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Sachverhalt ab Seite 164 BGE 121 I 164 S. 164 Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt führt gegen die deutsche Staatsangehörige Damara Bertges eine Strafuntersuchung wegen Verdachts des gewerbsmässigen Betrugs. Frau Bertges wird zur Last gelegt, sie habe als Präsidentin des European Kings Club (EKC), eines Vereins mit Sitz in Basel, und als zeichnungsberechtigtes Organ von diversen, dem EKC angegliederten BGE 121 I 164 S. 165 Kapitalgesellschaften ein betrügerisches Anlagesystem betrieben. Damara Bertges befindet sich seit dem 7. Februar 1995 in Basel in Untersuchungshaft. Ihr Ehemann Harald Bertges (Vizepräsident des EKC) und zwei weitere Personen sind Mitangeschuldigte in dem im Kanton Basel-Stadt hängigen Strafverfahren. Diese drei Personen befinden sich in Frankfurt am Main (Deutschland) in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main führt gegen Damara und Harald Bertges sowie gegen weitere Personen ein Strafverfahren wegen Kapitalanlage-Betrugs, soweit er im Raume Deutschland über den EKC begangen worden sein soll. Damara Bertges wird im baselstädtischen Strafverfahren durch Rechtsanwalt W., im deutschen Strafverfahren durch die deutsche Rechtsanwältin S. vertreten. Deren Ehemann ist Verteidiger von Harald Bertges im deutschen Strafverfahren. Rechtsanwältin S. ersuchte den zuständigen Staatsanwalt des Kantons Basel-Stadt wiederholt, ihr die Bewilligung für unbeaufsichtigte Besuche bei Frau Bertges zu erteilen. Der Staatsanwalt lehnte die Gesuche ab, weil Rechtsanwältin S. im Kanton Basel-Stadt nicht als Anwältin zugelassen sei und da wegen des Umstands, dass ihr Ehemann im deutschen Strafverfahren Harald Bertges verteidige, die Gefahr des Austausches von Informationen über die Strafuntersuchungen zwischen den angeschuldigten Eheleuten Bertges bestehe. Am 30. März 1995 verfügte der Staatsanwalt, Rechtsanwältin S. werde der unbeaufsichtigte Verkehr mit der Angeschuldigten Damara Bertges nicht bewilligt. Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies der Erste Staatsanwalt des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 22. Mai 1995 ab. Gegen diesen Entscheid und gegen die Verfügung vom 30. März 1995 reichte Damara Bertges staatsrechtliche Beschwerde ein. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es auf sie eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin beruft sich in erster Linie auf Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK . Sie macht geltend, es bedeute eine Verletzung des aus dieser Vorschrift folgenden Anspruchs auf gehörige Verteidigung, wenn ihr nicht gestattet werde, mit Rechtsanwältin S., ihrer Verteidigerin im deutschen Strafverfahren, unbeaufsichtigte Gespräche zu führen. BGE 121 I 164 S. 166 a) Der Erste Staatsanwalt hielt im angefochtenen Entscheid fest, nach Ansicht des Haftrichters bestehe bei der Beschwerdeführerin eine akute Kollusionsgefahr. Rechtsanwältin S., welche die Beschwerdeführerin im deutschen Strafverfahren vertrete, sei im Kanton Basel-Stadt nicht als Anwältin zugelassen. Sie vermöge demzufolge mangels Unterstellung unter die kantonale Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte keine hinreichende Gewähr zu bieten, dass es bei unbeaufsichtigten Besuchen nicht zu Kollusionen kommen würde. Im weiteren führte der Erste Staatsanwalt aus, die Verteidigungsrechte der Beschwerdeführerin seien auch ohne unbeaufsichtigte Besuche der ausländischen Anwältin vollumfänglich gewahrt. Die Beschwerdeführerin sei im deutschen Verfahren durch ihre deutsche Verteidigerin, im baselstädtischen Verfahren durch Rechtsanwalt W. gehörig verbeiständet. Beiden Rechtsanwälten stehe die Möglichkeit offen, zur Erörterung hängiger Probleme, die sich im deutschen Verfahren stellen würden, miteinander Rücksprache zu nehmen. Dadurch sei unter dem Gesichtspunkt der EMRK hinreichend gewährleistet, dass die sich im deutschen Verfahren stellenden Verteidigungsfragen über Rechtsanwalt W. mit der Beschwerdeführerin besprochen werden könnten. Im übrigen stehe es Rechtsanwältin S. wie bisher offen, die Beschwerdeführerin "beaufsichtigt zu besuchen". Aus diesen Gründen bestätigte der Erste Staatsanwalt den Entscheid, mit dem der deutschen Anwältin die Bewilligung für unbeaufsichtigte Besuche bei der Beschwerdeführerin verweigert worden war. b) Die Beschwerdeführerin wendet ein, sowohl die Schweiz als auch Deutschland hätten die EMRK unterzeichnet. Die Schweiz sei daher völkerrechtlich verpflichtet, ihr zu gestatten, mit ihrer Verteidigerin im deutschen Strafverfahren frei verkehren zu können. Die Berufung des Staatsanwalts auf die Vorschriften über die Zulassung als Anwalt im Kanton Basel-Stadt sei unzulässig. Die Bestimmungen der EMRK hätten gegenüber den kantonalen Vorschriften über die Zulassung der Anwälte den Vorrang. Aufgrund von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK habe sie - die Beschwerdeführerin - im schweizerischen wie im deutschen Strafverfahren einen Anspruch auf gehörige Verteidigung. Dieser Anspruch setze voraus, dass sie sich mit ihren Verteidigern unbeaufsichtigt besprechen könne. Sie habe im deutschen Strafverfahren Rechtsanwältin S. zu ihrer Verteidigerin bestimmt, und diese Anwältin sei im deutschen Verfahren von den zuständigen Instanzen ohne weiteres zugelassen worden. Die baselstädtischen Behörden hätten ihr somit BGE 121 I 164 S. 167 für das deutsche Verfahren den freien Verkehr mit ihrer deutschen Anwältin zu gestatten. Im weiteren bringt die Beschwerdeführerin vor, nicht stichhaltig sei das Argument, es bestehe Kollusionsgefahr wegen des Umstands, dass im deutschen Verfahren ihr Ehemann durch Rechtsanwalt S., den Ehemann ihrer deutschen Anwältin, verteidigt werde. Gegen diese Konstellation sei im deutschen Strafverfahren kein Einwand erhoben worden. Die Möglichkeit von Absprachen zwischen Verteidigern bestehe immer und sei sogar manchmal wünschenswert. Wenn im Entscheid des Basler Haftrichters von Kollusionsgefahr die Rede sei, und zwar "ohne Konkretisierung irgendwelcher Art", so beziehe sich das höchstens auf die Beschuldigten und nicht auf deren Anwälte. Rechtsanwältin S. verwahre sich ausdrücklich dagegen, dass sie mangels Unterstellung unter die baselstädtische Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte keine hinreichende Gewähr für ein korrektes Verhalten bei unbeaufsichtigten Gesprächen mit ihrer Mandantin biete. Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, die vom Ersten Staatsanwalt vorgeschlagene Lösung, Rechtsanwalt W. könne mit ihr die sich im deutschen Strafverfahren stellenden Verteidigungsfragen besprechen, genüge den Anforderungen der EMRK nicht. c) Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK räumt dem Angeschuldigten das Recht auf den Beistand eines Verteidigers ein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einem die Schweiz betreffenden Urteil vom 28. November 1991 erklärt, das Recht auf freien (nicht akustisch überwachten) Kontakt zwischen dem Verteidiger und dem verhafteten Angeschuldigten sei zwar in der EMRK nicht ausdrücklich erwähnt. Es gehöre jedoch in einem demokratischen Staat zu den elementaren Voraussetzungen eines fairen Prozesses und sei aus Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK abzuleiten, denn das in dieser Vorschrift gewährleistete Recht auf einen Verteidiger würde wesentlich an Gehalt verlieren, wenn kein freier Kontakt und damit keine vertraulichen Absprachen möglich wären (Urteil des EGMR vom 28. November 1991 i.S. S., Serie A, Band 220, Ziff. 48 = VPB 1991 Nr. 51 = EuGRZ 1992, S. 298 f. = RUDH 1991, S. 571). Der Gerichtshof stützte sich bei der Auslegung des Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK unter anderem auf Art. 93 der Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen gemäss der Resolution (73) 5 des Ministerkomitees des Europarates vom 19. Januar 1973. Danach dürfen die Unterredungen zwischen dem Untersuchungsgefangenen und seinem Verteidiger zwar optisch, nicht aber akustisch überwacht werden ("Les BGE 121 I 164 S. 168 entrevues entre le prévenu et son avocat peuvent être à la portée de la vue, mais ne peuvent pas être à la portée d'ouïe directe ou indirecte d'un fonctionnaire de la police ou de l'établissement"). Der Anspruch des inhaftierten Angeschuldigten auf freien Verkehr mit seinem Verteidiger ergibt sich nach der Rechtsprechung der Strassburger Organe übrigens auch aus Art. 6 Ziff. 3 lit. b EMRK . Nach dieser Bestimmung muss der Angeschuldigte über ausreichende Zeit und Gelegenheit verfügen, um seine Verteidigung vorzubereiten, und das setzt voraus, dass er mit seinem Anwalt frei verkehren kann (Berichte der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 12. Juli 1984 i.S. Can, Serie A, Band 96, S. 17, Ziff. 52 = EuGRZ 1986, S. 278, und vom 12. Juli 1990 i.S. S., Serie A, Band 220, S. 23, Ziff. 80 = EuGRZ 1992, S. 325). Das Recht auf freien Kontakt zwischen dem verhafteten Angeschuldigten und seinem Verteidiger gilt indessen nicht absolut. Ausnahmsweise kann es unter ausserordentlichen Umständen zeitweise eingeschränkt werden (ARTHUR HAEFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993, S. 180; FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, Kehl/Strassburg/Arlington 1985, N. 132 zu Art. 6 EMRK ). Die Europäische Kommission für Menschenrechte hielt es zum Beispiel in dem die Schweiz betreffenden Fall Kröcher und Möller (unter dem Gesichtspunkt von Art. 6 Ziff. 3 lit. b EMRK ) für zulässig, dass der Verkehr mit dem Verteidiger während vier Wochen stark eingeschränkt wurde. Den Angeschuldigten waren Tötungsdelikte im Zusammenhang mit terroristischen Anschlägen zur Last gelegt worden, weshalb sie als ausserordentlich gefährlich eingeschätzt werden konnten (DR 26, S. 37 f.). Der EGMR erachtete hingegen im oben erwähnten Urteil vom 28. November 1991 in der Sache S. die beanstandete Einschränkung als mit Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK unvereinbar. In jenem Fall hatten die Schweizer Behörden den Verkehr eines als besonders gefährlich eingeschätzten Angeschuldigten mit seinem Verteidiger während mehr als sieben Monaten optisch und akustisch überwacht. Die Massnahme war einerseits mit der besonderen Gefährlichkeit des Angeschuldigten und der Schwere der ihm vorgeworfenen Straftaten (zahlreiche terroristische Sprengstoff- und Brandanschläge) begründet worden, anderseits damit, dass Indizien vorgelegen hätten, wonach der betroffene Anwalt seine Verteidigungsstrategie mit den Rechtsvertretern der Mitangeschuldigten zu koordinieren versucht habe. Der Europäische Gerichtshof gelangte im Gegensatz zum Bundesgericht ( BGE 111 Ia 341 E. 3f-g S. 350 ff.) zur BGE 121 I 164 S. 169 Ansicht, im konkreten Fall rechtfertige weder die Schwere der dem Angeschuldigten zur Last gelegten Straftaten noch die Möglichkeit einer Absprache der Verteidigungsstrategie unter den Anwälten die angeordnete Beschränkung der Verteidigungsrechte. Die Koordination der Verteidigungsstrategie sei nichts Aussergewöhnliches, sodann seien weder das standesgemässe Verhalten des betroffenen Anwalts noch die Rechtmässigkeit seines Verhaltens im konkreten Fall in Zweifel gezogen worden, und im übrigen habe die Überwachung der anwaltlichen Gespräche mehr als sieben Monate gedauert (Urteil vom 28. November 1991 i.S. S., Serie A, Band 220, Ziff. 49 = EuGRZ 1992, S. 299). Im hier zu beurteilenden Fall ist der Erste Staatsanwalt der Meinung, die Einschränkung des Rechts der Beschwerdeführerin auf unbeaufsichtigten Verkehr mit ihrer deutschen Anwältin sei vor allem deshalb zulässig, weil Rechtsanwältin S. im Kanton Basel-Stadt nicht als Anwältin zugelassen sei, demzufolge nicht der Aufsicht über die Advokaten gemäss § 13 des baselstädtischen Advokaturgesetzes unterstehe und daher keine hinreichende Gewähr dafür biete, dass es bei unbeaufsichtigten Besuchen nicht zu Kollusionen kommen würde. Er führt in seiner Vernehmlassung zur staatsrechtlichen Beschwerde aus, das Bundesgericht habe in einem Urteil vom 22. August 1994 ( BGE 120 Ia 247 ff.) erklärt, dass die Nichtzulassung eines ausländischen Verteidigers in einem schweizerischen Verfahren keine Verletzung von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK darstelle. Die Berufung auf dieses Urteil ist jedoch unbehelflich, denn es geht im vorliegenden Fall nicht um die Zulassung einer ausländischen Anwältin in einem schweizerischen Verfahren. Rechtsanwältin S. verteidigt die Beschwerdeführerin nicht im baselstädtischen, sondern im deutschen Strafverfahren. Sie wurde von den deutschen Behörden als Verteidigerin der Beschwerdeführerin zugelassen und ersuchte die Basler Behörde um die Bewilligung für unbeaufsichtigte Besuche bei ihrer in Basel inhaftierten Mandantin im Interesse der Verteidigung im deutschen Strafverfahren. Da Deutschland die EMRK ebenfalls unterzeichnet hat, ist die Beschwerdeführerin aufgrund von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK auch im deutschen Strafverfahren berechtigt, mit ihrer Verteidigerin frei verkehren zu können. Wie dargelegt, darf dieses Recht nach der Praxis der Strassburger Organe nur eingeschränkt werden, wenn die Massnahme durch ausserordentliche Umstände gerechtfertigt ist. Ein solcher Umstand kann im vorliegenden Fall nicht darin erblickt werden, dass Rechtsanwältin S. im BGE 121 I 164 S. 170 Kanton Basel-Stadt nicht als Anwältin zugelassen ist. Würde dieser Umstand genügen, so könnte praktisch kein ausländischer Verteidiger in einem ausländischen Strafverfahren mit seinem in der Schweiz inhaftierten Mandanten frei verkehren. Das kann nicht der Sinn der kantonalen Bestimmungen über die Zulassung der Anwälte sein und wäre mit Art. 6 Ziff. 3 lit. b und c EMRK nicht vereinbar. Das Bundesgericht führte in einem unveröffentlichten Urteil vom 16. März 1995 i.S. B. (E. 3b/bb) aus, aufgrund dieser Vorschriften sei der Angeschuldigte mit Rücksicht auf die Vorbereitung seiner Verteidigung grundsätzlich berechtigt, mit seinem Anwalt Kontakt zu haben, und zwar sobald das Untersuchungsverfahren angehoben sei. Dieses Recht müsse dem Angeschuldigten gewährt werden, unabhängig davon, an welchem Ort er wohne oder inhaftiert sei, mithin auch dann, wenn er sich im Hinblick auf den Entscheid über seine Auslieferung in einem anderen Staat in Haft befinde. In dem vom Bundesgericht im erwähnten Urteil behandelten Fall hatte sich ein Genfer Anwalt im Namen seines Mandanten, der sich in einem Genfer Gefängnis in Auslieferungshaft zugunsten der Republik Bulgarien befand, darüber beklagt, dass seinem Mandanten nicht gestattet worden war, im Gefängnis einen bulgarischen Anwalt zu empfangen, um sich mit diesem zwecks Vorbereitung der Verteidigung im ausländischen Strafverfahren zu besprechen. Das Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) hatte dem bulgarischen Anwalt die Besuchsbewilligung deshalb verweigert, weil in früheren Fällen ausländische Verteidiger anlässlich von Besuchen bei ihren in Auslieferungshaft befindlichen Mandanten wiederholt ihre Vertrauensstellung missbraucht hätten. Das Bundesgericht vertrat die Ansicht, mit dieser Begründung lasse sich der ablehnende Entscheid des BAP nicht rechtfertigen, hob diesen auf und wies die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das BAP zurück. Es hielt fest, das BAP kenne den bulgarischen Anwalt nicht und könne ohne entsprechende Nachfrage beim ersuchenden Staat nicht beurteilen, ob im betreffenden Fall bei objektiver Betrachtung eine konkrete Gefahr bestehe, dass der ausländische Anwalt seine Vertrauensstellung missbrauchen und zu Kollusionen beitragen könnte. Da das BAP keine Gründe für das Bestehen einer solchen Gefahr angeführt habe, sei sein Entscheid aufzuheben und über die Frage der Besuchsbewilligung, nötigenfalls nach Rücksprache mit den zuständigen Behörden des ersuchenden Staates, erneut zu befinden. Aus BGE 121 I 164 S. 171 diesem Urteil des Bundesgerichts lässt sich schliessen, dass einem ausländischen Verteidiger in einem ausländischen Strafverfahren der freie Verkehr mit seinem in der Schweiz inhaftierten Mandanten nur verweigert werden darf, wenn beim betreffenden Verteidiger eine konkrete Gefahr besteht, dass er seine Vertrauensstellung als Anwalt missbrauchen und zu Kollusionen beitragen könnte. Im hier zu beurteilenden Fall wird im Entscheid des Ersten Staatsanwalts nicht dargetan, dass bei Rechtsanwältin S. eine solche Gefahr gegeben sei. Das Argument, es bestehe nach Ansicht des Haftrichters bei der Beschwerdeführerin eine akute Kollusionsgefahr, vermag die beanstandete Massnahme nicht zu rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung der Strassburger Organe genügt der Umstand, dass beim verhafteten Angeschuldigten Verdunkelungsgefahr besteht, nicht, um die Kontakte des Angeschuldigten mit seinem Verteidiger vorübergehend nur unter Aufsicht zuzulassen. Es müssen zur Rechtfertigung einer solchen Massnahme Anhaltspunkte dafür gegeben sein, dass gerade diese Kontakte vom Verteidiger missbraucht werden könnten (FROWEIN/PEUKERT, a.a.O., N. 132 zu Art. 6 EMRK ; Bericht der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 12. Juli 1984 i.S. Can, Serie A, Band 96, S. 19, Ziff. 59 = EuGRZ 1986, S. 279). Im angefochtenen Entscheid werden keine Tatsachen genannt, aus denen sich Anhaltspunkte für die Annahme ergäben, dass die deutsche Anwältin bei freien Kontakten mit der Beschwerdeführerin ihre Vertrauensstellung missbrauchen könnte. Allein aus dem Umstand, dass ihr Ehemann im deutschen Strafverfahren den Ehemann der Beschwerdeführerin verteidigt, kann kein Anhaltspunkt für einen solchen Missbrauch erblickt werden. Dass bei mehreren Angeschuldigten mehrere Anwälte ihre Verteidigung aufeinander abstimmen können, ist nicht aussergewöhnlich und nicht unzulässig. Die von der Basler Behörde verfügte Einschränkung des freien Kontakts zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer deutschen Anwältin hätte wohl dann nicht beanstandet werden können, wenn sie damit begründet worden wäre, dass die Massnahme im deutschen Strafverfahren nach Ansicht der zuständigen deutschen Behörde notwendig sei. Im Lichte des bundesgerichtlichen Urteils vom 16. März 1995 und der zitierten Rechtsprechung der Strassburger Organe reichen im vorliegenden Fall die von der kantonalen Behörde angeführten Gründe nicht aus, um Rechtsanwältin S. im deutschen Strafverfahren die Bewilligung für unbeaufsichtigte Besuche bei der in der Schweiz inhaftierten Beschwerdeführerin zu verweigern. Der angefochtene Entscheid BGE 121 I 164 S. 172 des Ersten Staatsanwalts ist daher mit Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK nicht vereinbar. Da er schon aus diesem Grunde aufzuheben ist, erübrigt sich die Behandlung der Rüge, es liege auch eine Verletzung von Art. 4 BV vor. Nach dem Gesagten ist die staatsrechtliche Beschwerde gutzuheissen, soweit auf sie eingetreten werden kann, und der Entscheid des Ersten Staatsanwalts vom 22. Mai 1995 ist aufzuheben.
de
732d6bf2-3598-4830-8eff-4067902d90d0
Sachverhalt ab Seite 220 BGE 106 Ia 219 S. 220 W. war seit dem 19. November 1979 im Kanton Zürich in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft erhob gegen ihn am 20. März 1979 Anklage wegen Raubes, Mordes, Mordversuchs und weiterer Delikte. Mit Urteil vom 26. September 1980 befand ihn das Geschworenengericht des Kantons Zürich in allen wichtigen Punkten für schuldig. Von Anfang an wurde die Korrespondenz zwischen ihm und seiner Verteidigerin durch die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Zürich kontrolliert. Am 19. Mai 1980 beantragte die Verteidigerin, diese Korrespondenz künftig nicht mehr zu zensurieren. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich lehnte das Begehren am 21. Mai 1980 unter Hinweis auf die besondere Gefährlichkeit von W. ab. Der hiegegen erhobene Rekurs wurde von der Justizdirektion des Kantons Zürich am 7. Juli 1980 abgewiesen. W. führt gegen den Rekursentscheid staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der persönlichen Freiheit sowie der Art. 4 BV und 6 Ziffern 1 und 3 lit. b EMRK. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Beschwerden, die den Verkehr zwischen einem Angeschuldigten und seinem Verteidiger betreffen, sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes ausschliesslich im Lichte der aus Art. 4 BV abgeleiteten Grundsätze zu beurteilen. Die Verweigerung oder Einschränkung des freien Verkehrs beschränkt allenfalls die Verteidigungsmöglichkeiten und kann demgemäss eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs darstellen, BGE 106 Ia 219 S. 221 nicht aber darüber hinaus noch eine Verletzung der persönlichen Freiheit (BGE BGE 100 Ia 186 ; nicht veröffentlichtes Urteil K.-T. und M. vom 7. Juni 1978, E. 2). Bei der Würdigung der Sache unter diesem Gesichtswinkel berücksichtigt das Bundesgericht auch die EMRK und die Rechtsprechung der Kommissionsorgane; denn die durch die EMRK geschützten Freiheiten und Rechte entsprechen in weitem Umfang jenen, die das Bundesgericht auch aufgrund des schweizerischen Verfassungsrechtes, insbesondere von Art. 4 BV , anerkennt ( BGE 105 Ia 101 E. 3 und BGE 102 Ia 283 E. 2b). b) Der Beschwerdeführer glaubt, es sei grundsätzlich unzulässig, in seinem Fall den Kontakt mit der Verteidigung in höherem Masse einzuschränken als in den Fällen anderer Angeschuldigter. Er glaubt, es fehlten dazu zureichende konkrete Gründe, insbesondere deshalb, weil die Verteidigerin in keiner Weise Anlass geboten habe, sie der Kollusion zu verdächtigen. Letzteres trifft zu, und auch die Justizdirektion des Kantons Zürich hat dies ausdrücklich anerkannt. Das Bundesgericht hat sich indessen mit der aufgeworfenen Frage im erwähnten Fall K.-T. und M. befasst, der sich sowohl hinsichtlich der Schwere der in Betracht fallenden Straftaten als auch hinsichtlich der Verbindungen der Angeschuldigten zu des Terrorismus dringend verdächtigen Kreisen ohne weiteres mit demjenigen des Angeschuldigten vergleichen lässt. Es wurde dort ausgeführt, es bestehe in Fällen dieser Art ein besonderes Risiko, weil Organisationen wie die "Rote Armee Fraktion" bereit seien, selbst zu den äussersten Mitteln zu greifen, um die Befreiung ihrer Mitglieder zu bewirken. Gedacht wurde dabei sowohl an direkte Befreiungsaktionen als auch vor allem an indirekte Mittel wie das der Geiselnahme, und es wurde auch die Gefahr des auf Anstiftung von aussen verübten Selbstmordes erwähnt. Das Bundesgericht erklärte weiter, es sei nicht auszuschliessen, dass Dritte - Anwälte nicht ausgenommen - mit oder ohne Wissen zu Komplizen der Gefangenen würden, indem sie zur Erleichterung derartiger Versuche bestimmtes oder geeignetes Material in der einen oder anderen Richtung übermittelten. Bei Angeschuldigten von der dargelegten Gefährlichkeit und mit Verbindungen zu terroristisch gesinnten Gruppen seien daher auch besondere, einschränkende Massnahmen bezüglich des Verkehrs mit der Verteidigung zulässig, und zwar selbst dann, wenn die Person des Verteidigers an sich in keiner Weise verdächtig sei. BGE 106 Ia 219 S. 222 Dem bleibt für den vorliegenden Fall wenig beizufügen. Bemerkt sei einzig noch, dass der Anwalt, der sich pflichtgemäss für seinen Klienten einsetzt, in eine ernste Konfliktsituation geraten kann, wenn ihn jener um Weiterleitung eines Schriftstückes an einen Gesinnungsfreund bittet oder wenn ihm ein solches von Dritten zur Weiterleitung an den Untersuchungsgefangenen übergeben wird. Die Beschränkung des unbeaufsichtigten Kontaktes auf den mündlichen Verkehr kann in diesem Sinne durchaus auch im Interesse des Anwaltes liegen. c) Es fragt sich somit nur noch, in welchem sachlichen und zeitlichen Umfang die beanstandete Briefkontrolle vor Art. 4 BV und Art. 6 EMRK standhalte. Das Bundesgericht hat die Frage allerdings nur hinsichtlich der Sachlage zu entscheiden, wie sie sich im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheides - also am 7. Juli 1980 - darbot. Doch ist die Frage der Vollständigkeit halber grundsätzlich zu erörtern. Die Strafprozessrechte der schweizerischen Kantone weisen hinsichtlich der Frage, von welchem Zeitpunkt an der unbeaufsichtigte Verkehr zwischen Angeschuldigten und Verteidigern zuzulassen sei, weit auseinandergehende Lösungen auf (vgl. dazu R. HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, S. 90, und M. SCHUBARTH, Die Rechte des Beschuldigten im Untersuchungsverfahren, besonders bei Untersuchungshaft, S. 174 ff.). Das Bundesgericht hat dazu festgestellt, es lasse sich jedenfalls aus Art. 4 BV kein absolutes und bedingungsloses Recht jedes Angeschuldigten auf freien Verkehr mit seinem Verteidiger während der ganzen Dauer eines Strafverfahrens ableiten. Dieses Recht müsse eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen werden können, soweit das ausnahmsweise in schwereren Fällen notwendig sei, um den ungestörten Fortgang der Untersuchung sicherzustellen ( BGE 103 Ia 305 ). Auch die EMRK enthält keine ausdrückliche Bestimmung über den Verkehr zwischen dem Angeschuldigten und seinem Verteidiger. In der Literatur ist allerdings schon mehrfach die Forderung erhoben worden, der uneingeschränkte Verkehr des Angeschuldigten mit dem Verteidiger sei auch schon während der ganzen Dauer der Untersuchung zu gewährleisten (D. PONCET, Le droit à l'assistance de l'avocat durant la procédure, in: Recueil des travaux suisses présentés au VIIIe congrès international de droit comparé, Basel 1970, S. 421; derselbe in: La protection de BGE 106 Ia 219 S. 223 l'accusé par la Convention européenne des Droits de l'homme, S. 179 ff.; M. SCHUBARTH, a.a.O. S. 183 ff., sowie: Die Artikel 5 und 6 der Konvention, insbesondere im Hinblick auf das schweizerische Strafprozessrecht, in ZSR 94/1975, S. 507/508). Die genannten Autoren stützen sich vor allem auf das aus Art. 6 Ziff. 1 hergeleitete Prinzip der Waffengleichheit. Demgegenüber haben H. SCHULTZ (ZStrR 95/1978 S. 454 f.) und H. MÜLLER (Der Verteidiger in der zürcherischen Strafuntersuchung, in ZStrR 96/1979 S. 171 ff.) darauf hingewiesen, dass die Einschränkung des erwähnten Kontaktes für den Gang des Verfahrens unumgänglich sein kann und auch durch die EMRK nicht untersagt wird. Eine vermittelnde Haltung nimmt ST. TRECHSEL ein (Die Verteidigungsrechte in der Praxis zur EMRK, in: ZStrR 96/1979, S. 391). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtes entspricht eher der Auffassung der zweiten Gruppe, mit der Massgabe allerdings, dass der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren sei und demgemäss die Einschränkung des freien Verkehrs zwischen dem Angeschuldigten und seinem Verteidiger keinesfalls während der ganzen Dauer der Untersuchung aufrechterhalten werden dürfe (BGE BGE 105 Ia 100 und 380; BGE 103 Ia 305 ff.; BGE 102 Ia 299 ). Den Autoren, die im Interesse der Wahrung der Rechte des Angeschuldigten noch weiter gehen möchten, ist in Übereinstimmung mit SCHULTZ (a.a.O. S. 455) entgegenzuhalten, dass dem Untersuchungsrichter nach allen schweizerischen Strafprozessrechten die Pflicht obliegt, einzig die Wahrheit zu erforschen und dabei sowohl den belastenden als auch den entlastenden Tatsachen mit gleicher Sorgfalt nachzugehen. Er steht dem Angeschuldigten nicht als Gegenpartei gegenüber, weshalb dem Grundsatz der Waffengleichheit während des Untersuchungsstadiums hier nicht dieselbe Tragweite zukommt wie im Parteiprozess nach angelsächsischem Muster, von dem die EMRK offensichtlich stark beeinflusst ist (vgl. BGE 104 Ia 316 f., sowie TRECHSEL, a.a.O. S. 377). Zu beachten ist schliesslich, dass den Verteidiger weder eine Pflicht trifft, die Wahrheit zu offenbaren, noch eine solche, den Angeschuldigten zu deren Kundgabe zu veranlassen. Eine schrankenlose Ausweitung der Verteidigungsrechte während der Dauer der Untersuchung kann auch aus diesem Grunde die Erreichung des Zwecks des Verfahrens erschweren. Eine solche Erschwerung kann kaum das Ziel der EMRK gewesen sein; BGE 106 Ia 219 S. 224 denn ein geordnetes Strafuntersuchungsverfahren jedes einzelnen Staates liegt zweifellos auch im Interesse der Völkergemeinschaft. An der bisherigen Rechtsprechung ist daher festzuhalten. d) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt zu folgendem Ergebnis: Die Einschränkung des freien und uneingeschränkten Verkehrs zwischen dem Angeschuldigten und seiner Verteidigerin ist insoweit nicht zu beanstanden, als dadurch die Möglichkeiten einer wirksamen Verteidigung im Hauptverfahren vor dem Geschworenengericht nicht beeinträchtigt wurden (vgl. dazu H. MÜLLER, a.a.O. S. 193). Im Hauptverfahren gilt das Parteienprinzip, d.h. der Staatsanwalt steht dem Angeschuldigten dann als Vertreter der Anklage gegenüber, weshalb hier der Grundsatz der Waffengleichheit seinen Platz findet. In diesem Verfahrensstadium kann es daher kaum genügen, wenn der Angeschuldigte mit seinem Verteidiger mündlich ohne Aufsicht verkehren kann, sei es mit oder ohne Trennscheibe. Gerade in umfangreichen Prozessen gehört es zu einer voll wirksamen Verteidigung, dass der Angeschuldigte dem Verteidiger seinen Standpunkt auch in ausführlichen Schreiben darlegen kann, und es muss umgekehrt dem Verteidiger ermöglicht werden, dem Angeschuldigten den Entwurf zum Plädoyer oder je nach Prozessordnung auch eine allfällige Rechtsschrift zur Durchsicht und Gutheissung zu unterbreiten. Nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit haben daher für einen verhältnismässig kurzen Zeitraum vor dem Hauptverfahren die Sicherheitsrücksichten bis zu einem gewissen Grade vor jenen auf eine wirksame Verteidigung in den Hintergrund zu treten, d.h. der schriftliche Verkehr zwischen dem Angeschuldigten und der Verteidigung darf nicht mehr von der Staatsanwaltschaft zensuriert werden. Wie lange vor der Hauptverhandlung diese Lockerung zu erfolgen hat, lässt sich nicht ein für allemal festlegen; es hängt dies von der Kompliziertheit des zu bewältigenden Prozessstoffes ab. Auch in diesem Zeitraum kann in Fällen besonders gefährlicher Angeschuldigter den für die Sicherheit der Haftanstalt verantwortlichen Organen das Recht nicht abgesprochen werden, deren Briefsendungen an die Verteidigung oder solche der Verteidigung an jene zu öffnen und daraufhin zu kontrollieren, ob sie keinen anderen Inhalt als Schriftstücke haben. Ein solches BGE 106 Ia 219 S. 225 blosses Öffnen der Verteidigerpost durch Gefängnisorgane kommt einem Lesen und Zensurieren durch die Staatsanwaltschaft nicht gleich. In diesem Sinne sind denn auch die bernischen Behörden im Falle K:T. und M. verfahren, und das Bundesgericht hat dieses Vorgehen gebilligt (genanntes Urteil E. 3a). Es lässt sich so ein vertretbarer Ausgleich zwischen den sich entgegenstehenden Interessen auf Sicherheit einerseits und auf wirksame Verteidigung anderseits finden. Bei der Sachlage am 7. Juli 1980 war die strittige Briefkontrolle jedenfalls nicht zu beanstanden, zumal damals bis zum Beginn der Hauptverhandlung (8. September 1980) noch zwei Monate zur Verfügung standen. Der angefochtene Entscheid hält somit vor der Bundesverfassung und vor der EMRK stand.
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Sachverhalt ab Seite 49 BGE 107 III 49 S. 49 A.- Namens der Gläubigergemeinschaft sowie aller Gläubiger der 6 1/2% Obligationen-Anleihe 1973-1988 der Rheintalischen BGE 107 III 49 S. 50 Gas-Gesellschaft, St. Margrethen, betrieb Rechtsanwalt Dr. S. zwecks Unterbrechung der Verjährung die Bank X. für einen Forderungsbetrag von Fr. 4'000'000.-- nebst Zins und Kosten aus Prospekthaftung gemäss Art. 752 OR . Das Betreibungsamt der Stadt St. Gallen nahm das Betreibungsbegehren unter der Nr. 39'262 entgegen und stellte der Betriebenen den Zahlungsbefehl zu. Hiegegen führte diese beim Bezirksgerichtspräsidium St. Gallen als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde im Betreibungswesen Beschwerde mit dem Antrag, die Betreibung aufzuheben und die Zustellung des Zahlungsbefehls zu annullieren. Sie machte geltend, die Gläubigerbezeichnung lasse die handlungs- und parteifähigen wirklichen Gläubiger nicht erkennen und sei daher mangelhaft; ferner sei der Vertreter nicht von allen Gläubigern der Anleihe bevollmächtigt. Während das Bezirksgerichtspräsidium die Beschwerde abwies, hiess sie die kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 18. Mai 1981 gut und hob demgemäss die Betreibung auf. B.- Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde rekurrierte Rechtsanwalt Dr. S. namens der Gläubigergemeinschaft sowie sämtlicher einzelner Gläubiger an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts mit dem Antrag, die Beschwerde der Betriebenen sei abzuweisen; eventuell sei sie insoweit abzuweisen, als sie sich gegen die Betreibung seitens der Anleihensgläubigergemeinschaft richte. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Rechtsanwalt Dr. S. ist unbestrittenermassen weder gemäss Art. 1158 OR zum Vertreter der Gemeinschaft der Anleihensgläubiger bestellt noch von den einzelnen Anleihensgläubigern direkt bevollmächtigt worden. Zwar kann die Betreibungshandlung eines vollmachtlosen Stellvertreters vom Vertretenen nachträglich genehmigt werden (vgl. BGE 97 III 115 unten bezüglich eines von einem nicht bevollmächtigten Vertreter für den Schuldner erhobenen Rechtsvorschlags). Eine solche Genehmigung hat Dr. S. im vorliegenden Beschwerdeverfahren indessen nicht beigebracht, obwohl die Betriebene seine Vertretungsbefugnis schon in ihrer Beschwerde an die untere kantonale Aufsichtsbehörde bestritten hatte. Unter diesen Umständen muss die Betreibung mangels Vertretungsbefugnis des Gläubigervertreters als BGE 107 III 49 S. 51 ungültig aufgehoben werden, da entgegen der im Rekurs vertretenen Ansicht nicht unbestimmte Zeit auf eine allfällige Genehmigung der Betreibungshandlung gewartet werden kann, mit der Folge, dass das Schicksal der Betreibung möglicherweise jahrelang in der Schwebe bliebe. Im vorliegenden Fall gilt dies umso mehr, als die in erster Linie als Gläubigerin genannte Gläubigergemeinschaft, solange ihr kein Vertreter bestellt worden ist, gar nicht als Partei im Betreibungsverfahren auftreten kann. 2. Fragen kann sich bloss, ob die Vorinstanz verpflichtet gewesen wäre, dem Vertreter oder allenfalls den Vertretenen selbst eine Frist zur Beibringung der Genehmigungen bzw. der Vollmachtserklärungen anzusetzen. Wie es sich damit verhält, kann indessen dahingestellt bleiben, da zum vornherein feststeht, dass nicht sämtliche Gläubiger, die Dr. S. vertreten will, mit der Betreibung einverstanden sind. Aus dem bei den Akten liegenden Kollokationsplan geht nämlich hervor, dass die Betriebene selbst Inhaberin von Obligationen im Betrag von Fr. 251'000.-- ist. Sie wird zweifellos nicht gegen sich selbst Betreibung führen wollen. Schon deswegen ist die Betreibung ungültig. Sie kann nicht einfach mit einer anderen Gläubigerbezeichnung und für einen anderen Forderungsbetrag fortgesetzt werden. Weil die Schadenersatzforderungen der einzelnen Gläubiger ein verschiedenes Schicksal haben können, wie dieses Beispiel zeigt, können sie im übrigen ohnehin nicht in einer gemeinschaftlichen Betreibung zusammengefasst werden ( BGE 71 III 164 ff.). Auch von der Gläubigergemeinschaft als Ganzes könnte wohl innert nützlicher Frist keine Genehmigung beigebracht werden, da eine Gläubigerversammlung, die einen Vertreter der Gemeinschaft zu wählen hätte, noch nicht einmal angekündigt ist, obwohl der von der Anleihensschuldnerin vorgeschlagene Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung bereits am 13. Januar 1979 genehmigt worden ist und somit schon lange Anlass bestanden hätte, in entsprechender Anwendung von Art. 1183 Abs. 1 OR eine solche Versammlung einzuberufen. Würde aber die Gläubigerversammlung nachträglich einen Vertreter zur Geltendmachung der Rechte der Gläubiger gegen die Betriebene ermächtigen, so hätte dies übrigens nach Art. 1159 Abs. 3 OR zur Folge, dass die einzelnen Gläubiger zur selbständigen Ausübung ihrer Rechte nicht mehr befugt wären. Daraus ergibt sich, dass die Betreibung an einem weiteren Ungültigkeitsgrund leidet: Da sich die Gläubigergemeinschaft und die einzelnen Anleihensgläubiger als Betreibungsgläubiger gegenseitig BGE 107 III 49 S. 52 ausschliessen, liegt eine unzulässige alternative Gläubigerbezeichnung vor (vgl. BGE 80 III 10 /11). Die Betreibung ist somit als ungültig aufzuheben, ohne dass geprüft werden müsste, ob die einzelnen Gläubiger im Betreibungsbegehren namentlich hätten aufgeführt werden müssen (vgl. BGE 80 III 9 /10). 3. Da der Rekurs abgewiesen wird und keine Kosten auferlegt werden, erübrigt es sich, von Dr. S. Vollmachten für das Rekursverfahren einzuverlangen.
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Sachverhalt ab Seite 100 BGE 88 IV 100 S. 100 A.- Am 13. Februar 1961 hatten Chauffeur Huber und die Arbeiter Krapf und Jenny für die St. Galler Firma Schützengarten AG auf dem Güterbahnhof St. Fiden einen mit Strohballen beladenen Güterwagen zu entladen. Nachdem sie sich um ca. 06.30 Uhr im Güterschuppen gemeldet und erfahren hatten, dass der Fahrstrom des Gleises B 1 ausgeschaltet und die Leitung geerdet sei, begannen sie, die Strohballen von dem auf diesem Gleis abgestellten offenen Güterwagen auf ein Lastauto umzuladen, und zwar in der Weise, dass sie am einen Ende des Güterwagens die Strohballen von oben nach unten abluden BGE 88 IV 100 S. 101 und den Rest der Ladung mit Blachen zugedeckt liessen. Als sie etwa einen Drittel des Güterwagens geleert und damit den Lastwagen beladen hatten, fuhren sie um 07.15 Uhr mit der ersten Fuhre weg. Inzwischen hatte Hans Merz seinen Dienst als Rangierarbeiter angetreten. Er wurde von einem andern Bahnbeamten darauf aufmerksam gemacht, dass auf Gleis B 1 Stroh abgeladen werde und dort der Strom nicht eingeschaltet werden dürfe. Als Merz gegen 07.50 Uhr sah, dass der Lastwagen fortgefahren und der Rest der Strohladung zugedeckt war, glaubte er, dass keine Gefahr mehr bestehe. Er schaltete den Fahrstrom ein und manövrierte mit dem Traktor zwei Wagen vom Gleis B 1 nach Gleis B 3. Hierauf wollte er zwei andere Wagen vom Gleis B 3 auf die Waage in Gleis B 1 bringen. Bevor er dieses Manöver ausführte, holte er auf Wunsch eines Bahnkunden im Gleis A 8 einen Waggon, um ihn auf Gleis B 5 zu verstellen. Während dieses eingeschobenen Manövers kehrte der Lastwagen der Schützengarten AG zurück. Die Verlademannschaft nahm an, der Strom der Leitung B 1 sei immer noch ausgeschaltet, und machte sich wieder an die Arbeit. Als Jenny im obersten Teil der Ladung die Blachen lösen wollte, kam er mit der unter Spannung stehenden Fahrleitung in Berührung und blieb mit dem Rücken am Fahrdraht hängen. Als darauf der Strom sofort ausgeschaltet wurde, fiel Jenny auf den gepflästerten Boden, wodurch er zu den erlittenen schweren Verbrennungen auch noch am Kopf verletzt wurde. Als Folge dieses Unfalles musste ihm das linke Bein oberhalb des Knies amputiert werden. B.- Das Kantonsgericht St. Gallen erklärte Merz am 4. Juni 1962 der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 100.--. Es erblickt die Fahrlässigkeit darin, dass Merz den Strom nicht sofort wieder abstellte, als er beim ersten Manöver mit dem Traktor das Gleis B 1 verliess. C.- Merz führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei freizusprechen. BGE 88 IV 100 S. 102 Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Das von der Generaldirektion der SBB am 21. Februar 1925 erlassene Reglement über die Fahrleitungsanlagen und über Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Störungen (R 323.2) schreibt in Abschnit B, Ziff. 8 Abs. 3, vor, dass die zu Rampen-, Schuppen- oder Freiverladegleisen gehörenden Hörnerschalter nur kurz vor der Einfahrt eines elektrischen Triebfahrzeuges in die betreffenden Gleise eingeschaltet werden dürfen und dass sie sofort wieder auszuschalten sind, sobald das Triebfahrzeug wieder ausgefahren ist; Ausnahmen sind nur in bestimmten Fällen, bei welchen eine dauernde Ausschaltung der Hörnerschalter aus betriebstechnischen Gründen von Nachteil ist, zulässig. Das Gleis B 1, auf dem sich der Unfall ereignete, ist ein Freiverladegleis im Sinne dieser Bestimmung. Ferner steht fest, dass Merz entgegen der Vorschrift den Strom nicht ausschaltete, als er mit dem Traktor das Gleis B 1 verliess, um zwei Wagen nach dem Gleis B 3 zu verschieben, obschon er für die Beendigung dieses Manövers wie auch für den nachfolgenden Transport von zwei Wagen aus Gleis A 8 ins Gleis B 5 und zu Beginn des dritten Manövers den Strom in der Fahrleitung B 1 nicht benötigte. Dass der Ausschaltung des Stromes betriebstechnische Gründe entgegenstanden, wird vom Beschwerdeführer selber nicht behauptet. Er hat daher der erwähnten Dienstvorschrift zuwidergehandelt. 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, beim Reglement 323.2 handle es sich nur um eine betriebsinterne Weisung, die Drittpersonen nicht berühre. Die Verletzung solcher Dienstvorschriften begründe daher keine Ansprüche Dritter, und sie genüge auch nicht, um das Bahnpersonal strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Fahrlässigkeit könnte dem Beschwerdeführer nur zu Last gelegt werden, wenn er das vorschriftswidrige Verhalten der Verladearbeiter hätte voraussehen können, was nicht zutreffe. BGE 88 IV 100 S. 103 a) Die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts hat in zwei Eisenbahnhaftpflichtfällen erklärt, bahninterne Betriebsvorschriften wie diejenige über die Ausschaltung der Hörnerschalter begründeten gegenüber Dritten keine Pflicht, sodass diese aus deren Verletzung keine Rechte ableiten könnten (nicht veröffentlichte Urteile i.S. Wüest c. SBB vom 13. Dezember 1934 und i.S. Imhof c. SBB vom 13. Mai 1937). Diese Rechtsprechung, die sich mit Schadenersatzklagen Dritter gegenüber der SBB befasst, hindert jedoch den Strafrichter nicht, bei der Beurteilung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Bahnbeamten, der zu einem Unfall beigetragen hat, auch Dienstvorschriften, die einzig das Verhalten des Bahnpersonals regeln, zu berücksichtigen. Dass dies zulässig ist, wurde in der bisherigen Rechtsprechung als selbstverständlich angenommen ( BGE 77 IV 180 , BGE 79 IV 169 , BGE 84 IV 20 und nicht veröffentlichte Entscheidungen). Wie der Kassationshof in BGE 77 IV 180 ausgeführt hat, verletzt z.B. der Tramführer, der einer von der Bahn aufgestellten Geschwindigkeitsbeschränkung zuwiderhandelt, seine Pflicht nicht nur im Verhältnis zur Bahn, sondern allgemein, insbesondere dem Strassenbenützer gegenüber. Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Falle. Die Vorschriften des Reglements 323.2 über das Ein- und Ausschalten des Stromes auf Freiverladegleisen wurden nicht allein um der internen Ordnung willen, sondern in erster Linie im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere zum Schutze der Bahnbenützer vor den Gefahren des elektrischen Stromes erlassen, weshalb ihre Verletzung strafrechtlich nicht bedeutungslos sein kann. Daran ändert nichts, dass interne Dienstanweisungen jederzeit abgeändert oder aufgehoben werden können; sie sind nichtsdestoweniger während ihrer Geltung für das Bahnpersonal in gleicher Weise verbindlich wie Verhaltensregeln, die für das Bahnpersonal in allgemeinen Erlassen vorgesehen sind. b) Richtig ist, dass nicht unbedingt jede Verletzung von Dienstvorschriften, die zur Verletzung oder Tötung eines BGE 88 IV 100 S. 104 Menschen oder zu einer Störung des Eisenbahnverkehrs oder -betriebes führt, den Vorwurf der Fahrlässigkeit rechtfertigt. Art. 18 Abs. 3 StGB setzt voraus, dass die Vorsicht, die der Täter nicht beobachtet hat, objektiv (nach den Umständen) geboten und subjektiv (nach den persönlichen Verhältnissen) zumutbar war und dass er die Möglichkeit des eingetretenen Erfolges vorausgesehen (nicht berücksichtigt) hat oder hätte voraussehen (bedenken) können. Den Fahrleitungsdraht über dem Freiverladegleis B 1 unter Strom zu setzen, war gefährlich, weil Freiverladegleise von Bahnkunden benützt werden und der Beschwerdeführer vor seinem Dienstantritt festgestellt hat, dass ein offener Strohwagen entladen wurde. Um bei solchen Verladearbeiten Starkstromunfälle zu verhüten, stehen Fahrleitungen über Freiverladegleisen in der Regel nicht unter Strom (Ziff. 2 der Vorschriften der SBB-Generaldirektion vom 21. Oktober 1941 betreffend Verhütung von Starkstromunfällen bei Verladearbeiten) und ist dieser, wenn das Gleis durch ein elektrisches Triebfahrzeug befahren werden muss, sofort nach dessen Ausfahrt aus dem Gleise wieder auszuschalten (R 323.2 Abschnitt B Ziff. 8 Abs. 3). Von dieser Vorschrift abzugehen, deren Zweck auch dem Beschwerdeführer als verantwortlicher Rangierarbeiter klar war, bestand kein Anlass. Merz selber vermag keine Gründe dafür anzugeben, dass die sofortige Ausschaltung des Stromes zu Unzukömmlichkeiten geführt hätte. Nach seinen eigenen Aussagen wusste er überdies schon bei der Ausfahrt des Traktors aus Gleis B 1, dass er nach Beendigung des ersten Manövers noch zwei weitere auszuführen hatte und erst am Schluss des dritten den Fahrleitungsdraht über Gleis B 1 wieder benötigte. Unter diesen Umständen drängte sich die vorgeschriebene Sicherungsmassnahme auf. Von ihr abzusehen war auch nicht mit Rücksicht darauf gerechtfertigt, dass die Bahnkunden ihrerseits zur Vorsicht verpflichtet sind, namentlich vor Beginn des Verlades und nach jedem vorübergehenden BGE 88 IV 100 S. 105 Unterbruch der Verladearbeiten beim zuständigen Bahnpersonal eine ausdrückliche Erlaubnis zum Besteigen der Güterwagen einzuholen haben (Ziff. 107 Abs. 2 der Güterbeförderungsvorschriften). Diese Verpflichtung ist derjenigen, die das Bahnpersonal zum Schutze der Bahnkunden zu befolgen hat, nicht übergeordnet, sondern sie besteht selbständig neben dieser, sodass die Missachtung der einen zum vornherein nicht mit dem Hinweis auf das Bestehen einer doppelten Sicherung entschuldigt werden kann; andernfalls würde der Wert einer mehrfachen Sicherung zum voraus in Frage gestellt. Der Beschwerdeführer durfte daher nicht einzig im Vertrauen darauf, die Verladearbeiter würden die ihnen obliegenden Verhaltungsmassregeln befolgen, auf die Erfüllung seiner eigenen Pflichten verzichten. Dies war umso weniger zulässig, als es, wie er selber erklärt, nicht selten vorkommt, dass das Personal der Bahnkunden die sie betreffenden Weisungen der Bahn nicht oder nicht genügend beachtet, sei es, weil es z.B. die Gefahr, bei den auszuführenden Arbeiten mit dem Starkstrom in Berührung zu kommen, verkennt oder unterschätzt, sei es, weil es z.B. vom Arbeitgeber nicht oder nicht eindrücklich genug über die einzuhaltenden Vorschriften unterrichtet wurde. Der Beschwerdeführer, der die Verlademannschaft des in Frage stehenden Strohwagens nicht kannte und nicht sicher war, ob sie den Arbeitsunterbruch gemeldet hatte und wie lange dieser dauern werde, hatte unter diesen Umständen mit der Möglichkeit zu rechnen, dass die Arbeiter vor der Wiederausschaltung des Stromes zurückkehren und die Verladearbeit wieder aufnehmen könnten, ohne dass sie vorher eine neue Erlaubnis hiezu einholten. Nach der für den Kassationshof gemäss Art. 277 bis Abs. 1 BStP verbindlichen und deshalb nach Art. 273 Abs. 1 lit. b nicht anfechtbaren tatsächlichen Feststellung des Kantonsgerichts war sich Merz der Gefahr, die dadurch entstand, dass er nach der Ausfahrt des Traktors aus Gleis B 1 nicht sofort den Strom wieder ausschaltete, auch bewusst. Ob er voraussehen konnte, dass sich BGE 88 IV 100 S. 106 die Ereignisse genau so abspielen würden, wie sie sich tatsächlich zugetragen haben, ist unerheblich; es genügt, dass er sich der Möglichkeit der Verletzung eines der Verladearbeiter als Folge der Nichtausschaltung des Stromes bewusst war (vgl. BGE 79 IV 170 /1). Der Beschwerdeführer hat sich demnach, indem er trotz dieses Bewusstseins die objektiv gebotene und ihm zumutbare Ausschaltung des Stromes unterliess, fahrlässig verhalten. 3. Das pflichtwidrige Verhalten des Beschwerdeführers war, wie feststeht, eine der natürlichen Ursachen der eingetretenen Körperverletzung. Dieser Kausalzusammenhang war auch rechtserheblich, denn das Nichtausschalten des Stromes in der zum Freiverladegleis B 1 gehörenden Fahrleitung, die nur ausnahmsweise unter Spannung steht, schloss nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die Gefahr in sich, dass Bahnkunden oder deren Arbeiter beim Verladen eines Güterwagens mit der Fahrleitung in Berührung kommen und Verletzungen der eingetretenen Art erleiden konnten. Dass Jenny und seine Begleiter ebenfalls unvorsichtig waren und damit selber zum Unfall beigetragen haben, ist unerheblich. Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs zwischen der Unvorsichtigkeit des Beschwerdeführers und dem eingetretenen Erfolg wäre nur dann ausgeschlossen, wenn die von den Verladearbeitern gesetzte Mitursache derart unsinnig gewesen wäre, dass sie ausserhalb normalen Geschehens läge ( BGE 86 IV 155 ff., BGE 87 IV 65 , 159). Dies ist nicht der Fall. Dass Bahnbenützer den Bahnvorschriften aus Unkenntnis, Vergesslichkeit, Leichtsinn oder dergleichen nicht nachleben und sich dadurch den Gefahren des Bahnbetriebes wie derjenigen des elektrischen Stromes aussetzen, ist nichts Ungewöhnliches. Gerade weil erfahrungsgemäss mit solchem Verhalten gerechnet werden muss, ist zum Schutze der Bahnkunden im Reglement 323.2 die erwähnte Bestimmung über das Ausschalten des Stromes durch das Bahnpersonal aufgestellt worden. Die Unvorsichtigkeit der Verlademannschaft war unter den gegebenen Umständen kein so aussergewöhnliches BGE 88 IV 100 S. 107 Ereignis, dass es objektiv, nach allgemeiner Lebenserfahrung ( BGE 87 IV 159 /160, BGE 87 II 128 ), nicht hätte erwartet werden können. Dass sich der Unfall wahrscheinlich auch ereignet hätte, wenn die Verlademannschaft früher, schon im Verlaufe des ersten Rangiermanövers, zurückgekehrt wäre, ist ohne Belang, da es nicht darauf ankommt, auf welchem andern Gleis sich der Beschwerdeführer aufhielt, als Jenny auf Gleis B 1 den Güterwagen bestieg, sondern entscheidend ist, dass der Beschwerdeführer nicht den Strom ausschaltete, als der Traktor das Gleis B 1 verliess.
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Sachverhalt ab Seite 284 BGE 145 II 282 S. 284 A. Der Kanton Solothurn begründete mit öffentlicher Urkunde vom 21. September 1967 ein selbständiges und dauerndes Baurecht für den Bau und Betrieb der Raststätte Gunzgen Nord an der Nationalstrasse A1/A2. Mit Nachtrag vom 28. Juni 1994 wurde der Baurechtsvertrag zwischen dem Kanton und der damaligen Inhaberin des Baurechts neu gefasst. Danach hat das Baurecht eine Laufzeit bis Ende 2024. Die E. AG ist derzeit Inhaberin dieses Baurechts. B. Die Kantone Aargau und Solothurn reichten am 28. August 2007 beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) ein Gesuch um Ausbau der A1/A2 zwischen den Verzweigungen Härkingen und Wiggertal von vier auf sechs Fahrstreifen ein. Im Rahmen der öffentlichen Auflage erhoben unter anderem Baurechtsinhaberinnen für die Raststätten Gunzgen Nord und Gunzgen Süd - so auch die Rechtsvorgänger der E. AG - Einsprache. Sie verlangten für die Dauer der auf ein Minimum zu reduzierenden projektbedingten Sperrung der Raststättenzufahrt die Enteignung der nachbarrechtlichen Abwehransprüche und volle Entschädigung bzw. die Feststellung der Schadenersatzpflicht des Bundes, eventualiter des Kantons Solothurn. Das UVEK erteilte am 11. Januar 2010 die Plangenehmigung für das Ausführungsprojekt mit Auflagen. C. Nach dem Abschluss der Rechtsmittelverfahren über die Plangenehmigung überwies das UVEK die Entschädigungsforderungen für die Autobahnraststätten Gunzgen Nord und Gunzgen Süd an die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 8 (im Folgenden: Schätzungskommission). Bei dieser Behörde wurden die Verfahren einstweilen sistiert. Die Sistierung wurde am 30. März 2015 aufgehoben. Der Gegenstand der Verfahren wurde vorerst auf die Frage beschränkt, ob grundsätzlich eine Entschädigungspflicht bestehe. Für den Entscheid über diese Frage setzten die Parteien den Präsidenten der Schätzungskommission gemäss Art. 60 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG; SR 711) als Einzelrichter ein. Mit Urteil vom 9. Mai 2016 wies dieser die Entschädigungsforderungen sämtlicher Ansprecher bei den beiden Raststätten ab. D. Die E. AG erhob Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Enteigneten bei der Raststätte Gunzgen Süd gelangten parallel dazu ebenfalls mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses vereinigte die beiden Verfahren und wies die Beschwerden mit Urteil vom 18. Juli 2017 ab. BGE 145 II 282 S. 285 E. Hiergegen führt die E. AG Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Feststellung, dass eine grundsätzliche Entschädigungspflicht aus Enteignungsrecht bestehe. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht erklärt Verzicht auf eine Vernehmlassung. F. Der Instruktionsrichter im bundesgerichtlichen Verfahren hat mit prozessleitender Verfügung vom 5. Oktober 2018 das ASTRA eingeladen, einen Bericht über die Ausgestaltung der Zufahrt zur Autobahnraststätte Gunzgen Nord während den Bauarbeiten, die Signalisation dieser Zufahrt sowie über den Baulärm und die Staubentwicklung einzureichen. Die Beschwerdeführerin hat ausserdem Gelegenheit erhalten, ihre Jahresrechnungen 2015 bis 2017 sowie Umsatzzahlen der ERFA-Gruppe (Erfahrungsgruppe von schweizerischen Autobahnraststätten) der entsprechenden Jahre einzureichen. Am 29. Oktober 2018 reicht das ASTRA eine Stellungnahme und eine Dokumentation zur Situation bei der Raststätte Gunzgen Nord (Baudokumentation) ein. Die Beschwerdeführerin gibt am 10. Dezember 2018 ihre Jahresrechnungen 2016 und 2017 zu den Akten, beantragt die Edition der Umsatzzahlen der ERFA-Gruppe 2015 bis 2017 und äussert sich ablehnend zu einer Gewährung der Akteneinsicht an das ASTRA bezüglich ihrer Jahresrechnungen und den ERFA-Zahlen. G. Mit Verfügung vom 20. Dezember 2018 hat der Instruktionsrichter angeordnet, dass dem ASTRA keine Einsicht in die bei den Verfahrensakten befindlichen Geschäftszahlen der Beschwerdeführerin und Umsatzzahlen der ERFA-Gruppe gewährt wird. Immerhin sind dem ASTRA Prozentzahlen zur Entwicklung des Umsatzes der Beschwerdeführerin als wesentlicher Inhalt der nicht zugänglich gemachten Dokumente mitgeteilt worden; es ist ihm auch Gelegenheit gegeben worden, in dieser Hinsicht Gegenbeweismittel zu bezeichnen. Das ASTRA verzichtet mit Eingabe vom 8. Januar 2019 auf weitere Ausführungen. Die Beschwerdeführerin nimmt am 1. Februar 2019 zur Eingabe des ASTRA vom 29. Oktober 2018 Stellung. Mit Eingabe vom 26. März 2019 äussert sich die Beschwerdeführerin nochmals zur Sache. Weitere Eingaben der Beteiligten sind nicht erfolgt. (Zusammenfassung) BGE 145 II 282 S. 286 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Vorinstanz hat im Unterschied zur Schätzungskommission das Vorliegen eines Nachbarschaftsverhältnisses zwischen der Baurechtsliegenschaft der Beschwerdeführerin und der Nationalstrasse bejaht. Der Kanton Solothurn hat als Eigentümer des Areals im Bereich der Raststätte Gunzgen Nord eine selbständige und dauernde Baurechtsdienstbarkeit für diese Raststätte begründet. Das Eigentum an diesem Areal steht auch heute noch dem Kanton Solothurn zu. Sein Grundstück grenzt seitlich an die heute parzellarisch davon getrennte Fläche der Nationalstrasse an. Nur die zuletzt genannte Strassenparzelle ist infolge der Revision des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen (NSG; SR 725.11) vom 6. Oktober 2006 (AS 2007 5788) in das Eigentum des Bundes übergegangen. Ob Nationalstrasse und Nebenareal dinglich bereits voneinander getrennt waren, als noch der Kanton Strassenhalter war und das angesprochene Baurecht einräumte, ist nicht erstellt. Darauf kommt es aber nicht an. Zwar sind Raststätten, Tankstellen und die dazugehörigen Parkplätze Nebenanlagen von Nationalstrassen (vgl. Art. 7 NSG und Art. 6 Abs. 1 der Nationalstrassenverordnung vom 7. November 2007 [NSV; SR 725.111]). Sie bilden gemäss Art. 2 lit. d NSV Bestandteile der Nationalstrassen. Dennoch enthält Art. 7 Abs. 3 NSG eine gesetzliche Grundlage, dass die Kantone, unter Vorbehalt der bundesrechtlichen Bestimmungen und der Projektgenehmigung durch die zuständigen Bundesbehörden, die erforderlichen Rechte für den Bau, die Erweiterung und die Bewirtschaftung dieser Nebenanlagen an Private erteilen können. Eine entsprechende Regelung enthielt bereits Art. 7 Abs. 3 der früheren Fassung des NSG vom 17. Dezember 1971 (AS 1972 2608). Wie in der Botschaft vom 28. April 1971 zur NSG-Änderung vom 17. Dezember 1971 ausgeführt wurde, gehört die Einräumung einer Baurechtsdienstbarkeit zu den Rechten im Sinne dieser Bestimmung (vgl. BBl 1971 I 1104 ff., 1106, 1111). Nationalstrassenrechtlich steht nichts entgegen, dass für den Betrieb einer Raststätte oder Tankstelle als Nebenanlage eine eigenständige Liegenschaft im Sinne des privaten Sachenrechts geschaffen wird. Der Geschäftsbetrieb bei einer solchen Nebenanlage erfolgt nicht aufgrund der Delegation einer öffentlichen Aufgabe, sondern als privatwirtschaftliche Tätigkeit (vgl. auch Art. 50 NSG ). Hinzu kommt, dass der Inhaber einer Baurechtsdienstbarkeit befugt ist, BGE 145 II 282 S. 287 nachbarrechtliche Abwehransprüche selbständig geltend zu machen; dies gilt sogar hinsichtlich des Grundstücks, das mit dieser Dienstbarkeit belastet ist ( BGE 111 II 236 E. 3 S. 240). Der Beschwerdeführerin als Inhaberin der Baurechtsdienstbarkeit stehen somit nachbarrechtliche Abwehrbefugnisse im Verhältnis zum baurechtsbelasteten Grundstück des Kantons wie auch zum Grundstück der Nationalstrasse zu. (...) 4. 4.1 Art. 679 und Art. 684 ZGB umschreiben das Recht des Nachbarn, übermässige Einwirkungen, die von der Ausübung des Eigentums über ein Grundstück ausgehen, abzuwehren (vgl. dazu BGE 143 III 242 E. 3.1 S. 245 mit Hinweisen). Die Immission muss nicht unbedingt von einer Benutzungshandlung ausgehen, die innerhalb der grundbuchlichen Grenzen des Ausgangsgrundstücks stattfindet; es genügt, dass sie als Folge einer bestimmten Benutzung des Ausgangsgrundstücks erscheint (vgl. BGE 132 III 49 E. 5.3.10 S. 60 mit Hinweisen). Bei der Abgrenzung zwischen zulässiger und unzulässiger, d.h. übermässiger Immission ist die Intensität der Einwirkungen massgebend. Diese beurteilt sich nach objektiven Kriterien (vgl. BGE 138 III 49 E. 4.4.5 S. 57 mit Hinweis). Dabei sind gemäss dem Wortlaut von Art. 684 Abs. 2 ZGB die Lage und Beschaffenheit der Grundstücke sowie der Ortsgebrauch zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist bei dem nach Recht und Billigkeit zu treffenden Entscheid die individuell konkrete Interessenlage umfassend zu würdigen, wobei zu beachten bleibt, dass Art. 684 ZGB in erster Linie der Herstellung eines nachbarrechtlichen Interessenausgleichs dienen soll ( BGE 138 III 49 E. 4.4.5 S. 57; BGE 126 III 223 E. 4a S. 227). Die Rechtsprechung hat ebenfalls einen Entschädigungsanspruch der Nachbarn aufgrund von vorübergehenden, unvermeidlichen und übermässigen Immissionen aus Bauarbeiten anerkannt. Dabei hat sie eine während langer Zeit in diesem Bereich bestehende Gesetzeslücke gefüllt (vgl. BGE 91 II 100 E. 2 S. 106 f. und die seitherige Rechtsprechung). Der Anspruch setzt voraus, dass die Einwirkungen der Art, Stärke und Dauer nach übermässig sind und eine beträchtliche Schädigung verursachen ( BGE 91 II 100 E. 2 S. 106 und E. 3 S. 107). Im Zusammenhang mit der Bautätigkeit werden positive Immissionen (wie Lärm, Staub und Erschütterungen) und typische negative Immissionen (wie Sicht- und Zugangserschwerungen) bei Unvermeidlichkeit als zu duldende, aber wegen Überschreitung des BGE 145 II 282 S. 288 Nachbarrechts dennoch entschädigungspflichtige Einwirkungen qualifiziert (vgl. BGE 126 III 452 E. 2c S. 456 f. mit Hinweisen). Mit der Teilrevision des Immobiliarsachenrechts vom 11. Dezember 2009 (AS 2011 4639) ist dieser Anspruch in Art. 679a ZGB verankert worden. Diese Bestimmung ist vor allem auf Fälle zugeschnitten, in denen es um den Ersatz von blossen Vermögensschäden geht, wie z.B. Geschäftseinbussen durch geschwundene Kundschaft (vgl. Urteil 1C_671/2017 vom 14. August 2018 E. 5.2). 4.2 Die Abwehransprüche des Nachbarn können aber nicht zivilrechtlich durchgesetzt werden, wenn die Einwirkungen von einem Werk ausgehen, das im öffentlichen Interesse liegt, sowie wenn die Immissionen nicht oder nur mit einem unverhältnismässigen Kostenaufwand vermieden werden können. An ihre Stelle tritt ein Anspruch auf enteignungsrechtliche Entschädigung (vgl. BGE 143 III 242 E. 3.5 S. 248; BGE 139 III 110 E. 2.3.4 S. 118; Urteil 5A_772/2017 vom 14. Februar 2019 E. 3.3). Zur Beurteilung von Entschädigungsforderungen betreffend Immissionen aus Nationalstrassen-Bauarbeiten sind erstinstanzlich die eidgenössischen Schätzungskommissionen zuständig (vgl. BGE 116 Ib 249 E. 2b S. 253). 4.3 Enteignungsrechtliche Entschädigungsansprüche wegen übermässigen Immissionen aus dem Betrieb eines öffentlichen Werks setzen im Allgemeinen die Unvorhersehbarkeit der Immissionen, deren Spezialität und die Schwere des immissionsbedingten Schadens voraus (vgl. BGE 142 II 136 E. 2.1 S. 138 mit Hinweisen). Bei Bauarbeiten für ein öffentliches Werk gelten demgegenüber gemäss der Praxis besondere Regeln: Der Enteignungsrichter hat die dargelegte (oben E. 4.1) zivilrechtliche Rechtsprechung analog anzuwenden (vgl. BGE 132 II 427 E. 3 S. 435; BGE 121 II 317 E. 4c S. 327; BGE 117 Ib 15 E. 2c S. 19). Die Voraussetzungen der Unvorhersehbarkeit und Spezialität der Immissionen kommen nicht zum Tragen (vgl. BGE 134 II 164 E. 8.1 S. 168 mit Hinweisen). Unklar bleibt bei dieser amtlich veröffentlichten Praxis, inwieweit das erwähnte dritte Erfordernis (schwerer Schaden) bei Bauarbeiten für ein öffentliches Werk Anwendung findet. Der Wortlaut von Art. 679a ZGB enthält als Voraussetzung lediglich das Vorliegen eines Schadens; dass dieser beträchtlich sein muss, wird nicht ausdrücklich verlangt. Art. 679a ZGB hat aber zum Zweck, die bisherige zivilrechtliche Rechtsprechung, die einen beträchtlichen Schaden voraussetzt (vgl. oben E. 4.1), zu kodifizieren (vgl. die Botschaft vom 27. Juni 2007 zur betreffenden Änderung des ZGB, BBl 2007 BGE 145 II 282 S. 289 5283 ff., 5307). In der zivilrechtlichen Rechtsprechung hat das Bundesgericht auch schon verhältnismässig tiefe Schadenersatzbeträge für Umsatzeinbussen von Geschäften aus Bauarbeiten in der Nachbarschaft bestätigt, so Fr. 6'000.- ( BGE 91 II 100 ) und Fr. 50'000.- (Urteil C.228/1986 vom 14. November 1986, in: SJ 1987 S. 145). Mit anderen Worten muss der Schaden in diesem Zusammenhang nicht schwer sein. Die bei Schadenersatzfällen für Immissionen aus dem Betrieb eines öffentlichen Werks an die Schwere des Schadens angelegten Massstäbe (vgl. dazu BGE 134 II 49 E. 11 S. 66 mit Hinweisen) lassen sich nicht auf Fälle betreffend Bauarbeiten übertragen. Vielmehr ist in Fällen der vorliegenden Art der privatrechtliche Übermässigkeitsbegriff wegleitend (vgl. PASCAL ECKENSTEIN, Spannungsfelder bei nachbarrechtlichen Klagen nach Art. 679 ZGB , 2010, S. 100; SCHMID/HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 5. Aufl. 2017, N. 961; GRÉGORY BOVEY, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. II, 2016, N. 6 f. zu Art. 679a ZGB ; HÜRLIMANN-KAUP/NYFFELER, Übermässige Immissionen als Folge rechtmässiger Bautätigkeit, BR 2015 S. 5 ff., 7; ADRIAN GOSSWEILER, Entschädigungen für Lärm von öffentlichen Verkehrsanlagen, 2014, N. 376; vgl. auch Urteil 5A_772/2017 vom 14. Februar 2019 E. 3.3.2.3). Die Entschädigungspflicht setzt voraus, dass die Einwirkungen der Art, Stärke und Dauer nach übermässig sind (vgl. oben E. 4.1). Das Kriterium des beträchtlichen Schadens trägt dem Umstand Rechnung, dass eine geringfügige Beeinträchtigung aus Bauimmissionen nicht als übermässig gilt. Es findet demnach auch die Voraussetzung des schweren Schadens bei enteignungsrechtlichen Entschädigungsforderungen wegen Bauarbeiten für ein öffentliches Werk keine Anwendung. In dieser Hinsicht ist die Rechtsprechung zu präzisieren. 4.4 Für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache sind folgende zivilrechtlichen Urteile in chronologischer Reihenfolge von Interesse: Das Bundesgericht anerkannte den Entschädigungsanspruch eines Bäckereigeschäfts in der Innenstadt von Biel, das wegen der Bauarbeiten für ein Geschäftshaus in der Nachbarschaft während etwas mehr als zwei Jahren (mit geringen Unterbrechungen) Lärm- und Staubeinwirkungen zu dulden hatte; gleichzeitig waren die Zugangswege für Fussgänger durch Belegung und Abschrankung des öffentlichen Strassenbodens beeinträchtigt ( BGE 91 II 100 E. 2 S. 106). Auch bei einem Uhren- und Souvenirladen in der Genfer Innenstadt wurde ein Entschädigungsanspruch bestätigt, weil dieses wegen des BGE 145 II 282 S. 290 Baus eines unterirdischen Parkhauses in der Nähe nicht nur Lärm, Staub und Erschütterungen hinzunehmen hatte; zusätzlich wurde der Zugang zum Geschäft für Fussgänger während vielen Monaten erschwert; der Umsatz sank im Jahr 1980 um 20 % und in den ersten sieben Monaten des Jahrs 1981 um 70 % (Urteil C.228/1986 vom 14. November 1986 E. 1 und 5a, in: SJ 1987 S. 145). Bei einem Modegeschäft im Stadtzentrum von Zürich wurde der Zugang durch Belegung und Abschrankung des öffentlichen Grunds für Renovationsarbeiten an einem Nachbargebäude während über einem Jahr beeinträchtigt. Das Bundesgericht hob das kantonale Urteil, mit dem die Entschädigungspflicht der benachbarten Bauherrin ohne Weiteres verneint worden war, auf und wies die Angelegenheit zur Ergänzung der Sachverhaltsfeststellung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück ( BGE 114 II 230 E. 6 S. 238). Das Bundesgericht hat ferner den Entschädigungsanspruch bei einer Geschäftsliegenschaft in der Genfer Innenstadt bestätigt. Dort waren wegen Bauarbeiten in der Nachbarschaft über zwei Jahre lang in erheblichem Umfang Lärm, Staub und Erschütterungen zu dulden. Darüber hinaus waren gewisse Geschäfte während mehreren Monaten für Fahrzeuge nicht zugänglich und teilweise war der Zugang auch für Fussgänger infolge Baugerüsten behindert. Das Bundesgericht bestätigte, dass die Einwirkungen mindestens während des ersten Baujahrs übermässig waren (vgl. Urteil 5C.117/2005 vom 16. August 2005 E. 2.2 und 2.3, in: ZBGR 88/2007 S. 203). 4.5 Aus der bisherigen enteignungsrechtlichen Praxis sind folgende Urteile aufschlussreich: In einem Enteignungsfall nach aargauischem Recht hatte ein Restaurant während etwa einem halben Jahr unter Strassen- und Leitungsarbeiten zu leiden. Diese verursachten Lärm und zeitweise waren die Zufahrtsstrassen gesperrt. Das Bundesgericht schloss sich im Ergebnis der Auffassung der kantonalen Instanzen an, dass die Beeinträchtigung aus den Bauarbeiten nicht übermässig gewesen sei. Dabei war wesentlich, dass es sich um ein Quartierrestaurant handelte. Der Umsatz eines solchen Betriebs werde hauptsächlich ausserhalb der Tageszeiten, in denen die Bauarbeiten stattgefunden hätten, erwirtschaftet. Zudem sei der Zugang erschwert, für die Quartierkundschaft jedoch nicht völlig unterbunden gewesen (Urteil P.967/1987 vom 27. November 1987 E. 3a-3d, nicht publ. in: BGE 113 Ia 353 ). Im Zusammenhang mit dem Bau der Nationalstrasse A5 im Kanton Neuenburg war die einzige Zufahrt zu einem Hotel-Restaurant BGE 145 II 282 S. 291 infolge einer Umleitung von ca. 500 m während über einem Jahr erschwert. Der Ansprecher behauptete zwar eine Umsatzeinbusse, vermochte aber wegen innerbetrieblichen Änderungen einen beträchtlichen Schaden nicht klar zu belegen. Das Bundesgericht ging weiter davon aus, dass die Umleitung für den überwiegenden Teil der Kundschaft jenes Betriebs kein entscheidendes Hindernis darstellte. Ein Entschädigungsanspruch wurde verneint (vgl. Urteil E.18/1996 vom 20. Mai 1997 E. 3b und 3c). Beim Bau des "Vue des Alpes"-Tunnels (Kantonsstrasse J 20) im Kanton Neuenburg stand die Abgeltung von Umsatzeinbussen eines Autogewerbebetriebs wegen den Strassenarbeiten zur Diskussion. Diese verursachten während über drei Jahren erheblichen Lärm und Staub; zudem war die Zufahrt beeinträchtigt. Eine Umsatzeinbusse war belegt, doch der Anteil der Bauarbeiten an dieser Entwicklung war nicht genau feststellbar. Das Bundesgericht bejahte dennoch einen Entschädigungsanspruch unter diesem Titel (Urteil E.12/1996 vom 15. August 1997 E. 6a und 6c). Im Kanton Neuenburg wurde beim Bau der A5 weiter der ersatzlose Abbruch eines Hotel-Restaurants vorgesehen. Dabei wurde als Bestandteil der Entschädigung an die enteigneten Betreiber auch eine Entschädigung für Umsatzeinbussen aus den Bauarbeiten zugesprochen. Das Hotel hatte insoweit Lärm und Staub in einem Zeitraum von knapp zwei Jahren zu dulden, wobei diese während 15 Monaten (Oktober 1996 bis Ende 1997) eine besondere Intensität erreichten. Das Bundesgericht bestätigte die Übermässigkeit der Einwirkungen. Der Enteignete hatte eine Umsatzeinbusse von rund 20 % im Jahr 1997 geltend gemacht. Das Bundesgericht folgte den vorgelegten Geschäftszahlen nicht uneingeschränkt, bejahte aber insoweit trotzdem einen Entschädigungsanspruch (vgl. Urteil 1E.16/1998 vom 6. Dezember 1999 E. 3c). Im Zusammenhang mit den Bauarbeiten für den Gotthard-Basistunnel betreffen zwei vom Bundesgericht beurteilte Fälle Mietliegenschaften, die übermässige Lärm- und Staubeinwirkungen zu dulden hatten. Das Bundesgericht nahm eine Entschädigungspflicht im einen Fall für eine Renditeeinbusse von einem Drittel während dreizehn Jahren ( BGE 132 II 427 E. 5.3 S. 441 und E. 6.4 S. 443 ff.) sowie im anderen Fall von 20 % während sieben Jahren und von 10 % während drei zusätzlichen Jahren (Urteil 1C_618/2013 vom 27. November 2013) an. BGE 145 II 282 S. 292 Aufgrund der Bauarbeiten für den Gotthard-Basistunnel hatte ein Autogewerbebetrieb in übermässiger Weise Lärm, Staub und eine Erschwerung der Zufahrt während acht Jahren hinzunehmen. Das Bundesgericht bestätigte eine Entschädigungspflicht für die Hälfte des Umsatzes während den ersten fünf Jahren und für einen Drittel des Umsatzes während weiteren drei Jahren (Urteil 1C_606/2013 vom 27. November 2013). 4.6 Bei den vorstehend wiedergegebenen Urteilen handelt es sich um eine einzelfallbezogene Praxis. Dennoch lassen sich daraus gewisse Leitlinien für die Beurteilung von Entschädigungsforderungen wegen Umsatzeinbussen von Geschäften aus Bauarbeiten auf Nachbargrundstücken entnehmen. Tendenziell spricht es für die Übermässigkeit der vorübergehenden Immissionen und damit für das Bestehen einer Entschädigungspflicht, - wenn die Beeinträchtigung längere Dauer (Richtwert über ein halbes Jahr; vgl. auch BGE 106 Ib 241 E. 5 S. 251) anhält, - erhebliche positive (wie Lärm, Staub usw.) oder negative (wie Zugangserschwernisse) Immissionen zu dulden sind, wobei die Intensität sich im Verlauf der Bauarbeiten ändern kann, - die Beeinträchtigung beim Geschäft eine erhebliche Umsatzeinbusse (Richtwert 20 bis 30 %) oder einen erheblichen Zusatzaufwand (wie für Reinigung) verursacht. Erforderlich ist in jedem Fall eine Gesamtbetrachtung, die sich auf eine konkrete Überprüfung aller massgeblichen Umstände stützt. Im Übrigen kann bei besonders starken, vorübergehenden Immissionen bereits während kürzerer Dauer eine übermässige Beeinträchtigung anzuerkennen sein. Im Lichte dieser Erkenntnisse ist der vorliegende Fall zu untersuchen. 5. 5.1 Nach der Vorinstanz hat die Raststätte als Nebenanlage eine dienende Funktion im Verhältnis zur Nationalstrasse. Das Interesse der Raststätten-Betreiber an der ungestörten Geschäftstätigkeit habe deshalb hinter das öffentliche Interesse an den Strassenarbeiten zurückzutreten. Die Immissionen aus diesen Bauarbeiten könnten deshalb im Prinzip nicht als aussergewöhnlich gelten und seien somit entschädigungslos hinzunehmen. Hinzu komme, dass umfangreiche Arbeiten regelmässig eine längere Vorlaufzeit hätten, was es den Betreibern der Nebenanlagen ermögliche, sich darauf vorzubereiten. BGE 145 II 282 S. 293 Auch von den konkreten Umständen her seien die Einwirkungen nicht übermässig gewesen. Die Zufahrt zum Baurechtsgrundstück sei während der Bauzeit zwei Monate lang gesperrt gewesen. Die entsprechende Betriebsschliessung habe sich im Rahmen des üblichen Betriebsrisikos bewegt. Mit einer entsprechenden Begründung habe es das Bundesgericht geschützt, dass bei der Raststätte Gunzgen Süd keine Kurzarbeitsentschädigung für die neun Wochen dauernde Betriebseinstellung beim selben Strassenprojekt ausgerichtet werde (vgl. Urteil 8C_302/2013 vom 5. Juli 2013). Während der übrigen Bauzeit sei die Zufahrt gewährleistet gewesen. Selbst wenn es dabei Einschränkungen gegeben hätte (wie die Erkennbarkeit, die Platzverhältnisse und die Streckenführung der Zufahrt von der Nationalstrasse bei der Baustelle), was die Vorinstanz letztlich offenliess, hätten unter Berücksichtigung der besonderen Interessenlage keine aussergewöhnlichen Umstände vorgelegen. 5.2 Dagegen hält die Beschwerdeführerin die Störung aus den Bauarbeiten für übermässig. Sie macht geltend, die Bauzeit habe knapp drei Jahre, von 2011 bis 2014, gedauert. Ausbauarbeiten wie die vorliegende Spurerweiterung seien aussergewöhnlich und höben sich von einer normalen Sanierung ab. Nur schon die zweimonatige Sperrung der Zufahrt sei aussergewöhnlich gewesen. Während der Bauzeit seien die Lärm- und Staubimmissionen erheblich gewesen, die Fahrspuren seien verengt geführt worden und die Zufahrt sei erschwert gewesen. Die mehrjährigen Bauarbeiten hätten zur Folge gehabt, dass viele Fahrzeuglenker den betroffenen Strassenabschnitt als unangenehm empfunden und ihren Halt bis ausserhalb des Baustellengebiets aufgeschoben hätten. Die Besucherfrequenzen der Raststätte hätten während der ganzen Bauzeit tiefer gelegen als vorher. Der Geschäftsumsatz auf der Raststätte sei bereits in den Jahren 2011 bis 2013 bis weit über 20 % tiefer gewesen als vorher und im Jahr 2014 - als der Betrieb zwei Monate geschlossen werden musste - nochmals zusätzlich eingebrochen. Die finanziellen Nachteile der Beschwerdeführerin seien auf das Bauvorhaben zurückzuführen. Die Vorinstanz habe den Sachverhalt hinsichtlich der Beeinträchtigung und des erlittenen Schadens ungenügend abgeklärt. 6. 6.1 Die Vorinstanz hat die Lage und Beschaffenheit der betroffenen Grundstücke gewürdigt. Dieses Vorgehen entspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. oben E. 4.1). Die Baurechtsliegenschaft der Beschwerdeführerin ist über die Zufahrt von der Nationalstrasse her erschlossen und ihre Raststätte ist auf die Versorgung, BGE 145 II 282 S. 294 aber auch das zeitweilige Erholungsbedürfnis der Benutzer dieser Strasse ausgerichtet. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Nationalstrasse gibt es aber dort erhebliche Lärm- und Abgasimmissionen aus dem Strassenverkehr. Dazu trägt auch der Betrieb der Raststätte selbst bei, wenn er wie im vorliegenden Fall mit einer Tankstelle verbunden ist. Der Umsatz wird zur Hauptsache mit der Bewirtung von Gästen sowie dem Verkauf von Bedarfsartikeln im Gebäudeinnern und wie erwähnt von Treibstoff für die Fahrzeuge erwirtschaftet. Die Kundschaft stammt aus dem Durchgangs- bzw. Fernverkehr; dabei handelt es sich hauptsächlich um vorbeifahrende Gelegenheitskunden. Auch wenn die Standorte der Autobahnraststätten behördlich vorgegeben sind (vgl. Art. 6 Abs. 4 NSV , so bereits Art. 4 Abs. 4 der früheren Verordnung vom 18. Dezember 1995 über die Nationalstrassen [AS 1996 250]), so stehen die einzelnen Raststätten in einem Wettbewerb mit vergleichbaren Betrieben. Ein solcher besteht nicht nur unter den verschiedenen Raststätten, sondern aufgrund der Navigationssysteme in den Fahrzeugen in einem gewissen Umfang auch mit Betrieben in der Nähe von Autobahnausfahrten. Ein temporärer Kundschaftsschwund ist auch für Raststätten wirtschaftlich nur in einem gewissen Ausmass verkraftbar. 6.2 Das Verhältnis zwischen Raststätte und Nationalstrasse unterscheidet sich von jenem zwischen städtischen Geschäftsliegenschaften, bei denen die zivilrechtliche Rechtsprechung wiederholt Anlass zum Entscheid über die Übermässigkeit von Bauimmissionen hatte (vgl. oben E. 4.4). Darauf macht die Vorinstanz zu Recht aufmerksam. Das sichere und gute Funktionieren der Nationalstrasse hat im Allgemeinen Vorrang vor den geschäftlichen Interessen des Raststättenbetriebs. Kurzfristige Behinderungen und Unterbrüche des Verkehrs auf der Nationalstrasse können nicht nur wegen Unterhalts- oder Reparaturarbeiten an der Strasse, sondern aus vielfältigen Gründen auftreten und gehören zum normalen Betriebsrisiko der Raststätte. Das Bundesgericht hat gestützt auf Art. 31 bis 33 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0) den Anspruch auf eine Kurzarbeitsentschädigung für die neunwöchige Einstellung eines Betriebs bei der Raststätte Gunzgen Süd im Rahmen des gleichen Strassenbauprojekts verneint; diese Bauarbeiten wurden zum normalen Betriebsrisiko gerechnet (zit. Urteil 8C_302/2013 vom 5. Juli 2013 E. 6.2 und 6.3). BGE 145 II 282 S. 295 Aus diesem Urteil ergibt sich ein Anhaltspunkt für die Tragweite der üblichen Geschäftsrisiken bei den Betrieben auf einer Raststätte. Das Urteil vermag jedoch keine Bindungswirkung auf die enteignungsrechtliche Beurteilung des vorliegenden Falls zu entfalten. Hinzu kommt, dass dort mit der Dauer der Betriebsschliessung nur ein - wenn auch einschneidender - Zeitabschnitt der Bauarbeiten beurteilt worden ist. Die vorinstanzliche Argumentation dehnt die für diese Sperrung angestellten Überlegungen auf die ganze Bauzeit aus; sie begnügt sich mit der Feststellung, die Zufahrt von der Nationalstrasse zum Gelände der Raststätte sei dann offengestanden. Diese Sichtweise greift zu kurz. In der wiedergegebenen nachbar- bzw. enteignungsrechtlichen Rechtsprechung wurde auch das Gewicht von blossen Behinderungen bei weiterhin gegebener Zufahrt bzw. beim Zugang von Geschäften (Abschrankungen, Umleitungen usw.) sowie von Lärm- und Staubimmissionen aufgrund der Bauarbeiten konkret überprüft (vgl. oben E. 4.4 und 4.5). Der Umstand, dass eine Raststätte trotz den Strassenarbeiten den Betrieb aufrecht hält, schliesst es nicht aus, dass die dabei hinzunehmende Beeinträchtigung sich als insgesamt übermässig erweist. Mit anderen Worten gehört es nicht zum gewöhnlichen finanziellen Risiko einer Raststätte, jedwelche Nachteile aus Strassenarbeiten zu dulden. 6.3 Der Spurenausbau erhöht die Strassenkapazität und vergrössert den Kundenkreis für die Raststätte Gunzgen Nord. Diese Verbesserung schliesst entgegen der Auffassung der Vorinstanz einen enteignungsrechtlichen Anspruch der Beschwerdeführerin wegen Umsatzeinbussen infolge der entsprechenden Bauarbeiten nicht von vornherein aus. Das Bestehen einer Entschädigungspflicht in dieser Hinsicht richtet sich vielmehr nach den oben in E. 4.6 dargelegten Kriterien. Die Anrechnung von Sondervorteilen an die Entschädigung ist erst bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen. Ob der Beschwerdeführerin aus dem Spurenausbau ein anrechenbarer Sondervorteil erwächst und welchen Betrag dies ausmacht, bleibt somit gegebenenfalls in einem anschliessenden Schätzungsverfahren zu bestimmen. Es trifft zu, dass sich nur eine Raststätte - Gunzgen Nord - am ausgebauten Strassenabschnitt zwischen den Verzweigungen Wiggertal und Härkingen (d.h. in der Fahrtrichtung von Osten nach Westen) befindet. Als anrechenbarer Vorteil im Sinne von Art. 22 EntG fällt jener Nutzen in Betracht, der (allein) dem teilenteigneten Grundstück entsteht, nicht dagegen ein allgemeiner Vorteil, welcher auch BGE 145 II 282 S. 296 den Nichtenteigneten zugutekommt (vgl. BGE 134 II 49 E. 12 S. 69). Der Spurenausbau kann für die Baurechtsliegenschaft der Beschwerdeführerin einen anrechenbaren Vorteil im Sinne von Art. 22 EntG bilden. Über diese Frage muss im derzeitigen Verfahrensstadium allerdings, wie dargelegt, nicht abschliessend entschieden werden. 6.4 Der Beschwerdegegner macht ausserdem geltend, der Umsatzverlust der einzelnen Raststätten bei dem abschnittsweise durchgeführten Spurenausbau der Nationalstrasse gleiche sich über das Ganze gesehen aus, weil dieser nacheinander die Raststätten reihum treffe. Dieser Einwand entkräftet aber einen enteignungsrechtlichen Entschädigungsanspruch der einzelnen Raststätte ebenfalls nicht dem Grundsatz nach. Die Fahrzeuglenker sind nicht darauf angewiesen, zu ihrer Versorgung und zeitweiligen Erholung die nächstgelegene Raststätte nach dem Ende der Baustelle aufzusuchen; sie weichen teilweise auch auf Betriebe im Nahbereich der Ausfahrten aus (vgl. oben E. 6.1). Es ist deshalb geboten, die baustellenbedingte Beeinträchtigung für jede Raststätte gesondert zu überprüfen. 6.5 Demzufolge sind die Auswirkungen der Baustelle auf die Liegenschaft der Raststätte Gunzgen Nord auch ausserhalb der zweimonatigen Zufahrtssperre bzw. der damaligen Betriebseinstellung konkret zu untersuchen. Die Vorinstanz hat den Sachverhalt in dieser Hinsicht ungenügend festgestellt. Das Bundesgericht kann den Sachverhalt in einem solchen Fall ergänzen ( Art. 105 Abs. 2 BGG ). Es kann auch neue Beweismittel abnehmen oder selbst einholen. Vorliegend sind im bundesgerichtlichen Instruktionsverfahren die nötigen Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden, um über den Grundsatz der Entschädigungspflicht zu entscheiden. Da die Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis dieser Abklärungen erhalten haben, kann im Folgenden darauf abgestellt werden. 7. 7.1 Die Ausgestaltung und Signalisation der Zufahrt zur Raststätte Gunzgen Nord, der Baulärm, die Staubentwicklung und die Erschütterungen änderten sich während des Bauablaufs. Nach Angaben des Beschwerdegegners fanden ab Oktober 2011 Vorbereitungsarbeiten statt, ab Frühling/Sommer 2012 kam es zu verkehrsrelevanten Veränderungen auf der Nationalstrasse. Die eigentlichen Strassenarbeiten gliederten sich gemäss Baudokumentation des Beschwerdegegners zeitlich überblicksweise wie folgt: Von Mai bis Juli 2012 wurden Arbeiten für Installationsplätze, u.a. im Raum der Raststätte Gunzgen Nord, aufgenommen (Phase V1). Von Ende Juli bis November BGE 145 II 282 S. 297 2012 (Phase V2) wurden die bisherigen Pannenstreifen befahrbar gemacht und weitere Arbeiten am Fahrbahnrand vorgenommen; dabei wurde der Verkehr gegen den Mittelstreifen gelenkt. Von November 2012 bis Januar 2013 (Phase V3) wurde der Verkehr nach aussen gelenkt, um den bisherigen Mittelstreifen befahrbar zu machen. Von Februar bis Oktober 2013 (Phasen 1.1 bis 1.3) wurde der Verkehr auf der nördlichen Fahrbahnhälfte geführt, um die Südseite zu sanieren und auszubauen. Daraufhin wurde der ganze Verkehr von November 2013 bis April 2014 (Phasen 2.1 und 2.2) auf die neu erstellte Südseite verlegt, um die Nordseite zu sanieren und auszubauen. Von April 2014 bis Juni 2014 (Phase 2.3) war das westliche Teilstück der Umbaustrecke mit dem Bereich der Zufahrt zur Raststätte Gunzgen Nord für den Verkehr freigegeben; im östlichen Teilstück verblieb der Verkehr auf der Südseite. Ab Juni 2014 (Phasen 3.1 und 3.2) wurden im Mittelbereich und am Aussenrand Schlussarbeiten durchgeführt; der Verkehr verteilte sich auf die beiden neuen Fahrbahnhälften. Wie im Geschäftsbericht des Bundesrates 2014 (Band II S. 56) aufgeführt, läuft der Verkehr seit Ende August 2014 zwischen den Verzweigungen Härkingen und Wiggertal in beiden Richtungen dreispurig; damit ist das Bauprojekt in verkehrsmässiger Hinsicht abgeschlossen. 7.2 Aufgrund der Baudokumentation des Beschwerdegegners und der Parteivorbringen lässt sich annehmen, dass die Immissionen aus Lärm, Staub und Erschütterungen aufgrund der Bauarbeiten für sich allein eine zwar erhebliche, aber keine übermässige Störung verursacht haben. Die Lärm- und Staubimmissionen wurden stets so weit wie möglich begrenzt. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass eine Raststätte in dieser Hinsicht weniger empfindlich ist als andere Betriebe (vgl. oben E. 6.1). Konkret ist auch nicht ein aussergewöhnlicher Aufwand beim Betrieb wegen der Bauarbeiten (wie für Reinigung) geltend gemacht worden. Intensiv waren immerhin die Immissionen beim Abbruch der Betonplatten der ehemaligen Fahrbahn in den Jahren 2013 und 2014. Die dabei verursachten Erschütterungen bei der Raststätte lagen jedoch gemäss dem vom Beschwerdegegner eingeholten Bericht deutlich unter dem Richtwert der Norm "Erschütterungen - Erschütterungseinwirkungen auf Bauwerke" (SN 640 312 a). Im Vordergrund steht vielmehr die Beeinträchtigung der Zufahrt wegen der Baustelle. 7.3 Für die Verkehrsteilnehmer spielen Hinweisschilder am Strassenrand auf die Raststätte (auch zum Angebot) und eine übersichtliche BGE 145 II 282 S. 298 Zufahrt eine wichtige Rolle. Es verhält sich anders als bei einem Quartierrestaurant ( BGE 113 Ia 353 ) oder einem Hotel-Restaurant (zit. Urteil E.18/1996, vgl. oben E. 4.5) mit Stammkundschaft, bei dem die Gäste Umleitungen oder andere Nachteile bei der Zufahrt in Kauf nehmen. Angesichts der hohen Geschwindigkeit, mit der die Fahrzeuge auf der Nationalstrasse verkehren, ist davon auszugehen, dass der individuelle Entscheid für oder gegen den Besuch einer Raststätte bereits im Vorfeld reift und selten erst direkt bei der Zufahrt fällt. Als Anhaltspunkt kann die Reihe der Hinweisschilder auf der Strasse dienen, von denen bei der vorliegenden Baustelle das erste rund 1'000 m vor der Zufahrt aufgestellt war (vgl. zur Signalisation Art. 62 Abs. 6 und Art. 89 der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 [SSV; SR 741.21] ). Dann wird sich ein Lenker, der auf der Überholspur fährt, darauf vorbereiten, diese rechtzeitig zu verlassen, um auf den Verzögerungsstreifen und die Zufahrt zur Raststätte zu gelangen. Bei der Beurteilung der Ausgestaltung der Zufahrt sind also nicht nur die Verhältnisse direkt an dieser Stelle, sondern auch auf den 1'000 m zuvor einzubeziehen. 7.4 Dass bereits die allgemeine, baustellenbedingte Verengung der Fahrspuren auf der Nationalstrasse einen bedeutenden Teil der Kundschaft vom Aufsuchen der Raststätte abhält, ist nicht anzunehmen. Hingegen gilt erfahrungsgemäss eine Verkehrsführung von Aus- bzw. Zufahrten mit Abschrankungen durch einen Baubereich hindurch bei einer Nationalstrasse als anspruchsvoll. Der Beschwerdegegner weist darauf hin, dass der Baubereich bei dieser besonderen Verkehrsführung lokal unterbrochen war und gefahrlos passiert werden konnte. Es musste nicht eigentlich durch eine Baustelle hindurchgefahren werden. Diese Art der Verkehrsführung vermied auch lange Umwege während der Bauzeit für Lenker, die zur Raststätte gelangen wollten. Dennoch wirkt die beim Heranfahren absehbare Notwendigkeit, einen Baubereich mit einem besonderen Verkehrsregime zu queren, abschreckend und ist geeignet, ortsunkundige Lenker vom Besuch der Raststätte abzuhalten. Ein derartiger Kundschaftsrückgang bildet von Art und Stärke eine erhebliche Beeinträchtigung für den Betrieb der Raststätte. Bei langer Dauer kann dies wirtschaftlich eine übermässige Beeinträchtigung für die Raststätte zur Folge haben. Wie es sich mit der Zufahrt in den Bauphasen konkret verhalten hat, ist nachfolgend gestützt auf die Baudokumentation des Beschwerdegegners zu beleuchten. BGE 145 II 282 S. 299 7.5 Im Herbst 2012 (Phase V2, drei bis vier Monate) bestand erstmals ein bedeutender Baustellenbereich am Aussenrand mit einer Zufahrt zur Raststätte durch diesen Baubereich hindurch. Für die Lenker war in diesem Zusammenhang von weitem eine anspruchsvolle Zufahrt zur Raststätte vorhersehbar. Die bisherigen Hinweistafeln auf die Raststätte Gunzgen Nord wurden durch orangefarbene (1'000 m und 500 m vor sowie bei der Zufahrt) ersetzt und je mit dem Zusatzschild "offen" ergänzt. Direkt bei der Zufahrt gab es besondere Signalisationen (Gefahrensignal [1.30, Art. 15 SSV ] zusammen mit dem Hinweis auf Werkverkehr und Tempo 40 km/h); die Zufahrt war mit seitlichen Absperrelementen gesichert. Von November 2012 bis Oktober 2013 (Phasen V3, 1.1 bis 1.3) bewegte sich der Verkehr am Aussenrand der nördlichen Fahrbahnhälfte (Seite der betroffenen Raststätte). Die Zufahrt war ohne besondere Anforderungen befahrbar. Diese Fahrbahn war aber erkennbar noch nicht umgebaut und wirkte weiterhin als Grossbaustelle (orangefarbene Hinweistafeln auf die Raststätte mit Vermerk "offen" und Tempolimite 40 km/h bei Zufahrt). Mit der Umlagerung des Verkehrs auf die Südhälfte ab November 2013 kam es erneut zu einem durchgehenden Baubereich und einer Zufahrt durch diesen hindurch zur beschwerdeführerischen Raststätte (Phase 2.1, drei bis vier Monate). Neben den orangefarbenen Hinweistafeln auf die Raststätte (mit Vermerk "offen") und der Tempobeschränkung auf 40 km/h gab es direkt bei der Zufahrt erneut das Gefahrensignal (1.30, Art. 15 SSV ) mit dem Hinweis auf Werkverkehr und seitliche Absperrelemente. Die Zufahrt ist in dieser Phase für die Lenker wiederum als anspruchsvoll zu bewerten und dies war von weitem vorhersehbar. Vom 17. Februar bis 17. April 2014 galt dann die mehrfach erwähnte Zufahrtssperre (Phase 2.2); die Raststätte war geschlossen. Nach der Wiedereröffnung von Zufahrt und Raststätte war die Nordseite der Fahrbahn weiterhin bis etwas weniger als 500 m vor der Raststätte für den Verkehr gesperrt (Phase 2.3, zwei Monate). Für die Fahrzeuglenker war es damals rund 1'000 m vor der Raststätte nicht absehbar, dass sie direkt bei der Zufahrt bereits die umgebaute Fahrbahn (ohne erhebliche Beschränkungen) benutzen konnten. Dass die Situation anders sein würde als bei der früheren Phase 2.1 ergab sich für die Lenker erst ab dem Moment (zwischen 500 m und 300 m vor der Zufahrt), als die Fahrspur auf die neue Fahrbahn BGE 145 II 282 S. 300 überwechselte. Die Hinweistafeln auf die Raststätte waren 1'000 m und 500 m vor der Zufahrt weiterhin orange (ohne Vermerk "offen"); neu standen 300 m vor und direkt bei der Zufahrt blaue Hinweistafeln für die Raststätte. Dieser Fahrbahnwechsel erfolgte namentlich für Lenker auf der Überholspur zu einem späten Zeitpunkt, sodass sie kaum noch rechtzeitig zur Raststätte abzweigen konnten. Im Ergebnis sind die Zufahrtserschwernisse bei der Raststätte aufgrund der Baustelle in Phase 2.3 analog zur Phase 2.1 zu beurteilen. Anders verhielt es sich hingegen ab Juni 2014 (Phasen 3.1 und 3.2, letzte zwei bis drei Monate). Die Nordseite der Fahrbahn war in erkennbarer Weise umgebaut und durchgehend für den Verkehr freigegeben. Die Abschlussarbeiten stellten Baubereiche von geringer Tragweite dar. Die Strassenverhältnisse liessen in diesem Zeitraum eine Zufahrt zur Raststätte ohne besondere Anforderungen erwarten. Zusammengefasst ist anzuerkennen, dass der Beschwerdegegner grosse Anstrengungen unternommen hat, um die Beeinträchtigung der Zufahrt zur Raststätte aufgrund der Strassenbaustelle so gering wie möglich zu halten. Die Sperrung der Zufahrt wurde zeitlich auf ein Minimum (Phase 2.2) beschränkt. Die Signalisation informierte die Fahrzeuglenker während den Bauarbeiten ausreichend und zweckmässig über die Raststätte und die Zufahrt. Letztere war während den etwas über zweijährigen Strassenarbeiten (Sommer 2012 bis Sommer 2014) allerdings in den Phasen V2 (drei bis vier Monate) und 2.1 bis 2.3 (acht Monate) trotz sicherer Befahrbarkeit mit erheblichen Nachteilen verbunden. Beim zweitgenannten Zeitabschnitt fällt erschwerend ins Gewicht, dass die Zufahrt zwei Monate davon (Phase 2.2) vollständig unterbunden war. In den Zwischenphasen V3 und 1.1 bis 1.3 war die Zufahrt an sich ohne besondere Anforderungen befahrbar, wirkte aber auf der Seite der Raststätte Gunzgen Nord weiterhin als Grossbaustelle. Dazu trugen die Bauimmissionen (oben E. 7.2) bei. Dies änderte erst ab der Phase 3.1; dann war der Umbau auf der Nationalstrasse nahezu abgeschlossen. 7.6 In die bei den bundesgerichtlichen Akten befindlichen Geschäftszahlen der Beschwerdeführerin ist dem Beschwerdegegner kein Einblick gewährt worden, weil an diesen nach der Rechtsprechung ein objektives Geheimhaltungsinteresse besteht (vgl. BGE 142 II 268 E. 5.2.4 S. 279 mit Hinweis). Der Instruktionsrichter im bundesgerichtlichen Verfahren hat dem Beschwerdegegner aber eine Übersicht über die prozentuale Entwicklung der Umsätze von 2010 bis 2017 gegeben ( Art. 56 Abs. 3 BGG ). Die Umsatzzahlen der ERFA-Gruppe BGE 145 II 282 S. 301 sind im vorliegenden Zusammenhang nicht wesentlich. Das von der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht gestellte Editionsbegehren ist gegenstandslos. Aus der prozentualen Entwicklung des Umsatzes beim Raststättenbetrieb der Beschwerdeführerin ergibt sich folgendes Bild: Im Geschäftsjahr 2011 sank der Bruttoumsatz gegenüber 2010 nur unbedeutend, dafür aber 2012 im Vergleich zu 2011 um rund 15 %. In den Jahren 2013 und 2014 nahm er im Verhältnis zum jeweiligen Vorjahr nochmals um rund je 10 % ab. Entsprechend lag der Umsatz im Jahr 2014 insgesamt etwa 35 % tiefer als im Jahr 2010. Erst im Jahr 2015 stieg er wieder um rund 15 % gegenüber 2014 an und hielt sich in den Jahren 2016 und 2017 ungefähr auf diesem Stand. Dabei ging der erste deutliche Umsatzeinbruch im Jahr 2012 mit den erheblichen Nachteilen bei der Zufahrt zur Raststätte in der Phase V2 einher. Weiter wurde der umsatzmässige Tiefpunkt im Jahr 2014 erreicht, als die Raststätte zwei Monate geschlossen war (Phase 2.2) und ansonsten in der ersten Jahreshälfte nachteilige Zufahrtsverhältnisse (Phasen 2.1 und 2.3) bestanden. Erst im Jahr 2015, nach Abschluss der Bauarbeiten, nahm der Umsatz wieder deutlich zu. Über das Ganze gesehen lässt sich ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen den Hauptarbeiten auf der Nationalstrasse und der Umsatzentwicklung nicht in Abrede stellen. Eine genaue Bemessung des baustellenbedingten, wirtschaftlichen Schadens erlaubt die prozentuale Entwicklung der Umsatzzahlen allerdings nicht. 7.7 Bei einer Gesamtbetrachtung ist die Schwere der Beeinträchtigung des betroffenen Betriebs durch die Bauarbeiten mit jener bei den zwei Fällen von Geschäftsliegenschaften in Genf (Urteile C.228/1986 vom 14. November 1986 und 5C.117/2005 vom 16. August 2005; oben E. 4.4) und dem Hotel-Restaurant im Kanton Neuenburg (Urteil 1E.16/1998 vom 6. Dezember 1999; oben E. 4.5) vergleichbar. Besonders einschneidend war die zweimonatige Totalsperrung der Zufahrt zur Raststätte Gunzgen Nord im zweiten Baujahr. Ansonsten war diese Zufahrt zwar offen, die Baustellenverhältnisse vor und bei der Zufahrt stellten sich aber jeweils nach einigen Monaten immer wieder anders dar. Am Anfang des ersten Baujahrs und dann vor allem im zweiten Baujahr war die Zufahrt erheblich erschwert. Dazwischen lag eine Zwischenphase, bei der die Zufahrt nicht anspruchsvoll war, aber wegen der noch umgebauten Fahrbahn dennoch der Eindruck einer Grossbaustelle bestand. Dazu trugen Baulärm, Staub und Erschütterungen bei. Zu einer markanten wirtschaftlichen BGE 145 II 282 S. 302 Erholung kam es bei der Raststätte in dieser Zwischenphase nicht. Das Zusammenspiel dieser Nachteile führte - vor allem in den Geschäftsjahren 2012, 2013 und 2014 - zu einer erheblichen Umsatzeinbusse, die den Rahmen des normalen Betriebsrisikos der Raststätte übersteigt. Demzufolge sind die Voraussetzungen für eine grundsätzliche Entschädigungspflicht wegen übermässigen Immissionen aus den fraglichen Strassenarbeiten auf die Baurechtsliegenschaft der Beschwerdeführerin erfüllt. Die Beschwerde ist in diesem Punkt begründet.
