als schrotthändler offen geschildert, dass er im ansatz nicht daran gedacht habe, dass es sich um eine bombe handeln könne. er hatte mithin keinerlei anhaltspunkte dafür, von einer solchen auszugehen. auch die zeugen n und t2 hatten aus ihrer jeweiligen sicht keinen grund dazu anzunehmen, dass es sich bei dem vermeintlichen „wasserfass“ tatsächlich um eine bombe handelte. mithin steht zur überzeugung des gerichts fest, dass – sofern es sich bei dem von den zeugen beobachteten metallgegenstand überhaupt um die sprengbombe gehandelt hat –, die bombe als solche optisch nicht zu erkennen war. auch für den fall, dass es sich bei dem von den zeugen wahrgenommenen gegenstand gar nicht um die später explodierte bombe gehandelt hat, vermag die kammer aufgrund der inaugenscheinnahme von lichtbildern einer mit der hiesigen baugleichen sprengbombe (museumsstück aus koblenz, bl. ###-### ga) ein verschulden des beklagten auszuschließen. die einer länglichen tonne ähnelnde äußere erscheinung, zumal wenn noch verrostet und großteils von bauschutt verdeckt, entspricht nicht der typischen und damit erkennbaren bombenform. folglich trifft den beklagten keinerlei verschulden, noch nicht einmal leichte fahrlässigkeit, im hinblick darauf, dass die bombe tatsächlich vor der verarbeitung des bauschuttstückes, in welchem sie steckte, nicht erkannt worden ist. 55ferner fehlt es vor dem hintergrund der obigen auf den glaubhaften zeugenaussagen beruhenden überzeugung des gerichts, dass die bombe in dem bauschutt optisch nicht zu erkennen war, an der kausalität einer etwaigen verkehrspflichtverletzung für die eigentumsverletzung der versicherungsnehmerin. 56selbst wenn die gebotene sorgfältige sichtkontrolle von dem beklagten schuldhaft nicht veranlasst worden wäre, hätte sich dies nicht ausgewirkt, weil diese sicherungsmaßnahme vorliegend kein positives ergebnis gebracht hätte. denn die bombe war optisch als solche nicht zu erkennen. dies auch unter zugrundelegung eines erhöhten kenntnismaßstabes bezüglich der optischen beschaffenheit von bomben, da der zeuge t als sachverständiger zeuge den als alteisen erkannten metallschrott in keiner weise für verdächtig gehalten hat. 57cc. 58vor dem hintergrund des vorstehenden scheidet auch ein anspruch der versicherungsnehmerin gegen den beklagten aus § 823 abs. 2 bgb i.v.m. § 308 stgb aus. 59ii. 60die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo. 61die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus § 709 zpo. 62streitwert: 250.948,82 eur 63rechtsbehelfsbelehrung: 64gegen diesen beschluss ist das rechtsmittel der sofortigen beschwerde gegeben, wenn der wert der hauptsache 600,00 eur und der wert des beschwerdegegenstandes 200,00 eur übersteigt. die sofortige beschwerde ist bei dem landgericht bonn, wilhelmstr. 21, 53111 bonn, oder dem oberlandesgericht köln, reichenspergerplatz 1, 50670 köln, schriftlich in deutscher sprache oder zur niederschrift der geschäftsstelle einzulegen. die beschwerde kann auch zur niederschrift der geschäftsstelle eines jeden amtsgerichtes abgegeben werden. 65die sofortige beschwerde muss die bezeichnung des angefochtenen beschlusses (datum des beschlusses, geschäftsnummer und parteien) sowie die erklärung enthalten, dass sofortige beschwerde gegen diesen beschluss eingelegt wird. sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden. 66die sofortige beschwerde muss spätestens innerhalb einer notfrist von zwei wochen bei dem landgericht bonn oder dem oberlandesgericht köln eingegangen sein. dies gilt auch dann, wenn die sofortige beschwerde zur niederschrift der geschäftsstelle eines anderen amtsgerichts abgegeben wurde. die frist beginnt mit der zustellung des beschlusses, spätestens mit ablauf von fünf monaten nach erlass des beschlusses. | Verklagte*r | 0 |
345,673 | 13 D 75/18.EK | 2022-06-24T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Entschädigung wegen unangemessener Dauer der Verfahren VG Gelsenkirchen 17 K 3717/16 und OVG NRW 5 A 2807/19 in Höhe von 1.700 Euro zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt eine Entschädigung wegen überlanger Dauer eines erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens. 3Am 0. Juni 2016 fand in den E. Stadtteilen E1. und I. die von der Partei „Die S. “ angemeldete Veranstaltung „0. Tag der E2. A. – X. “ statt. In diesem Zusammenhang kam es gegen Mittag zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Polizeibeamten und einer größeren Gruppe von polizeilich dem linksextremen Lager zugeordneten Personen. In der Folge erteilten die Polizeibeamten 90 Personen dieser Gruppe, unter denen sich auch der Kläger befand, mündlich Platzverweise für das gesamte E. Stadtgebiet bis zum Ablauf des Tages. Hiergegen erhob der Kläger am 13. Dezember 2016 Fortsetzungsfeststellungsklage, die den Gegenstand des Ausgangsverfahrens (VG Gelsenkirchen 17 K 3717/16 und OVG NRW 5 A 2807/19), dessen Überlänge er rügt, bildet. Entsprechend verfuhren zwischen Juni und Dezember 2016 zehn weitere Betroffene. 4Die vom Verwaltungsgericht mit Eingangsverfügung vom 15. Dezember 2016 erbetene Klageerwiderung nebst Übersendung der Verwaltungsvorgänge erfolgte am 22. Dezember 2016. In der Folge tauschten die Beteiligten weitere Schriftsätze aus. Der Kläger teilte unter dem 6. März 2017 mit, dass er eine weitere Stellungnahme auf den Schriftsatz des Beklagten vom 23. Februar 2017 für nicht erforderlich halte. 5Unter dem 9. März 2018 fragte der Kläger nach dem Sachstand und rügte die Verzögerung des erstinstanzlichen Verfahrens. Das Verwaltungsgericht teilte daraufhin mit, dass ein konkreter Fortgang des Verfahrens angesichts der großen Belastung der Kammer durch annähernd noch 500 anhängige Syrien-Asylverfahren und weitere zeitlich ältere Verfahren im Dezernat des Berichterstatters noch nicht abgesehen werden könne. 6Der Kläger hat am 3. Oktober 2018 Klage auf Entschädigung wegen überlanger Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erhoben. Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 8. Mai 2019 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Ausgangsverfahrens ruhend gestellt. 7In der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2019 verband das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers zusammen mit den zehn weiteren bei ihm anhängig gemachten Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung, führte sie unter dem Aktenzeichen 17 K 3717/16 fort und wies die Klage mit am 5. Juli 2019 zugestelltem Urteil mangels eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses als unzulässig ab. 8Der Kläger beantragte am 8. Juli 2019, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen. Die Zulassungsbegründung erfolgte am 3. September 2019. Zur Begründung berief sich der Kläger auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, machte die grundsätzliche Bedeutung des Verfahrens geltend und rügte im Einzelnen näher benannte Verfahrensfehler. 9Der Beklagte teilte am 21. Oktober 2019 – nachdem er zunächst um Fristverlängerung gebeten hatte – mit, dass er auf die Möglichkeit einer Stellungnahme verzichte. 10Am 23. Dezember 2020 rügte der Kläger die Verzögerung des zweitinstanzlichen Verfahrens. 11Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen ließ die Berufung mit Beschluss vom 22. April 2021 wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zu. Zur Begründung führte es aus, dass im Berufungsverfahren zu klären sein werde, welche Anforderungen an die Geltendmachung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses für den Fall eines sich kurzfristig erledigenden Grundrechtseingriffs zu stellen seien und ob der Beklagte den Klägern einen Platzverweis für das gesamte Stadtgebiet E. habe erteilen können. 12Zur Berufungsbegründung verwies der Kläger sodann unter dem 26. April 2021 auf seine Ausführungen aus dem Zulassungsantrag. Der Beklagte beantragte am 31. Mai 2021, die Berufung zurückzuweisen. Auf entsprechende Anfrage des Oberverwaltungsgerichts erklärten sich die Beteiligten am 8. bzw. 16. Juli 2021 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden. Der Kläger nahm die Möglichkeit zur abschließenden Stellungnahme am 24. August 2021 wahr. 13Mit Urteil vom 27. September 2021, zugestellt am 1. Oktober 2021, stellte das Oberverwaltungsgericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung fest, dass der Platzverweis vom 4. Juni 2016 rechtswidrig gewesen ist. Zur Begründung führte es aus, dass die Klagen zulässig seien. Die Kläger hätten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen einer sich regelmäßig zeitnah erledigenden Maßnahme. Die Klagen seien auch begründet, da die von den Polizeibeamten den Klägern erteilten Platzverweise rechtswidrig gewesen seien. Der Begriff des Ortes in § 34 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW sei dahingehend auszulegen, dass ein hierauf gestützter Platzverweis nicht das Gebiet einer gesamten Gemeinde umfassen könne. 14Der Kläger beantragte am 1. November 2021 die Wiederaufnahme des ruhend gestellten Entschädigungsverfahrens. Zur Begründung seiner Entschädigungsklage trägt er im Wesentlichen vor, dass das Verwaltungsgericht ab dem 9. März 2018 bis zum 25. April 2019, mithin 13 Monate lang, untätig gewesen sei. Die Untätigkeit in der zweiten Instanz betrage vier Monate. Bei der danach geltend gemachten 17-monatigen unangemessenen Verfahrensdauer genüge keine Wiedergutmachung durch Feststellung der Verzögerung. Seine Position sei durch die Entscheidung verbessert worden. Es müsse nun nicht mehr befürchtet werden, aufgrund einer ähnlichen Fallgestaltung in Nordrhein-Westfalen ein Aufenthaltsverbot für ein gesamtes Stadtgebiet zu erhalten und hierdurch das Versammlungsrecht nicht mehr in Anspruch nehmen zu können. Die besondere Bedeutung der Entscheidung zeige sich auch darin, dass sie von der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen veröffentlicht und in der Literatur vielfach besprochen worden sei. Entschädigungsausschließend wirke auch nicht der Zeitpunkt der Klageerhebung, da diese binnen Jahresfrist und somit auch noch deutlich später als vorliegend geschehen hätte erhoben werden können. 15Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 16den Beklagten zu verurteilen, ihm 1.700 Euro zu zahlen. 17Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 18die Klage abzuweisen. 19Er trägt vor, dass eine Verzögerung des Ausgangsverfahrens in erheblichem Maße auf der starken Belastung der im Ausgangsverfahren zuständigen Kammer mit asylrechtlichen Verfahren beruht habe. Hierbei handele es sich um außergewöhnliche Umstände, deren Bewältigung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstelle und dem Einzelnen insoweit auch das Solidaropfer einer längeren, entschädigungslosen Verfahrenslaufzeit abverlangen müsse. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn – wie hier – über die bloße Verzögerung hinausgehende Nachteile nicht vorgetragen würden; andernfalls würde jedes Anhängigmachen eines Verwaltungsrechtsstreits in Zeiten starker Belastung einen Anspruch auf Entschädigung herbeiführen. Jedenfalls sei aber eine Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend. Die Beeinträchtigung des Klägers erschöpfe sich – mangels weitergehenden Vortrags – in einer (etwaigen) Überlänge des Ausgangsverfahrens. Auch das prozessuale Verhalten des Klägers im Ausgangsverfahren zeige, dass das Verfahren für ihn selbst keine besondere Dringlichkeit aufgewiesen habe. Denn er habe erst ein halbes Jahr nach dem Platzverweis Klage erhoben. Zudem sei der hohe Schwierigkeitsgrad der Sache zu beachten, da bislang offene Rechtsfragen geklärt worden seien. 20Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren des Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (vor der Verbindung 17 K 8793/16 und danach 17 K 3717/16) sowie des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (5 A 2807/19) Bezug genommen. 22Entscheidungsgründe: 23Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. 24Die zulässige Klage ist begründet. 25Der Kläger hat einen Anspruch auf Ausgleich seines immateriellen Nachteils wegen unangemessener Dauer der Gerichtsverfahren 17 K 3717/16 vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und 5 A 2807/19 vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe der eingeklagten 1.700 Euro. 26Der Anspruch auf Entschädigung folgt aus § 198 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 GVG. Diese Regelungen sind im Verwaltungsprozess gemäß § 173 Satz 2 VwGO entsprechend anwendbar. Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Der durch eine unangemessene Verfahrensdauer eingetretene immaterielle Nachteil ist nach Maßgabe des § 198 Abs. 2 GVG zu entschädigen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Dauer der von dem Kläger in Bezug genommenen Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und dem Oberverwaltungsgericht war im Umfang von 27 Monaten unangemessen (I.). Der Anspruch auf Entschädigung ist nicht für den vor der Erhebung der Verzögerungsrüge liegenden Zeitraum ausgeschlossen (II.). Der Kläger hat durch die Verzögerung einen immateriellen Nachteil erlitten, der antragsgemäß mit einem Betrag von 1.700 Euro zu entschädigen ist (III.). 27I. Die Dauer des Gerichtsverfahrens von der Klageerhebung am 13. Dezember 2016 bis zur Übermittlung des Berufungsurteils des Oberverwaltungsgerichts vom 27. September 2021, das war am 1. Oktober 2021, 28vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts OVG NRW, Urteil vom 28. September 2015 - 13 D 27/14 -, juris, Rn. 44, 29war bei der gebotenen Gesamtbetrachtung beider Instanzen, 30vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2014 - 5 C 1.13 D -, juris, Rn. 11 f., und vom 11. Juli 2013 ‑ 5 C 23.12 D -, juris, Rn. 16 f.; OVG NRW, Urteil vom 10. Februar 2017 - 13 D 75/15 -, juris, Rn. 14, 31im Umfang von 27 Monaten unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. 32Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG). Damit sind schematische zeitliche Vorgaben für die Angemessenheit ausgeschlossen. Bei der notwendigen Einzelfallbetrachtung ist die Verfahrensdauer unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere, aber nicht zwingend nur an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die aus konventions- und verfassungsrechtlichen Normen folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. 33Vgl. zu den Maßstäben im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D -, juris, Rn. 26 ff., m. w. N.; OVG NRW, Urteile vom 28. September 2015 ‑ 13 D 27/14, 13 D 116 /14, 13 D 117/14, 13 D 11/15, 13 D 12/15 -, jeweils juris. 34Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände (1.) war die Verfahrensdauer sowohl beim Verwaltungsgericht (2.) als auch beim Oberverwaltungsgericht unangemessen (3.). 351. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benennt als Kriterien für die Angemessenheit der Verfahrensdauer ausdrücklich die Schwierigkeit (a) und Bedeutung des Verfahrens (b) und das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (c). 36a. Die Schwierigkeit eines Verfahrens hängt vom zugrunde liegenden Sachverhalt, der Rechtslage und den konkreten Umständen eines Verfahrens ab. Tatsächliche Schwierigkeiten können sich unter anderem aus dem Umfang des Falls sowie der Beteiligung mehrerer Verfahrensbeteiligter ergeben. Rechtliche Schwierigkeiten können beispielsweise darauf beruhen, dass die Entscheidung von bisher ungeklärten komplizierten Rechtsfragen abhängt. 37Vgl. Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 1. Aufl. 2013, § 198 GVG, Rn. 103 ff., m. w. N.; Stahnecker, Entschädigung bei überlangen Gerichtsverfahren, S. 13, Rn. 38 ff. 38Danach waren sowohl das erstinstanzliche als auch das zweitinstanzlichen Verfahren zumindest in rechtlicher Hinsicht überdurchschnittlich schwierig. Es waren komplexe, zum Teil noch ungeklärte Rechtsfragen zu beantworten. Wenngleich es auf die Frage, ob ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für den Fall eines sich kurzfristig erledigenden Grundrechtseingriffs an einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff gebunden ist, letztlich nicht ankam, 39vgl. im Ausgangsverfahren OVG NRW, Urteil vom 27. September 2021 - 5 A 2807/19 -, juris, Rn. 60, 40blieb materiell-rechtlich die bis dahin obergerichtlich noch nicht geklärte Frage zu beantworten, ob der Begriff des Ortes in § 34 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW das Gebiet einer gesamten Gemeinde umfassen kann (juris, Rn. 69 ff.). 41b. Das Verfahren war für den Kläger von durchschnittlicher Bedeutung. Die Bedeutung der Sache ist in einer objektivierten Weise zu bestimmen. Sie ist zu bemessen aus der Sicht eines verständigen Verfahrensbeteiligten. Bloße subjektive Einschätzungen von Betroffenen müssen daher außer Betracht bleiben. 42Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14. April 2021 ‑ 13 F 73/20 -, juris, Rn. 51; Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 1. Aufl. 2013, § 198 GVG, Rn. 109, m. w. N. 43Als besonders bedeutsam sind danach Verfahren einzuordnen, die für die wirtschaftliche, berufliche oder persönliche Existenz eines Beteiligten von maßgeblicher Bedeutung sind. Beteiligte können aus diesem Grunde ein gerechtfertigtes Interesse an einem schnellen Ausgang des Verfahrens haben. 44Vgl. BVerwG, Anerkenntnisurteil vom 17. August 2017 - 5 A 2.17 D -, juris, Rn. 29; Bay. VGH, Urteile vom 13. Juni 2019 - 24 A 18.2049 -, juris, Rn. 33, und vom 10. Dezember 2015 - 23 A 14.2252 -, juris, Rn. 44, jeweils m. w. N. 45Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nimmt eine besondere Bedeutung des Verfahrens an, wenn es um Eingriffe in die persönliche Freiheit oder die Gesundheit von Betroffenen, um die Klärung finanzieller Existenzfragen etwa in Versorgungsangelegenheiten oder um Eltern-Kind-Beziehungen geht. 46Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 1. Aufl. 2013, Teil I Einführung, Rn. 33. 47Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehören beispielsweise Verfahren, bei denen dem Grunde oder der Höhe nach um Fürsorgeleistungen gestritten wird, zu den Rechtsangelegenheiten, die wegen ihrer Natur und ihrer Bedeutung für die Betroffenen besonders zu fördern sind. Eine besondere Bedeutung für den Betroffenen ist auch bei Rechtsstreitigkeiten anzunehmen, die zwar nicht die Sicherung des Existenzminimums betreffen, sondern Sozialleistungen, auf die der Betroffene zur Sicherung seines laufenden Lebensunterhalts angewiesen ist. 48Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2014 ‑ 1 BvR 2186/14 -, juris, Rn. 8. 49Auch Verfahren über das Sorge- oder Umgangsrecht für Kinder, Verfahren über den Personenstand und die Geschäftsfähigkeit oder Arbeitssachen bedürfen einer besonderen Beschleunigung. 50Vgl. Althammer/Schäuble: Effektiver Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer – Das neue Gesetz aus zivilrechtlicher Perspektive, in: NJW 2012, 1 (2), m. w. N. 51Orientiert an diesen Fallgruppen schätzt der Senat die objektive Bedeutung des Ausgangsverfahrens für den Kläger als durchschnittlich ein. Zwar war der angegriffene Platzverweis im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits erledigt, ohne dass der Kläger mit einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr zu rechnen brauchte. 52Vgl. im Ausgangsverfahren OVG NRW, Urteil vom 27. Februar 2021 - 5 A 2807/19 -, juris, Rn. 33 ff. 53Gleichwohl ging es in dem Verfahren um Fragen im Zusammenhang mit der Reichweite von polizeilichen Eingriffsbefugnissen, die nicht nur für den Kläger, dem mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG ein Fortsetzungsfeststellunginteresse zukam, sondern auch für die Allgemeinheit bedeutsam waren. 54Vgl. zur Berücksichtigung dieses Gerichtspunkts Steinbeiß-Winkelmann, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 1. Aufl. 2013, § 198 GVG Rn. 108. 55Hierfür spricht allein die Anzahl von ca. 90 Personen, die wie der Kläger von gleichartigen Platzverweisen betroffen waren. Dass das Ausgangsverfahren aber einer besonderen Beschleunigung bedurft hätte, hat der Kläger weder im Ausgangsverfahren noch im Entschädigungsverfahren hinreichend geltend gemacht. Dies ist auch sonst nicht erkennbar. 56c. Das Verhalten der Beteiligten war nicht mitursächlich für die Verfahrensdauer. 57aa. Insbesondere hat der Kläger nicht zur Verzögerung des Verfahrens beigetragen. 58Bei der Prüfung der Angemessenheit der Verfahrensdauer ist gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG zu Lasten eines Verfahrensbeteiligten grundsätzlich nur ein Verhalten zu berücksichtigen, durch das eine Verzögerung herbeigeführt wird. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Verfahrensbeteiligten, abgesehen insbesondere von der Obliegenheit zur Erhebung der Verzögerungsrüge, grundsätzlich nicht verpflichtet sind, aktiv darauf hinzuarbeiten, dass das Gericht das Verfahren in angemessener Zeit zum Abschluss bringt. Daher kann ihnen eine Passivität bei der im Rahmen der Ermittlung der angemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens erforderlichen Prüfung, ob die Verfahrensbeteiligten durch ihr Verhalten eine Verzögerung des Rechtsstreits bewirkt haben, nicht angelastet werden. Die Verpflichtung des Gerichts, das Verfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, ergibt sich unmittelbar aus der dem Staat obliegenden Justizgewährleistungspflicht, aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes und aus Art. 6 Abs. 1 EMRK. Ein Unterlassen der Förderung des Verfahrens führt nur dann zu einer einem Verfahrensbeteiligten anzulastenden Verzögerung, wenn eine entsprechende Rechtspflicht bestand. 59Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Februar 2016 - 5 C 31.15 D -, juris, Rn. 21. 60Das ist hier nicht der Fall. Dem Kläger gereicht es nicht zum Nachteil, dass er sich im erstinstanzlichen Verfahren rein passiv verhalten und nicht durch wiederholte Sachstandsanfragen oder sonstige Aufforderungen auf eine frühere Beschleunigung hingewirkt hat. Es bestand keine Rechtspflicht für den Kläger, die Verzögerungsrügen bereits früher zu erheben. Das Gesetz legt gerade keinen Zeitpunkt fest, zu dem die Rüge spätestens erhoben sein muss. 61Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14. April 2021 ‑ 13 F 73/20 -, juris, Rn. 54; OVG NRW, Urteil vom 10. Februar 2017 - 13 D 36/16 -, juris, Rn. 48, m. w. N.; Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 1. Aufl. 2013, § 198 GVG, Rn. 194 ff., m. w. N. 62bb. Auch der Beklagte hat nicht zur Verzögerung des Verfahrens beigetragen. Anlass zu einer abweichenden Beurteilung bietet insbesondere nicht der Fristverlängerungsantrag des Beklagten vom 16. Oktober 2021, da er – trotz der gewährten Fristverlängerung – bereits am 21. Oktober 2019 mitteilte, dass er auf die Möglichkeit zur Stellungnahme verzichte. 632. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ergibt sich hier bei der gebotenen Gesamtabwägung eine unangemessene Dauer des Verfahrens in der ersten Instanz im Umfang von fünfzehn Monaten. 64Die Klage war entscheidungsreif, nachdem der Kläger unter dem 6. März 2017 mitgeteilt hatte, dass keine Stellungnahme auf den letzten Schriftsatz des Beklagten erfolgen werde. Der Sachverhalt war zu diesem Zeitpunkt in tatsächlicher Hinsicht ausreichend aufbereitet und den Beteiligten war in hinreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden. 65Im vorliegenden Fall erscheint es angemessen, dem Verwaltungsgericht ab diesem Zeitpunkt einen (Gestaltungs-)Zeitraum von zehn Monaten für seine Entscheidung zuzugestehen, wann und wie es das Verfahren im Sinne eines Hinwirkens auf eine Erledigung des Prozesses fördert. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass – auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gewährten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) – die Verfahrensgestaltung in erster Linie dem mit der Sache befassten Gericht obliegt und ihm hinsichtlich der Entscheidung, wann und wie es eine bestimmte Sache in Abstimmung mit anderen bei ihm anhängigen Sachen terminiert oder sonst fördert, ein Spielraum zusteht. Der (Gestaltungs-)Zeitraum berücksichtigt weiter, dass das Gericht vor einer verfahrensfördernden Handlung oder Entscheidung zur Sache Zeit zur rechtlichen Durchdringung benötigt, um dem rechtsstaatlichen Anliegen zu genügen, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes vorzunehmen. Der ab Eintritt der Entscheidungsreife zugestandene Zeitraum ist im Einzelfall in Relation zu den in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit – genauso wie hinsichtlich der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG aufgeführten Umstände – wie die Gerichte im Ausgangsverfahren die Lage aus ihrer ex-ante-Sicht einschätzen durften. 66Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Februar 2016 - 5 C 31.15 D -, juris, Rn. 24, m. w. N.; Nds. OVG, Beschluss vom 14. April 2021 - 13 F 73/20 -, juris, Rn. 48. 67Die Gestaltungsfreiheit des Gerichts wird in zeitlicher Hinsicht begrenzt durch den Zeitpunkt, ab dem ein (weiteres) Zuwarten auf eine verfahrensfördernde Entscheidung bzw. Handlung des Gerichts im Hinblick auf die subjektive Rechtsposition des Betroffenen auf eine angemessene Verfahrensdauer nicht mehr vertretbar ist, weil sich die (weitere) Verzögerung bei Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls als sachlich nicht mehr gerechtfertigt und damit als unverhältnismäßig darstellt. Es ist nicht mit dem Zeitpunkt gleichzusetzen, bis zu dem von einer "optimalen Verfahrensführung" des Gerichts auszugehen ist. Entschädigungsrechtlich relevant sind nur die nach Ablauf des Gestaltungszeitraums auf die Verfahrensführung des Gerichts zurückzuführenden Verzögerungen. Denn zur Begründung des Entschädigungsanspruchs reicht nicht jede Abweichung von der optimalen Verfahrensführung aus. Vielmehr setzt der Entschädigungsanspruch aus § 198 Abs. 1 GVG voraus, dass der Beteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Menschenrecht auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit beeinträchtigt worden ist, was eine gewisse Schwere der Belastung erfordert. 68Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Februar 2016 - 5 C 31.15 D -, juris, Rn. 24, m. w. N. 69In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist hier bei der Bemessung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums zu berücksichtigen, dass das Ausgangsverfahren in rechtlicher Hinsicht überdurchschnittlich schwierig war, es für den Kläger durchschnittlich bedeutsam gewesen ist und die Verfahrensbeteiligten nicht durch ihr Verhalten zu einer Verfahrensverzögerung beigetragen haben. Angesichts dessen war die fehlende Bearbeitung bzw. Förderung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht nach Ablauf von zehn Monaten Untätigkeit nach Entscheidungsreife, also Anfang Januar 2018, nicht mehr gerechtfertigt. 70Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Februar 2015 - 5 C 5.14 D -, juris, Rn. 29 ff., dort wurde in einem einfach gelagerten und für den Kläger wenig bedeutsamen Verfahren ein Gestaltungsspielraum von neun Monaten angenommen, und vom 29. Februar 2016 - 5 C 31.15 D -, juris, Rn. 26, wo ein zehnmonatiger Gestaltungsspielraum in einem Ausgangsverfahren angenommen wurde, das (allenfalls) einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufwies, seine Bedeutung für die Klägerin mehr als durchschnittlich, aber nicht wesentlich war und die Klägerin nicht durch ihr Verhalten zu einer Verfahrensverzögerung beigetragen hatte. 71Hier wurde das Verfahren erst durch Ladung vom 25. April 2019 zur mündlichen Verhandlung wieder gefördert, so dass sich für das erstinstanzliche Verfahren eine unangemessene Verfahrensdauer von mehr als fünfzehn Monaten ergibt. 72Anlass zu einer abweichenden Beurteilung gibt entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht der Umstand, dass die Verzögerung des Ausgangsverfahrens in erheblichem Maße auf der starken Belastung der im Ausgangsverfahren zuständigen Kammer mit asylrechtlichen Verfahren beruhte. 73Zwar ist die Aufzählung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Gesichtspunkte, nach denen sich „insbesondere“ die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet, nicht abschließend, sondern nur beispielhaft. 74Vgl. BT-Drs. 17/3802, S. 18. 75Der Staat kann sich zur Rechtfertigung der Verfahrensdauer nicht auf solche Umstände berufen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen. Deshalb ist eine Überlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder des konkreten Ausgangsgerichts bzw. Spruchkörpers für die Bemessung des richterlichen Gestaltungsspielraums ohne Belang. Sie gehört zu den strukturellen Mängeln, die sich der Staat zurechnen lassen muss und die er durch Bereitstellung ausreichender personeller und sachlicher Mittel zu beseitigen hat. 76Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Februar 2016 - 5 C 31.15 D -, juris, Rn. 24, m. w. N.; Nds. OVG, Beschluss vom 14. April 2021 - 13 F 73/20 -, juris, Rn. 48; Bay. VGH, Urteil vom 27. September 2019 - 24 F 19.1034 -, juris, Rn. 29; OVG NRW, Urteil vom 10. Februar 2017 - 13 D 74/15 -, juris, Rn. 43; Stahnecker, Entschädigung bei überlagen Gerichtsverfahren, S. 25, Rn. 79 ff., m. w. N.; BT-Drs. 17/3802, S. 19. 77Etwas anderes kann zwar in Sondersituationen gelten, in denen es durch einen plötzlichen, nicht vorhersehbaren Anstieg der Fallzahlen zu einer außergewöhnlichen Belastung des Gerichts kommt. Wird auf eine solche Situation zeitnah reagiert und werden – ausreichende – Gegenmaßnahmen ergriffen, liegt in der durch den kurzfristigen Fallzahlenanstieg bedingten Verzögerung keine unangemessene Verfahrensdauer. 78Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Februar 2017 ‑ 13 D 74/15 -, juris, Rn. 47, m. w. N; Roderfeld, in: Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, § 198 GVG Rn. 16, m. w. N.; siehe zudem zu Verfahrensverlängerungen durch Verzögerungen beim Sitzungsbetrieb zu Beginn der Corona-Pandemie BFH, Urteil vom 27. Oktober 2021 - X K 5/20 -, juris, Rn. 39 ff. 79Wenngleich die sog. Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 zu einer außergewöhnlichen Eingangsbelastung der Verwaltungsgerichte führte, lag eine solche Sondersituation aber jedenfalls im Zeitpunkt des Ablaufs des Gestaltungsspielraums Anfang Januar 2018 nicht mehr vor. Vielmehr ist (spätestens) im Jahr 2015 absehbar geworden, dass es in den folgenden Jahren zu einer Vielzahl von Asylklagen kommen würde, da allein in diesem Jahr rund 890.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen waren. 80Vgl. Der Tagesspiegel, Zahl der Verfahren wegen Asylklagen verdoppelt, Stand: 31. Dezember 2017, abrufbar unter 81https://www.tagesspiegel.de/politik/verwaltungsgerichte-ueberlastet-zahl-der-verfahren-wegen-asylklagen-verdoppelt/20802054.html. 82Angesichts dessen oblag es dem Staat, einhergehend ausreichende personelle Mittel zu gewährleisten, um weiterhin effektiven, mithin auch zeitnahen Rechtsschutz zu gewährleisten. 83So auch Bay. VGH, Urteil vom 27. September 2019 - 24 F 19.1034 -, juris, Rn. 29. 84Dies gilt erst Recht vor dem Hintergrund, dass beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits im Jahr 2014 eine deutliche Zunahme der Asylanträge zu verzeichnen war. 85Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Das Bundesamt in Zahlen 2021, S. 9, abrufbar unter https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/BundesamtinZahlen/bundesamt-in-zahlen-2021-asyl.html?view=renderPdfViewer&nn=284738. 86Vor diesem Hintergrund konnte vom Kläger – anders als der Beklagte meint – kein Solidaropfer in Gestalt einer längeren, entschädigungslosen Verfahrenslaufzeit abverlangt werden. 873. Auch die Dauer des zweitinstanzlichen Verfahrens war unangemessen. 88a. Es liegt eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung des Zulassungsverfahrens von zwölf Monaten vor. 89Unter Berücksichtigung des dem Gericht zustehenden Gestaltungsspielraums und des Umstands, dass das Verfahren bereits nicht unerheblich verzögert war, 90vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 10. Februar 2017 - 13 D 36/16 -, juris, Rn. 63; Thür. OVG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 2 SO 182/12 -, juris, Rn. 93, m. w. N., 91erscheint bei der gebotenen Gesamtwürdigung mit Blick auf die vorstehend ausgeführten Gesichtspunkte eine Untätigkeit von sechs Monaten ab Eintritt der Entscheidungsreife durch Mitteilung des Beklagten vom 21. Oktober 2019 bis zur weiteren Förderung des Verfahrens noch sachlich vertretbar (d. h. bis zum 21. April 2020). Da das Verfahren aber erst durch den Zulassungsbeschluss vom 22. April 2021 gefördert wurde, lag eine unangemessene Verfahrensdauer von zwölf Monaten vor. 92b. Demgegenüber war die Dauer des zweitinstanzlichen Verfahrens ab Zulassung der Berufung angemessen. Das Berufungsverfahren hat nach Eingang der Berufungsbegründung nur fünf Monate gedauert und wurde in dieser Zeit regelmäßig vom Gericht bis zur abschließenden Entscheidung gefördert. 93Nach Eingang der Berufungsbegründung des Klägers am 26. April 2021 und der umfangreichen Erwiderung des Beklagten vom 28. Mai 2021, die dem Kläger zur Stellungnahme übersandt wurde, hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren bereits mit Verfügung vom 7. Juli 2021 gefördert, indem es auf die zu klärenden Rechtsfragen hingewiesen und angefragt hat, ob auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wird. Nachdem die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichtet hatten, wies das Oberverwaltungsgericht mit Verfügung vom 6. August 2017 darauf hin, dass eine Entscheidung in der Sitzung vom 17. September 2021 beabsichtigt sei und gab ihnen Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme bis zum 10. September 2021. Das Oberverwaltungsgericht hat letztlich mit Urteil vom 27. September 2021, zugestellt am 1. Oktober 2021, über die Berufung entschieden. 94II. Der Anspruch des Klägers auf Entschädigung ist nicht teilweise wegen einer verspäteten Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG zu verneinen. Die – wie hier – wirksam erhobenen Verzögerungsrügen wahren den Entschädigungsanspruch grundsätzlich vollständig und nicht erst für Zeiträume ab dem Zeitpunkt der Rüge. 95Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Februar 2017 ‑ 13 D 75/15 -, juris, Rn. 46, m. w. N. 96III. Durch die unangemessene Verfahrensdauer im Umfang von 27 Monaten hat der Kläger einen immateriellen Nachteil erlitten, der durch eine Entschädigung wiedergutzumachen ist (1.), die der Senat – entsprechend des klägerischen Antrags – auf 1.700 Euro festsetzt (2.). 971. Nach § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG wird ein immaterieller Nachteil vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren – wie hier – unangemessen lange gedauert hat. Diese Vermutung ist nicht widerlegt. Eine Entschädigung ist auch nicht nach § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ausgeschlossen. Danach kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Ob eine solche Feststellung ausreichend im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ist, beurteilt sich auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. In diese Abwägung wird regelmäßig einzustellen sein, ob das Ausgangsverfahren für den Verfahrensbeteiligten eine besondere Bedeutung hatte, ob dieser durch sein Verhalten erheblich zur Verzögerung beigetragen hat, ob er weitergehende immaterielle Schäden erlitten hat oder ob die Überlänge den einzigen Nachteil darstellt. Darüber hinaus kann zu berücksichtigen sein, von welchem Ausmaß die Unangemessenheit der Dauer des Verfahrens ist und ob das Ausgangsverfahren für den Verfahrensbeteiligten eine besondere Dringlichkeit aufwies oder ob diese zwischenzeitlich entfallen war. 98Vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 23.12 D -, juris, Rn. 57; OVG NRW, Urteil vom 28. September 2015 - 13 D 12/15 -, juris, Rn. 81 f.; BT-Drs. 17/3802, S. 20. 99Mit Blick auf den erheblichen Umfang der Verzögerung des Verfahrens, das für den Kläger, der zu der Verzögerung nicht beigetragen hat, trotz Erledigung des angegriffenen Platzverweises weiterhin noch von Bedeutung war, ist die bloße Feststellung, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, hier nicht ausreichend. 1002. Die Bemessung der immateriellen Nachteile richtet sich nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG. Danach sind diese in der Regel i. H. v. 1.200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung zu entschädigen. Nur wenn dieser Betrag nach den Umständen des Einzelfalls unbillig ist, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG). 101Vgl. hierzu ausführlich BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - III ZR 72/20 -, juris, Rn. 16 ff. 102Hier sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, von dem Betrag der Regelentschädigung nach oben oder unten abzuweichen. Dem würde vorliegend grundsätzlich eine Entschädigung in Höhe von 2.700 Euro entsprechen. Gleichwohl ist die Entschädigung lediglich auf 1.700 Euro festzusetzen, da der Senat gemäß § 88 VwGO nicht über das Klagebegehren hinausgehen darf. 103Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO. 104Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund im Sinne des – nach § 173 Satz 2 VwGO anwendbaren – § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. | der beklagte wird verurteilt, dem kläger eine entschädigung wegen unangemessener dauer der verfahren vg gelsenkirchen 17 k 3717/16 und ovg nrw 5 a 2807/19 in höhe von 1.700 euro zu zahlen. die kosten des verfahrens trägt der beklagte. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. der beklagte kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der kläger begehrt eine entschädigung wegen überlanger dauer eines erst- und zweitinstanzlichen gerichtsverfahrens. 3am 0. juni 2016 fand in den e. stadtteilen e1. und i. die von der partei „die s. “ angemeldete veranstaltung „0. tag der e2. a. – x. “ statt. in diesem zusammenhang kam es gegen mittag zu einer körperlichen auseinandersetzung zwischen polizeibeamten und einer größeren gruppe von polizeilich dem linksextremen lager zugeordneten personen. in der folge erteilten die polizeibeamten 90 personen dieser gruppe, unter denen sich auch der kläger befand, mündlich platzverweise für das gesamte e. stadtgebiet bis zum ablauf des tages. hiergegen erhob der kläger am 13. dezember 2016 fortsetzungsfeststellungsklage, die den gegenstand des ausgangsverfahrens (vg gelsenkirchen 17 k 3717/16 und ovg nrw 5 a 2807/19), dessen überlänge er rügt, bildet. entsprechend verfuhren zwischen juni und dezember 2016 zehn weitere betroffene. 4die vom verwaltungsgericht mit eingangsverfügung vom 15. dezember 2016 erbetene klageerwiderung nebst übersendung der verwaltungsvorgänge erfolgte am 22. dezember 2016. in der folge tauschten die beteiligten weitere schriftsätze aus. der kläger teilte unter dem 6. märz 2017 mit, dass er eine weitere stellungnahme auf den schriftsatz des beklagten vom 23. februar 2017 für nicht erforderlich halte. 5unter dem 9. märz 2018 fragte der kläger nach dem sachstand und rügte die verzögerung des erstinstanzlichen verfahrens. das verwaltungsgericht teilte daraufhin mit, dass ein konkreter fortgang des verfahrens angesichts der großen belastung der kammer durch annähernd noch 500 anhängige syrien-asylverfahren und weitere zeitlich ältere verfahren im dezernat des berichterstatters noch nicht abgesehen werden könne. 6der kläger hat am 3. oktober 2018 klage auf entschädigung wegen überlanger dauer des verwaltungsgerichtlichen verfahrens erhoben. der senat hat das verfahren mit beschluss vom 8. mai 2019 bis zum rechtskräftigen abschluss des ausgangsverfahrens ruhend gestellt. 7in der mündlichen verhandlung vom 4. juni 2019 verband das verwaltungsgericht das verfahren des klägers zusammen mit den zehn weiteren bei ihm anhängig gemachten verfahren zur gemeinsamen entscheidung und verhandlung, führte sie unter dem aktenzeichen 17 k 3717/16 fort und wies die klage mit am 5. juli 2019 zugestelltem urteil mangels eines fortsetzungsfeststellungsinteresses als unzulässig ab. 8der kläger beantragte am 8. juli 2019, die berufung gegen das urteil zuzulassen. die zulassungsbegründung erfolgte am 3. september 2019. zur begründung berief sich der kläger auf ernstliche zweifel an der richtigkeit des urteils, machte die grundsätzliche bedeutung des verfahrens geltend und rügte im einzelnen näher benannte verfahrensfehler. 9der beklagte teilte am 21. oktober 2019 – nachdem er zunächst um fristverlängerung gebeten hatte – mit, dass er auf die möglichkeit einer stellungnahme verzichte. 10am 23. dezember 2020 rügte der kläger die verzögerung des zweitinstanzlichen verfahrens. 11das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen ließ die berufung mit beschluss vom 22. april 2021 wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher schwierigkeiten zu. zur begründung führte es aus, dass im berufungsverfahren zu klären sein werde, welche anforderungen an die geltendmachung eines fortsetzungsfeststellungsinteresses für den fall eines sich kurzfristig erledigenden grundrechtseingriffs zu stellen seien und ob der beklagte den klägern einen platzverweis für das gesamte stadtgebiet e. habe erteilen können. 12zur berufungsbegründung verwies der kläger sodann unter dem 26. april 2021 auf seine ausführungen aus dem zulassungsantrag. der beklagte beantragte am 31. mai 2021, die berufung zurückzuweisen. auf entsprechende anfrage des oberverwaltungsgerichts erklärten sich die beteiligten am 8. bzw. 16. juli 2021 mit einer entscheidung ohne mündliche verhandlung einverstanden. der kläger nahm die möglichkeit zur abschließenden stellungnahme am 24. august 2021 wahr. 13mit urteil vom 27. september 2021, zugestellt am 1. oktober 2021, stellte das oberverwaltungsgericht unter abänderung der erstinstanzlichen entscheidung fest, dass der platzverweis vom 4. juni 2016 rechtswidrig gewesen ist. zur begründung führte es aus, dass die klagen zulässig seien. die kläger hätten entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts ein fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen einer sich regelmäßig zeitnah erledigenden maßnahme. die klagen seien auch begründet, da die von den polizeibeamten den klägern erteilten platzverweise rechtswidrig gewesen seien. der begriff des ortes in § 34 abs. 1 satz 1 polg nrw sei dahingehend auszulegen, dass ein hierauf gestützter platzverweis nicht das gebiet einer gesamten gemeinde umfassen könne. 14der kläger beantragte am 1. november 2021 die wiederaufnahme des ruhend gestellten entschädigungsverfahrens. zur begründung seiner entschädigungsklage trägt er im wesentlichen vor, dass das verwaltungsgericht ab dem 9. märz 2018 bis zum 25. april 2019, mithin 13 monate lang, untätig gewesen sei. die untätigkeit in der zweiten instanz betrage vier monate. bei der danach geltend gemachten 17-monatigen unangemessenen verfahrensdauer genüge keine wiedergutmachung durch feststellung der verzögerung. seine position sei durch die entscheidung verbessert worden. es müsse nun nicht mehr befürchtet werden, aufgrund einer ähnlichen fallgestaltung in nordrhein-westfalen ein aufenthaltsverbot für ein gesamtes stadtgebiet zu erhalten und hierdurch das versammlungsrecht nicht mehr in anspruch nehmen zu können. die besondere bedeutung der entscheidung zeige sich auch darin, dass sie von der justiz des landes nordrhein-westfalen veröffentlicht und in der literatur vielfach besprochen worden sei. entschädigungsausschließend wirke auch nicht der zeitpunkt der klageerhebung, da diese binnen jahresfrist und somit auch noch deutlich später als vorliegend geschehen hätte erhoben werden können. 15der kläger beantragt schriftsätzlich, 16den beklagten zu verurteilen, ihm 1.700 euro zu zahlen. 17der beklagte beantragt schriftsätzlich, 18die klage abzuweisen. 19er trägt vor, dass eine verzögerung des ausgangsverfahrens in erheblichem maße auf der starken belastung der im ausgangsverfahren zuständigen kammer mit asylrechtlichen verfahren beruht habe. hierbei handele es sich um außergewöhnliche umstände, deren bewältigung eine gesamtgesellschaftliche aufgabe darstelle und dem einzelnen insoweit auch das solidaropfer einer längeren, entschädigungslosen verfahrenslaufzeit abverlangen müsse. dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn – wie hier – über die bloße verzögerung hinausgehende nachteile nicht vorgetragen würden; andernfalls würde jedes anhängigmachen eines verwaltungsrechtsstreits in zeiten starker belastung einen anspruch auf entschädigung herbeiführen. jedenfalls sei aber eine wiedergutmachung auf andere weise ausreichend. die beeinträchtigung des klägers erschöpfe sich – mangels weitergehenden vortrags – in einer (etwaigen) überlänge des ausgangsverfahrens. auch das prozessuale verhalten des klägers im ausgangsverfahren zeige, dass das verfahren für ihn selbst keine besondere dringlichkeit aufgewiesen habe. denn er habe erst ein halbes jahr nach dem platzverweis klage erhoben. zudem sei der hohe schwierigkeitsgrad der sache zu beachten, da bislang offene rechtsfragen geklärt worden seien. 20die beteiligten haben auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakte dieses verfahrens und der verfahren des verwaltungsgericht gelsenkirchen (vor der verbindung 17 k 8793/16 und danach 17 k 3717/16) sowie des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen (5 a 2807/19) bezug genommen. 22 | 23im einverständnis der beteiligten entscheidet der senat gemäß § 101 abs. 2 vwgo ohne mündliche verhandlung. 24die zulässige klage ist begründet. 25der kläger hat einen anspruch auf ausgleich seines immateriellen nachteils wegen unangemessener dauer der gerichtsverfahren 17 k 3717/16 vor dem verwaltungsgericht gelsenkirchen und 5 a 2807/19 vor dem oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in höhe der eingeklagten 1.700 euro. 26der anspruch auf entschädigung folgt aus § 198 abs. 1 satz 1 i. v. m. abs. 2 gvg. diese regelungen sind im verwaltungsprozess gemäß § 173 satz 2 vwgo entsprechend anwendbar. nach § 198 abs. 1 satz 1 gvg wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener dauer eines gerichtsverfahrens als verfahrensbeteiligter einen nachteil erleidet. der durch eine unangemessene verfahrensdauer eingetretene immaterielle nachteil ist nach maßgabe des § 198 abs. 2 gvg zu entschädigen. diese voraussetzungen sind hier erfüllt. die dauer der von dem kläger in bezug genommenen gerichtsverfahren vor dem verwaltungsgericht gelsenkirchen und dem oberverwaltungsgericht war im umfang von 27 monaten unangemessen (i.). der anspruch auf entschädigung ist nicht für den vor der erhebung der verzögerungsrüge liegenden zeitraum ausgeschlossen (ii.). der kläger hat durch die verzögerung einen immateriellen nachteil erlitten, der antragsgemäß mit einem betrag von 1.700 euro zu entschädigen ist (iii.). 27i. die dauer des gerichtsverfahrens von der klageerhebung am 13. dezember 2016 bis zur übermittlung des berufungsurteils des oberverwaltungsgerichts vom 27. september 2021, das war am 1. oktober 2021, 28vgl. zur maßgeblichkeit dieses zeitpunkts ovg nrw, urteil vom 28. september 2015 - 13 d 27/14 -, juris, rn. 44, 29war bei der gebotenen gesamtbetrachtung beider instanzen, 30vgl. bverwg, urteile vom 27. februar 2014 - 5 c 1.13 d -, juris, rn. 11 f., und vom 11. juli 2013 ‑ 5 c 23.12 d -, juris, rn. 16 f.; ovg nrw, urteil vom 10. februar 2017 - 13 d 75/15 -, juris, rn. 14, 31im umfang von 27 monaten unangemessen im sinne von § 198 abs. 1 satz 1 gvg. 32ob die dauer eines gerichtsverfahrens unangemessen im sinne von § 198 abs. 1 satz 1 gvg ist, richtet sich nach den umständen des einzelfalls, insbesondere nach der schwierigkeit und bedeutung des verfahrens sowie dem verhalten der verfahrensbeteiligten und dritter (§ 198 abs. 1 satz 2 gvg). damit sind schematische zeitliche vorgaben für die angemessenheit ausgeschlossen. bei der notwendigen einzelfallbetrachtung ist die verfahrensdauer unangemessen im sinne von § 198 abs. 1 satz 1 gvg, wenn eine insbesondere, aber nicht zwingend nur an den merkmalen des § 198 abs. 1 satz 2 gvg ausgerichtete gewichtung und abwägung aller bedeutsamen umstände des einzelfalls ergibt, dass die aus konventions- und verfassungsrechtlichen normen folgende verpflichtung des staates, gerichtsverfahren in angemessener zeit zum abschluss zu bringen, verletzt ist. 33vgl. zu den maßstäben im einzelnen bverwg, urteil vom 11. juli 2013 - 5 c 23.12 d -, juris, rn. 26 ff., m. w. n.; ovg nrw, urteile vom 28. september 2015 ‑ 13 d 27/14, 13 d 116 /14, 13 d 117/14, 13 d 11/15, 13 d 12/15 -, jeweils juris. 34unter berücksichtigung der maßgeblichen umstände (1.) war die verfahrensdauer sowohl beim verwaltungsgericht (2.) als auch beim oberverwaltungsgericht unangemessen (3.). 351. § 198 abs. 1 satz 2 gvg benennt als kriterien für die angemessenheit der verfahrensdauer ausdrücklich die schwierigkeit (a) und bedeutung des verfahrens (b) und das verhalten der verfahrensbeteiligten und dritter (c). 36a. die schwierigkeit eines verfahrens hängt vom zugrunde liegenden sachverhalt, der rechtslage und den konkreten umständen eines verfahrens ab. tatsächliche schwierigkeiten können sich unter anderem aus dem umfang des falls sowie der beteiligung mehrerer verfahrensbeteiligter ergeben. rechtliche schwierigkeiten können beispielsweise darauf beruhen, dass die entscheidung von bisher ungeklärten komplizierten rechtsfragen abhängt. 37vgl. ott, in: steinbeiß-winkelmann/ott, rechtsschutz bei überlangen gerichtsverfahren, 1. aufl. 2013, § 198 gvg, rn. 103 ff., m. w. n.; stahnecker, entschädigung bei überlangen gerichtsverfahren, s. 13, rn. 38 ff. 38danach waren sowohl das erstinstanzliche als auch das zweitinstanzlichen verfahren zumindest in rechtlicher hinsicht überdurchschnittlich schwierig. es waren komplexe, zum teil noch ungeklärte rechtsfragen zu beantworten. wenngleich es auf die frage, ob ein fortsetzungsfeststellungsinteresse für den fall eines sich kurzfristig erledigenden grundrechtseingriffs an einen tiefgreifenden grundrechtseingriff gebunden ist, letztlich nicht ankam, 39vgl. im ausgangsverfahren ovg nrw, urteil vom 27. september 2021 - 5 a 2807/19 -, juris, rn. 60, 40blieb materiell-rechtlich die bis dahin obergerichtlich noch nicht geklärte frage zu beantworten, ob der begriff des ortes in § 34 abs. 1 satz 1 polg nrw das gebiet einer gesamten gemeinde umfassen kann (juris, rn. 69 ff.). 41b. das verfahren war für den kläger von durchschnittlicher bedeutung. die bedeutung der sache ist in einer objektivierten weise zu bestimmen. sie ist zu bemessen aus der sicht eines verständigen verfahrensbeteiligten. bloße subjektive einschätzungen von betroffenen müssen daher außer betracht bleiben. 42vgl. nds. ovg, beschluss vom 14. april 2021 ‑ 13 f 73/20 -, juris, rn. 51; ott, in: steinbeiß-winkelmann/ott, rechtsschutz bei überlangen gerichtsverfahren, 1. aufl. 2013, § 198 gvg, rn. 109, m. w. n. 43als besonders bedeutsam sind danach verfahren einzuordnen, die für die wirtschaftliche, berufliche oder persönliche existenz eines beteiligten von maßgeblicher bedeutung sind. beteiligte können aus diesem grunde ein gerechtfertigtes interesse an einem schnellen ausgang des verfahrens haben. 44vgl. bverwg, anerkenntnisurteil vom 17. august 2017 - 5 a 2.17 d -, juris, rn. 29; bay. vgh, urteile vom 13. juni 2019 - 24 a 18.2049 -, juris, rn. 33, und vom 10. dezember 2015 - 23 a 14.2252 -, juris, rn. 44, jeweils m. w. n. 45der europäische gerichtshof für menschenrechte nimmt eine besondere bedeutung des verfahrens an, wenn es um eingriffe in die persönliche freiheit oder die gesundheit von betroffenen, um die klärung finanzieller existenzfragen etwa in versorgungsangelegenheiten oder um eltern-kind-beziehungen geht. 46vgl. steinbeiß-winkelmann, in: steinbeiß-winkelmann/ott, rechtsschutz bei überlangen gerichtsverfahren, 1. aufl. 2013, teil i einführung, rn. 33. 47nach der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts gehören beispielsweise verfahren, bei denen dem grunde oder der höhe nach um fürsorgeleistungen gestritten wird, zu den rechtsangelegenheiten, die wegen ihrer natur und ihrer bedeutung für die betroffenen besonders zu fördern sind. eine besondere bedeutung für den betroffenen ist auch bei rechtsstreitigkeiten anzunehmen, die zwar nicht die sicherung des existenzminimums betreffen, sondern sozialleistungen, auf die der betroffene zur sicherung seines laufenden lebensunterhalts angewiesen ist. 48vgl. bverfg, beschluss vom 8. oktober 2014 ‑ 1 bvr 2186/14 -, juris, rn. 8. 49auch verfahren über das sorge- oder umgangsrecht für kinder, verfahren über den personenstand und die geschäftsfähigkeit oder arbeitssachen bedürfen einer besonderen beschleunigung. 50vgl. althammer/schäuble: effektiver rechtsschutz bei überlanger verfahrensdauer – das neue gesetz aus zivilrechtlicher perspektive, in: njw 2012, 1 (2), m. w. n. 51orientiert an diesen fallgruppen schätzt der senat die objektive bedeutung des ausgangsverfahrens für den kläger als durchschnittlich ein. zwar war der angegriffene platzverweis im zeitpunkt der klageerhebung bereits erledigt, ohne dass der kläger mit einer hinreichend konkreten wiederholungsgefahr zu rechnen brauchte. 52vgl. im ausgangsverfahren ovg nrw, urteil vom 27. februar 2021 - 5 a 2807/19 -, juris, rn. 33 ff. 53gleichwohl ging es in dem verfahren um fragen im zusammenhang mit der reichweite von polizeilichen eingriffsbefugnissen, die nicht nur für den kläger, dem mit blick auf art. 19 abs. 4 gg ein fortsetzungsfeststellunginteresse zukam, sondern auch für die allgemeinheit bedeutsam waren. 54vgl. zur berücksichtigung dieses gerichtspunkts steinbeiß-winkelmann, in: steinbeiß-winkelmann/ott, rechtsschutz bei überlangen gerichtsverfahren, 1. aufl. 2013, § 198 gvg rn. 108. 55hierfür spricht allein die anzahl von ca. 90 personen, die wie der kläger von gleichartigen platzverweisen betroffen waren. dass das ausgangsverfahren aber einer besonderen beschleunigung bedurft hätte, hat der kläger weder im ausgangsverfahren noch im entschädigungsverfahren hinreichend geltend gemacht. dies ist auch sonst nicht erkennbar. 56c. das verhalten der beteiligten war nicht mitursächlich für die verfahrensdauer. 57aa. insbesondere hat der kläger nicht zur verzögerung des verfahrens beigetragen. 58bei der prüfung der angemessenheit der verfahrensdauer ist gemäß § 198 abs. 1 satz 2 gvg zu lasten eines verfahrensbeteiligten grundsätzlich nur ein verhalten zu berücksichtigen, durch das eine verzögerung herbeigeführt wird. in der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die verfahrensbeteiligten, abgesehen insbesondere von der obliegenheit zur erhebung der verzögerungsrüge, grundsätzlich nicht verpflichtet sind, aktiv darauf hinzuarbeiten, dass das gericht das verfahren in angemessener zeit zum abschluss bringt. daher kann ihnen eine passivität bei der im rahmen der ermittlung der angemessenen dauer eines gerichtsverfahrens erforderlichen prüfung, ob die verfahrensbeteiligten durch ihr verhalten eine verzögerung des rechtsstreits bewirkt haben, nicht angelastet werden. die verpflichtung des gerichts, das verfahren in angemessener zeit zum abschluss zu bringen, ergibt sich unmittelbar aus der dem staat obliegenden justizgewährleistungspflicht, aus dem gebot des effektiven rechtsschutzes und aus art. 6 abs. 1 emrk. ein unterlassen der förderung des verfahrens führt nur dann zu einer einem verfahrensbeteiligten anzulastenden verzögerung, wenn eine entsprechende rechtspflicht bestand. 59vgl. bverwg, urteil vom 29. februar 2016 - 5 c 31.15 d -, juris, rn. 21. 60das ist hier nicht der fall. dem kläger gereicht es nicht zum nachteil, dass er sich im erstinstanzlichen verfahren rein passiv verhalten und nicht durch wiederholte sachstandsanfragen oder sonstige aufforderungen auf eine frühere beschleunigung hingewirkt hat. es bestand keine rechtspflicht für den kläger, die verzögerungsrügen bereits früher zu erheben. das gesetz legt gerade keinen zeitpunkt fest, zu dem die rüge spätestens erhoben sein muss. 61vgl. nds. ovg, beschluss vom 14. april 2021 ‑ 13 f 73/20 -, juris, rn. 54; ovg nrw, urteil vom 10. februar 2017 - 13 d 36/16 -, juris, rn. 48, m. w. n.; ott, in: steinbeiß-winkelmann/ott, rechtsschutz bei überlangen gerichtsverfahren, 1. aufl. 2013, § 198 gvg, rn. 194 ff., m. w. n. 62bb. auch der beklagte hat nicht zur verzögerung des verfahrens beigetragen. anlass zu einer abweichenden beurteilung bietet insbesondere nicht der fristverlängerungsantrag des beklagten vom 16. oktober 2021, da er – trotz der gewährten fristverlängerung – bereits am 21. oktober 2019 mitteilte, dass er auf die möglichkeit zur stellungnahme verzichte. 632. unter berücksichtigung dieser gesichtspunkte ergibt sich hier bei der gebotenen gesamtabwägung eine unangemessene dauer des verfahrens in der ersten instanz im umfang von fünfzehn monaten. 64die klage war entscheidungsreif, nachdem der kläger unter dem 6. märz 2017 mitgeteilt hatte, dass keine stellungnahme auf den letzten schriftsatz des beklagten erfolgen werde. der sachverhalt war zu diesem zeitpunkt in tatsächlicher hinsicht ausreichend aufbereitet und den beteiligten war in hinreichender weise rechtliches gehör gewährt worden. 65im vorliegenden fall erscheint es angemessen, dem verwaltungsgericht ab diesem zeitpunkt einen (gestaltungs-)zeitraum von zehn monaten für seine entscheidung zuzugestehen, wann und wie es das verfahren im sinne eines hinwirkens auf eine erledigung des prozesses fördert. dies trägt dem umstand rechnung, dass – auch vor dem hintergrund der verfassungsrechtlich gewährten richterlichen unabhängigkeit (art. 97 abs. 1 gg) – die verfahrensgestaltung in erster linie dem mit der sache befassten gericht obliegt und ihm hinsichtlich der entscheidung, wann und wie es eine bestimmte sache in abstimmung mit anderen bei ihm anhängigen sachen terminiert oder sonst fördert, ein spielraum zusteht. der (gestaltungs-)zeitraum berücksichtigt weiter, dass das gericht vor einer verfahrensfördernden handlung oder entscheidung zur sache zeit zur rechtlichen durchdringung benötigt, um dem rechtsstaatlichen anliegen zu genügen, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche prüfung des streitgegenstandes vorzunehmen. der ab eintritt der entscheidungsreife zugestandene zeitraum ist im einzelfall in relation zu den in § 198 abs. 1 satz 2 gvg benannten kriterien zu bestimmen. maßgeblich ist insoweit – genauso wie hinsichtlich der in § 198 abs. 1 satz 2 gvg aufgeführten umstände – wie die gerichte im ausgangsverfahren die lage aus ihrer ex-ante-sicht einschätzen durften. 66vgl. bverwg, urteil vom 29. februar 2016 - 5 c 31.15 d -, juris, rn. 24, m. w. n.; nds. ovg, beschluss vom 14. april 2021 - 13 f 73/20 -, juris, rn. 48. 67die gestaltungsfreiheit des gerichts wird in zeitlicher hinsicht begrenzt durch den zeitpunkt, ab dem ein (weiteres) zuwarten auf eine verfahrensfördernde entscheidung bzw. handlung des gerichts im hinblick auf die subjektive rechtsposition des betroffenen auf eine angemessene verfahrensdauer nicht mehr vertretbar ist, weil sich die (weitere) verzögerung bei gewichtung und abwägung aller bedeutsamen umstände des einzelfalls als sachlich nicht mehr gerechtfertigt und damit als unverhältnismäßig darstellt. es ist nicht mit dem zeitpunkt gleichzusetzen, bis zu dem von einer "optimalen verfahrensführung" des gerichts auszugehen ist. entschädigungsrechtlich relevant sind nur die nach ablauf des gestaltungszeitraums auf die verfahrensführung des gerichts zurückzuführenden verzögerungen. denn zur begründung des entschädigungsanspruchs reicht nicht jede abweichung von der optimalen verfahrensführung aus. vielmehr setzt der entschädigungsanspruch aus § 198 abs. 1 gvg voraus, dass der beteiligte durch die länge des gerichtsverfahrens in seinem grund- und menschenrecht auf entscheidung eines gerichtlichen verfahrens in angemessener zeit beeinträchtigt worden ist, was eine gewisse schwere der belastung erfordert. 68vgl. bverwg, urteil vom 29. februar 2016 - 5 c 31.15 d -, juris, rn. 24, m. w. n. 69in anwendung dieser rechtlichen maßstäbe ist hier bei der bemessung des gerichtlichen gestaltungsspielraums zu berücksichtigen, dass das ausgangsverfahren in rechtlicher hinsicht überdurchschnittlich schwierig war, es für den kläger durchschnittlich bedeutsam gewesen ist und die verfahrensbeteiligten nicht durch ihr verhalten zu einer verfahrensverzögerung beigetragen haben. angesichts dessen war die fehlende bearbeitung bzw. förderung des verfahrens durch das verwaltungsgericht nach ablauf von zehn monaten untätigkeit nach entscheidungsreife, also anfang januar 2018, nicht mehr gerechtfertigt. 70vgl. bverwg, urteile vom 26. februar 2015 - 5 c 5.14 d -, juris, rn. 29 ff., dort wurde in einem einfach gelagerten und für den kläger wenig bedeutsamen verfahren ein gestaltungsspielraum von neun monaten angenommen, und vom 29. februar 2016 - 5 c 31.15 d -, juris, rn. 26, wo ein zehnmonatiger gestaltungsspielraum in einem ausgangsverfahren angenommen wurde, das (allenfalls) einen durchschnittlichen schwierigkeitsgrad aufwies, seine bedeutung für die klägerin mehr als durchschnittlich, aber nicht wesentlich war und die klägerin nicht durch ihr verhalten zu einer verfahrensverzögerung beigetragen hatte. 71hier wurde das verfahren erst durch ladung vom 25. april 2019 zur mündlichen verhandlung wieder gefördert, so dass sich für das erstinstanzliche verfahren eine unangemessene verfahrensdauer von mehr als fünfzehn monaten ergibt. 72anlass zu einer abweichenden beurteilung gibt entgegen der ansicht des beklagten auch nicht der umstand, dass die verzögerung des ausgangsverfahrens in erheblichem maße auf der starken belastung der im ausgangsverfahren zuständigen kammer mit asylrechtlichen verfahren beruhte. 73zwar ist die aufzählung der in § 198 abs. 1 satz 2 gvg benannten gesichtspunkte, nach denen sich „insbesondere“ die angemessenheit der verfahrensdauer richtet, nicht abschließend, sondern nur beispielhaft. 74vgl. bt-drs. 17/3802, s. 18. 75der staat kann sich zur rechtfertigung der verfahrensdauer nicht auf solche umstände berufen, die in seinem verantwortungsbereich liegen. deshalb ist eine überlastung der verwaltungsgerichtsbarkeit oder des konkreten ausgangsgerichts bzw. spruchkörpers für die bemessung des richterlichen gestaltungsspielraums ohne belang. sie gehört zu den strukturellen mängeln, die sich der staat zurechnen lassen muss und die er durch bereitstellung ausreichender personeller und sachlicher mittel zu beseitigen hat. 76vgl. bverwg, urteil vom 29. februar 2016 - 5 c 31.15 d -, juris, rn. 24, m. w. n.; nds. ovg, beschluss vom 14. april 2021 - 13 f 73/20 -, juris, rn. 48; bay. vgh, urteil vom 27. september 2019 - 24 f 19.1034 -, juris, rn. 29; ovg nrw, urteil vom 10. februar 2017 - 13 d 74/15 -, juris, rn. 43; stahnecker, entschädigung bei überlagen gerichtsverfahren, s. 25, rn. 79 ff., m. w. n.; bt-drs. 17/3802, s. 19. 77etwas anderes kann zwar in sondersituationen gelten, in denen es durch einen plötzlichen, nicht vorhersehbaren anstieg der fallzahlen zu einer außergewöhnlichen belastung des gerichts kommt. wird auf eine solche situation zeitnah reagiert und werden – ausreichende – gegenmaßnahmen ergriffen, liegt in der durch den kurzfristigen fallzahlenanstieg bedingten verzögerung keine unangemessene verfahrensdauer. 78vgl. ovg nrw, urteil vom 10. februar 2017 ‑ 13 d 74/15 -, juris, rn. 47, m. w. n; roderfeld, in: marx/roderfeld, rechtsschutz bei überlangen gerichts- und ermittlungsverfahren, § 198 gvg rn. 16, m. w. n.; siehe zudem zu verfahrensverlängerungen durch verzögerungen beim sitzungsbetrieb zu beginn der corona-pandemie bfh, urteil vom 27. oktober 2021 - x k 5/20 -, juris, rn. 39 ff. 79wenngleich die sog. flüchtlingskrise in den jahren 2015 und 2016 zu einer außergewöhnlichen eingangsbelastung der verwaltungsgerichte führte, lag eine solche sondersituation aber jedenfalls im zeitpunkt des ablaufs des gestaltungsspielraums anfang januar 2018 nicht mehr vor. vielmehr ist (spätestens) im jahr 2015 absehbar geworden, dass es in den folgenden jahren zu einer vielzahl von asylklagen kommen würde, da allein in diesem jahr rund 890.000 flüchtlinge nach deutschland gekommen waren. 80vgl. der tagesspiegel, zahl der verfahren wegen asylklagen verdoppelt, stand: 31. dezember 2017, abrufbar unter 81https://www.tagesspiegel.de/politik/verwaltungsgerichte-ueberlastet-zahl-der-verfahren-wegen-asylklagen-verdoppelt/20802054.html. 82angesichts dessen oblag es dem staat, einhergehend ausreichende personelle mittel zu gewährleisten, um weiterhin effektiven, mithin auch zeitnahen rechtsschutz zu gewährleisten. 83so auch bay. vgh, urteil vom 27. september 2019 - 24 f 19.1034 -, juris, rn. 29. 84dies gilt erst recht vor dem hintergrund, dass beim bundesamt für migration und flüchtlinge bereits im jahr 2014 eine deutliche zunahme der asylanträge zu verzeichnen war. 85vgl. bundesamt für migration und flüchtlinge, das bundesamt in zahlen 2021, s. 9, abrufbar unter https://www.bamf.de/shareddocs/anlagen/de/statistik/bundesamtinzahlen/bundesamt-in-zahlen-2021-asyl.html?view=renderpdfviewer&nn=284738. 86vor diesem hintergrund konnte vom kläger – anders als der beklagte meint – kein solidaropfer in gestalt einer längeren, entschädigungslosen verfahrenslaufzeit abverlangt werden. 873. auch die dauer des zweitinstanzlichen verfahrens war unangemessen. 88a. es liegt eine sachlich nicht gerechtfertigte verzögerung des zulassungsverfahrens von zwölf monaten vor. 89unter berücksichtigung des dem gericht zustehenden gestaltungsspielraums und des umstands, dass das verfahren bereits nicht unerheblich verzögert war, 90vgl. hierzu ovg nrw, urteil vom 10. februar 2017 - 13 d 36/16 -, juris, rn. 63; thür. ovg, urteil vom 8. januar 2014 - 2 so 182/12 -, juris, rn. 93, m. w. n., 91erscheint bei der gebotenen gesamtwürdigung mit blick auf die vorstehend ausgeführten gesichtspunkte eine untätigkeit von sechs monaten ab eintritt der entscheidungsreife durch mitteilung des beklagten vom 21. oktober 2019 bis zur weiteren förderung des verfahrens noch sachlich vertretbar (d. h. bis zum 21. april 2020). da das verfahren aber erst durch den zulassungsbeschluss vom 22. april 2021 gefördert wurde, lag eine unangemessene verfahrensdauer von zwölf monaten vor. 92b. demgegenüber war die dauer des zweitinstanzlichen verfahrens ab zulassung der berufung angemessen. das berufungsverfahren hat nach eingang der berufungsbegründung nur fünf monate gedauert und wurde in dieser zeit regelmäßig vom gericht bis zur abschließenden entscheidung gefördert. 93nach eingang der berufungsbegründung des klägers am 26. april 2021 und der umfangreichen erwiderung des beklagten vom 28. mai 2021, die dem kläger zur stellungnahme übersandt wurde, hat das oberverwaltungsgericht das verfahren bereits mit verfügung vom 7. juli 2021 gefördert, indem es auf die zu klärenden rechtsfragen hingewiesen und angefragt hat, ob auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet wird. nachdem die beteiligten auf eine mündliche verhandlung verzichtet hatten, wies das oberverwaltungsgericht mit verfügung vom 6. august 2017 darauf hin, dass eine entscheidung in der sitzung vom 17. september 2021 beabsichtigt sei und gab ihnen gelegenheit zur abschließenden stellungnahme bis zum 10. september 2021. das oberverwaltungsgericht hat letztlich mit urteil vom 27. september 2021, zugestellt am 1. oktober 2021, über die berufung entschieden. 94ii. der anspruch des klägers auf entschädigung ist nicht teilweise wegen einer verspäteten verzögerungsrüge gemäß § 198 abs. 3 satz 1 gvg zu verneinen. die – wie hier – wirksam erhobenen verzögerungsrügen wahren den entschädigungsanspruch grundsätzlich vollständig und nicht erst für zeiträume ab dem zeitpunkt der rüge. 95vgl. ovg nrw, urteil vom 10. februar 2017 ‑ 13 d 75/15 -, juris, rn. 46, m. w. n. 96iii. durch die unangemessene verfahrensdauer im umfang von 27 monaten hat der kläger einen immateriellen nachteil erlitten, der durch eine entschädigung wiedergutzumachen ist (1.), die der senat – entsprechend des klägerischen antrags – auf 1.700 euro festsetzt (2.). 971. nach § 198 abs. 2 satz 1 gvg wird ein immaterieller nachteil vermutet, wenn ein gerichtsverfahren – wie hier – unangemessen lange gedauert hat. diese vermutung ist nicht widerlegt. eine entschädigung ist auch nicht nach § 198 abs. 2 satz 2 gvg ausgeschlossen. danach kann entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den umständen des einzelfalls wiedergutmachung auf andere weise gemäß § 198 abs. 4 gvg ausreichend ist. eine wiedergutmachung auf andere weise ist gemäß § 198 abs. 4 satz 1 gvg insbesondere möglich durch die feststellung des entschädigungsgerichts, dass die verfahrensdauer unangemessen war. ob eine solche feststellung ausreichend im sinne des § 198 abs. 2 satz 2 gvg ist, beurteilt sich auf der grundlage einer umfassenden abwägung sämtlicher umstände des einzelfalls. in diese abwägung wird regelmäßig einzustellen sein, ob das ausgangsverfahren für den verfahrensbeteiligten eine besondere bedeutung hatte, ob dieser durch sein verhalten erheblich zur verzögerung beigetragen hat, ob er weitergehende immaterielle schäden erlitten hat oder ob die überlänge den einzigen nachteil darstellt. darüber hinaus kann zu berücksichtigen sein, von welchem ausmaß die unangemessenheit der dauer des verfahrens ist und ob das ausgangsverfahren für den verfahrensbeteiligten eine besondere dringlichkeit aufwies oder ob diese zwischenzeitlich entfallen war. 98vgl. zu diesen kriterien bverwg, urteil vom 11. juli 2013 - 5 c 23.12 d -, juris, rn. 57; ovg nrw, urteil vom 28. september 2015 - 13 d 12/15 -, juris, rn. 81 f.; bt-drs. 17/3802, s. 20. 99mit blick auf den erheblichen umfang der verzögerung des verfahrens, das für den kläger, der zu der verzögerung nicht beigetragen hat, trotz erledigung des angegriffenen platzverweises weiterhin noch von bedeutung war, ist die bloße feststellung, dass die verfahrensdauer unangemessen war, hier nicht ausreichend. 1002. die bemessung der immateriellen nachteile richtet sich nach § 198 abs. 2 satz 3 gvg. danach sind diese in der regel i. h. v. 1.200 euro für jedes jahr der verzögerung zu entschädigen. nur wenn dieser betrag nach den umständen des einzelfalls unbillig ist, kann das gericht einen höheren oder niedrigeren betrag festsetzen (§ 198 abs. 2 satz 4 gvg). 101vgl. hierzu ausführlich bgh, urteil vom 6. mai 2021 - iii zr 72/20 -, juris, rn. 16 ff. 102hier sind keine anhaltspunkte dafür ersichtlich, von dem betrag der regelentschädigung nach oben oder unten abzuweichen. dem würde vorliegend grundsätzlich eine entschädigung in höhe von 2.700 euro entsprechen. gleichwohl ist die entschädigung lediglich auf 1.700 euro festzusetzen, da der senat gemäß § 88 vwgo nicht über das klagebegehren hinausgehen darf. 103die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 167 abs. 1 vwgo i. v. m. § 708 nr. 11, § 711 satz 1 und 2, § 709 satz 2 zpo. 104die revision ist nicht zuzulassen, weil kein zulassungsgrund im sinne des – nach § 173 satz 2 vwgo anwendbaren – § 132 abs. 2 vwgo vorliegt. | Klaeger*in | 1 |
168,212 | S 22 R 616/14 | 2015-02-03T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 1Tatbestand: 2Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens, ob die von der Beigeladenen zu 1) für den Kläger seit 01.10.2011 ausgeübte Tätigkeit als Notärztin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung begründet. 3Der Kläger betreibt als eingetragener Verein seit 01.10.2011 im Auftrag des Kreises Q den Notarztdienst am Notarztstandort C. Die Beigeladene zu 1) ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und führt die Zusatzbezeichnung "Notfallmedizin". Sie ist seit dem 01.10.2011 für den Kläger als Notärztin tätig. 4Am 12.12.2012 beantragte die Beigeladene zu 1) die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status in ihrer Tätigkeit für den Kläger als Notärztin. Sie legte neben einer Tätigkeitsbeschreibung eine "Honorarrahmenvereinbarung über den freiberuflichen Dienst als Notarzt" vom 12.12.2011 und die Satzung des Klägers vor. 5Jeweils mit Schreiben vom 15.04.2013 hörte die Beklagte den Kläger und die Beigeladene zu 1) zu der beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung und von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung an. Hierzu nahm der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18.06.2013 unter Vorlage einer am 30.09.2011 zwischen dem Kreis Q und dem Kläger geschlossenen "Vereinbarung über die Maßnahmen zur Sicherstellung der notärztlichen Versorgung im Kreis Q" Stellung. 6Mit Bescheiden jeweils vom 08.08.2013 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass die seit 01.10.2011 ausgeübte Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Notärztin beim Kläger im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und seit 01.10.2011 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Zur Begründung führte sie aus, folgende Merkmale sprächen für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis: Die Beigeladene zu 1) arbeite auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung, die die Arbeitszeit, den Arbeitsort, das Entgelt pro geleisteter Dienststunde und Kündigungsfristen regele. Die Aufstellung der Dienstpläne und die Diensteinteilung obliege allein dem Kläger. Es bestehe die Verpflichtung der Beigeladenen zu 1), während der Dienstzeit die erforderliche Schutzkleidung sowie den zur Verfügung gestellten Funkmeldeempfänger zu tragen. Dokumentationsunterlagen seien sorgfältig und vollständig auszufüllen. Die Schichtzeiten seien vorgegeben. Eine Verhinderung durch Krankheit sei unverzüglich zu melden. Es werde eine gewinnunabhängige Vergütung von 30,00 Euro pro geleisteter Dienststunde gezahlt. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht zu erkennen; eigenes Kapital werde nicht eingesetzt. Für eine selbständige Tätigkeit spreche, dass hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit keine Kontrollen erfolgten. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände überwögen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale. Die Beigeladene zu 1) setzte lediglich ihre Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. 7Gegen den Bescheid vom 08.08.2013 erhoben der Kläger am 17.09.2013 und die Beigeladene zu 1) am 19.09.2013 Widerspruch und führten zur Begründung - im Wesentlichen gleichlautend - aus, eine abhängige Beschäftigung liege nicht vor. Dies belege bereits die vereinbarte Dienstzeit von 12 Stunden, die nach dem Arbeitszeitgesetz nicht zulässig wäre. Eine Vergütung bei Krankheit oder Urlaub erfolge nicht. Der Dienstplan werde bei ihm, dem Kläger, zentral im Sinne einer Koordinierung unter Berücksichtigung von Einsatzwünschen aufgestellt. Es handele sich um eine organisatorische Notwendigkeit. Die Nichteinhaltung zugesagter Dienste werde nicht sanktioniert. Die Verpflichtung zum Tragen von Schutzkleidung ergebe sich aus dem Gesetz, ebenso die Verpflichtung zur Dokumentation. Die Kostenkalkulation und damit die Vergütung der Notärzte seien vom Kreis vorgegeben. Die Notärzte seien frei, ob sie überhaupt am Notarztrettungssystem des Kreises teilnähmen. Das unternehmerische Risiko der Beigeladenen zu 1) bestehe darin, dass sie keine vertragliche Sicherheit habe, ob und in welchem Umfang sie eingesetzt werde. 8Mit Widerspruchsbescheiden vom 06.06.2014 wies die Beklagte die Widersprüche zurück und führte zur Begründung aus, es spreche nicht gegen das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit, dass die Beigeladene zu 1) keinen Weisungen hinsichtlich ihrer Tätigkeit unterliege. Ärzte unterlägen in ihren eigentlichen ärztlichen Tätigkeiten keinen Weisungen. Entscheidend sei, dass die Arbeitsorganisation, an deren Arbeitsprozess der Arzt funktionsgerecht dienend teilnehme, von Dritten vorgegeben sei. Die Beigeladene zu 1) sei als Erfüllungsgehilfin des Klägers in der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben nach dem Rettungsdienstgesetz tätig. Der Kläger hafte für schuldhafte Fehler der Beigeladenen zu 1); bereits hierdurch sei die Beigeladene zu 1) in die Arbeitsorganisation des Klägers eingegliedert. Während der Dauer der vereinbarten Dienste sei es der Beigeladenen zu 1) nicht möglich, ihre konkreten Arbeitszeiten und -orte selbst zu bestimmen. Kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit liege darin, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, bei Annahme jedoch, wie vorliegend, eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolge. Die Beigeladene zu 1) schulde im Wesentlichen den Einsatz ihrer Arbeitskraft. Die Arbeitsmittel würden ihr gestellt. Hinsichtlich der festgestellten Rentenversicherungspflicht sei anzumerken, dass sich eine früher erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausschließlich auf die jeweilige konkrete Beschäftigung beschränke, für die sei erteilt worden sei. 9Zur Begründung seiner hiergegen am 29.06.2014 erhobenen Klage trägt der Kläger - unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren - vor, die Beteiligten gingen von einem freiberuflichen Dienst und damit von einer selbständigen Tätigkeit aus. Dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, komme jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspreche und er durch weitere Aspekte gestützt werde. Die Übernahme der Notdienste sei freiwillig. Die Nutzung der vom Rettungsdienst des Kreises eingesetzten Geräte und Medikamente lasse sich in der Lebenswirklichkeit kaum anders handhaben. Entgegen der schriftlichen Vereinbarung nutze die Beigeladene zu 1) allerdings ihre eigene Schutzausrüstung. Die Verpflichtung, angenommene Dienste tatsächlich zu leisten, sei keine Weisung im Sinne des § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Wesentliches Kriterium für Selbständigkeit sei die Möglichkeit des Notarztes, dem nichtärztlichen Personal Weisungen zu erteilen. Die Verpflichtung, die Dokumentation der Tätigkeit "sorgfältig und vollständig" auszufüllen, stelle keine Kontrolle, sondern als Verpflichtung zu einem Leistungsnachweis ein Indiz für Selbständigkeit dar. Die Vorgabe des Einsatzortes ergebe sich aus dem Zweck des Einsatzes. Gleiches gelte für die festen Dienstzeiten. Die Beigeladene zu 1) beginne ihre Dienste allerdings auch von zuhause aus; sie werde dann mit dem Einsatzfahrzeug abgeholt. Für Selbständigkeit spreche weiter die Verpflichtung der Notärzte zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung und die fehlende Ausschließlichkeitsklausel. Entgegen den schriftlichen Vereinbarungen könne die Beigeladene zu 1) ihre Dienste auch auf Dritte delegieren; bereits die entsprechende Möglichkeit sei ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Auf das in der Ungewissheit über den Umfang des Einsatzes liegende Unternehmerrisiko sei erneut hinzuweisen. 10Der Kläger beantragt, 11den Bescheid der Beklagten vom 08.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2014 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer für den Kläger ausgeübten Tätigkeit nicht als abhängig Beschäftigte versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ist. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Sie verweist im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Entscheidungen. 15Mit Beschluss vom 20.10.2014 hat das Gericht die Beigeladenen gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 1) bestätigt den Sachvortrag des Klägers. 16Am 20.08.2014 hat die Beigeladene zu 1) ebenfalls Klage erhoben. Das Verfahren wird beim Sozialgericht Detmold unter dem Aktenzeichen S 17 R 794/14 geführt. 17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, des Verwaltungsvorgangs der Beklagten und der beigezogenen Akte des unter dem Aktenzeichen S 17 R 794/14 geführten Verfahrens Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 08.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2014 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer für den Kläger ausgeübten Tätigkeit wegen einer abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ist. 20Nach § 7a Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) konnte die Beigeladene zu 1) schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliege, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hätte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet gehabt, was hier nicht der Fall war. Für die Entscheidung über den Antrag war abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Beklagte zuständig; sie hatte aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. 21Hiernach ist sie in dem Anfrageverfahren auf Grund der von ihr vorgenommenen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Kläger steht und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. 22Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]) der Versicherungspflicht und Beitragspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 28.09. 2011, Az. B 12 R 17/09 R m.w.N.). 23Hiernach ist die Beigeladene zu 1) beim Kläger abhängig beschäftigt. Die Kammer verweist zunächst auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, die sie sich zu eigen macht, und sieht insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab. Ergänzend ist folgendes auszuführen. 24Zwar haben der Kläger und die Beigeladene zu 1) keinen typischen Arbeits- bzw. Dienstvertrag abgeschlossen, sondern haben eine Zusammenarbeit auf Honorarbasis vereinbart. Die Vertragsgestaltung selbst spricht insoweit - wie vom Kläger dargelegt - nicht für eine abhängige Beschäftigung. Die Bezeichnung der Tätigkeit als Honorartätigkeit legt entsprechend dem Willen der Beteiligten eine selbstständige Tätigkeit nahe. 25Weiteres Merkmal für eine eventuelle Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1) stellen daneben auch die Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung und die fehlende Ausschließlichkeitsklausel dar. Auch die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt ein zu berücksichtigendes Anzeichen dar, das im Rahmen der Gesamtabwägung gegen ein Arbeitsverhältnis sprechen kann, allerdings nicht muss (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009, Az. B 12 KR 21/07 R). 26Für die Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1) spricht außerdem auch die ihr eingeräumte Möglichkeit, die Übernahme von Diensten abzulehnen. Zudem sind Ansprüche auf Lohnfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall nicht vereinbart. 27Trotz der genannten, für eine Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1) sprechenden Indizien überwiegen jedoch die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung. 28Ein eigenes Unternehmerrisiko - wesentliches Kriterium im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung - der Beigeladenen zu 1) ist nicht erkennbar. Zwar hat die Beigeladene zu 1) unstreitig das Recht, ihm vom Kläger angebotene Einsätze abzulehnen. Das bloße Recht, die Übernahme eines angebotenen Dienstes abzulehnen, reicht jedoch für die Annahme eines eigenen Unternehmerrisikos nicht aus. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist maßgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko nämlich, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (Urteil des BSG vom 25.01.2001, Az. B 12 KR 17/00 R m.w.N.). Die Beigeladene zu 1) setzt kein eigenes Kapital ein. Daneben hat sie die Gewähr, für die durchgeführten Dienste das vereinbarte Honorar zu erhalten. Das Risiko, bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erzielen, spricht nach der Rechtsprechung des BSG nur dann für eine selbstständige Tätigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder eine höhere Verdienstchance gegenüberstehen. Das Entgelt der Beigeladenen zu 1) ist jedoch - wie auch bei sonstigen abhängig Beschäftigten typisch - allein vom zeitlichen Einsatz abhängig, nicht hingegen von der Güte des Arbeitseinsatzes. Der Ausschluss einer Vergütung bei Krankheit und Urlaub sowie die Möglichkeit, angebotene Arbeitseinsätze abzulehnen, genügen daher nicht, um ein Unternehmerrisiko zu begründen. 29Dass die Beigeladene zu 1), sobald sie einen angebotenen Einsatz angenommen hat, zur Einhaltung des Dienstes, der auch in den Dienstplan eingetragen wird, verpflichtet ist, spricht hingegen weder für eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1) noch für eine selbständige Tätigkeit. Vielmehr ist die Einhaltung vereinbarter zeitlicher Vorgaben typisch für Schuldverhältnisse aller Art, unabhängig vom Vertragstyp. So sind sowohl abhängig Beschäftigte als auch selbstständig Tätige zur Leistungserbringung, auch zu vereinbarten Terminen, verpflichtet. 30Weiter genügt der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) bei der Erbringung ihrer ärztlichen Leistungen keinem Weisungsrecht unterfällt, ebenfalls nicht, um das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit anzunehmen. Gerade bei Diensten höherer Art, wie ärztliche Leistungen sie darstellen, fehlen Arbeitgebern regelmäßig die rechtlichen bzw. tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten. Dennoch unterliegt es keinem Zweifel, dass auch Chefärzte, die - wie vorliegend ebenfalls der Fall - auch nichtärztlichem Personal Weisungen erteilen können, ihre Tätigkeit im Regelfall in einem Angestelltenverhältnis ausüben und als Arbeitnehmer anzusehen sind. In ähnlicher Weise obliegt auch der Beigeladenen zu 1) im Rahmen ihrer Tätigkeit beim Kläger ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit bei Erbringung der ärztlichen Leistungen, weil sie selbstständig über den Einsatz der erforderlichen Maßnahmen in der jeweiligen Situation zu entscheiden hat. 31Entscheidend ist schließlich, wie von der Beklagten ausgeführt, dass die Arbeitsorganisation, an deren Arbeitsprozess die Beigeladene zu 1) funktionsgerecht dienend teilnimmt, vom Kläger vorgegeben ist. Die Beigeladene zu 1) hat die einzelnen übernommenen Dienste und insbesondere die einzelnen Einsätze zu Ende zu führen; ein Abbruch ist nicht möglich. Auch hat die Beilgeladene zu 1) jedenfalls den zur Verfügung gestellten Funkmeldeempfänger bei sich zu tragen. Sie nutzt außerdem das zur Verfügung gestellte Einsatzfahrzeug. Am Notarztstandort ist ihr ein Aufenthaltsraum zur Verfügung gestellt. Insgesamt tritt sie als Mitarbeiterin des den Notarztdienst tragenden Klägers auf und nicht etwa als eigener Rettungsdienst. 32Unschädlich ist, dass die bestehende Arbeitsorganisation teilweise gesetzlichen Regelungen, Vorgaben des Kreises Q bzw. den Sachnotwendigkeiten des zu verrichtenden Rettungsdienstes geschuldet ist. Eine Einbindung und Eingliederung kann nicht damit ihrer Bedeutung beraubt werden, dass sie durch die Art der Arbeit oder externe Vorgaben bedingt werde und deshalb nicht aussagekräftig sei. Weil eine Arbeitsleistung fremdbestimmt ist, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in dessen Dienste sie verrichtet wird, stehen regelmäßig die Art der Arbeit und die Weisungsbefugnis des Auftraggebers in einem Wechselverhältnis zueinander (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.11.2005, Az. L 13 R 112/05 m.w.N.). Eine tatsächlich bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn tritt nicht deshalb in ihrer Bedeutung zurück, weil sie auch in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet ist (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009, a.a.O.; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.04.2014, Az. L 8 R 376/12). 33Nach alledem überwiegen die Kriterien für eine abhängige Beschäftigung trotz der auch bestehenden Indizien für eine selbständige Tätigkeit erheblich. Hiernach kommt es auf den entgegenstehenden Willen der Beteiligten, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, nicht an; einem solchen Willen kommt indizielle Bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008, Az. B 12 KR 13/07 R), was vorliegend nach dem Ausgeführten nicht der Fall ist. 34Ein Anhalt für das Vorliegen eines Tatbestandes, der bei der vorliegenden Bejahung einer abhängigen Beschäftigung zur Versicherungsfreiheit führen könnte, besteht nicht. 35Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auch noch dem unterlegenen Kläger aufzuerlegen, wenn diese keine eigenen (erfolgreichen) Anträge gestellt haben. 36Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Es ist vom Regel-Streitwert auszugehen. Anhaltspunkte für eine konkrete Bemessung des Streitwerts liegen nicht vor. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens mit ausnahme der kosten der beigeladenen, die ihre kosten selbst tragen. der streitwert wird auf 5.000,00 euro festgesetzt. 1 | 2streitig ist im rahmen eines statusfeststellungsverfahrens, ob die von der beigeladenen zu 1) für den kläger seit 01.10.2011 ausgeübte tätigkeit als notärztin versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung begründet. 3der kläger betreibt als eingetragener verein seit 01.10.2011 im auftrag des kreises q den notarztdienst am notarztstandort c. die beigeladene zu 1) ist fachärztin für allgemeinmedizin und führt die zusatzbezeichnung "notfallmedizin". sie ist seit dem 01.10.2011 für den kläger als notärztin tätig. 4am 12.12.2012 beantragte die beigeladene zu 1) die feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen status in ihrer tätigkeit für den kläger als notärztin. sie legte neben einer tätigkeitsbeschreibung eine "honorarrahmenvereinbarung über den freiberuflichen dienst als notarzt" vom 12.12.2011 und die satzung des klägers vor. 5jeweils mit schreiben vom 15.04.2013 hörte die beklagte den kläger und die beigeladene zu 1) zu der beabsichtigten feststellung einer abhängigen beschäftigung und von versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung an. hierzu nahm der kläger mit schriftsatz seines bevollmächtigten vom 18.06.2013 unter vorlage einer am 30.09.2011 zwischen dem kreis q und dem kläger geschlossenen "vereinbarung über die maßnahmen zur sicherstellung der notärztlichen versorgung im kreis q" stellung. 6mit bescheiden jeweils vom 08.08.2013 stellte die beklagte gegenüber dem kläger und der beigeladenen zu 1) fest, dass die seit 01.10.2011 ausgeübte tätigkeit der beigeladenen zu 1) als notärztin beim kläger im rahmen eines abhängigen beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und seit 01.10.2011 versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung sowie nach dem recht der arbeitsförderung bestehe. zur begründung führte sie aus, folgende merkmale sprächen für ein abhängiges beschäftigungsverhältnis: die beigeladene zu 1) arbeite auf der grundlage einer rahmenvereinbarung, die die arbeitszeit, den arbeitsort, das entgelt pro geleisteter dienststunde und kündigungsfristen regele. die aufstellung der dienstpläne und die diensteinteilung obliege allein dem kläger. es bestehe die verpflichtung der beigeladenen zu 1), während der dienstzeit die erforderliche schutzkleidung sowie den zur verfügung gestellten funkmeldeempfänger zu tragen. dokumentationsunterlagen seien sorgfältig und vollständig auszufüllen. die schichtzeiten seien vorgegeben. eine verhinderung durch krankheit sei unverzüglich zu melden. es werde eine gewinnunabhängige vergütung von 30,00 euro pro geleisteter dienststunde gezahlt. ein unternehmerisches risiko sei nicht zu erkennen; eigenes kapital werde nicht eingesetzt. für eine selbständige tätigkeit spreche, dass hinsichtlich der ausführung der tätigkeit keine kontrollen erfolgten. nach gesamtwürdigung aller umstände überwögen die für ein abhängiges beschäftigungsverhältnis sprechenden merkmale. die beigeladene zu 1) setzte lediglich ihre arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden arbeitsorganisation tätig. 7gegen den bescheid vom 08.08.2013 erhoben der kläger am 17.09.2013 und die beigeladene zu 1) am 19.09.2013 widerspruch und führten zur begründung - im wesentlichen gleichlautend - aus, eine abhängige beschäftigung liege nicht vor. dies belege bereits die vereinbarte dienstzeit von 12 stunden, die nach dem arbeitszeitgesetz nicht zulässig wäre. eine vergütung bei krankheit oder urlaub erfolge nicht. der dienstplan werde bei ihm, dem kläger, zentral im sinne einer koordinierung unter berücksichtigung von einsatzwünschen aufgestellt. es handele sich um eine organisatorische notwendigkeit. die nichteinhaltung zugesagter dienste werde nicht sanktioniert. die verpflichtung zum tragen von schutzkleidung ergebe sich aus dem gesetz, ebenso die verpflichtung zur dokumentation. die kostenkalkulation und damit die vergütung der notärzte seien vom kreis vorgegeben. die notärzte seien frei, ob sie überhaupt am notarztrettungssystem des kreises teilnähmen. das unternehmerische risiko der beigeladenen zu 1) bestehe darin, dass sie keine vertragliche sicherheit habe, ob und in welchem umfang sie eingesetzt werde. 8mit widerspruchsbescheiden vom 06.06.2014 wies die beklagte die widersprüche zurück und führte zur begründung aus, es spreche nicht gegen das vorliegen einer persönlichen abhängigkeit, dass die beigeladene zu 1) keinen weisungen hinsichtlich ihrer tätigkeit unterliege. ärzte unterlägen in ihren eigentlichen ärztlichen tätigkeiten keinen weisungen. entscheidend sei, dass die arbeitsorganisation, an deren arbeitsprozess der arzt funktionsgerecht dienend teilnehme, von dritten vorgegeben sei. die beigeladene zu 1) sei als erfüllungsgehilfin des klägers in der erfüllung der ihm übertragenen aufgaben nach dem rettungsdienstgesetz tätig. der kläger hafte für schuldhafte fehler der beigeladenen zu 1); bereits hierdurch sei die beigeladene zu 1) in die arbeitsorganisation des klägers eingegliedert. während der dauer der vereinbarten dienste sei es der beigeladenen zu 1) nicht möglich, ihre konkreten arbeitszeiten und -orte selbst zu bestimmen. kein indiz für eine selbständige tätigkeit liege darin, wenn zwar die annahme bestimmter aufträge abgelehnt werden könne, bei annahme jedoch, wie vorliegend, eine eingliederung in die arbeitsorganisation des weisungsgebers erfolge. die beigeladene zu 1) schulde im wesentlichen den einsatz ihrer arbeitskraft. die arbeitsmittel würden ihr gestellt. hinsichtlich der festgestellten rentenversicherungspflicht sei anzumerken, dass sich eine früher erteilte befreiung von der rentenversicherungspflicht ausschließlich auf die jeweilige konkrete beschäftigung beschränke, für die sei erteilt worden sei. 9zur begründung seiner hiergegen am 29.06.2014 erhobenen klage trägt der kläger - unter bezugnahme auf die ausführungen im widerspruchsverfahren - vor, die beteiligten gingen von einem freiberuflichen dienst und damit von einer selbständigen tätigkeit aus. dem übereinstimmenden willen der vertragsparteien, kein sozialversicherungspflichtiges beschäftigungsverhältnis zu wollen, komme jedenfalls dann indizielle bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen verhältnissen nicht offensichtlich widerspreche und er durch weitere aspekte gestützt werde. die übernahme der notdienste sei freiwillig. die nutzung der vom rettungsdienst des kreises eingesetzten geräte und medikamente lasse sich in der lebenswirklichkeit kaum anders handhaben. entgegen der schriftlichen vereinbarung nutze die beigeladene zu 1) allerdings ihre eigene schutzausrüstung. die verpflichtung, angenommene dienste tatsächlich zu leisten, sei keine weisung im sinne des § 7 viertes buch sozialgesetzbuch (sgb iv). wesentliches kriterium für selbständigkeit sei die möglichkeit des notarztes, dem nichtärztlichen personal weisungen zu erteilen. die verpflichtung, die dokumentation der tätigkeit "sorgfältig und vollständig" auszufüllen, stelle keine kontrolle, sondern als verpflichtung zu einem leistungsnachweis ein indiz für selbständigkeit dar. die vorgabe des einsatzortes ergebe sich aus dem zweck des einsatzes. gleiches gelte für die festen dienstzeiten. die beigeladene zu 1) beginne ihre dienste allerdings auch von zuhause aus; sie werde dann mit dem einsatzfahrzeug abgeholt. für selbständigkeit spreche weiter die verpflichtung der notärzte zum abschluss einer haftpflichtversicherung und die fehlende ausschließlichkeitsklausel. entgegen den schriftlichen vereinbarungen könne die beigeladene zu 1) ihre dienste auch auf dritte delegieren; bereits die entsprechende möglichkeit sei ein indiz für eine selbständige tätigkeit. auf das in der ungewissheit über den umfang des einsatzes liegende unternehmerrisiko sei erneut hinzuweisen. 10der kläger beantragt, 11den bescheid der beklagten vom 08.08.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 06.06.2014 aufzuheben und festzustellen, dass die beigeladene zu 1) in ihrer für den kläger ausgeübten tätigkeit nicht als abhängig beschäftigte versicherungspflichtig in der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung ist. 12die beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14sie verweist im wesentlichen auf ihre ausführungen in den angefochtenen entscheidungen. 15mit beschluss vom 20.10.2014 hat das gericht die beigeladenen gemäß § 75 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) beigeladen. die beigeladenen haben keinen antrag gestellt. die beigeladene zu 1) bestätigt den sachvortrag des klägers. 16am 20.08.2014 hat die beigeladene zu 1) ebenfalls klage erhoben. das verfahren wird beim sozialgericht detmold unter dem aktenzeichen s 17 r 794/14 geführt. 17hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend auf den übrigen inhalt der gerichtsakten, des verwaltungsvorgangs der beklagten und der beigezogenen akte des unter dem aktenzeichen s 17 r 794/14 geführten verfahrens bezug genommen, der gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist. 18 | 19die zulässige klage ist unbegründet. der bescheid der beklagten vom 08.08.2013 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 06.06.2014 ist rechtmäßig. die beklagte hat zu recht festgestellt, dass die beigeladene zu 1) in ihrer für den kläger ausgeübten tätigkeit wegen einer abhängigen beschäftigung versicherungspflichtig in der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung ist. 20nach § 7a abs. 1 und 2 sozialgesetzbuch viertes buch (sgb iv) konnte die beigeladene zu 1) schriftlich eine entscheidung beantragen, ob eine beschäftigung vorliege, es sei denn, die einzugsstelle oder ein anderer versicherungsträger hätte im zeitpunkt der antragstellung bereits ein verfahren zur feststellung einer beschäftigung eingeleitet gehabt, was hier nicht der fall war. für die entscheidung über den antrag war abweichend von § 28h abs. 2 sgb iv die beklagte zuständig; sie hatte aufgrund einer gesamtwürdigung aller umstände des einzelfalles zu entscheiden. 21hiernach ist sie in dem anfrageverfahren auf grund der von ihr vorgenommenen gesamtwürdigung aller umstände des einzelfalls rechtsfehlerfrei zu dem ergebnis gelangt, dass die beigeladene zu 1) in einem abhängigen beschäftigungsverhältnis zum kläger steht und versicherungspflicht in der gesetzlichen rentenversicherung und nach dem recht der arbeitsförderung besteht. 22personen, die gegen arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherung (vgl. § 5 abs. 1 nr. 1 fünftes buch sozialgesetzbuch [sgb v], § 20 abs. 1 satz 2 nr. 1 elftes buch sozialgesetzbuch [sgb xi], § 1 satz 1 nr. 1 sechstes buch sozialgesetzbuch [sgb vi] und § 25 abs. 1 satz 1 drittes buch sozialgesetzbuch [sgb iii]) der versicherungspflicht und beitragspflicht. beurteilungsmaßstab für das vorliegen einer (abhängigen) beschäftigung ist § 7 abs. 1 sgb iv. danach ist beschäftigung die nichtselbständige arbeit, insbesondere in einem arbeitsverhältnis (§ 7 abs. 1 satz 1 sgb iv). nach der ständigen rechtsprechung des bundessozialgerichts (bsg) setzt eine beschäftigung voraus, dass der arbeitnehmer vom arbeitgeber persönlich abhängig ist. bei einer beschäftigung in einem fremden betrieb ist dies der fall, wenn der beschäftigte in den betrieb eingegliedert ist und dabei einem zeit, dauer, ort und art der ausführung umfassenden weisungsrecht des arbeitgebers unterliegt. diese weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden teilhabe am arbeitsprozess" verfeinert sein. demgegenüber ist eine selbständige tätigkeit vornehmlich durch das eigene unternehmerrisiko, das vorhandensein einer eigenen betriebsstätte, die verfügungsmöglichkeit über die eigene arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete tätigkeit und arbeitszeit gekennzeichnet. ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten umständen nach dem gesamtbild der arbeitsleistung und hängt davon ab, welche merkmale überwiegen (ständige rechtsprechung des bsg, vgl. z.b. urteil vom 28.09. 2011, az. b 12 r 17/09 r m.w.n.). 23hiernach ist die beigeladene zu 1) beim kläger abhängig beschäftigt. die kammer verweist zunächst auf die ausführungen der beklagten in den angefochtenen bescheiden, die sie sich zu eigen macht, und sieht insoweit von einer darstellung der entscheidungsgründe gem. § 136 abs. 3 sozialgerichtsgesetz (sgg) ab. ergänzend ist folgendes auszuführen. 24zwar haben der kläger und die beigeladene zu 1) keinen typischen arbeits- bzw. dienstvertrag abgeschlossen, sondern haben eine zusammenarbeit auf honorarbasis vereinbart. die vertragsgestaltung selbst spricht insoweit - wie vom kläger dargelegt - nicht für eine abhängige beschäftigung. die bezeichnung der tätigkeit als honorartätigkeit legt entsprechend dem willen der beteiligten eine selbstständige tätigkeit nahe. 25weiteres merkmal für eine eventuelle selbständigkeit der beigeladenen zu 1) stellen daneben auch die verpflichtung zum abschluss einer haftpflichtversicherung und die fehlende ausschließlichkeitsklausel dar. auch die möglichkeit, dritte zur leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt ein zu berücksichtigendes anzeichen dar, das im rahmen der gesamtabwägung gegen ein arbeitsverhältnis sprechen kann, allerdings nicht muss (vgl. bsg, urteil vom 11.03.2009, az. b 12 kr 21/07 r). 26für die selbständigkeit der beigeladenen zu 1) spricht außerdem auch die ihr eingeräumte möglichkeit, die übernahme von diensten abzulehnen. zudem sind ansprüche auf lohnfortzahlung im krankheits- und urlaubsfall nicht vereinbart. 27trotz der genannten, für eine selbständigkeit der beigeladenen zu 1) sprechenden indizien überwiegen jedoch die merkmale für eine abhängige beschäftigung. 28ein eigenes unternehmerrisiko - wesentliches kriterium im rahmen der vorzunehmenden abwägung - der beigeladenen zu 1) ist nicht erkennbar. zwar hat die beigeladene zu 1) unstreitig das recht, ihm vom kläger angebotene einsätze abzulehnen. das bloße recht, die übernahme eines angebotenen dienstes abzulehnen, reicht jedoch für die annahme eines eigenen unternehmerrisikos nicht aus. nach der ständigen rechtsprechung des bsg ist maßgebliches kriterium für ein unternehmerrisiko nämlich, ob eigenes kapital oder die eigene arbeitskraft auch mit der gefahr des verlustes eingesetzt wird, der erfolg des einsatzes der sächlichen oder persönlichen mittel also ungewiss ist (urteil des bsg vom 25.01.2001, az. b 12 kr 17/00 r m.w.n.). die beigeladene zu 1) setzt kein eigenes kapital ein. daneben hat sie die gewähr, für die durchgeführten dienste das vereinbarte honorar zu erhalten. das risiko, bei krankheits- oder urlaubsbedingten ausfällen kein honorar zu erzielen, spricht nach der rechtsprechung des bsg nur dann für eine selbstständige tätigkeit, wenn dem auch eine größere unabhängigkeit oder eine höhere verdienstchance gegenüberstehen. das entgelt der beigeladenen zu 1) ist jedoch - wie auch bei sonstigen abhängig beschäftigten typisch - allein vom zeitlichen einsatz abhängig, nicht hingegen von der güte des arbeitseinsatzes. der ausschluss einer vergütung bei krankheit und urlaub sowie die möglichkeit, angebotene arbeitseinsätze abzulehnen, genügen daher nicht, um ein unternehmerrisiko zu begründen. 29dass die beigeladene zu 1), sobald sie einen angebotenen einsatz angenommen hat, zur einhaltung des dienstes, der auch in den dienstplan eingetragen wird, verpflichtet ist, spricht hingegen weder für eine persönliche abhängigkeit der beigeladenen zu 1) noch für eine selbständige tätigkeit. vielmehr ist die einhaltung vereinbarter zeitlicher vorgaben typisch für schuldverhältnisse aller art, unabhängig vom vertragstyp. so sind sowohl abhängig beschäftigte als auch selbstständig tätige zur leistungserbringung, auch zu vereinbarten terminen, verpflichtet. 30weiter genügt der umstand, dass die beigeladene zu 1) bei der erbringung ihrer ärztlichen leistungen keinem weisungsrecht unterfällt, ebenfalls nicht, um das vorliegen einer selbständigen tätigkeit anzunehmen. gerade bei diensten höherer art, wie ärztliche leistungen sie darstellen, fehlen arbeitgebern regelmäßig die rechtlichen bzw. tatsächlichen einwirkungsmöglichkeiten. dennoch unterliegt es keinem zweifel, dass auch chefärzte, die - wie vorliegend ebenfalls der fall - auch nichtärztlichem personal weisungen erteilen können, ihre tätigkeit im regelfall in einem angestelltenverhältnis ausüben und als arbeitnehmer anzusehen sind. in ähnlicher weise obliegt auch der beigeladenen zu 1) im rahmen ihrer tätigkeit beim kläger ein hohes maß an eigenverantwortlichkeit und selbständigkeit bei erbringung der ärztlichen leistungen, weil sie selbstständig über den einsatz der erforderlichen maßnahmen in der jeweiligen situation zu entscheiden hat. 31entscheidend ist schließlich, wie von der beklagten ausgeführt, dass die arbeitsorganisation, an deren arbeitsprozess die beigeladene zu 1) funktionsgerecht dienend teilnimmt, vom kläger vorgegeben ist. die beigeladene zu 1) hat die einzelnen übernommenen dienste und insbesondere die einzelnen einsätze zu ende zu führen; ein abbruch ist nicht möglich. auch hat die beilgeladene zu 1) jedenfalls den zur verfügung gestellten funkmeldeempfänger bei sich zu tragen. sie nutzt außerdem das zur verfügung gestellte einsatzfahrzeug. am notarztstandort ist ihr ein aufenthaltsraum zur verfügung gestellt. insgesamt tritt sie als mitarbeiterin des den notarztdienst tragenden klägers auf und nicht etwa als eigener rettungsdienst. 32unschädlich ist, dass die bestehende arbeitsorganisation teilweise gesetzlichen regelungen, vorgaben des kreises q bzw. den sachnotwendigkeiten des zu verrichtenden rettungsdienstes geschuldet ist. eine einbindung und eingliederung kann nicht damit ihrer bedeutung beraubt werden, dass sie durch die art der arbeit oder externe vorgaben bedingt werde und deshalb nicht aussagekräftig sei. weil eine arbeitsleistung fremdbestimmt ist, wenn sie ihr gepräge von der ordnung des betriebes erhält, in dessen dienste sie verrichtet wird, stehen regelmäßig die art der arbeit und die weisungsbefugnis des auftraggebers in einem wechselverhältnis zueinander (vgl. landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 11.11.2005, az. l 13 r 112/05 m.w.n.). eine tatsächlich bestehende eingliederung in den betrieb des dienstherrn tritt nicht deshalb in ihrer bedeutung zurück, weil sie auch in der eigenart der zu erbringenden leistung begründet ist (vgl. bsg, urteil vom 11.03.2009, a.a.o.; landessozialgericht nordrhein-westfalen, urteil vom 30.04.2014, az. l 8 r 376/12). 33nach alledem überwiegen die kriterien für eine abhängige beschäftigung trotz der auch bestehenden indizien für eine selbständige tätigkeit erheblich. hiernach kommt es auf den entgegenstehenden willen der beteiligten, kein sozialversicherungspflichtiges beschäftigungsverhältnis zu wollen, nicht an; einem solchen willen kommt indizielle bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere aspekte gestützt wird (vgl. bsg, urteil vom 28.05.2008, az. b 12 kr 13/07 r), was vorliegend nach dem ausgeführten nicht der fall ist. 34ein anhalt für das vorliegen eines tatbestandes, der bei der vorliegenden bejahung einer abhängigen beschäftigung zur versicherungsfreiheit führen könnte, besteht nicht. 35die kostenentscheidung folgt aus § 197a sgg i. v. m. § 154 abs. 1 und 3, 162 abs. 3 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo). es entspricht nicht der billigkeit, die außergerichtlichen kosten der beigeladenen auch noch dem unterlegenen kläger aufzuerlegen, wenn diese keine eigenen (erfolgreichen) anträge gestellt haben. 36die entscheidung über den streitwert stützt sich auf § 197a abs. 1 satz 1 halbs. 1 sgg i.v.m. §§ 52 abs. 1 und 2, 63 abs. 2 satz 1 gerichtskostengesetz (gkg). es ist vom regel-streitwert auszugehen. anhaltspunkte für eine konkrete bemessung des streitwerts liegen nicht vor. | Verklagte*r | 0 |
325,535 | 2 Ca 1523/18 | 2019-12-17T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.04.2019 nach der EG 9 b TVöD- VKA zu vergüten. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %. 4. Streitwert: 12.876,64 € 12 Ca 1523/18 Verkündet am 17.12.2019 M Regierungsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Arbeitsgericht Solingen Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit 2Kläger 3Prozessbevollmächtigte 4Rechtsanwälte 5gegen 6Beklagte 7Prozessbevollmächtigte 8hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Solingen 9auf die mündliche Verhandlung vom 17.12.2019 10durch die Richterin am Arbeitsgericht S. als Vorsitzende 11und den ehrenamtlichen Richter X. 12und die ehrenamtliche Richterin L. 13für Recht erkannt: 14151. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.04.2019 nach der EG 9 b TVöD-VKA zu vergüten. 16172. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 18193. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %. 20214. Streitwert: 12.876,64 € 22Tatbestand: 23Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers als Lebensmittelkontrolleur der beklagten Stadt. 24Der am 23.05.1973 geborene Kläger ist seit dem 01.01.2004 bei der Beklagten beschäftigt. Der Kläger ist Meister im Fleischerhandwerk und zudem ausgebildeter Lebensmittelkontrolleur. Im Jahre 2004 legte er erfolgreich die Prüfung des 1. Angestelltenlehrgangs ab. 25Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 09.01.1992 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. 26Zu Zeiten der Geltung des BAT war der Kläger zuletzt in die Vergütungsgruppe V b BAT eingruppiert. Mit der Überleitung in den TVöD wurde der Kläger in die Entgeltgruppe 9 übergeleitet. 27Mit Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung des TVöD zum 01.01.2017 wurde der Kläger sodann in die Entgeltgruppe E 9 a übergeleitet. Bereits im November 2016 hatte der Kläger eine Höhegruppierung in die Entgeltgruppe E 9 c beantragt. Mit Schreiben vom 27.07.2018 wurde dem Kläger sodann endlich mitgeteilt, dass der Antrag auf Höhergruppierung abgelehnt werde. 28Die Lebensmittelkontrolle ist bei der Beklagten dem Fachbereich Recht und Ordnung zugeordnet. Leiter des Fachbereichs ist Herr Dr. S. Fachvorgesetzte der ehemals 5 bei der Beklagten beschäftigten Lebensmittelkontrolleure ist Frau Dr/., die mit 50 % ihrer Stelle der Lebensmittelkontrolle, mit den übrigen 50 % dem Veterinäramt zugeordnet ist. Die Aufgaben der Lebensmittelkontrolleure werden innerhalb eines Teams abgearbeitet und vorbehaltlich der Rahmenvorgaben durch die Vorgesetzte innerhalb des Teams selbstständig verteilt. Jeder Lebensmittelkontrolleur ist für einen festen Bezirk zuständig, in welchem sich 200 bis 300 zu überwachende Betriebe befinden. Alle drei Jahren werden diese Bezirke zwischen den Lebensmittelkontrolleuren gewechselt, Änderungen ergeben sich außerdem im Vertretungsfall. Der Einsatz erfolgt im Außen- sowie im Innendienst. Dabei sind die jeweiligen Kontrolleure im Innendienst mit Verwaltungstätigkeiten, Statistiken, Stellungnahmen etc. sowie im Außendienst überwiegend mit der Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, Tabak etc. beschäftigt. Im Außendienst werden Kontrollen der jeweiligen Betriebe und bei Verstößen gegen gesetzliche Vorgaben Maßnahmen eingeleitet, Auflagen erteilt bis hin zur Schließung des gesamten Betriebes. 29Der Kläger behauptet, die Außendiensttätigkeit nehme etwa 70 % in Anspruch. Zum überwiegenden Teil, nämlich mit ca. 85 %, sei er mit der Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, Lebensmittel-Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes sowie mit Tabakerzeugnissen befasst. Die Überwachung erfolge durch Betriebskontrollen, sensorische Prüfungen der Lebensmittel, physikalische sowie chemische Prüfungen, Entnahme von Proben, Risikobewertungen sowie Entgegennahme von Beschwerde- und Erkrankungsproben. Im Übrigen erfolge die Überwachung bei Verstößen der einzuhaltenden Bestimmungen durch Maßnahmen der Gefahrenabwehr in ganz unterschiedlicher Ausprägung. Diesbezüglich wird auf Blatt 5 der Akte verwiesen. Der Kläger behauptet, etwa 10 % bis 15 % der Außerdiensttätigkeit bestehe aus Beratungstätigkeiten. 30Der Kläger meint, er sei aufgrund seiner überwiegenden Tätigkeiten in die Entgeltgruppe 9 c TVöD-VKA einzugruppieren, zumindest aber in die Entgeltgruppe 9 b. Denn seine Tätigkeit erfordere gründliche und umfassende Fachkenntnisse sowie selbstständige Leistungen und sei des Weiteren auch besonders verantwortungsvoll. Wegen der Einzelheiten wird diesbezüglich auf Blatt 17 der Klageschrift verwiesen. Zusammenfassend trägt der Kläger hierzu vor, dass das Handeln eines Lebensmittelkontrolleurs für große Teile der Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppen zum einen ganz erhebliche gesundheitliche Gefahren zur Folge haben könne. Auf der anderen Seite ein fehlerhaftes Handeln aber auch dazu führen könne, dass die Existenz von Betrieben gefährdet oder gar vernichtet werden. Es sei daher jeweils im Einzelfall bei jedem Betrieb und jeder Anlage eine gewissenhafte und präzise Abwägung zwischen den devergierenden Interessen durchzuführen, worin sich gerade die besondere Verantwortung des Lebensmittelkontrolleurs zeige. Der Kläger hat außerdem im ergänzenden Schriftsatz vom 01.04.2019 behauptet, er müsse seine Fachkenntnisse, um seine Tätigkeit als Lebensmittelkontrolleur überhaupt ordnungsgemäß ausführen zu können, ständig erweitern und aktualisieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich die Anforderungen und Aufgaben der Lebensmittelüberwachung fortlaufend änderten und auch erweiterten. Die globale Rohware – und Zutatenbeschaffung, die freie Verkehrsfähigkeit im Binnenmarkt mit erhöhten Anforderungen an die Kennzeichnung und die Zunahme der industriell geprägten Lebensmittelproduktion und Konzentration von Produktionsstandorten führe dazu, dass er sein Fachwissen ständig erweitern müsse. Um beispielsweise gezielten Lebensmittelbetrug aufdecken zu können, der auch aufgrund zunehmenden Online-Handels wachse, müsse er sein Fachwissen auch im Hinblick auf neue Produktionsmethoden und Technologien stets aktualisieren. Schließlich müsse er bei der Überwachungstätigkeit auch komplexe rechtliche Zusammenhänge erkennen. Dabei übernehme er nicht allein wichtige Gerichtsentscheidungen, sondern verwerte diese durchaus in eigener Gedankenarbeit. Einschlägige Urteile müssten Vorort jeweils nicht nur präsent, sondern auch dem jeweiligen vorgefundenen Sachverhalt angepasst bewertet werden. Er müsse insoweit die Rechtsprechung jeweils verinnerlicht haben und bei beispielsweise devergierenden Urteilen unter Vergleich der Rechtsprechung Vorort entscheiden, welcher Rechtsauffassung er sich anschließe. Darüber hinaus habe er ständig unbestimmte Rechtsbegriffe selbstständig auszulegen und entsprechend anhand hunderter von Verordnungen und sonstigen Vorschriften zu subsumieren. Im Einzelnen wird diesbezüglich auf 122 bis 128 der Akte verwiesen. 31Schließlich betonnt der Kläger im o.g. Schriftsatz noch einmal seine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit. 32Der Kläger hat daher beantragt, 33festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.01.2017 nach der Entgeltgruppe 9 c TVöD-VKA zu vergüten; 34hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.01.2017 nach der Entgeltgruppe 9 b TVöD-VKA zu vergüten. 35Die Beklagte hat beantragt, 36 die Klage abzuweisen. 37Die Beklagte hält die Klage bereits für unschlüssig. Sie hat eingeräumt, dass die vom Kläger vorgenommene Tätigkeitsbeschreibung im Wesentlichen zutreffend sei, allerdings bestreitet sie, dass Maßnahmen der „Gefahrenabwehr“ anfallen würden. Die beklagte Stadt ist der Ansicht, bei der von einem Lebensmittelkontrolleur auszuübenden Tätigkeit seien gründliche, umfassende Fachkenntnisse nicht notwendig. Insbesondere bestreitet sie, dass rechtliche Zusammenhänge bzw. Gerichtsurteile in eigener Gedankenarbeit durch den jeweiligen Lebensmittelkontrolleur erfasst bzw. bewertet werden müssen. Im Hinblick auf die – unstreitig vorliegende – Vielzahl der Vorschriften, deren Kenntnisse benötigt und die von den Lebensmittelkontrolleuren jeweils angewendet werden müssen, meint die Beklagte, diese wirkten sich allenfalls auf die Breite der Fachkenntnisse, nicht jedoch auf deren Tiefe aus. Darüber hinaus meint sie, dass ein besonders verantwortungsvolles Vorgehen im Sinne der Entgeltgruppe 9 c auf gar keinen Fall gegeben sei. Schließlich habe das LAG Hamm bereits im Jahre 2004 entschieden, dass die Tatsache, dass es sich bei Lebensmittelkontrollen um Tätigkeiten handelt, die im Bereich der Volksgesundheit angesiedelt sind, für die Annahme einer besonderen Verantwortung nicht ausreiche. Sofern dem Lebensmittelkontrolleur keine über das normale Maß hinausgehende Verantwortung übertragen werde und ihm nicht mehr abverlangt werde, als seine Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig auszuführen, könne nicht von einer besonderen Verantwortung ausgegangen werden. Der Lebensmittelkontrolleur unterscheide sich insoweit nicht von einem Baukontrolleur oder einem Schwimmmeister, der ebenso durchaus in sicherheitsrelevanten Bereichen tätig werde und aufgrund seiner Kenntnisse entsprechende Feststellungen zu treffen und auch Maßnahmen einzuleiten habe. Die Abwägungsvorgänge, die der Kläger jeweils durchzuführen habe, seien bereits diejenigen, die überhaupt zur Eingruppierung in die EG 9 a führten. Schließlich weist die Beklagte darauf hin, dass die Auswirkungen ggfls. fehlerhaften Verhaltens nicht relevant für die jeweiligen Eingruppierung seien können. Der Kläger trage nun mal die Verantwortung für die von ihm getroffenen Entscheidungen, habe aber keine besondere Verantwortung im tarifrechtlichen Sinne auszuüben. Dies sei allenfalls der Fall, wenn er beispielsweise Aufsicht über ein oder mehrere unterstellte Lebensmittelkontrolleure hätte. Eine besondere Verantwortung einer Tätigkeit könne nun mal nur mit den Umständen begründet werden, die nicht schon zur Begründung der Merkmale einer niedrigeren Entgeltgruppe herangezogen worden und damit verbraucht seien. Die Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen Vorort trage aber bereits ein Lebensmittelkontrolleur, der in die EG 9 a eingruppiert sei, so dass dadurch keine beträchtliche Heraushebung der verantwortungsvollen Tätigkeit im Rahmen der EG 9 c begründet werden könne. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfüllung der eigenen Aufgaben obliege schließlich jedem Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, daraus könne bei Weitem keine besondere Verantwortung im Tarifsinne abgeleitet werden. 38Alle Entscheidungen der Lebensmittelkontrolleure Vorort könnten nachträglich außerdem von der Fachvorgesetzten und anderen Dienstvorgesetzten geändert oder zurückgenommen werden. Hierzu sei es bislang jedoch noch nicht gekommen. Dass die Entscheidungen der Lebensmittelkontrolleure, so auch die des Klägers, bislang kein einziges Mal von der Fach- oder anderen Dienstvorgesetzten geändert oder zurückgenommen worden sind, sondern es sich immer um die in der Sache letzte und somit einzige Entscheidung gehandelt hatte, ist zwischen den Parteien allerdings unstreitig geblieben. 39Schließlich hat die Beklagte die Tätigkeitsbeschreibung für das Team Lebensmittelüberwachung zur Akte gereicht (Bl. 225 ff. d. Akte). Auf den Inhalt der Tätigkeitsbeschreibung, insbesondere auf die in Prozenten angegebenen Zeitanteile der jeweiligen Tätigkeiten wird Bezug genommen. 40Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird insgesamt auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. 41Entscheidungsgründe: 42Die Klage zulässig und mit dem Hilfsantrag begründet. 43I. 441. Die Klageanträge sind zulässig, der Kläger kann, da sich die Parteien über die richtige Eingruppierung uneinig sind, seine Rechte mittels der Feststellungsklage geltend machen. (Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, Seite 91.) 452. Der Kläger ist zutreffender Weise in die Entgeltgruppe E 9 b TVöD-VKA einzugruppieren. Gemäß § 12 Abs. 2 TVöD-VKA richtet sich die Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe, die den auszuübenden Tätigkeiten entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht dann den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen einer oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. In diesem Zusammenhang ist auf die von der Beklagten zur Akte gereichte Tätigkeitsbeschreibung hinzuweisen. Dort findet sich in Zeitanteilen gemessen zunächst ein 45 prozentiger Anteil an „Betriebskontrollen“, ein 15 prozentiger Anteil „Probenahme“, 5 Prozent „sonstige Aufgaben in der Lebensmittelüberwachung“ sowie 15 Prozent „sonstige Aufgaben“, nämlich die Bearbeitung von Lärmbeschwerden mit Lärmpegelmessung bei Gaststätten und Großveranstaltungen. 46In die Entgeltgruppe 9 b sind Beschäftigte einzugruppieren, deren Tätigkeit gründliche und umfassende Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird unter selbstständiger Leistung eine Gedankenarbeit verstanden, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich der einzuschlagenden Wege, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert (BAG 10.12.1997, 4 AZR 221/96). Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne kann nach der Rechtsprechung des BAG ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses sein (BAG, 14.08.1985, 4 AZR 21/84). Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Entgeltgruppe 9 a geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite. Gründliche, umfassende Fachkenntnisse erfordern ein Fachwissen, das sich nicht auf Tatbestände und deren Zusammenhänge beschränkt, sondern als Grundlage für analysierende, zur Entscheidung auch von Zweifelsfällen notwendiger Denkvorgänge dient. Dies ist z.B. der Fall, wenn über die nähere Kenntnis der erforderlichen Bestimmungen hinaus rechtliche Zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche Entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener Gedankenarbeit verwertet werden müssen, wobei Fachkenntnisse nicht ausschließlich Rechtskenntnisse seien müssen (BAG 05.07.2017, 4 AZR 866/15). 47Entgegen der von der beklagten Stadt geäußerten Ansicht, ist der Kläger (zumindest) in die Entgeltgruppe 9 b des o.g. Tarifvertrages einzugruppieren, weil die Tätigkeit eines Lebensmittelkontrolleurs bei der beklagten Stadt gründliche und umfassende Kenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert. Auch nach Auffassung der Beklagten sind für die Tätigkeit eines Lebensmittelkontrolleurs gründliche und vielseitige Fachkenntnisse von Nöten. Entgegen der Auffassung der Stadt liegt allerdings auch eine Steigerung der Tiefe und Breite nach durch die dem Kläger auch zugewiesenen Aufgaben vor. Gründliche Fachkenntnisse erfordern einen Grad der Vertiefung, der nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften, Tarifbestimmungen usw. eines Aufgabenkreises umfasst, wobei Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichen Ausmaß und nicht nur oberflächlicher verlangt werden (BAG 21.03.2012, 4 AZR 279/10). Zwischen den Parteien ist unstreitig geblieben, dass der Kläger eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen sowie „Leitsätzen“ und DIN-Normen zu kennen, zu beachten und im Einzelfall anzuwenden hat. 48In diesem Zusammenhang wird auf die Auflistung im Schriftsatz vom 01.04.2019, Seite 11 (Bl. 121 d. Akte) hingewiesen. 49So sind für die effektive Tätigkeit des Klägers Kenntnisse erforderlich auf den Gebieten des Lebensmittelrechts, des Gaststättenrechts, der Gewerbeordnung, des Fleisch- und Geflügelfleischhygienerechts, des Handelsklassen, Preisangaben- und Eichrechts sowie Warenkunde einschließlich der Technologie und des Umgangs mit Lebensmitteln, der Lebensmittel- und Betriebshygiene, der Umwelthygiene einschließlich der Abfallbeseitigung, der Ernährungslehre, einschließlich ihrer biologischen Grundlagen, der Mikrobiologie und Parasitologie, der Desinfektion, der Sterilisation und Schädlingsbekämpfung sowie der betrieblichen Eigenkontrollsysteme etc., etc. Hieran zeigt sich ein ganz erhebliches Spektrum, welches der Kläger nicht nur oberflächlich zu beachten, sondern intensiv zu verinnerlichen hat und insoweit je nach sich ihm bietenden Sachverhalt der gesamten Breite nach gedanklich auf die Situation Vorort bei beispielsweise Betriebskontrollen anzuwenden hat. Der Kläger muss in der jeweiligen Situation in der Lage sein, zweifelsfrei unter Beachtung des Wortlauts eines Gesetzes, einer Verordnung oder Leitlinie etc. die vorliegende Situation rechtmäßig zu beurteilen und ermessensfehlerfreie Entscheidungen zu treffen. Der Kläger benötigt für seine Aufgabe ein Fachwissen, das sich nicht auf Tatbestände und deren Zusammenhänge beschränkt, sondern als Grundlage für analysierende zur Entscheidung auch von Zweifelsfällen notwendiger Denkvorgänge dient. Dies ist insbesondere der Fall, wenn über nähere Kenntnis der erforderlichen Bestimmungen hinaus rechtliche Zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche Entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener Gedankenarbeit verwertet werden müssen (BAG, 05.07.2017, 4 AZR 486/15). 50Die Arbeitsvorgänge, die der Kläger laut der Tätigkeitsbeschreibung überwiegend auszuführen hat, bestehen aus Betriebskontrollen, Probennahmen und sonstigen Aufgaben in der Lebensmittelüberwachung, hier insbesondere auch in der Beratung von Gewerbetreibenden über lebensmittelrechtliche Vorschriften und die Umsetzung im Betrieb (baulich, konzeptionell) sowie die Beratung von Verbrauchern über lebensmittelrechtliche Vorschriften etc.. Aus der Tätigkeitsbeschreibung ergibt sich des Weiteren, dass der Kläger die Betriebe, in denen Proben entnommen werden, selbstständig und eigenverantwortlich auswählt. Das gleiche gilt für die Auswahl der eigentlichen Betriebskontrollen, die Wahl der Maßnahmen bei Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften sowie das Festlegen der Überwachungsintervalle der zu überwachenden Betriebe. Der Kläger benötigt hierzu ein Fachwissen, welches sich nicht auf Tatbestände und deren Zusammenhänge beschränkt, sondern als Grundlage für analysierende, zur Entscheidung auch von Zweifelsfällen notwendiger Denkvorgänge dient. Genau das macht ein Lebensmittelkontrolleur. 51Der Kläger trifft selbstständig und eigenverantwortlich zahlreiche Entscheidungen, angefangen von der Auswahl der zu überwachenden Betriebe, der Frequenz sowie der inhaltlichen Bearbeitung bis hin zu der noch Vorort zu treffenden Grundsatzentscheidung, wie mit ggfls. festgestellten Verstößen gegen Rechtsvorschriften beispielsweise zum Erhalt der Gesundheit der Kunden, Konsumenten, Anwohner etc. zu verfahren ist. Um an dieser Stelle die Erörterungen aus den mündlichen Verhandlungen aufzugreifen, ist der Kläger Vorort aufgrund eigenständiger Entscheidung nicht nur in der Lage, sondern ausweislich seiner Tätigkeitsbeschreibung auch aufgerufen, unter Berücksichtigung einer außerordentlichen Vielzahl von Rechtsvorschriften Gefährdungslagen richtig und rechtskonform einzuschätzen, entsprechende Auflagen oder Hinweise zu erteilen und schließlich im äußersten Falle unter Eingriff in grundgesetzlich geschützte Positionen ganze Betriebsstätten von jetzt auf gleich zumindest vorläufig stillzulegen, wobei sich dies in einer Bandbreite von Imbissbuden über Kaffeehäuser bis hin zu Großhändlern wie der „Metro“ zieht. Für die Kammer stand daher fest, dass gründliche und umfassende Fachkenntnisse im Sinne der Entgeltgruppe 9 b hierfür vorliegen (müssen). Es war somit dem Hilfsantrag stattzugeben. 523. Hinsichtlich des Hauptantrages, nämlich der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 c, war die Klage hingegen abzuweisen. In diese Entgeltgruppe sind Beschäftigte einzugruppieren, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 9 b heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist. Dabei kommt es darauf an, ob und in welchem Ausmaß der Angestellte für seine auszuübende Tätigkeit die Verantwortung trägt und welche Auswirkungen ggfls. fehlerhaftes Handeln im Aufgabenbereich auf die ideellen oder materiellen Belange des Arbeitsgebers sowie auf die Lebensverhältnisse Dritter hat. Dabei ist Mitverantwortung ausreichend, die Unterstellung eines Beschäftigten steht der herausgehobenen Verantwortung grundsätzlich nicht entgegen (LAG Niedersachen, 08.03.1995, 4 Sa 2370/94). Ohne Zweifel hat ein Lebensmittelkontrolleur eine im allgemeinen Sinne betrachtet enorm verantwortungsvolle Aufgabe. Seine Entscheidungen Vorort ggfls. Betriebe zum Schutze der Allgemeinheit zu schließen, greifen dramatisch in Grundrechte auf Eigentum bzw. den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Auf der anderen Seite entscheidet ein Lebensmittelkontrolleur, sollte er fehlerhafter Weise eine Betriebsstätte geöffnet halten, obwohl letztlich durch Schädlingsbefall oder Ähnliches, die Gesundheit der Gäste, Kunden, Anwohner etc. gefährdet ist, über mögliche Gesundheitsbeeinträchtigungen erheblicher Teile der Bevölkerung. „Besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne ist jedoch nicht bereits dann gegeben, wenn ein fehlerhaftes Verhalten erhebliche Auswirkungen auf Dritte hat oder haben kann. Unstreitig hat der Kläger keine Letztverantwortung für die von ihm vorgenommenen Entscheidungen. Die Vorgesetzte, Frau Dr/. ist es, die letztlich über die getroffenen Maßnahmen der Lebensmittelkontrolleure „wacht“ und diese ggfls. ändern bzw. rückgängig machen kann. Auch wenn – wie sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat – die Vorgesetzte des Klägers von dieser Befugnis bislang noch nicht ein einziges Mal Gebrauch gemacht hat, so ist dies dennoch zu berücksichtigen. Die vom Kläger dargelegte Eigenverantwortlichkeit für die von ihm Vorort zu treffenden Entscheidungen allein führten nicht dazu, dass er eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit im Tarifsinne ausüben würde. Die reine Ausführungsverantwortung für eine Tätigkeit reich nicht aus, um eine gewichtige Heraushebung aus der Normalverantwortung für die ordnungsgemäße Tätigkeitsausübung zu begründen, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat. Unter der tariflichen Anforderung der „Verantwortung“ ist – so ebenfalls zutreffend die Beklagte - die Verpflichtung des Beschäftigten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenden Dienst – oder auch Arbeitsbereich die dort zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich vorschriftsmäßig ausgeführt werden. Eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit kann dem gegenüber nur gegeben sein, wenn sich die tariflich geforderte Verantwortung auch auf andere Mitarbeiter oder dritte Personen oder auf technische Zusammenhänge erstreckt. Es müsste sich insoweit die Verantwortung in gewichtiger, beträchtlicher Weise aus derjenigen der EG 9 b herausheben. Letztlich ist unstreitig geblieben, dass die endgültige Entscheidungsbefugnis auch über bereits getroffene Maßnahmen und deren Rückgängigmachung aber bei der Vorgesetzten liegt. 53III. 54Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 92 ZPO anteilig im Verhältnis der Obsiegens bzw. Unterliegens zu verteilen. 55IV. 56Der Streitwert war gemäß § 61 Satz 1 ArbGG im Urteil festzusetzen, wobei von dem 36-fachen der Differenzvergütung zwischen der Entgeltgruppe 9 a und der Entgeltgruppe 9 c, nämlich von 459,88 EUR monatlich ausgegangen wurde. RECHTSMITTELBELEHRUNG 57Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden. 58Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim 59Landesarbeitsgericht Düsseldorf 60Ludwig-Erhard-Allee 21 6140227 Düsseldorf 62Fax: 0211 7770-2199 63eingegangen sein. 64Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.justiz.de. 65Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. 66Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen: 67681. Rechtsanwälte, 692. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, 703. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. 71Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. 72* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. 73S. | 1. es wird festgestellt, dass die beklagte verpflichtet ist, den kläger für den zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.04.2019 nach der eg 9 b tvöd- vka zu vergüten. 2. im übrigen wird die klage abgewiesen. 3. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger zu 60 % und die beklagte zu 40 %. 4. streitwert: 12.876,64 € 12 ca 1523/18 verkündet am 17.12.2019 m regierungsbeschäftigte als urkundsbeamtin der geschäftsstelle arbeitsgericht solingen im namen des volkes urteil in dem rechtsstreit 2kläger 3prozessbevollmächtigte 4rechtsanwälte 5gegen 6beklagte 7prozessbevollmächtigte 8hat die 2. kammer des arbeitsgerichts solingen 9auf die mündliche verhandlung vom 17.12.2019 10durch die richterin am arbeitsgericht s. als vorsitzende 11und den ehrenamtlichen richter x. 12und die ehrenamtliche richterin l. 13für recht erkannt: 14151. es wird festgestellt, dass die beklagte verpflichtet ist, den kläger für den zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.04.2019 nach der eg 9 b tvöd-vka zu vergüten. 16172. im übrigen wird die klage abgewiesen. 18193. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger zu 60 % und die beklagte zu 40 %. 20214. streitwert: 12.876,64 € 22 | 23die parteien streiten über die zutreffende eingruppierung des klägers als lebensmittelkontrolleur der beklagten stadt. 24der am 23.05.1973 geborene kläger ist seit dem 01.01.2004 bei der beklagten beschäftigt. der kläger ist meister im fleischerhandwerk und zudem ausgebildeter lebensmittelkontrolleur. im jahre 2004 legte er erfolgreich die prüfung des 1. angestelltenlehrgangs ab. 25gemäß § 2 des arbeitsvertrages vom 09.01.1992 bestimmt sich das arbeitsverhältnis nach dem bundes-angestellten-tarifvertrag bat und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden tarifverträgen in der für den bereich der vereinigung der kommunalen arbeitgeberverbände (vka) jeweils geltenden fassung. außerdem finden die für den arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen tarifverträge anwendung. 26zu zeiten der geltung des bat war der kläger zuletzt in die vergütungsgruppe v b bat eingruppiert. mit der überleitung in den tvöd wurde der kläger in die entgeltgruppe 9 übergeleitet. 27mit inkrafttreten der neuen entgeltordnung des tvöd zum 01.01.2017 wurde der kläger sodann in die entgeltgruppe e 9 a übergeleitet. bereits im november 2016 hatte der kläger eine höhegruppierung in die entgeltgruppe e 9 c beantragt. mit schreiben vom 27.07.2018 wurde dem kläger sodann endlich mitgeteilt, dass der antrag auf höhergruppierung abgelehnt werde. 28die lebensmittelkontrolle ist bei der beklagten dem fachbereich recht und ordnung zugeordnet. leiter des fachbereichs ist herr dr. s. fachvorgesetzte der ehemals 5 bei der beklagten beschäftigten lebensmittelkontrolleure ist frau dr/., die mit 50 % ihrer stelle der lebensmittelkontrolle, mit den übrigen 50 % dem veterinäramt zugeordnet ist. die aufgaben der lebensmittelkontrolleure werden innerhalb eines teams abgearbeitet und vorbehaltlich der rahmenvorgaben durch die vorgesetzte innerhalb des teams selbstständig verteilt. jeder lebensmittelkontrolleur ist für einen festen bezirk zuständig, in welchem sich 200 bis 300 zu überwachende betriebe befinden. alle drei jahren werden diese bezirke zwischen den lebensmittelkontrolleuren gewechselt, änderungen ergeben sich außerdem im vertretungsfall. der einsatz erfolgt im außen- sowie im innendienst. dabei sind die jeweiligen kontrolleure im innendienst mit verwaltungstätigkeiten, statistiken, stellungnahmen etc. sowie im außendienst überwiegend mit der überwachung des verkehrs mit lebensmitteln, tabak etc. beschäftigt. im außendienst werden kontrollen der jeweiligen betriebe und bei verstößen gegen gesetzliche vorgaben maßnahmen eingeleitet, auflagen erteilt bis hin zur schließung des gesamten betriebes. 29der kläger behauptet, die außendiensttätigkeit nehme etwa 70 % in anspruch. zum überwiegenden teil, nämlich mit ca. 85 %, sei er mit der überwachung des verkehrs mit lebensmitteln, lebensmittel-zusatzstoffen, kosmetischen mitteln und bedarfsgegenständen im sinne des lebensmittel- und futtermittelgesetzes sowie mit tabakerzeugnissen befasst. die überwachung erfolge durch betriebskontrollen, sensorische prüfungen der lebensmittel, physikalische sowie chemische prüfungen, entnahme von proben, risikobewertungen sowie entgegennahme von beschwerde- und erkrankungsproben. im übrigen erfolge die überwachung bei verstößen der einzuhaltenden bestimmungen durch maßnahmen der gefahrenabwehr in ganz unterschiedlicher ausprägung. diesbezüglich wird auf blatt 5 der akte verwiesen. der kläger behauptet, etwa 10 % bis 15 % der außerdiensttätigkeit bestehe aus beratungstätigkeiten. 30der kläger meint, er sei aufgrund seiner überwiegenden tätigkeiten in die entgeltgruppe 9 c tvöd-vka einzugruppieren, zumindest aber in die entgeltgruppe 9 b. denn seine tätigkeit erfordere gründliche und umfassende fachkenntnisse sowie selbstständige leistungen und sei des weiteren auch besonders verantwortungsvoll. wegen der einzelheiten wird diesbezüglich auf blatt 17 der klageschrift verwiesen. zusammenfassend trägt der kläger hierzu vor, dass das handeln eines lebensmittelkontrolleurs für große teile der bevölkerung oder bevölkerungsgruppen zum einen ganz erhebliche gesundheitliche gefahren zur folge haben könne. auf der anderen seite ein fehlerhaftes handeln aber auch dazu führen könne, dass die existenz von betrieben gefährdet oder gar vernichtet werden. es sei daher jeweils im einzelfall bei jedem betrieb und jeder anlage eine gewissenhafte und präzise abwägung zwischen den devergierenden interessen durchzuführen, worin sich gerade die besondere verantwortung des lebensmittelkontrolleurs zeige. der kläger hat außerdem im ergänzenden schriftsatz vom 01.04.2019 behauptet, er müsse seine fachkenntnisse, um seine tätigkeit als lebensmittelkontrolleur überhaupt ordnungsgemäß ausführen zu können, ständig erweitern und aktualisieren. dabei sei zu berücksichtigen, dass sich die anforderungen und aufgaben der lebensmittelüberwachung fortlaufend änderten und auch erweiterten. die globale rohware – und zutatenbeschaffung, die freie verkehrsfähigkeit im binnenmarkt mit erhöhten anforderungen an die kennzeichnung und die zunahme der industriell geprägten lebensmittelproduktion und konzentration von produktionsstandorten führe dazu, dass er sein fachwissen ständig erweitern müsse. um beispielsweise gezielten lebensmittelbetrug aufdecken zu können, der auch aufgrund zunehmenden online-handels wachse, müsse er sein fachwissen auch im hinblick auf neue produktionsmethoden und technologien stets aktualisieren. schließlich müsse er bei der überwachungstätigkeit auch komplexe rechtliche zusammenhänge erkennen. dabei übernehme er nicht allein wichtige gerichtsentscheidungen, sondern verwerte diese durchaus in eigener gedankenarbeit. einschlägige urteile müssten vorort jeweils nicht nur präsent, sondern auch dem jeweiligen vorgefundenen sachverhalt angepasst bewertet werden. er müsse insoweit die rechtsprechung jeweils verinnerlicht haben und bei beispielsweise devergierenden urteilen unter vergleich der rechtsprechung vorort entscheiden, welcher rechtsauffassung er sich anschließe. darüber hinaus habe er ständig unbestimmte rechtsbegriffe selbstständig auszulegen und entsprechend anhand hunderter von verordnungen und sonstigen vorschriften zu subsumieren. im einzelnen wird diesbezüglich auf 122 bis 128 der akte verwiesen. 31schließlich betonnt der kläger im o.g. schriftsatz noch einmal seine besonders verantwortungsvolle tätigkeit. 32der kläger hat daher beantragt, 33festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.01.2017 nach der entgeltgruppe 9 c tvöd-vka zu vergüten; 34hilfsweise festzustellen, dass die beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.01.2017 nach der entgeltgruppe 9 b tvöd-vka zu vergüten. 35die beklagte hat beantragt, 36 die klage abzuweisen. 37die beklagte hält die klage bereits für unschlüssig. sie hat eingeräumt, dass die vom kläger vorgenommene tätigkeitsbeschreibung im wesentlichen zutreffend sei, allerdings bestreitet sie, dass maßnahmen der „gefahrenabwehr“ anfallen würden. die beklagte stadt ist der ansicht, bei der von einem lebensmittelkontrolleur auszuübenden tätigkeit seien gründliche, umfassende fachkenntnisse nicht notwendig. insbesondere bestreitet sie, dass rechtliche zusammenhänge bzw. gerichtsurteile in eigener gedankenarbeit durch den jeweiligen lebensmittelkontrolleur erfasst bzw. bewertet werden müssen. im hinblick auf die – unstreitig vorliegende – vielzahl der vorschriften, deren kenntnisse benötigt und die von den lebensmittelkontrolleuren jeweils angewendet werden müssen, meint die beklagte, diese wirkten sich allenfalls auf die breite der fachkenntnisse, nicht jedoch auf deren tiefe aus. darüber hinaus meint sie, dass ein besonders verantwortungsvolles vorgehen im sinne der entgeltgruppe 9 c auf gar keinen fall gegeben sei. schließlich habe das lag hamm bereits im jahre 2004 entschieden, dass die tatsache, dass es sich bei lebensmittelkontrollen um tätigkeiten handelt, die im bereich der volksgesundheit angesiedelt sind, für die annahme einer besonderen verantwortung nicht ausreiche. sofern dem lebensmittelkontrolleur keine über das normale maß hinausgehende verantwortung übertragen werde und ihm nicht mehr abverlangt werde, als seine aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig auszuführen, könne nicht von einer besonderen verantwortung ausgegangen werden. der lebensmittelkontrolleur unterscheide sich insoweit nicht von einem baukontrolleur oder einem schwimmmeister, der ebenso durchaus in sicherheitsrelevanten bereichen tätig werde und aufgrund seiner kenntnisse entsprechende feststellungen zu treffen und auch maßnahmen einzuleiten habe. die abwägungsvorgänge, die der kläger jeweils durchzuführen habe, seien bereits diejenigen, die überhaupt zur eingruppierung in die eg 9 a führten. schließlich weist die beklagte darauf hin, dass die auswirkungen ggfls. fehlerhaften verhaltens nicht relevant für die jeweiligen eingruppierung seien können. der kläger trage nun mal die verantwortung für die von ihm getroffenen entscheidungen, habe aber keine besondere verantwortung im tarifrechtlichen sinne auszuüben. dies sei allenfalls der fall, wenn er beispielsweise aufsicht über ein oder mehrere unterstellte lebensmittelkontrolleure hätte. eine besondere verantwortung einer tätigkeit könne nun mal nur mit den umständen begründet werden, die nicht schon zur begründung der merkmale einer niedrigeren entgeltgruppe herangezogen worden und damit verbraucht seien. die verantwortung für die getroffenen entscheidungen vorort trage aber bereits ein lebensmittelkontrolleur, der in die eg 9 a eingruppiert sei, so dass dadurch keine beträchtliche heraushebung der verantwortungsvollen tätigkeit im rahmen der eg 9 c begründet werden könne. die verantwortung für die ordnungsgemäße erfüllung der eigenen aufgaben obliege schließlich jedem mitarbeiter im öffentlichen dienst, daraus könne bei weitem keine besondere verantwortung im tarifsinne abgeleitet werden. 38alle entscheidungen der lebensmittelkontrolleure vorort könnten nachträglich außerdem von der fachvorgesetzten und anderen dienstvorgesetzten geändert oder zurückgenommen werden. hierzu sei es bislang jedoch noch nicht gekommen. dass die entscheidungen der lebensmittelkontrolleure, so auch die des klägers, bislang kein einziges mal von der fach- oder anderen dienstvorgesetzten geändert oder zurückgenommen worden sind, sondern es sich immer um die in der sache letzte und somit einzige entscheidung gehandelt hatte, ist zwischen den parteien allerdings unstreitig geblieben. 39schließlich hat die beklagte die tätigkeitsbeschreibung für das team lebensmittelüberwachung zur akte gereicht (bl. 225 ff. d. akte). auf den inhalt der tätigkeitsbeschreibung, insbesondere auf die in prozenten angegebenen zeitanteile der jeweiligen tätigkeiten wird bezug genommen. 40wegen des weiteren sach- und streitstandes wird insgesamt auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen sowie auf die sitzungsniederschriften bezug genommen. 41 | 42die klage zulässig und mit dem hilfsantrag begründet. 43i. 441. die klageanträge sind zulässig, der kläger kann, da sich die parteien über die richtige eingruppierung uneinig sind, seine rechte mittels der feststellungsklage geltend machen. (hamacher, antragslexikon arbeitsrecht, seite 91.) 452. der kläger ist zutreffender weise in die entgeltgruppe e 9 b tvöd-vka einzugruppieren. gemäß § 12 abs. 2 tvöd-vka richtet sich die eingruppierung nach den tätigkeitsmerkmalen der entgeltgruppe, die den auszuübenden tätigkeiten entspricht. die gesamte auszuübende tätigkeit entspricht dann den tätigkeitsmerkmalen einer entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur hälfte arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die anforderungen einer oder mehrerer tätigkeitsmerkmale dieser entgeltgruppe erfüllen. kann die erfüllung einer anforderung in der regel erst bei der betrachtung mehrerer arbeitsvorgänge festgestellt werden sind diese arbeitsvorgänge für die feststellung, ob diese anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. in diesem zusammenhang ist auf die von der beklagten zur akte gereichte tätigkeitsbeschreibung hinzuweisen. dort findet sich in zeitanteilen gemessen zunächst ein 45 prozentiger anteil an „betriebskontrollen“, ein 15 prozentiger anteil „probenahme“, 5 prozent „sonstige aufgaben in der lebensmittelüberwachung“ sowie 15 prozent „sonstige aufgaben“, nämlich die bearbeitung von lärmbeschwerden mit lärmpegelmessung bei gaststätten und großveranstaltungen. 46in die entgeltgruppe 9 b sind beschäftigte einzugruppieren, deren tätigkeit gründliche und umfassende fachkenntnisse und selbstständige leistungen erfordert. nach der rechtsprechung des bundesarbeitsgerichts wird unter selbstständiger leistung eine gedankenarbeit verstanden, die im rahmen der für die vergütungsgruppe vorausgesetzten fachkenntnisse hinsichtlich der einzuschlagenden wege, insbesondere hinsichtlich des zu findenden ergebnisses eine eigene beurteilung und eine eigene entschließung erfordert (bag 10.12.1997, 4 azr 221/96). kennzeichnend für selbstständige leistungen im tariflichen sinne kann nach der rechtsprechung des bag ein wie auch immer gearteter ermessens-, entscheidungs-, gestaltungs- oder beurteilungsspielraum bei der erarbeitung eines arbeitsergebnisses sein (bag, 14.08.1985, 4 azr 21/84). gründliche, umfassende fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der entgeltgruppe 9 a geforderten gründlichen und vielseitigen fachkenntnissen eine steigerung der tiefe und der breite. gründliche, umfassende fachkenntnisse erfordern ein fachwissen, das sich nicht auf tatbestände und deren zusammenhänge beschränkt, sondern als grundlage für analysierende, zur entscheidung auch von zweifelsfällen notwendiger denkvorgänge dient. dies ist z.b. der fall, wenn über die nähere kenntnis der erforderlichen bestimmungen hinaus rechtliche zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener gedankenarbeit verwertet werden müssen, wobei fachkenntnisse nicht ausschließlich rechtskenntnisse seien müssen (bag 05.07.2017, 4 azr 866/15). 47entgegen der von der beklagten stadt geäußerten ansicht, ist der kläger (zumindest) in die entgeltgruppe 9 b des o.g. tarifvertrages einzugruppieren, weil die tätigkeit eines lebensmittelkontrolleurs bei der beklagten stadt gründliche und umfassende kenntnisse und selbstständige leistungen erfordert. auch nach auffassung der beklagten sind für die tätigkeit eines lebensmittelkontrolleurs gründliche und vielseitige fachkenntnisse von nöten. entgegen der auffassung der stadt liegt allerdings auch eine steigerung der tiefe und breite nach durch die dem kläger auch zugewiesenen aufgaben vor. gründliche fachkenntnisse erfordern einen grad der vertiefung, der nähere kenntnisse von gesetzen, verwaltungsvorschriften, tarifbestimmungen usw. eines aufgabenkreises umfasst, wobei fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichen ausmaß und nicht nur oberflächlicher verlangt werden (bag 21.03.2012, 4 azr 279/10). zwischen den parteien ist unstreitig geblieben, dass der kläger eine nahezu unüberschaubare vielzahl von gesetzen, verordnungen sowie „leitsätzen“ und din-normen zu kennen, zu beachten und im einzelfall anzuwenden hat. 48in diesem zusammenhang wird auf die auflistung im schriftsatz vom 01.04.2019, seite 11 (bl. 121 d. akte) hingewiesen. 49so sind für die effektive tätigkeit des klägers kenntnisse erforderlich auf den gebieten des lebensmittelrechts, des gaststättenrechts, der gewerbeordnung, des fleisch- und geflügelfleischhygienerechts, des handelsklassen, preisangaben- und eichrechts sowie warenkunde einschließlich der technologie und des umgangs mit lebensmitteln, der lebensmittel- und betriebshygiene, der umwelthygiene einschließlich der abfallbeseitigung, der ernährungslehre, einschließlich ihrer biologischen grundlagen, der mikrobiologie und parasitologie, der desinfektion, der sterilisation und schädlingsbekämpfung sowie der betrieblichen eigenkontrollsysteme etc., etc. hieran zeigt sich ein ganz erhebliches spektrum, welches der kläger nicht nur oberflächlich zu beachten, sondern intensiv zu verinnerlichen hat und insoweit je nach sich ihm bietenden sachverhalt der gesamten breite nach gedanklich auf die situation vorort bei beispielsweise betriebskontrollen anzuwenden hat. der kläger muss in der jeweiligen situation in der lage sein, zweifelsfrei unter beachtung des wortlauts eines gesetzes, einer verordnung oder leitlinie etc. die vorliegende situation rechtmäßig zu beurteilen und ermessensfehlerfreie entscheidungen zu treffen. der kläger benötigt für seine aufgabe ein fachwissen, das sich nicht auf tatbestände und deren zusammenhänge beschränkt, sondern als grundlage für analysierende zur entscheidung auch von zweifelsfällen notwendiger denkvorgänge dient. dies ist insbesondere der fall, wenn über nähere kenntnis der erforderlichen bestimmungen hinaus rechtliche zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener gedankenarbeit verwertet werden müssen (bag, 05.07.2017, 4 azr 486/15). 50die arbeitsvorgänge, die der kläger laut der tätigkeitsbeschreibung überwiegend auszuführen hat, bestehen aus betriebskontrollen, probennahmen und sonstigen aufgaben in der lebensmittelüberwachung, hier insbesondere auch in der beratung von gewerbetreibenden über lebensmittelrechtliche vorschriften und die umsetzung im betrieb (baulich, konzeptionell) sowie die beratung von verbrauchern über lebensmittelrechtliche vorschriften etc.. aus der tätigkeitsbeschreibung ergibt sich des weiteren, dass der kläger die betriebe, in denen proben entnommen werden, selbstständig und eigenverantwortlich auswählt. das gleiche gilt für die auswahl der eigentlichen betriebskontrollen, die wahl der maßnahmen bei verstößen gegen lebensmittelrechtliche vorschriften sowie das festlegen der überwachungsintervalle der zu überwachenden betriebe. der kläger benötigt hierzu ein fachwissen, welches sich nicht auf tatbestände und deren zusammenhänge beschränkt, sondern als grundlage für analysierende, zur entscheidung auch von zweifelsfällen notwendiger denkvorgänge dient. genau das macht ein lebensmittelkontrolleur. 51der kläger trifft selbstständig und eigenverantwortlich zahlreiche entscheidungen, angefangen von der auswahl der zu überwachenden betriebe, der frequenz sowie der inhaltlichen bearbeitung bis hin zu der noch vorort zu treffenden grundsatzentscheidung, wie mit ggfls. festgestellten verstößen gegen rechtsvorschriften beispielsweise zum erhalt der gesundheit der kunden, konsumenten, anwohner etc. zu verfahren ist. um an dieser stelle die erörterungen aus den mündlichen verhandlungen aufzugreifen, ist der kläger vorort aufgrund eigenständiger entscheidung nicht nur in der lage, sondern ausweislich seiner tätigkeitsbeschreibung auch aufgerufen, unter berücksichtigung einer außerordentlichen vielzahl von rechtsvorschriften gefährdungslagen richtig und rechtskonform einzuschätzen, entsprechende auflagen oder hinweise zu erteilen und schließlich im äußersten falle unter eingriff in grundgesetzlich geschützte positionen ganze betriebsstätten von jetzt auf gleich zumindest vorläufig stillzulegen, wobei sich dies in einer bandbreite von imbissbuden über kaffeehäuser bis hin zu großhändlern wie der „metro“ zieht. für die kammer stand daher fest, dass gründliche und umfassende fachkenntnisse im sinne der entgeltgruppe 9 b hierfür vorliegen (müssen). es war somit dem hilfsantrag stattzugeben. 523. hinsichtlich des hauptantrages, nämlich der eingruppierung in die entgeltgruppe 9 c, war die klage hingegen abzuweisen. in diese entgeltgruppe sind beschäftigte einzugruppieren, deren tätigkeit sich dadurch aus der entgeltgruppe 9 b heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist. dabei kommt es darauf an, ob und in welchem ausmaß der angestellte für seine auszuübende tätigkeit die verantwortung trägt und welche auswirkungen ggfls. fehlerhaftes handeln im aufgabenbereich auf die ideellen oder materiellen belange des arbeitsgebers sowie auf die lebensverhältnisse dritter hat. dabei ist mitverantwortung ausreichend, die unterstellung eines beschäftigten steht der herausgehobenen verantwortung grundsätzlich nicht entgegen (lag niedersachen, 08.03.1995, 4 sa 2370/94). ohne zweifel hat ein lebensmittelkontrolleur eine im allgemeinen sinne betrachtet enorm verantwortungsvolle aufgabe. seine entscheidungen vorort ggfls. betriebe zum schutze der allgemeinheit zu schließen, greifen dramatisch in grundrechte auf eigentum bzw. den eingerichteten und ausgeübten gewerbebetrieb ein. auf der anderen seite entscheidet ein lebensmittelkontrolleur, sollte er fehlerhafter weise eine betriebsstätte geöffnet halten, obwohl letztlich durch schädlingsbefall oder ähnliches, die gesundheit der gäste, kunden, anwohner etc. gefährdet ist, über mögliche gesundheitsbeeinträchtigungen erheblicher teile der bevölkerung. „besonders verantwortungsvoll“ im tarifsinne ist jedoch nicht bereits dann gegeben, wenn ein fehlerhaftes verhalten erhebliche auswirkungen auf dritte hat oder haben kann. unstreitig hat der kläger keine letztverantwortung für die von ihm vorgenommenen entscheidungen. die vorgesetzte, frau dr/. ist es, die letztlich über die getroffenen maßnahmen der lebensmittelkontrolleure „wacht“ und diese ggfls. ändern bzw. rückgängig machen kann. auch wenn – wie sich in der mündlichen verhandlung herausgestellt hat – die vorgesetzte des klägers von dieser befugnis bislang noch nicht ein einziges mal gebrauch gemacht hat, so ist dies dennoch zu berücksichtigen. die vom kläger dargelegte eigenverantwortlichkeit für die von ihm vorort zu treffenden entscheidungen allein führten nicht dazu, dass er eine besonders verantwortungsvolle tätigkeit im tarifsinne ausüben würde. die reine ausführungsverantwortung für eine tätigkeit reich nicht aus, um eine gewichtige heraushebung aus der normalverantwortung für die ordnungsgemäße tätigkeitsausübung zu begründen, worauf die beklagte zu recht hingewiesen hat. unter der tariflichen anforderung der „verantwortung“ ist – so ebenfalls zutreffend die beklagte - die verpflichtung des beschäftigten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenden dienst – oder auch arbeitsbereich die dort zu erledigenden aufgaben sachgerecht, pünktlich vorschriftsmäßig ausgeführt werden. eine besonders verantwortungsvolle tätigkeit kann dem gegenüber nur gegeben sein, wenn sich die tariflich geforderte verantwortung auch auf andere mitarbeiter oder dritte personen oder auf technische zusammenhänge erstreckt. es müsste sich insoweit die verantwortung in gewichtiger, beträchtlicher weise aus derjenigen der eg 9 b herausheben. letztlich ist unstreitig geblieben, dass die endgültige entscheidungsbefugnis auch über bereits getroffene maßnahmen und deren rückgängigmachung aber bei der vorgesetzten liegt. 53iii. 54die kosten des rechtsstreits waren gemäß § 46 abs. 2 arbgg i.v.m. § 92 zpo anteilig im verhältnis der obsiegens bzw. unterliegens zu verteilen. 55iv. 56der streitwert war gemäß § 61 satz 1 arbgg im urteil festzusetzen, wobei von dem 36-fachen der differenzvergütung zwischen der entgeltgruppe 9 a und der entgeltgruppe 9 c, nämlich von 459,88 eur monatlich ausgegangen wurde. rechtsmittelbelehrung 57gegen dieses urteil kann von jeder partei berufung eingelegt werden. 58die berufung muss innerhalb einer notfrist* von einem monat schriftlich oder in elektronischer form beim 59landesarbeitsgericht düsseldorf 60ludwig-erhard-allee 21 6140227 düsseldorf 62fax: 0211 7770-2199 63eingegangen sein. 64die elektronische form wird durch ein elektronisches dokument gewahrt. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 46c arbgg nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (ervv) v. 24. november 2017 in der jeweils geltenden fassung eingereicht werden. nähere hinweise zum elektronischen rechtsverkehr finden sie auf der internetseite www.justiz.de. 65die notfrist beginnt mit der zustellung des in vollständiger form abgefassten urteils, spätestens mit ablauf von fünf monaten nach dessen verkündung. 66die berufungsschrift muss von einem bevollmächtigten unterzeichnet sein. als bevollmächtigte sind nur zugelassen: 67681. rechtsanwälte, 692. gewerkschaften und vereinigungen von arbeitgebern sowie zusammenschlüsse solcher verbände für ihre mitglieder oder für andere verbände oder zusammenschlüsse mit vergleichbarer ausrichtung und deren mitglieder, 703. juristische personen, deren anteile sämtlich im wirtschaftlichen eigentum einer der in nr. 2 bezeichneten organisationen stehen, wenn die juristische person ausschließlich die rechtsberatung und prozessvertretung dieser organisation und ihrer mitglieder oder anderer verbände oder zusammenschlüsse mit vergleichbarer ausrichtung und deren mitglieder entsprechend deren satzung durchführt, und wenn die organisation für die tätigkeit der bevollmächtigten haftet. 71eine partei, die als bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten. 72* eine notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. 73s. | Klaeger*in | 1 |
172,028 | 3d A 1686/12.O | 2014-08-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der am 8. Februar 19 in X.. geborene Beklagte wurde nach dem Abitur am 1. April 1964 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Finanzanwärter ernannt. Es folgten die Ernennungen zum Steuerinspektor zur Anstellung unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten zur Probe am 1. April 1967, zum Steuerinspektor am 29. Oktober 1969, zum Steueroberinspektor am 4. April 1972, zum Steueramtmann am 10. April 1974, zum Steueramtsrat am 7. Oktober 1977 und zum Steueroberamtsrat am 6. Januar 1989. Mit Wirkung vom 8. Februar 1970 war ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen worden. Ab dem 1. Januar 1977 nahm er die Geschäfte des Kassenleiters beim Finanzamt X.. wahr. In der letzten Beurteilung vom 25. Juni 1998 wurde er zusammenfassend als „erfahrener, ruhiger Fachmann und Vorgesetzter, der mit seiner freundlichen, ausgleichenden Art im Kollegenkreis geschätzt wird“, gewürdigt. Die Beurteilung schloss mit dem Ergebnis „über Durchschnitt“. Mit Ablauf des Monats Februar 2008 trat er nach Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand. 3Der Beklagte ist ledig und kinderlos. Er lebt mit einer Lebenspartnerin zusammen, die Rentnerin ist. Er ist disziplinar- und strafrechtlich – von dem hiesigen Vorwurf abgesehen – nicht vorbelastet. 4Mit Schreiben vom 1. Juli 2010 leitete die Oberfinanzdirektion X.. ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein und setzte dieses bis zum Abschluss des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens aus. Dem Beklagten wurde zur Last gelegt, in den Jahren 2005 bis 2008 als Sachgebietsleiter – Kassenleiter – des Finanzamts X..-Außenstadt Geldbeträge, die zur Erfüllung von Auflagen in Steuerstrafverfahren im Finanzamt eingegangen seien, nicht an gemeinnützige Einrichtungen, sondern (durch zwei Überweisungen) zum Teil auf eigene Konten weitergeleitet zu haben. Das Schreiben war „im Auftrag“ durch den Leitenden Regierungsdirektor C. unterschrieben. 5Dem war eine Prüfung der Innenrevision der Oberfinanzdirektion vorausgegangen. Anlass hierfür waren unklare Geldzuflüsse im Verwahrungsbuch des Finanzamtes X... Es bestand der Verdacht, ein (gegebenenfalls auch ehemaliger) Beschäftigter des Finanzamtes habe Gelder, die er in der Vergangenheit veruntreut hatte, zurückgezahlt. Bei diesen Überprüfungen stieß die Innenrevision auf die Untreuehandlungen des Beklagten; ferner kam sie zu dem Ergebnis, dass kein Zusammenhang zwischen diesen und den auffälligen Geldeingängen bestehe. 6Der Beklagte räumte durch Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15. Juli 2010 „grundsätzlich ein, die im Einzelnen dargelegten Untreue-Tatbestände mit der Schadenssumme 17.168,92 EUR verwirklicht zu haben.“ Im August 2010 überwies er diesen Betrag auf das ihm von der Oberfinanzdirektion mitgeteilte Konto. 7Mit – „in Vertretung“ durch den Finanzpräsidenten B. unterzeichnetem – Schreiben vom 25. August 2010 setzte die Oberfinanzdirektion den Beklagten in Kenntnis, das Disziplinarverfahren um fünf Überweisungen auf nunmehr sieben Überweisungen in der Höhe von insgesamt 17 168,92 € zu erweitern, das Verfahren fortzuführen und dreißig Prozent des Ruhegehalts einzubehalten. 8Am 11. Januar 2011 erklärte der Beklagte im Rahmen einer mündlichen Anhörung im Disziplinarverfahren, dass er seit Ende der 1980er Jahre in verschiedener Hinsicht privat beeinträchtigt gewesen sei. Zudem sei die Arbeit seit Einrichtung der Erhebungsstelle im Jahr 2002 für ihn zunehmend zu einer großen Belastung geworden. Er habe mit niemandem reden können, alles habe sich in ihm aufgestaut. Er könne nicht mehr nachvollziehen, warum er die sieben Überweisungen umgeleitet habe. Vielleicht sei bei ihm „die Sicherung durchgebrannt“; vielleicht habe er den Gedanken gehabt, „mal etwas für mich zu tun“. Von den kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst beim Finanzamt eingegangenen anonymen Zahlungen sei ihm nichts bekannt. 9Das Amtsgericht Münster (Aktenzeichen 50 Cs 400 Js 6/10 – 252/11) setzte gegen den Beklagten mit Strafbefehl vom 24. Juni 2011 in Verbindung mit Beschluss vom 18. August 2011, rechtskräftig seit dem 30. August 2011, wegen Untreue in vier Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 55 € fest. Dabei legte es dem Beklagten Folgendes zur Last: 10„Als Sachgebietsleiter für den Bereich Erhebung des Finanzamtes X.. waren Sie bis zu Ihrer Pensionierung im Jahr 2008 für die Freigabe und Unterzeichnung von Überweisungen von Geldauflagen, die das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Münster zu Gunsten gemeinnütziger Einrichtungen festgesetzt hatte, zuständig. 11Auf Grund Ihrer Tätigkeit war Ihnen bekannt, dass die gemeinnützigen Einrichtungen nicht vorab über Zuwendungen informiert wurden und dass für die Zahlungen zwar Einzelüberweisungsträger erstellt, diese jedoch bei mehreren Überweisungen an verschiedene gemeinnützige Einrichtungen zu einer Sammelüberweisung zusammengefasst wurden. 12Unterschrieben wurde stets nur der dazu gefertigte Sammelüberweisungsauftrag und zwar von Ihnen und einer weiteren Person. Der zweiten unterzeichnenden Person legten Sie den Sammelüberweisungsträger mit den zutreffenden Einzelüberweisungsträgern zur Unterschrift vor. Anschließend, vor Versendung der Erstschriften an die überweisende Bank tauschten Sie, unter Ausnutzung Ihrer Befugnisse als Amtsträger, einen Einzelüberweisungsträger auf dem Sie Ihr eigenes Bankkonto angegeben hatten, gegen den Einzelüberweisungsträger zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung aus. 13Infolgedessen wurde dieser Betrag auf Ihr eigenes Konto statt auf das Konto der gemeinnützigen Einrichtung überwiesen. 14Auf diese Weise überwiesen Sie sich 15- am 07.10.2005 3.000 Euro 16- am 09.10.2006 2.500 Euro 17- am 10.04.2007 1.000 Euro und 18- am 13.09.2007 nochmals 3.000 Euro, 19insgesamt 9.500 Euro.“ 20Drei weitere Taten – jeweils 2 556,46 € am 18. September 2001 und am 4. Januar 2002 sowie 2 556,00 € am 29. Mai 2002 – hatte die Staatsanwaltschaft nicht in ihrem Strafbefehlsantrag erfasst, da diese der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung unterfielen. 21Zu dem Ergebnis der Ermittlungen im Disziplinarverfahren nahmen die Bevollmächtigten des Beklagten dahin Stellung, dass sich aufdrängende Schuldmilderungsgründe nicht berücksichtigt seien. Der Beklagte sei nach dem Tod seiner Eltern 1997 beziehungsweise 2000 sowie durch eigene Erkrankungen in besonderer Weise psychisch belastet gewesen. Der beruflichen Überbelastung in den Jahren 2005 bis 2007 hätte die Untersuchungsführerin weiter nachgehen müssen. Es werde ein psychologisches Gutachten „über die physische und psychische Gesamtsituation des Beamten in den Jahren 2000 ff.“ beantragt. 22Der Kläger hat am 14. November 2011 Disziplinarklage erhoben wegen des Vorwurfs, der Beklagte habe in sieben Fällen eine Sicherheitslücke im Rahmen der Zahlungsabwicklung von Geldauflagen ausgenutzt und in der Zeit vom 18. September 2001 bis zum 12. September 2007 insgesamt 17 168,92 € von einem Konto des Finanzamtes X.. auf sein Privatkonto überwiesen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe dadurch ein so schwerwiegendes Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten begangen, dass als Disziplinarmaßnahme nur die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht komme. 23Der Kläger hat beantragt, 24 dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen. 25Der Beklagte hat beantragt, 26 die Klage abzuweisen. 27Er hat im Wesentlichen vorgebracht, dass erhebliche Verfahrensfehler zur Klageabweisung führen müssten und die Aberkennung des Ruhegehalts auch nicht begründet sei. Das Disziplinarverfahren sei nicht wirksam eingeleitet worden, da die Einleitung von der Leitung der Oberfinanzdirektion hätte unterzeichnet werden müssen. Zudem sei die Gleichstellungsbeauftragte nicht beteiligt worden. Im Übrigen habe aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse und seiner beruflichen Belastung eine mildernd zu berücksichtigende negative Lebensphase vorgelegen. Außerdem sei die Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen. 28Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten durch das angefochtene Urteil das Ruhegehalt aberkannt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem behördlichen Disziplinarverfahren keine wesentlichen Mängel anhafteten: Da § 17 LDG NRW keine Regelung zur funktionellen Zuständigkeit innerhalb der Behörde vorsehe, griffen die allgemeinen Vertretungsregelungen. Daher habe der intern zuständige Beamte die Einleitungsverfügung im Auftrag unterzeichnen dürfen. Der Kläger habe die Gleichstellungsbeauftragte zu Recht nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen, da diese im Disziplinarverfahren wegen seines Individualbezugs nicht einzubeziehen sei. Ausgehend davon, dass der Beklagte insgesamt 17 168,92 € auf eigene Konten transferiert habe, hat das Verwaltungsgericht durch die vorsätzliche und strafbare Veruntreuung der anvertrauten Gelder einen Verstoß gegen die dem Beklagten obliegenden Pflichten angenommen, sein Amt uneigennützig zu verwalten und sein Verhalten innerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden zu lassen, die sein Beruf erfordert (§ 57 Sätze 2 und 3 LBG NRW a. F.; § 34 Sätze 2 und 3 BeamtStG). 29Hinsichtlich der Maßnahmebemessung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass bei Zugriffsdelikten grundsätzlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die Richtschnur sei. Beim Beklagten sei der mit dem Zugriffsdelikt gleichstehende Fall gegeben, dass sich ein Beamter unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung und der sich daraus ergebenden Möglichkeiten buchmäßig Geld verschafft, über das er nach Überweisung auf ein ihm zugängliches Konto verfügen kann. Anerkannte Milderungsgründe lägen nicht vor. Der Beklagte habe das Dienstvergehen nicht in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage begangen. Allein ein negatives Saldo auf dem Girokonto und eine weitgehende Ausschöpfung des Dispositionskredits begründeten eine solche Notlage nicht. Der Engpass habe in erster Linie auf regelmäßigen Verbindlichkeiten wie Miete und Leasingkosten für seinen BMW beruht. Er hätte seine laufenden Kosten durch Einschränkung des Lebenszuschnittes reduzieren können. Die vom Beklagten dargelegten gesundheitlichen Schwierigkeiten, die Unzufriedenheit mit seiner privaten Situation und die hohe Arbeitsbelastung begründeten in ihrer Gesamtheit keine negative Lebensphase im Sinne der Rechtsprechung. Die Milderungsgründe der freiwilligen Offenbarung eines Fehlverhaltens, einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation, eines Handelns in einer besonderen Versuchungssituation und der Unterschlagung von nur geringwertigen Gegenständen lägen nicht vor. Zur Frage einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen Folgendes erwogen: 30„Dem Beklagten steht ferner nicht der einem anerkannten Milderungsgrund vergleichbare Umstand einer im Sinne der §§ 20, 21 StGB erheblich verminderten Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Begehung der Taten zur Seite. Um dies festzustellen, bedurfte es auch nicht der vom Rechtsanwalt des Beklagten angeregten Einholung eines Sachverständigengutachtens. 31Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte während der maßgeblichen Zeit aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage gewesen sein soll, seinen Dienst ordnungsgemäß zu versehen und sein pflichtwidriges Verhalten zu erkennen. Der Beklagte hat für die Tatzeit weder vorgetragen, sich aufgrund etwaiger psychischer Störungen oder seelischer Erkrankungen in ärztlicher Behandlung befunden zu haben, noch dazu ausgeführt, sich selbst als psychisch krank empfunden zu haben, er sei nur physisch und psychisch überlastet gewesen. Es sind somit keine hinreichend konkreten Umstände ersichtlich, die seine Schuldfähigkeit in Zweifel ziehen könnten. Für die Erstellung eines Gutachtens fehlen ohnehin völlig die erforderlichen Anknüpfungstatsachen. Auch aus der vom Beklagten vorgelegten Bescheinigung des Psychotherapeuten Dipl.-Psychologen X. H. vom 30. Mai 2012 ergeben sich keine Bedenken hinsichtlich seiner Schuldfähigkeit. Aus dieser Bescheinigung geht lediglich hervor, dass der Beklagte seit Februar diesen Jahres in psychotherapeutischer Behandlung ist. Für die Zeit, in der der Beklagte seine Pflichtverletzungen begangen habe, ist diese Bescheinigung nicht aussagekräftig, sondern gibt letztlich nur die Eigenwahrnehmung des Beklagten wieder. Die Bescheinigung schildert im Wesentlichen den Gesundheitszustand des Beklagten nach dem schwerwiegenden Einschnitt durch die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens. Substantiierte konkrete Hinweise auf das Vorliegen schuldausschließender Gründe im Sinne des § 20 StGB im Tatzeitraum und in Bezug auf die konkreten Pflichtenverstöße sind nicht dargestellt. 32Unabhängig hiervon setzt eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu Handeln, wegen einer Störung i.S. des § 20 StGB erheblich eingeschränkt war. Hier ist bereits kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn, schwere andere seelische Abartigkeit) erkennbar. Der psychische Ausnahmezustand, in dem sich die Beklagte bei Begehung der Taten befunden haben will, erfüllt keine Eingangsvoraussetzung des § 20 StGB. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass bei einem in äußerster Erregung handelnden Täter eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorliegen kann, wenn der hochgradige affektive Ausnahmezustand eine Intensität erreicht, die in ihrer Auswirkung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit den krankhaften seelischen Störungen im Sinne der §§ 20, 21 StGB gleichwertig ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2009, 3 StR 100/09 m. N.). Ein solch hochgradiger affektiver Ausnahmezustand ist weder behauptet noch ersichtlich. 33Auch unabhängig vom Fehlen eines Eingangsmerkmales kann das Gericht eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit ausschließen. Die Erheblichkeitsschwelle, die sich generell an schwerwiegenden Gesichtspunkten wie Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, Folgeerscheinungen von Alkohol, Drogen oder Medikamenten messen lassen muss, liegt umso höher, je schwerer das begangene Delikt wiegt. Im Disziplinarrecht hängt die Beurteilung der Erheblichkeit von der Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflicht ab (vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Dezember 2009, 3d A 415/09.O). Bei dem Dienstvergehen des Beklagten geht es nicht um rechtlich oder tatsächlich schwierige Pflichtentatbestände, vielmehr handelt es sich um eine wirklich jedem Beamten ohne weiteres einsichtige Pflicht. Warum der Beklagte beim Erkennen oder Befolgen gerade dieser einfachen Grundpflichten unvermeidbar versagt haben soll, während er anderen beruflichen oder privaten Pflichten vollauf genügt hat, ist nicht nachvollziehbar. Der Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg auf die Pflege und den Tod seiner Eltern berufen. Abgesehen vom fehlenden zeitlichem Zusammenhang macht gerade der Umstand, dass der Beklagte im Tatzeitraum ohne jegliche Beanstandungen seinem Beruf nachgegangen sei, deutlich, dass in der genannten Zeitspanne keine schuldausschließende oder auch nur schuldeinschränkende psychische Erkrankung im Sinne einer ernsthaften Depression vorgelegen hat. Jedenfalls hätte eine solche angesichts der erfolgreichen Ausübung einer durchaus anspruchsvollen Tätigkeit keinen solchen Grad erreicht, dass der Beklagte darin gehindert worden wäre, das Rechtswidrige seines Tuns zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“ 34Schließlich hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass zugunsten des Beklagten nicht von einer disziplinarrechtlich erheblichen Vernachlässigung der Dienstaufsicht durch Vorgesetzte ausgegangen werden könne. Auch unabhängig von den anerkannten Milderungsgründen ergebe sich bei einer Gesamtwürdigung ein endgültiger Vertrauensverlust. 35Der Beklagte hat gegen das ihm am 14. Juni 2012 zugestellte Urteil am 16. Juli 2012 – einem Montag – Berufung eingelegt und diese damit begründet, dass das Disziplinarverfahren nicht wirksam eingeleitet worden, die Gleichstellungsbeauftragte nicht beteiligt worden und von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit bei Begehung der Taten auszugehen sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handele es sich bei § 81 LDG NRW, § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 BeamtZustV FM um eine funktionelle Zuständigkeitsregelung, welche die Ausübung der Disziplinarbefugnisse ausschließlich dem Behördenleiter beziehungsweise dessen allgemeinem Vertreter übertrage, so dass es auf den Geschäftsverteilungs- oder Vertretungsplan der Behörde nicht ankomme. Weiterhin seien die Mitwirkungsbefugnisse der Gleichstellungsbeauftragten nach § 17 Abs. 1 LGG weit zu verstehen. Auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lege die Beteiligung nahe. Schließlich könne das Urteil materiell keinen Bestand haben. Aus der dem Verwaltungsgericht vorgelegten Stellungnahme des Dipl.-Psychologen X. H. ergebe sich, dass bei dem Beklagten eine depressive Erkrankung vorliege und die Taten aus psychotherapeutischer Sicht als hilfloses, inadäquates Verhalten angesehen werden könnten, um auf seine emotionale Not (Depressionen, Überforderung) aufmerksam zu machen. Es seien daher substantiierte konkrete Hinweise auf das Vorliegen schuldausschließender Gründe dargestellt worden. Der Beweisantrag aus der Klageerwiderungsschrift, ein psychologisches Sachverständigengutachten erstellen zu lassen über die physische und psychische Gesamtsituation des Beamten in den Jahren 2000 bis 2008, werde ausdrücklich wiederholt. 36Der Beklagte beantragt, 37 das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen, 38hilfsweise, 39auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. 40Der Kläger beantragt, 41 die Berufung zurückzuweisen. 42Er verteidigt das Urteil mit folgenden Argumenten: Die Zuständigkeitsregelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 BeamtZustV FM mache die Einleitung des Disziplinverfahrens nicht zum höchstpersönlichen Geschäft des Behördenleiters, wie sich auch aus dem Vergleich zwischen § 17 LDG NRW und § 32 Abs. 5 LDG NRW ergebe. Der Aufgabenbereich der Gleichstellungsbeauftragten sei nicht berührt. Der Beklagte habe keine Anknüpfungstatsachen dargelegt, nach denen es naheliege, dass er aufgrund einer psychischen Erkrankung außer Stande gewesen sein sollte, die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens zu erkennen. 43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die in dem Sitzungsprotokoll im einzelnen bezeichneten Beiakten, wie sie dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen. 44Entscheidungsgründe: 45Die zulässige Berufung ist unbegründet. 46Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt. Ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens liegt nicht vor (unten zu I.). Der Beklagte hat ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen begangen (II.), das nach umfassender Würdigung zu dem Schluss führt, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat, er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen und ihm daher das Ruhegehalt abzuerkennen ist (III.). 47I. Ein wesentlicher Mangel des Disziplinarverfahrens (vgl. § 54 Abs.1 Satz 1 LDG NRW) ist weder darin zu sehen, dass die Einleitungsverfügung nicht der Leiter der Oberfinanzdirektion oder sein Vertreter unterschrieben hat, noch darin, dass die Gleichstellungsbeauftragte im Disziplinarverfahren nicht beteiligt wurde. Sonstige wesentliche Verfahrensfehler sind weder vorgebracht noch ersichtlich. 481. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens durch einen „im Auftrag“ handelnden Beamten der Oberfinanzdirektion war nicht fehlerhaft. Selbst wenn darin ein Fehler läge, wäre dieser jedenfalls angesichts der späteren Verfügung vom 25. August 2010, in welcher die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet wurde, unwesentlich. 49a) Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW leitet die „dienstvorgesetzte Stelle“ das Disziplinarverfahren ein; die Einleitung ist aktenkundig zu machen (§ 17 Abs. 1 Satz 3 LDG NRW). Dienstvorgesetzte Stelle ist für Ruhestandsbeamte nach § 17 Abs. 5 Satz 3, § 81 Sätze 1 und 2 LDG NRW die zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand zuständige oberste Dienstbehörde, die ihre Befugnisse durch Rechtsverordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete dienstvorgesetzte Stellen übertragen kann. Von dieser Möglichkeit hat der Finanzminister durch § 7 Abs. 3 der Verordnung über beamtenrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Finanzministeriums (BeamtZustV FM) vom 25. April 2002 Gebrauch gemacht und die Disziplinarbefugnisse der obersten Dienstbehörde in Verfahren gegen Ruhestandsbeamte auf die zum Zeitpunkt des Dienstvergehens zuständigen dienstvorgesetzten Stellen übertragen. Als dienstvorgesetzte Stellen für aktive Beamte benennt § 17 Abs. 5 Satz 1 LDG NRW zunächst die oberste Dienstbehörde und die ihr nachgeordnete Stelle, der die Ausübung der Befugnisse zur Ernennung übertragen ist sowie die betreffende Aufsichtsbehörde. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM sind die Oberfinanzdirektionen im Rahmen ihres Geschäftsbereichs hinsichtlich der Beamtinnen und Beamten des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes einschließlich der Besoldungsgruppe A 16 zuständig für Ernennungen. Nach § 17 Abs. 5 Satz 2 LDG NRW kann die oberste Dienstbehörde durch Rechtsverordnung ferner bestimmen, wer „außerdem“ dienstvorgesetzten Stelle ist. Hieran anknüpfend bestimmt § 7 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM die Leistungen der Oberfinanzdirektionen zu dienstvorgesetzten Stellen, soweit sich die Eigenschaft als dienstvorgesetzte Stelle nicht schon aus § 17 Abs. 5 Satz 1 LDG NRW ergibt. 50aa) Nach den dargelegten Regelungen war die Oberfinanzdirektion bereits aus § 81 Satz 2, § 17 Abs. 5 Satz 1 LDG NRW, § 7 Abs. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM zur Ausübung der Disziplinarbefugnisse berufen. Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM die Leitungen der Oberfinanzdirektionen zu dienstvorgesetzten Stellen im Sinne von § 17 Abs. 5 Satz 2 LDG NRW bestimmt werden. Diese Zuständigkeitsbestimmung ist nämlich nach § 7 Abs. 1 a.E. BeamtZustV FM nur subsidiär von Bedeutung. 51bb) Der für die Oberfinanzdirektion tätige Beamte C. konnte für diese im Disziplinarverfahren wirksam handeln. Von der Bestimmung des zuständigen Dienstvorgesetzten ist die Frage zu unterscheiden, inwieweit Aufgaben des Dienstvorgesetzten behördenintern delegiert werden können. 52Vgl. zu dieser Differenzierung etwa OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. November 2011 - OVG 80 D 6.09 -, juris Rn. 31. 53Entgegen der Ansicht des Beklagten, die der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 33 BDO entspricht und auch nach der neuen Rechtslage von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur vertreten wird – 54vgl. VG Wiesbaden, Beschluss vom 18. November 2013 - 28 L 369/13.WI.D -, juris Rn. 23 ff. m.w.N. zu § 20 Abs. 1 Satz 1 HDG; zur früheren Rechtslage BVerwG, Beschlüsse vom 15. August 1972 - I DB 10.72 -, BVerwGE 46, 14; vom 2. Juni 1995 - 1 DB 7.95 -, BVerwGE 103, 240, 241; so bereits OVG NRW, Beschluss vom 15. August 1959 - W 13/59 -, DÖD 1960, 18 –, 55folgt aus den erörterten Zuständigkeitsregelungen nicht, dass behördenintern allein der Leiter der Behörde oder sein ständiger Vertreter zur Einleitung des Disziplinarverfahrens befugt ist, ohne dass diese anderweitig vertreten werden könnten. 56Schon der Gesetzeswortlaut spricht gegen ein derartiges Verständnis; denn er benennt „die oberste Dienstbehörde“ sowie die „dienstvorgesetzte Stelle“ und nicht deren Leitung. Nach der hier einschlägigen Regelung des § 2 Abs. 1 BeamtZustV FM wird die Zuständigkeit für Ernennungen und damit – wie dargelegt – die Eigenschaft als dienstvorgesetzte Stelle im Sinne von § 17 LDG NRW ebenfalls der Oberfinanzdirektion und nicht etwa – wie in § 7 Abs. 1 Nr. 1 BeamtZustV FM – deren Leitung übertragen. Eine Regelung, nach der eine Vertretung der Oberfinanzdirektion als für das Disziplinarverfahren zuständige dienstvorgesetzte Stelle nach den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen ausgeschlossen sein könnte, findet sich nicht. 57Soweit insofern argumentiert wird, dass die Bedeutung der Verfahrenseinleitung es notwendig mache, den Kreis der dazu berechtigten Personen zu beschränken, kommt eine solche – durchaus nachvollziehbare – Erwägung hinsichtlich der Verfahrenseinleitung im Gesetzes- und Verordnungswortlaut nicht zum Ausdruck. 58Auch systematische Erwägungen deuten nicht auf eine grundsätzliche Einschränkung der behördeninternen Delegationsmöglichkeit hin. In § 32 Abs. 5 Satz 1 LDG NRW ist ausdrücklich für die Abschlussentscheidung geregelt, dass diese allein von der oder dem Dienstvorgesetzten, deren oder dessen allgemeiner Vertreterin oder allgemeinem Vertreter oder der Leiterin oder dem Leiter der für Personalangelegenheiten zuständigen Abteilung zu unterzeichnen ist. Hinsichtlich der Verfahrenseinleitung fehlt es an einer entsprechenden Regelung. Dass dies eine planwidrige Regelungslücke darstellte, die eine analoge Anwendung der die Abschlussentscheidung betreffenden Regelungen auf die Verfahrenseinleitung ermöglichen könnte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr steht eine bewusst unterschiedliche Behandlung von Verfahrenseinleitung und -abschluss durch den Gesetzgeber in Rede, die auch darin zum Ausdruck kommt, dass die Einleitung in bewusster Abkehr von der früheren Rechtslage (vgl. § 33 Satz 3 Do NRW) lediglich aktenkundig zu machen ist (§ 17 Abs. 1 Satz 3 LDG NRW), während die Abschlussentscheidung einer Unterzeichnung bedarf. Weil der Gesetzgeber mit § 17 Abs. 1 Satz 3 LDG NRW nach der Gesetzesbegründung – 59s. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 29. März 2004, LT-Drucks. 13/5220 S. 86 – 60ausdrücklich „eine bisher in § 26 DO NW vorhandene Lücke“ geschlossen hat, ohne dabei die dem § 32 Abs. 5 LDG NRW entsprechenden Anforderungen zu stellen, ist für dessen entsprechende Anwendung kein Raum. 61Daher bleibt es mangels einer Beschränkung der Handlungsbefugnis auf den Behördenleiter oder dessen Stellvertreter nach § 3 Abs. 1 LDG NRW bei dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsatz, dass der Leiter einer Behörde die in deren Zuständigkeit fallenden hoheitlichen Aufgaben nicht persönlich wahrnehmen muss, sondern diejenigen Beamten tätig werden können, die nach den internen Regelungen über die behördliche Organisation und Geschäftsverteilung mit der eigenverantwortlichen Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabe betraut sind. 62Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -, BVerwGE 146, 98, 115 f.; Beschlüsse vom 16. März 2010 - 2 B 3.10 -, juris Rn. 9 m.w.N.; vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 -, NVwZ-RR 2008, 477, 478 zu § 34 Abs. 2 Satz 1 BDG; OVG NRW, Beschluss vom 22. August 2007 - 21d A 1624/06.BDG -, juris Rn. 14 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Februar 2013 - OVG 81 D 2.10 -, juris Rn. 44 zu § 34 LDG Brandenburg; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Juni 2011 - DL 13 S 1826/10 -, juris Rn. 49 ff. zu § 38 LDG Baden-Württemberg; Weiß in Fürst, GKÖD, M § 17 Rn. 60 (Stand: 1/11); s. allgemein auch Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 12 Rn. 18. 63Dass der Finanzminister hiervon bei der Zuständigkeitsbestimmung in § 7 Abs. 3 BeamtZustV abweichen wollte, ist nicht ersichtlich. 64Nach diesen Maßstäben stellt es keinen Verfahrensfehler dar, dass der bei der Oberfinanzdirektion Münster tätige Leitende Regierungsdirektor C. das verfahrenseinleitende Schreiben unterzeichnet hat. Wie der Kläger unwidersprochen erklärt hat, war der Unterzeichnende nach der Geschäftsverteilung mit der entsprechenden Aufgabe betraut. Damit konnte er wirksam für die Oberfinanzdirektion handeln und das Disziplinarverfahren einleiten. 65b) Selbst für den – aus den dargelegten Gründen hier nicht gegebenen – Fall, dass dem Leitenden Regierungsdirektor C. die Handlungsbefugnis gefehlt haben sollte, wäre ein solcher Fehler für das behördliche Disziplinarverfahren nicht wesentlich; denn der allgemeine Vertreter des Leiters der Oberfinanzdirektion, Finanzpräsident B. , hat die Verfügung unterschrieben, mit der die Verfahrensfortsetzung unter Ausweitung und zusammenfassender Benennung der insgesamt erhobenen Vorwürfe angeordnet wurde. Damit hat er schriftlich zum Ausdruck gebracht, dass er für die Durchführung des Disziplinarverfahrens die Verantwortung übernimmt. Der Beklagte ist nach der Fortführung des Verfahrens zur mündlichen Anhörung erschienen und hat dort sein Verhalten eingeräumt und zu erklären versucht. Insoweit wären schutzwürdige Belange des Beklagten selbst bei einer fehlerhaften Verfahrenseinleitung nicht beeinträchtigt. Daher ist es ausgeschlossen, dass ein etwaiger Fehler bei der Verfahrenseinleitung sich auf den Gang des behördlichen Disziplinarverfahrens und insbesondere die abschließende Entscheidung, Disziplinarklage zu erheben, ausgewirkt hat. 66Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2013 - 2 B 113.12 -, juris Rn. 19 f.; s. auch zur Heilung bei Mängeln der Disziplinarklage BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2014 - 2 B 54.13 -, Rn. 7 m.w.N. 672. Die Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten im Disziplinarverfahren war nicht erforderlich. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, die insoweit erhobenen Beanstandungen nicht mehr weiterzuverfolgen. 68Eine Mitwirkungsangelegenheit im Sinne des § 17 Abs. 1 LGG lag nicht vor, weil das konkrete Disziplinarverfahren nicht der Ausführung des LGG dient und keine Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann hat oder haben könnte. Solche Auswirkungen kommen etwa dann in Betracht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der Aufklärung und Ahndung von Dienstpflichtverletzungen, die unmittelbar nichts mit dem Zweck des Landesgleichstellungsgesetzes zu tun haben, die Ermittlungsmethoden oder die Sanktionen je nach Geschlecht differieren. 69S. entsprechend zu § 19 Abs. 1 BGleiG BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 -, NVwZ-RR 2013, 693, 694 f.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 30. November 2011 - 2 WRB 1.11 -, DokBer 2012, 137, 138 zu § 19 Abs. 1 SGleiG; OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 A 634/09 -, NVwZ-RR 2011, 735 ff. 70Eine derartige Sachlage war nicht gegeben. Das Disziplinarverfahren hat die Überweisung von Geldbeträgen von einem Konto des Finanzamtes auf ein eigenes Konto des Beamten statt auf Konten gemeinnütziger Einrichtungen zum Gegenstand. Dieses Vorgehen steht ebenso wenig wie eine etwaige disziplinarrechtliche Ahndung in irgendeinem denkbaren Zusammenhang zum Geschlecht des handelnden Beamten. Sowohl die Aufklärung des Sachverhalts als auch mögliche Sanktionen darauf lassen jeglichen geschlechtsspezifischen Bezug vermissen. 71Hinzu kommt, dass der Beklagte sich bereits im Ruhestand befand und daher eine Bedeutung für Belange der Dienststelle im Zusammenhang mit Gleichstellungsfragen noch ferner liegt. 72Wäre eine Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten in dem vom Beklagten intendierten äußerst weiten Umfang erforderlich, hätte dies zur Konsequenz, ursprünglich noch dass sie an jedem Disziplinarverfahren zu beteiligen wäre. Dies ist indes ersichtlich nicht bezweckt, wie sich bereits aus der in § 17 Abs. 1 LGG enthaltenen Einschränkung ergibt. Eine allgemeine Mitwirkung in sämtlichen Angelegenheiten, auf die das vom Beklagten vertretene weite Verständnis hinausliefe, ist gerade nicht vorgesehen. Dagegen spricht auch, dass der Landesgesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Personalvertretungsrechts und schulrechtlicher Vorschriften vom 9. Oktober 2007 (GV.NRW 2007 S. 394, 400) die Mitwirkung des Personalrats bei Erhebung des Disziplinarklage (im Anschluss an die bundesrechtliche Regelung) ausdrücklich geregelt hat. Obschon der Gesetzgeber seitdem auch das LGG mehrfach geändert hat, hat er keine Veranlassung gesehen, eine zwingende Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten am Disziplinarverfahren zu normieren. In dem – nicht abschließenden – Katalog der mitwirkungspflichtigen Maßnahmen ist das Disziplinarverfahren nicht aufgeführt. Dass die Gesetzesbegründung insofern auf Maßnahmen „analog §§ 72 ff LPVG“ – 73s. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 27. Mai 1999, LT-Drucks. 12/3959 S. 60 – 74abgestellt hat, ändert daran nichts, weil zum Zeitpunkt des Gesetzesentwurfs § 73 LPVG das Disziplinarverfahren nicht beinhaltete und später – wie dargelegt – trotz Änderung des § 73 LPVG eine Ergänzung des LGG unterblieb. 75II. Der Beklagte hat ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen, indem er in sieben Fällen Geldbeträge von einem Konto des Finanzamts auf ein eigenes Konto überwies und damit gegen die Pflichten zur uneigennützigen Amtswahrnehmung sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstieß. 761. In tatsächlicher Hinsicht geht der Senat wie bereits das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Beklagte insgesamt sieben Mal Geld von einem Konto des Finanzamtes zugunsten eines eigenen Kontos abbuchte. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat zunächst auf die oben wiedergegebenen Feststellungen des rechtskräftigen Strafbefehls Bezug. In entsprechender Weise nahm der Beklagte zudem drei weitere Überweisungen vor, so dass er insgesamt folgende Beträge zu Lasten des Klägers auf seinem Konto bei der Sparkasse Münster gutgeschrieben erhielt: 77am 18. September 2001 5.000,00 DM (2.556,46 €), 78am 4. Januar 2002 2.556,46 €, 79am 29. Mai 2002 2.556,00 €, 80am 7. Oktober 2005 3.000,00 €, 81am 9. Oktober 2006 2.500,00 €, 82am 10. April 2007 1.000,00 €, 83am 13. September 2007 3.000,00 €, 84insgesamt 17.168,92 €. 85Der Beklagte hat die Überweisungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ebenso wie bereits im behördlichen Disziplinarverfahren und vor dem Verwaltungsgericht glaubhaft gestanden. Dieses Geständnis wird durch entsprechende Kontoauszüge für sein Konto bei der Sparkasse Münster (Konto-Nr. 103538849), die jeweiligen – unter anderem von ihm unterschriebenen – Sammel-Überweisungsaufträge sowie die diesen zugehörigen Anlagen bestätigt. 86Dass die ersten drei Überweisungen wegen strafrechtlicher Verfolgungsverjährung (§ 78 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 StGB) nicht Gegenstand des Strafbefehls waren, steht einer Berücksichtigung im Disziplinarverfahren nicht entgegen. Zum einen ist wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Dienstvergehens auf dessen Vollendung, nicht auf die Vollendung einzelner pflichtwidriger Handlungen abzustellen. 87Vgl. entsprechend zu § 15 BDG BVerwG, Urteil vom 8. September 2004 - 1 D 18.03 -, NVwZ-RR 2006, 45. 88Zum anderen kann der Zeitablauf seit Tatbegehung nach § 15 LDG NRW lediglich der Verhängung der dort genannten Disziplinarmaßnahmen entgegenstehen, nicht aber der Aberkennung des Ruhegehalts. 892. Gemäß dem im Tatzeitraum geltenden § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW, der mangels einer für den Beklagten günstigeren zwischenzeitlichen Regelung (vgl. jetzt § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) Anwendung findet – 90vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 -, NVwZ 2010, 713, 714 m.w.N. –, 91begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Zu den näher ausgestalteten Pflichten gehören die Pflicht zur uneigennützigen Amtswahrnehmung sowie die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 57 Sätze 2 und 3 LBG NRW a.F.; vgl. § 34 Sätze 2 und 3 BeamtStG). Diese Pflichten hat der Beklagte verletzt, indem er die Geldbeträge ohne Rechtsgrundlage auf sein eigenes Konto überwies. 92Dies stellt sich als innerdienstliches Vergehen dar. Die Abgrenzung zwischen inner- und außerdienstlicher Pflichtverletzung beruht nicht auf der Zufälligkeit räumlicher oder zeitlicher Beziehung eines Verhaltens zur Dienstausübung, sondern auf einer etwaigen kausalen und logischen Einbindung des maßgeblichen Verhaltens in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. 93Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 1 DB 6.06 -, juris Rn. 19; Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 -, NVwZ 2011, 299, 300 m.w.N. 94Eine solche Einbindung ist hier ersichtlich gegeben. Der Beklagte hatte allein aufgrund seiner dienstlichen Stellung die Verfügungsmöglichkeit über das Konto des Finanzamtes und nahm die Überweisungen grundsätzlich im Zusammenhang mit seiner Aufgabe wahr, auf dem Konto des Finanzamtes verbuchte Geldbeträge an gemeinnützige Einrichtungen weiterzuleiten. 95III. Nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Umstände ist dem Beklagten gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW das Ruhegehalt abzuerkennen, weil er als noch im Dienst befindlicher Beamte aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen; denn durch das Dienstvergehen hat er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW). 961. Die Auswahl der im Einzelfall erforderlichen Disziplinarmaßnahme richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Sätze 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 LDG NRW nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Dazu sind die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen, um dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) zu genügen. Die Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. 97Vgl. entsprechend zu § 13 BDG BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 -, NVwZ-RR 2014, 105, 106 m.w.N. 98Für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme im Sinne des § 5 Abs. 1 LDG NRW ist die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW maßgebendes Bemessungskriterium. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat dazu generelle Maßstäbe für einzelne Fallgruppen entwickelt. Danach ist für die Fallgruppe der Zugriffsdelikte, das heißt für die Veruntreuung dienstlich anvertrauter Gelder und Güter, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich überschreiten. 99 Vgl. BVerwG a.a.O. 100Zwar liegt hier kein Zugriffsdelikt im Sinne der genannten Rechtsprechung vor, weil der Beklagte sich die Geldbeträge zunächst – gleichsam nur mittelbar – durch Überweisung verschaffte. Allerdings ist das Dienstvergehen hier hinsichtlich seiner Schwere einem Zugriffsdelikt gleichzustellen, da der Gesamtschaden über 5 000 € liegt und im Übrigen Erschwerungsgründe hinzukommen. 101Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass in Fällen innerdienstlicher Betrugs- oder Untreuehandlungen zum Nachteil des Dienstherrn bei einem Gesamtschaden von über 10 000 DM bzw. 5 000 € die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch dann geboten sein kann, wenn keine besonderen Erschwerungsgründe hinzutreten. 102Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 -, NVwZ-RR 2008, 477, 479 m.w.N.; daran festhaltend BVerwG, Beschluss vom 1. April 2010 - 2 B 111.09 -, juris Rn. 6. 103Solche innerdienstlichen Untreuehandlungen mit einem entsprechend hohen Gesamtschaden, hier 17 168,92 €, lagen vor. Wie bereits aufgezeigt, verletzte der Beklagte durch die Überweisungen seine Dienstpflicht zur Wahrung fremder Vermögensinteressen und führte so jeweils einen Vermögensnachteil herbei. 104Darüber hinaus ergeben sich Erschwernisgründe, die etwa in der Anzahl und Häufigkeit der Verfehlungen, der Höhe des Gesamtschadens und der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder der dienstlich erworbenen Kenntnisse liegen können. 105S. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 -, NVwZ-RR 2008, 477, 479 m.w.N.; zu innerdienstlichem Betrug BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 2 B 64.11 -, juris Rn. 12. 106Insofern ist besonders zu berücksichtigen, dass der Beklagte gerade seine dienstliche Stellung ausnutzte, um die Geldbeträge auf sein Konto zu überweisen. Er hatte aufgrund seiner Aufgabe als Kassenleiter die Möglichkeit, Überweisungen vom Konto des Finanzamtes vorzunehmen. Bei der konkreten Vorgehensweise kam ihm zugute, dass er die genauen Abläufe kannte und daher einen Weg wählen konnte, bei dem das Entdeckungsrisiko gering war. Tatsächlich sind seine Verfehlungen über Jahre hinweg nicht aufgefallen und schließlich nur im Rahmen der außerordentlichen Prüfung durch die Innenrevision entdeckt worden. 107Die Anzahl von immerhin sieben einzelnen Verfehlungen und die den Wert von 5 000 € deutlich übersteigende Gesamtschadenshöhe kommen erschwerend hinzu. 108Die sich aus diesen Umständen ergebende Schwere des dem Beklagten zur Last fallenden Dienstvorgehens führt dazu, dass als Disziplinarmaßnahme die Aberkennung des Ruhegehalts indiziert ist. 1092. Von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte Milderungsgründe, die zum Absehen von der Aberkennung des Ruhegehalts müssten oder führen könnten, liegen nicht vor. 110a) Für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten im Tatzeitraum im Sinne des § 21 StGB, die regelmäßig dem Ausspruch der Höchstmaßnahme entgegensteht – 111vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 2013 - 2 B 76.12 -, DokBer 2014, 32, 34 m.w.N. –, 112fehlen jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte. Der Senat schließt daher eine solche Verminderung der Schuldfähigkeit aus und hatte weder mit Blick auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Beklagten noch von Amts wegen Anlass, ein psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen. 113aa) Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag, „einen Sachverständigen mit dem Gutachten zu beauftragen über die psychische und physische Gesamtsituation des Beamten für die Jahre 2000 bis 2008“, stellt keinen substantiierten Beweisantrag im Sinne des § 86 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 3 Abs. 1 LDG NRW dar. Ein solcher erfordert nämlich die Behauptung einer bestimmten Tatsache. 114Vgl. st. Rspr.; etwa BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07-, juris Rn. 41; Beschluss vom 24. September 2012 - 5 B 30.12 -, juris Rn. 9 m.w.N. 115Hieran fehlt es. Konkrete Tatsachen, die bewiesen werden sollen – etwa eine bestimmte Erkrankung des Beklagten –, hat der Beklagte in seinem Antrag nicht benannt. Soweit der Antrag darauf abzielen könnte, eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB darzutun, ergibt sich daraus ebenfalls keine Tatsache, sondern lediglich eine Wertung, die der Beweisaufnahme nicht zugänglich ist. 116Vgl. BGH, Urteile vom 15. Dezember 2011 - 3 StR 365/11 -, NStZ 2012, 280, 281; vom 2. September 2010 - 3 StR 273/10 -, NStZ 2011, 106, 107 m.w.N. 117Darüber hinaus sind, wie bereits vom Verwaltungsgericht dargelegt, zureichende Anknüpfungstatsachen die Anlass gäben, ein psychiatrische Gutachten für einen bereits über sechs Jahre zurückliegenden Zeitraum einzuholen, nicht ersichtlich. Der Beklagte befand sich nach seinen eigenen Angaben im Tatzeitraum nicht in psychiatrischer Behandlung, so dass keinerlei sachverständige Befunde vorliegen. Konkrete Angaben des Beklagten zu eventuellen krankheitsbedingten Beeinträchtigungen im fraglichen Zeitraum fehlen ebenfalls. Hinweise auf eine psychische Erkrankung der Beklagten im Tatzeitraum ergeben sich schließlich auch nicht aus der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahme seines Psychotherapeuten. Diese stützt sich nämlich allein auf Erkenntnisse aus einer im Februar 2012 aufgenommenen ambulanten psychotherapeutischen Behandlung und eigene Schilderungen des Beklagten. Mit der naheliegenden Möglichkeit, dass die vom Therapeuten angenommene depressive Erkrankung erst nach den Taten (insbesondere als Reaktion auf das Disziplinar- und Strafverfahren) entstanden sein könnte – 118s. dazu Rasch/Konrad, Forensische Psychiatrie, 3. Aufl., S. 265 –, 119setzt sich die Stellungnahme nicht auseinander. Im Übrigen zeigt die Stellungnahme lediglich hypothetische Motivlagen – „emotionale Not (Depressionen, Überforderung)“ – auf, ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bestimmte Erkrankung im Tatzeitraum zu benennen. 120bb) Zu einer weiteren Aufklärung hinsichtlich eventueller psychischer Erkrankungen des Beklagten im Tatzeitraum von Amts wegen besteht ebenfalls kein Anlass. Aus den bereits dargelegten Gründen liegt keinerlei Hinweis darauf vor, dass bei dem Beklagten im Tatzeitpunkt eine unter ein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB subsumierbare Beeinträchtigung vorlag. Er befand sich nicht in Behandlung und war ohne nach außen tretende Auffälligkeiten in der Lage, seinen Dienst auszuüben. 121b) Der Beklagte beging die Handlungen nicht in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Notlage, die einen durchgreifenden Entlastungsgrund darstellen könnte. 122Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 -, NVwZ-RR 2014, 314; Urteil vom 6. Juni 2007 - 1 D 2.06 -, juris Rn. 28 f. 123Eine unverschuldete wirtschaftliche Notlage ist nicht gegeben. Dass der Beklagte, der keinen Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen hatte, trotz seiner Bezüge als Steueroberamtsrat (A 13) einen Dispositionskredit in Anspruch nahm, beruhte auf einem dem Einkommen gegebenenfalls nicht angepassten Lebenszuschnitt. Dieser ist vom Beklagten selbst gewählt und zu verantworten; er stellt sich jedenfalls nicht als unverschuldet dar. Im Übrigen ist der Milderungsgrund der wirtschaftlichen Notlage nur auf zeitlich begrenztes Fehlverhalten anwendbar – 124s. BVerwG, Urteil vom 15. März 2012 - 2 WD 9.11 -, DokBer 2012, 275, 276 f. m.w.N. –, 125das hier angesichts der sich über rund sechs Jahre erstreckenden Veruntreuungen ausgeschlossen ist. 126c) Sonstige nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „anerkannte“ typisierte Milderungsgründe sind ebenfalls nicht gegeben. Insbesondere hat der Beklagte seine Tat nicht freiwillig vor Tatentdeckung offenbart. 127Vgl. zu diesem Milderungsgrund BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 -, BVerwGE 140, 185, 196 f. m.w.N. 128Vielmehr hat er erst nach der Aufdeckung der unberechtigten Überweisungen die Vorwürfe eingeräumt und die verursachten Fehlbeträge ausgeglichen. 1293. Eine Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte führt ebenfalls nicht dazu, dass eine andere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angemessen ist. 130a) Der Senat hat erwogen, ob eine sogenannte negative Lebensphase während des Tatzeitraums bestand, die je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden kann. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat. 131S. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 -, NVwZ-RR 2014, 314, 317 m.w.N. 132Derartige außergewöhnliche Verhältnisse lagen nicht vor. Insoweit hat der Senat insbesondere die vom Beklagten vorgebrachten Umstände berücksichtigt, die ihn belastet hätten und die er teilweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals aufgezeigt hat: Er habe im Wesentlichen die Pflege seiner Eltern übernommen, bis seine Mutter im Jahr 1997 und sein Vater im Jahr 2000 verstorben seien. Nachdem sein Vater gestorben und ihm wegen Eigenbedarfs gekündigt worden sei, sei er aus dem zuvor gemeinsam bewohnten Haus ausgezogen. Er habe nicht die zu seinen Gunsten bestehende Kündigungsfrist abgewartet, sondern sich in wenigen Wochen eine andere Wohnung gesucht, die für ihn viel zu groß und zu teuer gewesen sei. Nach dem Umzug im November 2000 habe er einen leichten Schlaganfall und in den Jahren 2003 sowie 2006 jeweils einen Lendenwirbelbruch erlitten. Wegen einer darauf hin festgestellten Osteoporose sei „eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 %“ anerkannt worden. Er habe ein Stahlkorsett getragen und sei durch die sitzende Tätigkeit sehr belastet gewesen. Im Oktober 2002 sei im Finanzamt die Erhebungsstelle eingerichtet worden, was zu großer Unruhe bei den Mitarbeitern geführt habe. Er habe zudem teilweise die Arbeit eines erkrankten Kollegen übernommen. Die Arbeit sei für ihn zunehmend zu einer großen Belastung geworden. 133Diese vom Beklagten vorgebrachten Gesichtspunkte sind zwar für die Bestimmung der persönlichen Tatumstände von Bedeutung. Allerdings ist ihnen ein durchgreifendes entlastendes Gewicht, das eine mildere Maßnahme rechtfertigen könnte, nicht beizumessen. Ein Zusammenhang zwischen den persönlichen Belastungen und den Vermögensdelikten liegt nicht nahe. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit der Tod der Eltern, eigene gesundheitliche Einschränkungen des Beklagten und eine erhöhte berufliche Belastung für die Vermögensdelikte von Bedeutung waren. Dabei ist insbesondere zu bedenken, dass die Straftaten sich über einen Zeitraum von rund sechs Jahren erstreckten und bereits in zeitlicher Hinsicht eine Auswirkung der genannten Umstände auf die Taten fernliegt. So beging der Beklagte die erste Tat, als der Tod der Mutter bereits rund vier Jahre, der des Vaters etwa ein Jahr zurücklag. Zu den Wirbelbrüchen und der Umstrukturierung der Dienststelle kam es erst, nachdem der Beklagte sich bereits (wenigstens) einmal unberechtigt Geld überwiesen hatte. Im Übrigen ist auch in der Sache weder dargelegt noch sonst erkennbar, dass die Vermögensdelikte die vom Beklagten genannten persönlichen Probleme hätten lindern können und eine wesentliche Motivation für die Taten waren. Der Beklagte hat in seiner mündlichen Anhörung im Rahmen des Disziplinarverfahrens ebenso wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, er könne im Nachhinein selbst nicht mehr nachvollziehen, warum er die sieben Überweisungen umgeleitet habe. Vor dem Senat hat er zudem ausgeführt, er habe sich möglicherweise für den Augenblick etwas gönnen wollen. Was später komme, habe ihn nicht interessiert. 134Ohne dass es darauf noch entscheidend ankäme, erreichen die den Beklagten bedrückenden Umstände kein im Vergleich zu anderen Beamten außergewöhnliches Maß. Der Tod der (hochbetagten) Eltern ist eine Situation, der sich ein Großteil der Bevölkerung zu stellen hat. Auch behördliche Umstrukturierungen und damit eventuell einhergehender Arbeitszuwachs sind im Rahmen eines langjährigen Beamtendienstes gelegentlich zu bewältigen. Der Senat verkennt insoweit nicht die damit verbundenen Belastungen, wertet sie aber mit Blick auf die konkrete Dienstpflichtverletzung nicht als durchgreifenden Entlastungsgrund. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die vom Beklagten vorgebrachten Aspekte in einem Zeitraum von rund zehn Jahren auftraten und nicht in zeitlicher Nähe zusammentrafen. 135b) Unabhängig davon, dass sich der Beklagte nicht in einer existentiellen wirtschaftlichen Notlage befand, hat der Senat als Hintergrund der Taten gewisse finanzielle Probleme des Beklagten angesichts recht hoher Finanzierungskosten für seinen Pkw und des Fortfalls des zuvor gemeinsam mit den Eltern genutzten Hauses mildernd bedacht. 136c) Dem Beklagten sind sein Geständnis und seine auch in der Verhandlung vor dem Senat geäußerte Reue zugute zu halten. Zwar räumte er die Straftaten erst nach deren Entdeckung und einer bei ihm am 29. Juni 2010 durchgeführten Hausdurchsuchung, aber immerhin schon kurz nach Eröffnung der Vorwürfe ein. Daher ist der für ihn sprechende Charakterzug der Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für das eigene Fehlverhalten – wenngleich mit minderem Gewicht – mildernd einzubeziehen. 137 Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 2 WD 5.12 -, DokBer 2013, 301, 306. 138d) Ebenso ist zu beachten, dass der Beklagte nach Aufforderung durch die Oberfinanzdirektion unverzüglich die zu Unrecht erlangte Gesamtsumme von 17 168,92 € zurückzahlte. Obschon er zu einem entsprechenden Schadensersatz rechtlich verpflichtet war, ist ihm dies zugute zu halten. 139e) Dass der Beklagte zuvor über Jahrzehnte unbeanstandet Dienst geleistet hatte, angesichts seiner Leistungen im Übrigen bis ins Spitzenamt des gehobenen Dienstes befördert worden war und disziplinar- sowie strafrechtlich unbelastet war, ist für das insofern positive Persönlichkeitsbild zusätzlich von Bedeutung. Allerdings ist ein beanstandungsfreies Verhalten regelmäßig nicht geeignet, schwere Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen, da der Beamte generell verpflichtet ist, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich achtungs- sowie vertrauenswürdig zu verhalten (§ 57 Sätze 1 und 3 LBG NRW a.F., vgl. § 34 Sätze 1 und 3 BeamtStG). 140 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2013 - 2 B 63.12 -, juris Rn. 13 m.w.N. 141f) Der Beklagte wird nicht durch eine Vorgesetzten vorzuwerfende Verletzung der Dienstaufsicht entlastet. Eine solche Aufsichtspflichtverletzung lag nicht vor, da konkrete Anhaltspunkte für besondere Umstände fehlten, die ausreichende Kontrollmaßnahmen unerlässlich gemacht hätten. 142 Vgl. zu diesen Maßstäben BVerwG, Urteil vom 10. Januar 2007 - 1 D 15.05 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 14 S. 7 m.w.N. 143Der Dienstherr hatte keine Hinweise auf die Untreuehandlungen des Beklagten. Vielmehr bestand eine Sicherung darin, dass die Sammelüberweisungsträger grundsätzlich von zwei Personen zu unterschreiben waren. Dass der Beklagte diese Sicherung umging, indem er nach Unterschrift jeweils Einzelüberweisungsträger austauschte, führt nicht zu einem „Mitverschulden“ des Dienstherrn. Im Gegenteil spricht die konkrete Tatausführung für eine gewisse kriminelle Energie des Beklagten, der seine dienstlichen Kenntnisse über die genauen Abläufe der Überweisungsverfahren und das fehlende Wissen der Zahlungsempfänger von den zu erwartenden Überweisungen ausnutzte, um jahrelang unentdeckt Buchungen auf sein Konto zu veranlassen. Überdies hatte er als Beamter des gehobenen Dienstes und als Kassenleiter eine besondere Vertrauensstellung. 144 Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1979 - 1 D 97.77 -, DÖD 1979, 127, 128; Urteil vom 6. Juni 2007 - 1 D 2.06 -, juris Rn. 36, 38; s. zur Vorteilsannahme BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 -, BVerwGE 146, 98, 106. 145g) Die gegebenen mildernden Aspekte reichen auch in ihrer Gesamtheit nicht aus, um trotz Vorliegens einer dem Gewicht eines Zugriffsdelikts gleichkommenden Pflichtverletzung von der Aberkennung des Ruhegehaltes abzusehen. Das Gewicht derartiger Entlastungsgründe muss nämlich umso größer sein, je schwerer das Dienstvergehen aufgrund der Höhe des Geldbetrags oder des Wertes der veruntreuten Gegenstände, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen und der Begehung von „Begleitdelikten" und anderer belastender Umstände wiegt. Je weniger die Höhe des Geldbetrags oder der Wert des Gegenstandes die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, desto geringer kann das Gewicht der Entlastungsgründe sein, um die Indizwirkung zu entkräften. 146 St. Rspr; vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 26. März 2014 - 2 B 100.13 -, juris Rn. 7 m.w.N. 147Die Bedeutung der vom Beklagten begangenen Dienstpflichtverletzung wird dadurch gekennzeichnet, dass er insgesamt sieben einzelne Taten in einem Zeitraum von immerhin rund sechs Jahren – gleichsam in gewisser Regelmäßigkeit – beging. Der Gesamtschaden beläuft sich auf über 17 000 € und mithin auf ein Mehrfaches der Grenze von 5 000 €, ab der nach der Rechtsprechung innerdienstliche, nicht unmittelbar auf Bargeld oder andere Sachen bezogene Untreuehandlungen mit der Schwere eines Zugriffsdelikts vergleichbar sind und auch ohne Hinzutreten besonderer erschwerender Umstände eine Entfernung aus dem Dienst möglich ist. Als solcher Erschwerungsgrund schlägt hier der Missbrauch dienstlicher Möglichkeiten durchgreifend zu Buche. Demgegenüber sind die Entlastungsgründe – insbesondere das Geständnis bei erdrückender Beweislage und die (rechtlich ohnehin gebotene) Schadenswiedergutmachung, die vorige Unbescholtenheit sowie die näher dargelegten persönlichen Umstände – in ihrer Summe nicht von solchem Gewicht, dass sie einem anerkannten Milderungsgrund auch nur annähernd gleichkämen. Vielmehr hat der Beklagte durch sein Verhalten das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit in einer Weise beeinträchtigt, dass ein weiterer Verbleib im Dienst der Finanzverwaltung nicht vertretbar erschiene, wenn er sich noch im Dienst befände, und ihm daher das Ruhegehalt abzuerkennen ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass er als Kassenleiter und Steueroberamtsrat (im höchsten Beförderungsamt des gehobenen Dienstes) zum einen eine besondere Vertrauensstellung innehatte und ihm zum anderen eine gewisse Vorbildfunktion für andere Mitarbeiter zukam. 