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335320a1-0095-4815-9df5-00d30722f52b
Sachverhalt ab Seite 236 BGE 112 II 235 S. 236 A.- Die A. AG pachtete von der B. AG Teile eines Landwirtschaftsbetriebs und gab sie mit Wirkung ab 14. März 1975 in Unterpacht an C. Die B. AG verkaufte die Liegenschaft am 6. März 1981 an die D. AG, welche das Land als Gärtnerei selbst bewirtschaften und daher das Pachtverhältnis nicht übernehmen wollte. Die B. AG hatte schon vor dem Verkauf den Pachtvertrag mit der A. AG erstmals am 27. November 1980 auf den 31. Mai 1981 und erneut am 18. Februar 1981 auf den 30. September 1981 gekündigt. Am 7. Dezember 1981 kündigte sie vorsorglich auch den Unterpachtvertrag mit C. auf den 14. März 1984. Die D. AG, die am 22. März 1982 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden war, kündigte ihrerseits der A. AG den Pachtvertrag am 26. Mai 1982 auf den 14. März 1983. Schliesslich kündigte auch die Pächterin A. AG am 20. August 1982 den Unterpachtvertrag mit C. auf den 14. März 1983. In einem Befehlsverfahren zwischen C. und der D. AG schlossen die Parteien im Juli 1982 vor dem Bezirksgerichtspräsidenten von Bremgarten einen Vergleich. Danach hatte C. die Pachtobjekte spätestens Ende Oktober 1982 zurückzugeben und für die Nutzung bis dahin Fr. 6.50 pro Are zu bezahlen. B.- Am 4. Juli 1983 klagte C. gegen die A. AG gestützt auf den Unterpachtvertrag auf Schadenersatz im Gesamtbetrag von Fr. 36'000.-- nebst Zins (Fr. 1'436.-- für die Pachtzinserhöhung bis Ende Oktober 1982 gemäss Vergleich mit der D. AG, Fr. 500.-- Rechtswahrungskosten sowie rund Fr. 34'000.-- für entgangenen Ertrag aus Unterpacht für die Zeit vom 1. November 1982 bis 14. März 1984). Die Beklagte bestritt die Klage und erhob ihrerseits Widerklage auf Bezahlung von Fr. 20'752.-- nebst Zins für rückständigen Unterpachtzins. Das Bezirksgericht Bremgarten schützte am 5. Juli 1984 die Hauptklage im Teilbetrag von Fr. 11'200.-- nebst Zins, während es die Widerklage abwies. Die Parteien appellierten mit Bezug auf die Hauptklage an das Obergericht des Kantons Aargau, das die Klage am 5. Juni 1985 abwies. C.- Auf Berufung der Klägerin hebt das Bundesgericht das obergerichtliche Urteil auf und weist die Sache zur neuen Beurteilung im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. BGE 112 II 235 S. 237 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil sowie in Einklang mit Art. 23 ff. EGG und Art. 281ter OR gehen die Parteien davon aus, dass ihr Unterpachtverhältnis erst auf den 14. März 1984 kündbar war, dass aber die D. AG als Käuferin der Pachtobjekte den Pachtvertrag mit der Beklagten bereits auf den 14. März 1983 auflösen konnte und aufgelöst hat. Zu Recht betrachtet das Obergericht auf diesen Zeitpunkt auch den Unterpachtvertrag infolge einer von der Beklagten nicht zu vertretenden Unmöglichkeit der weiteren Erfüllung als aufgelöst ( Art. 119 Abs. 1 OR ); weshalb die Beklagte als Pächterin den Verkauf der Pachtobjekte durch die B. AG und den Nichteintritt der D. AG zu verantworten hätte, ist nicht ersichtlich (im Unterschied etwa zu BGE 36 II 185 E. 3). Es ist daher zu untersuchen, inwiefern die Beklagte bei dieser Sachlage der Klägerin für die Zeit vom 22. März 1982 bis 14. März 1984 ersatzpflichtig ist. 3. Das Obergericht legt der Klägerin zur Last, dass diese am 12. Juli 1982 einen Vergleich mit der Käuferin D. AG abgeschlossen habe, nach welchem sie bis Ende Oktober 1982 die Pachtobjekte zu einem höheren Entgelt habe nutzen dürfen. Die Vorinstanz meint, die Klägerin hätte zuvor der Beklagten Gelegenheit zur Intervention geben müssen, damit diese ihre Rechte aus dem Pachtvertrag gegenüber der Verkäuferin B. AG oder gegenüber der Käuferin D. AG hätte geltend machen können. Die Klägerin rechtfertigt sich damit, dass ihr der Vergleich die Bewirtschaftung bis Ende Oktober 1982 erlaubt und daher zur Schadensminderung beigetragen habe. Für die Beklagte ist dieses Vorgehen rätselhaft, weil die Unterpacht damals weder wirksam aufgehoben noch auch nur gekündigt gewesen sei. Nachdem die Erwerberin D. AG das Pachtverhältnis mit Wirkung auf den 14. März 1983 aufgehoben hatte ( Art. 281ter Abs. 2 OR ), hätte die Klägerin von Gesetzes wegen bis zu diesem Zeitpunkt zum geltenden Pachtzins im Genuss der Pachtobjekte belassen werden müssen ( BGE 44 I 70 ; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 21 und BECKER, N. 14 zu Art. 259). Wenn die Klägerin sich im Vergleich bereit fand, die Räumung bereits auf Ende Oktober 1982 anzuerkennen und bis dahin ein erhöhtes Entgelt zuzugestehen, war dies ein Entgegenkommen an die D. AG, zu dem sie nicht verpflichtet war und für welches die Beklagte nicht in Anspruch BGE 112 II 235 S. 238 genommen werden kann. Die Behauptung, die Beklagte habe sich diesbezüglich zu wenig gewehrt, geht fehl, weil die Klägerin sich der neuen Eigentümerin gegenüber selbst auf Art. 281ter Abs. 2 OR hätte berufen können. Insoweit erweist sich daher der Ersatzanspruch der Klägerin im vornherein als unbegründet. Anders verhält es sich für die Zeit vom 14. März 1983 bis zum 14. März 1984, für welche die Klägerin ihren Unterpachtvertrag der Erwerberin gegenüber nicht mehr durchsetzen konnte. 4. Insoweit begnügt sich das Obergericht mit der Begründung, der Klägerin stehe der schuldlosen Beklagten gegenüber kein direkter Schadenersatzanspruch zu, wohl aber besitze diese einen solchen Anspruch gegen die B. AG, welche den bestehenden Pachtvertrag nicht der D. AG überbunden und damit schuldhaft gehandelt habe. Die Klägerin habe das Recht, sich diesen Schadenersatzanspruch abtreten zu lassen; da ein solches Begehren nicht gestellt worden sei, sei darüber aber nicht zu befinden und die Klage daher abzuweisen. a) Die Parteien stimmen darin überein, dass die Klägerin einen Schadenersatzanspruch aus Vertragsverletzung nur gegen die Beklagte, nicht aber gegen die B. AG geltend machen kann. Die Klägerin meint freilich, die B. AG treffe kein Verschulden, was indes unerheblich sei, weil Art. 281ter OR eine Kausalhaftung statuiere. Das trifft nicht zu; vielmehr folgt die Schadenersatzpflicht auch insoweit den allgemeinen Regeln von Art. 97 ff. OR (SCHMID, N. 27 zu Art. 259 OR , REYMOND, Gebrauchsüberlassungsverträge, in Schweiz. Privatrecht VII/1 S. 228 je mit Hinweisen). Wer wie die B. AG ein Pachtgrundstück verkauft, ohne dem Erwerber die bestehenden Pachtverträge zu überbinden, handelt schuldhaft (so schon BGE 28 II 283 ; vgl. auch SCHMID und REYMOND a.a.O. sowie GUHL/MERZ/KUMMER, OR, 7. Aufl., S. 371). Die Parteien des Kaufvertrags haben dieser Situation Rechnung getragen, indem die Verkäuferin B. AG allfällige Schadenersatzforderungen der Pächter wegen vorzeitiger Vertragsauflösung zu übernehmen versprach. b) Unter Berufung auf die Lehre macht die Klägerin geltend, der Gläubiger einer unmöglich gewordenen Leistung könne vom Schuldner, welcher in diesem Zusammenhang Ersatz erhalten habe (Surrogat, stellvertretendes Commodum), diesen Ersatzwert verlangen. Von ihr zu fordern, dass sie zuerst in einem besonderen Prozess die Abtretung verlangen müsste, verkenne materiellrechtliche und prozessuale Grundsätze und sei prozessökonomisch BGE 112 II 235 S. 239 unsinnig. Die Beklagte tritt auf diese Argumentation nicht ein, sondern hält lediglich daran fest, dass sie den Unterpachtvertrag nicht verletzt habe und daher nicht ersatzpflichtig sei. c) Die Klägerin kann sich für ihre Ansicht auf eine alte Rechtsprechung des Bundesgerichts stützen. Danach hat Art. 119 OR zwar den gemeinrechtlichen Anspruch auf das stellvertretende Commodum nicht ausdrücklich übernommen; doch ergibt er sich aus dem Sinn der Vorschrift. Wenn diese als Folge der Leistungsunmöglichkeit die Forderung erlöschen lässt, will sie den Schuldner vor den nachteiligen Folgen weiterer Gebundenheit schützen. Bringt der die Unmöglichkeit herbeiführende Umstand dem Schuldner dagegen Vorteile in Gestalt eines Ersatzes oder Ersatzanspruchs für den weggefallenen Leistungsgegenstand, so liegt eine Befreiung nur dann im Sinn von Art. 119 OR , wenn der Schuldner die erlangte Ersatzleistung an den Gläubiger herausgibt ( BGE 51 II 175 E. 3: Anspruch auf die Versicherungssumme bei Zerstörung des Kaufobjekts durch Brand; BGE 43 II 233 E. 5: Anspruch auf die von den Militärbehörden ausgerichtete Vergütung bei Beschlagnahmung des Kaufobjekts; ebenso BGE 46 II 436 E. 2, wo aber ein Anspruch auf den Gewinn des Verkäufers infolge anderweitiger Veräusserung des freigewordenen Kaufobjekts verneint wurde). Die in der Berufung zitierte Lehre hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (insbesondere OSER/SCHÖNENBERGER, N. 14 zu Art. 119 OR , VON TUHR/ESCHER, Allg. Teil OR, Bd. II, S. 131 f., GUHL/MERZ/KUMMER, S. 276, ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, S. 526 f., BUCHER, OR, Allg. Teil, S. 419 f., KELLER/SCHÖBI, Das Schweizerische Schuldrecht, Bd. IV, S. 187 f.). Der geschilderte Grundsatz gilt nicht nur, wenn der Schuldner die Ersatzleistung bereits erhalten, sondern auch wenn er auf eine solche erst Anspruch hat, namentlich auch im Fall eines Schadenersatzsanspruchs gegen den Dritten bei Zerstörung oder Beschädigung der Sache durch unerlaubte Handlung ( BGE 46 II 437 E. 2; VON TUHR/ESCHER, S. 132, ENGEL, S. 526, GUHL/MERZ/KUMMER, S. 276). Dabei wird angenommen, dass der Gläubiger vom Schuldner die Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen könne (VON TUHR/ESCHER, S. 131, ENGEL, S. 526, BUCHER, S. 419 Anm. 23). Entsprechend sieht § 281 BGB ebenfalls vor, dass der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen kann. In diesem Sinn wurde in BGE 51 II 171 ff. die Abtretung eines Versicherungsanspruchs verlangt und BGE 112 II 235 S. 240 im Urteil angeordnet (während in BGE 36 II 185 E. 3 eine Abtretungsofferte aus andern Gründen ungenügend blieb). d) Die Klägerin behauptet zwar, mit ihrer Klage die Abtretung dieses Schadenersatzsanspruchs verlangt zu haben, vermag dies jedoch nicht zu belegen. Es ist eine Frage des kantonalen Rechts, ob ihr anstelle des eingeklagten Geldbetrages die Forderung gegen die B. AG hätte zugesprochen werden können; das Bundesrecht verlangt dies jedenfalls nicht. Die Frage ist indes unerheblich, wie die nachfolgende Erwägung ergibt. e) Soweit sich die angeführte Rechtsprechung und Literatur mit der Abtretung einer Schadenersatzforderung des Schuldners an den Gläubiger der unmöglich gewordenen Leistung befassen, beziehen sich die Äusserungen auf die Haftung des Dritten aus unerlaubter Handlung. Dabei ist zweifelhaft, wieweit der Schaden beim Schuldner eingetreten ist (dazu namentlich von TUHR/ESCHER, S. 132). Um so weniger lässt sich das auf einen Schadenersatzanspruch aus Vertragsverletzung übertragen, wie er hier in Betracht kommt. Die Beklagte kann der B. AG gegenüber nur insoweit einen Schaden geltend machen, als sie selbst von der Klägerin in Anspruch genommen wird. Damit unterscheidet sich diese Situation deutlich von der Abtretung etwa des bereits feststehenden Anspruchs auf eine Versicherungsleistung ( BGE 51 II 171 ff.). Da sich der Schaden der Beklagten und damit ihr Ersatzanspruch gegen die B. AG erst aus der Auseinandersetzung mit der Klägerin ergibt, erübrigt es sich auch, aufgrund der Billigkeitsüberlegungen, die der erwähnten Rechtsprechung zugrunde liegen ( BGE 43 II 234 , BGE 51 II 176 ), den Umweg über eine Abtretung einzuschlagen. Vielmehr ist die Beklagte zum Ersatz des Schadens der Klägerin zu verpflichten, weil die Beklagte ihrerseits einen gleichen Ersatzsanspruch gegen die B. AG besitzt, dessen Durchsetzung durch das vorliegende Urteil erleichtert wird. Wie sich die Beklagte diesen Rückgriff sichern will, bleibt ihr überlassen. 5. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte (der kein eigentlicher Schadenersatzanspruch, sondern ein Anspruch auf ein Surrogat ist) ist daher dem Grundsatz nach begründet. Für die betragsmässige Beurteilung fehlen dem Bundesgericht die erforderlichen Feststellungen hinsichtlich der Schadenshöhe. Das muss zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz führen ( Art. 64 Abs. 1 OG ).
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1c2511ca-a6de-48ee-8b72-2895c8089698
Sachverhalt ab Seite 53 BGE 82 I 53 S. 53 A.- Am 24. Juli 1908 ermächtigte der Bundesrat auf Grund des Expropriationsgesetzes (ExprG) die Einwohnergemeinde Luzern zur Enteignung von Land "zur Erweiterung der dortigen Allmend". Gestützt darauf wurden insgesamt rund 15 ha Land enteignet, insbesondere die beiden Liegenschaften Hubelmatt des L. Reinert von 4,36 ha und Hummelrüti des H. Räber von 4,16 ha. Die Entschädigung für die letztere wurde letztinstanzlich auf Fr. 149'761.-- festgesetzt. Am 25. Februar 1910 verpachtete die Einwohnergemeinde Luzern die Hummelrüti an H. Räber, der darauf wie bisher Landwirtschaft betrieb; im Pachtvertrag verpflichtete er sich, die gesamte Pachtliegenschaft für Truppenübungen jederzeit zur Verfügung zu stellen und den Truppen die Benützung des Geländes unter keinen Umständen zu verwehren, gegen Ersatz des durch die militärische Inanspruchnahme entstehenden Schadens. Analoge Bestimmungen enthielten der Pachtvertrag von 1925 mit dem nachfolgenden Pächter Kneubühler BGE 82 I 53 S. 54 und der Pachtvertrag über die Hubelmatt, die ebenfalls weiter landwirtschaftlich genutzt wurde. Als 1920 ein Teil der Hubelmatt überbaut wurde, verlangte der frühere Eigentümer Reinert dessen Rückerstattung nach Art. 47 ExprG. Die Klage wurde vom Bundesgericht am 29. Dezember 1921 abgewiesen mit der Begründung, nachdem die Liegenschaft dauernd dem Expropriationszwecke gedient habe, vermöge die nachträgliche Verwendung zu einem andern Zwecke kein Rückerstattungsrecht mehr zu begründen. Durch eine Vereinbarung vom 5. November 1928/7. Januar 1929 zwischen Bund und Einwohnergemeinde Luzern wurde das im Jahre 1910 enteignete Land auf den 1. Januar 1929 "aus dem Waffenplatzvertragsverhältnis ausgeschieden". In der Folge erstellte die Einwohnergemeinde Luzern darauf, u.a. auf einem Teil der Hummelrüti, Sportplatzanlagen, die sie dem Sportklub Luzern vermietete; der Beschluss wurde in einer Gemeindeabstimmung vom 8. Mai 1932 gefasst, und die Anlagen wurden im Jahre 1934 erstellt. Der Rest der Hummelrüti wurde weiterhin landwirtschaftlich genutzt. Im Jahre 1952 plante die Einwohnergemeinde Luzern, darauf Schulhäuser zu erstellen. Die Erben des früheren Eigentümers H. Räber erhoben hiegegen öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Einsprache, indem sie ein Rückforderungsrecht nach Art. 102 EntG geltend machten. Die öffentlich- rechtliche Einsprache wurde vom Stadtrat Luzern am 3. November 1952 abgewiesen; die privatrechtliche zogen die Einsprecher am 24. Dezember 1952 zurück mit der Erklärung, dass sie am Rückforderungsanspruch grundsätzlich festhielten und im Fall seiner Gutheissung anstelle der Rückübertragung des Bodens eine entsprechende Entschädigung verlangten. Drei von den fünf Kindern des H. Räber traten ihre Ansprüche an ihren Bruder Bernhard Räber ab. B.- Am 14. Oktober 1953 leiteten Berhard Räber und Marie Fries-Räber bei der Eidg. Schätzungskommission V BGE 82 I 53 S. 55 gegen die Einwohnergemeinde Luzern Klage ein mit den Rechtsbegehren: 1) Die Liegenschaft Hummelrüti in einem Ausmasse von noch ca. 40 000 m2 sei zu 4/5 in das Eigentum von Bernhard Räber und zu 1/5 in dasjenige von Marie Fries-Räber zu übertragen und das Grundbuchamt Luzern anzuweisen, die notwendigen Eintragungen vorzunehmen. 2) Eventuell sei die Einwohnergemeinde Luzern zu verurteilen, an B. Räber Fr. 1'024,000.-- und an M. Fries-Räber Fr. 256'000 nebst 5% Zins seit 13. November 1952 zu bezahlen. Die Kläger machten geltend, die Enteignung sei hauptsächlich erfolgt, um auf dem enteigneten Boden Kasernen und Stallungen zu erstellen, und nur zum Teil, um den Truppenübungsraum auszudehnen. Die Hummelrüti sei nicht für den vorgesehenen Zweck verwendet, sondern Bedürfnissen der Einwohnergemeinde Luzern dienstbar gemacht worden. Für Truppenübungen sei sie höchstens in einem Masse beansprucht worden, das sich auch jeder dritte Grundeigentümer gestützt auf Art. 33 MO gefallen lassen müsste. Damit sei das Rückforderungsrecht nach Art. 47 ExprG und Art. 102 EntG entstanden. Das ExprG habe keine Verjährung desselben gekannt; die Verjährung des EntG, insbesondere die 25jährige Frist von Art. 102 lit. b, habe erst mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Januar 1932 zu laufen begonnen. Die Einwohnergemeinde Luzern beantragte Nichteintreten auf das Begehren 1 und im übrigen Abweisung der Klage in vollem Umfang. Sie bestritt insbesondere die Entstehung eines Rückforderungsrechtes, da die Hummelrüti in erster Linie für die Erweiterung des Truppenübungsplatzes enteignet und bis 1928 auch intensiv hiefür benützt worden sei. Eventuell wäre ein Rückforderungsrecht längst verjährt, da die Kläger es weder nach der Entlassung der Hummelrüti aus dem Waffenplatzvertrag noch bei deren Verwendung für Sportplatzanlagen oder nach dem Inkrafttreten des EntG geltend gemacht hätten. C.- Mit Entscheid vom 21. Oktober 1955 wies die Eidg. Schätzungskommission V die Klage vollumfänglich ab. Die Kläger ziehen diesen Entscheid an das Bundesgericht BGE 82 I 53 S. 56 weiter und erneuern ihre vor der Schätzungskommission gestellten Rechtsbegehren. Die Einwohnergemeinde Luzern beantragt die Abweisung der Beschwerde sowie der darin gestellten Anträge auf Aktenergänzung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Kläger machen ein Rückforderungsrecht im Sinne der Art. 102 ff. EntG geltend, weil die enteignete Liegenschaft Hummelrüti nicht zu dem Zwecke verwendet worden sei, für den die Enteignung bewilligt wurde. Sie sind dazu gemäss Art. 103 EntG legitimiert als Erben des damals Enteigneten und auf Grund der Abtretung seitens der Miterben. Durch den Rückzug ihrer Baueinsprache gegen die auf der Liegenschaft geplanten und seither begonnenen Schulhausbauten haben sie auf den Rückforderungsanspruch nicht verzichtet; sie haben vielmehr ausdrücklich daran festgehalten und lediglich erklärt, dass sie im Falle seiner Gutheissung anstelle der Rückübertragung des Bodens eine entsprechende Entschädigung verlangten. Die Einwohnergemeinde Luzern bestreitet den Anspruch auch als Voraussetzung einer solchen Entschädigung. Der Streit geht also um ein Rückforderungsrecht nach Art. 102 ff. EntG . Über solche Streitigkeiten entscheidet gemäss Art. 108 EntG die Schätzungskommission unter Vorbehalt der Weiterziehung an das Bundesgericht. Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten. 2. Die Eidg. Schätzungskommission V hat für die Abweisung der Klage eine doppelte Begründung gegeben: eine materielle dahin, dass kein Rückforderungsrecht bestehe, weil die Liegenschaft Hummelrüti zu dem Zwecke, für den sie enteignet wurde, verwendet worden sei, und eine formelle dahin, dass das Rückforderungsrecht, falls ein solches entstanden wäre, verjährt wäre. Es rechtfertigt sich, zuerst die Frage der Verjährung zu prüfen; denn wenn diese eingetreten ist, erübrigt sich die materielle Beurteilung samt den dafür beantragten Weiterungen. BGE 82 I 53 S. 57 Die Verjährung ist eine reine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht ohne Beizug von Experten der Oberschätzungskommission zu beurteilen ist. In solchen Fällen wird nach der Praxis auch von der vorhergehenden Zustellung eines Urteilsentwurfes des Instruktionsrichters an die Parteien gemäss Art. 84 EntG Umgang genommen, weil dieses Verfahren auf die Auswertung des Obergutachtens zugeschnitten ist. Die Parteien haben sich damit einverstanden erklärt. 3. Das jetzt in Art. 102 ff. EntG geordnete Rückforderungsrecht war grundsätzlich, wenn auch in teilweise anderer Ausgestaltung, schon in Art. 47 ExprG vorgesehen. Es konnte also an sich schon unter dem früheren Recht entstehen; doch sind auch dann gemäss der Übergangsbestimmung von Art. 122 Abs. 3 EntG die Voraussetzungen und Fristen für seine Geltendmachung nach dem neuen Recht zu beurteilen. Über die Verjährung des Rückforderungsrechtes enthielt das alte Gesetz keine Bestimmung; unter ihm galt jenes somit als unverjährbar, da nach damaliger Auffassung die Verjährung nur auf Grund einer ausdrücklichen Vorschrift eintreten konnte. Diese Auffassung kommt noch in der Botschaft des Bundesrates vom 21. Juni 1926 zum EntG zum Ausdruck, welche davon ausgeht, dass die Rückforderung als öffentlichrechtliche Klage den allgemeinen Verjährungsbestimmungen nicht unterstehe, weshalb das EntG eine solche aufstellen müsse (BBl 1926 II S. 104). Sie wird auch geteilt von HESS, Kommentar zum EntG, N. 1 zu Art. 105: "Im Unterschied zum bisherigen Recht, das keine Verjährung des Rückforderungsrechtes kannte,. .." Die Verjährung wurde durch Art. 105 EntG neu eingeführt. Sie ist aber nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen und nach Art. 122 Abs. 3 EntG auch anwendbar auf die schon vor dessen Inkrafttreten erledigten Enteignungen. Das muss selbst dann gelten, wenn das Rückforderungsrecht schon auf Grund des alten Rechtes entstanden war, obwohl es danach keiner Verjährung BGE 82 I 53 S. 58 unterlag; denn es ist allgemein anerkannt und ergibt sich aus dem Zwecke der Verjährung, die Rechtssicherheit durch Befristung der Ausübung von Rechten zu wahren, dass eine neu eingeführte Verjährung auch auf bisher unverjährbare Rechte anwendbar ist (MUTZNER, Kommentar zum SchIZGB, N. 7 zu Art. 49; HAFNER, Kommentar zum aoR, N. 5 a zu Art. 883). Wohl aber erfordert der Schutz der bestehenden Rechte, dass in solchen Fällen die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem die Verjährung eingeführt wird, also nicht vor dem Inkrafttreten des neuen Rechtes. Art. 49 SchIZGB und Art. 883 aoR, welche das für diese Gesetze ausdrücklich bestimmen, entsprechen einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, der auch für andere Fälle der Einführung einer bisher nicht bestandenen Verjährung gilt. Die Parteien und die Schätzungskommission stimmen denn auch mit Recht darin überein, dass auf den vorliegenden Fall die Verjährungsvorschrift von Art. 105 EntG zur Anwendung kommt, dass aber die Verjährung nicht vor dem 1. Januar 1932 beginnen konnte. 4. Unter diesem Vorbehalt begann die Verjährungsfrist für ein allfälliges Rückforderungsrecht in dem Zeitpunkt zu laufen, der in Art. 105 EntG , je nach der Art der Entstehung dieses Rechtes, festgesetzt ist. Für die Fälle von Art. 102 lit. a und b ist das der Zeitpunkt des Ablaufes der dort genannten Fristen von fünf Jahren ohne Verwendung des enteigneten Rechtes für das geplante Werk bzw. von 25 Jahren für die Erweiterung des bereits bestehenden. Diese Fristen selbst sind keine Verjährungsfristen; ihr unbenützter Ablauf ist vielmehr eine Voraussetzung für die Entstehung des Rückforderungsrechtes. Daher bestimmen sie sich gemäss Art. 122 Abs. 3 EntG nach dem neuen Rechte, auch mit Bezug auf schon früher erledigte Enteignungen; auch für solche beträgt nunmehr die Frist fünf bzw. 25 Jahre, nicht mehr bloss zwei wie nach Art. 47 ExprG. Sie beginnt aber nach wie vor mit dem Erwerb des enteigneten Rechtes durch den Enteigner BGE 82 I 53 S. 59 zu laufen, auch wenn dieses schon unter dem alten Rechte erworben worden ist. Es kann keine Rede davon sein, dass auch diese Fristen, welche nicht die Verjährung, sondern die Entstehung des Rückforderungsrechtes betreffen, erst mit dem Inkrafttreten des neuen Rechtes beginnen könnten. Das EntG hat das Rückforderungsrecht nicht neu eingeführt, es auch gegenüber dem alten Recht nicht erleichtert, sondern durch die Verlängerung der Frist erschwert; es besteht deshalb kein Grund, die vor seinem Inkrafttreten abgelaufene Zeit auf diese verlängerte Frist nicht anzurechnen. Nur die Verjährung wurde erst durch das neue Gesetz eingeführt; bloss die in Art. 105 selbst geordneten Verjährungsfristen konnten daher nicht vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zu laufen beginnen. Im seinerzeitigen Enteignungsverfahren betreffend die Hummelrüti wurde gemäss Feststellung im Urteilsantrag der Instruktionskommission des Bundesgerichtes vom 16. August 1910, der am 4. November 1910 als in Rechtskraft erwachsen erklärt wurde, der Übergang der Rechte an die Einwohnergemeinde Luzern auf den 1. April 1910 festgesetzt. Von diesem Tage an sind die Fristen von fünf bzw. 25 Jahren gemäss Art. 102 lit. a bzw. b EntG zu berechnen. Sofern seine Voraussetzungen erfüllt sind, entstand also das Rückforderungsrecht nach Art. 102 lit. a am 1. April 1915, dasjenige nach lit. b am 1. April 1935. Gleichzeitig begann nach Art. 105 Abs. 1 die einjährige Verjährungsfrist zu laufen. Weil dies aber, wie ausgeführt, erst vom Inkrafttreten des EntG an möglich war, begann sie für das Rückforderungsrecht aus Art. 102 lit. a erst am 1. Januar 1932 und lief am 31. Dezember 1932 ab. Für den Fall von lit. b spielt jener Vorbehalt keine Rolle; hier begann die Verjährung am 1. April 1935 und lief am 1. April 1936 ab. In beiden Fällen war das Rückforderungsrecht - seine Entstehung vorausgesetzt - längst verjährt, als es mit der Klage vom 14. Oktober 1953 geltend gemacht wurde. 5. Anders ist die Verjährung geordnet für das Rückforderungsrecht BGE 82 I 53 S. 60 aus Art. 102 lit. c EntG , das begründet wird durch die Veräusserung des enteigneten Rechtes oder durch seine Verwendung zu einem Zwecke, für den das Enteignungsrecht nicht bewilligt wurde. Während die Nichterstellung des geplanten Werkes innert bestimmter Frist für den Enteigneten leicht erkennbar ist, trifft das nicht zu bei der Veräusserung oder Änderung des Verwendungszweckes. Für diesen Fall schreibt deshalb Art. 104 EntG dem Enteigner eine Anzeige an den Rückforderungsberechtigten vor und lässt Art. 105 Abs. 2 die einjährige Verjährungsfrist mit dem Empfang der Anzeige - oder, wenn sie unterblieb, mit der sonstigen Kenntnis des Berechtigten von der Veräusserung oder anderen Verwendung - zu laufen beginnen. Die Einwohnergemeinde Luzern hat die Hummelrüti zwar nicht veräussert, wohl aber für Zwecke verwendet, für welche die Enteignung nicht bewilligt worden war. Die Änderung des Verwendungszweckes trat ein, als auf den 1. Januar 1929 die seinerzeit enteigneten Liegenschaften aus dem Waffenplatzvertrag entlassen wurden. Wenn auch damals über die Art und Weise ihrer neuen Verwendung noch nicht entschieden wurde, so stand doch fest, dass sie nicht mehr für den Zweck verwendet wurden, für den sie enteignet worden waren. Damit entstand - falls auch die weitere Voraussetzung von Art. 102 lit. c EntG erfüllt war, d.h. die enteigneten Liegenschaften nicht zu einem öffentlichen Zwecke verwendet worden waren - das Rückforderungsrecht; massgebend hiefür ist nicht erst die tatsächliche Verwendung, sondern schon die Änderung der Zweckbestimmung, wie sich aus den Worten "verwendet werden soll" eindeutig ergibt. Da die Einwohnergemeinde Luzern keine Anzeige nach Art. 104 EntG machte, kann der Beginn der einjährigen Verjährungsfrist nicht durch Anzeige, sondern nur dadurch ausgelöst worden sein, dass die andere Verwendung der Hummelrüti den Klägern sonst bekannt wurde. Sie bestreiten, von der Entlassung der enteigneten Liegenschaften BGE 82 I 53 S. 61 aus dem Waffenplatzvertrag, die durch eine interne Vereinbarung zwischen Bund und Einwohnergemeinde Luzern erfolgt sei, Kenntnis erhalten zu haben; ein Beweis dafür, dass sie schon damals davon erfuhren, liegt nicht vor. Unmöglich aber kann ihnen als Bürgern und Einwohnern von Luzern und angesichts des Interesses, das sie wegen ihres allfälligen Rückforderungsrechtes an der Verwendung der Hummelrüti hatten, die Erstellung der Sportplatzanlagen auf einem Teil derselben entgangen sein. Sie bestreiten denn auch nicht, das gewusst zu haben. Doch machen sie geltend, für die Sportplatzanlagen sei nur ein kleiner Teil der Hummelrüti verwendet worden; nur für diesen habe dadurch ein Rückforderungsrecht entstehen und die Kenntnis davon den Lauf der Verjährungsfrist auslösen können; im Hinblick hierauf hätten sie den Rückforderungsanspruch auf den "Rest" der Liegenschaft von 40 000 m2 beschränkt. Die Sportplatzanlagen erfassten immerhin nicht nur etwa 16 a, wie man nach diesen Ausführungen meinen könnte, sondern ungefähr einen Viertel der ganzen Liegenschaft von 4,16 ha, wie aus dem Plan ersichtlich ist, sowie mehrere der gleichzeitig mit der Hummelrüti enteigneten anderen Liegenschaften. Zumindest mit Bezug auf jenen Viertel haben die Kläger von der anderen Verwendung spätestens durch die Erstellung der Sportplatzanlagen im Jahre 1934 Kenntnis erhalten. Im Zusammenhang damit müssen sie aber auch erfahren haben, dass die sämtlichen im Jahre 1910 enteigneten Liegenschaften inzwischen aus dem Waffenplatzvertrag entlassen worden waren; es ist schlechterdings undenkbar, dass ihnen das auch jetzt noch unbekannt geblieben sei. Mit jener Entlassung erhielten sie Kenntnis davon, dass nicht nur der für die Sportplatzanlage benützte Teil, sondern die ganze Hummelrüti endgültig einem anderen Zwecke zugewendet wurde als demjenigen, für den die Enteignung bewilligt worden war. Damit entfällt ihr weiteres Argument, es sei nicht erkennbar gewesen, ob die Sportplatzanlagen nicht auch der militärischen Ausbildung BGE 82 I 53 S. 62 dienten; davon könnte ohnehin keine Rede sein, da sie an den Sportklub Luzern vermietet wurden. Die einjährige Verjährungsfrist gemäss Art. 105 Abs. 2 EntG begann mithin spätestens im Jahre 1934 mit Bezug auf die ganze Hummelrüti zu laufen; sie ist 1935, lange vor der Einleitung der vorliegenden Klage, abgelaufen. 6. Abgesehen davon wäre die Klage wegen absoluter Verjährung gemäss Art. 105 Abs. 2 i.f. EntG verspätet. Diese Vorschrift hat, ähnlich wie andere Verjährungsbestimmungen (z.B. Art. 60 und 67 OR und Art. 137 ZGB ), neben der einjährigen Verjährungsfrist seit der Kenntnis des Anspruches seitens des Berechtigten noch eine fünfjährige absolute Verjährungsfrist aufgestellt, die von jener Kenntnis unabhängig ist und mit "der Veräusserung oder anderweitigen Verwendung" zu laufen beginnt. Ihr Sinn und Zweck wird deutlich umschrieben in der Botschaft des Bundesrates zum EntG (S. 105): "Da ihm (sc. dem Berechtigten) eine Erkundigungspflicht nicht obliegt, so kann die Verjährung erst mit der tatsächlichen Kenntnis beginnen. Daneben erweist sich aber auch noch eine weitere Abgrenzung als notwendig, um nach Ablauf einer bestimmten Zeit eine Infragestellung von konsolidierten Verhältnissen auszuschliessen, wie dies für eine ähnliche Sachlage auch in den Art. 60 und 67 OR angeordnet worden ist. Daher lässt der Entwurf diese Ansprüche auf alle Fälle, ohne Rücksicht darauf, ob der Berechtigte Kenntnis von ihr hatte oder nicht, mit dem Ablauf von fünf Jahren seit der Handlung, die das Rückforderungsrecht begründet hatte, verjähren." Die Ausführungen in einem Gutachten von Prof. Liver, wonach die Verjährung für den Berechtigten erst beginnen könne, wenn er einen genügenden Anhaltspunkt für die Entstehung des Rückforderungsrechtes habe, können sich nur auf die einjährige Frist beziehen, nicht aber auf die absolute Verjährung, welche keine Kenntnis des Anspruches voraussetzt. Die absolute Verjährungsfrist beginnt ihrer Natur nach mit der Entstehung des Anspruches zu laufen, mit "der Handlung, BGE 82 I 53 S. 63 die das Rückforderungsrecht begründet hatte", wie sich die Botschaft ausdrückt. Allerdings nennt Art. 105 Abs. 2 EntG als Zeitpunkt des Beginns der fünfjährigen Frist die "Veräusserung oder anderweitige Verwendung", während nach Art. 102 lit. c für die Entstehung des Rückforderungsrechtes schon die Bestimmung zur Veräusserung oder anderweitigen Verwendung genügt; Professor Liver schliesst hieraus auf zwei verschiedene Zeitpunkte. Wenn auch nach dem Wortlaut des Art. 105 Abs. 2 die fünfjährige Frist nicht in allen Fällen schon mit der Entstehung des Anspruches beginnt, wie es dem Sinn und Zweck der absoluten Verjährung entsprechen würde, so darf diese Bestimmung anderseits nicht in einer Weise ausgelegt werden, welche diesem Sinn und Zweck zuwiderliefe. Offenbar wird für die Verjährung nicht auf die blosse Absicht der künftigen Verwendung des enteigneten Rechtes abgestellt, weil sich diese Absicht hinterher nicht mit Sicherheit zeitlich festlegen lässt; sie muss sich daher in einer Handlung des Enteigners geäussert haben. Als "anderweitige Verwendung" im Sinne dieser Bestimmung muss deshalb schon die vom Enteigner durch eine Handlung klar zum Ausdruck gebrachte Änderung des Verwendungszweckes gelten, wodurch die Verwendung, für welche die Enteignung bewilligt worden war, endgültig aufgegeben wird, selbst wenn die Art und Weise der neuen Verwendung noch nicht konkret festgelegt ist und sie noch nicht tatsächlich begonnen hat. Dieser Tatbestand wurde hier erfüllt durch die Vereinbarung zwischen der Einwohnergemeinde Luzern und dem Bund, wodurch die enteigneten Liegenschaften aus dem Waffenplatzvertrag entlassen wurden: Damit gelangte nicht nur das Rückforderungsrecht gemäss Art. 102 lit. c EntG zur Entstehung, sondern darin liegt auch schon die "anderweitige Verwendung", mit der nach Art. 105 Abs. 2 die fünfjährige Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Diese hätte somit am 1. Januar 1929 zu laufen begonnen, wenn das neue Recht schon damals gegolten hätte. Da es aber erst am 1. Januar BGE 82 I 53 S. 64 1932 in Kraft trat, begann sie erst an diesem Tage und lief am 31. Dezember 1936 ab. Auch die absolute Verjährung war mithin längst vor der Einreichung der vorliegenden Klage eingetreten.
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Sachverhalt ab Seite 98 BGE 119 II 97 S. 98 Am 6. April 1990 erschien in der Zeitschrift "Z." unter dem Titel "Keine Grenze für Schnüffler" eine Meldung mit folgendem Wortlaut: "Y., Kommandant der Kantonspolizei Aargau, FBI-geschulter "Wanzen"-Spezialist, Waffennarr und militärisch oberster Heerespolizist, werden die Grenzen der helvetischen Alpenrepublik zu eng. Er gestattet sich deshalb, das Organ des Schweizerischen Polizeibeamten-Verbandes auf einen Vorstoss des Aargauer SVP-Nationalrates Maximilian Reimann aufmerksam zu machen. Der hat den Bundesrat per Postulat ermuntert, mit den Nachbarn der Schweiz zu verhandeln, damit die schweizerischen Polizisten ab 1993 ebenfalls grenzüberschreitend Gangster jagen dürfen. Y.: 'Es bahnt sich in Europa ein grosser Rechts- und Fahndungsraum an, an welchem die Schweizer Polizei auch mitpartizipieren muss, um die Verbrechensbekämpfung in den kommenden Jahren wirkungsvoll zu gestalten.'" Neben dem Artikel war eine Fotografie von Y. mit folgender Untertitelung abgebildet: "Lust aufs Ausland: Aargauer Kapo-Kommandant Y." Eine Stellungnahme von Y. zu dieser Pressemitteilung veröffentlichte "Z." als Leserbrief. Am 29. Mai 1990 klagte Y. gegen die X. AG als Herausgeberin der Zeitschrift "Z." auf Feststellung, dass der genannte Artikel seine Persönlichkeit widerrechtlich verletzt habe. Zudem verlangte er die Veröffentlichung des Urteils und Genugtuung. Das Bezirksgericht Aarau hiess die Klage mit Urteil vom 3. Juli 1991 teilweise gut, stellte fest, dass der Artikel die Persönlichkeit des Klägers widerrechtlich verletzt habe und ermächtigte diesen, das Urteil auf Kosten der Beklagten im "Z." veröffentlichen zu lassen. Eine gegen dieses Urteil gerichtete Appellation der X. AG wurde am 26. Juni 1992 vom Obergericht des Kantons Aargau abgewiesen. Die X. AG gelangt mit Berufung ans Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils sowie die Abweisung der Klage. Y. beantragt die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des angefochtenen Entscheides. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. BGE 119 II 97 S. 99 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Beklagte bestreitet, dass ein Feststellungsinteresse bestehe. Sie habe in einer späteren Ausgabe die Stellungnahme des Klägers veröffentlicht. Damit sei diesem die Möglichkeit eingeräumt worden, sich zur Sache öffentlich zu äussern. Ein Rechtsschutzinteresse an einer Persönlichkeitsschutzklage sei damit erloschen. Gemäss Art. 28a Abs. 1 Ziff. 3 ZGB besteht ein Anspruch auf Feststellung der Widerrechtlichkeit, wenn sich die Persönlichkeitsverletzung weiterhin störend auswirkt. Mit einem Leserbrief (oder einer Gegendarstellung) kann aber in aller Regel die durch eine ehrverletzende Presseäusserung bewirkte widerrechtliche Störung der Persönlichkeit nicht beseitigt werden. Es wird nur die eine Sachverhaltsdarstellung der anderen entgegengesetzt. Ob aber die Darstellung des Presseorgans die Persönlichkeit widerrechtlich verletzt hat, wird damit nicht festgestellt. Die betroffene Person hat ein Interesse an einer hoheitlichen Feststellung, wer recht hat. Nur dadurch kann die sich aus einer abgeschlossenen Persönlichkeitsverletzung noch weiter ergebende Störung beseitigt werden. Art. 28a Abs. 1 Ziff. 3 ZGB stellt einen ausdrücklich geregelten Spezialfall des Feststellungsanspruchs dar, wie er allgemein aufgrund des Bundeszivilrechts besteht (vgl. BBl 1982 II, S. 662; ANDREAS BUCHER, Personnes physiques et protection de la personnalité, Basel 1992, Rz. 581). Mit der Veröffentlichung des Leserbriefes ist dem Publikum nur die Sicht des Klägers bekanntgegeben worden. Es ist damit den Lesern und Leserinnen aber nicht mitgeteilt worden, ob der Kläger zu Recht in der Veröffentlichung der Beklagten eine widerrechtliche Verletzung seiner Persönlichkeit erblickt hat. Zudem erfolgte die Publikation nicht in der Rubrik "Leute", wie die ursprüngliche Mitteilung, sondern als Leserbrief. Es erscheint fraglich, ob damit überhaupt der mit der Stellungnahme vorgesehene Zweck erreicht werden konnte. Für die Gegendarstellung bestimmt - der vorliegend allerdings nicht anwendbare - Art. 28k Abs. 1 ZGB , die Veröffentlichung habe so zu erfolgen, "dass sie den gleichen Personenkreis wie die beanstandete Tatsachendarstellung erreicht". Auch wenn sich daraus nicht eine starre Pflicht ergibt, die Gegendarstellung in der gleichen Rubrik beziehungsweise auf der gleichen Seite wie die ursprüngliche Mitteilung abzudrucken, so muss es sich doch um eine vom gleichen Publikum ebenso berücksichtigte Veröffentlichungsweise handeln (DENIS BARRELET, Droit suisse des mass media, Bern 1987, Rz. 679; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, BGE 119 II 97 S. 100 Zürich 1984, Rz. 1568 f.). Diese Voraussetzung erfüllt eine Veröffentlichung auf der Leserbriefseite vorliegend nicht. 4. Das Obergericht betrachtete die drei Ausdrücke "Schnüffler", "Waffennarr" und "FBI-geschulter "Wanzen"-Spezialist" als ehrverletzend sowie unwahr und damit als widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung. a) Es ist unbestritten, dass sich für den durchschnittlichen Leser der eingeklagten Meldung der Ausdruck "Schnüffler" auch auf den Kläger und nicht nur auf die international tätigen Beamten bezog. Das Obergericht sah in dieser Bezeichnung die Aussage, dass der Kläger "als Polizeikommandant ohne gesetzliche Grundlage die Privatsphäre von Bürgern ausgekundschaftet" habe. Dies entspreche nicht der Wahrheit. Die gegen den Kläger im Zusammenhang mit der Aargauer Abhöraffäre geführte Strafuntersuchung sei eingestellt worden. Die Beklagte wendet sich gegen diese Auslegung des eingeklagten Zeitungsartikels. Der Ausdruck "Schnüffler" sei damals im Schlepptau der Fichen-Affäre geradezu inflatorisch verwendet worden. Der Kläger habe unbestrittenermassen in seiner dienstlichen Stellung Vorbereitungen für den Einbau von versteckten Abhörgeräten im Polizeikommando in Aarau angeordnet. Mit dem genannten Ausdruck werde ohne weiteres diese Tätigkeit gemeint. aa) Der Beklagten ist zuzugeben, dass unter einem "Schnüffler" - namentlich im Zusammenhang mit der Fichen-Affäre - nicht nur eine Person verstanden werden kann, die sich durch ein unerlaubtes Erforschen von privaten Daten strafbar gemacht hat. Darunter waren vielmehr auch Personen zu verstehen, die sich in einer mehr oder weniger grauen Zone betätigten. Dem Ausdruck "Schnüffler" musste der Leser die Behauptung entnehmen, der Kläger habe sich am Zusammentragen persönlichkeitsbezogener Daten ausserhalb konkreter Strafverfolgungen beteiligt. Das ändert nichts daran, dass die Bezeichnung als "Schnüffler" ehrenrührig ist. Nicht nur der Vorwurf, sich strafbar gemacht zu haben, sondern auch das Vorhalten von rechtsstaatlich bedenklichem Handeln verletzt das Ehrgefühl der betroffenen Person. bb) Es ist unbestritten, dass der Kläger vor vielen Jahren für die bauliche Vorbereitung zur Installation von Abhöreinrichtungen im Polizeikommando in Aarau verantwortlich war, wofür er auch disziplinarisch bestraft worden ist. Dass der Kläger darüber hinaus an der Sammlung personenbezogener Daten ausserhalb von konkreten Strafuntersuchungen beteiligt gewesen wäre, wie die Bezeichnung als "Schnüffler" unterstellt, hat die Beklagte nicht einmal behauptet. BGE 119 II 97 S. 101 Die Bezeichnung des Klägers als "Schnüffler" trifft somit nicht die Wahrheit und lässt diesen in einem negativen Licht erscheinen. Sie ist damit persönlichkeitsverletzend. Ein Rechtfertigungsgrund für diese Persönlichkeitsverletzung ist nicht gegeben. Da es sich um eine unwahre Behauptung handelt, kann sich das Medienunternehmen insbesondere nicht auf ein Informationsinteresse berufen. Der Berufung kann insoweit somit kein Erfolg beschieden sein. b) Das Obergericht sieht die Persönlichkeit des Klägers auch durch die Bezeichnung als "FBI-geschulter "Wanzen"-Spezialist" verletzt. Der Kläger habe bei der amerikanischen Polizei eine Spezialausbildung absolviert. Insofern seien die Bezeichnungen "FBI-geschult" und "Spezialist" wohl zutreffend. Durch das Dazwischenschieben des Wortes "Wanzen" sei aber ein anderer Eindruck entstanden. Der unbefangene Leser müsse annehmen, der Kläger habe bei der amerikanischen Polizei eine Ausbildung für Abhörgeräte - sogenannte "Wanzen" - genossen. Dies entspreche aber offensichtlich nicht den Tatsachen. Mit den "Wanzen" sei bewusst wiederum auf die erwähnte Aargauer Abhöraffäre angespielt und damit dem Kläger eine illegale Tätigkeit unterschoben worden. Was den Ausdruck "Wanzen" betrifft, so kann im ganzen Zusammenhang darunter in der Tat nichts anderes als Abhörgeräte verstanden werden. Dass diese Bezeichnung gegenüber dem technisch korrekten Ausdruck einen abfälligen Beigeschmack hat, vermag allerdings noch keine Persönlichkeitsverletzung zu begründen. Die Negativfärbung bezieht sich auf das Gerät und nicht auf die Personen, die sich damit befassen. Für den Leser ist ohne weiteres ersichtlich, dass damit Geräte gemeint sind, die von der Polizei und den Geheimdiensten zum unbemerkten Abhören von Personen verwendet werden. Das gegebenenfalls mitenthaltene Werturteil ist als solches erkennbar wie auch, auf welchen Sachverhalt (Abhörgeräte) es sich bezieht. Es handelt sich in diesem Sinne isoliert betrachtet um eine grundsätzlich zulässige Wertung, d.h. um eine umgangssprachliche Ausdrucksweise. Die Bezeichnung als "Spezialist" ist zweifellos mehrdeutig. In erster Linie ist darunter jemand zu verstehen, der von der entsprechenden Sache etwas versteht. Ein Spezialist für Abhörgeräte kennt die verschiedenen Techniken mit ihren Vor- und Nachteilen und weiss die entsprechenden Geräte einzusetzen. Über einen bestimmten Sachverstand zu verfügen kann aber nicht als negativ angesehen werden; dies jedenfalls solange als sich die entsprechende Fertigkeit legal anwenden lässt. Dass aber die Polizei in gewissen Fällen BGE 119 II 97 S. 102 zulässigerweise auf solche Geräte zurückgreifen kann - und sinnvollerweise auch muss -, lässt sich nicht bestreiten. Die Behauptung, jemand sei Sachverständiger für Abhörgeräte, ist nicht ehrverletzend. In einem umgangssprachlichen Sinn wird als "Spezialist" indessen auch eine Person bezeichnet, die ohne besondere Kenntnisse mit einer bestimmten Sache viel und insbesondere in zwielichtiger Weise zu tun hat. Insofern kann unter einem "Wanzen-Spezialisten" eine Person verstanden werden, die durch eine entsprechende, dubiose Tätigkeit aufgefallen ist. Darin ist zweifellos eine negative Wertung zu erblicken, welche persönlichkeitsverletzend sein kann. Für den unbefangenen - d.h. nicht durch Kenntnisse über die lokalen Verhältnisse vorbelasteten - Leser des fraglichen Zeitungsartikels, steht diese Bedeutung allerdings nicht im Vordergrund. Insbesondere die Verbindung mit "FBI-geschult" gibt der Bezeichnung "Wanzen-Spezialist" den Sinn, der Kläger sei Sachverständiger für Abhörgeräte. Entgegen der Ansicht der Beklagten muss der unbefangene Leser in der Tat schliessen, der Kläger habe beim FBI eine Spezialausbildung in Abhörtechnik genossen. Nun besteht aber ein Zusammenhang mit der Bezeichnung als "Schnüffler" und "Waffennarr". Die zur Bezeichnung des Klägers verwendeten Ausdrücke haben mit Bezug auf ihren tatsächlichen Kern keine selbständige Bedeutung. Der Ausdruck "Schnüffler" erscheint zwar ausschliesslich im Titel des Artikels und ist räumlich vom "Wanzen-Spezialisten" wesentlich entfernter als die Bezeichnung "FBI-geschult". Doch ist der Titel "Schnüffler" Leitlinie und überstrahlt den ganzen Artikel. "Schnüffler", "Wanzen-Spezialist" und "Waffennarr" folgen sich auf nur fünf kurzen - teilweise nur zwei Wörter umfassenden - Zeilen. Sie wirken auf den unbefangenen Durchschnittsleser weitgehend als Einheit. Das Gewicht der Aussage liegt damit nicht bei der Spezialkenntnis, sondern bei negativ geartetem Umgang mit Abhörgeräten. Dem Leser wird suggeriert, der Kläger habe solche Geräte für eine rechtsstaatlich jedenfalls fragwürdige Überwachung von Bürgern verwendet. Damit ist der überdies unwahre Ausdruck "FBI-geschulter "Wanzen"-Spezialist" ebenfalls ehrverletzend; dies zumindest in beruflicher Hinsicht, was genügt ( BGE 103 II 164 ). c) Das Obergericht hat schliesslich eine Ehrverletzung auch im Ausdruck "Waffennarr" erblickt. Damit werde dem Kläger unterstellt, er interessiere sich über die Massen für Waffen, indem er diese nicht nur zu dienstlichem Gebrauch verwende. Es handle sich um ein gemischtes Werturteil, das insbesondere auf einen Polizisten bezogen geeignet sei, diesen in seiner beruflichen Ehre zu verletzen. Der BGE 119 II 97 S. 103 Bürger vertraue darauf, dass das bewaffnete Staatspersonal eine sachliche und zurückhaltende Beziehung zu Waffen habe. Ein "Waffennarr" habe hingegen ein neurotisches Verhältnis zu Waffen. Ein "Waffennarr" sei in diesem negativen Sinn als Polizeikommandant kaum tragbar. Die Beklagte sieht darin eine falsche Würdigung des Ausdrucks "Waffennarr". Für den durchschnittlichen Leser bedeute dies nicht, dass die betreffende Person ein "neurotisches Verhältnis" zu Waffen habe. Es werde damit vielmehr bloss eine "ausgeprägte, allenfalls übertrieben scheinende, letztlich aber harmlose Zuwendung" gekennzeichnet. Der Begriff "Narr" - und die entsprechend zusammengesetzten Wörter - sind allerdings mehrdeutig. Unter einem "Narren" ist einerseits ein törichter Mensch zu verstehen. Davon leitet sich auch die Bezeichnung für einen Possenreisser ab. Andererseits taucht umgangssprachlich das Wort "Narr" insbesondere in Zusammensetzungen mit der Bedeutung auf, etwas in übertriebener Weise gern zu mögen (so: "Einen Narren an jemandem gefressen haben", vgl. DUDEN, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 4, Mannheim/Wien/Zürich 1978). In der Tat weisen die von der Beklagten aufgeführten anderen Kombinationen mit dem Wort "Narr" in die von ihr gezeichnete Richtung. Weder bei einem "Kindernarren" noch bei einem "Büchernarren" wird ein neurotisches Verhältnis ausgedrückt. Bei diesen Wortzusammensetzungen ist vielmehr eine Person mit einer ausgeprägten Liebhaberei zum entsprechenden Objekt gemeint, jemand, der bereit ist, viel Zeit und möglicherweise auch Geld für die entsprechende Tätigkeit aufzuwenden. Der Umgang mit den genannten Gegenständen braucht auch nicht unsachlich zu sein. Es darf aber nicht übersehen werden, dass die Bedeutung des Wortteils "Narr" auch von der Wortkombination abhängt. Während die von der Beklagten zum Vergleich verwendeten Begriffe ("Büchernarr" und "Kindernarr") sich im allgemeinen Sprachgebrauch eingebürgert haben, womit auch deren Bedeutung eine gewisse Abnutzung erfahren hat, lässt sich Gleiches von "Waffennarr" nicht sagen. Zudem ist auch der Zusammenhang zu beachten, in dem der Ausdruck im fraglichen Zeitungsartikel steht. Namentlich mit Blick auf die Bezeichnung als "Schnüffler" und die Abbildung des Klägers in Uniform mit militärisch strammer Haltung wird dem Leser suggeriert, der Betroffene habe ein unsachliches Verhältnis zu Waffen. Die Bezeichnung als "Waffennarr" vermag mit der im Ausdruck "FBI-geschult" enthaltenen Anspielung auf amerikanische Verhältnisse BGE 119 II 97 S. 104 auch die Färbung erhalten, der Kläger greife schnell zur Waffe und benütze diese leichtfertig. Auch der Titel des Artikels, der die Lust des Klägers suggeriert, Grenzen zu überschreiten, gibt dem Ausdruck "Waffennarr" eine ehrverletzende Färbung. Dieser Ausdruck kann aufgrund des Zusammenhangs doch auch so verstanden werden, dass der Betroffene sich nicht an die dem Waffengebrauch im Polizeidienst gesteckten Grenzen halten wolle. Dass die so verstandene Aussage auf den Kläger zutreffe, ist aber in keiner Weise dargetan. Wer ein leichtfertiges, unsachliches Verhältnis zu Waffen hat, ist als höherer Polizeioffizier ungeeignet. Dieser wahrheitswidrige Vorwurf hat den Kläger somit in seiner beruflichen Ehre verletzt. Der zivilrechtliche Persönlichkeitsschutz erfasst auch die berufliche Ehre ( BGE 103 II 164 ). Eine Rechtfertigung für diese unwahre und ehrverletzende Äusserung ist nicht zu sehen. Der Berufung ist somit auch in diesem Punkt kein Erfolg beschieden.
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Sachverhalt ab Seite 463 BGE 122 III 463 S. 463 B. (nachfolgend Klägerin) ist Berufsfotografin. Im September 1991 fotografierte sie M. (nachfolgend Beklagter) in dessen Auftrag und erstellte von ihm ein Porträt, das für ein einmalig erscheinendes Heft bestimmt war. Zusätzlich kaufte der Beklagte von der Klägerin zum Preis von insgesamt Fr. 60.-- fünf Diapositiv-Duplikate, die alle einen Kleber mit der Aufschrift "Copyright B." trugen. Im Frühjahr 1994 kandidierte der Beklagte für den Gemeinderat seines Wohnortes. In der Tageszeitung vom 22., 24. und 28. Februar 1994 erschienen Wahlinserate mit Schwarz-Weiss-Reproduktionen eines jener Farbdiapositive, welche der Beklagte von der Klägerin gekauft und ohne deren vorgängige Erlaubnis seiner Partei zur Verfügung gestellt hatte. BGE 122 III 463 S. 464 In der Folge belangte die Klägerin den Beklagten für die drei Inserate auf eine Nutzungsgebühr von Fr. 3'850.-- nebst Zins. Mit Urteil vom 13. November 1995 hiess das Obergericht des Kantons Zürich die Klage im Teilbetrag von Fr. 3'420.-- nebst Zins gut. Es erwog, die von der Klägerin erstellten Fotografien seien urheberrechtlich geschützte Werke und mit deren eigenmächtigen Weitergabe habe der Beklagte an einer Urheberrechtsverletzung mitgewirkt, was ihn schadenersatzpflichtig werden lasse. Den zu ersetzenden Schaden bemass es nach der sogenannten Lizenzanalogie aufgrund der Preisempfehlungen für Bildhonorare 94 der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Bild-Agenturen und -Archive (nachfolgend SAB) mit Fr. 950.-- pro Inserat oder gesamthaft mit Fr. 2'850.--, erhöht um einen Verletzerzuschlag von 20% oder Fr. 570.--. Der Beklagte erhebt Berufung und beantragt, die Klage abzuweisen. Das Bundesgericht hat die Berufung teilweise gutgeheissen Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 5. Der Beklagte rügt eine bundesrechtswidrige Schadensermittlung. b) (Schadensbestimmung nach der Methode der Lizenzanalogie anhand einer branchenüblichen Vergütung für die Verwendung des urheberrechtlich geschützten Werks ist unstreitig. Es bleibt bei der vorinstanzlichen Ermittlung des Schadens im Umfang von Fr. 2'850.--). c) Begründet ist die Berufung dagegen insoweit, als der Beklagte sich gegen den Verletzerzuschlag von Fr. 570.-- wendet. aa) Ziffer 7 der "Grundsätze für die Lieferung und Verwendung von Bildmaterial" der Preisempfehlung 94 der SAB bestimmt: "Eine Weitergabe der Bilder an Dritte ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Bildanbieters ist nicht gestattet, auch nicht für Lizenzausgaben. Auch eine Duplizierung der Bilder ohne Einwilligung des Bildanbieters ist nicht gestattet. Bei unberechtigter Verwendung des Bildmaterials wird zusätzlich zum Honorar ein Schadenersatz von Fr. 1'000.-- geschuldet." Dass die Parteien diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen der SAB in ihre vertraglichen Rechtsbeziehungen integriert hätten, ist weder festgestellt noch dargetan. Damit scheidet ein darauf gestützter Verletzerzuschlag als vereinbarte Vertragsstrafe (Konventionalstrafe) aus. BGE 122 III 463 S. 465 bb) Das Obergericht geht von der Überlegung aus, die Methode der Lizenzanalogie stelle rechtmässige und widerrechtliche Benützungen eines geschützten Werks vergütungsmässig gleich und privilegiere damit den Rechtsverletzer. Vorab aus Überlegungen der Generalprävention rechtfertige sich daher, die für eine widerrechtliche Werkbenützung geschuldete Entschädigung höher als eine hypothetische Lizenzgebühr anzusetzen, womit der Genugtuungsgedanke in die Ausgleichsfunktion integriert und ein pönales Element in die Schadenersatzbemessung einbezogen werden könnten. Die Mehrvergütung sei an der Schwere der Verletzung zu messen, wobei im vorliegenden Fall mangels schweren Verschuldens des Beklagten ein Zuschlag von 20% als angemessen erscheine. Mit derselben oder einer ähnlichen Begründung wird ein Verletzerzuschlag auch in einem Teil der Literatur vertreten (LUCAS DAVID, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. I/2, S. 117; BARRELET/EGLOFF, Das neue Urheberrecht, N. 13 zu Art. 62 URG ). cc) Gesetzlich geregelt ist der Verletzerzuschlag im österreichischen Recht. Nach der Grundsatznorm von § 86 Abs. 1 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes (AUrhG) ist bei unbefugter Benutzung eines geschützten Werks dem Verletzten, dessen Einwilligung einzuholen gewesen wäre, auch ohne Verschulden ein angemessenes Entgelt zu zahlen. Bei schuldhafter Verletzung kann der Verletzte nach § 87 Abs. 3 AUrhG das Doppelte dieses Entgelts begehren, sofern kein höherer Schaden nachgewiesen ist. Die deutsche Rechtsprechung gesteht den Verwertungsgesellschaften, welche Nutzungsrechte und Vergütungsansprüche überwiegend im Bereich der sogenannten Massennutzungen wahrnehmen, für ungenehmigte öffentliche Wiedergaben einen Zuschlag von 100% auf den tarifgemässen Gebühren zu (BGHZ 17 S. 376 ff., 59 S. 286 ff.). Sie betont jedoch den Ausnahmecharakter dieses Anspruchs und lässt ihn für andere Rechtsverletzungen grundsätzlich nicht gelten (BGHZ 97 S. 37 ff.; weitere Nachweise bei RUDOLF KRASSER, Schadenersatz für Verletzungen von gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten nach deutschem Recht, in GRUR Int. 1980 S. 259 ff., 264 bei Fn. 55). Gestützt auf diese Rechtsprechung enthält § 54 Abs. 5 des deutschen Urheberrechtsgesetzes (DUrhG) die Regelung, dass abgabepflichtige Gerätehersteller und -importeure den Verwertungsgesellschaften das Doppelte der angemessenen Vergütung zu entrichten haben, wenn sie ihrer Auskunftspflicht über den Geräteumsatz nicht nachkommen. Begründet wurde dieser Zuschlag ursprünglich mit dem BGE 122 III 463 S. 466 notorisch hohen Überwachungs- und Verfolgungsaufwand der Verwertungsgesellschaften, später zusätzlich mit der gesteigerten Verletzbarkeit der von den Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Rechte und mit Gedanken der Generalprävention, wonach zu vermeiden sei, dass zufolge wirtschaftlicher Gleichstellung von befugter und unbefugter Benutzung ein Anreiz zu Rechtsverletzungen geschaffen werde (vgl. RUDOLF KRASSER, a.a.O., S. 270 f.). Eine Generalisierung dieses Gedankens durch Zuspruch eines allgemeinen Verletzerzuschlags im gesamten Bereich der immateriellen und jedenfalls urheberrechtlichen Schutzrechte wird in einem Teil der Literatur grundsätzlich befürwortet (etwa RUDOLF KRASSER, a.a.O., S. 271 f., allerdings unter Ablehnung einer pauschalisierten Verdoppelung; FROMM/NORDEMANN, Urheberrecht, 8. Aufl., Stuttgart Berlin Köln 1994, N. 38 zu § 97 DUrhG; JOCHEN PAGENBERG, Die amerikanische Schadenersatzpraxis im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht - Mehrfacher Schadenersatz für Patentverletzungen als Modell für Europa, in GRUR Int. 1980 S. 286 ff., 295 ff.), anderenorts aber abgelehnt (namentlich EUGEN ULMER, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., Berlin Heidelberg New York 1980, S. 558; wohl auch SCHRICKER/WILD, Urheberrecht, Kommentar, München 1987, N. 64 zu § 97 DUrhG; HUBMANN/REHBINDER, Urheber- und Verlagsrecht, 8. Aufl., München 1995, S. 315 ff.; vgl. auch CHRISTOPH NERTZ, Der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung bei rechtswidriger Benutzung fremder Immaterialgüterrechte (sog. Lizenzanalogie), Diss. Basel 1992, S. 63 mit weiteren Hinweisen). Die französische Rechtsprechung gewährt dem Urheber neben der geschuldeten Vergütung für die Benutzung seines Werkes als Schadenersatz auch einen Teil der vom Verletzer erzielten Gewinne, insbesondere im Plagiatsfall (FRANÇOIS DESSEMONTET, Schadensersatz für Verletzung geistigen Eigentums nach schweizerischem und französischem Recht, in GRUR Int. 1980 S. 272 ff., 277). Nach amerikanischem Urheberrecht schliesslich kann der Verletzte seinen Schaden konkret oder nach gesetzlichen Ansätzen geltend machen, wobei diese nach dem Verschuldensmass abgestuft sind (JOCHEN PAGENBERG, a.a.O., S. 287 f.). Für das schweizerische Recht hat THEO FISCHER schon im Jahre 1961 postuliert, den an einer angemessenen Vergütung zu messenden Schaden bei widerrechtlicher Benützung eines geschützten Werks allenfalls höher anzusetzen als eine vergleichbare Lizenzgebühr, da diese als Anreiz für die Einholung einer Bewilligung oftmals tief angesetzt werde (Schadenberechnung im gewerblichen BGE 122 III 463 S. 467 Rechtsschutz, Urheberrecht und unlauteren Wettbewerb, S. 142 ff.). FRANÇOIS DESSEMONTET (a.a.O., S. 281 f.) hält für die Herstellung nicht genehmigter Vervielfältigungsstücke die Zuerkennung einer blossen Entschädigung (Lizenzanalogie) in aller Regel für ungenügend und spricht einer grosszügigen Bemessung des Ersatzes für materiellen und immateriellen Schaden das Wort. ALOIS TROLLER fordert, in Urheberrechtssachen sei, wenn einmalige Benutzungen mit verhältnismässig geringem Entgelt zur Diskussion stehen, ein Zuschlag von 100% zur normalen Grundgebühr zuzulassen, hält hierfür aber eine gesetzliche Grundlage für notwendig; Gerichte sollten nicht von sich aus die bei der Schadensermittlung sonst allgemein geltenden Regeln auf die Seite schieben (Immaterialgüterrecht, 3. Aufl., 1985, Bd. II, S. 989 Fn. 86). Die SUISA hat in ihrer Tarifordnung für die unbefugte Werknutzung eine Verdoppelung des Tarifansatzes normiert und damit auch in der Rechtsprechung Verständnis gefunden (Urteile des Einzelrichters am Bezirksgericht Zürich vom 23. Oktober 1987 und des Kantonsgerichtsausschusses Graubünden vom 9. Februar 1988, beide in SMI 1989 S. 74 bzw. S. 74 f.). LUCAS DAVID und BARRELET/EGLOFF (je a.a.O.) sehen darin einen verallgemeinerungsfähigen Grundsatz. CHRISTOPH NERTZ schliesslich lehnt die Lizenzanalogie und damit die Gleichstellung von befugter und unbefugter Werkbenützung wie den darauf bemessenen Verletzerzuschlag im Grundsatz ab, postuliert dagegen eine flexible und grosszügige Bemessung des Schadenersatzes nach Art. 42 Abs. 2 OR (a.a.O., S. 159 ff.). Ob ein pauschalisierter Verletzerzuschlag im Tarif der Verwertungsgesellschaften bundesrechtskonform ist, sich insbesondere - analog der deutschen Rechtsprechung - aus der besonderen Struktur dieser Gesellschaften und der Natur der von ihnen zu verwaltenden Rechte begründen lässt, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Für Verletzungen wie hier lässt sich indes ein pauschalisierter Verschuldenszuschlag, so wünschenswert er rechtspolitisch auch sein mag, de lege lata nicht halten. Wie LUCAS DAVID (a.a.O.) zu Recht bemerkt und auch die Vorinstanz festgehalten hat, würde dadurch ein pönales Element im Sinn von "punitive damages" in das geltende Recht eingeführt, welches den allgemeinen Prinzipien der Schadens- und Ersatzbemessung, auf welche Art. 62 Abs. 2 URG ausdrücklich verweist, widerspricht und gewöhnlich gar als Verstoss gegen den Ordre public erachtet wird (vgl. ANTON HEINI, IPRG Kommentar, N. 42a zu Art. 190 mit Hinweisen). Die Zusprechung so begründeten Schadenersatzes, dem auf Seiten des Verletzten BGE 122 III 463 S. 468 keine selbst im Tatbestandsermessen des Art. 42 Abs. 2 OR auszumachende Vermögenseinbusse gegenübersteht, ist daher abzulehnen. Das bedeutet nicht, dass bei der Schadensschätzung nach der genannten Norm nicht auch Elemente berücksichtigt werden dürfen, die ausserhalb der eigentlichen Lizenzanalogie stehen; hierzu hat der Verletzte aber mindestens substanziert aufzuzeigen, dass die Verletzung geeignet war, weiteren Schaden zu bewirken, und dass der Eintritt solchen Schadens wahrscheinlich war. Solche Indizien sind im vorliegenden Fall weder festgestellt noch dargetan und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern eine Vergütung von Fr. 2'850.-- für die drei Inserate den Schaden und die immaterielle Beeinträchtigung der Klägerin nicht vollumfänglich zu decken vermöchte. In diesem Punkt ist mithin die Berufung begründet und das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben.