148Bei einem Ruhestandsbeamten soll die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts sicherstellen, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines schweren Dienstvergehens, das er im aktiven Dienst begangen hat, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Sie findet ihre Rechtfertigung in der Wahrung der Integrität des Beamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes sowie in dem Gebot der Gleichbehandlung. 149Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 -, NVwZ-RR 2013, 693, 697 m.w.N. 150IV. Zu einer Modifikation des Unterhaltsbeitrags (§ 10 Abs. 3 Sätze 2 und 3, § 12 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW) besteht kein Anlass. 151Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 11, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO. 152Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), ist nicht gegeben. 153 | die berufung wird zurückgewiesen. der beklagte trägt die kosten des berufungsverfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der beklagte darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 110 prozent des vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 prozent des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der am 8. februar 19 in x.. geborene beklagte wurde nach dem abitur am 1. april 1964 unter berufung in das beamtenverhältnis auf widerruf zum finanzanwärter ernannt. es folgten die ernennungen zum steuerinspektor zur anstellung unter verleihung der eigenschaft eines beamten zur probe am 1. april 1967, zum steuerinspektor am 29. oktober 1969, zum steueroberinspektor am 4. april 1972, zum steueramtmann am 10. april 1974, zum steueramtsrat am 7. oktober 1977 und zum steueroberamtsrat am 6. januar 1989. mit wirkung vom 8. februar 1970 war ihm die eigenschaft eines beamten auf lebenszeit verliehen worden. ab dem 1. januar 1977 nahm er die geschäfte des kassenleiters beim finanzamt x.. wahr. in der letzten beurteilung vom 25. juni 1998 wurde er zusammenfassend als „erfahrener, ruhiger fachmann und vorgesetzter, der mit seiner freundlichen, ausgleichenden art im kollegenkreis geschätzt wird“, gewürdigt. die beurteilung schloss mit dem ergebnis „über durchschnitt“. mit ablauf des monats februar 2008 trat er nach erreichen der altersgrenze in den ruhestand. 3der beklagte ist ledig und kinderlos. er lebt mit einer lebenspartnerin zusammen, die rentnerin ist. er ist disziplinar- und strafrechtlich – von dem hiesigen vorwurf abgesehen – nicht vorbelastet. 4mit schreiben vom 1. juli 2010 leitete die oberfinanzdirektion x.. ein disziplinarverfahren gegen den beklagten ein und setzte dieses bis zum abschluss des staatsanwaltlichen ermittlungsverfahrens aus. dem beklagten wurde zur last gelegt, in den jahren 2005 bis 2008 als sachgebietsleiter – kassenleiter – des finanzamts x..-außenstadt geldbeträge, die zur erfüllung von auflagen in steuerstrafverfahren im finanzamt eingegangen seien, nicht an gemeinnützige einrichtungen, sondern (durch zwei überweisungen) zum teil auf eigene konten weitergeleitet zu haben. das schreiben war „im auftrag“ durch den leitenden regierungsdirektor c. unterschrieben. 5dem war eine prüfung der innenrevision der oberfinanzdirektion vorausgegangen. anlass hierfür waren unklare geldzuflüsse im verwahrungsbuch des finanzamtes x... es bestand der verdacht, ein (gegebenenfalls auch ehemaliger) beschäftigter des finanzamtes habe gelder, die er in der vergangenheit veruntreut hatte, zurückgezahlt. bei diesen überprüfungen stieß die innenrevision auf die untreuehandlungen des beklagten; ferner kam sie zu dem ergebnis, dass kein zusammenhang zwischen diesen und den auffälligen geldeingängen bestehe. 6der beklagte räumte durch schriftsatz seiner bevollmächtigten vom 15. juli 2010 „grundsätzlich ein, die im einzelnen dargelegten untreue-tatbestände mit der schadenssumme 17.168,92 eur verwirklicht zu haben.“ im august 2010 überwies er diesen betrag auf das ihm von der oberfinanzdirektion mitgeteilte konto. 7mit – „in vertretung“ durch den finanzpräsidenten b. unterzeichnetem – schreiben vom 25. august 2010 setzte die oberfinanzdirektion den beklagten in kenntnis, das disziplinarverfahren um fünf überweisungen auf nunmehr sieben überweisungen in der höhe von insgesamt 17 168,92 € zu erweitern, das verfahren fortzuführen und dreißig prozent des ruhegehalts einzubehalten. 8am 11. januar 2011 erklärte der beklagte im rahmen einer mündlichen anhörung im disziplinarverfahren, dass er seit ende der 1980er jahre in verschiedener hinsicht privat beeinträchtigt gewesen sei. zudem sei die arbeit seit einrichtung der erhebungsstelle im jahr 2002 für ihn zunehmend zu einer großen belastung geworden. er habe mit niemandem reden können, alles habe sich in ihm aufgestaut. er könne nicht mehr nachvollziehen, warum er die sieben überweisungen umgeleitet habe. vielleicht sei bei ihm „die sicherung durchgebrannt“; vielleicht habe er den gedanken gehabt, „mal etwas für mich zu tun“. von den kurz nach seinem ausscheiden aus dem dienst beim finanzamt eingegangenen anonymen zahlungen sei ihm nichts bekannt. 9das amtsgericht münster (aktenzeichen 50 cs 400 js 6/10 – 252/11) setzte gegen den beklagten mit strafbefehl vom 24. juni 2011 in verbindung mit beschluss vom 18. august 2011, rechtskräftig seit dem 30. august 2011, wegen untreue in vier fällen eine gesamtgeldstrafe von 210 tagessätzen zu je 55 € fest. dabei legte es dem beklagten folgendes zur last: 10„als sachgebietsleiter für den bereich erhebung des finanzamtes x.. waren sie bis zu ihrer pensionierung im jahr 2008 für die freigabe und unterzeichnung von überweisungen von geldauflagen, die das finanzamt für steuerstrafsachen und steuerfahndung münster zu gunsten gemeinnütziger einrichtungen festgesetzt hatte, zuständig. 11auf grund ihrer tätigkeit war ihnen bekannt, dass die gemeinnützigen einrichtungen nicht vorab über zuwendungen informiert wurden und dass für die zahlungen zwar einzelüberweisungsträger erstellt, diese jedoch bei mehreren überweisungen an verschiedene gemeinnützige einrichtungen zu einer sammelüberweisung zusammengefasst wurden. 12unterschrieben wurde stets nur der dazu gefertigte sammelüberweisungsauftrag und zwar von ihnen und einer weiteren person. der zweiten unterzeichnenden person legten sie den sammelüberweisungsträger mit den zutreffenden einzelüberweisungsträgern zur unterschrift vor. anschließend, vor versendung der erstschriften an die überweisende bank tauschten sie, unter ausnutzung ihrer befugnisse als amtsträger, einen einzelüberweisungsträger auf dem sie ihr eigenes bankkonto angegeben hatten, gegen den einzelüberweisungsträger zu gunsten einer gemeinnützigen einrichtung aus. 13infolgedessen wurde dieser betrag auf ihr eigenes konto statt auf das konto der gemeinnützigen einrichtung überwiesen. 14auf diese weise überwiesen sie sich 15- am 07.10.2005 3.000 euro 16- am 09.10.2006 2.500 euro 17- am 10.04.2007 1.000 euro und 18- am 13.09.2007 nochmals 3.000 euro, 19insgesamt 9.500 euro.“ 20drei weitere taten – jeweils 2 556,46 € am 18. september 2001 und am 4. januar 2002 sowie 2 556,00 € am 29. mai 2002 – hatte die staatsanwaltschaft nicht in ihrem strafbefehlsantrag erfasst, da diese der strafrechtlichen verfolgungsverjährung unterfielen. 21zu dem ergebnis der ermittlungen im disziplinarverfahren nahmen die bevollmächtigten des beklagten dahin stellung, dass sich aufdrängende schuldmilderungsgründe nicht berücksichtigt seien. der beklagte sei nach dem tod seiner eltern 1997 beziehungsweise 2000 sowie durch eigene erkrankungen in besonderer weise psychisch belastet gewesen. der beruflichen überbelastung in den jahren 2005 bis 2007 hätte die untersuchungsführerin weiter nachgehen müssen. es werde ein psychologisches gutachten „über die physische und psychische gesamtsituation des beamten in den jahren 2000 ff.“ beantragt. 22der kläger hat am 14. november 2011 disziplinarklage erhoben wegen des vorwurfs, der beklagte habe in sieben fällen eine sicherheitslücke im rahmen der zahlungsabwicklung von geldauflagen ausgenutzt und in der zeit vom 18. september 2001 bis zum 12. september 2007 insgesamt 17 168,92 € von einem konto des finanzamtes x.. auf sein privatkonto überwiesen. der kläger hat die auffassung vertreten, der beklagte habe dadurch ein so schwerwiegendes dienstvergehen im kernbereich der ihm obliegenden dienstpflichten begangen, dass als disziplinarmaßnahme nur die aberkennung des ruhegehalts in betracht komme. 23der kläger hat beantragt, 24 dem beklagten das ruhegehalt abzuerkennen. 25der beklagte hat beantragt, 26 die klage abzuweisen. 27er hat im wesentlichen vorgebracht, dass erhebliche verfahrensfehler zur klageabweisung führen müssten und die aberkennung des ruhegehalts auch nicht begründet sei. das disziplinarverfahren sei nicht wirksam eingeleitet worden, da die einleitung von der leitung der oberfinanzdirektion hätte unterzeichnet werden müssen. zudem sei die gleichstellungsbeauftragte nicht beteiligt worden. im übrigen habe aufgrund seiner persönlichen verhältnisse und seiner beruflichen belastung eine mildernd zu berücksichtigende negative lebensphase vorgelegen. außerdem sei die schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen. 28das verwaltungsgericht hat dem beklagten durch das angefochtene urteil das ruhegehalt aberkannt. zur begründung hat es ausgeführt, dass dem behördlichen disziplinarverfahren keine wesentlichen mängel anhafteten: da § 17 ldg nrw keine regelung zur funktionellen zuständigkeit innerhalb der behörde vorsehe, griffen die allgemeinen vertretungsregelungen. daher habe der intern zuständige beamte die einleitungsverfügung im auftrag unterzeichnen dürfen. der kläger habe die gleichstellungsbeauftragte zu recht nicht in den entscheidungsprozess einbezogen, da diese im disziplinarverfahren wegen seines individualbezugs nicht einzubeziehen sei. ausgehend davon, dass der beklagte insgesamt 17 168,92 € auf eigene konten transferiert habe, hat das verwaltungsgericht durch die vorsätzliche und strafbare veruntreuung der anvertrauten gelder einen verstoß gegen die dem beklagten obliegenden pflichten angenommen, sein amt uneigennützig zu verwalten und sein verhalten innerhalb des dienstes der achtung und dem vertrauen gerecht werden zu lassen, die sein beruf erfordert (§ 57 sätze 2 und 3 lbg nrw a. f.; § 34 sätze 2 und 3 beamtstg). 29hinsichtlich der maßnahmebemessung hat das verwaltungsgericht ausgeführt, dass bei zugriffsdelikten grundsätzlich die entfernung aus dem beamtenverhältnis die richtschnur sei. beim beklagten sei der mit dem zugriffsdelikt gleichstehende fall gegeben, dass sich ein beamter unter ausnutzung seiner dienstlichen stellung und der sich daraus ergebenden möglichkeiten buchmäßig geld verschafft, über das er nach überweisung auf ein ihm zugängliches konto verfügen kann. anerkannte milderungsgründe lägen nicht vor. der beklagte habe das dienstvergehen nicht in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen notlage begangen. allein ein negatives saldo auf dem girokonto und eine weitgehende ausschöpfung des dispositionskredits begründeten eine solche notlage nicht. der engpass habe in erster linie auf regelmäßigen verbindlichkeiten wie miete und leasingkosten für seinen bmw beruht. er hätte seine laufenden kosten durch einschränkung des lebenszuschnittes reduzieren können. die vom beklagten dargelegten gesundheitlichen schwierigkeiten, die unzufriedenheit mit seiner privaten situation und die hohe arbeitsbelastung begründeten in ihrer gesamtheit keine negative lebensphase im sinne der rechtsprechung. die milderungsgründe der freiwilligen offenbarung eines fehlverhaltens, einer schockartig ausgelösten psychischen ausnahmesituation, eines handelns in einer besonderen versuchungssituation und der unterschlagung von nur geringwertigen gegenständen lägen nicht vor. zur frage einer erheblich verminderten schuldfähigkeit hat das verwaltungsgericht im einzelnen folgendes erwogen: 30„dem beklagten steht ferner nicht der einem anerkannten milderungsgrund vergleichbare umstand einer im sinne der §§ 20, 21 stgb erheblich verminderten schuldfähigkeit zum zeitpunkt der begehung der taten zur seite. um dies festzustellen, bedurfte es auch nicht der vom rechtsanwalt des beklagten angeregten einholung eines sachverständigengutachtens. 31es bestehen keine konkreten anhaltspunkte dafür, dass der beklagte während der maßgeblichen zeit aufgrund einer psychischen erkrankung nicht in der lage gewesen sein soll, seinen dienst ordnungsgemäß zu versehen und sein pflichtwidriges verhalten zu erkennen. der beklagte hat für die tatzeit weder vorgetragen, sich aufgrund etwaiger psychischer störungen oder seelischer erkrankungen in ärztlicher behandlung befunden zu haben, noch dazu ausgeführt, sich selbst als psychisch krank empfunden zu haben, er sei nur physisch und psychisch überlastet gewesen. es sind somit keine hinreichend konkreten umstände ersichtlich, die seine schuldfähigkeit in zweifel ziehen könnten. für die erstellung eines gutachtens fehlen ohnehin völlig die erforderlichen anknüpfungstatsachen. auch aus der vom beklagten vorgelegten bescheinigung des psychotherapeuten dipl.-psychologen x. h. vom 30. mai 2012 ergeben sich keine bedenken hinsichtlich seiner schuldfähigkeit. aus dieser bescheinigung geht lediglich hervor, dass der beklagte seit februar diesen jahres in psychotherapeutischer behandlung ist. für die zeit, in der der beklagte seine pflichtverletzungen begangen habe, ist diese bescheinigung nicht aussagekräftig, sondern gibt letztlich nur die eigenwahrnehmung des beklagten wieder. die bescheinigung schildert im wesentlichen den gesundheitszustand des beklagten nach dem schwerwiegenden einschnitt durch die einleitung des förmlichen disziplinarverfahrens. substantiierte konkrete hinweise auf das vorliegen schuldausschließender gründe im sinne des § 20 stgb im tatzeitraum und in bezug auf die konkreten pflichtenverstöße sind nicht dargestellt. 32unabhängig hiervon setzt eine erheblich verminderte schuldfähigkeit voraus, dass die fähigkeit, das unrecht der tat einzusehen oder nach dieser einsicht zu handeln, wegen einer störung i.s. des § 20 stgb erheblich eingeschränkt war. hier ist bereits kein eingangsmerkmal des § 20 stgb (krankhafte seelische störung, tiefgreifende bewusstseinsstörung, schwachsinn, schwere andere seelische abartigkeit) erkennbar. der psychische ausnahmezustand, in dem sich die beklagte bei begehung der taten befunden haben will, erfüllt keine eingangsvoraussetzung des § 20 stgb. in der rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass bei einem in äußerster erregung handelnden täter eine tiefgreifende bewusstseinsstörung vorliegen kann, wenn der hochgradige affektive ausnahmezustand eine intensität erreicht, die in ihrer auswirkung auf die einsichts- oder steuerungsfähigkeit den krankhaften seelischen störungen im sinne der §§ 20, 21 stgb gleichwertig ist (vgl. bgh, urteil vom 23. april 2009, 3 str 100/09 m. n.). ein solch hochgradiger affektiver ausnahmezustand ist weder behauptet noch ersichtlich. 33auch unabhängig vom fehlen eines eingangsmerkmales kann das gericht eine erheblich verminderte schuldfähigkeit ausschließen. die erheblichkeitsschwelle, die sich generell an schwerwiegenden gesichtspunkten wie psychopathien, neurosen, triebstörungen, folgeerscheinungen von alkohol, drogen oder medikamenten messen lassen muss, liegt umso höher, je schwerer das begangene delikt wiegt. im disziplinarrecht hängt die beurteilung der erheblichkeit von der einsehbarkeit der verletzten dienstpflicht ab (vgl. ovg nrw, urteil vom 2. dezember 2009, 3d a 415/09.o). bei dem dienstvergehen des beklagten geht es nicht um rechtlich oder tatsächlich schwierige pflichtentatbestände, vielmehr handelt es sich um eine wirklich jedem beamten ohne weiteres einsichtige pflicht. warum der beklagte beim erkennen oder befolgen gerade dieser einfachen grundpflichten unvermeidbar versagt haben soll, während er anderen beruflichen oder privaten pflichten vollauf genügt hat, ist nicht nachvollziehbar. der beklagte kann sich in diesem zusammenhang auch nicht mit erfolg auf die pflege und den tod seiner eltern berufen. abgesehen vom fehlenden zeitlichem zusammenhang macht gerade der umstand, dass der beklagte im tatzeitraum ohne jegliche beanstandungen seinem beruf nachgegangen sei, deutlich, dass in der genannten zeitspanne keine schuldausschließende oder auch nur schuldeinschränkende psychische erkrankung im sinne einer ernsthaften depression vorgelegen hat. jedenfalls hätte eine solche angesichts der erfolgreichen ausübung einer durchaus anspruchsvollen tätigkeit keinen solchen grad erreicht, dass der beklagte darin gehindert worden wäre, das rechtswidrige seines tuns zu erkennen oder nach dieser einsicht zu handeln.“ 34schließlich hat das verwaltungsgericht dargelegt, dass zugunsten des beklagten nicht von einer disziplinarrechtlich erheblichen vernachlässigung der dienstaufsicht durch vorgesetzte ausgegangen werden könne. auch unabhängig von den anerkannten milderungsgründen ergebe sich bei einer gesamtwürdigung ein endgültiger vertrauensverlust. 35der beklagte hat gegen das ihm am 14. juni 2012 zugestellte urteil am 16. juli 2012 – einem montag – berufung eingelegt und diese damit begründet, dass das disziplinarverfahren nicht wirksam eingeleitet worden, die gleichstellungsbeauftragte nicht beteiligt worden und von einer erheblich verminderten schuldfähigkeit bei begehung der taten auszugehen sei. entgegen der auffassung des verwaltungsgerichts handele es sich bei § 81 ldg nrw, § 7 abs. 1 nr. 1, abs. 3 satz 1 beamtzustv fm um eine funktionelle zuständigkeitsregelung, welche die ausübung der disziplinarbefugnisse ausschließlich dem behördenleiter beziehungsweise dessen allgemeinem vertreter übertrage, so dass es auf den geschäftsverteilungs- oder vertretungsplan der behörde nicht ankomme. weiterhin seien die mitwirkungsbefugnisse der gleichstellungsbeauftragten nach § 17 abs. 1 lgg weit zu verstehen. auch die neuere rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts lege die beteiligung nahe. schließlich könne das urteil materiell keinen bestand haben. aus der dem verwaltungsgericht vorgelegten stellungnahme des dipl.-psychologen x. h. ergebe sich, dass bei dem beklagten eine depressive erkrankung vorliege und die taten aus psychotherapeutischer sicht als hilfloses, inadäquates verhalten angesehen werden könnten, um auf seine emotionale not (depressionen, überforderung) aufmerksam zu machen. es seien daher substantiierte konkrete hinweise auf das vorliegen schuldausschließender gründe dargestellt worden. der beweisantrag aus der klageerwiderungsschrift, ein psychologisches sachverständigengutachten erstellen zu lassen über die physische und psychische gesamtsituation des beamten in den jahren 2000 bis 2008, werde ausdrücklich wiederholt. 36der beklagte beantragt, 37 das erstinstanzliche urteil zu ändern und die klage abzuweisen, 38hilfsweise, 39auf eine mildere disziplinarmaßnahme zu erkennen. 40der kläger beantragt, 41 die berufung zurückzuweisen. 42er verteidigt das urteil mit folgenden argumenten: die zuständigkeitsregelung des § 7 abs. 3 satz 1 beamtzustv fm mache die einleitung des disziplinverfahrens nicht zum höchstpersönlichen geschäft des behördenleiters, wie sich auch aus dem vergleich zwischen § 17 ldg nrw und § 32 abs. 5 ldg nrw ergebe. der aufgabenbereich der gleichstellungsbeauftragten sei nicht berührt. der beklagte habe keine anknüpfungstatsachen dargelegt, nach denen es naheliege, dass er aufgrund einer psychischen erkrankung außer stande gewesen sein sollte, die pflichtwidrigkeit seines verhaltens zu erkennen. 43wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts wird auf die gerichtsakte sowie die in dem sitzungsprotokoll im einzelnen bezeichneten beiakten, wie sie dem senat vorgelegen haben, bezug genommen. 44 | 45die zulässige berufung ist unbegründet. 46das verwaltungsgericht hat dem beklagten zu recht das ruhegehalt aberkannt. ein wesentlicher mangel des behördlichen disziplinarverfahrens liegt nicht vor (unten zu i.). der beklagte hat ein sehr schwerwiegendes dienstvergehen begangen (ii.), das nach umfassender würdigung zu dem schluss führt, dass der beklagte das vertrauen des dienstherrn und der allgemeinheit endgültig verloren hat, er als noch im dienst befindlicher beamter aus dem beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen und ihm daher das ruhegehalt abzuerkennen ist (iii.). 47i. ein wesentlicher mangel des disziplinarverfahrens (vgl. § 54 abs.1 satz 1 ldg nrw) ist weder darin zu sehen, dass die einleitungsverfügung nicht der leiter der oberfinanzdirektion oder sein vertreter unterschrieben hat, noch darin, dass die gleichstellungsbeauftragte im disziplinarverfahren nicht beteiligt wurde. sonstige wesentliche verfahrensfehler sind weder vorgebracht noch ersichtlich. 481. die einleitung des disziplinarverfahrens durch einen „im auftrag“ handelnden beamten der oberfinanzdirektion war nicht fehlerhaft. selbst wenn darin ein fehler läge, wäre dieser jedenfalls angesichts der späteren verfügung vom 25. august 2010, in welcher die fortsetzung des verfahrens angeordnet wurde, unwesentlich. 49a) gemäß § 17 abs. 1 satz 1 ldg nrw leitet die „dienstvorgesetzte stelle“ das disziplinarverfahren ein; die einleitung ist aktenkundig zu machen (§ 17 abs. 1 satz 3 ldg nrw). dienstvorgesetzte stelle ist für ruhestandsbeamte nach § 17 abs. 5 satz 3, § 81 sätze 1 und 2 ldg nrw die zum zeitpunkt des eintritts in den ruhestand zuständige oberste dienstbehörde, die ihre befugnisse durch rechtsverordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete dienstvorgesetzte stellen übertragen kann. von dieser möglichkeit hat der finanzminister durch § 7 abs. 3 der verordnung über beamtenrechtliche zuständigkeiten im geschäftsbereich des finanzministeriums (beamtzustv fm) vom 25. april 2002 gebrauch gemacht und die disziplinarbefugnisse der obersten dienstbehörde in verfahren gegen ruhestandsbeamte auf die zum zeitpunkt des dienstvergehens zuständigen dienstvorgesetzten stellen übertragen. als dienstvorgesetzte stellen für aktive beamte benennt § 17 abs. 5 satz 1 ldg nrw zunächst die oberste dienstbehörde und die ihr nachgeordnete stelle, der die ausübung der befugnisse zur ernennung übertragen ist sowie die betreffende aufsichtsbehörde. nach § 2 abs. 1 nr. 1 beamtzustv fm sind die oberfinanzdirektionen im rahmen ihres geschäftsbereichs hinsichtlich der beamtinnen und beamten des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren dienstes einschließlich der besoldungsgruppe a 16 zuständig für ernennungen. nach § 17 abs. 5 satz 2 ldg nrw kann die oberste dienstbehörde durch rechtsverordnung ferner bestimmen, wer „außerdem“ dienstvorgesetzten stelle ist. hieran anknüpfend bestimmt § 7 abs. 1 nr. 1 beamtzustv fm die leistungen der oberfinanzdirektionen zu dienstvorgesetzten stellen, soweit sich die eigenschaft als dienstvorgesetzte stelle nicht schon aus § 17 abs. 5 satz 1 ldg nrw ergibt. 50aa) nach den dargelegten regelungen war die oberfinanzdirektion bereits aus § 81 satz 2, § 17 abs. 5 satz 1 ldg nrw, § 7 abs. 3, § 2 abs. 1 nr. 1 beamtzustv fm zur ausübung der disziplinarbefugnisse berufen. angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass nach § 7 abs. 1 nr. 1 beamtzustv fm die leitungen der oberfinanzdirektionen zu dienstvorgesetzten stellen im sinne von § 17 abs. 5 satz 2 ldg nrw bestimmt werden. diese zuständigkeitsbestimmung ist nämlich nach § 7 abs. 1 a.e. beamtzustv fm nur subsidiär von bedeutung. 51bb) der für die oberfinanzdirektion tätige beamte c. konnte für diese im disziplinarverfahren wirksam handeln. von der bestimmung des zuständigen dienstvorgesetzten ist die frage zu unterscheiden, inwieweit aufgaben des dienstvorgesetzten behördenintern delegiert werden können. 52vgl. zu dieser differenzierung etwa ovg berlin-brandenburg, urteil vom 10. november 2011 - ovg 80 d 6.09 -, juris rn. 31. 53entgegen der ansicht des beklagten, die der früheren rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts zu § 33 bdo entspricht und auch nach der neuen rechtslage von einem teil der rechtsprechung und literatur vertreten wird – 54vgl. vg wiesbaden, beschluss vom 18. november 2013 - 28 l 369/13.wi.d -, juris rn. 23 ff. m.w.n. zu § 20 abs. 1 satz 1 hdg; zur früheren rechtslage bverwg, beschlüsse vom 15. august 1972 - i db 10.72 -, bverwge 46, 14; vom 2. juni 1995 - 1 db 7.95 -, bverwge 103, 240, 241; so bereits ovg nrw, beschluss vom 15. august 1959 - w 13/59 -, död 1960, 18 –, 55folgt aus den erörterten zuständigkeitsregelungen nicht, dass behördenintern allein der leiter der behörde oder sein ständiger vertreter zur einleitung des disziplinarverfahrens befugt ist, ohne dass diese anderweitig vertreten werden könnten. 56schon der gesetzeswortlaut spricht gegen ein derartiges verständnis; denn er benennt „die oberste dienstbehörde“ sowie die „dienstvorgesetzte stelle“ und nicht deren leitung. nach der hier einschlägigen regelung des § 2 abs. 1 beamtzustv fm wird die zuständigkeit für ernennungen und damit – wie dargelegt – die eigenschaft als dienstvorgesetzte stelle im sinne von § 17 ldg nrw ebenfalls der oberfinanzdirektion und nicht etwa – wie in § 7 abs. 1 nr. 1 beamtzustv fm – deren leitung übertragen. eine regelung, nach der eine vertretung der oberfinanzdirektion als für das disziplinarverfahren zuständige dienstvorgesetzte stelle nach den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen grundsätzen ausgeschlossen sein könnte, findet sich nicht. 57soweit insofern argumentiert wird, dass die bedeutung der verfahrenseinleitung es notwendig mache, den kreis der dazu berechtigten personen zu beschränken, kommt eine solche – durchaus nachvollziehbare – erwägung hinsichtlich der verfahrenseinleitung im gesetzes- und verordnungswortlaut nicht zum ausdruck. 58auch systematische erwägungen deuten nicht auf eine grundsätzliche einschränkung der behördeninternen delegationsmöglichkeit hin. in § 32 abs. 5 satz 1 ldg nrw ist ausdrücklich für die abschlussentscheidung geregelt, dass diese allein von der oder dem dienstvorgesetzten, deren oder dessen allgemeiner vertreterin oder allgemeinem vertreter oder der leiterin oder dem leiter der für personalangelegenheiten zuständigen abteilung zu unterzeichnen ist. hinsichtlich der verfahrenseinleitung fehlt es an einer entsprechenden regelung. dass dies eine planwidrige regelungslücke darstellte, die eine analoge anwendung der die abschlussentscheidung betreffenden regelungen auf die verfahrenseinleitung ermöglichen könnte, ist nicht ersichtlich. vielmehr steht eine bewusst unterschiedliche behandlung von verfahrenseinleitung und -abschluss durch den gesetzgeber in rede, die auch darin zum ausdruck kommt, dass die einleitung in bewusster abkehr von der früheren rechtslage (vgl. § 33 satz 3 do nrw) lediglich aktenkundig zu machen ist (§ 17 abs. 1 satz 3 ldg nrw), während die abschlussentscheidung einer unterzeichnung bedarf. weil der gesetzgeber mit § 17 abs. 1 satz 3 ldg nrw nach der gesetzesbegründung – 59s. gesetzentwurf der landesregierung vom 29. märz 2004, lt-drucks. 13/5220 s. 86 – 60ausdrücklich „eine bisher in § 26 do nw vorhandene lücke“ geschlossen hat, ohne dabei die dem § 32 abs. 5 ldg nrw entsprechenden anforderungen zu stellen, ist für dessen entsprechende anwendung kein raum. 61daher bleibt es mangels einer beschränkung der handlungsbefugnis auf den behördenleiter oder dessen stellvertreter nach § 3 abs. 1 ldg nrw bei dem verwaltungsverfahrensrechtlichen grundsatz, dass der leiter einer behörde die in deren zuständigkeit fallenden hoheitlichen aufgaben nicht persönlich wahrnehmen muss, sondern diejenigen beamten tätig werden können, die nach den internen regelungen über die behördliche organisation und geschäftsverteilung mit der eigenverantwortlichen wahrnehmung der jeweiligen aufgabe betraut sind. 62vgl. bverwg, urteil vom 28. februar 2013 - 2 c 3.12 -, bverwge 146, 98, 115 f.; beschlüsse vom 16. märz 2010 - 2 b 3.10 -, juris rn. 9 m.w.n.; vom 26. februar 2008 - 2 b 122.07 -, nvwz-rr 2008, 477, 478 zu § 34 abs. 2 satz 1 bdg; ovg nrw, beschluss vom 22. august 2007 - 21d a 1624/06.bdg -, juris rn. 14 ff.; ovg berlin-brandenburg, urteil vom 21. februar 2013 - ovg 81 d 2.10 -, juris rn. 44 zu § 34 ldg brandenburg; vgh baden-württemberg, urteil vom 7. juni 2011 - dl 13 s 1826/10 -, juris rn. 49 ff. zu § 38 ldg baden-württemberg; weiß in fürst, gköd, m § 17 rn. 60 (stand: 1/11); s. allgemein auch schmitz in stelkens/bonk/sachs, vwvfg, 8. aufl., § 12 rn. 18. 63dass der finanzminister hiervon bei der zuständigkeitsbestimmung in § 7 abs. 3 beamtzustv abweichen wollte, ist nicht ersichtlich. 64nach diesen maßstäben stellt es keinen verfahrensfehler dar, dass der bei der oberfinanzdirektion münster tätige leitende regierungsdirektor c. das verfahrenseinleitende schreiben unterzeichnet hat. wie der kläger unwidersprochen erklärt hat, war der unterzeichnende nach der geschäftsverteilung mit der entsprechenden aufgabe betraut. damit konnte er wirksam für die oberfinanzdirektion handeln und das disziplinarverfahren einleiten. 65b) selbst für den – aus den dargelegten gründen hier nicht gegebenen – fall, dass dem leitenden regierungsdirektor c. die handlungsbefugnis gefehlt haben sollte, wäre ein solcher fehler für das behördliche disziplinarverfahren nicht wesentlich; denn der allgemeine vertreter des leiters der oberfinanzdirektion, finanzpräsident b. , hat die verfügung unterschrieben, mit der die verfahrensfortsetzung unter ausweitung und zusammenfassender benennung der insgesamt erhobenen vorwürfe angeordnet wurde. damit hat er schriftlich zum ausdruck gebracht, dass er für die durchführung des disziplinarverfahrens die verantwortung übernimmt. der beklagte ist nach der fortführung des verfahrens zur mündlichen anhörung erschienen und hat dort sein verhalten eingeräumt und zu erklären versucht. insoweit wären schutzwürdige belange des beklagten selbst bei einer fehlerhaften verfahrenseinleitung nicht beeinträchtigt. daher ist es ausgeschlossen, dass ein etwaiger fehler bei der verfahrenseinleitung sich auf den gang des behördlichen disziplinarverfahrens und insbesondere die abschließende entscheidung, disziplinarklage zu erheben, ausgewirkt hat. 66vgl. bverwg, beschluss vom 28. märz 2013 - 2 b 113.12 -, juris rn. 19 f.; s. auch zur heilung bei mängeln der disziplinarklage bverwg, beschluss vom 10. juli 2014 - 2 b 54.13 -, rn. 7 m.w.n. 672. die mitwirkung der gleichstellungsbeauftragten im disziplinarverfahren war nicht erforderlich. der prozessbevollmächtigte des beklagten hat zudem in der mündlichen verhandlung vor dem senat erklärt, die insoweit erhobenen beanstandungen nicht mehr weiterzuverfolgen. 68eine mitwirkungsangelegenheit im sinne des § 17 abs. 1 lgg lag nicht vor, weil das konkrete disziplinarverfahren nicht der ausführung des lgg dient und keine auswirkungen auf die gleichstellung von frau und mann hat oder haben könnte. solche auswirkungen kommen etwa dann in betracht, wenn anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der aufklärung und ahndung von dienstpflichtverletzungen, die unmittelbar nichts mit dem zweck des landesgleichstellungsgesetzes zu tun haben, die ermittlungsmethoden oder die sanktionen je nach geschlecht differieren. 69s. entsprechend zu § 19 abs. 1 bgleig bverwg, urteil vom 28. februar 2013 - 2 c 62.11 -, nvwz-rr 2013, 693, 694 f.; vgl. auch bverwg, beschluss vom 30. november 2011 - 2 wrb 1.11 -, dokber 2012, 137, 138 zu § 19 abs. 1 sgleig; ovg nrw, beschluss vom 15. märz 2011 - 1 a 634/09 -, nvwz-rr 2011, 735 ff. 70eine derartige sachlage war nicht gegeben. das disziplinarverfahren hat die überweisung von geldbeträgen von einem konto des finanzamtes auf ein eigenes konto des beamten statt auf konten gemeinnütziger einrichtungen zum gegenstand. dieses vorgehen steht ebenso wenig wie eine etwaige disziplinarrechtliche ahndung in irgendeinem denkbaren zusammenhang zum geschlecht des handelnden beamten. sowohl die aufklärung des sachverhalts als auch mögliche sanktionen darauf lassen jeglichen geschlechtsspezifischen bezug vermissen. 71hinzu kommt, dass der beklagte sich bereits im ruhestand befand und daher eine bedeutung für belange der dienststelle im zusammenhang mit gleichstellungsfragen noch ferner liegt. 72wäre eine mitwirkung der gleichstellungsbeauftragten in dem vom beklagten intendierten äußerst weiten umfang erforderlich, hätte dies zur konsequenz, ursprünglich noch dass sie an jedem disziplinarverfahren zu beteiligen wäre. dies ist indes ersichtlich nicht bezweckt, wie sich bereits aus der in § 17 abs. 1 lgg enthaltenen einschränkung ergibt. eine allgemeine mitwirkung in sämtlichen angelegenheiten, auf die das vom beklagten vertretene weite verständnis hinausliefe, ist gerade nicht vorgesehen. dagegen spricht auch, dass der landesgesetzgeber mit dem gesetz zur änderung des personalvertretungsrechts und schulrechtlicher vorschriften vom 9. oktober 2007 (gv.nrw 2007 s. 394, 400) die mitwirkung des personalrats bei erhebung des disziplinarklage (im anschluss an die bundesrechtliche regelung) ausdrücklich geregelt hat. obschon der gesetzgeber seitdem auch das lgg mehrfach geändert hat, hat er keine veranlassung gesehen, eine zwingende mitwirkung der gleichstellungsbeauftragten am disziplinarverfahren zu normieren. in dem – nicht abschließenden – katalog der mitwirkungspflichtigen maßnahmen ist das disziplinarverfahren nicht aufgeführt. dass die gesetzesbegründung insofern auf maßnahmen „analog §§ 72 ff lpvg“ – 73s. gesetzentwurf der landesregierung vom 27. mai 1999, lt-drucks. 12/3959 s. 60 – 74abgestellt hat, ändert daran nichts, weil zum zeitpunkt des gesetzesentwurfs § 73 lpvg das disziplinarverfahren nicht beinhaltete und später – wie dargelegt – trotz änderung des § 73 lpvg eine ergänzung des lgg unterblieb. 75ii. der beklagte hat ein schwerwiegendes innerdienstliches dienstvergehen begangen, indem er in sieben fällen geldbeträge von einem konto des finanzamts auf ein eigenes konto überwies und damit gegen die pflichten zur uneigennützigen amtswahrnehmung sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem verhalten verstieß. 761. in tatsächlicher hinsicht geht der senat wie bereits das verwaltungsgericht davon aus, dass der beklagte insgesamt sieben mal geld von einem konto des finanzamtes zugunsten eines eigenen kontos abbuchte. wegen der einzelheiten nimmt der senat zunächst auf die oben wiedergegebenen feststellungen des rechtskräftigen strafbefehls bezug. in entsprechender weise nahm der beklagte zudem drei weitere überweisungen vor, so dass er insgesamt folgende beträge zu lasten des klägers auf seinem konto bei der sparkasse münster gutgeschrieben erhielt: 77am 18. september 2001 5.000,00 dm (2.556,46 €), 78am 4. januar 2002 2.556,46 €, 79am 29. mai 2002 2.556,00 €, 80am 7. oktober 2005 3.000,00 €, 81am 9. oktober 2006 2.500,00 €, 82am 10. april 2007 1.000,00 €, 83am 13. september 2007 3.000,00 €, 84insgesamt 17.168,92 €. 85der beklagte hat die überweisungen in der mündlichen verhandlung vor dem senat ebenso wie bereits im behördlichen disziplinarverfahren und vor dem verwaltungsgericht glaubhaft gestanden. dieses geständnis wird durch entsprechende kontoauszüge für sein konto bei der sparkasse münster (konto-nr. 103538849), die jeweiligen – unter anderem von ihm unterschriebenen – sammel-überweisungsaufträge sowie die diesen zugehörigen anlagen bestätigt. 86dass die ersten drei überweisungen wegen strafrechtlicher verfolgungsverjährung (§ 78 abs. 1 satz 1, abs. 3 nr. 4 stgb) nicht gegenstand des strafbefehls waren, steht einer berücksichtigung im disziplinarverfahren nicht entgegen. zum einen ist wegen des grundsatzes der einheitlichkeit des dienstvergehens auf dessen vollendung, nicht auf die vollendung einzelner pflichtwidriger handlungen abzustellen. 87vgl. entsprechend zu § 15 bdg bverwg, urteil vom 8. september 2004 - 1 d 18.03 -, nvwz-rr 2006, 45. 88zum anderen kann der zeitablauf seit tatbegehung nach § 15 ldg nrw lediglich der verhängung der dort genannten disziplinarmaßnahmen entgegenstehen, nicht aber der aberkennung des ruhegehalts. 892. gemäß dem im tatzeitraum geltenden § 83 abs. 1 satz 1 lbg nrw, der mangels einer für den beklagten günstigeren zwischenzeitlichen regelung (vgl. jetzt § 47 abs. 1 satz 1 beamtstg) anwendung findet – 90vgl. bverwg, urteil vom 25. august 2009 - 1 d 1.08 -, nvwz 2010, 713, 714 m.w.n. –, 91begeht ein beamter ein dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden pflichten verletzt. zu den näher ausgestalteten pflichten gehören die pflicht zur uneigennützigen amtswahrnehmung sowie die pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem verhalten (§ 57 sätze 2 und 3 lbg nrw a.f.; vgl. § 34 sätze 2 und 3 beamtstg). diese pflichten hat der beklagte verletzt, indem er die geldbeträge ohne rechtsgrundlage auf sein eigenes konto überwies. 92dies stellt sich als innerdienstliches vergehen dar. die abgrenzung zwischen inner- und außerdienstlicher pflichtverletzung beruht nicht auf der zufälligkeit räumlicher oder zeitlicher beziehung eines verhaltens zur dienstausübung, sondern auf einer etwaigen kausalen und logischen einbindung des maßgeblichen verhaltens in ein amt und die damit verbundene dienstliche tätigkeit. 93vgl. bverwg, beschluss vom 24. oktober 2006 - 1 db 6.06 -, juris rn. 19; urteil vom 19. august 2010 - 2 c 13.10 -, nvwz 2011, 299, 300 m.w.n. 94eine solche einbindung ist hier ersichtlich gegeben. der beklagte hatte allein aufgrund seiner dienstlichen stellung die verfügungsmöglichkeit über das konto des finanzamtes und nahm die überweisungen grundsätzlich im zusammenhang mit seiner aufgabe wahr, auf dem konto des finanzamtes verbuchte geldbeträge an gemeinnützige einrichtungen weiterzuleiten. 95iii. nach einer gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender umstände ist dem beklagten gemäß § 13 abs. 3 satz 2 ldg nrw das ruhegehalt abzuerkennen, weil er als noch im dienst befindlicher beamte aus dem beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen; denn durch das dienstvergehen hat er das vertrauen des dienstherrn und der allgemeinheit endgültig verloren (§ 13 abs. 3 satz 1 ldg nrw). 961. die auswahl der im einzelfall erforderlichen disziplinarmaßnahme richtet sich gemäß § 13 abs. 2 sätze 1 bis 3, abs. 3 satz 1 ldg nrw nach der schwere des dienstvergehens unter angemessener berücksichtigung der persönlichkeit des beamten und des umfangs der durch das dienstvergehen herbeigeführten vertrauensbeeinträchtigung. dazu sind die genannten bemessungskriterien mit dem ihnen im einzelfall zukommenden gewicht zu ermitteln und in die entscheidung einzustellen, um dem im disziplinarverfahren geltenden schuldprinzip und dem grundsatz der verhältnismäßigkeit (übermaßverbot) zu genügen. die disziplinarmaßnahme muss unter berücksichtigung aller be- und entlastenden umstände des einzelfalls in einem gerechten verhältnis zur schwere des dienstvergehens und zum verschulden des beamten stehen. 97vgl. entsprechend zu § 13 bdg bverwg, urteil vom 25. juli 2013 - 2 c 63.11 -, nvwz-rr 2014, 105, 106 m.w.n. 98für die bestimmung der erforderlichen disziplinarmaßnahme im sinne des § 5 abs. 1 ldg nrw ist die schwere des dienstvergehens nach § 13 abs. 2 satz 1 ldg nrw maßgebendes bemessungskriterium. die rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts hat dazu generelle maßstäbe für einzelne fallgruppen entwickelt. danach ist für die fallgruppe der zugriffsdelikte, das heißt für die veruntreuung dienstlich anvertrauter gelder und güter, die entfernung aus dem beamtenverhältnis grundsätzlich richtschnur für die maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten beträge oder werte insgesamt die schwelle der geringwertigkeit deutlich überschreiten. 99 vgl. bverwg a.a.o. 100zwar liegt hier kein zugriffsdelikt im sinne der genannten rechtsprechung vor, weil der beklagte sich die geldbeträge zunächst – gleichsam nur mittelbar – durch überweisung verschaffte. allerdings ist das dienstvergehen hier hinsichtlich seiner schwere einem zugriffsdelikt gleichzustellen, da der gesamtschaden über 5 000 € liegt und im übrigen erschwerungsgründe hinzukommen. 101aus der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass in fällen innerdienstlicher betrugs- oder untreuehandlungen zum nachteil des dienstherrn bei einem gesamtschaden von über 10 000 dm bzw. 5 000 € die entfernung aus dem beamtenverhältnis auch dann geboten sein kann, wenn keine besonderen erschwerungsgründe hinzutreten. 102vgl. bverwg, beschluss vom 26. februar 2008 - 2 b 122.07 -, nvwz-rr 2008, 477, 479 m.w.n.; daran festhaltend bverwg, beschluss vom 1. april 2010 - 2 b 111.09 -, juris rn. 6. 103solche innerdienstlichen untreuehandlungen mit einem entsprechend hohen gesamtschaden, hier 17 168,92 €, lagen vor. wie bereits aufgezeigt, verletzte der beklagte durch die überweisungen seine dienstpflicht zur wahrung fremder vermögensinteressen und führte so jeweils einen vermögensnachteil herbei. 104darüber hinaus ergeben sich erschwernisgründe, die etwa in der anzahl und häufigkeit der verfehlungen, der höhe des gesamtschadens und der missbräuchlichen ausnutzung der dienstlichen stellung oder der dienstlich erworbenen kenntnisse liegen können. 105s. bverwg, beschluss vom 26. februar 2008 - 2 b 122.07 -, nvwz-rr 2008, 477, 479 m.w.n.; zu innerdienstlichem betrug bverwg, beschluss vom 20. dezember 2011 - 2 b 64.11 -, juris rn. 12. 106insofern ist besonders zu berücksichtigen, dass der beklagte gerade seine dienstliche stellung ausnutzte, um die geldbeträge auf sein konto zu überweisen. er hatte aufgrund seiner aufgabe als kassenleiter die möglichkeit, überweisungen vom konto des finanzamtes vorzunehmen. bei der konkreten vorgehensweise kam ihm zugute, dass er die genauen abläufe kannte und daher einen weg wählen konnte, bei dem das entdeckungsrisiko gering war. tatsächlich sind seine verfehlungen über jahre hinweg nicht aufgefallen und schließlich nur im rahmen der außerordentlichen prüfung durch die innenrevision entdeckt worden. 107die anzahl von immerhin sieben einzelnen verfehlungen und die den wert von 5 000 € deutlich übersteigende gesamtschadenshöhe kommen erschwerend hinzu. 108die sich aus diesen umständen ergebende schwere des dem beklagten zur last fallenden dienstvorgehens führt dazu, dass als disziplinarmaßnahme die aberkennung des ruhegehalts indiziert ist. 1092. von der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts entwickelte milderungsgründe, die zum absehen von der aberkennung des ruhegehalts müssten oder führen könnten, liegen nicht vor. 110a) für eine erheblich verminderte schuldfähigkeit des beklagten im tatzeitraum im sinne des § 21 stgb, die regelmäßig dem ausspruch der höchstmaßnahme entgegensteht – 111vgl. bverwg, beschluss vom 4. juli 2013 - 2 b 76.12 -, dokber 2014, 32, 34 m.w.n. –, 112fehlen jegliche tatsächlichen anhaltspunkte. der senat schließt daher eine solche verminderung der schuldfähigkeit aus und hatte weder mit blick auf den in der mündlichen verhandlung gestellten antrag des beklagten noch von amts wegen anlass, ein psychiatrisches sachverständigengutachten einzuholen. 113aa) der in der mündlichen verhandlung gestellte antrag, „einen sachverständigen mit dem gutachten zu beauftragen über die psychische und physische gesamtsituation des beamten für die jahre 2000 bis 2008“, stellt keinen substantiierten beweisantrag im sinne des § 86 abs. 1 satz 2 vwgo, § 3 abs. 1 ldg nrw dar. ein solcher erfordert nämlich die behauptung einer bestimmten tatsache. 114vgl. st. rspr.; etwa bverwg, urteil vom 16. oktober 2008 - 2 a 9.07-, juris rn. 41; beschluss vom 24. september 2012 - 5 b 30.12 -, juris rn. 9 m.w.n. 115hieran fehlt es. konkrete tatsachen, die bewiesen werden sollen – etwa eine bestimmte erkrankung des beklagten –, hat der beklagte in seinem antrag nicht benannt. soweit der antrag darauf abzielen könnte, eine erhebliche verminderung der schuldfähigkeit gemäß § 21 stgb darzutun, ergibt sich daraus ebenfalls keine tatsache, sondern lediglich eine wertung, die der beweisaufnahme nicht zugänglich ist. 116vgl. bgh, urteile vom 15. dezember 2011 - 3 str 365/11 -, nstz 2012, 280, 281; vom 2. september 2010 - 3 str 273/10 -, nstz 2011, 106, 107 m.w.n. 117darüber hinaus sind, wie bereits vom verwaltungsgericht dargelegt, zureichende anknüpfungstatsachen die anlass gäben, ein psychiatrische gutachten für einen bereits über sechs jahre zurückliegenden zeitraum einzuholen, nicht ersichtlich. der beklagte befand sich nach seinen eigenen angaben im tatzeitraum nicht in psychiatrischer behandlung, so dass keinerlei sachverständige befunde vorliegen. konkrete angaben des beklagten zu eventuellen krankheitsbedingten beeinträchtigungen im fraglichen zeitraum fehlen ebenfalls. hinweise auf eine psychische erkrankung der beklagten im tatzeitraum ergeben sich schließlich auch nicht aus der vom beklagten vorgelegten stellungnahme seines psychotherapeuten. diese stützt sich nämlich allein auf erkenntnisse aus einer im februar 2012 aufgenommenen ambulanten psychotherapeutischen behandlung und eigene schilderungen des beklagten. mit der naheliegenden möglichkeit, dass die vom therapeuten angenommene depressive erkrankung erst nach den taten (insbesondere als reaktion auf das disziplinar- und strafverfahren) entstanden sein könnte – 118s. dazu rasch/konrad, forensische psychiatrie, 3. aufl., s. 265 –, 119setzt sich die stellungnahme nicht auseinander. im übrigen zeigt die stellungnahme lediglich hypothetische motivlagen – „emotionale not (depressionen, überforderung)“ – auf, ohne konkrete anhaltspunkte für eine bestimmte erkrankung im tatzeitraum zu benennen. 120bb) zu einer weiteren aufklärung hinsichtlich eventueller psychischer erkrankungen des beklagten im tatzeitraum von amts wegen besteht ebenfalls kein anlass. aus den bereits dargelegten gründen liegt keinerlei hinweis darauf vor, dass bei dem beklagten im tatzeitpunkt eine unter ein eingangsmerkmal der §§ 20, 21 stgb subsumierbare beeinträchtigung vorlag. er befand sich nicht in behandlung und war ohne nach außen tretende auffälligkeiten in der lage, seinen dienst auszuüben. 121b) der beklagte beging die handlungen nicht in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen notlage, die einen durchgreifenden entlastungsgrund darstellen könnte. 122vgl. bverwg, beschluss vom 20. dezember 2013 - 2 b 35.13 -, nvwz-rr 2014, 314; urteil vom 6. juni 2007 - 1 d 2.06 -, juris rn. 28 f. 123eine unverschuldete wirtschaftliche notlage ist nicht gegeben. dass der beklagte, der keinen unterhaltsverpflichtungen nachzukommen hatte, trotz seiner bezüge als steueroberamtsrat (a 13) einen dispositionskredit in anspruch nahm, beruhte auf einem dem einkommen gegebenenfalls nicht angepassten lebenszuschnitt. dieser ist vom beklagten selbst gewählt und zu verantworten; er stellt sich jedenfalls nicht als unverschuldet dar. im übrigen ist der milderungsgrund der wirtschaftlichen notlage nur auf zeitlich begrenztes fehlverhalten anwendbar – 124s. bverwg, urteil vom 15. märz 2012 - 2 wd 9.11 -, dokber 2012, 275, 276 f. m.w.n. –, 125das hier angesichts der sich über rund sechs jahre erstreckenden veruntreuungen ausgeschlossen ist. 126c) sonstige nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts „anerkannte“ typisierte milderungsgründe sind ebenfalls nicht gegeben. insbesondere hat der beklagte seine tat nicht freiwillig vor tatentdeckung offenbart. 127vgl. zu diesem milderungsgrund bverwg, urteil vom 28. juli 2011 - 2 c 16.10 -, bverwge 140, 185, 196 f. m.w.n. 128vielmehr hat er erst nach der aufdeckung der unberechtigten überweisungen die vorwürfe eingeräumt und die verursachten fehlbeträge ausgeglichen. 1293. eine gesamtwürdigung aller be- und entlastenden gesichtspunkte führt ebenfalls nicht dazu, dass eine andere disziplinarmaßnahme als die entfernung aus dem beamtenverhältnis angemessen ist. 130a) der senat hat erwogen, ob eine sogenannte negative lebensphase während des tatzeitraums bestand, die je nach den umständen des einzelfalles mildernd berücksichtigt werden kann. dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche verhältnisse, die den beamten zeitweilig aus der bahn geworfen haben. hinzukommen muss, dass er die negative lebensphase in der folgezeit überwunden hat. 131s. bverwg, beschluss vom 20. dezember 2013 - 2 b 35.13 -, nvwz-rr 2014, 314, 317 m.w.n. 132derartige außergewöhnliche verhältnisse lagen nicht vor. insoweit hat der senat insbesondere die vom beklagten vorgebrachten umstände berücksichtigt, die ihn belastet hätten und die er teilweise in der mündlichen verhandlung vor dem senat nochmals aufgezeigt hat: er habe im wesentlichen die pflege seiner eltern übernommen, bis seine mutter im jahr 1997 und sein vater im jahr 2000 verstorben seien. nachdem sein vater gestorben und ihm wegen eigenbedarfs gekündigt worden sei, sei er aus dem zuvor gemeinsam bewohnten haus ausgezogen. er habe nicht die zu seinen gunsten bestehende kündigungsfrist abgewartet, sondern sich in wenigen wochen eine andere wohnung gesucht, die für ihn viel zu groß und zu teuer gewesen sei. nach dem umzug im november 2000 habe er einen leichten schlaganfall und in den jahren 2003 sowie 2006 jeweils einen lendenwirbelbruch erlitten. wegen einer darauf hin festgestellten osteoporose sei „eine minderung der erwerbsfähigkeit um 40 %“ anerkannt worden. er habe ein stahlkorsett getragen und sei durch die sitzende tätigkeit sehr belastet gewesen. im oktober 2002 sei im finanzamt die erhebungsstelle eingerichtet worden, was zu großer unruhe bei den mitarbeitern geführt habe. er habe zudem teilweise die arbeit eines erkrankten kollegen übernommen. die arbeit sei für ihn zunehmend zu einer großen belastung geworden. 133diese vom beklagten vorgebrachten gesichtspunkte sind zwar für die bestimmung der persönlichen tatumstände von bedeutung. allerdings ist ihnen ein durchgreifendes entlastendes gewicht, das eine mildere maßnahme rechtfertigen könnte, nicht beizumessen. ein zusammenhang zwischen den persönlichen belastungen und den vermögensdelikten liegt nicht nahe. es ist nicht ersichtlich, inwieweit der tod der eltern, eigene gesundheitliche einschränkungen des beklagten und eine erhöhte berufliche belastung für die vermögensdelikte von bedeutung waren. dabei ist insbesondere zu bedenken, dass die straftaten sich über einen zeitraum von rund sechs jahren erstreckten und bereits in zeitlicher hinsicht eine auswirkung der genannten umstände auf die taten fernliegt. so beging der beklagte die erste tat, als der tod der mutter bereits rund vier jahre, der des vaters etwa ein jahr zurücklag. zu den wirbelbrüchen und der umstrukturierung der dienststelle kam es erst, nachdem der beklagte sich bereits (wenigstens) einmal unberechtigt geld überwiesen hatte. im übrigen ist auch in der sache weder dargelegt noch sonst erkennbar, dass die vermögensdelikte die vom beklagten genannten persönlichen probleme hätten lindern können und eine wesentliche motivation für die taten waren. der beklagte hat in seiner mündlichen anhörung im rahmen des disziplinarverfahrens ebenso wie in der mündlichen verhandlung vor dem senat erklärt, er könne im nachhinein selbst nicht mehr nachvollziehen, warum er die sieben überweisungen umgeleitet habe. vor dem senat hat er zudem ausgeführt, er habe sich möglicherweise für den augenblick etwas gönnen wollen. was später komme, habe ihn nicht interessiert. 134ohne dass es darauf noch entscheidend ankäme, erreichen die den beklagten bedrückenden umstände kein im vergleich zu anderen beamten außergewöhnliches maß. der tod der (hochbetagten) eltern ist eine situation, der sich ein großteil der bevölkerung zu stellen hat. auch behördliche umstrukturierungen und damit eventuell einhergehender arbeitszuwachs sind im rahmen eines langjährigen beamtendienstes gelegentlich zu bewältigen. der senat verkennt insoweit nicht die damit verbundenen belastungen, wertet sie aber mit blick auf die konkrete dienstpflichtverletzung nicht als durchgreifenden entlastungsgrund. dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die vom beklagten vorgebrachten aspekte in einem zeitraum von rund zehn jahren auftraten und nicht in zeitlicher nähe zusammentrafen. 135b) unabhängig davon, dass sich der beklagte nicht in einer existentiellen wirtschaftlichen notlage befand, hat der senat als hintergrund der taten gewisse finanzielle probleme des beklagten angesichts recht hoher finanzierungskosten für seinen pkw und des fortfalls des zuvor gemeinsam mit den eltern genutzten hauses mildernd bedacht. 136c) dem beklagten sind sein geständnis und seine auch in der verhandlung vor dem senat geäußerte reue zugute zu halten. zwar räumte er die straftaten erst nach deren entdeckung und einer bei ihm am 29. juni 2010 durchgeführten hausdurchsuchung, aber immerhin schon kurz nach eröffnung der vorwürfe ein. daher ist der für ihn sprechende charakterzug der bereitschaft zur übernahme von verantwortung für das eigene fehlverhalten – wenngleich mit minderem gewicht – mildernd einzubeziehen. 137 vgl. bverwg, urteil vom 27. juni 2013 - 2 wd 5.12 -, dokber 2013, 301, 306. 138d) ebenso ist zu beachten, dass der beklagte nach aufforderung durch die oberfinanzdirektion unverzüglich die zu unrecht erlangte gesamtsumme von 17 168,92 € zurückzahlte. obschon er zu einem entsprechenden schadensersatz rechtlich verpflichtet war, ist ihm dies zugute zu halten. 139e) dass der beklagte zuvor über jahrzehnte unbeanstandet dienst geleistet hatte, angesichts seiner leistungen im übrigen bis ins spitzenamt des gehobenen dienstes befördert worden war und disziplinar- sowie strafrechtlich unbelastet war, ist für das insofern positive persönlichkeitsbild zusätzlich von bedeutung. allerdings ist ein beanstandungsfreies verhalten regelmäßig nicht geeignet, schwere pflichtenverstöße in einem milderen licht erscheinen zu lassen, da der beamte generell verpflichtet ist, bestmögliche leistungen bei vollem einsatz der arbeitskraft zu erbringen und sich achtungs- sowie vertrauenswürdig zu verhalten (§ 57 sätze 1 und 3 lbg nrw a.f., vgl. § 34 sätze 1 und 3 beamtstg). 140 vgl. bverwg, beschluss vom 23. januar 2013 - 2 b 63.12 -, juris rn. 13 m.w.n. 141f) der beklagte wird nicht durch eine vorgesetzten vorzuwerfende verletzung der dienstaufsicht entlastet. eine solche aufsichtspflichtverletzung lag nicht vor, da konkrete anhaltspunkte für besondere umstände fehlten, die ausreichende kontrollmaßnahmen unerlässlich gemacht hätten. 142 vgl. zu diesen maßstäben bverwg, urteil vom 10. januar 2007 - 1 d 15.05 -, buchholz 235.1 § 85 bdg nr. 14 s. 7 m.w.n. 143der dienstherr hatte keine hinweise auf die untreuehandlungen des beklagten. vielmehr bestand eine sicherung darin, dass die sammelüberweisungsträger grundsätzlich von zwei personen zu unterschreiben waren. dass der beklagte diese sicherung umging, indem er nach unterschrift jeweils einzelüberweisungsträger austauschte, führt nicht zu einem „mitverschulden“ des dienstherrn. im gegenteil spricht die konkrete tatausführung für eine gewisse kriminelle energie des beklagten, der seine dienstlichen kenntnisse über die genauen abläufe der überweisungsverfahren und das fehlende wissen der zahlungsempfänger von den zu erwartenden überweisungen ausnutzte, um jahrelang unentdeckt buchungen auf sein konto zu veranlassen. überdies hatte er als beamter des gehobenen dienstes und als kassenleiter eine besondere vertrauensstellung. 144 vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 1979 - 1 d 97.77 -, död 1979, 127, 128; urteil vom 6. juni 2007 - 1 d 2.06 -, juris rn. 36, 38; s. zur vorteilsannahme bverwg, urteil vom 28. februar 2013 - 2 c 3.12 -, bverwge 146, 98, 106. 145g) die gegebenen mildernden aspekte reichen auch in ihrer gesamtheit nicht aus, um trotz vorliegens einer dem gewicht eines zugriffsdelikts gleichkommenden pflichtverletzung von der aberkennung des ruhegehaltes abzusehen. das gewicht derartiger entlastungsgründe muss nämlich umso größer sein, je schwerer das dienstvergehen aufgrund der höhe des geldbetrags oder des wertes der veruntreuten gegenstände, der anzahl und häufigkeit der zugriffshandlungen und der begehung von „begleitdelikten" und anderer belastender umstände wiegt. je weniger die höhe des geldbetrags oder der wert des gegenstandes die geringfügigkeitsgrenze überschreitet, desto geringer kann das gewicht der entlastungsgründe sein, um die indizwirkung zu entkräften. 146 st. rspr; vgl. etwa bverwg, beschluss vom 26. märz 2014 - 2 b 100.13 -, juris rn. 7 m.w.n. 147die bedeutung der vom beklagten begangenen dienstpflichtverletzung wird dadurch gekennzeichnet, dass er insgesamt sieben einzelne taten in einem zeitraum von immerhin rund sechs jahren – gleichsam in gewisser regelmäßigkeit – beging. der gesamtschaden beläuft sich auf über 17 000 € und mithin auf ein mehrfaches der grenze von 5 000 €, ab der nach der rechtsprechung innerdienstliche, nicht unmittelbar auf bargeld oder andere sachen bezogene untreuehandlungen mit der schwere eines zugriffsdelikts vergleichbar sind und auch ohne hinzutreten besonderer erschwerender umstände eine entfernung aus dem dienst möglich ist. als solcher erschwerungsgrund schlägt hier der missbrauch dienstlicher möglichkeiten durchgreifend zu buche. demgegenüber sind die entlastungsgründe – insbesondere das geständnis bei erdrückender beweislage und die (rechtlich ohnehin gebotene) schadenswiedergutmachung, die vorige unbescholtenheit sowie die näher dargelegten persönlichen umstände – in ihrer summe nicht von solchem gewicht, dass sie einem anerkannten milderungsgrund auch nur annähernd gleichkämen. vielmehr hat der beklagte durch sein verhalten das vertrauen sowohl des dienstherrn als auch der allgemeinheit in einer weise beeinträchtigt, dass ein weiterer verbleib im dienst der finanzverwaltung nicht vertretbar erschiene, wenn er sich noch im dienst befände, und ihm daher das ruhegehalt abzuerkennen ist. hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass er als kassenleiter und steueroberamtsrat (im höchsten beförderungsamt des gehobenen dienstes) zum einen eine besondere vertrauensstellung innehatte und ihm zum anderen eine gewisse vorbildfunktion für andere mitarbeiter zukam. 148bei einem ruhestandsbeamten soll die disziplinarmaßnahme der aberkennung des ruhegehalts sicherstellen, dass sich der beamte der sanktionierung eines schweren dienstvergehens, das er im aktiven dienst begangen hat, nicht durch den eintritt in den ruhestand entziehen kann. sie findet ihre rechtfertigung in der wahrung der integrität des beamtentums und des ansehens des öffentlichen dienstes sowie in dem gebot der gleichbehandlung. 149vgl. bverwg, urteil vom 28. februar 2013 - 2 c 62.11 -, nvwz-rr 2013, 693, 697 m.w.n. 150iv. zu einer modifikation des unterhaltsbeitrags (§ 10 abs. 3 sätze 2 und 3, § 12 abs. 2 satz 2 ldg nrw) besteht kein anlass. 151die kostenentscheidung beruht auf § 74 abs. 1 ldg nrw, § 154 abs. 2 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 abs. 1 ldg nrw, § 167 abs. 1 satz 1 vwgo, § 708 nr. 11, §§ 711, 709 satz 2 zpo. 152ein grund, die revision zuzulassen (§ 132 abs. 2 vwgo), ist nicht gegeben. 153 | Verklagte*r | 0 |
164,819 | 8 O 47/14 | 2015-06-15T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages. 1Tatbestand: 2Der Kläger begehrt von der Beklagten Schmerzensgeld aus einem Unfall, der sich am 21.11.2012 auf dem Betriebsgelände der Beklagten ereignete. 3Der Kläger befuhr am an diesem Tag gegen 17:00 Uhr mit einem LKW seines Arbeitgebers das Betriebsgelände der Beklagten, um dort eine Warenlieferung abzuholen. Der Kläger parkte den LKW, der zu diesem Zeitpunkt der einzige LKW auf dem Gelände war, in einer Entfernung von ca. 10 Metern von der dort befindlichen Halle. 4Der bei der Beklagten angestellte Zeuge G. führte in der Folge die Beladungstätigkeiten mit einem Gabelstapler mit Dieselmotor durch. Nachdem der Zeuge G. bereits mindestens die Hälfte der Waren auf den LKW geladen hatte, fuhr er den Gabelstapler im Rückwärtsgang und überfuhr dabei den rechten Fuß des Klägers im Bereich der Ferse. Die genaueren Umstände des Unfalls, insbesondere der genaue Kollisionsort, der Fahrweg des Zeugen G., von welchem der hinteren Reifen des Gabelstaplers der Fuß des Klägers überfahren wurde, sowie die Frage, wie weit der Zeuge G. mit dem Beladen fortgeschritten war, sind zwischen den Parteien streitig. 5Der Kläger erlitt infolge des Unfalls eine offene Quetschverletzung im rechten Fußbereich mit multipler Innenknöchelfraktur, Fersenbeinfraktur und einem erheblichen Haut-Weichteil-Schaden und befand sich vom 22.11.2012 bis 12.03.2013 durchgehend in stationärer Behandlung verschiedener Krankenhäuser. Im Mai und Juli 2013 befand sich der Kläger erneut in stationärer Behandlung. Insgesamt wurde der Kläger zwölf Mal operiert, wobei ihm unter anderem ein 38cm großer Muskellappen aus der Schulter entnommen und am Fuß angenäht wurde. 6Der Kläger machte mit Schreiben vom 31.05.2013 Schmerzensgeldansprüche gegenüber der Beklagten geltend, welche der Haftpflichtversicherer der Beklagten letztlich zurückwies. 7Der Kläger behauptet, im Außenbereich des Betriebsgeländes der Beklagten seien keinerlei Beleuchtungsmöglichkeiten installiert. Jedenfalls sei das Gelände zum Unfallzeitpunkt nicht beleuchtet und daher äußerst düster gewesen. 8Der vom Zeugen G. gefahrene Gabelstapler sei nicht mit akustischen und optischen Warnsignalen ausgestattet. Jedenfalls seien diese zum Unfallzeitpunkt nicht eingeschaltet gewesen. Auch der Heckscheinwerfer sei nicht eingeschaltet gewesen. 9Der Unfall habe zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als der Zeuge G. mit dem Beladevorgang weitestgehend fertig gewesen sei. Der Unfall habe sich direkt am LKW zugetragen, wo der Kläger mit dem Festmachen der LKW Plane beschäftigt gewesen sei. Der Zeuge G. sei dabei einen Halbkreis in Richtung des LKWs gefahren (vgl. Skizze Bl. 82 d.A.). Er sei vom linken hinteren Reifen des Gabelstaplers getroffen worden 10Der Kläger behauptet weiter, dass er aufgrund der erlittenen Verletzung dauerhaft Invalide bleibe. Er sei in der Bewegung seiner Schulter stark eingeschränkt. Eine Bewegung über Kopfhöhe sei ihm nicht möglich. 11Der Kläger ist der Ansicht, die Haftung der Beklagten ergebe sich aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten und aus Organisationsverschulden. Sie habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt, indem sie nicht für eine ausreichende Beleuchtung auf dem Gelände und eine Ausstattung der Gabelstapler mit Warnleuchten gesorgt habe. Außerdem liege ein Überwachungsverschulden im Hinblick auf den Zeugen G. vor. Die erlittenen Verletzungen rechtfertigten ein Schmerzensgeld von mindestens 50.000 €. 12Der Kläger beantragt, 131. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 142. festzustellen, dass die Beklagte auch für künftige materielle und immaterielle Schäden, die dem Kläger infolge des Unfallereignisses vom 22.11.2012 entstehen werden, vollumfänglich haftet. 15Die Beklagte beantragt, 16die Klage abzuweisen. 17Die Beklagte behauptet, der vom Zeugen G. gefahrene Gabelstapler verfüge über eine orange Rundum-Warnleuchte, die automatisch beim Rückwärtsfahren aktiviert werde. Im Außenbereich an der Halle befinde sich eine Außenbeleuchtung, die sich bei Dunkelheit automatisch einschalte. 18Der Unfall habe zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als der Zeuge G. etwas mehr als die Hälfte des Beladevorgangs abgeschlossen hatte. Der Zeuge sei dann in einigem Abstand parallel rückwärts zum LKW gefahren. Der Kollisionspunkt habe daher nicht direkt am LKW, sondern einige Meter vom LKW entfernt gelegen. Der Kläger sei vom rechten hinteren Reifen des Gabelstaplers getroffen worden (vgl. Skizze Bl. 60 d.A.). 19Die Beklagte ist der Ansicht, eine Haftung der Beklagten scheide wegen der Grundsätze des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs aus. Eine für eine Ausnahme von diesem Grundsatz erforderliche Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten oder ein Organisationsverschulden der Beklagten sei nicht gegeben. Jedenfalls wäre dem Kläger ein erhebliches Mitverschulden anzulasten. Das geforderte Schmerzensgeld sei übersetzt. 20Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen E. G., H. I. und L. M.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.04.2015 Bezug genommen. 21Wegen des Sachvortrages der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 20.04.2015 verwiesen. 22Entscheidungsgründe: 23I. 24Die zulässige Klage ist unbegründet. 251. 26Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgelds, da ein Anspruch gegen die Beklagte nach den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld ausgeschlossen ist. 27a) 28Die Grundsätze zum Ausgleich der gestörten Gesamtschuld sind hier anwendbar, da der - vom Kläger nicht in Anspruch genommene - Zeuge G. bei einer unterstellten Haftung gemäß §§ 823 Abs. 1, 840 BGB als Gesamtschuldner mit der Beklagten haften würde, wenn keine gesetzliche Haftungsfreistellung bestünde. 29Für den Zeugen G. greift allerdings die Haftungsprivilegierung der §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 3, 3. Fall SGB VII ein, da der Unfall sich auf einer gemeinsamen Betriebstätte ereignet hat. Der Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte erfasst auch die Fälle, in denen betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen. Es ist hierfür nicht erforderlich, dass zwischen den Beteiligten eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit getroffen worden ist (BGH NJW 2001, 443). Entscheidend ist, dass es sich nicht lediglich um beziehungslos nebeneinander stehende, rein zufällig aufeinander treffende Tätigkeiten handelt, sondern die Tätigkeiten faktisch aufeinander bezogen oder miteinander verknüpft sind (BGH a. a. O.; BGH NJW 2008, 2116). Dies war hier der Fall. Die Tätigkeiten des Klägers und des Zeugen G. waren aufeinander bezogen. Die Tätigkeiten ergänzten sich dadurch gegenseitig, dass der Kläger die Plane des LKWs öffnete und verschob, um dem Zeugen das Beladen des LKWs zu ermöglichen, während der Zeuge die Waren mit dem LKW verlud. 30b) 31Die Haftung der Beklagten ist nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldausgleichs ausgeschlossen. In den Fällen der gestörten Gesamtschuld kann die Haftung des nicht privilegiert Haftenden auf den Betrag beschränkt sein, der im Innenverhältnis zu dem Privilegierten auf ihn entfiele. Dies ist im Rahmen der gestörten Gesamtschuld zwischen privilegiertem Arbeitnehmer und nicht privilegiertem Unternehmer der Fall. Dem liegt zu Grunde, dass einerseits die Privilegierung des Arbeitnehmers nicht durch eine Heranziehung im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs unterlaufen werden soll, es andererseits nicht gerechtfertigt wäre, den Arbeitgeber den Schaden aufgrund der Privilegierung des Arbeitnehmers alleine tragen zu lassen. 32Der nicht auf der gemeinsamen Betriebsstätte tätige Unternehmer, der neben seinem haftungsprivilegierten Verrichtungsgehilfen nach §§ 823 Abs. 1, 31, 831, 840 Abs. 1 BGB haftet, ist gegenüber dem Geschädigten daher von der Haftung insoweit freigestellt, als die Verantwortung für den Schaden auf den Arbeitnehmer entfiele, wenn man die Haftungsprivilegierung hinweg denken würde. Aufgrund dessen ist die Haftung des Unternehmers auf die Fälle beschränkt, in denen diesen nicht nur eine Haftung wegen vermuteten Auswahl- oder Überwachungsverschuldens gemäß § 831 BGB, sondern eine eigene Verantwortlichkeit zur Schadensverhütung, etwa wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten oder Organisationsverschulden trifft (BGH, NJW 2004, 951; VersR 2005, 515). Entscheidend ist, ob den Arbeitgeber im Innenverhältnis zu dem Arbeitnehmer gemäß § 426 BGB ein Teil der Schadensersatzpflicht träfe, wenn ein Ausgleich im Innenverhältnis stattfände und die Gesamtschuld nicht aufgrund der Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers gestört wäre (BGH NJW 2004, 951). 33Aufgrund dieser Überlegungen kommt eine Haftung des Arbeitgebers nach § 831 BGB aus Auswahl- und Überwachungsverschulden nicht in Betracht. Gemäß § 840 Abs. 2 ist derjenige, den leidlich ein vermutetes Auswahl- und Überwachungsverschulden trifft, neben dem schuldhaft Handelnden im Innenverhältnis grundsätzlich nicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Derjenige Arbeitnehmer, der seine Pflichten verletzt hat, kann sich im Innenverhältnis nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei bei der Durchführung seiner Pflichten nicht ordnungsgemäß überwacht worden. Dementsprechend hat er im Rahmen eines gedachten Ausgleiches nach § 426 Abs. 1, S. 1 BGB den Schaden allein zu tragen (BGH a.a.O.). 34c) 35Eine selbständige Verantwortlichkeit der Beklagten für den Unfall, die zu einer anteiligen Haftung ihrerseits im Innenverhältnis mit dem Zeugen G. führen würde, besteht nicht. 36aa) 37Dabei kann es dahinstehen, ob die Beklagte den Zeugen G. ordnungsgemäß überwacht hat. Zwar könnte eine mangelnde Arbeitsüberwachung der Mitarbeiter grundsätzlich ein Organisationsverschulden darstellen und zu einer Haftung aus §§ 823 Abs. 1 BGB führen. Der Zeuge G. könnte sich im Innenverhältnis gegenüber der Beklagten jedoch nicht darauf berufen, nicht ordnungsgemäß überwacht worden zu sein. Selbst wenn also ein Organisationsverschulden der Beklagten wegen mangelnder Überwachung anzunehmen wäre, würde dieses keine eigenständig neben eine unterstellte Pflichtverletzung des Zeugen G. tretende Verantwortlichkeit darstellen. 38bb) 39Eine eigenständige Verkehrssicherungspflichtverletzung, die den Unfall mit verursacht hat, hat die Beklagte nicht begangen. 40(1) 41Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten wegen fehlender oder nicht funktionstüchtiger Beleuchtung des Gabelstaplers ist nicht gegeben. 42(a) 43Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der am Unfall beteiligte Gabelstapler über eine Blitzleuchte verfügte. 44Zwar haben der Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten in ihrer persönlichen Anhörung bekundet, dass der Gabelstapler über eine orange Rundumleuchte verfügte. Dem steht jedoch Aussage des Zeugen G. entgegen. Dieser hat als derjenige, der den betroffenen Gabelstapler seit Jahren täglich fährt, bekundet, dass es sich nicht um eine orange Rundumleuchte handelt, sondern um eine sog. Blitzleuchte. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Aussage des Zeugen G. diesbezüglich unzuverlässig sein könnte. 45Der Zeuge I. konnte nicht mit Sicherheit sagen, um welche der beiden Leuchtenarten es sich handelte, da diese in nicht angeschaltetem Zustand kaum zu unterscheiden seien. Dieser Umstand dürfte auch die von der Aussage des Zeugen G. abweichenden Angaben des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten erklären. 46(b) 47Der Beweis, dass die Blitzleuchte zum Zeitpunkt des Unfalls defekt war, ist dem beweisbelasteten Kläger nicht gelungen. 48Der Zeuge I. hat zwar bekundet, dass ihm bei seiner Rückwärtsfahrt mit dem Gabelstapler kein Lichtkegel aufgefallen sei. Allerdings beruhte die Erwartung des Zeugen I. einen Lichtkegel zu sehen, auf der Annahme, dass das Fahrzeug über eine Rundumleuchte verfügte. 49Der Zeuge G. hat allerdings glaubhaft ausgesagt, dass weder die Blitzleuchte noch grundsätzlich das von ihr ausgehende Licht aus der Fahrerkabine heraus zu sehen ist. Er selbst ging zwar davon aus, dass die automatische Blitzleuchte funktioniert hat, konnte dies allerdings nicht auf eigene Wahrnehmungen stützten. 50(c) 51Auch der Beweis, dass die Heckscheinwerfer zum Zeitpunkt des Unfalls defekt waren, ist dem Kläger nicht gelungen. 52Der Kläger hat in seiner persönlichen Anhörung erklärt, dass der Zeuge G. die Front- und Heckscheinwerfer des Gabelstaplers zunächst eingeschaltet habe. Dann sei er aber infolge des von den Paletten reflektierenden Lichtes geblendet worden und habe die Scheinwerfer wieder ausgeschaltet. Dies deckt sich soweit auch mit der Aussage des Zeugen G., der ebenfalls angab, die Frontscheinwerfer wegen der Reflektion wieder ausgeschaltet zu haben. 53Nach den Angaben des Klägers waren die Heckscheinwerfer zunächst eingeschaltet. Selbst wenn der Zeuge G. später auch die Heckscheinwerfer wieder ausschaltet hätte, läge darin jedenfalls keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten, sondern lediglich ein Verschuldensbeitrag des Zeugen G.. 54(2) 55Auch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung wegen des Fehlens eines akustischen Warnsignals am Gabelstapler scheidet aus. 56Zwar haben sowohl der Geschäftsführer der Beklagten als auch der Zeuge G. angegeben, dass der vom Zeugen gefahrenen Gabelstapler nicht über ein akustisches Warnsignal für die Rückwärtsfahrt verfügt. Allerdings ist das Vorhandensein eines solchen Warnsignales auch nicht vorgeschrieben. 57(a) 58In § 12 Abs. 1 der für Flurfahrzeuge einschlägigen Unfallverhütungsvorschrift (UVV) BGV D27 findet sich keine Forderung nach einer akustischen Warneinrichtung für andere Verkehrsteilnehmer. Auch die Durchführungsanweisung zu § 12 Abs. 1 schreibt ein solches Warnsignal nicht vor, sondern zeigt lediglich verschiedene zulässige(!) Hilfsmittel auf. 59(b) 60§ 13 der für den betrieblichen Einsatz von Fahrzeugen einschlägigen UVV BGV D29 fordert für maschinell angetriebene Fahrzeuge Einrichtungen für deutlich wahrnehmbare Schallzeichen. Damit sind laut Durchführungsanweisung z.B. Hupen und Hörner gemeint, die vom Fahrer im Gefahrfall zu betätigen sind. Durchgängige von de Betätigung des Fahrers unabhängige Warnsignale sind von der Regelung folglich nicht erfasst. 61(c) 62Auch § 46 Abs. 1 der UVV BGV 29 der Regelungen zum Rückwärtsfahren und Rangieren enthält schreibt ein solches Warnsignal nicht vor. Die dazu gehörige Durchführungsanweisung gibt Möglichkeiten vor, wie ohne Einweiser rangiert werden kann, z. B. durch Abschrankung des Gefahrenbereichs, durch Verkehrsspiegel, Rückfahr-Videosysteme oder Rangierwarneinrichtungen (Warnung des Fahrzeugführers vor Hindernissen). Eine zusätzliche durchgängig aktive akustische Warnung anderer Verkehrsteilnehmer wird auch dort nicht gefordert. 63(3) 64Es liegt auch keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten wegen fehlender Beleuchtungsmöglichkeiten auf ihrem Betriebsgelände vor. 65Auf dem Gelände der Beklagten liegen Beleuchtungsmöglichkeiten vor. Sowohl der Kläger als auch der Geschäftsführer der Beklagten haben im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung angegeben, dass es auf dem Gelände der Beklagten Leuchten gibt. Der Geschäftsführer der Beklagten konnte diese auf einer von ihm gefertigten Skizze - am Verladetor der Halle 1 - einzeichnen. Auch die Zeugen I. und M. haben in ihren glaubhaften Aussagen bestätigt, dass im Bereich des Verladetores eine Beleuchtung existiert. 66(4) 67Ob eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten aufgrund einer zwar vorhandenen aber nicht ausreichenden Beleuchtung ihres Betriebsgeländes vorliegt, kann im Ergebnis offen bleiben, da der Unfall auf einer etwaigen Verletzung jedenfalls nicht beruht. 68Nach den Angaben des Klägers hat sich der Unfall so zugetragen, dass der Zeuge G. ihn direkt am Führerhaus des LKWs mit dem Reifen des Gabelstaplers traf, nachdem der Kläger dort gerade unmittelbar zuvor seine Arbeiten an der Plane des LKWs abgeschlossen hatte und sich gerade in Richtung des Zeugen umgedreht hatte. Er hatte den Zeugen vorher auch nicht sehen können, da er bei der Befestigung der Plane auf den LKW geschaut hatte. 69Daraus ergibt sich allerdings, dass eine eventuell nicht ausreichende Beleuchtung des Geländes nicht ursächlich war, da es deshalb zur Kollision kam, da sich Kläger und Zeuge jeweils im Rücken des anderen befanden, woran auch eine stärkere Beleuchtung nichts geändert hätte. 702. 71Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Verzugszinsen. 723. 73Mangels Hauptforderung besteht auch kein Feststellungsanspruch. 74II. 75Die Kostenscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren betrages. 1 | 2der kläger begehrt von der beklagten schmerzensgeld aus einem unfall, der sich am 21.11.2012 auf dem betriebsgelände der beklagten ereignete. 3der kläger befuhr am an diesem tag gegen 17:00 uhr mit einem lkw seines arbeitgebers das betriebsgelände der beklagten, um dort eine warenlieferung abzuholen. der kläger parkte den lkw, der zu diesem zeitpunkt der einzige lkw auf dem gelände war, in einer entfernung von ca. 10 metern von der dort befindlichen halle. 4der bei der beklagten angestellte zeuge g. führte in der folge die beladungstätigkeiten mit einem gabelstapler mit dieselmotor durch. nachdem der zeuge g. bereits mindestens die hälfte der waren auf den lkw geladen hatte, fuhr er den gabelstapler im rückwärtsgang und überfuhr dabei den rechten fuß des klägers im bereich der ferse. die genaueren umstände des unfalls, insbesondere der genaue kollisionsort, der fahrweg des zeugen g., von welchem der hinteren reifen des gabelstaplers der fuß des klägers überfahren wurde, sowie die frage, wie weit der zeuge g. mit dem beladen fortgeschritten war, sind zwischen den parteien streitig. 5der kläger erlitt infolge des unfalls eine offene quetschverletzung im rechten fußbereich mit multipler innenknöchelfraktur, fersenbeinfraktur und einem erheblichen haut-weichteil-schaden und befand sich vom 22.11.2012 bis 12.03.2013 durchgehend in stationärer behandlung verschiedener krankenhäuser. im mai und juli 2013 befand sich der kläger erneut in stationärer behandlung. insgesamt wurde der kläger zwölf mal operiert, wobei ihm unter anderem ein 38cm großer muskellappen aus der schulter entnommen und am fuß angenäht wurde. 6der kläger machte mit schreiben vom 31.05.2013 schmerzensgeldansprüche gegenüber der beklagten geltend, welche der haftpflichtversicherer der beklagten letztlich zurückwies. 7der kläger behauptet, im außenbereich des betriebsgeländes der beklagten seien keinerlei beleuchtungsmöglichkeiten installiert. jedenfalls sei das gelände zum unfallzeitpunkt nicht beleuchtet und daher äußerst düster gewesen. 8der vom zeugen g. gefahrene gabelstapler sei nicht mit akustischen und optischen warnsignalen ausgestattet. jedenfalls seien diese zum unfallzeitpunkt nicht eingeschaltet gewesen. auch der heckscheinwerfer sei nicht eingeschaltet gewesen. 9der unfall habe zu einem zeitpunkt stattgefunden, als der zeuge g. mit dem beladevorgang weitestgehend fertig gewesen sei. der unfall habe sich direkt am lkw zugetragen, wo der kläger mit dem festmachen der lkw plane beschäftigt gewesen sei. der zeuge g. sei dabei einen halbkreis in richtung des lkws gefahren (vgl. skizze bl. 82 d.a.). er sei vom linken hinteren reifen des gabelstaplers getroffen worden 10der kläger behauptet weiter, dass er aufgrund der erlittenen verletzung dauerhaft invalide bleibe. er sei in der bewegung seiner schulter stark eingeschränkt. eine bewegung über kopfhöhe sei ihm nicht möglich. 11der kläger ist der ansicht, die haftung der beklagten ergebe sich aus der verletzung von verkehrssicherungspflichten und aus organisationsverschulden. sie habe ihre verkehrssicherungspflichten verletzt, indem sie nicht für eine ausreichende beleuchtung auf dem gelände und eine ausstattung der gabelstapler mit warnleuchten gesorgt habe. außerdem liege ein überwachungsverschulden im hinblick auf den zeugen g. vor. die erlittenen verletzungen rechtfertigten ein schmerzensgeld von mindestens 50.000 €. 12der kläger beantragt, 131. die beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes schmerzensgeld, dessen höhe in das ermessen des gerichts gestellt wird, nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen; 142. festzustellen, dass die beklagte auch für künftige materielle und immaterielle schäden, die dem kläger infolge des unfallereignisses vom 22.11.2012 entstehen werden, vollumfänglich haftet. 15die beklagte beantragt, 16die klage abzuweisen. 17die beklagte behauptet, der vom zeugen g. gefahrene gabelstapler verfüge über eine orange rundum-warnleuchte, die automatisch beim rückwärtsfahren aktiviert werde. im außenbereich an der halle befinde sich eine außenbeleuchtung, die sich bei dunkelheit automatisch einschalte. 18der unfall habe zu einem zeitpunkt stattgefunden, als der zeuge g. etwas mehr als die hälfte des beladevorgangs abgeschlossen hatte. der zeuge sei dann in einigem abstand parallel rückwärts zum lkw gefahren. der kollisionspunkt habe daher nicht direkt am lkw, sondern einige meter vom lkw entfernt gelegen. der kläger sei vom rechten hinteren reifen des gabelstaplers getroffen worden (vgl. skizze bl. 60 d.a.). 19die beklagte ist der ansicht, eine haftung der beklagten scheide wegen der grundsätze des gestörten gesamtschuldnerausgleichs aus. eine für eine ausnahme von diesem grundsatz erforderliche verkehrssicherungspflichtverletzung der beklagten oder ein organisationsverschulden der beklagten sei nicht gegeben. jedenfalls wäre dem kläger ein erhebliches mitverschulden anzulasten. das geforderte schmerzensgeld sei übersetzt. 20das gericht hat beweis erhoben durch die uneidliche vernehmung der zeugen e. g., h. i. und l. m.. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf die sitzungsniederschrift vom 20.04.2015 bezug genommen. 21wegen des sachvortrages der parteien im übrigen wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen sowie auf die sitzungsniederschrift vom 20.04.2015 verwiesen. 22 | 23i. 24die zulässige klage ist unbegründet. 251. 26der kläger hat gegen die beklagte keinen anspruch auf zahlung eines angemessenen schmerzensgelds, da ein anspruch gegen die beklagte nach den grundsätzen der gestörten gesamtschuld ausgeschlossen ist. 27a) 28die grundsätze zum ausgleich der gestörten gesamtschuld sind hier anwendbar, da der - vom kläger nicht in anspruch genommene - zeuge g. bei einer unterstellten haftung gemäß §§ 823 abs. 1, 840 bgb als gesamtschuldner mit der beklagten haften würde, wenn keine gesetzliche haftungsfreistellung bestünde. 29für den zeugen g. greift allerdings die haftungsprivilegierung der §§ 105 abs. 1, 106 abs. 3, 3. fall sgb vii ein, da der unfall sich auf einer gemeinsamen betriebstätte ereignet hat. der begriff der gemeinsamen betriebsstätte erfasst auch die fälle, in denen betriebliche aktivitäten von versicherten mehrerer unternehmen bewusst und gewollt bei einzelnen maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen. es ist hierfür nicht erforderlich, dass zwischen den beteiligten eine vereinbarung über die zusammenarbeit getroffen worden ist (bgh njw 2001, 443). entscheidend ist, dass es sich nicht lediglich um beziehungslos nebeneinander stehende, rein zufällig aufeinander treffende tätigkeiten handelt, sondern die tätigkeiten faktisch aufeinander bezogen oder miteinander verknüpft sind (bgh a. a. o.; bgh njw 2008, 2116). dies war hier der fall. die tätigkeiten des klägers und des zeugen g. waren aufeinander bezogen. die tätigkeiten ergänzten sich dadurch gegenseitig, dass der kläger die plane des lkws öffnete und verschob, um dem zeugen das beladen des lkws zu ermöglichen, während der zeuge die waren mit dem lkw verlud. 30b) 31die haftung der beklagten ist nach den grundsätzen des gestörten gesamtschuldausgleichs ausgeschlossen. in den fällen der gestörten gesamtschuld kann die haftung des nicht privilegiert haftenden auf den betrag beschränkt sein, der im innenverhältnis zu dem privilegierten auf ihn entfiele. dies ist im rahmen der gestörten gesamtschuld zwischen privilegiertem arbeitnehmer und nicht privilegiertem unternehmer der fall. dem liegt zu grunde, dass einerseits die privilegierung des arbeitnehmers nicht durch eine heranziehung im rahmen des gesamtschuldnerausgleichs unterlaufen werden soll, es andererseits nicht gerechtfertigt wäre, den arbeitgeber den schaden aufgrund der privilegierung des arbeitnehmers alleine tragen zu lassen. 32der nicht auf der gemeinsamen betriebsstätte tätige unternehmer, der neben seinem haftungsprivilegierten verrichtungsgehilfen nach §§ 823 abs. 1, 31, 831, 840 abs. 1 bgb haftet, ist gegenüber dem geschädigten daher von der haftung insoweit freigestellt, als die verantwortung für den schaden auf den arbeitnehmer entfiele, wenn man die haftungsprivilegierung hinweg denken würde. aufgrund dessen ist die haftung des unternehmers auf die fälle beschränkt, in denen diesen nicht nur eine haftung wegen vermuteten auswahl- oder überwachungsverschuldens gemäß § 831 bgb, sondern eine eigene verantwortlichkeit zur schadensverhütung, etwa wegen der verletzung von verkehrssicherungspflichten oder organisationsverschulden trifft (bgh, njw 2004, 951; versr 2005, 515). entscheidend ist, ob den arbeitgeber im innenverhältnis zu dem arbeitnehmer gemäß § 426 bgb ein teil der schadensersatzpflicht träfe, wenn ein ausgleich im innenverhältnis stattfände und die gesamtschuld nicht aufgrund der haftungsprivilegierung des arbeitnehmers gestört wäre (bgh njw 2004, 951). 33aufgrund dieser überlegungen kommt eine haftung des arbeitgebers nach § 831 bgb aus auswahl- und überwachungsverschulden nicht in betracht. gemäß § 840 abs. 2 ist derjenige, den leidlich ein vermutetes auswahl- und überwachungsverschulden trifft, neben dem schuldhaft handelnden im innenverhältnis grundsätzlich nicht zum ersatz des schadens verpflichtet. derjenige arbeitnehmer, der seine pflichten verletzt hat, kann sich im innenverhältnis nicht mit erfolg darauf berufen, er sei bei der durchführung seiner pflichten nicht ordnungsgemäß überwacht worden. dementsprechend hat er im rahmen eines gedachten ausgleiches nach § 426 abs. 1, s. 1 bgb den schaden allein zu tragen (bgh a.a.o.). 34c) 35eine selbständige verantwortlichkeit der beklagten für den unfall, die zu einer anteiligen haftung ihrerseits im innenverhältnis mit dem zeugen g. führen würde, besteht nicht. 36aa) 37dabei kann es dahinstehen, ob die beklagte den zeugen g. ordnungsgemäß überwacht hat. zwar könnte eine mangelnde arbeitsüberwachung der mitarbeiter grundsätzlich ein organisationsverschulden darstellen und zu einer haftung aus §§ 823 abs. 1 bgb führen. der zeuge g. könnte sich im innenverhältnis gegenüber der beklagten jedoch nicht darauf berufen, nicht ordnungsgemäß überwacht worden zu sein. selbst wenn also ein organisationsverschulden der beklagten wegen mangelnder überwachung anzunehmen wäre, würde dieses keine eigenständig neben eine unterstellte pflichtverletzung des zeugen g. tretende verantwortlichkeit darstellen. 38bb) 39eine eigenständige verkehrssicherungspflichtverletzung, die den unfall mit verursacht hat, hat die beklagte nicht begangen. 40(1) 41eine verkehrssicherungspflichtverletzung der beklagten wegen fehlender oder nicht funktionstüchtiger beleuchtung des gabelstaplers ist nicht gegeben. 42(a) 43nach dem ergebnis der beweisaufnahme steht zur überzeugung des gerichts fest, dass der am unfall beteiligte gabelstapler über eine blitzleuchte verfügte. 44zwar haben der kläger und der geschäftsführer der beklagten in ihrer persönlichen anhörung bekundet, dass der gabelstapler über eine orange rundumleuchte verfügte. dem steht jedoch aussage des zeugen g. entgegen. dieser hat als derjenige, der den betroffenen gabelstapler seit jahren täglich fährt, bekundet, dass es sich nicht um eine orange rundumleuchte handelt, sondern um eine sog. blitzleuchte. es bestehen auch keinerlei anhaltspunkte dafür, dass die aussage des zeugen g. diesbezüglich unzuverlässig sein könnte. 45der zeuge i. konnte nicht mit sicherheit sagen, um welche der beiden leuchtenarten es sich handelte, da diese in nicht angeschaltetem zustand kaum zu unterscheiden seien. dieser umstand dürfte auch die von der aussage des zeugen g. abweichenden angaben des klägers und des geschäftsführers der beklagten erklären. 46(b) 47der beweis, dass die blitzleuchte zum zeitpunkt des unfalls defekt war, ist dem beweisbelasteten kläger nicht gelungen. 48der zeuge i. hat zwar bekundet, dass ihm bei seiner rückwärtsfahrt mit dem gabelstapler kein lichtkegel aufgefallen sei. allerdings beruhte die erwartung des zeugen i. einen lichtkegel zu sehen, auf der annahme, dass das fahrzeug über eine rundumleuchte verfügte. 49der zeuge g. hat allerdings glaubhaft ausgesagt, dass weder die blitzleuchte noch grundsätzlich das von ihr ausgehende licht aus der fahrerkabine heraus zu sehen ist. er selbst ging zwar davon aus, dass die automatische blitzleuchte funktioniert hat, konnte dies allerdings nicht auf eigene wahrnehmungen stützten. 50(c) 51auch der beweis, dass die heckscheinwerfer zum zeitpunkt des unfalls defekt waren, ist dem kläger nicht gelungen. 52der kläger hat in seiner persönlichen anhörung erklärt, dass der zeuge g. die front- und heckscheinwerfer des gabelstaplers zunächst eingeschaltet habe. dann sei er aber infolge des von den paletten reflektierenden lichtes geblendet worden und habe die scheinwerfer wieder ausgeschaltet. dies deckt sich soweit auch mit der aussage des zeugen g., der ebenfalls angab, die frontscheinwerfer wegen der reflektion wieder ausgeschaltet zu haben. 53nach den angaben des klägers waren die heckscheinwerfer zunächst eingeschaltet. selbst wenn der zeuge g. später auch die heckscheinwerfer wieder ausschaltet hätte, läge darin jedenfalls keine verkehrssicherungspflichtverletzung der beklagten, sondern lediglich ein verschuldensbeitrag des zeugen g.. 54(2) 55auch eine verkehrssicherungspflichtverletzung wegen des fehlens eines akustischen warnsignals am gabelstapler scheidet aus. 56zwar haben sowohl der geschäftsführer der beklagten als auch der zeuge g. angegeben, dass der vom zeugen gefahrenen gabelstapler nicht über ein akustisches warnsignal für die rückwärtsfahrt verfügt. allerdings ist das vorhandensein eines solchen warnsignales auch nicht vorgeschrieben. 57(a) 58in § 12 abs. 1 der für flurfahrzeuge einschlägigen unfallverhütungsvorschrift (uvv) bgv d27 findet sich keine forderung nach einer akustischen warneinrichtung für andere verkehrsteilnehmer. auch die durchführungsanweisung zu § 12 abs. 1 schreibt ein solches warnsignal nicht vor, sondern zeigt lediglich verschiedene zulässige(!) hilfsmittel auf. 59(b) 60§ 13 der für den betrieblichen einsatz von fahrzeugen einschlägigen uvv bgv d29 fordert für maschinell angetriebene fahrzeuge einrichtungen für deutlich wahrnehmbare schallzeichen. damit sind laut durchführungsanweisung z.b. hupen und hörner gemeint, die vom fahrer im gefahrfall zu betätigen sind. durchgängige von de betätigung des fahrers unabhängige warnsignale sind von der regelung folglich nicht erfasst. 61(c) 62auch § 46 abs. 1 der uvv bgv 29 der regelungen zum rückwärtsfahren und rangieren enthält schreibt ein solches warnsignal nicht vor. die dazu gehörige durchführungsanweisung gibt möglichkeiten vor, wie ohne einweiser rangiert werden kann, z. b. durch abschrankung des gefahrenbereichs, durch verkehrsspiegel, rückfahr-videosysteme oder rangierwarneinrichtungen (warnung des fahrzeugführers vor hindernissen). eine zusätzliche durchgängig aktive akustische warnung anderer verkehrsteilnehmer wird auch dort nicht gefordert. 63(3) 64es liegt auch keine verkehrssicherungspflichtverletzung der beklagten wegen fehlender beleuchtungsmöglichkeiten auf ihrem betriebsgelände vor. 65auf dem gelände der beklagten liegen beleuchtungsmöglichkeiten vor. sowohl der kläger als auch der geschäftsführer der beklagten haben im rahmen ihrer persönlichen anhörung angegeben, dass es auf dem gelände der beklagten leuchten gibt. der geschäftsführer der beklagten konnte diese auf einer von ihm gefertigten skizze - am verladetor der halle 1 - einzeichnen. auch die zeugen i. und m. haben in ihren glaubhaften aussagen bestätigt, dass im bereich des verladetores eine beleuchtung existiert. 66(4) 67ob eine verkehrssicherungspflichtverletzung der beklagten aufgrund einer zwar vorhandenen aber nicht ausreichenden beleuchtung ihres betriebsgeländes vorliegt, kann im ergebnis offen bleiben, da der unfall auf einer etwaigen verletzung jedenfalls nicht beruht. 68nach den angaben des klägers hat sich der unfall so zugetragen, dass der zeuge g. ihn direkt am führerhaus des lkws mit dem reifen des gabelstaplers traf, nachdem der kläger dort gerade unmittelbar zuvor seine arbeiten an der plane des lkws abgeschlossen hatte und sich gerade in richtung des zeugen umgedreht hatte. er hatte den zeugen vorher auch nicht sehen können, da er bei der befestigung der plane auf den lkw geschaut hatte. 69daraus ergibt sich allerdings, dass eine eventuell nicht ausreichende beleuchtung des geländes nicht ursächlich war, da es deshalb zur kollision kam, da sich kläger und zeuge jeweils im rücken des anderen befanden, woran auch eine stärkere beleuchtung nichts geändert hätte. 702. 71mangels hauptforderung besteht auch kein anspruch auf verzugszinsen. 723. 73mangels hauptforderung besteht auch kein feststellungsanspruch. 74ii. 75die kostenscheidung beruht auf § 91 zpo; die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit auf § 709 zpo. | Verklagte*r | 0 |
337,076 | 46 C 300/20 | 2021-03-29T00:00:00 | Urteil | Tenor In dem Rechtsstreit des Herrn X, S-Weg, Wülfrath, Klägers, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin F, O-Straße, Mettmann, gegen die N GmbH, vertr. d. d. Gf., T-Straße, Düsseldorf, Beklagte, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. iur. T, G-Straße, Düsseldorf, hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.02.2021 durch die Richterin am Amtsgericht H für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Tatbestand: Am 27.08.2019 schlossen die Parteien den aus Bl. 9 ff. d.A. ersichtlichen Vertrag über die Nutzung einer Eventscheune für die Hochzeitsfeier des Klägers am 02.05.2020. Der Kläger entrichtete das vertraglich geschuldete Entgelt von 3094,00 €. Des Weiteren erteilte der Kläger der Beklagten den Auftrag, zum Preis von 8.683,43 € das Catering bei der Hochzeitsfeier durchzuführen inklusive der Tischdekoration und der Stellung von Servicepersonal. Aufgrund der Coronaschutzverordnung war jedoch die klägerseits geplante Feier mit ca. 50 Gästen und deren Bewirtung in der geplanten Form nicht durchführbar. Die Parteien korrespondierten daher über eine Verschiebung der Veranstaltung. Per Email vom 21.4.2020 listete die Beklagte freie Termin im Jahr 2021 auf; mit Email vom gleichen Tag teilte die Verlobte des Klägers mit, den Termin 22.5.2021 zu nehmen. Am 29.4.2020 fragten der Kläger und seine Verlobte an, ob ein neuer schriftlicher Vertrag für den 22.5.2021 gefertigt würde. Den von der Beklagten übersandten Vertrag mit geändertem Veranstaltungsdatum unterzeichnete der Kläger, der mittlerweile keine Feier bei der Beklagten mehr beabsichtigt, nicht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.8.2020 ließ er die Beklagte vergeblich zur Rückzahlung des Betrags von 3.094,00 € auffordern. Für die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit fielen Gebühren i.H.v. 403,22 € an. Der Kläger ist der Ansicht, bei dem Vertrag über die Nutzung der Eventscheune handele es sich nicht um einen reinen Mietvertrag. Er behauptet hierzu, die Durchführung des Catering durch die Beklagte sei wesentlicher Bestandteil des Nutzungsvertrags über die Scheune gewesen; gastronomische Leistungen habe er ausschließlich über die Beklagte beziehen dürfen. Zunächst hat der Kläger zudem behauptet, anlässlich einer Besprechung über einen Ausweichtermin habe der Geschäftsführer der Beklagten sofort erklärt, die Catering-Kosten würden sich dann um mindestens 30 % erhöhen. Sodann hat er behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe mitgeteilt, die Beklagte müsse bei einem Ausweichtermin einen Coronazuschlag nehmen und auch die Getränke würden sich verteuern, jedoch wisse er noch nicht genau, in welcher Höhe die Preiserhöhung erfolgen werde, werde hierzu jedoch einen neuen Vertrag betreffend die Nutzung und das Catering übersenden. Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3094,00 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 403,22 € zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei dem Nutzungsvertrag über die Scheune um einen reinen Mietvertrag handele mit der Folge, dass der Kläger selbst das Verwendungsrisiko trage. 1Entscheidungsgründe: 2Die zulässige Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des geleisteten Entgelts zu. 3Ein solcher Anspruch folgt nicht daraus, dass die Pflicht zur Zahlung des Mietzinses gemäß § 536 Abs. 1 BGB entfallen wäre. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dem Vertrag über die Nutzung der Eventscheune um einen Mietvertrag. Denn der Vertrag ist geprägt dadurch, dass die Beklagte dem Kläger die Räumlichkeiten gegen Entgelt überlässt. Ein gemischter Vertrag auch über die Bewirtung liegt nicht vor. Denn schon aus der Formulierung in Ziffer 5. des Vertrags " Grundsätzlich werden gastronomische Leistungen durch die Münchhausen Catering erbracht und abgerechnet. Abweichungen bedürfen einer besonderen Absprache" ergibt sich, dass gerade kein Zwang zum Abschluss eines Catering Vertrags mit der Beklagten besteht, vielmehr individuelle Absprachen möglich sind. Gleiches ergibt sich aus Ziffer 11. des Vertrags, wenn es dort heißt „ Alle gemieteten, bespielten und genutzten Räume müssen in besenreinem Zustand übergeben werden. Bei Buchung der gastronomischen Leistungen durch Münchhausen Catering übernimmt dessen Personal die besenreine Übergabe". Eine solche Regelung wäre überflüssig, wenn stets die Beklagte gastronomische Leistungen erbringen würde. Für die Regelungen des schriftlichen Vertrags streitet die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Dass abweichend von dieser vertraglichen Regelung die Nutzung der Scheune von dem Abschluss eines Catering Vertrags mit der Beklagten abhängig gemacht worden ist, ist klägerseits weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt. Liegt hiernach ein Mietvertrag vor, so trifft den Kläger als Veranstalter der beabsichtigten Hochzeitsfeier das Verwendungsrisiko. Zwar kann eine öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkung die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mindern bzw. aufheben und damit zu einem Sachmangel führen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Beschränkungen der konkret vermieteten Sache ihre Ursache gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Vermieters; Maßnahmen, die nur den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, fallen in dessen Risikobereich ( LG Frankfurt, Urteil vom 2.10.2020, 2-15 O 23/20; LG Heidelberg, Urteil vom 30.7.2020, 5 O 66/20). Das Verwendungsrisiko trägt der Mieter allein, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Vermieter nur, die Mietsache in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht (BGH, Urteil vom 13.7.2011, XII ZR 189/09 zum Pachtvertrag). Dass die Hochzeitsfeier nicht wie vom Kläger geplant durchgeführt werden konnte, hatte seine Ursache jedoch nicht in den bei der Beklagten angemieteten Räumlichkeiten. Die Coronaschutzverordnung enthielt keine Verbote der Nutzung einer bestimmten Art von Räumlichkeiten( etwa mit bestimmten baulichen Gegebenheiten), sondern enthielt Kontaktbeschränkungen, die ein Zusammentreffen vieler Personen losgelöst von einer bestimmten angemieteten Fläche verhindern sollten. Dass der Kläger eine Nutzung beabsichtigte, die aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht möglich war, fällt in seinen Risikobereich. 4Auch ein Anspruch gemäß §§ 275 BGB, 326 Abs. 1, 4, 346 ff. BGB besteht nicht. Gemäß § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Schuldner nach § 275 BGB nicht zu leisten braucht; letzteres ist dann der Fall, wenn die Leistung für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Die Überlassung der Räumlichkeiten durch die Beklagte an den Kläger jedoch war möglich. Auch hier gilt, dass die beabsichtigte Nutzung nicht an den Räumlichkeiten selbst scheiterte. Aus § 537 Abs. 1 BGB ergibt sich die Wertung, dass die Art der Nutzung in den Risikobereich des Mieters fällt. Denn in § 537 Abs. 1 BGB ist geregelt, dass der Mieter von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit wird, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Hieraus ergibt sich, dass die Mietzinszahlungspflicht nicht entfällt, wenn der Grund für die fehlenden Nutzungsmöglichkeit außerhalb der Beschaffenheit der Mietsache liegt. 5Ein Rückzahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 313 BGB. Im Anwendungsbereich der Mängelhaftung ist § 313 BGB unanwendbar, und zwar auch dann, wenn die Voraussetzungen der Mängelhaftung im Einzelfall nicht vorliegen ( Palandt-Grüneberg, 77. Auflg., § 313 Rn. 12, Rn. 19). Hieran ändert auch die Regelung des Art. 240 § 7 EGBGB nichts. Nach dieser Vorschrift wird bei vermieteten Räumen, die keine Wohnräume sind und die infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID 19 Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind, vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Der Kläger jedoch betreibt keinen Betrieb, sondern hat die Räumlichkeiten als Privatperson gemietet. Für diese ist eine derartige Ausnahmeregelung über den Geltungsbereich von § 313 BGB nicht geschaffen worden. 6Aber selbst einmal entgegen der Rechtslage die Anwendbarkeit von § 313 BGB unterstellt, führt dies nicht zu einem Rückzahlungsanspruch. Rechtsfolge ist lediglich ein Anspruch auf Vertragsanpassung, nicht auf einseitige Lösung vom Vertrag. Dabei kann das Gericht auch nur angerufen werden, wenn die Verhandlungen zu keiner Einigung geführt haben ( Palandt-Grüneberg, § 313 Rn. 41). Auch diese Voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben. Denn aus der beklagtenseits vorgelegten Emailkorrespondenz ergibt sich, dass die Parteien sich einvernehmlich auf eine Verschiebung des Mietdatums auf den 22.5.2021 geeinigt haben. Diese Einigung ist bereits mit dem Auswählen des Termins vom 22.5.20201 zustande gekommen. Dass der Kläger später den schriftlichen Vertrag nicht mehr unterzeichnet hat, ist unerheblich, denn die Schriftform ist für das Zustandekommen des Vertrags über eine Verschiebung des Miettermins nicht vorgeschrieben. Dass der Kläger dann in der Folge entschieden hat, überhaupt keine Feier mehr in den Räumlichkeiten der Beklagten durchführen zu wollen, fällt allein in seinen Risikobereich und führt nicht zu einem Anspruch auf Rückzahlung des Mietzinses. 7Mangels Hauptanspruchs besteht weder ein Zinsanspruch noch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren. 8Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO. 9Der Streitwert wird auf 3.094,00 EUR festgesetzt. 10Rechtsbehelfsbelehrung: 11Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 121. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 132. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 14Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 15Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 16Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 17Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 18H | in dem rechtsstreit des herrn x, s-weg, wülfrath, klägers, prozessbevollmächtigte: rechtsanwältin f, o-straße, mettmann, gegen die n gmbh, vertr. d. d. gf., t-straße, düsseldorf, beklagte, prozessbevollmächtigter: rechtsanwalt dr. iur. t, g-straße, düsseldorf, hat das amtsgericht düsseldorf auf die mündliche verhandlung vom 17.02.2021 durch die richterin am amtsgericht h für recht erkannt: die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt der kläger. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des zu vollstreckenden betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in entsprechender höhe leistet. | am 27.08.2019 schlossen die parteien den aus bl. 9 ff. d.a. ersichtlichen vertrag über die nutzung einer eventscheune für die hochzeitsfeier des klägers am 02.05.2020. der kläger entrichtete das vertraglich geschuldete entgelt von 3094,00 €. des weiteren erteilte der kläger der beklagten den auftrag, zum preis von 8.683,43 € das catering bei der hochzeitsfeier durchzuführen inklusive der tischdekoration und der stellung von servicepersonal. aufgrund der coronaschutzverordnung war jedoch die klägerseits geplante feier mit ca. 50 gästen und deren bewirtung in der geplanten form nicht durchführbar. die parteien korrespondierten daher über eine verschiebung der veranstaltung. per email vom 21.4.2020 listete die beklagte freie termin im jahr 2021 auf; mit email vom gleichen tag teilte die verlobte des klägers mit, den termin 22.5.2021 zu nehmen. am 29.4.2020 fragten der kläger und seine verlobte an, ob ein neuer schriftlicher vertrag für den 22.5.2021 gefertigt würde. den von der beklagten übersandten vertrag mit geändertem veranstaltungsdatum unterzeichnete der kläger, der mittlerweile keine feier bei der beklagten mehr beabsichtigt, nicht. mit anwaltlichem schreiben vom 24.8.2020 ließ er die beklagte vergeblich zur rückzahlung des betrags von 3.094,00 € auffordern. für die vorgerichtliche anwaltliche tätigkeit fielen gebühren i.h.v. 403,22 € an. der kläger ist der ansicht, bei dem vertrag über die nutzung der eventscheune handele es sich nicht um einen reinen mietvertrag. er behauptet hierzu, die durchführung des catering durch die beklagte sei wesentlicher bestandteil des nutzungsvertrags über die scheune gewesen; gastronomische leistungen habe er ausschließlich über die beklagte beziehen dürfen. zunächst hat der kläger zudem behauptet, anlässlich einer besprechung über einen ausweichtermin habe der geschäftsführer der beklagten sofort erklärt, die catering-kosten würden sich dann um mindestens 30 % erhöhen. sodann hat er behauptet, der geschäftsführer der beklagten habe mitgeteilt, die beklagte müsse bei einem ausweichtermin einen coronazuschlag nehmen und auch die getränke würden sich verteuern, jedoch wisse er noch nicht genau, in welcher höhe die preiserhöhung erfolgen werde, werde hierzu jedoch einen neuen vertrag betreffend die nutzung und das catering übersenden. der kläger beantragt, die beklagte zu verurteilen, an den kläger 3094,00 € nebst fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszinssatz seit rechtshängigkeit zu zahlen sowie die beklagte zu verurteilen, an den kläger vorgerichtliche anwaltskosten i.h.v. 403,22 € zu zahlen. die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. sie ist der auffassung, dass es sich bei dem nutzungsvertrag über die scheune um einen reinen mietvertrag handele mit der folge, dass der kläger selbst das verwendungsrisiko trage. 1 | 2die zulässige klage ist nicht begründet. dem kläger steht kein anspruch gegen die beklagte auf rückzahlung des geleisteten entgelts zu. 3ein solcher anspruch folgt nicht daraus, dass die pflicht zur zahlung des mietzinses gemäß § 536 abs. 1 bgb entfallen wäre. entgegen der auffassung des klägers handelt es sich bei dem vertrag über die nutzung der eventscheune um einen mietvertrag. denn der vertrag ist geprägt dadurch, dass die beklagte dem kläger die räumlichkeiten gegen entgelt überlässt. ein gemischter vertrag auch über die bewirtung liegt nicht vor. denn schon aus der formulierung in ziffer 5. des vertrags " grundsätzlich werden gastronomische leistungen durch die münchhausen catering erbracht und abgerechnet. abweichungen bedürfen einer besonderen absprache" ergibt sich, dass gerade kein zwang zum abschluss eines catering vertrags mit der beklagten besteht, vielmehr individuelle absprachen möglich sind. gleiches ergibt sich aus ziffer 11. des vertrags, wenn es dort heißt „ alle gemieteten, bespielten und genutzten räume müssen in besenreinem zustand übergeben werden. bei buchung der gastronomischen leistungen durch münchhausen catering übernimmt dessen personal die besenreine übergabe". eine solche regelung wäre überflüssig, wenn stets die beklagte gastronomische leistungen erbringen würde. für die regelungen des schriftlichen vertrags streitet die vermutung der vollständigkeit und richtigkeit. dass abweichend von dieser vertraglichen regelung die nutzung der scheune von dem abschluss eines catering vertrags mit der beklagten abhängig gemacht worden ist, ist klägerseits weder substantiiert vorgetragen noch unter beweis gestellt. liegt hiernach ein mietvertrag vor, so trifft den kläger als veranstalter der beabsichtigten hochzeitsfeier das verwendungsrisiko. zwar kann eine öffentlich-rechtliche gebrauchsbeschränkung die tauglichkeit zum vertragsgemäßen gebrauch mindern bzw. aufheben und damit zu einem sachmangel führen. voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die beschränkungen der konkret vermieteten sache ihre ursache gerade in deren beschaffenheit und beziehung zur umwelt haben und nicht in den persönlichen oder betrieblichen umständen des vermieters; maßnahmen, die nur den geschäftlichen erfolg des mieters beeinträchtigen, fallen in dessen risikobereich ( lg frankfurt, urteil vom 2.10.2020, 2-15 o 23/20; lg heidelberg, urteil vom 30.7.2020, 5 o 66/20). das verwendungsrisiko trägt der mieter allein, § 535 abs. 1 s. 2 bgb verpflichtet den vermieter nur, die mietsache in einem zustand zu erhalten, der dem mieter die vertraglich vorgesehene nutzung ermöglicht (bgh, urteil vom 13.7.2011, xii zr 189/09 zum pachtvertrag). dass die hochzeitsfeier nicht wie vom kläger geplant durchgeführt werden konnte, hatte seine ursache jedoch nicht in den bei der beklagten angemieteten räumlichkeiten. die coronaschutzverordnung enthielt keine verbote der nutzung einer bestimmten art von räumlichkeiten( etwa mit bestimmten baulichen gegebenheiten), sondern enthielt kontaktbeschränkungen, die ein zusammentreffen vieler personen losgelöst von einer bestimmten angemieteten fläche verhindern sollten. dass der kläger eine nutzung beabsichtigte, die aufgrund der kontaktbeschränkungen nicht möglich war, fällt in seinen risikobereich. 4auch ein anspruch gemäß §§ 275 bgb, 326 abs. 1, 4, 346 ff. bgb besteht nicht. gemäß § 326 abs. 1 s. 1 bgb entfällt der anspruch auf die gegenleistung, wenn der schuldner nach § 275 bgb nicht zu leisten braucht; letzteres ist dann der fall, wenn die leistung für den schuldner oder für jedermann unmöglich ist. die überlassung der räumlichkeiten durch die beklagte an den kläger jedoch war möglich. auch hier gilt, dass die beabsichtigte nutzung nicht an den räumlichkeiten selbst scheiterte. aus § 537 abs. 1 bgb ergibt sich die wertung, dass die art der nutzung in den risikobereich des mieters fällt. denn in § 537 abs. 1 bgb ist geregelt, dass der mieter von der entrichtung der miete nicht dadurch befreit wird, dass er durch einen in seiner person liegenden grund an der ausübung seines gebrauchsrechts gehindert wird. hieraus ergibt sich, dass die mietzinszahlungspflicht nicht entfällt, wenn der grund für die fehlenden nutzungsmöglichkeit außerhalb der beschaffenheit der mietsache liegt. 5ein rückzahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 313 bgb. im anwendungsbereich der mängelhaftung ist § 313 bgb unanwendbar, und zwar auch dann, wenn die voraussetzungen der mängelhaftung im einzelfall nicht vorliegen ( palandt-grüneberg, 77. auflg., § 313 rn. 12, rn. 19). hieran ändert auch die regelung des art. 240 § 7 egbgb nichts. nach dieser vorschrift wird bei vermieteten räumen, die keine wohnräume sind und die infolge staatlicher maßnahmen zur bekämpfung der covid 19 pandemie für den betrieb des mieters nicht oder nur mit erheblicher einschränkung verwendbar sind, vermutet, dass sich insofern ein umstand im sinne des § 313 abs. 1 bgb, der zur grundlage des mietvertrags geworden ist, nach vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. der kläger jedoch betreibt keinen betrieb, sondern hat die räumlichkeiten als privatperson gemietet. für diese ist eine derartige ausnahmeregelung über den geltungsbereich von § 313 bgb nicht geschaffen worden. 6aber selbst einmal entgegen der rechtslage die anwendbarkeit von § 313 bgb unterstellt, führt dies nicht zu einem rückzahlungsanspruch. rechtsfolge ist lediglich ein anspruch auf vertragsanpassung, nicht auf einseitige lösung vom vertrag. dabei kann das gericht auch nur angerufen werden, wenn die verhandlungen zu keiner einigung geführt haben ( palandt-grüneberg, § 313 rn. 41). auch diese voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben. denn aus der beklagtenseits vorgelegten emailkorrespondenz ergibt sich, dass die parteien sich einvernehmlich auf eine verschiebung des mietdatums auf den 22.5.2021 geeinigt haben. diese einigung ist bereits mit dem auswählen des termins vom 22.5.20201 zustande gekommen. dass der kläger später den schriftlichen vertrag nicht mehr unterzeichnet hat, ist unerheblich, denn die schriftform ist für das zustandekommen des vertrags über eine verschiebung des miettermins nicht vorgeschrieben. dass der kläger dann in der folge entschieden hat, überhaupt keine feier mehr in den räumlichkeiten der beklagten durchführen zu wollen, fällt allein in seinen risikobereich und führt nicht zu einem anspruch auf rückzahlung des mietzinses. 7mangels hauptanspruchs besteht weder ein zinsanspruch noch ein anspruch auf erstattung vorgerichtlicher rechtsanwaltsgebühren. 8die prozessualen nebenentscheidungen folgen §§ 91, 708 nr. 11, 711 zpo. 9der streitwert wird auf 3.094,00 eur festgesetzt. 10rechtsbehelfsbelehrung: 11gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 121. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 132. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 14die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 15die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 16die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 17mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 18h | Verklagte*r | 0 |
337,419 | 19 A 810/16.A | 2021-04-23T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Der Kläger reiste nach eigenen Angaben am 26. September 2010 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 1. Oktober 2010 ohne Vorlage von Personalpapieren Asyl. Er gab in amharischer Sprache an, er sei am XX. September 1989 in Assab im heutigen Eritrea geboren und eritreischer Staatsangehöriger protestantischen Glaubens. Er gab an, ledig zu sein. Am 17. Februar 2016 erkannte er die Vaterschaft für die am XX. März 2016 in D. geborene polnische Staatsangehörige N. L. an. Für die am XX. Januar 2021 in I. geborene deutsche Staatsangehörige O. T. erkannte er die Vaterschaft am 6. Januar 2021 an. Deren Mutter befürwortete die Umverteilung des Klägers von C. an ihren Wohnort I. , indem sie unter dem 10. März 2021 an die Bezirksregierung Arnsberg schrieb, sie wolle mit ihm gern als Familie zusammenleben, dies sei wichtig für ihre gemeinsame Zukunft und auch die Zukunft ihrer Tochter. 3Bei der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 12. Oktober 2010 gab der Kläger in amharischer Sprache an, er habe zuletzt in Assab unter der Anschrift D1. T1. , Block B, gewohnt. Es müsse auch eine Nummer gegeben haben, die er aber nicht mehr wisse. Seine Eltern hätten beide zur Volksgruppe der Tigrinya gehört. Seine Mutter sei gestorben, als er drei Jahre alt gewesen sei. Sein Vater sei dann mit ihm nach Bahir Dar in den äthiopischen Bundesstaat Amhara gezogen. Dort habe er die Schule bis zur 8. Klasse besucht und 2003 abgeschlossen. Sein Vater habe eines Tages im Jahr 2005 zu ihm gesagt, eine Behörde habe ihm befohlen, aus Äthiopien herauszugehen. Das sei wegen der politischen Situation gewesen. Er sei mit seinem Vater in einem Auto von Bahir Dar losgefahren, durch die Stadt Mekele gekommen und irgendwo von dem Auto abgesetzt worden. Mit Rucksäcken seien sie zu einem Ort an der Grenze zwischen Äthiopien und Eritrea gegangen, der von einer Hilfsorganisation betreut worden sei. Dort hätten sie weiße Leute getroffen, die ihnen grüne Ausweise und Geld gegeben hätten. Ungefähr einen Monat lang seien sie dort gewesen. In Assab hätten sie mit dem Bruder seines Vaters zusammengelebt, dessen Name A. H. sei, er lebe im Heimatland. Der Vater des Klägers, O1. H. , sei in dieser Zeit im Kopf krank geworden, abgemagert und schließlich gestorben. Er, der Kläger, habe ihn die ganze Zeit gepflegt und sich nur im Haus aufgehalten. Vor zwei Jahren habe sein Onkel für ihn bei der Verwaltung von D1. T1. einen eritreischen Personalausweis ausstellen lassen, der für zwei Jahre gültig gewesen sei. Im Oktober 2009 sei er Anhänger der Pfingst-Bewegung geworden. Bei einer der Versammlungen dieser Bewegung habe die Polizei das Haus gestürmt und sie alle in das Gefängnis Wia gebracht, das etwa 50 oder 60 km von Massawa entfernt liege. Dort seien sie jeden zweiten oder dritten Tag gefoltert worden („Es war dort furchtbar“). Eines Tages sei sein Onkel am Abend gekommen, habe ihn aus diesem Gefängnis „herausgenommen“. Mit einem Sammeltaxi sei er nach Asmara gereist. Von dort aus seien sie mit einem Bus nach Tesseney gefahren, sein Onkel und er seien von dort zu Fuß bis Kassala gegangen. Von Kassala seien sie mit dem Bus nach Khartum gefahren. Von dort aus sei er mit einem Schlepper mit dem Flugzeug nach Frankfurt am Main geflogen. Dort habe er vier Farbige getroffen, die gesagt hätten, er könne bei ihnen übernachten. Er sei mit ihnen gegangen. Sie hätten ihn dann vergewaltigt. Bei Erwähnung dieses Ereignisses brach der Kläger in Tränen aus. 4Zu seinen Sprachkenntnissen gab der Kläger an, er könne Tigrinya verstehen, aber beim Sprechen ein wenig Schwierigkeiten bekommen. Ihm sodann auf Tigrinya gestellte Fragen, etwa nach den Namen, Vornamen und der Anschrift seiner Eltern verstand der Kläger auch nach mehrfacher Wiederholung nicht und bat dann, ihn weiter auf Amharisch zu befragen. 5Mit Bescheid vom 24. April 2013 lehnte das Bundesamt die Anerkennung als Asylberechtigter (Nr. 1) und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 2) ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a. F. nicht vorliegen (Nr. 3), und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Äthiopien an (Nr. 4). Er sei als äthiopischer Staatsangehöriger geboren und habe nicht glaubhaft gemacht, die äthiopische Staatsangehörigkeit verloren zu haben. Sein Vorbringen zu seiner eritreischen Abstammung, seiner Deportation nach Eritrea, seinem dortigen Aufenthalt seit 2005 und den dortigen Ereignissen sei in wesentlichen Punkten unsubstantiiert, unplausibel und weiche von Auskünften ab. In der Anhörung habe sich gezeigt, dass er allenfalls über äußerst minimale Kenntnisse der Sprache Tigrinya verfüge. Eine Beherrschung dieser Sprache sei aber zu erwarten, wenn er wirklich, wie behauptet, bei seinem tigrinischen Vater aufgewachsen wäre und zusammen mit tigrinischen Verwandten zwischen 2005 und 2010 in Eritrea gelebt hätte. Zudem widerspreche die behauptete Deportation 2005 jeder Wahrscheinlichkeit, weil in diesem Jahr kaum noch äthiopische Staatsangehörige eritreischer oder halberitreischer Abstammung deportiert worden seien. Unglaubhaft sei deshalb auch seine Behauptung, sich der Pfingstbewegung angeschlossen zu haben und deshalb verfolgt worden zu sein. 6Gegen den Bescheid hat der Kläger am 6. Mai 2013 Klage erhoben und ergänzend geltend gemacht, sein Vater sei in Bahir Dar gut situiert gewesen. Er habe ein Haus und ein Auto gehabt. Das habe ihm auch ermöglicht, nach Beginn der Deportationen während des äthiopisch-eritreischen Kriegs in Äthiopien zu verbleiben. Er und sein Vater seien 2005 nicht deportiert worden, sondern sie hätten das Land „freiwillig“ unter dem Druck verlassen, der auf den Vater ausgeübt worden sei. Sie seien wegen der angespannten Situation aufgrund der Wahlen nach Assab in Eritrea zurückgekehrt und hätten ihr Eigentum in Äthiopien zurückgelassen. Darunter habe sein Vater sehr gelitten, so dass dieser psychisch erkrankt und 2010 verstorben sei. Er, der Kläger, habe sich in Eritrea versteckt gehalten, weil er die Einberufung zum Nationaldienst befürchtet habe. Er habe sich nicht ausschließlich im Haus aufgehalten, aber seinen Vater gepflegt, nur wenig Kontakte zur Außenwelt gehabt und sich insoweit versteckt, als er die regelmäßigen „Runden“ der Sicherheitskräfte auf der Suche nach Wehrdienstpflichtigen umgangen habe. Sein Onkel habe ihn unterstützt. Dieser habe der Pfingstkirche angehört, auch dessen Familie. Auch er selbst, der Kläger, sei über den Onkel in Kontakt zur Mekane Yesus Kirche und deren Priester E. gekommen. Dieser Priester habe ihn 2009 in einem kleinen privaten Raum getauft. An einem Sonntag im Jahr 2010 habe er an einer Versammlung der Mitglieder der Kirchengemeinde teilgenommen. Sie seien festgenommen und nach Wia gebracht worden. Dort sei er fünf bis sechs Monate im Gefängnis gewesen, bevor der Onkel ihn herausgeholt habe. Es habe dort sehr wenig Essen und Trinken gegeben. Er habe jetzt noch Narben an den Beinen von den Stockschlägen, er sei auch mit Eisenstangen geschlagen worden. Außerdem seien sie mit Wasser bespritzt worden. Die Schläge habe er am schlimmsten gefunden, da die Gefangenen teilweise auch aus dem Schlaf gerissen worden seien. Er habe keine ärztliche Behandlung bekommen, obwohl er Malariaschübe gehabt habe. Einmal habe er auch Gelbfieber bekommen. Sie seien mit 20 Leuten in einem kleinen Raum untergebracht gewesen, so dass sie kaum Platz zum Schlafen gehabt hätten. Sie hätten im Sitzen geschlafen. Noch heute habe er Rückenprobleme. Manche Gefangene seien psychisch krank gewesen. Es sei zu Schlägereien gekommen. Zwei Personen seien gestorben. 7Der Kläger hat die Auffassung vertreten, als Kind eritreischer Eltern die eritreische Staatsangehörigkeit zu besitzen. Das Bundesamt habe ihn zu Unrecht als äthiopischen Staatsangehörigen angesehen. Diese Staatsangehörigkeit habe er durch seine Rückkehr nach Eritrea im Jahr 2005 verloren. Seine geringen Sprachkenntnisse in Tigrinya sprächen weder gegen seine tigrinische Volkszugehörigkeit noch gegen seine eritreische Staatsangehörigkeit. Assab sei traditionell ein Gebiet, in dem Amharisch noch weit verbreitet sei, da es nach der Unabhängigkeit Eritreas ein Hauptzuwanderungsgebiet für in Äthiopien geborene Eritreer gewesen sei. Insbesondere D1. T1. , wo er gelebt habe, sei das frühere Zentrum äthiopischen Lebens in Eritrea. Er hat Bescheinigungen der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T2. C1. aus der Zeit zwischen dem 17. Februar 2014 und dem 1. März 2016 vorgelegt, nach welchen er seit dem 19. August 2013 in ihrer Behandlung sei. Sie gehe diagnostisch von einer seit längerem bestehenden depressiven Entwicklung mit ausgeprägten Schlafstörungen und Anteilen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) aus. 8In der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzende Angaben zu seinem Verfolgungsschicksal und zu seinem Gesundheitszustand gemacht. Wegen seiner Ausführungen im Einzelnen nimmt der Senat auf die beiden Terminprotokolle vom 20. Januar und 19. Februar 2016 Bezug. Im letztgenannten Termin hat der Kläger die Klage zurückgenommen, soweit sie darauf gerichtet war, ihn unter Aufhebung der Nr. 1 des angefochtenen Bescheids als Asylberechtigten anzuerkennen. 9Der Kläger hat beantragt, 10die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom 24. April 2013 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. 11Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht das Verfahren im Umfang der teilweisen Klagerücknahme eingestellt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Kläger sei äthiopischer, kein eritreischer Staatsangehöriger. Im Zeitpunkt seiner Geburt im Jahr 1989 seien seine Eltern äthiopische Staatsangehörige gewesen, weil Eritrea damals als Staat im völkerrechtlichen Sinn noch nicht bestanden habe. Seine Angaben zu seiner behaupteten eritreischen Abstammung, seiner Ausreise aus Äthiopien nach Eritrea im Jahr 2005, zu seinem Aufenthalt in Eritrea ab dem Jahr 2005 sowie zu seiner Inhaftierung und Folterung in Eritrea seien unglaubhaft. Er habe sich hinsichtlich seiner Behauptung, nach seiner Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland vergewaltigt worden zu sein, im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren in einen wesentlichen, nicht überzeugend aufgelösten Widerspruch verwickelt. In der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung habe er die Frage des Einzelrichters, ob ihm in der Bundesrepublik Deutschland einmal kriminelles Unrecht widerfahren sei, zunächst verneint, und erst auf weitere Nachfragen seiner Prozessbevollmächtigten angegeben, sich nicht gezwungen sehen zu wollen, sich damit zu befassen. Diese Erklärung sei nicht überzeugend. Denn er sei durchaus in der Lage gewesen, von der behaupteten Inhaftierung und Folterung in Eritrea zu berichten. Dabei habe es sich, wenn man diese Ereignisse als wahr unterstelle, um Erlebnisse ebenfalls von einschneidender biographischer Bedeutung gehandelt. Weshalb er über diese, nicht aber auch über die im Verwaltungsverfahren behauptete Vergewaltigung habe berichten können, sei nicht plausibel. Diese Widersprüchlichkeit führe dazu, dass das Gericht auch seinen Angaben zu seiner behaupteten eritreischen Abstammung, seiner Ausreise aus Äthiopien nach Eritrea im Jahr 2005, seinem nachfolgenden Aufenthalt in Eritrea sowie zu seiner Inhaftierung und Folterung in Eritrea keinen Glauben schenken könne. 14Gegen das ihm am 9. März 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. April 2016 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 15. Januar 2018 hat der Senat die Berufung zugelassen. 15Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, er sei entgegen der Auffassung des Bundesamts allein eritreischer Staatsangehöriger. Wegen seiner Abstammung von eritreischen Eltern habe er mit der Unabhängigkeitserklärung Eritreas am 24. Mai 1993 auch als damals in Äthiopien lebende Person die eritreische Staatsangehörigkeit erworben. Zugleich habe er die äthiopische Staatsangehörigkeit automatisch verloren. Jedenfalls habe er diese aber dadurch verloren, dass die äthiopischen Behörden Äthiopier eritreischer Herkunft und deren Kinder in der Zeit nach Mai 1998 als eritreische Staatsbürger klassifiziert hätten. Auch seine Ausreise nach Eritrea unterstreiche, dass er die eritreische Staatsangehörigkeit erworben, jedenfalls aber die äthiopische Staatsangehörigkeit verloren habe. Die Ausreise stelle aus der Sicht des äthiopischen Staats eine Handlung dar, mit der er sich freiwillig einem anderen Staat unterstellt habe. Außerdem habe er von den eritreischen Behörden einen Personalausweis erhalten, der zwei Jahre gültig gewesen sei. Im Hinblick auf Äthiopien lägen die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots vor, weil er tigrinischer Volkszugehöriger sei, an einer behandlungsbedürftigen PTBS und einer Depression leide und sich deshalb nach wie vor in psychiatrischer Behandlung befinde. Ein Abbruch der Behandlung führe zu einer wesentlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands bis hin zum Suizid. Die Abschiebungsandrohung sei rechtswidrig, weil das Bundesamt ausweislich neuerer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unionsrechtlich verpflichtet sei, nunmehr als inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse auch Gesichtspunkte des Familienschutzes mit zu berücksichtigen, hier insbesondere die familiäre Bindung des Klägers zu seiner deutschen Tochter. 16Der Kläger beantragt, 17das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen. 18Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 19die Berufung zurückzuweisen. 20Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Bescheid vom 24. April 2013 und im angefochtenen Urteil. Selbst wenn man unterstelle, dass der Kläger die eritreische Staatsangehörigkeit erworben habe, besitze er auf jeden Fall nach wie vor die äthiopische Staatsangehörigkeit. Diese habe er nur verloren, wenn er sie aufgegeben und eine fremde Staatsangehörigkeit erworben habe, etwa durch die Beantragung einer eritreischen ID-Card oder die Teilnahme am eritreischen Unabhängigkeitsreferendum. Das sei vorliegend jedoch nicht der Fall. 21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamts, der Bezirksregierung Arnsberg und des Landrates des Kreises D. als Ausländerbehörde Bezug. 22Entscheidungsgründe: 23Der Senat entscheidet über die Berufung durch den Vorsitzenden als Berichterstatter, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 87a Abs. 2, 3, § 125 Abs. 1 VwGO). 24Streitgegenstände des Berufungsverfahrens wie auch des erstinstanzlichen Urteils sind und waren alle im Bescheid des Bundesamts vom 24. April 2013 getroffenen Entscheidungen mit Ausnahme der Ablehnung des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG in Nr. 1 dieses Bescheids. Diese Ablehnung ist dadurch bestandskräftig geworden, dass der Kläger die darauf bezogene Klage in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat (S. 15 des Terminprotokolls). Über das Begehren des Klägers auf Zuerkennung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes nach § 4 AsylG, § 60 Abs. 2 AufenthG hat das Bundesamt in Nr. 3 des Bescheids auf der Grundlage des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in der bis zum 30. November 2013 geltenden Fassung als Teil des nationalen Abschiebungsschutzes entschieden. Erst mit dem Inkrafttreten des § 4 AsylG und der Änderung des § 60 Abs. 2 AufenthG zum 1. Dezember 2013 ist das Begehren auf Zuerkennung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes nach § 4 AsylG, § 60 Abs. 2 AufenthG eigenständiger Streitgegenstand des erstinstanzlichen Klageverfahrens geworden. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, die das Bundesamt in Nr. 2 seines Bescheids vom 24. April 2013 abgelehnt hat, und die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG stehen im Verhältnis von Haupt- und Hilfsbegehren. 25BVerwG, Urteil vom 19. April 2018 ‑ 1 C 29.17 ‑, BVerwGE 162, 44, juris, Rn. 45, vgl. auch Urteile vom 21. November 2017 ‑ 1 C 39.16 ‑, BVerwGE 161, 1, juris, Rn. 16, vom 13. Februar 2014 ‑ 10 C 6.13 ‑, NVwZ-RR 2014, 487, juris, Rn. 11 f., zur Rechtslage vor dem 1. Dezember 2013 BVerwG, Urteile vom 31. Januar 2013 ‑ 10 C 15.12 ‑, BVerwGE 146, 12, juris, Rn. 11, und vom 17. November 2011 ‑ 10 C 13.10 ‑, AuAS 2012, 64, juris, Rn. 11. 26Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im so definierten Umfang zu Recht abgewiesen. Soweit sie die Zuerkennungs- und Feststellungsbegehren des Klägers betrifft, ist sie als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alternative 2 VwGO statthaft. Die auf diese Begehren bezogene Klage ist lediglich insoweit unzulässig, als sie auf die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Staat Eritrea gerichtet ist. Das hat das Verwaltungsgericht unter B. b) des angefochtenen Urteils (S. 20) zutreffend entschieden. Für diesen Teil des Klagebegehrens besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. In der Regel besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf vorsorgliche Feststellung von Abschiebungshindernissen bezüglich anderer als der in der Abschiebungsandrohung benannten Staaten. 27BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2001 ‑ 1 C 11.01 ‑, BVerwGE 115, 267, juris, Rn. 12 f.; OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021 ‑ 19 A 2373/17.A ‑, juris, Rn. 20, Beschluss vom 29. Juni 2020 ‑ 19 A 1420/19.A ‑, juris, Rn. 25. 28Hier hat das Bundesamt über Abschiebungsverbote lediglich betreffend Äthiopien, nicht aber auch betreffend Eritrea entschieden. Es war auch nicht verpflichtet, über Abschiebungsverbote betreffend Eritrea zu entscheiden, weil der Kläger, wie unten noch näher auszuführen sein wird, zumindest auch äthiopischer Staatsangehöriger ist und das Bundesamt ihm die Abschiebung ausschließlich in die Demokratische Bundesrepublik Äthiopien angedroht hat. Der Kläger hat ferner keinen berechtigten Anlass zu befürchten, nach Eritrea abgeschoben zu werden. Selbst wenn das Bundesamt ihm gleichwohl die Abschiebung nach Eritrea androhen sollte, stünde ihm gegen diese Zielstaatsbestimmung eigenständig Rechtsschutz offen. 29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021, a. a. O., Rn. 22, Beschlüsse vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 27, und vom 13. Januar 2020 ‑ 19 A 2730/19.A ‑, juris, Rn. 3 ff. m. w. N. 30Im Übrigen ist die auf die Zuerkennungs- und Feststellungsbegehren des Klägers bezogene Klage zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die mit seinem Hauptantrag verfolgte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG (A.) noch auf die mit seinem ersten Hilfsantrag begehrte Zuerkennung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG (B.) noch auf die mit seinem weiteren Hilfsantrag geltend gemachte Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG einschließlich der Feststellung eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 6 AufenthG (C.). Die diese Streitgegenstände betreffenden ablehnenden Teilentscheidungen des Bundesamts in den Nrn. 2 und 3 seines Bescheids vom 24. April 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klage gegen die Abschiebungsandrohung mit der Zielstaatsbestimmung Äthiopien in Nr. 4 dieses Bescheids (D.) ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alternative 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber ebenfalls unbegründet. Auch diese Entscheidung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 31A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG, § 60 Abs. 1 AufenthG, Art. 9, 10 RL 2011/95/EU. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Das Herkunftsland des Klägers ist die Demokratische Bundesrepublik Äthiopien (I.). Dort ist für ihn keine Furcht vor Verfolgung wegen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylG bezeichneten Verfolgungsgründe begründet (II.). 32I. Als Herkunftsland des Klägers im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) AsylG haben das Bundesamt und das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend die Demokratische Bundesrepublik Äthiopien bestimmt. Denn der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger. Er hat die äthiopische Staatsangehörigkeit durch seine Geburt erworben (1.) und bis heute nicht verloren (2.). Unerheblich ist, ob er neben der äthiopischen auch die eritreische Staatsangehörigkeit besitzt (3.). 331. Durch seine nach eigenen Angaben am XX. September 1989 in Assab im heutigen Eritrea erfolgte Geburt von äthiopischen Eltern tigrinischer Volkszugehörigkeit hat der Kläger die äthiopische Staatsangehörigkeit erworben. Dieser Erwerb richtete sich nach Art. 1 des äthiopischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (äthStAG 1930) vom 22. Juli 1930, das bis zum 22. Dezember 2003 in Kraft war (Art. 27 des äthiopischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (äthStAG) vom 23. Dezember 2003). Danach war äthiopischer Staatsangehöriger, wer als Kind eines äthiopischen Vaters oder einer äthiopischen Mutter in Äthiopien oder außerhalb geboren wurde. 34Dazu vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021, a. a. O., Rn. 27 ff., Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 32 ff.; VG Münster, Urteil vom 30. November 2020 ‑ 9 K 2206/17.A ‑, juris, Rn. 39 (Vorinstanz zu 19 A 177/21.A). 35Legt man die Angaben des Klägers in der Anhörung durch das Bundesamt, in der Klagebegründung vom 19. Juli 2013 und in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung zur Abstammung von seinen Eltern und Großeltern väterlicherseits sowie zu seinem Geburtsdatum und seinem Geburtsort zugrunde, so hat er mit seiner Geburt am XX. September 1989 in der damals noch zu Äthiopien gehörenden Hafenstadt Assab nach Art. 1 äthStAG 1930 die äthiopische Staatsangehörigkeit erworben, weil er als Kind eines äthiopischen Vaters und einer äthiopischen Mutter in Äthiopien geboren wurde, auch wenn beide Elternteile tigrinischer Volkszugehörigkeit waren. Denn danach war sein 2010 verstorbener Vater O1. H1. etwa im Jahr 1958 in Assab geboren und stammte wiederum dessen Vater H1. I1. , den der Kläger noch kennengelernt hat und an den er sich zumindest bei seiner Anhörung durch das Bundesamt noch ein wenig erinnern konnte, aus der knapp 500 km weiter nördlich gelegenen, damals ebenfalls noch zu Äthiopien gehörenden Hafenstadt Massawa. Seine etwa 1992 verstorbene Mutter B. M. stammte danach ebenfalls aus Assab. Dass seine Eltern am XX. September 1989 anstelle der äthiopischen die eritreische Staatsangehörigkeit besessen haben könnten, ist auszuschließen. Denn das Gebiet des erst seit dem 24. Mai 1993 unabhängigen Staates Eritrea war zu diesem Zeitpunkt noch eine unselbstständige Provinz Äthiopiens. Wer der dort lebenden eingeborenen Bevölkerung angehörte, wurde international als äthiopischer Staatsangehöriger angesehen. 36OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021, a. a. O., Rn. 31 f., Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 36 f. m. w. N. 372. Der Kläger hat seine durch Geburt erworbene äthiopische Staatsangehörigkeit auch bis heute nicht verloren. 38a) Entgegen seiner Auffassung haben weder das Entstehen des Staates Eritrea am 24. Mai 1993 noch die äthiopische Deportations- und Ausbürgerungspraxis in der Zeit zwischen Mai 1998 und Frühjahr 2002 zu einem Verlust seiner äthiopischen Staatsangehörigkeit geführt. Vormals äthiopische Staatsangehörige eritreischer Abstammung, die am 24. Mai 1993, dem Tag der Unabhängigkeit Eritreas, auf dem Gebiet des heutigen Äthiopien lebten, haben ihre äthiopische Staatsangehörigkeit entgegen einer in der erstinstanzlichen Rechtsprechung früher vereinzelt vertretenen Auffassung nicht an diesem Tag kraft Gesetzes nach Art. 11 Buchstabe a) äthStAG 1930 durch einen etwaigen Erwerb der eritreischen Staatsangehörigkeit verloren. 39OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 102 ff. m. w. N.; VG Bremen, Urteil vom 23. Februar 2021 ‑ 7 K 445/19 ‑, juris, Rn. 56. 40Auch die genannte äthiopische Deportations- und Ausbürgerungspraxis führte aus der nachträglichen Sicht der äthiopischen Behörden auf der Grundlage des am 23. Dezember 2003 in Kraft getretenen äthStAG und der Direktive des äthiopischen Außenministeriums zur Bestimmung des Aufenthaltsstatus von Eritreern in Äthiopien vom 19. Januar 2004 zu einem fortdauernden Verlust der äthiopischen Staatsangehörigkeit nur bei den tatsächlich nach Eritrea deportierten oder „freiwillig“ ausgereisten und bis Januar 2004 dort verbliebenen Personen eritreischer Abstammung, nicht aber auch bei denjenigen, die ‑ wie der Kläger und sein Vater in Bahir Dar ‑, von den Deportations- und Zwangsmaßnahmen verschont geblieben waren und ihren Aufenthalt in Äthiopien hatten beibehalten können. Wer aus diesem Personenkreis ‑ wie der Kläger und sein Vater ‑ vom 24. Mai 1993 bis zum 19. Januar 2004 permanent in Äthiopien lebte, konnte sich entweder im Registrierungsverfahren nach Art. 4.2, Art. 5.1 der Direktive unmittelbar als äthiopischer Staatsangehöriger anerkennen oder aber nach Art. 22 Abs. 1 äthStAG, Art. 4.3 der Direktive wiedereinbürgern lassen. Die weitaus überwiegende Mehrzahl der in Äthiopien lebenden Menschen eritreischer Abstammung konnte auf einem dieser Wege ihren Aufenthaltsstatus als äthiopische Staatsbürger offiziell klären und alle damit verbundenen bürgerlichen Rechte auch faktisch wiedererlangen. Viele von ihnen erhielten ihr Eigentum und ihre zuvor gehaltenen Geschäftslizenzen und Führerscheine zurück. Die überwiegende Zahl dieser Personen wurde tatsächlich als äthiopische Staatsbürger anerkannt, insbesondere stellten ihnen die Kebele-Verwaltungen wieder die für äthiopische Staatsangehörige vorgesehenen Identitätskarten aus. Insofern wurden das äthStAG und die Direktive auf in Äthiopien wohnhafte Personen eritreischer Abstammung grundsätzlich fair angewandt. 41OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 123 ff., 130 ff., 137 ff. 42Auf der Grundlage der Angaben des Klägers spricht Überwiegendes dafür, dass auch sein Vater im Jahr 2004 keine Schwierigkeiten hatte, sich und seinen damals 15-jährigen Sohn bei den Registrierungsbehörden in Bahir Dar als äthiopische Staatsangehörige eritreischer Abstammung registrieren zu lassen. Denn der Kläger hat mitgeteilt, dass sein Vater in Bahir Dar zuletzt gut situiert gewesen sei, dort insbesondere ein Haus und ein Auto gehabt habe, weshalb beide von den Deportationen während des äthiopisch-eritreischen Krieges jedenfalls bis 2005 verschont geblieben seien. 43Auch der Kläger selbst bezeichnet es in seiner Klagebegründung vom 19. Juli 2013 lediglich als „denkbar“, dass der Vater der Direktive vom 19. Januar 2004 keine Folge geleistet haben könnte und deshalb noch im Jahre 2005 einer „freiwilligen“ Repatriierung oder Deportation ausgesetzt gewesen sein könnte. Beachtlich wahrscheinlich ist dies indessen nicht, denn diese Personen wurden regelmäßig nicht mehr, wie in den Jahren 1998 bis 2002, zwangsweise nach Eritrea zurückverbracht, sondern verpflichtet, ihren Aufenthalt in einem der Flüchtlingslager für Eritreer in Nordäthiopien zu nehmen. 44OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 140 ff. 45Ein solcher Aufenthalt in einem der Flüchtlingslager für Eritreer in Nordäthiopien lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Soweit er in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2016 als „Kindheitserinnerung“ aus seinem immerhin schon 16. Lebensjahr von einem „Auffanglager“ und einer Präsenz von Hilfsorganisationen gesprochen hat, die ihre Dienste angeboten hätten (ähnlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat), hat er diese ausdrücklich auf die „eritreische Seite der Grenze“ lokalisiert. Ein hinreichender Anhaltspunkt für eine Verortung dieses Lagers auf der äthiopischen Seite der Grenze ergibt sich auch nicht aus seinen Angaben in der Anhörung beim Bundesamt. Dort hatte er angegeben, sein Vater und er seien mit Rucksäcken „zu einem Ort an der Grenze zwischen Äthiopien und Eritrea“ gegangen, der von einer Hilfsorganisation betreut worden sei und an dem sie während ihres Aufenthalts von ungefähr einem Monat weiße Leute getroffen hätten, die ihnen grüne Ausweise für Flüchtlinge und Geld gegeben hätten. Unabhängig davon sind die Angaben des Klägers zu diesem behaupteten Aufenthalt an der äthiopisch-eritreischen Grenze aus den unten noch näher darzulegenden Gründen unglaubhaft. Die Widersprüche, in welche der Kläger sich insoweit verwickelt hat, erstrecken sich insbesondere auch auf die Frage, ob die Reise von Äthiopien nach Eritrea in Begleitung von äthiopischen Sicherheitskräften stattfand, oder ob sein Vater und er, wie es seine Prozessbevollmächtigte in der Klagebegründung behauptet hat, ohne eine solche Begleitung „freiwillig“ gereist sind. 46b) Der Kläger hat seine äthiopische Staatsangehörigkeit auch nicht durch die behauptete Flucht seines Vaters mit ihm aus der äthiopischen Provinzhauptstadt Bahir Dar zurück nach Assab im Jahr 2005 und den sich daran angeblich anschließenden fünfjährigen Aufenthalt in dieser eritreischen Hafenstadt verloren. Seine Behauptung dieses fünfjährigen Aufenthalts in Assab ist unglaubhaft. Zur Überzeugung des Senats steht nach dem Eindruck vom Kläger in der zweitinstanzlichen mündlichen Verhandlung vielmehr fest, dass er in dieser Stadt nicht für einen längeren Zeitraum gelebt haben kann, und dass darüber hinaus zweifelhaft ist, ob er sie überhaupt jemals betreten hat. Er hat im Verlauf seiner persönlichen Vernehmungen Angaben gemacht, die sich mit den realen Lebensbedingungen in Eritrea nur so schwer vereinbaren lassen, dass sie deshalb durchgreifend gegen den Wahrheitsgehalt seiner Behauptung sprechen, sich vom 16. bis zum 21. Lebensjahr und damit ganz überwiegend im dienstpflichtigen Alter in Eritrea aufgehalten zu haben und während dieser Zeit trotz mehrerer behaupteter unmittelbarer oder mittelbarer Kontakte mit eritreischen Sicherheitskräften und Behörden einer Einziehung zum Nationaldienst entgangen zu sein. Das gilt sowohl für seine Schilderung der angeblichen Flucht mit seinem Vater im Jahr 2005 aus Bahir Dar nach Eritrea (aa)), vor allem aber für sein behauptetes zurückgezogenes Leben mit dem pflegebedürftigen Vater bei seinem Onkel in Assab im Stadtteil D1. T1. über fünf Jahre hinweg zwischen 2005 und 2010 (bb)), als auch für die angebliche Haft mit Folter im Gefängnis Wia im Jahr 2010 (cc)). 47aa) Wenig realitätsgerecht sind zunächst die Angaben des Klägers zu der angeblichen Flucht mit seinem Vater im Jahr 2005 aus der äthiopischen Stadt Bahir Dar nach Eritrea. Hierzu hat er in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2016 behauptet, sein Vater und er hätten die äthiopisch-eritreische Grenze zu Fuß überquert und seien dann auf der anderen Seite von eritreischen Soldaten in Empfang genommen, körperlich durchsucht und dann in einem Auffanglager untergebracht worden. Wenig plausibel an dieser Behauptung eines unmittelbaren Kontakts mit eritreischen Grenzsoldaten sofort beim Grenzübertritt ist, dass er sich dadurch der Gefahr einer sofortigen Rekrutierung zum Nationaldienst ausgesetzt hätte. Auch wenn das dienstpflichtige Alter für eritreische Jugendliche nach der Gesetzeslage erst mit dem Volljährigkeitsalter von 18 Jahren beginnt, sind in der Praxis durchaus Fälle von eritreischen Minderjährigen zwischen 14 und 17 Jahren dokumentiert, welche die eritreischen Sicherheitskräfte in Razzien rekrutiert haben, weil sie aufgrund ihres Aussehens und der Einschätzung ihres Alters als körperlich tauglich erschienen. 48OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2020 ‑ 19 A 1857/19.A ‑, Asylmagazin 2020, 372, juris, Rn. 54. 49Auch der Kläger selbst hat sich in seiner Klagebegründung vom 13. Januar 2016 unter Hinweis auf eine Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) darauf berufen, dass in Eritrea „auch Minderjährige zwangsrekrutiert werden“ und er deshalb „aus Angst, zum Wehrdienst eingezogen zu werden“, „nur wenig Kontakt zur Außenwelt gehabt“ habe, „nachdem er in Eritrea eingetroffen war.“ Wenig plausibel erscheint dann aber, dass sein Vater und er sich angeblich sogleich nach dem Grenzübertritt in die Hände eritreischer Grenzsoldaten begeben haben, anstatt einen unkontrollierten Weg nach Eritrea außerhalb eines überwachten Grenzübergangs zu wählen. 50Hierfür liefert auch die Schilderung des Klägers keine plausible Erklärung, „mit einem Polizeiwagen abgeholt“, „zur äthiopisch-eritreischen Grenze gebracht“ und dann „aufgefordert“ worden zu sein, „zu Fuß die Grenze zu überqueren.“ Denn auch diese Behauptungen sind unglaubhaft, weil der Kläger den Ablauf der Ausreise seines Vaters mit ihm aus Äthiopien wiederholt als zwangsweise und begleitete Rückführung („Deportation“), einmal hingegen ausdrücklich als unbegleitetes Verlassen des Landes „unter Druck“ („freiwillig“) geschildert hat: Seine Äußerungen beim Bundesamt deuteten zunächst auf eine begleitete Rückführung hin („uns dies befohlen worden“, „irgendwo hat uns das Auto abgesetzt“). In der Klagebegründung modifizierte seine Prozessbevollmächtigte sodann diese Schilderung mit der ausdrücklichen Klarstellung: „Es handelte sich dabei nicht um eine begleitete Rückführung wie in den Jahren 1998 bis 2000. Vielmehr wurde Druck auf den Vater ausgeübt, das Land zu verlassen.“ Diese Version hat der Kläger sodann ebenso ausdrücklich konterkariert mit seiner Schilderung in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2016, dass sein Vater „einen schriftlichen Ausweisungsbescheid bekommen“ habe und er und sein Vater dann „ein paar Tage später … mit einem Polizeiwagen abgeholt“, „zur äthiopisch-eritreischen Grenze gebracht“ und „dann aufgefordert“ worden seien, zu Fuß die Grenze zu überqueren. Für diesen zweifachen Versionswechsel liefert auch der Hinweis in der Klagebegründung keine plausible Erklärung, der damals noch minderjährige Kläger habe bei seiner Schilderung in der Anhörung beim Bundesamt „nicht genau differenzieren“ können, „ob es sich um eine ‚freiwillige‘ oder zwangsweise Rückkehr gehandelt hat.“ Denn bereits das Bundesamt hatte ihm im Zusammenhang mit der angeblichen Rückkehr nach Eritrea im Jahr 2005 zu Recht vorgehalten, dass er zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt gewesen sei. Abgesehen davon vermag das von der Prozessbevollmächtigten angeführte altersbedingt mangelnde Differenzierungsvermögen keine plausible Erklärung für die grundlegend verschiedenen Darstellungen zu liefern, weil der Kläger insbesondere in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2016 lediglich eigene Beobachtungen („Polizeiwagen“) und ihm gegenüber getätigte Äußerungen seines Vaters wiedergegeben hat („schriftlicher Ausweisungsbescheid“). 51Unabhängig davon ist seine Behauptung einer Flucht des Vaters mit ihm im Jahr 2005 als damals 16-jährigem Jugendlichen zurück in ihrer beider angeblichen Geburtsort Assab im zwischenzeitlich eigenständigen kommunistisch-diktatorischen Staat Eritrea schon unter Berücksichtigung der damaligen historischen Situation im Ausgangspunkt sehr unwahrscheinlich. Denn der Vater hatte, wie bereits ausgeführt, seit Anfang 2004 die Möglichkeit, seinen Status als eritreisch-stämmiger Äthiopier in Bahir Dar offiziell zu klären, indem er sich entweder als äthiopischer Staatsangehöriger eritreischer Abstammung registrieren ließ oder aber, falls man ihn als eritreischen Staatsangehörigen ansah, sich wiedereinbürgern zu lassen. Wenig realitätsgerecht ist schließlich seine Behauptung, der Vater sei bis dahin wegen seines Hauses, seines Autos und seines Berufes als Automechaniker von den allgemeinen Deportations- und Repatriierungsmaßnahmen des äthiopischen Staates gegenüber Personen eritreischer Abstammung verschont geblieben. Eher umgekehrt zielten die Äthiopier in der praktischen Umsetzung der Deportationen vielmehr oftmals gerade auch auf die Vermögenswerte der Eritreer. 52bb) Maßgeblich gegen die Glaubhaftigkeit seines behaupteten Eritrea-Aufenthaltes zwischen 2005 und 2010 sprechen die Angaben des Klägers zu seinem angeblich zurückgezogenen Leben mit seinem pflegebedürftigen Vater bei seinem Onkel in Assab im Stadtteil D1. T1. über fünf Jahre hinweg bis zu der angeblichen Festnahme im Jahr 2010. Hierzu hatte er in der Anhörung durch das Bundesamt am 12. Oktober 2010 behauptet, er habe in Assab „mit dem Bruder meines Vaters zusammengelebt“, „die ganze Zeit meinen Vater gepflegt“, sich „nur im Haus aufgehalten“, als „einzigen Kontakt“ denjenigen zu seinem Onkel gehabt, und „vor zwei Jahren“ ‑ also im Jahr 2008 ‑ habe sein Onkel für ihn bei der Verwaltung von D1. T1. einen eritreischen Personalausweis ausstellen lassen, der für zwei Jahre gültig gewesen sei. Diese Behauptungen hat seine Prozessbevollmächtigte in ihren schriftlichen Klagebegründungen dahin modifiziert, dass er „sich nicht ausschließlich im Haus aufgehalten“, „aber seinen Vater gepflegt“, „aus Angst, zum Wehrdienst eingezogen zu werden … nur wenig Kontakte zur Außenwelt gehabt“ und „sich insoweit versteckt [zu haben], als er die regelmäßigen ‚Runden‘ der Sicherheitskräfte auf der Suche nach Wehrdienstpflichtigen umgangen“ habe. 53Zunächst liegt in dieser Darstellung wiederum ein Wechsel zwischen zwei verschiedenen Versionen (Aufenthalt „nur im Haus“ oder „nicht ausschließlich im Haus aufgehalten“), für den der Kläger keine plausible Erklärung geliefert hat, und der daher auf die Unglaubhaftigkeit des fraglichen Vorbringens führt. Unabhängig davon ist aber mit keiner dieser beiden Versionen vereinbar, dass der Kläger sich angeblich einen Personalausweis hat ausstellen lassen und damit noch nahezu zwei Jahre in Assab aufgehalten hat, ohne in dieser Zeit zum Nationaldienst eingezogen worden zu sein. Angesichts der Bedeutung des Nationaldienstes in Eritrea erscheint es als nahezu ausgeschlossen, dass die Verwaltung von D1. T1. einem 19-jährigen Dienstpflichtigen einen eritreischen Personalausweis ausstellt, ohne zugleich seine sofortige Einziehung zum Nationaldienst zu veranlassen. Keine plausible Erklärung für diesen Widerspruch liegt in der Antwort des Klägers auf den Vorhalt, ob er spezifizieren könne, welcher Teil der Verwaltung von D1. T1. ihm den Ausweis ausgestellt habe. Seine Antwort, er wisse das nicht, weil sein Onkel dies für ihn gemacht habe, ändert nichts daran, dass er sich auch mit der Einschaltung seines Onkels der Gefahr der Einziehung zum Nationaldienst ausgesetzt haben würde. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vermochte der Kläger diesen gravierenden inneren Widerspruch in seiner Verfolgungsgeschichte nicht plausibel aufzulösen. Im Gegenteil verwickelte er sich hierzu in weitere Widersprüche, die erkennen ließen, dass er mit den realen Lebensverhältnissen eines 19-jährigen Dienstpflichtigen in Eritrea auch nicht ansatzweise vertraut ist (fehlende Kenntnis der Staatsgewalt von seinem genauen Aufenthaltsort, obwohl er zugab, dass die Anschrift im Personalausweis stand). 54Realitätsfern ist schließlich die vom Kläger angegebene Gültigkeitsdauer des Ausweises von zwei Jahren. Bis Februar 2014 stellte der Staat Eritrea jedem volljährigen eritreischen Staatsangehörigen die schon 1992 vor der Unabhängigkeit eingeführte hellblaue Identitätskarte („tasera“) aus, in der kein Ablaufdatum eingetragen war. 55Schweizerisches Staatssekretariat für Migration (SEM), Focus Eritrea ‑ Identitäts- und Zivilstandsdokumente, 21. Januar 2021, S. 19 f. 56cc) Sind danach die Angaben des Klägers zu seinem behaupteten Aufenthalt in Assab von 2005 bis 2010 unglaubhaft, so gilt dasselbe auch für die behauptete Festnahme mit anschließender Haftverbüßung mit Folter im Gefängnis Wia im Jahr 2010, die behauptete Befreiung aus diesem Gefängnis durch seinen Onkel und die angeblich gemeinsame Flucht mit ihm bis in die sudanesische Hauptstadt Khartum. 57c) Andere Verlustgründe für die äthiopische Staatsangehörigkeit des Klägers als seine unglaubhafte Flucht mit seinem Vater nach Assab im Jahr 2005 kann der Senat nicht feststellen. Für eine Teilnahme seiner Eltern am Unabhängigkeitsreferendum für den Staat Eritrea im Jahr 1992 ergeben sich aus den Angaben des Klägers keine Anhaltspunkte. Im Übrigen bestehen auch keine glaubhaften Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in Bahir Dar oder im T1. zu irgendeinem Zeitpunkt Rechte aus einer ihm wegen seiner eritreischen Abstammung etwa zuerkannten eritreischen Staatsangehörigkeit ausgeübt hat. 58Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021, a. a. O., Rn. 43 f., Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 165 ff. 593. Besitzt der Kläger hiernach die äthiopische Staatsangehörigkeit, ist für alle Streitgegenstände des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich, ob er daneben auch die eritreische Staatsangehörigkeit besitzt. 60Das gilt zunächst für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG. Personen, die zwei oder mehr Staatsangehörigkeiten besitzen, kann die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden, wenn sie den Schutz eines der Länder ihrer Staatsangehörigkeit in Anspruch nehmen können. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, der den einschlägigen Normen sowohl der RL 2011/95/EU als auch des AsylG zugrunde liegt. 61BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 2019 ‑ 1 C 2.19 ‑, Buchholz 402.251 § 26 AsylG Nr. 2, juris, Rn. 13, und vom 14. Juni 2005 ‑ 1 B 142.04 ‑, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 307, juris, Rn. 4; vgl. auch Urteil vom 2. August 2007 ‑ 10 C 13.07 ‑, BVerwGE 129, 155, juris, Rn. 9 (zur RL 2004/83/EG); OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021, a. a. O., Rn. 46 f., Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 186 f.; VG Münster, Urteil vom 30. November 2020, a. a. O., Rn. 19. 62Dasselbe gilt auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG. 63OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021, a. a. O., Rn. 48 f., Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 188 f.; Sächs. OVG, Beschluss vom 3. März 2020 ‑ 6 A 593/18.A ‑, juris, Rn. 18. 64Für das Begehren des Klägers auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Staates Eritrea besteht aus den eingangs schon näher ausgeführten Gründen kein Rechtsschutzbedürfnis. 65II. Ist hiernach die Demokratische Bundesrepublik Äthiopien das Herkunftsland des Klägers im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) AsylG, so droht ihm dort keine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung. 66Gemäß § 3a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AsylG gelten Handlungen als Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention ‑ EMRK, BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Diese Legaldefinition der Verfolgungshandlung setzt die Vorgaben aus Art. 9 Abs. 1 RL 2011/95/EU um. § 3a Abs. 2 AsylG nennt einzelne Regelbeispiele von Verfolgungshandlungen, die nicht abschließend sind und die im Einklang mit Art. 9 Abs. 2 RL 2011/95/EU stehen. Die Annahme einer Verfolgungshandlung setzt einen gezielten Eingriff in ein nach Art. 9 Abs. 1 RL 2011/95/EU geschütztes Rechtsgut voraus. 67BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2019 ‑ 1 C 31.18 ‑, InfAuslR 2019, 459, juris, Rn. 12, und vom 19. April 2018, a. a. O., Rn. 11. 68§ 3b Abs. 1 AsylG konkretisiert die in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe). Gemäß § 3b Abs. 2 AsylG ist es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich, ob dieser tatsächlich die flüchtlingsschutzrelevanten Merkmale aufweist, sofern ihm diese von seinem Verfolger zugeschrieben werden. 69Die Verfolgungshandlung muss darauf gerichtet sein, den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an einen oder mehrere Verfolgungsgründe zu treffen. Ob die Verfolgungshandlung „wegen“ eines Verfolgungsgrundes erfolgt, mithin auf einen der in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründe zurückgeht, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten. 70BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2019, a. a. O., Rn. 14, und vom 19. April 2018, a. a. O., Rn. 13. 71Die Furcht vor Verfolgung ist im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, das heißt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit („real risk“) drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab erfordert, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Diese Würdigung ist auf der Grundlage einer „qualifizierenden“ Betrachtungsweise im Sinn einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Hierbei sind gemäß Art. 4 Abs. 3 RL 2011/95/EU neben sämtlichen mit dem Herkunftsland verbundenen relevanten Tatsachen unter anderem das maßgebliche Vorbringen des Antragstellers und dessen individuelle Lage zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Damit kommt dem qualitativen Kriterium der Zumutbarkeit maßgebliche Bedeutung zu. Eine Verfolgung ist danach beachtlich wahrscheinlich, wenn einem besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Schutzsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. 72BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2019, a. a. O., Rn. 16, und vom 19. April 2018, a. a. O., Rn. 14. 73Nach diesen Maßstäben drohen dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien die in § 3 Abs. 1, § 3a Abs. 1 AsylG bezeichneten Gefahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit weder wegen seiner eritreischen Abstammung (1.) noch wegen seiner Zugehörigkeit zum pfingstchristlichen Glauben (2.) noch wegen einer etwaigen Wehrdienstleistung (3.) noch wegen seiner Asylantragstellung in Deutschland (4.) noch wegen einer Einreiseverweigerung (5.). 741. Wegen seiner eritreischen Abstammung droht dem Kläger in Äthiopien heute mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung mehr. Diesen Gesichtspunkt hat er als Grund dafür angeführt, dass angeblich sein Vater und er Äthiopien 2005 verlassen haben („Die Situation für Eritreer in Äthiopien wurde zunehmend schwierig“). Äthiopischen Staatsangehörigen eritreischer Abstammung drohen jedenfalls seit dem Abschluss des Friedensabkommens zwischen Eritrea und Äthiopien im Anschluss an die „Gemeinsame Erklärung über Frieden und Freundschaft“ vom 9. Juli 2018 keine an eine tatsächliche oder vermeintliche eritreische oder halberitreische Abstammung anknüpfenden Verfolgungsmaßnahmen mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. 75OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 202 ff. 762. Sofern man eine Zugehörigkeit des Klägers zum pfingstchristlichen Glauben unabhängig von den oben bezeichneten Widersprüchen in seinem Verfolgungsvorbringen als glaubhaft gemacht ansieht, drohen ihm in Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgungsmaßnahmen in Anknüpfung an seine pfingstchristliche Religion. 77Zur Religionsfreiheit in Äthiopien vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien, Ad hoc aktualisierte Fassung vom 10. Februar 2021, S. 13 f. 783. Dem heute 31 Jahre alten Kläger droht flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung weiter nicht im Zusammenhang mit einer etwaigen Wehrdienstleistung in der äthiopischen Armee. 79Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021, a. a. O., Rn. 65 f., Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 210 f. m. w. N. 804. Ebenso wenig droht dem Kläger flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung wegen seiner Asylantragstellung in Deutschland. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt für einen äthiopischen Staatsangehörigen ohne flüchtlingsschutzerhebliche Konsequenzen. 81OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021, a. a. O., Rn. 67 f., Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 210 f. m. w. N. 825. Keine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung droht dem Kläger schließlich auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Einreiseverweigerung durch die äthiopischen Auslandsvertretungen. Äthiopischen Staatsangehörigen droht regelmäßig keine Einreiseverweigerung durch die äthiopischen Auslandsvertretungen und Grenzkontrollbehörden. Äthiopische Staatsangehörige eritreischer Herkunft sind ebenso wie solche Personen anderer Volkszugehörigkeit in den Kebele-Familienregistern registriert, so dass sie entsprechende Identitätsdokumente und Personenstandsurkunden bei der Gemeindeverwaltung ihres letzten Wohnortes in Äthiopien erhalten können. Auch im Ausland wohnhafte Äthiopier können diese Dokumente erhalten, indem sie sich bei der Kebele, bei der sie zuletzt registriert waren, mit ihrem Reisepass ausweisen. Wenn sie keine äthiopischen Dokumente mehr besitzen, müssen sie über die Botschaft im Aufenthaltsland eine Vollmacht an eine Person in Äthiopien geben. Diese kann damit das gewünschte Dokument von der Kebele-Verwaltung ausstellen lassen. 83OVG NRW, Urteil vom 5. März 2021, a. a. O., Rn. 67 f., Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 214 ff., 221 m. w. N. 84Der Kläger hat angegeben, nach dem Tod der Mutter und dem Umzug seines Vaters mit ihm in die äthiopische Provinzhauptstadt Bahir Dar etwa im Jahr 1992 habe sein Vater dort ein „Dokument von der Kebele“ gehabt, auf dem als Nationalität „Eritrea“ gestanden habe. Außerdem habe sein Vater ein Haus und ein Auto gehabt und er selbst, der Kläger, sei dort bis zur achten Klasse zur Schule gegangen. Diese Angaben rechtfertigen den Schluss, dass sowohl der Vater als auch der Kläger im Kebele-Familienregister ihres ehemaligen Wohnbezirks in Bahir Dar als äthiopische Staatsangehörige eritreischer Abstammung registriert waren und der Vater sich eine äthiopische Identitätskarte hatte ausstellen lassen, welche die seit 1992 neu eingeführte Rubrik „ethnische Zugehörigkeit“ (amharisch: beher) enthielt und welche die Kebele-Verwaltungen bei äthiopischen Staatsangehörigen eritreischer Abstammung mit dem Eintrag „Eritrean“ versahen, um den Inhaber als äthiopischen Staatsangehörigen eritreischer Abstammung zu kennzeichnen. Auszuschließen ist danach hingegen, dass der Vater und der Kläger als Ausländer mit eritreischer Staatsangehörigkeit im Kebele-Familienregister registriert waren und der Vater ein Dokument besaß, welches ihn als in Äthiopien lebenden eritreischen Staatsangehörigen auswies. Denn ein Immobilienbesitz war für Ausländer in Äthiopien nach Art. 390 des äthiopischen Zivilgesetzbuchs verboten (vgl. heute auch Art. 40 äthVerf). Entsprechendes galt für Geschäftslizenzen und Berufserlaubnisse, die nur äthiopischen Staatsangehörigen zustanden. 85OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2020, a. a. O., Rn. 87 f. m. w. N. 86Das schlichte „Ja“ des Klägers auf die Frage des Einzelrichters in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung, ob der Vater ein Dokument gehabt habe, das ihn als in Äthiopien lebenden eritreischen Staatsangehörigen auswies, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn diese kurze Antwort lässt offen, ob dem Kläger der rechtliche Unterschied zwischen eritreischer Staatsangehörigkeit und eritreischer Abstammung („Nationalität“) bekannt war. 87B. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes (§ 4 Abs. 1 AsylG). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gelten nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG unter anderem unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Insbesondere wäre er an seinem Herkunftsort Bahir Dar nicht von der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen der äthiopischen Zentralregierung mit der Volksbefreiungsfront von Tigray (Tigray People‘s Liberation Front, TPLF) im benachbarten äthiopischen Bundesstaat Tigray betroffen. 88Vgl. dazu VG Münster, Urteil vom 30. November 2020, a. a. O., Rn. 56. 89C. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG einschließlich der Feststellung eines Abschiebungsverbotes in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 6 AufenthG. Insoweit beruft er sich in der zweitinstanzlichen mündlichen Verhandlung nur noch auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK unter dem Gesichtspunkt seiner tigrinischen Volkszugehörigkeit. Mit diesem Begehren dringt er schon deshalb nicht durch, weil äthiopischen Staatsangehörigen tigrinischer Volkszugehörigkeit aus den oben unter A. II. 5. bereits erörterten Gründen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine Maßnahmen der in diesen Vorschriften vorausgesetzten Art drohen. 90Ebenso wenig besteht ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Darauf hat er sich zuletzt mit der Begründung berufen, er leide an einer behandlungsbedürftigen PTBS und einer Depression, weshalb ihm bei einer zwangsweisen Rückkehr nach Äthiopien eine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bis hin zum Suizid drohe. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (Satz 3). Im Fall des Klägers kann der Senat keine in diesem Sinn „erhebliche“ Gefahr aus gesundheitlichen Gründen feststellen. Die von seiner Prozessbevollmächtigten zuletzt im Schriftsatz vom 16. Februar 2018 behauptete PTBS fand schon damals in den hierfür vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T2. C1. aus der Zeit bis zuletzt März 2016 eine Grundlage nur teilweise insoweit, als sie lediglich „Anteile“ einer PTBS und eine „seit längerem bestehende depressive Entwicklung mit ausgeprägten Schlafstörungen“ diagnostiziert hatte. Weder die genannten „Anteile“ noch die Schlafstörungen hatten nach den eigenen Angaben des Klägers in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2016 einen im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG erheblichen Einfluss auf seinen Gesundheitszustand. Er gab an, er nehme im Moment Schlaftabletten, und es gehe im „soweit gut“. Für eine seitdem eingetretene Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bestehen keine Anhaltspunkte, insbesondere hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von den genannten Erkrankungen nichts mehr erwähnt. 91D. Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung nebst Abschiebungsandrohung mit der Zielstaatsbestimmung Äthiopien in Nr. 4 seines Bescheids vom 24. April 2013 steht im Einklang mit § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG. Insoweit stellt der Senat klar, dass, sollte der Kläger auf dieser Grundlage abgeschoben werden, diese Abschiebung nach gegenwärtiger Rechtslage kein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für ihn auslöst. Durch diese Vorschrift in der seit dem 21. August 2019 geltenden Neufassung hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass ein solches Verbot nur noch auf der Grundlage einer behördlichen Einzelfallentscheidung entstehen kann und die zuvor in der Rechtsprechung vielfach als fehlend gerügte hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für ein durch Verwaltungsakt zu erlassendes Einreise- und Aufenthaltsverbot geschaffen. 92Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucksache 19/10047 vom 10. Mai 2019, S. 31; dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Januar 2021 ‑ 19 A 4624/19.A ‑, juris, Rn. 8 ff., und vom 16. Dezember 2020 ‑ 19 A 555/19.A ‑, juris, Rn. 19. 93Für eine solche Einzelfallentscheidung ist das Bundesamt erst während des erstinstanzlichen Klageverfahrens mit Wirkung vom 1. August 2015 zuständig geworden (§ 75 Nr. 12 Alternative 1 AufenthG). Im Bescheid vom 24. April 2013 hat es dementsprechend kein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet. Ebenso wenig hat es seit dem 1. August 2015 nachträglich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. 94Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers, die seine Prozessbevollmächtigte in der zweitinstanzlichen mündlichen Verhandlung geäußert hat, ist die nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG am aktuell geltenden Recht zu messende Abschiebungsandrohung auch unionsrechtskonform. Insbesondere macht die Prozessbevollmächtigte ohne Erfolg geltend, das Bundesamt müsse auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) als inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse nunmehr auch Gesichtspunkte des Familienschutzes mitberücksichtigen, hier insbesondere die familiäre Bindung des Klägers zu seiner am XX. Januar 2021 in I. geborenen Tochter deutscher Staatsangehörigkeit O. T. . Diese Rechtsauffassung findet keine Stütze in den beiden von der Prozessbevollmächtigten hierfür angeführten Urteilen des EuGH. 95EuGH, Urteile vom 11. März 2021 ‑ C-112/20 ‑, juris, Rn. 25 ff. (M.A.-Belgien), und vom 14. Januar 2021 ‑ C-441/19 ‑, juris, Rn. 43 ff. (TQ-Niederlande). 96Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG soll die Abschiebungsandrohung mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Die Vorschrift knüpft an Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG an. Danach sollen die Mitgliedstaaten durch diese Richtlinie nicht daran gehindert werden, entsprechend ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unbeschadet der nach Kapitel III und nach anderen einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts verfügbaren Verfahrensgarantien mit einer einzigen behördlichen oder richterlichen Entscheidung eine Entscheidung über die Beendigung eines legalen Aufenthalts sowie eine Rückkehrentscheidung und/oder eine Entscheidung über eine Abschiebung und/oder ein Einreiseverbot zu erlassen. § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG füllt den Spielraum zur Ausgestaltung durch innerstaatliche Rechtsvorschriften unionsrechtskonform aus, den Art. 6 Abs. 6 RL 2008/115/EG den Mitgliedstaaten belässt. 97BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2020 ‑ 1 C 1.19 ‑, BVerwGE 167, 366, juris, Rn. 18 ff. 98Namentlich erfüllt das nationale deutsche Recht die in der Rechtsprechung des EuGH aufgestellte Grundbedingung für eine solche Verknüpfung einer Rückkehrentscheidung mit der Ablehnung des Schutzantrags, dass es dem Betroffenen möglich sein muss, „sich auf jede nach Erlass der Rückkehrentscheidung eingetretene Änderung der Umstände zu berufen, die in Anbetracht der RL 2008/115 und insbesondere ihres Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung ihrer Situation haben kann.“ 99EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 ‑ C-181/16 ‑, NVwZ 2018, 1625, juris, Rn. 60 ff., 64 (Gnandi). 100Insbesondere ermöglicht das nationale deutsche Recht die Berücksichtigung nachträglich eingetretener Änderungen von Umständen, welche das nach Art. 5 Buchstabe a) RL 2008/115/EG zu berücksichtigende Wohl des Kindes und die nach Art. 5 Buchstabe b) RL 2008/115/EG zu berücksichtigenden familiären Bindungen betreffen. Dem steht auch nicht entgegen, dass diese Umstände nach nationalem Verständnis lediglich inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu begründen geeignet sind, welche der Betroffene grundsätzlich in einem gesonderten Verfahren gegen die für den Vollzug der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde geltend machen muss, hingegen grundsätzlich nicht im Verfahren betreffend die Abschiebungsandrohung des Bundesamts. Diese Aufteilung der Rechtsschutzmöglichkeiten ist durch den dem nationalen Gesetzgeber verbliebenen Spielraum zur Ausgestaltung der Rechtsschutzverfahren gedeckt und insbesondere auch mit Art. 6 Abs. 4 RL 2008/115/EG vereinbar, der bei einer Aufenthaltsberechtigung aus humanitären Gründen die Aussetzung der Rückkehrentscheidung zulässt und weder zwingend den Verzicht auf diese noch deren Rücknahme verlangt. 101BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2020, a. a. O., Rn. 23 f.; Dörig, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Asylrecht im Jahr 2020, DAR 2021, 66 (71). 102Die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers zitierten beiden EuGH-Urteile rechtfertigen keine andere Beurteilung. Insbesondere geben sie keine Veranlassung, der von ihr vertretenen Rechtsauffassung näher zu treten, unionsrechtlich sei abweichend vom nationalen deutschen Recht das Bundesamt bei seiner Entscheidung über den Erlass einer Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG auch zur Berücksichtigung des Wohls des Kindes nach Art. 5 Buchstabe a) RL 2008/115/EG und der familiären Bindungen nach Art. 5 Buchstabe b) RL 2008/115/EG verpflichtet. In seinem erstgenannten Urteil vom 11. März 2021 wiederholt der Gerichtshof vielmehr lediglich seine schon früher getroffene Aussage zu Art. 5 Buchstabe a) RL 2008/115/EG, dass das Kindeswohl nicht nur dann zu berücksichtigen ist, wenn Adressat der Rückkehrentscheidung der Minderjährige selbst ist, sondern auch dann, wenn Adressat sein Elternteil ist (Rn. 33, 43). Das Urteil enthält keine Aussage des Inhalts, dass die nationale Asylbehörde diese Kindeswohlprüfung bei ihrer Rückkehrentscheidung nicht mehr der Vollzugsentscheidung der Ausländerbehörde einschließlich der dagegen eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten vorbehalten dürfe. Auch dem zitierten Urteil vom 14. Januar 2021 lässt sich keine solche Aussage entnehmen. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Fall eines unbegleiteten Minderjährigen ist dem Fall des Klägers noch weniger vergleichbar. Insbesondere spielt die zentrale Frage dieses Verfahrens im vorliegenden Fall keine Rolle, wie und wann ein Mitgliedstaat zu prüfen hat, ob für den fraglichen unbegleiteten Minderjährigen im Rückkehrstaat eine geeignete Aufnahmemöglichkeit zur Verfügung steht (Rn. 55). 103Der Senat kann offenlassen, ob das Bundesamt zur Berücksichtigung der Belange nach Art. 5 Buchstaben a) und b) RL 2008/115/EG verpflichtet ist, wenn es nach § 11 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 75 Nr. 12 Alternative 1 AufenthG nach Ermessen über die Länge der Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots entscheidet. 104Dazu BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2017 ‑ 1 C 27.16 ‑, BVerwGE 157, 356, juris, Rn. 23, und vom 10. Juli 2012 ‑ 1 C 19.11 ‑, BVerwGE 143, 277, juris, Rn. 42; OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2016 ‑ 18 A 610/14 ‑, juris, Rn. 100. 105Denn der hier im Streit befindliche Bescheid vom 24. April 2013 enthält, wie bereits ausgeführt, kein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. 106Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG. 107Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711, § 713 ZPO. 108Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. | die berufung wird zurückgewiesen. der kläger trägt die kosten des berufungsverfahrens. gerichtskosten werden nicht erhoben. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung in entsprechender höhe sicherheit leistet. die revision wird nicht zugelassen. 1 | 2der kläger reiste nach eigenen angaben am 26. september 2010 in das bundesgebiet ein und beantragte am 1. oktober 2010 ohne vorlage von personalpapieren asyl. er gab in amharischer sprache an, er sei am xx. september 1989 in assab im heutigen eritrea geboren und eritreischer staatsangehöriger protestantischen glaubens. er gab an, ledig zu sein. am 17. februar 2016 erkannte er die vaterschaft für die am xx. märz 2016 in d. geborene polnische staatsangehörige n. l. an. für die am xx. januar 2021 in i. geborene deutsche staatsangehörige o. t. erkannte er die vaterschaft am 6. januar 2021 an. deren mutter befürwortete die umverteilung des klägers von c. an ihren wohnort i. , indem sie unter dem 10. märz 2021 an die bezirksregierung arnsberg schrieb, sie wolle mit ihm gern als familie zusammenleben, dies sei wichtig für ihre gemeinsame zukunft und auch die zukunft ihrer tochter. 3bei der anhörung durch das bundesamt für migration und flüchtlinge (bundesamt) am 12. oktober 2010 gab der kläger in amharischer sprache an, er habe zuletzt in assab unter der anschrift d1. t1. , block b, gewohnt. es müsse auch eine nummer gegeben haben, die er aber nicht mehr wisse. seine eltern hätten beide zur volksgruppe der tigrinya gehört. seine mutter sei gestorben, als er drei jahre alt gewesen sei. sein vater sei dann mit ihm nach bahir dar in den äthiopischen bundesstaat amhara gezogen. dort habe er die schule bis zur 8. klasse besucht und 2003 abgeschlossen. sein vater habe eines tages im jahr 2005 zu ihm gesagt, eine behörde habe ihm befohlen, aus äthiopien herauszugehen. das sei wegen der politischen situation gewesen. er sei mit seinem vater in einem auto von bahir dar losgefahren, durch die stadt mekele gekommen und irgendwo von dem auto abgesetzt worden. mit rucksäcken seien sie zu einem ort an der grenze zwischen äthiopien und eritrea gegangen, der von einer hilfsorganisation betreut worden sei. dort hätten sie weiße leute getroffen, die ihnen grüne ausweise und geld gegeben hätten. ungefähr einen monat lang seien sie dort gewesen. in assab hätten sie mit dem bruder seines vaters zusammengelebt, dessen name a. h. sei, er lebe im heimatland. der vater des klägers, o1. h. , sei in dieser zeit im kopf krank geworden, abgemagert und schließlich gestorben. er, der kläger, habe ihn die ganze zeit gepflegt und sich nur im haus aufgehalten. vor zwei jahren habe sein onkel für ihn bei der verwaltung von d1. t1. einen eritreischen personalausweis ausstellen lassen, der für zwei jahre gültig gewesen sei. im oktober 2009 sei er anhänger der pfingst-bewegung geworden. bei einer der versammlungen dieser bewegung habe die polizei das haus gestürmt und sie alle in das gefängnis wia gebracht, das etwa 50 oder 60 km von massawa entfernt liege. dort seien sie jeden zweiten oder dritten tag gefoltert worden („es war dort furchtbar“). eines tages sei sein onkel am abend gekommen, habe ihn aus diesem gefängnis „herausgenommen“. mit einem sammeltaxi sei er nach asmara gereist. von dort aus seien sie mit einem bus nach tesseney gefahren, sein onkel und er seien von dort zu fuß bis kassala gegangen. von kassala seien sie mit dem bus nach khartum gefahren. von dort aus sei er mit einem schlepper mit dem flugzeug nach frankfurt am main geflogen. dort habe er vier farbige getroffen, die gesagt hätten, er könne bei ihnen übernachten. er sei mit ihnen gegangen. sie hätten ihn dann vergewaltigt. bei erwähnung dieses ereignisses brach der kläger in tränen aus. 4zu seinen sprachkenntnissen gab der kläger an, er könne tigrinya verstehen, aber beim sprechen ein wenig schwierigkeiten bekommen. ihm sodann auf tigrinya gestellte fragen, etwa nach den namen, vornamen und der anschrift seiner eltern verstand der kläger auch nach mehrfacher wiederholung nicht und bat dann, ihn weiter auf amharisch zu befragen. 5mit bescheid vom 24. april 2013 lehnte das bundesamt die anerkennung als asylberechtigter (nr. 1) und die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft (nr. 2) ab, stellte fest, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 2 bis 7 aufenthg a. f. nicht vorliegen (nr. 3), und drohte dem kläger die abschiebung nach äthiopien an (nr. 4). er sei als äthiopischer staatsangehöriger geboren und habe nicht glaubhaft gemacht, die äthiopische staatsangehörigkeit verloren zu haben. sein vorbringen zu seiner eritreischen abstammung, seiner deportation nach eritrea, seinem dortigen aufenthalt seit 2005 und den dortigen ereignissen sei in wesentlichen punkten unsubstantiiert, unplausibel und weiche von auskünften ab. in der anhörung habe sich gezeigt, dass er allenfalls über äußerst minimale kenntnisse der sprache tigrinya verfüge. eine beherrschung dieser sprache sei aber zu erwarten, wenn er wirklich, wie behauptet, bei seinem tigrinischen vater aufgewachsen wäre und zusammen mit tigrinischen verwandten zwischen 2005 und 2010 in eritrea gelebt hätte. zudem widerspreche die behauptete deportation 2005 jeder wahrscheinlichkeit, weil in diesem jahr kaum noch äthiopische staatsangehörige eritreischer oder halberitreischer abstammung deportiert worden seien. unglaubhaft sei deshalb auch seine behauptung, sich der pfingstbewegung angeschlossen zu haben und deshalb verfolgt worden zu sein. 6gegen den bescheid hat der kläger am 6. mai 2013 klage erhoben und ergänzend geltend gemacht, sein vater sei in bahir dar gut situiert gewesen. er habe ein haus und ein auto gehabt. das habe ihm auch ermöglicht, nach beginn der deportationen während des äthiopisch-eritreischen kriegs in äthiopien zu verbleiben. er und sein vater seien 2005 nicht deportiert worden, sondern sie hätten das land „freiwillig“ unter dem druck verlassen, der auf den vater ausgeübt worden sei. sie seien wegen der angespannten situation aufgrund der wahlen nach assab in eritrea zurückgekehrt und hätten ihr eigentum in äthiopien zurückgelassen. darunter habe sein vater sehr gelitten, so dass dieser psychisch erkrankt und 2010 verstorben sei. er, der kläger, habe sich in eritrea versteckt gehalten, weil er die einberufung zum nationaldienst befürchtet habe. er habe sich nicht ausschließlich im haus aufgehalten, aber seinen vater gepflegt, nur wenig kontakte zur außenwelt gehabt und sich insoweit versteckt, als er die regelmäßigen „runden“ der sicherheitskräfte auf der suche nach wehrdienstpflichtigen umgangen habe. sein onkel habe ihn unterstützt. dieser habe der pfingstkirche angehört, auch dessen familie. auch er selbst, der kläger, sei über den onkel in kontakt zur mekane yesus kirche und deren priester e. gekommen. dieser priester habe ihn 2009 in einem kleinen privaten raum getauft. an einem sonntag im jahr 2010 habe er an einer versammlung der mitglieder der kirchengemeinde teilgenommen. sie seien festgenommen und nach wia gebracht worden. dort sei er fünf bis sechs monate im gefängnis gewesen, bevor der onkel ihn herausgeholt habe. es habe dort sehr wenig essen und trinken gegeben. er habe jetzt noch narben an den beinen von den stockschlägen, er sei auch mit eisenstangen geschlagen worden. außerdem seien sie mit wasser bespritzt worden. die schläge habe er am schlimmsten gefunden, da die gefangenen teilweise auch aus dem schlaf gerissen worden seien. er habe keine ärztliche behandlung bekommen, obwohl er malariaschübe gehabt habe. einmal habe er auch gelbfieber bekommen. sie seien mit 20 leuten in einem kleinen raum untergebracht gewesen, so dass sie kaum platz zum schlafen gehabt hätten. sie hätten im sitzen geschlafen. noch heute habe er rückenprobleme. manche gefangene seien psychisch krank gewesen. es sei zu schlägereien gekommen. zwei personen seien gestorben. 7der kläger hat die auffassung vertreten, als kind eritreischer eltern die eritreische staatsangehörigkeit zu besitzen. das bundesamt habe ihn zu unrecht als äthiopischen staatsangehörigen angesehen. diese staatsangehörigkeit habe er durch seine rückkehr nach eritrea im jahr 2005 verloren. seine geringen sprachkenntnisse in tigrinya sprächen weder gegen seine tigrinische volkszugehörigkeit noch gegen seine eritreische staatsangehörigkeit. assab sei traditionell ein gebiet, in dem amharisch noch weit verbreitet sei, da es nach der unabhängigkeit eritreas ein hauptzuwanderungsgebiet für in äthiopien geborene eritreer gewesen sei. insbesondere d1. t1. , wo er gelebt habe, sei das frühere zentrum äthiopischen lebens in eritrea. er hat bescheinigungen der ärztin für psychiatrie und psychotherapie t2. c1. aus der zeit zwischen dem 17. februar 2014 und dem 1. märz 2016 vorgelegt, nach welchen er seit dem 19. august 2013 in ihrer behandlung sei. sie gehe diagnostisch von einer seit längerem bestehenden depressiven entwicklung mit ausgeprägten schlafstörungen und anteilen einer posttraumatischen belastungsstörung (ptbs) aus. 8in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung hat der kläger ergänzende angaben zu seinem verfolgungsschicksal und zu seinem gesundheitszustand gemacht. wegen seiner ausführungen im einzelnen nimmt der senat auf die beiden terminprotokolle vom 20. januar und 19. februar 2016 bezug. im letztgenannten termin hat der kläger die klage zurückgenommen, soweit sie darauf gerichtet war, ihn unter aufhebung der nr. 1 des angefochtenen bescheids als asylberechtigten anzuerkennen. 9der kläger hat beantragt, 10die beklagte unter teilweiser aufhebung des bescheids des bundesamts vom 24. april 2013 zu verpflichten, ihm die flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären schutz zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass abschiebungsverbote nach § 60 abs. 5, abs. 7 satz 1 aufenthg vorliegen. 11die beklagte hat schriftsätzlich beantragt, 12die klage abzuweisen. 13mit dem angefochtenen urteil hat das verwaltungsgericht das verfahren im umfang der teilweisen klagerücknahme eingestellt und die klage im übrigen abgewiesen. der kläger sei äthiopischer, kein eritreischer staatsangehöriger. im zeitpunkt seiner geburt im jahr 1989 seien seine eltern äthiopische staatsangehörige gewesen, weil eritrea damals als staat im völkerrechtlichen sinn noch nicht bestanden habe. seine angaben zu seiner behaupteten eritreischen abstammung, seiner ausreise aus äthiopien nach eritrea im jahr 2005, zu seinem aufenthalt in eritrea ab dem jahr 2005 sowie zu seiner inhaftierung und folterung in eritrea seien unglaubhaft. er habe sich hinsichtlich seiner behauptung, nach seiner ankunft in der bundesrepublik deutschland vergewaltigt worden zu sein, im verwaltungsverfahren und im gerichtlichen verfahren in einen wesentlichen, nicht überzeugend aufgelösten widerspruch verwickelt. in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung habe er die frage des einzelrichters, ob ihm in der bundesrepublik deutschland einmal kriminelles unrecht widerfahren sei, zunächst verneint, und erst auf weitere nachfragen seiner prozessbevollmächtigten angegeben, sich nicht gezwungen sehen zu wollen, sich damit zu befassen. diese erklärung sei nicht überzeugend. denn er sei durchaus in der lage gewesen, von der behaupteten inhaftierung und folterung in eritrea zu berichten. dabei habe es sich, wenn man diese ereignisse als wahr unterstelle, um erlebnisse ebenfalls von einschneidender biographischer bedeutung gehandelt. weshalb er über diese, nicht aber auch über die im verwaltungsverfahren behauptete vergewaltigung habe berichten können, sei nicht plausibel. diese widersprüchlichkeit führe dazu, dass das gericht auch seinen angaben zu seiner behaupteten eritreischen abstammung, seiner ausreise aus äthiopien nach eritrea im jahr 2005, seinem nachfolgenden aufenthalt in eritrea sowie zu seiner inhaftierung und folterung in eritrea keinen glauben schenken könne. 14gegen das ihm am 9. märz 2016 zugestellte urteil hat der kläger am 8. april 2016 die zulassung der berufung beantragt. mit beschluss vom 15. januar 2018 hat der senat die berufung zugelassen. 15der kläger vertritt weiterhin die auffassung, er sei entgegen der auffassung des bundesamts allein eritreischer staatsangehöriger. wegen seiner abstammung von eritreischen eltern habe er mit der unabhängigkeitserklärung eritreas am 24. mai 1993 auch als damals in äthiopien lebende person die eritreische staatsangehörigkeit erworben. zugleich habe er die äthiopische staatsangehörigkeit automatisch verloren. jedenfalls habe er diese aber dadurch verloren, dass die äthiopischen behörden äthiopier eritreischer herkunft und deren kinder in der zeit nach mai 1998 als eritreische staatsbürger klassifiziert hätten. auch seine ausreise nach eritrea unterstreiche, dass er die eritreische staatsangehörigkeit erworben, jedenfalls aber die äthiopische staatsangehörigkeit verloren habe. die ausreise stelle aus der sicht des äthiopischen staats eine handlung dar, mit der er sich freiwillig einem anderen staat unterstellt habe. außerdem habe er von den eritreischen behörden einen personalausweis erhalten, der zwei jahre gültig gewesen sei. im hinblick auf äthiopien lägen die voraussetzungen eines nationalen abschiebungsverbots vor, weil er tigrinischer volkszugehöriger sei, an einer behandlungsbedürftigen ptbs und einer depression leide und sich deshalb nach wie vor in psychiatrischer behandlung befinde. ein abbruch der behandlung führe zu einer wesentlichen verschlechterung seines gesundheitszustands bis hin zum suizid. die abschiebungsandrohung sei rechtswidrig, weil das bundesamt ausweislich neuerer rechtsprechung des europäischen gerichtshofs (eugh) unionsrechtlich verpflichtet sei, nunmehr als inlandsbezogene vollstreckungshindernisse auch gesichtspunkte des familienschutzes mit zu berücksichtigen, hier insbesondere die familiäre bindung des klägers zu seiner deutschen tochter. 16der kläger beantragt, 17das angefochtene urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen klageantrag zu erkennen. 18die beklagte beantragt schriftsätzlich, 19die berufung zurückzuweisen. 20sie verweist zur begründung auf die ausführungen im bescheid vom 24. april 2013 und im angefochtenen urteil. selbst wenn man unterstelle, dass der kläger die eritreische staatsangehörigkeit erworben habe, besitze er auf jeden fall nach wie vor die äthiopische staatsangehörigkeit. diese habe er nur verloren, wenn er sie aufgegeben und eine fremde staatsangehörigkeit erworben habe, etwa durch die beantragung einer eritreischen id-card oder die teilnahme am eritreischen unabhängigkeitsreferendum. das sei vorliegend jedoch nicht der fall. 21wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes nimmt der senat auf den inhalt der gerichtsakten sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge des bundesamts, der bezirksregierung arnsberg und des landrates des kreises d. als ausländerbehörde bezug. 22 | 23der senat entscheidet über die berufung durch den vorsitzenden als berichterstatter, weil sich die beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 87a abs. 2, 3, § 125 abs. 1 vwgo). 24streitgegenstände des berufungsverfahrens wie auch des erstinstanzlichen urteils sind und waren alle im bescheid des bundesamts vom 24. april 2013 getroffenen entscheidungen mit ausnahme der ablehnung des antrags auf anerkennung als asylberechtigter nach art. 16a abs. 1 gg in nr. 1 dieses bescheids. diese ablehnung ist dadurch bestandskräftig geworden, dass der kläger die darauf bezogene klage in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung zurückgenommen hat (s. 15 des terminprotokolls). über das begehren des klägers auf zuerkennung subsidiären unionsrechtlichen abschiebungsschutzes nach § 4 asylg, § 60 abs. 2 aufenthg hat das bundesamt in nr. 3 des bescheids auf der grundlage des § 60 abs. 2 bis 7 aufenthg in der bis zum 30. november 2013 geltenden fassung als teil des nationalen abschiebungsschutzes entschieden. erst mit dem inkrafttreten des § 4 asylg und der änderung des § 60 abs. 2 aufenthg zum 1. dezember 2013 ist das begehren auf zuerkennung subsidiären unionsrechtlichen abschiebungsschutzes nach § 4 asylg, § 60 abs. 2 aufenthg eigenständiger streitgegenstand des erstinstanzlichen klageverfahrens geworden. die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 asylg, die das bundesamt in nr. 2 seines bescheids vom 24. april 2013 abgelehnt hat, und die zuerkennung subsidiären schutzes nach § 4 asylg stehen im verhältnis von haupt- und hilfsbegehren. 25bverwg, urteil vom 19. april 2018 ‑ 1 c 29.17 ‑, bverwge 162, 44, juris, rn. 45, vgl. auch urteile vom 21. november 2017 ‑ 1 c 39.16 ‑, bverwge 161, 1, juris, rn. 16, vom 13. februar 2014 ‑ 10 c 6.13 ‑, nvwz-rr 2014, 487, juris, rn. 11 f., zur rechtslage vor dem 1. dezember 2013 bverwg, urteile vom 31. januar 2013 ‑ 10 c 15.12 ‑, bverwge 146, 12, juris, rn. 11, und vom 17. november 2011 ‑ 10 c 13.10 ‑, auas 2012, 64, juris, rn. 11. 26die berufung ist zulässig, aber unbegründet. das verwaltungsgericht hat die klage im so definierten umfang zu recht abgewiesen. soweit sie die zuerkennungs- und feststellungsbegehren des klägers betrifft, ist sie als verpflichtungsklage nach § 42 abs. 1 alternative 2 vwgo statthaft. die auf diese begehren bezogene klage ist lediglich insoweit unzulässig, als sie auf die feststellung eines nationalen abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5, abs. 7 satz 1 aufenthg in bezug auf den staat eritrea gerichtet ist. das hat das verwaltungsgericht unter b. b) des angefochtenen urteils (s. 20) zutreffend entschieden. für diesen teil des klagebegehrens besteht kein rechtsschutzbedürfnis. in der regel besteht kein rechtsschutzbedürfnis für eine klage auf vorsorgliche feststellung von abschiebungshindernissen bezüglich anderer als der in der abschiebungsandrohung benannten staaten. 27bverwg, urteil vom 4. dezember 2001 ‑ 1 c 11.01 ‑, bverwge 115, 267, juris, rn. 12 f.; ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021 ‑ 19 a 2373/17.a ‑, juris, rn. 20, beschluss vom 29. juni 2020 ‑ 19 a 1420/19.a ‑, juris, rn. 25. 28hier hat das bundesamt über abschiebungsverbote lediglich betreffend äthiopien, nicht aber auch betreffend eritrea entschieden. es war auch nicht verpflichtet, über abschiebungsverbote betreffend eritrea zu entscheiden, weil der kläger, wie unten noch näher auszuführen sein wird, zumindest auch äthiopischer staatsangehöriger ist und das bundesamt ihm die abschiebung ausschließlich in die demokratische bundesrepublik äthiopien angedroht hat. der kläger hat ferner keinen berechtigten anlass zu befürchten, nach eritrea abgeschoben zu werden. selbst wenn das bundesamt ihm gleichwohl die abschiebung nach eritrea androhen sollte, stünde ihm gegen diese zielstaatsbestimmung eigenständig rechtsschutz offen. 29vgl. ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021, a. a. o., rn. 22, beschlüsse vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 27, und vom 13. januar 2020 ‑ 19 a 2730/19.a ‑, juris, rn. 3 ff. m. w. n. 30im übrigen ist die auf die zuerkennungs- und feststellungsbegehren des klägers bezogene klage zulässig, aber unbegründet. der kläger hat weder einen anspruch auf die mit seinem hauptantrag verfolgte zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 asylg (a.) noch auf die mit seinem ersten hilfsantrag begehrte zuerkennung subsidiären unionsrechtlichen abschiebungsschutzes nach § 4 abs. 1 asylg (b.) noch auf die mit seinem weiteren hilfsantrag geltend gemachte feststellung eines nationalen abschiebungsverbots nach § 60 abs. 5, abs. 7 satz 1 aufenthg einschließlich der feststellung eines abschiebungsverbots in verfassungskonformer anwendung des § 60 abs. 7 sätze 1 und 6 aufenthg (c.). die diese streitgegenstände betreffenden ablehnenden teilentscheidungen des bundesamts in den nrn. 2 und 3 seines bescheids vom 24. april 2013 sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo). die klage gegen die abschiebungsandrohung mit der zielstaatsbestimmung äthiopien in nr. 4 dieses bescheids (d.) ist als anfechtungsklage nach § 42 abs. 1 alternative 1 vwgo statthaft und auch im übrigen zulässig, aber ebenfalls unbegründet. auch diese entscheidung ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 31a. der kläger hat keinen anspruch auf die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 und 4 asylg, § 60 abs. 1 aufenthg, art. 9, 10 rl 2011/95/eu. gemäß § 3 abs. 4 asylg wird einem ausländer, der flüchtling nach § 3 abs. 1 asylg ist, die flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die voraussetzungen des § 60 abs. 8 satz 1 aufenthg oder das bundesamt hat nach § 60 abs. 8 satz 3 aufenthg von der anwendung des § 60 abs. 1 aufenthg abgesehen. gemäß § 3 abs. 1 asylg ist ein ausländer flüchtling im sinne des abkommens vom 28. juli 1951 über die rechtsstellung der flüchtlinge (bgbl. 1953 ii s. 559, 560), wenn er sich aus begründeter furcht vor verfolgung wegen seiner rasse, religion, nationalität, politischen überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe außerhalb des landes (herkunftsland) befindet, dessen staatsangehörigkeit er besitzt und dessen schutz er nicht in anspruch nehmen kann oder wegen dieser furcht nicht in anspruch nehmen will. das herkunftsland des klägers ist die demokratische bundesrepublik äthiopien (i.). dort ist für ihn keine furcht vor verfolgung wegen der in § 3 abs. 1 nr. 1, § 3b asylg bezeichneten verfolgungsgründe begründet (ii.). 32i. als herkunftsland des klägers im sinn des § 3 abs. 1 nr. 2 buchstabe a) asylg haben das bundesamt und das verwaltungsgericht im ergebnis zutreffend die demokratische bundesrepublik äthiopien bestimmt. denn der kläger ist äthiopischer staatsangehöriger. er hat die äthiopische staatsangehörigkeit durch seine geburt erworben (1.) und bis heute nicht verloren (2.). unerheblich ist, ob er neben der äthiopischen auch die eritreische staatsangehörigkeit besitzt (3.). 331. durch seine nach eigenen angaben am xx. september 1989 in assab im heutigen eritrea erfolgte geburt von äthiopischen eltern tigrinischer volkszugehörigkeit hat der kläger die äthiopische staatsangehörigkeit erworben. dieser erwerb richtete sich nach art. 1 des äthiopischen staatsangehörigkeitsgesetzes (äthstag 1930) vom 22. juli 1930, das bis zum 22. dezember 2003 in kraft war (art. 27 des äthiopischen staatsangehörigkeitsgesetzes (äthstag) vom 23. dezember 2003). danach war äthiopischer staatsangehöriger, wer als kind eines äthiopischen vaters oder einer äthiopischen mutter in äthiopien oder außerhalb geboren wurde. 34dazu vgl. ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021, a. a. o., rn. 27 ff., beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 32 ff.; vg münster, urteil vom 30. november 2020 ‑ 9 k 2206/17.a ‑, juris, rn. 39 (vorinstanz zu 19 a 177/21.a). 35legt man die angaben des klägers in der anhörung durch das bundesamt, in der klagebegründung vom 19. juli 2013 und in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung zur abstammung von seinen eltern und großeltern väterlicherseits sowie zu seinem geburtsdatum und seinem geburtsort zugrunde, so hat er mit seiner geburt am xx. september 1989 in der damals noch zu äthiopien gehörenden hafenstadt assab nach art. 1 äthstag 1930 die äthiopische staatsangehörigkeit erworben, weil er als kind eines äthiopischen vaters und einer äthiopischen mutter in äthiopien geboren wurde, auch wenn beide elternteile tigrinischer volkszugehörigkeit waren. denn danach war sein 2010 verstorbener vater o1. h1. etwa im jahr 1958 in assab geboren und stammte wiederum dessen vater h1. i1. , den der kläger noch kennengelernt hat und an den er sich zumindest bei seiner anhörung durch das bundesamt noch ein wenig erinnern konnte, aus der knapp 500 km weiter nördlich gelegenen, damals ebenfalls noch zu äthiopien gehörenden hafenstadt massawa. seine etwa 1992 verstorbene mutter b. m. stammte danach ebenfalls aus assab. dass seine eltern am xx. september 1989 anstelle der äthiopischen die eritreische staatsangehörigkeit besessen haben könnten, ist auszuschließen. denn das gebiet des erst seit dem 24. mai 1993 unabhängigen staates eritrea war zu diesem zeitpunkt noch eine unselbstständige provinz äthiopiens. wer der dort lebenden eingeborenen bevölkerung angehörte, wurde international als äthiopischer staatsangehöriger angesehen. 36ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021, a. a. o., rn. 31 f., beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 36 f. m. w. n. 372. der kläger hat seine durch geburt erworbene äthiopische staatsangehörigkeit auch bis heute nicht verloren. 38a) entgegen seiner auffassung haben weder das entstehen des staates eritrea am 24. mai 1993 noch die äthiopische deportations- und ausbürgerungspraxis in der zeit zwischen mai 1998 und frühjahr 2002 zu einem verlust seiner äthiopischen staatsangehörigkeit geführt. vormals äthiopische staatsangehörige eritreischer abstammung, die am 24. mai 1993, dem tag der unabhängigkeit eritreas, auf dem gebiet des heutigen äthiopien lebten, haben ihre äthiopische staatsangehörigkeit entgegen einer in der erstinstanzlichen rechtsprechung früher vereinzelt vertretenen auffassung nicht an diesem tag kraft gesetzes nach art. 11 buchstabe a) äthstag 1930 durch einen etwaigen erwerb der eritreischen staatsangehörigkeit verloren. 39ovg nrw, beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 102 ff. m. w. n.; vg bremen, urteil vom 23. februar 2021 ‑ 7 k 445/19 ‑, juris, rn. 56. 40auch die genannte äthiopische deportations- und ausbürgerungspraxis führte aus der nachträglichen sicht der äthiopischen behörden auf der grundlage des am 23. dezember 2003 in kraft getretenen äthstag und der direktive des äthiopischen außenministeriums zur bestimmung des aufenthaltsstatus von eritreern in äthiopien vom 19. januar 2004 zu einem fortdauernden verlust der äthiopischen staatsangehörigkeit nur bei den tatsächlich nach eritrea deportierten oder „freiwillig“ ausgereisten und bis januar 2004 dort verbliebenen personen eritreischer abstammung, nicht aber auch bei denjenigen, die ‑ wie der kläger und sein vater in bahir dar ‑, von den deportations- und zwangsmaßnahmen verschont geblieben waren und ihren aufenthalt in äthiopien hatten beibehalten können. wer aus diesem personenkreis ‑ wie der kläger und sein vater ‑ vom 24. mai 1993 bis zum 19. januar 2004 permanent in äthiopien lebte, konnte sich entweder im registrierungsverfahren nach art. 4.2, art. 5.1 der direktive unmittelbar als äthiopischer staatsangehöriger anerkennen oder aber nach art. 22 abs. 1 äthstag, art. 4.3 der direktive wiedereinbürgern lassen. die weitaus überwiegende mehrzahl der in äthiopien lebenden menschen eritreischer abstammung konnte auf einem dieser wege ihren aufenthaltsstatus als äthiopische staatsbürger offiziell klären und alle damit verbundenen bürgerlichen rechte auch faktisch wiedererlangen. viele von ihnen erhielten ihr eigentum und ihre zuvor gehaltenen geschäftslizenzen und führerscheine zurück. die überwiegende zahl dieser personen wurde tatsächlich als äthiopische staatsbürger anerkannt, insbesondere stellten ihnen die kebele-verwaltungen wieder die für äthiopische staatsangehörige vorgesehenen identitätskarten aus. insofern wurden das äthstag und die direktive auf in äthiopien wohnhafte personen eritreischer abstammung grundsätzlich fair angewandt. 41ovg nrw, beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 123 ff., 130 ff., 137 ff. 42auf der grundlage der angaben des klägers spricht überwiegendes dafür, dass auch sein vater im jahr 2004 keine schwierigkeiten hatte, sich und seinen damals 15-jährigen sohn bei den registrierungsbehörden in bahir dar als äthiopische staatsangehörige eritreischer abstammung registrieren zu lassen. denn der kläger hat mitgeteilt, dass sein vater in bahir dar zuletzt gut situiert gewesen sei, dort insbesondere ein haus und ein auto gehabt habe, weshalb beide von den deportationen während des äthiopisch-eritreischen krieges jedenfalls bis 2005 verschont geblieben seien. 43auch der kläger selbst bezeichnet es in seiner klagebegründung vom 19. juli 2013 lediglich als „denkbar“, dass der vater der direktive vom 19. januar 2004 keine folge geleistet haben könnte und deshalb noch im jahre 2005 einer „freiwilligen“ repatriierung oder deportation ausgesetzt gewesen sein könnte. beachtlich wahrscheinlich ist dies indessen nicht, denn diese personen wurden regelmäßig nicht mehr, wie in den jahren 1998 bis 2002, zwangsweise nach eritrea zurückverbracht, sondern verpflichtet, ihren aufenthalt in einem der flüchtlingslager für eritreer in nordäthiopien zu nehmen. 44ovg nrw, beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 140 ff. 45ein solcher aufenthalt in einem der flüchtlingslager für eritreer in nordäthiopien lässt sich dem vorbringen des klägers nicht entnehmen. soweit er in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung vom 19. februar 2016 als „kindheitserinnerung“ aus seinem immerhin schon 16. lebensjahr von einem „auffanglager“ und einer präsenz von hilfsorganisationen gesprochen hat, die ihre dienste angeboten hätten (ähnlich in der mündlichen verhandlung vor dem senat), hat er diese ausdrücklich auf die „eritreische seite der grenze“ lokalisiert. ein hinreichender anhaltspunkt für eine verortung dieses lagers auf der äthiopischen seite der grenze ergibt sich auch nicht aus seinen angaben in der anhörung beim bundesamt. dort hatte er angegeben, sein vater und er seien mit rucksäcken „zu einem ort an der grenze zwischen äthiopien und eritrea“ gegangen, der von einer hilfsorganisation betreut worden sei und an dem sie während ihres aufenthalts von ungefähr einem monat weiße leute getroffen hätten, die ihnen grüne ausweise für flüchtlinge und geld gegeben hätten. unabhängig davon sind die angaben des klägers zu diesem behaupteten aufenthalt an der äthiopisch-eritreischen grenze aus den unten noch näher darzulegenden gründen unglaubhaft. die widersprüche, in welche der kläger sich insoweit verwickelt hat, erstrecken sich insbesondere auch auf die frage, ob die reise von äthiopien nach eritrea in begleitung von äthiopischen sicherheitskräften stattfand, oder ob sein vater und er, wie es seine prozessbevollmächtigte in der klagebegründung behauptet hat, ohne eine solche begleitung „freiwillig“ gereist sind. 46b) der kläger hat seine äthiopische staatsangehörigkeit auch nicht durch die behauptete flucht seines vaters mit ihm aus der äthiopischen provinzhauptstadt bahir dar zurück nach assab im jahr 2005 und den sich daran angeblich anschließenden fünfjährigen aufenthalt in dieser eritreischen hafenstadt verloren. seine behauptung dieses fünfjährigen aufenthalts in assab ist unglaubhaft. zur überzeugung des senats steht nach dem eindruck vom kläger in der zweitinstanzlichen mündlichen verhandlung vielmehr fest, dass er in dieser stadt nicht für einen längeren zeitraum gelebt haben kann, und dass darüber hinaus zweifelhaft ist, ob er sie überhaupt jemals betreten hat. er hat im verlauf seiner persönlichen vernehmungen angaben gemacht, die sich mit den realen lebensbedingungen in eritrea nur so schwer vereinbaren lassen, dass sie deshalb durchgreifend gegen den wahrheitsgehalt seiner behauptung sprechen, sich vom 16. bis zum 21. lebensjahr und damit ganz überwiegend im dienstpflichtigen alter in eritrea aufgehalten zu haben und während dieser zeit trotz mehrerer behaupteter unmittelbarer oder mittelbarer kontakte mit eritreischen sicherheitskräften und behörden einer einziehung zum nationaldienst entgangen zu sein. das gilt sowohl für seine schilderung der angeblichen flucht mit seinem vater im jahr 2005 aus bahir dar nach eritrea (aa)), vor allem aber für sein behauptetes zurückgezogenes leben mit dem pflegebedürftigen vater bei seinem onkel in assab im stadtteil d1. t1. über fünf jahre hinweg zwischen 2005 und 2010 (bb)), als auch für die angebliche haft mit folter im gefängnis wia im jahr 2010 (cc)). 47aa) wenig realitätsgerecht sind zunächst die angaben des klägers zu der angeblichen flucht mit seinem vater im jahr 2005 aus der äthiopischen stadt bahir dar nach eritrea. hierzu hat er in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung am 19. februar 2016 behauptet, sein vater und er hätten die äthiopisch-eritreische grenze zu fuß überquert und seien dann auf der anderen seite von eritreischen soldaten in empfang genommen, körperlich durchsucht und dann in einem auffanglager untergebracht worden. wenig plausibel an dieser behauptung eines unmittelbaren kontakts mit eritreischen grenzsoldaten sofort beim grenzübertritt ist, dass er sich dadurch der gefahr einer sofortigen rekrutierung zum nationaldienst ausgesetzt hätte. auch wenn das dienstpflichtige alter für eritreische jugendliche nach der gesetzeslage erst mit dem volljährigkeitsalter von 18 jahren beginnt, sind in der praxis durchaus fälle von eritreischen minderjährigen zwischen 14 und 17 jahren dokumentiert, welche die eritreischen sicherheitskräfte in razzien rekrutiert haben, weil sie aufgrund ihres aussehens und der einschätzung ihres alters als körperlich tauglich erschienen. 48ovg nrw, beschluss vom 21. september 2020 ‑ 19 a 1857/19.a ‑, asylmagazin 2020, 372, juris, rn. 54. 49auch der kläger selbst hat sich in seiner klagebegründung vom 13. januar 2016 unter hinweis auf eine auskunft der schweizerischen flüchtlingshilfe (sfh) darauf berufen, dass in eritrea „auch minderjährige zwangsrekrutiert werden“ und er deshalb „aus angst, zum wehrdienst eingezogen zu werden“, „nur wenig kontakt zur außenwelt gehabt“ habe, „nachdem er in eritrea eingetroffen war.“ wenig plausibel erscheint dann aber, dass sein vater und er sich angeblich sogleich nach dem grenzübertritt in die hände eritreischer grenzsoldaten begeben haben, anstatt einen unkontrollierten weg nach eritrea außerhalb eines überwachten grenzübergangs zu wählen. 50hierfür liefert auch die schilderung des klägers keine plausible erklärung, „mit einem polizeiwagen abgeholt“, „zur äthiopisch-eritreischen grenze gebracht“ und dann „aufgefordert“ worden zu sein, „zu fuß die grenze zu überqueren.“ denn auch diese behauptungen sind unglaubhaft, weil der kläger den ablauf der ausreise seines vaters mit ihm aus äthiopien wiederholt als zwangsweise und begleitete rückführung („deportation“), einmal hingegen ausdrücklich als unbegleitetes verlassen des landes „unter druck“ („freiwillig“) geschildert hat: seine äußerungen beim bundesamt deuteten zunächst auf eine begleitete rückführung hin („uns dies befohlen worden“, „irgendwo hat uns das auto abgesetzt“). in der klagebegründung modifizierte seine prozessbevollmächtigte sodann diese schilderung mit der ausdrücklichen klarstellung: „es handelte sich dabei nicht um eine begleitete rückführung wie in den jahren 1998 bis 2000. vielmehr wurde druck auf den vater ausgeübt, das land zu verlassen.“ diese version hat der kläger sodann ebenso ausdrücklich konterkariert mit seiner schilderung in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung am 19. februar 2016, dass sein vater „einen schriftlichen ausweisungsbescheid bekommen“ habe und er und sein vater dann „ein paar tage später … mit einem polizeiwagen abgeholt“, „zur äthiopisch-eritreischen grenze gebracht“ und „dann aufgefordert“ worden seien, zu fuß die grenze zu überqueren. für diesen zweifachen versionswechsel liefert auch der hinweis in der klagebegründung keine plausible erklärung, der damals noch minderjährige kläger habe bei seiner schilderung in der anhörung beim bundesamt „nicht genau differenzieren“ können, „ob es sich um eine ‚freiwillige‘ oder zwangsweise rückkehr gehandelt hat.“ denn bereits das bundesamt hatte ihm im zusammenhang mit der angeblichen rückkehr nach eritrea im jahr 2005 zu recht vorgehalten, dass er zu diesem zeitpunkt 16 jahre alt gewesen sei. abgesehen davon vermag das von der prozessbevollmächtigten angeführte altersbedingt mangelnde differenzierungsvermögen keine plausible erklärung für die grundlegend verschiedenen darstellungen zu liefern, weil der kläger insbesondere in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung am 19. februar 2016 lediglich eigene beobachtungen („polizeiwagen“) und ihm gegenüber getätigte äußerungen seines vaters wiedergegeben hat („schriftlicher ausweisungsbescheid“). 51unabhängig davon ist seine behauptung einer flucht des vaters mit ihm im jahr 2005 als damals 16-jährigem jugendlichen zurück in ihrer beider angeblichen geburtsort assab im zwischenzeitlich eigenständigen kommunistisch-diktatorischen staat eritrea schon unter berücksichtigung der damaligen historischen situation im ausgangspunkt sehr unwahrscheinlich. denn der vater hatte, wie bereits ausgeführt, seit anfang 2004 die möglichkeit, seinen status als eritreisch-stämmiger äthiopier in bahir dar offiziell zu klären, indem er sich entweder als äthiopischer staatsangehöriger eritreischer abstammung registrieren ließ oder aber, falls man ihn als eritreischen staatsangehörigen ansah, sich wiedereinbürgern zu lassen. wenig realitätsgerecht ist schließlich seine behauptung, der vater sei bis dahin wegen seines hauses, seines autos und seines berufes als automechaniker von den allgemeinen deportations- und repatriierungsmaßnahmen des äthiopischen staates gegenüber personen eritreischer abstammung verschont geblieben. eher umgekehrt zielten die äthiopier in der praktischen umsetzung der deportationen vielmehr oftmals gerade auch auf die vermögenswerte der eritreer. 