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700195a3-fe77-4fa8-ad4c-49174a70a71f
Sachverhalt ab Seite 156 BGE 115 II 156 S. 156 A.- Mit einem geliehenen Personenwagen verursachte die Ehefrau von M. am 23. Oktober 1985 bei der Ausführung eines Überholmanövers in Ottenbach einen Selbstunfall, bei dem sie schwer und ihr sechs Monate altes Kind tödlich verletzt wurde. B.- Als Vater des getöteten Kindes klagte M. am 10. November 1987 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen den Haftpflichtversicherer des Fahrzeughalters, die X. Versicherungsgesellschaft, auf Zahlung von Fr. 25'000.-- Genugtuung nebst Zins. Am 26. August 1988 wies das Handelsgericht die Klage ab. C.- Der Kläger führt gegen dieses Urteil Berufung und beantragt dessen Aufhebung sowie die Gutheissung der Klage, eventuell BGE 115 II 156 S. 157 die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist diese ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Für Personen- und Sachschäden aus dem Betrieb eines Motorfahrzeugs haftet dessen Halter kausal und auch ohne Verschulden des Lenkers ( Art. 58 Abs. 1 SVG ). Trifft den Lenker ein Verschulden, ist der Halter dafür wie für eigenes Verschulden verantwortlich ( Art. 58 Abs. 4 SVG ). Das vor Handelsgericht behauptete Eigenverschulden des Halters ist im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, da nach dem verbindlichen Beweisergebnis der Vorinstanz ( Art. 63 Abs. 2 OG ) ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen der angeblich unterbliebenen Arretierung der Rücksitzlehne und dem Tod des Kindes ausgeschlossen ist ( BGE 109 II 469 E. 4c); ob und inwieweit die gefälligkeitshalber erfolgte Überlassung des Autos ( Art. 305 OR ) den Halter entlastet hätte, kann offenbleiben. Gleich wie beim Schadenersatz richtet sich die Zusprechung von Genugtuung aus Motorfahrzeughaftpflicht nach den Grundsätzen von Art. 41 ff. OR ( Art. 62 Abs. 1 SVG ). Gemäss Art. 47 OR kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände, mithin nach Recht und Billigkeit ( Art. 4 ZGB ), den Angehörigen eines Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. Bei der Beurteilung der Frage, ob besondere Umstände eine Genugtuung rechtfertigen, steht dem Richter ein weites Ermessen zu (TERCIER, L'évolution récente de la réparation du tort moral ..., in SJZ 80/1984 S. 56). Wie im vorliegenden Fall geschehen, kann der Geschädigte aufgrund von Art. 65 Abs. 1 SVG statt den Halter unmittelbar dessen Haftpflichtversicherer belangen. Das gesetzliche Forderungsrecht hat zur Folge, dass der Versicherer unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Umfang haftet wie der Halter. Da dieser kausal, der Lenker aber nur für Verschulden gemäss Art. 41 OR haftet, trifft die vom Kläger kritisierte Annahme der Vorinstanz, die Haftung der Versicherung könne nicht weiter gehen als die des Lenkers, so allgemein nicht zu. Im angefochtenen Urteil kommt ihr indessen lediglich die zutreffende Bedeutung zu, dass auch von der Beklagten als Versicherung des Halters keine Genugtuung verlangt werden kann, wenn es im Verhältnis zwischen BGE 115 II 156 S. 158 dem Kläger und seiner Ehefrau als Fahrzeuglenkerin an den nach Art. 47 OR vorausgesetzten Umständen fehlt. Art. 58 SVG hat bloss zur Folge, dass der mit dem Lenker nicht identische Halter ausser für die von ihm selbst verursachten sowie die objektiven Umstände auch für solche Umstände einzustehen hat, die ausschliesslich vom schädigenden Lenker verursacht worden sind. Vermöchten jedoch diese Umstände bei gegebenem Verschulden keinen Genugtuungsanspruch gegen den Lenker zu begründen, können sie auch nicht Anspruchsgrundlage gegenüber dem Halter sein; dieser kann sich als mit dem Lenker solidarisch haftender Schuldner ( Art. 60 Abs. 1 SVG ) auf das Fehlen eines gemeinsamen Entstehungsgrundes ( Art. 145 Abs. 1 OR ) berufen. 2. Da der Halter kausal haftet, ist für die Zusprechung von Genugtuung nicht erforderlich, dass die besonderen Umstände nach Art. 47 OR dem Schädiger oder Haftpflichtigen zum Verschulden gereichen ( BGE 110 II 165 f. E. 2c mit Hinweis; OFTINGER, Haftpflichtrecht Allgemeiner Teil, S. 295; OFTINGER/STARK, Haftpflichtrecht Besonderer Teil, Bd. II/2, S. 275 Rz. 624; BREHM, N. 18 und 20 zu Art. 47 OR ; TERCIER, Die Genugtuung, in: Strassenverkehrsrechts-Tagung 1988, S. 11; PETER STEIN, Die Genugtuung, 4. A. 1987, S. 5). Die Genugtuung bezweckt denn auch nicht die Bestrafung (BREHM, N. 36 und 44 ff. zu Art. 47 OR ; STEIN, a.a.O. S. 3), sondern ausschliesslich den Ausgleich für erlittene Unbill, indem das Wohlbefinden anderweitig gesteigert oder dessen Beeinträchtigung erträglicher gestaltet wird ( BGE 102 II 22 ; OFTINGER, a.a.O. S. 290 f.; BREHM, N. 6 ff. zu Art. 47 OR ; TERCIER, Die Genugtuung, S. 3 f.). Ob und in welcher Höhe Genugtuung zuzusprechen ist, hängt demnach entscheidend von der Schwere der Unbill und der Aussicht ab, dass die Zahlung eines Geldbetrags den körperlichen oder seelischen Schmerz spürbar lindern wird. Wieweit das Verschulden den Schmerz vergrössern kann und deshalb trotz des nichtpönalen Charakters der Genugtuung selbst bei reiner Kausalhaftung mitzuberücksichtigen ist ( BGE 112 II 133 und BGE 110 II 166 , je mit Hinweisen; BREHM, N. 33-37, 73, 75 zu Art. 47 OR ; TERCIER, Die Genugtuung, S. 16 f.; KLAUS HÜTTE, Genugtuungsrecht im Wandel, SJZ 84/1988 S. 170 f.), braucht vorliegend nicht untersucht zu werden. a) Nach den vorinstanzlichen Feststellungen sind der Kläger und seine Ehefrau durch den Tod des gemeinsamen Kindes schwer betroffen. Aus Treue zu seiner Frau habe der Kläger ihr gegenüber eine Genugtuungsforderung nicht einmal in Betracht gezogen und BGE 115 II 156 S. 159 wäre damit angesichts des seelischen Schmerzes der Mutter und der einem Geldausgleich entgegenstehenden Solidarität der Ehegatten im gemeinsamen Leiden auch nicht durchgedrungen. Dass sich unter diesen Umständen keine Genugtuung rechtfertigt, entspricht der Lehre und Rechtsprechung. Was Ehegatten an gemeinsamen Schmerz erlitten haben, soll nicht zu gegenseitigen Genugtuungsforderungen führen; dem steht das eigene Leid des belangten Partners (BREHM, N. 40 zu Art. 47 OR ; ROBERT GEISSELER, Haftpflicht und Versicherung im revidierten SVG, Diss. Freiburg 1980, S. 146) wie überhaupt die Zurückhaltung entgegen, mit der solche Forderungen unter Ehegatten und Verwandten zugelassen werden (OFTINGER, a.a.O. S. 298; BREHM, N. 116 zu Art. 47 OR ; TERCIER, L'évolution récente, a.a.O.; TERCIER, Die Genugtuung, S. 12; GEISSELER, a.a.O.). Zurückhaltung ist erst recht geboten, wenn der Betroffene dem Schädiger verziehen hat ( BGE 63 II 219 ; OFTINGER, a.a.O.; BREHM, N. 39 zu Art. 47 OR ; zum Ganzen auch HÜTTE, Die Genugtuung bei Tötung und Körperverletzung, 2. A., Ziff. 1.5, 1.7, 2.2.2). Zurückhaltung bedeutet jedoch keinen Ausschluss von Genugtuungsansprüchen unter Ehegatten und Angehörigen schlechthin (so etwa STEIN, a.a.O. S. 3; a.A. HÜTTE, SJZ 84/1988 S. 173 f., im Falle eines Kindes, dessen tödlicher Unfall vom einen Elternteil verursacht worden ist). Zurückhaltung drängt sich namentlich deshalb auf, weil enge und dauerhafte Beziehungen nicht durch richterliches Eingreifen gefährdet werden sollen. Diese Gefahr wird nicht schon dadurch beseitigt, dass die Genugtuung ihrer Funktion nach Ausgleich und nicht Strafe ist. Der Ausgleich wirkt sich für den Verpflichteten als Belastung aus und wird von ihm zwangsläufig als Strafe empfunden. Im Schutz der Gemeinschaft liegt sodann ein weiterer Grund gegen die Auffassung des Klägers, wonach die ehelichen Beziehungen die Genugtuung nur gegenüber seiner Ehefrau, jedoch nicht gegenüber dem Halter und dessen Versicherung ausschlössen. Hätten diese Genugtuung zu leisten, weil es ihnen verwehrt wäre, der Anwendung von Art. 47 OR die ehelichen Beziehungen entgegenzuhalten, könnte die nach Art. 41 OR als Solidarschuldnerin haftende Ehefrau ( Art. 60 Abs. 1 SVG ) auf dem Regressweg belangt werden. Auch deshalb muss der Halter und dessen Versicherer die Genugtuung aus in der Beziehung des Geschädigten zum Schadensverursacher liegenden Gründen verweigern dürfen (vgl. BGE 63 II 220 sowie den in SJZ 77/1981 S. 286 f. wiedergegebenen BGE 115 II 156 S. 160 Entscheid der freiburgischen Cour d'appel; zur Stellung der Versicherung OFTINGER, a.a.O. S. 299). b) Im Rahmen von Art. 47 OR hat die Vorinstanz entgegen der Auffassung des Klägers zu Recht (BREHM, N. 117 zu Art. 47 OR ; GEISSELER, a.a.O. S. 147) zusätzlich berücksichtigt, dass eine dem Kläger zugesprochene Genugtuung voraussichtlich auch der Ehefrau zugute gekommen wäre, die dann aus dem allein von ihr verursachten Unfall Nutzen gezogen hätte. Über die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob und inwieweit er bessergestellt gewesen wäre, wenn der Tod des Kindes zum Scheitern der Ehe geführt hätte, kann nur gemutmasst werden, so dass darauf nicht einzugehen ist.
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221c2f8d-b365-4726-948b-3a31c824c099
Sachverhalt ab Seite 257 BGE 115 Ib 256 S. 257 J.P. X. verkaufte am 6. September 1982 sämtliche Aktien der X. AG zu einem Gesamtpreis von Fr. ... an A. einerseits (2000 Namenaktien à nom. Fr. 100.-- zum Preis von Fr. ...) und an die von A. beherrschte Y. AG anderseits (650 Namenaktien à nom. Fr. 2'000.-- zum Preis von Fr. ...). A. war vor dem Verkauf der Aktien Prokurist der X. AG. Diese gewährte der Y. AG für den Aktienkauf ein Darlehen von Fr. ... Die X. AG refinanzierte dieses Darlehen, indem sie vor dem Aktienverkauf, im August 1982, grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen bei zwei Banken im Betrag von je Fr. ... erwirkte und zudem kurzfristig einen weiteren Bankkredit in der Höhe von Fr. ... beanspruchte. Die Finanzierungsverhandlungen mit den Banken führte A., der zu dieser Zeit Prokurist der X. AG war. Die Banken stellten ihm am 31. August bzw. am 3. September 1982 Bar-Checks aus, die er am 6. September 1982 gegen Übergabe der Aktienzertifikate an J.P. X. aushändigte. BGE 115 Ib 256 S. 258 Mit Veranlagungsverfügung vom 19. November 1985 rechnete die Kantonale Steuerverwaltung Thurgau, Abteilung direkte Bundessteuer, J.P. X. in der Veranlagungsperiode 1983/84 den Betrag von Fr. ... (Höhe des genannten Darlehens der X. AG an die Y. AG) als "geldwerte Leistung aus Verkauf Aktien X. AG (Darlehensgewährung von Fr. ... an die Y. AG ... durch die X. AG im Zeitpunkt, als Sie noch Präsident des Verwaltungsrates der X. AG waren)" zum steuerbaren Einkommen hinzu. Eine Einsprache von J.P. X. gegen diese Aufrechnung blieb erfolglos. Mit Entscheid vom 25. Februar 1988 wies die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau die Beschwerde von J.P. X. ab. Die Rekurskommission kam zum Schluss, dass J.P. X. als Verkäufer mit der Käuferin bzw. A. über die Art der Finanzierung gesprochen und die Möglichkeiten der Finanzierung geprüft und zumindest in ungefährer Weise wohl bereits festgelegt habe. Sie erkannte, dass mit den dargestellten Finanzierungsabläufen wirtschaftlich betrachtet flüssige Mittel, welche die X. AG von den Banken erhalten hatte, an den Verkäufer übergegangen seien. Ihm sei damit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt Einkommen zugeflossen. Das Bundesgericht weist die dagegen von J.P. X. erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt fällt in die Steuerberechnung "jedes Einkommen aus beweglichem Vermögen, namentlich Zinsen, Renten und Gewinnanteile aus Guthaben und Beteiligungen aller Art sowie besondere Entgelte oder geldwerte Vorteile, die neben diesen Einkünften oder an deren Stelle gewährt werden". Als Gewinnanteile aus Beteiligungen gelten nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt "alle durch Zahlung, Überweisung, Gutschrift, Verrechnung oder auf andere Weise bewirkten geldwerten Leistungen der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte, die keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellen". Steuerbar in diesem Sinne sind nicht nur die ordentlichen und ausserordentlichen Dividenden, sondern auch alle wiederkehrenden und einmaligen Ausschüttungen aus dem Gewinn oder den Reserven, wie Barleistungen bei Fusionen, Hingabe von Geschäftsaktiven und Anteile am Erlös BGE 115 Ib 256 S. 259 einer Teil- oder Totalliquidation (ASA 42 322; BGE 86 I 44 E. 1; BGE 83 I 276 ff. und 289 E. 1). Demgegenüber bilden Kapitalgewinne nur dann steuerbares Einkommen, wenn sie im Betriebe einer zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmung bei der Veräusserung oder Verwertung von Vermögensstücken erzielt werden ( Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt ) oder aus einer auf den Erwerb gerichteten Tätigkeit stammen ( Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt ). Gewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen unterliegen grundsätzlich der direkten Bundessteuer nicht ( Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt e contrario). Es ist zu entscheiden, ob der Beschwerdeführer einen steuerfreien Gewinn aus der Veräusserung der zu seinem privaten beweglichen Vermögen gehörenden Aktien erzielte oder ob ihm steuerbare geldwerte Leistungen aus seinen Beteiligungsrechten ( Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ) zugeflossen sind. b) (Entspricht BGE 115 Ib 252 E. 2b) c) In einer Steuerordnung, welche die laufend ausgeschütteten Erträge gesellschaftlicher Beteiligungsrechte als Einkommen aus Vermögen erfasst, ist es systemgerecht, die dem Aktionär zugewiesenen verhältnismässigen Anteile am Ergebnis der Teil- oder Totalliquidation zu besteuern, soweit sie den Nennwert der Kapitalanteile übersteigen ( Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ; BGE 86 I 44 E. 1; BGE 83 I 276 ff., insbes. E. 1 und 289 E. 1; KÄNZIG, Wehrsteuer, 2. Aufl. 1982, N. 112 zu Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ; MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl. 1985, N. 81 zu Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ). Der Begriff der Liquidation ist bei der Anwendung von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt nicht eng zivilrechtlich, sondern steuerrechtlich im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen ( BGE 115 Ib 252 E. 2b; CAGIANUT/HÖHN, Unternehmungssteuerrecht, S. 689). Die Besteuerung lösen alle Vorgänge aus, die wirtschaftlich eine Liquidation oder Teilliquidation bewirken, durch welche die Gesellschaft im Ergebnis den Beteiligten Vermögen preisgibt, soweit dies keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellt. Steuerbarer Beteiligungsertrag aus einer Teilliquidation der Gesellschaft kann dem Inhaber der Beteiligungsrechte demnach nicht nur zufliessen, wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter Teile ihres Vermögens aufgrund eines Beschlusses über die Herabsetzung des Grundkapitals ( Art. 659 Abs. 2 Ziff. 1 OR ) gegen Rückgabe eigener Aktien aushändigt. Eine geldwerte Leistung aus einer Teilliquidation fliesst dem Aktionär auch zu, wenn eine Gesellschaft, BGE 115 Ib 256 S. 260 die ihr Aktienkapital nicht herabsetzt, eigene Aktien aus einem anderen Grunde zurückkauft, ohne diese "mit tunlicher Beschleunigung" ( Art. 659 Abs. 3 OR ) wieder zu veräussern (vgl. LOCHER, Grenzen der Rechtsfindung im Steuerrecht, S. 223). Dasselbe trifft zu, wenn die Gesellschaft die zurückgekauften Aktien fiduziarisch auf einen Dritten überträgt, ohne dass der Gegenwert der Aktien der Gesellschaft wieder zufliesst (vgl. ASA 42 323 E. b). 3. a) (Entspricht BGE 115 Ib 253 E. 2d) b) (Entspricht BGE 115 Ib 254 E. 2e) c) Voraussetzung der Besteuerung ist aber immer, dass die Beteiligungsrechte an einen Käufer veräussert werden, für den das Buchwertprinzip gilt, der also buchführungspflichtig ist. In einem solchen Fall findet eine Transponierung von Gesellschaftsmitteln, deren Ausschüttung nach dem Nennwertprinzip ( Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ) als Vermögensertrag steuerbar ist, in einen steuerfreien Bereich statt: die latente Steuerlast wird aufgehoben, in dem Sinne, dass der buchführungspflichtige Käufer die erworbene Beteiligung im Umfang der Ausschüttung zulasten seines steuerbaren Reinertrages abschreiben kann. Die Aufhebung der (latenten) Ausschüttungssteuerlast muss in den Fällen, in denen der Kaufpreis aus Mitteln der übertragenen Gesellschaft finanziert wird und die Mittel der Gesellschaft nicht mehr zugeführt werden, zur Besteuerung beim veräussernden Aktionär führen (vgl. BGE 101 Ib 49 f. E. 3c; ASA 42 397 f. E. 3). d) Ob die Gesellschaft bei der Veräusserung der Beteiligungsrechte teilweise liquidiert wird und dem Verkäufer eine geldwerte Leistung (verdeckte Gewinnausschüttung) ausgerichtet wird, ist nach objektiven Kriterien zu entscheiden. Es ist nicht einfach dem Steuerpflichtigen überlassen, anlässlich einer Veräusserung aus der Gesellschaft herausgenommene Liquidität mit der ihm zusagenden Etikette "Kapitalgewinn" oder "Vermögensertrag" zu versehen (so zutreffend Steuerrekurskommission des Kantons Zürich im Urteil vom 16. September 1987, StE 1988 B 24.4 Nr. 14). e) Ist der Einkommenszufluss aus der Teilliquidation mit indirekter Ausschüttung unmittelbar nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt zu versteuern, so braucht nicht geprüft zu werden, ob eine Steuerumgehung vorliegt (vgl. BGE 115 Ib 252 E. 2b). 4. Die Lehre hat die Auslegung des Bundesgerichts von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt für die Fälle der indirekten Teilliquidation ebenso wie für die sog. Einbringungsfälle zum Teil kritisiert (vgl. neuerdings u.a. GURTNER, Systemwechselfälle bei Beteiligungsübertragungen, BGE 115 Ib 256 S. 261 ASA 57 S. 23 ff.; BÖCKLI, Die Transponierungstheorie - eine systemwidrige Rechtsfolge, ASA 57 S. 241 ff.; derselbe, Kritik der "indirekten Teilliquidation", a.a.O., S. 103 ff.; HÖHN, Videant judices, ASA 56 S. 463 ff.). Die Kritiker machen namentlich geltend, der Gesetzgeber habe in der direkten Bundessteuer kein lückenloses System wirtschaftlicher Doppelbelastung der von einer Aktiengesellschaft erzielten Gewinne verwirklicht. Sie gehen hauptsächlich von der These aus, aus der Steuerfreiheit privater Kapitalgewinne ( Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt ) ergebe sich, dass nicht als Vermögensertrag besteuert werden dürfe, was man als Kapitalgewinn betrachten könne. Die Kritiker verkennen jedoch, dass die Steuerpflicht in Art. 21 Abs. 1 lit. c in fine BdBSt weit definiert ist. Diese Steuernorm beruht auf einem formalisierten Ertragsbegriff (ASA 55 212 E. 4b). Die Steuerfreiheit privater Veräusserungsgewinne (Zuwachsgewinne) lässt sich nur durch Umkehrschluss aus Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt herleiten; sie erscheint als systemwidrige Ausnahme vom Prinzip der Reineinkommensbesteuerung und ist zwar vom Gesetzgeber - unter anderem aus veranlagungsökonomischen Überlegungen - gewollt, aber jedenfalls nicht ausdehnend zu interpretieren. Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt schränkt den Anwendungsbereich von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt nicht ein. Diese Bestimmung erklärt das Einkommen aus beweglichem Vermögen und namentlich jeden Beteiligungsertrag umfassend für steuerbar und nimmt (im Schlussatz) nur die Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile (Nominalwert) von der Besteuerung aus ( BGE 101 Ib 49 E. 3a, bb; BGE 83 I 279 E. 2a). Wo der Kaufpreis wie dargestellt aus Mitteln der verkauften Gesellschaft finanziert wird, ergibt sich der Einkommenszufluss für den Verkäufer nicht aus der Veräusserung der Aktien an den Dritten, sondern aus der anlässlich einer solchen Veräusserung durchgeführten Teilliquidation der Gesellschaft, die der Verkäufer selbst eingeleitet hat. Es liegt demnach kein steuerfreier Gewinn aus der Veräusserung von Privatvermögen vor. Entgegen BÖCKLI (Kritik der "indirekten Teilliquidation", a.a.O., S. 112 f.) stellt die endgültige Aufgabe der Einkommensquelle nach dem BdBSt (durch Veräusserung) im Falle der Liquidation nicht das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung des steuerfreien Veräusserungsgewinns vom steuerbaren Gewinnanteil aus Beteiligung dar; eine endgültige Aufgabe der Einkommensquelle ist für die Liquidation typisch. BGE 115 Ib 256 S. 262 5. a) Im vorliegenden Fall wurde ein Teil des Kaufpreises für die vom Beschwerdeführer veräusserten Aktien der X. AG, nämlich Fr. ..., nach der unbestrittenen Feststellung der Vorinstanz mit Darlehen finanziert, welche die X. AG der von A. beherrschten Y. AG gewährte, nachdem die X. AG zu diesem Zweck entsprechende Darlehen bei Banken aufgenommen hatte. Die fraglichen Fr. ..., welche formell als Teil des vereinbarten Kaufpreises erscheinen, stammen daher aus Mitteln der X. AG. Deren Passiven erhöhten sich um diesen Betrag. Mit der Darlehensforderung gegen die Käuferin und die neue Muttergesellschaft (Y. AG) ist der X. AG keine wirkliche Gegenleistung zugekommen. Der Beschwerdeführer wusste, dass die vom bisherigen Prokuristen seiner Gesellschaft beherrschte, als Käuferin zwischengeschaltete Y. AG eigene Mittel für den Kaufpreis nicht aufbringen konnte und Kredit bei Dritten nicht erhalten konnte; deshalb musste die X. AG ihr die Mittel beschaffen. Die entnommenen Mittel werden damit der X. AG nicht wieder zugeführt. b) Die X. AG finanzierte den streitigen Teil des Kaufpreises zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer deren Alleinaktionär war. Die Vorinstanz hat ohne Mangel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass der Beschwerdeführer um die Art der Finanzierung gewusst haben muss. Ohne Mitwirkung des Beschwerdeführers und der X. AG, für die A., der die Finanzierungsverhandlungen führte, als Prokurist tätig war, wäre diese Finanzierung objektiv nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer kann sich nicht darauf berufen, dass er sich angesichts der Steuerfreiheit von Veräusserungsgewinnen um die Art der Finanzierung des Kaufpreises nicht zu kümmern brauche. Wenn mit der Finanzierung der Beteiligungsübertragung wirtschaftlich eine teilweise Liquidation der Gesellschaft verbunden ist, die gegen den Willen des Veräusserers nicht durchführbar wäre, liegt objektiv eine geldwerte Leistung der Gesellschaft, nicht eine Geldleistung des Erwerbers der Beteiligung vor. Es kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht darauf ankommen, aus welchen Motiven die Parteien des Kaufvertrags die übertragene Gesellschaft teilweise liquidieren; namentlich ist unbeachtlich, ob sie dies tun, weil der Erwerber zu wenig eigene Mittel hat, weil er an einem Betriebszweig der erworbenen Gesellschaft nicht interessiert ist (vgl. ASA 54 211) oder aus anderen Gründen. c) Die anlässlich des Verkaufs der Beteiligung aus der X. AG entnommenen Mittel sind damit dem Beschwerdeführer zugeflossen. BGE 115 Ib 256 S. 263 Er hat sie nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt als Einkommen zu versteuern. Ob die Zahlungen, die mit verschiedenen, teilweise von der X. AG, teilweise von der Y. AG bestellten Bank-Checks ausgeführt wurden, unmittelbar von der X. AG (direkte Teilliquidation) oder indirekt über die Y. AG (indirekte Teilliquidation) an den Beschwerdeführer geleistet wurden, kann offen bleiben. In beiden Fällen floss dem Beschwerdeführer wirtschaftlich eine geldwerte Leistung der X. AG aus seinem Beteiligungsverhältnis zu.
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Sachverhalt ab Seite 249 BGE 115 Ib 249 S. 249 Mit Vertrag vom 13. Mai 1981 verkauften die Geschwister S., O., H. und L. A. rückwirkend auf den 1. Januar 1981 ihre Aktien der A. AG an die durch den Mitaktionär B. zu gründende C. Holding AG, oder - falls die Holding nicht zustandekommen sollte - an B. selbst, dem bereits 125 Aktien der A. AG gehörten. Der Kaufpreis der Aktien im Gesamtnennwert von Fr. ... wurde auf Fr. ... (höher als der Nennwert) festgesetzt. Die Verkäufer unterzeichneten mit gleichem Datum Blankoindossamente und hinterlegten die Aktien bei der D. Treuhand AG. BGE 115 Ib 249 S. 250 Der Kaufpreis wurde an den vereinbarten Fälligkeitsdaten (1. Juli und 31. Dezember 1981) aus Mitteln der A. AG bezahlt und auf einem sog. Interimskonto der A. AG belastet. Am 24. Juni und 1. Juli 1981 wandte sich die E. Treuhand AG an die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden und führte u.a. aus, B. besitze persönlich nicht die Mittel, den Kauf aus eigener Kraft zu tätigen; die A. AG verfüge jedoch über Barmittel von mehr als Fr. ... Man habe deshalb die Gründung einer Holding in Aussicht genommen, die das Aktienpaket von der Familie A. erwerben und an deren Aktienkapital sich die Familie B. und die A. AG beteiligen solle. Ausserdem solle die A. AG der Holding ein Darlehen von Fr. ... gewähren. Am 1. Juli 1981 teilte B. den Verkäufern mit, die Unternehmung sei heute vollständig schuldenfrei und in der Lage, die Aktienrückzahlung zu verkraften. Die C. Holding AG wurde in der Folge nicht gegründet. Die Aktien gelangten in den Besitz der A. AG und wurden schliesslich auf eine Drittgesellschaft, die C. AG, übertragen. Die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden erblickte in der Bezahlung des Kaufpreises aus Mitteln der A. AG eine geldwerte Leistung i.S. von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt und rechnete S., O. und H. A. die Differenz zwischen dem Kaufpreis (Fr. ... pro Aktie) und dem Nennwert ihrer Aktien (Fr. 250.-- pro Aktie) als Einkommen auf. (L. A. ist nicht im Kanton Graubünden steuerpflichtig.) Die Einsprache der Geschwister A. wies sie ab. (Dagegen schützte sie eine Einsprache von B., dem sie den gleichen Betrag aufgerechnet hatte.) Die Geschwister A. erhoben Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und beantragten, dass auf die Aufrechnungen zu verzichten sei. Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 17. März 1987 gut und wies die Angelegenheit zur Neuveranlagung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. Am 12. Juni 1987 führt die Kantonale Steuerverwaltung Graubünden gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 17. März 1987 (mitgeteilt am 20. Mai 1987) Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid sei aufzuheben und die Veranlagungen gemäss Einspracheentscheid zu bestätigen. Sie vertritt den Standpunkt, entgegen dem Verwaltungsgericht habe nicht B., sondern die A. AG die Aktien gekauft. Die Gesellschaft habe den ausscheidenden Aktionären geldwerte Leistungen erbracht, da BGE 115 Ib 249 S. 251 sie die Aktionäre für den Aktienrückkauf aus Mitteln der Gesellschaft abgefunden habe. Die Gesellschaft sei damit teilweise liquidiert und ihre Aktiven seien vermindert worden. Solche geldwerten Leistungen seien nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt steuerbar, soweit mit ihnen nicht die bestehenden Kapitalanteile zurückbezahlt würden. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt fällt in die Steuerberechnung "jedes Einkommen aus beweglichem Vermögen, namentlich Zinsen, Renten und Gewinnanteile aus Guthaben und Beteiligungen aller Art sowie besondere Entgelte oder geldwerte Vorteile, die neben diesen Einkünften oder an deren Stelle gewährt werden". Als Gewinnanteile aus Beteiligungen gelten nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt "alle durch Zahlung, Überweisung, Gutschrift, Verrechnung oder auf andere Weise bewirkten geldwerten Leistungen der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte, die keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellen". Steuerbar in diesem Sinne sind nicht nur die ordentlichen und ausserordentlichen Dividenden, sondern auch alle wiederkehrenden und einmaligen Ausschüttungen aus dem Gewinn oder den Reserven, wie Barleistungen bei Fusionen, Hingabe von Geschäftsaktiven und Anteile am Erlös einer Teil- oder Totalliquidation (ASA 42 322; BGE 86 I 44 E. 1; BGE 83 I 276 ff. und 289 E. 1). Demgegenüber bilden Kapitalgewinne nur dann steuerbares Einkommen, wenn sie im Betriebe einer zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmung bei der Veräusserung oder Verwertung von Vermögensstücken erzielt werden ( Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt ) oder aus einer auf den Erwerb gerichteten Tätigkeit stammen ( Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt ). Gewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen unterliegen grundsätzlich der direkten Bundessteuer nicht ( Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt e contrario). Als Ausnahme vom Prinzip der Reineinkommensbesteuerung ist die nur durch Umkehrschluss aus Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt hergeleitete Steuerfreiheit der Veräusserungsgewinne (Zuwachsgewinne) auf Privatvermögen nicht extensiv zu interpretieren. Steuerfrei bleiben kann nur der durch eine eigentliche Veräusserung BGE 115 Ib 249 S. 252 - im wirtschaftlichen Sinne verstanden - erzielte Gewinn (DUBS, Wirtschaftliche Betrachtungsweise und Steuerumgehung, in: Mélanges Henri Zwahlen, Lausanne 1977, S. 580; ASA 55, 209 E. 3a). Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt schränkt den Anwendungsbereich von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt nicht ein. Diese Bestimmung erklärt das Einkommen aus beweglichem Vermögen und namentlich jeden Beteiligungsertrag umfassend für steuerbar und nimmt (im Schlussatz) nur die Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile (Nominalwert) von der Besteuerung aus ( BGE 101 Ib 49 E. 3a, bb; BGE 83 I 279 E. 2a). Es ist zu entscheiden, ob die Beschwerdegegner steuerfreien Gewinn aus der Veräusserung der zu ihrem privaten Vermögen gehörenden Aktien erzielten oder ob ihnen steuerbare geldwerte Leistungen aus ihren Beteiligungsrechten ( Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ) zugeflossen sind. b) Wie das Bundesgericht wiederholt erkannt hat, ist Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt eine Steuernorm mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten (ASA 54 217; BGE BGE 101 Ib 44 ff.; DUBS, a.a.O., S. 569 ff.; LOCHER, Grenzen der Rechtsfindung im Steuerrecht, S. 225). Die Steuerbehörden sind deshalb nicht strikt an die zivilrechtliche Gestaltung gebunden, die der Steuerpflichtige gewählt hat, sondern haben den Sachverhalt rechtlich entsprechend seinem wirtschaftlichen Gehalt zu würdigen. Ob eine Steuerumgehung vorliegt, müsste nur geprüft werden, wenn der zu beurteilende Sachverhalt nicht direkt unter Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt fällt (ASA 54 217; vgl. auch BGE 109 Ia 99 f. E. 2a; LOCHER, Die indirekte Teilliquidation im Recht der direkten Bundessteuer, in: Das schweizerische Steuerrecht. Eine Standortbestimmung. Festschrift zum 70. Geburtstag von Ferdinand Zuppinger, Bern 1989, S. 233 ff.). c) Gewinnanteile aus Beteiligungen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt sind auch die dem Aktionär zugewiesenen verhältnismässigen Anteile am Ergebnis der Liquidation oder Teilliquidation, soweit diese den Nennwert der übertragenen Kapitalanteile übersteigen ( BGE 86 I 44 E. 1; BGE 83 I 276 ff., insbes. E. 1 und 289 E. 1; KÄNZIG, Wehrsteuer, 2. Aufl. 1982, N. 112 zu Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ; MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl. 1985, N. 81 zu Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ). Der Begriff der Liquidation ist bei der Anwendung von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt nicht eng zivilrechtlich, sondern steuerrechtlich im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen (oben lit. b; CAGIANUT/HÖHN, Unternehmungssteuerrecht, BGE 115 Ib 249 S. 253 S. 689). Die Besteuerung lösen alle Vorgänge aus, die wirtschaftlich eine Liquidation oder Teilliquidation bewirken, durch welche die Gesellschaft im Ergebnis den Beteiligten Vermögen preisgibt, soweit dies keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellt. Steuerbarer Beteiligungsertrag aus einer Teilliquidation der Gesellschaft kann dem Inhaber der Beteiligungsrechte demnach nicht nur zufliessen, wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter Teile ihres Vermögens aufgrund eines Beschlusses über die Herabsetzung des Grundkapitals ( Art. 659 Abs. 2 Ziff. 1 OR ) gegen Rückgabe eigener Aktien aushändigt. Eine geldwerte Leistung aus einer Teilliquidation fliesst dem Aktionär auch zu, wenn eine Gesellschaft, die ihr Aktienkapital nicht herabsetzt, eigene Aktien aus einem anderen Grunde zurückkauft, ohne diese "mit tunlicher Beschleunigung" ( Art. 659 Abs. 3 OR ) wieder zu veräussern (vgl. LOCHER, Grenzen der Rechtsfindung im Steuerrecht, S. 223). Dasselbe trifft zu, wenn die Gesellschaft die zurückgekauften Aktien fiduziarisch auf einen Dritten überträgt, ohne dass der Gegenwert der Aktien der Gesellschaft wieder zufliesst (vgl. ASA 42 323 E. b). d) Wirtschaftlich können einem Aktionär auch anlässlich eines Verkaufs seiner Aktien an eine Drittgesellschaft (oder einen anderen buchführungspflichtigen Käufer) geldwerte Leistungen der Gesellschaft aus seinem Beteiligungsrecht zufliessen. Das ist dann der Fall, wenn die Gesellschaft, deren Aktien veräussert werden, eine Ausschüttung von Gesellschaftsmitteln zur Finanzierung des Kaufpreises vornimmt, d.h. wenn die Käufergesellschaft den Kaufpreis nicht aus eigenen Mitteln, sondern aus Mitteln der übernommenen Gesellschaft (Reserven, liquiden und betriebswirtschaftlich nicht notwendigen Aktiven) aufbringt, ohne dieser die Mittel wieder zuzuführen (vgl. dazu ASA 54 218 f. E. 4b). Durch einen solchen Vorgang wird die Substanz der übernommenen Gesellschaft vermindert. Das kann u.a. dadurch geschehen, dass die übernommene Gesellschaft der Käufergesellschaft ein Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises gewährt, wobei mit der Rückzahlung des Darlehens aufgrund besonderer Umstände nicht zu rechnen ist, beispielsweise wegen geringer Liquidität der Käufergesellschaft oder weil das Darlehen mit einer von der übernommenen Gesellschaft ausgeschütteten Superdividende verrechnet wird; dem Darlehen kommt damit kein reeller Wert zu. Wird der Kaufpreis aus Mitteln der übernommenen Gesellschaft finanziert und werden sie der Gesellschaft nicht mehr zugeführt, BGE 115 Ib 249 S. 254 sinkt der innere Wert der Gesellschaft und damit der Beteiligung: anstatt dass der Verkäufer der Aktien vorgängig selbst der Gesellschaft Mittel entnimmt, werden diese an die Käufergesellschaft übertragen. Von der Käufergesellschaft fliessen sie dem Aktionär zivilrechtlich in Form eines Kaufpreises zu, der sich im Hinblick auf die Teilentleerung als übersetzt erweist (vgl. LOCHER, Grenzen der Rechtsfindung im Steuerrecht, S. 223 f.; LOCHER, Die indirekte Teilliquidation im Recht der direkten Bundessteuer, a.a.O., S. 223 f.). Die Gesellschaft wird dadurch teilweise liquidiert: formell verdeckt als Veräusserungserlös, fliessen - wenn auch nur indirekt, über die Käufergesellschaft - wirtschaftlich Gesellschaftsmittel an den Verkäufer der Aktien. Eine solche Ausschüttung der Gesellschaft ist nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt vom Aktionär als geldwerte Leistung aus seinem Beteiligungsrecht zu versteuern, soweit sie nicht eine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellt. Das Bundesgericht deutete dies in ASA 54 219 E. c an, liess es aber noch offen. e) Es rechtfertigt sich jedoch nur dann, eine indirekte Teilliquidation anzunehmen und den Zufluss beim Verkäufer der Aktien als Ertrag aus seiner Beteiligung (und nicht bei der kaufenden Gesellschaft als Ertrag aus direkter Teilliquidation) zu besteuern, wenn der Verkäufer in seiner Eigenschaft als Beteiligter die Entnahme der Gesellschaftsmittel selbst einleitet und dabei weiss oder wissen muss, dass die zur Finanzierung des Kaufpreises dienenden Mittel der Gesellschaft nicht wieder zugeführt werden. Ob die Gesellschaft dem Verkäufer beim Verkauf der Beteiligungsrechte eine geldwerte Leistung ausrichtet bzw. ob die Gesellschaft mindestens indirekt teilweise liquidiert wird, kann sich aus der Art der Finanzierung des Kaufpreises ergeben. Die Art der Finanzierung ist für den Verkäufer nicht einfach unbeachtlich, wenn er mit der Käufergesellschaft im Hinblick auf die Teilentleerung der Gesellschaft zusammenwirkt und so die Teilliquidation selbst einleitet. f) Voraussetzung der Besteuerung ist aber immer, dass die Beteiligungsrechte an einen Käufer veräussert werden, für den das Buchwertprinzip gilt, der also buchführungspflichtig ist. In einem solchen Fall findet eine Transponierung von Gesellschaftsmitteln, deren Ausschüttung nach dem Nennwertprinzip ( Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ) als Vermögensertrag steuerbar ist, in einen steuerfreien Bereich statt: die latente Steuerlast wird aufgehoben, in dem Sinne, dass der buchführungspflichtige Käufer die erworbene Beteiligung im Umfang der Ausschüttung zulasten seines steuerbaren BGE 115 Ib 249 S. 255 Reinertrages abschreiben kann. Die Aufhebung der (latenten) Ausschüttungssteuerlast muss in den Fällen, in denen der Kaufpreis aus Mitteln der übertragenen Gesellschaft finanziert wird und die Mittel der Gesellschaft nicht mehr zugeführt werden, zur Besteuerung beim veräussernden Aktionär führen (vgl. BGE 101 Ib 49 f. E. 3c; ASA 42 397 f. E. 3). Dagegen wird der Verkäufer nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt nicht steuerpflichtig, wenn er seine Aktien an einen nichtbuchführungspflichtigen Käufer, beispielsweise an einen Mitaktionär veräussert (LOCHER, Grenzen der Rechtsfindung im Steuerrecht, S. 226; LOCHER, Die indirekte Teilliquidation im Recht der direkten Bundessteuer, a.a.O., S. 224). In einem solchen Fall bleibt die Steuerlast auf den Reserven erhalten, da nun der nichtbuchführungspflichtige Käufer der Aktien nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt sämtliche Ausschüttungen versteuern muss, die keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellen. 3. a) Die Vorinstanz stellte fest, dass kein "direkter" Verkauf der Aktien an die A. AG gegeben sei, sondern dass "letztlich" B. die Aktien gekauft habe. Sie stützt diese Feststellung, die für das Bundesgericht verbindlich ist, sofern sie nicht an einem Mangel i. S. von Art. 105 Abs. 2 OG leidet, vorwiegend auf den verurkundeten Kaufvertrag vom 13. Mai 1981, nach dem B. die Aktien kauft, falls die C. Holding AG nicht gegründet werden sollte. b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, diese Sachverhaltsfeststellung sei offensichtlich unrichtig. Der Kaufvertrag vom 13. Mai 1981 sei ein Stück Papier geblieben. Die Aktien der Beschwerdegegner seien in Wirklichkeit - durch konkludent abgeschlossenen Kaufvertrag - von der A. AG zurückgekauft worden, bevor sie schliesslich auf die C. AG übergegangen seien. Das ergebe sich sowohl aus der Korrespondenz der Beteiligten untereinander und mit den Steuerbehörden als auch aus der buchhalterischen Erfassung des Geschäftsvorfalles in den Büchern der Gesellschaft. c) Wie auch die Vorinstanz in ihrem Entscheid einräumt, sprechen zwar verschiedene Umstände für die These der Beschwerdeführerin, dass die A. AG die Aktien gekauft hat, bevor sie sie an die C. AG weiterveräusserte. Das ergibt sich namentlich aus den Briefen der E. Treuhand AG vom 22. Oktober 1981 und vom 23. Februar 1982 an die Steuerverwaltung. Doch schliesst das nicht aus, dass - wie im Kaufvertrag vom 13. Mai 1981 vorgesehen - dennoch vorgängig B. die Aktien kaufte und er sie - zur BGE 115 Ib 249 S. 256 Finanzierung der Kaufpreiszahlung an die Beschwerdegegner - an die A. AG weiterveräusserte. Diese Korrespondenzen führen nicht zwingend zum Schluss, dass der ursprüngliche Kaufvertrag, nach dem B. Käufer war, in dem Sinne abgeändert wurde, dass nun die A. AG als Käuferin auftrat. Für eine Änderung des Kaufvertrages war auch die Zustimmung der Beschwerdegegner nötig, einseitigen Erklärungen von B. oder dessen Vertreterin kann deshalb nur eine beschränkte Bedeutung zukommen. Die Korrespondenz, aus der teilweise geschlossen werden kann, dass unmittelbar die A. AG die Aktien erworben habe, gibt nur die Sicht von B. bzw. der für ihn tätigen E. Treuhand AG wieder. Die Vorinstanz hat den Sachverhalt jedenfalls nicht offensichtlich unrichtig festgestellt ( Art. 105 Abs. 2 OG ), wenn sie nicht auf die teilweise widersprüchlichen Äusserungen der Beteiligten, namentlich von B., abstellte und annahm, dass - wie von Anfang an vorgesehen - unmittelbar B. die Aktien kaufte. Auch die Beschwerdeführerin vertrat gegenüber B. zeitweise die Auffassung, dass er die Aktien erworben habe, da die C. Holding AG nicht zustandegekommen sei. d) Steht für das Bundesgericht verbindlich fest, dass die Beschwerdegegner die Aktien an ihren Mitaktionär B. verkauften, haben sie nach dem oben (E. 2) ausgeführten die aufgerechneten Beträge nicht zu versteuern, auch wenn der Kaufpreis aus Mitteln der übernommenen Gesellschaft finanziert wurde. B. ist weder buchführungspflichtig, noch hat die Gesellschaft den Beschwerdegegnern vor dem Verkauf eine direkte Ausschüttung gemacht. Die Teilliquidation ist vielmehr nach dem Verkauf durch den Käufer B. eingeleitet worden.
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Sachverhalt ab Seite 161 BGE 104 IV 160 S. 161 A.- Im Jahre 1943 wurde die B. & Co. GmbH gegründet. H. trat zunächst als Büroangestellter in den väterlichen Betrieb ein und übte später, nachdem er selber Gesellschafter geworden war, vornehmlich die Tätigkeit eines Vertreters aus. Nachdem sein Onkel G. aus der Gesellschaft ausgeschieden war, holten die Gesellschafter im Jahre 1955 bei der Treuhand- und Verwaltungs AG Bern einen "Bericht über die Möglichkeiten zur rentableren Weiterführung des Unternehmens" ein. In dem Bericht wurde den Gesellschaftern empfohlen, das Unternehmen zu liquidieren, falls es nicht durch erhebliche Mehrumsätze oder durch Aufgabe der Fabrikation und Beschränkung auf den Handel saniert werden könne. Die vorangegangenen Geschäftsjahre hatten bereits mit Verlusten abgeschlossen, obwohl die überalterten Anlagen vollständig abgeschrieben waren. Auch waren keine Reserven vorhanden, noch hatten Rückstellungen gemacht werden können. Die Gesellschafter konnten sich jedoch weder zu einer durchgreifenden Sanierung noch zur Liquidation des Unternehmens entschliessen. Nachdem in der Folge R. und S. aus der Firma ausgeschieden waren, führte H. das Unternehmen ab 1970 als Einmanngesellschaft weiter. Dabei blieb alles beim alten mit der Folge, dass die Gesellschaft weiter mit Verlust arbeitete, der im Jahre 1972 Fr. 40 589.05, im Jahre 1973 Fr. 74 111.20 und 1974 Fr. 37 251.- betrug. In diesem Jahr wurde die Liegenschaft, in der der Verkaufsladen untergebracht war, verkauft. H. verwendete seinen Anteil am Verkaufserlös sowie denjenigen aus einem anderen Liegenschaftsverkauf zur Tilgung fälliger Gesellschaftsschulden, wobei seine Aufwendungen zugunsten der Gesellschaft in deren Bilanzen jeweils als Darlehensschulden erschienen. Am 11. März 1976 eröffnete der Gerichtspräsident II von A. den Konkurs über die B. & Co. GmbH. Nach der Verteilungsliste BGE 104 IV 160 S. 162 vom 20. Juli 1977 entstand ein Verlust von Fr. 78 156.15, der sich auf rund Fr. 298 000.- belaufen hätte, wenn H. und seine Frau die der Gesellschaft im Verlauf der Jahre gewährten Darlehen im Konkurs angemeldet hätten. B.- Am 6. Oktober 1977 verurteilte der Gerichtspräsident I von A. H. wegen leichtsinnigen Konkurses und Vermögensverfalls zu einer bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von 10 Tagen. Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte am 27. Januar 1978 den erstinstanzlichen Entscheid. C.- H. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung 1. Die Vorinstanz verurteilte den Beschwerdeführer aufgrund des an zweiter Stelle in Art. 165 Ziff. 1 StGB geregelten Tatbestandes des Vermögensverfalls, weil er als Alleingesellschafter der B. & Co. GmbH die Vermögenslage der Gesellschaft im Bewusstsein ihrer Zahlungsunfähigkeit in arg leichtsinniger Weise verschlimmert und eine Gefährdung der Gläubigerinteressen in Kauf genommen habe (Art. 165 Ziff. 1/172 Abs. 2 StGB). Der Beschwerdeführer bestreitet zunächst die ihm von der Vorinstanz zur Last gelegte Vermögensverschlimmerung der GmbH. Diese ist indessen nach verbindlicher Feststellung des Obergerichts ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) objektiv gegeben, belief sich doch der Verlustvortrag für die Gesellschaft per 31. Dezember 1970 auf Fr. 233 927.54, per Ende 1974 aber auf Fr. 418 193.19. Dass der Konkurs im Jahre 1976 nur mit einem Verlust von Fr. 78 156.15 endete, ändert am Gesagten nichts. Dieses Ergebnis erklärt sich einzig daraus, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau die der Gesellschaft während Jahren gewährten Darlehen im Konkurs der Gesellschaft nicht angemeldet haben. Tatsächlich aber war bis zu diesem Zeitpunkt die Vermögenslage der Gesellschaft dennoch von Jahr zu Jahr schlechter geworden, zumal auch das, was der Beschwerdeführer und seine Ehefrau der Gesellschaft aus privaten Mitteln hatten zukommen lassen, nicht als Schenkung in Erscheinung BGE 104 IV 160 S. 163 getreten, sondern in der Buchhaltung der Gesellschaft stets als Darlehensschulden aufgeführt worden war. Es kann deshalb der Beschwerdeführer nicht gehört werden, wenn er heute behauptet, die fraglichen der Gesellschaft geleisteten Beiträge seien von ihm und seiner Frau à fonds perdu erbracht worden. 2. Nicht im klaren war sich die Vorinstanz darüber, ob die Verschlimmerung der Vermögenslage des zahlungsunfähigen Schuldners (oder im vorliegenden Fall der zahlungsunfähigen Gesellschaft) nur strafbar sei, wenn sie sich wie die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit auf argen Leichtsinn, unverhältnismässigen Aufwand, gewagte Spekulation oder grobe Nachlässigkeit in der Berufsausübung zurückführen lasse. In einer Eventualbegründung wirft sie dem Beschwerdeführer jedoch vor, er habe die Vermögenslage der GmbH in arg leichtsinniger Weise verschlimmert, da er die Geschäftstätigkeit fortgesetzt habe, obwohl daraus seit Jahren nur noch Verluste resultierten. Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, in Anbetracht der von ihm als Privatmann an die Gesellschaft geleisteten Zuschüsse rechtfertige sich dieser Vorwurf nicht. a) Wie schon in BGE 102 IV 22 ohne nähere Begründung festgestellt wurde, muss auch die Verschlimmerung der Vermögenslage des zahlungsunfähigen Schuldners (oder der zahlungsunfähigen juristischen Person oder Handelsgesellschaft) durch eine der am Anfang von Art. 165 StGB umschriebenen Verhaltensweisen verursacht worden sein. An dieser Auffassung ist festzuhalten. Nicht jede Verschlimmerung der finanziellen Lage soll - sofern auch die subjektiven Voraussetzungen gegeben sind und später der Konkurs eröffnet oder ein Verlustschein ausgestellt worden ist - eine Bestrafung des Schuldners zur Folge haben, sondern nur diejenige, die er durch ein besonders vorwerfbares Verhalten herbeigeführt hat. Diese Auslegung entspricht sowohl dem wahren Sinn von Art. 165 StGB , der unter dem Gesichtspunkt der Strafwürdigkeit kaum jede ungerechtfertigte Vermögensverminderung des Schuldners bestraft wissen will (ebenso: LOGOZ, Commentaire, N. 2b zu Art. 165; THORMANN/VON OVERBECK, N. 2 zu Art. 165). Sie wird aber auch durch seine Entstehungsgeschichte gestützt. Die heutige Fassung des Artikels geht dem Grundsatz nach insoweit auf einen Beschluss der 2. Expertenkommission aus dem Jahre 1913 zurück, aus dem sich klar ergibt, dass die Voraussetzung BGE 104 IV 160 S. 164 des argen Leichtsinns auch auf den 2. Tatbestand des Vermögensverfalls bezogen werden wollte (vgl. Prot. 2. Expertenkommission IV, S. 118; siehe auch Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Gesetzesentwurf enthaltend das schweizerische Strafgesetzbuch vom 23. Juli 1918, BBl 1918 IV, S. 37). b) Wie bereits in Erwägung 1 erwähnt, stellte die Vorinstanz die Vermögensverminderung bei der GmbH für den Kassationshof verbindlich fest. Nicht zu hören ist deshalb der Einwand des Beschwerdeführers, er könne die Verschlimmerung der Vermögenslage der Gesellschaft nicht durch argen Leichtsinn herbeigeführt haben, da es schon an der Vermögensverminderung fehle. Auch die Tatsache, dass er die entstehenden Verluste aus privaten Mitteln deckte, vermag ihn nicht vom Vorwurf zu entlasten, er habe die Vermögenslage der GmbH in arg leichtsinniger Weise verschlimmert. Die Zuschüsse des Beschwerdeführers an die Gesellschaft waren in der Gesellschaftsbuchhaltung als Darlehen verbucht. Sie bewirkten demnach, auch wenn mit ihnen Gesellschaftsgläubiger befriedigt wurden, lediglich eine Umverteilung der Schulden, indem sie den Beschwerdeführer zum neuen Gesellschaftsgläubiger machten. Eine Verbesserung der Finanzlage oder gar eine dauernde Sanierung der GmbH hatten sie nicht zur Folge. Zu Recht wirft die Vorinstanz dem Beschwerdeführer deshalb vor, er habe, obwohl er geschulter Kaufmann sei, die in der Bilanz mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck kommenden Warnzeichen jahrelang missachtet; er habe den Rat von Buchhalter und Ehefrau, das Unternehmen zu liquidieren, in den Wind geschlagen und sich der Hoffnung hingegeben, er könne die Schulden der Gesellschaft begleichen, ohne im Unternehmen selber Sanierungsmassnahmen zu treffen. Die Geschäftstätigkeit in Anbetracht dieser Umstände und trotz Kenntnis von Art. 817 OR fortzuführen, muss mit der Vorinstanz als arg leichtsinnig bezeichnet werden. 3. In subjektiver Beziehung verlangt Art. 165 StGB für die Erfüllung des zweiten von ihm geregelten Tatbestandes vorerst ausdrücklich, dass der Täter im Bewusstsein seiner bzw. als Organ einer juristischen Person im Bewusstsein ihrer Zahlungsunfähigkeit gehandelt habe. Dieses Bewusstsein hat die Vorinstanz in casu als Teil des inneren Sachverhalts für den Kassationshof verbindlich festgestellt ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ; BGE BGE 104 IV 160 S. 165 100 IV 221) und wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. 4. Nach Meinung der Vorinstanz erfüllte der Beschwerdeführer auch die weitern subjektiven Erfordernisse von Art. 165 StGB , da er trotz Kenntnis des misslichen Zustandes des Unternehmens dieses weitergeführt und damit die Gläubigerinteressen eventualvorsätzlich gefährdet habe. Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, das Obergericht gehe von einem falschen Vorsatzbegriff aus. Die Benachteiligungsabsicht gehöre nicht zum subjektiven Tatbestand von Art. 165 StGB . Der ihm nachgewiesene Eventualvorsatz reiche deshalb nicht aus, um seine Verurteilung aufrechtzuhalten. Da sich die Vorinstanz aber nicht zur Frage geäussert habe, ob der Tatbestand des leichtsinnigen Konkurses und Vermögensverfalls auch fahrlässig begangen werden könne, sei ihr Entscheid aufzuheben. a) Die Frage nach der Schuldform von Art. 165 StGB ist umstritten. Eine Mehrheit von Autoren nimmt an, für eine Verurteilung wegen leichtsinnigen Konkurses und Vermögensverfalls reiche neben der vorsätzlichen auch eine grob fahrlässige Begehungsweise aus (GERMANN, Verbrechen, N. 3.2 zu Art. 165; LOGOZ, Commentaire, N. 3 zu Art. 165; THORMANN/VON OVERBECK, StGB, N. 5 zu Art. 165; SCHWANDER, SJK Nr. 1129, IV S. 4; STRATENWERTH, Schweiz. Strafrecht I, S. 280). Soweit das Schrifttum zwischen den beiden Tatbestandsvarianten von Art. 165 StGB unterscheidet, wird die Meinung vertreten, bei der Verschlimmerung der Vermögenslage komme der vorsätzlichen Begehungsform der Vorrang zu, sofern sie nicht sogar allein in Betracht falle (CASPAR, Betrügerischer Konkurs, Pfändungsbetrug und leichtsinniger Konkurs, in ZStR 1971 (87), S. 41; HAFTER, Bes. Teil I, S. 349; LOGOZ, a.a.O. N. 3a zu Art. 165). Ohne zwischen den beiden Tatbestandsvarianten zu unterscheiden, vertrat das Bundesgericht bis jetzt die Auffassung, auch die fahrlässige Begehungsweise werde von Art. 165 StGB erfasst. Es führte aus, einerseits komme die Fahrlässigkeit schon in der Umschreibung des Tatbestandes selbst zum Ausdruck, andrerseits sei der leichtsinnige Konkurs so sehr Fahrlässigkeitsdelikt, dass seine vorsätzliche Begehung eher die Ausnahme bilde (nicht publizierte Entscheide des Kassationshofes i.S. Grobéty, 13. November 1970; Zbinden, 15. November 1963; Muggler, 29. Februar 1952; Freymond, 20. September BGE 104 IV 160 S. 166 1946). An dieser Rechtsprechung ist insbesondere auch bezüglich des Tatbestandes des Vermögensverfalls festzuhalten. Fahrlässigkeit im Falle von Art. 165 StGB nicht zu bestrafen, hiesse den Sinn des Gesetzes verkennen, was sich auch aus den Arbeiten der 2. Expertenkommission ergibt (vgl. E. 2a), denen zufolge die Verschlimmerung der Vermögenslage durch den Schuldner ebenso als Fahrlässigkeitsdelikt zu verstehen ist wie die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit. Dabei ist indessen nicht zu übersehen, dass - was schon der Wortlaut der Bestimmung nahelegt - für die Erfüllung beider Tatbestände nur grobe Fahrlässigkeit genügt, verlangt das Gesetz doch "argen Leichtsinn" oder "grobe Nachlässigkeit". Nicht ausgeschlossen wird dadurch freilich, dass der Täter gegebenenfalls auch vorsätzlich handeln kann. Er ist in diesem Fall erst recht strafbar, doch gehört eine Schädigungsabsicht nicht zum subjektiven Tatbestand (CASPAR, a.a.O. S. 36; HAFTER, a.a.O. S. 348; LOGOZ, N. 2b zu Art. 165; R. MÜLLER, Die Betreibungs- und Konkursdelikte in der Judikatur, in BlSchK 1956, S. 35 unter Verweisung auf die Rechtsprechung des Obergerichts des Kantons Zürich; a.M.: SCHWANDER, SJK 1129 S. 5; GERMANN, a.a.O. S. 294). b) Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer zur Hauptsache eine eventualvorsätzliche Begehung des Deliktes vor, weil er eine Gefährdung der Gläubigerinteressen in Kauf genommen habe. Damit aber bezieht sie - wie bereits ausgeführt - zu Unrecht die Absicht der Gläubigerbenachteiligung in den Tatbestand von Art. 165 StGB ein. Dieser der Vorinstanz unterlaufene Irrtum muss jedoch nicht zur Aufhebung des Urteils führen, weil dieses jedenfalls mit der subsidiär gegebenen Begründung hält. Wie nämlich die Vorinstanz darlegt, hätte der Beschwerdeführer wissen müssen, dass bei einer Fortführung der Geschäftstätigkeit auch in den Jahren nach 1970 weitere Verluste unvermeidbar waren. Die Jahresbilanzen, von denen er Kenntnis hatte, wiesen seit vielen Jahren Verlustvorträge aus, die das Stammkapital bei weitem überstiegen. H. kannte somit den misslichen Zustand des Unternehmens, führte dieses jedoch in der gewohnten Weise weiter, obschon bereits ein treuhänderischer Bericht vom Jahre 1955 empfohlen hatte, das überalterte Unternehmen zu liquidieren, sofern nicht in erheblichem Masse Sanierungsmassnahmen getroffen würden. Dazu kommt nach dem angefochtenen Urteil, dass der BGE 104 IV 160 S. 167 Beschwerdeführer die Geschäftstätigkeit auch entgegen den Empfehlungen des Buchhalters und dem Rat seiner Ehefrau bei ständig zunehmenden Verlusten fortgesetzt hat, ohne seinen ihm nach Art. 817/725 OR obgelegenen Pflichten nachzukommen. Diese Feststellungen der Vorinstanz lassen ohne weiteres den Schluss auf grobe Fahrlässigkeit zu. Die Beschwerde ist daher mit dieser Begründung abzuweisen.
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473d1a8f-a323-4565-afd8-4f8a7032e99b
Sachverhalt ab Seite 178 BGE 125 IV 177 S. 178 Der ECU ist eine als Verein nach deutschem Recht mit Sitz in Starnberg konstituierte Interessengemeinschaft von mittelständischen Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Im Jahre 1994 war der in Starnberg wohnhafte X. Präsident und der in Bern wohnhafte Z. einer der Vizepräsidenten des Vereins und hatte dieser rund 250 Mitglieder in ganz Europa. Die führenden Mitglieder waren in verschiedenen Fragen zerstritten. Am 6. Juni 1994 richtete das in Deutschland wohnhafte Vereinsmitglied Y. einen Brief an den Präsidenten. Darin warf sie unter anderen dem Vizepräsidenten Z. vor, zu einem Vernichtungsschlag gegen den Verein angesetzt zu haben, und bat sie den Präsidenten, ein dem Brief beigelegtes Schreiben an alle Vereinsmitglieder zu verteilen. In diesem Schreiben führte Y. unter Bezugnahme auf zwei Vereinsveranstaltungen, an denen sie teilgenommen hatte, unter anderem Folgendes aus: "Auf beiden Veranstaltungen habe ich erhebliche und unangenehme Spannungen innerhalb des Verbandes miterleben müssen, die nach meiner Auffassung einzig und allein im profilneurotischen Bestreben insbesondere der Herren ...(Z.)... und ...(W.)... gründen, Herrn Präsidenten ...(X.)... zu entmachten, um selbst den Verband zu führen. Den Herren sind alle Mittel recht, wie teilweise falsche Anschuldigungen bezüglich der Geschäftsführung von ...(X.)... und der geplante Konkursantrag zeigen. Die Tragik am Vorgehen der Herren ...(Z.)... und ...(W.)... besteht in der sicheren Tatsache, dass die beiden Herren die ECU als solche zerstören...." Im Schreiben wird abschliessend zur Gründung eines Fördervereins des ECU aufgerufen. Dieses Schreiben von Y. sandte der Vereinspräsident X. in der Folge als Beilage zu einem Rundschreiben an alle Vereinsmitglieder, darunter an mindestens zwei Mitglieder in der Schweiz. Der Vizepräsident Z. erstattete gegen den Präsidenten X. und das Mitglied Y. Strafanzeige und Strafantrag wegen Ehrverletzung und wegen unlauteren Wettbewerbs. Das Obergericht des Kantons Bern stellte mit Entscheid vom 23. Juli 1998 fest, dass der erstinstanzliche Freispruch von X. vom Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs in Rechtskraft erwachsen ist, und es verurteilte X. wegen übler Nachrede (im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ) zu einer Busse von 1'000 Franken, bedingt vorzeitig löschbar bei einer Probezeit von einem Jahr. Es verpflichtete BGE 125 IV 177 S. 179 ihn zudem unter Androhung der Straffolgen von Art. 292 StGB , das Urteilsdispositiv nach Eintritt der Rechtskraft den damaligen Mitgliedern des ECU Europe kommentarlos zuzustellen. X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die ihm zur Last gelegte Handlung falle nicht unter den Anwendungsbereich des schweizerischen Strafgesetzbuches, da sie ausschliesslich im Ausland verübt worden sei. Zudem sei die Handlung im Sinne von Art. 27 aStGB durch das Mittel der Druckerpresse begangen worden, und daher sei gemäss dieser Bestimmung die bekannte Verfasserin des Schreibens allein strafrechtlich verantwortlich. Sodann sei die inkriminierte Äusserung nicht ehrverletzend. Sie sei vor dem Hintergrund eines tobenden Machtkampfes um die Vormachtstellung im Verband zu sehen, weshalb, wie bei Äusserungen in einer politischen Auseinandersetzung, mit der Annahme einer Ehrverletzung besondere Zurückhaltung geboten sei. Da sowohl die Verfasserin des Schreibens als auch er selbst als Deutsche in Deutschland lebten, sei auch zu berücksichtigen, dass dort die Messlatte hinsichtlich ehrverletzender Äusserungen wesentlich höher liege. Ausserdem habe er die angeblich ehrverletzende Äusserung nicht im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB "weiterverbreitet". Denn er habe die Ehrverletzung nicht erneuert, sondern sich im Sinne eines rein passiven Verhaltens darauf beschränkt, in seiner Eigenschaft als Vereinspräsident die Meinungsäusserung eines Vereinsmitglieds unverändert und kommentarlos an die übrigen Vereinsmitglieder weiterzuleiten. Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, es fehle am Vorsatz. Nachdem er das Schreiben nur quer durchgelesen habe und im Verband zu jener Zeit von beiden Seiten mit harten Bandagen um Macht gekämpft worden sei, sei das fragliche Schreiben nicht ungewöhnlich gewesen und seien ihm die inkriminierten Äusserungen nicht aufgefallen. Zudem könne von ihm nicht verlangt werden, vor dem Versand eines Schreibens an die Vereinsmitglieder in ganz Europa zu prüfen, ob die nach deutschem Recht offensichtlich keine Ehrverletzungen darstellenden Äusserungen nach irgendeiner anderen Rechtsordnung allenfalls als ehrverletzend qualifiziert werden könnten. Schliesslich beruft sich der Beschwerdeführer auf den BGE 125 IV 177 S. 180 aussergesetzlichen Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen. Da im fraglichen Schreiben zur Gründung eines Fördervereins zur Rettung des Verbands vor dem drohenden Zerfall aufgerufen worden sei, sei er als Präsident des Verbands geradezu verpflichtet gewesen, das Schreiben an die übrigen Vereinsmitglieder weiterzuleiten. 2. Dem schweizerischen Strafgesetzbuch ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder ein Vergehen verübt ( Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ). Ein Verbrechen oder ein Vergehen gilt als da verübt, wo der Täter es ausführt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist ( Art. 7 Abs. 1 StGB ). a) Die frühere Rechtsprechung ging von einem relativ weiten Begriff des Erfolgs im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB aus. Erfolg war danach der Schaden, um dessentwillen die Handlung unter Strafe gestellt ist. Ein solcher Schaden trete nicht nur bei den Erfolgsdelikten im technischen Sinne ein, sondern auch bei den schlichten Tätigkeitsdelikten; ein Unterschied bestehe nur insofern, als der Erfolg sich bei den ersteren von der Handlung abhebe, bei den letzteren aber als notwendige Wirkung in der Handlung eingeschlossen sei ( BGE 91 IV 228 betreffend Vorenthalten eines Unmündigen gemäss Art. 220 aStGB; BGE 87 IV 153 betreffend Vernachlässigung von Unterstützungspflichten nach Art. 217 aStGB). Schon nach dieser Praxis war aber das schweizerische Recht dann nicht anwendbar, wenn das im Ausland begangene schlichte Tätigkeits- oder Unterlassungsdelikt ein abstraktes Gefährdungsdelikt ist ( BGE 97 IV 205 betreffend Fälschung von Ausweisen). Die Rechtsprechung zum Begriff des Erfolgs im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB ist in BGE 105 IV 326 , der wiederholten Kritik von Schultz folgend, geändert worden. Nach diesem Entscheid (betreffend mehrfache Ehe gemäss Art. 215 aStGB) ist "Erfolg" im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB (und von Art. 346 Abs. 1 StGB ) der als Tatbestandselement umschriebene Aussenerfolg eines sogenannten Erfolgsdelikts. Allerdings hat der Kassationshof in BGE 109 IV 1 erkannt, dass beim Betrug auch der Ort, an dem die beabsichtigte Bereicherung eingetreten ist bzw. eintreten sollte, Ort des Erfolgs und damit Begehungsort im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB sei. Beim Betrug als sogenanntem kupierten Erfolgsdelikt gebe es zwei Erfolge, nämlich einerseits die Schädigung des Vermögens, die eingetreten sein müsse, und andererseits die Bereicherung, welche vom Täter beabsichtigt worden sein müsse (siehe auch BGE 124 IV 241 E. 4c S. 244). In BGE 125 IV 14 betreffend Entziehen von BGE 125 IV 177 S. 181 Unmündigen gemäss Art. 220 StGB hat der Kassationshof die schweizerische Gerichtsbarkeit gemäss Art. 7 Abs. 1 StGB mit der Begründung bejaht, dass der Vater, der seine Kinder erlaubterweise nach Ägypten in die Ferien mitgenommen hatte, seine Rechtspflicht zur Rückgabe der Kinder am Wohnsitz der Mutter als Inhaberin der elterlichen Gewalt in der Schweiz erfüllen musste. b) Der Kassationshof hatte sich auch schon mit der Frage nach dem Erfolgsort bei Ehrverletzungsdelikten zu befassen. In BGE 102 IV 35 betreffend angebliche Ehrverletzungen in einer im Ausland herausgegebenen und gedruckten, aber auch in der Schweiz verbreiteten (deutschen) Zeitschrift hat der Kassationshof erkannt, bei der üblen Nachrede und bei der Verleumdung (Art. 173 f. StGB) bestehe der "Erfolg" im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB in der Kenntnisnahme der ehrverletzenden Äusserung durch Dritte; sobald der Dritte die Äusserung vernommen habe, sei das Delikt vollendet (E. 2b S. 38). Auch für Pressedelikte beschränke das Gesetz den Tatort nicht auf den Ausführungsort (Herausgabe- bzw. Druckort). Bei diesen Delikten sei der Erfolgsort grundsätzlich dort, wo das Presseerzeugnis gelesen oder sonstwie zur Kenntnis genommen werde. Eine Anpassung an die Besonderheiten der Presse erfolge in Bezug auf den Tatort lediglich insoweit, als der Verbreitungsort als Erfolgsort gelte, weil angenommen werde, das Presseerzeugnis sei am Verbreitungsort auch zur Kenntnis genommen worden. Da die Zeitschrift zwar im Ausland herausgegeben und gedruckt, aber auch in der Schweiz vertrieben worden sei, sei der Erfolg der darin enthaltenen angeblich ehrverletzenden Äusserung auch in der Schweiz eingetreten und insoweit gemäss Art. 7 Abs. 1 StGB die schweizerische Gerichtsbarkeit gegeben (E. 2c S. 38 f.). Diese in BGE 102 IV 35 vertretene Auffassung hat der Kassationshof in einem nicht publizierten Urteil vom 24. Dezember 1998 in Sachen N. unter Hinweis auf die in der Zwischenzeit durch BGE 105 IV 326 vorgenommene Änderung der Rechtsprechung zum Begriff des Erfolgs im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB aufgegeben. Es ging dabei um eine angeblich ehrverletzende Äusserung in einer im Ausland herausgegebenen und gedruckten, auch in der Schweiz vertriebenen (italienischen) Zeitung. Gemäss dem genannten nicht publizierten Urteil sind die üble Nachrede und die Verleumdung keine Erfolgsdelikte, sondern schlichte Tätigkeitsdelikte. Zwar sei zur Tatbestandserfüllung erforderlich, dass ein Dritter von der ehrverletzenden Äusserung Kenntnis erhalten habe. Diese Kenntnisnahme sei aber kein Aussenerfolg im Sinne der sogenannten BGE 125 IV 177 S. 182 Erfolgsdelikte, sondern die gleichsam zwingende Folge der vorausgesetzten Tathandlung, die in der Äusserung gegenüber einem Dritten bestehe. Der Kassationshof hat im genannten nicht publizierten Urteil vom 24. Dezember 1998 aus diesen Gründen in ausdrücklicher Abweichung von BGE 102 IV 35 ff. erkannt, dass die in einer im Ausland gedruckten und herausgegebenen Zeitung enthaltene ehrverletzende Äusserung nicht in Anwendung von Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 StGB der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterworfen sei, auch insoweit nicht, als die ausländische Zeitung auch in der Schweiz verbreitet und die ehrverletzende Äusserung somit hier zur Kenntnis genommen werde. c) Der Beschwerdeführer beruft sich nicht auf dieses nicht publizierte Urteil vom 24. Dezember 1998, welches ihm im Zeitpunkt der Beschwerdebegründung auch gar nicht bekannt sein konnte. Es kann dahingestellt bleiben, ob an den darin enthaltenen Erwägungen vollumfänglich festgehalten werden kann, soweit sie die Frage der schweizerischen Gerichtsbarkeit in Bezug auf angeblich ehrverletzende Äusserungen in Zeitungen und Zeitschriften betreffen, die im Ausland herausgegeben und gedruckt, aber auch in der Schweiz verbreitet werden. Der vorliegend zu beurteilende Fall unterscheidet sich insoweit wesentlich von dem in jenem Entscheid beurteilten Sachverhalt. 3. Der Beschwerdeführer hat das Schreiben von Deutschland aus per Post unter anderen an mindestens zwei Vereinsmitglieder in der Schweiz versandt, welche die darin enthaltenen Äusserungen in der Schweiz zur Kenntnis genommen haben. a) Der Tatbestand der üblen Nachrede ( Art. 173 StGB ) ist erst mit der Kenntnisnahme der ehrverletzenden Äusserung durch einen Dritten vollendet. Ob diese Kenntnisnahme als ein Erfolg im technischen Sinne der Erfolgsdelikte zu gelten hat, ist in der Lehre, soweit sie sich überhaupt dazu äussert, umstritten (bejahend z.B. SCHULTZ, ZBJV 113/1977 S. 549; verneinend JOSÉ HURTADO POZO, Droit pénal, partie générale I, 2e éd. 1997, n. 385; grundsätzlich kritisch gegenüber der Unterscheidung ARZT, Erfolgsdelikt und Tätigkeitsdelikt, ZStrR 107/1990 S. 168 ff.). Auch wenn mit dem vorstehend erwähnten nicht publizierten Urteil des Kassationshofes vom 24. Dezember 1998 i.S. N. angenommen wird, die Kenntnisnahme der ehrverletzenden Äusserung sei kein Erfolg im technischen Sinne der Erfolgsdelikte, muss in einem Fall der hier zu beurteilenden Art die schweizerische Gerichtsbarkeit bejaht werden. b) Der Beschwerdeführer hat das Schreiben zielgerichtet, direkt BGE 125 IV 177 S. 183 und individuell an mindestens zwei Vereinsmitglieder in der Schweiz persönlich adressiert, welche es in der Schweiz zur Kenntnis genommen haben. Die Kenntnisnahme der Äusserung ist unter diesen Umständen eine Wirkung, die als ausreichender Anknüpfungspunkt für die schweizerische Gerichtsbarkeit erscheint und als ein "Erfolg" im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB zu qualifizieren ist. Es gibt in diesen Fällen von persönlich adressierten Briefen aus dem Ausland an individuell bestimmte Adressaten in der Schweiz - anders als allenfalls bei Äusserungen in ausländischen Zeitungen und Zeitschriften sowie in ausländischen Massenmedien allgemein keinen sachlichen Grund, die schweizerische Gerichtsbarkeit gemäss Art. 7 Abs. 1 StGB zu verneinen. In der Lehre wird denn auch verschiedentlich der Fall des Versands eines ehrverletzenden Briefes aus dem Ausland in die Schweiz als Beispiel eines grenzüberschreitenden Distanzdelikts genannt, für welches gemäss Art. 7 Abs. 1 StGB schweizerische Gerichtsbarkeit gilt (siehe z.B. THORMANN/VON OVERBECK, Das schweizerische Strafgesetzbuch, Art. 7 N. 1), und bereits Stooss hat in den Verhandlungen der Expertenkommission darauf hingewiesen, dass beispielsweise bestraft werden soll, wer einen verleumderischen Brief vom Ausland her in die Schweiz gesendet hat (Protokoll der Verhandlungen der Expertenkommission vom 20. September 1893, S. 36). Die Vorinstanz hat demnach die schweizerische Gerichtsbarkeit mit Recht bejaht. 4. Der Beschwerdeführer hat als Vereinspräsident das von einem Vereinsmitglied verfasste, vereinsinterne Angelegenheiten betreffende Schreiben in Deutschland vervielfältigt und von Deutschland aus per Post an die insgesamt rund 250 Vereinsmitglieder in ganz Europa verschickt, darunter an mindestens zwei Vereinsmitglieder in der Schweiz. Damit hat er die ihm zur Last gelegte Straftat des Weiterverbreitens einer ehrverletzenden Beschuldigung nicht im Sinne von Art. 27 aStGB durch das Mittel der Druckerpresse begangen. Denn es fehlt am unstreitig erforderlichen Merkmal der Veröffentlichung, weil das interne Angelegenheiten der Interessengemeinschaft von mittelständischen Rechtsanwälten, Steuerberatern etc. betreffende Schreiben ausschliesslich an die rund 250 Vereinsmitglieder persönlich verschickt worden ist. Es ist damit nur an ganz bestimmte Personen abgegeben worden, nicht an jeden beliebigen Interessenten innerhalb eines Kreises, und es war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt (siehe zum Ganzen TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, BGE 125 IV 177 S. 184 2. Aufl. 1997, Art. 27 N. 3; FRANZ RIKLIN, Schweizerisches Presserecht, 1996, § 1 N. 7, § 5 N. 83). Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Sonderregelung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäss Art. 27 aStGB überhaupt auf Presseerzeugnisse, die im Ausland verfasst und gedruckt, aber auch in der Schweiz verbreitet werden, anwendbar sei. Da somit Art. 27 aStGB nicht zur Anwendung gelangt, ist der Einwand des Beschwerdeführers unbegründet, dass die bekannte Verfasserin des von ihm versandten Schreibens gemäss dieser Bestimmung allein strafrechtlich verantwortlich sei. 5. a) Die inkriminierten Äusserungen sind nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz insgesamt ehrverletzend. Sie betreffen nicht nur die gesellschaftliche Geltung des Beschwerdegegners als Geschäfts- oder Berufsmann, sondern sie berühren auch dessen Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein. Wem als Vizepräsident eines Vereins angeblich alle Mittel recht sind, wie teilweise falsche Beschuldigungen und die Einreichung eines Konkursantrags, um in solcher zerstörerischer Weise den Vereinspräsidenten zu entmachten und in profilneurotischem Bestreben selber die Präsidentschaft zu übernehmen, der benimmt sich nicht so, wie nach allgemeiner Anschauung ein charakterlich anständiger Mensch sich zu verhalten pflegt. Dass die Äusserungen im Rahmen eines tobenden Machtkampfes um die Vormachtstellung getan worden seien, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Ein solcher Machtkampf kann nicht mit einer politischen Auseinandersetzung gleichgesetzt werden, bei welcher eine strafrechtlich relevante Ehrverletzung nur mit grosser Zurückhaltung anzunehmen ist. b) Indem der Beschwerdeführer das von einem Vereinsmitglied verfasste Schreiben an die rund 250 Mitglieder verschickte, hat er die darin enthaltenen ehrverletzenden Äusserungen im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB weiterverbreitet. Dass er sie nicht "erneuerte", wiederholte oder zu seinen eigenen machte, ist unerheblich. c) Gemäss einer tatsächlichen Feststellung im angefochtenen Entscheid hat das Beweisergebnis gezeigt, dass die inkriminierten Stellen dem Beschwerdeführer nicht verborgen bleiben konnten. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die inkriminierten Äusserungen seien ihm nicht aufgefallen, steht im Widerspruch dazu und ist nicht zu hören. Dass der Beschwerdeführer allenfalls weder wusste noch in Kauf nahm, dass die inkriminierten Äusserungen nach dem BGE 125 IV 177 S. 185 schweizerischen Recht, anders als angeblich nach dem deutschen Recht, als strafrechtlich relevante Ehrverletzung qualifiziert werden könnten, ist unerheblich. Das Bewusstsein der Strafbarkeit gehört nicht zum Vorsatz. d) Der Beschwerdeführer war als Präsident des Verbands allenfalls verpflichtet, den Aufruf eines Mitglieds zur Gründung eines Fördervereins zur Rettung des Verbands an die übrigen Mitglieder weiterzuleiten. Dazu war es aber nicht notwendig, das Schreiben vollumfänglich und unverändert, einschliesslich der darin enthaltenen ehrverletzenden Äusserungen, weiterzuleiten. Dem Beschwerdeführer wäre es möglich und zumutbar gewesen, die Weiterleitung des Schreibens in dieser Fassung zu verweigern und die Verfasserin zu einer Abänderung unter Weglassung der ehrverletzenden Äusserungen aufzufordern. Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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Erwägungen ab Seite 178 BGE 121 V 178 S. 178 Aus den Erwägungen: 3. Zu prüfen bleibt, ob der angefochtene Entscheid insoweit vor Bundesrecht standhält, als dem Gesuchsteller Verfahrenskosten in Höhe BGE 121 V 178 S. 179 von Fr. 422.-- (bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 300.--, Schreibgebühren von Fr. 84.-- sowie Zustellgebühren und Porti von Fr. 38.--) auferlegt worden sind. a) Nach Art. 108 Abs. 1 lit. a UVG ist das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht für die Parteien kostenlos; einer Partei, die sich leichtsinnig oder mutwillig verhält, können jedoch eine Spruchgebühr und die Verfahrenskosten auferlegt werden. Die vom Beschwerdeführer mit dem Ablehnungsbegehren eingeleitete Prozessführung kann nicht als leichtsinnig oder mutwillig qualifiziert werden (vgl. hiezu BGE 112 V 334 Erw. 5; RKUV 1989 Nr. U 81 S. 386 Erw. 3). Es stellt sich daher lediglich die Frage, ob das Zwischenverfahren, welches mit dem Beschluss der Verwaltungskommission des Obergerichts vom 24. Juni 1994 endete, unter die grundsätzliche Kostenfreiheit fällt, wie sie nach Art. 108 Abs. 1 lit. a UVG für das Beschwerdeverfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht gilt. b) In BGE 111 V 51 ff. hat das Eidg. Versicherungsgericht zur analogen Bestimmung von Art. 85 Abs. 2 lit. a AHVG (vgl. auch Art. 106 Abs. 2 lit. a MVG und Art. 30bis Abs. 3 lit. a KUVG ) festgestellt, dass sich der Grundsatz der Kostenfreiheit auf das Beschwerdeverfahren beschränkt und auf das kantonale Revisionsverfahren ( Art. 85 Abs. 2 lit. h AHVG ) nicht anwendbar ist. Als massgebend hiefür wurde erachtet, dass Art. 85 Abs. 2 AHVG in seiner ursprünglichen Fassung allein das ordentliche Rechtsmittelverfahren umfasste und mit der auf den 1. Januar 1960 eingeführten lit. h dieser Bestimmung lediglich der Grundsatz der Revisionsmöglichkeit kantonaler Entscheide im Bundesrecht verankert werden sollte. Dagegen spricht nichts dafür, dass mit der Einfügung von lit. h der Bestimmung die Absicht verbunden gewesen wäre, das kantonale Revisionsverfahren auch den - soweit angesichts grundsätzlicher prozessualer Unterschiede überhaupt anwendbaren - bundesrechtlichen Vorschriften über das Beschwerdeverfahren, insbesondere dem Grundsatz der Kostenlosigkeit zu unterwerfen ( BGE 111 V 53 Erw. 4b). Anders als das Revisionsgesuch stellt das hier streitige Ablehnungsbegehren kein ausserordentliches Rechtsmittel dar (vgl. hiezu GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 229 f.). Das Begehren wurde im Rahmen des ordentlichen Beschwerdeverfahrens eingereicht und von der kantonalen Instanz mit Zwischenverfügung im Sinne von Art. 96 UVG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 lit. b VwVG beurteilt. Das mit Entscheid vom 24. Juni 1994 abgeschlossene Zwischenverfahren bildet Teil des gegen den Einspracheentscheid der SUVA vom 10. November 1993 erhobenen BGE 121 V 178 S. 180 Beschwerdeverfahrens. Es fällt daher unter die Verfahrensregeln von Art. 108 Abs. 1 UVG und damit auch unter den Grundsatz der Kostenlosigkeit des Verfahrens nach lit. a dieser Bestimmung. Hieran ändert nichts, dass nach dem kantonalen Recht nicht das Versicherungsgericht selbst, sondern das Obergericht bzw. dessen Verwaltungskommission über das Ablehnungsbegehren entscheidet. Diese Verfahrensordnung verstösst zweifellos nicht gegen Bundesrecht. Sie entbindet die für solche Zwischenentscheide zuständige kantonale Gerichtsbehörde indessen nicht davon, den in Art. 108 Abs. 1 lit. a UVG normierten bundesrechtlichen Grundsatz der Kostenlosigkeit des Beschwerdeverfahrens zu beachten. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben, soweit dem Gesuchsteller damit Kosten auferlegt wurden. 4. a) Im Gegensatz zum kantonalen Beschwerdeverfahren nach Art. 108 Abs. 1 UVG ist das Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht nur kostenfrei, wenn es um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht ( Art. 134 OG ). Ob das Verfahren Versicherungsleistungen zum Gegenstand hat, beurteilt sich nach dem Anfechtungsgegenstand. Richtet sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine kantonale Zwischenverfügung, die in einem Leistungsprozess ergeht, so ist das Verfahren kostenlos, wenn die Zwischenverfügung mit der Abklärung des Leistungsanspruchs zusammenhängt (z.B. Beweisverfügungen) oder wenn sie die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bzw. vorsorgliche Massnahmen betrifft. Dagegen ist die Kostenpflicht zu bejahen, wenn es um rein prozessrechtliche Fragen (z.B. Kostenvorschusspflicht, Sistierung des Verfahrens, Ausstand von Gerichtspersonen, Wiederherstellung einer Frist) geht. b) Im vorliegenden Fall beschränkt sich der Anfechtungsgegenstand auf die rein prozessrechtlichen Fragen nach dem Vorliegen eines Ablehnungsgrundes und nach der Kostenpflicht im kantonalen Verfahren, weshalb das Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht kostenpflichtig ist ( Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang des Prozesses werden die Kosten je zur Hälfte dem Beschwerdeführer und der SUVA auferlegt.