52bb) maßgeblich gegen die glaubhaftigkeit seines behaupteten eritrea-aufenthaltes zwischen 2005 und 2010 sprechen die angaben des klägers zu seinem angeblich zurückgezogenen leben mit seinem pflegebedürftigen vater bei seinem onkel in assab im stadtteil d1. t1. über fünf jahre hinweg bis zu der angeblichen festnahme im jahr 2010. hierzu hatte er in der anhörung durch das bundesamt am 12. oktober 2010 behauptet, er habe in assab „mit dem bruder meines vaters zusammengelebt“, „die ganze zeit meinen vater gepflegt“, sich „nur im haus aufgehalten“, als „einzigen kontakt“ denjenigen zu seinem onkel gehabt, und „vor zwei jahren“ ‑ also im jahr 2008 ‑ habe sein onkel für ihn bei der verwaltung von d1. t1. einen eritreischen personalausweis ausstellen lassen, der für zwei jahre gültig gewesen sei. diese behauptungen hat seine prozessbevollmächtigte in ihren schriftlichen klagebegründungen dahin modifiziert, dass er „sich nicht ausschließlich im haus aufgehalten“, „aber seinen vater gepflegt“, „aus angst, zum wehrdienst eingezogen zu werden … nur wenig kontakte zur außenwelt gehabt“ und „sich insoweit versteckt [zu haben], als er die regelmäßigen ‚runden‘ der sicherheitskräfte auf der suche nach wehrdienstpflichtigen umgangen“ habe. 53zunächst liegt in dieser darstellung wiederum ein wechsel zwischen zwei verschiedenen versionen (aufenthalt „nur im haus“ oder „nicht ausschließlich im haus aufgehalten“), für den der kläger keine plausible erklärung geliefert hat, und der daher auf die unglaubhaftigkeit des fraglichen vorbringens führt. unabhängig davon ist aber mit keiner dieser beiden versionen vereinbar, dass der kläger sich angeblich einen personalausweis hat ausstellen lassen und damit noch nahezu zwei jahre in assab aufgehalten hat, ohne in dieser zeit zum nationaldienst eingezogen worden zu sein. angesichts der bedeutung des nationaldienstes in eritrea erscheint es als nahezu ausgeschlossen, dass die verwaltung von d1. t1. einem 19-jährigen dienstpflichtigen einen eritreischen personalausweis ausstellt, ohne zugleich seine sofortige einziehung zum nationaldienst zu veranlassen. keine plausible erklärung für diesen widerspruch liegt in der antwort des klägers auf den vorhalt, ob er spezifizieren könne, welcher teil der verwaltung von d1. t1. ihm den ausweis ausgestellt habe. seine antwort, er wisse das nicht, weil sein onkel dies für ihn gemacht habe, ändert nichts daran, dass er sich auch mit der einschaltung seines onkels der gefahr der einziehung zum nationaldienst ausgesetzt haben würde. auch in der mündlichen verhandlung vor dem senat vermochte der kläger diesen gravierenden inneren widerspruch in seiner verfolgungsgeschichte nicht plausibel aufzulösen. im gegenteil verwickelte er sich hierzu in weitere widersprüche, die erkennen ließen, dass er mit den realen lebensverhältnissen eines 19-jährigen dienstpflichtigen in eritrea auch nicht ansatzweise vertraut ist (fehlende kenntnis der staatsgewalt von seinem genauen aufenthaltsort, obwohl er zugab, dass die anschrift im personalausweis stand). 54realitätsfern ist schließlich die vom kläger angegebene gültigkeitsdauer des ausweises von zwei jahren. bis februar 2014 stellte der staat eritrea jedem volljährigen eritreischen staatsangehörigen die schon 1992 vor der unabhängigkeit eingeführte hellblaue identitätskarte („tasera“) aus, in der kein ablaufdatum eingetragen war. 55schweizerisches staatssekretariat für migration (sem), focus eritrea ‑ identitäts- und zivilstandsdokumente, 21. januar 2021, s. 19 f. 56cc) sind danach die angaben des klägers zu seinem behaupteten aufenthalt in assab von 2005 bis 2010 unglaubhaft, so gilt dasselbe auch für die behauptete festnahme mit anschließender haftverbüßung mit folter im gefängnis wia im jahr 2010, die behauptete befreiung aus diesem gefängnis durch seinen onkel und die angeblich gemeinsame flucht mit ihm bis in die sudanesische hauptstadt khartum. 57c) andere verlustgründe für die äthiopische staatsangehörigkeit des klägers als seine unglaubhafte flucht mit seinem vater nach assab im jahr 2005 kann der senat nicht feststellen. für eine teilnahme seiner eltern am unabhängigkeitsreferendum für den staat eritrea im jahr 1992 ergeben sich aus den angaben des klägers keine anhaltspunkte. im übrigen bestehen auch keine glaubhaften anhaltspunkte dafür, dass der kläger in bahir dar oder im t1. zu irgendeinem zeitpunkt rechte aus einer ihm wegen seiner eritreischen abstammung etwa zuerkannten eritreischen staatsangehörigkeit ausgeübt hat. 58vgl. dazu ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021, a. a. o., rn. 43 f., beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 165 ff. 593. besitzt der kläger hiernach die äthiopische staatsangehörigkeit, ist für alle streitgegenstände des vorliegenden rechtsstreits unerheblich, ob er daneben auch die eritreische staatsangehörigkeit besitzt. 60das gilt zunächst für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nach § 3 abs. 1 asylg. personen, die zwei oder mehr staatsangehörigkeiten besitzen, kann die flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden, wenn sie den schutz eines der länder ihrer staatsangehörigkeit in anspruch nehmen können. das ergibt sich aus dem grundsatz der subsidiarität des internationalen flüchtlingsschutzes, der den einschlägigen normen sowohl der rl 2011/95/eu als auch des asylg zugrunde liegt. 61bverwg, beschlüsse vom 18. dezember 2019 ‑ 1 c 2.19 ‑, buchholz 402.251 § 26 asylg nr. 2, juris, rn. 13, und vom 14. juni 2005 ‑ 1 b 142.04 ‑, buchholz 402.25 § 1 asylvfg nr. 307, juris, rn. 4; vgl. auch urteil vom 2. august 2007 ‑ 10 c 13.07 ‑, bverwge 129, 155, juris, rn. 9 (zur rl 2004/83/eg); ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021, a. a. o., rn. 46 f., beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 186 f.; vg münster, urteil vom 30. november 2020, a. a. o., rn. 19. 62dasselbe gilt auch für die zuerkennung subsidiären schutzes nach § 4 abs. 1 asylg. 63ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021, a. a. o., rn. 48 f., beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 188 f.; sächs. ovg, beschluss vom 3. märz 2020 ‑ 6 a 593/18.a ‑, juris, rn. 18. 64für das begehren des klägers auf feststellung eines nationalen abschiebungsverbotes nach § 60 abs. 5, abs. 7 satz 1 aufenthg hinsichtlich des staates eritrea besteht aus den eingangs schon näher ausgeführten gründen kein rechtsschutzbedürfnis. 65ii. ist hiernach die demokratische bundesrepublik äthiopien das herkunftsland des klägers im sinn des § 3 abs. 1 nr. 2 buchstabe a) asylg, so droht ihm dort keine flüchtlingsschutzrelevante verfolgung. 66gemäß § 3a abs. 1 nrn. 1 und 2 asylg gelten handlungen als verfolgung im sinn des § 3 abs. 1 asylg, die aufgrund ihrer art oder wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende verletzung der grundlegenden menschenrechte darstellen, insbesondere der rechte, von denen nach art. 15 abs. 2 der konvention vom 4. november 1950 zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten (europäische menschenrechtskonvention ‑ emrk, bgbl. 1952 ii s. 685, 953) keine abweichung zulässig ist (nr. 1), oder die in einer kumulierung unterschiedlicher maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine person davon in ähnlicher wie der in nr. 1 beschriebenen weise betroffen ist (nr. 2). diese legaldefinition der verfolgungshandlung setzt die vorgaben aus art. 9 abs. 1 rl 2011/95/eu um. § 3a abs. 2 asylg nennt einzelne regelbeispiele von verfolgungshandlungen, die nicht abschließend sind und die im einklang mit art. 9 abs. 2 rl 2011/95/eu stehen. die annahme einer verfolgungshandlung setzt einen gezielten eingriff in ein nach art. 9 abs. 1 rl 2011/95/eu geschütztes rechtsgut voraus. 67bverwg, urteile vom 4. juli 2019 ‑ 1 c 31.18 ‑, infauslr 2019, 459, juris, rn. 12, und vom 19. april 2018, a. a. o., rn. 11. 68§ 3b abs. 1 asylg konkretisiert die in § 3 abs. 1 asylg genannten verfolgungsgründe (rasse, religion, nationalität, politische überzeugung oder zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen gruppe). gemäß § 3b abs. 2 asylg ist es bei der bewertung der frage, ob die furcht eines ausländers vor verfolgung begründet ist, unerheblich, ob dieser tatsächlich die flüchtlingsschutzrelevanten merkmale aufweist, sofern ihm diese von seinem verfolger zugeschrieben werden. 69die verfolgungshandlung muss darauf gerichtet sein, den von ihr betroffenen gerade in anknüpfung an einen oder mehrere verfolgungsgründe zu treffen. ob die verfolgungshandlung „wegen“ eines verfolgungsgrundes erfolgt, mithin auf einen der in § 3b asylg genannten verfolgungsgründe zurückgeht, ist anhand ihres inhaltlichen charakters nach der erkennbaren gerichtetheit der maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven gründen oder motiven, die den verfolgenden dabei leiten. 70bverwg, urteile vom 4. juli 2019, a. a. o., rn. 14, und vom 19. april 2018, a. a. o., rn. 13. 71die furcht vor verfolgung ist im sinn des § 3 abs. 1 asylg begründet, wenn dem ausländer die vorgenannten gefahren aufgrund der in seinem herkunftsland gegebenen umstände in anbetracht seiner individuellen lage tatsächlich, das heißt mit beachtlicher wahrscheinlichkeit („real risk“) drohen. dieser wahrscheinlichkeitsmaßstab erfordert, dass bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden tatsachen überwiegen. diese würdigung ist auf der grundlage einer „qualifizierenden“ betrachtungsweise im sinn einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung vorzunehmen. hierbei sind gemäß art. 4 abs. 3 rl 2011/95/eu neben sämtlichen mit dem herkunftsland verbundenen relevanten tatsachen unter anderem das maßgebliche vorbringen des antragstellers und dessen individuelle lage zu berücksichtigen. entscheidend ist, ob in anbetracht dieser umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. damit kommt dem qualitativen kriterium der zumutbarkeit maßgebliche bedeutung zu. eine verfolgung ist danach beachtlich wahrscheinlich, wenn einem besonnenen und vernünftig denkenden menschen in der lage des schutzsuchenden nach abwägung aller bekannten umstände eine rückkehr in den heimatstaat als unzumutbar erscheint. 72bverwg, urteile vom 4. juli 2019, a. a. o., rn. 16, und vom 19. april 2018, a. a. o., rn. 14. 73nach diesen maßstäben drohen dem kläger bei einer rückkehr nach äthiopien die in § 3 abs. 1, § 3a abs. 1 asylg bezeichneten gefahren mit beachtlicher wahrscheinlichkeit weder wegen seiner eritreischen abstammung (1.) noch wegen seiner zugehörigkeit zum pfingstchristlichen glauben (2.) noch wegen einer etwaigen wehrdienstleistung (3.) noch wegen seiner asylantragstellung in deutschland (4.) noch wegen einer einreiseverweigerung (5.). 741. wegen seiner eritreischen abstammung droht dem kläger in äthiopien heute mit beachtlicher wahrscheinlichkeit keine flüchtlingsschutzrelevante verfolgung mehr. diesen gesichtspunkt hat er als grund dafür angeführt, dass angeblich sein vater und er äthiopien 2005 verlassen haben („die situation für eritreer in äthiopien wurde zunehmend schwierig“). äthiopischen staatsangehörigen eritreischer abstammung drohen jedenfalls seit dem abschluss des friedensabkommens zwischen eritrea und äthiopien im anschluss an die „gemeinsame erklärung über frieden und freundschaft“ vom 9. juli 2018 keine an eine tatsächliche oder vermeintliche eritreische oder halberitreische abstammung anknüpfenden verfolgungsmaßnahmen mehr mit beachtlicher wahrscheinlichkeit. 75ovg nrw, beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 202 ff. 762. sofern man eine zugehörigkeit des klägers zum pfingstchristlichen glauben unabhängig von den oben bezeichneten widersprüchen in seinem verfolgungsvorbringen als glaubhaft gemacht ansieht, drohen ihm in äthiopien mit beachtlicher wahrscheinlichkeit keine verfolgungsmaßnahmen in anknüpfung an seine pfingstchristliche religion. 77zur religionsfreiheit in äthiopien vgl. auswärtiges amt, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in äthiopien, ad hoc aktualisierte fassung vom 10. februar 2021, s. 13 f. 783. dem heute 31 jahre alten kläger droht flüchtlingsschutzrelevante verfolgung weiter nicht im zusammenhang mit einer etwaigen wehrdienstleistung in der äthiopischen armee. 79vgl. ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021, a. a. o., rn. 65 f., beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 210 f. m. w. n. 804. ebenso wenig droht dem kläger flüchtlingsschutzrelevante verfolgung wegen seiner asylantragstellung in deutschland. die bloße asylantragstellung im ausland bleibt für einen äthiopischen staatsangehörigen ohne flüchtlingsschutzerhebliche konsequenzen. 81ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021, a. a. o., rn. 67 f., beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 210 f. m. w. n. 825. keine flüchtlingsschutzrelevante verfolgung droht dem kläger schließlich auch unter dem gesichtspunkt einer möglichen einreiseverweigerung durch die äthiopischen auslandsvertretungen. äthiopischen staatsangehörigen droht regelmäßig keine einreiseverweigerung durch die äthiopischen auslandsvertretungen und grenzkontrollbehörden. äthiopische staatsangehörige eritreischer herkunft sind ebenso wie solche personen anderer volkszugehörigkeit in den kebele-familienregistern registriert, so dass sie entsprechende identitätsdokumente und personenstandsurkunden bei der gemeindeverwaltung ihres letzten wohnortes in äthiopien erhalten können. auch im ausland wohnhafte äthiopier können diese dokumente erhalten, indem sie sich bei der kebele, bei der sie zuletzt registriert waren, mit ihrem reisepass ausweisen. wenn sie keine äthiopischen dokumente mehr besitzen, müssen sie über die botschaft im aufenthaltsland eine vollmacht an eine person in äthiopien geben. diese kann damit das gewünschte dokument von der kebele-verwaltung ausstellen lassen. 83ovg nrw, urteil vom 5. märz 2021, a. a. o., rn. 67 f., beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 214 ff., 221 m. w. n. 84der kläger hat angegeben, nach dem tod der mutter und dem umzug seines vaters mit ihm in die äthiopische provinzhauptstadt bahir dar etwa im jahr 1992 habe sein vater dort ein „dokument von der kebele“ gehabt, auf dem als nationalität „eritrea“ gestanden habe. außerdem habe sein vater ein haus und ein auto gehabt und er selbst, der kläger, sei dort bis zur achten klasse zur schule gegangen. diese angaben rechtfertigen den schluss, dass sowohl der vater als auch der kläger im kebele-familienregister ihres ehemaligen wohnbezirks in bahir dar als äthiopische staatsangehörige eritreischer abstammung registriert waren und der vater sich eine äthiopische identitätskarte hatte ausstellen lassen, welche die seit 1992 neu eingeführte rubrik „ethnische zugehörigkeit“ (amharisch: beher) enthielt und welche die kebele-verwaltungen bei äthiopischen staatsangehörigen eritreischer abstammung mit dem eintrag „eritrean“ versahen, um den inhaber als äthiopischen staatsangehörigen eritreischer abstammung zu kennzeichnen. auszuschließen ist danach hingegen, dass der vater und der kläger als ausländer mit eritreischer staatsangehörigkeit im kebele-familienregister registriert waren und der vater ein dokument besaß, welches ihn als in äthiopien lebenden eritreischen staatsangehörigen auswies. denn ein immobilienbesitz war für ausländer in äthiopien nach art. 390 des äthiopischen zivilgesetzbuchs verboten (vgl. heute auch art. 40 äthverf). entsprechendes galt für geschäftslizenzen und berufserlaubnisse, die nur äthiopischen staatsangehörigen zustanden. 85ovg nrw, beschluss vom 29. juni 2020, a. a. o., rn. 87 f. m. w. n. 86das schlichte „ja“ des klägers auf die frage des einzelrichters in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung, ob der vater ein dokument gehabt habe, das ihn als in äthiopien lebenden eritreischen staatsangehörigen auswies, rechtfertigt keine andere beurteilung. denn diese kurze antwort lässt offen, ob dem kläger der rechtliche unterschied zwischen eritreischer staatsangehörigkeit und eritreischer abstammung („nationalität“) bekannt war. 87b. der kläger hat auch keinen anspruch auf zuerkennung subsidiären unionsrechtlichen abschiebungsschutzes (§ 4 abs. 1 asylg). nach § 4 abs. 1 satz 1 asylg ist ein ausländer subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht. als ernsthafter schaden gelten nach § 4 abs. 1 satz 2 asylg unter anderem unmenschliche oder erniedrigende behandlung (nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (nr. 3). diese voraussetzungen erfüllt der kläger nicht. insbesondere wäre er an seinem herkunftsort bahir dar nicht von der bewaffneten auseinandersetzung zwischen der äthiopischen zentralregierung mit der volksbefreiungsfront von tigray (tigray people‘s liberation front, tplf) im benachbarten äthiopischen bundesstaat tigray betroffen. 88vgl. dazu vg münster, urteil vom 30. november 2020, a. a. o., rn. 56. 89c. der kläger hat keinen anspruch auf feststellung eines nationalen abschiebungsverbotes nach § 60 abs. 5, 7 satz 1 aufenthg einschließlich der feststellung eines abschiebungsverbotes in verfassungskonformer anwendung des § 60 abs. 7 sätze 1 und 6 aufenthg. insoweit beruft er sich in der zweitinstanzlichen mündlichen verhandlung nur noch auf ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg i. v. m. art. 3 emrk unter dem gesichtspunkt seiner tigrinischen volkszugehörigkeit. mit diesem begehren dringt er schon deshalb nicht durch, weil äthiopischen staatsangehörigen tigrinischer volkszugehörigkeit aus den oben unter a. ii. 5. bereits erörterten gründen mit beachtlicher wahrscheinlichkeit keine maßnahmen der in diesen vorschriften vorausgesetzten art drohen. 90ebenso wenig besteht ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg. darauf hat er sich zuletzt mit der begründung berufen, er leide an einer behandlungsbedürftigen ptbs und einer depression, weshalb ihm bei einer zwangsweisen rückkehr nach äthiopien eine wesentliche verschlechterung seines gesundheitszustandes bis hin zum suizid drohe. nach § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn dort für diesen ausländer eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. eine erhebliche konkrete gefahr aus gesundheitlichen gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden erkrankungen, die sich durch die abschiebung wesentlich verschlechtern würden (satz 3). im fall des klägers kann der senat keine in diesem sinn „erhebliche“ gefahr aus gesundheitlichen gründen feststellen. die von seiner prozessbevollmächtigten zuletzt im schriftsatz vom 16. februar 2018 behauptete ptbs fand schon damals in den hierfür vorgelegten fachärztlichen bescheinigungen der ärztin für psychiatrie und psychotherapie t2. c1. aus der zeit bis zuletzt märz 2016 eine grundlage nur teilweise insoweit, als sie lediglich „anteile“ einer ptbs und eine „seit längerem bestehende depressive entwicklung mit ausgeprägten schlafstörungen“ diagnostiziert hatte. weder die genannten „anteile“ noch die schlafstörungen hatten nach den eigenen angaben des klägers in der erstinstanzlichen mündlichen verhandlung vom 19. februar 2016 einen im sinn des § 60 abs. 7 satz 3 aufenthg erheblichen einfluss auf seinen gesundheitszustand. er gab an, er nehme im moment schlaftabletten, und es gehe im „soweit gut“. für eine seitdem eingetretene verschlechterung seines gesundheitszustandes bestehen keine anhaltspunkte, insbesondere hat er in der mündlichen verhandlung vor dem senat von den genannten erkrankungen nichts mehr erwähnt. 91d. die vom bundesamt verfügte ausreiseaufforderung nebst abschiebungsandrohung mit der zielstaatsbestimmung äthiopien in nr. 4 seines bescheids vom 24. april 2013 steht im einklang mit § 34 abs. 1, § 38 abs. 1 asylg i. v. m. § 59 aufenthg. insoweit stellt der senat klar, dass, sollte der kläger auf dieser grundlage abgeschoben werden, diese abschiebung nach gegenwärtiger rechtslage kein einreise- und aufenthaltsverbot nach § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg für ihn auslöst. durch diese vorschrift in der seit dem 21. august 2019 geltenden neufassung hat der gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass ein solches verbot nur noch auf der grundlage einer behördlichen einzelfallentscheidung entstehen kann und die zuvor in der rechtsprechung vielfach als fehlend gerügte hinreichend bestimmte gesetzliche ermächtigungsgrundlage für ein durch verwaltungsakt zu erlassendes einreise- und aufenthaltsverbot geschaffen. 92gesetzentwurf der bundesregierung, bt-drucksache 19/10047 vom 10. mai 2019, s. 31; dazu ovg nrw, beschlüsse vom 20. januar 2021 ‑ 19 a 4624/19.a ‑, juris, rn. 8 ff., und vom 16. dezember 2020 ‑ 19 a 555/19.a ‑, juris, rn. 19. 93für eine solche einzelfallentscheidung ist das bundesamt erst während des erstinstanzlichen klageverfahrens mit wirkung vom 1. august 2015 zuständig geworden (§ 75 nr. 12 alternative 1 aufenthg). im bescheid vom 24. april 2013 hat es dementsprechend kein einreise- und aufenthaltsverbot angeordnet. ebenso wenig hat es seit dem 1. august 2015 nachträglich von dieser möglichkeit gebrauch gemacht. 94entgegen der rechtsauffassung des klägers, die seine prozessbevollmächtigte in der zweitinstanzlichen mündlichen verhandlung geäußert hat, ist die nach § 77 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 asylg am aktuell geltenden recht zu messende abschiebungsandrohung auch unionsrechtskonform. insbesondere macht die prozessbevollmächtigte ohne erfolg geltend, das bundesamt müsse auf der grundlage der neueren rechtsprechung des eugh zur richtlinie 2008/115/eg (rückführungsrichtlinie) als inlandsbezogene vollstreckungshindernisse nunmehr auch gesichtspunkte des familienschutzes mitberücksichtigen, hier insbesondere die familiäre bindung des klägers zu seiner am xx. januar 2021 in i. geborenen tochter deutscher staatsangehörigkeit o. t. . diese rechtsauffassung findet keine stütze in den beiden von der prozessbevollmächtigten hierfür angeführten urteilen des eugh. 95eugh, urteile vom 11. märz 2021 ‑ c-112/20 ‑, juris, rn. 25 ff. (m.a.-belgien), und vom 14. januar 2021 ‑ c-441/19 ‑, juris, rn. 43 ff. (tq-niederlande). 96nach § 34 abs. 2 satz 1 asylg soll die abschiebungsandrohung mit der entscheidung über den asylantrag verbunden werden. die vorschrift knüpft an art. 6 abs. 6 rl 2008/115/eg an. danach sollen die mitgliedstaaten durch diese richtlinie nicht daran gehindert werden, entsprechend ihren innerstaatlichen rechtsvorschriften und unbeschadet der nach kapitel iii und nach anderen einschlägigen bestimmungen des gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen rechts verfügbaren verfahrensgarantien mit einer einzigen behördlichen oder richterlichen entscheidung eine entscheidung über die beendigung eines legalen aufenthalts sowie eine rückkehrentscheidung und/oder eine entscheidung über eine abschiebung und/oder ein einreiseverbot zu erlassen. § 34 abs. 2 satz 1 asylg füllt den spielraum zur ausgestaltung durch innerstaatliche rechtsvorschriften unionsrechtskonform aus, den art. 6 abs. 6 rl 2008/115/eg den mitgliedstaaten belässt. 97bverwg, urteil vom 20. februar 2020 ‑ 1 c 1.19 ‑, bverwge 167, 366, juris, rn. 18 ff. 98namentlich erfüllt das nationale deutsche recht die in der rechtsprechung des eugh aufgestellte grundbedingung für eine solche verknüpfung einer rückkehrentscheidung mit der ablehnung des schutzantrags, dass es dem betroffenen möglich sein muss, „sich auf jede nach erlass der rückkehrentscheidung eingetretene änderung der umstände zu berufen, die in anbetracht der rl 2008/115 und insbesondere ihres art. 5 erheblichen einfluss auf die beurteilung ihrer situation haben kann.“ 99eugh, urteil vom 19. juni 2018 ‑ c-181/16 ‑, nvwz 2018, 1625, juris, rn. 60 ff., 64 (gnandi). 100insbesondere ermöglicht das nationale deutsche recht die berücksichtigung nachträglich eingetretener änderungen von umständen, welche das nach art. 5 buchstabe a) rl 2008/115/eg zu berücksichtigende wohl des kindes und die nach art. 5 buchstabe b) rl 2008/115/eg zu berücksichtigenden familiären bindungen betreffen. dem steht auch nicht entgegen, dass diese umstände nach nationalem verständnis lediglich inlandsbezogene vollstreckungshindernisse zu begründen geeignet sind, welche der betroffene grundsätzlich in einem gesonderten verfahren gegen die für den vollzug der abschiebung zuständige ausländerbehörde geltend machen muss, hingegen grundsätzlich nicht im verfahren betreffend die abschiebungsandrohung des bundesamts. diese aufteilung der rechtsschutzmöglichkeiten ist durch den dem nationalen gesetzgeber verbliebenen spielraum zur ausgestaltung der rechtsschutzverfahren gedeckt und insbesondere auch mit art. 6 abs. 4 rl 2008/115/eg vereinbar, der bei einer aufenthaltsberechtigung aus humanitären gründen die aussetzung der rückkehrentscheidung zulässt und weder zwingend den verzicht auf diese noch deren rücknahme verlangt. 101bverwg, urteil vom 20. februar 2020, a. a. o., rn. 23 f.; dörig, höchstrichterliche rechtsprechung zum asylrecht im jahr 2020, dar 2021, 66 (71). 102die von der prozessbevollmächtigten des klägers zitierten beiden eugh-urteile rechtfertigen keine andere beurteilung. insbesondere geben sie keine veranlassung, der von ihr vertretenen rechtsauffassung näher zu treten, unionsrechtlich sei abweichend vom nationalen deutschen recht das bundesamt bei seiner entscheidung über den erlass einer ausreiseaufforderung mit abschiebungsandrohung nach § 34 abs. 1, § 38 abs. 1 asylg i. v. m. § 59 aufenthg auch zur berücksichtigung des wohls des kindes nach art. 5 buchstabe a) rl 2008/115/eg und der familiären bindungen nach art. 5 buchstabe b) rl 2008/115/eg verpflichtet. in seinem erstgenannten urteil vom 11. märz 2021 wiederholt der gerichtshof vielmehr lediglich seine schon früher getroffene aussage zu art. 5 buchstabe a) rl 2008/115/eg, dass das kindeswohl nicht nur dann zu berücksichtigen ist, wenn adressat der rückkehrentscheidung der minderjährige selbst ist, sondern auch dann, wenn adressat sein elternteil ist (rn. 33, 43). das urteil enthält keine aussage des inhalts, dass die nationale asylbehörde diese kindeswohlprüfung bei ihrer rückkehrentscheidung nicht mehr der vollzugsentscheidung der ausländerbehörde einschließlich der dagegen eröffneten rechtsschutzmöglichkeiten vorbehalten dürfe. auch dem zitierten urteil vom 14. januar 2021 lässt sich keine solche aussage entnehmen. der dieser entscheidung zugrunde liegende fall eines unbegleiteten minderjährigen ist dem fall des klägers noch weniger vergleichbar. insbesondere spielt die zentrale frage dieses verfahrens im vorliegenden fall keine rolle, wie und wann ein mitgliedstaat zu prüfen hat, ob für den fraglichen unbegleiteten minderjährigen im rückkehrstaat eine geeignete aufnahmemöglichkeit zur verfügung steht (rn. 55). 103der senat kann offenlassen, ob das bundesamt zur berücksichtigung der belange nach art. 5 buchstaben a) und b) rl 2008/115/eg verpflichtet ist, wenn es nach § 11 abs. 2 satz 1, abs. 3 satz 1, § 75 nr. 12 alternative 1 aufenthg nach ermessen über die länge der befristung eines einreise- und aufenthaltsverbots entscheidet. 104dazu bverwg, urteile vom 22. februar 2017 ‑ 1 c 27.16 ‑, bverwge 157, 356, juris, rn. 23, und vom 10. juli 2012 ‑ 1 c 19.11 ‑, bverwge 143, 277, juris, rn. 42; ovg nrw, urteil vom 10. mai 2016 ‑ 18 a 610/14 ‑, juris, rn. 100. 105denn der hier im streit befindliche bescheid vom 24. april 2013 enthält, wie bereits ausgeführt, kein einreise- und aufenthaltsverbot nach § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg. 106die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 2 vwgo. die gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b asylg. 107die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit der kostenentscheidung beruht auf § 167 vwgo i. v. m. § 708 nr. 10, § 711, § 713 zpo. 108der senat lässt die revision nicht zu, weil die voraussetzungen des § 132 abs. 2 vwgo nicht vorliegen. | Verklagte*r | 0 |
183,809 | 5 K 1453/12 | 2014-02-20T00:00:00 | Urteil | Tenor 1. Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten zur Nutzungsänderung der bestehenden Fertigungshalle in eine Lagerhalle mit Büros und Sozialräumen auf dem Grundstück T. Straße 95 in C. vom 15. Februar 2012 wird aufgehoben. 2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen der Beklagten und der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen. 3. Der Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung seitens des Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung der bestehenden Fertigungshalle auf dem Grundstück T. Str. 95 in C. -X. (Gemarkung X. , Flur 21, Flurstücke 241, 249, 250, 273, 276) in einen Speditionsbetrieb. 3Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks T. Str. 99. Dieses sowie das angrenzende Vorhabengrundstück der Beigeladenen liegen inmitten des Dreiecks, das von der A 40 (Ruhrschnellweg) im Süden, der T. Straße im Nordwesten und der I.---------straße im Osten begrenzt wird. An der T. Straße steht in diesem Bereich beidseitig Wohnbebauung auf, ebenso an der westlichen Seite der I.---------straße . Die Wohnbebauung an der T. Straße wird durchbrochen von dem Gelände der Firma O. Baumaschinen, T. Str. 80, dem Gebäude der Firma G. , T. Str. 109 und dem Vorhabengrundstück. 4Auf dem Grundstück der Fa. G. , einem Großhandel für Raumausstatterbedarf, war vermutlich seit den 50-er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Lagerhalle von 1.085 m² Größe und ein 2-geschossiges Bürogebäude der Spedition T1. genehmigt. Im Jahre 1961 wurde darüber hinaus eine Baugenehmigung für eine Lkw-Unterstellhalle (301 m²) mit einer Betriebszeitbeschränkung von 7 bis 20 Uhr genehmigt. Des Weiteren genehmigte die Beklagte im Jahre 1964 den Anbau einer Kfz-Werkstatt mit Garage an die Lagerhalle. Den Umbau der Lagerhalle mit einer Änderung der Laderampen genehmigte die Beklagte im Jahre 1987 für die Spedition S. . Zuletzt wurde für dieses Grundstück am 11. Februar 2010 die Nutzungsänderung der bestehenden Produktionshalle in eine Kommissionierungs- und Lagerhalle für Raumausstattung mit täglich ca. 10-20 Lkw genehmigt; Betriebszeit 7-16 Uhr. Außerdem ein Taxibetrieb im Erdgeschoss mit Kfz-Werkstatt für Wartungs- und kleinere Karosseriearbeiten für 16 Taxen, beschränkt auf den Beginn und das Ende der Schichtwerkzeit jeweils ½ Std. (7-7:30 und 18:30-19 Uhr). 5Das Grundstück der Fa. O. Baumaschinen wurde seit dem Jahr 1981 mit Genehmigung der Beklagten von einer Boschwerkstatt genutzt. Im Jahre 1999 genehmigte die Beklagte die beantragte Nutzungsänderung in einen Handel, Reparatur und Vermietung von Baumaschinen. In der Betriebsbeschreibung wurden als Geräusche die von Pkw, Lkw und Gabelstapler angegeben. 6Auf dem Grundstück der Beigeladenen stand bereits in den 70-er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Lagerhalle für den Vertrieb von Bodenbelägen in einer Größe von 5.150 m² auf, zu der 75 Stellplätze gehörten. Im Jahre 1984 wurde eine Hallenerweiterung für diesen Betrieb genehmigt. Mit der genehmigten Hallenerweiterung wurde die Betriebstätigkeit auch auf die Zu- und Auslieferung von keramischen Wand- und Bodenbelägen erstreckt. Im Jahre 1990 genehmigte die Beklagte auf diesem Grundstück die Nutzungsänderung in eine Produktionshalle für Metallbau: Markisen, Gitter und Tore der Eisenwarenfabrik M. und F. . Hiermit war ein Lkw-Aufkommen von 8 bis 10 Fahrzeugen im Sommer, im Winter weniger, verbunden. Vier Jahre später wurde die Erweiterung der Halle verbunden mit 114 Stellplätzen baurechtlich genehmigt, 1997 auch noch der Einbau einer Registratur in die Werkhalle. Vorübergehend wurde das Grundstück offenbar von verschiedenen Speditionsbetrieben genutzt, ohne dass hierfür seitens der Beklagten eine Nutzungsänderung genehmigt worden wäre. Auch entsprechende Anträge wurden nicht gestellt. 7Die Fahrbahn der T. Straße ist in diesem Abschnitt, der von der Kreuzung I.---------straße bis zur Brücke unter der A 40 verläuft, 7,50 m breit. Die Brücke weist nur eine Durchfahrthöhe von 3,20 m auf; deshalb befindet sich an der Kreuzung I.---------straße /T. Straße in Richtung Brücke das Verkehrszeichen 265 der der Straßenverkehrsordnung, das auf das Verbot der Durchfahrt für Fahrzeuge, deren Höhe 3,20 m überschreitet, nach 70 m hinweist. 8Seit Anfang des Jahres 2011 nutzte die Fa. L. , an die die Beigeladene ihr Grundstück vermietet hat, Grundstück und Halle für einen Speditionsbetrieb, ohne zuvor eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung beantragt zu haben. Schon kurz nach Betriebsaufnahme kam es zu zahlreichen Nachbarbeschwerden, auch der Kläger, wegen massiver Lärmbeeinträchtigung der Nachbarschaft durch ca. 45-55 Lkw, die das Grundstück der Beigeladenen täglich anführen. Dabei wurde auch vorgebracht, dass zahlreiche Lkw-Fahrer auch nachts anführen und bei verschlossenen Betriebstoren in der Straße parkten und diese verunreinigten. 9Auf Anregung der Beklagten beantragte die Beigeladene am 7. Juni 2011 die Genehmigung einer Nutzungsänderung der bestehenden Fertigungshalle in eine Lagerhalle mit Büros und Sozialräumen (6.275 m² Lagerfläche, 1.215,45 m² Bürofläche) sowie 15 Stellplätzen. In der Betriebsbeschreibung wurde der Betrieb als Kraftwagen-Spedition bezeichnet mit einem Langzeit- und Zwischenlager von Waren. Täglich sollten 350 Paletten ein- und 350 ausgeliefert werden. Zum Einsatz kämen 3 Elektrogabelstapler, 4 Elektrische Ameisen und 4 mechanische Ameisen. Die Betriebszeit war von 6:30 bis 21:30 Uhr vorgesehen. Täglich war ein Lkw-Verkehr von max. 30 Lkw über 7,5 t, max. 5 Lkw bis 7,5 t und max. 3 Lkw bis 3,8 t veranschlagt. 10Die Beigeladene legte eine Geräuschimmissionsprognose des Ing-Büros I1. vom 7. Juni 2011 sowie eine Ergänzende Stellungnahme des Lärmgutachters vom 6. Dezember 2011 vor. 11Während des Antragsverfahrens häuften sich die Nachbarbeschwerden über parkende Lkw, die nachts die Straßen verstopften, über Lärm aus den Lkw, über die Vermüllung der Straße und Randstreifen durch Abfälle und Fäkalien der wartenden Lkw-Fahrer, aber auch über den Nachtbetrieb bei der Beigeladenen. Einige Beschwerdeführer wiesen darauf hin, dass einige Lkw-Fahrer, die wegen der nächtlichen Ruhestörungen zur Rede gestellt worden seien, die Häuser von Anwohnern mit Eiern und sonstigen Gegenständen beworfen hätten. 12Mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, dass beabsichtigt sei, die Baugenehmigung zu versagen, weil das Gebot der Rücksichtnahme verletzt sei. Zwar sei kein Nachtbetrieb beantragt. Internationale Fremdzulieferer beführen die Zufahrtsstraße aber auch nachts, so dass unter Einbeziehung des anlagenbezogenen Verkehrs der zulässige Nachtrichtwert von 45 dB(A) am Messpunkt T. Str. 90 um 19 dB(A) überschritten werde. 13Darauf hin teilte die Fa. L. mit Schreiben vom 29. Dezember 2011 „in Ergänzung ihres Schreibens vom 08.12.2011“ mit, dass sie im Zuge der weiteren Optimierung ihrer betrieblichen Ablauforganisation folgende Maßnahmen umsetzen werde: 14„Das Anliefern und Abholen von Ware in C. X. ist nur nach Vorlage einer schriftlichen Genehmigung möglich. Diese Genehmigung wird ausschließlich von Mitarbeitern in unserem Hauptbetrieb in der J.--------straße 38 in C. -M1. in der Zeit von 6.00 bis 19.00 Uhr ausgestellt und ausgehändigt....“ 15Nach dieser Ergänzung erteilte die Beklagte der Beigeladenen am 15. Februar 2012 die beantragte Baugenehmigung u. a. mit der Auflage Nr. 1, wonach während der Nachtzeit (22 bis 6 Uhr) kein Lkw-Verkehr auf dem Betriebsgelände sowie im Bereich angrenzender Zufahrtsbereiche stattfinden dürfe. Das Schreiben der Fa. L. vom 29. Dezember 2011 war Anlage zur Baugenehmigung. 16Die Kläger, die hiervon am 18. Februar 2012 unterrichtet wurden, haben am 12. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung machen sie geltend, dass die Baugenehmigung rechtswidrig sei. 17Die Umgebungsbebauung komme einem allgemeinen Wohngebiet nahe. Soweit mittel- bis großflächige Gewerbegrundstücke vorhanden seien, würden diese nicht mehr genutzt. 18Selbst bei der Annahme eines Mischgebiets wäre eine Spedition nicht zulässig. 19Die genehmigten Lkw-Bewegungen von maximal 38 Lkw innerhalb der Betriebszeiten von 6:30 bis 21:30 Uhr würden nicht eingehalten. Auch außerhalb der Betriebszeiten führen mehrfach wöchentlich Lkw das Betriebsgelände an. Wenn die Fahrer dann feststellten, dass das Betriebsgelände geschlossen sei, parkten sie ganz überwiegend in der Nähe der Einfahrt und übernachteten dort. 20Die Kläger überreichen eine Dokumentation der Lkw-Anfahrten in der Zeit von 23. Februar bis Ende Mai 2012: Nahezu täglich seien mehr Lkw angefahren als genehmigt; fast die gleiche Zahl sei auch wieder zurückgefahren, da Lkw den Tunnel unter der A 40 nicht befahren könnten. Deshalb sei auch das Schallschutzgutachten falsch, das davon ausgehe, dass sich Pkw und Lkw, die das Gelände der Beigeladenen anführen, in beide Richtungen der T. Straße verteilten. 21Auch die Zahl der im Gutachten angenommenen maximal 40 Rangiervorgänge auf dem Betriebsgrundstück müsse erhöht werden; hierbei sei nicht berücksichtigt, dass Lkw regelmäßig auch schon auf der Straße rangieren müssten, weil die Zufahrt durch andere Fahrzeuge blockiert sei. Aufgrund der Enge der Straße und der Grundstückszufahrt seien die Rangiervorgänge sehr schwierig. 22Die Zahl der mit 40/Tag angesetzten Startvorgänge sei zu niedrig. Denn viele Lkw müssten zunächst auf dem Grundstück warten, bis eine Entladerampe frei sei. 23Schließlich wichen die in der Prognose angenommenen Ladevorgänge von der Betriebsbeschreibung ab: Der Gutachter gehe von 280 Paletten/Tag, somit von 560 Ladebetriebsvorgängen aus, die Beigeladene selbst lt. Betriebsbeschreibung von 2 x 350 Paletten. 24Zwar folge aus den Überschreitungen einer Genehmigung nicht ohne Weiteres die Rechtswidrigkeit der Genehmigung; hier habe sich die Beklagte aber offenbar mit Berechnungsergebnissen zufrieden gegeben, deren Praxisrelevanz nicht belegt und überprüft worden sei. 25Das Konzept der Fa. L. vom 29. Dezember 2011 sei offenbar ungeeignet; auch sei in Abrede zu stellen, dass es tatsächlich umgesetzt werde und überhaupt umgesetzt werden sollte. Denn die vorgelegte Dokumentation habe eindeutig ergeben, dass der Nachtverkehr durch Lkw tatsächlich eher zugenommen habe. 26Am 6. Juni 2013 seien von Anwohnern Zähllisten erstellt worden. Danach hätten insgesamt 41 Fahrzeuge das Betriebsgrundstück angefahren, lediglich 5 von diesen Fahrzeugen seien zuvor in der J.--------straße gesichtet worden. 27Außerdem hätten Anwohner im Zeitraum vom 22. Januar bis 22. Februar 2013 zahlreiche Verstöße dokumentiert, teilweise fotografisch. 28Zwischen dem 23. Mai und dem 28. Juni 2013 sei die höchstzulässige Zahl von 38 Lkw-Anfahrten teilweise erheblich überschritten worden (45, 53, 57, 50, 44 Lkw). 29Eine straßenverkehrsrechtliche Lösung etwa im Sinne eines Parkverbots und eines nächtlichen Durchfahrtverbots sei nach der Rechtsprechung des OVG NRW nicht angezeigt. 30Die Rücksichtslosigkeit ergebe sich daraus, dass die Kläger gegenüber der Vornutzung durch eine erheblich gesteigerte Zahl von Lkw-Vorbeifahrten beeinträchtigt würden, wobei es sich überwiegend um Sattelzüge handele. Da die Grundstückszufahrt rechtwinkelig auf die ca. 6 m breite Straße stoße, sei eine unzumutbare Situation durch rangierende und sich gegenseitig blockierende Lkw gegeben. 31Die Erschütterungen, die durch die Lkw auf dem Grundstück der Kläger ausgelöst würden, seien nicht hinreichend berücksichtigt; der Straßenbelag werde spürbar verschlechtert, die Erschütterungen hierdurch noch stärker. Lediglich für die Geräuschimmissionen sei insoweit ein Zuschlag von 1 dB(A) angesetzt worden. Der Wert des Gebäudes der Kläger werde zunehmend gemindert. 32Die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung ergebe sich auch daraus, dass sie unbestimmt sei. Die Unbestimmtheit beruhe darauf, dass die Steuerung des Lkw-Verkehrs ausschließlich dem Mieter der Beigeladenen überlassen werde; von Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung habe die Beklagte abgesehen. Das Konzept der Fa. L. werde nicht zuverlässig umgesetzt. Der nächtliche Wachdienst sei zeitweise eingestellt und erst auf Druck der Anwohner wieder aufgenommen worden. Manche Lkw-Fahrer hätten sich dahingehend geäußert, dass sie bis zum Morgen in der T. Straße pausieren müssten, um die Lenkzeiten nicht zu überschreiten. 33Schließlich würden Verstöße gegen den vorbeugenden baulichen Brandschutz gerügt. Die in der Genehmigung enthaltene Feuerwehrumfahrt entspreche nicht den örtlichen Gegebenheiten, sie sei im hinteren Teil immer wieder über einen längeren Zeitraum verstellt, so dass Einsatzfahrzeuge behindert würden. Ferner sei nicht erkennbar, dass verschiedene in dem Brandschutzkonzept als erforderlich angesehene Maßnahmen umgesetzt worden seien. 34Was die Vorbelastung angehe, so sei die bisherige Belästigung der Anwohner mit dem heutigen Lkw-Verkehr nicht vergleichbar. Das gelte auch für die 115 Stellplätze, bei denen es sich offensichtlich um Pkw-Stellplätze für die Mitarbeiter des damaligen nicht störenden Produktionsbetriebs handelte. Der Lkw-Verkehr zu dem Grundstück der Fa. G. (Nr. 109) sei nicht besonders aufgefallen. Sie betreibe auch kein Speditionsunternehmen, sondern seit etwa 2005 einen Schaumstoffhandel sowie ein Innenausstattungsstudio. Bei einer repräsentativen Auszählung des Lkw-Verkehrs zu diesem Betrieb habe der Kläger des Verfahrens 5 K 1151/12 für die Dauer von fünf Tagen sieben Lkw bis 7,5 t und einen Lkw über 7,5 t gezählt. 35Die Kläger beantragen, 36die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten zur Nutzungsänderung der bestehenden Fertigungshalle in eine Lagerhalle mit Büros und Sozialräumen auf dem Grundstück T. Str. 95 in C. vom 15. Februar 2012 aufzuheben. 37Die Beklagte beantragt, 38die Klage abzuweisen. 39Sie ist der Auffassung, dass die planungsrechtlichen Vorgaben eingehalten seien. 40Auf einen Gebietsgewährleistungsanspruch könnten sich die Kläger nicht berufen. Die nähere Umgebung des angefochtenen Bauvorhabens lasse sich nicht einem Baugebiet der BauNVO zuordnen. Die nähere Umgebung sei zwar überwiegend durch Wohnnutzung geprägt. Inmitten dieser Nutzung und unmittelbar daran angrenzend fänden sich aber mehrere durchaus umfängliche gewerbliche Nutzungen, so die Firmen „Baumaschinen O. , T. Str. 80“ und die „Gebr. G. GmbH, T. Str. 109“. In dem Betrieb Haus Nr. 80 würden Baumaschinen veräußert, vermietet und dort abgestellt, die Nutzung von Nr. 109 diene der Lagerhaltung von Baustoffen und sei planungsrechtlich als selbständiges Lager anzusehen, das nicht mischgebietsverträglich sei. 41Für das Antragsgrundstück sei bis zur Aufnahme der Nutzung durch die Fa. L. eine produzierende Nutzung (Herstellung von Sonnenschutz- und Rollgitteranlagen mit 115 Stellplätzen) seit 1990 bauaufsichtlich genehmigt gewesen. Auch ein solcher metallverarbeitender Betrieb sei nicht mischgebietsverträglich, da der Nutzung angesichts der zahlreichen genehmigten Stellplätze und des damit einhergehenden Zu- und Abgangsverkehrs planungsrechtlich ein wesentliches Störpotential zuzuordnen sei. Ihr komme aufgrund ihrer langen Dauer und des erheblichen Umfangs auch nach ihrer Aufgabe nachprägende Wirkung zu. 42Eine genehmigte gewerbliche Nutzung könne bis zurück in das Jahr 1973 belegt werden, jeweils verbunden mit einem erheblichen Stellplatzvolumen und entsprechendem Zu- und Abgangsverkehr. 43Auch liege kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. Die Kläger könnten nicht die Einhaltung der Immissionsrichtwerte für Wohngebiete fordern. Rechtliche Vorbelastungen könnten dazu führen, dass die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme vermindert werde. Bei einem Nebeneinander von Wohnnutzung und gewerbegebietstypischer Nutzung gälten anerkanntermaßen als Mittelwert die Immissionsrichtwerte für Mischgebiete. 44Diese Grenzwerte würden nach der vorgelegten Geräuschimmissionsprognose im Tageszeitraum an sämtlichen Messpunkten erheblich unterschritten. Da der Sachverständige bei seiner Analyse eine erheblich größere Zahl an Verkehrsbewegungen im Lkw-Bereich zugrunde gelegt habe (40 anfahrende Lkw statt der genehmigten 30 Fahrzeuge), lägen die Ergebnisse auf der sicheren Seite. Wenn die Kläger rügten, dass ein erheblich höherer Zu- und Abgangsverkehr realistisch sei, so sei auf die Genehmigungslage zu verweisen, nach der lediglich 38 Lkw-Anfahrten legalisiert seien. Eine quantitativ höhere Nutzung möge unmittelbar nach der Betriebsaufnahme zu verzeichnen gewesen sein; es sei aber nicht richtig, dass es permanent zu einer Überschreitung der genehmigten Zahl anfahrender Lkw komme. Aufgrund einer örtlichen Überprüfung durch die Beklagte und einer Auswertung der Geschäftsunterlagen zur Zu- und Abfahrt habe sich kein Verstoß gegen den genehmigten Umfang des Lieferverkehrs ergeben. 45Wenn die Kläger vortrügen, dass die Zahl von 40 Lkw zu gering bemessen sei, da die Lkw immer wieder wegen ausgelasteter Entladerampen nicht sofort entladen werden könnten, sei dies zurückzuweisen. Die genehmigten 38 Lkw-Zufahrten ergäben, bezogen auf 15 Betriebsstunden, eine durchschnittliche Belegung der südlichen Laderampe von 3 Lkw je Stunde. Bei einer Länge der Rampe von 75,41 Metern und einer maximal zulässigen Länge von Nutzfahrzeugzügen von 18,75 Metern könne über die Rampe parallel eine Be-/Entladetätigkeit für vier Lkw abgewickelt werden. Im Übrigen habe der Gutachter für zusätzliche Startvorgänge einen Taktzuschlag von 17 dB(A) vorgenommen. 46Auch der Vorhalt, der schlechte Straßenbelag sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, treffe nicht zu. Dafür bestehe schon keine Notwendigkeit, weil ein erheblich beschädigter und sich zunehmend verschlechternder Straßenbelag nicht zu erkennen sei. Im Bereich des Betriebsgeländes habe der Gutachter sogar zu Gunsten der Nachbarn einen Zuschlag von 1 dB(A) vorgenommen, weil er eine Bodenbeschaffenheit aus Betonsteinen mit Fugen > 3 mm zugrunde gelegt habe. Tatsächlich sei als Fahrbahnbelag dort größtenteils Asphalt anzutreffen. 47Die Rüge, dass der Gutachter die besondere Einbahnstraßensituation dieses Bereichs der T. Straße nicht berücksichtigt habe, habe der Gutachter selbst als im Ergebnis unerheblich dargestellt. 48Der Einwand, dass der Gutachter ein im Vergleich zur Genehmigungslage niedrigeres Ladevolumen zugrunde lege (560 statt 700 Paletten), treffe zwar zu. Dies wirke sich aber lediglich auf Immissionen aus, die durch den eigentlichen Ladebetrieb durch Elektrostapler bzw. Elektro- und Hubwagen hervorgerufen würden. Da aber die Grenzwerte um mehr als 5 dB(A) unterschritten würden, sei es ausgeschlossen, dass die Ladetätigkeit für zusätzliche 140 Paletten zu einer Überschreitung der Grenzwerte führe. 49Auch dem Vorhalt der „maßgeschneiderten Baugenehmigung“ sei zu widersprechen. Gegen eine unter diesem Gesichtspunkt fehlerhafte Baugenehmigung spreche schon, dass das angefochtene Bauvorhaben sich planungsrechtlich innerhalb des vorgegebenen Rahmens der näheren Umgebung halte. 50Die Erklärung der Fa. L. vom 29. Dezember 2011, die Gegenstand der Baugenehmigung geworden sei, diene auch der bauplanerischen Konfliktbewältigung. Es sei nicht ersichtlich, warum die genehmigte Betriebsweise (Zulieferung über den Standort C. -M1. ) nicht tauglich sein sollte, etwaige planungsrechtliche Spannungen zu beherrschen. Hier möge es in der Zeit nach der Betriebsaufnahme zu wiederholten Verstößen gegen die genehmigte Betriebszeit gekommen sein. Dies habe inzwischen abgestellt werden können. Im Nachtzeitraum führe kein genehmigungswidriger Anlieferverkehr in die Straße ein und verweile in Ermangelung einer Einfahrtmöglichkeit in das Betriebsgelände im Straßenraum. Ein Vertreter der Beklagten habe sich zwischen dem 22. Juni und 27. Juli 2012 an sechs Terminen unangemeldet in der Zeit von 5:45 bis 6:40 Uhr zu der Örtlichkeit begeben und sich einen eigenen Eindruck verschafft. An keinem der Termine habe ein im Straßenraum abgestellter Lkw festgestellt werden können. Auch habe es keine Anfahrt des Betriebsgeländes vor der genehmigten Betriebszeit gegeben. 51Bei Kontrollen durch den Einsatz eines Sicherheitsdienstes habe sich auch ergeben, dass nicht lediglich die Fa. L. im Nachtzeitraum angefahren werden sollte. 52Die Beigeladene beantragt, 53die Klage abzuweisen. 54Sie weist darauf hin, dass das Grundstück direkt an der A 40 liege; traditionell sei die Umgebung geprägt durch ein Miteinander von Industrie- und Wohnbebauung. Im Jahre 1967 sei das Gelände durch eine Eisenwarenfabrik genutzt worden, zu einem späteren Zeitpunkt durch die Spedition N. . Nach dem Eigentumserwerb durch die Beigeladene sei das Grundstück zunächst an ein Unternehmen vermietet worden, das Markisen produzierte; dieser Geschäftsbetrieb habe schon in erheblichem Umfang Lkw-Verkehr erfordert. Ab 2010 sei an verschiedene Speditionen untervermietet worden. Unmittelbar angrenzend in östlicher Richtung befinde sich ein Großhandel für Raumausstatterbedarf und ein Servicelager. In westlicher Richtung liege die Fa. O. Baumaschinen. Auch diese Betriebe erforderten erheblichen Lkw-Verkehr und würden auch von Schwerlastverkehr angefahren. 55Die Gewerbeflächen in der Umgebung nähmen einen höheren Flächenanteil auf als die Wohnbebauung. Hinzu trete, dass die Wohnbebauung erst an das Gewerbe herangerückt sei. Die Gebäude der Beigeladenen seien schon in den 60-er Jahren errichtet worden, die benachbarte Wohnbebauung erst 1970. 56Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche keinem der in der BauNVO bezeichneten Gebiete. Die Annahme eines allgemeinen Wohngebiets liege angesichts der Gewerbe- und Industrienutzung fern. Die Umgebungsbebauung sei als Gemengelage aus Wohnnutzung und gewerblich-industrieller Nutzung anzusehen. Das Grundstück der Beigeladenen sei auch in der Vergangenheit seit Jahrzehnten aufgrund seiner gewerblichen bzw. industriellen Nutzung von Lkw, auch schweren Lkw angefahren worden. Der jetzige Nutzer, die Spedition L. , habe organisatorische Maßnahmen getroffen, die dazu führten, dass die Beeinträchtigung der Nachbarschaft jedenfalls nicht höher seien als in der Vergangenheit. Es gebe die Auflage, dass während der Nachtzeit (22 bis 6 Uhr) kein Lkw-Verkehr auf dem Betriebsgelände sowie den angrenzenden Zufahrtbereichen stattfinden dürfe. 57Soweit es vor Erteilung der Baugenehmigung am 15. Februar 2012 zu Störungen während der Nachtzeit gekommen sei, könnten der Beigeladenen keine Verstöße vorgehalten werden. Die Auflagen gälten erst seit Genehmigungserteilung. Die Beigeladene habe die Mieterin angeschrieben mit der Aufforderung, unbedingt alle Auflagen einzuhalten. 58Die Aufstellung der Kläger zu den Betriebszeiten und Fahrzeugzahlen sei unrichtig. Die Aufstellung betreffe nicht den Verkehr zum Grundstück der Beigeladenen. Auch die Mieterin der Beigeladenen habe eine Aufstellung über die Lkw-Bewegungen in der Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2012 erstellt. Danach sei die zulässige Anzahl von Lkw an keinem Tag überschritten worden. 59Zu Beginn der Mietzeit der Fa. L. habe es durchaus Probleme gegeben. Die betrieblichen Abläufe seien aber optimiert worden. Die Mieterin stelle sicher, dass ein Anfahren des Grundstücks nur noch zulässig sei, wenn zuvor eine schriftliche Genehmigung im Hauptbetrieb der Mieterin in BO-M1. eingeholt werde. Die Genehmigung werde nur in der Zeit von 6 bis 19 Uhr ausgestellt. Diese Regelung werde strikt eingehalten. Nur Lkw-Fahrer mit Genehmigung würden an der T. Straße abgefertigt, falls sie keine Genehmigung vorweisen könnten, würden sie nach M1. zurückgeschickt. Seit Juni sei zudem ein Sicherheitsdienst beauftragt. Ein Mitarbeiter des Wachdienstes werde nachts an der Zufahrt zur T. Straße postiert. Wenn ein Lkw komme, der zur Fa. L. wolle, werde dieser zurückgeschickt. Ein Einsatzbericht aus der 26. Kalenderwoche zeige, dass am 28. Juni um 3:15 Uhr ein Lkw gestoppt worden sei, der zur Nachbarfirma wollte. Andere Lkw hätten die Baustelle der DB angesteuert. 60Zu Verstößen gegen die Nachtruhe komme es nicht, weil die Arbeit dort vor 6 Uhr nicht aufgenommen werde. Das Betriebsgelände werde erst um 6:15 Uhr von dem Mitarbeiter I2. aufgeschlossen. 61Der Sicherheitsdienst sei von 21:30 bis 6:00 Uhr an der Zufahrt zur T. Straße postiert. Er habe festgestellt, dass Lkw, die in der Nachtzeit eintrafen, häufig nicht die Fa. L. erreichen wollten, sondern andere Firmen oder es habe sich um Durchgangsverkehr gehandelt. Fast alle Lkw, die die Fa. L. ansteuern wollten, hätten weggeschickt werden können. 62Lediglich am 6. August 2012 habe sich ein Lkw-Fahrer geweigert und sei um 23:30 Uhr vor das Betriebsgelände gefahren. 63Die Fa. L. achte auch darauf, dass es nicht vorkomme, dass Lkw längere Zeit auf dem Betriebsgelände warten müssten. Es sei Ziel eines jeden Logistikunternehmens, eine möglichst optimale Materialflusssteuerung zu erreichen. 64Zu den behaupteten Mängeln des Schallschutzgutachtens legt die Beigeladene eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters vor. 65Die vermeintlichen Verstöße gegen Brandschutzauflagen seien ins Blaue hinein behauptet. Tatsächlich seien alle Auflagen eingehalten. 66Am 6. November 2013 hat der Berichterstatter einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Ortsterminsprotokoll Bezug genommen. 67Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der Verfahren 5 K 1151/12 und 5 L 1255/12 sowie der von der Beklagten in beiden Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 68Entscheidungsgründe: 69Die zulässige Anfechtungsklage hat Erfolg. 70Die angefochtene Baugenehmigung der Beklagten zur nachträglichen Legalisierung des Betriebs einer Spedition auf dem Grundstück der Beigeladenen ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑). 71Das Vorhaben liegt innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, ein Bebauungsplan besteht nicht, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit beurteilt sich deshalb nach § 34 des Baugesetzbuchs ‑ BauGB ‑ . 72Die Kläger können sich allerdings nicht auf einen Gebietsgewährleistungsanspruch berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch gibt nicht nur den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet liegen, sondern auch den Eigentümern von Grundstücken, die in einem faktischen Baugebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit §§ 2 ff. der Baunutzungsverordnung ‑ BauNVO ‑) liegen, das Recht, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässiges Vorhaben zur Wehr zu setzen. § 34 Abs. 2 BauGB besitzt grundsätzlich nachbarschützende Qualität. Der Nachbar hat auf die Bewahrung der Gebietsart einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht. Der Abwehranspruch des Nachbarn wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit einer Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebietes eingeleitet wird. Der Nachbarschutz aus der Festsetzung eines Baugebiets - und vergleichsweise jener nach § 34 Abs. 2 BauGB - geht weiter als der Schutz aus dem Rücksichtnahmegebot in § 15 BauNVO bzw. § 34 BauGB. Letzteres setzt voraus, dass der Nachbar in unzumutbarer Weise konkret in schutzwürdigen Interessen betroffen wird. Einen Anspruch auf die Bewahrung einer Gebietsart hat der Nachbar jedoch unabhängig davon, ob das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führt. 73Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ OVG NRW ‑, Urteil vom 24. Januar 2008 ‑ 7 A 270/07 ‑, juris unter Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht ‑ BVerwG ‑, Urteil vom 16. September 1993 ‑ 4 C 28.91 -, BRS 55 Nr. 110,sowie Beschlüsse vom 11. April 1996 - 4 B 51.96 -, BRS 58 Nr. 82, und vom 2. Februar 2000 - 4 B 87.99 -, BauR 2000, 1019. 74Die hier maßgebliche Umgebungsbebauung entspricht indessen keinem der in §§ 2 ff BauNVO aufgeführten Baugebiete. Namentlich vermag die Kammer nicht der Auffassung der Kläger zu folgen, nach der sein Wohnhaus in einem allgemeinen Wohngebiet liege. 75Die maßgebliche nähere Umgebung entspricht hier dem Dreieck A 40, T. Straße und I.---------straße , wobei zumindest hinsichtlich der T. Straße die Bebauung beidseits der Straße einzubeziehen ist. Die weiter nördlich an der I.---------straße angrenzende gewerbliche Nutzung hat keine prägende Wirkung mehr auf den hier interessierenden Bereich, ebenso wenig die gewerbliche Nutzung weiter östlich an der T. Straße jenseits der I.---------straße sowie das ehemalige B. -Gelände, das zur C1. Straße hin erschlossen ist. 76Die Annahme eines allgemeinen Wohngebiets für den so eingegrenzten Bereich scheidet aus, da mit den Gewerbebetrieben jedenfalls auf dem Grundstück der Beigeladenen, Nr. 95, und Nr. 109 zwei wohngebietsunverträgliche störende Gewerbebetriebe anzutreffen sind. Für das Antragsgrundstück, Nr. 95, war zuletzt eine Eisenwarenfabrik mit Produktionshalle für Metallbau (Markisen, Gitter, Tore) mit 114 Stellplätzen genehmigt. Auch wenn längst nicht alle Stellplätze tatsächlich genutzt worden sind, handelt es sich bei metallverarbeitenden Betrieben, bei denen wie hier regelmäßig lärmintensive Arbeiten (hier: Sägen, Bohrmaschinen, Drehmaschinen, Pressen) vorgenommen werden, nicht um nicht störende Gewerbebetriebe. 77Vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg-Krautzberger, BauNVO, Stand: 1. August 2013, § 4 Rdnr. 74. 78Auch der auf dem Grundstück Nr. 109 genehmigte Betrieb ist ein den Charakter eines allgemeinen Wohngebiets störender Betrieb und wäre in einem solchen planungsrechtlich unzulässig. Zunächst waren hier eine Spedition bzw. Lagerhalle genehmigt: Diese stellen von vornherein keine nicht störenden Gewerbebetriebe dar. 79Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Februar 1982 ‑ 7 A 363/81 ‑; Gelzer-Bracher-Reidt, Bauplanungsrecht, 7. Auflage, Rdnr. 1385. 80Zuletzt war der Betrieb der G. GmbH, Kommissionierungs- und Lagerhalle für Raumausstattung sowie die Kfz-Werkstatt genehmigt. Hinsichtlich der Kommissionierungs- und Lagerhalle fehlt im Hinblick auf den genehmigten Fahrzeugverkehr (täglich 10-20 Fahrzeuge für die Warenan- und –abholung) die Gebietsverträglichkeit für ein allgemeines Wohngebiet. 81Die nähere Umgebung erfüllt auch nicht die Voraussetzungen eines Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO, da in einem Gewerbegebiet Wohnungen nur für einen bestimmten Benutzerkreis zulässig sind (Aufsicht, Betriebsleiter etc., vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). In dem hier zu beurteilenden Baugebiet ist jedoch eine intensive allgemeine Wohnnutzung anzutreffen. 82Schließlich kommt auch die Annahme eines Mischgebiets nach § 6 BauNVO nicht in Betracht. Diese Gebietsart ist dadurch gekennzeichnet, dass die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden sind. § 6 Abs. 1 BauNVO bringt dadurch die städtebauliche Gestaltungsabsicht des Verordnungsgebers zum Ausdruck, dass diese beiden Nutzungsarten in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten nicht nur in ihrer Qualität, sondern auch in ihrer jeweiligen Quantität "gemischt" sein sollen. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart. 83Vgl. BVerwG, Urteil vom 04.05.1988 ‑ 4 C 34/86 ‑, juris-Dokument m.w.N. 84Hier kann bereits nicht festgestellt werden, dass eine solche qualitative und quantitative Durchmischung mit einer Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe besteht. Denn die Nutzungsart Wohnen überwiegt in dem hier maßgeblichem Gebiet ganz eindeutig die gewerblichen Nutzungen. Gewerbliche Nutzungen sind nur auf drei Grundstücken anzutreffen, T. Str. 80, 95 und 109, auf allen anderen Grundstücken befindet sich Wohnbebauung. 85Darüber hinaus steht der Annahme eines Mischgebiets entgegen, dass jedenfalls mit der für das Antragsgrundstück bisher genehmigten Metallverarbeitung eine Nutzung anzutreffen ist, die für ein Mischgebiet auch nicht ausnahmsweise zulässig ist. 86Vgl. VGH Ba-Wü, Urteil vom 28. März 2001 ‑ 8 S 2120/00 ‑, juris-Dokument; Ernst-Zinkahn-Bielenberg-Krautzberger, a.a.O., § 6 Rdnr. 33. 87Da die Einordnung in ein anderes Baugebiet der BauNVO nicht in Betracht kommt, handelt es sich vorliegend um eine Gemengelage. In einer Gemengelage scheidet indessen ein Gebietsgewährleistungsanspruch von vorherein aus. 88Nachbarrechte der Kläger sind aber deshalb verletzt, weil die Baugenehmigung gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB zum Ausdruck kommende Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Das Gebot der Rücksichtnahme will angesichts der gegenseitigen Verflechtung der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. In diesem Sinne vermittelt es Nachbarschutz, wenn und soweit andernfalls durch die Ausführung oder Benutzung eines Vorhabens in schutzwürdige Belange eines Dritten „rücksichtslos“ eingegriffen würde. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im Einzelfall festzustellen, wobei dessen konkrete Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind. 89Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 ‑ 4 C 22.75 ‑, BVerwGE 52, 122 = BRS 32 Nr. 155 und 27. August 1998 ‑ 4 C 5.98 ‑, UPR 1999, 68 = NuR 2000, 87, Beschluss vom 11. Januar 1999 ‑ 4 B 128.98 ‑, DVBl 1999, 786 = NVwZ 1999, 879 = DÖV 1999, 558 und zum Rücksichtnahmegebot aus § 35 Abs. 3 BauGB: BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 ‑ 4 C 5.93 ‑, NVwZ 1994, 686 = UPR 1994, 148 = BauR 1994, 354. 90In Anwendung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter im Ortstermin festgestellten und der Kammer vermittelten örtlichen Verhältnisse sowie der in Verwaltungsvorgängen und Gerichtsakte enthaltenen Fotos stellt sich das Vorhaben der Beigeladenen auf Grund der konkreten Umstände des vorliegenden Falles gegenüber den Klägern als rücksichtslos dar. 91Die Baugenehmigung ist den Klägern gegenüber rücksichtslos, weil die von der Genehmigung ermöglichte unzumutbare Verkehrs- und Erschließungssituation auf der T. Straße ihn in seiner eigenen Grundstücksposition betrifft. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann ausnahmsweise auch dann zu bejahen sein, wenn sich die Erschließungssituation eines Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das Grundstück des Betroffenen erschließenden Straße erheblich verschlechtert und die entstehende Gesamtbelastung infolgedessen bei Abwägung aller Belange unzumutbar ist. 92Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 ‑ 2 A 3009/11 ‑, juris-Dokument. 93Eine derartige Ausnahmesituation kann hier entstehen, ohne dass die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung dem regulativ hinreichend entgegenwirkt. Die Baugenehmigung hat deshalb das Potential, jederzeit unzumutbare Verkehrs- und Erschließungsverhältnisse auf der T. Straße zu verursachen. Sie lässt es im „worst case“ zu, dass bis zu 30 Lkw über 7,5 t und weiter 8 kleinere Lkw das Vorhabengrundstück am Tag, ggf. auch zur gleichen Zeit anfahren, auch um 6:30 Uhr oder 21:30 Uhr. In diesem Fall kann es auf der T. Straße, die, wie die Ortbesichtigung ergeben hat, mit ihrer Breite von 7,50 m und einseitiger Parkmöglichkeit für diesen Verkehr in keiner Weise ausgelegt ist, jederzeit zu unzumutbaren Verkehrs- und Erschließungsverhältnissen kommen. Die Straße ist, wenn sie, was in der Regel der Fall ist, einseitig beparkt wird, nicht breit genug, dass zwei Lkw aneinander vorbeifahren können. Treffen mehrere Lkw gleichzeitig in der Nähe des Vorhabengrundstücks ein, ist die T. Straße durch sich stauende Lkw gleichsam verstopft. Hierdurch werden Verhältnisse herbeigeführt, die Straße und Anlieger offenkundig überfordern. Dies verdeutlichen insbesondere die Fotos Bl. 61-131 der Beiakte 11 zu 5 K 1453/12. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die T. Straße in diesem Abschnitt, sieht man von den drei Gewerbebetrieben und dem durch sie verursachten Verkehr ab, eher den Eindruck einer ruhigen Anliegerstraße vermittelt. 94Überdies können gefährliche Verkehrssituationen entstehen, wenn einander ausweichende bzw. aneinander vorbeirangierende Lkw Teile des Bürgersteigs oder des Parkstreifens in Anspruch nehmen. 95Vgl. OVG NRW, a.a.O. 96Verstärkt wird die unzumutbare Situation für die Anlieger auch noch dadurch, dass jedenfalls die Lkw über 7,5 t, die wie die zahlreich anfahrenden Sattelschlepper in aller Regel höher als 3,20 m sind, auf dem Rückweg von der Fa. L. erneut am Haus der Kläger vorbei müssen, da ihnen die Weiterfahrt in die andere Richtung aufgrund der Brücke unter der A 40 aufgrund ihrer Höhe verwehrt ist. 97Mag auch nicht zwingend von einem täglichen kritischen Zusammentreffen mehrerer Lkw zu einer bestimmten Tageszeit auszugehen sein, so ist es doch möglich, dass die höchste Lkw-Frequenz in den frühen Morgenstunden oder auch abends auftritt. Eine gleichmäßige Verteilung des Lkw-Aufkommens über den Tag ist jedenfalls in der Baugenehmigung nicht festgeschrieben. Sie ergibt sich auch nicht aus der zusätzlichen Erklärung der Fa. L. zum Betriebsablauf vom 29. Dezember 2011 (Bl. 333 Beiakte 5 zu 5 K 1453/12), die Gegenstand der Baugenehmigung ist. Aus dieser Erklärung ergibt sich lediglich, dass die Mieterin des Grundstücks nach Möglichkeit verhindern will, dass Lkw zur Nachtzeit das Betriebsgelände anfahren. Wenn nach der Zusatzerklärung vom 29. Dezember 2011 das Anliefern und Abholen von Ware in C. -X. nur nach Vorlage einer schriftlichen Genehmigung möglich sein soll, die ausschließlich von den Mitarbeitern im Hauptbetrieb in C. -M1. in der Zeit von 6 bis 19 Uhr ausgestellt und ausgehändigt werde, so wird damit gleichwohl nicht verhindert, dass zur Nachtzeit Lkw unmittelbar den Betrieb an der T. Straße anfahren, weil ihren Fahrern die Regelung bezüglich der Genehmigung u. U. unbekannt ist, so wie es in der Vergangenheit häufiger vorgekommen ist. Auch wird durch die Zusatzerklärung nicht verhindert, dass Lkw-Fahrer sich die Genehmigung in M1. am Vortag abholen und am nächsten Tag unkontrolliert das Betriebsgelände in der T. Straße anfahren. Die Absicht der Fa. L. , nachts Aufsichtskräfte in der T. Straße abzustellen, die ein nächtliches Anfahren des Betriebsgeländes durch Lkw verhindern sollen, ist eine Maßnahme, die nicht Gegenstand der Baugenehmigung und damit unverbindlich ist. Die Baugenehmigung muss aber die durch sie hervorgerufenen Konflikte selbst regeln und abschließend bewältigen und darf nicht darauf setzen, dass diese durch ‑ freiwillige ‑ Maßnahmen des Bauherrn gelöst werden. 98Gegen die „worst case“-Betrachtung kann nicht eingewendet werden, dass es unrealistisch sei, dass alle genehmigten Lkw-Fahrzeuge gleichzeitig die Fa. L. anführen. Diese Extremvorstellung mag zwar tatsächlich unrealistisch sein. Aber eine unzumutbare Situation für die Nachbarschaft kann schon weit vor dem „worst case“ dann entstehen, wenn zahlreiche Lkw mehr oder weniger gleichzeitig das Firmengrundstück anfahren wollen. Jede dieser Fallgestaltungen ist von der angefochtenen Baugenehmigung legalisiert. 99Die von der Baugenehmigung ermöglichten unzumutbaren Verkehrs- und Erschließungsverhältnisse können direkt vor dem klägerischen Grundstück auftreten, das direkt an der Erschließungsstraße sowie unmittelbar neben der Zufahrt auf das Grundstück der Beigeladenen liegt. 100Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gegen die Heranziehung des Urteils des OVG NRW vom 15. Mai 2013 einwendet, dass anders als in dem vom OVG NRW zu entscheidenden Fall vorliegend das Lärmschutzgutachten ergeben habe, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte in keinem Fall überschritten seien, so kann dem nicht gefolgt werden. Für die Entscheidung des OVG NRW war die Einhaltung oder Nichteinhaltung von Immissionsrichtwerten an keiner Stelle entscheidungserheblich. Im Übrigen greift das Gebot der Rücksichtnahme weiter als die schalltechnischen Regelwerke. Die Grenzwerte in der 18. BImschV und der TA-Lärm können nicht starr und schematisch angewandt werden, vielmehr sind die besonderen tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen. 101Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Januar 1983 a.a.O. unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 6. August 1982 ‑ 7 B 67.82 ‑, DÖV 1982, 906. 102Vorliegend ist entscheidend, dass der Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht in erster Linie in der Lärmbelastung, sondern in der nicht hinnehmbaren Verschlechterung der Erschließungssituation des Grundstücks der Kläger durch die vorhabenbedingte Überlastung der dieses Grundstück erschließenden Straße zu sehen ist. 103Wenn die Beigeladene einwendet, dass die Wohnbebauung erst an das Gewerbe herangerückt sei, die Gebäude der Beigeladenen seien schon in den 60-er Jahren errichtet worden, die benachbarte Wohnbebauung erst 1970, so trifft dies nicht zu. Jedenfalls das Wohnhaus des Klägers im Verfahren 5 K 1151/12 war im Jahre 1941 bereits vorhanden. Im Übrigen waren die bisherigen Gewerbebetriebe nicht annähernd so störend wie der genehmigte Speditionsbetrieb. 104Die Zumutbarkeitsschwelle ist auch nicht durch die Vorbelastung des Grundstücks der Kläger entscheidungserheblich zu deren Nachteil herabgesetzt. Zum einen würden die nunmehr durch die angefochtene Baugenehmigung zugelassenen Lkw-Verkehre auf der T. Straße nicht schon dadurch hinnehmbar, dass der Lkw-Verkehr auf dieser Straße schon beim Betrieb der Fa. M. /F. seit dem Jahr 1994 - oder noch länger ‑ sowie der Fa. G. GmbH unzumutbar gewesen wäre. Die Kläger müssen eine Vorbelastung der T. Straße mit Lkw- Verkehr nur bis zu einem gewissen Grad akzeptieren; untragbare Verkehrs- und Erschließungszustände müssen sie nicht lediglich deshalb weiter tolerieren, weil sie jetzt nach einer genehmigten Nutzungsänderung des Vorhabengrundstücks fortgesetzt werden: 105vgl. OVG NRW vom 15. Mai 2013, a.a.O. 106Zum anderen gibt es aber auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb der Fa. M. /F. einen ähnlichen Lkw-Verkehr mit sich gebracht hat wie der Speditionsbetrieb des Beigeladenen. Zwar waren nach den vorliegenden Genehmigungsunterlagen auch die Fa. M. /F. sowie ihre Vorgänger mit der Produktion und dem Umschlag von Waren befasst. In den seinerzeit genehmigten Bauvorlagen ist aber nur von Lkw-Verkehr von 8 bis 10 Fahrzeugen im Sommer, im Winter weniger, die Rede. Die Belästigung durch Mitarbeiterfahrzeuge, für die 114 Stellplätze vorgesehen waren, ist nicht annähernd mit der Belästigung durch 30 Lkw über 7,5 t vergleichbar. Dies spricht dafür, das der Speditionsbetrieb der Beigeladenen von seinem Lkw-Aufkommen her von wesentlich anderer Qualität ist. So ist der Warenumschlag der Hauptzweck des Betriebs der Beigeladenen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die vorübergehend auf dem Grundstück der Beigeladenen ansässigen Speditionsbetriebe zu keiner Zeit bauaufsichtlich genehmigt waren.Auch seitens des Grundstücks der Fa. G. (Nr. 109) sind keine annähernd so hohen Belästigungen ausgegangen, wie nunmehr vom Grundstück der Beigeladenen. Der Kläger im Verfahren 5 K 1151/12 gibt insoweit an, dass er ‑ repräsentativ ‑ in fünf Tagen 7 Lkw bis 7,5 t und 1 Lkw über 7,5 t gezählt habe. Ob dies richtig ist oder ob die Verkehrsbelastung im Hinblick auf die zuletzt genehmigten täglich ca. 10-20 Fahrzeuge die Verkehrsbelastung deutlich höher lag, mag hier letztlich offen bleiben. Ein entscheidendes Indiz für eine vormals geringere Lkw-Frequenz ist nämlich, dass keine Informationen vorliegen, dass sich die Nachbarschaft bereits in der Vergangenheit gegen die Betriebe auf den Grundstücken der Beigeladenen und der Fa. G. gewehrt hätte. Wären diese Betriebe ähnlich verkehrs- und lärmintensiv wie der Betrieb des Beigeladenen gewesen, hätte dies jedoch nahegelegen.Massiver Widerstand der Nachbarschaft rührte sich erst, als Ende der 80-er Jahre die seinerzeit auf dem Grundstück T. Straße Nr. 109 ansässige Spedition die Erweiterung ihrer Lagerhallen plante. Der entsprechende Bauantrag wurde dann aber zurückgenommen.Schließlich führt auch die Vorbelastung durch die in der Nähe verlaufende Autobahn A 40 nicht zu einem anderen Ergebnis und zwar schon deshalb, weil die Geräuschbelastung durch die A 40 durch die in den letzten Jahren errichtete Lärmschutzwand erheblich entschärft ist. 107Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung. | 1. die der beigeladenen erteilte baugenehmigung der beklagten zur nutzungsänderung der bestehenden fertigungshalle in eine lagerhalle mit büros und sozialräumen auf dem grundstück t. straße 95 in c. vom 15. februar 2012 wird aufgehoben. 2. die kosten des verfahrens tragen die beklagte und die beigeladene je zur hälfte mit ausnahme der außergerichtlichen der beklagten und der beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen. 3. der urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der vollstreckungsschuldner darf die vollstreckung seitens des vollstreckungsgläubigers durch sicherheitsleistung in höhe des jeweils vollstreckungsfähigen betrages abwenden, wenn nicht der vollstreckungsgläubiger zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die beteiligten streiten um die der beigeladenen erteilte baugenehmigung für die nutzungsänderung der bestehenden fertigungshalle auf dem grundstück t. str. 95 in c. -x. (gemarkung x. , flur 21, flurstücke 241, 249, 250, 273, 276) in einen speditionsbetrieb. 3die kläger sind eigentümer des mit einem wohnhaus bebauten grundstücks t. str. 99. dieses sowie das angrenzende vorhabengrundstück der beigeladenen liegen inmitten des dreiecks, das von der a 40 (ruhrschnellweg) im süden, der t. straße im nordwesten und der i.---------straße im osten begrenzt wird. an der t. straße steht in diesem bereich beidseitig wohnbebauung auf, ebenso an der westlichen seite der i.---------straße . die wohnbebauung an der t. straße wird durchbrochen von dem gelände der firma o. baumaschinen, t. str. 80, dem gebäude der firma g. , t. str. 109 und dem vorhabengrundstück. 4auf dem grundstück der fa. g. , einem großhandel für raumausstatterbedarf, war vermutlich seit den 50-er jahren des 20. jahrhunderts eine lagerhalle von 1.085 m² größe und ein 2-geschossiges bürogebäude der spedition t1. genehmigt. im jahre 1961 wurde darüber hinaus eine baugenehmigung für eine lkw-unterstellhalle (301 m²) mit einer betriebszeitbeschränkung von 7 bis 20 uhr genehmigt. des weiteren genehmigte die beklagte im jahre 1964 den anbau einer kfz-werkstatt mit garage an die lagerhalle. den umbau der lagerhalle mit einer änderung der laderampen genehmigte die beklagte im jahre 1987 für die spedition s. . zuletzt wurde für dieses grundstück am 11. februar 2010 die nutzungsänderung der bestehenden produktionshalle in eine kommissionierungs- und lagerhalle für raumausstattung mit täglich ca. 10-20 lkw genehmigt; betriebszeit 7-16 uhr. außerdem ein taxibetrieb im erdgeschoss mit kfz-werkstatt für wartungs- und kleinere karosseriearbeiten für 16 taxen, beschränkt auf den beginn und das ende der schichtwerkzeit jeweils ½ std. (7-7:30 und 18:30-19 uhr). 5das grundstück der fa. o. baumaschinen wurde seit dem jahr 1981 mit genehmigung der beklagten von einer boschwerkstatt genutzt. im jahre 1999 genehmigte die beklagte die beantragte nutzungsänderung in einen handel, reparatur und vermietung von baumaschinen. in der betriebsbeschreibung wurden als geräusche die von pkw, lkw und gabelstapler angegeben. 6auf dem grundstück der beigeladenen stand bereits in den 70-er jahren des 20. jahrhunderts eine lagerhalle für den vertrieb von bodenbelägen in einer größe von 5.150 m² auf, zu der 75 stellplätze gehörten. im jahre 1984 wurde eine hallenerweiterung für diesen betrieb genehmigt. mit der genehmigten hallenerweiterung wurde die betriebstätigkeit auch auf die zu- und auslieferung von keramischen wand- und bodenbelägen erstreckt. im jahre 1990 genehmigte die beklagte auf diesem grundstück die nutzungsänderung in eine produktionshalle für metallbau: markisen, gitter und tore der eisenwarenfabrik m. und f. . hiermit war ein lkw-aufkommen von 8 bis 10 fahrzeugen im sommer, im winter weniger, verbunden. vier jahre später wurde die erweiterung der halle verbunden mit 114 stellplätzen baurechtlich genehmigt, 1997 auch noch der einbau einer registratur in die werkhalle. vorübergehend wurde das grundstück offenbar von verschiedenen speditionsbetrieben genutzt, ohne dass hierfür seitens der beklagten eine nutzungsänderung genehmigt worden wäre. auch entsprechende anträge wurden nicht gestellt. 7die fahrbahn der t. straße ist in diesem abschnitt, der von der kreuzung i.---------straße bis zur brücke unter der a 40 verläuft, 7,50 m breit. die brücke weist nur eine durchfahrthöhe von 3,20 m auf; deshalb befindet sich an der kreuzung i.---------straße /t. straße in richtung brücke das verkehrszeichen 265 der der straßenverkehrsordnung, das auf das verbot der durchfahrt für fahrzeuge, deren höhe 3,20 m überschreitet, nach 70 m hinweist. 8seit anfang des jahres 2011 nutzte die fa. l. , an die die beigeladene ihr grundstück vermietet hat, grundstück und halle für einen speditionsbetrieb, ohne zuvor eine baugenehmigung für die nutzungsänderung beantragt zu haben. schon kurz nach betriebsaufnahme kam es zu zahlreichen nachbarbeschwerden, auch der kläger, wegen massiver lärmbeeinträchtigung der nachbarschaft durch ca. 45-55 lkw, die das grundstück der beigeladenen täglich anführen. dabei wurde auch vorgebracht, dass zahlreiche lkw-fahrer auch nachts anführen und bei verschlossenen betriebstoren in der straße parkten und diese verunreinigten. 9auf anregung der beklagten beantragte die beigeladene am 7. juni 2011 die genehmigung einer nutzungsänderung der bestehenden fertigungshalle in eine lagerhalle mit büros und sozialräumen (6.275 m² lagerfläche, 1.215,45 m² bürofläche) sowie 15 stellplätzen. in der betriebsbeschreibung wurde der betrieb als kraftwagen-spedition bezeichnet mit einem langzeit- und zwischenlager von waren. täglich sollten 350 paletten ein- und 350 ausgeliefert werden. zum einsatz kämen 3 elektrogabelstapler, 4 elektrische ameisen und 4 mechanische ameisen. die betriebszeit war von 6:30 bis 21:30 uhr vorgesehen. täglich war ein lkw-verkehr von max. 30 lkw über 7,5 t, max. 5 lkw bis 7,5 t und max. 3 lkw bis 3,8 t veranschlagt. 10die beigeladene legte eine geräuschimmissionsprognose des ing-büros i1. vom 7. juni 2011 sowie eine ergänzende stellungnahme des lärmgutachters vom 6. dezember 2011 vor. 11während des antragsverfahrens häuften sich die nachbarbeschwerden über parkende lkw, die nachts die straßen verstopften, über lärm aus den lkw, über die vermüllung der straße und randstreifen durch abfälle und fäkalien der wartenden lkw-fahrer, aber auch über den nachtbetrieb bei der beigeladenen. einige beschwerdeführer wiesen darauf hin, dass einige lkw-fahrer, die wegen der nächtlichen ruhestörungen zur rede gestellt worden seien, die häuser von anwohnern mit eiern und sonstigen gegenständen beworfen hätten. 12mit schreiben vom 23. dezember 2011 teilte die beklagte der beigeladenen mit, dass beabsichtigt sei, die baugenehmigung zu versagen, weil das gebot der rücksichtnahme verletzt sei. zwar sei kein nachtbetrieb beantragt. internationale fremdzulieferer beführen die zufahrtsstraße aber auch nachts, so dass unter einbeziehung des anlagenbezogenen verkehrs der zulässige nachtrichtwert von 45 db(a) am messpunkt t. str. 90 um 19 db(a) überschritten werde. 13darauf hin teilte die fa. l. mit schreiben vom 29. dezember 2011 „in ergänzung ihres schreibens vom 08.12.2011“ mit, dass sie im zuge der weiteren optimierung ihrer betrieblichen ablauforganisation folgende maßnahmen umsetzen werde: 14„das anliefern und abholen von ware in c. x. ist nur nach vorlage einer schriftlichen genehmigung möglich. diese genehmigung wird ausschließlich von mitarbeitern in unserem hauptbetrieb in der j.--------straße 38 in c. -m1. in der zeit von 6.00 bis 19.00 uhr ausgestellt und ausgehändigt....“ 15nach dieser ergänzung erteilte die beklagte der beigeladenen am 15. februar 2012 die beantragte baugenehmigung u. a. mit der auflage nr. 1, wonach während der nachtzeit (22 bis 6 uhr) kein lkw-verkehr auf dem betriebsgelände sowie im bereich angrenzender zufahrtsbereiche stattfinden dürfe. das schreiben der fa. l. vom 29. dezember 2011 war anlage zur baugenehmigung. 16die kläger, die hiervon am 18. februar 2012 unterrichtet wurden, haben am 12. märz 2012 klage erhoben. zur begründung machen sie geltend, dass die baugenehmigung rechtswidrig sei. 17die umgebungsbebauung komme einem allgemeinen wohngebiet nahe. soweit mittel- bis großflächige gewerbegrundstücke vorhanden seien, würden diese nicht mehr genutzt. 18selbst bei der annahme eines mischgebiets wäre eine spedition nicht zulässig. 19die genehmigten lkw-bewegungen von maximal 38 lkw innerhalb der betriebszeiten von 6:30 bis 21:30 uhr würden nicht eingehalten. auch außerhalb der betriebszeiten führen mehrfach wöchentlich lkw das betriebsgelände an. wenn die fahrer dann feststellten, dass das betriebsgelände geschlossen sei, parkten sie ganz überwiegend in der nähe der einfahrt und übernachteten dort. 20die kläger überreichen eine dokumentation der lkw-anfahrten in der zeit von 23. februar bis ende mai 2012: nahezu täglich seien mehr lkw angefahren als genehmigt; fast die gleiche zahl sei auch wieder zurückgefahren, da lkw den tunnel unter der a 40 nicht befahren könnten. deshalb sei auch das schallschutzgutachten falsch, das davon ausgehe, dass sich pkw und lkw, die das gelände der beigeladenen anführen, in beide richtungen der t. straße verteilten. 21auch die zahl der im gutachten angenommenen maximal 40 rangiervorgänge auf dem betriebsgrundstück müsse erhöht werden; hierbei sei nicht berücksichtigt, dass lkw regelmäßig auch schon auf der straße rangieren müssten, weil die zufahrt durch andere fahrzeuge blockiert sei. aufgrund der enge der straße und der grundstückszufahrt seien die rangiervorgänge sehr schwierig. 22die zahl der mit 40/tag angesetzten startvorgänge sei zu niedrig. denn viele lkw müssten zunächst auf dem grundstück warten, bis eine entladerampe frei sei. 23schließlich wichen die in der prognose angenommenen ladevorgänge von der betriebsbeschreibung ab: der gutachter gehe von 280 paletten/tag, somit von 560 ladebetriebsvorgängen aus, die beigeladene selbst lt. betriebsbeschreibung von 2 x 350 paletten. 24zwar folge aus den überschreitungen einer genehmigung nicht ohne weiteres die rechtswidrigkeit der genehmigung; hier habe sich die beklagte aber offenbar mit berechnungsergebnissen zufrieden gegeben, deren praxisrelevanz nicht belegt und überprüft worden sei. 25das konzept der fa. l. vom 29. dezember 2011 sei offenbar ungeeignet; auch sei in abrede zu stellen, dass es tatsächlich umgesetzt werde und überhaupt umgesetzt werden sollte. denn die vorgelegte dokumentation habe eindeutig ergeben, dass der nachtverkehr durch lkw tatsächlich eher zugenommen habe. 26am 6. juni 2013 seien von anwohnern zähllisten erstellt worden. danach hätten insgesamt 41 fahrzeuge das betriebsgrundstück angefahren, lediglich 5 von diesen fahrzeugen seien zuvor in der j.--------straße gesichtet worden. 27außerdem hätten anwohner im zeitraum vom 22. januar bis 22. februar 2013 zahlreiche verstöße dokumentiert, teilweise fotografisch. 28zwischen dem 23. mai und dem 28. juni 2013 sei die höchstzulässige zahl von 38 lkw-anfahrten teilweise erheblich überschritten worden (45, 53, 57, 50, 44 lkw). 29eine straßenverkehrsrechtliche lösung etwa im sinne eines parkverbots und eines nächtlichen durchfahrtverbots sei nach der rechtsprechung des ovg nrw nicht angezeigt. 30die rücksichtslosigkeit ergebe sich daraus, dass die kläger gegenüber der vornutzung durch eine erheblich gesteigerte zahl von lkw-vorbeifahrten beeinträchtigt würden, wobei es sich überwiegend um sattelzüge handele. da die grundstückszufahrt rechtwinkelig auf die ca. 6 m breite straße stoße, sei eine unzumutbare situation durch rangierende und sich gegenseitig blockierende lkw gegeben. 31die erschütterungen, die durch die lkw auf dem grundstück der kläger ausgelöst würden, seien nicht hinreichend berücksichtigt; der straßenbelag werde spürbar verschlechtert, die erschütterungen hierdurch noch stärker. lediglich für die geräuschimmissionen sei insoweit ein zuschlag von 1 db(a) angesetzt worden. der wert des gebäudes der kläger werde zunehmend gemindert. 32die rechtswidrigkeit der baugenehmigung ergebe sich auch daraus, dass sie unbestimmt sei. die unbestimmtheit beruhe darauf, dass die steuerung des lkw-verkehrs ausschließlich dem mieter der beigeladenen überlassen werde; von nebenbestimmungen zur baugenehmigung habe die beklagte abgesehen. das konzept der fa. l. werde nicht zuverlässig umgesetzt. der nächtliche wachdienst sei zeitweise eingestellt und erst auf druck der anwohner wieder aufgenommen worden. manche lkw-fahrer hätten sich dahingehend geäußert, dass sie bis zum morgen in der t. straße pausieren müssten, um die lenkzeiten nicht zu überschreiten. 33schließlich würden verstöße gegen den vorbeugenden baulichen brandschutz gerügt. die in der genehmigung enthaltene feuerwehrumfahrt entspreche nicht den örtlichen gegebenheiten, sie sei im hinteren teil immer wieder über einen längeren zeitraum verstellt, so dass einsatzfahrzeuge behindert würden. ferner sei nicht erkennbar, dass verschiedene in dem brandschutzkonzept als erforderlich angesehene maßnahmen umgesetzt worden seien. 34was die vorbelastung angehe, so sei die bisherige belästigung der anwohner mit dem heutigen lkw-verkehr nicht vergleichbar. das gelte auch für die 115 stellplätze, bei denen es sich offensichtlich um pkw-stellplätze für die mitarbeiter des damaligen nicht störenden produktionsbetriebs handelte. der lkw-verkehr zu dem grundstück der fa. g. (nr. 109) sei nicht besonders aufgefallen. sie betreibe auch kein speditionsunternehmen, sondern seit etwa 2005 einen schaumstoffhandel sowie ein innenausstattungsstudio. bei einer repräsentativen auszählung des lkw-verkehrs zu diesem betrieb habe der kläger des verfahrens 5 k 1151/12 für die dauer von fünf tagen sieben lkw bis 7,5 t und einen lkw über 7,5 t gezählt. 35die kläger beantragen, 36die der beigeladenen erteilte baugenehmigung der beklagten zur nutzungsänderung der bestehenden fertigungshalle in eine lagerhalle mit büros und sozialräumen auf dem grundstück t. str. 95 in c. vom 15. februar 2012 aufzuheben. 37die beklagte beantragt, 38die klage abzuweisen. 39sie ist der auffassung, dass die planungsrechtlichen vorgaben eingehalten seien. 40auf einen gebietsgewährleistungsanspruch könnten sich die kläger nicht berufen. die nähere umgebung des angefochtenen bauvorhabens lasse sich nicht einem baugebiet der baunvo zuordnen. die nähere umgebung sei zwar überwiegend durch wohnnutzung geprägt. inmitten dieser nutzung und unmittelbar daran angrenzend fänden sich aber mehrere durchaus umfängliche gewerbliche nutzungen, so die firmen „baumaschinen o. , t. str. 80“ und die „gebr. g. gmbh, t. str. 109“. in dem betrieb haus nr. 80 würden baumaschinen veräußert, vermietet und dort abgestellt, die nutzung von nr. 109 diene der lagerhaltung von baustoffen und sei planungsrechtlich als selbständiges lager anzusehen, das nicht mischgebietsverträglich sei. 41für das antragsgrundstück sei bis zur aufnahme der nutzung durch die fa. l. eine produzierende nutzung (herstellung von sonnenschutz- und rollgitteranlagen mit 115 stellplätzen) seit 1990 bauaufsichtlich genehmigt gewesen. auch ein solcher metallverarbeitender betrieb sei nicht mischgebietsverträglich, da der nutzung angesichts der zahlreichen genehmigten stellplätze und des damit einhergehenden zu- und abgangsverkehrs planungsrechtlich ein wesentliches störpotential zuzuordnen sei. ihr komme aufgrund ihrer langen dauer und des erheblichen umfangs auch nach ihrer aufgabe nachprägende wirkung zu. 42eine genehmigte gewerbliche nutzung könne bis zurück in das jahr 1973 belegt werden, jeweils verbunden mit einem erheblichen stellplatzvolumen und entsprechendem zu- und abgangsverkehr. 43auch liege kein verstoß gegen das gebot der rücksichtnahme vor. die kläger könnten nicht die einhaltung der immissionsrichtwerte für wohngebiete fordern. rechtliche vorbelastungen könnten dazu führen, dass die pflicht zur gegenseitigen rücksichtnahme vermindert werde. bei einem nebeneinander von wohnnutzung und gewerbegebietstypischer nutzung gälten anerkanntermaßen als mittelwert die immissionsrichtwerte für mischgebiete. 44diese grenzwerte würden nach der vorgelegten geräuschimmissionsprognose im tageszeitraum an sämtlichen messpunkten erheblich unterschritten. da der sachverständige bei seiner analyse eine erheblich größere zahl an verkehrsbewegungen im lkw-bereich zugrunde gelegt habe (40 anfahrende lkw statt der genehmigten 30 fahrzeuge), lägen die ergebnisse auf der sicheren seite. wenn die kläger rügten, dass ein erheblich höherer zu- und abgangsverkehr realistisch sei, so sei auf die genehmigungslage zu verweisen, nach der lediglich 38 lkw-anfahrten legalisiert seien. eine quantitativ höhere nutzung möge unmittelbar nach der betriebsaufnahme zu verzeichnen gewesen sein; es sei aber nicht richtig, dass es permanent zu einer überschreitung der genehmigten zahl anfahrender lkw komme. aufgrund einer örtlichen überprüfung durch die beklagte und einer auswertung der geschäftsunterlagen zur zu- und abfahrt habe sich kein verstoß gegen den genehmigten umfang des lieferverkehrs ergeben. 45wenn die kläger vortrügen, dass die zahl von 40 lkw zu gering bemessen sei, da die lkw immer wieder wegen ausgelasteter entladerampen nicht sofort entladen werden könnten, sei dies zurückzuweisen. die genehmigten 38 lkw-zufahrten ergäben, bezogen auf 15 betriebsstunden, eine durchschnittliche belegung der südlichen laderampe von 3 lkw je stunde. bei einer länge der rampe von 75,41 metern und einer maximal zulässigen länge von nutzfahrzeugzügen von 18,75 metern könne über die rampe parallel eine be-/entladetätigkeit für vier lkw abgewickelt werden. im übrigen habe der gutachter für zusätzliche startvorgänge einen taktzuschlag von 17 db(a) vorgenommen. 46auch der vorhalt, der schlechte straßenbelag sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, treffe nicht zu. dafür bestehe schon keine notwendigkeit, weil ein erheblich beschädigter und sich zunehmend verschlechternder straßenbelag nicht zu erkennen sei. im bereich des betriebsgeländes habe der gutachter sogar zu gunsten der nachbarn einen zuschlag von 1 db(a) vorgenommen, weil er eine bodenbeschaffenheit aus betonsteinen mit fugen > 3 mm zugrunde gelegt habe. tatsächlich sei als fahrbahnbelag dort größtenteils asphalt anzutreffen. 47die rüge, dass der gutachter die besondere einbahnstraßensituation dieses bereichs der t. straße nicht berücksichtigt habe, habe der gutachter selbst als im ergebnis unerheblich dargestellt. 48der einwand, dass der gutachter ein im vergleich zur genehmigungslage niedrigeres ladevolumen zugrunde lege (560 statt 700 paletten), treffe zwar zu. dies wirke sich aber lediglich auf immissionen aus, die durch den eigentlichen ladebetrieb durch elektrostapler bzw. elektro- und hubwagen hervorgerufen würden. da aber die grenzwerte um mehr als 5 db(a) unterschritten würden, sei es ausgeschlossen, dass die ladetätigkeit für zusätzliche 140 paletten zu einer überschreitung der grenzwerte führe. 49auch dem vorhalt der „maßgeschneiderten baugenehmigung“ sei zu widersprechen. gegen eine unter diesem gesichtspunkt fehlerhafte baugenehmigung spreche schon, dass das angefochtene bauvorhaben sich planungsrechtlich innerhalb des vorgegebenen rahmens der näheren umgebung halte. 50die erklärung der fa. l. vom 29. dezember 2011, die gegenstand der baugenehmigung geworden sei, diene auch der bauplanerischen konfliktbewältigung. es sei nicht ersichtlich, warum die genehmigte betriebsweise (zulieferung über den standort c. -m1. ) nicht tauglich sein sollte, etwaige planungsrechtliche spannungen zu beherrschen. hier möge es in der zeit nach der betriebsaufnahme zu wiederholten verstößen gegen die genehmigte betriebszeit gekommen sein. dies habe inzwischen abgestellt werden können. im nachtzeitraum führe kein genehmigungswidriger anlieferverkehr in die straße ein und verweile in ermangelung einer einfahrtmöglichkeit in das betriebsgelände im straßenraum. ein vertreter der beklagten habe sich zwischen dem 22. juni und 27. juli 2012 an sechs terminen unangemeldet in der zeit von 5:45 bis 6:40 uhr zu der örtlichkeit begeben und sich einen eigenen eindruck verschafft. an keinem der termine habe ein im straßenraum abgestellter lkw festgestellt werden können. auch habe es keine anfahrt des betriebsgeländes vor der genehmigten betriebszeit gegeben. 51bei kontrollen durch den einsatz eines sicherheitsdienstes habe sich auch ergeben, dass nicht lediglich die fa. l. im nachtzeitraum angefahren werden sollte. 52die beigeladene beantragt, 53die klage abzuweisen. 54sie weist darauf hin, dass das grundstück direkt an der a 40 liege; traditionell sei die umgebung geprägt durch ein miteinander von industrie- und wohnbebauung. im jahre 1967 sei das gelände durch eine eisenwarenfabrik genutzt worden, zu einem späteren zeitpunkt durch die spedition n. . nach dem eigentumserwerb durch die beigeladene sei das grundstück zunächst an ein unternehmen vermietet worden, das markisen produzierte; dieser geschäftsbetrieb habe schon in erheblichem umfang lkw-verkehr erfordert. ab 2010 sei an verschiedene speditionen untervermietet worden. unmittelbar angrenzend in östlicher richtung befinde sich ein großhandel für raumausstatterbedarf und ein servicelager. in westlicher richtung liege die fa. o. baumaschinen. auch diese betriebe erforderten erheblichen lkw-verkehr und würden auch von schwerlastverkehr angefahren. 55die gewerbeflächen in der umgebung nähmen einen höheren flächenanteil auf als die wohnbebauung. hinzu trete, dass die wohnbebauung erst an das gewerbe herangerückt sei. die gebäude der beigeladenen seien schon in den 60-er jahren errichtet worden, die benachbarte wohnbebauung erst 1970. 56die eigenart der näheren umgebung entspreche keinem der in der baunvo bezeichneten gebiete. die annahme eines allgemeinen wohngebiets liege angesichts der gewerbe- und industrienutzung fern. die umgebungsbebauung sei als gemengelage aus wohnnutzung und gewerblich-industrieller nutzung anzusehen. das grundstück der beigeladenen sei auch in der vergangenheit seit jahrzehnten aufgrund seiner gewerblichen bzw. industriellen nutzung von lkw, auch schweren lkw angefahren worden. der jetzige nutzer, die spedition l. , habe organisatorische maßnahmen getroffen, die dazu führten, dass die beeinträchtigung der nachbarschaft jedenfalls nicht höher seien als in der vergangenheit. es gebe die auflage, dass während der nachtzeit (22 bis 6 uhr) kein lkw-verkehr auf dem betriebsgelände sowie den angrenzenden zufahrtbereichen stattfinden dürfe. 57soweit es vor erteilung der baugenehmigung am 15. februar 2012 zu störungen während der nachtzeit gekommen sei, könnten der beigeladenen keine verstöße vorgehalten werden. die auflagen gälten erst seit genehmigungserteilung. die beigeladene habe die mieterin angeschrieben mit der aufforderung, unbedingt alle auflagen einzuhalten. 58die aufstellung der kläger zu den betriebszeiten und fahrzeugzahlen sei unrichtig. die aufstellung betreffe nicht den verkehr zum grundstück der beigeladenen. auch die mieterin der beigeladenen habe eine aufstellung über die lkw-bewegungen in der zeit vom 1. februar bis 31. juli 2012 erstellt. danach sei die zulässige anzahl von lkw an keinem tag überschritten worden. 59zu beginn der mietzeit der fa. l. habe es durchaus probleme gegeben. die betrieblichen abläufe seien aber optimiert worden. die mieterin stelle sicher, dass ein anfahren des grundstücks nur noch zulässig sei, wenn zuvor eine schriftliche genehmigung im hauptbetrieb der mieterin in bo-m1. eingeholt werde. die genehmigung werde nur in der zeit von 6 bis 19 uhr ausgestellt. diese regelung werde strikt eingehalten. nur lkw-fahrer mit genehmigung würden an der t. straße abgefertigt, falls sie keine genehmigung vorweisen könnten, würden sie nach m1. zurückgeschickt. seit juni sei zudem ein sicherheitsdienst beauftragt. ein mitarbeiter des wachdienstes werde nachts an der zufahrt zur t. straße postiert. wenn ein lkw komme, der zur fa. l. wolle, werde dieser zurückgeschickt. ein einsatzbericht aus der 26. kalenderwoche zeige, dass am 28. juni um 3:15 uhr ein lkw gestoppt worden sei, der zur nachbarfirma wollte. andere lkw hätten die baustelle der db angesteuert. 60zu verstößen gegen die nachtruhe komme es nicht, weil die arbeit dort vor 6 uhr nicht aufgenommen werde. das betriebsgelände werde erst um 6:15 uhr von dem mitarbeiter i2. aufgeschlossen. 61der sicherheitsdienst sei von 21:30 bis 6:00 uhr an der zufahrt zur t. straße postiert. er habe festgestellt, dass lkw, die in der nachtzeit eintrafen, häufig nicht die fa. l. erreichen wollten, sondern andere firmen oder es habe sich um durchgangsverkehr gehandelt. fast alle lkw, die die fa. l. ansteuern wollten, hätten weggeschickt werden können. 62lediglich am 6. august 2012 habe sich ein lkw-fahrer geweigert und sei um 23:30 uhr vor das betriebsgelände gefahren. 63die fa. l. achte auch darauf, dass es nicht vorkomme, dass lkw längere zeit auf dem betriebsgelände warten müssten. es sei ziel eines jeden logistikunternehmens, eine möglichst optimale materialflusssteuerung zu erreichen. 64zu den behaupteten mängeln des schallschutzgutachtens legt die beigeladene eine ergänzende stellungnahme des gutachters vor. 65die vermeintlichen verstöße gegen brandschutzauflagen seien ins blaue hinein behauptet. tatsächlich seien alle auflagen eingehalten. 66am 6. november 2013 hat der berichterstatter einen ortstermin durchgeführt. wegen der weiteren einzelheiten wird auf das ortsterminsprotokoll bezug genommen. 67wegen der weiteren einzelheiten wird auf den inhalt der gerichtsakte einschließlich der verfahren 5 k 1151/12 und 5 l 1255/12 sowie der von der beklagten in beiden verfahren vorgelegten verwaltungsvorgänge bezug genommen. 68 | 69die zulässige anfechtungsklage hat erfolg. 70die angefochtene baugenehmigung der beklagten zur nachträglichen legalisierung des betriebs einer spedition auf dem grundstück der beigeladenen ist rechtswidrig und verletzt die kläger in ihren rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 der verwaltungsgerichtsordnung ‑ vwgo ‑). 71das vorhaben liegt innerhalb der im zusammenhang bebauten ortsteile, ein bebauungsplan besteht nicht, die bauplanungsrechtliche zulässigkeit beurteilt sich deshalb nach § 34 des baugesetzbuchs ‑ baugb ‑ . 72die kläger können sich allerdings nicht auf einen gebietsgewährleistungsanspruch berufen. der gebietsgewährleistungsanspruch gibt nicht nur den eigentümern von grundstücken, die in einem durch bebauungsplan festgesetzten baugebiet liegen, sondern auch den eigentümern von grundstücken, die in einem faktischen baugebiet (§ 34 abs. 2 baugb in verbindung mit §§ 2 ff. der baunutzungsverordnung ‑ baunvo ‑) liegen, das recht, sich gegen ein hinsichtlich der art der baulichen nutzung nicht zulässiges vorhaben zur wehr zu setzen. § 34 abs. 2 baugb besitzt grundsätzlich nachbarschützende qualität. der nachbar hat auf die bewahrung der gebietsart einen schutzanspruch, der über das rücksichtnahmegebot hinausgeht. der abwehranspruch des nachbarn wird grundsätzlich bereits durch die zulassung eines mit einer gebietsart unvereinbaren vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche austauschverhältnis gestört und eine verfremdung des gebietes eingeleitet wird. der nachbarschutz aus der festsetzung eines baugebiets - und vergleichsweise jener nach § 34 abs. 2 baugb - geht weiter als der schutz aus dem rücksichtnahmegebot in § 15 baunvo bzw. § 34 baugb. letzteres setzt voraus, dass der nachbar in unzumutbarer weise konkret in schutzwürdigen interessen betroffen wird. einen anspruch auf die bewahrung einer gebietsart hat der nachbar jedoch unabhängig davon, ob das baugebietswidrige vorhaben im jeweiligen einzelfall zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren beeinträchtigung des nachbarn führt. 73vgl. oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen ‑ ovg nrw ‑, urteil vom 24. januar 2008 ‑ 7 a 270/07 ‑, juris unter hinweis auf bundesverwaltungsgericht ‑ bverwg ‑, urteil vom 16. september 1993 ‑ 4 c 28.91 -, brs 55 nr. 110,sowie beschlüsse vom 11. april 1996 - 4 b 51.96 -, brs 58 nr. 82, und vom 2. februar 2000 - 4 b 87.99 -, baur 2000, 1019. 74die hier maßgebliche umgebungsbebauung entspricht indessen keinem der in §§ 2 ff baunvo aufgeführten baugebiete. namentlich vermag die kammer nicht der auffassung der kläger zu folgen, nach der sein wohnhaus in einem allgemeinen wohngebiet liege. 75die maßgebliche nähere umgebung entspricht hier dem dreieck a 40, t. straße und i.---------straße , wobei zumindest hinsichtlich der t. straße die bebauung beidseits der straße einzubeziehen ist. die weiter nördlich an der i.---------straße angrenzende gewerbliche nutzung hat keine prägende wirkung mehr auf den hier interessierenden bereich, ebenso wenig die gewerbliche nutzung weiter östlich an der t. straße jenseits der i.---------straße sowie das ehemalige b. -gelände, das zur c1. straße hin erschlossen ist. 76die annahme eines allgemeinen wohngebiets für den so eingegrenzten bereich scheidet aus, da mit den gewerbebetrieben jedenfalls auf dem grundstück der beigeladenen, nr. 95, und nr. 109 zwei wohngebietsunverträgliche störende gewerbebetriebe anzutreffen sind. für das antragsgrundstück, nr. 95, war zuletzt eine eisenwarenfabrik mit produktionshalle für metallbau (markisen, gitter, tore) mit 114 stellplätzen genehmigt. auch wenn längst nicht alle stellplätze tatsächlich genutzt worden sind, handelt es sich bei metallverarbeitenden betrieben, bei denen wie hier regelmäßig lärmintensive arbeiten (hier: sägen, bohrmaschinen, drehmaschinen, pressen) vorgenommen werden, nicht um nicht störende gewerbebetriebe. 77vgl. ernst-zinkahn-bielenberg-krautzberger, baunvo, stand: 1. august 2013, § 4 rdnr. 74. 78auch der auf dem grundstück nr. 109 genehmigte betrieb ist ein den charakter eines allgemeinen wohngebiets störender betrieb und wäre in einem solchen planungsrechtlich unzulässig. zunächst waren hier eine spedition bzw. lagerhalle genehmigt: diese stellen von vornherein keine nicht störenden gewerbebetriebe dar. 79vgl. ovg nrw, urteil vom 4. februar 1982 ‑ 7 a 363/81 ‑; gelzer-bracher-reidt, bauplanungsrecht, 7. auflage, rdnr. 1385. 80zuletzt war der betrieb der g. gmbh, kommissionierungs- und lagerhalle für raumausstattung sowie die kfz-werkstatt genehmigt. hinsichtlich der kommissionierungs- und lagerhalle fehlt im hinblick auf den genehmigten fahrzeugverkehr (täglich 10-20 fahrzeuge für die warenan- und –abholung) die gebietsverträglichkeit für ein allgemeines wohngebiet. 81die nähere umgebung erfüllt auch nicht die voraussetzungen eines gewerbegebiets nach § 8 baunvo, da in einem gewerbegebiet wohnungen nur für einen bestimmten benutzerkreis zulässig sind (aufsicht, betriebsleiter etc., vgl. § 8 abs. 3 nr. 1 baunvo). in dem hier zu beurteilenden baugebiet ist jedoch eine intensive allgemeine wohnnutzung anzutreffen. 82schließlich kommt auch die annahme eines mischgebiets nach § 6 baunvo nicht in betracht. diese gebietsart ist dadurch gekennzeichnet, dass die zwei hauptnutzungsarten wohnen und nicht wesentlich störendes gewerbe ohne abstufenden zusatz nebeneinandergestellt worden sind. § 6 abs. 1 baunvo bringt dadurch die städtebauliche gestaltungsabsicht des verordnungsgebers zum ausdruck, dass diese beiden nutzungsarten in den durch bebauungsplan festgesetzten mischgebieten nicht nur in ihrer qualität, sondern auch in ihrer jeweiligen quantität "gemischt" sein sollen. in dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden durchmischung von wohnen und nicht wesentlich störendem gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere funktion des mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen baugebietstypen der baunutzungsverordnung unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen eigenart. 83vgl. bverwg, urteil vom 04.05.1988 ‑ 4 c 34/86 ‑, juris-dokument m.w.n. 84hier kann bereits nicht festgestellt werden, dass eine solche qualitative und quantitative durchmischung mit einer gleichwertigkeit und gleichgewichtigkeit von wohnen und das wohnen nicht wesentlich störendem gewerbe besteht. denn die nutzungsart wohnen überwiegt in dem hier maßgeblichem gebiet ganz eindeutig die gewerblichen nutzungen. gewerbliche nutzungen sind nur auf drei grundstücken anzutreffen, t. str. 80, 95 und 109, auf allen anderen grundstücken befindet sich wohnbebauung. 85darüber hinaus steht der annahme eines mischgebiets entgegen, dass jedenfalls mit der für das antragsgrundstück bisher genehmigten metallverarbeitung eine nutzung anzutreffen ist, die für ein mischgebiet auch nicht ausnahmsweise zulässig ist. 86vgl. vgh ba-wü, urteil vom 28. märz 2001 ‑ 8 s 2120/00 ‑, juris-dokument; ernst-zinkahn-bielenberg-krautzberger, a.a.o., § 6 rdnr. 33. 87da die einordnung in ein anderes baugebiet der baunvo nicht in betracht kommt, handelt es sich vorliegend um eine gemengelage. in einer gemengelage scheidet indessen ein gebietsgewährleistungsanspruch von vorherein aus. 88nachbarrechte der kläger sind aber deshalb verletzt, weil die baugenehmigung gegen das in § 34 abs. 1 baugb zum ausdruck kommende gebot der rücksichtnahme verstößt. das gebot der rücksichtnahme will angesichts der gegenseitigen verflechtung der baulichen situation benachbarter grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen ausgleich schaffen, der einerseits dem bauherrn ermöglicht, was von seiner interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem nachbarn erspart, was an belästigungen und nachteilen für ihn unzumutbar ist. in diesem sinne vermittelt es nachbarschutz, wenn und soweit andernfalls durch die ausführung oder benutzung eines vorhabens in schutzwürdige belange eines dritten „rücksichtslos“ eingegriffen würde. das vorliegen dieser voraussetzungen ist im einzelfall festzustellen, wobei dessen konkrete umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen interessen des bauherrn und des nachbarn in anwendung des maßstabes der planungsrechtlichen zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. dabei kann desto mehr an rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die stellung dessen ist, dem die rücksichtnahme im gegebenen zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das vorhaben verwirklichen will, desto weniger rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem bauvorhaben verfolgten interessen sind. 89vgl. bverwg, urteile vom 25. februar 1977 ‑ 4 c 22.75 ‑, bverwge 52, 122 = brs 32 nr. 155 und 27. august 1998 ‑ 4 c 5.98 ‑, upr 1999, 68 = nur 2000, 87, beschluss vom 11. januar 1999 ‑ 4 b 128.98 ‑, dvbl 1999, 786 = nvwz 1999, 879 = döv 1999, 558 und zum rücksichtnahmegebot aus § 35 abs. 3 baugb: bverwg, urteil vom 28. oktober 1993 ‑ 4 c 5.93 ‑, nvwz 1994, 686 = upr 1994, 148 = baur 1994, 354. 90in anwendung dieser grundsätze und unter berücksichtigung der vom berichterstatter im ortstermin festgestellten und der kammer vermittelten örtlichen verhältnisse sowie der in verwaltungsvorgängen und gerichtsakte enthaltenen fotos stellt sich das vorhaben der beigeladenen auf grund der konkreten umstände des vorliegenden falles gegenüber den klägern als rücksichtslos dar. 91die baugenehmigung ist den klägern gegenüber rücksichtslos, weil die von der genehmigung ermöglichte unzumutbare verkehrs- und erschließungssituation auf der t. straße ihn in seiner eigenen grundstücksposition betrifft. ein verstoß gegen das rücksichtnahmegebot kann ausnahmsweise auch dann zu bejahen sein, wenn sich die erschließungssituation eines grundstücks durch eine vorhabenbedingte überlastung einer das grundstück des betroffenen erschließenden straße erheblich verschlechtert und die entstehende gesamtbelastung infolgedessen bei abwägung aller belange unzumutbar ist. 92vgl. ovg nrw, urteil vom 15. mai 2013 ‑ 2 a 3009/11 ‑, juris-dokument. 93eine derartige ausnahmesituation kann hier entstehen, ohne dass die der beigeladenen erteilte baugenehmigung dem regulativ hinreichend entgegenwirkt. die baugenehmigung hat deshalb das potential, jederzeit unzumutbare verkehrs- und erschließungsverhältnisse auf der t. straße zu verursachen. sie lässt es im „worst case“ zu, dass bis zu 30 lkw über 7,5 t und weiter 8 kleinere lkw das vorhabengrundstück am tag, ggf. auch zur gleichen zeit anfahren, auch um 6:30 uhr oder 21:30 uhr. in diesem fall kann es auf der t. straße, die, wie die ortbesichtigung ergeben hat, mit ihrer breite von 7,50 m und einseitiger parkmöglichkeit für diesen verkehr in keiner weise ausgelegt ist, jederzeit zu unzumutbaren verkehrs- und erschließungsverhältnissen kommen. die straße ist, wenn sie, was in der regel der fall ist, einseitig beparkt wird, nicht breit genug, dass zwei lkw aneinander vorbeifahren können. treffen mehrere lkw gleichzeitig in der nähe des vorhabengrundstücks ein, ist die t. straße durch sich stauende lkw gleichsam verstopft. hierdurch werden verhältnisse herbeigeführt, die straße und anlieger offenkundig überfordern. dies verdeutlichen insbesondere die fotos bl. 61-131 der beiakte 11 zu 5 k 1453/12. hierbei ist zu berücksichtigen, dass die t. straße in diesem abschnitt, sieht man von den drei gewerbebetrieben und dem durch sie verursachten verkehr ab, eher den eindruck einer ruhigen anliegerstraße vermittelt. 94überdies können gefährliche verkehrssituationen entstehen, wenn einander ausweichende bzw. aneinander vorbeirangierende lkw teile des bürgersteigs oder des parkstreifens in anspruch nehmen. 95vgl. ovg nrw, a.a.o. 96verstärkt wird die unzumutbare situation für die anlieger auch noch dadurch, dass jedenfalls die lkw über 7,5 t, die wie die zahlreich anfahrenden sattelschlepper in aller regel höher als 3,20 m sind, auf dem rückweg von der fa. l. erneut am haus der kläger vorbei müssen, da ihnen die weiterfahrt in die andere richtung aufgrund der brücke unter der a 40 aufgrund ihrer höhe verwehrt ist. 97mag auch nicht zwingend von einem täglichen kritischen zusammentreffen mehrerer lkw zu einer bestimmten tageszeit auszugehen sein, so ist es doch möglich, dass die höchste lkw-frequenz in den frühen morgenstunden oder auch abends auftritt. eine gleichmäßige verteilung des lkw-aufkommens über den tag ist jedenfalls in der baugenehmigung nicht festgeschrieben. sie ergibt sich auch nicht aus der zusätzlichen erklärung der fa. l. zum betriebsablauf vom 29. dezember 2011 (bl. 333 beiakte 5 zu 5 k 1453/12), die gegenstand der baugenehmigung ist. aus dieser erklärung ergibt sich lediglich, dass die mieterin des grundstücks nach möglichkeit verhindern will, dass lkw zur nachtzeit das betriebsgelände anfahren. wenn nach der zusatzerklärung vom 29. dezember 2011 das anliefern und abholen von ware in c. -x. nur nach vorlage einer schriftlichen genehmigung möglich sein soll, die ausschließlich von den mitarbeitern im hauptbetrieb in c. -m1. in der zeit von 6 bis 19 uhr ausgestellt und ausgehändigt werde, so wird damit gleichwohl nicht verhindert, dass zur nachtzeit lkw unmittelbar den betrieb an der t. straße anfahren, weil ihren fahrern die regelung bezüglich der genehmigung u. u. unbekannt ist, so wie es in der vergangenheit häufiger vorgekommen ist. auch wird durch die zusatzerklärung nicht verhindert, dass lkw-fahrer sich die genehmigung in m1. am vortag abholen und am nächsten tag unkontrolliert das betriebsgelände in der t. straße anfahren. die absicht der fa. l. , nachts aufsichtskräfte in der t. straße abzustellen, die ein nächtliches anfahren des betriebsgeländes durch lkw verhindern sollen, ist eine maßnahme, die nicht gegenstand der baugenehmigung und damit unverbindlich ist. die baugenehmigung muss aber die durch sie hervorgerufenen konflikte selbst regeln und abschließend bewältigen und darf nicht darauf setzen, dass diese durch ‑ freiwillige ‑ maßnahmen des bauherrn gelöst werden. 98gegen die „worst case“-betrachtung kann nicht eingewendet werden, dass es unrealistisch sei, dass alle genehmigten lkw-fahrzeuge gleichzeitig die fa. l. anführen. diese extremvorstellung mag zwar tatsächlich unrealistisch sein. aber eine unzumutbare situation für die nachbarschaft kann schon weit vor dem „worst case“ dann entstehen, wenn zahlreiche lkw mehr oder weniger gleichzeitig das firmengrundstück anfahren wollen. jede dieser fallgestaltungen ist von der angefochtenen baugenehmigung legalisiert. 99die von der baugenehmigung ermöglichten unzumutbaren verkehrs- und erschließungsverhältnisse können direkt vor dem klägerischen grundstück auftreten, das direkt an der erschließungsstraße sowie unmittelbar neben der zufahrt auf das grundstück der beigeladenen liegt. 100soweit die beklagte in der mündlichen verhandlung gegen die heranziehung des urteils des ovg nrw vom 15. mai 2013 einwendet, dass anders als in dem vom ovg nrw zu entscheidenden fall vorliegend das lärmschutzgutachten ergeben habe, dass die zulässigen immissionsrichtwerte in keinem fall überschritten seien, so kann dem nicht gefolgt werden. für die entscheidung des ovg nrw war die einhaltung oder nichteinhaltung von immissionsrichtwerten an keiner stelle entscheidungserheblich. im übrigen greift das gebot der rücksichtnahme weiter als die schalltechnischen regelwerke. die grenzwerte in der 18. bimschv und der ta-lärm können nicht starr und schematisch angewandt werden, vielmehr sind die besonderen tatsächlichen verhältnisse des einzelfalls zu berücksichtigen. 101vgl. ovg nrw, urteil vom 24. januar 1983 a.a.o. unter hinweis auf bverwg, beschluss vom 6. august 1982 ‑ 7 b 67.82 ‑, döv 1982, 906. 102vorliegend ist entscheidend, dass der verstoß gegen das gebot der rücksichtnahme nicht in erster linie in der lärmbelastung, sondern in der nicht hinnehmbaren verschlechterung der erschließungssituation des grundstücks der kläger durch die vorhabenbedingte überlastung der dieses grundstück erschließenden straße zu sehen ist. 103wenn die beigeladene einwendet, dass die wohnbebauung erst an das gewerbe herangerückt sei, die gebäude der beigeladenen seien schon in den 60-er jahren errichtet worden, die benachbarte wohnbebauung erst 1970, so trifft dies nicht zu. jedenfalls das wohnhaus des klägers im verfahren 5 k 1151/12 war im jahre 1941 bereits vorhanden. im übrigen waren die bisherigen gewerbebetriebe nicht annähernd so störend wie der genehmigte speditionsbetrieb. 104die zumutbarkeitsschwelle ist auch nicht durch die vorbelastung des grundstücks der kläger entscheidungserheblich zu deren nachteil herabgesetzt. zum einen würden die nunmehr durch die angefochtene baugenehmigung zugelassenen lkw-verkehre auf der t. straße nicht schon dadurch hinnehmbar, dass der lkw-verkehr auf dieser straße schon beim betrieb der fa. m. /f. seit dem jahr 1994 - oder noch länger ‑ sowie der fa. g. gmbh unzumutbar gewesen wäre. die kläger müssen eine vorbelastung der t. straße mit lkw- verkehr nur bis zu einem gewissen grad akzeptieren; untragbare verkehrs- und erschließungszustände müssen sie nicht lediglich deshalb weiter tolerieren, weil sie jetzt nach einer genehmigten nutzungsänderung des vorhabengrundstücks fortgesetzt werden: 105vgl. ovg nrw vom 15. mai 2013, a.a.o. 106zum anderen gibt es aber auch keine durchgreifenden anhaltspunkte dafür, dass der betrieb der fa. m. /f. einen ähnlichen lkw-verkehr mit sich gebracht hat wie der speditionsbetrieb des beigeladenen. zwar waren nach den vorliegenden genehmigungsunterlagen auch die fa. m. /f. sowie ihre vorgänger mit der produktion und dem umschlag von waren befasst. in den seinerzeit genehmigten bauvorlagen ist aber nur von lkw-verkehr von 8 bis 10 fahrzeugen im sommer, im winter weniger, die rede. die belästigung durch mitarbeiterfahrzeuge, für die 114 stellplätze vorgesehen waren, ist nicht annähernd mit der belästigung durch 30 lkw über 7,5 t vergleichbar. dies spricht dafür, das der speditionsbetrieb der beigeladenen von seinem lkw-aufkommen her von wesentlich anderer qualität ist. so ist der warenumschlag der hauptzweck des betriebs der beigeladenen. ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die vorübergehend auf dem grundstück der beigeladenen ansässigen speditionsbetriebe zu keiner zeit bauaufsichtlich genehmigt waren.auch seitens des grundstücks der fa. g. (nr. 109) sind keine annähernd so hohen belästigungen ausgegangen, wie nunmehr vom grundstück der beigeladenen. der kläger im verfahren 5 k 1151/12 gibt insoweit an, dass er ‑ repräsentativ ‑ in fünf tagen 7 lkw bis 7,5 t und 1 lkw über 7,5 t gezählt habe. ob dies richtig ist oder ob die verkehrsbelastung im hinblick auf die zuletzt genehmigten täglich ca. 10-20 fahrzeuge die verkehrsbelastung deutlich höher lag, mag hier letztlich offen bleiben. ein entscheidendes indiz für eine vormals geringere lkw-frequenz ist nämlich, dass keine informationen vorliegen, dass sich die nachbarschaft bereits in der vergangenheit gegen die betriebe auf den grundstücken der beigeladenen und der fa. g. gewehrt hätte. wären diese betriebe ähnlich verkehrs- und lärmintensiv wie der betrieb des beigeladenen gewesen, hätte dies jedoch nahegelegen.massiver widerstand der nachbarschaft rührte sich erst, als ende der 80-er jahre die seinerzeit auf dem grundstück t. straße nr. 109 ansässige spedition die erweiterung ihrer lagerhallen plante. der entsprechende bauantrag wurde dann aber zurückgenommen.schließlich führt auch die vorbelastung durch die in der nähe verlaufende autobahn a 40 nicht zu einem anderen ergebnis und zwar schon deshalb, weil die geräuschbelastung durch die a 40 durch die in den letzten jahren errichtete lärmschutzwand erheblich entschärft ist. 107die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1 und 3 vwgo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 der zivilprozessordnung. | Klaeger*in | 1 |