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Sachverhalt ab Seite 391 BGE 136 V 390 S. 391 A. N. (geboren 1963) war als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer Bundesbehörde in einem Pensum von 50 % tätig. Ab 1. Juni 2003 war er für die berufliche Vorsorge im Kernplan der Pensionskasse des Bundes PUBLICA versichert. Des Weiteren ist er in einem Pensum von rund 20 % als Lehrbeauftragter an der Universität X. und zu etwa 30 % als ausserordentlicher Professor an der Universität Y. tätig. Auch im Rahmen dieser Anstellungen ist er obligatorisch für die berufliche Vorsorge versichert. Im September 2003 erkrankte er an einem Augenleiden (beidseitige diabetische Ophthalmopathie), welches zu einer massiven Einschränkung der Sehfähigkeit führte. Aus gesundheitlichen Gründen musste er die Arbeit bei der Bundesbehörde im März 2005 aufgeben. Die beiden anderen Tätigkeiten konnte er dank Hilfsmitteln und mithilfe von Dienstleistungen Dritter weiterführen. Mit Verfügungen vom 22. Juni 2006 und 18. Januar 2007 sprach die IV-Stelle Bern N. eine Viertelsrente der Invalidenversicherung ab 1. März 2006 bei einem Invaliditätsgrad von 46 % zu. Dem Einkommensvergleich legte sie als hypothetisches Einkommen ohne Invalidität (Valideneinkommen) die Einkünfte aus den drei Anstellungsverhältnissen im Jahr 2005 zu Grunde, während sie als Invalideneinkommen die Entlöhnung der beiden Teilzeitstellen an den Universitäten X. und Y. heranzog. In der Folge ersuchte N. die PUBLICA um Ausrichtung von Invalidenleistungen. Laut Rentenbescheid vom 30. Juli 2007 setzte die PUBLICA die monatliche Invalidenrente ab 1. März 2006 auf Fr. 1'509.95 fest. Der Rente lagen ein Beschäftigungsgrad von 50 %, ein Invaliditätsgrad von 50 % und ein versicherter Verdienst von Fr. 60'905.- zu Grunde. B. Am 22. Oktober 2008 liess N. beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Klage einreichen mit dem Antrag, die PUBLICA sei zu verpflichten, ihm ab 1. März 2006 anstelle einer halben eine ganze Invalidenrente zu gewähren. Das Verwaltungsgericht wies die PUBLICA in Gutheissung der Klage an, dem Versicherten ab 1. März 2006 eine ganze Invalidenrente auszurichten (Entscheid vom 20. Januar 2010). C. Die PUBLICA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei festzustellen, dass der Versicherte Anspruch auf eine halbe Invalidenrente hat. BGE 136 V 390 S. 392 Während N. auf Abweisung der Beschwerde schliessen lässt, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherungen deren Gutheissung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Der Beschwerdegegner war für alle drei Erwerbstätigkeiten obligatorisch für die berufliche Vorsorge versichert. Von einer hauptberuflich (bei der Bundesbehörde) und zwei an den Universitäten nebenberuflich ausgeübten Tätigkeiten, für welche eine Ausnahme vom obligatorischen Versicherungsschutz bestünde ( Art. 1j Abs. 1 lit. c der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1] ), kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 129 V 132 E. 3.4 S. 136 dargelegt hat, ist bei mehreren nebeneinander ausgeübten gleichwertigen Erwerbstätigkeiten von einer mehrfachen Versicherungspflicht auszugehen, was nicht nur bei zwei Pensen von 50 %, sondern auch in einer Konstellation mit drei Anstellungen, wie sie hier gegeben ist, gilt. 3.2 In BGE 129 V 132 hatte das Eidg. Versicherungsgericht zu beurteilen, wie es sich mit der Leistungspflicht der Vorsorgeeinrichtungen verhält, wenn die versicherte Person invaliditätsbedingt eine von zwei mit einem Pensum von je 50 % ausgeübten Erwerbstätigkeiten, in welchen der Grenzbetrag ( Art. 7 BVG ; SR 831.40) überschritten wird, aufgibt, während sie beim der anderen Vorsorgeeinrichtung angeschlossenen Arbeitgeber mit dem bisherigen Pensum angestellt bleibt. Dabei prüfte das Gericht mehrere Lösungen. In Betracht fiel der Anspruch auf eine halbe Invalidenrente gegenüber der Vorsorgeeinrichtung des Arbeitgebers, mit welchem die Anstellung invaliditätsbedingt aufgelöst wurde. Diesen Ansatz hat das Eidg. Versicherungsgericht verworfen, weil es der Versicherten, die ihre Arbeitskraft gesamthaft im Rahmen eines Vollzeitpensums verwertet hat und in diesem Umfang obligatorisch berufsvorsorgerechtlich versichert war, nicht zuzumuten ist, für den Verlust der rund halben Erwerbsfähigkeit lediglich mit Leistungen (halbe Rente aus halbem Pensum) entschädigt zu werden, welche einer Viertels-Invalidität entsprechen ( BGE 129 V 132 E. 4.3.1 S. 141 f.). Eine zweite Möglichkeit erblickte das Gericht darin, dass beide Pensionskassen je - entsprechend dem Invaliditätsgrad von 55 % - eine halbe Rente BGE 136 V 390 S. 393 auf der Grundlage des mit dem jeweiligen halben Pensum erzielten versicherten Verdienstes ausrichten. Diese von der Lehre favorisierte Lösung lehnte das Eidg. Versicherungsgericht ebenfalls ab, da sie nicht mit den versicherungstechnischen Grundlagen übereinstimmt; die Vorsorgeeinrichtung würde mit Einbrüchen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten konfrontiert, von denen der ihr angeschlossene Arbeitgeber nicht betroffen ist, da die dortige Anstellung im bisherigen Umfang weiterbesteht. Für Anstellungen bei nicht ihr angeschlossenen Arbeitgebern fühle sich die Vorsorgeeinrichtung nicht verantwortlich ( BGE 129 V 132 E. 4.3.2 S. 142). Die mit den beiden Varianten verbundenen Konsequenzen werden laut Eidg. Versicherungsgericht vermieden, wenn die Leistungspflicht der Vorsorgeeinrichtung, welche die Versicherte weiterhin im Umfang eines halben Pensums versichert, verneint und demgegenüber die Pensionskasse des Arbeitgebers, mit dem die Versicherte das Anstellungsverhältnis invaliditätsbedingt aufgelöst hat, verpflichtet wird, eine volle Rente (berechnet auf dem Lohn aus dem Beschäftigungsgrad von 50 %) auszurichten. Damit gelange die Versicherte in den Genuss derjenigen Leistungen, welche ihr auf Grund einer Erwerbsunfähigkeit von 55 % zustehen. Die Rente, welche die Pensionskasse auszurichten hat, entspreche dem im Rahmen der obligatorischen Versicherung gedeckten Risiko. Zwar treffe es zu, dass dieser Vorsorgeeinrichtung eine Leistung auferlegt wird, welche über den - bei isolierter Betrachtung - aus der gegebenen Teilinvalidität in Verbindung mit dem absolvierten Pensum resultierenden Anspruch hinausgeht. Im Gegensatz zur Versicherten sei die Vorsorgeeinrichtung jedoch auf Grund der Vielzahl versicherter Personen in der Lage, diesen zusätzlichen Aufwand auszugleichen, da andere Versicherte in analoger Konstellation das Arbeitsverhältnis bei dem ihr angeschlossenen Arbeitgeber fortsetzen werden ( BGE 129 V 132 E. 4.3.3 S. 143 f.). 4. 4.1 An diese Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall anzuknüpfen, zumal die anderen in Betracht gezogenen Varianten vom Eidg. Versicherungsgericht nach eingehender Prüfung verworfen wurden. Die Tatsache, dass der Beschwerdegegner vor Eintritt der Behinderung nicht nur zwei, sondern drei teilzeitliche BVG-versicherte Erwerbstätigkeiten mit Pensen von rund 50, 30 und 20 % verrichtet hat, steht einer analogen Anwendung der in BGE 129 V 132 entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht entgegen, geht es doch BGE 136 V 390 S. 394 auch hier darum, dass der Versicherte eine von mehreren Arbeitsstellen, an der er im Ausmass von 50 % tätig war, behinderungsbedingt aufgeben musste. Als leistungspflichtig zu betrachten ist in Anlehnung an BGE 129 V 132 allein die PUBLICA: Diese hat auf dem Lohn aus dem Beschäftigungsgrad von 50 % eine ganze Invalidenrente auszurichten. Mit Bezug auf die Berechnung der Invalidenleistung ist Art. 21 des Vorsorgereglements vom 6. November 2009 für die Angestellten und die Rentenbeziehenden des Vorsorgewerks PUBLICA zu beachten. Danach entspricht bei teilzeitbeschäftigten versicherten Personen der massgebende Jahreslohn dem Lohn, der bei einem Beschäftigungsgrad von 100 % erzielt würde. Der versicherte Verdienst entspricht dem massgebenden Jahreslohn, vermindert um den Koordinationsbeitrag und umgerechnet auf den tatsächlichen Beschäftigungsgrad. 4.2 Wird dem Beschwerdegegner für die wirtschaftlichen Folgen der behinderungsbedingten Stellenaufgabe bei der Bundesbehörde eine ganze Invalidenrente, berechnet auf dem mit der Teilzeitbeschäftigung von 50 % erzielten Einkommen, zugesprochen, liegt eine Differenz zu dem von der IV-Stelle ermittelten, Anspruch auf eine Viertelsrente begründenden Invaliditätsgrad von gesamthaft 46 % vor. Eine Bindung an die IV-rechtliche Betrachtungsweise entfällt jedoch, wenn eine Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit in einer von mehreren parallel ausgeübten Tätigkeiten auftritt, in den anderen hingegen nicht. Wie bereits in BGE 129 V 132 E. 4.3.3 S. 143 f. dargelegt wurde, trifft es nicht zu, dass die grundsätzliche Massgeblichkeit der Invaliditätsbemessung durch die Invalidenversicherung dadurch in Frage gestellt wird. Die Invalidenversicherung legt den Invaliditätsgrad mit Blick auf die gesamte Erwerbsfähigkeit einer versicherten Person fest. Bezogen auf ein halbes Pensum erhöht sich der Invaliditätsgrad entsprechend (vgl. auch BGE 120 V 106 betr. die fehlende Verbindlichkeit des von der Invalidenversicherung nach der gemischten Bemessungsmethode ermittelten Invaliditätsgrades für die Vorsorgeeinrichtung). 4.3 Es steht somit nichts entgegen, BGE 129 V 132 auch anzuwenden, wenn die versicherte Person eine von drei in der obligatorischen beruflichen Vorsorge versicherten Teilzeitbeschäftigungen invaliditätsbedingt aufgeben muss. Im vorliegenden Fall hat dies zur Folge, dass der Beschwerdegegner, der die Teilzeittätigkeit von 50 % aufgeben musste, Anspruch auf eine ganze Invalidenrente der BGE 136 V 390 S. 395 PUBLICA hat, die auf dem versicherten Verdienst, den er bei der Bundesbehörde mit diesem Pensum erzielt hat, zu berechnen ist. 4.4 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Auffassung der PUBLICA, wonach sie nur eine halbe Invalidenrente zu entrichten habe, unbegründet ist, weil nicht auf den Invaliditätsgrad von 46 %, wie er sich bei einem Einkommensvergleich unter Einbezug aller drei teilzeitlich ausgeübten Tätigkeiten und der dabei verdienten Löhne ergibt, abzustellen ist. Die Rente, welche die PUBLICA auszurichten hat, entspricht dem reglementarisch gedeckten Risiko: Der Beschwerdegegner ist invaliditätsbedingt ausserstande, seine Tätigkeit mit einem Pensum von 50 % als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Bundesbehörde weiterhin zu verrichten.
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75f385f2-675b-42c6-a8fa-dacceca0ae5d
Sachverhalt ab Seite 21 BGE 107 IV 20 S. 21 A.- Mit Urteil vom 31. Januar 1980 hat das Geschwornengericht des III. Bezirks des Kantons Bern S. wegen qualifizierter Unzucht mit Kindern zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt und gleichzeitig in Anwendung von Art. 44 Ziff. 1 StGB verfügt, dass während des Strafvollzuges und im Anschluss an die Entlassung eine geeignete ambulante, durch den Anstaltspsychiater zu bestimmende Massnahme zur Behandlung der Trunksucht durchzuführen sei. B.- Gegen dieses Urteil führt S. Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, die Verurteilung zu sechs Jahren Zuchthaus und die Anordnung einer ambulanten Behandlungsmassnahme seien aufzuheben, die Sache sei zur Ausfällung einer kürzern Zuchthausstrafe und zur Anordnung der Einweisung in eine Trinkerheilanstalt bei gleichzeitigem Aufschub der Strafe an die Kriminalkammer zurückzuweisen. C.- Eine Vernehmlassung wurde nicht eingeholt. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 3. Nach den psychiatrischen Experten ist der Beschwerdeführer ein chronischer Trinker und es muss angenommen werden, dass seine Delikte mit der Trunksucht im Zusammenhang stehen. Sowohl im angefochtenen Urteil als auch in der Beschwerdebegründung wird davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die strafrechtliche Anordnung einer Massnahme im Sinne von Art. 44 StGB erfüllt sind. Streitig ist lediglich, welche der nach dieser Bestimmung dem Richter zur Verfügung stehenden Lösungen im vorliegenden Fall angezeigt ist. 4. a) Die Vorinstanz legt in zutreffender Weise dar, dass das Strafgesetzbuch in Art. 44 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 43 BGE 107 IV 20 S. 22 Ziff. 2 für die Behandlung Trunksüchtiger drei Möglichkeiten vorsieht: - stationäre Behandlung in einer geeigneten Anstalt (Trinkerheilanstalt oder, wenn nötig, andere Heilanstalt) unter Aufschub des Strafvollzugs; - ambulante Behandlung des Täters in Freiheit unter Aufschub des Strafvollzuges; - Vollzug der Strafe und ambulante Behandlung während des Strafvollzuges, nötigenfalls auch Weiterführung der Behandlung während der Probezeit bei bedingter Entlassung. b) Nach dem seit 1. Juli 1971 in Kraft stehenden Wortlaut der Art. 43 und der Art. 44 StGB wird der Aufschub des Strafvollzugs zwecks ambulanter oder stationärer Behandlung durch die Art und Dauer der ausgefällten Freiheitsstrafe in keinem Fall formell ausgeschlossen. Die frühere Fassung von Art. 44 StGB erlaubte die (damals dort allein vorgesehene) Einweisung in eine Trinkerheilanstalt nur bei Verurteilung zu Gefängnis oder Haft, nicht aber neben bzw. "an Stelle" einer Zuchthausstrafe. Mit der Neuordnung, welche die Möglichkeit ambulanter Behandlung mit oder ohne Aufschub des Strafvollzuges einführte, hat der Gesetzgeber auf den allgemeinen Ausschluss der zu Zuchthaus Verurteilten von der Anwendung des Art. 44 StGB verzichtet. So kann heute mit einer Zuchthausstrafe die ambulante Behandlung (während des Strafvollzuges und nach bedingter Entlassung) verbunden werden. Eine ambulante oder stationäre Behandlung unter Aufschub des Strafvollzugs ist sogar bei Verurteilung zu einer langen Zuchthausstrafe nicht von vornherein zwingend ausgeschlossen; der Wortlaut des Gesetzes lässt - unabhängig von der Schwere der verhängten Strafe - grundsätzlich stets alle Möglichkeiten einer Behandlung nach Art. 44 StGB offen. Es ist Sache des Richters, in diesem weiten gesetzlichen Rahmen eine Rechtsprechung zu entwickeln, welche das in den Art. 43/44 StGB dominierende Resozialisierungsziel zum Tragen bringt, aber auch dem fundamentalen Gesichtspunkt einer rechtsgleichen, gerechten Beurteilung der Straftäter die gebührende Beachtung schenkt. c) Die bisherige Praxis hatte sich vor allem mit der Frage zu befassen, nach welchen Kriterien ein Aufschub des Strafvollzuges zwecks ambulanter Behandlung anzuordnen sei. Das Bundesgericht hat - unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte BGE 107 IV 20 S. 23 der einschlägigen Bestimmung - entschieden, dass der sofortige Strafvollzug in Verbindung mit der ambulanten Behandlung die Regel bilden müsse und dass der Strafvollzug nur aufgeschoben werden soll, wenn der sofortige Vollzug den Erfolg ambulanter Behandlung in Frage stelle ( BGE 100 IV 13 E. 1 und 202 E. 2). In BGE 101 IV 271 E. 1 und 358 sowie BGE 105 IV 88 E. 2 wurde diese Rechtsprechung bestätigt und dahin präzisiert, der Aufschub des Vollzuges der Freiheitsstrafe sei nur begründet, wenn der Sachrichter zur Überzeugung gelange, dass die wirklich vorhandene Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung durch den sofortigen Vollzug der Freiheitsstrafe erheblich beeinträchtigt würde (zustimmend Rehberg in ZStr. 93, 1977, S. 182 ff.). In diesen Präjudizien ist auch darauf hingewiesen worden, dass die Möglichkeit des Strafaufschubs zwecks ambulanter Behandlung nicht dazu missbraucht werden dürfe, den Vollzug der Strafe zu umgehen oder ihn auf unbestimmte Zeit hinauszuschieben ( BGE 101 IV 271 E. 1, BGE 105 IV 88 ). 5. Im angefochtenen Urteil überträgt das Geschwornengericht die vom Bundesgericht hinsichtlich des Strafaufschubs zwecks ambulanter Behandlung entwickelten Richtlinien auf die Frage der Anordnung einer stationären Behandlung (welche ex lege stets den Aufschub des Strafvollzugs zur Folge hat). Eine solche Berücksichtigung analoger Kriterien bei der Entscheidung, ob die Einweisung in eine Trinkerheilanstalt angezeigt sei, erscheint als durchaus sachgerecht. Dabei dürften folgende Überlegungen wegleitend sein: a) Soweit eine Freiheitsstrafe in Frage steht, die nach Art und Dauer durch einen Aufenthalt in der Trinkerheilanstalt vermutlich als abgegolten erscheinen dürfte, wird der Richter die Einweisung anordnen, sobald von dieser Massnahme ein besserer oder mindestens gleicher Resozialisierungserfolg erwartet werden darf wie vom sofortigen Vollzug der Strafe. b) Längere Freiheitsstrafen, bei denen das Maximum des Anstaltsaufenthaltes von zwei Jahren ( Art. 44 Ziff. 3 Abs. 1 StGB ) nicht einmal zwei Dritteln der Strafzeit gleichkommt, sind nur dann zwecks stationärer Trinkerbehandlung auszusetzen, wenn die Erfolgsaussichten besonders günstig erscheinen und vom Strafvollzug verbunden mit ambulanter Behandlung nicht ungefähr der gleiche Erfolg erwartet werden darf. Die Einweisung in die Trinkerheilanstalt soll nicht als Abwehr BGE 107 IV 20 S. 24 des Strafvollzuges missbraucht werden können, wenn sich das Behandlungsziel etwa in gleicher Weise auch durch Vollzug der Freiheitsstrafe (mit ambulanter Behandlung) erreichen lässt. Art. 44 StGB bezweckt nicht eine Privilegierung der Trunksüchtigen gegenüber andern Straftätern. c) Je länger die Strafe, desto grösser ist die Gefahr, dass die Anstaltseinweisung vom Betroffenen nur angestrebt wird, um eine mildere (kürzere) Sanktion zu erreichen, auch wenn der sofortige Strafvollzug einer wirksamen Behandlung der Trunksucht keineswegs entgegensteht. Die Anstaltseinweisung gemäss Art. 44 StGB scheint allerdings nach dem Gesetzestext weitgehend unbedenklich zu sein, weil der Richter stets die Möglichkeit hat, nach der Massnahme noch einen Teil der Strafe zu vollziehen ( Art. 44 Ziff. 5 StGB ). Aus pädagogischtherapeutischen Gründen dürfte jedoch bei erfolgreicher Behandlung ein nachträglicher Vollzug der Strafe in der Regel ausser Betracht fallen (vgl. Art. 43 Ziff. 5 Abs. 1 StGB ). Bei Erfolglosigkeit des Anstaltsaufenthaltes wird vom nachträglichen Vollzug einer aufgeschobenen Freiheitsstrafe selten eine positive Wirkung zu erwarten sein. Bei Freiheitsstrafen von mehreren Jahren Dauer, welche durch eine stationäre Trinkerbehandlung nicht in befriedigender Weise "kompensiert" sein können, dürfte daher die Einweisung in eine Trinkerheilanstalt unter Aufschub des Strafvollzuges nur ganz ausnahmsweise in Frage kommen, sofern von dieser Massnahme ein Resozialisierungserfolg erwartet werden darf, der sich mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe von vornherein nicht erreichen lässt. Wenn auch der Gesetzgeber dem Richter nach dem geltenden Recht in dieser Beziehung keine starren Schranken setzt, so erscheint es aus den dargelegten Gründen doch geboten, bei schweren Strafen mit der Anwendung von Behandlungsmassnahmen sehr zurückhaltend zu sein und einen Aufschub des Strafvollzugs nur Platz greifen zu lassen, falls eine sofortige Behandlungsmassnahme gute Resozialisierungschancen bietet, welche durch den Vollzug der Freiheitsstrafe klarerweise entscheidend vermindert oder zerstört würden. 6. Im angefochtenen Urteil hat sich die Vorinstanz im wesentlichen an diese Grundgedanken gehalten. Sie würdigte aufgrund der Äusserungen der psychiatrischen Experten die Erfolgsaussichten einer stationären Behandlung und prüfte anderseits die Möglichkeiten und Erfolgschancen einer ambulanten BGE 107 IV 20 S. 25 Behandlung während des Strafvollzugs und einer allfälligen Probezeit. Unter Bezugnahme auf die positive Wirkung einer 1976/1977 durchgeführten ambulanten Behandlung (Antabus-Kur) kam das Geschwornengericht zum Schluss, ambulante Behandlung von S. während und nach dem Strafvollzug könne gleich erfolgversprechend sein wie eine stationäre Behandlung in einer Trinkerheilanstalt. Diese entscheidende Schlussfolgerung ist sachlich begründet und überschreitet den dem Sachrichter bei der vergleichenden prognostischen Beurteilung verschiedener Sanktionen zustehenden Ermessensspielraum nicht. Nach dem vorstehenden allgemeinen Erwägungen liesse sich bei einer Zuchthausstrafe von sechs Jahren die Einweisung in eine Trinkerheilanstalt gemäss Art. 44 StGB nur vertreten, wenn triftige Gründe dafür sprächen, dass diese Massnahme eine Resozialisierungserfolg zu erzielen vermag, wie er vom Strafvollzug mit ambulanter Behandlung von vornherein nicht erwartet werden darf. Für einen solchen klaren Vorrang nach den objektiv bewerteten Erfolgsaussichten fehlt jeder konkrete Anhaltspunkt. Das Geschwornengericht hat somit durch seine Wahl der Sanktion den Art. 44 StGB nicht verletzt.
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0a4fb585-3727-41d9-a9cd-6fbc2847c4a6
Sachverhalt ab Seite 86 BGE 114 IV 85 S. 86 A.- Der drogenabhängige X. wurde am 21. Dezember 1984 durch das Kantonsgericht Schaffhausen unter anderem wegen Betäubungsmittelvergehen zu zehn Monaten Gefängnis, abzüglich 115 Tage erstandener Untersuchungshaft, verurteilt. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde aufgeschoben und eine ambulante Drogenentzugstherapie i.S. von Art. 44 Ziff. 1 und 6 i.V. mit Art. 43 Ziff. 2 StGB angeordnet. Auflagen und konkrete Weisungen dazu enthielt der Entscheid nicht. Das begründete Urteil wurde im Juli 1985 zugestellt, weshalb sich die Polizeidirektion des Kantons Schaffhausen erst ein halbes Jahr nach Urteilsfällung mit dem Vollzug der ambulanten Behandlung befassen konnte. Inzwischen war X. wieder straffällig geworden, und in der Folge wurde die Massnahme nicht angetreten. BGE 114 IV 85 S. 87 Von Dezember 1985 bis 24. Januar 1986 befand sich X. erneut wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz in Haft. Eine weitere Verhaftung erfolgte am 3. April 1986 wegen Einbruchdiebstahls und Übertretung des BetmG. Am 7. April 1986 entwich X. aus der psychiatrischen Klinik Breitenau. Er begab sich nach Frankreich und weilte bis zum 1. August 1986 in der Drogenentzugsstation "Le Patriarche". In der Folge lebte er drogenfrei in Paris und am 5. Januar 1988 stellte er sich freiwillig beim Verhöramt Schaffhausen. Wegen der zwischen Februar 1985 und April 1986 begangenen Delikte (u.a. BetmG-Vergehen) wurde X. am 24. Februar 1988 durch das Kantonsgericht Schaffhausen zu acht Monaten Gefängnis (unbedingt), abzüglich 99 Tage Untersuchungshaft, verurteilt. Nach der Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe konnte er am 27. April 1988 bedingt aus dem Strafvollzug entlassen werden. B.- Nachdem die Staatsanwaltschaft bereits im September 1985 den Vollzug der am 21. Dezember 1984 zugunsten der ambulanten Drogenentzugstherapie aufgeschobenen Freiheitsstrafe von zehn Monaten Gefängnis beantragt hatte, befasste sich das Kantonsgericht Schaffhausen erst am 18. März 1988 mit diesem Begehren; es entschied, auf den Vollzug der Strafe werde verzichtet. Dagegen führte die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen Beschwerde. Am 8. Juli 1988 hiess das Obergericht des Kantons Schaffhausen die Beschwerde teilweise gut und erkannte, der Vollzug der am 21. Dezember 1984 ausgesprochenen Freiheitsstrafe werde bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren. Nebst den seinerzeit abgezogenen 115 Tagen Untersuchungshaft wurden weitere 89 Tage Massnahmenvollzug (im "Le Patriarche") angerechnet. C.- Mit der vorliegenden eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde beantragt die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, es sei der angefochtene Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen "zur Anordnung des Vollzuges der vom Kantonsgericht am 21. Dezember 1984 ausgefällten und zugunsten einer ambulanten Massnahme aufgeschobenen Strafe von 10 Monaten Gefängnis unter Anrechnung von 115 Tagen Untersuchungshaft, aber ohne Anrechnung der 1986 in einer ausländischen Drogenentzugsinstitution verbrachten Zeit und ohne nachträgliche Gewährung des bedingten Strafvollzuges". BGE 114 IV 85 S. 88 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Kantonsgericht stellte fest, der Beschwerdegegner habe den Ausstieg aus dem Drogenmilieu geschafft und lebe heute drogenfrei; dies habe er erreicht, weil er während dreier Monate eine Drogenentzugstherapie (im "Le Patriarche" in Frankreich) "unter erheblichen finanziellen Opfern" durchgeführt habe; wenn er nun die aufgeschobene Strafe noch verbüssen müsste, würde seine Resozialisierung, die schon vor Antritt der am 24. Februar 1988 auferlegten Gefängnisstrafe begonnen habe, ernsthaft gefährdet. Die Vorinstanz ging demgegenüber davon aus, die seinerzeitige Anordnung einer ambulanten Massnahme habe sich als unzweckmässig erwiesen und das Kantonsgericht hätte bereits früher entscheiden müssen, ob der Beschwerdegegner gemäss Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 StGB in eine Heil- oder Pflegeanstalt einzuweisen oder ob die aufgeschobene Strafe noch zu vollstrecken sei; im Aufenthalt in einem französischen Drogenentzugszentrum könne kein vollwertiger Ersatz für die angeordnete, aber noch nicht durchgeführte ambulante Behandlung gesehen werden; am ehesten dem Sinn der gesetzlichen Ordnung entspreche es, wenn man die Therapie in Frankreich als erfolgreich abgeschlossene, vom Kantonsgericht nachträglich akzeptierte, stationäre Massnahme i.S. von Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 StGB auffasse; als "nachträglich genehmigt" habe auch das Fehlen eines Entlassungsbeschlusses der zuständigen Behörde gemäss Art. 44 Ziff. 4 Abs. 1 StGB zu gelten; folglich sei Art. 44 Ziffer 5 anwendbar; da die Massnahme erfolgreich gewesen sei und die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Art. 41 Ziff. 1 StGB erfüllt seien, könne der bedingte Vollzug für die zehnmonatige Gefängnisstrafe gewährt werden. 3. a) Im vorliegenden Fall wurde die ambulante Massnahme in der Schweiz nicht angetreten. Dennoch ist nach der Feststellung der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner "seit der erfolgreich durchgeführten Drogenentzugstherapie (in Frankreich) eine nachhaltige Persönlichkeitsveränderung erfahren (hat), die im heutigen Zeitpunkt eine günstige Prognose zulässt". Es stellt sich die Frage, was mit der aufgeschobenen Strafe zu geschehen hat, wenn die angeordnete ambulante Massnahme in der Schweiz gar nicht begonnen worden ist, das angestrebte Ziel der Drogenfreiheit auf andere Weise jedoch trotzdem erreicht wurde, in casu durch den freiwilligen Eintritt des Beschwerdegegners BGE 114 IV 85 S. 89 in ein ausländisches Drogenentzugszentrum. Für diese Sachlage enthält das Gesetz keine ausdrückliche Bestimmung, da weder eine begonnene, nachträglich als misslungen und unzweckmässig erscheinende Behandlung, noch eine erfolgreiche, vom Gericht oder der Vollzugsbehörde angeordnete Massnahme zu beurteilen ist. Im Entwurf der Expertenkommission von 1959 wurde bei den Massnahmen für geistig Abnorme bestimmt, dass der Richter den Vollzug der zugunsten einer ambulanten Behandlung aufgeschobenen Strafe anordnet, wenn sich der Verurteilte, bei dem eine Anstaltseinweisung nicht als notwendig erscheint, "böswillig" der ambulanten Massnahme entzieht (Art. 44bis Ziff. 3 Abs. 3 des Entwurfes, zitiert nach FRAUENFELDER, Die ambulante Behandlung geistig Abnormer und Süchtiger als strafrechtliche Massnahme nach Art. 43 und 44 StGB , Diss. ZH 1978, S. 13). Der Entwurf des Bundesrates von 1965 und der heute geltende Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 StGB sehen demgegenüber vor, der Entscheid über den Vollzug der Strafe nach einer als unzweckmässig aufgehobenen ambulanten Behandlung werde ganz ins richterliche Ermessen gestellt, unbekümmert darum, ob sich der Täter der Behandlung entzogen habe oder nicht (FRAUENFELDER, a.a.O., S. 14-18, insbesondere S. 15). Dasselbe gilt auch für Art. 44 StGB , der die Behandlung von Trunk- und Rauschgiftsüchtigen zum Gegenstand hat (REHBERG, ZStR 93/1977, S. 198 bei Fn. 76). Nach diesen Ausführungen kann bei der Beurteilung der oben aufgeworfenen Frage jedenfalls nicht allein darauf abgestellt werden, ob der Betroffene die Massnahme angetreten hat oder nicht. Es ergibt sich aus dem Gesetz nicht, nach welchen Kriterien der Richter die Frage zu entscheiden hat. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Hauptzweck der Massnahmen die Besserung des Täters und damit die Bekämpfung der Rückfallgefahr darstellt. Folgerichtig kann nach einer Entlassung aus der (durchgeführten) Massnahme denn auch vom Vollzug der Strafe abgesehen werden, wenn zu befürchten ist, dass der Strafvollzug den Erfolg der Massnahme erheblich gefährdet oder gar vereitelt (Art. 43 Ziff. 5 Abs. 1, 44 Ziff. 5 StGB). Dieser Aspekt kann auch dann nicht ausser acht gelassen werden, wenn die angeordnete ambulante Massnahme zwar nicht begonnen worden, die Heilung oder Suchtfreiheit jedoch gleichwohl eingetreten ist. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn der Betroffene - wie hier - sich einer (wenn auch nicht der vom BGE 114 IV 85 S. 90 Gericht angeordneten) Behandlung unterzogen hat, um von seiner Sucht loszukommen. Denn unter diesen Umständen dürfte die Feststellung, die gerichtlich angeordnete ambulante Behandlung sei aus Gründen "gescheitert", die vom Verurteilten zu vertreten sind, nur mehr formell zutreffen und den Tatsachen nicht gerecht werden. Nebenbei ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall den kantonalen Behörden der Vorwurf gemacht werden muss, nicht mit dem nötigen Nachdruck auf den Beginn und die Durchführung der ambulanten Massnahme hingewirkt zu haben; so wurde das mündlich eröffnete Urteil der Vollzugsbehörde erst ein halbes Jahr später schriftlich mitgeteilt. In Fällen der vorliegenden Art überzeugt schliesslich auch der Einwand nicht, der Täter entgehe jeder Sanktion, da nicht einmal die gerichtlich angeordnete Massnahme vollzogen worden sei; das Entscheidende ist, dass der Betreffende selber einen Einsatz geleistet hat, der der gerichtlich angeordneten ambulanten oder stationären Massnahme gleichkommt, um von seiner Sucht wegzukommen. Hat ein solcher Einsatz Erfolg, dann soll dieser genauso wenig durch den nachträglichen Vollzug einer aufgeschobenen Strafe gefährdet oder zunichte gemacht werden wie ein Erfolg der gerichtlich angeordneten Massnahme. Es ist an dieser Stelle zu betonen, dass es im vorliegenden Verfahren nicht mehr um die Prüfung geht, ob seinerzeit der Strafvollzug zu Recht zugunsten der ambulanten Behandlung aufgeschoben worden ist; es geht heute nur noch darum, über das Schicksal der aufgeschobenen Strafe zu befinden. Im Lichte dieser Überlegungen erscheint der Entscheid des Kantonsgerichts vom 18. März 1988 jedenfalls dann als zutreffend, wenn feststeht, dass der nachträgliche Vollzug der Freiheitsstrafe den Resozialisierungserfolg gefährdet. Die Frage, ob ein solcher Erfolg tatsächlich eingetreten ist und durch den Strafvollzug gefährdet werden könnte, ist in Fällen der vorliegenden Art jedoch zunächst (analog zu Art. 44 Ziff. 5 StGB ) der zuständigen Behörde (oder einem Fachmann, wenn sich die zuständige Behörde mit dem Fall gar nicht befasst hat) zur Prüfung vorzulegen, bevor der Richter entscheidet. b) Das Obergericht ging davon aus, die stationäre Massnahme im "Le Patriarche" und das Fehlen des "Entlassungsbeschlusses" seien durch das Kantonsgericht "nachträglich akzeptiert" worden. Mag dies hinsichtlich der Massnahme noch angehen, so verletzt der nachträgliche Verzicht auf einen Entlassungsbeschluss sowohl Ziff. 3 als auch Ziff. 5 von Art. 44 StGB (s. oben E. 3a, BGE 114 IV 85 S. 91 letzter Absatz). Die Vorinstanz nahm offenbar Zuflucht zu dieser gewagten Konstruktion, da sie den nachträglichen Vollzug als unbefriedigend betrachtete und davon ausging, der Vollzug der aufgeschobenen Strafe würde die eingetretene Resozialisierung beeinträchtigen. Ob dies zutrifft, kann jedoch nicht aufgrund der "allgemeinen Lebenserfahrung" beurteilt werden, sondern muss ebenfalls Gegenstand eines fachkundigen Berichtes sein, der sich mit der gesamten momentanen Situation des Beschwerdegegners befasst. Es ist darauf hinzuweisen, dass es um eine bereits 1984 ausgesprochene Freiheitsstrafe geht, die zwecks Heilung aufgeschoben wurde und deren nachträglicher Vollzug den Beschwerdegegner bei der heutigen Situation besonders empfindlich treffen dürfte. c) Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist demnach gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Obergericht wird zu prüfen haben, ob vom Vollzug der seinerzeit aufgeschobenen Strafe abgesehen werden kann oder ob die Strafe nachträglich verbüsst werden muss. Sie wird dabei insbesondere einen Bericht darüber einzuholen haben, inwieweit beim Beschwerdegegner ein Resozialisierungserfolg eingetreten ist und ob dieser durch den nachträglichen Vollzug der Strafe aus dem Jahre 1984 in Frage gestellt würde. 4. Sollte die Vorinstanz zum Schluss kommen, auf den Vollzug der Strafe könne nicht verzichtet werden, so stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Dauer des Aufenthaltes in der Entzugsstation "Le Patriarche" auf die Dauer der Strafe anzurechnen ist. Die erste Instanz hatte sich mit dieser Frage nicht zu befassen, da sie vom Vollzug der Strafe absah. Demgegenüber hat das Obergericht diesbezüglich 89 Tage angerechnet, "da die freiwillig durchgeführte Drogenentzugstherapie in stationärer Behandlung dem formell angeordneten und auch formell aufgehobenen Aufenthalt in einer Heilanstalt gleichzusetzen ist". Zu prüfen ist, ob und inwieweit Art. 44 Ziff. 5 Satz 3 StGB auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, wonach die Dauer des Freiheitsentzuges durch den Vollzug der Massnahme in einer Anstalt auf die Dauer der bei ihrer Anordnung aufgeschobenen Strafe anzurechnen ist. Im Zusammenhang mit einer ambulanten Behandlung kommt diese Bestimmung nach ihrem Wortlaut grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die Behandlung mindestens teilweise stationär erfolgt ist. BGE 114 IV 85 S. 92 Nach Ansicht der Vorinstanz ist der Aufenthalt des Beschwerdegegners im "Le Patriarche" als stationär zu betrachten. Es sind in diesem Zusammenhang zwei Umstände zu beachten: Erstens wurde die Behandlung in der Drogenstation "Le Patriarche" nicht vom Gericht oder der zuständigen Behörde angeordnet, und zweitens befindet sich die Anstalt in Frankreich. Es stellt sich folglich die Frage, ob eine nicht von schweizerischen Straf- oder Vollzugsbehörden angeordnete und im Ausland durchgeführte stationäre Behandlung auf die Dauer der aufgeschobenen Strafe angerechnet werden könne. Auch für diese Frage enthält das Gesetz keine ausdrückliche Lösung, da es nur auf die gerichtlich angeordnete und in der Schweiz durchgeführte Behandlung zugeschnitten ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts können privat gewählte Anstaltsaufenthalte dann auf eine Strafe angerechnet werden, wenn die freiwillig durchgeführte Massnahme eine vom Richter anzuordnende Sanktion mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung der Strafverfolgungsbehörden antizipiert hat; einen Anstaltsaufenthalt, den das Gericht nicht angeordnet hätte, braucht es auch bei der nachträglichen Beurteilung nicht zu berücksichtigen ( BGE 105 IV 299 E. 2). Im zitierten bundesgerichtlichen Präjudiz wurde eine Freiheitsstrafe als durch den Aufenthalt in einer Trinkerheilanstalt getilgt erachtet, wobei dieser Aufenthalt im Anschluss an die gerichtlich angeordnete psychiatrische Begutachtung, aber noch vor Fällung des erstinstanzlichen Urteils stattgefunden hatte. Der heute zu beurteilende Fall ist in wesentlichen Punkten anders gelagert als das genannte Präjudiz des Bundesgerichtes. Zunächst erkannte das Kantonsgericht auf eine ambulante Behandlung, die in der Folge nicht begonnen wurde. Der Richter konnte sich zu jenem Zeitpunkt gar nicht mit dem Drogenentzug im "Le Patriarche" befassen, da dieser noch gar nicht zur Diskussion stand. Der Beschwerdegegner unterzog sich in der Folge dieser Therapie, ohne mit dem Richter oder den Vollzugsbehörden Kontakt aufzunehmen. Nun stellt das Obergericht aber für das Bundesgericht verbindlich fest, das Kantonsgericht habe die erfolgreich durchgeführte Massnahme "nachträglich akzeptiert". Es stellt sich die Frage, ob auch in einem solchen Fall analog zu BGE 105 IV 297 ff. der freiwillig absolvierte Aufenthalt in einer Heilanstalt auf die Strafe angerechnet werden darf. Gegen eine solche Lösung spricht nichts. Es wäre sachlich nicht gerechtfertigt und würde überdies dem BGE 114 IV 85 S. 93 Resozialisierungsziel widersprechen, wenn das Gericht zwar eine von ihm ausdrücklich angeordnete oder eine vorgängige, von ihm im Strafurteil nachträglich akzeptierte Massnahme anrechnen dürfte, nicht aber eine Massnahme, die der Betroffene selber gewählt hat und die in etwa einer stationären Massnahme des schweizerischen Rechts entspricht. Letztere Voraussetzung ist nach Ansicht der Vorinstanz erfüllt. Worauf sie diese Annahme stützt, sagt sie jedoch nicht. Dies wäre nachzuholen, wenn im neuen Entscheid der Aufenthalt im "Le Patriarche" auf die vollziehbar erklärte Strafe angerechnet werden sollte. Dass der Drogenentzug im Ausland stattgefunden hat, ändert nichts. Auch in solchen Fällen kann der erkennende Richter abklären, ob die Beschränkung der persönlichen Freiheit in der ausländischen Institution ungefähr dem Freiheitsentzug in einer schweizerischen Heil- und Pflegeanstalt gleichkommt. Diese Frage hat das Obergericht bejaht. Wie erwähnt, wird sich der neue Entscheid dazu noch näher auszusprechen haben. 5. Was den bedingten Vollzug der Strafe betrifft, hatte das Kantonsgericht seinerzeit am 21. Dezember 1984 die Strafe, deren Vollzug zugunsten einer ambulanten Behandlung aufgeschoben wurde, zu Recht unbedingt ausgesprochen (vgl. dazu FRAUENFELDER, a.a.O., S. 97 f.). Einer nachträglichen Umwandlung dieser unbedingten Strafe in eine bedingt aufgeschobene scheint der Gesetzeswortlaut entgegen zu stehen, wonach zu entscheiden ist, ob und inwieweit die Strafe noch vollstreckt werden soll. Das Bundesgericht hat denn auch unter dem alten Recht in bezug auf den vermindert zurechnungsfähigen Täter entschieden, der Ausdruck "inwieweit" beziehe sich auf die Dauer des anzurechnenden Massnahmevollzuges ( BGE 73 IV 3 E. 1; ebenso REHBERG, ZStR 93/1977, S. 188 f.). Diese Rechtsprechung ist auf berechtigte Kritik gestossen (SCHULTZ, Strafrecht AT II, 4. Aufl., S. 40; FRAUENFELDER, a.a.O., S. 168; Obergericht des Kantons Zürich in ZR 80/1981, Nr. 47, S. 146 ff.), und die Frage wurde beim trunk- und rauschgiftsüchtigen Täter durch kantonale Behörden denn auch anders entschieden (s. Obergericht des Kantons Bern in ZBJV 109/1973, S. 128; 82/1946 S. 266 f.). Die Frage, ob der nachträgliche Vollzug angeordnet werden muss, beurteilt sich in erster Linie darnach, inwieweit beim Betroffenen eine Besserung eingetreten ist und inwieweit diese Besserung durch den nachträglichen Vollzug in Frage gestellt würde. SCHULTZ bemerkt dazu richtig, dass der bedingte Strafvollzug BGE 114 IV 85 S. 94 einen Anreiz für künftiges Wohlverhalten darstellt und sich deshalb günstig auswirken kann. Da (auch nach Meinung der Beschwerdeführerin) weder der Gesetzeswortlaut noch die Materialien (vgl. BBl 1965 I S. 577) die Möglichkeit des nachträglichen bedingten Strafvollzuges ausschliessen, ist diese der formalistischen Betrachtungsweise vorzuziehen, wonach der unbedingte Strafvollzug mit dem ursprünglichen Strafurteil Rechtskraft erlangt habe. Diesem Einwand kann schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zukommen, weil vom Vollzug der Strafe überhaupt abgesehen werden kann. Was die Beschwerdeführerin gegen die hier vertretene Auffassung vorbringt, überzeugt nicht. Der Variantenreichtum im Massnahmerecht ist von der Sache her begründet, da das Ziel der Resozialisierung individuell möglichst angepasste Lösungen verlangt. Auch hat es der Gesetzgeber in Fällen, in welchen sich eine Massnahme als angezeigt erweist, bewusst in Kauf genommen, dass bis zur endgültigen Erledigung geraume Zeit verstreichen kann. Was die Frage der Prognose betrifft, ist es durchaus sachgerecht, von der heutigen Situation auszugehen, denn die zwischenzeitlich durchgeführte Massnahme ist für die Frage der Zukunftsaussichten von erheblicher Bedeutung; dass dem Beschwerdegegner im Entscheid vom 24. Februar 1988 aus objektiven Gründen der bedingte Strafvollzug verweigert werden musste, ändert daran nichts; in diesem Urteil ging es um noch gar nicht beurteilte Straftaten, und nach der ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift von Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB war der bedingte Vollzug ausgeschlossen, da der Beschwerdegegner vorgängig mehr als drei Monate Untersuchungshaft erstanden hatte; dass hier ein Widerspruch zu liegen scheint, ist auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles zurückzuführen, in welchem aussergewöhnlich spät über den nachträglichen Vollzug der seinerzeit zugunsten der ambulanten Behandlung aufgeschobenen Strafe zu entscheiden ist. In diesem Punkt erweist sich die von der Vorinstanz gefundene Lösung als vertretbar.
de
25e09811-86d0-416a-9c85-1f0ead622948
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 108 Ib 1 S. 2
de
0c5b07d3-88e5-4187-9304-43775ef845f9
Sachverhalt ab Seite 474 BGE 143 III 473 S. 474 A.A. ist die Mutter der Kinder D.A. (geb. 2001) und E.A. (geb. 2007). Über die Kinder wurde eine Erziehungsbeistandschaft errichtet. In Bestätigung ihres superprovisorischen Entscheids entzog die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) A.A. mit Entscheid vom 25. November 2015 das Recht, den Aufenthaltsort der Kinder zu bestimmen, und platzierte diese bei C.B. Der Entscheid blieb unangefochten. Mit Eingaben vom 15. März 2016 und vom 18. Mai 2016 beantragte A.A. der KESB unter anderem, die Beiständin zu beauftragen, die Rückplatzierung der Kinder vorzubereiten und zu begleiten. Das Verfahren ist hängig. Mit Verfügung vom 18. Oktober 2016 erteilte das Departement des Innern des Kantons Solothurn den Ehegatten B.B und C.B. die Bewilligung zur Aufnahme der Kinder D.A. und E.A. zur Pflege. Auf eine von A.A. dagegen erhobene Beschwerde trat das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 15. Dezember 2016 nicht ein. A.A. (Beschwerdeführerin) gelangt an das Bundesgericht. Neben der Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts beantragt sie die Rückweisung der Sache zur materiellen Behandlung an die Vorinstanz. Diesbezüglich weist das Bundesgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) BGE 143 III 473 S. 475 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Verwaltungsgericht ist auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Verfügungen, mit denen den Beschwerdegegnern die Pflegekinderbewilligungen für die beiden Kinder der Beschwerdeführerin erteilt worden sind, nicht eingetreten mit der Begründung, die Beschwerdeführerin als Mutter der betroffenen Kinder sei zur Beschwerde nicht legitimiert. 2.1 Das Verwaltungsgericht hat festgehalten, dass sich die Beschwerdelegitimation nach dem kantonalen Gesetz vom 15. November 1970 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz; BGS 124.11; nachfolgend: VRG/SO) richte. Nach § 12 Abs. 1 VRG/SO sei zur Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, wer durch eine Verfügung oder einen Entscheid besonders berührt werde und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung habe. Die Bestimmung sei im Wesentlichen identisch mit der Regelung der Legitimation in Art. 48 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021) und in Art. 89 BGG . Entsprechend sei die Rechtsprechung zu diesen Bestimmungen auch für die Auslegung des kantonalen Rechts heranzuziehen. Demnach sei zur Anfechtung nur legitimiert, wer vom Entscheid stärker betroffen sei und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehe. Das erforderliche eigene Interesse bestehe im rechtlichen oder tatsächlichen Nutzen, den der Beschwerdeführer an der Änderung des angefochtenen Entscheides habe. Dieses Interesse müsse aktuell sein. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sind diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben. Bei der Pflegekinderbewilligung handle es sich um eine Polizeibewilligung, welche nur festhalte, dass gewisse Voraussetzungen erfüllt seien und damit eine private Tätigkeit mit den gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehe. Demgegenüber gehe es dabei gar nicht um die Frage, ob die Kinder sinnvollerweise dort zu platzieren seien. Ein aktuelles schutzwürdiges besonderes Interesse der Beschwerdeführerin an der Nichterteilung der Bewilligung sei nicht zu sehen. Es sei unbestritten, dass die Beschwerdeführerin als Mutter der betroffenen Kinder Rechtsmittel gegen jenen Entscheid habe, mit dem die Kinder gegen den Willen der Mutter bei dieser Familie platziert bzw. belassen würden. Dieser Entscheid sei aber in einem anderen Verfahren zu fällen. BGE 143 III 473 S. 476 2.2 Im Nichteintreten auf ihre Beschwerde durch das Verwaltungsgericht erblickt die Beschwerdeführerin eine formelle Rechtsverweigerung gemäss Art. 29 Abs. 1 BV . Sie rügt eine Verletzung ihres verfassungsmässigen Anspruchs auf Rechtsschutz und macht geltend, soweit private Rechte und Rechtsverhältnisse im Bundesrecht begründet seien, müsse sich auch nach Bundesrecht entscheiden, ob und mit welchen Rechtsbehelfen der Rechtsschutz zu gewähren sei. Würde stattdessen die Bestimmung des Rechtsschutzanspruchs dem kantonalen Recht überlassen, bestünde die Gefahr, dass bundesrechtlich begründete materielle Rechte ohne Rechtsschutz blieben. Die Beschwerdeführerin wendet ein und führt näher aus, dass und inwiefern sie ein schutzwürdiges Interesse an der rechtlichen Überprüfung der Pflegekinderbewilligung für ihre Kinder habe, da ihre Kinder wie auch sie selbst dadurch direkt betroffen seien, und dass sie als sorgeberechtigte Mutter der beiden Kinder, für die die Pflegekinderbewilligungen ausgestellt worden seien, in höherem Masse als sonst ein Dritter berührt sei und eine nahe Beziehung zur Streitsache habe. 2.3 2.3.1 Unter den Bestimmungen über den Kindesschutz ( Art. 307 ff. ZGB ) sieht Art. 316 ZGB vor, dass einer Bewilligung der Kindesschutzbehörde oder einer andern vom kantonalen Recht bezeichneten Stelle seines Wohnsitzes bedarf und unter deren Aufsicht steht, wer Pflegekinder aufnimmt (Abs. 1), und dass der Bundesrat Ausführungsvorschriften erlässt (Abs. 2). Die Gesetzgebungszuständigkeit der Kantone erstreckt sich nach dem Wortlaut von Art. 316 Abs. 1 ZGB auf die Bezeichnung der Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden (Urteil 5A.3/2003 vom 14. Juli 2003 E. 5.1, in: FamPra.ch 2003 S. 961; PERRIN, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. I, 2010, N. 2 zu Art. 316 ZGB mit Hinweis auf Art. 52 Abs. 1 SchlT ZGB ). Erklärt ein Kanton gestützt auf Art. 316 Abs. 1 ZGB eine andere Behörde als die Kindesschutzbehörde für zuständig, ist er auch in vollem Umfang zur Regelung des Verfahrens befugt (KLEY, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 2015, N. 1, und D. PIOTET, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. II, 2016, N. 4 zu Art. 52 SchlT ZGB ). Die Zuständigkeitsordnung widerspiegelt Art. 27 der Pflegekinderverordnung vom 19. Oktober 1977 (PAVO; SR 211.222.338), wonach Verfügungen, welche die Kindesschutzbehörde gestützt auf diese Verordnung erlässt, der Beschwerde an das zuständige Gericht unterliegen ( Art. 450 ZGB ), sich die Weiterziehung der Verfügung hingegen nach kantonalem Recht richtet, wo andere Stellen mit BGE 143 III 473 S. 477 den Befugnissen der Behörde betraut sind. Abweichendes könnte die Pflegekinderverordnung im Rahmen von "Ausführungsbestimmungen" auch nicht vorsehen ( BGE 121 III 97 E. 2c; BGE 136 I 29 E. 3.3; BGE 141 II 169 E. 4.3.1). Der Kanton Solothurn hat seine Befugnis wahrgenommen und geregelt, dass nicht die Kindesschutzbehörde, sondern das Departement in der Pflegekinderaufsicht zuständig ist und die Aufnahme von Pflegekindern bewilligt (§ 92 Abs. 1 des Gesetzes vom 4. April 1954 über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, BGS 211.1; nachfolgend: EGZGB/SO). Die Weiterziehung von Verfügungen des Departementes richtet sich nach den Bestimmungen des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (§ 2 Abs. 2 EGZGB/SO). 2.3.2 Sinngemäss rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Vorrangs des Bundesrechts ( Art. 49 Abs. 1 BV ), das in den Bestimmungen über das Kindesschutzverfahren das Beschwerderecht regelt und insbesondere auch die dem betroffenen Kind nahestehende Person zur Beschwerde berechtigt (Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB ; Urteil 5A_359/2017 vom 22. Mai 2017 E. 3). Die bundesgesetzliche Verfahrensordnung ist indes nicht abschliessend, regelt das Verfahren vor den Kindesschutzbehörden und den gerichtlichen Beschwerdeinstanzen nur in den Grundzügen und behält im Übrigen das kantonale Recht vor (Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 450f ZGB ). Die Rechtsprechung hat bereits wiederholt festgehalten, dass die Art. 450 bis 450e ZGB nicht anwendbar sind, wo die Gesetzgebungszuständigkeit für das Verfahren vollständig bei den Kantonen liegt (z.B. für kantonale Begründungsvorschriften im Verfahren vor einer zweiten kantonalen Beschwerdeinstanz: Urteile 5A_327/2013 vom 17. Juli 2013 E. 3.2; 5A_478/2014 vom 15. Juli 2014 E. 2.2; z.B. zur Möglichkeit abweichender kantonaler Vorschriften über die Legitimation im Verfahren vor einer zweiten kantonalen Beschwerdeinstanz: Urteil 5A_112/2015 von 7. Dezember 2015 E. 2.1). Der Vorrang des Bundesrechts wird durch die Regelung des Beschwerderechts, wie sie in der Zuständigkeit der Kantone liegt (E. 2.3.1 oben), deshalb nicht verletzt. 2.3.3 Obwohl die Pflegekinderaufsicht ihre grundsätzliche Regelung im Rahmen des Bundeszivilrechts erfahren hat, handelt es sich bei den einschlägigen Bestimmungen und den gestützt darauf ergangenen Ausführungsvorschriften in materieller Hinsicht um öffentliches Recht ( BGE 116 II 238 E. 1b). In Frage steht insoweit ein BGE 143 III 473 S. 478 öffentlich-rechtliches Bewilligungsverfahren hier betreffend die Familienpflege. Partei in diesem Verfahren sind die Pflegeeltern, die ein Pflegekind in ihren Haushalt aufnehmen wollen und dafür eine Bewilligung einholen müssen ( Art. 4 ff. PAVO ). Als Bewilligungsnehmer sind sie ohne weiteres befugt, gegen die Bewilligungsverweigerung oder gegen Auflagen und Bedingungen Beschwerde zu führen. Wer durch die Pflegekinderbewilligung hingegen direkt weder berechtigt noch verpflichtet wird, ist Dritter und selber zur Beschwerde nur legitimiert, wenn er (kumulativ) einerseits ein schutzwürdiges Interesse, das rechtlich oder auch bloss tatsächlich sein kann, an der Aufhebung oder Änderung der Bewilligung hat und andererseits in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht. Im Lichte dieser Legitimationsvoraussetzungen hat das Bundesgericht den Eltern, deren Kinder eine Krippe besuchen, als Dritten das Beschwerderecht im kantonalen Verfahren betreffend die Beschränkung der Kinderkrippenplätze ( Art. 13 ff. PAVO ) zuerkannt, weil sie in einem privatrechtlichen Verhältnis zur Kinderkrippe standen und weil die Beschränkung der Anzahl tagsüber zur Betreuung aufzunehmender Kinder für (einzelne) Eltern zum Verlust oder zur Verteuerung des Krippenplatzes hätte führen können (Urteil 5A.10/2001 vom 6. August 2001 E. 3c-e, erwähnt bei BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 2014, N. 10, und AFFOLTER-FRINGELI/VOGEL, Berner Kommentar, 2016, N. 54 zu Art. 316 ZGB ). Die Beschwerdeführerin als leibliche Mutter der Pflegekinder ist nicht Partei im öffentlich-rechtlichen Bewilligungsverfahren betreffend Familienpflege. Die Pflegekinderbewilligung schränkt ihre Rechte nicht ein und auferlegt ihr auch keine Pflichten. Gleichwohl hat sie insofern ein tatsächliches Interesse an der Anfechtung der Pflegekinderbewilligung, als bei deren Verweigerung die behördlich angeordnete Unterbringung der Kinder bei den Pflegeeltern nicht durchgesetzt und damit von der Beschwerdeführerin unterlaufen werden kann. Letztere Möglichkeit aber lässt ihr Interesse als nicht schutzwürdig erscheinen. Denn der Entscheid der KESB, mit dem der Beschwerdeführerin gemäss Art. 310 Abs. 1 ZGB das Recht, den Aufenthalt ihrer Kinder zu bestimmen, entzogen wird, umfasst zwingend die Regelung der Unterbringung und hat insbesondere zu bestimmen, wo das Kind untergebracht wird und ob der Pflegeplatz geeignet ist (AFFOLTER-FRINGELI/VOGEL, a.a.O., N. 18 f. zu Art. 310/314b ZGB; BREITSCHMID, a.a.O., N. 6 ff., und PH. MEIER, in: BGE 143 III 473 S. 479 Commentaire romand, Code civil, Bd. I, 2010, N. 19 ff. zu Art. 310 ZGB ). Diesen Entscheid der KESB, einschliesslich aller Fragen der Unterbringung, ist die Beschwerdeführerin als Kindesmutter über alle kantonalen Instanzen hinweg bis vor Bundesgericht anzufechten berechtigt, das Entscheide über Kindesschutzmassnahmen - von deren vorsorglicher Anordnung abgesehen - ohne Einschränkung der Beschwerdegründe ( Art. 98 BGG ) überprüfen kann (Art. 95 f. BGG; Urteile 5A_404/2015 vom 27. Juni 2016 E. 2.1; 5A_65/2017 vom 24. Mai 2017 E. 1.2). Ein schutzwürdiges Interesse, beurteilte Fragen der Unterbringung im Verfahren der Erteilung der Pflegekinderbewilligung, gleichsam unter anderem Titel, erneut aufzugreifen, wie es die Beschwerdeführerin beabsichtigt, kann nicht anerkannt werden. Es kommt hinzu, dass das Verfahren der Erteilung der Pflegekinderbewilligung und das Kindesschutzverfahren betreffend Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und Unterbringung des Kindes je einen eigenen Streitgegenstand aufweisen, mögen sich dabei auch einzelne Fragen gleich stellen (vgl. Urteil 5A_444/2016 vom 18. Mai 2017 E. 4). Die Pflegekinderbewilligung stellt lediglich eine formelle Voraussetzung dafür dar, dass die Platzierung erfolgen darf, weshalb die Bewilligung vor Aufnahme des Kindes einzuholen ist ( Art. 8 Abs. 1 PAVO ), oder dass die Platzierung beibehalten werden darf, wenn sie - wie hier und im Kindesschutz häufig - dringlich und sofort vollzogen werden musste und die Pflegekinderbewilligung erst danach eingeholt wird (vgl. MAX HESS-HAEBERLI, Die Eidgenössische Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern, ZVW 33/1978 S. 81 ff., 88; AFFOLTER-FRINGELI/VOGEL, a.a.O., N. 34 zu Art. 316 ZGB ). Der Entscheid über die Pflegekinderbewilligung hat keine, namentlich keine präjudizierenden Auswirkungen auf den Entscheid über Kindesschutzmassnahmen, hier insbesondere den Entscheid im hängigen Verfahren auf Abänderung von Kindesschutzmassnahmen. Aus dem Verbot formeller Rechtsverweigerung ( Art. 29 Abs. 1 BV ) und aus der Rechtsweggarantie ( Art. 29a BV ) kann die Beschwerdeführerin folglich nichts zu ihren Gunsten ableiten. Ihr verfassungsmässiger Anspruch auf gerichtliche Beurteilung ist mit den ihr umfassend zustehenden Parteirechten im Kindesschutzverfahren ausreichend gewahrt. 2.4 Insgesamt hat das Verwaltungsgericht der Beschwerdeführerin zu Recht die Beschwerdelegitimation gegen die Verfügungen des in BGE 143 III 473 S. 480 der Pflegekinderaufsicht zuständigen Departementes verweigert, das den Beschwerdegegnern die Pflegekinderbewilligungen für die beiden Kinder erteilte hatte. Die Beschwerde erweist sich somit in der Sache als nicht begründet. Entsprechend ist auf die Ausführungen, mit denen die Beschwerdeführerin darlegen will, warum die Pflegekinderbewilligung zu verweigern sei, nicht weiter einzutreten.