143,935 | S 12 SB 272/15 | 2015-10-27T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig. 3Der am 00.00.0000 geborene Kläger stellte am 21.10.2014 einen Antrag auf Fest-stellung eines GdB beim Beklagten. Im Rahmen der Antragstellung gab er an, er lei-de unter einem Diabetes mellitus Typ I. Die Nachtruhe sei eingeschränkt, da er aus Angst vor schweren Unterzuckerungen während des Schlafes, seinen Blutzucker auch sehr spät noch messen müsse. Mahlzeiten könne er nicht genießen, da es in erster Linie darum gehe, die Blutzuckerwerte auf einem guten Niveau zu halten, um keine Folgeerkrankungen wie Blindheit oder Amputationen zu riskieren. Aus Angst vor den erwähnten Folgeerkrankungen durch schlechte Blutzuckerwerte müsse er häufig messen (vier- bis sechsmal an "normalen" Tagen und bis zu zehnmal an "ext-remeren" Tagen, z.B. beim Sport). Sportliche Aktivitäten ließen sich nur schwer be-wältigen und erforderten häufigeres Blutzuckermessen und gegebenenfalls Mahlzei-ten, die ungeplant seien sowie häufigere Ruhezeiten. Bei der Ausübung von Mann-schafts-/Teamsportarten sei er daher eingeschränkt. Ausflüge und Urlaubsreisen seien aufwändig zu planen. Er müsse die Insulinmenge beachten und "Reserve-Insulin" mitführen. Bei längeren Reisen, z.B. mit dem Flugzeug, gebe es Probleme bei den Kontrollen, insbesondere bezüglich der Nadeln und Messstreifen sowie dem Insulin. Er müsse sich auch stets gegenüber Menschen, die es an sich nichts angehe rechtfertigen bzw. erklären. Darüber hinaus müsse immer Notfall-Traubenzucker mit-führen und die Menschen unterrichten, dass sie ihm bei Unterzuckerung helfen, auch wenn es im ersten Moment so scheine, als ob man betrunken sei (Zittern, unver-ständliches Sprechen, etc.). Im Beruf seien die Blutzuckermessungen und Insulinga-ben bei Tisch nicht angebracht, was dazu führe, dass er auf der Toilette (wie ein Süchtiger) seine Messung und Injektion vornehmen müsse. Konferenzen müssten unterbrochen werden, wenn es Zeit für die Messung/Injektion sei. Er leide unter Missempfindung in den Extremitäten, speziell wenn der Blutzuckerspiegel nicht gut sei. Auch sein Sexualleben sei grob eingeschränkt, da insbesondere hier der Blutzu-ckerwert schwanke und gegebenenfalls wieder Messungen erforderlich seien. Mit anderen Worten drehe sich die Bewältigung des "normalen" Alltags nur noch um gute Blutzuckerwerte. Er könne die Liste der Beeinträchtigungen noch fortführen. Er gab gegenüber dem Beklagten an, er spritze Humalog® und Lantus®, Letzteres nach einem festen Plan, im Übrigen in Abhängigkeit von den Blutzuckerwertmessungen und Aktivitäten. Darüber hinaus legte der Kläger dem Beklagten ein Blutzuckertage-buch für Oktober 2014 vor. 4Der Beklagte holte einen Befundbericht des Augenarztes Dr. L. und Allgemeinmedi-ziners und Diabetologen Dr. E. ein und wertete diese durch seinen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung, die beim Kläger bestehende insulinpflichtige Zuckerkrankheit bedinge einen GdB von 40. 5Mit Bescheid vom 18.12.2014 stellte der Beklagte beim Kläger ab dem 21.10.2014 einen GdB von 40 fest. 6Unter dem 20.12.2014 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, bei ihm sei entsprechend der geltenden Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 50 in Ansatz zu bringen. Der therapeutische Aufwand, um seinen Blutzuckerspiegel stabil und im "Normbereich" zu halten bedeute für ihn eine extreme Behinderung. Die Angst vor Folgeschäden sei sein täglicher Begleiter, zumal sein familiärer Hintergrund gezeigt habe, was schlechte Blutzuckerwerte auslösen. So sei beispielsweise sein Vater im Alter von 60 Jahren an den Folgen eines Diabetes verstorben. Seine Niere sei stark angegriffen gewesen und habe entfernt werden müssen, er habe ein Hörgerät tragen müssen und die Sehkraft habe noch ca. 30 % betragen. Empfindungsstörungen in Extremitäten, wenn der Blutzucker-spiegel nicht gut sei, lösten bei ihm regelmäßig leichte Panik vor eintretenden Folge-schäden aus. Vor diesem Hintergrund messe er sehr häufig, was auch schon die Empfindlichkeit seiner Fingerkuppen beeinträchtigt habe. Auch müsse er besonders auf Verletzungen seiner Füße achten, um Schädigungen von Nerven und Gefäßen frühzeitig zu erkennen. Dies alles habe eine ständige Selbstkontrolle zur Folge. Im Alltag beschäftige er sich fast ausschließlich mit dem Erreichen guter Blutzuckerwer-te. Bei Nahrungsmitteln bevorzuge er bekannte Lebensmittel und Gerichte. Neue Speisen könne er kaum unbeschwert probieren, was speziell im Urlaub ein großes Problem für ihn darstelle. Es gebe teils Störung der Nachtruhe und Partnerschaft. Sportliche Aktivitäten seien ebenfalls eingeschränkt. Auch die Tatsache, dass Unter-zuckerungen auf die Umgebung "befremdlich" wirkten belaste ihn. Die mit seinem Beruf als Projektleiter verbundene Reisetätigkeit lasse ihn die Beeinträchtigungen besonders spüren. In diesem Zusammenhang verwies er erneut auf die bereits im Antrag dargelegten Probleme. Hinsichtlich der Blutzuckereinstellung sei zu berück-sichtigen, dass es auch immer wieder Hyper- (( 50-60 mg/dl) und Hypoglykämien () 180 mg/dl) gebe. 7Der ärztliche Dienst des Beklagten nahm hierzu Stellung und führte aus, dass beim Kläger nach den vorliegenden Unterlagen viermal am Tag Insulin gespritzt und ent-sprechende Blutzuckerwerte gemessen würden. Entgleisungen im Sinne einer Hypo-glykämie mit erforderlichem Fremdbedarf seien nicht objektiviert, so dass der GdB nach wie vor mit 40 angemessen bewertet sei. Die diabetischen Retinopathie habe zu keiner Sehminderung sei daher nicht erhöhend zu berücksichtigen. 8Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2015 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. 9Hiergegen richtet sich die am 31.03.2015 erhobene Klage. Im Rahmen der Klagebe-gründung hat der Kläger im Wesentlichen die bereits im Verwaltungswiderspruchs-verfahren gemachten Ausführungen wiederholt. Darüber hinaus hat er ein Blutzu-ckertagebuch betreffend den Zeitraum von Juli 2014 bis einschließlich März 2015 vorgelegt. 10Das Gericht hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des behandelnden Augenarztes Dr, L. und des Facharztes für Allgemeinmedizin und Diabetologen Dr. E ... Die Beteiligten haben hierzu Stellung genommen. Darüber hin-aus hat das Gericht ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Arbeitsmedizin – Sozialmedizin – Dr. Q. in Auftrag gegeben, welches dieser – nach Untersuchung des Klägers am 07.08.2015 - gegenüber dem Gericht am 13.08.2015 erstattet hat. 11Am 27.10.2015 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, in dessen Rahmen der Kläger erneut auf die bei ihm bestehenden Beeinträchtigungen hinge-wiesen hat. 12Der Kläger beantragt, 13den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18.12.2014 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2015 zu verurteilen, den GdB des Klägers ab 21.10.2014 mit 50 zu bewerten. 14Der Beklagte beantragt, 15die Klage abzuweisen. 16Zur Begründung in der Beklagte im wesentlichen Bezug auf die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes sowie die Ausführungen im Gutachten des Herrn Dr. Q ... 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezo-gene Verwaltungsakte Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakte, deren wesentli-cher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genom-men. 18Entscheidungsgründe: 19Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Be-scheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Ihm steht derzeit kein höherer GdB als 40 zu. 20Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. 21Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32). 22Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versor-gungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wech-selseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Ur-teil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32). 23Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversor-gungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungs-medizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Me-thoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchti-gungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-grades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderun-gen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Ge-samtausmaßes der Behinderung zu schließen. 24Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizini-schen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze). 25Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsät-zen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätz-lich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuwei-sen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrschein-lichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünfti-ger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen. 26Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die bei dem Klä-ger vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 40 rechtfertigen. 27Der Kläger leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Wesentli-chen unter 281. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Typ I) 2. Retinopathia diabetica, Z.n. Retinopathia centralis serosa 3. Funktionsstörung der linken oberen Gliedmaße 29Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, sowie des Gutachten des Dr. Q. fest. Das Gutachten beruht auf um-fangreichen Untersuchungen eines erfahrenen Internisten und Sozialmediziners, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen erhoben. Lediglich die sozialmedizinische Bewertung ist bis zuletzt umstritten geblieben. 30Im Vordergrund steht beim Kläger der insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ I mit gesicherter diabetischer Netzhauterkrankung (Retinopathia diabetica) Gemäß Teil B Ziffer 15.1 Versorgungsmedizinischen Grundsätze in der aktuellen Fassung der Fünf-ten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Versordnung (5. VersMedVÄndV) vom 11.10.2012 (BGBl. I, S. 2122) gilt hinsichtlich der Beurteilung eine Zuckerkrankheit Folgendes: 31Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststel-lung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0. 32Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20. 33Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung be-einträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40. 34Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindes-tens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selb-ständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Le-bensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulin-dosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50 35Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen. 36Schon der Wortlaut der Norm macht deutlich, dass für die Annahme eines GdB von (mindestens) drei Beurteilungskriterien erfüllt sein müssen. Es müssen (1.) täglich mindestens vier Insulininjektionen durchgeführt werden. Es muss darüber hinaus (2.) eine selbständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzu-cker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung erfolgen sowie (3.) eine gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung durch erhebliche Einschnitte vor-liegen. Hierbei ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu berücksich-tigen, dass diese drei Kriterien in einer Gesamtschau die sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustands erleichtern sollen (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R = juris Rn. 16 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 34). 37Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger regelmäßig vier Mal am Tag den Blutzuckerspiegel misst und in Abhängigkeit von den hierbei ermittelten Werten sich Humalog® (Wirkstoff: Insulinlispro) spritzt. Darüber hinaus spritzt er sich einmal Lantus® (Wirkstoff: Insulin glargin) in einer festen Dosis von 30 Einheiten. Für die Kammer steht dies fest aufgrund der Angaben des Klägers sowie dem von die-sem eingereichten Blutzuckertagebuch, welches die Zeit vom 09.07.2014 bis zum 29.03.2015, also einen Zeitraum von fast neun Monaten umfasst. Das an wenigen Tagen auch weniger als vier Mal gemessen wurde ist insoweit unerheblich (BSG Ur-teil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 35). Beim Kläger bestehen – auch dies steht zur Überzeugung der Kammer fest – durch die Erkrankung und dem deswegen nachvollziehbar betriebenen Therapieaufwand auch stärkere Teilhabebeeinträchtigungen im Sinne des Teil B Ziffer 15.1, nicht je-doch die für die Annahme eines GdB von 50 erforderlichen, darüber hinausgehenden erheblichen Einschnitten mit gravierenden Beeinträchtigungen der Lebensführung. Letztere sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur unter strengen Voraussetzungen zu bejahen (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R =juris Rn. 21). Die Kammer folgt dieser höchstrichterlichen Auslegung. Für sie spricht in der Tat die Formulierung in der Vorschrift, die eine für einen Normtext seltene Häufung einschränkender Merkmale ("erheblich", "gravierend", "ausgeprägt") enthält. Die mit der vorausgesetzten Insulintherapie zwangsläufig verbundenen Einschnitte sind nicht geeignet sind, eine zusätzliche ("und") gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung hervorzurufen. Berücksichtigungsfähig ist daher nur ein dieses hohe Maß noch übersteigender, besonderer Therapieaufwand. Daneben kann - wie oben ausgeführt - ein unzureichender Therapieerfolg die Annahme einer ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung rechtfertigen. Schließlich sind auch alle anderen durch die K r a n k h e i t s f o l g e n herbeigeführten erheblichen Einschnitte in der Lebensführung zu beachten (BGS Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R =juris Rn. 21). Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter angegeben, ab Werten unter 55 mg/dl er-lebe er Sehstörungen und habe Schweißausbrüche. Die Auswertung der vom Kläger vorgelegten Messwerte zeigt, dass es im Laufe von ca. 9 Monaten immer wieder zu Schwankungen im Blutzucker gekommen ist, teilweise im hypo-, teilweise im hyperglykämischen Bereich. Der Gutachter Dr. Q. weist im seinem Gutachten darauf hin, dass in diesem zeitlichen Fenster bei 42 Messungen Werte unter 55 mg/dl (der Gutachter verwendet hier die entsprechende Einheit mg%) zu verzeichnen gewesen seien. Hierbei handelt es sich um Werte, die auch nach Auffassung der Kammer zweifellos in den hypoglykämischen Bereich zu rechnen sind (vgl. zur Schwierigkeit der Bestimmung eines "Grenzwertes" Matthaei/Kellerer [Hrsg.], Evidenzbasierte Leit-linie zur Therapie des Typ-1-Diabetes, 2011, S. 63; Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 86, wonach der von der American Diabetes Association in Vorschlag gebrachte Wert von 70 mg/dl eher zu hoch gegriffen sein dürfte; Ballteshofer/Claussen/Häring/et. al., Endokrinologie und Diabetes, 2009, S 154 [(50 mg/dl]; Götsch [Hrsg.], Allgemeine und spezielle Krankheitslehre, 2. Aufl. 2011, S. 360 [(40 mg/dl]; allgemein zur Hypoglykämie vgl. Siegenthaler/Blum [Hrsg.], Klinische Pathophysiologie, 9. Aufl. 2006, S. 95). Aller-dings ist zu berücksichtigen, dass offenbar jedes Mal durch Gabe von Trau-benzucker (so der Kläger gegenüber dem Gutachter) oder sonstigen Maßnahmen wesentliche Auswirkungen der Unterzuckerung vermieden werden konnten. Es sind bislang – dies ergibt sich auch aus dem Befundbericht des behandelnden Diabetologen Dr. E. keine akut notwendigen Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte schwere Hypoglykämien oder gar ein hypoglykämischer Schock objektiviert. Dass – wie der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung angemerkt hat – gerade in Unterzuckerungssituationen die Messung dem Stadium der stärksten Unterzucke-rung nachfolgt, da zunächst Gegenmaßnahmen eingeleitet und dann gemessen wird, ist für die Kammer durchaus nachvollziehbar. Objektivierte Anhaltspunkte, ob und wie häufig solche Situationen waren, sind indes nicht gegeben. Darüber hinaus bleibt es im Übrigen bei der bereits getätigten Feststellung, dass der Kläger die Situationen offensichtlich ohne – jedenfalls ärztliche – Hilfe wieder in den Griff bekommen hat. 38Ausweislich des dem Gutachter vorgelegten Blutzuckerpass betrug der HbA1c am 10.07.2014 5,8%, am 13.01.2015 5,6%, am 16.04.2015 6,3% und am 04.08.2015 5,4%. Dieser Wert ermittelt den Anteil des glykierten Hämoglobins in den Erythrozy-ten und stellt derzeit das wichtigste Maß für die Qualitätsbeurteilung der Blutzucker-einstellung der jeweils letzten zwei Monate dar (Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 9 f.; Hä-ring/Gallwitz/Wieland/Usadel/Mehnert, Diabetologie in Klinik und Praxis, 6. Aufl. 2011, S. 107 f.) Der beim Kläger ermittelte Wert ist nach Auffassung des Gutachters, der sich die Kammer anschließt, in einem sehr guten Bereich (vgl. dazu Matthaei/Kellerer [Hrsg.], Evidenzbasierte Leitlinie zur Therapie des Typ-1-Diabetes, 2011, S. 16 f.; Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 10). Unter Berücksichtigung der Werte der konkreten Blutzuckermes-sungen und den ermittelten HbA1c -Werten steht – auf Grundlage des Gutachtens des Dr. Q. – zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger über den zweifellos die Lebensführung einschränkenden Therapieaufwand hinaus, nicht noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben in der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt ist. Der Kläger arbeitet in einer verantwortungsvollen Position als Projektmanager und ist in diesem Zusammenhang auch häufiger dienstlich auf Reisen. Wie bereits oben dargelegt sind bislang keine schweren hypoglykämischen Entgleisungen mit erforder-licher Fremdhilfe objektiviert. Es ist bislang auch nicht zu Zeiten von Arbeitsunfähig-keit aufgrund der Erkrankung gekommen. Mit Ausnahme einer diabetischen Retino-pathie, die indes auf die Sehkraft des Klägers bislang keine Auswirkungen hat – was für die Kammer insbesondere auf Grund des eingeholten Befundberichts des behan-delnden Augenarztes feststeht – sind Folgeschäden an anderen Organen bislang nicht objektiviert (zur Prävalenz der diabetischen Retinopathie bei Typ I Diabetikern, vgl. Siegenthaler/Blum [Hrsg.], Klinische Pathophysiologie, 9. Aufl. 2006, S. 98). Die Kammer teilt die Auffassung des behandelnden Augenarztes, dass aus ophthalmolo-gischer Sicht kein GdB zu berücksichtigen ist. Soweit der Kläger gelegentliches Krib-beln und Taubheit von den Knöcheln bis zu den Zehen berichtet hat, lassen sich pa-thologische Befunde nicht sichern. Anzeichen für eine diabetische Polyneuropathie finden sich weder im Befundbericht des behandelnden Diabetologen noch im Gut-achten des Dr. Q ... Dr. Dieck bescheinigt, der Bereich der Füße sei ohne Befund auch die Temperaturempfindung sei nicht gestört. Der Test nach Rydel-Seiffer ergab normgerechte Ergebnisse (vgl. zu diesem Test Haak/Pallizsch, Diabetologie für die Praxis, 2012, S. 201 f.). Dr. Q. beschreibt, dass der Patella- und Achillessehnen-reflex seitengleich auslösbar war. Auch ansonsten waren keine pathologischen Re-flexe zu finden. Eine Störung der Oberflächensensibilität an den unteren Extremitä-ten fand sich ebenfalls nicht. Das Kalt-Warm-Empfinden war intakt, spitz und stumpf konnten unterschieden werden. Vor dem Hintergrund eines unauffälligen Urinstatus und normalen Kreatininwerten fand Dr. Q. auch keinen Anhalt für das Vorliegen einer relevanten diabetischen Nephropathie. 39Die Kammer verkennt nicht, dass dies alles zweifellos der besonders guten Umset-zung einer krankheitsbedingt erforderlichen Therapie mit den damit verbundenen Restriktionen und Besonderheiten geschuldet ist. Soweit der Kläger insbesondere bei (privaten oder dienstlich veranlassten) Reisen oder bei gesellschaftlichen bzw. dienstlichen Zusammenkünften Einschränkungen geschildert hat, sind diese letztlich allein Folge der Notwendigkeit zur Insulingabe und sind für den Kläger einschränkend und belastend, stellen nach Auffassung der Kammer indes keine gravierenden Einschnitte im Sinne der oben dargestellten restriktiven bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung dar. 40Der Kläger ist in seiner Mobilität nicht eingeschränkt. Er unternimmt umfangreiche Dienstreisen, fährt gelegentlich Mountainbike und geht stramm spazieren. Diese Ak-tivitäten sind, dies verkennt die Kammer nicht, zwar mit einem erhöhten planerischen Aufwand verbunden, letztlich indes – wenngleich unter erschwerten Bedingungen, etwa weiterer Blutzuckermessungen - nicht ausgeschlossen. Der Umstand, dass der Kläger ggf. intensiven Sport nicht mehr ausüben kann, lässt nach Auffassung der Kammer keinen Rückschluss auf "gravierende" Teilhabeeinschränkungen zu (so zu-treffend auch LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 27.08.2014 – L 7 SB 23/13 = juris Rn. 38). Auch der Umstand, dass die Insulindosis auf die Mahlzeiten (und alle übrigen Betätigungen) abgestimmt werden muss, ist Teil der Therapie. Soweit der Kläger angibt, er könne nicht so ohne Weiteres im Restaurant essen, so trifft das insoweit zu, als die Zuckerwerte dann zu kontrollieren und einzustellen sind. Krankheitsbedingt ausgeschlossen ist dies nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung der durchgeführten Beweisaufnahme nicht. Soweit der Kläger geltend macht, es sei ihm unangenehm, seine Erkrankung gegen-über anderen zu offenbaren, ist nach Auffassung der Kammer darauf zu verweisen, dass jeder, der an Diabetes mellitus erkrankt ist und auf die Einnahme von Insulin angewiesen ist, vor dem Problem steht, auf mit der Krankheit unvertraute Mitmen-schen zu treffen. Die damit verbundene psychische Belastung ist in der Höhe des GdB bereits berücksichtigt (so zutreffend LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 14.10.2014 – L 7 SB 35/12 = juris Rn. 37). Soweit der Kläger sich darauf beruft aufgrund der Erfahrungen im engsten Familienkreis, besondere Angst vor den Folgen der Zuckerkrankheit zu haben, so ist dies zweifellos eine Motivation für die strikte – und offensichtlich von Erfolg gekrönte – Einhaltung der Therapie. Eine erhöhende Berücksichtigung kommt nach Auffassung der Kammer indes nicht in Betracht, da ein insoweit bestehender Krankheitswert bislang nicht im Ansatz objektiviert ist. Die Tatsache, dass eine – vom Kläger aus naheliegenden Gründen nicht in Betracht gezogene – Vernachlässigung des konsequenten Therapieverhaltens und der strik-ten Lebensführung zu einer schlechteren Stoffwechsellage, mit der Folge eines ggf. höheren GdB, führen würde, begründet keinen Anspruch auf einen höheren GdB des Klägers (vgl. BSG Urteil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 48). 41Für das Funktionssystem der oberen Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinische Grundsätze nach Auffassung der Kammer derzeit ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen. 42Die gutachterliche Untersuchung der Schultergelenke durch Dr. Q. ergab eine links eine stärker eingeschränkte Ante-/Retroversion von 90°/0°/20° bei einer mäßiggradigen Einschränkung der Abduktion/Adduktion links 120/0°/20°. Rechts wa-ren die nach der Neutral-Null-Methode ermittelten Bewegungsausmaße 160°/0°/30° (Ante-/Retroversion) und 170°/0°/20° (Abduktion/Adduktion) weitgehend normgerecht (vgl. zur normgerechten Beweglichkeit des Schultergelenks, Buckup/Buckup, Klini-sche Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S 95). Hintergrund dieser Einschränkung ist nach den Feststellungen des Gutachters Dr. Q., die beim Kläger nach einer Clavikulafraktur (Bruch des Schlüsselbeins) im Februar 2015 ein-gesetzte Platte. Die Operation war zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. Q. bereits ca. sechs Monate her und es fand sich – trotz einer Einschränkung der Beweglichkeit links in der Bewegungsebene ventral/dorsal auf derzeit noch 90° be-steht – in der seitlichen Bewegungsebene eine Beweglichkeit von bis zu 120°, was nach Auffassung der Kammer hier in der Gesamtschau keinen GdB von 20 gerechtfertigt erscheinen lässt. Darüber hinaus nach Einschätzung des Gutachters nach Entfernung der Platte mit einer weiteren Besserung der Beweglichkeit zu rechnen (vgl. zur Prognose der Ausheilung einer Schlüsselbeinfraktur, Müller-Mai/Ekkernkamp, Frakturen, 2010, S. 912). 43Die im ophthalmologischen Bereich bestehenden Beeinträchtigungen im Sinne der Retinopathien wurden bereits in der Bewertung des GdB mit berücksichtigt. Augen-ärztlich bedingt dies – die Kammer schließt sich insoweit der Einschätzung des be-handelnden Augenarztes und des Dr. Preim an – keinen eigenständigen GdB. 44Wesentliche weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die einen GdB bedingen könnten sind nicht objektiviert. 45Vor diesem Hintergrund ist bei dem Kläger § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein Gesamt-GdB von 40 zu bil-den. 46§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchti-gungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigun-gen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammen-schau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Be-weiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrach-tungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich ver-stärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris). 47Absolut im Vordergrund stehen beim Kläger die Beeinträchtigungen im Zusammen-hang mit dem Diabetes des Klägers. Diese bedingen – wie oben ausführlich darge-legt – einen GdB von 40. Die daneben bestehende Bewegungseinschränkung der linken Schulter ist mit einem GdB von 10 nicht geeignet, den GdB zu erhöhen. Selbst wenn man – für den Kläger wohlwollend – den GdB insoweit mit 20 bewerten wollte, so wäre dieser Wert zweifellos, im Hinblick auf die Beweglichkeit des Armes seit-wärts, nur soeben erreicht und ebenfalls nicht geeignet, den GdB auf mehr als 40 zu erhöhen. 48Die begehrte Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft kommt damit derzeit nicht in Betracht. 49Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. | die klage wird abgewiesen. kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2zwischen den beteiligten ist die höhe des grades der behinderung (gdb) streitig. 3der am 00.00.0000 geborene kläger stellte am 21.10.2014 einen antrag auf fest-stellung eines gdb beim beklagten. im rahmen der antragstellung gab er an, er lei-de unter einem diabetes mellitus typ i. die nachtruhe sei eingeschränkt, da er aus angst vor schweren unterzuckerungen während des schlafes, seinen blutzucker auch sehr spät noch messen müsse. mahlzeiten könne er nicht genießen, da es in erster linie darum gehe, die blutzuckerwerte auf einem guten niveau zu halten, um keine folgeerkrankungen wie blindheit oder amputationen zu riskieren. aus angst vor den erwähnten folgeerkrankungen durch schlechte blutzuckerwerte müsse er häufig messen (vier- bis sechsmal an "normalen" tagen und bis zu zehnmal an "ext-remeren" tagen, z.b. beim sport). sportliche aktivitäten ließen sich nur schwer be-wältigen und erforderten häufigeres blutzuckermessen und gegebenenfalls mahlzei-ten, die ungeplant seien sowie häufigere ruhezeiten. bei der ausübung von mann-schafts-/teamsportarten sei er daher eingeschränkt. ausflüge und urlaubsreisen seien aufwändig zu planen. er müsse die insulinmenge beachten und "reserve-insulin" mitführen. bei längeren reisen, z.b. mit dem flugzeug, gebe es probleme bei den kontrollen, insbesondere bezüglich der nadeln und messstreifen sowie dem insulin. er müsse sich auch stets gegenüber menschen, die es an sich nichts angehe rechtfertigen bzw. erklären. darüber hinaus müsse immer notfall-traubenzucker mit-führen und die menschen unterrichten, dass sie ihm bei unterzuckerung helfen, auch wenn es im ersten moment so scheine, als ob man betrunken sei (zittern, unver-ständliches sprechen, etc.). im beruf seien die blutzuckermessungen und insulinga-ben bei tisch nicht angebracht, was dazu führe, dass er auf der toilette (wie ein süchtiger) seine messung und injektion vornehmen müsse. konferenzen müssten unterbrochen werden, wenn es zeit für die messung/injektion sei. er leide unter missempfindung in den extremitäten, speziell wenn der blutzuckerspiegel nicht gut sei. auch sein sexualleben sei grob eingeschränkt, da insbesondere hier der blutzu-ckerwert schwanke und gegebenenfalls wieder messungen erforderlich seien. mit anderen worten drehe sich die bewältigung des "normalen" alltags nur noch um gute blutzuckerwerte. er könne die liste der beeinträchtigungen noch fortführen. er gab gegenüber dem beklagten an, er spritze humalog® und lantus®, letzteres nach einem festen plan, im übrigen in abhängigkeit von den blutzuckerwertmessungen und aktivitäten. darüber hinaus legte der kläger dem beklagten ein blutzuckertage-buch für oktober 2014 vor. 4der beklagte holte einen befundbericht des augenarztes dr. l. und allgemeinmedi-ziners und diabetologen dr. e. ein und wertete diese durch seinen ärztlichen dienst aus. dieser kam zu der einschätzung, die beim kläger bestehende insulinpflichtige zuckerkrankheit bedinge einen gdb von 40. 5mit bescheid vom 18.12.2014 stellte der beklagte beim kläger ab dem 21.10.2014 einen gdb von 40 fest. 6unter dem 20.12.2014 legte der kläger hiergegen widerspruch ein. zur begründung führte er aus, bei ihm sei entsprechend der geltenden versorgungsmedizinischen grundsätze ein gdb von 50 in ansatz zu bringen. der therapeutische aufwand, um seinen blutzuckerspiegel stabil und im "normbereich" zu halten bedeute für ihn eine extreme behinderung. die angst vor folgeschäden sei sein täglicher begleiter, zumal sein familiärer hintergrund gezeigt habe, was schlechte blutzuckerwerte auslösen. so sei beispielsweise sein vater im alter von 60 jahren an den folgen eines diabetes verstorben. seine niere sei stark angegriffen gewesen und habe entfernt werden müssen, er habe ein hörgerät tragen müssen und die sehkraft habe noch ca. 30 % betragen. empfindungsstörungen in extremitäten, wenn der blutzucker-spiegel nicht gut sei, lösten bei ihm regelmäßig leichte panik vor eintretenden folge-schäden aus. vor diesem hintergrund messe er sehr häufig, was auch schon die empfindlichkeit seiner fingerkuppen beeinträchtigt habe. auch müsse er besonders auf verletzungen seiner füße achten, um schädigungen von nerven und gefäßen frühzeitig zu erkennen. dies alles habe eine ständige selbstkontrolle zur folge. im alltag beschäftige er sich fast ausschließlich mit dem erreichen guter blutzuckerwer-te. bei nahrungsmitteln bevorzuge er bekannte lebensmittel und gerichte. neue speisen könne er kaum unbeschwert probieren, was speziell im urlaub ein großes problem für ihn darstelle. es gebe teils störung der nachtruhe und partnerschaft. sportliche aktivitäten seien ebenfalls eingeschränkt. auch die tatsache, dass unter-zuckerungen auf die umgebung "befremdlich" wirkten belaste ihn. die mit seinem beruf als projektleiter verbundene reisetätigkeit lasse ihn die beeinträchtigungen besonders spüren. in diesem zusammenhang verwies er erneut auf die bereits im antrag dargelegten probleme. hinsichtlich der blutzuckereinstellung sei zu berück-sichtigen, dass es auch immer wieder hyper- (( 50-60 mg/dl) und hypoglykämien () 180 mg/dl) gebe. 7der ärztliche dienst des beklagten nahm hierzu stellung und führte aus, dass beim kläger nach den vorliegenden unterlagen viermal am tag insulin gespritzt und ent-sprechende blutzuckerwerte gemessen würden. entgleisungen im sinne einer hypo-glykämie mit erforderlichem fremdbedarf seien nicht objektiviert, so dass der gdb nach wie vor mit 40 angemessen bewertet sei. die diabetischen retinopathie habe zu keiner sehminderung sei daher nicht erhöhend zu berücksichtigen. 8mit widerspruchsbescheid vom 03.03.2015 wies die bezirksregierung münster den widerspruch des klägers als unbegründet zurück. 9hiergegen richtet sich die am 31.03.2015 erhobene klage. im rahmen der klagebe-gründung hat der kläger im wesentlichen die bereits im verwaltungswiderspruchs-verfahren gemachten ausführungen wiederholt. darüber hinaus hat er ein blutzu-ckertagebuch betreffend den zeitraum von juli 2014 bis einschließlich märz 2015 vorgelegt. 10das gericht hat zunächst beweis erhoben durch einholung von befundberichten des behandelnden augenarztes dr, l. und des facharztes für allgemeinmedizin und diabetologen dr. e ... die beteiligten haben hierzu stellung genommen. darüber hin-aus hat das gericht ein gutachten des arztes für innere medizin und arbeitsmedizin – sozialmedizin – dr. q. in auftrag gegeben, welches dieser – nach untersuchung des klägers am 07.08.2015 - gegenüber dem gericht am 13.08.2015 erstattet hat. 11am 27.10.2015 hat ein termin zur mündlichen verhandlung stattgefunden, in dessen rahmen der kläger erneut auf die bei ihm bestehenden beeinträchtigungen hinge-wiesen hat. 12der kläger beantragt, 13den beklagten unter aufhebung des bescheides vom 18.12.2014 in der ge-stalt des widerspruchsbescheides vom 03.03.2015 zu verurteilen, den gdb des klägers ab 21.10.2014 mit 50 zu bewerten. 14der beklagte beantragt, 15die klage abzuweisen. 16zur begründung in der beklagte im wesentlichen bezug auf die stellungnahme des ärztlichen dienstes sowie die ausführungen im gutachten des herrn dr. q ... 17wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die beigezo-gene verwaltungsakte akte des beklagten sowie die gerichtsakte, deren wesentli-cher inhalt gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen ist, bezug genom-men. 18 | 19die zulässige klage ist unbegründet. der kläger ist durch die angefochtenen be-scheide nicht im sinne des § 54 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) beschwert. ihm steht derzeit kein höherer gdb als 40 zu. 20nach § 2 sgb ix sind menschen behindert, wenn ihre körperliche funktion oder geistige fähigkeit oder seelische gesundheit mit hoher wahrscheinlichkeit länger als sechs monate von dem für das lebensalter typischen zustand abweicht und daher ihre teilhabe am leben der gesellschaft beeinträchtigt ist. gemäß § 69 abs. 1 satz 4 sgb ix werden die auswirkungen auf die teilhabe am leben in der gesellschaft als grad der behinderung nach 10er graden abgestuft dargestellt. bei dem vorliegen mehrerer beeinträchtigungen der teilhabe am leben in der gesellschaft wird nach § 69 abs. 3 sgb ix der gdb nach den auswirkungen der beeinträchtigungen in ihrer gesamtheit unter berücksichtigung ihrer wechselseitigen beziehungen festgestellt. 21die bemessung des gesamt-gdb hat dabei in mehreren schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche aufgabe (bsg beschluss vom 09.12.2010 – b 9 sb 35/10 b = juris rn. 5 m.w.n.; lsg nordrhein-westfalen urteil vom 29.06.2012 – l 13 sb 127/11 = juris rn. 32). 22zunächst sind unter heranziehung ärztlichen fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden gesundheitsstörungen im sinn von regelwidrigen, von der norm abweichenden zuständen gemäß § 2 abs. 1 sgb ix und die daraus ableitenden teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. sodann sind diese den in den versor-gungsmedizinischen grundsätzen genannten funktionssystemen zuzuordnen und mit einem einzel-gdb zu bewerten. schließlich ist unter berücksichtigung der wech-selseitigen beziehungen in einer gesamtschau der gesamt-gdb zu bilden (bsg ur-teil vom 30.09.2009 – b 9 sb 4/08 r = juris rn. 18 m.w.n.; lsg nordrhein-westfalen urteil vom 29.06.2012 – l 13 sb 127/11 = juris rn. 32). 23nach teil a ziffer 3 der anlage zu § 2 der aufgrund § 30 abs. 17 bundesversor-gungsgesetzes (bvg) erlassenen verordnung zur durchführung des § 1 abs. 1 und 3, des § 30 abs. 1 und des § 35 abs. 1 bvg (bgbl. i 2008, s. 2412 - versorgungs-medizin-verordnung) vom 10.12.2008 (versorgungsmedizinische grundsätze), die wegen § 69 abs. 1, satz 4 sgb ix auch im schwerbehindertenrecht zur anwendung kommt, sind zur ermittlung des gesamtgrades der behinderung rechnerische me-thoden, insbesondere eine addition der einzelgrade der behinderung, nicht zulässig. vielmehr ist bei der beurteilung des gesamtgrades der behinderung in der regel von der funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten einzelgrad der behinderung bedingt und dann im hinblick auf alle weiteren funktionsbeeinträchti-gungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das ausmaß der behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren funktionsbeeinträchtigungen dem ersten grad der behinderung 10 oder 20 oder mehr punkte hinzuzufügen sind, um der behinderung insgesamt gerecht zu werden. hierbei ist gemäß teil a ziffer 3 lit. d) ee) der versor-gungsmedizinischen grundsätze zu beachten, dass leichtere gesundheitsstörungen mit einem einzelgrad der behinderung von 10 nicht zu einer erhöhung des gesamt-grades der behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren behinderun-gen kumulativ nebeneinander vorliegen. auch bei leiden mit einem einzelgrad der behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine zunahme des ge-samtausmaßes der behinderung zu schließen. 24schließlich sind bei der festlegung des gesamt-gdb zudem die auswirkungen im konkreten fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den versorgungsmedizini-schen grundsätzen feste gdb-werte angegeben sind (bsg urteil vom 02.12.2010 – b 9 sb 4/10 r = juris rn. 25; vgl. auch teil a ziffer 3 lit. b) versorgungsmedizinische grundsätze). 25die anspruchsbegründenden tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen grundsät-zen des sozialgerichtlichen verfahrens auch im schwerbehindertenrecht grundsätz-lich im vollbeweis, d.h. mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit, nachzuwei-sen (vgl. bsg urteil vom 15.12.1999 - b 9 vs 2/98 r = juris rn. 14; bayerisches lsg urteil vom 18.06.2013 – l 15 bl 6/10 = juris rn. 67 ff.; bayerisches lsg urteil vom 05.02.2013 – l 15 sb 23/10= juris). für diesen beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen tatsachen mit absoluter gewissheit feststehen. ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher grad der wahrschein-lichkeit, dass bei abwägung des gesamtergebnisses des verfahrens kein vernünfti-ger, den sachverhalt überschauender mensch mehr am vorliegen der tatsachen zweifelt (vgl. bsg, urteil vom 28.06.2000 - b 9 vg 3/99 r = juris rn. 11), d.h. dass die wahrscheinlichkeit an sicherheit grenzt (vgl. bsg, urteil vom 05.05.1993 - 9/9a rv 1/92 = juris rn. 14). lässt sich der vollbeweis nicht führen, geht die nichterweislichkeit einer tatsache zu lasten dessen, der sich zur begründung seines anspruchs oder rechtlichen handelns auf ihr vorliegen stützen. 26im vorliegenden fall steht zur überzeugung der kammer fest, dass die bei dem klä-ger vorliegenden gesundheitlichen beeinträchtigungen nicht die feststellung eines gdb von mehr als 40 rechtfertigen. 27der kläger leidet zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung im wesentli-chen unter 281. insulinpflichtiger diabetes mellitus (typ i) 2. retinopathia diabetica, z.n. retinopathia centralis serosa 3. funktionsstörung der linken oberen gliedmaße 29das vorliegen dieser gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach auffassung der kammer aufgrund der im verwaltungs- und klageverfahren eingeholten befund- und arztberichte, sowie des gutachten des dr. q. fest. das gutachten beruht auf um-fangreichen untersuchungen eines erfahrenen internisten und sozialmediziners, die unter einsatz von diversen hilfsmitteln durchgeführt worden sind. die kammer hat keinen anlass an der richtigkeit der in dem gutachten erhobenen medizinischen befunde und gestellten diagnosen zu zweifeln. die beteiligten haben auch keine substantiierten einwände gegen die medizinischen feststellungen erhoben. lediglich die sozialmedizinische bewertung ist bis zuletzt umstritten geblieben. 30im vordergrund steht beim kläger der insulinpflichtiger diabetes mellitus typ i mit gesicherter diabetischer netzhauterkrankung (retinopathia diabetica) gemäß teil b ziffer 15.1 versorgungsmedizinischen grundsätze in der aktuellen fassung der fünf-ten verordnung zur änderung der versorgungsmedizin-versordnung (5. versmedvändv) vom 11.10.2012 (bgbl. i, s. 2122) gilt hinsichtlich der beurteilung eine zuckerkrankheit folgendes: 31die an diabetes erkrankten menschen, deren therapie regelhaft keine hypoglykämie auslösen kann und die somit in der lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den therapieaufwand keine teilhabebeeinträchtigung, die die feststel-lung eines gds rechtfertigt. der gds beträgt 0. 32die an diabetes erkrankten menschen, deren therapie eine hypoglykämie auslösen kann und die durch einschnitte in der lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den therapieaufwand eine signifikante teilhabebeeinträchtigung. der gds beträgt 20. 33die an diabetes erkrankten menschen, deren therapie eine hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte überprüfung des blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere einschnitte in der lebensführung be-einträchtigt sind, erleiden je nach ausmaß des therapieaufwands und der güte der stoffwechseleinstellung eine stärkere teilhabebeeinträchtigung. der gds beträgt 30 bis 40. 34die an diabetes erkrankten menschen, die eine insulintherapie mit täglich mindes-tens vier insulininjektionen durchführen, wobei die insulindosis in abhängigkeit vom aktuellen blutzucker, der folgenden mahlzeit und der körperlichen belastung selb-ständig variiert werden muss, und durch erhebliche einschnitte gravierend in der le-bensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf grund dieses therapieaufwands eine ausgeprägte teilhabebeeinträchtigung. die blutzuckerselbstmessungen und insulin-dosen (beziehungsweise insulingaben über die insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. der gds beträgt 50 35außergewöhnlich schwer regulierbare stoffwechsellagen können jeweils höhere gds-werte bedingen. 36schon der wortlaut der norm macht deutlich, dass für die annahme eines gdb von (mindestens) drei beurteilungskriterien erfüllt sein müssen. es müssen (1.) täglich mindestens vier insulininjektionen durchgeführt werden. es muss darüber hinaus (2.) eine selbständige variierung der insulindosis in abhängigkeit vom aktuellen blutzu-cker, der folgenden mahlzeit und der körperlichen belastung erfolgen sowie (3.) eine gravierende beeinträchtigung in der lebensführung durch erhebliche einschnitte vor-liegen. hierbei ist nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts zu berücksich-tigen, dass diese drei kriterien in einer gesamtschau die sachgerechte beurteilung des gesamtzustands erleichtern sollen (vgl. bsg urteil vom 16.12.2014 – b 9 sb 2/13 r = juris rn. 16 unter hinweis auf bsg urteil vom 25.10.2012 – b 9 sb 2/12 r = juris rn. 34). 37es steht zur überzeugung der kammer fest, dass der kläger regelmäßig vier mal am tag den blutzuckerspiegel misst und in abhängigkeit von den hierbei ermittelten werten sich humalog® (wirkstoff: insulinlispro) spritzt. darüber hinaus spritzt er sich einmal lantus® (wirkstoff: insulin glargin) in einer festen dosis von 30 einheiten. für die kammer steht dies fest aufgrund der angaben des klägers sowie dem von die-sem eingereichten blutzuckertagebuch, welches die zeit vom 09.07.2014 bis zum 29.03.2015, also einen zeitraum von fast neun monaten umfasst. das an wenigen tagen auch weniger als vier mal gemessen wurde ist insoweit unerheblich (bsg ur-teil vom 25.10.2012 – b 9 sb 2/12 r = juris rn. 35). beim kläger bestehen – auch dies steht zur überzeugung der kammer fest – durch die erkrankung und dem deswegen nachvollziehbar betriebenen therapieaufwand auch stärkere teilhabebeeinträchtigungen im sinne des teil b ziffer 15.1, nicht je-doch die für die annahme eines gdb von 50 erforderlichen, darüber hinausgehenden erheblichen einschnitten mit gravierenden beeinträchtigungen der lebensführung. letztere sind nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts nur unter strengen voraussetzungen zu bejahen (vgl. bsg urteil vom 16.12.2014 – b 9 sb 2/13 r =juris rn. 21). die kammer folgt dieser höchstrichterlichen auslegung. für sie spricht in der tat die formulierung in der vorschrift, die eine für einen normtext seltene häufung einschränkender merkmale ("erheblich", "gravierend", "ausgeprägt") enthält. die mit der vorausgesetzten insulintherapie zwangsläufig verbundenen einschnitte sind nicht geeignet sind, eine zusätzliche ("und") gravierende beeinträchtigung der lebensführung hervorzurufen. berücksichtigungsfähig ist daher nur ein dieses hohe maß noch übersteigender, besonderer therapieaufwand. daneben kann - wie oben ausgeführt - ein unzureichender therapieerfolg die annahme einer ausgeprägten teilhabebeeinträchtigung rechtfertigen. schließlich sind auch alle anderen durch die k r a n k h e i t s f o l g e n herbeigeführten erheblichen einschnitte in der lebensführung zu beachten (bgs urteil vom 16.12.2014 – b 9 sb 2/13 r =juris rn. 21). der kläger hat gegenüber dem gutachter angegeben, ab werten unter 55 mg/dl er-lebe er sehstörungen und habe schweißausbrüche. die auswertung der vom kläger vorgelegten messwerte zeigt, dass es im laufe von ca. 9 monaten immer wieder zu schwankungen im blutzucker gekommen ist, teilweise im hypo-, teilweise im hyperglykämischen bereich. der gutachter dr. q. weist im seinem gutachten darauf hin, dass in diesem zeitlichen fenster bei 42 messungen werte unter 55 mg/dl (der gutachter verwendet hier die entsprechende einheit mg%) zu verzeichnen gewesen seien. hierbei handelt es sich um werte, die auch nach auffassung der kammer zweifellos in den hypoglykämischen bereich zu rechnen sind (vgl. zur schwierigkeit der bestimmung eines "grenzwertes" matthaei/kellerer [hrsg.], evidenzbasierte leit-linie zur therapie des typ-1-diabetes, 2011, s. 63; hien/böhm/claudi-böhm/krämer/kohlhaas, diabetes handbuch, 7. aufl. 2013, s. 86, wonach der von der american diabetes association in vorschlag gebrachte wert von 70 mg/dl eher zu hoch gegriffen sein dürfte; ballteshofer/claussen/häring/et. al., endokrinologie und diabetes, 2009, s 154 [(50 mg/dl]; götsch [hrsg.], allgemeine und spezielle krankheitslehre, 2. aufl. 2011, s. 360 [(40 mg/dl]; allgemein zur hypoglykämie vgl. siegenthaler/blum [hrsg.], klinische pathophysiologie, 9. aufl. 2006, s. 95). aller-dings ist zu berücksichtigen, dass offenbar jedes mal durch gabe von trau-benzucker (so der kläger gegenüber dem gutachter) oder sonstigen maßnahmen wesentliche auswirkungen der unterzuckerung vermieden werden konnten. es sind bislang – dies ergibt sich auch aus dem befundbericht des behandelnden diabetologen dr. e. keine akut notwendigen arztbesuche, krankenhausaufenthalte schwere hypoglykämien oder gar ein hypoglykämischer schock objektiviert. dass – wie der kläger im rahmen der mündlichen verhandlung angemerkt hat – gerade in unterzuckerungssituationen die messung dem stadium der stärksten unterzucke-rung nachfolgt, da zunächst gegenmaßnahmen eingeleitet und dann gemessen wird, ist für die kammer durchaus nachvollziehbar. objektivierte anhaltspunkte, ob und wie häufig solche situationen waren, sind indes nicht gegeben. darüber hinaus bleibt es im übrigen bei der bereits getätigten feststellung, dass der kläger die situationen offensichtlich ohne – jedenfalls ärztliche – hilfe wieder in den griff bekommen hat. 38ausweislich des dem gutachter vorgelegten blutzuckerpass betrug der hba1c am 10.07.2014 5,8%, am 13.01.2015 5,6%, am 16.04.2015 6,3% und am 04.08.2015 5,4%. dieser wert ermittelt den anteil des glykierten hämoglobins in den erythrozy-ten und stellt derzeit das wichtigste maß für die qualitätsbeurteilung der blutzucker-einstellung der jeweils letzten zwei monate dar (hien/böhm/claudi-böhm/krämer/kohlhaas, diabetes handbuch, 7. aufl. 2013, s. 9 f.; hä-ring/gallwitz/wieland/usadel/mehnert, diabetologie in klinik und praxis, 6. aufl. 2011, s. 107 f.) der beim kläger ermittelte wert ist nach auffassung des gutachters, der sich die kammer anschließt, in einem sehr guten bereich (vgl. dazu matthaei/kellerer [hrsg.], evidenzbasierte leitlinie zur therapie des typ-1-diabetes, 2011, s. 16 f.; hien/böhm/claudi-böhm/krämer/kohlhaas, diabetes handbuch, 7. aufl. 2013, s. 10). unter berücksichtigung der werte der konkreten blutzuckermes-sungen und den ermittelten hba1c -werten steht – auf grundlage des gutachtens des dr. q. – zur überzeugung der kammer fest, dass der kläger über den zweifellos die lebensführung einschränkenden therapieaufwand hinaus, nicht noch zusätzlich durch eine schlechte einstellungsqualität in seiner leistungsfähigkeit und damit in seiner teilhabefähigkeit am leben in der gesellschaft erheblich beeinträchtigt ist. der kläger arbeitet in einer verantwortungsvollen position als projektmanager und ist in diesem zusammenhang auch häufiger dienstlich auf reisen. wie bereits oben dargelegt sind bislang keine schweren hypoglykämischen entgleisungen mit erforder-licher fremdhilfe objektiviert. es ist bislang auch nicht zu zeiten von arbeitsunfähig-keit aufgrund der erkrankung gekommen. mit ausnahme einer diabetischen retino-pathie, die indes auf die sehkraft des klägers bislang keine auswirkungen hat – was für die kammer insbesondere auf grund des eingeholten befundberichts des behan-delnden augenarztes feststeht – sind folgeschäden an anderen organen bislang nicht objektiviert (zur prävalenz der diabetischen retinopathie bei typ i diabetikern, vgl. siegenthaler/blum [hrsg.], klinische pathophysiologie, 9. aufl. 2006, s. 98). die kammer teilt die auffassung des behandelnden augenarztes, dass aus ophthalmolo-gischer sicht kein gdb zu berücksichtigen ist. soweit der kläger gelegentliches krib-beln und taubheit von den knöcheln bis zu den zehen berichtet hat, lassen sich pa-thologische befunde nicht sichern. anzeichen für eine diabetische polyneuropathie finden sich weder im befundbericht des behandelnden diabetologen noch im gut-achten des dr. q ... dr. dieck bescheinigt, der bereich der füße sei ohne befund auch die temperaturempfindung sei nicht gestört. der test nach rydel-seiffer ergab normgerechte ergebnisse (vgl. zu diesem test haak/pallizsch, diabetologie für die praxis, 2012, s. 201 f.). dr. q. beschreibt, dass der patella- und achillessehnen-reflex seitengleich auslösbar war. auch ansonsten waren keine pathologischen re-flexe zu finden. eine störung der oberflächensensibilität an den unteren extremitä-ten fand sich ebenfalls nicht. das kalt-warm-empfinden war intakt, spitz und stumpf konnten unterschieden werden. vor dem hintergrund eines unauffälligen urinstatus und normalen kreatininwerten fand dr. q. auch keinen anhalt für das vorliegen einer relevanten diabetischen nephropathie. 39die kammer verkennt nicht, dass dies alles zweifellos der besonders guten umset-zung einer krankheitsbedingt erforderlichen therapie mit den damit verbundenen restriktionen und besonderheiten geschuldet ist. soweit der kläger insbesondere bei (privaten oder dienstlich veranlassten) reisen oder bei gesellschaftlichen bzw. dienstlichen zusammenkünften einschränkungen geschildert hat, sind diese letztlich allein folge der notwendigkeit zur insulingabe und sind für den kläger einschränkend und belastend, stellen nach auffassung der kammer indes keine gravierenden einschnitte im sinne der oben dargestellten restriktiven bundessozialgerichtlichen rechtsprechung dar. 40der kläger ist in seiner mobilität nicht eingeschränkt. er unternimmt umfangreiche dienstreisen, fährt gelegentlich mountainbike und geht stramm spazieren. diese ak-tivitäten sind, dies verkennt die kammer nicht, zwar mit einem erhöhten planerischen aufwand verbunden, letztlich indes – wenngleich unter erschwerten bedingungen, etwa weiterer blutzuckermessungen - nicht ausgeschlossen. der umstand, dass der kläger ggf. intensiven sport nicht mehr ausüben kann, lässt nach auffassung der kammer keinen rückschluss auf "gravierende" teilhabeeinschränkungen zu (so zu-treffend auch lsg sachsen-anhalt urteil vom 27.08.2014 – l 7 sb 23/13 = juris rn. 38). auch der umstand, dass die insulindosis auf die mahlzeiten (und alle übrigen betätigungen) abgestimmt werden muss, ist teil der therapie. soweit der kläger angibt, er könne nicht so ohne weiteres im restaurant essen, so trifft das insoweit zu, als die zuckerwerte dann zu kontrollieren und einzustellen sind. krankheitsbedingt ausgeschlossen ist dies nach auffassung der kammer unter berücksichtigung der durchgeführten beweisaufnahme nicht. soweit der kläger geltend macht, es sei ihm unangenehm, seine erkrankung gegen-über anderen zu offenbaren, ist nach auffassung der kammer darauf zu verweisen, dass jeder, der an diabetes mellitus erkrankt ist und auf die einnahme von insulin angewiesen ist, vor dem problem steht, auf mit der krankheit unvertraute mitmen-schen zu treffen. die damit verbundene psychische belastung ist in der höhe des gdb bereits berücksichtigt (so zutreffend lsg sachsen-anhalt urteil vom 14.10.2014 – l 7 sb 35/12 = juris rn. 37). soweit der kläger sich darauf beruft aufgrund der erfahrungen im engsten familienkreis, besondere angst vor den folgen der zuckerkrankheit zu haben, so ist dies zweifellos eine motivation für die strikte – und offensichtlich von erfolg gekrönte – einhaltung der therapie. eine erhöhende berücksichtigung kommt nach auffassung der kammer indes nicht in betracht, da ein insoweit bestehender krankheitswert bislang nicht im ansatz objektiviert ist. die tatsache, dass eine – vom kläger aus naheliegenden gründen nicht in betracht gezogene – vernachlässigung des konsequenten therapieverhaltens und der strik-ten lebensführung zu einer schlechteren stoffwechsellage, mit der folge eines ggf. höheren gdb, führen würde, begründet keinen anspruch auf einen höheren gdb des klägers (vgl. bsg urteil vom 25.10.2012 – b 9 sb 2/12 r = juris rn. 48). 41für das funktionssystem der oberen extremitäten ist gemäß teil b ziffer 18.13 der versorgungsmedizinische grundsätze nach auffassung der kammer derzeit ein gdb von 10 in ansatz zu bringen. 42die gutachterliche untersuchung der schultergelenke durch dr. q. ergab eine links eine stärker eingeschränkte ante-/retroversion von 90°/0°/20° bei einer mäßiggradigen einschränkung der abduktion/adduktion links 120/0°/20°. rechts wa-ren die nach der neutral-null-methode ermittelten bewegungsausmaße 160°/0°/30° (ante-/retroversion) und 170°/0°/20° (abduktion/adduktion) weitgehend normgerecht (vgl. zur normgerechten beweglichkeit des schultergelenks, buckup/buckup, klini-sche tests an knochen, gelenken und muskeln, 5. aufl. 2012, s 95). hintergrund dieser einschränkung ist nach den feststellungen des gutachters dr. q., die beim kläger nach einer clavikulafraktur (bruch des schlüsselbeins) im februar 2015 ein-gesetzte platte. die operation war zum zeitpunkt der untersuchung durch dr. q. bereits ca. sechs monate her und es fand sich – trotz einer einschränkung der beweglichkeit links in der bewegungsebene ventral/dorsal auf derzeit noch 90° be-steht – in der seitlichen bewegungsebene eine beweglichkeit von bis zu 120°, was nach auffassung der kammer hier in der gesamtschau keinen gdb von 20 gerechtfertigt erscheinen lässt. darüber hinaus nach einschätzung des gutachters nach entfernung der platte mit einer weiteren besserung der beweglichkeit zu rechnen (vgl. zur prognose der ausheilung einer schlüsselbeinfraktur, müller-mai/ekkernkamp, frakturen, 2010, s. 912). 43die im ophthalmologischen bereich bestehenden beeinträchtigungen im sinne der retinopathien wurden bereits in der bewertung des gdb mit berücksichtigt. augen-ärztlich bedingt dies – die kammer schließt sich insoweit der einschätzung des be-handelnden augenarztes und des dr. preim an – keinen eigenständigen gdb. 44wesentliche weitere gesundheitliche beeinträchtigungen, die einen gdb bedingen könnten sind nicht objektiviert. 45vor diesem hintergrund ist bei dem kläger § 69 abs. 3 sgb ix in verbindung mit teil a nr. 3 der versorgungsmedizinischen grundsätze ein gesamt-gdb von 40 zu bil-den. 46§ 69 abs. 3 satz 1 sgb ix schreibt vor, bei vorliegen mehrerer teilhabebeeinträchti-gungen den grad der behinderungen nach den auswirkungen der beeinträchtigun-gen in ihrer gesamtheit unter berücksichtigung ihrer wechselseitigen beziehungen festzusetzen. der maßgebliche gesamt-gdb ergibt sich dabei aus der zusammen-schau aller funktionsbeeinträchtigungen. er ist nicht nach starren beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher erfahrung unter hinzuziehung der sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen grundsätze in freier richterlicher be-weiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler betrach-tungsweise festzustellen (lsg nordrhein-westfalen urteil vom 29.06.2012 – l 13 sb 127/11 = juris rn. 42 unter bezugnahme auf bsg urteil vom 11.03.1998 - b 9 sb 9/97 r = juris rn. 10 m.w.n.). dabei ist zu berücksichtigen, ob die auswirkungen der einzelnen beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich ver-stärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (bsg urteil vom 02.12.2010 - b 9 sb 4/10 r = juris). 47absolut im vordergrund stehen beim kläger die beeinträchtigungen im zusammen-hang mit dem diabetes des klägers. diese bedingen – wie oben ausführlich darge-legt – einen gdb von 40. die daneben bestehende bewegungseinschränkung der linken schulter ist mit einem gdb von 10 nicht geeignet, den gdb zu erhöhen. selbst wenn man – für den kläger wohlwollend – den gdb insoweit mit 20 bewerten wollte, so wäre dieser wert zweifellos, im hinblick auf die beweglichkeit des armes seit-wärts, nur soeben erreicht und ebenfalls nicht geeignet, den gdb auf mehr als 40 zu erhöhen. 48die begehrte zuerkennung der schwerbehinderteneigenschaft kommt damit derzeit nicht in betracht. 49die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg. | Verklagte*r | 0 |
339,067 | 37 C 755/19 | 2021-06-18T00:00:00 | Urteil | Tenor In dem Rechtsstreit der C-GmbH Klägerin, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D gegen die Stadt Beklagte, hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 28.05.2021 durch den Richter am Amtsgericht T für Recht erkannt: Es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Rechnung der Beklagten vom (…), Kassenzeichen (…), in Höhe des Rechnungsbetrags von 3864,89 Euro zu bezahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen. Dieses Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden/zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über die Umlagen von Kosten für die Entsorgung des den einzelnen Marktteilnehmern nicht zuzuordnenden Abfalls auf dem Großmarktgelände der Beklagten. Die Klägerin ist als Lebensmittelhändlerin seit rund 20 Jahren auf dem Großmarkt ansässig. Zuletzt mit Bescheid vom 28.01.2014 wurden der Klägerin Flächen in verschiedenen Hallen des Großmarkts zugewiesen. Im Zuweisungsbescheid vom 28.01.2014 heißt es unter Nummer 6, das monatlich zu zahlende Netto-Entgelt richte sich nach der Marktentgeltordnung in der jeweils geltenden Fassung. Bei dieser handelt es sich um eine vom Rat der Beklagten beschlossenen städtische Satzung. Unter Nummer 10 heißt es, der Nutzer könne die Flächen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahrs kündigen, was schriftlich erfolgen müsse. In § 2 Abs. 1 der Marktentgeltordnung heißt es, die Zahlungspflicht entstehe mit Beginn der Benutzung, der Leistung oder der Überlassung von Räumen und Flächen. In § 1 Abs. 1 der Marktentgeltordnung heißt es hinsichtlich der Abfallentsorgung: "Ebenso werden neben dem im Tarif festgelegten Entgelten die umlagefähigen Kosten für die Entsorgung von verbotswidrigen Abfallablagerungen auf dem Großmarktgelände auf die Standinhaber/innen und Mieter/innen umgelegt, sofern sie nicht einer Verursacherin/einem Verursacher zugeordnet werden können. Diese Umlage erfolgt im prozentualen Verhältnis der jeweils zugewiesenen oder gemieteten Flächen sowie quartalsweise für die vergangenen drei Monate. Die Höhe der Kosten ergibt sich aus den aktuell gültigen Entsorgungskosten, die die Stadt an das von ihr beauftragte Entsorgungsunternehmen zu entrichten hat." 3Der grundsätzliche Weg der Abfallentsorgung ist es, dass die Marktteilnehmer anfallenden Abfall zu einer auf dem Marktgelände befindlichen Großwaage fahren, wo der Abfall gewogen und dem jeweiligen Marktteilnehmer individuell in Rechnung gestellt wird. Für das 3. Quartal (…) berechnete die Beklagten der Klägerin mit Rechnung vom (…) für die Beseitigung verbotswidriger Abfallablagerungen einen Gesamtbetrag von brutto 3864,89 Euro. Zur Vermeidung eines Widerrufs der Zuweisung eines Marktstands zahlte die Klägerin diesen Betrag unter Vorbehalt. Dabei fielen in August (…) für die Gesamtheit der Marktteilnehmer Kosten der Beseitigung wild gelagerten Abfalls in Höhe von 30348,37 Euro und im September (…) von 35825,60 Euro an. 4Die Klägerin beantragt, 5festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Rechnung der Beklagten vom (…), Kassenzeichen (…), in Höhe des Rechnungsbetrags von 3864,89 Euro zu bezahlen. 6Die Beklagte beantragt, 7die Klage abzuweisen. 8Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin C. 9Entscheidungsgründe: 10Die Klage ist zulässig und begründet. 11Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Dies folgt nicht aus einer möglichen Wirkung des Feststellungstenors gegenüber anderen Marktteilnehmern, weil eine solche Wirkung nicht besteht. Auch ein Feststellungsurteil entfaltet materielle Rechtskraft nur zwischen den Parteien. Dennoch liegt das Feststellungsinteresse vor. Bei der Beklagten als öffentlich-rechtliche Körperschaft kann davon ausgegangen werden, dass sie einem rechtskräftigen Feststellungsbegehren Folge leisten wird, auch ohne dass ein vollstreckungsfähiger Zahlungstitel vorliegt. Bereits der Feststellungsantrag ist daher geeignet, den Rechtsstreit der Parteien endgültig beizulegen. 12Die Klage ist auch aus § 812 Abs. 1 S.1 BGB - unter Korrektur des unzutreffend angegebenen Kassenzeichens der Rechnung - begründet, weil für die Beklagte kein Rechtsgrund besteht, die unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen der Klägerin dauerhaft zu behalten. Als Rechtsgrund kommt lediglich der Marktstandnutzungsvertrag zwischen den Parteien in Frage, der jedoch hierfür nicht genügt. Zwischen den Parteien besteht über die Nutzung eines Stands auf dem Marktgelände der Beklagten unstreitig eine zivilrechtliche Vereinbarung, für deren näheren Inhalt auf die öffentlich-rechtliche Marktentgeltordnung Bezug genommen wird. Es handelt sich damit um einen Vertrag mit überwiegend mietrechtlichen Elementen, wobei die Marktentgeltordnung als AGB der Beklagten anzusehen ist. Trotz des öffentlich-rechtlichen Charakters der Marktentgeltordnung kann eine vertragliche Einbeziehung durch AGB in Betracht kommen, wenn es sich bei der städtischen Satzung nicht um eine unmittelbar geltende Rechtsnorm handelt (vgl. MüKoBGB/Basedow, 8. Aufl. 2019, BGB § 305 Rn. 5). An dieser unmittelbaren Außenwirkung fehlt es bei der Marktentgeltordnung. Sie zielt auf die Bestimmung privatrechtlicher Entgelte für die Benutzung der Märkte im Wege allgemeiner Geschäftsbedinungen ab, deren Geltung sich allein aus den im jeweiligen Einzelfall abzuschließenden Verträgen zwischen den Marktteilnehmern und der Beklagten ergibt (so OVG Münster, 25 D 81/19.NE, das mit dieser Begründung einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gegen die Marktentgeltordnung der Stadt Düsseldorf als unzulässig verworfen hat). Der privat-rechtliche Charakter des Nutzungsverhältnisses, über den zwischen den Parteien Einigkeit besteht, ergibt sich aus den Nummern 6 und 10 des Zuweisungsbescheids sowie der Formulierung in § 2 Abs. 1 der Marktentgeltordnung. Es finden sich hierbei Begrifflichkeiten (Entgelt, Kündigung durch den Marktnutzer), die für ein privatrechtliches Nutzungsverhältnis typisch sind. 13Gegen die Regelung der Marktentgeltordnung zur Umlage von Müllbeseitigungskosten auf die Marktteilnehmer bestehen AGB-rechtlich keine Bedenken, insbesondere ist kein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB ersichtlich. Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass verbotswidrige Ablagerungen, die einzelnen Verursachern nicht zugeordnet werden können, der Gesamtheit der Marktteilnehmer nach dem Verhältnis der zugewiesenen bzw. gemieteten Flächen in Rechnung gestellt werden. Der Sache nach regelt die AGB die Umlage der allgemeinen Abfallentsorgung als Teil der Betriebskosten. Diesbezüglich besteht im Gewerbemietrecht ein weiter Regelungsspielraum, insbesondere gelten die §§ 556ff. BGB nicht als gesetzliches Leitprinzip, da diese lediglich im Bereich des Wohnungsmietrechts gelten. Die Regelung in § 1 Abs. 1 der Marktentgeltordnung ist jedoch so auszulegen, dass die Beklagte zumutbare effektive Maßnahmen zur individuellen Zuordnung wild gelagerten Abfalls zu treffen hat. Das ergibt sich daraus, dass die Verteilung der Kosten auf alle Marktteilnehmer nur dann erfolgen soll, wenn eine individuelle Zuordnung nicht möglich ist. Die Regelung entfaltet ihren Sinn daher nur, wenn die Beklagte ausreichende Bemühungen ergreift, um wild abgelagerten Abfall den jeweiligen Verursachern zuzuordnen. 14Im Bereich der Wohnungsmiete hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es zur ordnungsgemäßen Pflege der Außenanlagen gehört, dass von unbekannten Mietern oder Dritten gelagerter Müll vom Vermieter zu entsorgen ist und daher die Entsorgungskosten wild gelagerten Mülls auf alle Mieter umgelegt werden können (BGH NZM 2016, 353). Indes ist die Lage auf einem Großmarkt nicht mit den Gemeinschaftsflächen einer Mietwohnungsanlage vergleichbar. Die Gemeinschaftsflächen einer Mietwohnungsanlage sind typischerweise nicht nur für die Mieter, sondern auch für Dritte frei zugänglich. Eine Überwachung durch den Vermieter, wer auf den Gemeinschaftsflächen Müll lagert, um sodann dem Verursacher anstelle der Gesamtheit der Mieter die Kosten auferlegen zu können, wäre nicht nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für den Vermieter, sondern auch mit unzumutbaren Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht der Wohnungsmieter verbunden. Der Vermieter könnte nämlich die Verursacher wilden Mülls auf Gemeinschaftsflächen nur durch eine permanente Überwachung durch Sicherheitspersonal vor Ort oder per Videoüberwachung zuverlässig ermitteln. Eine derart intensive Überwachung der in unmittelbarer Wohnungsnähe gelegenen Außenanlagen würde aber einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Wohnungsmieter darstellen. Diese Situation ist jedoch nicht mit derjenigen auf einem geschlossenen Marktgelände vergleichbar. Bereits die grundsätzliche Abgegrenztheit und die kontrollierte Zufahrt an überwachten Eingängen unterscheidet einen Großmarkt grundlegend von der Gemeinschaftsfläche einer Mietwohnungsanlage. Hinzu tritt, dass es sich um eine gewerbliche Nutzung handelt, sodass die kontinuierliche Überwachung anders als im unmittelbaren Umfeld einer privat genutzten Mietwohnung keinen unzumutbaren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Marktnutzer darstellt. Die Regelung in § 1 Abs. 1 der Marktentgeltordnung verpflichtet die Beklagte daher, durch Einsatz von Personal oder technischen Mitteln die Zuordnung von Abfallablagerungen zu den jeweiligen Marktteilnehmern im Rahmen des Zumutbaren zu ermöglichen. Dass die Bemühungen der Beklagten evident unzureichend sind und gegen das im Rahmen des im Betriebskostenrecht geltende Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen, ist angesichts der Bekundungen der Zeugin C, der Sachgebietsleitung Marktmanagement der Beklagten, evident. Die Zeugin C, deren Büro sich auf dem Großmarktgelände befindet und die nach ihren Angaben von ihrem Büro Blick auf das Marktgelände hat, hat bekundet, dass vor 3 Jahren der Anteil nicht zuzuordnenden Mülls bei 50% gelegen habe und nunmehr noch bei 33%. Diese Quoten sind nicht nachvollziehbar hoch und führen dazu, dass die grundsätzlich vorgesehene Abrechnung des Mülls nach Verursachungsanteilen wirtschaftlich in erheblichem Umfang nicht praktiziert wird. Ein Verstoß gegen das Wirtschaftsgebot ergibt sich insbesondere daraus, dass durch den hohen Anteil nicht zuzuordnenden Mülls kein Anreiz für die Marktteilnehmer begründet wird, abfallsparend zu agieren, sondern die Abfallbeseitigungskosten für die Gesamtheit der Marktteilnehmer in die Höhe getrieben werden. Aus welchen nachvollziehbaren Gründen die Beklagte in derart hohem Umfang Müllablagerungen nicht zuordnen kann, ist aus den Angaben der Zeugin C nicht ersichtlich. Insbesondere konnte die Zeugin ausschließen, dass es sich bei dem wild abgelagerten Müll um Abfall externer Dritter handelt, die unbefugt das Marktgelände betreten, denn die Zeugin hat bekundet, dass es sich um markttypische Abfälle wie Paletten und verdorbene Lebensmittel handelt und einfahrende Fremdfahrzeuge auf die Einbringung von Abfällen kontrolliert werden. Es ist daher davon auszugehen, dass der wild gelagerte Abfall durch einzelne Marktteilnehmer verursacht wird. Nach den Bekundungen der Zeugin stehen auf dem Marktgelände mit 33 zugewiesenen Händlern und Standgrößen zwischen 200qm und 500 qm ständig zwei Marktaufsichten zur Verfügung, wobei die Händler innerhalb der Hallen tätig sind, der wild gelagerte Müll sich jedoch auf dem freien Gelände befindet und dort bestimmte markante Bereiche existieren, an denen sich Müllablagerungen finden. Eine Beobachtung dieser Flächen sei auch von einem Hallendach aus möglich. Angesichts dieser Situation, insbesondere der Müllablagerung ausschließlich auf den Freiflächen und dort noch an bestimmten markanten Punkten, bleibt unklar, wieso trotz der ständigen Überwachung durch Personal dennoch 33% bis 50% des gesamten anfallenden Abfalls nicht zugeordnet werden kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Marktteilnehmer letztlich auch die Kosten der Marktaufsicht über die Höhe der Marktgebühren zu tragen haben, ist eine derart hohe Quote wild gelagerten Abfalls nicht nur für die Beklagte unwirtschaftlich, sondern auch sich ordnungsgemäß verhaltenden Marktteilnehmern unzumutbar, weil sie einen Anreiz dafür bietet, regelwidrig Abfall wild zu entsorgen. Ferner konnte die Zeugin C auch nicht hinreichend begründen, warum eine Videoüberwachung nicht stattfindet. Da es sich bei den Müllablagerungsflächen um Freiflächen handelt, an denen kein unmittelbarer Marktbetrieb stattfindet und zudem die Nutzung des Geländes ausschließlich gewerblich ist, bestehen aus dem Blickwinkel des Persönlichkeitsschutzes heraus keine Bedenken gegen eine Videoüberwachung dieser Flächen. Der Verweis auf die hohen Kosten der Anschaffung genügt angesichts des evident unzureichenden und unwirtschaftlichen Entsorgungskonzepts der Beklagten, das letztlich die Entsorgung des Mülls auf Kosten der übrigen Marktteilnehmer in erheblichem Umfang - immerhin werden mehr als 30 000 Euro pro Monat umgelegt - ermöglicht, nicht. 15Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO. 16Der Streitwert wird auf 3.315,00 EUR festgesetzt entsprechend 90% eines Zahlungsantrags. 17Rechtsbehelfsbelehrung: 18Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist, 191. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder 202. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist. 21Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. 22Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen. 23Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 24Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. 25Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 26Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de. | in dem rechtsstreit der c-gmbh klägerin, prozessbevollmächtigte: rechtsanwälte d gegen die stadt beklagte, hat das amtsgericht düsseldorf auf die mündliche verhandlung vom 28.05.2021 durch den richter am amtsgericht t für recht erkannt: es wird festgestellt, dass die klägerin nicht verpflichtet ist, die rechnung der beklagten vom (…), kassenzeichen (…), in höhe des rechnungsbetrags von 3864,89 euro zu bezahlen. die kosten des rechtsstreits hat die beklagte zu tragen. dieses urteil ist wegen der kosten gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden/zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die parteien streiten über die umlagen von kosten für die entsorgung des den einzelnen marktteilnehmern nicht zuzuordnenden abfalls auf dem großmarktgelände der beklagten. die klägerin ist als lebensmittelhändlerin seit rund 20 jahren auf dem großmarkt ansässig. zuletzt mit bescheid vom 28.01.2014 wurden der klägerin flächen in verschiedenen hallen des großmarkts zugewiesen. im zuweisungsbescheid vom 28.01.2014 heißt es unter nummer 6, das monatlich zu zahlende netto-entgelt richte sich nach der marktentgeltordnung in der jeweils geltenden fassung. bei dieser handelt es sich um eine vom rat der beklagten beschlossenen städtische satzung. unter nummer 10 heißt es, der nutzer könne die flächen unter einhaltung einer frist von drei monaten zum ende eines kalendervierteljahrs kündigen, was schriftlich erfolgen müsse. in § 2 abs. 1 der marktentgeltordnung heißt es, die zahlungspflicht entstehe mit beginn der benutzung, der leistung oder der überlassung von räumen und flächen. in § 1 abs. 1 der marktentgeltordnung heißt es hinsichtlich der abfallentsorgung: "ebenso werden neben dem im tarif festgelegten entgelten die umlagefähigen kosten für die entsorgung von verbotswidrigen abfallablagerungen auf dem großmarktgelände auf die standinhaber/innen und mieter/innen umgelegt, sofern sie nicht einer verursacherin/einem verursacher zugeordnet werden können. diese umlage erfolgt im prozentualen verhältnis der jeweils zugewiesenen oder gemieteten flächen sowie quartalsweise für die vergangenen drei monate. die höhe der kosten ergibt sich aus den aktuell gültigen entsorgungskosten, die die stadt an das von ihr beauftragte entsorgungsunternehmen zu entrichten hat." 3der grundsätzliche weg der abfallentsorgung ist es, dass die marktteilnehmer anfallenden abfall zu einer auf dem marktgelände befindlichen großwaage fahren, wo der abfall gewogen und dem jeweiligen marktteilnehmer individuell in rechnung gestellt wird. für das 3. quartal (…) berechnete die beklagten der klägerin mit rechnung vom (…) für die beseitigung verbotswidriger abfallablagerungen einen gesamtbetrag von brutto 3864,89 euro. zur vermeidung eines widerrufs der zuweisung eines marktstands zahlte die klägerin diesen betrag unter vorbehalt. dabei fielen in august (…) für die gesamtheit der marktteilnehmer kosten der beseitigung wild gelagerten abfalls in höhe von 30348,37 euro und im september (…) von 35825,60 euro an. 4die klägerin beantragt, 5festzustellen, dass die klägerin nicht verpflichtet ist, die rechnung der beklagten vom (…), kassenzeichen (…), in höhe des rechnungsbetrags von 3864,89 euro zu bezahlen. 6die beklagte beantragt, 7die klage abzuweisen. 8das gericht hat beweis erhoben durch vernehmung der zeugin c. 9 | 10die klage ist zulässig und begründet. 11die klage ist zulässig, insbesondere ist das nach § 256 abs. 1 zpo erforderliche feststellungsinteresse gegeben. dies folgt nicht aus einer möglichen wirkung des feststellungstenors gegenüber anderen marktteilnehmern, weil eine solche wirkung nicht besteht. auch ein feststellungsurteil entfaltet materielle rechtskraft nur zwischen den parteien. dennoch liegt das feststellungsinteresse vor. bei der beklagten als öffentlich-rechtliche körperschaft kann davon ausgegangen werden, dass sie einem rechtskräftigen feststellungsbegehren folge leisten wird, auch ohne dass ein vollstreckungsfähiger zahlungstitel vorliegt. bereits der feststellungsantrag ist daher geeignet, den rechtsstreit der parteien endgültig beizulegen. 12die klage ist auch aus § 812 abs. 1 s.1 bgb - unter korrektur des unzutreffend angegebenen kassenzeichens der rechnung - begründet, weil für die beklagte kein rechtsgrund besteht, die unter vorbehalt geleisteten zahlungen der klägerin dauerhaft zu behalten. als rechtsgrund kommt lediglich der marktstandnutzungsvertrag zwischen den parteien in frage, der jedoch hierfür nicht genügt. zwischen den parteien besteht über die nutzung eines stands auf dem marktgelände der beklagten unstreitig eine zivilrechtliche vereinbarung, für deren näheren inhalt auf die öffentlich-rechtliche marktentgeltordnung bezug genommen wird. es handelt sich damit um einen vertrag mit überwiegend mietrechtlichen elementen, wobei die marktentgeltordnung als agb der beklagten anzusehen ist. trotz des öffentlich-rechtlichen charakters der marktentgeltordnung kann eine vertragliche einbeziehung durch agb in betracht kommen, wenn es sich bei der städtischen satzung nicht um eine unmittelbar geltende rechtsnorm handelt (vgl. mükobgb/basedow, 8. aufl. 2019, bgb § 305 rn. 5). an dieser unmittelbaren außenwirkung fehlt es bei der marktentgeltordnung. sie zielt auf die bestimmung privatrechtlicher entgelte für die benutzung der märkte im wege allgemeiner geschäftsbedinungen ab, deren geltung sich allein aus den im jeweiligen einzelfall abzuschließenden verträgen zwischen den marktteilnehmern und der beklagten ergibt (so ovg münster, 25 d 81/19.ne, das mit dieser begründung einen normenkontrollantrag nach § 47 abs. 1 nr. 2 vwgo gegen die marktentgeltordnung der stadt düsseldorf als unzulässig verworfen hat). der privat-rechtliche charakter des nutzungsverhältnisses, über den zwischen den parteien einigkeit besteht, ergibt sich aus den nummern 6 und 10 des zuweisungsbescheids sowie der formulierung in § 2 abs. 1 der marktentgeltordnung. es finden sich hierbei begrifflichkeiten (entgelt, kündigung durch den marktnutzer), die für ein privatrechtliches nutzungsverhältnis typisch sind. 13gegen die regelung der marktentgeltordnung zur umlage von müllbeseitigungskosten auf die marktteilnehmer bestehen agb-rechtlich keine bedenken, insbesondere ist kein verstoß gegen § 307 abs. 1 bgb ersichtlich. es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass verbotswidrige ablagerungen, die einzelnen verursachern nicht zugeordnet werden können, der gesamtheit der marktteilnehmer nach dem verhältnis der zugewiesenen bzw. gemieteten flächen in rechnung gestellt werden. der sache nach regelt die agb die umlage der allgemeinen abfallentsorgung als teil der betriebskosten. diesbezüglich besteht im gewerbemietrecht ein weiter regelungsspielraum, insbesondere gelten die §§ 556ff. bgb nicht als gesetzliches leitprinzip, da diese lediglich im bereich des wohnungsmietrechts gelten. die regelung in § 1 abs. 1 der marktentgeltordnung ist jedoch so auszulegen, dass die beklagte zumutbare effektive maßnahmen zur individuellen zuordnung wild gelagerten abfalls zu treffen hat. das ergibt sich daraus, dass die verteilung der kosten auf alle marktteilnehmer nur dann erfolgen soll, wenn eine individuelle zuordnung nicht möglich ist. die regelung entfaltet ihren sinn daher nur, wenn die beklagte ausreichende bemühungen ergreift, um wild abgelagerten abfall den jeweiligen verursachern zuzuordnen. 14im bereich der wohnungsmiete hat der bundesgerichtshof entschieden, dass es zur ordnungsgemäßen pflege der außenanlagen gehört, dass von unbekannten mietern oder dritten gelagerter müll vom vermieter zu entsorgen ist und daher die entsorgungskosten wild gelagerten mülls auf alle mieter umgelegt werden können (bgh nzm 2016, 353). indes ist die lage auf einem großmarkt nicht mit den gemeinschaftsflächen einer mietwohnungsanlage vergleichbar. die gemeinschaftsflächen einer mietwohnungsanlage sind typischerweise nicht nur für die mieter, sondern auch für dritte frei zugänglich. eine überwachung durch den vermieter, wer auf den gemeinschaftsflächen müll lagert, um sodann dem verursacher anstelle der gesamtheit der mieter die kosten auferlegen zu können, wäre nicht nur mit einem unverhältnismäßigen aufwand für den vermieter, sondern auch mit unzumutbaren eingriffen in das persönlichkeitsrecht der wohnungsmieter verbunden. der vermieter könnte nämlich die verursacher wilden mülls auf gemeinschaftsflächen nur durch eine permanente überwachung durch sicherheitspersonal vor ort oder per videoüberwachung zuverlässig ermitteln. eine derart intensive überwachung der in unmittelbarer wohnungsnähe gelegenen außenanlagen würde aber einen unzulässigen eingriff in das persönlichkeitsrecht der wohnungsmieter darstellen. diese situation ist jedoch nicht mit derjenigen auf einem geschlossenen marktgelände vergleichbar. bereits die grundsätzliche abgegrenztheit und die kontrollierte zufahrt an überwachten eingängen unterscheidet einen großmarkt grundlegend von der gemeinschaftsfläche einer mietwohnungsanlage. hinzu tritt, dass es sich um eine gewerbliche nutzung handelt, sodass die kontinuierliche überwachung anders als im unmittelbaren umfeld einer privat genutzten mietwohnung keinen unzumutbaren eingriff in das persönlichkeitsrecht der marktnutzer darstellt. die regelung in § 1 abs. 1 der marktentgeltordnung verpflichtet die beklagte daher, durch einsatz von personal oder technischen mitteln die zuordnung von abfallablagerungen zu den jeweiligen marktteilnehmern im rahmen des zumutbaren zu ermöglichen. dass die bemühungen der beklagten evident unzureichend sind und gegen das im rahmen des im betriebskostenrecht geltende wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen, ist angesichts der bekundungen der zeugin c, der sachgebietsleitung marktmanagement der beklagten, evident. die zeugin c, deren büro sich auf dem großmarktgelände befindet und die nach ihren angaben von ihrem büro blick auf das marktgelände hat, hat bekundet, dass vor 3 jahren der anteil nicht zuzuordnenden mülls bei 50% gelegen habe und nunmehr noch bei 33%. diese quoten sind nicht nachvollziehbar hoch und führen dazu, dass die grundsätzlich vorgesehene abrechnung des mülls nach verursachungsanteilen wirtschaftlich in erheblichem umfang nicht praktiziert wird. ein verstoß gegen das wirtschaftsgebot ergibt sich insbesondere daraus, dass durch den hohen anteil nicht zuzuordnenden mülls kein anreiz für die marktteilnehmer begründet wird, abfallsparend zu agieren, sondern die abfallbeseitigungskosten für die gesamtheit der marktteilnehmer in die höhe getrieben werden. aus welchen nachvollziehbaren gründen die beklagte in derart hohem umfang müllablagerungen nicht zuordnen kann, ist aus den angaben der zeugin c nicht ersichtlich. insbesondere konnte die zeugin ausschließen, dass es sich bei dem wild abgelagerten müll um abfall externer dritter handelt, die unbefugt das marktgelände betreten, denn die zeugin hat bekundet, dass es sich um markttypische abfälle wie paletten und verdorbene lebensmittel handelt und einfahrende fremdfahrzeuge auf die einbringung von abfällen kontrolliert werden. es ist daher davon auszugehen, dass der wild gelagerte abfall durch einzelne marktteilnehmer verursacht wird. nach den bekundungen der zeugin stehen auf dem marktgelände mit 33 zugewiesenen händlern und standgrößen zwischen 200qm und 500 qm ständig zwei marktaufsichten zur verfügung, wobei die händler innerhalb der hallen tätig sind, der wild gelagerte müll sich jedoch auf dem freien gelände befindet und dort bestimmte markante bereiche existieren, an denen sich müllablagerungen finden. eine beobachtung dieser flächen sei auch von einem hallendach aus möglich. angesichts dieser situation, insbesondere der müllablagerung ausschließlich auf den freiflächen und dort noch an bestimmten markanten punkten, bleibt unklar, wieso trotz der ständigen überwachung durch personal dennoch 33% bis 50% des gesamten anfallenden abfalls nicht zugeordnet werden kann. insbesondere vor dem hintergrund, dass die marktteilnehmer letztlich auch die kosten der marktaufsicht über die höhe der marktgebühren zu tragen haben, ist eine derart hohe quote wild gelagerten abfalls nicht nur für die beklagte unwirtschaftlich, sondern auch sich ordnungsgemäß verhaltenden marktteilnehmern unzumutbar, weil sie einen anreiz dafür bietet, regelwidrig abfall wild zu entsorgen. ferner konnte die zeugin c auch nicht hinreichend begründen, warum eine videoüberwachung nicht stattfindet. da es sich bei den müllablagerungsflächen um freiflächen handelt, an denen kein unmittelbarer marktbetrieb stattfindet und zudem die nutzung des geländes ausschließlich gewerblich ist, bestehen aus dem blickwinkel des persönlichkeitsschutzes heraus keine bedenken gegen eine videoüberwachung dieser flächen. der verweis auf die hohen kosten der anschaffung genügt angesichts des evident unzureichenden und unwirtschaftlichen entsorgungskonzepts der beklagten, das letztlich die entsorgung des mülls auf kosten der übrigen marktteilnehmer in erheblichem umfang - immerhin werden mehr als 30 000 euro pro monat umgelegt - ermöglicht, nicht. 15die kostenentscheidung folgt aus § 91 zpo, die zur vorläufigen vollstreckbarkeit aus § 709 zpo. 16der streitwert wird auf 3.315,00 eur festgesetzt entsprechend 90% eines zahlungsantrags. 17rechtsbehelfsbelehrung: 18gegen dieses urteil ist das rechtsmittel der berufung für jeden zulässig, der durch dieses urteil in seinen rechten benachteiligt ist, 191. wenn der wert des beschwerdegegenstandes 600,00 eur übersteigt oder 202. wenn die berufung in dem urteil durch das amtsgericht zugelassen worden ist. 21die berufung muss innerhalb einer notfrist von einem monat nach zustellung dieses urteils schriftlich bei dem landgericht düsseldorf, werdener straße 1, 40227 düsseldorf, eingegangen sein. die berufungsschrift muss die bezeichnung des urteils, gegen das die berufung gerichtet wird, sowie die erklärung, dass gegen dieses urteil berufung eingelegt werde, enthalten. 22die berufung ist, sofern nicht bereits in der berufungsschrift erfolgt, binnen zwei monaten nach zustellung dieses urteils schriftlich gegenüber dem landgericht düsseldorf zu begründen. 23die parteien müssen sich vor dem landgericht düsseldorf durch einen rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die berufungs- und die berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. 24mit der berufungsschrift soll eine ausfertigung oder beglaubigte abschrift des angefochtenen urteils vorgelegt werden. 25hinweis zum elektronischen rechtsverkehr: 26die einlegung ist auch durch übertragung eines elektronischen dokuments an die elektronische poststelle des gerichts möglich. das elektronische dokument muss für die bearbeitung durch das gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen signatur der verantwortenden person versehen sein oder von der verantwortenden person signiert und auf einem sicheren übermittlungsweg gemäß § 130a zpo nach näherer maßgabe der verordnung über die technischen rahmenbedingungen des elektronischen rechtsverkehrs und über das besondere elektronische behördenpostfach (bgbl. 2017 i, s. 3803) eingereicht werden. weitere informationen erhalten sie auf der internetseite www.justiz.de. | Klaeger*in | 1 |