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Sachverhalt ab Seite 468 BGE 102 Ia 468 S. 468 Gemäss § 150 des Zürcher Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juli 1951 (StG) erheben die staatlich anerkannten Kirchgemeinden von den Angehörigen ihrer Konfession BGE 102 Ia 468 S. 469 und den juristischen Personen die Kirchensteuer. Juristische Personen, welche konfessionelle Zwecke verfolgen, haben die Kirchensteuer nur der Kirchgemeinde dieser Konfession zu entrichten ( § 150 Abs. 2 StG ). Die übrigen juristischen Personen bezahlen die Kirchensteuer anteilsmässig allen im nämlichen Gebiet staatlich anerkannten Kirchgemeinden, wobei die Anteile nach der Zahl der steuerpflichtigen natürlichen Personen, welche den einzelnen staatlich anerkannten Kirchgemeinden angehören, berechnet werden ( Art. 152 Abs. 1 und 2 StG ). Gestützt auf diese gesetzlichen Grundlagen wurde die Buchdruckerei Elgg AG für 1974 zur Bezahlung einer reformierten Kirchensteuer von Fr. 16.70 und einer römisch-katholischen Kirchensteuer von Fr. 9.75 verpflichtet. Sie führt hiegegen, nachdem sie sich erfolglos an die Finanzdirektion und hernach an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich gewandt hat, wegen Verletzung von Art. 4 und Art. 49 Abs. 1 und 6 BV , Art. 64 KV und Art. 9 EMRK staatsrechtliche Beschwerde. Diese richtet sich aus verfahrensrechtlichen Gründen - nicht formgerechte Anfechtung der römisch-katholischen Kirchensteuer vor den kantonalen Instanzen - formell nurmehr noch gegen die Erhebung der reformierten Kirchensteuer. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführerin ist eine juristische Person mit Sitz in Elgg. In dieser politischen Gemeinde bestehen zwei staatlich anerkannte Kirchgemeinden, eine evangelisch-reformierte und eine römisch-katholische. Die Beschwerdeführerin selber verfolgt keine konfessionellen Zwecke. Nach der im Kanton Zürich geltenden gesetzlichen Regelung (§§ 150/152 StG) hat sie den beiden Kirchgemeinden anteilsmässig Kirchensteuer zu bezahlen. Dass die angefochtene Besteuerung in richtiger Anwendung des kantonalen Rechts erfolgte, ist unbestritten. Die Beschwerdeführerin macht jedoch geltend, die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen verstosse gegen Art. 4 und Art. 49 Abs. 1 und 6 BV , Art. 64 KV sowie Art. 9 EMRK . Wie schon das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich festgestellt hat, kommt der Berufung auf Art. 64 KV keine selbständige BGE 102 Ia 468 S. 470 rechtliche Bedeutung zu, da diese Vorschrift der Kantonsverfassung die Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit nach Massgabe des Bundesrechts gewährleistet und dem Einzelnen keine zusätzlichen, über die Garantien der Bundesverfassung hinausgehenden Rechte einräumt. Die Rüge eines Verstosses gegen Art. 64 Abs. 1 KV fällt daher mit der Rüge der Verletzung von Art. 49 BV zusammen. 2. Art. 49 BV enthält in Absatz 1 den Grundsatz, dass die Glaubens- und Gewissensfreiheit unverletzlich ist. Die Abs. 2 bis 6 umschreiben die Auswirkungen und Grenzen (vgl. Abs. 5) der verfassungsmässigen Glaubens- und Gewissensfreiheit in einzelnen Lebensbereichen. Abs. 6 bezieht sich auf die Steuerpflicht: Die Vorschrift setzt voraus, dass Steuern speziell für eigentliche Kultuszwecke einer Religionsgenossenschaft erhoben werden dürfen, und macht dann die Einschränkung, dass niemand gehalten sei, solche Kultussteuern für eine Religionsgenossenschaft zu bezahlen, der er nicht angehöre. a) Das Bundesgericht hat in ständiger Rechtsprechung seit 1878 entscheiden, dass sich juristische Personen nicht auf Art. 49 Abs. 6 BV berufen könnten, da diese Bestimmung ein Ausfluss der in Art. 49 Abs. 1 BV gewährleisteten Glaubens- und Gewissensfreiheit sei, also eines Freiheitsrechtes, das seiner Natur nach nur natürlichen Personen zustehe (BGE 4 S. 536 f., 539, 541; 9 S. 416; 17 S. 557 ff.; BGE 35 I 333 ff.; BGE 41 I 158 ff.; BGE 52 I 108 ff.; nicht veröffentlichte Urteile vom 24. Mai 1940 i.S. Dr. A. Wander u. Kons. sowie vom 23. Dezember 1947 i.S. Société coopérative "La Fraternelle und Kons.", vgl. auch BGE 95 I 353 ). In der Rechtslehre ist diese Praxis von namhaften Autoren kritisiert worden (BURCKHARDT, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung, 3. A., S. 462; E. BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 3. A., S. 44 f.; J. BLUMENSTEIN, Zur Frage der Kirchensteuerpflicht juristischer Personen, ASA 26 S. 113 ff.; FLEINER-GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, S. 320 f.; R. EGGER, Das Subjekt der Kultussteuern in der Schweiz, Diss. Bern 1942 S. 68 ff., 117 ff.; SALADIN, Grundrechte im Wandel, S. 29 Anm. 89; vgl. auch AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, Nr. 2016 u. 2023). Die jüngste Zusammenfassung der Diskussion findet sich bei JEAN-PIERRE BAGGI, La struttura giuridica dell'imposta BGE 102 Ia 468 S. 471 ecclesiastica, Freiburg 1971, S. 146 ff. Schon R. VON REDING-BIBEREGG äusserte 1885 in seiner vom schweizerischen Juristenverein ausgezeichneten Preisschrift (Über die Frage der Kultussteuern ...) Bedenken gegen die Zulässigkeit der Besteuerung juristischer Personen und schlug vor, der Bundesgesetzgeber solle sie inskünftig "kultussteuerfrei" erklären. Er anerkannte aber, dass der Begründung, mit welcher das Bundesgericht Art. 49 Abs. 6 BV nicht auf juristische Personen anwende, die Berechtigung, Klarheit und Konsequenz nicht abgesprochen werden könne (S. 84). Den Kritikern, die mit unterschiedlicher Begründung die Erhebung einer Kultussteuer bei juristischen Personen für verfassungswidrig halten, steht eine Gruppe von Autoren gegenüber, welche der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zustimmen (LANGHARD, Die Glaubens- und Kultusfreiheit nach schweizerischem Bundesrecht, Bern 1888, S. 74; HOLENSTEIN, Die konfessionellen Artikel und der Schulartikel der schweizerischen Bundesverfassung, Olten 1931, S. 289 unten; VASELLA, Die Rechtsverhältnisse des katholischen Kirchenvermögens im Kantons Graubünden, Diss. Freiburg 1933, S. 180 f.; NOSER, Pfarrei und Kirchgemeinde, Diss. Freiburg 1957, S. 158 f.; STIRNIMANN, Die Kultussteuerpflicht der juristischen Personen, in ZBl 59/1958, S. 289 ff.; REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher StG, N 34 zu § 150 StG ). b) Trotz der in der Rechtslehre - zum Teil mit Nachdruck - geäusserten Bedenken hat nicht nur das Bundesgericht an seiner restriktiven Auslegung von Art. 49 Abs. 6 BV festgehalten, sondern in der Gesetzgebung der Kantone wurde mit Zustimmung der politischen Organe (Parlament und Volk) die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen ausgebaut und in einzelnen Kantonen neu eingeführt. Bestimmungen kantonaler Verfassungen, welche ausdrücklich vorsehen, dass juristische Personen der Kirchensteuerpflicht unterliegen, hat die Bundesversammlung die Gewährleistung erteilt (KV Nidwalden Art. 90 Abs. 2, Gewährleistungsbeschluss vom 12. Dezember 1974; KV Graubünden Art. 11 Abs. 6, Gewährleistungsbeschluss vom 30. April 1959). Die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen ist also heute sogar in einzelnen kantonalen Verfassungsnormen verankert, die gemäss bisheriger ständiger Praxis vom Bundesgericht nicht auf ihre Übereinstimmung BGE 102 Ia 468 S. 472 mit der Bundesverfassung überprüft werden können ( BGE 83 I 181 E. 6, BGE 89 I 392 , BGE 99 Ia 663 E. 5a, BGE 100 Ia 364 E. 5b). Für das zürcherische Recht gilt diese Beschränkung der bundesgerichtlichen Kognitionsbefugnis aber nicht. c) Die Verfassungsmässigkeit der Kirchensteuerpflicht juristischer Personen ist in der Doktrin - trotz der Konstanz der Rechtsprechung - umstritten geblieben. Die Entwicklung der kantonalen Gesetzgebung hat den gegen die Besteuerung erhobenen Bedenken jedoch kaum Rechnung getragen. In einer Zeit starker gesellschaftlicher Wandlungen mag es angezeigt sein, dass das Bundesgericht seine seit 1878 vertretene Interpretation von Art. 49 Abs. 6 BV grundsätzlich neu überprüft und untersucht, ob neue Argumente und Erkenntnisse eine Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung zu rechtfertigen vermögen. 3. Gegen die Heranziehung juristischer Personen zur Kirchensteuer wurde und wird immer wieder eingewendet, Voraussetzung der Kirchensteuerpflicht müsse die Zugehörigkeit zur steuerberechtigten Kirche sein; da juristische Personen einer Religionsgemeinschaft nicht angehören könnten, fehle von vornherein die unerlässliche persönliche Verbindung zum steuerberechtigten Gemeinwesen (vgl. BURCKHARDT a.a.O., BLUMENSTEIN a.a.O., SALADIN a.a.O.). a) Im Sinne dieser Argumentation hat das deutsche Bundesverfassungsgericht durch Urteil vom 14. Dezember 1965 in Auslegung von Art. 2 Abs. 1 des deutschen Grundgesetzes (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit) die lediglich im ehemaligen Lande Baden noch bestehende Kirchenbausteuerpflicht juristischer Personen als verfassungswidrig erklärt. In der Begründung wurde vor allem festgestellt, dass das Grundgesetz dem Staat verbiete, einer Religionsgesellschaft hoheitliche Befugnisse gegenüber Personen zu verleihen, die keiner Religionsgesellschaft angehören (BVerfGE 19 Nr. 27). Für die deutsche Bundesrepublik gilt somit heute die Regel, dass die Kirchensteuerpflicht sich auf Kirchenangehörige beschränkt und nicht auf juristische Personen ausgedehnt werden darf. Das Bundesverfassungsgericht hat in den Motiven seines Entscheides hervorgehoben, dass es Landeskirchen im Sinne der ursprünglichen Bedeutung des Begriffes nicht mehr gebe, die früheren Landeskirchen hätten nicht mehr den Rechtscharakter von Gebietskörperschaften, die territoriale Grundlage sei BGE 102 Ia 468 S. 473 schon in der Weimarer Verfassung durch eine reine Personalgrundlage ersetzt worden (BVerfGE 19 S. 216/17). b) Der Wortlaut von Art. 49 Abs. 6 BV könnte rein sprachlich gesehen dahin interpretiert werden, dass Kirchenzugehörigkeit, Zugehörigkeit zur steuerberechtigten Religionsgenossenschaft, eine unabdingbare Voraussetzung der Kirchensteuerpflicht sei und dass folglich juristische Personen, die nach der Natur der Sache nicht einer Kirche angehören, auch der Kirchensteuerpflicht nicht unterliegen können. Geht man aber von der Entstehungsgeschichte des Art. 49 Abs. 6 BV aus, die VON REDING-BIBEREGG (a.a.O. S. 40 ff.) 1885 sehr einlässlich dargestellt hat, so sieht man, dass das Anliegen der Bundesversammlung in den Jahren vor 1872 und 1874 ausschliesslich darauf ging, natürliche Personen gegen die Besteuerung durch eine Religionsgemeinschaft, der sie nicht angehören, zu schützen. Dies war das Anliegen, um das in den Eidg. Räten intensiv gerungen wurde. Das Problem der juristischen Personen war gar nicht im Blickfeld der Bundesversammlung. Auch der bundesrätliche Entwurf vom 26. November 1875 zu einem diesbezüglichen Ausführungsgesetz, das in der Folge nie zustande kam, befasste sich nicht mit dieser Frage, sondern einzig mit der Kirchensteuerpflicht der natürlichen Personen (BBl 1875 IV 971 ff.; VON SALIS, Schweiz. Bundesrecht III Nr. 1019). Dies führte das Bundesgericht schon in seinen ersten Entscheiden im Jahre 1878 (BGE 4 S. 536 f., 539, 541) dazu, den in Art. 49 Abs. 6 BV verankerten Grundsatz nicht auch auf juristische Personen anzuwenden. Es erblickte in dieser Verfassungsvorschrift lediglich eine Norm zum Schutze der in ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit berührten natürlichen Personen vor Steuern für eine Religionsgenossenschaft, der sie nicht oder nicht mehr angehören. Nach dieser Auslegung schafft Art. 49 Abs. 6 BV nicht ein positives Erfordernis der Kirchenzugehörigkeit als verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Erhebung der Kultussteuer, sondern bestimmt rein negativ, dass die nicht zur steuerberechtigten Kirche gehörende natürliche Person wegen der ihr zustehenden Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht zur Bezahlung von Kirchensteuern verpflichtet werden darf. Diese restriktive Interpretation ist auch auf dem Hintergrund der öffentlich-rechtlichen Stellung der anerkannten und mit der Befugnis zur Steuererhebung ausgestatteten Kirchen BGE 102 Ia 468 S. 474 zu sehen. Mit Abs. 6 von Art. 49 BV wollte der Verfassungsgeber nicht verbieten, dass die Kantone das Kirchenwesen als eine öffentliche Aufgabe betrachten, es aus den allgemeinen Mitteln des Staates finanzieren (Staatskirchen) oder die Gemeinden anerkannter Landeskirchen als Gebietskörperschaften ausgestalten - als Gebietskörperschaften, die analog den politischen Gemeinden ihre finanziellen Bedürfnisse durch Erhebung voraussetzungsloser Abgaben (Steuern) von den ihrer Gebietshoheit unterworfenen Steuerpflichtigen befriedigen können. Historisch gesehen haben sich die anerkannten Landeskirchen im Laufe des 19. Jahrhunderts aus der Gesamtorganisation des Staates herausgelöst und unter Wahrung gewisser hoheitlicher Befugnisse (Besteuerungsrecht) verselbständigt. In die den Kantonen überlassene, unterschiedliche, öffentlich-rechtliche Ordnung des Verhältnisses Staat-Kirche wollte Art. 49 Abs. 6 BV nicht grundlegend eingreifen. Mag auch im Laufe der Jahrzehnte das Bild der Kirchgemeinde sich im Bewusstsein breiter Schichten von dieser Konzeption der territorial begrenzten Gebietskörperschaft entfernt haben, so blieb doch in manchen Kantonen die rechtliche Struktur der Kirchgemeinde als Gebietskörperschaft weitgehend erhalten und der unveränderte Art. 49 Abs. 6 BV , der eine solche Regelung nicht verbieten wollte, kann auch heute nicht als Hindernis einer territorial begründeten kirchlichen Steuerhoheit interpretiert werden. Die primär territoriale Grundlage der Kirchensteuerpflicht zeigt sich auch in der Zulässigkeit der Erhebung der Kirchensteuer von nicht in der steuerberechtigten Kirchgemeinde wohnhaften Eigentümern eines Grundstückes ( BGE 98 Ia 406 ). Gestattet die Bundesverfassung die Verleihung einer abgeleiteten Kirchensteuerhoheit auf territorialer Basis (in Analogie zur Steuerhoheit der politischen Gemeinde), dann dürfen folgerichtig auch die im Gebiet der Kirchgemeinde domizilierten juristischen Personen zur Kirchensteuer herangezogen werden, und es drängt sich auf, die in Abs. 6 von Art. 49 BV statuierte Ausnahme von der Kirchensteuerpflicht im Sinne der bisherigen Praxis restriktiv als eine sich aus der Glaubens- und Gewissensfreiheit ergebende Schutznorm zugunsten natürlicher Personen auszulegen. Die den strukturellen Hintergrund nicht beachtende, eine Kirchensteuerpflicht auf reiner Personalgrundlage postulierende Kritik an der Rechtsprechung dürfte einem gewandelten BGE 102 Ia 468 S. 475 Verständnis der Kirchen entsprechen. Die anerkannten Landeskirchen bzw. ihre Kirchgemeinden werden wohl heute in weiten Kreisen der Bevölkerung nicht mehr als Träger öffentlicher Aufgaben und hoheitlicher Befugnisse betrachtet, die in ihrem Bereich den politischen Gemeinden gleichzustellen wären, sondern eher als den privatrechtlichen Personenverbänden ähnliche Körperschaften auf rein personeller Grundlage. Im Gegensatz zur verfassungsrechtlichen Situation, wie sie vom Bundesverfassungsgericht für die Bundesrepublik Deutschland festgestellt wurde, hat diese zu vermutende Änderung der Auffassungen im schweizerischen Verfassungsrecht jedoch bis jetzt keinen Niederschlag gefunden. Was sich gegen die Kirchgemeinden als Gebietskörperschaften und für Kirchen auf reiner Personalgrundlage vorbringen lässt, spricht wohl in letzter Konsequenz überhaupt gegen die privilegierende staatliche Anerkennung einzelner Kirchen und die Verleihung von Besteuerungsrechten. Solange die Bundesverfassung aber den Kantonen die Freiheit lässt, das Kirchenwesen als Bereich staatlicher Tätigkeit mit Steuergeldern zu finanzieren oder diese als öffentliche Aufgabe verstandene Aktivität öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften mit Steuerhoheit zu übertragen, besteht kein Anlass, die dieser abgeleiteten Steuerhoheit unterworfenen juristischen Personen von der Kirchensteuerpflicht auszunehmen, weil sie nicht Mitglieder der steuerberechtigten Kirchen sein können. Die Pflicht zur Leistung von Steuern an ein territorial bestimmtes Gemeinwesen, das zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe mit Steuerhoheit ausgestattet wurde, ist nicht von der personellen Zugehörigkeit zu diesem Gemeinwesen abhängig. Rechtspolitische Gründe, die sich für eine andere Konzeption von Kirchgemeinde und Landeskirche ins Feld führen lassen, sind nicht geeignet, die Aufgabe der bisherigen Praxis zu rechtfertigen, welche mit der herkömmlichen, bis jetzt nicht grundlegend geänderten Rechtsnatur öffentlich-rechtlicher Kirchgemeinden im Einklang steht. 4. Ein zweiter häufiger Einwand gegen die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen bildet der Hinweis, hinter der juristischen Person ständen natürliche Personen (Aktionäre, Gesellschafter), die indirekt durch die Belastung des ihnen gehörenden Gesellschaftsvermögens mit Kultussteuern in ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit verletzt sein könnten. BGE 102 Ia 468 S. 476 Bei grossen Erwerbsgesellschaften erscheint diese Konstruktion einer indirekten Verletzung der Glaubens- und Gewissensfreiheit des einzelnen Gesellschafters gekünstelt und rein theoretisch. Bei einer Publikumsaktiengesellschaft mit weiter Streuung der Aktien dürfte es schlechthin ausgeschlossen sein, dass sich der einzelne Aktionär durch die meistens relativ geringfügige Belastung der Aktiengesellschaft mit Kirchensteuern irgendwie in seiner persönlichen Glaubens- und Gewissensfreiheit betroffen fühlen könnte. Der Einwand hat dagegen ein gewisses Gewicht, soweit es um kleinere Unternehmungen geht, die in Form einer juristischen Person organisiert sind (Familienaktiengesellschaften, Einmann-Aktiengesellschaften). Die Umwandlung einer Einzelfirma in eine Aktiengesellschaft kann zur Folge haben, dass die wirtschaftlich einem Konfessionslosen gehörenden Vermögenswerte, die vorher der Kirchensteuer nicht unterlagen, nun in der juristischen Person zur Besteuerung für kirchliche Zwecke herangezogen werden. Möglich ist auch, dass das Steuersubstrat, das bisher im Rahmen einer konfessionell einheitlichen Familie der Kirche des eigenen Glaubensbekenntnisses zur Verfügung stand, nach dem Einbringen in die Aktiengesellschaft teilweise auch zugunsten einer Kirchgemeinde der andern Konfession besteuert wird. Die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen hat zur Folge, dass der Freidenker, der jede Abgabe für eine Religionsgemeinschaft vermeiden will, oder der Anhänger einer Kirche, welcher verhindern will, dass von seinen Steuern der am Ort bestehenden Gemeinde Andersgläubiger etwas zukommt, ihre geschäftliche Tätigkeit nicht in Form einer juristischen Person organisieren können. Das vermag bei der heutigen Ausgestaltung der Individualrechte nicht ganz zu befriedigen. Dass derjenige, der einen Teil seines Vermögens rechtlich von seiner Person trennt und im Rahmen einer juristischen Person verselbständigt, neben den Vorteilen dieser Gestaltung auch deren Nachteile in Kauf zu nehmen hat, ist jedoch ein allgemeiner Grundsatz. Es erscheint nicht als stossend, dass derjenige, der für seine geschäftliche Tätigkeit die persönliche Haftung ausschliesst, sich bei der Besteuerung des als juristische Person konstituierten Unternehmens nicht auf Elemente seiner subjektiven Weltanschauung berufen kann. Zudem ist hier daran zu erinnern, dass der Verfassungsgeber unbestrittenermassen durch Art. 49 Abs. 6 BV nicht jede Verwendung BGE 102 Ia 468 S. 477 von Steuern Andersgläubiger oder Konfessionsloser für die Zwecke einer Kirche, der sie nicht angehören, verbieten wollte; nur von den speziellen Kultussteuern sollen sie befreit sein; eine dem Kultusbudget der staatlichen Kirchen entsprechende Rückzahlung von Staatssteuern war nicht vorgesehen (vgl. BGE 99 Ia 741 ). Nahm somit der historische Verfassungsgeber eine gewisse steuerliche Belastung Andersgläubiger und Konfessionsloser für kirchliche Zwecke selbst bei natürlichen Personen in Kauf, so darf die eben beschriebene Konsequenz der frei gewählten Beteiligung an einer juristischen Person oder der Schaffung einer solchen füglich als mit Art. 49 Abs. 6 BV vereinbar betrachtet werden. Man wollte eben unter dem Aspekt der Glaubens- und Gewissensfreiheit im Bereich der Abgaben nur gewährleisten, dass nicht spezielle Kultussteuern von andersgläubigen oder konfessionslosen natürlichen Personen erhoben werden. Im Lichte der Entstehungsgeschichte kann dieser Bestimmung keine weitergehende Liberalisierungstendenz entnommen werden. Es ist nicht Sache des Verfassungsrichters, dieser Vorschrift in Änderung einer bald hundertjährigen Praxis gestützt auf die Annahme gewandelter Auffassungen eine grössere Tragweite zu geben, obschon das Kirchenrecht der Kantone sich auch in neuerer Zeit weitgehend im herkömmlichen Rahmen entwickelt hat. Vom Grundsatz, dass Art. 49 Abs. 6 BV auf juristische Personen nicht zur Anwendung komme, wird in der Rechtsprechung eine wichtige Ausnahme gemacht. Juristische Personen, die selber religiöse oder kirchliche Zwecke verfolgen, können nicht verpflichtet werden, an andere Religionsgemeinschaften Kultus- oder Kirchensteuern zu entrichten ( BGE 95 I 350 ). Diese Ausnahme ist wohlbegründet und fand allgemein Zustimmung. Wenn auch juristische Personen im allgemeinen und Erwerbsgesellschaften im besondern unter dem Gesichtswinkel der Besteuerung sich nicht auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit berufen können, so wäre es anderseits - bei aller formalen Logik - absurd, juristischen Personen mit religiöser oder kirchlicher Zwecksetzung den Schutz von Art. 49 Abs. 6 BV zu versagen und sie der Besteuerung durch Kirchen Andersgläubiger zu unterwerfen. Diese aus dem Sinn und Zweck der Verfassungsbestimmung sich ergebende Ausnahme lässt sich mit keinen stichhaltigen Argumenten auf BGE 102 Ia 468 S. 478 andere juristische Personen (ohne religiöse oder kirchliche Zwecksetzung) ausdehnen. 5. In der vorliegenden Beschwerde wird geltend gemacht, die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen verstosse auch gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit. Diesen Vorwurf hat in der Doktrin vor allem Bühlmann erhoben (BÜHLMANN, Das Verbot der Kultussteuern S. 104 f.). Er glaubte, ihn in folgende Formel zusammenfassen zu können: "Die physischen Personen, welche einer Religionsgenossenschaft nicht angehören, dürfen persönlich nicht besteuert werden ...; die juristischen Personen jedoch, welche ihrer Natur nach als glaubenslose, ideale Rechtssubjekte keiner Religionsgenossenschaft angehören können, dürfen besteuert werden. Also wesentlich gleiche tatsächliche Voraussetzungen: die Nichtzugehörigkeit, aber ungleiche Behandlung: im einen Fall Steuerbefreiung, im andern Besteuerung." Zum Teil wird die Rechtsungleichheit auch insbesondere darin gesehen, dass die natürliche Person sich durch Austritt aus der Kirche Kirchensteuerfreiheit verschaffen könne, die juristische Person nicht. Der Vorwurf rechtsungleicher Behandlung kann nur zutreffen, sofern zwischen natürlichen und juristischen Personen in dem hier in Frage stehenden Bereich keine wesentlichen Unterschiede bestehen. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, hat das Bundesgericht stets angenommen, es bestehe insofern zwischen den beiden Arten von Rechtssubjekten ein entscheidender Unterschied, als die natürliche Person sich auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit berufen könne, während der juristischen Person nach der Natur der Sache dieses Freiheitsrecht im allgemeinen nicht zustehe. Überzeugende Argumente für die Auffassung, auch juristischen Personen komme generell das Individualrecht gemäss Art. 49 Abs. 1 BV zu und sie seien daher durch die Erhebung der Kirchensteuer in gleicher Weise verletzt wie ein Konfessionsloser oder Andersgläubiger, lassen sich weder der Beschwerdeschrift noch der Literatur entnehmen. Die ungleiche Behandlung juristischer und natürlicher Personen in bezug auf die Kirchensteuerpflicht beruht auf einem offensichtlich rechtlich relevanten Unterschied: Die natürliche Person kann durch Kultussteuern in ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit verletzt werden, für die juristische Person besteht dieser in Art. 49 Abs. 6 BV umschriebene Steuerbefreiungsgrund im BGE 102 Ia 468 S. 479 allgemeinen nicht. Die Rüge rechtsungleicher Behandlung ist unbegründet. 6. Einige Argumente, die sich als für die Beurteilung der Grundsatzfrage nicht entscheidend erweisen werden, sind hier noch zu erörtern: a) Gegen die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen wird geltend gemacht, juristische Personen könnten die Dienste der Kirche nicht beanspruchen, es sei daher ungerechtfertigt, ja willkürlich, sie mit Kirchensteuern zu belasten. Die Kirchensteuer ist - wie der Name sagt - eine Steuer, d.h. eine voraussetzungslose Abgabe zur Erfüllung öffentlicher Zwecke, die wie jede andere Steuer vom Pflichtigen ohne Rücksicht darauf geschuldet ist, ob er die damit finanzierten Dienste und Einrichtungen beansprucht oder nicht. Auch eine Steuer, die von einem Pflichtigen erhoben wird, der die Einrichtungen des steuerberechtigten Gemeinwesens nicht oder nur wenig benützt, ist selbstverständlich nicht wegen dieses Fehlens einer Gegenleistung verfassungswidrig. Der Einwand, die juristische Person nehme die Dienste der Kirche nicht in Anspruch, ist in der gesetzgebungspolitischen Diskussion zu prüfen, aber für die verfassungsrechtliche Beurteilung einer bestehenden Besteuerungsmöglichkeit ohne Belang. b) Von den Organen der Landeskirchen wird dargelegt, dass die Kirchen heute mannigfache Dienstleistungen für die Allgemeinheit erbringen (Fürsorge, Schulung, sozial-caritative Einrichtungen). Es erscheint offensichtlich, dass die den Kirchen zufliessenden finanziellen Mittel bei weitem nicht nur für den Kultus im engern Sinne Verwendung finden. Auch dieser Gesichtspunkt braucht jedoch nicht näher untersucht zu werden; denn indem die Bundesverfassung implizite die Erhebung von Kirchensteuern grundsätzlich zulässt, wird den Kantonen die Möglichkeit gegeben, die kirchliche Tätigkeit generell als öffentliche Aufgabe zu verstehen, diesen Bereich öffentlichrechtlich zu organisieren und durch Erhebung von Steuern zu finanzieren. Der Hinweis auf die heutigen Formen kirchlicher Arbeit im Dienste der Allgemeinheit mag eine zeitgemässe rechtspolitische Begründung der Rechtsnatur der Landeskirchen und ihrer Steuerhoheit sein. Für die Frage der Verfassungsmässigkeit der Kirchensteuerpflicht juristischer Personen ist es nicht entscheidend, ob die Kirchen mehr oder weniger Aufwendungen für allgemeine Dienste machten. BGE 102 Ia 468 S. 480 c) Die hie und da anzutreffende Behauptung, die Aktiengesellschaften weckten durch ihre Unternehmungen zusätzliche kirchliche Bedürfnisse, die kirchlichen Dienste würden oft durch das Personal der sich vergrössernden industriellen Betriebe vermehrt beansprucht (vgl. HOLENSTEIN a.a.O.; BVerfGE 19 S. 222 E. 2), kann für die hier zu beurteilende Grundsatzfrage ebenfalls nicht von Bedeutung sein. Auch hier handelt es sich um einen gesetzgebungspolitischen Gesichtspunkt, von dessen Stichhaltigkeit es nicht abhängt, ob eine gesetzlich vorgesehene Kirchensteuerpflicht juristischer Personen vor der Verfassung standhält; denn Steuern als voraussetzungslose Abgaben können vom Gesetzgeber an sich auch Personen auferlegt werden, welche für die zu befriedigenden finanziellen Bedürfnisse in keiner Weise verantwortlich sind. Wenn der Gesichtspunkt der Weckung zusätzlicher kirchlicher Bedürfnisse massgebend wäre, müsste übrigens folgerichtig eine kaum praktikable Differenzierung vorgenommen werden zwischen Gesellschaften, die durch ihre Tätigkeit solche zusätzliche Aufgaben der Kirche schaffen können, und juristischen Personen, deren Aktivität keine solchen Auswirkungen hat. d) Auch das Argument, die Befreiung der juristischen Personen von Kultussteuern würde Möglichkeiten der Steuervermeidung eröffnen (REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, N 34 zu § 150 StG Zürich), ist rechtspolitischer Natur und für die Beurteilung der Verfassungsmässigkeit ohne Belang. Die Befürchtung, Kirchenangehörige könnten im Falle der Steuerfreiheit juristischer Personen das bisher der Kirchensteuerpflicht unterliegende Vermögen und Einkommen aus steuerlichen Überlegungen nach Möglichkeit auf eine juristische Person übertragen, dürfte übrigens weitgehend unbegründet sein. Aus den Kantonen, in denen eine Kirchensteuerpflicht juristischer Personen nicht besteht, sind keine solchen Machenschaften von erheblicher Bedeutung bekannt. 7. Art. 9 EMRK enthält die Garantie der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit: "1. Jedermann hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit des einzelnen zum Wechsel der Religion oder der Weltanschauung sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit andern öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben. BGE 102 Ia 468 S. 481 2. Die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Massnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind." a) Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat eingehend untersucht, ob die EMRK, die von der Schweiz am 28. November 1974 ratifiziert wurde, auf den vorliegenden Fall, der die Kirchensteuer für das Jahr 1974 betrifft, anwendbar ist. Es kam zum Schluss, mit der Ratifikation seien die Bestimmungen des Abschnittes I der EMRK - unter Vorbehalt einzelner Ausnahmen und soweit sie keine den Bürger verpflichtenden Drittwirkungen begründen - in der Schweiz unmittelbar anwendbares Recht geworden. Diesem Ergebnis und der dazu führenden Argumentation des Verwaltungsgerichtes ist zuzustimmen. Obschon die EMRK nur am Ende des Steuerjahres 1974 noch während 34 Tagen in Geltung war, ist die grundsätzliche Frage der Zulässigkeit einer Belastung juristischer Personen mit Kirchensteuern ohne Einschränkung abzuklären. Die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene und verneinte Frage, ob im konkreten Fall die auf die 34 Tage berechnete Steuerbelastung von Fr. 1.60 nicht schon wegen ihrer Geringfügigkeit keine Verletzung der in Art. 9 EMRK gewährleisteten Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit darstellen könne, braucht hingegen nicht geprüft zu werden. Die Beschwerdeführerin rügt nicht die Höhe der Steuerbelastung, sondern verlangt einen Entscheid über die prinzipielle, sich jedes Jahr wieder in gleicher Weise stellende Frage, ob unter dem Aspekt von Art. 9 EMRK juristische Personen zur Zahlung von Kirchensteuern herangezogen werden dürfen. b) Art. 9 EMRK enthält - anders als Art. 49 Abs. 6 BV - keine Bestimmung, welche die Belastung Andersgläubiger mit Steuern für Kultuszwecke ausdrücklich verbietet. Ob sich ein solches Verbot aus der allgemeinen Gewährleistung der Freiheit, irgendeine Religion oder Weltanschauung ungehindert auszuüben, ableiten lässt, kann hier offen bleiben. Ein Entscheid der mit der Auslegung der EMRK betrauten Organe zu dieser Frage ist bis jetzt nicht bekannt. Auch in der Doktrin finden sich keine Erörterungen über eine allenfalls aus Art. 9 sich ergebende Beschränkung der Steuererhebung zu BGE 102 Ia 468 S. 482 Kultuszwecken, obschon das Problem sich überall stellen muss, wo der Staat oder mit Steuerhoheit ausgestattete Landeskirchen Kultussteuern erheben. Art. 9 EMRK hebt auf jeden Fall die noch weit verbreitete staats- und finanzrechtliche Privilegierung einzelner Bekenntnisse (Landeskirchen) nicht auf, sondern verbietet lediglich negativ jede Behinderung der Religionsausübung, ohne eine öffentlich-rechtliche Gleichstellung aller Religionsgemeinschaften zu verlangen (vgl. F. CASTBERG, The European Convention on Human Rights, S. 148 f.). Die Steuerhoheit kirchlicher Körperschaften steht daher nicht in Widerspruch zu Art. 9 EMRK . c) Auch wenn Art. 9 so auszulegen sein sollte, dass Kirchensteuern von Andersgläubigen nicht gefordert werden dürfen, so kann dieser staatsvertraglichen Bestimmung doch keine über Art. 49 Abs. 6 BV hinausgehende, juristische Personen gegen Kirchensteuern schützende Tragweite zukommen. Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat durch Entscheid vom 17. Dezember 1968 i.S. Church of Scientology of California erkannt, juristische Personen könnten keine Rechte aus Art. 9 Abs. 1 EMRK ableiten (Requête Nr. 3798/68, vgl. dazu F.G. JACOBS, The European Convention on Human Rights, S. 148). Wenn es sich um Vereinigungen von Einzelpersonen zur Ausübung der Religion oder Weltanschauung handelt und soweit es um die Verfolgung dieser Ziele geht, müssen sich auch juristische Personen auf Art. 9 EMRK berufen können (in diesem Sinne Urteil des Verwaltungsgerichts Erw. 11 und dort zitierte Literatur sowie H. SCHORN, Die europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, S. 250). Dass juristische Personen ausschliesslich unter diesen Voraussetzungen, d.h. wenn es sich um religiöse oder weltanschauliche Zusammenschlüsse handelt und es um die Behinderung der religiösen oder weltanschaulichen Tätigkeit geht, den Schutz von Art. 9 EMRK beanspruchen können, ist in der Doktrin unbestritten. Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin ist eine Erwerbsgesellschaft ohne religiöse Ziele. Art. 9 EMRK hat nicht den Zweck, juristische Personen vor steuerlicher Belastung für kirchliche Zwecke zu schützen, sondern gewährleistet durch das Verbot staatlicher Behinderung der freien Ausübung jeder Religion oder Weltanschauung eine Freiheit, welche nur natürlichen Personen BGE 102 Ia 468 S. 483 sowie allenfalls religiösen oder weltanschaulichen Vereinigungen zukommt, aber nicht einer juristischen Person mit rein wirtschaftlicher Zwecksetzung. Die Beschwerdeführerin kann sich somit nicht auf Art. 9 EMRK berufen.
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641.61 1 Mineralölsteuergesetz (MinöStG) vom 21. Juni 1996 (Stand am 1. Januar 2022) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 86 sowie 131 Absatz 1 Buchstabe e und 2 der Bundesverfassung1,2 nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 5. April 19953, beschliesst: 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Grundsatz Der Bund erhebt: a. eine Mineralölsteuer auf Erdöl, anderen Mineralölen, Erdgas und den bei ihrer Verarbeitung gewonnenen Produkten sowie auf Treibstoffen; b. einen Mineralölsteuerzuschlag auf Treibstoffen. Art. 2 Begriffe 1 Erdöl, andere Mineralöle, Erdgas und bei ihrer Verarbeitung gewonnene Produkte im Sinne dieses Gesetzes sind: a. Öle und andere Erzeugnisse der Destillation des Hochtemperatur-Steinkoh- lenteers; ähnliche Erzeugnisse, in denen die aromatischen Bestandteile im Gewicht gegenüber den nichtaromatischen Bestandteilen überwiegen (Zoll- tarifnummer 27074); b. Erdöle oder Öle aus bituminösen Mineralien, roh (Zolltarifnummer 2709); c.5 Erdöle oder Öle aus bituminösen Mineralien (andere als rohe Öle); anderweit weder genannte noch inbegriffene Zubereitungen mit einem Gewichtsanteil an Erdölen oder Ölen aus bituminösen Mineralien von 70 Prozent oder mehr, in denen diese Öle den wesentlichen Bestandteil bilden; Ölabfälle (Tarif- nummer 2710); AS 2010 1739 1 SR 101 2 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Aug. 2016 (AS 2016 2429; BBl 2015 2883). 3 BBl 1995 III 137 4 SR 632.10 Anhang 5 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Jan. 2002 (AS 2001 2091). 641.61 Steuern 2 641.61 d. Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe (Zolltarifnummer 2711); e. zubereitete Schmiermittel (Zolltarifnummer 3403). 2 Treibstoffe im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Waren, soweit sie als Treibstoffe verwendet werden: a. Erdöl, andere Mineralöle, Erdgas und bei ihrer Verarbeitung gewonnene Produkte nach Absatz 1; b. Kohlenwasserstoffe, acyclische und cyclische (Zolltarifnummern 2901 und 2902); c. acyclische Alkohole und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitrosoderivate (Zolltarifnummer 2905); d.6 Ether, Etheralkohole, Etherphenole, Etherphenolalkohole, Alkoholperoxide, Etherperoxide, Acetalperoxide und Halbacetalperoxide, Ketonperoxide (auch chemisch nicht einheitliche) und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitro- soderivate (Zolltarifnummer 2909); e. Erzeugnisse der Zolltarifnummer 3811, ausgenommen Antiklopfmittel und Additive für Schmieröle; f. Erzeugnisse der Zolltarifnummer 3814; g. Alkylbenzol-Gemische und Alkylnaphthalin-Gemische, ausgenommen sol- che der Zolltarifnummern 2707 oder 2902 (Zolltarifnummer 3817); h. Erzeugnisse der Zolltarifnummer 3824; i.7 Biodiesel und Mischungen der Zolltarifnummer 3826; j.8 andere Waren, die unvermischt oder vermischt zu Treibstoffen bestimmt sind oder als Treibstoffe verwendet werden. 3 Im Sinne dieses Gesetzes gilt als: a. «Steuer»: die Mineralölsteuer und der Mineralölsteuerzuschlag; b. «Importeur»: die Person, die eine Ware über die Grenze bringt, sowie die Per- son, auf deren Rechnung die Ware eingeführt wird; c. «zugelassener Lagerinhaber»: wer eine Bewilligung der Steuerbehörde be- sitzt, unversteuerte Waren in einem zugelassenen Lager zu bearbeiten, zu ge- winnen, zu erzeugen oder zu lagern; 6 Fassung gemäss Anhang 3 Ziff. 2 der V vom 30. Juni 2021 über die Änderung des Zollta- rifs, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 445). 7 Fassung gemäss Anhang 3 Ziff. 1 der V vom 22. Juni 2011 über die Änderung des Zoll- tarifs, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3331). 8 Eingefügt durch Anhang 3 Ziff. 1 der V vom 22. Juni 2011 über die Änderung des Zoll- tarifs, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3331). Mineralölsteuergesetz 3 641.61 d.9 «biogener Treibstoff»: Treibstoff, der aus Biomasse oder anderen erneuer- baren Energieträgern hergestellt wird. Art. 2a10 Bezeichnung der biogenen Treibstoffe Der Bundesrat bezeichnet die biogenen Treibstoffe nach Artikel 2 Absatz 3 Buch- stabe d. Art. 3 Steuerobjekt 1 Der Steuer unterliegen: a. die Herstellung oder die Gewinnung von Waren nach den Artikeln 1 und 2 Absätze 1 und 2 im Inland; b. die Einfuhr solcher Waren ins Inland. 2 Als Inland gelten das schweizerische Staatsgebiet und die Zollanschlussgebiete, nicht jedoch die Zollausschlussgebiete. Art. 4 Entstehung der Steuerforderung 1 Die Steuerforderung entsteht mit der Überführung der Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr. Als solche gilt: a. für Waren, die eingeführt werden, der Zeitpunkt der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr; b. für Waren in zugelassenen Lagern (Art. 27–32) der Zeitpunkt, in dem die Waren das Lager verlassen oder im Lager verwendet werden; c. für Waren, die dem Verkehr unter Steueraussetzung entnommen werden (Art. 32), der Zeitpunkt nach Buchstabe a oder b; d. für Waren, die ausserhalb eines zugelassenen Lagers hergestellt werden, der Zeitpunkt ihrer Herstellung. 2 Ausserdem entsteht die Steuerforderung: a. für die Steuerdifferenz bei versteuerten Waren, die nachträglich zu Zwecken abgegeben oder verwendet werden, die einem höheren Steuersatz unterliegen, im Zeitpunkt der Abgabe zu dieser Verwendung oder, wenn sie nicht abge- geben werden, vor deren Verwendung; 9 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 2007 (AS 2008 579; BBl 2006 4259). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). 10 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. März 2014 (AS 2016 2661; BBl 2013 5737 5783). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). Steuern 4 641.61 b. bei steuerfreien Waren, die nachträglich zu Zwecken abgegeben oder ver- wendet werden, die der Steuer unterliegen, im Zeitpunkt der Abgabe zu dieser Verwendung oder, wenn sie nicht abgegeben werden, vor deren Verwendung. Art. 5 Steuerbehörde 1 Steuerbehörde ist das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG). Es vollzieht alle Massnahmen, die dieses Gesetz vorsieht, und erlässt alle dafür erforderlichen Weisungen, deren Erlass nicht ausdrücklich einer anderen Behörde vorbehalten ist.11 2 Auf den Einnahmen aus der Steuer auf Treibstoffen rechnet die Steuerbehörde die Erhebungskosten an. Art. 6 Kontrollen durch die Steuerbehörde 1 Die Steuerbehörde kann jederzeit unangemeldet Kontrollen durchführen, nament- lich bei Steuerpflichtigen und bei Personen, die eine Warenbuchhaltung führen müs- sen oder die einen Rückerstattungsantrag stellen. 2 Der Steuerbehörde sind auf Verlangen alle Auskünfte zu geben und alle Bücher, Geschäftspapiere und Urkunden vorzulegen, welche für den Vollzug dieses Gesetzes von Bedeutung sind. Art. 7 Amtshilfe 1 Die Steuerbehörde kann zur Mitarbeit heranziehen: a. Kantone und Gemeinden für Aufgaben im Rahmen der Steuerrückerstattung an die Landwirtschaft; b. Organisationen, die Massnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung vollziehen. 2 Die Polizei von Kantonen und Gemeinden zeigt alle Verletzungen des Mineralöl- steuerrechts, von denen sie bei der Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit Kenntnis erlangt, der Steuerbehörde an und unterstützt diese bei der Feststellung des Tat- bestandes und der Verfolgung der Täterschaft. 3 Gegenüber der Steuerbehörde auskunftspflichtig sind, sofern die verlangten Aus- künfte für den Vollzug dieses Gesetzes von Bedeutung sein können: a. die Verwaltungsbehörden des Bundes und die autonomen eidgenössischen Anstalten und Betriebe; b. die Behörden der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden; c. die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen im Rahmen ihres Aufgabenbereichs. 11 Fassung gemäss Ziff. I 22 der V vom 12. Juni 2020 über die Anpassung von Gesetzen infolge der Änderung der Bezeichnung der Eidgenössischen Zollverwaltung im Rahmen von deren Weiterentwicklung, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2020 2743). Mineralölsteuergesetz 5 641.61 Art. 8 Schweigepflicht Personen, die zum Vollzug dieses Gesetzes beigezogen werden oder gegenüber der Steuerbehörde auskunftspflichtig sind, müssen gegenüber Dritten über die in Aus- übung ihres Amtes gemachten Wahrnehmungen Stillschweigen bewahren und den Einblick in amtliche Akten verweigern. 2. Abschnitt: Steuerpflicht Art. 9 Steuerpflichtige Personen Steuerpflichtig sind: a. die Importeure; b. die zugelassenen Lagerinhaber; c. Personen, die versteuerte Waren zu Zwecken abgeben, verwenden oder ver- wenden lassen, die einem höheren Steuersatz unterliegen; d. Personen, die unversteuerte Waren abgeben, verwenden oder verwenden las- sen. Art. 10 Steuernachfolge 1 Der Steuernachfolger oder die Steuernachfolgerin tritt in die sich aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten der steuerpflichtigen Person ein. 2 Die Steuernachfolge treten an: a. die Erben beim Tod der steuerpflichtigen Person beziehungsweise des Steu- ernachfolgers oder der Steuernachfolgerin; b. die persönlich haftenden Gesellschafter und Gesellschafterinnen oder deren Erben nach Auflösung einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit; c. die juristische Person, die von einer anderen juristischen Person das Vermö- gen oder ein Geschäft mit Aktiven und Passiven übernimmt. 3 Die Erben haften solidarisch bis zur Höhe ihrer Erbteile, die persönlich haftenden Gesellschafter und Gesellschafterinnen haften im Rahmen ihrer Haftbarkeit für die Schulden der Gesellschaft. 4 Treten mehrere Personen die Steuernachfolge an, so kann jede die sich aus diesem Gesetz ergebenden Rechte selbständig ausüben. Art. 11 Mithaftung für die Steuer Mit der steuerpflichtigen Person beziehungsweise mit dem Steuernachfolger oder der Steuernachfolgerin haften solidarisch: a. für die Steuer einer aufgelösten juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit: die mit der Liquidation betrauten Personen, auch im Steuern 6 641.61 Konkurs- oder im Nachlassverfahren, bis zum Betrag des Liquidationsergeb- nisses; b. für die Steuer einer juristischen Person, die ihren Sitz ohne Liquidation ins Ausland verlegt: die Organe persönlich bis zum Betrag des reinen Vermögens der juristischen Person. 3. Abschnitt: Tarife Art. 12 Steuertarif 1 Die Mineralölsteuer wird nach dem Tarif im Anhang 1 zu diesem Gesetz erhoben. 2 Der Mineralölsteuerzuschlag beträgt 300 Franken je 1000 l bei 15 °C. Art. 12a12 Steuererleichterung für Erd- und Flüssiggas 1 Für Erd- und Flüssiggas zur Verwendung als Treibstoff ist die Steuer je Liter Ben- zinäquivalent 40 Rappen tiefer als die Steuer gemäss Mineralölsteuertarif. 2 Die Mineralölsteuer und der Mineralölsteuerzuschlag werden nach dem Tarif im Anhang 1a zu diesem Gesetz erhoben. Art. 12b13 Steuererleichterung für biogene Treibstoffe 1 Für biogene Treibstoffe wird eine Steuererleichterung auf Gesuch hin gewährt, wenn die folgenden Anforderungen erfüllt sind: a. Die biogenen Treibstoffe erzeugen vom Anbau der Rohstoffe bis zu ihrem Verbrauch erheblich weniger Treibhausgasemissionen als fossiles Benzin. b. Die biogenen Treibstoffe belasten die Umwelt vom Anbau der Rohstoffe bis zu ihrem Verbrauch gesamthaft nicht erheblich mehr als fossiles Benzin. c. Der Anbau der Rohstoffe erforderte keine Umnutzung von Flächen mit ho- hem Kohlenstoffbestand oder mit grosser biologischer Vielfalt. d. Der Anbau der Rohstoffe erfolgte auf Flächen, die rechtmässig erworben wurden. e. Die biogenen Treibstoffe wurden unter sozial annehmbaren Bedingungen produziert. 12 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 2007 (AS 2008 579; BBl 2006 4259). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). 13 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 2007 (AS 2008 579; BBl 2006 4259). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). Mineralölsteuergesetz 7 641.61 2 Die Anforderungen nach Absatz 1 Buchstaben a–d gelten in jedem Fall als erfüllt bei biogenen Treibstoffen, die nach dem Stand der Technik aus biogenen Abfällen oder Produktionsrückständen hergestellt werden. 3 Der Bundesrat kann zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 1 die Anforde- rung einführen, dass die Produktion der biogenen Treibstoffe nicht zulasten der Ernährungssicherheit erfolgen darf. Er berücksichtigt dabei international anerkannte Standards. 4 Er bestimmt den Umfang der Steuererleichterung; er berücksichtigt dabei die Wettbewerbsfähigkeit der biogenen Treibstoffe gegenüber Treibstoffen fossilen Ur- sprungs. Art. 12c14 Nachweis und Rückverfolgbarkeit von biogenen Treibstoffen 1 Wer eine Steuererleichterung für biogene Treibstoffe erhalten will, muss nachwei- sen, dass diese die Anforderungen nach Artikel 12b Absätze 1 und 3 erfüllen. 2 Der Nachweis beinhaltet: a. verständliche und überprüfbare Angaben, welche die Rückverfolgbarkeit des biogenen Treibstoffs über alle Produktionsstufen ermöglichen; und b. Unterlagen, die diese Angaben belegen. 3 Die Steuerbehörde kann verlangen, dass die Richtigkeit der Angaben und Unter- lagen durch anerkannte unabhängige Dritte überprüft und bestätigt wird. 4 Der Bundesrat bezeichnet die erforderlichen Angaben und Unterlagen. Er kann Erleichterungen des Nachweises vorsehen, sofern gewährleistet ist, dass die Anfor- derungen nach Artikel 12b Absätze 1 und 3 erfüllt sind. Art. 12d15 Gesuch um Steuererleichterung für biogene Treibstoffe 1 Das Gesuch um Steuererleichterung für biogene Treibstoffe muss vor der Abgabe der ersten Steueranmeldung schriftlich bei der Steuerbehörde eingereicht werden. 2 Die Steuerbehörde entscheidet über die Steuererleichterung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Umwelt, dem Bundesamt für Landwirtschaft und dem Staats- sekretariat für Wirtschaft. 3 Der Bundesrat regelt das Verfahren. 14 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 2007 (AS 2008 579; BBl 2006 4259). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). 15 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. März 2014 (AS 2016 2661; BBl 2013 5737 5783). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). Steuern 8 641.61 Art. 12e16 Ertragsneutralität 1 Die Steuerausfälle, die sich aus der Steuererleichterung nach den Artikeln 12a und 12b ergeben, sind durch eine höhere Besteuerung des Benzins und Dieselöls bis spätestens am 31. Dezember 2028 zu kompensieren. 2 Der Bundesrat ändert die in Anhang 1 und Artikel 12 Absatz 2 enthaltenen Steu- ersätze für Benzin und Dieselöl und passt die geänderten Steuersätze periodisch an. Art. 13 Massgebender Tarif Der Steuerbetrag berechnet sich nach dem Tarif, der bei Entstehung der Steuerforde- rung in Kraft ist. Art. 14 Unterschiedliche Steuer je nach Verwendungszweck 1 Waren, für die der Steuertarif je nach Verwendung unterschiedliche Sätze vorsieht, werden zum tieferen Satz besteuert, wenn die Person, die sie verwendet, vor Entste- hung der Steuerforderung eine Verwendungsverpflichtung hinterlegt hat. 2 Wer Waren liefert, die zum tieferen Satz besteuert werden, muss: a. eine Warenbuchhaltung führen; und b. dem Empfänger oder der Empfängerin gegenüber einen Verwendungsvorbe- halt anbringen. Art. 15 Heizöl extraleicht 1 Wer Heizöl extraleicht liefert, muss die Verpflichtungen nach Artikel 14 Absatz 2 einhalten. 2 Als Heizöl extraleicht gilt Gasöl, das zu Feuerungszwecken bestimmt sowie gefärbt und gekennzeichnet ist. 3 Produkte, die Heizöl extraleicht enthalten und nicht gefärbt und gekennzeichnet sind, werden zu dem für Dieselöl geltenden Satz besteuert. 4 Der Bundesrat bestimmt das Verfahren sowie die Art der Färbung und Kennzeich- nung. Das Entfärben ist verboten. Art. 16 Gebühren Für Verfügungen und Dienstleistungen können Gebühren erhoben werden. Der Bundesrat setzt die Gebührensätze fest. 16 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. März 2014 (AS 2016 2661; BBl 2013 5737 5783). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2028 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). Mineralölsteuergesetz 9 641.61 4. Abschnitt: Steuerbefreiungen und Steuerrückerstattungen17 Art. 17 Steuerbefreiungen 1 Von der Steuer befreit sind: a. Waren, die nach internationalen Abkommen steuerfrei sind; b. Waren, die als Proben zu Untersuchungszwecken verwendet werden; c. Waren, die vor Entstehung der Steuerforderung nachweislich durch höhere Gewalt, durch einen Unfall oder durch Fehlmanipulation untergegangen sind; d. die in Erdölraffinerien verbrauchte Prozessenergie; e. die in Erdölraffinerien entstandenen, nachgewiesenen Fabrikationsverluste und die in der Fackel verbrannten Gase; f. die in Steuerfreilagern durch Verdunstung entstandenen, nachgewiesenen Lagerverluste, sofern sie das übliche Mass nicht übersteigen; g.18 Waren für den ausschliesslich dienstlichen Gebrauch von institutionellen Begünstigten nach Artikel 2 Absatz 1 des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 200719, die von der Steuerpflicht ausgenommen sind; h.20 Waren für den ausschliesslich persönlichen Gebrauch von begünstigten Per- sonen nach Artikel 2 Absatz 2 des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 2007, die von der Steuerpflicht ausgenommen sind. 1bis Der Bundesrat regelt die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von Waren nach Absatz 1 Buchstaben g und h; die Steuerbehörde regelt das Verfahren.21 2 Der Bundesrat kann Treibstoffe ganz oder teilweise von der Steuer befreien, wenn sie: a. der Versorgung von Luftfahrzeugen im Linienverkehr dienen; b. der Versorgung von Luftfahrzeugen vor dem direkten Abflug ins Ausland die- nen; c. als Betriebsmittel im Fahrzeugtank oder in einem Reservekanister eingeführt werden; 17 Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). 18 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 6 des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 6637; BBl 2006 8017). 19 SR 192.12 20 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 6 des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 6637; BBl 2006 8017). 21 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2993; BBl 2015 2363). Steuern 10 641.61 d. in Pilot- und Demonstrationsanlagen aus erneuerbaren Rohstoffen gewonnen werden. 3 ...22 Art. 18 Steuerrückerstattung 1 Die Steuer wird rückerstattet: a. für gasförmige Kohlenwasserstoffe aus dem Treibstoffumschlag, die zwecks Wiedergewinnung flüssiger Treibstoffe in ein zugelassenes Lager rücküber- führt werden; b. für versteuerte Waren, die in ein zugelassenes Lager rücküberführt werden, wenn der Lagerinhaber innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit der Steuer einen Rückerstattungsantrag stellt. 1bis Die Steuer wird ganz oder teilweise rückerstattet für Treibstoffe, die durch die vom Bund konzessionierten Transportunternehmungen verwendet werden.23 1ter Der Steueranteil, der für Aufgaben und Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr bestimmt ist, wird rückerstattet für den Treibstoff von Pisten- fahrzeugen.24 2 Der Mineralölsteuerzuschlag wird rückerstattet, wenn der Treibstoff für die Land- oder Forstwirtschaft, den Naturwerkstein-Abbau oder die Berufsfischerei verwendet worden ist.25 3 Das Eidgenössische Finanzdepartement kann die Rückerstattung der Steuer zulas- sen, wenn dafür eine wirtschaftliche Notwendigkeit nachgewiesen wird und die Ware zu einem im allgemeinen Interesse liegenden Zweck verwendet worden ist. 3bis Für biogene Treibstoffe, welche die Anforderungen nach Artikel 12b Absätze 1 und 3 nicht erfüllen, können keine Steuerrückerstattungen nach Absatz 3 geltend gemacht werden.26 4 Der Bundesrat regelt das Rückerstattungsverfahren. Geringfügige Beträge werden nicht rückerstattet. 5 Auf Rückerstattungen wird kein Zins bezahlt. 22 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2993; BBl 2015 2363). 23 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2993; BBl 2015 2363). 24 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2993; BBl 2015 2363). 25 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. Dez. 2006, in Kraft seit 1. Juli 2007 (AS 2007 2693; BBl 2006 2427 2449). 26 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. März 2014 (AS 2016 2661; BBl 2013 5737 5783). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). Mineralölsteuergesetz 11 641.61 5. Abschnitt: Steuererhebung Art. 19 Steueranmeldung 1 Wer Waren nach diesem Gesetz einführt, muss gleichzeitig mit der Zollanmeldung eine Steueranmeldung abgeben.27 2 Personen, die zur periodischen Steueranmeldung berechtigt sind, können die ein- geführten Waren provisorisch anmelden. Sie müssen für die Steuer und die anderen Abgaben Sicherheit leisten. Art. 20 Periodische Steueranmeldung 1 Importeure, die über eine Bewilligung der Oberzolldirektion zur periodischen Steueranmeldung verfügen, sowie zugelassene Lagerinhaber müssen periodisch eine definitive Steueranmeldung abgeben. 2 Der Bundesrat setzt die Fristen für die periodische Steueranmeldung fest. Art. 20a28 Treibstoffgemische 1 Steuerpflichtige Personen müssen bei der Steueranmeldung von Treibstoffge- mischen aus biogenen Treibstoffen und anderen Treibstoffen separat anmelden: a. den Anteil biogener Treibstoffe, welche die Anforderungen nach Artikel 12b Absätze 1 und 3 erfüllen; b. den Anteil biogener Treibstoffe, welche die Anforderungen nach Artikel 12b Absätze 1 und 3 nicht erfüllen; und c. den Anteil anderer Treibstoffe. 2 Treibstoffanteile, die eine geringe Menge nicht überschreiten, müssen nicht separat angemeldet werden. Der Bundesrat legt die Menge fest. 3 Die Steuererleichterung kann in Form eines Vorschusses gewährt werden. Der Vorschuss wird auf Grundlage des für die anderen Treibstoffe geltenden Steuersatzes berechnet. Er ist zurückzuerstatten, wenn die Voraussetzung für die Steuer- erleichterung nicht mehr gegeben ist. 4 Der Bundesrat regelt das Verfahren. Art. 21 Steuerveranlagung 1 Bei periodischer Steueranmeldung wird der Steuerbetrag aufgrund der definitiven Steueranmeldung erhoben. 27 Fassung gemäss Anhang Ziff. 9 des Zollgesetzes vom 18. März 2005, in Kraft seit 1. Mai 2007 (AS 2007 1411; BBl 2004 567). 28 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. März 2007 (AS 2008 579; BBl 2006 4259). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). Steuern 12 641.61 2 In den anderen Fällen setzt die Steuerbehörde den Steuerbetrag fest. 3 Die Steueranmeldung ist für die Person, die sie ausgestellt hat, als Grundlage für die Festsetzung des Steuerbetrages verbindlich. Das Ergebnis einer amtlichen Prüfung bleibt vorbehalten. Art. 22 Fälligkeit der Steuer 1 Die Steuer wird mit der Entstehung der Steuerforderung fällig. 2 Bei periodischer Steueranmeldung läuft die Zahlungsfrist bis zum 15. Tag des Monats, der auf den Fälligkeitstag folgt. Der Bundesrat setzt die übrigen Zahlungs- fristen fest. 3 Bei verspäteter Zahlung wird ein Verzugszins geschuldet. Das Eidgenössische Finanzdepartement setzt den Zinssatz fest. Art. 23 Sicherstellung der Steuer 1 Die Oberzolldirektion kann Sicherstellung verlangen: a. wenn die steuerpflichtige Person mit der Zahlung der Steuer in Verzug ist; oder b. wenn der Steueranspruch aus anderen Gründen als gefährdet erscheint. 2 Die Sicherstellungsverfügung ist sofort vollstreckbar. Sie gilt als Arrestbefehl im Sinne von Artikel 274 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 188929; die Einsprache gegen den Arrestbefehl ist ausgeschlossen. Art. 24 Nachforderung und Rückzahlung der Steuer 1 Hat die Steuerbehörde trotz Steueranmeldung eine geschuldete Steuer irrtümlich nicht oder zu niedrig oder einen rückerstatteten Steuerbetrag zu hoch festgesetzt, so fordert sie den Betrag innerhalb eines Jahres nach Eröffnung der Verfügung nach. 2 Wird bei einer amtlichen Prüfung der Steuerveranlagung innerhalb eines Jahres festgestellt, dass eine Steuer zu Unrecht erhoben worden ist, so wird der zuviel bezahlte Steuerbetrag von Amtes wegen rückerstattet. Art. 25 Verjährung der Steuerforderung 1 Die Steuerforderung verjährt zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist. 2 Die Verjährung wird unterbrochen: a. wenn die steuerpflichtige Person die Steuerforderung anerkennt; b. durch jede Amtshandlung, mit der die Steuerforderung bei der steuerpflichti- gen Person geltend gemacht wird. 3 Mit jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen. 29 SR 281.1 Mineralölsteuergesetz 13 641.61 4 Die Steuerforderung verfällt in jedem Fall 15 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist. Art. 26 Erlass der Steuer 1 Die Steuer kann der steuerpflichtigen Person ganz oder teilweise erlassen werden: a. wenn die Ware durch Zufall oder durch höhere Gewalt untergegangen ist; b. wenn in anderen Fällen aussergewöhnliche Gründe, die nicht die Bemessung der Abgaben betreffen, die Bezahlung als besondere Härte erscheinen lassen. 2 Die Steuerbehörde entscheidet über den Steuererlass. 6. Abschnitt: Zugelassene Lager Art. 27 Herstellung, Gewinnung, Lagerung Die Herstellung und Gewinnung von Waren, die diesem Gesetz unterliegen, sowie die Lagerung unversteuerter Waren müssen in einem zugelassenen Lager erfolgen. Art. 28 Bewilligung 1 Als zugelassene Lager können bewilligt werden: a. Erdölraffinerien; b. andere Herstellungsbetriebe, in denen Waren, die diesem Gesetz unterliegen, gewonnen oder erzeugt werden; c. Steuerfreilager. 2 Personen, die Waren nur zum eigenen Verbrauch lagern, erhalten keine Bewilli- gung. 3 Der Bundesrat legt die Voraussetzungen für die Einrichtung und den Betrieb von zugelassenen Lagern fest; die Steuerbehörde erteilt die Bewilligung. 4 Die Bewilligung wird entzogen: a. wenn die Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung nicht mehr gegeben sind; oder b. wenn der zugelassene Lagerinhaber seinen Verpflichtungen nach diesem Gesetz nicht nachkommt. 5 Für Waren, die der Pflichtlagerhaltung unterliegen, kann der Bundesrat besondere Vorschriften erlassen. Art. 29 Aufsicht Die zugelassenen Lager können der Aufsicht durch die Steuerbehörde unterstellt werden. Steuern 14 641.61 Art. 30 Sicherheitsleistung Die zugelassenen Lagerinhaber leisten für die Steuer und die anderen Abgaben eine angemessene Sicherheit. Für die Sicherheitsleistung werden weder Gebühren erhoben noch Zinsen bezahlt. Art. 31 Warenbuchhaltung und Meldepflicht 1 Die zugelassenen Lagerinhaber sind verpflichtet, für jede Warenart Aufzeichnungen zu führen über Lagerbestände, Ein- und Ausgänge, Produktion, Eigenverbrauch und Verluste. Sie erstatten der Steuerbehörde darüber periodisch Meldung. 2 Sie können, unter ihrer Verantwortung, die Erfüllung von Verpflichtungen nach Absatz 1 einer Lagerfirma übertragen. Art. 32 Beförderung unversteuerter Waren 1 Werden eingeführte, unversteuerte Waren von der Grenze in ein zugelassenes Lager befördert, so müssen die Importeure die sich aus diesem Gesetz ergebenden Pflichten erfüllen; sie leisten für die Steuer und die anderen Abgaben Sicherheit. 2 Werden unversteuerte Waren zwischen zugelassenen Lagern oder, bei auszufüh- renden Waren, von einem zugelassenen Lager zur Grenze befördert, so müssen die versendenden zugelassenen Lagerinhaber die sich aus diesem Gesetz ergebenden Pflichten erfüllen; sie leisten für die Steuer und die anderen Abgaben Sicherheit. 3 Die Sicherheitsleistung endet: a. wenn die Ware im zugelassenen Lager eingetroffen und deren Eingang ord- nungsgemäss verbucht worden ist; oder b. wenn die Ausfuhr der Ware zollamtlich bestätigt worden ist. 4 Der zugelassene Lagerinhaber muss der Steuerbehörde jeden Versand von unver- steuerten Waren melden. 7. Abschnitt: Statistik Art. 33 1 Die Steuerbehörde führt eine Statistik über den Verkehr mit Waren, die diesem Gesetz unterliegen. 2 Die erfassten Daten werden für den Vollzug dieses Gesetzes und für die Erstellung von Statistiken verwendet. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten. Mineralölsteuergesetz 15 641.61 8. Abschnitt: Rechtsmittel Art. 34 Einsprache 1 Gegen erstinstanzliche Verfügungen der Oberzolldirektion kann innerhalb von 30 Tagen Einsprache erhoben werden. Ausgenommen sind Verfügungen über die Sicherstellung. 2 Für das Einspracheverfahren gelten sinngemäss die Bestimmungen über das Ver- waltungsbeschwerdeverfahren (Art. 51 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dez. 196830). Art. 35 Beschwerde an die Zollkreisdirektionen und an die Oberzolldirektion 1 Gegen Verfügungen der Zollstellen kann Beschwerde erhoben werden: a. über die definitive Veranlagung bei der Einfuhr und der Ausfuhr: innerhalb von 60 Tagen bei der Zollkreisdirektion; b. in anderen Fällen: innerhalb von 30 Tagen bei der Oberzolldirektion.31 2 Gegen erstinstanzliche Verfügungen der Zollkreisdirektionen kann innerhalb von 30 Tagen bei der Oberzolldirektion Beschwerde erhoben werden.32 Art. 3633 Art. 37 Beschwerde gegen Sicherstellungsverfügungen 1 ...34 2 Beschwerden gegen Sicherstellungsverfügungen haben keine aufschiebende Wir- kung. 30 SR 172.021 31 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Aug. 2016 (AS 2016 2429; BBl 2015 2883). 32 Fassung gemäss Anhang Ziff. 55 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2197 1069; BBl 2001 4202). 33 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 55 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, mit Wirkung seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2197 1069; BBl 2001 4202). 34 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 55 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, mit Wirkung seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2197 1069; BBl 2001 4202). Steuern 16 641.61 9. Abschnitt: Strafbestimmungen35 Art. 38 Gefährdung oder Hinterziehung der Steuer 1 Wer die Steuer vorsätzlich oder fahrlässig gefährdet oder hinterzieht oder sich oder einer anderen Person sonst wie einen unrechtmässigen Steuervorteil verschafft oder zu verschaffen versucht, wird mit Busse bis zum Fünffachen der gefährdeten oder hinterzogenen Steuer oder des unrechtmässigen Vorteils bestraft. Vorbehalten bleiben die Artikel 14–16 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 197436. 2 Bei erschwerenden Umständen wird das Höchstmass der angedrohten Busse um die Hälfte erhöht. Zudem kann auf Gefängnis erkannt werden. Als erschwerende Um- stände gelten: a. die Anwerbung mehrerer Personen für eine Widerhandlung; b. die gewerbs- oder gewohnheitsmässige Verübung von Widerhandlungen. 3 Kann der gefährdete oder hinterzogene Steuerbetrag nicht genau ermittelt werden, so wird er durch die Steuerbehörde geschätzt. 4 Erfüllt eine Handlung zugleich den Tatbestand einer Gefährdung oder Hinterzie- hung der Steuer und einer durch das BAZG zu verfolgenden Widerhandlung gegen andere Abgabenerlasse des Bundes, so wird die für die schwerste Widerhandlung verwirkte Strafe verhängt; diese kann angemessen erhöht werden.37 Art. 39 Steuerhehlerei Wer Waren, von denen er oder sie weiss oder annehmen muss, dass die darauf geschuldete Steuer hinterzogen worden ist, erwirbt, sich schenken lässt, zu Pfand oder sonst wie in Gewahrsam nimmt, verheimlicht, absetzen hilft oder in Verkehr bringt, wird nach der Strafandrohung bestraft, die für die Täterschaft gilt. Art. 40 Verletzung der Aufzeichnungs- und Meldepflicht Wer die in Artikel 31 vorgeschriebenen Aufzeichnungen vorsätzlich oder fahrlässig nicht oder nur mangelhaft führt oder die periodischen Meldungen an die Steuer- behörde ganz oder teilweise unterlässt, wird mit Busse bis zu 10 000 Franken bestraft. 35 Ab 1. Jan. 2007 sind die angedrohten Strafen und die Verjährungsfristen in Anwendung von Art. 333 Abs. 2–6 des Strafgesetzbuches (SR 311.0) in der Fassung des BG vom 13. Dez. 2002 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979) zu interpretieren beziehungsweise um- zurechnen. 36 SR 313.0 37 Fassung gemäss Ziff. I 22 der V vom 12. Juni 2020 über die Anpassung von Gesetzen infolge der Änderung der Bezeichnung der Eidgenössischen Zollverwaltung im Rahmen von deren Weiterentwicklung, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2020 2743). Mineralölsteuergesetz 17 641.61 Art. 4138 Ordnungswidrigkeiten Wer vorsätzlich oder grobfahrlässig einer Vorschrift dieses Gesetzes oder eines Ausführungserlasses oder einer aufgrund solcher Vorschriften erlassenen Weisung oder einer unter Hinweis auf die Strafandrohung dieses Artikels an ihn oder sie gerichteten Einzelverfügung zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 5000 Franken bestraft. Art. 42 Verhältnis zum Verwaltungsstrafrechtsgesetz39 1 Widerhandlungen werden nach dem Verwaltungsstrafrechtsgesetz vom 22. März 1974 verfolgt und beurteilt. 2 Verfolgende und urteilende Behörde ist das BAZG.40 Art. 4341 10. Abschnitt: Übergangsbestimmungen Art. 44 Zollfrei eingeführte Waren Wer Waren, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes zollfrei eingeführt worden sind, nachträglich zu Zwecken abgibt oder verwendet, die der Steuer unterliegen, muss diese bezahlen. Art. 45 Zollbegünstigt eingeführte Waren Wer Waren, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgrund ihres Verwendungs- zweckes begünstigt verzollt worden sind, zu Zwecken abgibt oder verwendet, welche höheren Abgaben unterliegen, muss die Differenz zwischen den bezahlten Zoll- abgaben und der Steuer bezahlen. Art. 46 Waren innerhalb und ausserhalb von zugelassenen Lagern 1 Wer Waren, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes unverzollt eingelagert worden sind, ausserhalb von zugelassenen Lagern lagert, muss die Steuer am Tag des In- krafttretens dieses Gesetzes bezahlen. 2 Die nachweislich vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bezahlten Zollabgaben für Waren, die am Tag des Inkrafttretens in einem zugelassenen Lager lagern, werden auf 38 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 23. März 2007, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 579; BBl 2006 4259). 39 SR 313.0 40 Fassung gemäss Ziff. I 22 der V vom 12. Juni 2020 über die Anpassung von Gesetzen infolge der Änderung der Bezeichnung der Eidgenössischen Zollverwaltung im Rahmen von deren Weiterentwicklung, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2020 2743). 41 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 9 des Zollgesetzes vom 18. März 2005, mit Wirkung seit 1. Mai 2007 (AS 2007 1411; BBl 2004 567). Steuern 18 641.61 Antrag zurückbezahlt; der Antrag ist innerhalb von 30 Tagen ab Inkrafttreten dieses Gesetzes der Steuerbehörde einzureichen. Art. 47 Heizöl 1 Wer Waren besitzt, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes als Heizöl zu Feuerungs- zwecken verzollt worden sind und die nicht vorschriftsgemäss gefärbt und gekenn- zeichnet sind, muss die Differenz zwischen den bezahlten Zollabgaben und der Steuer für Dieselöl am Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes bezahlen, ausgenommen für Heizöl mittel und Heizöl schwer. 2 Die nach Zollrecht nicht reverspflichtigen Verbraucher und Verbraucherinnen von Heizöl sind von den Verpflichtungen nach Absatz 1 befreit; für sie gelten die zoll- rechtlichen Bestimmungen weiter. 3 Die Steuerbehörde kann bei den nach Zollrecht reverspflichtigen Verbrauchern und Verbraucherinnen auf die Nacherhebung der Steuer verzichten, sofern sie Gewähr dafür leisten, dass sie die Ware selber zu Feuerungszwecken verwenden. Art. 48 Rückerstattungen Rückerstattungsgesuche für zollbegünstigte Waren, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes verbraucht worden sind, werden nach den Bestimmungen dieses Gesetzes behandelt. 11. Abschnitt: Referendum und Inkrafttreten Art. 49 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 199742 42 BRB vom 20. Nov. 1996 Mineralölsteuergesetz 19 641.61 Anhang 143 (Art. 12 Abs. 1) Mineralölsteuertarif Zolltarifnummer44 Warenbezeichnung Steuersatz Fr. je 1000 l bei 15 °C 2707. Öle und andere Erzeugnisse der Destillation des Hoch- temperatur-Steinkohlenteers; ähnliche Erzeugnisse, in denen die aromatischen Bestandteile im Gewicht gegen- über den nichtaromatischen Bestandteilen überwiegen: – Benzol: 1010 – – zur Verwendung als Treibstoff 431.20 1090 – – andere 8.80 – Toluol: 2010 – – zur Verwendung als Treibstoff 431.20 2090 – – andere 8.80 – Xylol: 3010 – – zur Verwendung als Treibstoff 431.20 3090 – – andere 8.80 – Naphthalin: 4010 – – zur Verwendung als Treibstoff 431.20 4090 – – andere 8.80 – andere aromatische Kohlenwasserstoffmischungen, bei deren Destillation, nach der Methode ISO 3405 (gleichwertig mit der Methode ASTM D 86), 65 % Vol oder mehr (einschliesslich Verluste) bis 250 C über- gehen: 5010 – – zur Verwendung als Treibstoff 431.20 5090 – – andere 8.80 – andere: – – Kreosotöle: 9110 – – – zur Verwendung als Treibstoff 431.20 9190 – – – andere 8.80 – – andere: 9910 – – – zur Verwendung als Treibstoff 431.20 9990 – – – andere 8.80 2709. Erdöle oder Öle aus bituminösen Mineralien, roh: 0010 – – zur Verwendung als Treibstoff 431.20 0090 – – andere 8.80 43 Bereinigt gemäss Anhang Ziff. 1 der V vom 3. Juli 2001 (AS 2001 2091), Anhang 4 Ziff. I der V vom 28. Juni 2006 (AS 2006 2995), Anhang 3 Ziff. 1 der V vom 22. Juni 2011 über die Änderung des Zolltarifs (AS 2011 3331), Anhang 3 Ziff. 2 der V vom 10. Juni 2016 über die Änderung des Zolltarifs (AS 2016 2445), Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813) und Anhang 3 Ziff. 2 der V vom 30. Juni 2021 über die Änderung des Zolltarifs, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 445). 44 SR 632.10 Anhang Steuern 20 641.61 Zolltarifnummer Warenbezeichnung Steuersatz Fr. 2710. Erdöle oder Öle aus bituminösen Mineralien, andere als rohe Öle; anderweit weder genannte noch inbegriffene Zuberei- tungen mit einem Gewichtsanteil an Erdölen oder Ölen aus bituminösen Mineralien von 70 % oder mehr, in denen diese Öle den wesentlichen Bestandteil bilden; Ölabfälle: – Erdöle oder Öle aus bituminösen Mineralien (andere als rohe Öle) und anderweit weder genannte noch inbegrif- fene Zubereitungen mit einem Gewichtsanteil an Erdölen oder Ölen aus bituminösen Mineralien von 70 % oder mehr, in denen diese Öle den wesentlichen Bestandteil bilden, andere als solche die Biodiesel enthalten und andere als Ölabfälle: – – Leichtöle und Zubereitungen: – – – zur Verwendung als Treibstoff: 1211 – – – – Benzin und seine Fraktionen 431.20 1212 – – – – White Spirit 452.10 1219 – – – – andere 458.70 – – – zu andern Zwecken: 1291 – – – – Benzin und seine Fraktionen 8.80 1292 – – – – White Spirit 9.20 1299 – – – – andere 9.90 – – andere: – – – zur Verwendung als Treibstoff: 1911 – – – – Petroleum 439.50 1912 – – – – Dieselöl 458.70 1919 – – – – andere 458.70 – – – zu andern Zwecken: 1991 – – – – Petroleum 9.50 1992 – – – – Heizöle zu Feuerungszwecken: – – – – – extraleicht 3.00 je 1000 kg – – – – – mittel und schwer 3.60 1993 – – – – Mineralöldestillate, bei denen weniger als 20 % Vol vor 300 °C übergehen, unvermischt 11.90 1994 – – – – Mineralöldestillate, bei denen weniger als 20 % Vol vor 300 °C übergehen, vermischt 30.20 1995 – – – – Mineralschmierfett 30.20 1999 – – – – andere Destillate und Produkte 11.90 je 1000 l bei 15 °C – Erdöle oder Öle aus bituminösen Mineralien (andere als rohe Öle) und anderweit weder genannte noch inbegrif- fene Zubereitungen mit einem Gewichtsanteil an Erdölen oder Ölen aus bituminösen Mineralien von 70 % oder mehr, in denen diese Öle den wesentlichen Bestandteil bilden, Biodiesel enthaltend, andere als Ölabfälle: 2010 – – zur Verwendung als Treibstoff 458.70 2090 – – zu anderen Zwecken (nur fossiler Anteil) 3.00 je 1000 kg – Ölabfälle: 9100 – – Polychlordiphenyle (PCB), Polychlorterphenyle (PCT) oder Polybromdiphenyle (PBB) enthaltend 11.90 9900 – – andere 11.90 Mineralölsteuergesetz 21 641.61 Zolltarifnummer Warenbezeichnung Steuersatz Fr. 2711. Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe: – verflüssigt: – – Erdgas: 1110 – – – zur Verwendung als Treibstoff 409.90 1190 – – – anderes 2.10 je 1000 l bei 15 °C – – Propan: 1210 – – – zur Verwendung als Treibstoff 209.10 1290 – – – anderes 1.10 – – Butane: 1310 – – – zur Verwendung als Treibstoff 209.10 1390 – – – andere 1.10 – – Ethylen, Propylen, Butylen und Butadien: 1410 – – – zur Verwendung als Treibstoff 209.10 1490 – – – andere 1.10 – – andere: 1910 – – – zur Verwendung als Treibstoff: je 1000 kg – – – – aus Biomasse oder anderen erneuerbaren Energieträgern 409.90 je 1000 l bei 15 °C – – – – andere 209.10 1990 – – – andere 1.10 je 1000 kg – in gasförmigem Zustand: – – Erdgas: 2110 – – – zur Verwendung als Treibstoff 409.90 2190 – – – anderes 2.10 – – andere: 2910 – – – zur Verwendung als Treibstoff 409.90 2990 – – – andere 2.10 je 1000 l bei 15 °C 2901. Kohlenwasserstoffe, acyclische: – gesättigt: – – gasförmige, auch verflüssigt: 1011 – – – zur Verwendung als Treibstoff 209.10 – – andere als gasförmige: 1091 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – ungesättigt: – – Ethylen: 2110 – – – zur Verwendung als Treibstoff 209.10 – – Propen (Propylen): 2210 – – – zur Verwendung als Treibstoff 209.10 – – Buten (Butylen) und seine Isomere: 2310 – – – zur Verwendung als Treibstoff 209.10 – – 1,3-Butadien und Isopren: – – – 1,3-Butadien: 2411 – – – – zur Verwendung als Treibstoff 209.10 – – – Isopren: Steuern 22 641.61 Zolltarifnummer Warenbezeichnung Steuersatz Fr. 2421 – – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – andere: – – – gasförmig, auch verflüssigt: 2911 – – – – zur Verwendung als Treibstoff 209.10 – – – andere als gasförmige: 2991 – – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 2902. Kohlenwasserstoffe, cyclische: – alicyclische: – – Cyclohexan: 1110 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – andere: 1910 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – Benzol: 2010 – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – Toluol: 3010 – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – Xylole: – – o-Xylol: 4110 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – m-Xylol: 4210 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – p-Xylol: 4310 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – Xylol-Isomerengemische: 4410 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – Ethylbenzol: 6010 – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – Cumol: 7010 – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – andere: 9010 – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 2905. Acyclische Alkohole und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitrosoderivate: – gesättigte einwertige Alkohole: – – Methanol (Methylalkohol): 1110 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – Propan-1-ol (Propylalkohol) und Propan-2-ol (Isopropylalkohol): 1210 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – andere Butanole: 1410 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – Octanol (Octylalkohol) und seine Isomere: 1610 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – andere: 1920 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – ungesättigte einwertige Alkohole: – – acyclische Terpenalkohole: 2210 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 – – andere: 2910 – – – zur Verwendung als Treibstoff 439.80 2909. Ether, Etheralkohole, Etherphenole, Etherphenolalkohole, Alkoholperoxide, Etherperoxide, Acetalperoxide und Halbacetalperoxide, Ketonperoxide (auch chemisch nicht einheitlich) und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitro- soderivate: Mineralölsteuergesetz 23 641.61 Zolltarifnummer Warenbezeichnung Steuersatz Fr. – acyclische Ether und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitrosoderivate: – – andere: 1910 – – – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 – alicyclische Ether und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitrosoderivate: 2010 – – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 – aromatische Ether und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitrosoderivate: 3010 – – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 – Etheralkohole und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitrosoderivate: – – Monobutylether des Ethylenglycols oder des Diet- hylenglycols: 4310 – – – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 – – andere Monoalkylether des Ethylenglycols oder des Diethylenglycols: 4420 – – – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 – – andere: 4910 – – – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 – Etherphenole, Etherphenolalkohole und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitrosoderivate: 5010 – – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 – Alkoholperoxide, Etherperoxide, Acetalperoxide und Halbacetalperoxide, Ketonperoxide, und ihre Halogen-, Sulfo-, Nitro- oder Nitrosoderivate: 6010 – – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 je 1000 kg 3403. Zubereitete Schmiermittel (einschliesslich Schneidöle, Zu- bereitungen zum Lösen von Schrauben, zubereitete Rost- schutz- oder Korrosionsschutzmittel und Formentrennmittel, auf der Grundlage von Schmierstoffen) und Zubereitungen der als Schmälzmittel für Spinnstoffe, Mittel zum Ölen oder Fetten von Leder, Pelzen oder anderen Stoffen verwendeten Art, ausgenommen solche, die als wesentlichen Bestandteil 70 Gewichtsprozent oder mehr Erdöl oder Öl aus bit- uminösen Mineralien enthalten: – Erdöl oder Öl aus bituminösen Mineralien enthaltend: 1900 – – andere als solche der Nr. 3403.1100 30.20 – andere: 9900 – – andere als solche der Nr. 3403.9100 30.20 je 1000 l bei 15 °C 3811. Antiklopfmittel, Antioxidantien, Antigums, Viskositäts- verbesserer, Antikorrosivadditive und andere zubereitete Additive für Mineralöle (einschliesslich Treibstoffe) oder für andere zu gleichen Zwecken wie Mineralöle verwendete Flüssigkeiten: – andere (als Antiklopfmittel und Additive für Schmieröle): 9010 – – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 3814. Zusammengesetzte organische Lösungs- und Verdün- nungsmittel, anderweit weder genannt noch inbegriffen; Zubereitungen zum Entfernen von Farben oder Lacken: 0010 – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 Steuern 24 641.61 Zolltarifnummer Warenbezeichnung Steuersatz Fr. 3817. Alkylbenzol-Gemische und Alkylnaphtalin-Gemische, ausgenommen solche der Nrn. 2707 oder 2902: 0010 – zur Verwendung als Treibstoff 420.60 3824. Zubereitete Bindemittel für Giessereiformen oder -kerne; chemische Erzeugnisse und Zubereitungen der chemischen Industrie oder verwandter Industrien (einschliesslich Mischungen von Naturprodukten), anderweit weder genannt noch inbegriffen: – andere: – – andere: 9920 – – – Erzeugnisse zur Verwendung als Treibstoff 420.60 3826. Biodiesel und seine Mischungen, keine Erdöle oder Öle aus bituminösen Mineralien enthaltend oder mit einem Ge- wichtsanteil an Erdölen oder Ölen aus bituminösen Minera- lien von weniger als 70 %: 0010 – zur Verwendung als Treibstoff 458.70 0090 – zu anderen Zwecken (nur fossiler Anteil) 3.00 ... Treibstoffe aus anderen Ausgangsstoffen 420.60 Mineralölsteuergesetz 25 641.61 Anhang 1a45 (Art. 12a Abs. 2) Steuertarif für Erd- und Flüssiggas als Treibstoff Zolltarif- nummer46 Warenbezeichnung Steuer- belastung47 (Art. 12) Steuerer- leichterung (Art. 12a) Steuer- belastung (Art. 12a) Mineralöl- steuer Mineralöl- steuer- zuschlag Fr. Fr. Fr. Fr. Fr. je 1000 kg je 1000 kg je 1000 kg je 1000 kg je 1000 kg 2711. Erdgas und andere gasför- mige Kohlenwasserstoffe: – verflüssigt: – – Erdgas unvermischt: 1110 – – – zur Verwendung als Treibstoff 809.20 587.00 222.20 112.50 109.70 je 1000 l bei 15 °C je 1000 l bei 15 °C je 1000 l bei 15 °C je 1000 l bei 15 °C je 1000 l bei 15 °C – – Propan unvermischt: 1210 – – – zur Verwendung als Treibstoff 509.10 294.10 215.00 88.30 126.70 – – Butane unvermischt: 1310 – – – zur Verwendung als Treibstoff 509.10 294.10 215.00 88.30 126.70 – – Ethylen, Propylen, Butylen und Butadien unvermischt: 1410 – – – zur Verwendung als Treibstoff 509.10 294.10 215.00 88.30 126.70 – – andere unvermischt: 1910 – – – zur Verwendung als Treibstoff: je 1000 kg je 1000 kg je 1000 kg je 1000 kg je 1000 kg – – – – aus Biomasse oder anderen erneuerbaren Energieträgern 809.20 587.00 222.20 112.50 109.70 je 1000 l bei 15 °C je 1000 l bei 15 °C je 1000 l bei 15 °C je 1000 l bei 15 °C je 1000 l bei 15 °C – – – – andere 509.10 294.10 215.00 88.30 126.70 45 Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 23. März 2007 (AS 2008 579; BBl 2006 4259). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 20. Dez. 2019 über die Verlängerung der Befristung der Steuererleichterungen für Erdgas, Flüssiggas und biogene Treibstoffe und über die Änderung des Bundesgesetzes über die Reduktion der CO2-Emissionen, in Kraft vom 1. Juli 2019 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2020 1269; BBl 2019 5679 5813). 46 SR 632.10 Anhang; der Generaltarif und seine Änderungen werden nach Art. 5 Abs. 1 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004 (SR 170.512) in der AS nicht veröffentlicht. Der Text kann unter www.ezv.admin.ch eingesehen werden. Die Änderungen werden zudem auch in den Zolltarif übernommen, siehe www.tares.ch. 47 Mineralölsteuer und Mineralölsteuerzuschlag. Steuern 26 641.61 Zolltarifnummer Warenbezeichnung Steuer- belastung (Art. 12) Steuerer- leichterung (Art. 12a) Steuer- belastung (Art. 12a) Mineralöl- steuer Mineralöl- steuer- zuschlag Fr. Fr. Fr. Fr. Fr. je 1000 kg je 1000 kg je 1000 kg je 1000 kg je 1000 kg – in gasförmigem Zustand: – – Erdgas: 2110 – – – zur Verwendung als Treibstoff 809.20 587.00 222.20 112.50 109.70 – – andere: 2910 – – – zur Verwendung als Treibstoff 809.20 587.00 222.20 112.50 109.70 Mineralölsteuergesetz 27 641.61 Anhang 2 Änderung bisherigen Rechts ...48 48 Die Änderungen können unter AS 1996 3371 konsultiert werden. Steuern 28 641.61 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Grundsatz Art. 2 Begriffe Art. 2a Bezeichnung der biogenen Treibstoffe Art. 3 Steuerobjekt Art. 4 Entstehung der Steuerforderung Art. 5 Steuerbehörde Art. 6 Kontrollen durch die Steuerbehörde Art. 7 Amtshilfe Art. 8 Schweigepflicht 2. Abschnitt: Steuerpflicht Art. 9 Steuerpflichtige Personen Art. 10 Steuernachfolge Art. 11 Mithaftung für die Steuer 3. Abschnitt: Tarife Art. 12 Steuertarif Art. 12a Steuererleichterung für Erd- und Flüssiggas Art. 12b Steuererleichterung für biogene Treibstoffe Art. 12c Nachweis und Rückverfolgbarkeit von biogenen Treibstoffen Art. 12d Gesuch um Steuererleichterung für biogene Treibstoffe Art. 12e Ertragsneutralität Art. 13 Massgebender Tarif Art. 14 Unterschiedliche Steuer je nach Verwendungszweck Art. 15 Heizöl extraleicht Art. 16 Gebühren 4. Abschnitt: Steuerbefreiungen und Steuerrückerstattungen Art. 17 Steuerbefreiungen Art. 18 Steuerrückerstattung 5. Abschnitt: Steuererhebung Art. 19 Steueranmeldung Art. 20 Periodische Steueranmeldung Art. 20a Treibstoffgemische Art. 21 Steuerveranlagung Art. 22 Fälligkeit der Steuer Art. 23 Sicherstellung der Steuer Art. 24 Nachforderung und Rückzahlung der Steuer Art. 25 Verjährung der Steuerforderung Art. 26 Erlass der Steuer 6. Abschnitt: Zugelassene Lager Art. 27 Herstellung, Gewinnung, Lagerung Art. 28 Bewilligung Art. 29 Aufsicht Art. 30 Sicherheitsleistung Art. 31 Warenbuchhaltung und Meldepflicht Art. 32 Beförderung unversteuerter Waren 7. Abschnitt: Statistik Art. 33 8. Abschnitt: Rechtsmittel Art. 34 Einsprache Art. 35 Beschwerde an die Zollkreisdirektionen und an die Oberzolldirektion Art. 36 Art. 37 Beschwerde gegen Sicherstellungsverfügungen 9. Abschnitt: Strafbestimmungen Art. 38 Gefährdung oder Hinterziehung der Steuer Art. 39 Steuerhehlerei Art. 40 Verletzung der Aufzeichnungs- und Meldepflicht Art. 41 Ordnungswidrigkeiten Art. 42 Verhältnis zum Verwaltungsstrafrechtsgesetz Art. 43 10. Abschnitt: Übergangsbestimmungen Art. 44 Zollfrei eingeführte Waren Art. 45 Zollbegünstigt eingeführte Waren Art. 46 Waren innerhalb und ausserhalb von zugelassenen Lagern Art. 47 Heizöl Art. 48 Rückerstattungen 11. Abschnitt: Referendum und Inkrafttreten Art. 49 Anhang 1 Mineralölsteuertarif Anhang 1a Steuertarif für Erd- und Flüssiggas als Treibstoff Anhang 2 Änderung bisherigen Rechts
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Sachverhalt ab Seite 18 BGE 103 IV 18 S. 18 Die A. AG gründete zusammen mit einer andern juristischen Person in den Jahren 1959 bis 1961 sieben sog. A.-Anlagefonds. Die A. AG war als "Treuhänderin" (Depotbank im Sinne des späteren BG über Anlagefonds) tätig. Zur sog. A.-Gruppe gehörten u.a. die im Oktober 1957 gegründete I. AG, sowie die im Mai 1961 gegründete Bank A. AG. Die 7 A.-Anlagefonds hatten ihre flüssigen finanziellen Mittel in der A.-Gruppe stehen lassen. Dadurch wurde es dieser ermöglicht, mit dem Fremdgeld zu günstigen Bedingungen arbeiten zu können. Ihre Liquiditätsklemme, verursacht durch eine schlechte Entwicklung der Börsenlage, führte dazu, dass diese "flüssigen Mittel" der 7 A.-Fonds im Interesse der A.-Gruppe zweckwidrig verwendet wurden. X. trat 1955 als Buchhalter in die A. AG ein und erhielt im Januar 1956 die Prokura. Im Oktober 1961 wurde er zum Vizedirektor und im September 1964 zum Direktor ernannt. Ausser diesen Funktionen übte X. ab September 1961 in der Bank A. AG die Tätigkeit eines Sekretärs des Verwaltungsrates aus. Das Strafgericht Basel-Stadt sprach X. am 7. März 1975 u.a. der qualifizierten Veruntreuung gemäss BGE 103 IV 18 S. 19 Art. 140 Ziff. 2 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten zehnmonatigen Gefängnisstrafe. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt setzte die Freiheitsstrafe auf sechs Monate herab. X. führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Freisprechung von Schuld und Strafe. Erwägungen Aus den Erwägungen: X. wurde wegen qualifizierter Veruntreuung verurteilt mit der Begründung, er habe die Tat bei Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes begangen, zu der er durch eine Behörde ermächtigt worden sei. X. bestreitet diese Subsumption im wesentlichen mit der Begründung, das zur Zeit der Tat (1966) geltende Bankengesetz von 1934 habe noch keinerlei Bewilligung oder Ermächtigung für die Ausübung des Bankgewerbes vorgesehen und das baselstädtische Börsengesetz in § 1 Abs. 2 den Wechsel nicht als Wertpapier gelten lassen. Unbestritten ist, dass die A. AG zur Zeit der Tat dem Bankengesetz unterstellt war. In der Fassung vom 8. November 1934 (BS 10 S. 337 ff.) sah das Bankengesetz - im Gegensatz zum revidierten Gesetz vom 11. März 1971 (AS 1971 S. 808, SR 932.0) - nicht ausdrücklich eine Bewilligungspflicht für Banken vor. Doch lautete Art. 3 Abs. 3 jenes Gesetzes in der ursprünglichen Fassung wie folgt: "Bei der Gründung einer Bank oder der nachträglichen Umwandlung eines Unternehmens in eine Bank sind die Gesellschaftsverträge, Statuten und Reglemente der Bankenkommission einzureichen. Bevor die Bankenkommission festgestellt hat, dass die Bedingungen von Abs. 1 und 2 erfüllt sind, darf die Bank weder ihre Tätigkeit aufnehmen noch ins Handelsregister eingetragen werden." Entsprechend hatte die Bankenkommission, wenn sie feststellte, dass diese Bedingungen über die Organisation erfüllt waren, "darüber eine Bescheinigung auszustellen, damit die Firma ihre Tätigkeit als Bank aufnehmen und der Eintrag ins Handelsregister vorgenommen werden kann..." (damalige Vollziehungsverordnung vom 26. Februar 1935, BS 10 S. 359). Erst mit dieser Bescheinigung hatte also die A. AG die amtliche Erlaubnis, das Bankgewerbe zu betreiben, und war sie damit zu dessen Ausübung im Sinne des Art. 140 Ziff. 2 StGB "durch eine Behörde ermächtigt". BGE 103 IV 18 S. 20 Die Regelungen über die staatlichen Berufsbewilligungen sind in zahlreichen Erlassen des Bundes und der Kantone zerstreut. Die Methoden und Formen, mit welchen die Berufsbewilligungen erteilt werden, sind ebenso vielfältig wie die Instanzen, welche sie zu erteilen haben. Daraus folgt, dass der Begriff der behördlichen Ermächtigung nicht eng und in einem bestimmten juristisch-technischen Sinne verstanden werden soll. Entscheidend ist, ob die Erlaubnis, einen Beruf, ein Gewerbe usw. auszuüben, der amtlichen oder staatlichen Bewilligung bedarf. Art. 54 StGB , welcher das Berufsverbot umschreibt, spricht denn auch von einer "behördlichen Bewilligung". Der Grund des höhern Strafschutzes liegt darin, dass der Staat mit der Erteilung einer solchen Bewilligung das Zutrauen der Öffentlichkeit in Personen, die einen solchen Beruf oder ein derartiges Gewerbe oder Handelsgeschäft betreiben, erhöht (Sten.Bull., NR 11.12.1928, Bundesrat HÄBERLIN, Sep. Ausg. S. 199; StR 16.6.1931, Berichterstatter BAUMANN, Sep. Ausg. S. 113). Das trifft auch für die genannte Feststellung und Bescheinigung der Eidg. Bankenkommission zu. Denn erst mit dieser erhält die Bank die amtliche Erlaubnis und Bewilligung, die Geschäftstätigkeit aufzunehmen. Durch die Bewilligung sind die Banken auch der besondern Bankengesetzgebung, einer besondern Bankenrevision und der Aufsicht der Eidg. Bankenkommission unterstellt, was ihnen in der Öffentlichkeit besonderes Vertrauen verschafft. Der blosse Umstand, dass das Gesetz von 1934 das Wort "Ermächtigung" oder "Bewilligung" nicht verwendet, kann nicht dazu führen, die unter der Herrschaft der ursprünglichen Gesetzgebung entstandenen Banken anders zu behandeln als jene, die nach Inkrafttreten des revidierten Gesetzes vom 11. März 1971 eine "Bewilligung zum Geschäftsbetrieb" (zweiter Abschnitt, Art. 3-3ter) erhalten haben. Ob die Bankenkommission feststellt, dass ein Finanzbetrieb die gewerbepolizeilichen Bedingungen erfüllt und er damit von Gesetzes wegen die Bewilligung oder Ermächtigung erhält, den Betrieb aufzunehmen, oder ob die Bankenkommission, wenn sie festgestellt hat, dass die Bank die Bedingungen erfüllt, dies im Entscheid festhält und gleichzeitig die Bewilligung pflichtgemäss erteilen muss und erteilt, macht keinen Unterschied, der für die Anwendung von Art. 140 Ziff. 2 StGB (und des Art. 54 StGB ) ins Gewicht fallen kann. Dies umso weniger, BGE 103 IV 18 S. 21 als die Schlussbestimmung II Abs. 1 der Änderung des Bankengesetzes vom 11. März 1971 (SR 952.0) bestimmt, dass Banken und Finanzgesellschaften, die vor Inkrafttreten des revidierten Gesetzes begründet worden sind, "keine neue Bewilligung" zum Geschäftsbetrieb einzuholen brauchen, die unter der Herrschaft des alten Gesetzes ergangene "Feststellung" und "Bescheinigung" somit ebenfalls als "Bewilligung" angesehen wird. Diese war seinerzeit auch von der Eidg. Bankenkommission zu erteilen. Es wäre auch nicht zu rechtfertigen, Bankorgane Art. 140 Ziff. 2 (und Art. 54) StGB zu unterwerfen oder nicht, je nachdem, ob die betreffende Bank vor oder nach Inkrafttreten des revidierten Bankengesetzes gegründet wurde. Der blosse Umstand, dass formal die Bewilligung zunächst an die Feststellung der Bewilligungsvoraussetzungen, dann an die Bewilligungsverfügung selber geknüpft wurde, rechtfertigt keinen solchen Unterschied. Auch der weitere Umstand, dass nach dem revidierten Gesetz (Art. 3 Abs. 2 lit. c) die mit der Verwaltung und der Geschäftsführung der Bank betrauten Personen gewisse Voraussetzungen erfüllen müssen, rechtfertigt keine andere strafrechtliche Behandlung. Denn bereits ohne diese weiteren Voraussetzungen verlieh die staatliche Bewilligung der Bank erhöhtes Vertrauen, dem der höhere Strafschutz entspricht. X. hat die Veruntreuung Ende 1966 als Direktor der A. AG begangen; er war somit strafrechtlich verantwortliches Organ dieser Gesellschaft. Als solches untersteht er der strengeren Strafdrohung der Ziff. 2 des Art. 140 StGB . Auch sind Wechselgeschäfte mit Einschluss der Wechseldiskontierung typische Bankgeschäfte, wie sich schon aus der Verordnung zum Bankengesetz (SR 952.02, Art. 16 Abs. 1 lit. Ia, b, 23 Ziff. 1.4 und Ziff. 2.10, 24, Ziff. 1.1, 1.2, Art. 25 Ziff. 1.2 und dem Anhang II zu dieser Verordnung) ergibt. X. ist demzufolge mit Recht der qualifizierten Veruntreuung schuldig befunden worden.
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Sachverhalt ab Seite 26 BGE 129 III 25 S. 26 A.- Die A. GmbH (Klägerin) reichte am 27. Oktober 2000 beim Kantonsgericht Zug Klage ein gegen die B. AG (Beklagte 1), die C. SA (Beklagte 2) und die D. Corporation (Beklagte 3). Die Klägerin stellte das Begehren, es sei den Beklagten zu verbieten, Testkassetten zur Abtrennung von Nicht-HDL-Lipoproteinen aus Blut, Testkassetten zur Bestimmung von HDL-Cholesterin im Blut und insbesondere die unter der Bezeichnung "D.-L-D-X" vertriebenen Testkassetten TC- und HDL-Anzeige, TC-, HDL- und GLU-Anzeige, Lipid-Profil und Lipid-Profil plus Glucose in der Schweiz einzuführen und in der Schweiz oder von der Schweiz aus anzupreisen, feilzuhalten, zu verkaufen, auszuführen oder sonst wie in Verkehr zu bringen bzw. bei entsprechenden Handlungen mitzuwirken. Zur Begründung brachte die Klägerin im Wesentlichen vor, ihr Patent werde von den Beklagten verletzt, indem die Beklagte 3 die Testkassetten in den USA herstelle und über die in Belgien domizilierte Beklagte 2 und die im Kanton Zug ansässige Beklagte 1 in Verkehr bringe. B.- Mit Beschluss vom 2. Mai 2002 hiess das Kantonsgericht des Kantons Zug die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit der Beklagten 3 gut und trat auf die Klage nicht ein, soweit sie sich gegen die Beklagte 3 richtet. Das Bundesgericht heisst die von der Klägerin gegen den Beschluss des Kantonsgerichts erhobene Berufung gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Berufung ist gemäss Art. 48 OG in der Regel erst gegen die Endentscheide ( BGE 127 III 474 E. 1a mit Hinweisen) der obern kantonalen Gerichte zulässig; gegen selbständige Vor- oder Zwischenentscheide dieser Instanzen steht die Berufung nach Art. 49 Abs. 1 OG offen, wenn sie die (bundesrechtliche) Zuständigkeit zum Gegenstand haben, sowie nach Art. 50 OG unter der Voraussetzung, dass sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein so bedeutender BGE 129 III 25 S. 27 Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann, dass die gesonderte Anrufung des Bundesgerichts gerechtfertigt erscheint. 1.1 Das Kantonsgericht hat die örtliche Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte für die Beklagte 3 mit der Begründung verneint, aufgrund der Behauptungen der Klägerin liege keine Patentverletzung gemäss Art. 66 PatG (SR 232.14) in der Schweiz vor. Soweit sich die Klage gegen die beiden andern Beklagten richtet, steht dagegen die Zuständigkeit des Gerichts zur Beurteilung der Streitsache nicht in Frage; insofern bleibt das Verfahren hängig. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um ein Teilurteil, denn es ist nur über einen Teil der subjektiv gehäuften Klagen durch das Nichteintreten definitiv entschieden worden. Teilurteile sind nach der Praxis mit Berufung selbständig anfechtbar, wenn die davon erfassten Begehren zum Gegenstand eines gesonderten Prozesses hätten gemacht werden können, und deren Beurteilung für den Entscheid über die übrigen Begehren präjudiziell ist ( BGE 124 III 406 E. 1a S. 409 mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind jedoch für objektiv gehäufte Begehren aufgestellt worden; sie dienen insofern der Konkretisierung des Grundsatzes der Prozessökonomie, welcher der Regelung der Art. 49 und 50 OG zugrunde liegt. Für Teilurteile, mit denen subjektiv gehäufte Klagen gegen einzelne von mehreren Beklagten entschieden werden, sind diese Anforderungen nicht ohne weiteres angemessen. Das Bundesgericht hat hier in analoger Anwendung von Art. 50 OG die Zulässigkeit der Berufung bejaht, wenn der Umfang des Beweisverfahrens in erheblichem Mass davon abhängt, ob das Verfahren gegen alle oder nur einen Teil der Beklagten durchgeführt wird ( BGE 107 II 349 E. 2 S. 353). 1.2 Die Klägerin behauptet, ihr Patent würde durch die von der Beklagten 3 im Ausland hergestellten und von den Beklagten in die Schweiz eingeführten und hier vertriebenen Testkassetten verletzt. Das in Aussicht stehende Beweisverfahren über allfällige patentverletzende Handlungen der Beklagten bezieht sich - sollte die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte entgegen der Annahme der Vorinstanz zu bejahen sein - auch auf die Beklagte 3. Mit deren Teilnahme am Verfahren können in diesem Fall zu erwartende Wiederholungen von Beweisaufnahmen vermieden werden. Es kann insofern mit dem Berufungsentscheid im Falle der Gutheissung ein so bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein zusätzliches Beweisverfahren erspart werden, dass sich die Anhandnahme der Berufung rechtfertigt. BGE 129 III 25 S. 28 2. Nach Art. 109 IPRG sind für Klagen betreffend Immaterialgüterrechte die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten, bei fehlendem Wohnsitz die Gerichte am Ort zuständig, wo der Schutz beansprucht wird (Abs. 1). Können mehrere Beklagte in der Schweiz belangt werden und stützen sich die Ansprüche im Wesentlichen auf die gleichen Tatsachen und Rechtsgründe, so kann bei jedem zuständigen Richter gegen alle geklagt werden; der zuerst angerufene Richter ist ausschliesslich zuständig (Abs. 2). 2.1 Mit dem Gerichtsstand des schweizerischen Schutzortes wird der Ort bezeichnet, wo der Eingriff in das Immaterialgüterrecht stattfindet ( BGE 117 II 598 E. 3 S. 603). Davon ist die Vorinstanz grundsätzlich zutreffend ausgegangen. Die Klägerin beanstandet denn auch nicht, dass die Vorinstanz ihre Zuständigkeit angesichts fehlenden Sitzes der Beklagten 3 in der Schweiz davon abhängig gemacht hat, dass die Beklagte 3 in der Schweiz patentverletzende Handlungen im Sinne von Art. 66 PatG begangen haben soll. Sie hält dagegen dafür, Art. 109 IPRG sei im Ergebnis dadurch verletzt worden, dass die Vorinstanz den Tatbestand des Art. 66 lit. d PatG nicht als erfüllt angesehen habe. Soweit sie zunächst behauptet, die Vorinstanz habe im angefochtenen Urteil die Beurteilung der Zuständigkeit von der Begründetheit des eingeklagten Anspruchs abhängig gemacht, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz hat zutreffend auf die blossen Sachbehauptungen der Klägerin abgestellt und ist danach zum Schluss gekommen, dass diese - wenn sie bewiesen wären - den Tatbestand des Art. 66 lit. d PatG nicht erfüllen würden. Die Vorinstanz hat damit bundesrechtskonform für die Frage ihrer Zuständigkeit geprüft, ob überhaupt die Verletzung eines schweizerischen Schutzrechtes Prozessgegenstand ist (vgl. VISCHER, in: Heini et al., IPRG-Kommentar, Zürich 1993, N. 7 zu Art. 109 IPRG ) bzw. ein Handlungs- oder Erfolgsort für die behaupteten unerlaubten Handlungen in der Schweiz gegeben ist. 2.2 Nach Art. 66 PatG kann unter anderem zivil- und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wer die patentierte Erfindung widerrechtlich benützt (lit. a) und wer zu diesen Handlungen anstiftet, bei ihnen mitwirkt, ihre Begehung begünstigt oder erleichtert (lit. d). Die widerrechtliche Benützung als unerlaubte Handlung kann nach schweizerischem Recht verfolgt werden, wenn der Erfolg in der Schweiz eingetreten ist. Dies ist insbesondere von Bedeutung für Anstifter, mittelbare Täter, Miturheber oder Gehilfen, welche in der Schweiz zivilrechtlich verfolgt werden können, sofern sie die Benützung in der Schweiz vom Ausland aus veranlasst oder gefördert BGE 129 III 25 S. 29 haben ( BGE 92 II 293 E. 4 S. 296 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 122 III 81 E. 5 S. 87; BGE 100 II 237 E. 2 S. 239). Dabei werden Handlungen, aufgrund derer der Erfolg bloss droht, denjenigen gleichgestellt, die den Erfolg bereits haben eintreten lassen, wenn die klagende Partei dartut, dass am beanspruchten Schutzort eine Patentverletzung ernsthaft zu befürchten ist ( BGE 117 II 598 E. 3). Die von der Beklagten 3 im Ausland hergestellten Testkassetten, welche nach Behauptung der Klägerin deren Patent verletzen sollen, sind nach dem angefochtenen Entscheid gemäss den Sachbehauptungen der Klägerin nicht direkt von der Beklagten 3 in die Schweiz eingeführt worden. Die Vorinstanz hat vielmehr angenommen, die Beklagte 3 als Herstellerin der Testkassetten habe an der Einfuhr dieser Produkte in die Schweiz und daher auch an der angeblichen Verletzung des klägerischen Patentes in der Schweiz in keiner Weise ursächlich mitgewirkt. 2.3 Gemäss dem angefochtenen Entscheid hat die Beklagte 3 nach den Sachvorbringen der Klägerin die angeblich patentverletzenden und in die Schweiz eingeführten Produkte im Ausland hergestellt. Auch in Anbetracht des strengen Territorialitätsprinzips im Patentrecht ist nicht zu bestreiten, dass ohne Herstellung der angeblich patentverletzenden Testkassetten durch die Beklagte 3 im Ausland eine Patentverletzung im Sinne von Art. 66 PatG nicht denkbar wäre. Die Herstellung im Ausland genügt für sich allein nicht, damit eine Patentverletzung im Hoheitsgebiet der Schweiz bejaht werden kann. Dennoch beschränkt sich die allfällige Mitwirkung der Beklagten 3 an einer rechtswidrigen Handlung im Sinne von Art. 66 PatG entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht auf die reine Förderung der Einfuhr, wenn sie Herstellerin der angeblich patentverletzenden Produkte ist und daher - wenn auch im Ausland - materiell das Patent der Klägerin benützt. Trifft sie in diesem Falle Vorkehren, welche den Absatz dieser Produkte in der Schweiz erleichtern, ist vielmehr ihre Mitwirkung an der schliesslich in der Schweiz eingetretenen Verletzung zu bejahen. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Herstellerin im Ausland für ihre Produkte einem Dritten vertraglich das Recht einräumt, diese Produkte (auch) in der Schweiz zu vertreiben. Dies trifft nach den Behauptungen der Klägerin, wie sie im angefochtenen Urteil wiedergegeben sind, insofern zu, als die Beklagte 3 der Beklagten 2 das (ausschliessliche) Recht zum Vertrieb der von ihr hergestellten Kassetten in Europa und damit auch in der Schweiz eingeräumt hat. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann insofern die Förderung des Vertriebs BGE 129 III 25 S. 30 in der Schweiz nicht mit der Begründung verneint werden, es hätten auch andere Personen die Produkte der Beklagten 3 in die Schweiz einführen können. Mit der Einräumung des vertraglichen Rechtes, die von ihr hergestellten, angeblich patentverletzenden Produkte in der Schweiz zu vertreiben, hat die Beklagte 3 - stets nach den Sachvorbringen der Klägerin - vielmehr die Einfuhr dieser Produkte in das schweizerische Hoheitsgebiet gefördert und daher eine widerrechtliche Handlung im Sinne von Art. 66 PatG begangen. Dies begründet im Sinne von Art. 109 IPRG die Zuständigkeit schweizerischer Gerichte. Soweit im Übrigen die Ausführungen der Vorinstanz im angefochtenen Urteil in dem Sinne zu verstehen sein sollten, dass sie ein direkt vorsätzliches Verhalten der Beklagten 3 verlangt, erscheint zunächst zweifelhaft, ob für die örtliche Zuständigkeit am Schutzort nicht die (behauptete) objektive Verletzung des Immaterialgutes der Klägerin genügt. Jedenfalls könnte die Zuständigkeit nach Art. 109 IPRG nur verneint werden, wenn jedes Verschulden der Beklagten auszuschliessen wäre, so dass aus diesem Grunde der Tatbestand der behaupteten unerlaubten Handlung zum Vornherein nicht erfüllt sein könnte. Dies trifft vorliegend schon deshalb nicht zu, weil die Vorinstanz jedenfalls aus den Sachvorbringen der Klägerin selbst auf ein eventualvorsätzliches Handeln der Beklagten schliesst, wenn sie davon ausgeht, die Beklagte 3 habe mit einem Export in die Schweiz und insofern mit patentverletzenden Handlungen rechnen müssen, als sie der Beklagten 2 vertragliche Vertriebsrechte an ihren angeblich patentverletzenden Testkassetten für die Schweiz eingeräumt habe.
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Sachverhalt ab Seite 222 BGE 126 V 221 S. 222 A.- Mit Verfügung vom 26. November 1997 stellte die Ausgleichskasse Zug fest, dass die Entschädigung von 250 Franken pro Monat, welche die N. AG ihren Arbeitnehmenden gegen Vorlage der entsprechenden Versicherungspolice an deren Krankenkassenprämie bezahlt, der AHV-Beitragspflicht unterliege. B.- Beschwerdeweise liess die N. AG beantragen, es sei die Verwaltungsverfügung aufzuheben und die Ausgleichskasse anzuweisen, die Leistungen an die Krankenkassenkosten ihrer Arbeitnehmenden vom massgebenden Lohn auszunehmen. Mit Entscheid vom 29. Dezember 1999 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug die Beschwerde ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die N. AG das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern. (...). Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) Nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 AHVG werden vom Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit, dem massgebenden Lohn, Beiträge erhoben. Als massgebender Lohn gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG gilt jedes Entgelt für in unselbstständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit. Zum massgebenden Lohn gehören begrifflich sämtliche Bezüge des Arbeitnehmers, die wirtschaftlich mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängen, gleichgültig, ob dieses Verhältnis fortbesteht oder gelöst worden ist und ob die Leistungen geschuldet werden oder freiwillig erfolgen. Als beitragspflichtiges Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit gilt somit nicht nur unmittelbares Entgelt für geleistete Arbeit, sondern grundsätzlich jede Entschädigung oder Zuwendung, die sonst wie aus dem Arbeitsverhältnis bezogen wird, soweit sie nicht kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift von der BGE 126 V 221 S. 223 Beitragspflicht ausgenommen ist ( BGE 123 V 6 Erw. 1, BGE 122 V 179 Erw. 3a, 298 Erw. 3a, je mit Hinweisen; AHI 1997 S. 22 Erw. 2a). b) Gestützt auf die ihm in Art. 5 Abs. 4 AHVG eingeräumte Befugnis, Sozialleistungen sowie anlässlich besonderer Ereignisse erfolgende Zuwendungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer vom Einbezug in den massgebenden Lohn auszunehmen, hat der Bundesrat Art. 8 AHVV erlassen (vgl. hiezu auch BBl 1946 II 391; HANSPETER KÄSER, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl., Bern 1996, Rz. 4.172 ff.; UELI KIESER, Alters- und Hinterlassenenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, Rz. 49). Nicht zum Erwerbseinkommen gehören nach lit. b dieser Bestimmung (in der ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung) die Beiträge des Arbeitgebers an die Kranken- und Unfallversicherer seiner Arbeitnehmer sowie an Familienausgleichskassen, sofern alle Arbeitnehmer gleich behandelt werden. Die Wegleitung des BSV über den massgebenden Lohn (WML; in der ab 1. Januar 1997 geltenden Fassung) statuiert in Rz. 2167 als Voraussetzungen für die Ausnahme von der Beitragspflicht, dass die Arbeitgeber die Prämie für ihre Arbeitnehmer direkt bezahlen und alle Arbeitnehmer gleich behandelt werden. 7. a) Art. 8 lit. b AHVV umschreibt gestützt auf Art. 5 Abs. 4 AHVG die Voraussetzungen, unter denen Beiträge des Arbeitgebers an die Kranken- und Unfallversicherung der Arbeitnehmer sowie an die hier nicht weiter interessierenden Familienausgleichskassen von der Beitragspflicht befreit sind. Der Wortlaut ("Beiträge des Arbeitgebers an die Kranken- und Unfallversicherer seiner Arbeitnehmer", "les cotisations de l'employeur aux assureurs maladie et accidents de leurs salariés", "i contributi versati dal datore di lavoro agli assicuratori malattia e infortuni dei loro salariati"), insbesondere dessen Vergleich mit der bis 31. Dezember 1996 geltenden Fassung ("... an die Kranken- und Unfallversicherung ...", "... à l'assurance-maladie et accidents ...", "... all'assicurazione contro le malattie e gli infortuni ..."), stützt die restriktive Interpretation von Vorinstanz und Verwaltung, wonach nur Beiträge, welche die Arbeitgeber den Versicherern der Arbeitnehmenden direkt bezahlen, vom massgebenden Lohn ausgenommen sind. Für deren Auffassung sprechen schliessen auch die in AHI 1996 S. 269 f. und 273 f. publizierten Erläuterungen des BSV zu den ab 1. Januar 1997 Anwendung findenden, geänderten Bestimmungen der AHVV. Danach drängte sich für den Bundesrat eine Überprüfung der in Art. 8 AHVV statuierten Ausnahmen daraufhin auf, ob und inwieweit sie noch gerechtfertigt BGE 126 V 221 S. 224 erscheinen, weil die Arbeitnehmenden heute u.a. wegen des Krankenversicherungsobligatoriums (Art. 3 des am 1. Januar 1996 in Kraft getretenen Krankenversicherungsgesetzes, KVG) sozial wesentlich besser abgesichert seien als beim Inkrafttreten des AHVG im Jahre 1948 und weil in den vergangenen Jahren, insbesondere für sozial besser gestellte Arbeitnehmende immer wieder versucht worden sei, eigentliche Lohnbestandteile anders zu definieren, mit dem Ziel, sie über Art. 8 AHVV der Beitragserhebung zu entziehen. Dies habe den Bundesrat bewogen, im Rahmen der Neufassung der Verordnungsbestimmung dem ihr zu Grunde liegenden Grundgedanken, Notlagen der Arbeitnehmenden zu vermeiden (BBl 1946 II 391), vermehrt Rechnung zu tragen (AHI 1996 S. 269 f.). Um eine Zweckentfremdung der Beiträge auszuschliessen bzw. sicherzustellen, dass diese auch für die Krankenversicherung verwendet werden, habe er deshalb nur die Entschädigungen von der Beitragspflicht ausgenommen, welche die Arbeitgeber direkt der jeweiligen Versicherungseinrichtung ihrer Arbeitnehmenden entrichten. Im Weitern habe er vorgesehen, dass von der Beteiligung der Arbeitgeber lediglich diejenigen Arbeitnehmenden profitieren sollen, die tatsächlich eine Krankenkassenprämie zu bezahlen haben, d.h. nicht wegen Prämienverbilligung befreit sind (AHI 1996 S. 273 f.). Zusammenfassend ergibt sich, dass Art. 8 lit. b AHVV , wovon Vorinstanz und Verwaltung zutreffend ausgegangen sind, für eine Beitragsbefreiung der entsprechenden Sozialleistungen der Arbeitgeber - nebst der Gleichbehandlung der Arbeitnehmenden - voraussetzt, dass die Arbeitgeber diese direkt an die entsprechenden Versicherer erbringen (so ausdrücklich Rz. 2167 WML). Damit wird sichergestellt, dass die Prämie zwar zu Gunsten des Arbeitnehmers verwendet wird, dieser aber nicht frei darüber verfügen kann (KÄSER, a.a.O., Rz. 4.180; vgl. auch die Ausnahmebestimmung des Art. 8 lit. a AHVV , welcher im Wesentlichen der gleiche Gedanke zu Grunde liegt, AHI 1996 S. 271). Im Rahmen der vorfrageweisen Prüfung unselbstständigen Verordnungsrechts ist die Bestimmung des Art. 8 lit. b AHVV als gesetzmässig zu erachten. Die Delegationsnorm des Art. 5 Abs. 4 AHVG eröffnet dem Bundesrat einen weiten Ermessensspielraum. Mit der Änderung des Art. 8 lit. b AHVV , welche die Ausnahme vom massgebenden Lohn auf die direkt an die Kranken- und Unfallversicherer entrichteten Leistungen beschränkt, hat der Bundesrat den Intentionen des Gesetzgebers, die Arbeitgebenden zu entsprechenden Leistungen zu motivieren und damit Notlagen der Arbeitnehmenden BGE 126 V 221 S. 225 zu vermeiden (BBl 1946 II 391), Rechnung getragen. Dass die im Weitern erforderliche Gleichbehandlung aller Arbeitnehmenden dem Gesetz widersprechen könnte, wird zu Recht nicht geltend gemacht. Da der Bundesrat in rechtskonformer Ausübung des ihm zustehenden Ermessens eine sachgerechte Lösung getroffen hat, die sich auf ernsthafte Gründe stützen lässt, besteht kein Anlass für ein richterliches Eingreifen in den dem Verordnungsgeber offen stehenden Gestaltungsspielraum. b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gebietet es auch der Grundsatz der Rechtsgleichheit (Art. 4 Abs. 1 der bis 31. Dezember 1999 gültig gewesenen Bundesverfassung [aBV], Art. 8 BV ) nicht, der Bestimmung des Art. 8 lit. b AHVV (bzw. Rz. 2167 WML) die Anwendung zu versagen. Für die streitige Regelung sprechen, wie sich auch aus den dargelegten Erläuterungen des BSV ergibt, vorab praktische Gründe. Wird der für die Begleichung der Kranken- und/oder Unfallversicherungsprämien geleistete Betrag direkt den Versicherern überwiesen, besteht eine klare Trennung zwischen dem an die Arbeitnehmenden ausbezahlten, der Beitragspflicht unterliegenden Lohn und der darüber hinaus gewährten, beitragsbefreiten Sozialleistung. Im Weitern ist eine Zweckentfremdung von vornherein ausgeschlossen und kann damit sichergestellt werden, dass nur Arbeitnehmende, welche tatsächlich eine Krankenkassenprämie zu bezahlen haben, von der Beteiligung der Arbeitgeber profitieren. Schliesslich bietet die Regelung auch Vorteile im Hinblick auf Arbeitgeberkontrollen, weil sie klare Verhältnisse schafft und damit die Überprüfung der abrechnungspflichtigen Lohnsumme massgeblich erleichtert. Die angeführten technischen und praktischen Gründe vermögen rechtsprechungsgemäss eine Ungleichbehandlung jedenfalls dann zu rechtfertigen, wenn sie nicht zu unbilligen Ergebnissen führt ( BGE 117 Ia 100 Erw. 2b). Derartige Konsequenzen hat die streitige Verordnungsbestimmung nicht. Denn es steht jedem Arbeitgeber, der freiwillige Sozialleistungen im Sinne der Verordnungsbestimmung erbringen will, offen, seinen Beitrag an die Prämienschuld der Arbeitnehmenden direkt den entsprechenden Versicherern zu entrichten, sodass dieser vom massgebenden Lohn ausgenommen ist. c) Fehlt es vorliegend bereits an der direkt den Krankenversicherern der Arbeitnehmenden entrichteten Beteiligung an der Prämienschuld, besteht für die entsprechenden Leistungen der Beschwerdeführerin keine Ausnahme vom massgebenden Lohn im BGE 126 V 221 S. 226 Sinne von Art. 8 lit. b AHVV , ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die kumulativ erforderliche Voraussetzung, dass alle Arbeitnehmenden gleich behandelt werden, erfüllt wäre.
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Sachverhalt ab Seite 209 BGE 115 V 208 S. 209 A.- Heinz H. (geb. 1925) arbeitete vom 1. September 1975 bis 30. September 1986 im Aussendienst der Firma N. AG und gehörte der Versicherungskasse der Personalfürsorge-Stiftung dieser Firma an. Seit 1. Juni 1982 bezieht er eine Rente der Invalidenversicherung, welche bis 31. Dezember 1986 auf der Annahme eines hälftigen Invaliditätsgrades basierte und seit 1. Januar 1987 unter Zugrundelegung einer Erwerbsunfähigkeit von mehr als zwei Dritteln ausgerichtet wird. Am 13. Oktober 1986 ersuchte der Versicherte die Personalfürsorge-Stiftung um Prüfung des Anspruchs auf eine Invalidenrente. Der Stiftungsrat lehnte das Begehren am 1. Oktober 1987 ab mit der Begründung, das Arbeitsverhältnis sei ordnungsgemäss durch Kündigung aufgelöst worden und bis zu diesem Zeitpunkt habe keine vollständige dauernde Erwerbsunfähigkeit bestanden. Dies teilte er dem Versicherten mit Schreiben vom 26. Oktober 1987 mit. B.- Klageweise liess Heinz H. die Zusprechung einer vollen Invalidenrente ab 1. August 1986 geltend machen, da er ab diesem Zeitpunkt vollständig arbeitsunfähig gewesen sei. Das Versicherungsgericht des Kantons Obwalden wies die Klage mit Entscheid vom 21. Juli 1988 ab. C.- Heinz H. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das im kantonalen Verfahren gestellte Begehren erneuern. Während die Personalfürsorge-Stiftung auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) deren Gutheissung. BGE 115 V 208 S. 210 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Anspruch auf Invalidenleistungen haben gemäss Art. 23 BVG Personen, die im Sinne der Invalidenversicherung zu mindestens 50% invalid sind und bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert waren. Nach Art. 24 Abs. 1 BVG hat der Versicherte Anspruch auf eine volle Invalidenrente, wenn er im Sinne der Invalidenversicherung mindestens zu zwei Dritteln, auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zur Hälfte invalid ist. Für den Beginn des Anspruchs auf Invalidenleistungen gelten gemäss Art. 26 Abs. 1 BVG in der hier anwendbaren, bis Ende 1987 gültig gewesenen Fassung die entsprechenden Bestimmungen des IVG (Art. 29). Diese Vorschriften gehen den von den Vorsorgeeinrichtungen erlassenen Bestimmungen vor ( Art. 50 Abs. 3 BVG ). b) Das BVG definiert den Begriff der Invalidität nicht, sondern verweist auf die Invalidenversicherung (vgl. auch Art. 1 Abs. 1 lit. d und Art. 4 BVV 2 ). Im Bereich der obligatorischen Versicherung (somit in jenem Bereich, wo sich die Invalidenrente nach dem gemäss Art. 24 Abs. 2 BVG zugrundezulegenden Altersguthaben berechnet) besteht eine vom Gesetzgeber gewollte enge Verbindung zwischen dem Recht auf eine Rente der Invalidenversicherung und demjenigen auf eine Rente der zweiten Säule. Daraus ergibt sich, dass der Begriff der Invalidität im obligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge und in der Invalidenversicherung grundsätzlich der gleiche ist (Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 232; ZAK 1984 S. 519 Ziff. 2; HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 3. Aufl., S. 190; GREBER, Les prestations relatives à l'invalidité servies par d'autres régimes que l'AI, in Cahiers genevois de sécurité sociale, Nr. 3/4, S. 74; HÄBERLE, Berufliche Vorsorge von Behinderten, SZS 1985 S. 132). Er bedeutet demnach die durch einen versicherten Gesundheitsschaden verursachte dauernde oder während längerer Zeit bestehende Beeinträchtigung der Erwerbsmöglichkeiten auf dem für den Versicherten in Betracht fallenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt ( BGE 109 V 23 , BGE 106 V 88 Erw. 2b, BGE 105 V 207 Erw. 2, BGE 98 V 169 Erw. 2; vgl. auch RÜEDI, Invalidität, Luzerner Rechtsseminar, Luzern 1986, VII). Für die Bemessung der Invalidität wird das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung allfälliger BGE 115 V 208 S. 211 Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre ( Art. 28 Abs. 2 IVG ). Im Bereich der weitergehenden Vorsorge demgegenüber können die Vorsorgeeinrichtungen den Invaliditätsbegriff gestützt auf die Autonomie gemäss Art. 49 Abs. 2 BVG in den Statuten oder Reglementen selber bestimmen (HELBLING, a.a.O., S. 190; RIEMER, Verhältnis des BVG (Obligatorium und freiwillige berufliche Vorsorge) zu anderen Sozialversicherungszweigen und zum Haftpflichtrecht, SZS 1987 S. 123 f.; derselbe, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, S. 38, N. 41 zu § 1). Sie können somit grosszügigere als die gesetzlich umschriebenen Leistungen vorsehen und z.B. bereits bei "Berufsinvalidität", also bei Arbeitsunfähigkeit hinsichtlich der angestammten Tätigkeit Leistungen gewähren oder im Falle der Unmöglichkeit, eine bestimmte, der Ausbildung des Versicherten entsprechende Berufsart auszuüben (Botschaft vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 232; GREBER, a.a.O., S. 76 f.). Diese zweite Lösung stellt in dem Sinne eine Begünstigung insbesondere der beruflich qualifizierten Versicherten dar, als im Invaliditätsfall eine berufliche Schlechterstellung vermieden werden soll (BERENSTEIN, Etudes de droit social 1936-1977, Hommage de la Faculté de droit, Mémoires publiés par la Faculté de droit, Genf 1979, S. 305). Das zumutbare Erwerbseinkommen bemisst sich in diesen Fällen somit nicht nach dem auf dem gesamten für den Versicherten in Frage kommenden Arbeitsmarkt erzielbaren Verdienst (vgl. hiezu in bezug auf die Invalidenversicherung BGE 113 V 28 Erw. 4a). Gestützt darauf, dass das BVG gemäss Art. 6 nur die Mindestleistungen bestimmt, steht es den Vorsorgeeinrichtungen auch frei, den Invaliditätsbegriff in der obligatorischen Versicherung zugunsten des Versicherten zu erweitern oder Invalidenrenten schon bei einem Invaliditätsgrad von weniger als 50 Prozent auszurichten (Botschaft des Bundesrates über die zweite Revision der Invalidenversicherung vom 21. November 1984, BBl 1985 I 40; RIEMER, a.a.O., S. 123 f.). Die Gestaltungsfreiheit nach Art. 6 und 49 Abs. 2 BVG bedeutet allerdings nicht uneingeschränktes Ermessen. Wenn die Vorsorgeeinrichtungen in ihren Statuten oder Reglementen einen bestimmten Invaliditätsbegriff verwenden, so haben sie bei der Interpretation darauf abzustellen, was in anderen Gebieten der BGE 115 V 208 S. 212 Sozialversicherung (vgl. z.B. in bezug auf die Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf BGE 111 V 239 Erw. 1b mit Hinweisen) oder nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. z.B. BGE 113 II 347 Erw. 1a mit Hinweisen) darunter verstanden wird. Die Vorsorgeeinrichtungen sind mithin frei in der Wahl des Invaliditätsbegriffs, sie haben sich aber an eine einheitliche Begriffsanwendung zu halten. c) Gehen die Vorsorgeeinrichtungen ausdrücklich oder unter Hinweis auf das Gesetz vom gleichen Invaliditätsbegriff aus wie die Invalidenversicherung - was sowohl in der obligatorischen als auch in der weitergehenden Vorsorge der Fall sein kann -, sind sie hinsichtlich des versicherten Ereignisses an die Invaliditätsschätzung der zuständigen Stellen der Invalidenversicherung gebunden. Andernfalls müssten die Vorsorgeeinrichtungen jeden angemeldeten Fall parallel zur Invalidenversicherung und nach denselben Kriterien sehr eingehend, vor allem medizinisch untersuchen. Dies würde häufig unnötig Schwierigkeiten mit sich bringen und birgt zudem das Risiko in sich, dass die Abklärungen zu unterschiedlichen Schätzungen und demzufolge - trotz des identischen Invaliditätsbegriffs - zu verschiedenen Ergebnissen führen. Das entspricht nicht dem Sinn und dem Ziel des BVG. Vielmehr muss das Interesse an einer einheitlichen Auslegung gleicher Rechtsbegriffe vorgehen. Auch wollte der Gesetzgeber durch die Anlehnung an die Begriffsdefinition der Invalidenversicherung den Vorsorgeeinrichtungen die Arbeit erleichtern, indem sie auf den Entscheid der Invalidenversicherungs-Kommission abstellen können (Botschaft vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 232). Sodann wird mit einer einheitlichen Beurteilung desselben Versicherungsfalles durch die Invalidenversicherung und die berufliche Vorsorge der verfassungsmässigen Zuordnung der beruflichen Vorsorge als Ergänzung der ersten Säule, der AHV/IV, am besten entsprochen. Allerdings ist der Entscheid der Organe der Invalidenversicherung für die Vorsorgeeinrichtungen nicht absolut verbindlich, indem sie davon abweichen können, wenn er sich als offensichtlich unhaltbar erweist. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch die formell rechtskräftigen Verfügungen in der Invalidenversicherung, die nicht Gegenstand einer materiellen gerichtlichen Beurteilung bildeten, von Amtes wegen und jederzeit in Wiedererwägung gezogen werden können, wenn sie zweifellos unrichtig sind und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist ( BGE 112 V 373 Erw. 2c, 111 V 332 Erw. 1, 110 V 178 Erw. 2a und 292 Erw. 1 mit Hinweisen). BGE 115 V 208 S. 213 Anders ist die Situation, wenn die Vorsorgeeinrichtungen einen anderen Invaliditätsbegriff verwenden als die Invalidenversicherung. Hier rechtfertigt sich eine selbständige Prüfung. Wohl können die Vorsorgeeinrichtungen im Einzelfall auf die Untersuchungsergebnisse der Invalidenversicherungs-Kommission (medizinische und erwerbliche Erhebungen) abstellen, aber sie sind nicht an deren Entscheid gebunden, weil dieser auf anderen Kriterien beruht. 3. Aus dem Gesagten folgt, dass die Verfügungen der Ausgleichskassen über Rentenleistungen der Invalidenversicherung für die Vorsorgeeinrichtungen von grosser Bedeutung sind. Es wird sich daher die Frage stellen, ob den Vorsorgeeinrichtungen gestützt auf Art. 84 AHVG in Verbindung mit Art. 69 IVG ein selbständiges Beschwerderecht gegen die Rentenverfügungen der Ausgleichskassen zusteht und - was vor allem von praktischem Interesse ist - ob ihnen von Amtes wegen eine Verfügung zuzustellen ist, wie dies Art. 76 IVV für die Unfallversicherer, die Militärversicherung und die Krankenkassen vorsieht. Im vorliegenden Fall braucht sich das Eidg. Versicherungsgericht indessen mit dieser Problematik nicht auseinanderzusetzen. 4. a) Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Reglements der Personalfürsorge-Stiftung der N. AG (gültig ab 1. Januar 1977) hat der Versicherte Anspruch auf eine Invalidenrente, wenn er "aus gesundheitlichen Gründen dauernd vollständig arbeitsunfähig wird und ausserstande ist, seine bisherigen beruflichen Aufgaben zu erfüllen oder eine andere, ihm zumutbare Erwerbstätigkeit auszuüben". Scheidet ein Versicherter aus anderen Gründen als Invalidität, Alter oder Tod aus dem Dienst der Firma aus, so hat dies auch den Austritt aus der Kasse zur Folge (Art. 7 Abs. 1). In diesen Fällen hat er Anspruch auf eine Austrittsleistung gemäss Art. 20 des Reglements. Laut Ziff. 2 der "Reglements-Anpassungen an das BVG" vom 21 Dezember 1984 wurde neu Art. 36 ins Reglement eingefügt, der unter dem Titel Übergangsbestimmungen vorsieht, dass das Reglement bis zur Anpassung an das BVG innerhalb der gesetzlichen Frist zwar noch in allen Teilen gilt, dass bei Abweichungen vom BVG aber das Gesetz Vorrang hat. b) Daraus ergibt sich, dass für die Beurteilung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente aus der obligatorischen Versicherung - nach der Aktenlage stehen ihm keine Leistungen aus der weitergehenden Vorsorge zu - nur die Bestimmungen BGE 115 V 208 S. 214 des BVG massgebend sind. Der Beschwerdeführer bezieht seit 1. Januar 1987 auf der Grundlage einer Erwerbsunfähigkeit von mehr als zwei Dritteln eine ganze Rente der Invalidenversicherung. Nach dem in Erw. 2c Gesagten ist im vorliegenden Fall auf die Invaliditätsschätzung durch die Invalidenversicherungs-Kommission abzustellen. Der Beschwerdeführer hat daher gemäss Art. 24 Abs. 1 BVG Anspruch auf eine volle Invalidenrente der Personalfürsorge-Stiftung, wenn die Arbeitsunfähigkeit im Sinne von Art. 23 BVG in einem Zeitpunkt eingetreten ist, in welchem er der beruflichen Vorsorge noch unterstand. Die infolge der seit Juni 1982 bestehenden Teilinvalidität bereits reduzierte Arbeitsfähigkeit muss sich demnach während der Versicherungsdauer nochmals derart verschlechtert haben, dass in der Folge Anspruch auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung entstand. Nicht massgebend ist - wie das BSV zutreffend ausführt -, dass der Zeitpunkt des Eintritts der Invalidität (1. Januar 1987) ausserhalb der BVG-Versicherungszeit liegt (Botschaft vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 232). Für die Beurteilung des Zeitpunkts, in welchem die Verschlechterung der Arbeitsfähigkeit eingetreten ist, kann ebenfalls auf den Entscheid der Invalidenversicherungs-Kommission abgestellt werden, zumal Art. 26 Abs. 1 BVG ausdrücklich auf Art. 29 IVG verweist. Es ist demnach davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer am 1. Januar 1987 ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate zu mehr als zwei Dritteln erwerbsunfähig war ( Art. 88a Abs. 2 IVV ). Für die berufliche Vorsorge bedeutet dies, dass der Beginn der zur vollständigen Invalidität führenden Verschlechterung der Arbeitsfähigkeit sicher vor dem 30. Oktober 1986 (30 Tage nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses; Art. 10 Abs. 3 BVG ) und damit eingetreten war, als der Beschwerdeführer der Versicherungskasse der Personalfürsorge-Stiftung noch angehörte. Er hat demnach Anspruch auf eine Invalidenrente der Personalfürsorge-Stiftung.
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Sachverhalt ab Seite 252 BGE 121 III 252 S. 252 A.- Am 6. Dezember 1994 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich M. BGE 121 III 252 S. 253 wegen vorsätzlicher Tötung und weiterer Straftaten zu 6 1/2 Jahren Zuchthaus und verwies ihn für 15 Jahre des Landes. Zudem verpflichtete es ihn zur Bezahlung folgender Genugtuungssummen an die Angehörigen des von ihm getöteten B.: - Für R.(Witwe) Fr. 20'000.-- - für die 3 Kinder T. (geb. Dezember 1987), D. (geb. März 1989) und G. (geb. Juni 1993) je Fr. 15'000.-- Fr. 45'000.-- ------------- total somit Fr. 65'000.-- nebst 5% Zins seit dem 10. Januar 1993. B.- Die Geschädigten erheben eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts in bezug auf die Genugtuungssummen aufzuheben; M. sei zu verpflichten, folgende Genugtuungssummen zu bezahlen: - Für R. Fr. 40'000.-- - für die 3 Kinder T., D. und G. je Fr. 30'000.-- Fr. 90'000.-- -------------- total somit Fr. 130'000.-- nebst 5% Zins seit dem 10. Januar 1993. C.- Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen, M. auf eine Vernehmlassung verzichtet. Erwägungen Erwägungen: 1. a) Der Verurteilung des Beschwerdegegners liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 10. Januar 1993, um ca. 00.30 Uhr, betrat der Beschwerdegegner seine Wohnung in X. und stellte fest, dass seine Kinder noch im Wohnzimmer spielten. In der Folge wollte er seinen Sohn und seine Tochter im Kinderzimmer zu Bett bringen. Die Türe des Kinderzimmers war jedoch verschlossen. Er begab sich deshalb mit den Kindern ins Elternschlafzimmer und rief nach seiner Ehefrau. Da sich niemand meldete, drückte er mit Gewalt die Türe zum Kinderzimmer auf. Darauf sah er seine Ehefrau nackt hinter der Türe stehen und einen nackten unbekannten Mann (B.), der soeben im Begriffe war, durch das geöffnete Fenster des Kinderzimmers ins Freie zu springen. Der Beschwerdegegner begab sich unverzüglich ins Elternschlafzimmer, behändigte einen Revolver und nahm die Verfolgung des BGE 121 III 252 S. 254 nackten B. auf. Er entdeckte ihn, nachdem er ihn zwischendurch aus den Augen verloren hatte, in einem Hinterhof. B. stand dem Beschwerdegegner gegenüber und blickte ihn an. Der Beschwerdegegner hob den Revolver, richtete ihn gegen B. und gab aus einer Distanz von ca. 5-7 m mindestens einen Schuss gegen ihn ab. Eine Kugel traf B. unterhalb der 7. Rippe. B. brach zusammen, worauf sich der Beschwerdegegner zu ihm begab und aus einer Distanz von ca. 1 m noch mindestens zwei Schüsse gegen den Kopf und den Oberkörper des am Boden Liegenden bzw. Kauernden abfeuerte. Dies führte zum Tod von B. b) Die Vorinstanz qualifizierte die Tat mit einlässlicher Begründung als vorsätzliche Tötung. Bei der Strafzumessung berücksichtigte sie eine Persönlichkeitsstörung und eine Zuckerkrankheit des Beschwerdegegners, welche die emotionale Instabilität akzentuiere. Er sei zur Zeit der Tat leicht alkoholisiert gewesen und habe sich in einem akuten Erregungszustand befunden. Seine heftigen Affekte hätten sein Bewusstsein stark eingeengt, weshalb er nur noch begrenzt imstande gewesen sei, die Situation wirklichkeitsgerecht einzuschätzen bzw. entsprechend zu handeln. Die Tat liege näher beim Tatbestand des Totschlages als bei jenem des Mordes. Das Verschulden wiege jedoch schwer. Die Vorinstanz folgt dem psychiatrischen Gutachten, wonach die Zurechnungsfähigkeit schwer vermindert war. Zu den von den Beschwerdeführern bereits im kantonalen Verfahren in gleicher Höhe wie in der Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemachten Genugtuungsansprüchen bemerkt die Vorinstanz, diese Summen wären angemessen, wenn die Beschwerdeführer in der Schweiz wohnen würden. Nachdem sie jedoch in Kosovo lebten, müsse den dort wesentlich tieferen Lebenshaltungskosten Rechnung getragen werden. Aus diesem Grunde sprach die Vorinstanz nur die Hälfte der eingeklagten Genugtuungssummen zu. c) Die Beschwerdeführer machen geltend, es verletze Bundesrecht, die Lebenshaltungskosten bei der Bemessung der Genugtuung zu berücksichtigen. Die Auffassung der Vorinstanz könne sich weder auf Lehrmeinungen noch auf Präjudizien stützen. Eventualiter machen die Beschwerdeführer geltend, dass die Vorinstanz dann, wenn das von ihr angewandte Rechtsprinzip bundesrechtmässig wäre, konkret Beweis über die Lebenshaltungskosten in Kosovo hätte erheben müssen. Die Lebenshaltungskosten seien in Kosovo seit dem Zerfall des alten Jugoslawien unter dem Einfluss der Kriegswirtschaft dramatisch angestiegen. Auch deshalb verletze die Vorinstanz Bundesrecht, BGE 121 III 252 S. 255 wenn sie nur die Hälfte der an sich angemessenen Summen zuspreche. 2. Der Richter kann unter Würdigung der besonderen Umstände den Angehörigen eines Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen ( Art. 47 OR ). a) Die Frage, ob die Lebenshaltungskosten am Wohnort des Genugtuungsberechtigten für die Bemessung der Genugtuung eine Rolle spielen können, ist bisher in der Rechtsprechung und im Schrifttum nur am Rande angesprochen worden. Hütte (Die Genugtuung, 2. Aufl., Stand Juli 1994, I/24) bemerkt, die Lebenshaltungskosten im Heimatland seien kein Grund, die Genugtuungsansätze anders zu bemessen als in der Schweiz, das heisst sie zu reduzieren oder zu erhöhen. Er bezieht sich dabei auf ein nicht veröffentlichtes Urteil des Zürcher Obergerichtes vom 19. Dezember 1985 und legt dar, anders habe noch das Bundesgericht in BGE 97 II 123 E. 10 (S. 135 am Schluss) entschieden. Zutreffend ist, dass das Bundesgericht in jener Erwägung zur Höhe einer Genugtuungsforderung bemerkt, der Kaufkraftschwund des Geldes in der Schweiz sei im konkreten Fall ohne Auswirkungen im Hinblick darauf, dass die Ansprecher in Italien lebten und die ihnen zugesprochenen Beträge voraussichtlich in ihrem Lande ausgeben würden. Die Entscheidung ist also entgegen Hütte für die hier erörterte Frage nicht einschlägig. In der übrigen Literatur wird das Problem nicht angesprochen (vgl. ANTON K. SCHNYDER, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Basel 1992, Art. 47 N. 11; BREHM, Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, 1990, Art. 47 N. 62 ff.; OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Allgemeiner Teil, Band I, 5. Aufl., Zürich 1995, S. 429 ff.). Daraus ist zu schliessen, dass der Gesichtspunkt der Lebenshaltungskosten am ausländischen Wohnsitz des Berechtigten bisher für die Bemessung der Genugtuung keine Rolle gespielt hat. b) Bei der Bemessung der Genugtuung sind die Lebenshaltungskosten des Berechtigten an seinem ausländischen Wohnsitz nicht zu berücksichtigen. Die Genugtuung stellt im Unterschied zur Schadenersatzleistung nicht einen Ausgleich für eine Vermögensminderung dar. Sie soll vielmehr den Schmerz durch eine Geldsumme aufwiegen. Diese Geldsumme ist nach dem am Gerichtsstand geltenden Recht zu bemessen ohne Rücksicht darauf, wo der Kläger leben und was er mit dem Geld machen wird. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass nicht nur bei ausländischem Wohnsitz die BGE 121 III 252 S. 256 Frage einer Reduktion geprüft werden müsste, sondern gegebenenfalls auch bei schweizerischem Wohnsitz an einem Ort mit geringen Lebenshaltungskosten. Es wäre schwer nachvollziehbar, wenn bei der Bemessung der Genugtuung danach unterschieden werden müsste, ob der Ansprecher in einer Grossstadt oder in einer ländlichen Gegend mit niedrigen Lebenshaltungskosten wohnt. Die Auffassung der Vorinstanz würde auch dazu führen, dass der Ansprecher mit ausländischem Wohnsitz gegebenenfalls mehr verlangen könnte, wenn er in einer ausländischen Metropole mit höheren Lebenshaltungskosten als in der Schweiz wohnt. Würde man der Ansicht der Vorinstanz folgen, würde im übrigen in Fällen wie hier die Freiheit des Genugtuungsberechtigten, sich anderswo niederzulassen, faktisch beeinträchtigt. So könnten die Beschwerdeführer in der Schweiz nur wieder leben, wenn sie bereit wären, sich mit der Hälfte der Genugtuung abzufinden. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen. 3. a) Heisst der Kassationshof die Nichtigkeitsbeschwerde im Zivilpunkt gut, so entscheidet er in der Sache selbst oder weist sie zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurück ( Art. 277quater Abs. 1 BStP ; vgl. dazu CORBOZ, Le pourvoi en nullité interjeté par le lésé, SJ 1995, S. 161 f. lit. b). Die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Genugtuungssummen sind angesichts der oben (E. 1a) dargelegten Tatumstände angemessen. Der Beschwerdegegner hat weder vor Vorinstanz noch vor Bundesgericht Gesichtspunkte genannt, die zu einer Reduktion führen müssten. Da die Sache somit spruchreif ist, entscheidet das Bundesgericht selbst. Die geltend gemachten Beträge sind zuzusprechen. b) (Kosten- und Entschädigungsfolgen)
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Sachverhalt ab Seite 504 BGE 118 Ib 503 S. 504 Mit Beschlüssen vom 21. Oktober 1986 und 22. August 1989 setzte der Gemeinderat Thalwil den Werkplan "Erweiterung Strandbad, Seeanlage Farb bis Strandbad Bürger" über die Grundstücke Kat.Nrn. 4599, 5776, 5777, 6829 sowie 6830 in Thalwil fest. Die Eigentümerinnen der an den Zürichsee anstossenden Grundstücke Kat.Nrn. 6829 und 5776 widersetzten sich der Werkplanfestsetzung über ihre Grundstücke mit Beschwerden an die Baurekurskommission II und gegen deren Entscheid an den Regierungsrat des Kantons Zürich; jeweils ohne Erfolg. Mit dem Entscheid des Regierungsrats vom 14. September 1991 wurde ihr Rekurs im Sinne der Erwägungen abgewiesen. Mit staatsrechtlicher Beschwerde und mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen die Eigentümerinnen, der angefochtene Entscheid des Regierungsrats sei aufzuheben. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde machen sie geltend, mit der Festsetzung des Werkplans, der ein Sondernutzungsplan im Sinne des Raumplanungsrechts sei, werde das Ausnahmebewilligungsverfahren gemäss Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) umgangen und dementsprechend materielles Bundesrecht verletzt. Ihre Liegenschaften befänden sich in einer Freihaltezone. Bauten und Anlagen dürften in dieser Zone grundsätzlich nur nach Massgabe von Art. 24 RPG verwirklicht werden. Es bestehe die Gefahr, dass aus dem Werkplan die Standortgebundenheit der projektierten Badeanlagen hergeleitet werde. Diese sei mindestens für geheizte Schwimmbecken umstritten. Es stelle sich daher die Frage, ob das Bundesrecht nicht gebiete, bereits den Werkplan dem Verfahren nach Art. 24 RPG zu unterstellen. In der staatsrechtlichen Beschwerde rügen die Beschwerdeführerinnen, der Einbezug ihrer Grundstücke in den Werkplan stütze sich nicht auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Gemäss § 114 des Zürcher Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG) könne zur Landsicherung für öffentliche Werke ein Werkplan festgesetzt werden, sofern Grundstücke nach einem Richtplan für ein Werk oder eine Anlage im öffentlichen Interesse vorgesehen seien. Die Werkplanfestsetzung setze somit Richtplankonformität voraus. Wegen der schwerwiegenden Folge der Erteilung des Enteignungsrechts, welche mit der Genehmigung des Werkplans verbunden sei ( § 116 PBG ), heisse dies, dass der Richtplan den Standort des öffentlichen Werks, dessen Landbedarf gesichert werden solle, eindeutig und umfassend ausweisen müsse. Hieran fehle es im vorliegenden Fall. Der Richtplan sehe vielmehr eine Erweiterung des Freibads Bürger BGE 118 Ib 503 S. 505 südlich der bestehenden Hafenanlage vor. Nach dem Werkplan hingegen solle die Freibaderweiterung nördlich der bestehenden Hafenanlage auf dem Land der Beschwerdeführerinnen ausgeführt werden. Dies setze die Verlegung der Hafenanlage voraus, was in der Richtplanung nicht vorgesehen sei. Schliesslich gehe es nicht an, dass mit dem Werkplan auch Land für den geplanten durchgehenden Seeuferweg gesichert werde. Gemäss § 114 PBG habe die Landsicherung für einen solchen Weg mit Baulinien zu erfolgen. Die Beschwerdeführerinnen machen ferner geltend, für die Werkplanfestsetzung bestehe auch kein ausreichendes öffentliches Interesse, das ihre entgegenstehenden privaten Interessen zu überwiegen vermöchte. Sie leiten daraus ab, der Eingriff in ihr Eigentum sei unverhältnismässig. Sie bestreiten das Bedürfnis der Gemeinde Thalwil, im Bereich ihrer Grundstücke Strandbadanlagen zu erstellen. Sie verweisen als Alternative auf die Erweiterung des bestehenden Strandbads Ludretikon. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Für die Beurteilung der Rüge, mit dem angefochtenen Entscheid werde in einer das Bundesrecht verletzenden Weise Art. 24 RPG umgangen, ist von dem die Art. 22-24 RPG ausführenden kantonalen Recht auszugehen. a) Die Liegenschaften der Beschwerdeführerinnen befinden sich nach dem Zonenplan der Gemeinde Thalwil in der kommunalen Freihaltezone im Sinne der §§ 61 ff. i.V.m. § § 39 ff. PBG . Gemäss § 61 PBG (in der Fassung vom 1. September 1991) sind als Freihaltezonen oder Erholungszonen die Flächen auszuscheiden, die für die Erholung der Bevölkerung nötig sind. In der Erholungszone sind gemäss § 62 Abs. 2 PBG nur die den Vorgaben der Richtplanung entsprechenden Bauten und Anlagen zulässig. Hinsichtlich Inhalt und Verfahren gelten für Bauten und Anlagen, für die Rechte der Grundeigentümer und für das Zugrecht der Gemeinden die gleichen Bestimmungen wie bei übergeordneten Freihaltezonen ( § 62 Abs. 1 PBG ). § 40 PBG stellt klar, dass nur solche oberirdische Bauten und Anlagen erstellt werden dürfen, die der Bewirtschaftung oder unmittelbaren Bewerbung der Freiflächen dienen und die den Zonenzweck nicht schmälern. Für andere Bauten und Anlagen gilt Art. 24 RPG ( § 40 PBG ). BGE 118 Ib 503 S. 506 b) Aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich klar, dass die Freihaltezone zwischen der Seestrasse und dem Ufer des Zürichsees in Thalwil Teil des Nutzungsplans der Gemeinde bildet, der die zulässige Nutzung des Bodens innerhalb des Siedlungsgebiets regelt. Es handelt sich um eine Freihaltezone, welche die Bauzonen vom Seeufer trennt, und die der Erholung der Bevölkerung sowie dem Landschaftsschutz dient. Sie entspricht damit den Zielen und Grundsätzen des Raumplanungsrechts des Bundes, namentlich den Bestrebungen, mit Massnahmen der Raumplanung wohnliche Siedlungen zu schaffen und zu erhalten und die natürlichen Lebensgrundlagen wie Wasser und Landschaft zu schützen ( Art. 1 Abs. 2 lit. a und b RPG ). Im Dienste dieses Ziels sollen mit Massnahmen der Raumplanung See- und Flussufer freigehalten und der öffentliche Zugang und die Begehung erleichtert werden. Auch sollen Siedlungen viele Grünflächen und Bäume enthalten. Für die öffentlichen oder im öffentlichen Interesse liegenden Bauten und Anlagen sind sodann sachgerechte Standorte zu bestimmen. Insbesondere sollen Freizeitanlagen für die Bevölkerung gut erreichbar sein (Art. 3 Abs. 2 lit. c, Abs. 3 lit. e und Abs. 4 lit. b RPG). In Erfüllung der Planungspflicht ( Art. 2 RPG ) sind die dargelegten Ziele und Grundsätze des Bundesrechts in einer für jedermann verbindlichen Weise in erster Linie mit Nutzungsplänen gemäss den Art. 14 ff. RPG zu verwirklichen. Die bundesrechtlichen Mindestanforderungen bedürfen dabei notwendigerweise kantonaler Ausgestaltung und Ergänzung (EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N. 1 zu Art. 18 RPG ; W. HALLER/P. KARLEN, Raumplanungs- und Baurecht, 2. Aufl., Zürich 1992, S. 58 f.). Die Regelung des Zürcher Planungs- und Baugesetzes fügt sich in die bundesrechtliche Ordnung ein. Die Freihaltezonen erfüllen teils die Funktion der Schutzzonen gemäss Art. 17 RPG , sollen diese doch u.a. Seen und ihre Ufer umfassen ( Art. 17 Abs. 1 lit. a RPG ). Zum Teil handelt es sich um Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen, die der Erholung der Bevölkerung dienen, wie für Sportanlagen und die damit in Verbindung stehenden Parkplätze. Solche Spezialzonen für bestimmte öffentliche Zwecke kann das kantonale Recht gemäss Art. 18 Abs. 1 RPG vorsehen (LEO SCHÜRMANN, Bau- und Planungsrecht, 2. Aufl., Bern 1984, S. 176; HALLER/KARLEN, a.a.O., S. 72 f.). c) Es ergibt sich aus der dargelegten bundesrechtlichen Ordnung, dass für die Bewilligung von Bauten und Anlagen, die dem Zweck der Nutzungszone entsprechen, nicht Art. 24 RPG , sondern Art. 22 RPG gilt. Auch wenn die Marginalie von Art. 24 von Ausnahmen BGE 118 Ib 503 S. 507 ausserhalb der Bauzonen spricht, ist hieraus nicht zu folgern, dass diese Bestimmung auf zonenkonforme Bauten und Anlagen in Spezialzonen ( Art. 18 Abs. 1 RPG ) anwendbar ist ( BGE 118 Ia 448 ff., BGE 116 Ib 378 E. 2a, BGE 114 Ib 349 E. 3b). In der hier zur Diskussion stehenden Freihaltezone sind nur bestimmte Bauten und Anlagen für öffentliche Zwecke zulässig, die der Erholung der Bevölkerung und der Wohnlichkeit der Siedlungen dienen. § 40 PBG sieht die Anwendbarkeit von Art. 24 RPG in den Freihaltezonen für solche Bauten und Anlagen vor, die dem Zonenzweck nicht entsprechen. Die Freihaltezonen des Zürcher Rechts sind nicht nur Schutzzonen und Spezialzonen innerhalb des Baugebiets. Sie umfassen vielmehr auch Zonen, die ausserhalb des Baugebiets der Erholung der Bevölkerung, dem Natur- und Landschaftsschutz oder der Trennung und Gliederung des Siedlungsgebiets dienen (HALLER/KARLEN, a.a.O., S. 72 N. 297). Dass in diesem Fall für Bauten und Anlagen, die dem Zonenzweck nicht entsprechen, Art. 24 RPG zum Zuge kommt, ergibt sich bereits direkt aus dem Bundesrecht. d) Die Einwendung der Beschwerdeführerinnen, in der Freihaltezone sei für die Verlegung der Hafenanlage und die Strandbaderweiterung ein Bewilligungsverfahren nach Art. 24 RPG erforderlich, ist somit unbegründet. Die genannten Anlagen entsprechen dem Zweck der Freihaltezone als Spezialzone im Sinne von Art. 18 Abs. 1 RPG . Es handelt sich um Bauten und Anlagen, die im öffentlichen Interesse der Erholung der Bevölkerung und somit unmittelbar der Bewirtschaftung und Bewerbung der Freifläche dienen ( § 40 Abs. 1 PBG ). Bewilligungen nach kantonalem Recht gestützt auf Art. 22 RPG sind insoweit zulässig. Dementsprechend ist die Gemeinde als Bauherrschaft und Trägerin des Werks grundsätzlich auch berechtigt, gestützt auf die §§ 114 ff., PBG einen Werkplan festzusetzen. 6. Ob im einzelnen die gesetzliche Grundlage für den Werkplan gegeben ist und ob das öffentliche Interesse die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegt und das Verhältnismässigkeitsprinzip gewahrt ist, ist nachfolgend zu prüfen. Aufgrund der vom Raumplanungsgesetz des Bundes getroffenen Rechtsmittelordnung sind diese Fragen im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren zu beurteilen ( Art. 34 Abs. 3 RPG ). a) Der Werkplan dient nach dem Titel der § § 114 ff. PBG der Landsicherung für öffentliche Werke. Seine Genehmigung schliesst die Erteilung des Enteignungsrechts ein ( § 116 PBG ) und bewirkt im vorliegenden Fall einen schweren Eigentumseingriff. Das Bundesgericht BGE 118 Ib 503 S. 508 prüft in diesem Fall frei, ob eine genügende gesetzliche Grundlage für den Eigentumseingriff besteht; die gesetzliche Grundlage muss klar und eindeutig sein ( BGE 116 Ia 185 E. 3c mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, § 114 PBG sei deshalb keine genügende gesetzliche Grundlage, weil die geplante Erweiterung des Strandbads und die damit verbundene Verlegung des Bootshafens im Richtplan nicht an den im Werkplan vorgesehenen Stellen bezeichnet seien. Der Regierungsrat und die Gemeinde Thalwil sind demgegenüber der Auffassung, § 114 PBG sei eine klare und eindeutige gesetzliche Grundlage für die Festsetzung des Werkplans. b) § 114 Abs. 2 PBG ermächtigt den Träger des Werks, jederzeit den Werkplan zu erstellen. Voraussetzung ist, dass die betroffenen Grundstücke nach einem Richtplan für ein Werk oder eine Anlage im öffentlichen Interesse vorgesehen sind und dass die Landsicherung nicht durch Baulinien erfolgen kann ( § 114 Abs. 1 PBG ). Die zuletzt genannte Voraussetzung ist unbestrittenermassen für die Erweiterung der Badeanlage und die damit verbundene Verlegung des Bootshafens erfüllt, nach der Meinung der Beschwerdeführerinnen jedoch nicht für den vom Kanton geplanten öffentlichen Seeuferweg, dessen Verlauf im Bereich der Badeanlagen in den Werkplan einbezogen wurde. Die Sicherung des Landes für den Fussweg hat nach der Meinung der Beschwerdeführerinnen gemäss den § § 96 ff. PBG mit Bau- und Niveaulinien zu erfolgen. aa) Es trifft zu, dass gemäss § 96 Abs. 2 lit. a PBG das für Wege benötigte Areal grundsätzlich mit Verkehrsbaulinien zu sichern ist. Doch übersehen die Beschwerdeführerinnen, dass der Uferweg für Fussgänger im Verhältnis zu den Boots- und Badeanlagen eine untergeordnete Bedeutung aufweist. Auch ist er unbestrittenermassen eine Anlage im öffentlichen Interesse, die dem Erholungszweck der Freihaltezone entspricht. Ihn in den Werkplan einzubeziehen, liegt daher nahe und widerspricht der gesetzlichen Regelung nicht, sondern ist im Interesse der Abstimmung raumwirksamer Tätigkeiten geradezu geboten ( Art. 2 Abs. 1 RPG , Art. 2 der Verordnung über die Raumplanung vom 2. Oktober 1989, RPV, SR 700.1). Dass ein Fussweg, soweit er nicht mit grösseren öffentlichen Anlagen in Verbindung steht, mit Baulinien zu sichern ist, schliesst nicht aus, dass er in den Werkplan für diese Anlagen aufgenommen wird, und zwar auch dann, wenn er im Auftrag des Kantons erstellt wird. Gemäss § 115 PBG wird der Werkplan vom Träger des Werks, bei Ungewissheit über die BGE 118 Ib 503 S. 509 Trägerschaft vom Ersteller des betreffenden Richtplans festgesetzt. Zufolge des Vorrangs der Bade- und Hafenanlagen, für welche die Gemeinde Trägerin des Werks ist, durfte sie als Erstellerin des kommunalen Siedlungs- und Landschaftsplans vom Mai 1982, in welchem die Freihaltezone als besonderes Erholungsgebiet bezeichnet ist, ohne Gesetzesverletzung den Fussweg in den Werkplan aufnehmen. Aus diesem Vorgehen erwächst den Beschwerdeführerinnen kein Nachteil. Die Einwendung, der Einbezug des Fusswegs in den Werkplan vermöge sich nicht auf eine eindeutige gesetzliche Grundlage zu stützen, ist demnach als unbegründet abzuweisen. bb) Die Beschwerdeführerinnen sind der Meinung, der Werkplan vermöge sich nicht auf eine genügende richtplanerische Anordnung zu stützen. Die Gemeinde wendet ein, ob dies zutreffe, sei vom Bundesgericht nur unter dem Blickwinkel der Willkür zu prüfen. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Da ein schwerer Eingriff in das Eigentum in Frage steht und § 114 PBG klar verlangt, dass die vom Werkplan betroffenen Grundstücke nach einem Richtplan für das Werk vorgesehen sein müssen, ist ohne Kognitionsbeschränkung umfassend zu prüfen, ob die vom Gesetz verlangte Grundlage des Richtplans besteht. Wäre die Frage nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür zu prüfen, so käme dies einer dem Sinn der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht entsprechenden Abschwächung der Forderung nach einer klaren und eindeutigen gesetzlichen Grundlage für schwere Eigentumseingriffe gleich. cc) Für die umfassende freie Prüfung ist von der im Bundesrecht vorgezeichneten Funktion der Richtpläne auszugehen. Die Richtpläne sollen in den Grundzügen aufzeigen, wie sich das von ihnen erfasste Gebiet räumlich entwickeln soll ( Art. 6 RPG ). Auch wenn das Zürcher Planungs- und Baugesetz in weitergehendem Masse, als dies das Bundesrecht erfordert, davon ausgeht, dass die Richtpläne die Nutzungsplanung vorbestimmen ( BGE 112 Ia 283 E. 3c), so heisst dies nicht, dass in den Richtplänen die behördeverbindlichen Anordnungen in der Präzision der Nutzungspläne getroffen werden müssen. Dies geht auch aus der Formulierung des Zürcher Planungs- und Baugesetzes hervor. Es umschreibt die Aufgabe der Richtplanung mit Gestaltungsgrundsätzen, die den Behörden bei der Ausarbeitung der Nutzungsplanung den notwendigen Ermessensspielraum belassen. Der Ermessensspielraum, welcher den Behörden bei der Erfüllung ihrer der Richtplanung nachgeordneten Nutzungsplanungspflicht zustehen muss, ergibt sich auch aus Art. 2 Abs. 3 RPG . BGE 118 Ib 503 S. 510 Im Lichte dieser bundesrechtlich vorgegebenen Grundsätze ist die Einwendung der Beschwerdeführerinnen als unbegründet zu bezeichnen. Massgebend ist, dass gemäss dem kommunalen Siedlungs- und Landschaftsplan die Grundstücke der Beschwerdeführerinnen in einem Erholungsgebiet liegen. Dabei kennzeichnet der Plan dieses Gebiet mit den Buchstaben B und C als besonderes Erholungsgebiet. B weist gemäss der Planlegende auf "Festplatz, Parkplatz" hin, C auf "Sportanlage"; diese Kennzeichnung kann auf den gesamten Abschnitt zwischen der Seestrasse und dem Seeufer im Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführerinnen bezogen werden. Die präzise Festsetzung der Standorte für Sportanlagen und Parkplätze erfolgt in der Nutzungsplanung. Der Gemeinderat durfte daher ohne Gesetzesverletzung die im Werkplan nun vorgesehenen Standorte für die Erweiterung der Badeanlage und die Verlegung des Bootshafens bestimmen.
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Sachverhalt ab Seite 542 BGE 123 II 542 S. 542 Das Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) verfügt über eine Reihe von Informationssystemen sowie über Online-Zugriffe auf das Zentrale Ausländerregister (ZAR) des Bundesamtes für Ausländerfragen (BFA) und das automatisierte Personenregistratursystem AUPER-2. Am 21. März 1994 erliess der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte eine Empfehlung, worin er die sofortige Einstellung des Direktabrufs von ZAR-Daten durch das Bundesamt für Polizeiwesen, die Vernichtung der bei diesem Amt gespeicherten Daten aus dem ZAR und die Erstellung einer Dokumentation über die Datenbedürfnisse der verschiedenen Organisationseinheiten des Bundesamtes für Polizeiwesen verlangte. Ferner erliess der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte am 13. April 1994 eine analoge Empfehlung hinsichtlich des Zugriffs des Bundesamtes für Polizeiwesen auf Asylbewerber-Daten des Systems AUPER-2. Nachdem das Bundesamt für Polizeiwesen, das Bundesamt für Ausländerfragen sowie das Bundesamt für Flüchtlinge die Empfehlung abgelehnt hatten, zog der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte die Sache an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (Departement) weiter. Dieses lehnte mit Entscheiden vom 2. November 1994 bzw. 9. Dezember 1994 die Empfehlungen des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten im wesentlichen ab und BGE 123 II 542 S. 543 erlaubte den vorläufigen Zugriff des Bundesamtes für Polizeiwesen auf die beiden Datenbanken mit bestimmten Auflagen. Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte erhob gegen diese Entscheide am 3. Mai 1995 zwei Verwaltungsbeschwerden bei der Eidgenössischen Datenschutzkommission (Kommission) und beantragte im wesentlichen, die Entscheide des Departements aufzuheben, soweit sie den Online-Zugriff auf die beiden Datenbanken gestatteten. Mit Entscheid vom 29. November 1996 trat die Eidgenössische Datenschutzkommission auf die Beschwerden ein, hiess sie teilweise gut und wies die Sache zur Neuentscheidung im Sinne der Erwägungen an das Departement zurück. Sie erwog zum Eintreten, dass der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte zwar nicht nach Art. 48 lit. b VwVG zur Beschwerde befugt sei, dass er jedoch ausnahmsweise nach Art. 48 lit. a VwVG legitimiert sei, da das Departement ihn in der Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgabe erheblich benachteiligt habe. In der Sache hielt die Kommission dafür, dass für die fraglichen Datenbearbeitungen nur teilweise eine genügende gesetzliche Grundlage bestehe. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den Entscheid der Eidgenössischen Datenschutzkommission aufzuheben. Es bringt vor, die Kommission sei zu Unrecht auf die Beschwerde des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten eingetreten, da dieser nicht zur Beschwerde legitimiert sei. Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und hebt den Entscheid der Datenschutzkommission auf Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. Streitig ist vorab, ob die Kommission zu Recht auf die Beschwerde des Datenschutzbeauftragten eingetreten ist. a) Ob die Kommission Art. 48 VwVG richtig angewendet hat, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei prüft ( Art. 104 lit. a OG ). b) Der Datenschutzbeauftragte hat die Beschwerde nicht als betroffener Privater, sondern als Behörde eingereicht. Er macht nicht geltend, dass mit den fraglichen Online-Zugriffen über ihn persönlich Daten bearbeitet werden. Seine Beschwerdelegitimation kann sich insoweit nur aus den Vorschriften über die Behördenbeschwerde ergeben. BGE 123 II 542 S. 544 c) Wie die Kommission richtig ausführt, steht dem Datenschutzbeauftragten kein Beschwerderecht im Sinne von Art. 48 lit. b VwVG zu. Die in dieser Bestimmung verlangte Ermächtigung ergibt sich nicht bereits generell aus der Tatsache, dass eine Behörde für eine bestimmte Aufgabe zuständig ist, sondern nur aus einer ausdrücklichen spezialgesetzlichen Ermächtigung (ATTILIO R. GADOLA, Das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren, Diss. Zürich 1991, S. 234; ders., Die Behördenbeschwerde in der Verwaltungsrechtspflege des Bundes - ein "abstraktes" Beschwerderecht? AJP 1993 S. 1458-1471, 1459 f.; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 163; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, S. 153; PETER SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel 1979, S. 180, 182). Das Datenschutzgesetz (DSG; SR 235.1) ermächtigt indessen den Datenschutzbeauftragten, von der in Art. 29 Abs. 4 DSG für den Privatrechtsbereich statuierten Regelung abgesehen, nicht zur Beschwerde an die Datenschutzkommission. Im Gegenteil wurde die im Entwurf des Bundesrates vorgesehene Beschwerdemöglichkeit (Art. 24 Abs. 5 lit. a des Entwurfs zum Datenschutzgesetz, BBl 1988 II 524) von der Bundesversammlung im Bereich der Aufsicht über Bundesorgane ausdrücklich und bewusst gestrichen (AB StR 1990 159 f., 1991 1063-65, NR 1992 S. 388-390; vgl. auch ROLF BRÜNDLER, in URS MAURER/NEDIM PETER VOGT (Hrsg.), Kommentar zum schweizerischen Datenschutzgesetz, Basel 1995, N. 14 zu Art. 27). Schliesslich erwähnt auch Art. 33 Abs. 1 lit. a DSG die Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten nur im Zusammenhang mit Art. 29 Abs. 4, das heisst ausschliesslich im Privatrechtsbereich. Angesichts dieses grammatikalisch, systematisch und historisch eindeutigen Auslegungsergebnisses kann es nicht von Bedeutung sein, dass der Datenschutzbeauftragte geltungszeitlich ein eigenes Beschwerderecht als wünschbar betrachtet. Zu prüfen bleibt, ob sich die beanspruchte Beschwerdelegitimation, wie dies die Datenschutzkommission angenommen hat, aus Art. 48 lit. a VwVG herleiten lässt. d) Nach Art. 48 lit. a VwVG ist zur Beschwerde befugt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Nach dieser Formulierung, die mit Art. 103 lit. a OG übereinstimmt, sind zur Beschwerde zunächst die betroffenen Privaten berechtigt. Nach der Praxis des Bundesgerichts und des Bundesrats ist auch ein Gemeinwesen nach 103 lit. a OG bzw. Art. 48 lit. a VwVG zur Beschwerde BGE 123 II 542 S. 545 legitimiert, soweit es gleich oder ähnlich wie ein Privater berührt ist (BGE BGE 122 II 33 E. 1b S. 36; BGE 118 Ib 614 E. 1b S. 616; BGE 112 Ib 128 E. 2 S. 130, mit Hinweisen; VPB 59/1995 Nr. 12 S. 86). Das gilt insbesondere dann, wenn es in seinen vermögensrechtlichen Interessen betroffen ist ( BGE 122 II 33 E. 1b S. 36, 382 E. 2b S. 383; BGE 118 Ib 614 E. 1b S. 616). Darüber hinaus ist ein Gemeinwesen legitimiert, wenn es durch die angefochtene Verfügung in seinen hoheitlichen Befugnissen berührt ist und ein schutzwürdiges eigenes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat ( BGE 123 II 371 E. 2c S. 374 f., mit Hinweisen). e) Hingegen begründet nach ständiger Praxis das blosse allgemeine Interesse an einer richtigen Anwendung des objektiven Bundesrechts keine Beschwerdelegitimation des Gemeinwesens; insbesondere ist die in einem Rechtsmittelverfahren unterlegene Vorinstanz nicht legitimiert ( BGE 123 II 371 E. 2d S. 375; BGE 122 II 382 E. 2c S. 383; BGE 112 Ia 59 E. 1b S. 62; BGE 111 V 151 E. 2 S. 152; BGE 110 Ib 148 E. 1c S. 154; BGE 108 Ib 167 E. 2a S. 170; BGE 105 Ib 348 E. 5a S. 359; VPB 60/1996 Nr. 36 S. 326 f.; GADOLA, a.a.O. (1993), S. 1467; PIERRE MOOR, Des personnes morales de droit public, Fs. HÄFELIN, Zürich 1989, S. 517-538, 537). Zur Legitimation genügt sodann nicht, dass eine Behörde in einem Bereich, in welchem sie zur Rechtsanwendung zuständig ist und insofern bestimmte, qualifizierte Interessen wahrnimmt, eine Rechtsauffassung vertritt, die in Widerspruch steht zu derjenigen einer anderen zuständigen bzw. übergeordneten Behörde oder Instanz, auch wenn dadurch die Aufgabenerfüllung der betreffenden Behörde wesentlich erschwert wird. So hat das Bundesgericht beispielsweise einem kantonalen Untersuchungsrichter die Legitimation abgesprochen zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Weigerung einer eidgenössischen Stelle, einen Bundesbeamten zur Zeugenaussage zu ermächtigen ( BGE 123 II 371 E. 2e S. 376). f) Legitimiert sind sodann grundsätzlich nur Gemeinwesen als solche, nicht hingegen einzelne Behörden oder Verwaltungszweige ohne eigene Rechtspersönlichkeit ( BGE 123 II 371 E. 2d S. 375; nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts i.S. PTT vom 5. März 1996, E. 1b). Nach schweizerischem Staatsverständnis sollen Meinungsverschiedenheiten zwischen Behörden ein- und desselben Staatswesens nicht auf dem Weg der Verwaltungsrechtspflege, sondern durch die übergeordneten politischen Behörden geregelt werden (AB StR 1992 S. 389 f.; SALADIN, a.a.O., S. 182). In den von der Datenschutzkommission zitierten Fällen, in denen die BGE 123 II 542 S. 546 Beschwerdelegitimation bejaht wurde, ging es in der Regel um Beschwerden von Kantonen, Gemeinden oder öffentlichrechtlichen Anstalten und Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit gegen Entscheide von Bundesbehörden oder kantonalen Gerichten ( BGE 122 II 33 , 382; BGE 114 Ib 94 , nicht publ. E. 2c; 113 Ib 363 ; BGE 110 Ib 297 ; nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 19. August 1994 i.S. B., E. 1b) oder aber um Beschwerden eidgenössischer Stellen gegen kantonale Entscheide ( BGE 120 Ib 287 E. 3d S. 298; BGE 116 Ib 400 ; BGE 115 Ib 166 ; ZBl 97/1996 S. 373), mithin überall um Streitigkeiten zwischen verschiedenen Gemeinwesen (nur auf solche Fälle bezieht sich auch die von der Datenschutzkommission zitierte Stelle bei GYGI, a.a.O., S. 171 f.). Demgegenüber ist eine Verwaltungsstelle des Bundes grundsätzlich nicht befugt, Beschwerde gegen Entscheide einer anderen Verwaltungsstelle des Bundes zu führen. Als Ausnahme wurde den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) sowohl vom Bundesgericht als auch vom Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement die Beschwerdelegitimation nach Art. 103 lit. a OG bzw. Art. 48 lit. a VwVG zugesprochen gegen Verfügungen der eidgenössischen Eisenbahnaufsichtsbehörden ( BGE 120 Ib 287 E. 3d S. 298; BGE 116 Ib 344 E. 1a S. 346; ZBl 97/1996 S. 373 E. 1b; VPB 59/1995 Nr. 13 E. 4 S. 93 ff.). Der Grund dafür liegt darin, dass die SBB gemäss Art. 5 Abs. 2 SBB-Gesetz (SR 742.31) parteifähig sind und dass sie als Gesuchsteller bzw. Aufsichtsunterworfene gegenüber den eidgenössischen Aufsichtsbehörden grundsätzlich die gleiche Stellung haben wie eine private Eisenbahnunternehmung. Hinzu kommen historische Überlegungen, wonach die SBB durch eine Verstaatlichung ursprünglich privater Bahnen zustandegekommen sind. g) Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte ist "unabhängig" und dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement nur administrativ zugeordnet ( Art. 26 Abs. 2 DSG ). Er hat jedoch keine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern ist trotz seiner Unabhängigkeit eine Verwaltungsstelle des Bundes. Als solche versieht er eine vergleichbare Aufgabe wie andere unabhängige Behörden des Bundes, beispielsweise die Kartell- bzw. Wettbewerbskommission oder die Eidgenössische Bankenkommission. Seine Tätigkeit ist nicht vergleichbar mit derjenigen der Schweizerischen Bundesbahnen, die eine grundsätzlich auch privatwirtschaftlich konzipierbare Unternehmung betreiben und insoweit den eidgenössischen Aufsichtsbehörden analog wie ein Privater unterstellt sind, sondern es handelt sich um eine typisch staatliche Handlung. Sein Interesse an einer BGE 123 II 542 S. 547 richtigen Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen Datenschutzmassnahmen ist gleichgeartet wie dasjenige jeder anderen staatlichen Behörde, welche bestimmte Aufgaben und Interessen wahrnimmt, was sie jedoch noch nicht zur Beschwerde legitimiert. Der Datenschutzbeauftragte ist zwar dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement nicht hierarchisch unterstellt. Er ist aber seinerseits anderen Bundesbehörden gegenüber auch nicht weisungsbefugt; er kann bloss Empfehlungen erlassen ( Art. 27 Abs. 4 DSG ). Befolgt eine Bundesstelle seine Empfehlungen nicht, so kann er die Angelegenheit der hierarchisch vorgesetzten Behörde dieser Stelle zum Entscheid vorlegen ( Art. 27 Abs. 5 DSG ). Das Gesetz geht somit davon aus, dass über Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Datenschutzbeauftragten und einer anderen Bundesstelle auf dem ordentlichen politischen Weg entschieden wird, wie das innerhalb der Bundesverwaltung üblich ist. Das ist auch der Wille des Gesetzgebers, der das vom Bundesrat vorgesehene Beschwerderecht des Datenschutzbeauftragten gestrichen hat (vorne E. 2c). Es kann nicht angehen, diesen gesetzgeberischen Entscheid zu unterlaufen, indem dem Datenschutzbeauftragten anstelle des abgelehnten Behördenbeschwerderechts die allgemeine Beschwerdebefugnis nach Art. 48 lit. a VwVG zugestanden wird. h) Die Datenschutzkommission ist grundsätzlich ebenfalls dieser Meinung, bejahte jedoch die Beschwerdelegitimation ausnahmsweise, weil der Datenschutzbeauftragte durch das Verhalten des Departements erheblich benachteiligt worden sei. Diese Auffassung würde darauf hinauslaufen, die Beschwerdebefugnis nach dem Intensitätsgrad der geltend gemachten Verletzung zu beurteilen. Das wäre nicht nur unpraktikabel und im Widerspruch zum Gebot der Rechtssicherheit. Es entspricht auch nicht der dargestellten gesetzlichen Regelung, von der nicht einfach deshalb abgewichen werden kann, weil sich eine Verwaltungsstelle besonders behindert fühlt. Es mag zahlreiche andere Verwaltungsstellen geben, die sich durch Entscheide eines Departements in der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgabe, so wie sie sie verstehen, erheblich beeinträchtigt fühlen, ohne dass sie deswegen den Entscheid des Departements anfechten können. Es ist kein Grund ersichtlich, diesbezüglich dem Datenschutzbeauftragten eine gesetzlich nicht vorgesehene Sonderbehandlung zukommen zu lassen. i) Gesamthaft ergibt sich somit, dass die Datenschutzkommission zu Unrecht und in Verletzung von Art. 48 VwVG auf die Beschwerden des Datenschutzbeauftragten eingetreten ist.