168,258 | 26 K 1561/14 | 2015-01-30T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der Kläger stand zwischen dem 1. Oktober 1974 und dem 31. Juli 2006, mit dessen Ablauf er in den Ruhestand eintrat, als Beamter im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst der Beklagten, seit dem 19. September 1992 als Hauptbrandmeister. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand leistete er regelmäßig Dienst in einem wöchentlichen Umfang von durchschnittlich 54 Stunden in Form von 24-Stunden-Dienstschichten. 3Mit Schreiben vom 18. Mai 2001 wandte sich der Kläger an den Oberbürgermeister der Beklagten und beantragte unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 3. Oktober 2000 – C-303/98 -, aus dem hervorgehe, dass Bereitschaftsdienst, der in Form von persönlicher Anwesenheit in der Einrichtung des Dienstherrn geleistet wird, insgesamt als Arbeitszeit anzusehen sei, (1.) festzustellen, dass der von ihm – dem Kläger – zu leistende Bereitschaftsdienst, der in Form von persönlicher Anwesenheit in der Einrichtung des Dienstherrn geleistet wird, in vollem Umfang als Arbeitszeit anerkannt wird, (2.) die ihm – dem Kläger – aufgrund des Antrages zu 1. – auch für die Vergangenheit – zustehenden Vergütungs- und Besoldungsbestandteile auszuzahlen. 4Diesen Antrag lehnte der Oberbürgermeister der Beklagten durch Bescheid vom 29. Mai 2001 ab, wogegen der Kläger unter dem 18. Juni 2001 Widerspruch erhob. Das diesbezügliche Verfahren wurde daraufhin – wie auch zahlreiche weitere vergleichbare Widerspruchsverfahren von feuerwehrbeamteten Antragstellern aus dem Jahr 2001 – zum Ruhen gebracht, um zunächst eine weitere Klärung noch offener Rechtsfragen abzuwarten. 5Am 1. Januar 2007 trat in Nordrhein-Westfalen eine neue Arbeitszeitverordnung Feuerwehr (AZVO Feu) in Kraft, die bis heute fortgilt. Nach deren § 2 beträgt die wöchentliche Arbeitszeit der im Schichtdienst arbeitenden Feuerwehrbeamten nicht mehr – wie zuvor – 54 Stunden, sondern nunmehr 48 Stunden. Nach § 5 der Verordnung ist es unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes jedoch zulässig, dass sich ein einzelner Schichtdienst leistender Beamter ausdrücklich bereit erklärt, Schichtdienst mit einer über 48 Stunden in der Woche hinausgehenden durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu leisten (sog. Opt-Out-Erklärung). 6Gegenüber sämtlichen inzwischen aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen Feuerwehrbeamten, die im Jahr 2001 einen Antrag auf Freizeitausgleich gestellt hatten, bot die Beklagte im Februar 2011 eine Regelung im Vergleichswege an. In diesem Sinne wandte sich der Oberbürgermeister der Beklagten mit Schreiben vom 23. Februar 2011 auch an den Kläger. Darin führte er aus, angesichts des zwischenzeitlichen Ruhestandes des Klägers komme ein Freizeitausgleich für ihn nicht mehr in Betracht. Zwar könne hinsichtlich des Antrages des Klägers angesichts auch weiterhin offener Rechtsfragen noch kein abschließender Bescheid erteilt werden, jedoch bestehe Bereitschaft, auf die infolge der jüngst ergangenen Rechtsprechung neue Situation zu reagieren, wenn der Antrag auf Ausgleich der über 48 Stunden wöchentlich hinaus geleisteten Dienstzeiten rechtsverbindlich seine Erledigung finde. Konkret bot der Oberbürgermeister dem Kläger in diesem Schreiben sodann an, ihm für den Fall, dass er bereit sei, auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche zu verzichten, die in der Zeit vom 14. Juli 2005 bis zum Ausscheiden aus dem aktiven Dienst geleisteten 24-Stundenschichten in Anlehnung an die seit dem 1. Januar 2007 geltende „Regelung zum Opt-Out“ mit 20,00 EUR pro geleisteter Schicht zu vergüten, was insgesamt einer Vergütung von brutto 1.340,00 EUR entspräche. Für den Fall, dass der Kläger mit dieser vorgeschlagenen Regelung einverstanden sei und das Angebot unter Verzicht auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche annehmen wolle, werde darum gebeten, dies rechtsverbindlich durch Unterschrift auf der Zweitschrift zu dokumentieren und diese an ihn – den Oberbürgermeister der Beklagten – zurückzusenden. 7Der Kläger unterzeichnete mit Datum vom 8. März 2011 folgende Erklärung unter der Zweitschrift des Schreibens vom 23. Februar 2011: „Ich nehme das mir unterbreitete Angebot an und verzichte auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche.“ Die Zweitschrift mitsamt seiner Erklärung leitete der Kläger sodann dem Oberbürgermeister der Beklagten zu. 8Wie gerichtsbekannt ist, nahm die Beklagte Urteile des BVerwG vom 26. Juli 2012 zum Anlass, Feuerwehrbeamten, welche im Jahr 2001 Anträge nach dem Muster des klägerischen Antrages gestellt hatten, mit denen jedoch im Jahr 2011 keine Vergleiche zustandegekommen waren, wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit Entschädigungsleistungen rückwirkend bis zum 1. Januar 2001 zu gewähren. Dabei berief sich die Beklagte darauf, dass den betreffenden Antragstellern aufgrund der neueren BVerwG-Rechtsprechung dementsprechende Rechtsansprüche zustünden. 9Unter dem 2. Mai 2013 wandte sich der Kläger schriftlich an den Oberbürgermeister der Beklagten. Er nahm Bezug auf den von ihm am 8. März 2011 angenommenen Vergleichsvorschlag, aufgrund dessen er einen Entschädigungsbetrag von 1.340,00 EUR erhalten habe. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2012 entschieden habe, dass bereits seit dem 1. Januar 2001 Ansprüche bestünden, hätten seien Kollegen, die wie er im Jahr 2001 einen Antrag gestellt hätten, teilweise mehr als 20.000,00 EUR erhalten, wie er jetzt erfahren habe. Er sei deshalb der Meinung, dass ihm für die Zeit vor dem Zeitraum, für den der von ihm geschlossene Vergleich gelte, nämlich für die Zeit 1. Januar 2001 bis 13. Juli 2005, ebenfalls noch eine Entschädigung zustehe. Er bat um Überprüfung des Falles und Überweisung des Differenzbetrages. 10Mit Schreiben vom 13. November 2013 lehnte der Oberbürgermeister der Beklagten gegenüber dem Kläger die Gewährung einer Entschädigung, die über die ihm im Rahmen des Vergleichs aus dem Jahr 2011 ausgezahlten 1.340,00 EUR hinaus geht, ab, mit folgender Begründung: Alle Beamten, die – wie auch der Kläger – das im Februar 2011 unterbreitete Vergleichsangebot angenommen hätten, hätten auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche verzichtet. Da die Beklagte nur Zahlungen leisten dürfe, zu denen sie rechtlich verpflichtet sei und mit Annahme der Vergleichsangebote keine Ansprüche mehr gegen die Stadt bestünden, könnten keine weiteren Zahlungen mehr erfolgen. 11Unter dem 19. Dezember 2013 wandte sich der Kläger durch seine nunmehrigen Prozessbevollmächtigten erneut an den Oberbürgermeister der Beklagten. Die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten wiederholten die Ansicht des Klägers aus dessen Schreiben vom 2. Mai 2013, durch den Vergleich aus dem Jahr 2011 sei eine Regelung lediglich für den Zeitraum 14. Juli 2005 bis 31. „Juni“ – gemeint war offensichtlich Juli – 2006 getroffen worden, während der Zeitraum vor dem 14. Juli 2005 nicht von dem Vergleich betroffen gewesen sei, so dass der Kläger auch noch für den Zeitraum 1. Januar 2001 – 13. Juli 2005 einen Anspruch auf Auszahlung der zuviel geleisteten Arbeit habe. 12Demgegenüber führte der Oberbürgermeister der Beklagten durch Schreiben vom 29. Januar 2014 wiederholt aus, dass es aus den bereits dargelegten Gründen nicht möglich sei, dem Kläger eine über die im Rahmen des Vergleichs gewährte Entschädigung hinausgehende Entschädigung für den Zeitraum 1. Januar 2001 – 13. Juli 2005 zu gewähren. 13Am 4. März 2014 hat der Kläger Klage erhoben. 14Zur Begründung wiederholt er seine Ansicht, der im Februar 2011 geschlossene Vergleich stehe einer Entschädigung für den Zeitraum 1. Januar 2001 – 13. Juli 2005 nicht entgegen. Aus der geschlossenen Vereinbarung gehe eindeutig hervor, dass lediglich der Zeitraum 14. Juli 2005 bis 31. „Juni“ – gemeint wiederum Juli – 2006 abgedeckt sei. Dieser Zeitraum sei explizit benannt worden. Für einen außenstehenden Betrachter könne somit lediglich dieser Zeitraum durch die Vereinbarung abgedeckt werden. Soweit er – der Kläger – im Rahmen des Vergleichs auf die Geltendmachung „weitergehender Ansprüche“ verzichtet habe, habe sich dies einzig und allein auf den konkret genannten Zeitraum bezogen. Auf mögliche Ansprüche für die Zeit vor dem 14. Juli 2005 habe er – der Kläger – hingegen zu keinem Zeitpunkt verzichtet. 15Der Kläger beantragt, 16die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 29. Mai 2001, 13. November 2013 und 29. Januar 2014 zu verpflichten, an ihn für die in dem Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 14. Juli 2005 über 48 Stunden hinausgehende Mehrarbeit in Höhe von insgesamt 1.226,25 Stunden finanziell im Rahmen der Mehrarbeitsvergütung mit insgesamt 19.243,14 EUR zu vergüten. 17Die Beklagte beantragt, 18die Klage abzuweisen. 19Sie ist der Auffassung, Gegenstand des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleichs sei der Antrag des Klägers vom 18. Mai 2001 und damit bis ins Jahr 2001 zurückreichende mögliche Ansprüche des Klägers. Durch seine Erklärung, auf „weitergehende Ansprüche“ zu verzichten, habe der Kläger deshalb nicht nur für den Zeitraum 14. Juli 2005 bis 31. Juli 2006 der Höhe nach auf weitergehende Ansprüche als angeboten verzichtet, sondern auch für die Zeit vor dem 14. Juli 2005 gänzlich auf mögliche Ansprüche. Die Annahme, dass sie – die Beklagte – einen Vergleich nur für die Zeit ab dem 14. Mai 2005 habe schließen wollen, erscheine als lebensfremd und lasse sich auch dem Wortlaut der Vereinbarung nicht entnehmen. 20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Oberbürgermeisters der Beklagten verwiesen. 21Entscheidungsgründe: 22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Vergütung der im Zeitraum 1. Januar 2001 bis 14. Juli 2005 über 48 Stunden pro Woche hinaus erbrachten Arbeit nach Maßgabe der Mehrarbeitsvergütungsverordnung in Höhe von insgesamt 19.243,14 EUR. 23Es kann dahinstehen, ob dem Kläger gegenüber der Beklagten der klageweise geltend gemachte Anspruch ursprünglich zustand. Selbst wenn man dies zugunsten des Klägers unterstellt, ist dieser Anspruch nämlich aufgrund des zwischen den Beteiligten geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrages mit dem Inhalt der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Vergütung von insgesamt 1.340,00 EUR für im Zeitraum 14. Juli 2005 bis 31. Juli 2006 (Eintritt des Klägers in den Ruhestand) geleistete 24-Stunden-Schichten gegen Verzicht des Klägers auf Geltendmachung darüber hinausgehender Ansprüche auf Abgeltung europarechtswidrig zuviel geleisteter Arbeit untergegangen. 24Zwischen den Beteiligten ist durch das schriftliche Angebot des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 23. Februar 2011 und die schriftliche Annahmeerklärung des Klägers vom 8. März 2011 auf der Zweitschrift dieses schriftlichen Angebots ein öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag gemäß §§ 54, 55 VwVfG NRW mit dem soeben dargelegten Inhalt zustande gekommen, welcher auch der von § 57 VwVfG NRW geforderten Schriftform genügt. 25Das Schreiben des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 23. Februar 2011 ist als Angebot zum Abschluss eines Vergleichs gemäß § 55 VwVfG NRW anzusehen. Es handelt sich nämlich um ein Angebot zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werden sollte, wie sich aus einer Auslegung dieses Angebots nach Maßgabe des § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. §§ 133, 157 BGB ergibt. Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört es dabei, dass die Auslegung in erster Linie den Wortlaut der jeweiligen Erklärung und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen hat, 26vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2000 - II ZR 34/99 -, NJW 2001, 144 f. = juris, Rn. 8; 27der Erklärende muss sich an dem festhalten lassen, was der Empfänger vernünftigerweise verstehen konnte (Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont), 28Reichold in juris-PK BGB, 7. Auflage 2014, § 133, Rn. 8; vgl. auch Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10. Aufl. 2010, Rn. 323; Arnold in: Erman, BGB, § 133 Rn. 1, 19. 29Dies zugrundegelegt ergibt die Auslegung des Schreibens des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 23. Februar 2011 Folgendes: Das hierin enthaltene Angebot bezog sich, wie bereits eingangs des Schreibens unzweifelhaft klargestellt, auf den vom Kläger im Jahr 2001 gestellten – bis dahin noch nicht abschließend beschiedenen – Antrag auf Ausgleich von unionsrechtswidrig über 48 Stunden in der Woche hinaus geleistete Arbeit. Aufhänger dieses Angebots war nach den sodann folgenden Ausführungen in dem Schreiben das Urteil des EuGH vom 25. November 2010 – C-429/09 -, welches aus Sicht des Oberbürgermeisters zu einer anderen rechtlichen Bewertung als bislang führte, jedoch weiterhin Fragen offen ließ, u.a. zum Maß einer möglichen Abgeltung. Den sodann folgenden Ausführungen in dem Schreiben lässt sich entnehmen, dass die Beklagte in rechtlicher Hinsicht davon ausging, dass dem Kläger allenfalls für die Zeit ab dem 14. Juli 2005 dem Grunde nach ein Ausgleichsanspruch zusteht, weil erst ab diesem Tag ein anspruchsbegründender qualifizierter Verstoß gegen EU-Recht anzunehmen sei. Auf der Basis dieser Ausgangslage wird in dem Schreiben die Bereitschaft formuliert, „auf die neue Situation zu reagieren, wenn die anhängigen Anträge auf Ausgleich der in einer über 48 Stunden/Woche hinausgehenden Arbeitszeit geleisteten Arbeitsleistung damit rechtsverbindlich ihre Erledigung finden“, und diese Bereitschaft konkretisiert durch das durch Fettdruck hervorgehobene Angebot, dem Kläger „für den Fall, dass Sie dazu bereit sind, auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche zu verzichten, (…) die im Zeitraum 14.07.2005 bis zu Ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst, längstens bis 31.12.2006, geleisteten 24-Stundenschichten in Anlehnung an die seit 01.01.2007 geltende Regelung zum Opt-Out mit 20,00 EUR geleisteter Schicht zu vergüten (…), was einer Vergütung von brutto 1.340,00 EUR entspräche.“ Das Schreiben schließt mit den Worten: „Sollten Sie mit der vorgeschlagenen Regelung einverstanden sein und das Angebot unter Verzicht auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche annehmen wollen, bitte ich darum dies rechtsverbindlich durch Ihre Unterschrift auf der Zweitschrift zu dokumentieren und diese an mich zurückzusenden.“ 30Unter Würdigung von Wortlaut und des in dem Schreiben zum Ausdruck kommenden Gesamtzusammenhangs scheidet eine Auslegung, wonach die Beklagte einen Vergleich allein betreffend den Zeitraum ab dem 14. Juli 2005 anbieten wollte aus, wie sich insbesondere aus der Formulierung „wenn die anhängigen Anträge auf Ausgleich der in einer über 48 Stunden/Woche hinausgehenden Arbeitszeit geleisteten Arbeitsleistung damit rechtsverbindlich ihre Erledigung finden“ ergibt: Ein objektiver Empfänger dieses Schreibens konnte das darin enthaltene Angebot unter zusammenfassender Würdigung seines Inhalts allein und unmissverständlich nur dahin verstehen, dass die Beklagte hinsichtlich der gesamten durch den in Bezug genommenen Antrag des Klägers aus dem Jahr 2001 geltend gemachten Ansprüche sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach eine unklare Rechtslage als gegeben sah, für welche sie eine unstreitige Regelung mit dem Ergebnis einer „rechtsverbindlichen Erledigung“ vorschlug. Regelungsgegenstand eines möglichen Vergleichs sollten damit klar erkennbar sämtliche antragsgegenständlichen Ansprüche sein und damit nicht nur mögliche Ansprüche ab dem 14. Juli 2005, sondern sämtliche denkbaren rückwirkenden Ansprüche betreffend über 48 Stunden in der Woche hinausgehende Zuvielarbeit; bereits der Antrag des Klägers vom 18. Mai 2001 beinhaltete nämlich die diesem „auch für die Vergangenheit zustehenden“ Ansprüche, reichte also in zeitlicher Hinsicht unbestimmt in die Vergangenheit zurück. Vor diesem Hintergrund war zugleich klar erkennbar, dass die Beklagte in dem Datum des 14. Juli 2005 nicht eine Begrenzung des Gegenstandes einer möglichen vergleichsweisen Regelung, sondern ein Differenzierungskriterium für ein gegenseitiges Nachgeben sah: Da die Beklagte aus der Rechtsprechung des EuGH abzuleiten glaubte, dass Ansprüche des Klägers dem Grunde nach erst ab dem 14. Juli 2005 in Betracht kamen, schlug sie der Sache nach aus dem Gesamtkontext erkennbar ein vollständiges Nachgeben des Klägers betreffend mögliche Ansprüche für die Zeit vor diesem Datum vor. Betreffend mögliche Ansprüche ab dem 14. Juli 2005, die die Beklagte den Ausführungen in dem Schreiben vom 23. Februar 2011 gemäß hingegen als dem Grund nach rechtlich tendenziell gegeben, aber dem „Maß“, d.h. der Höhe nach, für unklar hielt, machte die Beklagte ein konkretes Berechnungsangebot auf der Grundlage der seit dem 1. Januar 2007 geltenden sog. Opt-Out-Regelungen. Dieses Berechnungsangebot lief damit für diesen vorschlagsgegenständlichen Teilzeitraum auf ein Nachgeben der Beklagten in dem Maße der vorgeschlagenen Abgeltungssumme und auf ein Nachgeben des Klägers in darüberhinausgehendem Maße hinaus. 31Vor dem Hintergrund dieser Auslegung des im Schreiben des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 23. Februar 2011 enthaltenen Angebots ist die auf der Zweitschrift dieses Schreibens vom Kläger abgegebene und unterschriebene Erklärung mit dem Wortlaut „ich nehme das mir unterbreitete Angebot an und verzichte auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche“ auszulegen: Die Frage, was mit der Formulierung „weiterer Ansprüche“ gemeint ist, lässt sich nicht isoliert, sondern nur in Kenntnis und unter Berücksichtigung dessen, was Gegenstand des Angebots war, auf das sich die Annahmeerklärung bezieht, beurteilen. Da – wie ausgeführt – entsprechend der vorgenommenen Auslegung Angebotsgegenstand der Beklagten eine Vergütung an den Kläger in Höhe von 1.340,00 EUR gegen gleichzeitigen Verzicht des Klägers sowohl auf hierüber hinaus gehende Abgeltungsansprüche für den Teilzeitraum ab dem 14. Juli 2005 der Höhe nach als auch auf etwaige Abgeltungsansprüche für den Teilzeitraum vor dem 14. Juli 2005 bereits dem Grunde nach war, um auf diese Weise die beabsichtigte „rechtsverbindliche Erledigung“ des Antrags des Klägers vom 18. Mai 2001 auf Abgeltung von unionsrechtswidrig über 48 Stunden hinaus geleisteter Zuvielarbeit in Gänze herbeizuführen, scheidet bei objektiver Betrachtung die Annahme, die Verzichtserklärung könnte sich allein auf mögliche Ansprüche für die Zeit erst ab dem 14. Juli 2005 beziehen, aus. Sofern der Kläger dieser Erklärung subjektiv einen anderen Bedeutungsgehalt beigemessen haben sollte, wäre dies unbeachtlich, da ein anderer Bedeutungsgehalt weder in der Erklärung nach außen erkennbar zum Ausdruck gekommen ist noch sonstige objektive Anhaltspunkte für ein anderweitiges Verständnis bestanden und bestehen. 32Bei dem durch das genannte Angebot der Beklagten und die diesbezügliche Annahmeerklärung des Klägers zustandegekommenen Vertrag handelt es sich um einen verwaltungsaktsersetzenden öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 54 S. 2 VwVfG NRW, weil die behördliche Entscheidung über die Gewährung von Freizeitausgleich bzw. Geldentschädigung für unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit als einzelfallbezogener Hoheitsakt grundsätzlich einer Regelung durch Verwaltungsakt gemäß § 35 S. 1 VwVfG NRW unterliegt, 33vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2009 – 1 A 2652/07 -, juris (Rn. 27), m.w.N. 34Wie sich bereits aus den zum Inhalt des Vergleichsangebots der Beklagten gemachten Ausführungen ergibt, handelt es sich dabei zugleich um einen Vergleichsvertrag gemäß § 55 VwVfG NRW, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird. Unter Würdigung der im Vergleichsangebot gemachten Angaben zum Ausmaß der Ungewissheit, gleichzeitig aber hinreichend bestehender Anhaltpunkte für eine Bemessung des gegenseitigen Nachgebens durfte die Beklagte den Abschluss des Vergleichs im Sinne des § 55 VwVfG NRW a.E. auch für zweckmäßig halten; Ermessensfehler sind – ungeachtet der Frage, was solche rechtlich zur Folge hätten – insoweit weder vom Kläger vorgebracht noch sonst ersichtlich. 35Die gemäß § 57 VwVfG NRW erforderliche Schriftform wurde gewahrt. Sowohl die Unterschrift eines im Auftrag des Oberbürgermeisters der Beklagten handelnden Bediensteten unter dem Angebot der Beklagten vom 23. Februar 2011 als auch die Unterschrift des Klägers unter dessen Annahmeerklärung vom 8. März 2011 zu dem Angebot befinden sich auf der Zweitschrift des Angebotsschreibens, so dass die gemäß § 62 S. 2 VwVfG NRW i.V.m. § 126 Abs. 2 S. 1 BGB erforderliche sog. Urkundeneinheit besteht. 36Nichtigkeitsgründe für den geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 59 VwVfG NRW sind nicht ersichtlich. Insbesondere folgt eine Nichtigkeit nicht aus § 59 Abs. 2 Nr.2 VwVfG NRW i.V.m. § 2 Abs. 3 BBesG bzw. ÜBesG NRW, weil es sich bei einer Entschädigung für unionsrechtswidrig zuviel geleistete Arbeit nicht um gesetzlich zustehende Besoldung handelt. 37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der kläger stand zwischen dem 1. oktober 1974 und dem 31. juli 2006, mit dessen ablauf er in den ruhestand eintrat, als beamter im mittleren feuerwehrtechnischen dienst der beklagten, seit dem 19. september 1992 als hauptbrandmeister. bis zu seinem eintritt in den ruhestand leistete er regelmäßig dienst in einem wöchentlichen umfang von durchschnittlich 54 stunden in form von 24-stunden-dienstschichten. 3mit schreiben vom 18. mai 2001 wandte sich der kläger an den oberbürgermeister der beklagten und beantragte unter hinweis auf das urteil des eugh vom 3. oktober 2000 – c-303/98 -, aus dem hervorgehe, dass bereitschaftsdienst, der in form von persönlicher anwesenheit in der einrichtung des dienstherrn geleistet wird, insgesamt als arbeitszeit anzusehen sei, (1.) festzustellen, dass der von ihm – dem kläger – zu leistende bereitschaftsdienst, der in form von persönlicher anwesenheit in der einrichtung des dienstherrn geleistet wird, in vollem umfang als arbeitszeit anerkannt wird, (2.) die ihm – dem kläger – aufgrund des antrages zu 1. – auch für die vergangenheit – zustehenden vergütungs- und besoldungsbestandteile auszuzahlen. 4diesen antrag lehnte der oberbürgermeister der beklagten durch bescheid vom 29. mai 2001 ab, wogegen der kläger unter dem 18. juni 2001 widerspruch erhob. das diesbezügliche verfahren wurde daraufhin – wie auch zahlreiche weitere vergleichbare widerspruchsverfahren von feuerwehrbeamteten antragstellern aus dem jahr 2001 – zum ruhen gebracht, um zunächst eine weitere klärung noch offener rechtsfragen abzuwarten. 5am 1. januar 2007 trat in nordrhein-westfalen eine neue arbeitszeitverordnung feuerwehr (azvo feu) in kraft, die bis heute fortgilt. nach deren § 2 beträgt die wöchentliche arbeitszeit der im schichtdienst arbeitenden feuerwehrbeamten nicht mehr – wie zuvor – 54 stunden, sondern nunmehr 48 stunden. nach § 5 der verordnung ist es unter beachtung der allgemeinen grundsätze der sicherheit und des gesundheitsschutzes jedoch zulässig, dass sich ein einzelner schichtdienst leistender beamter ausdrücklich bereit erklärt, schichtdienst mit einer über 48 stunden in der woche hinausgehenden durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen arbeitszeit zu leisten (sog. opt-out-erklärung). 6gegenüber sämtlichen inzwischen aus dem aktiven dienst ausgeschiedenen feuerwehrbeamten, die im jahr 2001 einen antrag auf freizeitausgleich gestellt hatten, bot die beklagte im februar 2011 eine regelung im vergleichswege an. in diesem sinne wandte sich der oberbürgermeister der beklagten mit schreiben vom 23. februar 2011 auch an den kläger. darin führte er aus, angesichts des zwischenzeitlichen ruhestandes des klägers komme ein freizeitausgleich für ihn nicht mehr in betracht. zwar könne hinsichtlich des antrages des klägers angesichts auch weiterhin offener rechtsfragen noch kein abschließender bescheid erteilt werden, jedoch bestehe bereitschaft, auf die infolge der jüngst ergangenen rechtsprechung neue situation zu reagieren, wenn der antrag auf ausgleich der über 48 stunden wöchentlich hinaus geleisteten dienstzeiten rechtsverbindlich seine erledigung finde. konkret bot der oberbürgermeister dem kläger in diesem schreiben sodann an, ihm für den fall, dass er bereit sei, auf die geltendmachung weitergehender ansprüche zu verzichten, die in der zeit vom 14. juli 2005 bis zum ausscheiden aus dem aktiven dienst geleisteten 24-stundenschichten in anlehnung an die seit dem 1. januar 2007 geltende „regelung zum opt-out“ mit 20,00 eur pro geleisteter schicht zu vergüten, was insgesamt einer vergütung von brutto 1.340,00 eur entspräche. für den fall, dass der kläger mit dieser vorgeschlagenen regelung einverstanden sei und das angebot unter verzicht auf die geltendmachung weitergehender ansprüche annehmen wolle, werde darum gebeten, dies rechtsverbindlich durch unterschrift auf der zweitschrift zu dokumentieren und diese an ihn – den oberbürgermeister der beklagten – zurückzusenden. 7der kläger unterzeichnete mit datum vom 8. märz 2011 folgende erklärung unter der zweitschrift des schreibens vom 23. februar 2011: „ich nehme das mir unterbreitete angebot an und verzichte auf die geltendmachung weiterer ansprüche.“ die zweitschrift mitsamt seiner erklärung leitete der kläger sodann dem oberbürgermeister der beklagten zu. 8wie gerichtsbekannt ist, nahm die beklagte urteile des bverwg vom 26. juli 2012 zum anlass, feuerwehrbeamten, welche im jahr 2001 anträge nach dem muster des klägerischen antrages gestellt hatten, mit denen jedoch im jahr 2011 keine vergleiche zustandegekommen waren, wegen unionsrechtswidriger zuvielarbeit entschädigungsleistungen rückwirkend bis zum 1. januar 2001 zu gewähren. dabei berief sich die beklagte darauf, dass den betreffenden antragstellern aufgrund der neueren bverwg-rechtsprechung dementsprechende rechtsansprüche zustünden. 9unter dem 2. mai 2013 wandte sich der kläger schriftlich an den oberbürgermeister der beklagten. er nahm bezug auf den von ihm am 8. märz 2011 angenommenen vergleichsvorschlag, aufgrund dessen er einen entschädigungsbetrag von 1.340,00 eur erhalten habe. nachdem das bundesverwaltungsgericht im jahr 2012 entschieden habe, dass bereits seit dem 1. januar 2001 ansprüche bestünden, hätten seien kollegen, die wie er im jahr 2001 einen antrag gestellt hätten, teilweise mehr als 20.000,00 eur erhalten, wie er jetzt erfahren habe. er sei deshalb der meinung, dass ihm für die zeit vor dem zeitraum, für den der von ihm geschlossene vergleich gelte, nämlich für die zeit 1. januar 2001 bis 13. juli 2005, ebenfalls noch eine entschädigung zustehe. er bat um überprüfung des falles und überweisung des differenzbetrages. 10mit schreiben vom 13. november 2013 lehnte der oberbürgermeister der beklagten gegenüber dem kläger die gewährung einer entschädigung, die über die ihm im rahmen des vergleichs aus dem jahr 2011 ausgezahlten 1.340,00 eur hinaus geht, ab, mit folgender begründung: alle beamten, die – wie auch der kläger – das im februar 2011 unterbreitete vergleichsangebot angenommen hätten, hätten auf die geltendmachung weitergehender ansprüche verzichtet. da die beklagte nur zahlungen leisten dürfe, zu denen sie rechtlich verpflichtet sei und mit annahme der vergleichsangebote keine ansprüche mehr gegen die stadt bestünden, könnten keine weiteren zahlungen mehr erfolgen. 11unter dem 19. dezember 2013 wandte sich der kläger durch seine nunmehrigen prozessbevollmächtigten erneut an den oberbürgermeister der beklagten. die nunmehrigen prozessbevollmächtigten wiederholten die ansicht des klägers aus dessen schreiben vom 2. mai 2013, durch den vergleich aus dem jahr 2011 sei eine regelung lediglich für den zeitraum 14. juli 2005 bis 31. „juni“ – gemeint war offensichtlich juli – 2006 getroffen worden, während der zeitraum vor dem 14. juli 2005 nicht von dem vergleich betroffen gewesen sei, so dass der kläger auch noch für den zeitraum 1. januar 2001 – 13. juli 2005 einen anspruch auf auszahlung der zuviel geleisteten arbeit habe. 12demgegenüber führte der oberbürgermeister der beklagten durch schreiben vom 29. januar 2014 wiederholt aus, dass es aus den bereits dargelegten gründen nicht möglich sei, dem kläger eine über die im rahmen des vergleichs gewährte entschädigung hinausgehende entschädigung für den zeitraum 1. januar 2001 – 13. juli 2005 zu gewähren. 13am 4. märz 2014 hat der kläger klage erhoben. 14zur begründung wiederholt er seine ansicht, der im februar 2011 geschlossene vergleich stehe einer entschädigung für den zeitraum 1. januar 2001 – 13. juli 2005 nicht entgegen. aus der geschlossenen vereinbarung gehe eindeutig hervor, dass lediglich der zeitraum 14. juli 2005 bis 31. „juni“ – gemeint wiederum juli – 2006 abgedeckt sei. dieser zeitraum sei explizit benannt worden. für einen außenstehenden betrachter könne somit lediglich dieser zeitraum durch die vereinbarung abgedeckt werden. soweit er – der kläger – im rahmen des vergleichs auf die geltendmachung „weitergehender ansprüche“ verzichtet habe, habe sich dies einzig und allein auf den konkret genannten zeitraum bezogen. auf mögliche ansprüche für die zeit vor dem 14. juli 2005 habe er – der kläger – hingegen zu keinem zeitpunkt verzichtet. 15der kläger beantragt, 16die beklagte unter aufhebung der bescheide vom 29. mai 2001, 13. november 2013 und 29. januar 2014 zu verpflichten, an ihn für die in dem zeitraum vom 1. januar 2001 bis zum 14. juli 2005 über 48 stunden hinausgehende mehrarbeit in höhe von insgesamt 1.226,25 stunden finanziell im rahmen der mehrarbeitsvergütung mit insgesamt 19.243,14 eur zu vergüten. 17die beklagte beantragt, 18die klage abzuweisen. 19sie ist der auffassung, gegenstand des zwischen den beteiligten geschlossenen vergleichs sei der antrag des klägers vom 18. mai 2001 und damit bis ins jahr 2001 zurückreichende mögliche ansprüche des klägers. durch seine erklärung, auf „weitergehende ansprüche“ zu verzichten, habe der kläger deshalb nicht nur für den zeitraum 14. juli 2005 bis 31. juli 2006 der höhe nach auf weitergehende ansprüche als angeboten verzichtet, sondern auch für die zeit vor dem 14. juli 2005 gänzlich auf mögliche ansprüche. die annahme, dass sie – die beklagte – einen vergleich nur für die zeit ab dem 14. mai 2005 habe schließen wollen, erscheine als lebensfremd und lasse sich auch dem wortlaut der vereinbarung nicht entnehmen. 20wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte und des beigezogenen verwaltungsvorgangs des oberbürgermeisters der beklagten verwiesen. 21 | 22die klage hat keinen erfolg. sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. der kläger hat keinen anspruch gegen die beklagte auf vergütung der im zeitraum 1. januar 2001 bis 14. juli 2005 über 48 stunden pro woche hinaus erbrachten arbeit nach maßgabe der mehrarbeitsvergütungsverordnung in höhe von insgesamt 19.243,14 eur. 23es kann dahinstehen, ob dem kläger gegenüber der beklagten der klageweise geltend gemachte anspruch ursprünglich zustand. selbst wenn man dies zugunsten des klägers unterstellt, ist dieser anspruch nämlich aufgrund des zwischen den beteiligten geschlossenen öffentlich-rechtlichen vergleichsvertrages mit dem inhalt der verpflichtung der beklagten zur zahlung einer vergütung von insgesamt 1.340,00 eur für im zeitraum 14. juli 2005 bis 31. juli 2006 (eintritt des klägers in den ruhestand) geleistete 24-stunden-schichten gegen verzicht des klägers auf geltendmachung darüber hinausgehender ansprüche auf abgeltung europarechtswidrig zuviel geleisteter arbeit untergegangen. 24zwischen den beteiligten ist durch das schriftliche angebot des oberbürgermeisters der beklagten vom 23. februar 2011 und die schriftliche annahmeerklärung des klägers vom 8. märz 2011 auf der zweitschrift dieses schriftlichen angebots ein öffentlich-rechtlicher vergleichsvertrag gemäß §§ 54, 55 vwvfg nrw mit dem soeben dargelegten inhalt zustande gekommen, welcher auch der von § 57 vwvfg nrw geforderten schriftform genügt. 25das schreiben des oberbürgermeisters der beklagten vom 23. februar 2011 ist als angebot zum abschluss eines vergleichs gemäß § 55 vwvfg nrw anzusehen. es handelt sich nämlich um ein angebot zum abschluss eines öffentlich-rechtlichen vertrages, durch den eine bei verständiger würdigung des sachverhalts oder der rechtslage bestehende ungewissheit durch gegenseitiges nachgeben beseitigt werden sollte, wie sich aus einer auslegung dieses angebots nach maßgabe des § 62 s. 2 vwvfg i.v.m. §§ 133, 157 bgb ergibt. zu den anerkannten auslegungsgrundsätzen gehört es dabei, dass die auslegung in erster linie den wortlaut der jeweiligen erklärung und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten parteiwillen zu berücksichtigen hat, 26vgl. bgh, urteil vom 11. september 2000 - ii zr 34/99 -, njw 2001, 144 f. = juris, rn. 8; 27der erklärende muss sich an dem festhalten lassen, was der empfänger vernünftigerweise verstehen konnte (auslegung nach dem objektiven empfängerhorizont), 28reichold in juris-pk bgb, 7. auflage 2014, § 133, rn. 8; vgl. auch medicus, allgemeiner teil des bgb, 10. aufl. 2010, rn. 323; arnold in: erman, bgb, § 133 rn. 1, 19. 29dies zugrundegelegt ergibt die auslegung des schreibens des oberbürgermeisters der beklagten vom 23. februar 2011 folgendes: das hierin enthaltene angebot bezog sich, wie bereits eingangs des schreibens unzweifelhaft klargestellt, auf den vom kläger im jahr 2001 gestellten – bis dahin noch nicht abschließend beschiedenen – antrag auf ausgleich von unionsrechtswidrig über 48 stunden in der woche hinaus geleistete arbeit. aufhänger dieses angebots war nach den sodann folgenden ausführungen in dem schreiben das urteil des eugh vom 25. november 2010 – c-429/09 -, welches aus sicht des oberbürgermeisters zu einer anderen rechtlichen bewertung als bislang führte, jedoch weiterhin fragen offen ließ, u.a. zum maß einer möglichen abgeltung. den sodann folgenden ausführungen in dem schreiben lässt sich entnehmen, dass die beklagte in rechtlicher hinsicht davon ausging, dass dem kläger allenfalls für die zeit ab dem 14. juli 2005 dem grunde nach ein ausgleichsanspruch zusteht, weil erst ab diesem tag ein anspruchsbegründender qualifizierter verstoß gegen eu-recht anzunehmen sei. auf der basis dieser ausgangslage wird in dem schreiben die bereitschaft formuliert, „auf die neue situation zu reagieren, wenn die anhängigen anträge auf ausgleich der in einer über 48 stunden/woche hinausgehenden arbeitszeit geleisteten arbeitsleistung damit rechtsverbindlich ihre erledigung finden“, und diese bereitschaft konkretisiert durch das durch fettdruck hervorgehobene angebot, dem kläger „für den fall, dass sie dazu bereit sind, auf die geltendmachung weitergehender ansprüche zu verzichten, (…) die im zeitraum 14.07.2005 bis zu ihrem ausscheiden aus dem aktiven dienst, längstens bis 31.12.2006, geleisteten 24-stundenschichten in anlehnung an die seit 01.01.2007 geltende regelung zum opt-out mit 20,00 eur geleisteter schicht zu vergüten (…), was einer vergütung von brutto 1.340,00 eur entspräche.“ das schreiben schließt mit den worten: „sollten sie mit der vorgeschlagenen regelung einverstanden sein und das angebot unter verzicht auf die geltendmachung weitergehender ansprüche annehmen wollen, bitte ich darum dies rechtsverbindlich durch ihre unterschrift auf der zweitschrift zu dokumentieren und diese an mich zurückzusenden.“ 30unter würdigung von wortlaut und des in dem schreiben zum ausdruck kommenden gesamtzusammenhangs scheidet eine auslegung, wonach die beklagte einen vergleich allein betreffend den zeitraum ab dem 14. juli 2005 anbieten wollte aus, wie sich insbesondere aus der formulierung „wenn die anhängigen anträge auf ausgleich der in einer über 48 stunden/woche hinausgehenden arbeitszeit geleisteten arbeitsleistung damit rechtsverbindlich ihre erledigung finden“ ergibt: ein objektiver empfänger dieses schreibens konnte das darin enthaltene angebot unter zusammenfassender würdigung seines inhalts allein und unmissverständlich nur dahin verstehen, dass die beklagte hinsichtlich der gesamten durch den in bezug genommenen antrag des klägers aus dem jahr 2001 geltend gemachten ansprüche sowohl dem grunde als auch der höhe nach eine unklare rechtslage als gegeben sah, für welche sie eine unstreitige regelung mit dem ergebnis einer „rechtsverbindlichen erledigung“ vorschlug. regelungsgegenstand eines möglichen vergleichs sollten damit klar erkennbar sämtliche antragsgegenständlichen ansprüche sein und damit nicht nur mögliche ansprüche ab dem 14. juli 2005, sondern sämtliche denkbaren rückwirkenden ansprüche betreffend über 48 stunden in der woche hinausgehende zuvielarbeit; bereits der antrag des klägers vom 18. mai 2001 beinhaltete nämlich die diesem „auch für die vergangenheit zustehenden“ ansprüche, reichte also in zeitlicher hinsicht unbestimmt in die vergangenheit zurück. vor diesem hintergrund war zugleich klar erkennbar, dass die beklagte in dem datum des 14. juli 2005 nicht eine begrenzung des gegenstandes einer möglichen vergleichsweisen regelung, sondern ein differenzierungskriterium für ein gegenseitiges nachgeben sah: da die beklagte aus der rechtsprechung des eugh abzuleiten glaubte, dass ansprüche des klägers dem grunde nach erst ab dem 14. juli 2005 in betracht kamen, schlug sie der sache nach aus dem gesamtkontext erkennbar ein vollständiges nachgeben des klägers betreffend mögliche ansprüche für die zeit vor diesem datum vor. betreffend mögliche ansprüche ab dem 14. juli 2005, die die beklagte den ausführungen in dem schreiben vom 23. februar 2011 gemäß hingegen als dem grund nach rechtlich tendenziell gegeben, aber dem „maß“, d.h. der höhe nach, für unklar hielt, machte die beklagte ein konkretes berechnungsangebot auf der grundlage der seit dem 1. januar 2007 geltenden sog. opt-out-regelungen. dieses berechnungsangebot lief damit für diesen vorschlagsgegenständlichen teilzeitraum auf ein nachgeben der beklagten in dem maße der vorgeschlagenen abgeltungssumme und auf ein nachgeben des klägers in darüberhinausgehendem maße hinaus. 31vor dem hintergrund dieser auslegung des im schreiben des oberbürgermeisters der beklagten vom 23. februar 2011 enthaltenen angebots ist die auf der zweitschrift dieses schreibens vom kläger abgegebene und unterschriebene erklärung mit dem wortlaut „ich nehme das mir unterbreitete angebot an und verzichte auf die geltendmachung weiterer ansprüche“ auszulegen: die frage, was mit der formulierung „weiterer ansprüche“ gemeint ist, lässt sich nicht isoliert, sondern nur in kenntnis und unter berücksichtigung dessen, was gegenstand des angebots war, auf das sich die annahmeerklärung bezieht, beurteilen. da – wie ausgeführt – entsprechend der vorgenommenen auslegung angebotsgegenstand der beklagten eine vergütung an den kläger in höhe von 1.340,00 eur gegen gleichzeitigen verzicht des klägers sowohl auf hierüber hinaus gehende abgeltungsansprüche für den teilzeitraum ab dem 14. juli 2005 der höhe nach als auch auf etwaige abgeltungsansprüche für den teilzeitraum vor dem 14. juli 2005 bereits dem grunde nach war, um auf diese weise die beabsichtigte „rechtsverbindliche erledigung“ des antrags des klägers vom 18. mai 2001 auf abgeltung von unionsrechtswidrig über 48 stunden hinaus geleisteter zuvielarbeit in gänze herbeizuführen, scheidet bei objektiver betrachtung die annahme, die verzichtserklärung könnte sich allein auf mögliche ansprüche für die zeit erst ab dem 14. juli 2005 beziehen, aus. sofern der kläger dieser erklärung subjektiv einen anderen bedeutungsgehalt beigemessen haben sollte, wäre dies unbeachtlich, da ein anderer bedeutungsgehalt weder in der erklärung nach außen erkennbar zum ausdruck gekommen ist noch sonstige objektive anhaltspunkte für ein anderweitiges verständnis bestanden und bestehen. 32bei dem durch das genannte angebot der beklagten und die diesbezügliche annahmeerklärung des klägers zustandegekommenen vertrag handelt es sich um einen verwaltungsaktsersetzenden öffentlich-rechtlichen vertrag im sinne des § 54 s. 2 vwvfg nrw, weil die behördliche entscheidung über die gewährung von freizeitausgleich bzw. geldentschädigung für unionsrechtswidrig geleistete zuvielarbeit als einzelfallbezogener hoheitsakt grundsätzlich einer regelung durch verwaltungsakt gemäß § 35 s. 1 vwvfg nrw unterliegt, 33vgl. ovg nrw, urteil vom 7. mai 2009 – 1 a 2652/07 -, juris (rn. 27), m.w.n. 34wie sich bereits aus den zum inhalt des vergleichsangebots der beklagten gemachten ausführungen ergibt, handelt es sich dabei zugleich um einen vergleichsvertrag gemäß § 55 vwvfg nrw, durch den eine bei verständiger würdigung des sachverhalts oder der rechtslage bestehende ungewissheit durch gegenseitiges nachgeben beseitigt wird. unter würdigung der im vergleichsangebot gemachten angaben zum ausmaß der ungewissheit, gleichzeitig aber hinreichend bestehender anhaltpunkte für eine bemessung des gegenseitigen nachgebens durfte die beklagte den abschluss des vergleichs im sinne des § 55 vwvfg nrw a.e. auch für zweckmäßig halten; ermessensfehler sind – ungeachtet der frage, was solche rechtlich zur folge hätten – insoweit weder vom kläger vorgebracht noch sonst ersichtlich. 35die gemäß § 57 vwvfg nrw erforderliche schriftform wurde gewahrt. sowohl die unterschrift eines im auftrag des oberbürgermeisters der beklagten handelnden bediensteten unter dem angebot der beklagten vom 23. februar 2011 als auch die unterschrift des klägers unter dessen annahmeerklärung vom 8. märz 2011 zu dem angebot befinden sich auf der zweitschrift des angebotsschreibens, so dass die gemäß § 62 s. 2 vwvfg nrw i.v.m. § 126 abs. 2 s. 1 bgb erforderliche sog. urkundeneinheit besteht. 36nichtigkeitsgründe für den geschlossenen öffentlich-rechtlichen vertrag im sinne des § 59 vwvfg nrw sind nicht ersichtlich. insbesondere folgt eine nichtigkeit nicht aus § 59 abs. 2 nr.2 vwvfg nrw i.v.m. § 2 abs. 3 bbesg bzw. übesg nrw, weil es sich bei einer entschädigung für unionsrechtswidrig zuviel geleistete arbeit nicht um gesetzlich zustehende besoldung handelt. 37die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. der ausspruch über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |
167,380 | 38 O 8/15 | 2015-02-27T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention trägt die Antragstellerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 5.000,00 € abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Sicherheitsleistungen können durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden. 1Tatbestand: 2Die Antragstellerin ist Inhaberin mehrerer im Jahre 2013 angemeldeter Gemeinschaftsgeschmacksmuster für Uhren, darunter die Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit den Nrn. 000000000-000 bis 000, wegen deren genauer Einzelheiten auf die Eintragungen in der Anlage AS 1 verwiesen wird. 3Sie vertreibt unter der Bezeichnung „J“ den Mustern entsprechende Armbanduhren mit nach ihrer Behauptung überragendem Erfolg im Preissegment bis 150,00 €. 4Die Antragsgegnerin hat Armbanduhren für den Vertrieb über die Firmen der B O bzw. B T Firmengruppe eingekauft und vertrieben, die die Antragstellerin als ihre Designrechte verletzende Plagiate einschätzt. 5Einzelne der unter der Bezeichnung „D“ zum Stückpreis von 9,99 € vertriebenen Uhren, wegen deren genauer Gestaltung auf die Abbildungen in der Antragsschrift Bezug genommen wird, vermittelten denselben Gesamteindruck und seien praktisch identisch. Insbesondere die in das Armband integrierte Lünette und der auf das Zifferblatt aufgesetzte helle Reif als charakteristische Merkmale seien gestalterisch identisch übernommen worden. Wie bei den geschützten Mustern entstehe der Eindruck, dass Lünette und Armband aus einem Guss seien. Die Kombination dieser beiden Elemente sei besonders ungewöhnlich und daher im Rahmen des Gesamteindrucks besonders zu gewichten. Die Unterschiede, insbesondere des Zifferblatts seien dagegen ohne gestalterische Bedeutung. 6Die Antragstellerin beantragt den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit folgendem Inhalt: 71. 8Der Antragsgegnerin wird es verboten, 9die nachstehend abgebildeten Armbanduhren einzeln oder in Kombination innerhalb der Europäischen Union anzubieten, zu vertreiben oder sonst in den Verkehr zu bringen, sowie zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen: 10"Bild/Grafik nur in der Originalentscheidung vorhanden" 11und/oder 12"Bild/Grafik nur in der Originalentscheidung vorhanden" 132. 14Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot gem. Ziff. 1. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf und die Ordnungshaft am Vorstand der die persönlich haftende Gesellschafterin der Antragsgegnerin vertretenden Aktiengesellschaft zu vollziehen ist. 153. 16Die Antragsgegnerin wird verurteilt, der Antragstellerin unverzüglich nach Zustellung der einstweiligen Verfügung Auskunft zu erteilen über den Vertriebsweg der Armbanduhren gem. Ziff. 1., und zwar durch Vorlage eines vollständigen Verzeichnisses über 17a. 18Namen und Anschrift aller gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche die Armbanduhren bestimmt waren; 19b. 20die Menge der ausgelieferten Armbanduhren. 21Die Antragsgegnerin beantragt, 22 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. 23Sie trägt vor, angesichts des vorbekannten Formenschatzes fehle den Mustern bereits die erforderliche Neuheit und Eigenart. Zudem vermittelten die beanstandeten Modelle einen wesentlich anderen Gesamteindruck, insbesondere durch das abweichende, verspielt und mit großer Detailfreudigkeit ausgestaltete zweilagige Zifferblatt mit einem anderen Kreis. 24Im Übrigen fehle es an der Dringlichkeit zum Erlass einer einstweiligen Verfügung, da die Antragstellerin jedenfalls seit Oktober 2014 Kenntnis von der bereits im März 2014 erfolgten Uhrenaktion habe. 25Die Antragsgegnerin hat ihrer Lieferantin den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Antragsgegnerin beigetreten. 26Die Streithelferin beantragt, 27 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen. 28Sie wiederholt und vertieft das Vorbringen der Antragsgegnerin, insbesondere auch zu den Merkmalen, die den Gesamteindruck des Musters prägen und zur Frage des vorbekannten Formenschatzes. 29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen. 30Entscheidungsgründe: 31Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet. 32Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Unterlassung des im Antrag zu 1. beschriebenen Verhaltens gemäß Artikel 89 Abs. 1, 90 GGMVO, §§ 38, 42 DesignG. 33Die Antragstellerin ist zwar Inhaberin der eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit den Nrn. 000000000-000 und -000, für deren Rechtsgültigkeit zunächst die Vermutung aus Artikel 85 GGMVO spricht. Der allerdings im vorläufigen Verfahren zulässige Nichtigkeitseinwand erscheint jedoch bereits berechtigt. Gemeinschaftsgeschmacksmuster sind nur schutzfähig, wenn sie zur Zeit der Eintragung als neu und eigenartig anzusehen waren. Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster gilt dann als neu, wenn der Öffentlichkeit vor der Anmeldung zur Eintragung kein identisches Geschmacksmuster zugänglich gemacht worden ist, Artikel 5 GGMVO. Identität liegt auch dann vor, wenn sich Muster nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden. 34Eigenart hat ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster bei diesem Benutzer hervorruft, wobei bei der Beurteilung der Eigenart der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmuster zu berücksichtigen ist, Artikel 6 GGMVO. Eigenart liegt demnach nur dann vor, wenn keines der vorbekannten Muster alle prägenden Merkmale des eingetragenen Musters aufweist oder vorbekannte Muster prägende Merkmale aufweisen, die dem eingetragenen Muster fehlen. 35Prägende Merkmale des Musters der Antragstellerin sind die integrative Gestaltung von Uhr und Armband im Sinne einer übergangslosen Einbindung von Lünette und Armband einerseits, andererseits aber auch des Uhrglases. Darüber hinaus entspricht die Farbe des Zifferblattes derjenigen des Armbands. Ein heller Reif trennt Zifferblatt und Glas. Zifferblatt und Zeiger sind „minimalistisch“ gehalten. An der für die Angabe 3 vorgesehenen Stelle findet sich die Buchstabenfolge „J“ in Druckbuchstaben. 36Mit für den Gesamteindruck unwesentlichen Abweichungen weist diese Merkmale auch das Uhrenmodell „C“ auf. Bis auf die unterschiedliche Markenangabe, die Form des Sekundenzeigers und geringfügigen Proportionsverschiebungen entsprechen die Uhrmodelle einander. Insbesondere ist auch der Reif – sei er aus technischen Gründen notwendig oder nicht – vorhanden. Der Reif tritt zwar bei den Mustern der Antragstellerin deutlicher hervor. Dieser Umstand ist allerdings für den Gesamteindruck des auf notwendige Details beschränkten Designs, das einen minimalistischen Eindruck erweckt, von eher untergeordneter Bedeutung. Der Breite des ansonsten lediglich hell gehaltenen Reifs kommt im Rahmen der Gesamtbetrachtung kein herausragendes Gewicht zu. Die Inaugenscheinnahme des Modells, das dem geschützten Muster entspricht, und des Modells „C“ hat ergeben, dass zwar die Gestaltung des Uhrglases unterschiedlich ist. Auch dieser Unterschied ist jedoch für den Gesamteindruck nicht maßgebend. Das Modell „C“ weist nur eine geringfügig höhere Verformung des Uhrglases auf. 37Vor dem Hintergrund des übrigen Formenschatzes, der auch bereits nahe an die Muster der Antragstellerin heranreichende Gestaltungen von Armbanduhren wie beispielsweise der Firma T und der Firma B umfasst, ist das Modell der Firma C als einen identischen Gesamteindruck vermittelnd anzusehen. 38Die Streithelferin hat ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass dieses Uhrenmodell bereits im Jahr 2012, also vor der Anmeldung der Muster der Antragstellerin, der Öffentlichkeit zugänglich war. Die Ausdrucke der Plattform B, der Zeitschrift „T“ und des bis auf die farbliche Gestaltung des Zifferblattes identischen Gemeinschaftsgeschmacksmusters 000000000-0000 aus dem Jahre 2011 lassen im derzeitigen Verfahrensstadium die Beurteilung der Priorität als ausreichend gesichert erscheinen. Bei dieser Situation bedarf es keiner Entscheidung, ob die Antragstellerin die den Mustern entsprechenden Uhren selbst bereits neuheitsschädlich vor der Anmeldung der Gemeinschaftsgeschmacksmuster vertrieben hat. 39Da somit der Nichtigkeitseinwand als berechtigt anzusehen ist, muss nicht die ebenfalls als zweifelhaft zu beurteilende Frage der Nachahmung der Muster durch die von der Antragsgegnerin und der Streithelferin vertriebenen Uhren entschieden werden. 40Mangels Unterlassungsanspruch besteht auch kein Anspruch auf Erteilung weiterer Auskünfte. 41Ob die zum Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch gegeben ist, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung. 42Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 und 101 ZPO. 43Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 6 und 711 ZPO. 44Der Streitwert wird auf 250.000,00 € festgesetzt. | der antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung wird abgelehnt. die kosten des verfahrens einschließlich der kosten der nebenintervention trägt die antragstellerin. das urteil ist vorläufig vollstreckbar. die antragstellerin kann die zwangsvollstreckung durch sicherheitsleistung oder hinterlegung in höhe von 5.000,00 € abwenden, wenn nicht die vollstreckende partei vorher in gleicher höhe sicherheit leistet. sicherheitsleistungen können durch selbstschuldnerische bürgschaft einer in der bundesrepublik deutschland ansässigen bank oder sparkasse erbracht werden. 1 | 2die antragstellerin ist inhaberin mehrerer im jahre 2013 angemeldeter gemeinschaftsgeschmacksmuster für uhren, darunter die gemeinschaftsgeschmacksmuster mit den nrn. 000000000-000 bis 000, wegen deren genauer einzelheiten auf die eintragungen in der anlage as 1 verwiesen wird. 3sie vertreibt unter der bezeichnung „j“ den mustern entsprechende armbanduhren mit nach ihrer behauptung überragendem erfolg im preissegment bis 150,00 €. 4die antragsgegnerin hat armbanduhren für den vertrieb über die firmen der b o bzw. b t firmengruppe eingekauft und vertrieben, die die antragstellerin als ihre designrechte verletzende plagiate einschätzt. 5einzelne der unter der bezeichnung „d“ zum stückpreis von 9,99 € vertriebenen uhren, wegen deren genauer gestaltung auf die abbildungen in der antragsschrift bezug genommen wird, vermittelten denselben gesamteindruck und seien praktisch identisch. insbesondere die in das armband integrierte lünette und der auf das zifferblatt aufgesetzte helle reif als charakteristische merkmale seien gestalterisch identisch übernommen worden. wie bei den geschützten mustern entstehe der eindruck, dass lünette und armband aus einem guss seien. die kombination dieser beiden elemente sei besonders ungewöhnlich und daher im rahmen des gesamteindrucks besonders zu gewichten. die unterschiede, insbesondere des zifferblatts seien dagegen ohne gestalterische bedeutung. 6die antragstellerin beantragt den erlass einer einstweiligen verfügung mit folgendem inhalt: 71. 8der antragsgegnerin wird es verboten, 9die nachstehend abgebildeten armbanduhren einzeln oder in kombination innerhalb der europäischen union anzubieten, zu vertreiben oder sonst in den verkehr zu bringen, sowie zu den vorgenannten zwecken zu besitzen: 10"bild/grafik nur in der originalentscheidung vorhanden" 11und/oder 12"bild/grafik nur in der originalentscheidung vorhanden" 132. 14der antragsgegnerin wird für jeden fall der zuwiderhandlung gegen das verbot gem. ziff. 1. ein ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise ordnungshaft, oder ordnungshaft bis zu sechs monaten angedroht, wobei die ordnungshaft insgesamt zwei jahre nicht übersteigen darf und die ordnungshaft am vorstand der die persönlich haftende gesellschafterin der antragsgegnerin vertretenden aktiengesellschaft zu vollziehen ist. 153. 16die antragsgegnerin wird verurteilt, der antragstellerin unverzüglich nach zustellung der einstweiligen verfügung auskunft zu erteilen über den vertriebsweg der armbanduhren gem. ziff. 1., und zwar durch vorlage eines vollständigen verzeichnisses über 17a. 18namen und anschrift aller gewerblichen abnehmer und verkaufsstellen, für welche die armbanduhren bestimmt waren; 19b. 20die menge der ausgelieferten armbanduhren. 21die antragsgegnerin beantragt, 22 den antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung zurückzuweisen. 23sie trägt vor, angesichts des vorbekannten formenschatzes fehle den mustern bereits die erforderliche neuheit und eigenart. zudem vermittelten die beanstandeten modelle einen wesentlich anderen gesamteindruck, insbesondere durch das abweichende, verspielt und mit großer detailfreudigkeit ausgestaltete zweilagige zifferblatt mit einem anderen kreis. 24im übrigen fehle es an der dringlichkeit zum erlass einer einstweiligen verfügung, da die antragstellerin jedenfalls seit oktober 2014 kenntnis von der bereits im märz 2014 erfolgten uhrenaktion habe. 25die antragsgegnerin hat ihrer lieferantin den streit verkündet. diese ist dem rechtsstreit auf seiten der antragsgegnerin beigetreten. 26die streithelferin beantragt, 27 den antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung zurückzuweisen. 28sie wiederholt und vertieft das vorbringen der antragsgegnerin, insbesondere auch zu den merkmalen, die den gesamteindruck des musters prägen und zur frage des vorbekannten formenschatzes. 29wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gewechselten schriftsätze und deren anlagen verwiesen. 30 | 31der antrag auf erlass einer einstweiligen verfügung ist unbegründet. 32die antragstellerin hat gegen die antragsgegnerin keinen anspruch auf unterlassung des im antrag zu 1. beschriebenen verhaltens gemäß artikel 89 abs. 1, 90 ggmvo, §§ 38, 42 designg. 33die antragstellerin ist zwar inhaberin der eingetragenen gemeinschaftsgeschmacksmuster mit den nrn. 000000000-000 und -000, für deren rechtsgültigkeit zunächst die vermutung aus artikel 85 ggmvo spricht. der allerdings im vorläufigen verfahren zulässige nichtigkeitseinwand erscheint jedoch bereits berechtigt. gemeinschaftsgeschmacksmuster sind nur schutzfähig, wenn sie zur zeit der eintragung als neu und eigenartig anzusehen waren. ein gemeinschaftsgeschmacksmuster gilt dann als neu, wenn der öffentlichkeit vor der anmeldung zur eintragung kein identisches geschmacksmuster zugänglich gemacht worden ist, artikel 5 ggmvo. identität liegt auch dann vor, wenn sich muster nur in unwesentlichen einzelheiten unterscheiden. 34eigenart hat ein gemeinschaftsgeschmacksmuster, wenn sich der gesamteindruck, den es beim informierten benutzer hervorruft, von dem gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes geschmacksmuster bei diesem benutzer hervorruft, wobei bei der beurteilung der eigenart der grad der gestaltungsfreiheit des entwerfers bei der entwicklung des geschmacksmuster zu berücksichtigen ist, artikel 6 ggmvo. eigenart liegt demnach nur dann vor, wenn keines der vorbekannten muster alle prägenden merkmale des eingetragenen musters aufweist oder vorbekannte muster prägende merkmale aufweisen, die dem eingetragenen muster fehlen. 35prägende merkmale des musters der antragstellerin sind die integrative gestaltung von uhr und armband im sinne einer übergangslosen einbindung von lünette und armband einerseits, andererseits aber auch des uhrglases. darüber hinaus entspricht die farbe des zifferblattes derjenigen des armbands. ein heller reif trennt zifferblatt und glas. zifferblatt und zeiger sind „minimalistisch“ gehalten. an der für die angabe 3 vorgesehenen stelle findet sich die buchstabenfolge „j“ in druckbuchstaben. 36mit für den gesamteindruck unwesentlichen abweichungen weist diese merkmale auch das uhrenmodell „c“ auf. bis auf die unterschiedliche markenangabe, die form des sekundenzeigers und geringfügigen proportionsverschiebungen entsprechen die uhrmodelle einander. insbesondere ist auch der reif – sei er aus technischen gründen notwendig oder nicht – vorhanden. der reif tritt zwar bei den mustern der antragstellerin deutlicher hervor. dieser umstand ist allerdings für den gesamteindruck des auf notwendige details beschränkten designs, das einen minimalistischen eindruck erweckt, von eher untergeordneter bedeutung. der breite des ansonsten lediglich hell gehaltenen reifs kommt im rahmen der gesamtbetrachtung kein herausragendes gewicht zu. die inaugenscheinnahme des modells, das dem geschützten muster entspricht, und des modells „c“ hat ergeben, dass zwar die gestaltung des uhrglases unterschiedlich ist. auch dieser unterschied ist jedoch für den gesamteindruck nicht maßgebend. das modell „c“ weist nur eine geringfügig höhere verformung des uhrglases auf. 37vor dem hintergrund des übrigen formenschatzes, der auch bereits nahe an die muster der antragstellerin heranreichende gestaltungen von armbanduhren wie beispielsweise der firma t und der firma b umfasst, ist das modell der firma c als einen identischen gesamteindruck vermittelnd anzusehen. 38die streithelferin hat ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass dieses uhrenmodell bereits im jahr 2012, also vor der anmeldung der muster der antragstellerin, der öffentlichkeit zugänglich war. die ausdrucke der plattform b, der zeitschrift „t“ und des bis auf die farbliche gestaltung des zifferblattes identischen gemeinschaftsgeschmacksmusters 000000000-0000 aus dem jahre 2011 lassen im derzeitigen verfahrensstadium die beurteilung der priorität als ausreichend gesichert erscheinen. bei dieser situation bedarf es keiner entscheidung, ob die antragstellerin die den mustern entsprechenden uhren selbst bereits neuheitsschädlich vor der anmeldung der gemeinschaftsgeschmacksmuster vertrieben hat. 39da somit der nichtigkeitseinwand als berechtigt anzusehen ist, muss nicht die ebenfalls als zweifelhaft zu beurteilende frage der nachahmung der muster durch die von der antragsgegnerin und der streithelferin vertriebenen uhren entschieden werden. 40mangels unterlassungsanspruch besteht auch kein anspruch auf erteilung weiterer auskünfte. 41ob die zum erlass einer einstweiligen verfügung erforderliche dringlichkeit im zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung noch gegeben ist, bedarf ebenfalls keiner entscheidung. 42die kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 und 101 zpo. 43die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 nr. 6 und 711 zpo. 44der streitwert wird auf 250.000,00 € festgesetzt. | Verklagte*r | 0 |
330,994 | 1 K 27/18.A | 2020-08-17T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand: 2Der nicht durch amtliche Dokumente seines Heimatlands ausgewiesene, seinen Angaben zufolge am ZZ.ZZ.ZZZZ, anderen Angaben zufolge am AA.AA.AAAA geborene Kläger stammt aus Somalia. Seinen Ende Juni 2016 gestellten Asylantrag begründete er anlässlich seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) im Kern wie folgt: Er gehöre zum Clan Gadeeroole, Unterclan Cawro Maleh, und stamme aus Buulo Haji, Region Lower Juba (Jubbada Hoose). Dort hätten bis zu seiner Ausreise auch seine Mutter und seine Geschwister sowie weitere Angehörige seiner Großfamilie gelebt. Sein Vater sei 2014 gestorben. Er habe weder einen Beruf erlernt noch gearbeitet. Somalia habe er aus Angst vor Verfolgung durch die al-Shabaab-Miliz verlassen. Angehörige dieser Miliz hätten ihn im Juli 2014 zusammen mit anderen Jugendlichen entführt. Sie seien in ein Lager der al-Shabaab verbracht und dort festgehalten worden. Er habe dort 29 Tage verbracht. Dann sei ihm eines Nachts die Flucht gelungen. Sie seien auf Nomaden getroffen, die ihnen erzählt hätten, dass Buulo Haji etwa 10 km entfernt liege. Sie seien dann weiter gegangen. Zu Hause angekommen habe seine Mutter ihm etwas Kleingeld für seine Ausreise aus Somalia gegeben. Er sei dann in ein Fahrzeug gestiegen und ausgereist. 3Mit Bescheid vom 30. November 2017 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen. Darüber hinaus drohte das Bundesamt dem Kläger die Abschiebung nach Somalia an und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. 4Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 3. Januar 2018 Klage erhoben. Der angefochtene Bescheid sei ihm erst am 28. Dezember 2017 zugestellt worden. Dieses Datum hat der Kläger später auf den 20. Dezember 2017 korrigiert. Zur weiteren Begründung seiner Klage hat er sein Vorbringen vor dem Bundesamt insbesondere wie folgt ergänzt: Er und zwei weitere Neuankömmlinge hätten beschlossen, aus dem Lager zu fliehen. Sie hätten eine Gelegenheit beim Holzholen genutzt, als es bereits dunkel gewesen sei. An diesem Tag sei ihr Begleiter von der al-Shabaab unaufmerksam gewesen, so dass es ihnen gelungen sei, sich unbemerkt davon zu schleichen. 5Der Kläger beantragt, 6die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 1 und 3 bis 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. November 2017 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG für Somalia vorliegen. 7Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 8die Klage abzuweisen, 9und bezieht sich zur Begründung auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid. 10Mit Beschluss vom 9. September 2019 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Dieser hat mit Beschluss vom 3. April 2020 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers abgelehnt. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts-akte, den Verwaltungsvorgang des Bundesamts (zwei Dateien) und die Ausländerakte des Klägers (ein Hefter) Bezug genommen. 12Entscheidungsgründe: 13Das Gericht kann trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung treffen, da diese ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen wurde, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. 14A) Die Klage ist zulässig, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG) erhoben. Aufgrund der vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 8. November 2019 und dem von ihm vorgelegten Aktenvermerk einer Mitarbeiterin seiner Prozessbevollmächtigten vom 3. Januar 2018 steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihm der angefochtene Bescheid erst am 20. Dezember 2017 zugestellt wurde. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei bereits am 1. Dezember 2017 zur Post gegeben worden. Jedoch ist gerade in der Weihnachtszeit eine längere Postlaufzeit nicht ausgeschlossen. Eine Zustellungsurkunde liegt nicht vor. Das Datum der Zustellung ist auch nicht auf dem vom Kläger in Kopie vorgelegten Umschlag vermerkt, in dem der angefochtene Bescheid übersandt wurde. Weitere Möglichkeiten, das Datum der Zustellung aufzuklären, liegen nicht vor. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2019 sinngemäß vorgetragen, die Deutsche Post AG habe die den streitgegenständlichen Zustellungsauftrag betreffenden Daten bereits gelöscht. 15B) Die Klage ist aber unbegründet. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Die Abschiebungsandrohung und die vom Bundesamt verfügte Anordnung eines auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht zu beanstanden. 16I. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft steht dem Kläger nicht zu. Es lässt sich nicht feststellen, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Somalia mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit 17- zur Anwendbarkeit dieses Maßstabs vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377, Rn. 18 ff., und vom 1. März 2012 - 10 C 7.11 -, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 43 (juris Rn. 12); OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2013 - 8 A 2632/06.A -, juris Rn. 255 ff. - 18Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG droht. Auf die Verhältnisse in Somalia ist abzustellen, weil das Gericht aufgrund der insoweit glaubhaften Angaben des Klägers davon überzeugt ist, dass er aus Buulo Haji (auch Buulo Haaji, Buulo Xaaji), Region Lower Juba, Somalia stammt und die somalische Staatsangehörigkeit besitzt. Davon geht ausweislich des angefochtenen Bescheids auch das Bundesamt aus. 19Beachtlich wahrscheinlich sind Verfolgungsmaßnahmen, wenn bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende Betrachtung im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. 20Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67, Rn. 32. 21Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (ABl. L 337, S. 9; sog. Qualifikationsrichtlinie, im Folgenden: RL 2011/95/EU) bestimmt ergänzend, dass die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde bzw. von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Flucht des Klägers vor Verfolgung begründet ist; es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung in Form einer widerlegbaren tatsächlichen Vermutung, indem sie in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beimisst. Dadurch werden vorverfolgte Asylbewerber von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden Umstände bei Rückkehr in ihr Herkunftsland erneut realisieren. Es gelten nicht die strengeren Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind. Die gemäß Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU begründete Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung. 22Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 ‑ 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377, Rn. 18 ff. 23Nach diesem Maßstab erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht. Bezugsort für die erforderliche Gefahrenprognose ist der Ort, an den der Kläger im Falle seiner Rückkehr voraussichtlich zurückkehren würde. Dass ist in der Regel die Herkunftsregion 24- vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - C-465/07 (Elgafaji) -, NVwZ 2009, 705, Rn. 40; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 13 f. (jeweils in Bezug auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus) -, 25im vorliegenden Fall also Buulo Haji und die Region Lower Juba. Die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU kommt dem Kläger nicht zugute, weil er zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia dort weder i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG verfolgt wurde noch unmittelbar von Verfolgung bedroht war. Anknüpfend daran ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Somalia dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erstmals Verfolgung ausgesetzt sein wird. 261. Die vom Kläger geschilderten Ereignisse vor seiner Ausreise aus Somalia begründen keine Vorverfolgung. Das Gericht vermag sich nicht davon zu überzeugen (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass diese Vorkommnisse sich tatsächlich wie von ihm geschildert ereignet haben. Vielmehr ist das Gericht aus den nachstehend dargelegten Gründen davon überzeugt, dass sein diesbezügliches Vorbringen nicht glaubhaft ist: 27a) Schon die Angaben des Klägers zur Person sind widersprüchlich: Das betrifft zunächst das Geburtsdatum des Klägers. In einem in der Ausländerakten enthaltenen, am 1. Juli 2015 vom Kläger ausgefüllten Selbstauskunftsbogen hat der Kläger sein Geburtsdatum mit XX.XX.XXXX angegeben. Danach wäre er zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig gewesen. Im Folgenden hat der Kläger dagegen stets den YY.YY.YYYY als Geburtsdatum angegeben. In der mündlichen Verhandlung hat er auf Nachfrage bestätigt, dass er am ZZ.ZZ.ZZZZ geboren sei. Auf die weitere Frage, warum er Anfang Juli 2015 ein anderes Geburtsdatum angegeben habe, hat der Kläger geantwortet: 28"Ich wollte mich jünger machen." 29Ebenfalls widersprüchlich sind die Angaben zur Clanzugehörigkeit des Klägers. In einem weiteren in der Ausländerakte befindlichen, undatierten Selbstauskunftsbogen hat der Kläger unter der Rubrik "Qabiiladaada" (qaabiil = Clanfamilie, vgl. https://de. wikipedia.org/ wiki/Clansystem_der_Somali) seine Clanzugehörigkeit mit "Jiidle" angegeben. Dagegen hat er anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er zum Clan Cawro Maleh bzw. Awro Male gehöre. In der mündlichen Verhandlung hat er auf Nachfrage, wie er sich diese abweichenden Angaben erkläre, zunächst geantwortet: 30"Das ist meine Schrift. Ich habe die Frage nicht verstanden und dort etwas Falsches hingeschrieben." 31Im Unklaren bleibt, inwiefern der Selbstauskunftsbogen missverständlich gewesen sein soll, da dort in der angegebenen Rubrik nur mit genau einem Wort nach der "Qabiiladaada" gefragt war. Bevor das Gericht eine entsprechende Nachfrage an den Kläger richten konnte, ergänzte der Kläger von sich aus: 32"Das ist ein Sub-Clan der Awro Male." 33Dies widerspricht indes seiner vorherigen Einlassung, er habe die Frage nicht verstanden, und trifft auch inhaltlich nicht zu. Der Begriff "Shiidle" ist eine von vielen Bezeichnungen (z.B. Jareer, Gosha oder Mushungli) für Angehörige der somalischen Bantu. 34Vgl. Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (ACCORD), Clans in Somalia, Dezember 2009, S. 18; Bundesamt, Minderheiten in Somalia, Juli 2010, S. 4 f.; United Kingdom Home Office (UKHO), Somalia: Majority Clans and minority groups in south and central Somalia, Januar 2019, S. 20 f. 35Dagegen werden die Awro Male (auch: Cawramale oder Awramale) entweder der Clanfamilie der Darod oder der Clanfamilie der Hawiye zugeordnet. 36Vgl. ACCORD, Somalia: Information zu einem Clan namens Cawramale (auch Awramale), 15. Juli 2016. 37Auch die Angaben des Klägers zu seiner in Somalia ausgeübten Tätigkeit sind widersprüchlich. Anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt heißt es diesbezüglich: 38"Einen Beruf habe ich nicht erlernt und auch nicht gearbeitet." 39Dagegen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, ob er in Somalia gearbeitet habe, geantwortet: 40"Ja, in einer Autowerkstatt. Ich habe geholfen, Motoren auszuwechseln und Autos zu reparieren." 41Diese Angaben sind offensichtlich nicht miteinander zu vereinbaren. 42b) Die Angaben des Klägers zu einem Teil des von ihm berichteten Kerngeschehens, seiner angeblichen Flucht aus einem Lager der al-Shabaab, sind widersprüchlich. Anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt hat der Kläger diesbezüglich angegeben: 43"… Wir sind nachts von dort abgehauen. …" 44In der Klagebegründung hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers hierzu wie folgt vorgetragen: 45"Sie nutzten eine Gelegenheit beim Holz holen, als es bereits dunkel war. Sie waren zu mehreren Personen, die mit Holzholen beauftragt waren. An dem Tag als die Flucht möglich war, war der Begleiter der Miliz unaufmerksam, so dass es dem Kläger und den beiden weiteren Jungen gelang, sich unbemerkt davon zu schleichen auf einem Weg, den sie zuvor unauffällig hatten auskundschaften können." 46Dieser Schilderung lag - wie die Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung erklärt hat - ein Gespräch mit dem Kläger zugrunde, bei dem ein Bekannter des Klägers als Dolmetscher fungierte. Dagegen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung seine angebliche Flucht aus dem Lager der al-Shabaab wie folgt geschildert: 47"Es war in der Nacht. Die meisten AS-Kämpfer waren nicht da. Einer, der uns bewacht hatte, ist mit uns geflohen. Die meisten im Lager haben geschlafen. Damit man uns nicht hört, sind wir einzeln aus dem Lager rausgegangen. Wir sind nicht in die Richtung der Kämpfe gegangen, sondern in die andere Richtung. Gemeinsam irgendwann haben wir ein Feuer gesehen. Das waren die Nomaden." 48Diese Angaben sind in zweifacher Hinsicht widersprüchlich. Dies betrifft zunächst den Anlass, bei dem die Flucht erfolgt sein soll. Laut der schriftlichen Schilderung seiner Prozessbevollmächtigten soll die Flucht anlässlich des Sammelns von Brennholz erfolgt sein. Dagegen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Frage seiner Prozessbevollmächtigten, ob er beim Brennholzsammeln geflüchtet sei, geantwortet: 49"Ich habe beim Brennholzsammeln oft an Flucht gedacht. Ich bin aber nicht geflohen, weil ich beim Sammeln allein war und Angst hatte, mich zu verlaufen." 50Zudem war anlässlich der Anhörung vor dem Bundesamt keine Rede davon, dass einer der Bewacher zu den flüchtenden Personen gehörte. In der schriftlichen Darstellung der Prozessbevollmächtigten, wird ein Bewacher sogar ausdrücklich erwähnt; die Flucht sei möglich gewesen, weil dieser unaufmerksam gewesen sei. Erstmals in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erwähnt, dass ein Bewacher zusammen mit dem Kläger und einer weiteren Person geflüchtet sei. Da dieser Umstand geeignet ist, maßgeblich zum Erfolg einer Flucht beizutragen, ist unerklärlich, dass der Kläger diesen Umstand nicht schon eher erwähnt hat. 51Darüber hinaus widerspricht sich der Vortrag des Klägers zu seiner Flucht auch bezüglich seiner Rückkehr nach Buulo Haji nach einem Zusammentreffen mit Nomaden. Anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt hat der Kläger hierzu erklärt: 52"… Wir haben dann Nomaden getroffen, wir fragten sie, wo die nächste Stadt wäre. Die haben uns unseren Heimatort erzählt, dass es zehn Kilometer entfernt ist, den Ort Buulo Haji. Wir sind dann weiter gegangen. …" 53Dagegen hat er in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, ob sie vom Lager der Nomaden aus mit einem Fahrzeug nach Buulo Haji gefahren seien oder ob sie zu Fuß dorthin gegangen sei, geantwortet: 54"Wir sind mit einem Fahrzeug gefahren. Die Fahrt hat etwa vier Stunden gedauert." 55Schließlich sind auch die Angaben des Klägers zum Sammeln von Brennholz während seiner angeblichen Gefangenschaft widersprüchlich. Anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt hat der Kläger sich hierzu wie folgt eingelassen: 56"Einer von denen ging mit und hat dann immer gesagt: Nehmt dies und das." 57Dagegen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung - wie bereits dargelegt - ausgeführt, dass er alleine Holz gesammelt habe und schon deshalb nicht anlässlich des Sammelns von Brennholz geflohen sei. 58Die vorstehend aufgeführten Widersprüche wurden dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgehalten, konnten von ihm aber nicht ausgeräumt werden. Auf die Frage, warum er vor dem Bundesamt nicht angegeben habe, dass er zusammen mit einem seiner Bewacher geflüchtet sei, hat der Kläger geantwortet: 59" Ich habe immer nur auf die Fragen geantwortet, die man mir gestellt hat." 60Diese Antwort ist angesichts dessen, dass er aufgefordert worden war, seine Flucht aus der Gefangenschaft detailliert zu schildern, nicht nachvollziehbar. Auf Vorhalt, dass ihm eine derart offen formulierte Frage ermöglicht hätte anzugeben, dass er zusammen mit einem Bewacher geflüchtet sei, entgegnete der Kläger: 61" Ich habe heute nur das erzählt, was ich miterlebt habe." 62Dies ist ebenfalls nicht überzeugend, weil diese Antwort nicht auf die Fragestellung eingeht. 63Außerdem wurde dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgehalten, dass er anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt gesagt habe, dass Nomaden ihm und seinen Begleitern erzählt hätten, dass Buulo Haji nur 10 km entfernt liege und sie dann dorthin gegangen (und nicht gefahren) seien. Dies hat er in Abrede gestellt, obwohl ihm die entsprechende Passage aus der Niederschrift der Anhörung vor dem Bundesamt vorgelesen wurde. Aus dem zur Niederschrift gehörenden Kontrollbogen ergibt sich zudem, dass dem Kläger die Anhörung rückübersetzt wurde. Dies hat der Kläger durch seine Unterschrift bestätigt. Angesichts dessen ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Kläger es unterlassen hat, die von ihm in der mündlichen Verhandlung monierte fehlerhafte Protokollierung seiner Angaben zu rügen. Damit konfrontiert, hat er in der mündlichen Verhandlung angegeben: 64"Wahrscheinlich war ich bei der Rückübersetzung nicht aufmerksam genug." 65Diese Einlassung ist angesichts der Offensichtlichkeit der angesprochenen Widersprüche und der Bedeutung der persönlichen Anhörung für die Entscheidung des Bundesamts (und des Gerichts) nicht nachvollziehbar. 66Aufgrund einer Gesamtschau der vorstehend dargelegten Widersprüche gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass der Kläger nicht über tatsächliche Erlebnisse berichtet hat, sondern er sich eine "Geschichte" ausgedacht hat, um seinen Verbleib in Deutschland zu ermöglichen. Der Umstand, dass er seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge bewusst ein falsches Geburtsdatum angegeben hat, um jünger zu erscheinen (und dadurch in den Genuss einer Förderung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz zu kommen), beweist, dass der Kläger bereit ist, die Unwahrheit zu sagen, wenn er sich dafür Vorteile für seinen Verbleib in Deutschland verspricht. 672. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia an seinem letzten Wohnort in Buulo Haji aus anderen Gründen Verfolgungshand-lungen i.S.d. § 3a AsylG ausgesetzt war oder dass er im Falle seiner Rückkehr dort-hin solchen Handlungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erstmals ausgesetzt sein wird, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Aufgrund seiner Clanzugehörigkeit ergibt sich eine solche Verfolgungsgefahr jedenfalls nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob er dem Clan der Awro Male oder den Shiidle angehört. Der Kläger hat sich schon selbst nicht darauf berufen, aufgrund seiner Clanzugehörigkeit verfolgt worden zu sein. 68II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Als ernsthafter Schaden gelten gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). §§ 3c bis 3e AsylG gelten entsprechend (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG), wobei an die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung bzw. der begründeten Furcht vor Verfolgung die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens und an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft der subsidiäre Schutz treten (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AsylG). 69Ein ernsthafter Schaden droht dem Kläger in Somalia nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. 70Zur Anwendbarkeit dieses Maßstabs auf die Gewährung subsidiären Schutzes vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010- 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377, Rn. 18 ff. zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010- 8 A 4063/06.A -, juris Rn. 35 ff zu § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2AufenthG a.F. 71Dabei kann das Gericht zu seinen Gunsten unterstellen, dass er zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Somalia unmittelbar von einem ernsthaften Schaden bedroht war. Trotzdem kommt dem Kläger die somit anwendbare Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU nicht zugute. Zwar gilt diese Beweiserleichterung, wie sich aus ihrer Stellung in Kapitel II dieser Richtlinie ("Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz") ergibt, auch für die Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes. Jedoch ist die durch Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU begründete widerlegliche Vermutung hier wiederlegt, weil im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass er (erneut) von einem solchen Schaden bedroht wird. 721. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung lässt sich nicht (mehr) feststellen, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Buulo Haji, Region Lower Juba, infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt sein wird. Diese Norm entspricht trotz geringfügig abweichender Formulierung den Vorgaben des Art. 15 lit. c) RL 2011/95/EU und ist in deren Sinne auszulegen. 73Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 14) zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. und Art. 15 RL 2004/83/EG, sowie vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 16. 74a) Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liegt vor, wenn die regulären Streitkräfte eines Staats auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen. Nicht erforderlich ist, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts als bewaffneter Konflikt, der keinen internationalen Charakter aufweist, einzustufen ist. Auf einen bestimmten Organisationsgrad der beteiligten bewaffneten Kräfte kommt es ebenso wenig an wie auf eine bestimmte Dauer des Konflikts. Eine besondere Intensität des Konflikts ist ebenfalls nicht Voraussetzung. Letztere ist nur bei der Frage zu berücksichtigen, ob der Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass er zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit von Zivilpersonen führt. 75Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - C-285/12 (Diakité) -, NVwZ 2014, 573, Rn. 20 ff. zu Art. 15 RL 2004/83/EG; a.A. (Orientierung am humanitären Völkerrecht) noch BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198, Rn. 19 ff., sowie vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, Rn. 22 f., jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. 76b) Eine ernsthafte individuelle Bedrohung für Leib oder Leben i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegt nicht schon dann vor, wenn ein bewaffneter Konflikt zu einer permanenten Gefährdung der Bevölkerung und schweren Menschenrechtsverletzungen führt. 77Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -,InfAuslR 2014, 233 (juris Rn. 24). 78Erforderlich ist vielmehr, dass sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende - und damit allgemeine - Gefahr in der Person des Klägers zu einer individuellen Gefahr verdichtet. 79BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198, Rn. 34, und vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 17), jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., sowie vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 19. 80Eine solche Verdichtung zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung für Leib oder Leben kann insbesondere auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruhen. Dies sind solche Umstände, die bestimmte Personen von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere Personen, etwa weil sie von Berufs wegen gezwungen sind, sich nahe an möglichen Gefahrenquellen aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer eine Person zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen ihres Berufs, ihrer religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt. 81Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - C-465/07 (Elgafaji) -, NVwZ 2009, 705, Rn. 39 zu Art. 15 RL 2004/83/EG; BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, Rn. 33, und vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 18), jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., sowie vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 20. 82Eine Individualisierung der durch einen bewaffneten Konflikt hervorgerufenen allgemeinen Gefahr kann im Ausnahmefall auch dann anzunehmen sein, wenn gefahrerhöhende persönliche Umstände fehlen. Davon ist aber nur dann auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei ihrer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene (Herkunfts-) Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Dementsprechend hängt das für eine Bejahung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderliche Niveau willkürlicher Gewalt davon ab, ob gefahrerhöhende persönliche Umstände vorliegen oder nicht: Liegen keine solchen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen solche Umstände vor, kann auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt genügen. 83Vgl. EuGH, Urteile vom 17. Februar 2009 - C-465/07 (Elga-faji) -, NVwZ 2009, 705, Rn. 35 und 39, und vom 30. Januar 2014 - C-285/12 (Diakité) -, NVwZ 2014, 573, Rn. 30 f., jeweils zu Art. 15 RL 2004/83/EG; BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, Rn. 32 f., und vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 19), jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., sowie vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 21 84c) Unabhängig davon, ob die individuelle Bedrohungssituation auf gefahrerhöhenden persönlichen Umständen beruht oder ausnahmsweise auf die allgemeine Lage im Herkunftsland zurückgeht, sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem jeweiligen Gebiet zu treffen. Dazu ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, notwendig. Dabei sind nicht nur solche Gewaltakte zu berücksichtigen, die die Regeln des humanitären Völkerrechts verletzen, sondern auch andere Gewaltakte, die nicht zielgerichtet gegen bestimmte Personen oder Personengruppen, sondern wahllos ausgeübt werden und sich auf Zivilpersonen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken. Auf der Grundlage dieser Ermittlungen, die nicht auf einen auf alle Konfliktlagen anzuwendenden "Gefahrenwert" im Sinne einer zwingend zu beachtenden mathematisch-statistischen Mindestschwelle abzielt, ist eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung vorzunehmen. 85Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, Rn. 33 f., und vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -, Inf-AuslR 2014, 233 (juris Rn. 24), jeweils zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., Beschluss vom 8. März 2018 - 1 B 7.18 - juris Rn. 3, und Urteil vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 2019 - 9 A 4590/18.A -, juris Rn. 28 ff. 86Zu dieser wertenden Betrachtung gehört insbesondere auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlichen Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. 87Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, AuAS 2012, 64 (juris Rn. 23) zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. 88d) Bei Anlegung des vorstehend dargelegten Maßstabs liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG für Buulo Haji und die Region Lower Juba im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht (mehr) vor. Zwar herrscht dort weiterhin ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt [aa)]. Jedoch geht von diesem Konflikt im Falle der Rückkehr des Klägers dorthin keine ernsthafte individuelle Bedrohung für ihn aus, weil ihm dort aufgrund dieses Konflikts nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an Leib oder Leben droht [bb)]. 89aa) In Buulo Haji herrscht wie in der gesamten Region Lower Juba weiterhin ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt. In diesem Konflikt stehen sich die von der Hawiye-Clanfamilie dominierte somalische Armee (Somali National Armed Forces - SNAF), die somalische Polizei (Somali Police Forces - SPF), somalische Truppen zur Terrorismusbekämpfung (National Intelligence and Security Agency - NISA), Truppen der Friedensmission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) und Truppen des Regionalstaats Jubbaland auf der einen Seite und Kämpfer der al-Shabaab auf der anderen Seite gegenüber. Darüber hinaus kommt es auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen verschiedener Clans. 90Vgl. European Asylum Support Office (EASO), Somalia: Security Situation, Dezember 2017, S. 68 ff.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 24 ff.; Ministerie van Buitenlandse Zaken des Königreichs der Niederlande (MBZ), Algemeen Amtsbericht Somalie, März 2020, S.19 f.; ACCORD, Somalia: Sicherheitslage, 15. April 2020, S. 3; United Nations Security Council (UNSC), Situation in Somalia - Report of the Secretary General, 13. Mai 2020, S. 3 f. 91Die allgemeine Situation in Somalia (1) sowie die Sicherheitslage in Buulo Haji und der Region Lower Juba (2) stellen sich wie folgt dar. Aufgrund dieser Erkenntnisse gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass dort weiterhin ein bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der als bewaffneter innerstaatlicher Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu qualifizieren ist (3). 92(1) Seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahre 1988 und dem Sturz des Präsidenten Siad Barre im Jahre 1991 ist Somalia ohne einheitliche Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird insbesondere von der nach Unabhängigkeit strebenden Republik Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung bekämpfenden radikal-islamistischen al-Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich die Unabhängigkeit beanspruchende Republik Somaliland im Nordwesten, die autonome Region Puntland im Nordosten und Süd- und Zentralsomalia. Während sich in Somaliland und Puntland vergleichsweise stabile staatliche Strukturen etabliert haben, herrscht in Süd- und Zentralsomalia in vielen Gebieten noch immer Bürgerkrieg. Dort kämpfen somalische Sicherheitskräfte mit Unterstützung der AMISOM-Truppen gegen Kämpfer der al-Shabaab. Neben diesen Hauptkonfliktparteien sind noch einige weitere Gruppierungen - wie z.B. die religiös orientierte Ahlu Sunna wal Jamaa (ASWJ), die im Norden Zentralsomalias operierenden Truppen der Galmudug Interim Administration (GIA) oder die im Süden Somalias operierenden Truppen der Jubbaland Interim Administration (JIA) - sowie Clanmilizen an den bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligt. 93Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVwG) Österreich, Urteil vom 23. Mai 2016 - W 149 1427520-1 -, www.ris.bka. gv.at (abgerufen am 5. September 2016), S. 8 f.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2019 - A 9 S 1566/18 -, juris Rn. 35; EASO, Somalia: Security Situation, Dezember 2017, S. 21 ff. und 62; Auswärtiges Amt (AA), Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 4. März 2019, S. 5; Bertelsmann Stiftung (BS), BTI 2020 Country Report - Somalia, 2020, S. 6 ff. 94Dementsprechend stehen Süd- und Zentralsomalia nicht unter einheitlicher Kontrolle. Die meisten größeren Städte sind in der Hand der Regierung und der mit ihr verbündeten AMISOM-Truppen. Diese liegen jedoch häufig wie Inseln in von al-Shabaab kontrollierten Gebieten, weil weite ländliche Gebiete, nämlich bis zu 20 % des Gesamtterritoriums Somalias, weiterhin unter Kontrolle der al-Shabaab stehen. Weitere Gebiete, insbesondere an den Grenzen zu Kenia im Süden und Äthiopien im Westen, stehen unter der Kontrolle weiterer am Konflikt beteiligter Gruppen. 95Vgl. EASO, Somalia: Security Situation, Dezember 2017, S. 43, sowie die Karte "Somalia - Areas of Influence as of July 2017 - abgedruckt in: EASO, Somalia: Security Situation, Dezember 2017, S. 62; EASO, Security Situation in Gedo region, 4. Dezember 2019, S. 3 (Karte 2); MBZ, Algemeen Amtsbericht Somalie, März 2020, S. 26; Danish Immigration Service (DIS), South and Central Somalia: Security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, Juli 2020, S. 8. 96Obwohl die somalischen Regierungstruppen und die mit ihnen verbündeten AMISOM-Truppen ihre gegen al-Shabaab gerichteten militärischen Aktivitäten weiter ausgeweitet haben und obwohl amerikanische Truppen 2018 und 2019 weiter zahlreiche Drohnenangriffe gegen Führungspersonen und Einrichtungen von al-Shabaab ausgeführt haben, hat die militärische Schlagkraft der al-Shabaab kaum abgenommen. Al-Shabaab ist weiterhin in der Lage, komplexe militärische Angriffe auszuführen und verlorene Gebiete zurückzuerobern. Zudem soll al-Shabaab inzwischen in der Lage sein, Sprengstoff selbst zu produzieren. Die politische Blockade zwischen Zentralstaat und den einzelnen Bundesstaaten hemmt den Kampf gegen al-Shabaab. 97The Heritage Institute (THI), State of Somalia Report, Januar 2020, S. 11; MBZ, Algemeen Amtsbericht Somalie, März 2020, S. 13 ff. Commissariaat-Generaal voor de Vluchtlingen en de Staatlozen des Königreichs Belgien (CGVS), Somalie - Veiligheidssituatie in Mogadishu, 21. April 2020, S. 11 ff; 98(2) Der Machtbereich der Jubbaland Interim Administration erstreckt sich nominelll auf die Regionen Lower Juba, Middle Juba und Gedo. Tatsächlich wird ein Großteil dieses Gebiets aber von al-Shabaab beherrscht, weil die Jubbaland Interim Administration und die mit ihr verbündeten AMISOM-Truppen nicht über die Kapazitäten verfügen, das gesamte Gebiet zu kontrollieren. Kismayo steht unter Kontrolle der Jubbaland Interim Administration, allerdings endet der von ihr kontrollierte Bereich bereits einige Kilometer außerhalb der Stadt. Ebenfalls unter Kontrolle der Jubbaland Interim Administration stehen Afmadow und Bilis Qoqani. Auch Dhobley, das als sichere Stelle für einen Grenzübertritt gilt, und Kolbiyow befinden sich in der Hand staatlicher Truppen und ihrer Verbündeten. Mitte März 2020 sollen die somalische Armee und AMISOM-Truppen Jamaale erobert haben. Dagegen stehen weite Teile des ländlichen Raumes der Region Lower Juba mehr oder weniger unter Kontrolle der al-Shabaab. 99Vgl. BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 24 f.; MBZ, Algemeen Amtsbericht Somalie, März 2020, S. 19 f.; UNSC, Situation in Somalia - Report of the Secretary General, 13. Mai 2020, S. 3. 100Die Auseinandersetzungen in Lower Juba sind geprägt durch wechselseitige Angriffe der gegen al-Shabaab kämpfenden Truppen und Verbänden der al-Shabaab aufeinander. Im Februar 2020 kam es auch zu Clankonflikten mit mindestens 20 Toten. Darüber hinaus bestehen Spannungen zwischen Milizen, die zum Bundesstaat Jubbaland, zu dem auch die Region Lower Juba gehört, halten, und der somalischen Armee. Diese Spannungen haben im Februar und März 2020 in der nördlich von Lower Juba gelegenen Region Gedo zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Kontrahenten geführt. 101Vgl. MBZ, Algemeen Amtsbericht Somalie, März 2020, S.19 f.; ACCORD, Somalia: Sicherheitslage, 15. April 2020, S. 3; UNSC, Situation in Somalia - Report of the Secretary General, 13. Mai 2020, S. 3 f.; International Crisis Group (ICG), Ending the Dangerous Standoff in Southern Somalia, 14. Juli 2020, S. 6. 102Das Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) registrierte 2015 für die Region Lower Juba 180 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 397 Toten und für Somalia 2.355 Vorfälle mit insgesamt 4.096 Toten 103vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2015: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 4. Februar 2016 -, 1042016 für Lower Juba 192 Vorfälle mit 678 Toten und für Somalia 2.600 Vorfälle mit insgesamt 5.572 Toten 105- vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 9. Februar 2017 -, 1062017 für Lower Juba 205 Vorfälle mit 618 Toten und für Somalia 3.034 Vorfälle mit insgesamt 5.934 Toten 107- vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2017: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED),EASO, Somalia Security Situation, 18. Juni 2018 -, 1082018 für Lower Juba 210 Vorfälle mit 643 Toten und für Somalia 2.823 Vorfälle mit insgesamt 5.101 Toten 109- vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 22. Juni 2020 -, 1102019 für Lower Juba 219 Vorfälle mit 322 Toten und für Somalia 2519 Vorfälle mit 4038 Toten 111- vgl. ACCORD, Somalia, Jahr 2019: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED),EASO, Somalia Security Situation, 22. Juni 2020 - 112und im 1. Quartal 2020 für Lower Juba 60 mit 131 Toten und für Somalia 618 Vorfälle mit 752 Toten. 113Vgl. ACCORD, Somalia, 1. Quartal 2020: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 23. Juni 2020. 114Bei den registrierten Vorfällen handelt es sich überwiegend um Zusammenstöße zwischen staatlichen Sicherheitskräften und AMISOM-Truppen einerseits und al-Shabaab andererseits. Dementsprechend sind die registrierten Todesopfer überwiegend Kämpfer, auch wenn die Kämpfe zwischen den Konfliktparteien immer wieder zivile Opfer verursachen. 115Vgl. EASO, Somalia Security Situation, Dezember 2017, S. 71 f.; MBZ, Algemeen Amtsbericht Somalie, März 2020, S.19 f.; ACCORD, Somalia: Sicherheitslage, 15. April 2020, S. 3; UNSC, Situation in Somalia - Report of the Secretary General, 13. Mai 2020, S. 3 f.; ICG, Ending the Dangerous Standoff in Southern Somalia, 14. Juli 2020, S. 6. 116(3) Aufgrund der vorstehend dargestellten Sicherheitslage in der Region Lower Juba sind die dort herrschenden bewaffneten Konflikte als bewaffneter innerstaatlicher Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu qualifizieren. 117Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 5. Dezember 2017 - 4 LB 50/16 -, juris Rn. 40 ff.; offen gelassen vom Hessischen VGH, Urteil vom 14. Oktober 2019 - 4 A 1575/19.A -, juris Rn. 42. 118Ausschlaggebend hierfür sind die Gesamtzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle sowie die anhaltenden Zusammenstöße zwischen somalischen Sicherheitskräften und AMISOM-Truppen einerseits und Kämpfern der al-Shabaab andererseits sowie die anhaltenden Kämpfe zwischen Clanmilizen. Dabei geht das Gericht davon aus, dass sowohl die Zahl der Vorfälle als auch die der Todesopfer nicht vollständig und die Zahl der Verletzten überhaupt nicht erfasst wird [s.u. bb) (2)]. 119bb) Von dem in der Region Lower Juba und Buulo Haji weiterhin herrschenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikt geht im Falle der Rückkehr des Klägers dorthin keine ernsthafte individuelle Bedrohung für ihn aus. 120(1) Gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers liegen nicht vor. Er gehört zu keiner Gruppe, die in Buulo Haji einem erhöhtem Risiko von Übergriffen ausgesetzt ist. 121Bestimmte Personengruppen sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, Opfer eines Anschlags der Al-Shabaab zu werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie keine Steuern an al-Shabaab entrichten. Im Übrigen weisen die betroffenen Personen die Gemeinsamkeit auf, dass sie - aus Sicht der al-Shabaab - die somalische Regierung unterstützen. Hierzu gehören Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsmitglieder und regierungsnahe Politiker, Regierungs- und Verwaltungsangestellte, Richter, Mitarbeiter von UN-Organisationen sowie von nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen einschließlich Mitarbeiter humanitärer Organisationen und Angehörige diplomatischer Missionen, aber auch Akteure der Zivilgesellschaft wie z.B. Friedensaktivisten, Clanälteste, Journalisten oder Geschäftsleute und Personen, die am letzten Wahlprozess mitgewirkt haben. 122Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Dezember 2015 - 10 A 10689/15 -, Asylmagazin 2016, 29 (juris Rn. 45); BVwG Österreich, Urteil vom 23. Mai 2016 - W 149 1427520-1 -, www.ris.bka.gv.at (abgerufen am 5. September 2016), S. 10; EASO, Süd- und Zentralsomalia: Länderüberblick, August 2014, S. 82 und 113; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 6; UKHO, South and Central Somalia: Fear of Al-Shabaab, Juli 2017, S. 21 ff.; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 105 f.; MBZ, Algemeen Amtsbericht Somalie, März 2020, S. 17 und 37; CGVS, Somalie - Veiligheidssituatie in Mogadishu, 21. April 2020, S. 11 und 32 f; DIS, South and Central Somalia: Security situation, forced recruitment, and conditions for retur-nees, Juli 2020, S. 3 und 11. 123Zu diesen Personen gehört der Kläger nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger in Buulo Haji anderweitig Gefahr läuft, ins Visier der al-Shabaab zu geraten. Aufgrund der von ihm geschilderten Ereignisse droht ihm dies - wie bereits unter I. dargelegt - jedenfalls nicht. 124Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht daraus, dass der Kläger von einem längeren Auslandsaufenthalt zurückkehrt. 125Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Dezember 2015- 10 A 10689/15 -, Asylmagazin 2016, 29 (juris Rn. 41); Bayrischer VGH, Urteil vom 17. März 2016 - 20 B 13.30233 -, juris Rn. 25; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 5. Dezember 2017 - 4 LB 50/16 -, juris Rn. 51; a.A. VG Darmstadt, Urteil vom 18. Mai 2016 - 3 K 977/14.DA.A. -, juris Rn. 40. 126Zwar sieht al-Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an. 127Vgl. EASO, Süd- und Zentralsomalia: Länderüberblick, August 2014, S. 113; DIS, South and Central Somalia: Security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, Juli 2020, S. 17. 128Jedoch ergibt sich insbesondere angesichts dessen, dass in letzter Zeit viele Somalier aus dem Ausland und viele somalische Binnenvertriebene in ihre Heimatregion zurückgekehrt sind, jedenfalls für Rückkehrer, die sich unauffällig verhalten, keine ernsthafte Bedrohung. 129Vgl. Hessischer VGH; Urteil vom 1. August 2019 - 4 A 2334/18.A -, juris Rn. 49; EASO, Süd- und Zentralsomalia: Länderüberblick, August 2014, S. 82, 113 und 125 f.; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 107, 119, 128 und 136; DIS, South and Central Somalia: Security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, Juli 2020, S. 17. 130(2) Der den innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in der Region Lower Juba und Buulo Haji kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt erreicht kein so hohes Niveau, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei ihrer Rückkehr dorthin allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Die hierfür erforderliche Gefahrendichte ist in der Region Lower Juba und Buulo Haji nicht gegeben, auch wenn es dort - wie unter aa) (2) dargelegt - immer wieder zu bewaffneten Zwischenfällen kommt. 131Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 5. Dezember 2017 - 4 LB 50/16 -, juris Rn. 44 ff.; Hessischer VGH, Urteil vom 14. Oktober 2019 - 4 A 1575/19.A -, juris Rn. 42 ff. 132In der Region Lower Juba leben laut einer mit Hilfe des United Nations Population Fund (UNFPA) von Oktober 2013 bis März 2014 durchgeführte Bevölkerungserhebung etwa 490.000 Einwohner. 133Vgl. UNFPA, Population Estimation Survey 2014 for the 18 Pre-War Regions of Somalia, Oktober 2014, S. 25 und 111; EASO, Somalia Security Situation, Dezember 2017, S. 86. 134Die Zahl der Zivilpersonen, die in der Region Lower Juba Opfer des dort ausgetragenen innerstaatlichen bewaffneten Konflikts geworden sind, lässt sich mangels belastbarer Erhebungen nicht verlässlich einschätzen. Das Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation weist in seinen Kurzübersichten über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project [s.o. aa) (2)] darauf hin, dass es aufgrund der Erhebungsmethode (Auswertung öffentlich zugänglicher Sekundärquellen) zu einer Nichterfassung von Vorfällen und insbesondere von Opfern kommen kann. Hinzu kommt, dass diese Kurzübersichten nur Todesopfer, nicht aber auch Verletzte erfassen. Andererseits unterscheiden die auf den ACLED-Erhebungen basierenden Kurzübersichten auch nicht zwischen zivilen und militärischen Todesopfern. 135Vgl. ACLED, Frequently Asked Questions, http://www.acledda ta.com/frequently-asked-questions/ (abgerufen am 7. September 2016). 136Letzteres ist im Rahmen der Prüfung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG aber geboten, weil diese Vorschrift nur auf Gefahren für die Zivilbevölkerung abstellt. 137Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -,BverwGE 131, 198, Rn. 35. 138Trotz dieser Mängel sind die vorhandenen Daten aber nicht vollständig unverwertbar. Vielmehr können die aus ihnen gezogenen Schlüsse als Anhaltspunkte in die vorzunehmende Gesamtbewertung eingestellt werden. 139Vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 5. Dezember 2017 - 4 LB 50/16 -, juris Rn. 45; Hessischer VGH; Urteil vom 1. August 2019 - 4 A 2334/18.A -, juris Rn. 41 ff.; UKUT, Urteil vom 10. September 2014 - MOJ & Ors (Return to Mogadishu) Somalia CG [2014] UKUT 00442 (IAC) -, Rn. 379; Landinfo, Somalia: Violence, fatalities, perpetrators and victims in Mogadishu, 27. Februar 2017, S. 2; a.A. wohl VG Darmstadt, Urteil vom 18. Mai 2016 - 3 K 977/14.DA.A. -, juris Rn. 37, unklar OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Dezember 2015 - 10 A 10689/15 -, Asylmagazin 2016, 29 (juris Rn. 43 ff.); Bayrischer VGH, Urteil vom 17. März 2016 - 20 B 13.30233 -, juris Rn. 26 f. 140Ausgehend von den vorstehend unter aa) (2) dargelegten Daten ergibt sich für die Region Lower Juba für das Jahr 2015 ein Tötungsrisiko von etwa 1:1.150, für 2016 von etwa 1:700, für 2017 von etwa 1:750, für 2018 von etwa 1:700, für 2019 von etwa 1:2.000 und für 2020 von etwa 1:900; die Werte für 2016 bis 2018 und 2020 liegen unter 0,2 %, die übrigen Werte liegen unter 1 ‰. Dabei hat das Gericht die Einwohnerzahl der Region Lower Juba basierend auf der vorstehend zitierten Erhebung des United Nations Population Fund (UNFPA) mit 460.000 angesetzt. Dieser Wert liegt mit einem Sicherheitsabschlag von etwa 5 % auf der sicheren Seite, zumal er das allgemeine Bevölkerungswachstum in Somalia von jährlich etwa 2,8 % 141- vgl. UNFPA, Population Estimation Survey 2014 for the 18 Pre-War Regions of Somalia, Oktober 2014, S. 44 - 142ebenfalls nicht berücksichtigt. Für 2020 wurden die Opferzahlen für das erste Quartal auf ein Jahr hochgerechnet. Selbst unter der Annahme, dass auf einen registrierten Toten zehn weitere Tote oder Verletzte kommen, ergäbe sich für 2015 ein Tötungs- und Verletzungsrisiko von etwa 1:110, für 2016 von etwa 1:60, für 2017 von etwa 1:65, für 2018 ebenfalls von etwa 1:65, für 2019 von etwa 1:130 und für 2020 von etwa 1:80; die Werte für 2016 bis 2018 und 2020 liegen unter 2 %, die übrigen Werte liegen unter 1 %. Dabei ist zu beachten, dass diese Zahlen zivile und militärische Opfer erfassen, was zu einer Überhöhung des Todes- und Verletzungsrisikos für Zivilisten führt. 1432016 sollen nämlich "nur" der in der Region Lower Juba registrierten 86 Vorfälle mit etwa 120 Toten und von Januar bis August 2017 "nur" 59 der dort registrierten Vorfälle mit etwa 100 Toten unmittelbar gegen Zivilisten gerichtet gewesen sein. 144Vgl. EASO, Somalia Security Situation, Dezember 2017, S. 89 f. 145Zwischen Januar und Oktober 2018 sollen in ganz Somalia 1.117 Zivilisten getötet oder verletzt worden sein. 146Vgl. United States Department of State (USDOS), Somalia 2019 Human Rights Report, 11. März 2020, S. 11. 147Im Zeitraum vom 5. Mai bis zum 4. August 2019 sollen für ganz Somalia 322 zivile Opfer zu verzeichnen gewesen sein 148- vgl. UNSC, Report of the Secretary-General on Somalia, 15. August 2019, S. 9 -; 149im Zeitraum vom 5. August bis zum 4. November 2019 wurden 124 zivile Opfer 150- vgl. UNSC, Report of the Secretary-General on Somalia, 15. November 2019, S. 8 -, 151im Zeitraum vom 5. November 2019 bis zum 4. Februar 2020 183 getötete und 267 verletzte Zivilisten und im Zeitraum vom 5. Februar bis zum 4. Mai 2020 158 getötete und 119 verletzte Zivilisten 152- vgl. UNSC, Situation in Somalia - Report of the Secretary-General, 13. Mai 2020, S. 7 f. - 153registriert. Im Vergleich zu den ACLED-Daten zeigen diese Zahlen, dass es sich bei den registrierten Todesopfern überwiegend nicht um Zivilisten handelt. 154Bereits diese Überlegungen legen nahe, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Kläger bei seiner Rückkehr nach Buulo Haji Gefahr liefe, allein durch seine dortige Anwesenheit verletzt oder getötet zu werden. Dieses Zwischenergebnis wird durch die Gesamtbewertung der aktuellen Situation in Buulo Haji und der Region Lower Juba bestätigt: 155(a) Zwar ist die medizinische Versorgung in Somalia äußerst mangelhaft, so dass Verletzungen eher zum Tod oder zu gravierenden bleibenden Schäden führen, als bei einer akzeptablen medizinischen Versorgung. Schätzungsweise 80 % der Bevölkerung haben an ihrem Wohnort keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Aus diesem Grund reisen Menschen in die Städte, um dort medizinisch versorgt zu werden. Im innersomalischen Vergleich scheint die medizinische Versorgung in Mogadischu noch am besten zu sein, ohne aber ein akzeptables Niveau zu erreichen. Die öffentlichen Krankenhäuser sind unterfinanziert und sowohl personell als auch in Bezug auf Geräte und Medikamente unzureichend ausgestattet. Zudem wird ihre Arbeit durch die mangelhafte Sicherheitslage behindert. Maßnahmen internationaler Hilfsorganisationen zur Verbesserung der Gesundheit mussten immer wieder wegen Kampfhandlungen oder Anordnungen örtlicher Machthaber unterbrochen werden. 156Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2019 - A 9 S 1566/18 -, juris Rn. 39; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 132 f.; AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 4. März 2019, S. 20. 157(b) Andererseits ist in die Gesamtbewertung einzustellen, dass sich die meisten Aktionen von al-Shabaab nicht direkt gegen die "einfache" Zivilbevölkerung, sondern in erster Linie gegen Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsmitglieder und regierungsnahe Politiker, Regierungs- und Verwaltungsangestellte, Richter, Mitarbeiter von UN-Organisationen sowie von nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen einschließlich Mitarbeiter humanitärer Organisationen und Angehörige diplomatischer Missionen, aber auch Akteure der Zivilgesellschaft wie z.B. Friedensaktivisten, Clanälteste, Journalisten oder Geschäftsleute und Personen, die am letzten Wahlprozess teilgenommen haben, richtet. Zwar kommen bei Angriffen auf diese Personen, insbesondere bei Bombenanschlägen, immer wieder unbeteiligte Personen zu Schaden. Insgesamt scheint al-Shabaab aber bemüht, Kollateralschäden zu vermeiden, um seiner Reputation bei der Zivilbevölkerung nicht weiter zu schaden. Dementsprechend beschränkt sich das Risiko der "einfachen" Zivilbevölkerung, Opfer eines Anschlags zu werden, vor allem darauf, "zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein." 158Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Dezember 2015- 10 A 10689/15 -, Asylmagazin 2016, 29 (juris Rn. 45); Niedersächsisches OVG, Urteil vom 5. Dezember 2017 - 4 LB 50/16 -, juris Rn. 59; Hessischer VGH, Urteil vom 1. August 2019 - 4 A 2334/18.A -, juris Rn. 45; BVwG Österreich, Urteil vom 23. Mai 2016 - W 149 1427520-1 -, www.ris.bka.gv.at (abgerufen am 5. September 2016), S. 10; EASO, Süd- und Zentralsomalia: Länderüberblick, August 2014, S. 82 und 113; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 6; UKHO, South and Central Somalia: Fear of Al-Shabaab, Juli 2017, S. 21; EASO, Somalia: Security Situation, Dezember 2017, S. 81; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 32 und 107; MBZ, Algemeen Amtsbericht Somalie, März 2020, S. 17 und 37; CGVS, Somalie - Veiligheidssituatie in Mogadishu, 21. April 2020, S. 11 und 32 f.; DIS, South and Central Somalia: Security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, Juli 2020, S. 3 und 11. 159Dürfte danach eine erhebliche Anzahl der zivilen Opfer den von al-Shabaab ins Visier genommenen Risikogruppen angehören, sinkt das Risiko für die "einfache" Zivilbevölkerung, Opfer eines solchen Anschlags zu werden, beträchtlich ab. 160(c) Hinzu kommt, dass "einfache" Zivilisten, ihr Risiko, zufällig Opfer eines Anschlags zu werden, zwar nicht vollständig ausschließen, zumindest aber minimieren können, indem sie Gebiete oder Einrichtungen meiden, die von al-Shabaab bevorzugt angegriffen werden. Dazu gehören vor allem Hotels und Restaurants, in denen Angehörige der Streitkräfte, Mitglieder oder Mitarbeiter der Regierung oder Mitarbeiter internationaler Organisationen verkehren, Regierungseinrichtungen sowie Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM. 161Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Dezember 2015- 10 A 10689/15 -, Asylmagazin 2016, 29 (juris Rn. 45); ACCORD, ecoi.net-Themendossier zu Somalia: Al-Shabaab: Zeitachse von Ereignissen seit April 2014, 15. Januar 2016, S. 2 ff.; EASO, Somalia: Security Situation, Dezember 2017, S. 83. 162Eine weitgehende Meidung dieser Gebiete und Einrichtungen ist "einfachen" Zivilisten zuzumuten. 163Vgl. UKUT, Urteil vom 10. September 2014 - MOJ & Ors (Return to Mogadishu) Somalia CG [2014] UKUT 00442 (IAC) -, Rn. 387 ff.; a.A. VG Cottbus, Beschluss vom 17. Januar 2018- 6 L 322/16.A - juris Rn. 21 ("lebensfremd"). 1642. Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) drohen dem Kläger zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in Buulo Haji und der Region Lower Juba ebenfalls nicht. 165a) Die Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685; im Folgenden: EMRK) zu orientieren. 166Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG a.F. mit ausführlicher Begründung. 167Diese Norm bestimmt, dass niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte schließt Art. 3 EMRK die Abschiebung einer Person in einen Staat aus, in dem ihr zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ("real risk") eine solche Behandlung droht. 168Vgl. EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - 14038/88 (Soering/Vereinigtes Königreich) -, NJW 1990, 2183, Rn. 91, vom 28. Februar 2008 - 37201/06 (Saadi/Italien) -, NVwZ 2008, 1330, Rn. 125 und 133, und vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 212 und 215. 169Bei der Prüfung, ob dies der Fall ist, stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf den Zielort der Abschiebung ("point of return") ab und fragt ergänzend, ob eine interne Fluchtalternative ("internal flight alternative") besteht. 170Vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 212, 265, 301 ff. und 309 ff.; s.a. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013- 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 26. 171Damit eine Misshandlung von Art. 3 EMRK erfasst wird, muss sie ein Mindestmaß an Schwere erreichen. Ob dieses Mindestmaß erreicht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie in einigen Fällen auch vom Geschlecht, dem Alter und dem Gesundheitszustand der betroffenen Person. Um zu entscheiden, ob eine Verletzung des Art. 3 EMRK droht, ist zu untersuchen, welche Konsequenzen eine Abschiebung der betroffenen Person in den betreffenden Staat voraussichtlich haben wird. Dabei sind sowohl die dortige allgemeine Lage als auch die persönlichen Umstände der betroffenen Person zu beachten. 172Vgl. EGMR, Urteile vom 28. Februar 2008 - 37201/06 (Saadi/ Italien) -, NVwZ 2008, 1330, Rn. 130 und 134, und vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 213 und 216. 173Geht die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK von Personen aus, die nicht im Dienst des Staates stehen, kommt es darauf an, ob die Behörden dieses Staates in der Lage sind, dieser Gefahr durch angemessene Schutzmaßnahmen vorzubeugen. 174Vgl. EGMR, Urteile vom 17. Juli 2008 - 25904/07 (N.A./Verei-nigtes Königreich) -, Hudoc Rn. 110, und vom 28. Juni 2011- 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 213. 175Unbeachtlich ist, ob die Gefahr von einer Situation allgemeiner Gewalt, einem persönlichen Merkmal der betroffenen Person oder einer Kombination von beidem ausgeht. Allerdings begründet nicht jede Situation allgemeiner Gewalt die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Vielmehr ist eine solche Situation nur in extremen Ausnahmefällen intensiv genug, um eine solche Gefahr zu begründen, wenn nämlich eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ("real risk") von Misshandlungen einfach aufgrund dessen besteht, dass eine Person einer solchen Gewalt bei Rückkehr ausgesetzt wäre. 176Vgl. EGMR, Urteile vom 28. Juni 2011 - 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereingtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 218, und vom 10. September 2015 - 4601/14 (R.H./Schweden) -, Hudoc Rn. 60. 177Entscheidend ist, ob das Gewaltniveau eine Intensität erreicht, dass jedem, der sich in dem betroffenen Gebiet aufhält mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 EMRK droht. 178Vgl. EGMR, Urteile vom 5. September 2013 - 886/11 (K.A.B./ Schweden) -, Hudoc Rn. 86, und vom 10. September 2015- 4601/14 (R.H./Schweden) -, Hudoc Rn. 65. 179Eine Verletzung des Art. 3 EMRK kann auch durch die Abschiebung in einen Staat begründet sein, in dem schlechte humanitäre Verhältnisse herrschen. Dies ist grundsätzlich nur in ganz außergewöhnlichen Fällen möglich, wenn die humanitären Gründe gegen eine Abschiebung zwingend ("compelling") sind. Etwas anderes gilt aber jedenfalls dann, wenn die schlechte humanitäre Lage überwiegend auf direkte oder indirekte Aktionen von Konfliktparteien zurückzuführen ist. In einem solchen Fall ist die Fähigkeit der betroffenen Person zu berücksichtigen, für ihre Grundbedürfnisse- Nahrung, Hygiene, Unterkunft - zu sorgen, sowie ihre Anfälligkeit für Misshandlungen und ihre Aussicht, dass sich ihre Lage in angemessener Zeit bessert. 180Vgl. EGMR, Urteile vom 27. Mai 2008 - 26565/05 (N./Ver-einigtes Königreich) -, NVwZ 2008, 1334, Rn. 42 ff., und vom 28. Juni 2011- 8319/07 u.a. (Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich) -, NVwZ 2012, 681, Rn. 278 ff.; s.a. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 25. 181b) Eine drohende Verletzung des Art. 3 EMRK gewährt noch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Vielmehr muss eine den subsidiären Schutz begründende Gefahr eines ernsthaften Schadens in Form einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung gemäß § 4 Abs. 3 AsylG stets von einem Akteur i.S.d. § 3c AsylG ausgehen. Daraus folgt, dass es auch für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus wegen schlechter humanitärer Verhältnisse der direkten oder indirekten Aktion eines Akteurs bedarf, die die unmenschliche Lebenssituation im Sinne einer Zurechenbarkeit, die jenseits nicht intendierter Nebenfolgen ein auf die bewirkten Effekte gerichtetes Handeln oder gar Absicht erfordert, herbeigeführt hat. 182Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2020 - 1 C 11.19 -, juris Rn. 12 f. mit ausführlicher Begründung. 183c) Bei Anlegung des vorstehend dargelegten Maßstabs liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor. Dies gilt sowohl mit Blick auf die dem Kläger nach seinen Angaben drohende Behandlung durch al-Shabaab [aa)] als auch mit Blick auf die Sicherheitssituation in Buulo Haji und der Region Lower Juba [bb)] und die dortige humanitäre Lage [cc)]. 