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Erwägungen ab Seite 290 BGE 111 V 289 S. 290 Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 8 Abs. 1 Satz 1 AHVG (in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 IVG , Art. 27 Abs. 2 EOG und Art. 23a EOV ) wird vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ein Beitrag von 9,4% erhoben. Dieses beitragspflichtige Erwerbseinkommen wird nach Art. 9 Abs. 2 AHVG ermittelt, indem vom rohen Einkommen abgezogen werden: "a. die zur Erzielung des rohen Einkommens erforderlichen Gewinnungskosten; b. die der Entwertung entsprechenden, geschäftsmässig begründeten Abschreibungen und Rückstellungen geschäftlicher Betriebe; c. die eingetretenen und verbuchten Geschäftsverluste; d. die Zuwendungen, die Geschäftsinhaber in der Berechnungsperiode für Zwecke der Wohlfahrt ihres Personals machen, sofern sie für diese Zwecke derart sichergestellt sind, dass jede spätere zweckwidrige Verwendung ausgeschlossen ist, sowie Zuwendungen für ausschliesslich gemeinnützige Zwecke. Ausgenommen hievon sind die Beiträge gemäss Art. 8 sowie gemäss dem Bundesgesetz über die Invalidenversicherung und dem Bundesgesetz über die Erwerbsausfallentschädigungen an Wehr- und Zivilschutzpflichtige; e. ein vom Bundesrat auf Antrag der Eidgenössischen Kommission für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung festzusetzender Zins des im Betrieb arbeitenden eigenen Kapitals." Ferner sind gegebenenfalls jene Leistungen gemäss Art. 6 Abs. 2 AHVV abzuziehen, welche nicht unter den AHV-rechtlichen Begriff des Erwerbseinkommens fallen (vgl. Art. 9 Abs. 2 in fine AHVG, Art. 18 Abs. 3 AHVV ). Die Abzüge in Art. 9 Abs. 2 lit. a bis c sowie lit. d Satz 1 AHVG stimmen weitgehend mit denjenigen der direkten Bundessteuer (vor 1983: Wehrsteuer) überein (vgl. Art. 22 Abs. 1 lit. a, b, c und f BdBSt). Anders als bei der direkten Bundessteuer dürfen jedoch die persönlichen Beiträge der Selbständigerwerbenden bei BGE 111 V 289 S. 291 der AHV nicht abgezogen werden (vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. d Satz 2 AHVG mit Art. 22 Abs. 1 lit. g BdBSt ). Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, dass auch beim Erwerbseinkommen der Unselbständigerwerbenden kein Abzug gestattet ist, da die paritätischen Beiträge dort vom Bruttolohn (massgebender Lohn, Art. 5 Abs. 1 und 2 AHVG ) erhoben werden (vgl. ZAK 1950 S. 12). Eine weitere Abweichung zur direkten Bundessteuer besteht in der Gewährung eines Zinsabzugs für das vom Selbständigerwerbenden im Betrieb investierte, nach den Vorschriften über die direkte Bundessteuer bewertete Eigenkapital ( Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG , Art. 18 Abs. 2 AHVV ). Damit wird sichergestellt, dass die AHV vom Einkommen der Selbständigerwerbenden nur die Arbeitseinkünfte und nicht auch das aus allfälligem Kapitaleinsatz fliessende Einkommen erfasst (Botschaft vom 24. Mai 1946, BBl 1946 II 393; BRATSCHI, Der Einkommensbegriff in der AHV, Diss. Bern 1952, S. 156 f.). Verglichen mit den bei der direkten Bundessteuer zulässigen Abzügen stellen die Nichtabzugsfähigkeit der Beiträge der Selbständigerwerbenden und der Eigenkapitalabzug somit AHV-rechtliche Besonderheiten dar. 3. Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, das beitragspflichtige Einkommen der Selbständigerwerbenden sei nicht von den Ausgleichskassen, sondern von den Steuerbehörden zu ermitteln. Demzufolge sei es auch Aufgabe der Steuerbehörden, den bei der direkten Bundessteuer zulässigen Beitragsabzug rückgängig zu machen und insofern die AHV-rechtliche Beitragsaufrechnung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. d Satz 2 AHVG vorzunehmen. Der Beschwerdeführer wirft damit die Frage der Aufgabenteilung zwischen Ausgleichskassen und Steuerbehörden bei Einkommensermittlung und Beitragsfestsetzung auf. a) Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a AHVG obliegt die Beitragsfestsetzung den Ausgleichskassen, welche in Art. 49 AHVG ausdrücklich als Durchführungsorgane der AHV genannt sind. Grundlage für die Festsetzung der Beiträge der Selbständigerwerbenden ist das "reine Einkommen", mit welchem Begriff die AHVV in Art. 22 (vgl. auch Art. 24 ff. AHVV ) das in Art. 8 Abs. 1 AHVG erwähnte "Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit" umschreibt. Dieses reine Einkommen ergibt sich, indem das Roheinkommen nach Art. 9 Abs. 2 AHVG einerseits um die bundessteuer- und AHV-rechtlich zulässigen und anderseits um die nur AHV-rechtlich anerkannten Abzüge vermindert wird. Ausgehend vom BGE 111 V 289 S. 292 Roheinkommen sind somit sowohl steuerrechtliche als auch AHV-rechtliche Operationen vorzunehmen. Bei der Schaffung der AHV bestand von allem Anfang an die Absicht, auf einen aufwendigen AHV-eigenen Verwaltungsapparat zur Einkommensermittlung zu verzichten. Für diese Aufgabe sollte vielmehr auf die vorhandenen Steuerbehörden zurückgegriffen werden (Expertenbericht vom 16. März 1945 S. 37; BBl 1946 II 394, 523; BINSWANGER, Kommentar zum AHVG, S. 73 ff.; EVGE 1951 S. 113 Erw. 1a), und zwar ohne sie damit zu Durchführungsorganen der AHV werden zu lassen (vgl. BBl 1946 II 447 f.). Der Gesetzgeber erteilte darum dem Bundesrat in Art. 9 Abs. 4 AHVG die Befugnis, kantonale Behörden mit der Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu beauftragen. Hievon machte der Bundesrat mit dem Erlass von Art. 23 AHVV Gebrauch, der in Abs. 1 bestimmt: "Die kantonalen Steuerbehörden ermitteln das für die Berechnung der Beiträge massgebende Erwerbseinkommen aufgrund der rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer, das im Betrieb arbeitende Eigenkapital aufgrund der entsprechenden rechtskräftigen kantonalen Veranlagung unter Berücksichtigung der Vorschriften über die direkte Bundessteuer." Diese Angaben haben die Steuerbehörden den Ausgleichskassen laufend zu übermitteln ( Art. 27 Abs. 2 AHVV ). Somit ist von den Steuerbehörden in jedem Fall das Einkommen anzugeben. Ist - wie dies meistens zutrifft - im Betrieb des Versicherten auch Eigenkapital investiert, so haben sie zudem dieses Eigenkapital aufzuführen. Allein schon aus dem Umstand, dass die Steuerbehörden regelmässig zwei Faktoren zu melden haben, erhellt, dass es nicht ihre Aufgabe sein kann, ein Endergebnis im Sinne des beitragspflichtigen (reinen) Einkommens zu melden. Denn dies würde voraussetzen, dass die Steuerbehörden - von der Frage der Beitragsaufrechnung und von der beitragsrechtlichen Qualifikation des Einkommens bzw. Einkommensbezügers einmal abgesehen (vgl. zu letzterem Punkt Erw. 3c hernach) - zumindest eine spezifisch AHV-rechtliche Operation vorzunehmen hätten, indem sie das aus Eigenkapitaleinsatz fliessende Einkommen zu ermitteln und in der Form eines Zinses vom gesamten (gemischten) Einkommen aus Arbeit und Kapital abzuziehen hätten. Dies liesse sich mit der ihnen zugedachten Funktion von blossen Hilfsorganen der AHV (BINSWANGER, a.a.O., S. 76) aber nicht vereinbaren. BGE 111 V 289 S. 293 b) Allerdings ist einzuräumen, dass der Wortlaut von Art. 23 Abs. 1 AHVV im vorliegenden Zusammenhang betrachtet zweideutig ist. Während aus Art. 27 Abs. 2 AHVV nur die Verpflichtung der Steuerbehörden hervorgeht, die für die Berechnung der Beiträge erforderlichen Angaben zu "übermitteln", d.h. zu melden, müssen sie gemäss Art. 23 Abs. 1 AHVV "ermitteln", und zwar - laut erstem Satzteil - "das für die Berechnung der Beiträge massgebende Erwerbseinkommen". Diese Formulierung könnte im Sinne des Beschwerdeführers darauf schliessen lassen, die Steuerbehörden hätten das massgebende Erwerbseinkommen zu ermitteln und demzufolge auch den Einkommensteil aus Kapitaleinsatz auszuscheiden, worauf dann die Ausgleichskassen bloss noch die dem Ansatz von 9,4% bzw. der degressiven Skala entsprechenden Beiträge auszurechnen hätten. Eine solche Auslegung verbietet sich jedoch im Hinblick auf den zweiten Satzteil von Art. 23 Abs. 1 AHVV , wonach die Steuerbehörden - nebst dem Einkommen gemäss erstem Satzteil - auch das im Betrieb arbeitende Eigenkapital zu ermitteln und gemäss Art. 27 Abs. 2 AHVV den Ausgleichskassen zu melden haben. Dieser zweite Satzteil erwiese sich als sinnlos und überflüssig, wenn der Auffassung des Beschwerdeführers zu folgen wäre. Art. 23 Abs. 1 AHVV kann darum nur in dem Sinne verstanden werden, dass die Steuerbehörden das gesamte (gemischte) Einkommen der Selbständigerwerbenden (Einkommen aus Arbeit und aus Kapitaleinsatz) und das Eigenkapital anhand der Steuerakten und damit aufgrund einer steuerrechtlichen Operation zu ermitteln und hernach zu melden haben, wogegen es Sache der Ausgleichskassen ist, die AHV-spezifische Ausscheidung des Kapitaleinkommens durchzuführen (BINSWANGER, a.a.O., S. 78). Angesichts der auf die steuerrechtliche Bewertung beschränkten Hilfsfunktion der Steuerbehörden muss es darum den Ausgleichskassen vorbehalten sein, die AHV-rechtlichen Abweichungen gegenüber der direkten Bundessteuer zu berücksichtigen und insbesondere dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Beiträge der Selbständigerwerbenden bei der AHV im Gegensatz zur direkten Bundessteuer nicht abgezogen werden dürfen. c) Gegen die Auffassung des Beschwerdeführers, das beitragspflichtige Einkommen sei von den Steuerbehörden zu ermitteln, spricht auch eine weitere Überlegung. Art. 23 Abs. 4 AHVV erklärt die von den Steuerbehörden gemäss Abs. 1 zu ermittelnden Angaben für die Ausgleichskassen als verbindlich. Nach der BGE 111 V 289 S. 294 Rechtsprechung darf der Richter davon nur abweichen, wenn die ihnen zugrundeliegenden Steuertaxationen klar ausgewiesene Irrtümer enthalten, die ohne weiteres richtiggestellt werden können, oder wenn sachliche Umstände gewürdigt werden müssen, die steuerrechtlich belanglos, sozialversicherungsrechtlich aber bedeutsam sind. Diese Verbindlichkeit der Angaben der Steuerbehörden beschränkt sich indessen auf die Bemessung des massgebenden Einkommens und des betrieblichen Eigenkapitals. Nicht verbindlich sind die Angaben der Steuerbehörden dagegen hinsichtlich der beitragsrechtlichen Qualifikation des Einkommens bzw. des Einkommensbezügers; sie beschlagen daher nicht die Frage, ob überhaupt Erwerbseinkommen und gegebenenfalls solches aus selbständiger oder aus unselbständiger Tätigkeit vorliegt und ob der Einkommensbezüger beitragspflichtig ist. Somit haben die Ausgleichskassen ohne Bindung an die Steuermeldung aufgrund des AHV-Rechts zu beurteilen, wer für ein von der Steuerbehörde gemeldetes Einkommen beitragspflichtig ist. Ebenso besteht keine Bindung bezüglich der Beurteilung, ob selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt. Allerdings sollen sich die Ausgleichskassen bei der Qualifikation des Erwerbseinkommens in der Regel auf die Steuermeldungen verlassen und eigene nähere Abklärungen nur dann vornehmen, wenn sich ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Steuermeldung ergeben. Diese Beurteilungskompetenz gilt um so mehr, wenn bestimmt werden muss, ob ein Versicherter überhaupt erwerbstätig ist oder nicht. Daher rechtfertigt es sich, die Ausgleichskassen auch selbständig beurteilen zu lassen, ob ein von der Steuerbehörde gemeldetes Kapitaleinkommen als Erwerbseinkommen zu qualifizieren ist ( BGE 110 V 370 Erw. 2a mit Hinweisen). Auch aus diesen Ausführungen folgt, dass die Angaben der Steuerbehörden blosse Zwischenergebnisse darstellen können. Sie sind für die Berechnung der Beiträge insofern "massgebend", als - bei Bejahung der Beitragspflicht eines Einkommensbezügers für ein bestimmtes Einkommen und vorbehältlich der richterlichen Korrektur klar ausgewiesener Irrtümer, die ohne weiteres richtiggestellt werden können - gemeldetes Einkommen und Eigenkapital quantitativ nicht anders bewertet werden darf als durch die Steuerbehörden (BINSWANGER, a.a.O., S. 76 f.). In diesem Sinne sind sie eine rechnerische Grundlage für die Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens, welche von der Ausgleichskasse selbständig nach AHV-rechtlichen Gesichtspunkten vorzunehmen ist BGE 111 V 289 S. 295 (OSWALD, Aktuelle Rechtsfragen aus dem Gebiete der Alters- und Hinterlassenenversicherung, ZSR 74/1955 S. 54a bei Anm. 137). Dazu gehört nebst der Qualifikation des Einkommens bzw. Einkommensbezügers auch - wie schon erwähnt - die Aufrechnung der Beiträge der Selbständigerwerbenden und der Abzug des Eigenkapitalzinses. 4. Sodann macht der Beschwerdeführer geltend, es dürften dem von der Steuerbehörde gemeldeten Einkommen bloss jene Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit hinzugerechnet werden, die in der Steuererklärung als Abzug deklariert worden seien. Die Aufrechnung höherer Beiträge, wie dies im vorliegenden Fall geschehen sei, führe zu einem Einkommen, das in dieser Höhe nicht erzielt worden sei, und verstosse gegen Art. 9 Abs. 2 lit. d AHVG . Die vom Eidg. Versicherungsgericht bestätigte Verwaltungspraxis, wonach die dem gemeldeten Einkommen entsprechenden Beiträge aufzurechnen seien, lasse sich mit dem Gesetz nicht vereinbaren. a) Auszugehen ist davon, dass die persönlichen Beiträge der Selbständigerwerbenden gemäss Art. 22 Abs. 1 lit. g BdBSt vom Roheinkommen abgezogen werden können, wogegen Art. 9 Abs. 2 lit. d Satz 2 AHVG die gegenteilige Regelung enthält. Die von den Steuerbehörden gemäss Art. 23 und 27 AHVV zu erstattenden Meldungen tragen dieser AHV-rechtlichen Besonderheit nicht Rechnung, da sie das um die Abzüge gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. a bis d AHVG verminderte Einkommen enthalten (BINSWANGER, a.a.O., S. 75), d.h. das Einkommen nach Abzug der in der Steuererklärung deklarierten persönlichen Beiträge (vgl. EVGE 1959 S. 37; ZAK 1955 S. 166 Erw. 2; vgl. auch ZAK 1950 S. 12). Die Verwaltungspraxis setzt denn auch als Regel voraus, dass die Steuerbehörden das Nach-Abzugseinkommen melden (Rz. 21 der Wegleitung für die Steuerbehörden über das Meldeverfahren mit den AHV-Ausgleichskassen in Anhang 3 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung [BSV] über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen [WSN], gültig ab 1. Januar 1980), und zwar auch dann, wenn sie das Einkommen ermessensweise eingeschätzt haben (Rz. 206 WSN; unveröffentlichtes Urteil Freyvogel vom 16. November 1979; anders noch EVGE 1959 S. 37 f.; ZAK 1957 S. 259, 1955 S. 166 Erw. 2). Die Ausgleichskassen müssen darum im Hinblick auf Art. 9 Abs. 2 lit. d Satz 2 AHVG eine entsprechende Korrektur vornehmen, nämlich in der Weise, dass der steuerrechtlich zulässige BGE 111 V 289 S. 296 Beitragsabzug durch Aufrechnung eben dieses Beitrags rückgängig gemacht, d.h. das von den Steuerbehörden gemeldete Einkommen um diese Beiträge erhöht wird (EVGE 1959 S. 37; ZAK 1957 S. 259, 1955 S. 166 Erw. 2; vgl. auch ZAK 1950 S. 12). Zweck der Aufrechnung ist es somit, eine steuerrechtlich zulässige Operation rückgängig zu machen. Folglich darf nichts hinzugeschlagen werden, wenn die Beiträge im gemeldeten Einkommen bereits enthalten sind, sei es, dass die Steuerbehörde auf ihrer Meldung einen entsprechenden Vermerk anbringt (Rz. 207 WSN, Rz. 21a der Wegleitung für die Steuerbehörden; ZAK 1955 S. 166 Erw. 2), sei es, dass der Selbständigerwerbende nachweist, dass er die Beiträge in der Steuererklärung nicht deklariert hatte (Rz. 208 WSN). Ebenso entfällt eine Aufrechnung, wenn die Ausgleichskasse das Einkommen gemäss Art. 24 und 25 AHVV selber ermittelt; denn hier hat sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten direkt das gesamte beitragspflichtige Einkommen festzustellen (vgl. Art. 26 Abs. 1 AHVV ), weshalb kein Beitragsabzug rückgängig gemacht werden muss (unveröffentlichtes Urteil Aigner und Richter vom 30. März 1983; Rz. 211 WSN). Im übrigen darf die Aufrechnung bloss die eigentlichen Beiträge nach Art. 8 AHVG betreffen und nicht auch die Verwaltungskosten gemäss Art. 69 Abs. 1 AHVG , die als prozentualer Zuschlag zu den Beiträgen hinzukommen (BRATSCHI, a.a.O., S. 156 mit Hinweis auf ZAK 1950 S. 482; vgl. auch Rz. 205 WSN). b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat in mehreren Urteilen aus den Anfangsjahren der AHV ausgeführt, dass die in der Steuererklärung deklarierten und in der Steuerveranlagung abgezogenen persönlichen Beiträge aufzurechnen sind (unveröffentlichte Urteile Mock vom 4. Dezember 1950, Jaggi vom 5. Januar 1951, Ettinger vom 26. Januar 1951 und Müller vom 31. August 1955). Da steuerlich diejenigen Beiträge abgezogen werden können, welche der Steuerpflichtige in der Berechnungsperiode bezahlen musste (vgl. KÄNZIG, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl. 1982, S. 673 N. 189 zu Art. 22 Abs. 1 lit. g BdBSt ), war mit OSWALD (a.a.O., S. 54a) zu folgern, dass die in der Berechnungsperiode entrichteten persönlichen Beiträge aufzurechnen sind (so ZAK 1955 S. 166 Erw. 2). Wenn das Eidg. Versicherungsgericht im Urteil vom 3. Februar 1959 (EVGE 1959 S. 36) von den auf die Bemessungsjahre "entfallenden" Beiträgen sprach, so konnte dies nicht anders als im eben erwähnten Sinne verstanden werden. c) Im Einklang mit dieser Rechtsprechung ging das BSV zunächst ebenfalls von der Aufrechenbarkeit der in den BGE 111 V 289 S. 297 Berechnungsjahren "geleisteten" Beiträge aus (vgl. ZAK 1950 S. 12). Allerdings stellte sich dabei offenbar die Frage, was aufzurechnen ist, wenn in der Berechnungsperiode verfügte Beiträge bei deren Ablauf noch ganz oder teilweise unbezahlt waren. Die Verwaltungsweisungen legten darum fest, dass "die in den entsprechenden Berechnungsjahren geschuldeten persönlichen Beiträge" aufzurechnen waren, wobei unter diesen Beiträgen nur die schon verfügten verstanden werden konnten, sollte doch die Aufrechnung "dem Betrag des AHV-Beitrags entsprechen, den der Versicherte in seiner Steuererklärung abzuziehen berechtigt war" (vgl. den Rückblick des BSV über die damalige Praxis in ZAK 1956 S. 332). Die ab 1956 gültigen Verwaltungsweisungen brachten insofern eine Neuerung, als sie es den Ausgleichskassen freistellten, anstelle der geschuldeten die in der Berechnungsperiode effektiv bezahlten Beiträge aufzurechnen. Unter den "geschuldeten" sollten dabei auch künftighin die schon durch Verfügung während der Berechnungsperiode festgesetzten Beiträge verstanden werden, jedoch (neu) mit Einschluss auch der in dieser Periode mit Verfügung nachgeforderten Beiträge (vgl. ZAK 1956 S. 333 f. sowie auch daselbst S. 139). Diese beiden Aufrechnungsmethoden fanden später Eingang in die WSN (vgl. Rz. 206 in der bis Ende 1982 gültig gewesenen Fassung, Rz. 209), allerdings ohne nähere Umschreibung des Begriffs der geschuldeten Beiträge. d) Mehrere Beitragsstreitigkeiten warfen Ende der siebziger Jahre die Frage auf, wie aufzurechnen ist, wenn vom Versicherten im Anschluss an die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit zunächst bloss provisorisch ermittelte Beiträge entrichtet werden und von der Ausgleichskasse nach Eingang der ersten Steuermeldung die Beiträge nunmehr definitiv festzusetzen sind. Im unveröffentlichten Urteil Jola vom 25. Juli 1979, in welchem sich die Aufrechnungsproblematik eher beiläufig stellte, führte das Eidg. Versicherungsgericht aus, dass die dem von der Steuerbehörde gemeldeten Einkommen entsprechenden Beiträge aufzurechnen sind. Ohne sich mit dem Begriff der aufzurechnenden geschuldeten Beiträge näher auseinanderzusetzen, verstand das Gericht darunter nicht die aufgrund des provisorisch ermittelten Einkommens bereits verfügten Beiträge, sondern die auf dem definitiv gemeldeten Einkommen geschuldeten. Die gleiche Betrachtungsweise lag auch dem unveröffentlichten Urteil Peter vom 17. März 1980 zugrunde, welches auf das Urteil Jola verwies und ausdrücklich BGE 111 V 289 S. 298 festhielt, dass mit den geschuldeten nicht die auf dem provisorisch ermittelten Einkommen verfügten Beiträge gemeint seien. Das BSV nahm das Urteil Peter zum Anlass, die Aufrechnungsproblematik in seinen Verwaltungsweisungen für jene Fälle neu zu regeln, in denen Beiträge, die im ausserordentlichen Verfahren auf dem Gegenwartseinkommen erhoben werden, nach Eingang der Steuermeldung definitiv festzusetzen sind. In der Annahme, dass die Steuermeldung das Einkommen nach Abzug der gesetzlichen Beiträge von (seit 1979) 9,4% enthalte, ordnete das Bundesamt im Nachtrag 2 (gültig ab 1. Januar 1983) zur WSN an, die Aufrechnung sei in der Weise durchzuführen, dass das gemeldete Einkommen nach Massgabe des Beitragssatzes (9,4%) von 90,6% auf 100% umgerechnet werde (vgl. Rz. 206.3 des erwähnten Nachtrags); für Einkommen innerhalb der sinkenden Beitragsskala (Art. 8 Abs. 1 letzter Satz AHVG, Art. 21 AHVV ) sahen die neuen Weisungen die Aufrechnung der den gemeldeten Einkommen entsprechenden Beiträge in Franken vor (vgl. Rz. 206.2 des erwähnten Nachtrags). Nebst dieser Neuregelung der Aufrechnung der geschuldeten Beiträge beliess das BSV den Ausgleichskassen die Möglichkeit, weiterhin auch bloss die bezahlten Beiträge aufzurechnen (Rz. 209 WSN). Hingegen unterblieb eine Anpassung der Wegleitung für die Steuerbehörden über das Meldeverfahren (Anhang 3 zur WSN), deren Rz. 21 nach wie vor als Regel voraussetzt, dass die Steuermeldungen das Einkommen nach Abzug der in der Berechnungsperiode geleisteten persönlichen Beiträge der Selbständigerwerbenden enthalten. e) Diese neuere Rechtsprechung und die darauf gestützte Änderung der Verwaltungsweisungen lässt sich mit Art. 9 Abs. 2 lit. d AHVG nicht vereinbaren. Der Zweck der Aufrechnung besteht darin, die unterschiedliche Behandlung der persönlichen Beiträge in Bundessteuerund AHV-Recht dadurch auszugleichen, dass das von der Steuerbehörde gemeldete Nach-Abzugseinkommen um den steuerlich anerkannten Beitragsabzug erhöht, d.h. eine steuerlich zulässige Operation rückgängig gemacht wird. Aufgerechnet werden darf darum nur, was vorher abgezogen werden konnte. Besteht Anlass zum steuerlichen Abzug nur, wenn die Beiträge bereits durch Verfügung festgesetzt (oder allenfalls ohne formelle Verfügung in Rechnung gestellt) worden sind, so dürfen auch bloss diese Beiträge (jedoch ohne Verwaltungskosten; vgl. Erw. 4a in fine hievor) aufgerechnet werden. Wenn ein Versicherter z.B. nach Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit ( Art. 25 Abs. 1 AHVV ) BGE 111 V 289 S. 299 zunächst provisorisch ermittelte Beiträge entrichten muss, können bei der definitiven Festsetzung des beitragspflichtigen Einkommens nach Eingang der Steuermeldung nur diese provisorischen Beiträge Gegenstand der Aufrechnung sein; denn allein im Umfang der schon verfügten bzw. in Rechnung gestellten Beiträge stand dem Versicherten ein steuerlicher Abzug zu, der das Einkommen laut Steuermeldung verminderte und den es - weil AHV-rechtlich unzulässig - rückgängig zu machen gilt. Um in diesem Sinne die Aufrechnung vornehmen zu können, benötigt die Ausgleichskasse von der Steuerbehörde grundsätzlich keine besonderen Angaben über die Höhe des in der Steuererklärung deklarierten Abzugs. Zwar wäre es im Hinblick auf eine korrekte Durchführung der Aufrechnung zweifellos zweckdienlich, wenn die Ausgleichskasse in jedem Falle wüsste, ob und in welchem Umfang persönliche Beiträge in der Steuererklärung abgezogen wurden; dabei könnte die Steuerbehörde allerdings bloss die Gesamtsumme des Abzugs einschliesslich der nichtaufrechenbaren Verwaltungskosten melden. Indessen kann die Ausgleichskasse an sich schon den bei ihr liegenden (bzw. im Falle eines zwischenzeitlichen Kassenwechsels den bei der früheren Kasse vorhandenen [vgl. ZAK 1950 S. 12]) Unterlagen entnehmen, in welchem Umfang in der fraglichen Berechnungsperiode über provisorisch ermittelte Beiträge verfügt bzw. Rechnung gestellt wurde und ob diese Beiträge bei Ablauf der Berechnungsperiode schon bezahlt oder noch ganz bzw. teilweise offen waren. Wenn es die Verwaltungsweisungen den Kassen freistellen, entweder die bezahlten oder die geschuldeten Beiträge aufzurechnen, so können auch unter den letzteren nur die in der Berechnungsperiode bereits betraglich festgesetzten Beiträge verstanden werden (so richtig ZAK 1956 S. 333 f.), wobei zu den "bezahlten" die tatsächlich schon entrichteten Beiträge gehören, während die "geschuldeten" sich auf den Gesamtbetrag der verfügten bzw. in Rechnung gestellten Beiträge beziehen, d.h. sowohl den noch offenen als auch den allenfalls schon bezahlten Anteil umfassen. Insofern die neuere Rechtsprechung (vgl. Erw. 4d hievor) bei der Aufrechnung unter den "geschuldeten" die auf dem definitiv ermittelten Einkommen zu entrichtenden Beiträge versteht, kann daran nicht festgehalten werden. Ebensowenig stehen die auf 1983 in Kraft gesetzten Verwaltungsweisungen, soweit sie die Aufrechnung in der Form einer Umrechnung des gemeldeten Einkommens auf 100% bzw. - innerhalb der sinkenden Skala - BGE 111 V 289 S. 300 die Aufrechnung der dem gemeldeten Einkommen entsprechenden Beiträge in Franken vorsehen, mit Art. 9 Abs. 2 lit. d AHVG in Einklang. Denn dies muss immer dann zu einem dem Sinn und Zweck der Aufrechnung zuwiderlaufenden Ergebnis führen, wenn das definitive Einkommen gemäss Steuermeldung und das von der Ausgleichskasse angenommene provisorische nicht nur bezüglich des Aus- bzw. Einschlusses der Sozialversicherungsbeiträge voneinander abweichen. In derartigen Fällen, die recht zahlreich sein dürften, wird nämlich beim erwähnten Vorgehen - wie auch der vorliegende Fall zeigt - nicht bloss die steuerlich zulässige Operation rückgängig gemacht. f) Wie der Beschwerdeführer mit Recht darlegt, ergeben sich zu hohe Einkommen, wenn das definitive Einkommen laut Steuermeldung über dem provisorisch angenommenen liegt und die aufzurechnenden Beiträge nach Massgabe des gesetzlichen Beitragssatzes auf dem definitiven Einkommen ermittelt werden. Denn es werden in diesem Falle nicht die (bereits festgesetzten) Beiträge hinzugezählt, welche zu einem steuerlichen Abzug berechtigten, sondern vielmehr höhere Beiträge, die in der Steuererklärung zu deklarieren der Versicherte keinen Anlass haben konnte, weil sie im Berechnungsjahr betraglich noch gar nicht feststanden. Nach den Akten des vorliegenden Falles ging die Ausgleichskasse bei der provisorischen Ermittlung der Beiträge für 1979 und 1980 von einem geschätzten Jahreseinkommen von Fr. 45'000.-- und einem Eigenkapital von Fr. 12'500.-- aus und setzte die Beiträge einschliesslich Verwaltungskosten auf Fr. 4249.60 (1979) und Fr. 4268.-- (1980) fest. Der Beschwerdeführer entrichtete diese Beiträge quartalsweise und deklarierte sie hernach in seinen Steuererklärungen. Das in den fraglichen Jahren tatsächlich erzielte Einkommen lag jedoch wesentlich über der Schätzung. Gemäss Steuermeldung vom 25. September 1982 belief es sich nach Abzug der deklarierten Beiträge einschliesslich Verwaltungskosten auf Fr. 114'901.-- (1979) und Fr. 228'429.-- (1980). Von diesen Zahlen (und vom definitiv gemeldeten Eigenkapital von Fr. 91'000.--) ausgehend, ermittelte die Ausgleichskasse persönliche Beiträge von - ohne Verwaltungskosten - Fr. 11'299.20 (1979) und Fr. 23'217.60 (1980) und rechnete diese dem gemeldeten Einkommen auf, was zu Vor-Abzugseinkommen von Fr. 126'200.-- (1979) und Fr. 251'647.-- (1980) führte. Sie hat demnach andere, wesentlich höhere Beiträge aufgerechnet, als der Beschwerdeführer in seiner Steuererklärung abzuziehen befugt war und auch tatsächlich BGE 111 V 289 S. 301 abgezogen hatte. Dies wirkt sich erheblich auf die Höhe der Beiträge aus, welche der Beschwerdeführer für 1979 und 1980 definitiv zu bezahlen hat. Ebenso beeinflusst das (nach der Berechnung der Ausgleichskasse zu hoch ausfallende) Vor-Abzugseinkommen der Jahre 1979/80 auch die Beiträge der folgenden Zeit, da für 1981 (Vorjahr) und 1982/83 (erste ordentliche Beitragsperiode) das Durchschnittseinkommen 1979/80 einschliesslich der in diesen Jahren aufgerechneten (zu hohen) Beiträge massgebend ist (vgl. Art. 22 Abs. 2 und Art. 25 Abs. 3 AHVV ). Mit Recht wendet sich der Beschwerdeführer darum auch gegen das Argument der Vorinstanz, dass "der Ausgleich für aufgerechnete, noch nicht bezahlte Beiträge ... in einer späteren Beitragsperiode (erfolgt), womit eine Mehrbelastung des Beschwerdeführers vermieden wird". Ein Ausgleich im Sinne einer Kompensation einer anfänglich zu hohen durch eine später niedrigere Aufrechnung und umgekehrt ist nur möglich, wenn die Ausgleichskasse von vornherein (und richtigerweise) nur die bereits verfügten Beiträge berücksichtigt: rechnet sie - ungeachtet von Zeitpunkt und Höhe der Abschlagszahlungen - von Anfang an die in den Berechnungsjahren gesamthaft verfügten (bezahlten und allenfalls noch offenen) Beiträge auf, so führt diese Methode - über mehrere Jahre hinweg gesehen - zu einem Ausgleich und zum gleichen Ergebnis, wie wenn jeweils bloss die in den Berechnungsjahren effektiv bezahlten Beiträge hinzugezählt würden. Nur in diesem Sinne ist die Bemerkung über den Ausgleich im unveröffentlichten Urteil Kunz vom 28. September 1979 zu verstehen, in welchem Falle die Ausgleichskasse übrigens richtig vorgegangen war, indem sie - wie der dem erwähnten Urteil zugrundeliegende Entscheid der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 5. Dezember 1978 dokumentiert - die in den Berechnungsjahren provisorisch festgesetzten Beiträge aufgerechnet hatte. g) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. d AHVG erforderliche Aufrechnung der persönlichen Beiträge zum Zwecke hat, eine steuerrechtlich zulässige Operation rückgängig zu machen. Steuerlich abziehbar sind die in den Berechnungsjahren verfügten bzw. in Rechnung gestellten Beiträge (zuzüglich Verwaltungskosten) und nicht die erst auf einem später genau ermittelten Einkommen zu bezahlenden. Konnte sich das Einkommen gemäss Steuermeldung nur um die steuerlich abzugsfähigen Beiträge vermindern, so dürfen nur diese (allerdings ohne Verwaltungskosten) aufgerechnet werden. Von der Regel BGE 111 V 289 S. 302 ausgehend, dass der Versicherte in der Steuererklärung einen Abzug deklarierte, hat die Ausgleichskasse die bereits verfügten bzw. in Rechnung gestellten Beiträge aufzurechnen, und zwar entweder gesamthaft die im jeweiligen Berechnungsjahr verfügten oder bloss die effektiv bezahlten. Vermerkt die Steuerbehörde in ihrer Meldung, dass in der Steuererklärung keine Beiträge abgezogen wurden, oder erbringt der Versicherte den Nachweis dafür, hat eine Aufrechnung zu unterbleiben. 5. Nach dem Gesagten steht fest, dass die Ausgleichskasse die Aufrechnung im vorliegenden Fall nicht in einer Art. 9 Abs. 2 lit. d AHVG entsprechenden Weise vorgenommen hat. Die Sache ist darum an sie zurückzuweisen, damit sie vom Einkommen laut Steuermeldung ausgehend die in den Jahren 1979 und 1980 verfügten und bezahlten Beiträge aufrechne und nach Abzug des Eigenkapitalzinses das beitragspflichtige Einkommen für die genannten Jahre ermittle und die Beiträge neu festsetze. Weil die Höhe der aufzurechnenden Beiträge auch das beitragspflichtige Einkommen der folgenden drei Jahre beeinflusst, sind auch die Beiträge für 1981 bis und mit 1983 neu zu berechnen. Entgegen den Darlegungen des Beschwerdeführers sind dabei nicht die in den Steuererklärungen geltend gemachten Abzüge von Fr. 4249.60 (1979) und Fr. 4268.-- (1980) aufzurechnen, sondern nur die reinen Beiträge ohne Verwaltungskosten.
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1051ef9c-7787-413c-b387-5dbe18e0124d
Sachverhalt ab Seite 434 BGE 141 V 433 S. 434 A. Mit Verfügung vom 11. November 2013 setzte die Ausgleichskasse Schwyz (nachfolgend: Ausgleichkasse) die Beiträge von A. als Selbstständigerwerbender für das Jahr 2009 auf Fr. 12'446.40 (einschliesslich Verwaltungskosten) fest (Steuermeldung vom 23. Oktober 2013), wogegen der Beitragspflichtige Einsprache erhob. Mit Verfügung vom 9. Mai 2014 setzte die Ausgleichskasse die von A. für das Jahr 2010 geschuldeten Beiträge als Selbstständigerwerbender auf Fr. 11'869.20 (einschliesslich Verwaltungskosten) fest (Steuermeldung vom 31. März 2014). Auch hiegegen reichte A. Einsprache ein. Die Ausgleichskasse vereinigte die beiden Einsprachen und wies sie mit Entscheid vom 29. Juli 2014 ab. B. Die von A. eingereichte Beschwerde, mit welcher er eine neue Berechnung der Beiträge für die Jahre 2009 und 2010 beantragt hatte, hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz dahin gut, dass es den angefochtenen Einspracheentscheid aufhob und die Sache an die BGE 141 V 433 S. 435 Ausgleichskasse zurückwies, damit diese die vom Beitragspflichtigen geschuldeten Beiträge für die Jahre 2009 und 2010 neu festlege und darüber wiederum verfüge (Entscheid vom 20. November 2014). C. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben. A. schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde, während die Ausgleichskasse auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 8 Abs. 1 AHVG werden vom Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit Beiträge erhoben. Art. 9 Abs. 2 AHVG umschreibt die Abzüge, die vom rohen Einkommen für die Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit vorgenommen werden. Lit. f bestimmt, dass der Zins des im Betrieb eingesetzten eigenen Kapitals abgezogen wird; der Zinssatz entspricht der jährlichen Durchschnittsrendite der Anleihen der nicht öffentlichen inländischen Schuldner in Schweizer Franken. Nach Art. 9 Abs. 4 AHVG in der seit 1. Januar 2012 gültigen, vorliegend anwendbaren Fassung (Übergangsbestimmung zur Änderung vom 17. Juni 2011 des AHVG) sind die steuerrechtlich zulässigen Abzüge der Beiträge nach Art. 8 AHVG sowie nach Art. 3 Abs. 1 IVG und Art. 27 Abs. 2 EOG (SR 834.1) von den Ausgleichskassen zum von den Steuerbehörden gemeldeten Einkommen hinzuzurechnen. Das gemeldete Einkommen ist dabei nach Massgabe der geltenden Beitragssätze auf 100 % aufzurechnen. Rz. 1172 der Wegleitung des BSV über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (WSN) in der AHV, IV und EO, gültig ab 1. Januar 2008, in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung, bestimmt, dass vom Einkommen (gemäss Rz. 1166) und nach Aufrechnung der AHV/IV/EO-Beiträge (gemäss Rz. 1170 f.) der Zins von dem im Betrieb investierten Eigenkapital (gemäss Rz. 1174) abzuziehen ist. 3. Aufgrund des vorinstanzlichen Entscheides und der Beschwerde strittig und zu prüfen ist, auf welche Weise der Zins des im Betrieb investierten Eigenkapitals gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG rechnerisch vom Roheinkommen in Abzug zu bringen ist. BGE 141 V 433 S. 436 3.1 Die Vorinstanz setzt sich einlässlich mit dieser Frage auseinander. Sie gelangt zum Schluss, Rz. 1172 WSN verletze Bundesrecht: Die dort angewendete Berechnungsweise, wonach der Zins des im Betrieb investierten Eigenkapitals vom gemeldeten Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit erst nach Aufrechnung der AHV/IV/EO-Beiträge abgezogen wird, sei gesetzwidrig. Nach Art. 9 Abs. 2 AHVG seien vom rohen Einkommen die Abzüge gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. a-f AHVG vorzunehmen. Daraus folge, dass die Zinsen des im Betrieb investierten Eigenkapitals vor der Beitragsberechnung bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens zu berücksichtigen sind. Mit dem Zinsabzug würden pauschal jene Einkommensbestandteile ausgeschieden, die auf dem Einsatz von Kapital beruhen und nicht der Beitragspflicht unterliegen. Nach der Rechtsprechung bezwecke Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG die Gleichbehandlung von Unselbstständigerwerbenden und Selbstständigerwerbenden bei der Beitragserhebung. Dieser Absicht des Gesetzgebers laufe es zuwider, wenn AHV-Beiträge aufgerechnet werden, bevor von dem von der Steuerbehörde gemeldeten rohen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit die Eigenkapitalzinsen in Abzug gebracht wurden. 3.2 Das BSV bringt vor, das von der Steuerbehörde gemeldete (Neto-)Einkommen sei von den Ausgleichskassen laut Art. 9 Abs. 4 AHVG unter Einbezug der Beiträge auf 100 % aufzurechnen. Das gemeldete Einkommen sei als Beitragsaufrechnungsgrundlage heranzuziehen. Vor dem 1. Januar 2012 seien bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit immer zunächst die persönlichen AHV/IV/EO-Beiträge wieder aufgerechnet und hernach sei der Eigenkapitalzins abgezogen worden. Mit der auf den 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Gesetzesrevision vom 17. Juni 2011 habe sich daran nichts geändert. Nachdem das von den Steuerbehörden gemeldete Einkommen unvermindert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei, der Eigenkapitalzinsabzug nur eine pauschale Korrektur darstelle, die Beitragsaufrechnung materiell unverändert bleibe und die aufgerechneten Beiträge nicht mit den steuerseitig abgezogenen übereinstimmen müssten, sei keine Änderung in der Reihenfolge der bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit durchzuführenden Operationen verbunden. 4. Laut Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG wird vom rohen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit u.a. der Zins des im Betrieb eingesetzten eigenen Kapitals abgezogen (erster Halbsatz). Aus dem für die Auslegung in erster Linie massgebenden Wortlaut dieser BGE 141 V 433 S. 437 Bestimmung ( BGE 141 II 57 E. 3.2 S. 61 mit Hinweisen) ergibt sich lediglich, dass der Zins des im Betrieb eingesetzten eigenen Kapitals vom rohen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit abgezogen wird. Damit wird der Zinsabzug auf dem investierten Eigenkapital gleich behandelt wie alle anderen, hier im Einzelnen nicht interessierenden Abzüge gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. a-e AHVG . Art. 9 Abs. 4 AHVG bestimmt, die steuerrechtlich zulässigen Abzüge der Beiträge nach Art. 8 AHVG sowie nach Art. 3 Abs. 1 IVG und Art. 27 Abs. 2 EOG seien von den Ausgleichskassen zum von den Steuerbehörden gemeldeten Einkommen hinzuzurechnen, wobei das gemeldete Einkommen nach Massgabe der geltenden Beitragssätze auf 100 % aufzurechnen ist. Wiederum gestützt auf den Wortlaut kann Art. 9 Abs. 4 AHVG nur so verstanden werden, dass die Beitragsaufrechnung auf dem den Ausgleichskassen von den Steuerbehörden gemeldeten Einkommen vorzunehmen ist, bei dem es sich gemäss Art. 9 Abs. 2 Ingress AHVG um Roheinkommen, d.h. Einkommen ohne Abzüge, aber auch ohne Aufrechnung von Beiträgen, handelt. Somit bildet das rohe Einkommen Ausgangsbasis sowohl für den Eigenkapitalzinsabzug wie auch die Beitragsaufrechnung. Über die zeitliche Abfolge dieser beiden Rechenoperationen ist damit noch nichts ausgesagt. Wird der Zins auf dem investierten Eigenkapital erst abgezogen, nachdem die AHV-Beiträge auf dem rohen Einkommen aufgerechnet wurden, resultiert insgesamt eine (leicht) höhere Beitragsbelastung, insbesondere bei höherem Eigenkapital; bei der Umrechnung des Nettoeinkommens gemäss Steuermeldung ins Bruttoeinkommen wird der Eigenkapitalzins erst nach der Umrechnung und vom Bruttoeinkommen in Abzug gebracht. Damit wird der Zinsabzug zu einem Teil des beitragspflichtigen Einkommens, wie die Vorinstanz anhand von Berechnungsbeispielen richtig festgehalten hat. Es steht indessen fest, dass auf den Zinsen für das investierte Eigenkapital von Gesetzes wegen keine AHV-Beiträge erhoben werden ( Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG ; vgl. BGE 139 V 537 ). Der vorinstanzlich vertretenen Auffassung ist aus diesem Grund beizupflichten. Das kantonale Gericht hat die Verwaltungspraxis (Rz. 1172 WSN) zu Recht als bundesrechtswidrig erklärt. 5. Die Einwendungen des Bundesamtes vermögen zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Es trifft zu, dass die von den Steuerbehörden gemeldeten Einkommen grundsätzlich als Nettoeinkommen gelten, die durch Einbezug der AHV/IV/EO-Beiträge auf 100 % aufgerechnet werden. Im Weiteren wendet das BSV ein, mit dem Abzug des Zinses auf dem investierten Eigenkapital nach Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG BGE 141 V 433 S. 438 solle sodann dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit ein gemischtes, durch den Einsatz von Arbeit und Kapital erzieltes Einkommen ist, und der Kapitalertrag nicht der AHV-Beitragspflicht unterstellt ist; mittels Eigenkapitalzinsabzugs werde schematisch und pauschal ein Kapitalertragsanteil aus dem Einkommen ausgeschieden. Vor der auf den 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Gesetzesrevision seien bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit immer zunächst die persönlichen AHV/IV/EO-Beiträge wieder aufgerechnet worden; erst danach sei der Eigenkapitalzinsabzug vorgenommen worden. Diese Argumente gehen an der Sache vorbei und sind daher nicht geeignet, eine Bundesrechtsverletzung durch das kantonale Gericht zu begründen (nicht publ. E. 1). Nicht geprüft zu werden braucht, wie es sich hinsichtlich der Beitragsaufrechnung und des Eigenkapitalzinsabzugs vor Inkrafttreten der revidierten Fassung des Art. 9 Abs. 4 AHVG am 1. Januar 2012 verhalten hat, ist doch auf den vorliegenden Fall - wie erwähnt - die neue Fassung dieser Gesetzesbestimmung anwendbar. Dass sich der Unterschied zwischen der früheren und der geltenden Fassung von Art. 9 Abs. 4 AHVG auf die Zuständigkeit beschränkt, indem die Beitragsaufrechnung früher den Steuerbehörden oblag, während nunmehr (wiederum; vgl. BGE 139 V 537 E. 4.2 und 4.3 S. 543 f.; Botschaft vom 3. Dezember 2010 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVG; Verbesserung der Durchführung], BBl 2011 543 ff., insbesondere S. 552 f. Ziff. 2.1 zu Art. 9 Abs. 4 AHVG ) die Ausgleichskassen mit dieser Aufgabe betraut sind, wie das BSV geltend macht, mag zutreffen, ist aber im vorliegenden Zusammenhang belanglos. Mit der vorinstanzlich festgestellten Gesetzwidrigkeit von Rz. 1172 WSN ist keine Änderung der Rechtsprechung verbunden, welche nur unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. statt vieler BGE 138 III 359 E. 6.1 S. 361; BGE 137 V 282 E. 4.2 S. 291) in Betracht fallen würde. Vielmehr hat sich das Bundesgericht nach Massgabe des heute in Kraft stehenden Rechts bis anhin noch nie vertieft mit der Frage befasst, in welcher Reihenfolge die Beitragsaufrechnung auf dem Roheinkommen und der Zinsabzug vom investierten Eigenkapital vorzunehmen sind. Im Urteil H 239/83 vom 5. Dezember 1985, in: ZAK 1986 S. 170 hat sich das Eidgenössische Versicherungsgericht zwar zur Frage der Reihenfolge von Eigenkapitalzinsabzug und Beitragsaufrechnung geäussert; indessen galten damals andere gesetzliche BGE 141 V 433 S. 439 Grundlagen. Insbesondere kannte das Gesetz keine dem heutigen Art. 9 Abs. 4 AHVG entsprechende Bestimmung, welche in gleicher Weise die Methode der Umrechnung auf 100 % statuiert hätte. Abgesehen davon hat sich das zitierte Urteil mit der nach der Verwaltungspraxis geltenden Methode der Prozentumrechnung befasst, die der seinerzeit geltenden Rechtslage widersprochen hatte. Aus ZAK 1986 S. 170 lässt sich somit für den vorliegenden Fall nichts ableiten. BGE 111 V 289 (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts H 203/83 vom 5. Dezember 1985) sodann umschrieb die Aufgaben von Steuerbehörde und Ausgleichskasse im Rahmen der Beitragsfestsetzung und äusserte sich zum Zweck der Beitragsaufrechnung (siehe dazu nunmehr auch BGE 139 V 537 E. 4.1 S. 543) und zu deren Durchführung. Zur vorliegend interessierenden Frage nach der Reihenfolge von Eigenkapitalzinsabzug und Beitragsaufrechnung nahm das Gericht hingegen auch in jenem Urteil nicht Stellung.
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Erwägungen ab Seite 379 BGE 129 V 378 S. 379 Aus den Erwägungen: 3. 3.1 In Art. 3d Abs. 1 ELG hat der Gesetzgeber die Krankheits- und Behinderungskosten, die Bezügern einer Ergänzungsleistung vergütet werden, detailliert aufgezählt. Der Konkretisierungsgrad der Regelung lässt darauf schliessen, dass der Gesetzgeber die zu vergütenden Kosten im Einzelnen bestimmen wollte, was auf eine abschliessende Regelung hindeutet. Dies wird durch die Beschränkung der Delegationsmöglichkeiten bestätigt, denn die in Art. 3d Abs. 4 ELG enthaltene Delegationsnorm sieht einzig vor, dass der Bundesrat die Kosten, die nach Absatz 1 vergütet werden können, zu bezeichnen hat. Zusätzliche, vom Gesetz nicht genannte Kosten, können nicht übernommen werden. Die Aufzählung der in Art. 3d Abs. 1 ELG genannten Kosten ist daher abschliessend (AHI 2002 S. 74 f. Erw. 4a). 3.2 Die in Art. 11 und 12 ELKV aufgeführten Kosten von Erholungs- und Badekuren werden nur vergütet, sofern sie ärztlich verordnet sind. Die genannten Ausführungsbestimmungen stehen im Zusammenhang mit der Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause sowie in Tagesstrukturen (vgl. Art. 3d Abs. 1 lit. b ELG ) und finden daher die gesetzliche Grundlage im abschliessenden Katalog der vergütungsfähigen Krankheits- und Behinderungskosten gemäss Art. 3d Abs. 1 ELG (AHI 2002 S. 75 Erw. 4d). Derartige Kosten sind im vorliegenden Fall gerade nicht entstanden: Der Aufenthalt im Alterspflegeheim R. war weder ärztlich verordnet noch medizinisch als Erholungs- oder Badekur begründet. Vielmehr fielen die zusätzlichen Kosten für die vorübergehende Unterkunft im Alterspflegeheim R. einzig deshalb an, weil das Arbeitsheim für Behinderte in A. (ABA), in welchem der Beschwerdegegner sonst lebt, in dieser Zeit wegen Betriebsferien geschlossen blieb, mithin aus betrieblichen, nicht medizinischen Gründen. 3.3 Art. 3d Abs. 1 ELG bietet demnach keine gesetzliche Grundlage für die Vergütung von Heimkosten als Krankheitskosten (vgl. ERWIN CARIGIET, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, S. 36 Fn 166). Es ist daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin BGE 129 V 378 S. 380 auch nicht möglich, die zusätzlich anfallenden Kosten gestützt auf Art. 14 ELKV als solche für die Hilfe, Pflege und Betreuung von Behinderten in Tagesstrukturen zu vergüten, da auch derartige Kosten medizinisch begründet sein müssen und sich die genannte Bestimmung zudem nicht auf Heimkosten (vgl. Art. 14 Abs. 3 lit. b ELKV ) bezieht. 3.4 Etwas anderes lässt sich auch nicht aus Rz 4012 WEL (vom Bundesamt für Sozialversicherung herausgegebene Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV in der seit Januar 2000 gültigen Fassung) ableiten. Danach dürfen bei Heimbewohnern, bei denen eine Rückkehr nach Hause noch möglich ist und deren Wohnung daher noch beibehalten wird, als zusätzliche Ausgabe nebst den Heimkosten der Mietzins und die damit zusammenhängenden Nebenkosten für eine Wohnung bis zu einem Jahr vergütet werden. Diese Verwaltungsweisung bezieht sich selbstredend nur auf Rentenbezüger, welche sich nicht dauernd, d.h. nicht länger als ein Jahr (vgl. Rz 4013 WEL in der seit Januar 1998 gültigen Fassung), in einem Heim aufhalten. Sie ist daher hier nicht anwendbar, da der Beschwerdegegner dauernd auf eine Heimbetreuung angewiesen ist. 3.5 Nach dem Gesagten steht fest, dass die zusätzlichen Mehrkosten infolge der betriebsferienbedingten Schliessung des ABA nicht als ungedeckte Krankheits- und Behinderungskosten im Sinne von Art. 3d Abs. 1 ELG vergütet werden können.
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Sachverhalt ab Seite 12 BGE 114 Ib 11 S. 12 Den Gebrüdern K. und G. F. - beide damals in Deutschland wohnhafte deutsche Staatsangehörige - erteilte das Bezirksamt Oberrheintal gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. b des Bundesbeschlusses über den Grundstückerwerb durch Personen im Ausland (sog. Lex Furgler, BewB; AS 1974 83) am 17. September 1975 die Bewilligung zum Kauf der teilweise mit Industrieanlagen überbauten Parzelle Nr. 1451 in der Gemeinde R. Die Bewilligung wurde u.a. mit den Auflagen verbunden, dass das Grundstück ausschliesslich für die angekündigte Industrienutzung verwendet werden dürfe, dass die Produktion sogleich aufzunehmen sei und der Bau der geplanten Werk- und Nebenhalle unverzüglich begonnen und alsbald vollendet werden müsse. Für den Fall der Nichtbeachtung der Auflage wurde der Widerruf der Bewilligung angedroht. Am 14. Februar 1983 widerrief das Bezirksamt die Bewilligung, da die Erwerber die ihnen auferlegten Pflichten nicht eingehalten hätten. Insbesondere hätten sie die Produktion nie aufgenommen und stattdessen die erworbenen Gebäude als Lagerräume an Dritte vermietet. Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen trat auf die hiegegen im Namen von G. F. erhobene Beschwerde mangels gehöriger Vollmacht des Rechtsvertreters nicht ein, und die Beschwerde von K. F. wies er ab. Das Bundesgericht wies am 7. Juni 1985 die BGE 114 Ib 11 S. 13 Verwaltungsgerichtsbeschwerde von K. F., der inzwischen am 31. Mai 1984 verstorben war, ab. Am 30. Mai 1986 erhob das St. Galler Justiz- und Polizeidepartement beim Bezirksgericht Oberrheintal Klage gegen G. F. sowie die Erben des K. F. mit den Begehren, es sei die öffentliche Versteigerung des Grundstücks Nr. 1451 anzuordnen und die Höhe der Gestehungskosten festzustellen. Ferner sei anzuordnen, dass den Beklagten aus der Versteigerung nur die Gestehungskosten ausgerichtet werden und ein allfälliger Mehrerlös dem Kanton St. Gallen zufalle. Das Bezirksgericht hiess die Klage am 31. März 1987 gut. Die Beklagten haben hiegegen beim Kantonsgericht Berufung eingelegt. Am 26. September 1986 wurde die F. Maschinenfabrik AG mit Sitz in R. gegründet. Von den insgesamt 250 Inhaberaktien à Fr. 1'000.-- hält G. F. deren 248. Die neue Gesellschaft bemüht sich seither darum, das Grundstück Nr. 1451 freihändig oder - wenn nötig - im Rahmen der allfälligen Zwangsversteigerung zu erwerben. Sie stellte am 31. Oktober 1986 beim Bezirksamt das Gesuch um Erteilung der dafür erforderlichen Bewilligung. Begründet wurde das Begehren mit der Absicht der in der Bundesrepublik Deutschland domizilierten F. GmbH & Co., zunächst in der bestehenden Fabrikationshalle und später in noch zu errichtenden Gebäuden die Warenproduktion aufzunehmen. Das Bezirksamt lehnte das Gesuch am 15. Januar 1987 im wesentlichen mit der Begründung ab, dass G. F., mit welchem die Gesuchstellerin wirtschaftlich identisch sei, durch die Nichteinhaltung von Auflagen die Bestimmungen der Gesetzgebung gegen die Bodenüberfremdung umgangen und damit den Verweigerungsgrund von Art. 12 lit. c des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (sog. Lex Friedrich, BewG; SR 211.412.41) verwirklicht habe. Der von der Gesuchstellerin in der Folge angerufene Regierungsrat des Kantons St. Gallen wies die Beschwerde ab. Die F. Maschinenfabrik AG führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Begehren, es sei der Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und es sei ihr der Erwerb des 5081 m2 umfassenden Grundstücks Nr. 1451 zu bewilligen. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin haben die kantonalen Behörden ausser acht gelassen, dass nicht G. sondern K. F. die Geschäfte des Familienunternehmens geführt und dabei über die strittige Parzelle verfügt habe. Die Missachtung der Auflagen und damit der Widerruf der BGE 114 Ib 11 S. 14 Bewilligung könne daher keinesfalls G. F. angelastet werden. Es sei deshalb unzulässig, ihn der Gesetzesumgehung zu bezichtigen und der Beschwerdeführerin die Bewilligung mit dieser Begründung zu verweigern. Es komme hinzu, dass der Wortlaut von Art. 12 lit. c BewG lediglich Umgehungen im engeren Sinne, nicht jedoch andere Verstösse gegen das seit 1985 in Kraft stehende Bundesgesetz erfasse. Werde diese Bestimmung ausserdem - wie dies die kantonalen Behörden getan hätten - auf Sachverhalte angewandt, die sich unter der Geltung des früheren Rechts verwirklicht hätten, so verstosse dies gegen das in Art. 4 BV verankerte Willkürverbot sowie das Verbot der Rückwirkung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Es ist unbestritten, dass der deutsche Staatsangehörige G. F. die Beschwerdeführerin rechtlich und wirtschaftlich beherrscht. Die Beschwerdeführerin ist demzufolge eine bewilligungspflichtige juristische Person im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. c BewG ; dem von ihr beabsichtigten Grunderwerb sind daher allenfalls auch solche Einwände entgegenzuhalten, die erhoben werden müssten, wenn G. F. selbst als Gesuchsteller in Erscheinung träte. b) Der Streit betrifft ausschliesslich die Frage, ob die kantonalen Behörden zu Recht annahmen, die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Anwendbarkeit von Art. 12 lit. c BewG seien gegeben. Diese Bestimmung schreibt zwingend die Verweigerung einer Bewilligung vor, "wenn der Erwerber versucht hat, dieses Gesetz zu umgehen". c) Für den vorliegenden Fall ist vorab von Bedeutung, ob Art. 12 lit. c BewG bloss die versuchte Umgehungen der Lex Friedrich erfasst oder ob auch entsprechende Verstösse gegen den bis zum 31. Dezember 1984 geltenden Bundesbeschluss darunter fallen. Bereits nach den damals geltenden Bestimmungen waren Umgehungshandlungen verboten und führten zur Nichtigkeit eines Geschäfts ( BGE 107 II 445 ). Im Unterschied zum heutigen Recht enthielt aber der Bundesbeschluss keine ausdrückliche Norm, welche denjenigen vom Erwerb ausschloss, der versucht hatte, Rechte an einem Grundstück auf unlautere Weise zu erwerben. Eine derartige Vorschrift drängte sich auch nicht auf, da solche Personen in der Regel schon deshalb nicht mehr als Erwerber in Frage kamen, weil sie kein berechtigtes Interesse im Sinne BGE 114 Ib 11 S. 15 von Art. 6 BewB nachzuweisen in der Lage waren. Mit dem Erlass der Lex Friedrich wurde die Voraussetzungen der Bewilligungserteilung neu geregelt. Es widerspräche der ratio des gegenüber dem Bewilligungsbeschluss in mehrfacher Hinsicht verschärften Gesetzes (vgl. BBl 1981 III 618 ff.), wenn Personen, deren altrechtliche Bewilligungen widerrufen werden mussten, nun nach neuem Recht auf ein Grundstück greifen könnten, das sie durch Gesetzesumgehung erwerben wollten. Bereits aus diesem Grund drängt sich die Anwendung von Art. 12 lit. c BewG auf Verstösse gegen den Bewilligungsbeschluss geradezu auf. Im übrigen würde das Gebot der rechtsgleichen Behandlung missachtet, wenn nur Gesetzesumgehungen berücksichtigt werden dürften, die sich seit dem 1. Januar 1985, dem Inkrafttreten der Lex Friedrich, zugetragen haben. 3. a) Im Gesetz wird der Begriff der Umgehung nicht weiter erläutert. Es stellt sich die Frage, ob darunter jedes irgendwie geartete widerrechtliche Verhalten subsumiert werden muss. Nach einer von der Lehre verwendeten und vom Bundesgericht in BGE 104 II 206 E. b übernommenen Umschreibung besteht eine Gesetzesumgehung darin, dass der Wortlaut einer Verbotsnorm beachtet, ihr Sinn dagegen missachtet wird. In einem konkreten Fall, bei dem es um die Anwendung der Lex Furgler ging, hat das Bundesgericht erkannt, dass als Gesetzesumgehung namentlich jedes Rechtsgeschäft zu gelten hat, "das einer nicht im Besitze einer Bewilligung befindlichen Person im Ausland eine eigentümerähnliche Stellung an einem Grundstück in der Schweiz verschafft" ( BGE 107 II 446 ). In dieser Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nur solches Handeln unter den Begriff der Umgehung fällt, das darauf abzielt, Rechte an schweizerischem Boden zu erwerben, obwohl dafür die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen. Es besteht keine Veranlassung, von dieser Umschreibung abzurücken. Das bedeutet, dass widerrechtliches Handeln allein den Tatbestand von Art. 12 lit. c BewG nicht verwirklicht. Es muss vielmehr hinzukommen, dass der Ausländer (juristischer oder wirtschaftlicher) Eigentümer einer Liegenschaft wird, obschon dafür nie eine Bewilligung erteilt wurde, oder dass die Bewilligung durch Vorgabe von Gründen erwirkt wird, die zwar einen Erwerb gestatten, aber im konkreten Fall nicht erfüllt sind. b) Den Gebrüdern F. wurde der Erwerb seinerzeit nur erlaubt, weil sie sich entsprechend dem Bewilligungsgrund von Art. 6 Abs. 2 lit. b BewB verpflichtet hatten, das Grundstück ausschliesslich BGE 114 Ib 11 S. 16 für ihre Unternehmung zu verwenden, die Produktion in den bestehenden Gebäulichkeiten unverzüglich aufzunehmen sowie mit dem Bau der geplanten Werk- und Nebenhalle rasch zu beginnen und diese auch planmässig zu vollenden. Es zeigte sich in der Folge schon bald, dass sie nicht gewillt waren, den ihnen auferlegten Pflichten nachzukommen. Weder wurden die angeblich geplanten Bauten in Angriff genommen, noch wurde die angekündigte Produktion von Trockenapparaten je begonnen. Schon im April 1980 wurden - nachdem das vorhandene Inventar liquidiert worden war - die bestehenden Räume an eine andere Firma vermietet. Das Grundstück diente somit der nach Art. 3 BewB verbotenen Vermögensanlage, d.h. einer Verwendung, für die der Erwerb keinesfalls hätte gestattet werden dürfen. Mit der Angabe eines unzutreffenden Zwecks haben die Gebrüder F. bewirkt, dass ihnen entgegen der Verbotsnorm von Art. 6 Abs. 3 BewB eine Bewilligung erteilt wurde. Dieses Verhalten erfüllt klarerweise den Tatbestand der Umgehung nach Art. 12 lit. c BewG . 4. Die Beschwerdeführerin wendet ein, zur Annahme einer Umgehung durch G. F. fehlten die von Art. 12 lit. c BewG verlangten subjektiven Elemente. G. F. habe auf die Verwendung des fraglichen Grundstücks keinen Einfluss gehabt, weil sein Bruder alle damit zusammenhängenden Geschäfte geführt habe. Diese Behauptung würde der Beschwerdeführerin selbst dann nicht helfen, wenn sie zuträfe. G. F. war als Verfügungsadressat persönlich verpflichtet, für eine bewilligungsgemässe Nutzung zu sorgen. Seine Stellung als Miteigentümer zur Hälfte gab ihm das Recht, die Erfüllung der Auflagen auch gegenüber seinem Bruder durchzusetzen. So wäre es ihm insbesondere möglich gewesen, die Vermietung der Liegenschaft zu verhindern. Derartige Vorkehren von G. F. sind jedoch weder dargetan noch von Amtes wegen zu erkennen. Der Umstand, dass er mit der Bewilligung verbundene Pflichten nicht wahrnahm, kann deshalb nicht zu seiner Entlastung angerufen werden; vielmehr ergibt sich ein Verschulden gerade aus seiner Untätigkeit. Er hat um seine Pflichten gewusst und zumindest in Kauf genommen, dass die Auflagen nicht beachtet wurden. Das von Art. 12 lit. c BewG vorausgesetzte Verschulden ist somit - jedenfalls in der Form des Eventualvorsatzes - gegeben. Falls G. F. selbst kein Verschulden träfe, so hätte er jedenfalls für die Handlungen seines Bruders einzustehen. Wirtschaftlich betrachtet diente sowohl der seinerzeitige als auch der nun geplante Grundstückerwerb der deutschen F. GmbH & Co. Diese Gesellschaft BGE 114 Ib 11 S. 17 gehörte den Brüdern gemeinsam; sie steht heute gemäss den Angaben in der Beschwerdeschrift im Alleineigentum von G. F. Weil somit dieselbe (juristische) Person hinter dem neuen Gesuch steht, deren Geschäftsführer für Umgehungshandlungen verantwortlich war, muss sie und damit ihr heutiger Eigentümer, G. F., das frühere fraudulöse Handeln ihres Organs gegen sich gelten lassen.
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Erwägungen ab Seite 33 BGE 113 IV 32 S. 33 Auszug aus den Erwägungen: 2. Dem Beschwerdegegner H. wurde zur Last gelegt, er habe rund 300 g Amphetamin zwecks Weitergabe an Drittpersonen produziert. Die erste Instanz sah darin einen schweren Fall im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG . Das Appellationsgericht verneinte dagegen das Vorliegen eines schweren Falles im Sinne dieser Bestimmung, nahm aber Gewerbsmässigkeit nach Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG an. Gestützt auf ein Gutachten, wonach Amphetamin bei oraler Einnahme und einer Tagesdosis von 40-80 mg nach rund 180 Tagen bzw. bei intravenöser Applikation und einer Tagesdosis von 500 mg nach rund 42 Tagen eine psychische Abhängigkeit bewirke, nahm das Appellationsgericht an, die "qualifizierende Menge" liege bei der ersten Anwendungsart bei ca. 144-288 g und bei der zweiten bei rund 420 g; da die Gefährlichkeit einer Droge aber nicht ausschliesslich von der Menge, sondern von weiteren Umständen, wie etwa der Anwendungsart, der zur Abhängigkeit führenden Zeitspanne usw., abhänge und nach ständiger und allgemein verbreiteter Erfahrung das Fixen die wirkungsvollere und deshalb weitaus gefährlichere Applikationsart als das Rauchen, das Schnupfen oder die orale Einnahme sei, sei für die Annahme eines qualifizierten Falles im Sinne des Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG die für die intravenöse Applikation massgebende Menge von 420 g zugrunde zu legen. Das Appellationsgericht verwarf damit die von der ersten Instanz unter Hinweis auf BGE 106 IV 232 vertretene Auffassung, wonach von der Applikationsart auszugehen sei, bei der die kleinere Menge zu Abhängigkeit führe und die aus diesem Grunde die gefährlichere sei. 3. Nach Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG liegt ein schwerer Fall vor, wenn der Täter "weiss oder annehmen muss, dass sich die Widerhandlung auf eine Menge von Betäubungsmitteln bezieht, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann". Mit dieser Umschreibung des die Qualifikation begründenden Gefährdungspotentials wird nicht die konkrete Verteilung und Verwendung des Stoffes erfasst, sondern das aus der Stoffmenge sich ergebende abstrakte Risiko ( BGE 111 IV 102 E. 2b). Von der Applikationsart, der betroffenen Personengruppe und dergleichen abhängige Risikofaktoren fallen daher ausser Betracht, zumal sich der Händler in aller Regel nicht darum kümmert noch wissen kann, von wem, wie und in welcher BGE 113 IV 32 S. 34 Dosis die Droge schliesslich konsumiert werden wird (s. BGE 107 IV 151 , 106 IV 232). Bei abhängigkeitserzeugenden Betäubungsmitteln, die auf unterschiedliche Art konsumiert werden können und bei denen entsprechend der Applikationsart verschieden grosse Mengen nötig sind, um die Gesundheit vieler Menschen zu gefährden, ist daher - soll der vom Gesetz bezweckte Schutz erreicht werden - von der geringsten Stoffmenge auszugehen, die jene Gefahr bewirken kann. Etwas anderes wollte auch in BGE 107 IV 152 mit dem Hinweis auf die intravenöse Applikation als die gefährlichere Konsumart nicht gesagt werden, zumal bei Kokain, das in diesem Entscheid zur Diskussion stand, bei jener Anwendungsart tatsächlich geringere Stoffmengen die vom Gesetz verpönte Wirkung entfalten können als bei nasalem Genuss. Soweit deshalb unter Zitierung dieses Entscheides in BGE 108 IV 66 E. 3 für die Bemessung der nach Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG erheblichen Menge von der gefährlicheren Konsumart und der bei dieser üblichen Rauschgiftdosis ausgegangen wurde, geschah dies weiterhin für Kokain, und es kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, es sei auch dann auf die intravenöse Applikation als die "gefährlichere Konsumart" abzustellen, wenn dabei - wie dies gemäss dem vorliegenden Gutachten bei Amphetamin der Fall zu sein scheint - für die Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen eine grössere Stoffmenge nötig ist als bei einer "weniger gefährlichen" Applikationsart, wie etwa bei der oralen Einnahme. Die Art der Applikation ist entgegen den insoweit missverständlichen Andeutungen in BGE 109 IV 144 , 108 IV 66 und BGE 107 IV 152 kein selbständiges Kriterium neben der Stoffmenge, sondern sie ist lediglich für die Bemessung der kleinsten Menge, welche die Gesundheit vieler Menschen gefährden kann, von Bedeutung. Bei Kokain ist dies die intravenöse Applikation ( BGE 108 IV 67 oben), bei einem andern Betäubungsmittel kann es eine andere Anwendungsart sein. 4. a) Das Bundesgericht hat sich bis anhin noch nicht mit der Frage befassen müssen, welche Menge Amphetamin im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann. Anlässlich eines vom Kassationshof im Jahre 1983 mit einem Expertenkollegium durchgeführten Kolloquiums (s. BGE 109 IV 144 ) äusserten die Fachleute die Meinung, dass die Angabe von vertretbaren Grenzwerten für Amphetamin und ähnliche Substanzen nicht möglich sei; es wurde indessen BGE 113 IV 32 S. 35 angedeutet, dass die Daten für Stimulantien vom Wirkungstyp des Amphetamins ungefähr jenen für Kokain entsprechen könnten. Für Kokain aber wurden 18 g als für die Gesundheit vieler Menschen gefährliche Menge angesehen. Zwischen diesem Wert und den im angefochtenen Urteil gestützt auf ein Gutachten angegebenen Amphetaminmengen von 144-288 g bzw. 420 g besteht eine so erhebliche Diskrepanz, dass sich der Kassationshof veranlasst sah, verschiedene Experten, die am Kolloquium vom Mai 1983 in Basel teilgenommen hatten, zur Frage der Gefährlichkeit des Amphetamins zu konsultieren. Dazu bestand unter den gegebenen Umständen auch deswegen Grund, weil nach der deutschen Rechtsprechung, auf die der Kassationshof in seinem Rundschreiben die angefragten Experten aufmerksam machte, 1,5 g Heroinhydrochlorid, 5 g Kokainhydrochlorid und 10 g Amphetaminbase eine "nicht geringe Menge" im Sinne von § 29 Abs. 3 Ziff. 4 und § 30 Abs. 1 Ziff. 4 dt.BtMG darstellen (s. NStZ 1986 S. 33 mit Hinweis auf die Ergebnisse des 6. Symposiums der toxikologischen Sachverständigen der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes vom 21./22. Mai 1986 in Berlin, s. dazu NStZ 1985 S. 163 f.), und demnach zwischen Kokain und Amphetamin ein Verhältnis von 1:2 angenommen wird. Die Meinungen der Fachleute, welche auf das Rundschreiben des Kassationshofes antworteten, gehen auseinander. Mehrere Experten betonen, dass Angaben über die im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG gefährlichen Mengen bei Drogen allgemein und beim Amphetamin im besonderen schwierig sind. Ein Fachmann hält die relevante Menge für prinzipiell nicht bestimmbar. Nach der Auffassung einiger Experten ist aufgrund der heutigen Kenntnisse die Annahme eines Verhältnisses von 1:2 zwischen Kokain und Amphetamin vertretbar und kann somit die Menge von 36 g Amphetamin im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen. Andere Fachleute nehmen eine kleinere oder eine grössere (1:5) Verhältniszahl an. b) Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen sowie der Tatsache, dass Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG einzig die Betäubungsmittelmenge, durch welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr gebracht werden kann, zum qualifizierenden Moment erhebt, hält der Kassationshof in Übereinstimmung mit der zitierten bundesdeutschen Rechtsprechung die Annahme eines Verhältnisses von 1:2 zwischen Kokain und Amphetamin für begründet. Das bedeutet, dass die Menge von 36 g Amphetamin im Sinne von BGE 113 IV 32 S. 36 Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann. Die Sache ist daher in Gutheissung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
de
ca723c0d-927c-419c-ad0d-dd8e2414ce11
Sachverhalt ab Seite 362 BGE 143 II 361 S. 362 A. Am 5. Januar 2017 wurde der (nach eigenen Angaben) kamerunische Staatsangehörige A. (geboren 1970) einreisend von Frankreich in die Schweiz von den Schweizer Grenzwachbehörden kontrolliert. Gleichentags wurde A. vorläufig festgenommen. Das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt führte gleichentags eine Einvernahme durch, zu welcher A. eine Anwältin beigegeben wurde. Nach dieser Einvernahme ordnete das kantonale Migrationsamt mit Verfügung desselben Datums gestützt auf Art. 76a Abs. 3 lit. a des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) eine Administrativhaft (sog. "Dublin-Haft", vgl. Botschaft vom 7. März 2014 über die Genehmigung und die Umsetzung der Notenaustausche zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Verordnungen [EU] Nr. 603/2013 und [EU] Nr. 604/2013 [Weiterentwicklungen des Dublin/Eurodac-Besitzstands], BBl 2014 2694 [nachfolgend: Botschaft Dublin 2014]) von sieben Wochen an und eröffnete A. diese Verfügung noch in Anwesenheit der Rechtsvertreterin. Mit Eingabe vom 16. Januar 2017 an das kantonale Migrationsamt ersuchte der neue Rechtsvertreter im Namen von A. um gerichtliche Überprüfung der Haft und stellte den Antrag, A. sei, unter Gewährung der unentgeltlichen BGE 143 II 361 S. 363 Rechtspflege und Verbeiständung, unverzüglich aus der Haft zu entlassen. B. Mit Urteil vom 20. Januar 2017 erkannte die Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht am Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, die vom kantonalen Migrationsamt für die Dauer vom 6. Januar 2017 bis 24. Februar 2017 angeordnete Haft sei rechtmässig und angemessen. Der Antrag auf unentgeltliche Verbeiständung wurde abgewiesen. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 30. Januar 2017 beantragt A., anwaltlich vertreten, das Urteil der Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht am Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 20. Januar 2017 sei vollumfänglich, eventualiter teilweise, aufzuheben. Der Beschwerdeführer sei unverzüglich aus der Ausschaffungshaft zu entlassen und auf freien Fuss zu setzen. Der vorinstanzliche Kostenentscheid sei vollumfänglich aufzuheben, eventualiter sei dem Beschwerdeführer für das vorinstanzliche Verfahren die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung mit dem Unterzeichneten als Advokaten zu bewilligen und es sei die Angelegenheit zur Festsetzung eines angemessenen Anwaltshonorars an die Vorinstanz zurückzuweisen, subeventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für das bundesgerichtliche Verfahren sei dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung mit dem Unterzeichneten als Advokaten zu bewilligen. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Als begründet erweist sich die Beschwerde, soweit dem Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren auf richterliche Überprüfung der Dublin-Haft die unentgeltliche Verbeiständung verwehrt worden ist. 3.1 Während die verfahrensrechtlichen Garantien in Zusammenhang mit dem Überstellungsentscheid in Art. 27 der Verordnung EU Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten BGE 143 II 361 S. 364 Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29. Juni 2013 S. 31-59; nachfolgend: Dublin-Verordnung) und die unentgeltliche Rechtspflege insbesondere in Art. 27 Abs. 6 der Dublin-Verordnung geregelt worden ist (Botschaft Dublin 2014, BBl 2014 2688 f. Ziff. 3.1.2; HRUSCHKA/MAIANI, EU Immigration and Asylum Law, A Commentary, 2. Aufl. 2016, N. 20 ff. zu Art. 27 Abs. 5 und Abs. 6 Dublin III Regulation [EU] Nr. 604/2013), verweist Art. 28 Abs. 4 der Dublin-Verordnung hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen zwecks Absicherung der Überstellungsverfahren in den zuständigen Dublin-Mitgliedstaaten auf die Art. 9, Art. 10 und Art. 11 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180 vom 29. Juni 2013 S. 96-116). 3.2 Gemäss Art. 9 Abs. 6 der Richtlinie 2013/33/EU sorgen die Mitgliedstaaten bei der erstmaligen richterlichen Prüfung der Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft dafür, dass die Antragsteller unentgeltliche Rechtspflege in Anspruch nehmen können, wobei die Rechtsberatung und -vertretung zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung im Namen des Inhaftierten vor den Justizbehörden umfasst. Der Gesetzeswortlaut von Art. 9 Abs. 6 der Richtlinie 2013/33/EU eröffnet, im Gegensatz zu Art. 26 Abs. 3 derselben Richtlinie, den einzelnen Staaten nicht die Möglichkeit, die unentgeltliche Rechtspflege vom Erfordernis einer konkreten Erfolgsaussicht des Rechtsmittels abhängig zu machen. Wortlaut und Zusammenhang des Gesetzestextes legen somit nahe, dass Inhaftierte für die Haftüberprüfung Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ungeachtet der Erfolgsaussichten in der Sache selbst haben (PEEK/TSOURDI, EU Immigration and Asylum Law, A Commentary, 2. Aufl. 2016, N. 16 zu Art. 9 Asylum Reception Conditions Directive 2013/33/EU). Dieses Auslegungsergebnis wird dadurch bestätigt, dass der Verzicht auf das Erfordernis der Erfolgsaussicht im Wortlaut von Art. 9 Abs. 6 der Richtlinie 2013/33/EU auf einen zwischen Europäischem Parlament und dem Rat erzielten Kompromiss zurückzuführen ist (Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf die Annahme einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Normen für die BGE 143 II 361 S. 365 Aufnahme von Antragstellern auf internationalen Schutz [Neufassung], angenommen am 6. Juni2013 [ST 14654/2/12 REV 2 ADD 1],S. 4, 7). Die einzelnen Staaten können jedoch die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Zusammenhang mit dem Haftprüfungsverfahren von der finanziellen Bedürftigkeit des Antragstellers abhängig machen (Art. 9 Abs. 7 lit. a, Abs. 8 lit. b Richtlinie 2013/33/EU), sie durch spezifische, nach nationalem Recht zur Unterstützung von Antragsstellern bestimmten Personen erbringen lassen (Art. 9 Abs. 7 lit. b Richtlinie 2013/33/EU) und sie nach finanziellen und/oder zeitlichen Kriterien begrenzen (Art. 9 Abs. 8 lit. a Richtlinie 2013/33/EU; vgl. dazu PEEK/TSOURDI, a.a.O., N. 14 f.). 3.3 Durch den in Art. 28 Abs. 4 Dublin-Verordnung enthaltenen Verweis wird die Regelung, auf welche verwiesen wird (Art. 9, Art. 10, Art. 11 der Richtlinie 2013/33/EU), durch Inkorporation Teil der Dublin-Verordnung und ist als solche als Teil des acquis auch im Verhältnis zur Schweiz anwendbar (HRUSCHKA/MAIANI, a.a.O., N. 5 zu Art. 28 Dublin III Regulation [EU] Nr. 604/2013; ausdrücklich auch Botschaft Dublin 2014, BBl 2014 2707). Angesichts dessen, dass das Recht auf unentgeltliche Verbeiständung anlässlich der erstmaligen richterlichen Überprüfung der Dublin-Haft nicht von den Erfolgsaussichten in der Sache selbst und, anders als bei ausländerrechtlicher Haft üblich (vgl. BGE 139 I 206 E. 3.3.1 S. 214; BGE 134 I 92 E. 3.2.3 S. 100; Urteile 2C_526/2016 vom 30. Juni 2016 E. 2.1; 2C_906/2008 vom 28. April 2009 E. 2.2.2), auch nicht erst nach einem bestimmten Zeitablauf entsteht, hätte die Vorinstanz prüfen müssen, ob der Beschwerdeführer bedürftig ist und ihm deswegen die Verbeiständung unentgeltlich hätte gewährt werden müssen. In diesem Punkt erweist sich die Beschwerde als begründet, und ist sie teilweise gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben, als der Antrag auf unentgeltliche Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren abgewiesen wurde, und die Sache in diesem Umfang zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...)
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75d1abad-b955-4c60-825c-3e84b6f36190
Sachverhalt ab Seite 452 BGE 131 III 451 S. 452 A. X. war bei der Balair/CTA Leisure AG als Pilot angestellt. Das Arbeitsverhältnis unterstand dem Gesamtarbeitsvertrag "Balair/ CTA - Aeropers" (nachfolgend: GAV). Gemäss Art. 30 GAV stand X. ein jährlicher Ferienanspruch von 45 Tagen zu. Mit Verfügung vom 27. November 2001 eröffnete der Einzelrichter des Bezirks Bülach über die Balair/CTA Leisure AG den Konkurs. Am 29. November 2001 wurde X. vom Konkursamt Bassersdorf per sofort entlassen. Unter dem Titel "Anspruch für nicht bezogene Ferien (49 Tage)" kollozierte das Konkursamt in der Folge zu Gunsten von X. eine Forderung von Fr. 30'807.82 in der Ersten Klasse im Sinne von Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. a SchKG. B. Mit Eingabe vom 29. Januar 2003 fochten die Swissair Schwei zerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft in Nachlassliquidation und die Flightlease AG in BGE 131 III 451 S. 453 Nachlassliquidation den Kollokationsplan an. Sie verlangten, die Forderung von X. sei im Umfang von Fr. 16'661.37 nicht in der Ersten, sondern in der Dritten Klasse zu kollozieren. Am 11. November 2003 wies der Einzelrichter des Bezirksgerichts Bülach die Klage ab. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte mit Urteil vom 21. September 2004 den bezirksgerichtlichen Entscheid. C. Die Swissair Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft in Nachlassliquidation und die Flightlease AG in Nachlassliquidation gelangen mit eidgenössischer Berufung an das Bundesgericht. Sie verlangen die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und beantragen, es sei die Forderung von X. in der 1. Klasse des Kollokationsplans im Konkurs der Balair/CTA Leisure AG auf Fr. 14'146.45 zu reduzieren und der Betrag von Fr. 16'661.37 in die 3. Klasse zu verweisen. X. schliesst in seiner Stellungnahme auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (...) 1.1 Gegen ein im Kollokationsprozess ergangenes Urteil ist die eidgenössische Berufung zulässig, wenn - wie vorliegend - Ansprüche des Bundeszivilrechts umstritten sind ( BGE 129 III 415 E. 2.2 S. 416). Die Berufung ist im Übrigen rechtzeitig erhoben worden und richtet sich gegen einen Endentscheid eines oberen kantonalen Gerichts, der nicht mehr durch ein ordentliches kantonales Rechtsmittel angefochten werden kann ( Art. 54 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 OG ). 1.2 Im vorliegenden Fall bestimmt sich der Streitwert nach der Differenz zwischen der Dividende, welche gemäss Kollokationsplan auf die Forderung des Beklagten entfällt, und derjenigen, welche sich ergibt, wenn die Klage gutgeheissen würde (KURT AMONN/ FRIDOLIN WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Aufl. 2003, § 30 N. 24). Gemäss angefochtenem Urteil kann bei einer Kollokation in der Ersten Klasse mit einer Dividende von 100 % gerechnet werden, in der Dritten Klasse mit einer solchen zwischen 6 und 10 %. Damit liegt der Streitwert bei rund Fr. 15'000.-, so dass sich die Berufung auch in dieser Hinsicht als zulässig erweist ( Art. 46 OG ). 1.3 Die beiden Klägerinnen sind im Konkurs der Balair/CTA Leisure AG als Gläubigerinnen kolloziert. Sie sind damit zur Anfechtung des Kollokationsplans befugt ( Art. 250 SchKG ). 2. Strittig ist, ob die Abgeltungsforderung des Beklagten vollumfänglich in der Ersten Klasse zu kollozieren ist, oder nur soweit als sie eine Entschädigung für den Ferienanspruch darstellt, der in den letzten sechs Monaten vor Konkurseröffnung entstanden ist. 2.1 Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. a SchKG ist mit dem Bundesgesetz vom 19. Dezember 2003 (in Kraft seit 1. Januar 2005) geändert worden. Auf den vorliegenden Fall ist indes noch die alte BGE 131 III 451 S. 454 Fassung anwendbar, da der Konkurs bereits im Jahr 2001 eröffnet worden ist (Übergangsbestimmung der Änderung vom 19. Dezember 2003). Nach aArt. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. a SchKG sind in der Ersten Klasse die Forderungen von Arbeitnehmern aus dem Arbeitsverhältnis, die in den letzten sechs Monaten vor der Konkurseröffnung entstanden sind, sowie die Forderungen wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses infolge Konkurses des Arbeitgebers zu kollozieren. Wie das Obergericht zu Recht angemerkt hat, ist zu unterscheiden zwischen dem Zeitpunkt, in dem die Forderung entstanden ist, und demjenigen, in dem sie fällig geworden ist. Für die Frage der Privilegierung ist vorliegend einzig von Bedeutung, ob die Abgeltungsforderung in den letzten sechs Monaten vor Konkurseröffnung entstanden ist (vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 5C.155/2000 vom 31. August 2000, E. 4c). 2.2 Der Anspruch auf Ferien besteht aus einem einheitlichen Anspruch auf Gewährung von Freizeit unter Fortzahlung des Lohnes während dieser Zeit (Art. 329a i.V.m. Art. 329d Abs. 1 OR ). Der Ferienanspruch entsteht pro rata temporis entsprechend der Beschäftigungsdauer ( Art. 329a Abs. 3 OR ; statt vieler: MANFRED REHBINDER/ WOLFGANG PORTMANN, Basler Kommentar, N. 2 zu Art. 329a OR ). Nach der absolut zwingenden Vorschrift von Art. 329d Abs. 2 OR darf der Ferienanspruch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden ( BGE 129 III 493 E. 3.1 S. 495). Eine Abgeltung von Ferienansprüchen ist grundsätzlich nur zulässig, wenn deren Bezug in natura bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist ( BGE 106 II 152 E. 2 S. 154; BGE 128 III 271 E. 4a/aa S. 280 f. mit Hinweisen). Ein Entschädigungsanspruch für nicht bezogene Ferien kann damit erst entstehen, wenn diese nicht mehr in natura gewährt werden können. Erst in diesem Zeitpunkt steht fest, ob dem Arbeitnehmer überhaupt ein Abgeltungsanspruch zusteht, und wird die Ferienforderung durch eine reine Geldforderung ersetzt (GUGLIELMO BRUNI, Die Stellung des Arbeitnehmers im Konkurs des Arbeitgebers, BJM 1982 S. 302; FRANZ K. BRÖNNIMANN, Der Arbeitgeber im Konkurs, Diss. Basel 1982, S. 99; URS BÄRLOCHER, Der Ferienanspruch nach schweizerischem Arbeitsrecht, Diss. Basel 1971, S. 143 f.). Nicht gefolgt werden kann damit der Auffassung der Klägerinnen, der Abgeltungsanspruch entstehe BGE 131 III 451 S. 455 parallel zum Ferienanspruch pro rata temporis. Da im vorliegenden Fall der Abgeltungsanspruch für nicht bezogene Ferien erst bei Konkurseröffnung entstanden ist, muss er vollumfänglich in der Ersten Klasse kolloziert werden (GUGLIELMO BRUNI, a.a.O., S. 302; FRANZ K. BRÖNNIMANN, a.a.O., S. 100; ROLAND BACHMANN, Das Arbeitsverhältnis im Konkurs des Arbeitgebers, Diss. Bern 2005, S. 255; a.M. jedoch ohne Begründung: HANSJÖRG PETER, in: Staehelin/ Bauer/Staehelin, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 34 zu Art. 219 SchKG ; ROLAND MÜLLER, Konkursprivileg für leitende Arbeitnehmer, SJZ 100/2004 S. 555). 2.3 Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerinnen ergeben sich bei dieser Lösung keine Probleme im Zusammenhang mit der Verjährung: Für bereits verwirkte oder verjährte Ferienansprüche entsteht gar kein Abgeltungsanspruch (GUGLIELMO BRUNI, a.a.O., S. 302), und ein Abgeltungsanspruch, der mehr als sechs Monate vor Konkurseröffnung entstanden ist, kommt nicht (mehr) in Genuss der Privilegierung gemäss aArt. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. a SchKG. Im vorliegenden Fall ist indes keine dieser Konstellationen dargetan. Entsprechend ist die Abgeltungsforderung des Beklagten vollumfänglich in der Ersten Klasse zu kollozieren. 3. Damit ist die Berufung insgesamt abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Klägerinnen kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und 159 Abs. 2 OG). Es stellt sich die Frage, ob es sich beim vorliegenden Verfahren um eine Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis gemäss Art. 343 OR handelt und - weil der Streitwert unter Fr. 30'000.- liegt - dementsprechend keine Gerichtskosten erhoben werden dürfen ( BGE 115 II 30 E. 5a S. 40). Zu entscheiden war zwar über eine arbeitsrechtliche Vorfrage, strittig war indes nicht der Abgeltungsanspruch an sich, sondern ausschliesslich dessen Rang im Kollokationsplan. Damit unterliegt das vorliegende Verfahren nicht der Kostenfreiheit (DIETER HIERHOLZER, in: Staehelin/Bauer/Staehelin, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 80 zu Art. 250 SchKG ; a.M. MANFRED REHBINDER, Berner Kommentar, N. 18 zu Art. 343 OR ; ADRIAN STAEHELIN/FRANK VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 10 zu Art. 343 OR ).