184aa) Von al-Shabaab hat der Kläger in Buulo Haji keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten. Sein diesbezügliches Vorbringen ist nicht glaubhaft. Auf die Ausführungen unter I. wird verwiesen. 185bb) Allein aufgrund der Sicherheitssituation in Buulo Haji und der Region Lower Juba besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK. Die derzeitige Sicherheitssituation dort erreicht nicht den hierfür erforderlichen Intensitätsgrad. 186Vgl. EGMR, Urteile vom 5. September 2013 - 886/11 (K.A.B./ Schweden) -, Hudoc Rn. 97, und vom 10. September 2015- 4601/14 (R.H./Schweden) -, Hudoc Rn. 68. 187Auf die obigen Ausführungen zu 1. d) bb) (2) wird verwiesen. 188cc) Die humanitäre Lage in Buulo Haji und der Region Lower Juba führt ebenfalls nicht dazu, dass dem Kläger subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Aus dieser Lage ergeben sich keine zwingenden Gründe gegen eine Abschiebung des Klägers dorthin. Insbesondere ist das Gericht davon überzeugt, dass es ihm dort gelingen wird, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygiene, Unterkunft - zu sorgen. 189(1) Allerdings gehören das Bruttosozialprodukt Somalias und der dortige Lebensstandard zu den niedrigsten weltweit. Bis zu 80 % der Bevölkerung leben in Armut. 190Vgl. DIS, South Central Somalia: Report from the Danish Immigration Service's Fact Finding Mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia, September 2015, S. 20; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 117; International Organization for Migration (IOM), Labour Market and Service Skills Assessment in Selected Locations - Somalia Report, Januar 2019, S. 18; BS, BTI 2020 Country Report - Somalia, 2020, S. 22. 191Die Grundversorgung der Bevölkerung mit trinkbarem Wasser und Nahrungsmitteln ist nicht zuletzt aufgrund mehrerer Dürreperioden nicht ausreichend gewährleistet. Über die Hälfte der Bevölkerung Somalias (einschließlich Somaliland und Puntland) sind von Nahrungsmittelknappheit, Kindersterblichkeit und Unterernährung bedroht. Etwa die Hälfte der Bevölkerung ist auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, rund 1.500.000 Kinder sind akut unterernährt; davon etwa 180.000 schwer. Auch während der letzten Dürreperiode gab es Hungertote; eine flächendeckende Hungersnot konnte aber abgewendet werden. Es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe. Hilfsprojekte der Vereinten Nationen oder nichtstaatlicher Hilfsorganisationen erreichen in der Regel nicht die gesamte Bevölkerung. Sowohl staatliche Kräfte als auch al-Shabaab und andere Konfliktbeteiligte konfiszieren einen Teil der Hilfslieferungen für eigene Zwecke. 192Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2019 - A 9 S 1566/18 -, juris Rn. 38 ff.; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 2 und 7; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 116 ff.; amnesty international (ai), The State of the World’s Human Rights - Somalia, 22. Februar 2018, S. 3; AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 4. März 2019, S. 20; UNSC, Report of the Secretary-General on Somalia, 15. November 2019, S. 10; BS, BTI 2020 Country Report - Somalia, 2020, S. 22 ff und 29 f.; THI, State of Somalia Report, Januar 2020, S. 15; USDOS, Somalia 2019 Human Rights Report, 11. März 2020, S. 21. 193Besonders prekär ist die Lage der mehr als 2.500.000 Binnenvertriebenen, die rund 20 % der Gesamtbevölkerung Somalias ausmachen. Allein in den ersten beiden Monaten 2020 wurden in Somalia etwa 70.000 Menschen vertrieben, davon etwa 50.000 aufgrund von Kämpfen und ca. 20.000 aufgrund der Dürre. Etwa 70 bis 80 % der Binnenvertriebenen sind Frauen und Kinder. Die Bedingungen in Siedlungen für Binnenvertriebene sind erbärmlich, zudem sind viele ihrer Bewohner dem Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Ihre ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet; viele Binnenvertriebene leben nur knapp über der Grenze zur Unterernährung. Vielen Binnenvertriebenen droht zudem die Vertreibung von dem Land, auf dem sie wohnen. 2019 sollen rund 250.000 Personen gegen ihren Willen vertrieben worden sein. 194BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 114 ff.; ai, The State of the World’s Human Rights - Somalia, 22. Februar 2018, S. 3; Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC), No land, no water, no pasture - the urbanisation of drought displacement in Somalia, März 2020, S. 8, 12 und 13, und Somalia - Country Information, S. 1, www.internal-displace ment.org/countries/somalia (abgerufen am 5. Mai 2020); USDOS, Somalia 2019 Human Rights Report, 11. März 2020, S. 21 f.; UNHCR, Somalia - Internal Displacements Monitored by Protection & Return Monitoring Network, 25. März 2020. 195Andererseits unterstützt UNHCR die freiwillige Rückkehr von nach Kenia geflohenen Somaliern. Schätzungen des UNHCR zufolge sind seit 2014 etwa 85.000 Somalier aus Kenia nach Somalia zurückgekehrt. Darüber hinaus sind seit Dezember 2013 etwa 70.000 Personen aus Saudi Arabien nach Somalia abgeschoben worden und sind seit Ausbruch des Bürgerkriegs im Jemen im März 2015 etwa 43.000 Personen von dort nach Somalia zurückgekehrt. Da viele dieser Personen nicht in ihre Heimatgebiete zurückkehren konnten, mussten sie in Siedlungen für Binnenvertriebene unterkommen. 196Vgl. EASO, Süd- und Zentralsomalia: Länderüberblick, August 2014, S. 125 f. und 127 ff.; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 1 und 11; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 134 f.; AA, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 4. März 2019, S. 20 f.; UNHCR, Somalia - Refugee Returns to Somalia at 29 February 2020, 30. März 2020. 197(2) Unterstützung durch (Groß-) Familie und Clan zählen weiterhin zu den wichtigsten Faktoren für Akzeptanz in der Gemeinschaft, Sicherheit und Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Unterkunft und Nahrung. Dies gilt auch für Rückkehrer. Dabei gilt als allgemeine Regel, dass Somalis auch entfernte Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen unterstützen. Soweit Unterkunft und Nahrung betroffen sind, ist jedoch nicht der Clan, sondern die (Groß-) Familie der erste Ansprechpartner. Allerdings leistet die Großfamilie in der Regel nur für einige Tage Unterstützung und kann nicht als langfristige Lösung für Lebensunterhalt oder Unterkunft angesehen werden. Nur wenn eine Person in einem Gebiet weder über enge Familienangehörige noch über andere Verwandte verfügt, kann der Clan um Hilfe gebeten werden. Allerdings wurde das Konzept der Clansolidarität in Zentral- und Südsomalia angesichts der Dauer des dort herrschenden Konflikts überdehnt. Dementsprechend sehen sich viele Familien- und Clannetzwerke heute nicht mehr in der Lage, vertriebenen Verwandten zu helfen. Ohne familiäre Unterstützung laufen Rückkehrer Gefahr, sich in einem Lager für Binnenvertriebene wiederzufinden. Dies gilt insbesondere für alleinstehende Frauen und zwar unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht. 198Vgl. EASO, Süd- und Zentralsomalia: Länderüberblick, August 2014, S. 126; DIS, South Central Somalia: Report from the Danish Immigration Service's Fact Finding Mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia, September 2015, S. 20; UNHCR, Position on Returns to Southern and Central Somalia (Update I), Mai 2016, S. 9; BFA, Länderinformationsblatt Somalia, 12. Januar 2018, S. 129 f.; DIS, South and Central Somalia: Security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, Juli 2020, S. 16 f. 199(3) Trotz der vorstehend beschriebenen Umstände besteht in Somalia nach der gegenwärtigen Erkenntnislage keine derart prekäre humanitäre Situation, insbesondere keine derart unzureichende Versorgungslage, dass eine Rückführung dorthin in Anwendung des Art. 3 EMRK generell ausgeschlossen wäre. Vielmehr sind in jedem Einzelfall die persönlichen Umstände der betroffenen Person zu prüfen. 200Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2019 - A 9 S 1566/18 -, juris Rn. 44 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung in Deutschland. 201Bei Anlegung dieses Maßstabs verstößt eine Rückführung des Klägers nach Buulo Haji nicht gegen Art. 3 EMRK. Der Kläger ist in Buulo Haji aufgewachsen und ist mit den dortigen Verhältnissen vertraut. Er ist jung, gesund und arbeitsfähig und verfügt bereits über Arbeitserfahrung in Buulo Haji als Helfer in einer Autowerkstatt. Zudem leben nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung seine Mutter und seine Geschwister sowie weitere Angehörige seiner Großfamilie in Buulo Haji, die ihn bei seiner Wiedereingliederung unterstützen können. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass seine Verwandten den Kläger entgegen der landesüblichen Gepflogenheiten nicht unterstützen werden, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Schließlich kann der Kläger durch eine freiwillige Rückkehr nach Somalia über das Government Assisted Repatriation Programme (GARP) eine Starthilfe von 1.000,- € erlangen, die ihm seinen Lebensunterhalt zumindest für eine Übergangszeit sichert. 202Vgl. Bundesamt, Freiwillige Rückkehr mit REAG/GARP (Stand: Januar 2020) abrufbar unter https://files.returningfromgermany. de/files/200213_REAG_GARP_deutsch.pdf (abgerufen am 20. April 2020). 2033. Es liegen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Kläger in Buulo Haji seitens eines Akteurs i.S.d. §§ 3c, 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) droht. 204III. Ein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Es lässt sich nicht feststellen, dass ihm in Somalia landesweit 205- vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 1 C 3.11 -, BVerwGE 142, 179, Rn. 34), sowie Beschluss vom 15. September 2006- 1 B 116.06 -, juris Rn. 4 - 206ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention oder eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit drohen. 2071. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor. Nach dieser Norm darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. In den Blick zu nehmen sind alle Verbürgungen dieser Konvention, aus denen sich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung (Art. 3 EMRK) zu berücksichtigen, ist der sachliche Regelungsbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG weitgehend identisch mit dem des subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK betroffen ist, jedenfalls nicht hinaus. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtlich vorgeprägte subsidiäre Schutz vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Letzterer tritt vielmehr selbstständig neben § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. In Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung subsidiären Schutzes und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen regelmäßig auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind. 208Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, Rn. 34 ff. zu § 60 Abs. 2 AufenthG a.F. 209Dementsprechend wird bezüglich eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK auf die Ausführungen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG [s.o. II. 2. b) cc)] verwiesen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Buulo Haji und die Region Lower Juba eine Verletzung weiterer durch die Europäische Menschenrechtskonvention geschützter Rechte droht, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. 2102. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Nach dieser Norm soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn für ihn dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. 211§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst seinem Wortlaut nach sowohl individuelle als auch allgemeine Gefahren. Jedoch bestimmt § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, dass allgemeine Gefahren, d.h. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt sind, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber erreichen, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe im Zielstaat gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt und die Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der potenziell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung befunden wird. Diese gesetzgeberische Entscheidung haben die Verwaltungsgerichte aus Gründen der Gewaltenteilung zu respektieren. Sie dürfen daher im Einzelfall Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die - wie hier - kein Abschiebestopp besteht, nur dann ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 5 AufenthG zusprechen, wenn dies zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke erforderlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Gefahr eine so extreme Zuspitzung erfahren hat, dass eine abzuschiebende Person gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgesetzt würde. Für diesen Fall gebieten die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 5 AufenthG auch bei Vorliegen einer allgemeinen Gefahrenlage die Gewährung von Abschiebungsschutz. Eine verfassungskonforme Überwindung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG scheidet allerdings mangels verfassungswidriger Schutzlücke dann aus, wenn ein anderes nationales Abschiebungsverbot festzustellen ist oder eine ausländerrechtliche Erlasslage - auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 60a AufenthG - oder eine aus individuellen Gründen erteilte Duldung dem betroffenen Ausländer einen vergleichbar wirksamen Schutz vor Abschiebung vermittelt. 212Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1998 - 9 C 4.98 -, BVerwGE 108, 77 (juris Rn. 9), Beschluss vom 23. August 2006 - 1 B 60.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2ff AufenthG Nr. 19 (juris Rn. 4), und Urteil vom 13. Juni 2013 - 10 C 13.12 -, BVerwGE 147, 8, Rn. 13 und 15. 213Bei Anlegung dieses Maßstabs droht dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Buulo Haji und die Region Lower Juba keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Der Kläger würde im Falle seiner Abschiebung nach Somalia nicht aufgrund der dort herrschenden allgemeinen Verhältnisse gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgesetzt. Insbesondere ist das Gericht davon überzeugt, dass die Existenzgrundlage des Klägers bei einer Rückkehr nach Buulo Haji und die Region Lower Juba gesichert ist; auf die Ausführungen unter II. 2. b) cc) wird verwiesen. Gesundheitliche Gründe, die einer Rückkehr des Klägers nach Somalia entgegenstehen, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. 214IV. Die Abschiebungsandrohung ist ebenfalls nicht zu beanstanden, insbesondere sind die formellen Voraussetzungen des § 34 AsylG i.V.m. §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG gewahrt. 215V. Die unter Ziffer 6 des angefochtenen Bescheids verfügte Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ist ebenfalls nicht zu beanstanden. 216Dies gilt unabhängig davon, ob § 11 AufenthG gemäß §§ 83c, 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG in der seit dem 21. August 2019 geltenden Fassung durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I, S. 1294, im Folgenden: § 11 AufenthG n.F.) 217- so VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 - A 19 K 1718/17 -, juris Rn. 22 - 218oder - trotz Fehlens einer §§ 83c, 77 Abs. 1 AsylG derogierenden Überleitungsbestimmung (vgl. Art. 8 des Gesetzes vom 15. August 2019) - in der bis zum 20. August 2019 geltenden Fassung durch Gesetz vom 27. Juli 2015 (BGBl. I, S. 1386, im Folgenden: § 11 AufenthG a.F.) 219- so BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2019 - 1 B 83.19 -, juris Rn. 7 (ohne Erwähnung von §§ 83c, 77 Abs. 1 AsylG) - 220Anwendung findet. Der Umstand, dass das Bundesamt nach dem Wortlaut der Ziffer 6 des angefochtenen Bescheids in Anlehnung an § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AufenthG a.F. das Einreise- und Aufenthaltsverbot nur befristet und nicht auch angeordnet hat, obwohl § 11 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 3 AufenthG n.F. den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots und dessen Befristung fordert, lässt die Rechtmäßigkeit dieser Regelung unberührt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts war eine aufgrund der bis zum 20. August 2019 geltenden Rechtslage ausgesprochene Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots unionsrechtskonform als Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots auszulegen. 221Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2017 - 1 C 13.17 -, juris Rn. 23; VG Karlsruhe, Urteil vom 22. August 2019 - A 19 K 1718/17 -, juris Rn. 26 und 38 m.w.N. 222Dementsprechend war das Bundesamt gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG in der bis zum 20. August 2019 geltenden Fassung ebenso wie nach der ab dem 21. August 2019 geltenden Fassung nicht nur für die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots, sondern auch für die mit der Befristung verbundene Anordnung des Verbots zuständig, wenn es - wie im vorliegenden Fall - gestützt auf § 34 AsylG eine Abschiebungsandrohung erlassen hat. Das Verbot durfte auch sowohl gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F. als auch gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F. mit der Abschiebungsandrohung verbunden werden. 223Die gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F. für den Fall, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung verbunden wird, erforderliche aufschiebende Bedingung der Abschiebung ist in Ziffer 6 des angefochtenen Bescheids ebenfalls enthalten. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass die Ausreisefrist erst ab dem Tag der Abschiebung zu laufen beginnt und somit auch nur für den Fall gilt, dass die betreffende Person tatsächlich abgeschoben wird. Eine entsprechende Regelung durfte auch bereits nach der bis zum 20. August 2019 geltenden Rechtslage verfügt werden: Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F. sollte die Befristung (und damit auch das mit dieser verbundene Verbot) zusammen mit der Abschiebungsandrohung erlassen werden. Jedoch galt das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG a.F. ebenso wie gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG n.F. nur für den Fall, dass die betreffende Person auch tatsächlich abgeschoben wurde, so dass die in Ziffer 6 des angefochtenen Bescheids enthaltene ergänzende Regelung auch nach der alten Rechtslage erforderlich war, um die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Abschiebungsverbots zu gewährleisten. 224Vgl. VG Minden, Urteil vom 13. September 2019 - 6 K 6951/17.A -, Abdruck S. 21 f. 225Die Befristung auf 30 Monate ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die getroffene Ermessensentscheidung (§ 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. und n.F.) erweist sich als rechtmäßig. Das Bundesamt hat erkannt, dass ihm Ermessen eingeräumt ist ("im Rahmen der Ermessensprüfung"). Zudem hat es die gesetzlichen Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens eingehalten und von ihm in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (§§ 114 Satz 1 VwGO, 40 VwVfG). 226Das durch § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. und n.F. eröffnete Ermessen soll gewährleisten, dass die Länge der Frist unter Beachtung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls bestimmt wird. Primär ist für die Länge der Frist das öffentliche Interesse an der Abwehr von Gefahren maßgebend, die durch die Einreise von Personen in das Bundesgebiet hervorgerufen werden, die nicht im Besitz eines Visums oder einer Aufenthaltserlaubnis sind und sich auch nicht auf einer Abschiebung entgegenstehende Gründe berufen können. Allerdings muss sich die zunächst nach der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ermittelte Frist zusätzlich an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (insbesondere Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG) sowie Unionsrecht (insbesondere Art. 7 GrCh) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (insbesondere deren Art. 8) messen lassen. Sie ist daher ggf. auf einer zweiten Prüfungsstufe zu verkürzen. 227Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2013 - 1 C 13.12 -, InfAuslR 2013, 334, Rn. 33; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 11 AufenthG Rn. 31. 228Die Frist darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG a.F. bzw. des § 11 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 bis Abs. 5b AufenthG n.F. vorliegen. Da dies hier nicht der Fall ist, hält sich die Befristung mit 30 Monaten in Übereinstimmung mit der Dienstanweisung des Bundesamts zum Asylverfahren, Abschnitt Einreise- und Aufenthaltsverbot, Ziffer 4.2, in der Mitte des durch § 11 Abs. 3 AufenthG a.F. und n.F. eröffneten Ermessensspielraums von fünf Jahren. Anhaltspunkte dafür, dass das Bundesamt mit dieser Fristbemessung das "Gefahrenabwehrinteresse" für einen Normalfall ohne "gefahrerhöhende" Umstände (vgl. Ziffer 4.2.1 des Abschnitts Einreise- und Aufenthaltsverbots der Dienstanweisung Asylrecht) falsch gewichtet hat, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, schutzwürdige Belange, die bei der Bemessung der Dauer des Einreise und Aufenthaltsverbots zu berücksichtigen wären, lägen nicht vor. 229Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des verfahrens, für das gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der kläger. das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. dem kläger wird nachgelassen, die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe von 110 % des beizutreibenden betrags abzuwenden, wenn nicht die beklagte zuvor sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der nicht durch amtliche dokumente seines heimatlands ausgewiesene, seinen angaben zufolge am zz.zz.zzzz, anderen angaben zufolge am aa.aa.aaaa geborene kläger stammt aus somalia. seinen ende juni 2016 gestellten asylantrag begründete er anlässlich seiner anhörung durch das bundesamt für migration und flüchtlinge (im folgenden: bundesamt) im kern wie folgt: er gehöre zum clan gadeeroole, unterclan cawro maleh, und stamme aus buulo haji, region lower juba (jubbada hoose). dort hätten bis zu seiner ausreise auch seine mutter und seine geschwister sowie weitere angehörige seiner großfamilie gelebt. sein vater sei 2014 gestorben. er habe weder einen beruf erlernt noch gearbeitet. somalia habe er aus angst vor verfolgung durch die al-shabaab-miliz verlassen. angehörige dieser miliz hätten ihn im juli 2014 zusammen mit anderen jugendlichen entführt. sie seien in ein lager der al-shabaab verbracht und dort festgehalten worden. er habe dort 29 tage verbracht. dann sei ihm eines nachts die flucht gelungen. sie seien auf nomaden getroffen, die ihnen erzählt hätten, dass buulo haji etwa 10 km entfernt liege. sie seien dann weiter gegangen. zu hause angekommen habe seine mutter ihm etwas kleingeld für seine ausreise aus somalia gegeben. er sei dann in ein fahrzeug gestiegen und ausgereist. 3mit bescheid vom 30. november 2017 lehnte das bundesamt die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft, die anerkennung als asylberechtigter und die zuerkennung des subsidiären schutzstatus ab und stellte fest, dass abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und 7 aufenthg nicht vorliegen. darüber hinaus drohte das bundesamt dem kläger die abschiebung nach somalia an und befristete das gesetzliche einreise- und aufenthaltsverbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg auf 30 monate ab dem tag der abschiebung. 4gegen diesen bescheid hat der kläger am 3. januar 2018 klage erhoben. der angefochtene bescheid sei ihm erst am 28. dezember 2017 zugestellt worden. dieses datum hat der kläger später auf den 20. dezember 2017 korrigiert. zur weiteren begründung seiner klage hat er sein vorbringen vor dem bundesamt insbesondere wie folgt ergänzt: er und zwei weitere neuankömmlinge hätten beschlossen, aus dem lager zu fliehen. sie hätten eine gelegenheit beim holzholen genutzt, als es bereits dunkel gewesen sei. an diesem tag sei ihr begleiter von der al-shabaab unaufmerksam gewesen, so dass es ihnen gelungen sei, sich unbemerkt davon zu schleichen. 5der kläger beantragt, 6die beklagte unter aufhebung der ziffern 1 und 3 bis 6 des bescheids des bundesamts für migration und flüchtlinge vom 30. november 2017 zu verpflichten, ihm die flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass abschiebungsverbote gemäß § 60 abs. 5 und 7 aufenthg für somalia vorliegen. 7die beklagte beantragt schriftsätzlich, 8die klage abzuweisen, 9und bezieht sich zur begründung auf ihre ausführungen im angefochtenen bescheid. 10mit beschluss vom 9. september 2019 hat die kammer das verfahren dem berichterstatter als einzelrichter zur entscheidung übertragen. dieser hat mit beschluss vom 3. april 2020 die bewilligung von prozesskostenhilfe und beiordnung der prozessbevollmächtigten des klägers abgelehnt. 11wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf die gerichts-akte, den verwaltungsvorgang des bundesamts (zwei dateien) und die ausländerakte des klägers (ein hefter) bezug genommen. 12 | 13das gericht kann trotz des ausbleibens der beklagten in der mündlichen verhandlung eine entscheidung treffen, da diese ordnungsgemäß geladen und mit der ladung gemäß § 102 abs. 2 vwgo darauf hingewiesen wurde, dass auch im falle ihres ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. 14a) die klage ist zulässig, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen klagefrist (§ 74 abs. 1 halbsatz 1 asylg) erhoben. aufgrund der vom kläger vorgelegten eidesstattlichen versicherung vom 8. november 2019 und dem von ihm vorgelegten aktenvermerk einer mitarbeiterin seiner prozessbevollmächtigten vom 3. januar 2018 steht zur überzeugung des gerichts fest, dass ihm der angefochtene bescheid erst am 20. dezember 2017 zugestellt wurde. zwar hat die beklagte vorgetragen, der angefochtene bescheid sei bereits am 1. dezember 2017 zur post gegeben worden. jedoch ist gerade in der weihnachtszeit eine längere postlaufzeit nicht ausgeschlossen. eine zustellungsurkunde liegt nicht vor. das datum der zustellung ist auch nicht auf dem vom kläger in kopie vorgelegten umschlag vermerkt, in dem der angefochtene bescheid übersandt wurde. weitere möglichkeiten, das datum der zustellung aufzuklären, liegen nicht vor. die beklagte hat mit schriftsatz vom 21. oktober 2019 sinngemäß vorgetragen, die deutsche post ag habe die den streitgegenständlichen zustellungsauftrag betreffenden daten bereits gelöscht. 15b) die klage ist aber unbegründet. dem kläger steht weder ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft noch ein anspruch auf zuerkennung des subsidiären schutzstatus oder auf feststellung eines abschiebungsverbots gemäß § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg zu. die abschiebungsandrohung und die vom bundesamt verfügte anordnung eines auf 30 monate ab dem tag der abschiebung befristeten einreise- und aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht zu beanstanden. 16i. ein anspruch auf zuerkennung der flüchtlingseigenschaft steht dem kläger nicht zu. es lässt sich nicht feststellen, dass ihm im falle seiner rückkehr nach somalia mit beachtlicher wahrscheinlichkeit 17- zur anwendbarkeit dieses maßstabs vgl. bverwg, urteile vom 27. april 2010 - 10 c 5.09 -, bverwge 136, 377, rn. 18 ff., und vom 1. märz 2012 - 10 c 7.11 -, buchholz 402.25 § 73 asylvfg nr. 43 (juris rn. 12); ovg nrw, urteil vom 2. juli 2013 - 8 a 2632/06.a -, juris rn. 255 ff. - 18verfolgung i.s.d. § 3 abs. 1 asylg droht. auf die verhältnisse in somalia ist abzustellen, weil das gericht aufgrund der insoweit glaubhaften angaben des klägers davon überzeugt ist, dass er aus buulo haji (auch buulo haaji, buulo xaaji), region lower juba, somalia stammt und die somalische staatsangehörigkeit besitzt. davon geht ausweislich des angefochtenen bescheids auch das bundesamt aus. 19beachtlich wahrscheinlich sind verfolgungsmaßnahmen, wenn bei einer zusammenfassenden würdigung des zur prüfung gestellten lebenssachverhalts die für eine verfolgung sprechenden umstände ein größeres gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden tatsachen überwiegen. dabei ist eine qualifizierende betrachtung im sinne einer gewichtung und abwägung aller festgestellten umstände und ihrer bedeutung vorzunehmen. es kommt darauf an, ob in anbetracht dieser umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen menschen in der lage des betroffenen furcht vor verfolgung hervorgerufen werden kann. 20vgl. bverwg, urteil vom 20. februar 2013 - 10 c 23.12 -, bverwge 146, 67, rn. 32. 21art. 4 abs. 4 der richtlinie 2011/95/eu des europäischen parlaments und des rates vom 13. dezember 2011 (abl. l 337, s. 9; sog. qualifikationsrichtlinie, im folgenden: rl 2011/95/eu) bestimmt ergänzend, dass die tatsache, dass ein antragsteller bereits verfolgt wurde bzw. von solcher verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter hinweis darauf ist, dass die flucht des klägers vor verfolgung begründet ist; es sei denn, stichhaltige gründe sprechen dagegen, dass der kläger erneut von solcher verfolgung bedroht wird. diese regelung privilegiert den von ihr erfassten personenkreis durch eine beweiserleichterung in form einer widerlegbaren tatsächlichen vermutung, indem sie in der vergangenheit liegenden umständen beweiskraft für ihre wiederholung in der zukunft beimisst. dadurch werden vorverfolgte asylbewerber von der notwendigkeit entlastet, stichhaltige gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden umstände bei rückkehr in ihr herkunftsland erneut realisieren. es gelten nicht die strengeren maßstäbe, die bei fehlender vorverfolgung anzulegen sind. die gemäß art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu begründete vermutung kann aber widerlegt werden. hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige gründe die wiederholungsträchtigkeit solcher verfolgung bzw. des eintritts eines solchen schadens entkräften. diese beurteilung obliegt tatrichterlicher würdigung im rahmen freier beweiswürdigung. 22vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2010 ‑ 10 c 5.09 -, bverwge 136, 377, rn. 18 ff. 23nach diesem maßstab erfüllt der kläger die voraussetzungen für die zuerkennung der flüchtlingseigenschaft nicht. bezugsort für die erforderliche gefahrenprognose ist der ort, an den der kläger im falle seiner rückkehr voraussichtlich zurückkehren würde. dass ist in der regel die herkunftsregion 24- vgl. eugh, urteil vom 17. februar 2009 - c-465/07 (elgafaji) -, nvwz 2009, 705, rn. 40; bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 13 f. (jeweils in bezug auf die zuerkennung des subsidiären schutzstatus) -, 25im vorliegenden fall also buulo haji und die region lower juba. die beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu kommt dem kläger nicht zugute, weil er zum zeitpunkt seiner ausreise aus somalia dort weder i.s.d. § 3 abs. 1 asylg verfolgt wurde noch unmittelbar von verfolgung bedroht war. anknüpfend daran ist auch nicht ersichtlich, dass der kläger im falle seiner rückkehr nach somalia dort mit beachtlicher wahrscheinlichkeit erstmals verfolgung ausgesetzt sein wird. 261. die vom kläger geschilderten ereignisse vor seiner ausreise aus somalia begründen keine vorverfolgung. das gericht vermag sich nicht davon zu überzeugen (§ 108 abs. 1 vwgo), dass diese vorkommnisse sich tatsächlich wie von ihm geschildert ereignet haben. vielmehr ist das gericht aus den nachstehend dargelegten gründen davon überzeugt, dass sein diesbezügliches vorbringen nicht glaubhaft ist: 27a) schon die angaben des klägers zur person sind widersprüchlich: das betrifft zunächst das geburtsdatum des klägers. in einem in der ausländerakten enthaltenen, am 1. juli 2015 vom kläger ausgefüllten selbstauskunftsbogen hat der kläger sein geburtsdatum mit xx.xx.xxxx angegeben. danach wäre er zu diesem zeitpunkt noch minderjährig gewesen. im folgenden hat der kläger dagegen stets den yy.yy.yyyy als geburtsdatum angegeben. in der mündlichen verhandlung hat er auf nachfrage bestätigt, dass er am zz.zz.zzzz geboren sei. auf die weitere frage, warum er anfang juli 2015 ein anderes geburtsdatum angegeben habe, hat der kläger geantwortet: 28"ich wollte mich jünger machen." 29ebenfalls widersprüchlich sind die angaben zur clanzugehörigkeit des klägers. in einem weiteren in der ausländerakte befindlichen, undatierten selbstauskunftsbogen hat der kläger unter der rubrik "qabiiladaada" (qaabiil = clanfamilie, vgl. https://de. wikipedia.org/ wiki/clansystem_der_somali) seine clanzugehörigkeit mit "jiidle" angegeben. dagegen hat er anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt und in der mündlichen verhandlung dargelegt, dass er zum clan cawro maleh bzw. awro male gehöre. in der mündlichen verhandlung hat er auf nachfrage, wie er sich diese abweichenden angaben erkläre, zunächst geantwortet: 30"das ist meine schrift. ich habe die frage nicht verstanden und dort etwas falsches hingeschrieben." 31im unklaren bleibt, inwiefern der selbstauskunftsbogen missverständlich gewesen sein soll, da dort in der angegebenen rubrik nur mit genau einem wort nach der "qabiiladaada" gefragt war. bevor das gericht eine entsprechende nachfrage an den kläger richten konnte, ergänzte der kläger von sich aus: 32"das ist ein sub-clan der awro male." 33dies widerspricht indes seiner vorherigen einlassung, er habe die frage nicht verstanden, und trifft auch inhaltlich nicht zu. der begriff "shiidle" ist eine von vielen bezeichnungen (z.b. jareer, gosha oder mushungli) für angehörige der somalischen bantu. 34vgl. austrian centre for country of origin and asylum research and documentation (accord), clans in somalia, dezember 2009, s. 18; bundesamt, minderheiten in somalia, juli 2010, s. 4 f.; united kingdom home office (ukho), somalia: majority clans and minority groups in south and central somalia, januar 2019, s. 20 f. 35dagegen werden die awro male (auch: cawramale oder awramale) entweder der clanfamilie der darod oder der clanfamilie der hawiye zugeordnet. 36vgl. accord, somalia: information zu einem clan namens cawramale (auch awramale), 15. juli 2016. 37auch die angaben des klägers zu seiner in somalia ausgeübten tätigkeit sind widersprüchlich. anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt heißt es diesbezüglich: 38"einen beruf habe ich nicht erlernt und auch nicht gearbeitet." 39dagegen hat der kläger in der mündlichen verhandlung auf die frage, ob er in somalia gearbeitet habe, geantwortet: 40"ja, in einer autowerkstatt. ich habe geholfen, motoren auszuwechseln und autos zu reparieren." 41diese angaben sind offensichtlich nicht miteinander zu vereinbaren. 42b) die angaben des klägers zu einem teil des von ihm berichteten kerngeschehens, seiner angeblichen flucht aus einem lager der al-shabaab, sind widersprüchlich. anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt hat der kläger diesbezüglich angegeben: 43"… wir sind nachts von dort abgehauen. …" 44in der klagebegründung hat die prozessbevollmächtigte des klägers hierzu wie folgt vorgetragen: 45"sie nutzten eine gelegenheit beim holz holen, als es bereits dunkel war. sie waren zu mehreren personen, die mit holzholen beauftragt waren. an dem tag als die flucht möglich war, war der begleiter der miliz unaufmerksam, so dass es dem kläger und den beiden weiteren jungen gelang, sich unbemerkt davon zu schleichen auf einem weg, den sie zuvor unauffällig hatten auskundschaften können." 46dieser schilderung lag - wie die prozessbevollmächtigte des klägers in der mündlichen verhandlung erklärt hat - ein gespräch mit dem kläger zugrunde, bei dem ein bekannter des klägers als dolmetscher fungierte. dagegen hat der kläger in der mündlichen verhandlung seine angebliche flucht aus dem lager der al-shabaab wie folgt geschildert: 47"es war in der nacht. die meisten as-kämpfer waren nicht da. einer, der uns bewacht hatte, ist mit uns geflohen. die meisten im lager haben geschlafen. damit man uns nicht hört, sind wir einzeln aus dem lager rausgegangen. wir sind nicht in die richtung der kämpfe gegangen, sondern in die andere richtung. gemeinsam irgendwann haben wir ein feuer gesehen. das waren die nomaden." 48diese angaben sind in zweifacher hinsicht widersprüchlich. dies betrifft zunächst den anlass, bei dem die flucht erfolgt sein soll. laut der schriftlichen schilderung seiner prozessbevollmächtigten soll die flucht anlässlich des sammelns von brennholz erfolgt sein. dagegen hat der kläger in der mündlichen verhandlung auf die frage seiner prozessbevollmächtigten, ob er beim brennholzsammeln geflüchtet sei, geantwortet: 49"ich habe beim brennholzsammeln oft an flucht gedacht. ich bin aber nicht geflohen, weil ich beim sammeln allein war und angst hatte, mich zu verlaufen." 50zudem war anlässlich der anhörung vor dem bundesamt keine rede davon, dass einer der bewacher zu den flüchtenden personen gehörte. in der schriftlichen darstellung der prozessbevollmächtigten, wird ein bewacher sogar ausdrücklich erwähnt; die flucht sei möglich gewesen, weil dieser unaufmerksam gewesen sei. erstmals in der mündlichen verhandlung hat der kläger erwähnt, dass ein bewacher zusammen mit dem kläger und einer weiteren person geflüchtet sei. da dieser umstand geeignet ist, maßgeblich zum erfolg einer flucht beizutragen, ist unerklärlich, dass der kläger diesen umstand nicht schon eher erwähnt hat. 51darüber hinaus widerspricht sich der vortrag des klägers zu seiner flucht auch bezüglich seiner rückkehr nach buulo haji nach einem zusammentreffen mit nomaden. anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt hat der kläger hierzu erklärt: 52"… wir haben dann nomaden getroffen, wir fragten sie, wo die nächste stadt wäre. die haben uns unseren heimatort erzählt, dass es zehn kilometer entfernt ist, den ort buulo haji. wir sind dann weiter gegangen. …" 53dagegen hat er in der mündlichen verhandlung auf die frage, ob sie vom lager der nomaden aus mit einem fahrzeug nach buulo haji gefahren seien oder ob sie zu fuß dorthin gegangen sei, geantwortet: 54"wir sind mit einem fahrzeug gefahren. die fahrt hat etwa vier stunden gedauert." 55schließlich sind auch die angaben des klägers zum sammeln von brennholz während seiner angeblichen gefangenschaft widersprüchlich. anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt hat der kläger sich hierzu wie folgt eingelassen: 56"einer von denen ging mit und hat dann immer gesagt: nehmt dies und das." 57dagegen hat der kläger in der mündlichen verhandlung - wie bereits dargelegt - ausgeführt, dass er alleine holz gesammelt habe und schon deshalb nicht anlässlich des sammelns von brennholz geflohen sei. 58die vorstehend aufgeführten widersprüche wurden dem kläger in der mündlichen verhandlung vorgehalten, konnten von ihm aber nicht ausgeräumt werden. auf die frage, warum er vor dem bundesamt nicht angegeben habe, dass er zusammen mit einem seiner bewacher geflüchtet sei, hat der kläger geantwortet: 59" ich habe immer nur auf die fragen geantwortet, die man mir gestellt hat." 60diese antwort ist angesichts dessen, dass er aufgefordert worden war, seine flucht aus der gefangenschaft detailliert zu schildern, nicht nachvollziehbar. auf vorhalt, dass ihm eine derart offen formulierte frage ermöglicht hätte anzugeben, dass er zusammen mit einem bewacher geflüchtet sei, entgegnete der kläger: 61" ich habe heute nur das erzählt, was ich miterlebt habe." 62dies ist ebenfalls nicht überzeugend, weil diese antwort nicht auf die fragestellung eingeht. 63außerdem wurde dem kläger in der mündlichen verhandlung vorgehalten, dass er anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt gesagt habe, dass nomaden ihm und seinen begleitern erzählt hätten, dass buulo haji nur 10 km entfernt liege und sie dann dorthin gegangen (und nicht gefahren) seien. dies hat er in abrede gestellt, obwohl ihm die entsprechende passage aus der niederschrift der anhörung vor dem bundesamt vorgelesen wurde. aus dem zur niederschrift gehörenden kontrollbogen ergibt sich zudem, dass dem kläger die anhörung rückübersetzt wurde. dies hat der kläger durch seine unterschrift bestätigt. angesichts dessen ist nicht nachvollziehbar, aus welchen gründen der kläger es unterlassen hat, die von ihm in der mündlichen verhandlung monierte fehlerhafte protokollierung seiner angaben zu rügen. damit konfrontiert, hat er in der mündlichen verhandlung angegeben: 64"wahrscheinlich war ich bei der rückübersetzung nicht aufmerksam genug." 65diese einlassung ist angesichts der offensichtlichkeit der angesprochenen widersprüche und der bedeutung der persönlichen anhörung für die entscheidung des bundesamts (und des gerichts) nicht nachvollziehbar. 66aufgrund einer gesamtschau der vorstehend dargelegten widersprüche gelangt das gericht zu der überzeugung, dass der kläger nicht über tatsächliche erlebnisse berichtet hat, sondern er sich eine "geschichte" ausgedacht hat, um seinen verbleib in deutschland zu ermöglichen. der umstand, dass er seinen eigenen angaben in der mündlichen verhandlung zufolge bewusst ein falsches geburtsdatum angegeben hat, um jünger zu erscheinen (und dadurch in den genuss einer förderung nach dem kinder- und jugendhilfegesetz zu kommen), beweist, dass der kläger bereit ist, die unwahrheit zu sagen, wenn er sich dafür vorteile für seinen verbleib in deutschland verspricht. 672. anhaltspunkte dafür, dass der kläger zum zeitpunkt seiner ausreise aus somalia an seinem letzten wohnort in buulo haji aus anderen gründen verfolgungshand-lungen i.s.d. § 3a asylg ausgesetzt war oder dass er im falle seiner rückkehr dort-hin solchen handlungen mit beachtlicher wahrscheinlichkeit erstmals ausgesetzt sein wird, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. aufgrund seiner clanzugehörigkeit ergibt sich eine solche verfolgungsgefahr jedenfalls nicht. dies gilt unabhängig davon, ob er dem clan der awro male oder den shiidle angehört. der kläger hat sich schon selbst nicht darauf berufen, aufgrund seiner clanzugehörigkeit verfolgt worden zu sein. 68ii. der kläger hat auch keinen anspruch auf zuerkennung des subsidiären schutzstatus. ein ausländer ist subsidiär schutzberechtigter, wenn er stichhaltige gründe für die annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem herkunftsland ein ernsthafter schaden droht (§ 4 abs. 1 satz 1 asylg). als ernsthafter schaden gelten gemäß § 4 abs. 1 satz 2 asylg die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (nr. 1), folter oder unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle bedrohung des lebens oder der unversehrtheit einer zivilperson infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten konflikts (nr. 3). §§ 3c bis 3e asylg gelten entsprechend (§ 4 abs. 3 satz 1 asylg), wobei an die stelle der verfolgung, des schutzes vor verfolgung bzw. der begründeten furcht vor verfolgung die gefahr eines ernsthaften schadens, der schutz vor einem ernsthaften schaden beziehungsweise die tatsächliche gefahr eines ernsthaften schadens und an die stelle der flüchtlingseigenschaft der subsidiäre schutz treten (§ 4 abs. 3 satz 2 asylg). 69ein ernsthafter schaden droht dem kläger in somalia nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit. 70zur anwendbarkeit dieses maßstabs auf die gewährung subsidiären schutzes vgl. bverwg, urteil vom 27. april 2010- 10 c 5.09 -, bverwge 136, 377, rn. 18 ff. zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f.; ovg nrw, urteil vom 17. august 2010- 8 a 4063/06.a -, juris rn. 35 ff zu § 60 abs. 2, 3 und 7 satz 2aufenthg a.f. 71dabei kann das gericht zu seinen gunsten unterstellen, dass er zum zeitpunkt seiner ausreise aus somalia unmittelbar von einem ernsthaften schaden bedroht war. trotzdem kommt dem kläger die somit anwendbare beweiserleichterung des art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu nicht zugute. zwar gilt diese beweiserleichterung, wie sich aus ihrer stellung in kapitel ii dieser richtlinie ("prüfung von anträgen auf internationalen schutz") ergibt, auch für die prüfung der gewährung subsidiären schutzes. jedoch ist die durch art. 4 abs. 4 rl 2011/95/eu begründete widerlegliche vermutung hier wiederlegt, weil im entscheidungserheblichen zeitpunkt der mündlichen verhandlung stichhaltige gründe dagegen sprechen, dass er (erneut) von einem solchen schaden bedroht wird. 721. im zeitpunkt der mündlichen verhandlung lässt sich nicht (mehr) feststellen, dass der kläger im falle seiner rückkehr nach buulo haji, region lower juba, infolge willkürlicher gewalt im rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten konflikts einer ernsthaften individuellen bedrohung seines lebens oder seiner unversehrtheit i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg ausgesetzt sein wird. diese norm entspricht trotz geringfügig abweichender formulierung den vorgaben des art. 15 lit. c) rl 2011/95/eu und ist in deren sinne auszulegen. 73vgl. bverwg, urteile vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 14) zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f. und art. 15 rl 2004/83/eg, sowie vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 16. 74a) ein innerstaatlicher bewaffneter konflikt liegt vor, wenn die regulären streitkräfte eines staats auf eine oder mehrere bewaffnete gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete gruppen aufeinandertreffen. nicht erforderlich ist, dass der innerstaatliche bewaffnete konflikt im sinne des humanitären völkerrechts als bewaffneter konflikt, der keinen internationalen charakter aufweist, einzustufen ist. auf einen bestimmten organisationsgrad der beteiligten bewaffneten kräfte kommt es ebenso wenig an wie auf eine bestimmte dauer des konflikts. eine besondere intensität des konflikts ist ebenfalls nicht voraussetzung. letztere ist nur bei der frage zu berücksichtigen, ob der grad willkürlicher gewalt ein so hohes niveau erreicht, dass er zu einer ernsthaften individuellen bedrohung des lebens oder der unversehrtheit von zivilpersonen führt. 75vgl. eugh, urteil vom 30. januar 2014 - c-285/12 (diakité) -, nvwz 2014, 573, rn. 20 ff. zu art. 15 rl 2004/83/eg; a.a. (orientierung am humanitären völkerrecht) noch bverwg, urteile vom 24. juni 2008 - 10 c 43.07 -, bverwge 131, 198, rn. 19 ff., sowie vom 27. april 2010 - 10 c 4.09 -, bverwge 136, 360, rn. 22 f., jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f. 76b) eine ernsthafte individuelle bedrohung für leib oder leben i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg liegt nicht schon dann vor, wenn ein bewaffneter konflikt zu einer permanenten gefährdung der bevölkerung und schweren menschenrechtsverletzungen führt. 77vgl. bverwg, urteil vom 13. februar 2014 - 10 c 6.13 -,infauslr 2014, 233 (juris rn. 24). 78erforderlich ist vielmehr, dass sich die von einem bewaffneten konflikt für eine vielzahl von zivilpersonen ausgehende - und damit allgemeine - gefahr in der person des klägers zu einer individuellen gefahr verdichtet. 79bverwg, urteile vom 24. juni 2008 - 10 c 43.07 -, bverwge 131, 198, rn. 34, und vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 17), jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f., sowie vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 19. 80eine solche verdichtung zu einer ernsthaften individuellen bedrohung für leib oder leben kann insbesondere auf gefahrerhöhenden persönlichen umständen beruhen. dies sind solche umstände, die bestimmte personen von der allgemeinen, ungezielten gewalt stärker betroffen erscheinen lassen als andere personen, etwa weil sie von berufs wegen gezwungen sind, sich nahe an möglichen gefahrenquellen aufzuhalten. möglich sind aber auch solche persönlichen umstände, aufgrund derer eine person zusätzlich der gefahr gezielter gewaltakte - etwa wegen ihres berufs, ihrer religiösen oder ethnischen zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine zuerkennung der flüchtlingseigenschaft in betracht kommt. 81vgl. eugh, urteil vom 17. februar 2009 - c-465/07 (elgafaji) -, nvwz 2009, 705, rn. 39 zu art. 15 rl 2004/83/eg; bverwg, urteile vom 27. april 2010 - 10 c 4.09 -, bverwge 136, 360, rn. 33, und vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 18), jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f., sowie vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 20. 82eine individualisierung der durch einen bewaffneten konflikt hervorgerufenen allgemeinen gefahr kann im ausnahmefall auch dann anzunehmen sein, wenn gefahrerhöhende persönliche umstände fehlen. davon ist aber nur dann auszugehen, wenn der den bestehenden bewaffneten konflikt kennzeichnende grad willkürlicher gewalt ein so hohes niveau erreicht, dass stichhaltige gründe für die annahme bestehen, dass eine zivilperson bei ihrer rückkehr in das betreffende land oder die betroffene (herkunfts-) region allein durch ihre anwesenheit in diesem gebiet tatsächlich gefahr liefe, einer solchen bedrohung ausgesetzt zu sein. dementsprechend hängt das für eine bejahung der voraussetzungen des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg erforderliche niveau willkürlicher gewalt davon ab, ob gefahrerhöhende persönliche umstände vorliegen oder nicht: liegen keine solchen umstände vor, ist ein besonders hohes niveau willkürlicher gewalt erforderlich; liegen solche umstände vor, kann auch ein geringeres niveau willkürlicher gewalt genügen. 83vgl. eugh, urteile vom 17. februar 2009 - c-465/07 (elga-faji) -, nvwz 2009, 705, rn. 35 und 39, und vom 30. januar 2014 - c-285/12 (diakité) -, nvwz 2014, 573, rn. 30 f., jeweils zu art. 15 rl 2004/83/eg; bverwg, urteile vom 27. april 2010 - 10 c 4.09 -, bverwge 136, 360, rn. 32 f., und vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 19), jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f., sowie vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 21 84c) unabhängig davon, ob die individuelle bedrohungssituation auf gefahrerhöhenden persönlichen umständen beruht oder ausnahmsweise auf die allgemeine lage im herkunftsland zurückgeht, sind feststellungen über das niveau willkürlicher gewalt in dem jeweiligen gebiet zu treffen. dazu ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative ermittlung der gesamtzahl der in dem betreffenden gebiet lebenden zivilpersonen einerseits und der akte willkürlicher gewalt andererseits, die von den konfliktparteien gegen leib oder leben von zivilpersonen in diesem gebiet verübt werden, notwendig. dabei sind nicht nur solche gewaltakte zu berücksichtigen, die die regeln des humanitären völkerrechts verletzen, sondern auch andere gewaltakte, die nicht zielgerichtet gegen bestimmte personen oder personengruppen, sondern wahllos ausgeübt werden und sich auf zivilpersonen ungeachtet ihrer persönlichen situation erstrecken. auf der grundlage dieser ermittlungen, die nicht auf einen auf alle konfliktlagen anzuwendenden "gefahrenwert" im sinne einer zwingend zu beachtenden mathematisch-statistischen mindestschwelle abzielt, ist eine wertende gesamtbetrachtung mit blick auf die anzahl der opfer und die schwere der schädigungen (todesfälle und verletzungen) bei der zivilbevölkerung vorzunehmen. 85vgl. bverwg, urteile vom 27. april 2010 - 10 c 4.09 -, bverwge 136, 360, rn. 33 f., und vom 13. februar 2014 - 10 c 6.13 -, inf-auslr 2014, 233 (juris rn. 24), jeweils zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f., beschluss vom 8. märz 2018 - 1 b 7.18 - juris rn. 3, und urteil vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 21; ovg nrw, beschluss vom 10. januar 2019 - 9 a 4590/18.a -, juris rn. 28 ff. 86zu dieser wertenden betrachtung gehört insbesondere auch die würdigung der medizinischen versorgungslage in dem jeweiligen gebiet, von deren qualität und erreichbarkeit die schwere eingetretener körperlichen verletzungen mit blick auf die den opfern dauerhaft verbleibenden verletzungsfolgen abhängen kann. 87vgl. bverwg, urteil vom 17. november 2011 - 10 c 13.10 -, auas 2012, 64 (juris rn. 23) zu § 60 abs. 7 satz 2 aufenthg a.f. 88d) bei anlegung des vorstehend dargelegten maßstabs liegen die voraussetzungen des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg für buulo haji und die region lower juba im zeitpunkt der mündlichen verhandlung nicht (mehr) vor. zwar herrscht dort weiterhin ein innerstaatlicher bewaffneter konflikt [aa)]. jedoch geht von diesem konflikt im falle der rückkehr des klägers dorthin keine ernsthafte individuelle bedrohung für ihn aus, weil ihm dort aufgrund dieses konflikts nicht mit beachtlicher wahrscheinlichkeit ein schaden an leib oder leben droht [bb)]. 89aa) in buulo haji herrscht wie in der gesamten region lower juba weiterhin ein innerstaatlicher bewaffneter konflikt. in diesem konflikt stehen sich die von der hawiye-clanfamilie dominierte somalische armee (somali national armed forces - snaf), die somalische polizei (somali police forces - spf), somalische truppen zur terrorismusbekämpfung (national intelligence and security agency - nisa), truppen der friedensmission der afrikanischen union in somalia (amisom) und truppen des regionalstaats jubbaland auf der einen seite und kämpfer der al-shabaab auf der anderen seite gegenüber. darüber hinaus kommt es auch zu bewaffneten auseinandersetzungen zwischen angehörigen verschiedener clans. 90vgl. european asylum support office (easo), somalia: security situation, dezember 2017, s. 68 ff.; bundesamt für fremdenwesen und asyl der republik österreich (bfa), länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 24 ff.; ministerie van buitenlandse zaken des königreichs der niederlande (mbz), algemeen amtsbericht somalie, märz 2020, s.19 f.; accord, somalia: sicherheitslage, 15. april 2020, s. 3; united nations security council (unsc), situation in somalia - report of the secretary general, 13. mai 2020, s. 3 f. 91die allgemeine situation in somalia (1) sowie die sicherheitslage in buulo haji und der region lower juba (2) stellen sich wie folgt dar. aufgrund dieser erkenntnisse gelangt das gericht zu dem ergebnis, dass dort weiterhin ein bewaffneter konflikt ausgetragen wird, der als bewaffneter innerstaatlicher konflikt i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg zu qualifizieren ist (3). 92(1) seit beginn des bürgerkriegs im jahre 1988 und dem sturz des präsidenten siad barre im jahre 1991 ist somalia ohne einheitliche staatsgewalt. die autorität der zentralregierung wird insbesondere von der nach unabhängigkeit strebenden republik somaliland im nordwesten sowie von der die regierung bekämpfenden radikal-islamistischen al-shabaab-miliz in frage gestellt. das land zerfällt faktisch in drei teile, nämlich die unabhängigkeit beanspruchende republik somaliland im nordwesten, die autonome region puntland im nordosten und süd- und zentralsomalia. während sich in somaliland und puntland vergleichsweise stabile staatliche strukturen etabliert haben, herrscht in süd- und zentralsomalia in vielen gebieten noch immer bürgerkrieg. dort kämpfen somalische sicherheitskräfte mit unterstützung der amisom-truppen gegen kämpfer der al-shabaab. neben diesen hauptkonfliktparteien sind noch einige weitere gruppierungen - wie z.b. die religiös orientierte ahlu sunna wal jamaa (aswj), die im norden zentralsomalias operierenden truppen der galmudug interim administration (gia) oder die im süden somalias operierenden truppen der jubbaland interim administration (jia) - sowie clanmilizen an den bewaffneten auseinandersetzungen beteiligt. 93vgl. bundesverwaltungsgericht (bvwg) österreich, urteil vom 23. mai 2016 - w 149 1427520-1 -, www.ris.bka. gv.at (abgerufen am 5. september 2016), s. 8 f.; vgh baden-württemberg, urteil vom 17. juli 2019 - a 9 s 1566/18 -, juris rn. 35; easo, somalia: security situation, dezember 2017, s. 21 ff. und 62; auswärtiges amt (aa), bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der bundesrepublik somalia, 4. märz 2019, s. 5; bertelsmann stiftung (bs), bti 2020 country report - somalia, 2020, s. 6 ff. 94dementsprechend stehen süd- und zentralsomalia nicht unter einheitlicher kontrolle. die meisten größeren städte sind in der hand der regierung und der mit ihr verbündeten amisom-truppen. diese liegen jedoch häufig wie inseln in von al-shabaab kontrollierten gebieten, weil weite ländliche gebiete, nämlich bis zu 20 % des gesamtterritoriums somalias, weiterhin unter kontrolle der al-shabaab stehen. weitere gebiete, insbesondere an den grenzen zu kenia im süden und äthiopien im westen, stehen unter der kontrolle weiterer am konflikt beteiligter gruppen. 95vgl. easo, somalia: security situation, dezember 2017, s. 43, sowie die karte "somalia - areas of influence as of july 2017 - abgedruckt in: easo, somalia: security situation, dezember 2017, s. 62; easo, security situation in gedo region, 4. dezember 2019, s. 3 (karte 2); mbz, algemeen amtsbericht somalie, märz 2020, s. 26; danish immigration service (dis), south and central somalia: security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, juli 2020, s. 8. 96obwohl die somalischen regierungstruppen und die mit ihnen verbündeten amisom-truppen ihre gegen al-shabaab gerichteten militärischen aktivitäten weiter ausgeweitet haben und obwohl amerikanische truppen 2018 und 2019 weiter zahlreiche drohnenangriffe gegen führungspersonen und einrichtungen von al-shabaab ausgeführt haben, hat die militärische schlagkraft der al-shabaab kaum abgenommen. al-shabaab ist weiterhin in der lage, komplexe militärische angriffe auszuführen und verlorene gebiete zurückzuerobern. zudem soll al-shabaab inzwischen in der lage sein, sprengstoff selbst zu produzieren. die politische blockade zwischen zentralstaat und den einzelnen bundesstaaten hemmt den kampf gegen al-shabaab. 97the heritage institute (thi), state of somalia report, januar 2020, s. 11; mbz, algemeen amtsbericht somalie, märz 2020, s. 13 ff. commissariaat-generaal voor de vluchtlingen en de staatlozen des königreichs belgien (cgvs), somalie - veiligheidssituatie in mogadishu, 21. april 2020, s. 11 ff; 98(2) der machtbereich der jubbaland interim administration erstreckt sich nominelll auf die regionen lower juba, middle juba und gedo. tatsächlich wird ein großteil dieses gebiets aber von al-shabaab beherrscht, weil die jubbaland interim administration und die mit ihr verbündeten amisom-truppen nicht über die kapazitäten verfügen, das gesamte gebiet zu kontrollieren. kismayo steht unter kontrolle der jubbaland interim administration, allerdings endet der von ihr kontrollierte bereich bereits einige kilometer außerhalb der stadt. ebenfalls unter kontrolle der jubbaland interim administration stehen afmadow und bilis qoqani. auch dhobley, das als sichere stelle für einen grenzübertritt gilt, und kolbiyow befinden sich in der hand staatlicher truppen und ihrer verbündeten. mitte märz 2020 sollen die somalische armee und amisom-truppen jamaale erobert haben. dagegen stehen weite teile des ländlichen raumes der region lower juba mehr oder weniger unter kontrolle der al-shabaab. 99vgl. bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 24 f.; mbz, algemeen amtsbericht somalie, märz 2020, s. 19 f.; unsc, situation in somalia - report of the secretary general, 13. mai 2020, s. 3. 100die auseinandersetzungen in lower juba sind geprägt durch wechselseitige angriffe der gegen al-shabaab kämpfenden truppen und verbänden der al-shabaab aufeinander. im februar 2020 kam es auch zu clankonflikten mit mindestens 20 toten. darüber hinaus bestehen spannungen zwischen milizen, die zum bundesstaat jubbaland, zu dem auch die region lower juba gehört, halten, und der somalischen armee. diese spannungen haben im februar und märz 2020 in der nördlich von lower juba gelegenen region gedo zu bewaffneten auseinandersetzungen zwischen den kontrahenten geführt. 101vgl. mbz, algemeen amtsbericht somalie, märz 2020, s.19 f.; accord, somalia: sicherheitslage, 15. april 2020, s. 3; unsc, situation in somalia - report of the secretary general, 13. mai 2020, s. 3 f.; international crisis group (icg), ending the dangerous standoff in southern somalia, 14. juli 2020, s. 6. 102das armed conflict location & event data project (acled) registrierte 2015 für die region lower juba 180 sicherheitsrelevante vorfälle mit 397 toten und für somalia 2.355 vorfälle mit insgesamt 4.096 toten 103vgl. accord, somalia, jahr 2015: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 4. februar 2016 -, 1042016 für lower juba 192 vorfälle mit 678 toten und für somalia 2.600 vorfälle mit insgesamt 5.572 toten 105- vgl. accord, somalia, jahr 2016: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 9. februar 2017 -, 1062017 für lower juba 205 vorfälle mit 618 toten und für somalia 3.034 vorfälle mit insgesamt 5.934 toten 107- vgl. accord, somalia, jahr 2017: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled),easo, somalia security situation, 18. juni 2018 -, 1082018 für lower juba 210 vorfälle mit 643 toten und für somalia 2.823 vorfälle mit insgesamt 5.101 toten 109- vgl. accord, somalia, jahr 2018: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 22. juni 2020 -, 1102019 für lower juba 219 vorfälle mit 322 toten und für somalia 2519 vorfälle mit 4038 toten 111- vgl. accord, somalia, jahr 2019: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled),easo, somalia security situation, 22. juni 2020 - 112und im 1. quartal 2020 für lower juba 60 mit 131 toten und für somalia 618 vorfälle mit 752 toten. 113vgl. accord, somalia, 1. quartal 2020: kurzübersicht über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project (acled), 23. juni 2020. 114bei den registrierten vorfällen handelt es sich überwiegend um zusammenstöße zwischen staatlichen sicherheitskräften und amisom-truppen einerseits und al-shabaab andererseits. dementsprechend sind die registrierten todesopfer überwiegend kämpfer, auch wenn die kämpfe zwischen den konfliktparteien immer wieder zivile opfer verursachen. 115vgl. easo, somalia security situation, dezember 2017, s. 71 f.; mbz, algemeen amtsbericht somalie, märz 2020, s.19 f.; accord, somalia: sicherheitslage, 15. april 2020, s. 3; unsc, situation in somalia - report of the secretary general, 13. mai 2020, s. 3 f.; icg, ending the dangerous standoff in southern somalia, 14. juli 2020, s. 6. 116(3) aufgrund der vorstehend dargestellten sicherheitslage in der region lower juba sind die dort herrschenden bewaffneten konflikte als bewaffneter innerstaatlicher konflikt i.s.d. § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg zu qualifizieren. 117vgl. niedersächsisches ovg, urteil vom 5. dezember 2017 - 4 lb 50/16 -, juris rn. 40 ff.; offen gelassen vom hessischen vgh, urteil vom 14. oktober 2019 - 4 a 1575/19.a -, juris rn. 42. 118ausschlaggebend hierfür sind die gesamtzahl der sicherheitsrelevanten vorfälle sowie die anhaltenden zusammenstöße zwischen somalischen sicherheitskräften und amisom-truppen einerseits und kämpfern der al-shabaab andererseits sowie die anhaltenden kämpfe zwischen clanmilizen. dabei geht das gericht davon aus, dass sowohl die zahl der vorfälle als auch die der todesopfer nicht vollständig und die zahl der verletzten überhaupt nicht erfasst wird [s.u. bb) (2)]. 119bb) von dem in der region lower juba und buulo haji weiterhin herrschenden innerstaatlichen bewaffneten konflikt geht im falle der rückkehr des klägers dorthin keine ernsthafte individuelle bedrohung für ihn aus. 120(1) gefahrerhöhende umstände in der person des klägers liegen nicht vor. er gehört zu keiner gruppe, die in buulo haji einem erhöhtem risiko von übergriffen ausgesetzt ist. 121bestimmte personengruppen sind einem erhöhten risiko ausgesetzt, opfer eines anschlags der al-shabaab zu werden. dies gilt insbesondere dann, wenn sie keine steuern an al-shabaab entrichten. im übrigen weisen die betroffenen personen die gemeinsamkeit auf, dass sie - aus sicht der al-shabaab - die somalische regierung unterstützen. hierzu gehören angehörige der sicherheitskräfte, regierungsmitglieder und regierungsnahe politiker, regierungs- und verwaltungsangestellte, richter, mitarbeiter von un-organisationen sowie von nationalen und internationalen nichtregierungsorganisationen einschließlich mitarbeiter humanitärer organisationen und angehörige diplomatischer missionen, aber auch akteure der zivilgesellschaft wie z.b. friedensaktivisten, clanälteste, journalisten oder geschäftsleute und personen, die am letzten wahlprozess mitgewirkt haben. 122vgl. ovg rheinland-pfalz, urteil vom 16. dezember 2015 - 10 a 10689/15 -, asylmagazin 2016, 29 (juris rn. 45); bvwg österreich, urteil vom 23. mai 2016 - w 149 1427520-1 -, www.ris.bka.gv.at (abgerufen am 5. september 2016), s. 10; easo, süd- und zentralsomalia: länderüberblick, august 2014, s. 82 und 113; unhcr, position on returns to southern and central somalia (update i), mai 2016, s. 6; ukho, south and central somalia: fear of al-shabaab, juli 2017, s. 21 ff.; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 105 f.; mbz, algemeen amtsbericht somalie, märz 2020, s. 17 und 37; cgvs, somalie - veiligheidssituatie in mogadishu, 21. april 2020, s. 11 und 32 f; dis, south and central somalia: security situation, forced recruitment, and conditions for retur-nees, juli 2020, s. 3 und 11. 123zu diesen personen gehört der kläger nicht. es ist auch nicht ersichtlich, dass der kläger in buulo haji anderweitig gefahr läuft, ins visier der al-shabaab zu geraten. aufgrund der von ihm geschilderten ereignisse droht ihm dies - wie bereits unter i. dargelegt - jedenfalls nicht. 124gefahrerhöhende umstände ergeben sich auch nicht daraus, dass der kläger von einem längeren auslandsaufenthalt zurückkehrt. 125vgl. ovg rheinland-pfalz, urteil vom 16. dezember 2015- 10 a 10689/15 -, asylmagazin 2016, 29 (juris rn. 41); bayrischer vgh, urteil vom 17. märz 2016 - 20 b 13.30233 -, juris rn. 25; niedersächsisches ovg, urteil vom 5. dezember 2017 - 4 lb 50/16 -, juris rn. 51; a.a. vg darmstadt, urteil vom 18. mai 2016 - 3 k 977/14.da.a. -, juris rn. 40. 126zwar sieht al-shabaab rückkehrer aus westlichen ländern möglicherweise als spione der regierungstruppen an. 127vgl. easo, süd- und zentralsomalia: länderüberblick, august 2014, s. 113; dis, south and central somalia: security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, juli 2020, s. 17. 128jedoch ergibt sich insbesondere angesichts dessen, dass in letzter zeit viele somalier aus dem ausland und viele somalische binnenvertriebene in ihre heimatregion zurückgekehrt sind, jedenfalls für rückkehrer, die sich unauffällig verhalten, keine ernsthafte bedrohung. 129vgl. hessischer vgh; urteil vom 1. august 2019 - 4 a 2334/18.a -, juris rn. 49; easo, süd- und zentralsomalia: länderüberblick, august 2014, s. 82, 113 und 125 f.; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 107, 119, 128 und 136; dis, south and central somalia: security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, juli 2020, s. 17. 130(2) der den innerstaatlichen bewaffneten konflikt in der region lower juba und buulo haji kennzeichnende grad willkürlicher gewalt erreicht kein so hohes niveau, dass stichhaltige gründe für die annahme bestehen, dass eine zivilperson bei ihrer rückkehr dorthin allein durch ihre anwesenheit in diesem gebiet tatsächlich gefahr liefe, einer solchen bedrohung ausgesetzt zu sein. die hierfür erforderliche gefahrendichte ist in der region lower juba und buulo haji nicht gegeben, auch wenn es dort - wie unter aa) (2) dargelegt - immer wieder zu bewaffneten zwischenfällen kommt. 131vgl. niedersächsisches ovg, urteil vom 5. dezember 2017 - 4 lb 50/16 -, juris rn. 44 ff.; hessischer vgh, urteil vom 14. oktober 2019 - 4 a 1575/19.a -, juris rn. 42 ff. 132in der region lower juba leben laut einer mit hilfe des united nations population fund (unfpa) von oktober 2013 bis märz 2014 durchgeführte bevölkerungserhebung etwa 490.000 einwohner. 133vgl. unfpa, population estimation survey 2014 for the 18 pre-war regions of somalia, oktober 2014, s. 25 und 111; easo, somalia security situation, dezember 2017, s. 86. 134die zahl der zivilpersonen, die in der region lower juba opfer des dort ausgetragenen innerstaatlichen bewaffneten konflikts geworden sind, lässt sich mangels belastbarer erhebungen nicht verlässlich einschätzen. das austrian centre for country of origin and asylum research and documentation weist in seinen kurzübersichten über vorfälle aus dem armed conflict location & event data project [s.o. aa) (2)] darauf hin, dass es aufgrund der erhebungsmethode (auswertung öffentlich zugänglicher sekundärquellen) zu einer nichterfassung von vorfällen und insbesondere von opfern kommen kann. hinzu kommt, dass diese kurzübersichten nur todesopfer, nicht aber auch verletzte erfassen. andererseits unterscheiden die auf den acled-erhebungen basierenden kurzübersichten auch nicht zwischen zivilen und militärischen todesopfern. 135vgl. acled, frequently asked questions, http://www.acledda ta.com/frequently-asked-questions/ (abgerufen am 7. september 2016). 136letzteres ist im rahmen der prüfung des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 3 asylg aber geboten, weil diese vorschrift nur auf gefahren für die zivilbevölkerung abstellt. 137vgl. bverwg, urteil vom 24. juni 2008 - 10 c 43.07 -,bverwge 131, 198, rn. 35. 138trotz dieser mängel sind die vorhandenen daten aber nicht vollständig unverwertbar. vielmehr können die aus ihnen gezogenen schlüsse als anhaltspunkte in die vorzunehmende gesamtbewertung eingestellt werden. 139vgl. niedersächsisches ovg, urteil vom 5. dezember 2017 - 4 lb 50/16 -, juris rn. 45; hessischer vgh; urteil vom 1. august 2019 - 4 a 2334/18.a -, juris rn. 41 ff.; ukut, urteil vom 10. september 2014 - moj & ors (return to mogadishu) somalia cg [2014] ukut 00442 (iac) -, rn. 379; landinfo, somalia: violence, fatalities, perpetrators and victims in mogadishu, 27. februar 2017, s. 2; a.a. wohl vg darmstadt, urteil vom 18. mai 2016 - 3 k 977/14.da.a. -, juris rn. 37, unklar ovg rheinland-pfalz, urteil vom 16. dezember 2015 - 10 a 10689/15 -, asylmagazin 2016, 29 (juris rn. 43 ff.); bayrischer vgh, urteil vom 17. märz 2016 - 20 b 13.30233 -, juris rn. 26 f. 140ausgehend von den vorstehend unter aa) (2) dargelegten daten ergibt sich für die region lower juba für das jahr 2015 ein tötungsrisiko von etwa 1:1.150, für 2016 von etwa 1:700, für 2017 von etwa 1:750, für 2018 von etwa 1:700, für 2019 von etwa 1:2.000 und für 2020 von etwa 1:900; die werte für 2016 bis 2018 und 2020 liegen unter 0,2 %, die übrigen werte liegen unter 1 ‰. dabei hat das gericht die einwohnerzahl der region lower juba basierend auf der vorstehend zitierten erhebung des united nations population fund (unfpa) mit 460.000 angesetzt. dieser wert liegt mit einem sicherheitsabschlag von etwa 5 % auf der sicheren seite, zumal er das allgemeine bevölkerungswachstum in somalia von jährlich etwa 2,8 % 141- vgl. unfpa, population estimation survey 2014 for the 18 pre-war regions of somalia, oktober 2014, s. 44 - 142ebenfalls nicht berücksichtigt. für 2020 wurden die opferzahlen für das erste quartal auf ein jahr hochgerechnet. selbst unter der annahme, dass auf einen registrierten toten zehn weitere tote oder verletzte kommen, ergäbe sich für 2015 ein tötungs- und verletzungsrisiko von etwa 1:110, für 2016 von etwa 1:60, für 2017 von etwa 1:65, für 2018 ebenfalls von etwa 1:65, für 2019 von etwa 1:130 und für 2020 von etwa 1:80; die werte für 2016 bis 2018 und 2020 liegen unter 2 %, die übrigen werte liegen unter 1 %. dabei ist zu beachten, dass diese zahlen zivile und militärische opfer erfassen, was zu einer überhöhung des todes- und verletzungsrisikos für zivilisten führt. 1432016 sollen nämlich "nur" der in der region lower juba registrierten 86 vorfälle mit etwa 120 toten und von januar bis august 2017 "nur" 59 der dort registrierten vorfälle mit etwa 100 toten unmittelbar gegen zivilisten gerichtet gewesen sein. 144vgl. easo, somalia security situation, dezember 2017, s. 89 f. 145zwischen januar und oktober 2018 sollen in ganz somalia 1.117 zivilisten getötet oder verletzt worden sein. 146vgl. united states department of state (usdos), somalia 2019 human rights report, 11. märz 2020, s. 11. 147im zeitraum vom 5. mai bis zum 4. august 2019 sollen für ganz somalia 322 zivile opfer zu verzeichnen gewesen sein 148- vgl. unsc, report of the secretary-general on somalia, 15. august 2019, s. 9 -; 149im zeitraum vom 5. august bis zum 4. november 2019 wurden 124 zivile opfer 150- vgl. unsc, report of the secretary-general on somalia, 15. november 2019, s. 8 -, 151im zeitraum vom 5. november 2019 bis zum 4. februar 2020 183 getötete und 267 verletzte zivilisten und im zeitraum vom 5. februar bis zum 4. mai 2020 158 getötete und 119 verletzte zivilisten 152- vgl. unsc, situation in somalia - report of the secretary-general, 13. mai 2020, s. 7 f. - 153registriert. im vergleich zu den acled-daten zeigen diese zahlen, dass es sich bei den registrierten todesopfern überwiegend nicht um zivilisten handelt. 154bereits diese überlegungen legen nahe, dass keine stichhaltigen gründe für die annahme bestehen, dass der kläger bei seiner rückkehr nach buulo haji gefahr liefe, allein durch seine dortige anwesenheit verletzt oder getötet zu werden. dieses zwischenergebnis wird durch die gesamtbewertung der aktuellen situation in buulo haji und der region lower juba bestätigt: 155(a) zwar ist die medizinische versorgung in somalia äußerst mangelhaft, so dass verletzungen eher zum tod oder zu gravierenden bleibenden schäden führen, als bei einer akzeptablen medizinischen versorgung. schätzungsweise 80 % der bevölkerung haben an ihrem wohnort keinen zugang zu medizinischer versorgung. aus diesem grund reisen menschen in die städte, um dort medizinisch versorgt zu werden. im innersomalischen vergleich scheint die medizinische versorgung in mogadischu noch am besten zu sein, ohne aber ein akzeptables niveau zu erreichen. die öffentlichen krankenhäuser sind unterfinanziert und sowohl personell als auch in bezug auf geräte und medikamente unzureichend ausgestattet. zudem wird ihre arbeit durch die mangelhafte sicherheitslage behindert. maßnahmen internationaler hilfsorganisationen zur verbesserung der gesundheit mussten immer wieder wegen kampfhandlungen oder anordnungen örtlicher machthaber unterbrochen werden. 156vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 17. juli 2019 - a 9 s 1566/18 -, juris rn. 39; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 132 f.; aa, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der bundesrepublik somalia, 4. märz 2019, s. 20. 157(b) andererseits ist in die gesamtbewertung einzustellen, dass sich die meisten aktionen von al-shabaab nicht direkt gegen die "einfache" zivilbevölkerung, sondern in erster linie gegen angehörige der sicherheitskräfte, regierungsmitglieder und regierungsnahe politiker, regierungs- und verwaltungsangestellte, richter, mitarbeiter von un-organisationen sowie von nationalen und internationalen nichtregierungsorganisationen einschließlich mitarbeiter humanitärer organisationen und angehörige diplomatischer missionen, aber auch akteure der zivilgesellschaft wie z.b. friedensaktivisten, clanälteste, journalisten oder geschäftsleute und personen, die am letzten wahlprozess teilgenommen haben, richtet. zwar kommen bei angriffen auf diese personen, insbesondere bei bombenanschlägen, immer wieder unbeteiligte personen zu schaden. insgesamt scheint al-shabaab aber bemüht, kollateralschäden zu vermeiden, um seiner reputation bei der zivilbevölkerung nicht weiter zu schaden. dementsprechend beschränkt sich das risiko der "einfachen" zivilbevölkerung, opfer eines anschlags zu werden, vor allem darauf, "zur falschen zeit am falschen ort zu sein." 158vgl. ovg rheinland-pfalz, urteil vom 16. dezember 2015- 10 a 10689/15 -, asylmagazin 2016, 29 (juris rn. 45); niedersächsisches ovg, urteil vom 5. dezember 2017 - 4 lb 50/16 -, juris rn. 59; hessischer vgh, urteil vom 1. august 2019 - 4 a 2334/18.a -, juris rn. 45; bvwg österreich, urteil vom 23. mai 2016 - w 149 1427520-1 -, www.ris.bka.gv.at (abgerufen am 5. september 2016), s. 10; easo, süd- und zentralsomalia: länderüberblick, august 2014, s. 82 und 113; unhcr, position on returns to southern and central somalia (update i), mai 2016, s. 6; ukho, south and central somalia: fear of al-shabaab, juli 2017, s. 21; easo, somalia: security situation, dezember 2017, s. 81; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 32 und 107; mbz, algemeen amtsbericht somalie, märz 2020, s. 17 und 37; cgvs, somalie - veiligheidssituatie in mogadishu, 21. april 2020, s. 11 und 32 f.; dis, south and central somalia: security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, juli 2020, s. 3 und 11. 159dürfte danach eine erhebliche anzahl der zivilen opfer den von al-shabaab ins visier genommenen risikogruppen angehören, sinkt das risiko für die "einfache" zivilbevölkerung, opfer eines solchen anschlags zu werden, beträchtlich ab. 160(c) hinzu kommt, dass "einfache" zivilisten, ihr risiko, zufällig opfer eines anschlags zu werden, zwar nicht vollständig ausschließen, zumindest aber minimieren können, indem sie gebiete oder einrichtungen meiden, die von al-shabaab bevorzugt angegriffen werden. dazu gehören vor allem hotels und restaurants, in denen angehörige der streitkräfte, mitglieder oder mitarbeiter der regierung oder mitarbeiter internationaler organisationen verkehren, regierungseinrichtungen sowie stellungen und stützpunkte von regierungskräften und amisom. 161vgl. ovg rheinland-pfalz, urteil vom 16. dezember 2015- 10 a 10689/15 -, asylmagazin 2016, 29 (juris rn. 45); accord, ecoi.net-themendossier zu somalia: al-shabaab: zeitachse von ereignissen seit april 2014, 15. januar 2016, s. 2 ff.; easo, somalia: security situation, dezember 2017, s. 83. 162eine weitgehende meidung dieser gebiete und einrichtungen ist "einfachen" zivilisten zuzumuten. 163vgl. ukut, urteil vom 10. september 2014 - moj & ors (return to mogadishu) somalia cg [2014] ukut 00442 (iac) -, rn. 387 ff.; a.a. vg cottbus, beschluss vom 17. januar 2018- 6 l 322/16.a - juris rn. 21 ("lebensfremd"). 1642. folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende behandlung oder bestrafung (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg) drohen dem kläger zum zeitpunkt der mündlichen verhandlung in buulo haji und der region lower juba ebenfalls nicht. 165a) die auslegung des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg ist an der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte (egmr) zu art. 3 der konvention zum schutze der menschenrechte und grundfreiheiten vom 4. november 1950 (bgbl 1952 ii s. 685; im folgenden: emrk) zu orientieren. 166vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 22 zu § 60 abs. 2 aufenthg a.f. mit ausführlicher begründung. 167diese norm bestimmt, dass niemand der folter oder unmenschlicher oder erniedrigender strafe oder behandlung unterworfen werden darf. nach der ständigen rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte schließt art. 3 emrk die abschiebung einer person in einen staat aus, in dem ihr zum zeitpunkt der gerichtlichen entscheidung mit beachtlicher wahrscheinlichkeit ("real risk") eine solche behandlung droht. 168vgl. egmr, urteile vom 7. juli 1989 - 14038/88 (soering/vereinigtes königreich) -, njw 1990, 2183, rn. 91, vom 28. februar 2008 - 37201/06 (saadi/italien) -, nvwz 2008, 1330, rn. 125 und 133, und vom 28. juni 2011 - 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 212 und 215. 169bei der prüfung, ob dies der fall ist, stellt der europäische gerichtshof für menschenrechte auf den zielort der abschiebung ("point of return") ab und fragt ergänzend, ob eine interne fluchtalternative ("internal flight alternative") besteht. 170vgl. egmr, urteil vom 28. juni 2011 - 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 212, 265, 301 ff. und 309 ff.; s.a. bverwg, urteil vom 31. januar 2013- 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 26. 171damit eine misshandlung von art. 3 emrk erfasst wird, muss sie ein mindestmaß an schwere erreichen. ob dieses mindestmaß erreicht ist, hängt von den umständen des einzelfalls ab, insbesondere von der dauer der behandlung und ihren physischen und psychischen auswirkungen sowie in einigen fällen auch vom geschlecht, dem alter und dem gesundheitszustand der betroffenen person. um zu entscheiden, ob eine verletzung des art. 3 emrk droht, ist zu untersuchen, welche konsequenzen eine abschiebung der betroffenen person in den betreffenden staat voraussichtlich haben wird. dabei sind sowohl die dortige allgemeine lage als auch die persönlichen umstände der betroffenen person zu beachten. 172vgl. egmr, urteile vom 28. februar 2008 - 37201/06 (saadi/ italien) -, nvwz 2008, 1330, rn. 130 und 134, und vom 28. juni 2011 - 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 213 und 216. 173geht die gefahr einer verletzung des art. 3 emrk von personen aus, die nicht im dienst des staates stehen, kommt es darauf an, ob die behörden dieses staates in der lage sind, dieser gefahr durch angemessene schutzmaßnahmen vorzubeugen. 174vgl. egmr, urteile vom 17. juli 2008 - 25904/07 (n.a./verei-nigtes königreich) -, hudoc rn. 110, und vom 28. juni 2011- 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 213. 175unbeachtlich ist, ob die gefahr von einer situation allgemeiner gewalt, einem persönlichen merkmal der betroffenen person oder einer kombination von beidem ausgeht. allerdings begründet nicht jede situation allgemeiner gewalt die beachtliche wahrscheinlichkeit einer verletzung des art. 3 emrk. vielmehr ist eine solche situation nur in extremen ausnahmefällen intensiv genug, um eine solche gefahr zu begründen, wenn nämlich eine beachtliche wahrscheinlichkeit ("real risk") von misshandlungen einfach aufgrund dessen besteht, dass eine person einer solchen gewalt bei rückkehr ausgesetzt wäre. 176vgl. egmr, urteile vom 28. juni 2011 - 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereingtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 218, und vom 10. september 2015 - 4601/14 (r.h./schweden) -, hudoc rn. 60. 177entscheidend ist, ob das gewaltniveau eine intensität erreicht, dass jedem, der sich in dem betroffenen gebiet aufhält mit beachtlicher wahrscheinlichkeit eine verletzung seiner rechte aus art. 3 emrk droht. 178vgl. egmr, urteile vom 5. september 2013 - 886/11 (k.a.b./ schweden) -, hudoc rn. 86, und vom 10. september 2015- 4601/14 (r.h./schweden) -, hudoc rn. 65. 179eine verletzung des art. 3 emrk kann auch durch die abschiebung in einen staat begründet sein, in dem schlechte humanitäre verhältnisse herrschen. dies ist grundsätzlich nur in ganz außergewöhnlichen fällen möglich, wenn die humanitären gründe gegen eine abschiebung zwingend ("compelling") sind. etwas anderes gilt aber jedenfalls dann, wenn die schlechte humanitäre lage überwiegend auf direkte oder indirekte aktionen von konfliktparteien zurückzuführen ist. in einem solchen fall ist die fähigkeit der betroffenen person zu berücksichtigen, für ihre grundbedürfnisse- nahrung, hygiene, unterkunft - zu sorgen, sowie ihre anfälligkeit für misshandlungen und ihre aussicht, dass sich ihre lage in angemessener zeit bessert. 180vgl. egmr, urteile vom 27. mai 2008 - 26565/05 (n./ver-einigtes königreich) -, nvwz 2008, 1334, rn. 42 ff., und vom 28. juni 2011- 8319/07 u.a. (sufi und elmi/vereinigtes königreich) -, nvwz 2012, 681, rn. 278 ff.; s.a. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 25. 181b) eine drohende verletzung des art. 3 emrk gewährt noch keinen anspruch auf die zuerkennung des subsidiären schutzstatus. vielmehr muss eine den subsidiären schutz begründende gefahr eines ernsthaften schadens in form einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung oder bestrafung gemäß § 4 abs. 3 asylg stets von einem akteur i.s.d. § 3c asylg ausgehen. daraus folgt, dass es auch für die zuerkennung des subsidiären schutzstatus wegen schlechter humanitärer verhältnisse der direkten oder indirekten aktion eines akteurs bedarf, die die unmenschliche lebenssituation im sinne einer zurechenbarkeit, die jenseits nicht intendierter nebenfolgen ein auf die bewirkten effekte gerichtetes handeln oder gar absicht erfordert, herbeigeführt hat. 182vgl. bverwg, urteil vom 20. mai 2020 - 1 c 11.19 -, juris rn. 12 f. mit ausführlicher begründung. 183c) bei anlegung des vorstehend dargelegten maßstabs liegen die voraussetzungen des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg im zeitpunkt der mündlichen verhandlung nicht vor. dies gilt sowohl mit blick auf die dem kläger nach seinen angaben drohende behandlung durch al-shabaab [aa)] als auch mit blick auf die sicherheitssituation in buulo haji und der region lower juba [bb)] und die dortige humanitäre lage [cc)]. 184aa) von al-shabaab hat der kläger in buulo haji keine unmenschliche oder erniedrigende behandlung zu erwarten. sein diesbezügliches vorbringen ist nicht glaubhaft. auf die ausführungen unter i. wird verwiesen. 185bb) allein aufgrund der sicherheitssituation in buulo haji und der region lower juba besteht keine beachtliche wahrscheinlichkeit einer verletzung des art. 3 emrk. die derzeitige sicherheitssituation dort erreicht nicht den hierfür erforderlichen intensitätsgrad. 186vgl. egmr, urteile vom 5. september 2013 - 886/11 (k.a.b./ schweden) -, hudoc rn. 97, und vom 10. september 2015- 4601/14 (r.h./schweden) -, hudoc rn. 68. 187auf die obigen ausführungen zu 1. d) bb) (2) wird verwiesen. 188cc) die humanitäre lage in buulo haji und der region lower juba führt ebenfalls nicht dazu, dass dem kläger subsidiärer schutz zu gewähren ist. aus dieser lage ergeben sich keine zwingenden gründe gegen eine abschiebung des klägers dorthin. insbesondere ist das gericht davon überzeugt, dass es ihm dort gelingen wird, für seine grundbedürfnisse - nahrung, hygiene, unterkunft - zu sorgen. 189(1) allerdings gehören das bruttosozialprodukt somalias und der dortige lebensstandard zu den niedrigsten weltweit. bis zu 80 % der bevölkerung leben in armut. 190vgl. dis, south central somalia: report from the danish immigration service's fact finding mission to nairobi, kenya and mogadishu, somalia, september 2015, s. 20; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 117; international organization for migration (iom), labour market and service skills assessment in selected locations - somalia report, januar 2019, s. 18; bs, bti 2020 country report - somalia, 2020, s. 22. 191die grundversorgung der bevölkerung mit trinkbarem wasser und nahrungsmitteln ist nicht zuletzt aufgrund mehrerer dürreperioden nicht ausreichend gewährleistet. über die hälfte der bevölkerung somalias (einschließlich somaliland und puntland) sind von nahrungsmittelknappheit, kindersterblichkeit und unterernährung bedroht. etwa die hälfte der bevölkerung ist auf nahrungsmittelhilfe angewiesen, rund 1.500.000 kinder sind akut unterernährt; davon etwa 180.000 schwer. auch während der letzten dürreperiode gab es hungertote; eine flächendeckende hungersnot konnte aber abgewendet werden. es gibt keinen sozialen wohnraum oder sozialhilfe. hilfsprojekte der vereinten nationen oder nichtstaatlicher hilfsorganisationen erreichen in der regel nicht die gesamte bevölkerung. sowohl staatliche kräfte als auch al-shabaab und andere konfliktbeteiligte konfiszieren einen teil der hilfslieferungen für eigene zwecke. 192vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 17. juli 2019 - a 9 s 1566/18 -, juris rn. 38 ff.; unhcr, position on returns to southern and central somalia (update i), mai 2016, s. 2 und 7; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 116 ff.; amnesty international (ai), the state of the world’s human rights - somalia, 22. februar 2018, s. 3; aa, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der bundesrepublik somalia, 4. märz 2019, s. 20; unsc, report of the secretary-general on somalia, 15. november 2019, s. 10; bs, bti 2020 country report - somalia, 2020, s. 22 ff und 29 f.; thi, state of somalia report, januar 2020, s. 15; usdos, somalia 2019 human rights report, 11. märz 2020, s. 21. 193besonders prekär ist die lage der mehr als 2.500.000 binnenvertriebenen, die rund 20 % der gesamtbevölkerung somalias ausmachen. allein in den ersten beiden monaten 2020 wurden in somalia etwa 70.000 menschen vertrieben, davon etwa 50.000 aufgrund von kämpfen und ca. 20.000 aufgrund der dürre. etwa 70 bis 80 % der binnenvertriebenen sind frauen und kinder. die bedingungen in siedlungen für binnenvertriebene sind erbärmlich, zudem sind viele ihrer bewohner dem risiko schwerer menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. ihre ausreichende versorgung mit nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet; viele binnenvertriebene leben nur knapp über der grenze zur unterernährung. vielen binnenvertriebenen droht zudem die vertreibung von dem land, auf dem sie wohnen. 2019 sollen rund 250.000 personen gegen ihren willen vertrieben worden sein. 194bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 114 ff.; ai, the state of the world’s human rights - somalia, 22. februar 2018, s. 3; internal displacement monitoring centre (idmc), no land, no water, no pasture - the urbanisation of drought displacement in somalia, märz 2020, s. 8, 12 und 13, und somalia - country information, s. 1, www.internal-displace ment.org/countries/somalia (abgerufen am 5. mai 2020); usdos, somalia 2019 human rights report, 11. märz 2020, s. 21 f.; unhcr, somalia - internal displacements monitored by protection & return monitoring network, 25. märz 2020. 195andererseits unterstützt unhcr die freiwillige rückkehr von nach kenia geflohenen somaliern. schätzungen des unhcr zufolge sind seit 2014 etwa 85.000 somalier aus kenia nach somalia zurückgekehrt. darüber hinaus sind seit dezember 2013 etwa 70.000 personen aus saudi arabien nach somalia abgeschoben worden und sind seit ausbruch des bürgerkriegs im jemen im märz 2015 etwa 43.000 personen von dort nach somalia zurückgekehrt. da viele dieser personen nicht in ihre heimatgebiete zurückkehren konnten, mussten sie in siedlungen für binnenvertriebene unterkommen. 196vgl. easo, süd- und zentralsomalia: länderüberblick, august 2014, s. 125 f. und 127 ff.; unhcr, position on returns to southern and central somalia (update i), mai 2016, s. 1 und 11; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 134 f.; aa, bericht über die asyl- und abschieberelevante lage in der bundesrepublik somalia, 4. märz 2019, s. 20 f.; unhcr, somalia - refugee returns to somalia at 29 february 2020, 30. märz 2020. 197(2) unterstützung durch (groß-) familie und clan zählen weiterhin zu den wichtigsten faktoren für akzeptanz in der gemeinschaft, sicherheit und befriedigung von grundbedürfnissen wie unterkunft und nahrung. dies gilt auch für rückkehrer. dabei gilt als allgemeine regel, dass somalis auch entfernte verwandte, die aus einer anderen gegend kommen unterstützen. soweit unterkunft und nahrung betroffen sind, ist jedoch nicht der clan, sondern die (groß-) familie der erste ansprechpartner. allerdings leistet die großfamilie in der regel nur für einige tage unterstützung und kann nicht als langfristige lösung für lebensunterhalt oder unterkunft angesehen werden. nur wenn eine person in einem gebiet weder über enge familienangehörige noch über andere verwandte verfügt, kann der clan um hilfe gebeten werden. allerdings wurde das konzept der clansolidarität in zentral- und südsomalia angesichts der dauer des dort herrschenden konflikts überdehnt. dementsprechend sehen sich viele familien- und clannetzwerke heute nicht mehr in der lage, vertriebenen verwandten zu helfen. ohne familiäre unterstützung laufen rückkehrer gefahr, sich in einem lager für binnenvertriebene wiederzufinden. dies gilt insbesondere für alleinstehende frauen und zwar unabhängig davon, ob sie kinder haben oder nicht. 198vgl. easo, süd- und zentralsomalia: länderüberblick, august 2014, s. 126; dis, south central somalia: report from the danish immigration service's fact finding mission to nairobi, kenya and mogadishu, somalia, september 2015, s. 20; unhcr, position on returns to southern and central somalia (update i), mai 2016, s. 9; bfa, länderinformationsblatt somalia, 12. januar 2018, s. 129 f.; dis, south and central somalia: security situation, forced recruitment, and conditions for returnees, juli 2020, s. 16 f. 199(3) trotz der vorstehend beschriebenen umstände besteht in somalia nach der gegenwärtigen erkenntnislage keine derart prekäre humanitäre situation, insbesondere keine derart unzureichende versorgungslage, dass eine rückführung dorthin in anwendung des art. 3 emrk generell ausgeschlossen wäre. vielmehr sind in jedem einzelfall die persönlichen umstände der betroffenen person zu prüfen. 200vgl. vgh baden-württemberg, urteil vom 17. juli 2019 - a 9 s 1566/18 -, juris rn. 44 ff. mit nachweisen aus der rechtsprechung des europäischen gerichtshofs für menschenrechte sowie der obergerichtlichen rechtsprechung in deutschland. 201bei anlegung dieses maßstabs verstößt eine rückführung des klägers nach buulo haji nicht gegen art. 3 emrk. der kläger ist in buulo haji aufgewachsen und ist mit den dortigen verhältnissen vertraut. er ist jung, gesund und arbeitsfähig und verfügt bereits über arbeitserfahrung in buulo haji als helfer in einer autowerkstatt. zudem leben nach den angaben des klägers in der mündlichen verhandlung seine mutter und seine geschwister sowie weitere angehörige seiner großfamilie in buulo haji, die ihn bei seiner wiedereingliederung unterstützen können. konkrete anhaltspunkte dafür, dass seine verwandten den kläger entgegen der landesüblichen gepflogenheiten nicht unterstützen werden, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. schließlich kann der kläger durch eine freiwillige rückkehr nach somalia über das government assisted repatriation programme (garp) eine starthilfe von 1.000,- € erlangen, die ihm seinen lebensunterhalt zumindest für eine übergangszeit sichert. 202vgl. bundesamt, freiwillige rückkehr mit reag/garp (stand: januar 2020) abrufbar unter https://files.returningfromgermany. de/files/200213_reag_garp_deutsch.pdf (abgerufen am 20. april 2020). 2033. es liegen auch keine konkreten anhaltspunkte dafür vor, dass dem kläger in buulo haji seitens eines akteurs i.s.d. §§ 3c, 4 abs. 3 satz 1 asylg die verhängung oder vollstreckung der todesstrafe (§ 4 abs. 1 satz 2 nr. 1 asylg) droht. 204iii. ein anspruch auf feststellung von abschiebungsverboten gemäß § 60 abs. 5 und abs. 7 satz 1 aufenthg steht dem kläger ebenfalls nicht zu. es lässt sich nicht feststellen, dass ihm in somalia landesweit 205- vgl. bverwg, urteil vom 22. märz 2012 - 1 c 3.11 -, bverwge 142, 179, rn. 34), sowie beschluss vom 15. september 2006- 1 b 116.06 -, juris rn. 4 - 206ein verstoß gegen die europäische menschenrechtskonvention oder eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit drohen. 2071. die voraussetzungen des § 60 abs. 5 aufenthg liegen nicht vor. nach dieser norm darf ein ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine abschiebung nach den bestimmungen der europäischen menschenrechtskonvention unzulässig ist. in den blick zu nehmen sind alle verbürgungen dieser konvention, aus denen sich ein zielstaatsbezogenes abschiebungsverbot ergeben kann. soweit § 60 abs. 5 aufenthg die völkerrechtliche verpflichtung der bundesrepublik deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden maßnahmen die gefahr der folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden behandlung oder bestrafung (art. 3 emrk) zu berücksichtigen, ist der sachliche regelungsbereich des § 60 abs. 5 aufenthg weitgehend identisch mit dem des subsidiären schutzes gemäß § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg und geht über diesen, soweit art. 3 emrk betroffen ist, jedenfalls nicht hinaus. auch wenn bei anträgen auf internationalen schutz der unionsrechtlich vorgeprägte subsidiäre schutz vor dem nationalen abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in bezug auf eine verletzung des art. 3 emrk keine (verdrängende) spezialität der regelung in § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg, die eine prüfung des § 60 abs. 5 aufenthg bereits dem grunde nach ausschließt. letzterer tritt vielmehr selbstständig neben § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg. in fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die gewährung subsidiären schutzes und nationalen abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei verneinung der voraussetzungen des § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg aus denselben tatsächlichen und rechtlichen erwägungen regelmäßig auch ein abschiebungsverbot nach § 60 abs. 5 aufenthg in bezug auf art. 3 emrk aus, so dass in der sache divergierende bewertungen kaum denkbar sind. 208vgl. bverwg, urteil vom 31. januar 2013 - 10 c 15.12 -, bverwge 146, 12, rn. 34 ff. zu § 60 abs. 2 aufenthg a.f. 209dementsprechend wird bezüglich eines verstoßes gegen art. 3 emrk auf die ausführungen zu § 4 abs. 1 satz 2 nr. 2 asylg [s.o. ii. 2. b) cc)] verwiesen. konkrete anhaltspunkte dafür, dass dem kläger im falle seiner rückkehr nach buulo haji und die region lower juba eine verletzung weiterer durch die europäische menschenrechtskonvention geschützter rechte droht, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. 2102. die voraussetzungen des § 60 abs. 7 satz 1 aufenthg liegen ebenfalls nicht vor. nach dieser norm soll von der abschiebung eines ausländers in einen anderen staat abgesehen werden, wenn für ihn dort eine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit besteht. 211§ 60 abs. 7 satz 1 aufenthg erfasst seinem wortlaut nach sowohl individuelle als auch allgemeine gefahren. jedoch bestimmt § 60 abs. 7 satz 5 aufenthg, dass allgemeine gefahren, d.h. gefahren, denen die bevölkerung oder die bevölkerungsgruppe, der der ausländer angehört, allgemein ausgesetzt sind, bei anordnungen nach § 60a abs. 1 satz 1 aufenthg zu berücksichtigen sind. mit dieser regelung will der gesetzgeber erreichen, dass dann, wenn eine bestimmte gefahr der ganzen bevölkerung bzw. bevölkerungsgruppe im zielstaat gleichermaßen droht, über deren aufnahme oder nichtaufnahme nicht im einzelfall durch das bundesamt und die ausländerbehörde, sondern für die ganze gruppe der potenziell betroffenen einheitlich durch eine politische leitentscheidung befunden wird. diese gesetzgeberische entscheidung haben die verwaltungsgerichte aus gründen der gewaltenteilung zu respektieren. sie dürfen daher im einzelfall ausländern, die einer gefährdeten gruppe angehören, für die - wie hier - kein abschiebestopp besteht, nur dann ausnahmsweise schutz vor der durchführung der abschiebung in verfassungskonformer anwendung des § 60 abs. 7 sätze 1 und 5 aufenthg zusprechen, wenn dies zur vermeidung einer verfassungswidrigen schutzlücke erforderlich ist. dies ist dann der fall, wenn die gefahr eine so extreme zuspitzung erfahren hat, dass eine abzuschiebende person gleichsam sehenden auges dem sicheren tod oder schwersten verletzungen ausgesetzt würde. für diesen fall gebieten die grundrechte aus art. 1 abs. 1 und art. 2 abs. 2 satz 1 gg in verfassungskonformer auslegung des § 60 abs. 7 sätze 1 und 5 aufenthg auch bei vorliegen einer allgemeinen gefahrenlage die gewährung von abschiebungsschutz. eine verfassungskonforme überwindung des § 60 abs. 7 satz 5 aufenthg scheidet allerdings mangels verfassungswidriger schutzlücke dann aus, wenn ein anderes nationales abschiebungsverbot festzustellen ist oder eine ausländerrechtliche erlasslage - auch außerhalb des anwendungsbereichs des § 60a aufenthg - oder eine aus individuellen gründen erteilte duldung dem betroffenen ausländer einen vergleichbar wirksamen schutz vor abschiebung vermittelt. 212vgl. bverwg, urteil vom 8. dezember 1998 - 9 c 4.98 -, bverwge 108, 77 (juris rn. 9), beschluss vom 23. august 2006 - 1 b 60.06 -, buchholz 402.242 § 60 abs. 2ff aufenthg nr. 19 (juris rn. 4), und urteil vom 13. juni 2013 - 10 c 13.12 -, bverwge 147, 8, rn. 13 und 15. 213bei anlegung dieses maßstabs droht dem kläger im falle seiner rückkehr nach buulo haji und die region lower juba keine erhebliche konkrete gefahr für leib, leben oder freiheit. der kläger würde im falle seiner abschiebung nach somalia nicht aufgrund der dort herrschenden allgemeinen verhältnisse gleichsam sehenden auges dem sicheren tod oder schwersten verletzungen ausgesetzt. insbesondere ist das gericht davon überzeugt, dass die existenzgrundlage des klägers bei einer rückkehr nach buulo haji und die region lower juba gesichert ist; auf die ausführungen unter ii. 2. b) cc) wird verwiesen. gesundheitliche gründe, die einer rückkehr des klägers nach somalia entgegenstehen, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. 214iv. die abschiebungsandrohung ist ebenfalls nicht zu beanstanden, insbesondere sind die formellen voraussetzungen des § 34 asylg i.v.m. §§ 59 und 60 abs. 10 aufenthg gewahrt. 215v. die unter ziffer 6 des angefochtenen bescheids verfügte befristung des einreise- und aufenthaltsverbots gemäß § 11 abs. 1 aufenthg auf 30 monate ist ebenfalls nicht zu beanstanden. 216dies gilt unabhängig davon, ob § 11 aufenthg gemäß §§ 83c, 77 abs. 1 satz 1 halbsatz 1 asylg in der seit dem 21. august 2019 geltenden fassung durch gesetz vom 15. august 2019 (bgbl. i, s. 1294, im folgenden: § 11 aufenthg n.f.) 217- so vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 - a 19 k 1718/17 -, juris rn. 22 - 218oder - trotz fehlens einer §§ 83c, 77 abs. 1 asylg derogierenden überleitungsbestimmung (vgl. art. 8 des gesetzes vom 15. august 2019) - in der bis zum 20. august 2019 geltenden fassung durch gesetz vom 27. juli 2015 (bgbl. i, s. 1386, im folgenden: § 11 aufenthg a.f.) 219- so bverwg, beschluss vom 19. dezember 2019 - 1 b 83.19 -, juris rn. 7 (ohne erwähnung von §§ 83c, 77 abs. 1 asylg) - 220anwendung findet. der umstand, dass das bundesamt nach dem wortlaut der ziffer 6 des angefochtenen bescheids in anlehnung an § 11 abs. 1 und abs. 2 satz 1 aufenthg a.f. das einreise- und aufenthaltsverbot nur befristet und nicht auch angeordnet hat, obwohl § 11 abs. 1 satz 1 und abs. 2 satz 3 aufenthg n.f. den erlass eines einreise- und aufenthaltsverbots und dessen befristung fordert, lässt die rechtmäßigkeit dieser regelung unberührt. denn nach der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts war eine aufgrund der bis zum 20. august 2019 geltenden rechtslage ausgesprochene befristung eines einreise- und aufenthaltsverbots unionsrechtskonform als anordnung eines befristeten einreise- und aufenthaltsverbots auszulegen. 221vgl. bverwg, urteil vom 25. juli 2017 - 1 c 13.17 -, juris rn. 23; vg karlsruhe, urteil vom 22. august 2019 - a 19 k 1718/17 -, juris rn. 26 und 38 m.w.n. 222dementsprechend war das bundesamt gemäß § 75 nr. 12 aufenthg in der bis zum 20. august 2019 geltenden fassung ebenso wie nach der ab dem 21. august 2019 geltenden fassung nicht nur für die befristung eines einreise- und aufenthaltsverbots, sondern auch für die mit der befristung verbundene anordnung des verbots zuständig, wenn es - wie im vorliegenden fall - gestützt auf § 34 asylg eine abschiebungsandrohung erlassen hat. das verbot durfte auch sowohl gemäß § 11 abs. 2 satz 4 aufenthg a.f. als auch gemäß § 11 abs. 2 satz 2 aufenthg n.f. mit der abschiebungsandrohung verbunden werden. 223die gemäß § 11 abs. 2 satz 2 aufenthg n.f. für den fall, dass das einreise- und aufenthaltsverbot mit der abschiebungsandrohung verbunden wird, erforderliche aufschiebende bedingung der abschiebung ist in ziffer 6 des angefochtenen bescheids ebenfalls enthalten. dies kommt dadurch zum ausdruck, dass die ausreisefrist erst ab dem tag der abschiebung zu laufen beginnt und somit auch nur für den fall gilt, dass die betreffende person tatsächlich abgeschoben wird. eine entsprechende regelung durfte auch bereits nach der bis zum 20. august 2019 geltenden rechtslage verfügt werden: gemäß § 11 abs. 2 satz 4 aufenthg a.f. sollte die befristung (und damit auch das mit dieser verbundene verbot) zusammen mit der abschiebungsandrohung erlassen werden. jedoch galt das verbot gemäß § 11 abs. 1 aufenthg a.f. ebenso wie gemäß § 11 abs. 1 satz 1 aufenthg n.f. nur für den fall, dass die betreffende person auch tatsächlich abgeschoben wurde, so dass die in ziffer 6 des angefochtenen bescheids enthaltene ergänzende regelung auch nach der alten rechtslage erforderlich war, um die rechtmäßigkeit des einreise- und abschiebungsverbots zu gewährleisten. 224vgl. vg minden, urteil vom 13. september 2019 - 6 k 6951/17.a -, abdruck s. 21 f. 225die befristung auf 30 monate ist ebenfalls nicht zu beanstanden. die getroffene ermessensentscheidung (§ 11 abs. 3 satz 1 aufenthg a.f. und n.f.) erweist sich als rechtmäßig. das bundesamt hat erkannt, dass ihm ermessen eingeräumt ist ("im rahmen der ermessensprüfung"). zudem hat es die gesetzlichen grenzen des ihm eingeräumten ermessens eingehalten und von ihm in einer dem zweck der ermächtigung entsprechenden weise gebrauch gemacht (§§ 114 satz 1 vwgo, 40 vwvfg). 226das durch § 11 abs. 3 satz 1 aufenthg a.f. und n.f. eröffnete ermessen soll gewährleisten, dass die länge der frist unter beachtung aller umstände des jeweiligen einzelfalls bestimmt wird. primär ist für die länge der frist das öffentliche interesse an der abwehr von gefahren maßgebend, die durch die einreise von personen in das bundesgebiet hervorgerufen werden, die nicht im besitz eines visums oder einer aufenthaltserlaubnis sind und sich auch nicht auf einer abschiebung entgegenstehende gründe berufen können. allerdings muss sich die zunächst nach der gefahr für die öffentliche sicherheit und ordnung ermittelte frist zusätzlich an höherrangigem recht, d.h. verfassungsrechtlichen wertentscheidungen (insbesondere art. 2 abs. 1 und art. 6 gg) sowie unionsrecht (insbesondere art. 7 grch) und der europäischen menschenrechtskonvention (insbesondere deren art. 8) messen lassen. sie ist daher ggf. auf einer zweiten prüfungsstufe zu verkürzen. 227vgl. bverwg, urteil vom 14. mai 2013 - 1 c 13.12 -, infauslr 2013, 334, rn. 33; bauer, in: bergmann/dienelt, ausländerrecht, 11. auflage 2016, § 11 aufenthg rn. 31. 228die frist darf fünf jahre nur überschreiten, wenn die voraussetzungen des § 11 abs. 3 satz 2 aufenthg a.f. bzw. des § 11 abs. 3 satz 2 i.v.m. abs. 5 bis abs. 5b aufenthg n.f. vorliegen. da dies hier nicht der fall ist, hält sich die befristung mit 30 monaten in übereinstimmung mit der dienstanweisung des bundesamts zum asylverfahren, abschnitt einreise- und aufenthaltsverbot, ziffer 4.2, in der mitte des durch § 11 abs. 3 aufenthg a.f. und n.f. eröffneten ermessensspielraums von fünf jahren. anhaltspunkte dafür, dass das bundesamt mit dieser fristbemessung das "gefahrenabwehrinteresse" für einen normalfall ohne "gefahrerhöhende" umstände (vgl. ziffer 4.2.1 des abschnitts einreise- und aufenthaltsverbots der dienstanweisung asylrecht) falsch gewichtet hat, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. insbesondere hat der kläger anlässlich seiner anhörung vor dem bundesamt angegeben, schutzwürdige belange, die bei der bemessung der dauer des einreise und aufenthaltsverbots zu berücksichtigen wären, lägen nicht vor. 229die kostenentscheidung beruht auf §§ 154 abs. 1 vwgo, 83b asylg. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 vwgo, 708 nr. 11, 711 zpo. | Verklagte*r | 0 |