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Sachverhalt ab Seite 212 BGE 126 II 212 S. 212 Die Militärstaatsanwaltschaft des Moskauer Militärbezirks ermittelt gegen T.S. und deren Bruder M.X. wegen Veruntreuung ("Aneignung oder Unterschlagung") gemäss Art. 160 Teil 3 russ. StGB im Zusammenhang mit Tabak- und Alkoholeinkäufen der Handelsverwaltung der in Deutschland stationierten Westgruppe der Sowjetischen Truppen ("Western Group of Soviet Military Forces", im Folgenden: WGS). Beide Beschuldigten sind Weissrussen. BGE 126 II 212 S. 213 Mit Schreiben vom 22. März 1999 übermittelte die Russische Botschaft in Bern dem Bundesamt für Polizei ein Rechtshilfeersuchen des Stellvertreters des Generalstaatsanwaltes der Russischen Föderation, Generaloberst Dejemin, vom 8. Februar 1999 und, diesem beiliegend, das Rechtshilfeersuchen des Sonderuntersuchungsführers der Untersuchungsabteilung der Militärstaatsanwaltschaft des Moskauer Militärbezirkes Major Detischin vom 1. Dezember 1998. Darin wird um Beschlagnahme und Edition der Kontoeröffnungs- und aller einschlägigen Bankunterlagen zum Konto Nr. 001 bei der Banque Y. (im folgenden: die Bank) ersucht. Mit Schlussverfügung vom 10. Januar 2000 entsprach die Bundesanwaltschaft dem Rechtshilfeersuchen vollumfänglich und ordnete die Übermittlung der kompletten Bankunterlagen zu den Konten Nr. 001 von M.X. und Nr. 002 von I.X., der Ehefrau von M.X., an die Militärstaatsanwaltschaft des Moskauer Militärbezirks an. Gegen die Schlussverfügung und die dieser vorangegangenen Zwischenverfügungen erhoben die Ehegatten M. und I.X. am 10. Februar 2000 Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragen, die angefochtenen Verfügungen seien aufzuheben und das Rechtshilfebegehren der Militärischen Staatsanwaltschaft sei abzuweisen. Die Bundesanwaltschaft sei anzuweisen, die beschlagnahmten Kontounterlagen zurückzugeben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. a) Schliesslich rügen die Beschwerdeführer die fehlende Strafkompetenz der russischen Föderation: Die angebliche Straftat sei auf deutschem Territorium begangen worden; beschuldigt seien der Beschwerdeführer und seine Schwester, die beide weissrussische und nicht russische Staatsangehörige seien. Im Zeitraum 1991-1993 sei die Zugehörigkeit der in Deutschland stationierten ehemaligen sowjetischen Streitkräfte zu Russland in keiner Weise gesichert gewesen; dies gelte erst recht für die Militärhandelsverwaltungen. b) Die Gewährung von Rechtshilfe in Strafsachen setzt grundsätzlich voraus, dass der ersuchende Staat für die Durchführung eines Strafverfahrens zuständig ist, d.h. die dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende Tat der Strafgewalt des ersuchenden Staates BGE 126 II 212 S. 214 unterliegt (ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, Bern 1999, Rz. 336 S. 256). Die Entscheidung über die Grenzen der eigenen Strafgewalt steht grundsätzlich jedem Staat selbst zu (HANS-HEINRICH JESCHECK/THOMAS WEIGEND, Lehrbuch des Strafrechts Allgemeiner Teil, 5. Auflage, S. 164 f.; ROBERT ZIMMERMANN, a.a.O., Rz. 336 S. 256; JOSÉ HURTADO POZO, Droit pénal, partie générale I, 2. Auflage, Zürich 1997, Rz. 346 S. 121), der hierbei allerdings gewisse, vom Völkerrecht gezogene Grenzen nicht verletzen darf. Inhalt und Tragweite dieser völkerrechtlichen Grenzen sind jedoch umstritten (vgl. JESCHECK/WEIGEND, a.a.O., S. 165; HURTADO-POZO, a.a.O., Rz. 348 S. 122: nur Rechtsmissbrauchsverbot; weitergehend CONSEIL DE L'EUROPE (Hrsg.): Compétence extraterritoriale en matière pénale, Strasbourg 1990, insbes. S. 18, 21-31 ff.). Immerhin gibt es eine Reihe von Anknüpfungspunkten (sog. Prinzipien des internationalen Strafrechts), die international üblich und völkerrechtlich i.d.R. unbedenklich sind. Hierzu gehört neben dem Territorialitätsprinzip (Begehungsort auf dem eigenen Staatsgebiet) das Flaggenprinzip (Begehung der Tat an Bord eines im Staat registrierten Schiffes oder Luftfahrzeugs), das aktive Persönlichkeitsprinzip (Staatsangehörigkeit des Täters), das Domizilprinzip (inländischer Wohnsitz des Täters), das Schutzprinzip (Angriff gegen Rechtsgüter/Interessen des Staates) und das Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege; im Grundsatz anerkannt (wenn auch im Einzelnen umstritten) sind auch das passive Personalitätsprinzip (Tat gegen Individualrechtsgüter eines eigenen Staatsangehörigen) und das Weltrechtsprinzip bei Straftaten gegen gewisse übernationale Rechtsgüter (vgl. zu diesen Prinzipien CONSEIL DE L'EUROPE, Compétence extraterritoriale en matière pénale, a.a.O., S. 8 ff.; ANNE-MARIE LA ROSA, Dictionnaire de droit international pénal, Paris 1998, S. 6 ff.; ROBERT ZIMMERMANN, a.a.O., Rz. 337 ff. S. 256 ff.; JESCHECK/WEIGEND, a.a.O., S. 167 ff.). Völkerrechtlich zulässig ist ferner die Ausdehnung des Strafrechts und der Strafgewalt des Sendestaats auf dessen im Ausland stationierte Soldaten (vgl. DIETRICH OEHLER, Internationales Strafrecht: Geltungsbereich des Strafrechts, internationales Rechtshilferecht, Recht der Gemeinschaften, Völkerstrafrecht, 2. Aufl., Köln 1983, S. 403 ff.; LA ROSA, a.a.O., S. 8 a.E.). c) Fraglich ist jedoch, inwieweit und nach welchen Massstäben der ersuchte Staat die Strafgewalt bzw. die Zuständigkeit des ersuchenden Staates zur Verfolgung der Straftat überprüfen muss bzw. darf. BGE 126 II 212 S. 215 aa) Gewisse Übereinkommen regeln diese Frage ausdrücklich. So bestimmt Art. 1 Abs. 2 des Auslieferungsvertrags zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 14. November 1990 (AVUS; SR 0.353.933.6), dass die Auslieferung für eine Straftat, die ausserhalb des Hoheitsgebiets des ersuchenden Staates begangen wurde, nur bewilligt wird, wenn eine derartige Straftat unter gleichartigen Umständen nach dem Recht des ersuchten Staates Recht bestraft würde (lit. a) oder der Verfolgte ein Staatsangehöriger des ersuchenden Staates ist oder wegen einer Straftat gegen einen Staatsangehörigen des ersuchenden Staates gesucht wird (lit. b). Dieser Vertrag kombiniert also autonome Kriterien (lit. b) mit der spiegelbildlichen Anwendung des Strafrechts des ersuchten Staates (lit. a). Eine spiegelbildliche Anwendung des Rechts des ersuchten Staates lässt auch Art. 7 Abs. 2 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 [EAUe; SR 0.353.1] zu; es handelt sich allerdings um eine Kann-Bestimmung, die den ersuchten Staat berechtigt, nicht aber verpflichtet, die Auslieferung abzulehnen. In der Regel wird dem ersuchten Staat das Recht eingeräumt, die Auslieferung oder die Rechtshilfe abzulehnen, wenn er selbst die Zuständigkeit zur Verfolgung der betreffenden Straftat beansprucht, insbesondere wenn bereits ein Strafverfahren hängig ist oder eine materielle strafrechtliche Entscheidung des ersuchten Staates vorliegt (vgl. Art. 7 Abs. 1, Art. 8 und 9 EAUe ; Vorbehalt der Schweiz zu Art. 2 lit. a EUeR ; so auch Art. 5 Abs. 1 lit. a und b, 35 Abs. 1 lit. b und 66 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen [IRSG; SR 351.1]). bb) Das EUeR enthält keine ausdrückliche Bestimmung über die Prüfung der Strafgewalt des ersuchenden Staates. Zwar setzt Art. 1 Abs. 1 EUeR voraus, dass es sich um ein Verfahren hinsichtlich strafbarer Handlungen handelt, "zu deren Verfolgung ... die Justizbehörden des ersuchenden Staates zuständig sind". In aller Regel genügt es hierfür jedoch, dass im ersuchenden Staat ein Untersuchungsverfahren eingeleitet worden ist, d.h. die Justizbehörden des ersuchenden Staates ihre Zuständigkeit nach ihrem innerstaatlichen Recht bejaht haben. Eine Prüfung anhand des Strafrechts des ersuchten Staates (entsprechend Art. 7 Ziff. 2 EAUe ) lässt das EUeR nicht zu, und zur Prüfung der Strafbarkeit nach dem Recht des ersuchenden Staates sind die schweizerischen Rechtshilfebehörden gemäss Art. 64 IRSG nicht verpflichtet. Das Bundesgericht hat daraus in einem Rechtshilfeverfahren betreffend Gesellschaften BGE 126 II 212 S. 216 mit Sitz in Drittstaaten gefolgert, dass der schweizerische Rechtshilferichter in der Regel nicht abzuklären hat, ob die Zuständigkeit des ersuchenden Staates gegeben sei ( BGE 113 Ib 157 E. 4 S. 164 ). Diese Rechtsprechung wurde in BGE BGE 116 Ib 89 E. 2c/aa S. 92 f. bestätigt: Die Auslegung des Rechts des ersuchenden Staates sei in erster Linie Sache seiner Behörden; die Rechtshilfe dürfe daher nur in Fällen verweigert werden, in denen der ersuchende Staat offensichtlich unzuständig sei, d.h. die Justizbehörden des ersuchenden Staates ihre Zuständigkeit in willkürlicher Weise bejaht haben. cc) Eine andere Frage ist, inwieweit der Beschwerdeführer geltend machen kann, die Inanspruchnahme extraterritorialer Strafgewalt durch den ersuchenden Staat verstosse gegen das Völkerrecht. Diese Frage wurde in BGE 116 Ib 89 (E. 2c/bb S. 93 f.) offen gelassen, weil die fragliche Straftat (Insiderdelikt) einen hinreichenden Bezug zum ersuchenden Staat (Frankreich) aufwies und eine allfällige konkurrierende Zuständigkeit eines Drittstaates die Übermittlung von Informationen an den ersuchenden Staat nicht ausschliesse. Da das Völkerrecht den Staaten einen grossen Ermessensspielraum bei der Absteckung der Grenzen ihrer Strafgewalt einräumt (vgl. oben, E. 6b), kann eine Versagung der Rechtshilfe wegen völkerrechtswidriger Inanspruchnahme der Strafgewalt ohnehin nur in Betracht kommen, wenn der Sachverhalt keine Beziehung zu legitimen Rechtspflegeinteressen des ersuchenden Staates aufweisen würde, die Inanspruchnahme der Strafgewalt also klar rechtsmissbräuchlich wäre (JESCHECK/WEIGEND, a.a.O., S. 165).
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3f7efa18-0107-4305-9a51-2285c8f61945
Sachverhalt ab Seite 249 BGE 118 V 248 S. 249 A.- X war seit 1. November 1967 im Dienste des Kantons Zug tätig. Als der Regierungsrat das Vertrauen in seine Führungskompetenz verloren hatte, beschloss er am 28. August 1990, X auf den Ablauf der Amtsperiode 1987-1990 nicht wiederzuwählen. Gleichzeitig ordnete er die vorzeitige Amtsübergabe auf den 31. August 1990 an, bei Anspruch auf volle Gehaltsfortzahlung bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses am 31. Dezember 1990. Ferner wies er BGE 118 V 248 S. 250 darauf hin, dass im übrigen die Bestimmungen des kantonalen Pensionskassengesetzes Geltung hätten. B.- Am 26. September 1990 liess X gegen den Regierungsrat Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend Nichtwiederwahl und die vorsorgliche Amtseinstellung sowie Klage gemäss § 25 des Gesetzes über die Pensionskasse des Kantons Zug vom 25. Februar 1982 (PKG) einreichen. Der Präsident des angerufenen Gerichts teilte die Streitsache mit Verfügung vom 30. Oktober 1990 in ein Beschwerdeverfahren zur Nichtwiederwahl und ein Klageverfahren über die Pensionskassenansprüche auf. Mit Entscheid vom 13. Dezember 1990 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde gegen die Nichtwiederwahl und die Suspendierung im Amt ab. Die hiegegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde wies das Bundesgericht am 29. August 1991 ab, soweit darauf einzutreten war. Mit der Klage nach § 25 PKG vom 26. September 1990 liess X beantragen, es sei festzustellen, dass das Dienstverhältnis ohne sein Verschulden aufgelöst worden sei; der Regierungsrat bzw. der Kanton sei deshalb zu verpflichten, ihm eine Rente gemäss § 23 PKG zu bezahlen, unabhängig davon, ob er in der kantonalen Pensionskasse verbleibe oder in eine andere Vorsorgeeinrichtung übertrete. Der Regierungsrat beantragte, in Abweisung der Klage sei festzustellen, dass die Nichtwiederwahl auf eigene Veranlassung des Klägers erfolgt sei, so dass diesem keine Rente nach § 23 PKG zustehe; eventuell sei festzustellen, dass die Nichtwiederwahl zum überwiegenden Teil, nämlich mindestens zu 80% oder nach Gutdünken des Gerichts, auf Veranlassung des Klägers erfolgt sei, unter entsprechender Kürzung der Rente; bei voller oder teilweiser Gutheissung der Klage sei anzuordnen, dass Erwerbseinkünfte (bzw. deren Ersatz) auf die Rente anzurechnen seien, soweit diese zusammen mit der Rente höher seien als das bisherige, jeweils um die Teuerung aufgerechnete Einkommen des Klägers. Nach Abtrennung des Klageverfahrens von der Beschwerde beschränkte der Kläger das Rechtsbegehren replikweise auf die Feststellung der unverschuldeten Nichtwiederwahl. In der Duplik hielt der Beklagte an seinen Anträgen fest. Mit Entscheid vom 12. September 1991 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zug die Klage gut und bestätigte dem Kläger zuhanden der Pensionskasse, dass die Auflösung des Dienstverhältnisses ohne sein Verschulden und nicht auf seine Veranlassung im Sinne von § 23 PKG erfolgt sei. C.- Der Regierungsrat des Kantons Zug, vertreten durch die Finanzdirektion, erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und BGE 118 V 248 S. 251 erneuert die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren auf Feststellung, dass die Nichtwiederwahl ausschliesslich oder doch zum überwiegenden Teil auf eigene Veranlassung des Beschwerdegegners erfolgt sei, so dass ihm keine oder eine entsprechend gekürzte Rente nach § 23 PKG zustehe. X lässt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf Vernehmlassung und Antrag. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: I. I.1. In formellrechtlicher Hinsicht stellt sich zunächst die Frage nach der Zuständigkeit des BVG-Richters zur Beurteilung der vorliegenden Streitsache. a) Der Beschwerdegegner bestreitet die sachliche Zuständigkeit des Eidg. Versicherungsgerichts nach Art. 73 BVG mit der Begründung, im vorliegenden Fall gehe es um eine beamtenrechtliche Abgangsentschädigung im Sinne von Art. 339b OR und nicht um eine Kassenleistung, weshalb die Pensionskasse auch nicht Partei sei im Verfahren. Gemäss Bericht und Antrag des Regierungsrates vom 30. September 1991 an den Kantonsrat sei vorgesehen, den Anspruch auf Abgangsentschädigung bei unverschuldeter Auflösung des Dienstverhältnisses nicht mehr im Pensionskassengesetz, sondern im Besoldungsgesetz zu regeln. Weil es sich nicht um eine Leistung aus beruflicher Vorsorge handle, sei der Rechtsweg nach Art. 73 BVG nicht gegeben. Gegen einen "kassenrechtlichen" Entscheid spreche überdies, dass nach § 25 PKG gegen den Entscheid des Arbeitgebers (Regierungsrat) Klage beim Verwaltungsgericht einzureichen sei. Gegen kassenrechtliche Entscheide des Regierungsrates sei aber die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne von § 29 PKG an das Verwaltungsgericht gegeben, dessen Entscheid an das Eidg. Versicherungsgericht weiterziehbar sei. Vorliegend handle es sich aber gerade nicht um ein Beschwerdeverfahren nach dieser Bestimmung. b) Nach Art. 73 Abs. 1 BVG bezeichnet jeder Kanton als letzte kantonale Instanz ein Gericht, das über die Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten entscheidet. Die Entscheide der kantonalen Gerichte können auf dem Wege der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidg. Versicherungsgericht BGE 118 V 248 S. 252 angefochten werden ( Art. 73 Abs. 4 BVG ). Diese Verfahrensordnung ist nicht nur im Bereich des BVG-Obligatoriums, sondern auch dann anwendbar, wenn Ansprüche aus der weitergehenden beruflichen Vorsorge streitig sind ( BGE 117 V 51 , 115 V 247 Erw. 1a und b, BGE 114 V 35 Erw. 1a). Nach der Rechtsprechung stellen Leistungen, wie sie öffentlichrechtliche Vorsorgeeinrichtungen über die Berufsvorsorge im engeren Sinn (Absicherung gegen die Risiken Alter, Tod und Invalidität) hinaus für das Risiko der unverschuldeten Nichtwiederwahl oder Entlassung vorsehen, ebenfalls berufsvorsorgerechtliche Ansprüche dar. Dementsprechend hat das Eidg. Versicherungsgericht die Zuständigkeit der Rechtspflegeorgane nach Art. 73 BVG bejaht im Falle einer Streitigkeit, welche Leistungen (Abgangsentschädigung bzw. Rente) einer öffentlichrechtlichen Pensionskasse bei unverschuldeter Nichtwiederwahl eines Beamten zum Gegenstand hatte ( BGE 116 V 335 ). An dieser vom Bundesgericht bestätigten Praxis (vgl. ZBJV 128 [1992] S. 642 f.) ist festzuhalten, woran auch die Vorbringen des Beschwerdegegners nichts zu ändern vermögen. Unabhängig davon, inwieweit den Leistungen nach § 23 und 24 PKG der Charakter von Abgangsentschädigungen im Sinne von Art. 339b OR zukommt, handelt es sich dabei um Kassenleistungen, wie sich aus Wortlaut (Art. 13 Abs. 1 PKG) und Systematik des Gesetzes ergibt. Ob die beabsichtigte Überführung der "Abgangsentschädigung" in die Besoldungsordnung am berufsvorsorgerechtlichen Charakter der Leistungen etwas ändern würde, ist in diesem Verfahren nicht zu prüfen. I.2. Das Begehren an das kantonale Verwaltungsgericht lautete dahin, es sei festzustellen, dass die Nichtwiederwahl des Beschwerdegegners unverschuldet gewesen sei. Es fragt sich, ob es sich hierbei um ein zulässiges Feststellungsbegehren handelte oder ob die Vorinstanz den Beschwerdegegner auf den Rechtsweg der Leistungsklage hätte verweisen müssen. a) Laut § 25 PKG hat der Versicherte, der Anspruch auf Leistungen gemäss § 23 und 24 geltend macht, durch Vorlage einer Bestätigung des Arbeitgebers den Nachweis zu erbringen, dass die Auflösung des Dienstverhältnisses ohne sein Verschulden und nicht auf seine Veranlassung erfolgt ist (Abs. 1). Verweigert der Arbeitgeber die Abgabe dieser Bestätigung, so kann der Versicherte innert 30 Tagen nach Empfang der Mitteilung beim Verwaltungsgericht Klage einreichen (Abs. 2). BGE 118 V 248 S. 253 Dass die kantonale Gesetzgebung die Bestätigung über die unverschuldete Nichtwiederwahl eines Beamten oder Angestellten der Wahlbehörde vorbehält und bei deren Verweigerung die Möglichkeit der klageweisen Erzwingung des vorsorgerechtlich notwendigen Nachweises vorsieht, ist im Lichte von Art. 73 Abs. 1 BVG nicht bundesrechtswidrig. Nach BGE 116 V 198 schliesst diese Bestimmung einen mehrstufigen kantonalen Instanzenzug nicht aus, solange er für Streitigkeiten von Vorsorgeeinrichtungen sowohl des öffentlichen als auch des privaten Rechts zur gleichen letzten kantonalen Instanz führt. Den bundesrechtlichen Anforderungen vermag auch ein geteilter Instanzenzug der vorliegenden Art zu genügen. Gegen eine Aufspaltung des Verfahrens könnte zwar das Einfachheits- und Raschheitsgebot des Art. 73 Abs. 2 BVG ins Feld geführt werden. Es ist indessen nicht ersichtlich, inwiefern eine solche Spaltung in Verschuldensfeststellung einerseits und Leistungsfestsetzung anderseits die prozess- und materiellrechtliche Stellung des Versicherten beeinträchtigen sollte. Zudem können im Einzelfall prozessökonomische Überlegungen für einen vorgängigen Entscheid über die Verschuldensfrage sprechen. Hat der mit dem Nachweis der unverschuldeten Nichtwiederwahl befasste Richter nach Art. 73 BVG über diese Frage geurteilt, ist nicht nur die Pensionskasse, sondern auch der später mit einem Leistungsbegehren konfrontierte BVG-Richter an diesen Entscheid gebunden. Fehlt es dagegen an einer richterlichen Beurteilung der Verschuldensfrage, weil eine kantonale Anfechtungsmöglichkeit fehlt oder von dieser nicht Gebrauch gemacht worden ist, muss die Anspruchsvoraussetzung des Nichtverschuldens im kassenrechtlichen Verfahren vorfrageweise frei prüfbar bleiben. b) Dass die Vorinstanz mit dem angefochtenen Entscheid über eine Feststellungsklage befunden hat, kann nicht zweifelhaft sein. Zwar kann die Abgabe von Erklärungen auch den Hauptgegenstand von Streitigkeiten nach der Zuständigkeitsordnung von Art. 73 BVG bilden (MEYER, Die Rechtswege nach dem BVG, ZSR 106[1987] I S. 613 f.). Um eine besondere Leistungsklage auf Abgabe einer Erklärung, welche die Feststellung der unverschuldeten Auflösung des Dienstverhältnisses beinhaltet (vgl. VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 2. Aufl., 7 N. 18), handelt es sich hier jedoch nicht, weil nach kantonaler Praxis der Richter den Arbeitgeber nicht zur Abgabe einer Erklärung verhält, sondern anstelle des Arbeitgebers die geforderte Bestätigung dispositivmässig abgibt. Art. 73 BVG schliesst die Möglichkeit von Feststellungsklagen nicht aus ( BGE 112 Ia 185 Erw. 2b). Voraussetzung ist, dass der BGE 118 V 248 S. 254 Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Feststellung seines Rechtes hat ( BGE 115 V 231 Erw. 4, BGE 114 V 202 Erw. 2c, je mit Hinweisen). Der Versicherte, welchem nach der kantonalen Pensionskassengesetzgebung der direkte Weg der Leistungsklage gegen die Pensionskasse verwehrt ist, hat aber fraglos ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der unverschuldeten Nichtwiederwahl (vgl. BGE 114 V 202 Erw. 2c), weshalb die Vorinstanz auf das Begehren zu Recht eingetreten ist. I.3. a) Im Rahmen von Art. 73 Abs. 4 BVG überprüft das Eidg. Versicherungsgericht die Anwendung des kantonalen und kommunalen Vorsorgerechts frei und unabhängig davon, ob es sich um Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG handelt oder nicht. Bezüglich der Angemessenheitskontrolle und der Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz hingegen entscheidet sich die Frage der Überprüfungsbefugnis auch im Rahmen von Art. 73 Abs. 4 BVG danach, ob ein Streit um Versicherungsleistungen vorliegt oder nicht ( BGE 116 V 334 Erw. 2b). Geht es um Versicherungsleistungen, so erstreckt sich die Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen ( Art. 132 OG ; BGE 117 V 306 Erw. 1). b) Im vorliegenden Verfahren geht es nicht direkt um Versicherungsleistungen. Im angefochtenen Entscheid hat das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zuhanden der Pensionskasse lediglich bestätigt, dass die Nichtwiederwahl des Beschwerdegegners ohne sein Verschulden und nicht auf seine Veranlassung erfolgt sei. Dieser Nachweis steht aber in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Anspruch auf Kassenleistungen, welche der Beschwerdegegner aus der (unverschuldeten) Auflösung des Dienstverhältnisses geltend machen will. Angesichts des engen Zusammenhangs und des Umstandes, dass mit dem Entscheid über die Verschuldensfrage auch über den Leistungsanspruch entschieden ist, rechtfertigt es sich, das Verfahren einem Prozess um Versicherungsleistungen gleichzustellen, weshalb die erweiterte Kognition nach Art. 132 OG gilt. BGE 118 V 248 S. 255 II. II.1. Das Gesetz über die Pensionskasse des Kantons Zug vom 25. Februar 1982 (PKG; GS 22/154.31 S. 249 ff.) enthält im 4. Abschnitt unter dem Titel "Kassenleistungen" u.a. folgende Bestimmungen: § 23 Unverschuldete Auflösung des Dienstverhältnisses nach 15 Dienstjahren Wird das Dienstverhältnis des Versicherten nach Vollendung des 15. Dienstjahres aus andern Gründen als Invalidität, ohne sein Verschulden und nicht auf eine Rente in der Höhe der Invalidenrente. Der Arbeitgeber erstattet der Kasse die vor erreichtem Rücktrittsalter ausbezahlten Renten zurück. § 24 Unverschuldete Auflösung des Dienstverhältnisses vor 15 Dienstjahren Der Versicherte, dessen Dienstverhältnis vor Vollendung des 15. Dienstjahres aus andern Gründen als Invalidität, ohne sein Verschulden und nicht auf seine Veranlassung hin aufgelöst wird, erhält als Abfindung das Doppelte seiner Beiträge ohne Zins, sein Eintritts- und Einkaufsgeld sowie seine Nachzahlungen samt Zins zum technischen Zinsfuss der Kasse. Der Arbeitgeber erstattet der Kasse die Differenz zwischen dieser Abfindung und der Austrittsentschädigung gemäss § 22 zurück. II.2. a) Zum Begriff der "unverschuldeten Auflösung des Dienstverhältnisses" laut Marginalien zu § 23 und 24 PKG erwägt die Vorinstanz, dass der Gesetzestext zwischen Auflösung "ohne sein Verschulden" (im engeren und eigentlichen Sinne) und "nicht auf seine Veranlassung hin" unterscheide. Es sei keine Besonderheit des zugerischen Rechts, Kassenleistungen von kassenrechtlichem Verschulden abhängig zu machen, wie es insbesondere bei disziplinarischem oder gar strafrechtlichem Verschulden gegeben sei. SCHROFF/GERBER (Die Beendigung der Dienstverhältnisse in Bund und Kantonen, S. 105 ff.) erklärten, dass kassenrechtliches Selbstverschulden auch bei administrativer Beendigung gegeben sein könne, allerdings nur, wenn eigens festgestellt werde, dass es zur Beendigung habe kommen müssen. Als Beispiele würden Süchtigkeit genannt, mangelnder Fleiss, Kontakte mit Risikopersonen, Unbekümmertheit um die beamtenrechtlichen Einschränkungen der BGE 118 V 248 S. 256 verfassungsmässigen Rechte wie der Handels- und Gewerbefreiheit (unerlaubte Nebenbeschäftigung), der Meinungsäusserungsfreiheit (Verwendung von Amtskenntnissen) oder Niederlassungsfreiheit (Wegzug vom angewiesenen Wohnort). Das Dienstverhältnis werde auf Veranlassung des Versicherten aufgelöst, wenn er kündige oder auf eine Wiederwahl verzichte, mithin auf eigenen Wunsch die Auflösung des Dienstverhältnisses bewirke. Kein kassenrechtliches Selbstverschulden im weiteren Sinne liege vor, wenn die Entlassung auf Tatsachen beruhe, für welche der Beamte nicht verantwortlich sei. Genüge das Können eines Beamten im Laufe der Zeit nicht mehr oder vermöge er den Neuerungen auf seinem Fachgebiet nicht ausreichend zu folgen, so gelte eine administrative Entlassung als unverschuldet, sofern der Beamte nicht in pflichtwidriger Weise eine Weiterbildung verweigert habe (SCHROFF/GERBER, a.a.O., S. 106 und 114; BGE 103 Ib 268 Erw. 10). Im Sinne dieser Praxis sei auch bei der Auslegung von § 23 und 24 PKG festzustellen, dass Verschulden im Sinne fahrlässigen oder absichtlichen Fehlverhaltens oder die Beendigung des Dienstverhältnisses auf eigenen Wunsch die "unverschuldete Auflösung des Dienstverhältnisses" ausschlössen. Eine verschuldete Auflösung setze aber eine vom Beamten zu verantwortende Verhaltensweise voraus, durch die es zu einer Beendigung habe kommen müssen. Ein Ungenügen, das der Beamte nicht selbst zu verantworten habe, gelte nicht als Selbstverschulden bzw. eigene Veranlassung. b) Der Regierungsrat macht geltend, das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dem Beschwerdegegner müsste ein Verschulden im Sinne fahrlässigen oder absichtlichen Fehlverhaltens vorgeworfen werden oder er müsste die Auflösung des Dienstverhältnisses durch eigene Kündigung veranlasst haben, um des Rentenanspruchs ganz oder teilweise verlustig zu gehen. Diese Auslegung von § 23 PKG entspreche offensichtlich nicht den Absichten des Gesetzgebers, der den Anspruch auf eine Rente davon abhängig machen wollte, dass der Betroffene für die Auflösung des Dienstverhältnisses keine Ursache gesetzt habe. Zu denken sei an die Aufhebung einer Stelle oder deren Dotierung mit einer neuen Aufgabe, so dass der bisherige Stelleninhaber die Funktion mangels entsprechender Ausbildung oder Eignung oder wegen zu hohen Alters nicht mehr wahrnehmen könne. Mit den Begriffen "Verschulden" und "Veranlassung" habe der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen wollen, dass bei deren Vorhandensein kein Rentenanspruch entstehe, wenn die in der Person des Beamten liegenden Gründe zur Auflösung des Dienstverhältnisses BGE 118 V 248 S. 257 geführt hätten. Einerseits seien dies Gründe im Bereich der Verhaltensweise mit disziplinar- oder gar strafrechtlichen Folgen, was ein persönliches Verschulden voraussetze; anderseits seien es Gründe, die mit der beruflichen Eignung zu tun hätten. Ein Verschulden werde hier nicht vorausgesetzt, hingegen ein objektives Nichtgenügen, welches als Veranlassung durch den Beamten zu qualifizieren sei und solchermassen einen Rentenanspruch ausschliesse. Einzuräumen sei, dass an das Vorhandensein des - objektiv festzustellenden - Ungenügens erhöhte Anforderungen zu stellen seien. Blosse Eindrücke genügten sicherlich nicht. Wollte man der Betrachtungsweise des Verwaltungsgerichts folgen, würde dies zum widersinnigen Ergebnis führen, dass bei einem unter Umständen geringen Fehlverhalten des Beamten der Rentenanspruch ausgeschlossen sei oder doch zumindest gekürzt werde, wogegen ein unfähiger Beamter, wenn er sich nur redlich bemühe, Anspruch auf eine Rente habe. Es würde damit dem Kanton als Arbeitgeber in diesen Fällen praktisch eine Entlassung solcher Beamter verunmöglicht, was nicht der Sinn des Gesetzes sei. Entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts werde der Rentenanspruch somit nicht nur im Falle von Verschulden im Sinne eines Fehlverhaltens aberkannt, sondern auch - im Sinne der eigenen Veranlassung - bei objektiv ungenügender Eignung. Diese Interpretation entspreche im übrigen auch der bisherigen Praxis des Regierungsrates und werde denn auch in der laufenden Revision der Pensionskassengesetzgebung bzw. des Besoldungsgesetzes eine entsprechende Verdeutlichung finden. c) In BGE 103 Ib 265 Erw. 8c hat das Bundesgericht in Bestätigung seiner bisherigen Praxis festgestellt, dass die Nichtwiederwahl bzw. die Auflösung des Dienstverhältnisses von Bundesbeamten dann als unverschuldet zu betrachten sei, wenn sie hauptsächlich auf Gründen beruhe, die ausserhalb der Person des betreffenden Beamten lägen bzw. auf Tatsachen, für die er nicht als verantwortlich gelten dürfe. Für die Annahme eines Verschuldens genüge nicht jede Dienstpflichtverletzung oder jedes missliebige Verhalten des Beamten. Es müsse eine gewisse Schwere der Veranlassung gefordert werden. Fehle sie und werde bloss eine Kleinigkeit als Anstoss für den Entschluss zur Auflösung des Dienstverhältnisses angeführt, so liege die Vermutung nahe, dass daneben auch nicht genannte Gründe bestanden hätten, die weniger beim Bediensteten als bei der Verwaltung selber lägen, und dass das Verhalten des Beamten als Vorwand genommen werde, um Zwecke zu erreichen, die im Grunde und hauptsächlich aus administrativen Gesichtspunkten angestrebt würden. BGE 118 V 248 S. 258 Umgekehrt könne der Beamte, der zufolge seines Verhaltens, für das er verantwortlich sei, der Verwaltung unzumutbar geworden sei, nicht einwenden, die Massnahme sei von ihm unverschuldet, selbst wenn sie zusätzlich durch einige Tatsachen, die ausserhalb seiner Person lägen oder für die er nicht verantwortlich sei, bedingt worden sei. Im nicht veröffentlichten Urteil I. vom 30. April 1991 hat sich das Eidg. Versicherungsgericht in einem Anwendungsfall zu Art. 34 Abs. 1 der EVK-Statuten in der Fassung vom 29. September 1950 (vgl. auch Art. 32 EVK-Statuten 87) dieser vom Bundesgericht in der Folge wiederholt bestätigten Rechtsprechung (nicht veröffentlichte Urteile M. vom 20. Dezember 1982, R. vom 23. September 1983 und T. vom 2. Dezember 1987) angeschlossen. Es rechtfertigt sich, diese Praxis analog auf andere Pensionskassenordnungen des öffentlichen Rechts anzuwenden, welche das kassenrechtlich relevante Verschulden gleich oder ähnlich umschreiben. Dies hat sinngemäss auch die Vorinstanz getan, wenn sie im angefochtenen Entscheid zwischen kassenrechtlichem Verschulden im engeren (eigentlichen) und im weiteren Sinn unterscheidet und feststellt, dass die verschuldete Auflösung des Dienstverhältnisses ein vom Versicherten zu verantwortendes Verhalten voraussetzt, welches die Weiterführung des Dienstverhältnisses für die Verwaltung unzumutbar macht (vgl. hiezu auch SCHROFF/GERBER, a.a.O., S. 105 ff.; KÖFER, Das Recht des Staatspersonals im Kanton Aargau, Diss. Zürich 1979, S. 107 ff.; teilweise a. M. JUD, Besonderheiten öffentlichrechtlicher Dienstverhältnisse nach schweizerischem Recht, insbesondere bei deren Beendigung aus nichtdisziplinarischen Gründen, Diss. Freiburg 1975, S. 166 ff.). Der vorinstanzliche Entscheid stützt sich vorab darauf, dass die Marginalien zu § 23 und 24 PKG auf "unverschuldete Auflösung des Dienstverhältnisses..." lauten, der Anspruch auf Leistungen aufgrund dieser Bestimmungen somit ein Verschulden seitens des Dienstnehmers voraussetzt. Mit dieser Regelung lässt sich die Gleichstellung der blossen "Verursachung" der Nichtwiederwahl mit der gesetzlichen Umschreibung "ohne sein Verschulden und nicht auf seine Veranlassung", wie sie der Regierungsrat in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vornimmt, nicht vereinbaren. d) Nach dem Gesagten ist der Vorinstanz darin beizupflichten, dass ein Ungenügen, das der Beamte nicht selbst zu verantworten hat, nicht als Selbstverschulden bzw. eigene Veranlassung im kassenrechtlichen Sinne gilt. Die gegenteilige Auffassung des Regierungsrates, wonach schon objektives Ungenügen einen Rentenanspruch BGE 118 V 248 S. 259 nach § 23 PKG ausschliesst, steht im Widerspruch zur genannten bundesgerichtlichen Praxis zum kassenrechtlichen Verschulden ( BGE 103 Ib 268 Erw. 10). Das Bundesgericht hat in einem nicht veröffentlichten Urteil R. vom 23. September 1983 zum analog formulierten Art. 34 der EVK-Statuten denn auch festgestellt, dass nach BGE 103 Ib 265 Erw. 8c nicht immer dann ein Verschulden im Sinne dieser Bestimmung gegeben sei, wenn der Bund selber keinen Anlass zur Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben habe, der Auflösungsgrund hingegen in den persönlichen Verhältnissen des Beamten liege. Für die Annahme eines Verschuldens müsse "eine gewisse Schwere der Veranlassung" gefordert werden, wenn auch nicht eine Grobfahrlässigkeit erforderlich sei, wie dies in der Literatur teilweise vertreten werde. Sollte die blosse Verursachung genügen, um eine Abfindung nach Art. 34 EVK-Statuten auszuschliessen, hätte die Bestimmung anders formuliert werden müssen und leicht auch anders abgefasst werden können. Aus dem Beamtengesetz ergebe sich jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür, dass der Begriff "Verschulden" so extensiv auszulegen wäre, dass der Beamte im Sinne einer Kausalhaftung seiner Abfindungsansprüche verlustig ginge. Eine solche Auslegung wäre nicht mit der Bedeutung vereinbar, die im allgemeinen Sprachgebrauch dem Wort "Verschulden" beigemessen werde. Diese Interpretation des kassenrechtlichen Selbstverschuldens ist auch im Rahmen der analogen Vorschriften von § 23 und 24 des zugerischen Pensionskassengesetzes als massgebend zu erachten. Dass die geltende Regelung eine hinreichende Rechtsgrundlage für den Ausschluss der Leistungen bei bloss objektivem Ungenügen bildet, scheint im übrigen auch der kantonale Gesetzgeber zu bezweifeln. Aus dem vom Beschwerdegegner eingereichten Auszug aus der Kantonsratsvorlage Nr. 7522 geht jedenfalls hervor, dass mit einer Änderung des Pensionskassen- bzw. Besoldungsgesetzes der Anspruch auf Abgangsentschädigung in der Weise eingeschränkt werden soll, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit erhält, "ein ihm zufolge objektiven Ungenügens eines Arbeitnehmers unzumutbar gewordenes Arbeitsverhältnis aufzulösen, ohne entschädigungspflichtig zu werden". II.3. a) Bei der Beurteilung des vorliegenden Falles hat die Vorinstanz erwogen, dass dem Beschwerdegegner keine strafbare Handlung oder disziplinarisches Fehlverhalten vorgeworfen werde. Der Regierungsrat anerkenne auch dessen fachlich-theoretische Kenntnisse, den Einsatz in der interkantonalen Zusammenarbeit und die BGE 118 V 248 S. 260 Zusammenarbeit mit kantonalen und Bundesinstanzen. Er stelle zudem fest, dass es dem Beschwerdegegner dank seines Organisationstalentes und seiner fachtechnischen Kenntnisse gelungen sei, den im Jahre 1975 übernommenen Dienst zu einer effizienten Organisation aufzubauen. In seinem Nichtwiederwahlentscheid berufe sich der Regierungsrat vielmehr auf "ungute Gefühle bezüglich der Führungskompetenz und Führungsweise des Beamten". Diese Zweifel seien durch verschiedenste persönliche Eindrücke der Mitglieder des Regierungsrates sowie durch Äusserungen Dritter bestärkt worden. Sie hätten sich schliesslich im Jahre 1989, nicht zuletzt aufgrund des Verhaltens des Beschwerdegegners anlässlich eines Vorfalls am 4. November 1989, zu erheblichen Bedenken des Regierungsrates verdichtet, dass X im Ernstfall und insbesondere in eigentlichen Krisensituationen nicht in der Lage wäre, diese mit dem nötigen Überblick, dem Erkennen des Wesentlichen sowie der geforderten Entscheidungskraft, dem notwendigen Durchsetzungsvermögen und der unabdingbaren Autorität zu meistern. Weder der eine noch der andere der aufgelisteten Vorfälle hätte nach den Ausführungen des Regierungsrates für sich allein Grund geboten, eine Nichtwiederwahl in Betracht zu ziehen. Der Regierungsrat habe jedoch aufgrund einiger Einsätze bzw. Übungen den "Eindruck", dass der Beschwerdegegner in Stress-Situationen nicht in der Lage sein könnte, kühlen Kopf bewahrend, seinen an sich vorhandenen theoretischen Kenntnissen entsprechend zu handeln, um die Situation zu meistern. Die Vorinstanz stellt des weitern fest, die vom Regierungsrat nunmehr genannten Gründe für die Nichtwiederwahl würden einzelne Aspekte der Eignung des Beschwerdegegners betreffen. Es werde ihm jedoch kein ungenügender Einsatz oder Fleiss oder ein anderes von ihm zu verantwortendes Verhalten, das mit der Führung des Dienstes unvereinbar wäre, vorgeworfen. Der Regierungsrat bringe allerdings vor, der Entscheid auf Nichtwiederwahl sei durch das Handeln und Verhalten des Beschwerdegegners "veranlasst" worden. Von "eigener Veranlassung" könne indessen nicht schon dann gesprochen werden, wenn die Gründe einer Nichtwiederwahl in der Person des Beamten lägen. Insbesondere stelle ein mögliches "Nicht-mehr-Genügen" bei untadeligem Einsatz weder ein Verschulden im engeren Sinne noch eine "eigene Veranlassung" zur Auflösung des Dienstverhältnisses dar. Was den Regierungsrat beschäftigt und was er zum Wohle des Kantons in Wahrnehmung seiner Führungsverantwortung für notwendig erachtet habe, liege ausserhalb des Vermögens des Beschwerdegegners. Dieser habe dem Regierungsrat nicht BGE 118 V 248 S. 261 die Gewissheit vermitteln können, inskünftig in brisanten Situationen, namentlich im Ernstfall oder im Stress, ruhig, besonnen und sachgerecht zu handeln und zu entscheiden. Ob diese Einschätzung richtig sei oder nicht, könne offenbleiben. Die kassenrechtlichen Ansprüche hingen insbesondere nicht von einer näheren Analyse verschiedener Einsatzübungen ab, von denen der Regierungsrat selber sage, für sich allein hätten sie keinen Anlass zur Erwägung der Nichtwiederwahl gegeben. Dem Regierungsrat sei darin beizupflichten, dass er seine Verantwortung bei der Besetzung der Stelle wahrzunehmen und dabei das öffentliche Wohl vor privaten Interessen Vorrang habe, selbst dann, wenn die Entscheidung auf unguten Gefühlen, Zweifeln, Beurteilungen oder ähnlichen, letztlich kaum objektivierbaren Grundlagen beruhe. Gerade in einem solchen Fall der Zurückstellung privater Interessen wolle aber der Gesetzgeber berücksichtigen, dass der scheidende Beamte nicht aus Verschulden und nicht durch eigene Veranlassung die Auflösung des Arbeitsverhältnisses herbeigeführt habe. Ein kassenrechtliches Selbstverschulden liege somit nicht vor. b) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hält der Regierungsrat daran fest, dass der Beschwerdegegner die Nichtwiederwahl selbst veranlasst habe, indem er die Anforderungen seines Amtes in wesentlichen Bereichen, namentlich auf der Führungsebene, nicht genügend zu erfüllen vermocht habe. Im vorliegenden Fall seien es denn auch nicht nur Eindrücke oder ungute Gefühle. Im Gegenteil sei der Regierungsrat der festen Überzeugung, dass der Beschwerdegegner den zugegebenermassen hohen Anforderungen an das schwierige und heikle Amt eines Beamten in seiner Stellung objektiv betrachtet nicht genüge, was sich aus den Akten und aus dem vom Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht durchgeführten Beweisverfahren zu verschiedenen Vorkommnissen zwischen 1983 und 1990 ergebe. Wenn der Regierungsrat zu einem negativen Schluss gekommen sei, so sei dies nicht ohne Mittun bzw. "Verursachung" durch den Beschwerdegegner geschehen, sondern sei direkte Folge seines Verhaltens bzw. seines Ungenügens. Durch das in seiner Gesamtheit negativ bewertete Verhalten und Handeln habe er den Nichtwiederwahlbeschluss "veranlasst" bzw. "verursacht". Die Voraussetzung der Auflösung des Dienstverhältnisses "ohne sein Verschulden und nicht auf seine Veranlassung" sei somit nicht erfüllt. Jedenfalls treffe den Beschwerdegegner zumindest ein massgebliches und dementsprechend hohes relevantes Mitverschulden im Sinn der eigenen Veranlassung. Die Beurteilung der gesamten Vorkommnisse, welche einen BGE 118 V 248 S. 262 Rückschluss auf Führungsfähigkeit und -kompetenz des Beamten erlaubten, hätten den Regierungsrat zur Überzeugung gebracht, dass der Beschwerdegegner trotz seiner grundsätzlich vorhandenen Kenntnisse von seiner Persönlichkeit her nicht in der Lage sei, in Ernstfall- und Stress-Situationen den Überblick zu bewahren, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden und ruhig sowie besonnen ziel- und sachgerecht zu handeln. Die Wahrscheinlichkeit und damit die Gefahr sei gross, dass nervöse Überreaktionen und Fehlbeurteilungen resultierten und/oder dass er nicht fähig und/oder bereit sei, in heiklen Situationen in seinem Kompetenzbereich liegende Entscheide zu fällen, wenn er sich nicht vorgängig hundertprozentig absichern oder das Einverständnis seines Vorgesetzten einholen könne. ... c) Der Regierungsrat bestreitet die Feststellung der Vorinstanz nicht, wonach dem Beschwerdegegner kein konkretes Fehlverhalten vorgeworfen werden kann, welches die Annahme einer selbstverschuldeten Auflösung des Dienstverhältnisses zu rechtfertigen vermöchte. Es wird auch nicht geltend gemacht, dass die Nichtwiederwahl Folge bestimmter Dienstverletzungen wäre. Zwar beruft sich der Regierungsrat auf eine Reihe von Vorfällen, die seiner Auffassung nach darauf schliessen lassen, dass der Beschwerdegegner seinen Aufgaben nicht (mehr) gewachsen war. Der Regierungsrat setzt indessen keinen dieser Vorfälle in direkten Zusammenhang mit der Auflösung des Dienstverhältnisses, insbesondere auch nicht das Verhalten anlässlich des Vorfalls vom 4. November 1989. ... Auch unter Berücksichtigung sämtlicher in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde genannter Vorhalte - welche bis ins Jahr 1983 zurückreichen - lässt sich die Annahme eines unter kassenrechtlichen Gesichtspunkten relevanten Verschuldens nicht rechtfertigen. Der Regierungsrat begründet die behauptete selbstverschuldete Auflösung des Dienstverhältnisses denn auch nicht in erster Linie mit diesen Vorhalten, sondern allgemein damit, dass der Beschwerdegegner seiner Aufgabe nicht (mehr) genügt habe, insbesondere weil es ihm an den erforderlichen Führungsfähigkeiten gefehlt habe. Er schliesst aus den erwähnten Vorkommnissen, dass der Beschwerdegegner nicht in der Lage sei, in Ernstfall- und Stress-Situationen ziel- und sachgerecht zu handeln, und dass die Gefahr von Überreaktionen und Fehlbeurteilungen bestehe. Abgesehen davon, dass es sich dabei teilweise um blosse Mutmassungen handelt, folgt der Regierungsrat damit einem Begriff des kassenrechtlichen Verschuldens, welcher nach dem in Erw. II/2c hievor Gesagten als zu extensiv zu beurteilen BGE 118 V 248 S. 263 ist. Wie die Vorinstanz zutreffend feststellt, bildet das vom Regierungsrat geltend gemachte Ungenügen einen wichtigen Faktor für den Entscheid über die Wiederwahl, doch kann dieses praxisgemäss nicht einem kassenrechtlich relevanten Verschulden gleichgesetzt werden. Dem kantonalen Richter ist somit darin beizupflichten, dass die Auflösung des Dienstverhältnisses im Sinne von § 23 PKG ohne Verschulden des Beschwerdegegners und nicht auf seine Veranlassung erfolgt ist. Zusätzlicher Abklärungen, wie sie der Regierungsrat mit dem Begehren um Durchführung eines Beweisverfahrens beantragt, bedarf es nicht. II.4. Auf den Eventualantrag des Regierungsrates, es sei festzustellen, dass die Nichtwiederwahl zum überwiegenden Teil, nämlich zu 80% oder nach Gutdünken des Gerichts, auf Veranlassung des Beschwerdegegners erfolgt sei, kann nicht eingetreten werden. Abgesehen davon, dass ein rechtserhebliches Verschulden zu verneinen ist, hat der Regierungsrat im Rahmen des vorliegenden Verfahrens schon deshalb kein schutzwürdiges Interesse an einer entsprechenden Feststellung, weil in § 23 PKG eine nach dem Grad des Verschuldens abgestufte Kürzung des Rentenanspruchs nicht vorgesehen ist.
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). Zeitlich massgebender Sachverhalt und Berücksichtigung neuer Tatsachen im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht (Präzisierung der Rechtsprechung). Erwägungen ab Seite 61 BGE 104 V 61 S. 61 Aus den Erwägungen: 1. a) Ist einem obligatorisch Versicherten die Bezahlung der Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten, so können seine Beiträge auf begründetes Gesuch hin für bestimmte oder unbestimmte Zeit angemessen herabgesetzt werden ( Art. 11 Abs. 1 AHVG ). Die Voraussetzung der Unzumutbarkeit ist erfüllt, wenn der Beitragspflichtige bei Bezahlung des vollen Beitrags seinen und seiner Familie Notbedarf nicht befriedigen könnte ( BGE 98 V 252 ). Ob eine Notlage besteht, ist auf Grund der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse und nicht allein anhand des Erwerbseinkommens zu beurteilen (EVGE 1952 S. 198, ZAK 1950 S. 208). b) Nach ständiger Rechtsprechung ( BGE 99 V 102 mit Hinweisen) beurteilt der Sozialversicherungsrichter die Gesetzmässigkeit der angefochtenen Verfügungen in der Regel nach dem Sachverhalt, der zur Zeit des Verfügungserlasses gegeben war. Tatsachen, die jenen Sachverhalt seither verändert haben, sollen im Normalfall Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung sein. Für die richterliche Kontrolle von Verfügungen über Erlass oder Herabsetzung von Forderungen des Versicherungsträgers sind indessen die folgenden Grundsätze wegleitend: Da der ganze oder partielle Erlass solcher Forderungen eine wirtschaftliche Notlage des Schuldners voraussetzt ( Art. 11 BGE 104 V 61 S. 62 AHVG ), muss der endgültige Erlass- bzw. Herabsetzungsentscheid - unter Vorbehalt von Fällen missbräuchlicher Verzögerung - auf die ökonomischen Verhältnisse des Schuldners abstellen, die im Zeitpunkt gegeben sind, da er bezahlen sollte. Damit ist zugleich gesagt, dass weder weit zurückliegende noch durchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse entscheidend sein können. Dennoch ist der im Erlass- bzw. Herabsetzungsprozess erstmals angerufene Richter nicht verpflichtet, direkt und abschliessend zu überprüfen, ob und allenfalls wie weit sich die wirtschaftliche Lage des Schuldners seit Eröffnung der angefochtenen Verfügung über das Erlass- oder Herabsetzungsgesuch verändert hat. Der erstinstanzliche Richter kann sich gegebenenfalls auf die Feststellung beschränken, dass die Verwaltungsverfügung zur Zeit ihrer Eröffnung richtig war, und es der Partei, welche eine seitherige Veränderung des massgeblichen Sachverhaltes behauptet, überlassen, eine neue Verfügung zu provozieren. Dem erstinstanzlichen Richter ist aber auch nicht verwehrt, unter Umständen - aus prozessökonomischen Gründen - nach Gewährung des rechtlichen Gehörs seinem Entscheid den neuen Sachverhalt zugrunde zu legen, wie er dies übrigens - wenn auch nur ausnahmsweise - auf anderen Gebieten des Sozialversicherungsrechts tut ( BGE 103 V 53 Erw. 1 mit Hinweisen). Diese Regeln können jedoch nicht in gleicher Weise auch für das letztinstanzliche Verfahren gelten. Da ein Erlass- bzw. Herabsetzungsprozess nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen betrifft (zum Erlass der Rückerstattung unrechtmässig bezogener Leistungen vgl. BGE 98 V 275 Erw. 2 in fine), hat das Eidg. Versicherungsgericht lediglich zu prüfen, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG ). Daraus folgt, dass das Eidg. Versicherungsgericht grundsätzlich an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt gebunden ist und dass es ihm insoweit verwehrt ist, allfällige neue Tatsachen zu berücksichtigen, die erst nach Abschluss der von der Vorinstanz erfassten Zeitperiode (d.h. nach Erlass der Kassenverfügung bzw. nach Erlass des vorinstanzlichen Entscheids) eingetreten BGE 104 V 61 S. 63 sind. Aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigt es sich jedoch, ausnahmsweise auch neue, nach dem erwähnten Zeitpunkt eingetretene Tatsachen zu berücksichtigen, sofern diese offensichtlich klar bewiesen sind. Die eingeschränkte Überprüfungsbefugnis steht einem solchen Vorgehen nicht entgegen (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 98 Ib 512 ). In diesem Sinne ist die in BGE 103 V 53 Erw. 1 erwähnte Rechtsprechung zu präzisieren. 2. Im vorliegenden Fall stellte der vorinstanzliche Richter auf den Sachverhalt ab, der im Zeitpunkt der Kassenverfügung (22. Februar 1977) gegeben war. Dies ist nach dem zuvor Gesagten nicht zu beanstanden. Auch der letztinstanzliche Richter hat von den Verhältnissen im genannten Zeitpunkt auszugehen. Der Beschwerdeführer macht zwar in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend, dass sich sein Vermögen schon kurze Zeit nach Erlass der Kassenverfügung zufolge Belehnung der Lebensversicherungen erheblich vermindert habe. Dieser Einwand ist jedoch im vorliegenden Verfahren unbeachtlich, da er auf Grund der Akten nicht als klar erwiesen erscheint.
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Sachverhalt ab Seite 178 BGE 105 II 178 S. 178 Die H. Weidmann AG ist Eigentümerin des Grundstückes Kat. Nr. 830 in Rapperswil. Das Grundstück misst 2455 m2 und ist durch die ebenfalls im Eigentum der H. Weidmann AG stehende Wegparzelle Kat. Nr. 831 mit der Neuen Jonastrasse, einer Staatsstrasse, verbunden. Die Wegparzelle weist eine Breite von 3,8 bis 4 Metern auf. Die H. Weidmann AG beabsichtigt, die gegenwärtig auf ihrem Grundstück Kat. Nr. 830 stehenden Industriebauten abzubrechen und an deren Stelle zwei viergeschossige Wohnhäuser mit insgesamt 24 Wohnungen zu errichten. Sie unterbreitete dem Gemeinderat Rapperswil ein entsprechendes Bauprojekt. Mit Brief vom 1. März 1977 eröffnete ihr der Gemeinderat, das eingereichte Projekt lasse verschiedene Mängel erkennen, BGE 105 II 178 S. 179 die vor der Erteilung einer Baubewilligung behoben werden müssten; insbesondere sei die verkehrsmässige Erschliessung des Grundstücks ungenügend. Am 11. November 1977 stellte die H. Weidmann AG beim Gemeinderat Rapperswil das Begehren um Gewährung eines Notwegrechts, und zwar in dem Sinne, dass die bestehende Zufahrt zu ihrem Grundstück über die Wegparzelle Kat. Nr. 831 zu Lasten der Nachbargrundstücke Kat. Nrn. 748 und 1359 verbreitert werde. Mit Entscheid vom 1. Juni 1978 stellte der Gemeinderat Rapperswil fest, "dass die Voraussetzungen zur Gewährung des Notwegrechts für die ausreichende Verkehrserschliessung des Grundstücks Kat. Nr. 830 im Blick auf dessen Neuüberbauung erfüllt" seien, und entsprach dem Begehren der H. Weidmann AG. Die zur Gewährung des Notwegrechts verpflichteten Grundeigentümer erhoben gegen diesen Entscheid Rekurs an den Regierungsrat des Kantons St. Gallen, mit dem Antrag, das Begehren der H. Weidmann AG sei abzuweisen. Mit Beschluss vom 27. Februar 1979 hiess der Regierungsrat die beiden Rekurse gut und hob den Entscheid des Gemeinderates Rapperswil vom 1. Juni 1978 auf. Gegen diesen Entscheid hat die H. Weidmann AG Berufung an das Bundesgericht erhoben, mit dem Antrag, es sei der regierungsrätliche Beschluss aufzuheben und der Entscheid des Gemeinderates Rapperswil vom 1. Juni 1978 wiederherzustellen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Ein Grundeigentümer hat gemäss Art. 694 Abs. 1 ZGB Anspruch auf Einräumung eines Notweges, falls er über keinen genügenden Weg von seinem Grundstück zur öffentlichen Strasse verfügt. Im vorliegenden Fall ist streitig, ob die im Eigentum der Berufungsklägerin stehende Wegparzelle Kat. Nr. 831, die das Grundstück Kat. Nr. 830 mit der öffentlichen Strasse, der Neuen Jonastrasse, verbindet, in ihrer heutigen Gestalt eine genügende Zufahrt zu diesem Grundstück darstelle. a) Die Berufungsklägerin wirft der Vorinstanz vor, den Begriff des Notweges zu eng ausgelegt und dadurch Bundesrecht BGE 105 II 178 S. 180 verletzt zu haben. Ein Weg, dessen Breite wie im zu beurteilenden Fall das Kreuzen von Motorfahrzeugen ausschliesse, sei für den Anschluss von rund 30 Wohneinheiten an eine öffentliche Strasse ungenügend. Dazu komme, dass der Verkehr auf der Neuen Jonastrasse als Hauptverbindung zwischen Rapperswil und Jona in unzulässiger Weise blockiert würde, wenn ein Fahrzeug in die private Zufahrt einbiegen wolle, wegen eines entgegenkommenden Fahrzeuges oder eines andern Hindernisses jedoch gezwungen sei, auf der Staatsstrasse anzuhalten. Die rechtwinklige Einmündung der Zufahrt in diese Strasse habe, wenn sie nicht ausgebaut werde, überdies zur Folge, dass die in die Zufahrt einbiegenden Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit auf Schrittempo herabsetzen müssten, was ebenfalls zu einer starken Beeinträchtigung des Verkehrs auf der Staatsstrasse führe. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz könne unter diesen Umständen nicht angenommen werden, die Verbreiterung der Zufahrt durch Einräumung eines Notwegrechts diene lediglich dazu, die Wegverhältnisse bequemer zu gestalten. Da ohne die angestrebte Wegverbreiterung eine zonengemässe Nutzung des Baugrundstücks nicht möglich sei, könne auch nicht gesagt werden, die bestehende Zufahrt genüge für eine bestimmungsgemässe Nutzung dieses Grundstücks. Zweck des Begehrens um Gewährung des Notwegrechts sei vielmehr eine den Mindestanforderungen entsprechende Erschliessung von Bauland, dank welcher vor allem erhebliche Störungen und Gefährdungen des öffentlichen Verkehrs ausgeschlossen würden. Bei zeitgemässer Auslegung des Begriffs der Wegenot erweise sich für das Gebiet der ganzen Schweiz ein Weg von 5 Metern Breite nebst einem Trottoir von einem Meter und einem Einlenker mit beidseitigen Radien von 6 Metern für die Erschliessung eines Mehrfamilienhausquartiers als Minimum. Nur eine solche Zufahrt könne deshalb, und zwar unabhängig von den öffentlichrechtlichen Vorschriften, als genügend im Sinne von Art. 694 ZGB betrachtet werden. b) Das Bundesgericht hat die Gewährung eines Notwegrechts in seiner bisherigen Praxis von sehr strengen Voraussetzungen abhängig gemacht. Es hat aus der Entstehungsgeschichte des Art. 694 ZGB abgeleitet, dass der nachbarrechtliche Anspruch auf die Gewährung eines Wegrechts nur in einer eigentlichen Notlage geltend gemacht werden könne und BGE 105 II 178 S. 181 da nicht gegeben sei, "wo der unumgänglich notwendige Fuss- oder Fahrweg, der freie Zugang oder die freie Zufahrt zu einem Grundstück und damit die nötige Verbindung mit dem öffentlichen Strassennetz, der Aussenwelt mehr oder weniger vorhanden ist" ( BGE 80 II 317 ). Das Bestehen einer Notlage hat es lediglich für den Fall bejaht, dass die nach den wirtschaftlichen Bedürfnissen eines Grundstücks erforderliche Verbindung mit der öffentlichen Strasse überhaupt fehle oder doch schwer beeinträchtigt sei; für die blosse Verbesserung von nicht ganz vollkommenen Wegverhältnissen könne ein Notweg nicht eingeräumt werden ( BGE 80 II 317 mit Hinweisen). An dieser Anforderung hat das Bundesgericht insbesondere auch festgehalten, als es um die verkehrsmässige Erschliessung von neu zu überbauendem Land ging. So hat es in diesem Zusammenhang ausdrücklich erklärt, bei der Beurteilung, Ob ein bereits vorhandener Weg für eine in Aussicht genommene Überbauung genüge, komme es nicht auf die baupolizeilichen Anforderungen an die (für die Erteilung einer Baubewilligung erforderliche) Zufahrt an ( BGE 85 II 397 ff., insbesondere 400 f.). Diese einschränkende Auslegung des Anspruchs auf Einräumung eines Notwegs hat die Zustimmung der massgebenden Lehre gefunden (LIVER, in der Besprechung des zuletzt zitierten Bundesgerichtsentscheides, ZBJV 96/1960, S. 429/430; LIVER, Das Eigentum, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1, S. 268/269; MEIER-HAYOZ, N. 52, 54 und 59 zu Art. 694 ZGB ; KARIN CARONI-RUDOLF, Der Notweg, Berner Diss. 1969, S. 53 f. und 64 ff.). c) Beurteilt man den vorliegenden Sachverhalt im Lichte der angeführten restriktiven Auslegung des Art. 694 ZGB , ergibt sich, dass die Auffassung der Vorinstanz mit dem Bundesrecht nicht in Widerspruch steht. Im angefochtenen Entscheid wird zutreffend darauf abgestellt, dass das Grundstück der Berufungsklägerin im Hinblick auf die beabsichtigte Nutzung als Bauland über eine technisch ausreichende Wegverbindung zur öffentlichen Strasse verfüge, die ohne Mühe mit Motorfahrzeugen (sowohl mit Personen- als auch mit Lastwagen) befahren werden könne. Dass das Kreuzen nicht möglich ist und das Einbiegen in den Weg von der öffentlichen Strasse her zu Verkehrsbehinderungen führen kann, reicht nicht aus, um von einer schweren Beeinträchtigung der Zufahrt im Sinne der Praxis sprechen zu können. Es sind denn auch BGE 105 II 178 S. 182 vorwiegend öffentliche Interessen, welche die Berufungsklägerin ins Feld führt, um das Ungenügen des Weges darzutun. Indessen ist es nicht Zweck einer privatrechtlichen Einrichtung wie derjenigen des Notwegrechts, für die Wahrung öffentlicher Interessen (Verkehrssicherheit; Verhinderung von Verkehrsstauungen) zu sorgen. Dies ist vielmehr Sache des Baupolizei- und des Strassenrechts. Wenn der Berufungsklägerin die Bewilligung für die beabsichtigte Überbauung verweigert wird, kann sie zur Schaffung einer nach öffentlichrechtlichen Gesichtspunkten hinreichenden Zufahrt nicht auf das Notwegrecht zurückgreifen, sondern sie muss sich, wie im angefochtenen Entscheid zutreffend erwähnt, der anscheinend vorhandenen öffentlichrechtlichen Mittel bedienen. d) Von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, besteht kein Anlass. Zwar hat die enge Auslegung von Art. 694 ZGB zur Folge, dass der Anspruch auf Einräumung eines Notweges als Mittel zur Erschliessung von Bauland überall dort ausscheidet, wo eine Wegverbindung zur öffentlichen Strasse vorhanden ist, die mit Motorfahrzeugen ohne allzu grosse Schwierigkeiten befahren werden kann. Für die Beibehaltung einer strengen Praxis spricht jedoch zunächst die Überlegung, dass die Rücksichtnahme auf die Interessen des benachbarten Grundeigentümers, der sich die Einräumung des Notweges gefallen lassen muss, eine zurückhaltende Handhabung gebietet. Vor allem aber verdient der Hinweis des Bundesgerichts in BGE 85 II 400 , dass die Anwendung von Art. 694 ZGB in der ganzen Schweiz nach einheitlichen Gesichtspunkten erfolgen sollte, nach wie vor Beachtung. Eine solche einheitliche Rechtsanwendung wäre aber nicht mehr gewährleistet, wenn bei der Beurteilung des Genügens einer Wegverbindung zur öffentlichen Strasse auf baupolizeiliche Gesichtspunkte abgestellt werden wollte. So würden beispielsweise die erforderliche Breite der Zufahrt und die Notwendigkeit der Erstellung eines Trottoirs je nach Landesgegend ganz verschieden beurteilt. Dies widerspräche indessen dem Sinn des Gesetzes.
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Sachverhalt ab Seite 57 BGE 115 Ia 56 S. 57 Die Bezirksanwaltschaft Zürich ordnete mit Verfügung vom 12. April 1988 an, X. der der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz dringend verdächtig sei, sei wegen Kollusionsgefahr in Untersuchungshaft zu versetzen. Der Beschuldigte liess die Möglichkeit, gegen diesen Entscheid bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Rekurs zu erheben, ungenutzt. Hingegen liess er am 19. April 1988 durch seinen inzwischen von ihm bevollmächtigten Rechtsvertreter bei der Bezirksanwaltschaft ein Haftentlassungsgesuch stellen. Im Gesuch wurde ausgeführt, gemäss Art. 5 Ziff. 4 EMRK stehe jedermann, dem seine Freiheit durch Festnahme oder Haft entzogen werde, das Recht zu, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht raschmöglichst über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden werde; da die Zürcher Strafprozessordnung keine richterliche Instanz zur Beurteilung von Haftentlassungsgesuchen vorsehe, werde das Gesuch der Praxis entsprechend an die Bezirksanwaltschaft gerichtet mit dem Ersuchen, es allenfalls einer richterlichen Instanz weiterzuleiten oder darüber - werde die Zuständigkeit der Bezirksanwaltschaft bejaht - selber zu entscheiden. Mit Entscheid vom 20. April 1988 wies die Bezirksanwaltschaft Zürich das Haftentlassungsgesuch mit der Begründung ab, X. werde nach wie vor dringend verdächtigt, mit mehreren Kilogramm Haschisch gehandelt zu haben, und es bestehe massive Kollusionsgefahr. Der Beschuldigte erhob gegen diesen Entscheid am 22. April 1988 Rekurs an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, in dem er das Vorliegen eines Haftgrundes bestritt und die Begründung der Verhaftsverfügung beanstandete. Er machte zugleich erneut geltend, er habe Anspruch auf ein gerichtliches Haftprüfungsverfahren. Noch vor deren Entscheid, nämlich am 26. April 1988, erstreckte der Präsident des Bezirksgerichts Zürich in Anwendung von § 51 Abs. 1 des Gesetzes betreffend den Strafprozess des Kantons Zürich vom 4. Mai 1919 (StPO) die Haftfrist auf Antrag der Bezirksanwaltschaft um weitere 14 Tage bis und mit 10. Mai 1988. X. wurde am 9. Mai 1988 aus der Haft entlassen. Die Staatsanwaltschaft wies den Rekurs am 2. Juni 1988 ab, soweit sie darauf eintrat. Sie erwog unter anderem, die zürcherische Strafprozessordnung kenne ein gerichtliches Haftprüfungsverfahren gemäss Art. 5 Ziff. 4 EMRK in der allerersten Phase der Untersuchung nicht. Ein solches Verfahren sei indessen allein schon aus zeitlichen Gründen praktisch ausgeschlossen, da die Haftkompetenz des Bezirksanwalts nur für die Dauer von BGE 115 Ia 56 S. 58 14 Tagen bestehe, worauf zwingend die Verlängerung durch den zuständigen Gerichtspräsidenten zu erfolgen habe. Wenn die EMRK vorschreibe, das Haftprüfungsverfahren habe "raschmöglichst" zu erfolgen, könne im übrigen wohl nur gemeint sein, sobald der Untersuchungsstand eine solche Prüfung auch zulasse. Eine gegen diesen Entscheid von X. erhobene staatsrechtliche Beschwerde heisst das Bundesgericht im Sinne der Erwägungen gut, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 5 Ziff. 3 EMRK muss jede nach der Vorschrift des Absatzes 1c dieses Artikels festgenommene oder in Haft gehaltene Person unverzüglich einem Richter oder einem andern, gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Beamten vorgeführt werden. Ziff. 4 derselben Bestimmung schreibt vor, dass jedermann, dem seine Freiheit durch Festnahme oder Haft entzogen wird, das Recht hat, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht raschmöglichst über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden wird und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet wird. Unter den Parteien ist nicht streitig, dass das Zürcher Strafverfahren kein richterliches Haftbeschwerdeverfahren kennt, da gegen die Anordnung der Untersuchungshaft durch die Bezirksanwaltschaft lediglich der Rekurs an die Staatsanwaltschaft zur Verfügung steht ( § 402 Ziff. 1 StPO ). Auch das Institut des Haftrichters ist im Zürcher Strafprozessrecht grundsätzlich nicht verankert: Nach den unbestrittenen Ausführungen des Beschwerdeführers im kantonalen Verfahren sind Haftentlassungsgesuche beim zuständigen Untersuchungsbeamten zu stellen. So ist denn auch im vorliegenden Fall das Haftentlassungsgesuch des Beschwerdeführers vom zuständigen Bezirksanwalt behandelt und abgewiesen worden. Hingegen besteht nach einer Haftdauer von 14 Tagen eine automatische richterliche Haftkontrolle in dem Sinne, dass gemäss § 51 Abs. 1 StPO die Fortdauer der Haft vom Bezirksgerichtspräsidenten bzw. vom Präsidenten der Anklagekammer bewilligt werden muss. Gegen den entsprechenden Entscheid ist nach Abs. 2 dieser Vorschrift, wie bereits erwähnt, der Rekurs an die Anklagekammer des Obergerichts zulässig. Der Beschwerdeführer beanstandet in erster Linie, die Behandlung seines Haftentlassungsgesuchs habe Art. 5 Ziff. 4 EMRK BGE 115 Ia 56 S. 59 verletzt, weil über das Gesuch nie in einem gerichtlichen Verfahren entschieden worden sei. Darüber wird im folgenden zu befinden sein. Ob er darüber hinaus auch geltend machen will, der Bezirksanwalt sei kein im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK zur Anordnung der Untersuchungshaft ermächtigtes Organ, lässt sich der Beschwerdeschrift nicht klar entnehmen. Wie die fraglichen Ausführungen in der Beschwerde zu verstehen sind, kann indessen offenbleiben, da es jedenfalls insoweit an einer rechtsgenügenden Rüge fehlen würde. Der Beschwerdeführer legt nämlich entgegen der Vorschrift von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht im einzelnen dar, inwiefern er Art. 5 Ziff. 3 EMRK als verletzt ansieht (vgl. dazu BGE 110 Ia 3 /4 E. 2a mit Hinweis). Im folgenden wird zuerst zu prüfen sein, ob - wie dies die Bezirksanwaltschaft in ihrer dem Bundesgericht erstatteten Vernehmlassung geltend macht - das mit dem Haftentlassungsgesuch des Beschwerdeführers auf bezirks- und staatsanwaltschaftlicher Ebene veranlasste Haftprüfungsverfahren den Anforderungen von Art. 5 Ziff. 4 EMRK zu genügen vermochte (E. 2b). Hernach wird zu beurteilen sein, ob das Haftfristerstreckungsverfahren vor dem Bezirksgerichtspräsidenten mit anschliessender Rekursmöglichkeit an die Anklagekammer des Obergerichts die von der Konvention gewährleisteten Garantien erfüllte (E. 2c). b) Sowohl das Bundesgericht ( BGE 102 Ia 179 ff.) wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg (Urteil i.S. Schiesser vom 4. Dezember 1979, Publications de la Cour européenne des droits de l'homme, Série A, vol. 34 = EuGRZ 1980 S. 202 ff.) haben erklärt, der zürcherische Bezirksanwalt sei im Verfahrensstadium der Untersuchung ein "gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigter Beamter" im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK . Indessen hat der Gerichtshof im Urteil i.S. de Jong, Baljet und van den Brink vom 22. Mai 1984 (Serie A, Vol. 77, Ziff. 57 = EuGRZ 1985 S. 706/707) unter Hinweis auf frühere Urteile klargestellt, dass die beiden Garantien von Art. 5 Ziff. 3 und Ziff. 4 EMRK nebeneinander Anwendung finden, weil diejenige von Ziff. 4 von anderer Qualität als diejenige von Ziff. 3 ist. Aus dem Umstand allein, dass die Eigenschaft des Bezirksanwalts als "gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigter Beamter" anerkannt ist, lässt sich demnach noch nichts herleiten. In Art. 5 Ziff. 3 EMRK wird der "gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigte Beamte" ausdrücklich als BGE 115 Ia 56 S. 60 Alternative zum Richter genannt. Der Wortlaut bringt zum Ausdruck, dass auch administrative Organe, wie sie nach ihrer organisatorischen Stellung sowohl die Bezirks- wie die Staatsanwaltschaft darstellen (siehe dazu HAUSER/HAUSER, Erläuterungen zum Gerichtsverfassungsgesetz des Kantons Zürich, Zürich 1978, S. 259 ff.) mit der Konvention vereinbar sind, soweit sie richterliche Funktionen ausüben. Demgegenüber umschreibt Art. 5 Ziff. 4 EMRK die zur Haftprüfung zuständige Behörde mit "Gericht". Auch wenn die Konvention für die gerichtliche Prüfung des Freiheitsentzuges nach dieser Vorschrift nicht notwendigerweise ein ordentliches Gericht klassischer Natur verlangt, das in die herkömmliche Justizorganisation integriert ist (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. Weeks vom 2. März 1987, Serie A, Vol. 114, Ziff. 61 = EuGRZ 1988 S. 318/319; BGE 114 Ia 185 ff. E. 3b mit zahlreichen weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung der Strassburger Organe), fallen unter den Begriff "Gericht" lediglich Organe, die die allgemeinen, wesentlichen Eigenschaften besitzen, die ein Gericht auszeichnen, und die ein justizförmiges Verfahren gewährleisten (FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, Kehl/Strassburg/Arlington 1985, N. 120 zu Art. 5 EMRK mit Hinweisen). Zu diesen Eigenschaften gehört nicht nur die funktionelle, sondern darüber hinaus auch die organisatorische und personelle Unabhängigkeit von den andern staatlichen Gewalten. Diese kommt indessen der Bezirks- und der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich nicht zu (vgl. BGE 102 Ia 182 /183 E. 3a mit Hinweisen; Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. Schiesser, a.a.O., Ziff. 29 ff.). Da die Bezirks- und Staatsanwaltschaft nach dem Gesagten die Anforderungen von Art. 5 Ziff. 4 EMRK an das zuständige Organ nicht zu erfüllen vermögen, kann schon deshalb nicht davon ausgegangen werden, im vorliegenden Fall habe die Behandlung des Haftentlassungsgesuchs des Beschwerdeführers durch die Bezirksanwaltschaft und im anschliessenden Rekursverfahren vor der Staatsanwaltschaft ein konventionsmässiges Haftprüfungsverfahren dargestellt. c) Der Beschwerdeführer räumt, wie bereits erwähnt, ein, dass er mittels Einlegen eines Rekurses gegen die Haftverlängerungsverfügung des Bezirksgerichtspräsidenten an die Anklagekammer des Obergerichts ein Haftprüfungsverfahren im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK hätte beantragen können. Er vertritt aber die BGE 115 Ia 56 S. 61 Auffassung, es sei dem in dieser Vorschrift enthaltenen Gebot, "raschmöglichst" über die Rechtmässigkeit der Haft zu entscheiden, nicht Genüge getan worden, weil ihm dieser Rechtsweg erst ab dem 18. Tag der Untersuchungshaft - d.h. nach Zustellung der Haftverlängerungsverfügung - offengestanden sei. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat festgehalten, dass die Frage, innerhalb welcher Frist nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK über ein Haftentlassungsgesuch entschieden werden muss, nicht abstrakt beurteilt werden kann; der Entscheid hängt vielmehr von der Würdigung der konkreten Umstände des einzelnen Falles ab (Urteil i.S. Sanchez-Reisse vom 21. Oktober 1986, Serie A, Vol. 107, Ziff. 55 = EuGRZ 1988 S. 526). In Anbetracht des Umstandes, dass es im dort zu beurteilenden Fall nach Ansicht des Gerichtshofes nicht um komplexe Probleme ging, welche vertiefte Abklärungen und eine eingehende Prüfung erfordert hätten, erachtete er einen Entscheid über ein Haftentlassungsbegehren nach 31 bzw. 46 Tagen als mit dem Anspruch des Inhaftierten auf einen vom Gericht innert kurzer Frist zu treffenden Entscheid unvereinbar (Ziff. 57-61). Gestützt auf diese Rechtsprechung hat in der Folge das Bundesgericht in einem Urteil vom 8. Juni 1988 eine Dauer von 41 Tagen von der Einreichung des Haftentlassungsgesuchs bis zum Entscheid als nicht vertretbar bezeichnet. Auch bei diesem Entscheid war von Bedeutung, dass die Frage der Haftentlassung keine besonderen Probleme aufgeworfen hatte, die ausgedehnte Abklärungen oder ein umfassendes Aktenstudium erfordert hätten ( BGE 114 Ia 92 E. 5c). Der Beschwerdeführer ist der Meinung, der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmässigkeit der Untersuchungshaft wäre in seinem Fall "kaum überbietbare Dringlichkeit" zugekommen, weil nach Art. 6 Ziff. 2 EMRK seine Unschuld zu vermuten sei, er nicht vorbestraft sei und in seinem Umfeld als absolut unbescholtener Bürger gelte. Diesen Argumenten kommt kaum ein erhebliches Gewicht zu. Die Frage, innerhalb welcher Frist eine Entscheidung hinsichtlich der Prüfung der Untersuchungshaft ergehen muss, hängt nach der aufgeführten Rechtsprechung in erster Linie vom objektiven Zeitbedarf für die Beurteilung der jeweiligen Streitpunkte ab. Der dem Verhafteten mit Art. 5 Ziff. 4 EMRK eingeräumte Anspruch auf einen "raschmöglichsten" Entscheid wird - ergeht dieser Entscheid nicht sofort - dann nicht verletzt, wenn der Behörde aufgrund der Umstände des Falles ein früherer Entscheid vernünftigerweise nicht möglich war. BGE 115 Ia 56 S. 62 Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer am 12. April 1988 in Untersuchungshaft versetzt. Am 26. April 1988 ersuchte die Bezirksanwaltschaft den Präsidenten des Bezirksgerichts Zürich um Verlängerung der Haft. Der Bezirksgerichtspräsident entsprach diesem Gesuch mit Verfügung vom gleichen Tag. Dieser Entscheid wurde dem Beschwerdeführer persönlich am 27. April 1988 eröffnet und ging beim Verteidiger am 28. April 1988 ein. Ein Rekurs an die Anklagekammer des Obergerichts war demnach frühestens nach 15 Tagen Haft bzw. 8 Tage nach Einreichung des Haftentlassungsgesuchs möglich. Will man mit dem Beschwerdeführer dieses Rekurs- als Haftprüfungsverfahren im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK betrachten, lässt sich unter dem Gesichtswinkel der oben dargestellten Grundsätze dieser Zeitraum, in dem - ohne dass sich hiefür in irgendeiner Weise ein objektiver Zeitbedarf namhaft machen liesse - kein Zugang zu einem Gericht möglich war, nicht rechtfertigen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat denn auch im bereits erwähnten und ähnlich gelagerten Urteil i.S. de Jong, Baljet und van den Brink entschieden, selbst bei Berücksichtigung der Besonderheiten des militärischen Lebens und der Militärgerichtsbarkeit werde Art. 5 Ziff. 4 EMRK verletzt, wenn einer verhafteten Person während sieben bzw. elf bzw. sechs Tagen kein Rechtsbehelf und damit kein Zugang zu einem Gericht offenstehe (a.a.O., Ziff. 58). Die vorstehenden Erwägungen zeigen, dass im vorliegenden Fall das Haftfristerstreckungsverfahren mit anschliessender Rekursmöglichkeit dem Beschwerdeführer schon aus zeitlichen Gründen kein Art. 5 Ziff. 4 EMRK genügendes Haftprüfungsverfahren zu gewährleisten vermochte. Die in der Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft an das Bundesgericht vertretene Auffassung, die Haftfristerstreckung durch den Bezirksgerichtspräsidenten habe für sich allein ein Art. 5 Ziff. 4 EMRK genügendes Haftprüfungsverfahren dargestellt, kann aber auch deshalb nicht geteilt werden, weil die Haftverlängerungsverfügung vom 26. April 1988 - entsprechend den Bestimmungen von § 51 Abs. 1 StPO - lediglich aufgrund eines Antrags des Untersuchungsbeamten und der Akten und insbesondere nicht direkt auf das Haftentlassungsgesuch des Beschwerdeführers vom 19. April 1988 hin erging. Auch wenn der Bezirksgerichtspräsident bei der Prüfung der Aktenlage vom Entlassungsgesuch Kenntnis erlangen konnte und es bei seinem Entscheid mitzuberücksichtigen hatte, wurde damit dem von der EMRK geforderten Mass an kontradiktorischer Ausgestaltung BGE 115 Ia 56 S. 63 des Haftprüfungsverfahrens nicht Genüge getan. Die EMRK räumt dem Angeschuldigten bei Verfahren im Zusammenhang mit Haftentlassungsgesuchen namentlich ein weitergehendes Replikrecht ein, als ihm aufgrund von Art. 4 BV gewährt wird ( BGE 114 Ia 86 ff. E. 3 mit Hinweisen). Demgegenüber behaupten weder die kantonalen Behörden noch lässt sich den Akten entnehmen, dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall überhaupt Gelegenheit gehabt hätte, im Haftverlängerungsverfahren in geeigneter Weise seine Argumente gegen die Fortdauer der Haft vorzubringen, d. h. zum Verlängerungsgesuch des Untersuchungsbeamten Stellung zu nehmen. Nicht ersichtlich ist schliesslich auch, weshalb der jeweilige Untersuchungsstand einem Haftprüfungsverfahren entgegenstehen soll, wie dies die Staatsanwaltschaft im angefochtenen Entscheid - allerdings eher nebenbei und ohne weitere Begründung - geltend macht. 3. Zusammenfassend ergibt sich, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf ein gerichtliches Haftprüfungsverfahren gemäss Art. 5 Ziff. 4 EMRK im kantonalen Verfahren nicht gewährleistet worden ist. Fragen liesse sich unter diesen Umständen allenfalls noch, ob die gegen den Rekursentscheid der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stehende staatsrechtliche Beschwerde als Mittel der gerichtlichen Haftprüfung betrachtet werden könnte. Dies fällt jedoch im vorliegenden Fall schon deshalb ausser Betracht, weil im angefochtenen Entscheid zur Frage der Rechtmässigkeit der Untersuchungshaft nicht Stellung genommen wurde und diese Frage daher auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zu beantworten war und denn auch vom Beschwerdeführer zu Recht nicht aufgeworfen wurde. Im übrigen dürfte es mit dem Anspruch der EMRK auf einen "raschmöglichsten" Entscheid kaum vereinbar sein, dass ein Beschwerdeführer zuerst das kantonale Rekursverfahren durchlaufen muss und erst dann - gegen den letztinstanzlichen Entscheid - eine gerichtliche Haftprüfung erwirken kann; jedenfalls dürfte diesfalls ein bundesgerichtlicher Entscheid in den meisten Fällen nicht binnen angemessener Frist ausgefällt werden können. Auch erscheint es - dies mag noch beigefügt werden - als fraglich, ob es mit dem Wesen eines Haftprüfungsverfahrens vereinbar sei, dass das Bundesgericht Sachverhaltsfragen stets nur auf Willkür hin prüft ( BGE 98 Ia 308 ). BGE 115 Ia 56 S. 64 Die vorstehenden Erwägungen führen zur Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde. Dass die zürcherische Strafprozessordnung ein gerichtliches Haftprüfungsverfahren im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK grundsätzlich nicht vorsieht, ist ohne Belang. Es ist Sache der Zürcher Behörden, den Anforderungen der EMRK Nachachtung zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass es nicht zum vornherein ausgeschlossen erscheint, in gewissen Fällen durch entsprechende Handhabung der Haftprüfung gemäss § 51 StPO den Anforderungen der EMRK zu entsprechen. Darüber hinaus hat der Regierungsrat bereits seinen Willen bekundet, die Zürcher Strafprozessordnung den Anforderungen der EMRK anzupassen. Er hat dem Kantonsrat mit Antrag vom 7. Dezember 1988 eine Teilrevision der Strafprozessordnung unterbreitet, die in den §§ 63 ff. einen selbständigen Haftrichter vorsieht. Nach den vorgeschlagenen Bestimmungen wird der Angeschuldigte jederzeit ein Gesuch um Aufhebung der Untersuchungshaft stellen können, das, sofern der Untersuchungsbeamte dem Gesuch keine Folge geben will, unverzüglich dem Haftrichter zu unterbreiten ist. Beim gegebenen Verfahrensausgang braucht die weitere Rüge des Beschwerdeführers, die Verletzung von Art. 5 Ziff. 4 EMRK habe zugleich eine solche der persönlichen Freiheit zur Folge gehabt, nicht geprüft zu werden. Da sich der Beschwerdeführer nicht mehr in Haft befindet, ist von einer Aufhebung des angefochtenen Entscheids abzusehen.
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Sachverhalt ab Seite 53 BGE 121 II 53 S. 53 Badara Diallo, wie er sich gegenüber der Untersuchungsrichterin 7 von Bern nannte, ist zuvor gegenüber den Behörden unter verschiedenen anderen Namen aufgetreten. Vorerst stellte er am 28. November 1991 unter dem Namen Papa Amadou Diallo, senegalesischer Staatsangehöriger, ein Asylgesuch, auf welches mit Entscheid des Bundesamtes für Flüchtlinge vom 3. Juni 1992 nicht eingetreten wurde, da der Gesuchsteller in der Zwischenzeit ohne Angabe einer Adresse verschwunden war. Ein zweites Asylgesuch reichte er am 16. Dezember 1993 ein, nunmehr unter dem Namen Dieudonné Occansey, Staatsangehöriger von Togo. Auf dieses Gesuch trat das Bundesamt für Flüchtlinge am 28. Februar 1994 wegen Verheimlichung der Identität nicht ein; es ordnete ferner die Wegweisung an und beauftragte den Kanton Bern mit dem Vollzug. Als Badara Diallo sodann am 8. Februar 1995 angehalten BGE 121 II 53 S. 54 werden konnte, wies er sich mit französischen Papieren aus, lautend auf den Namen Mamoudou Kaba, aufgrund derer er nach Frankreich ausgeschafft wurde. Die französischen Behörden stellten in der Folge die Fälschung fest und übergaben ihn wieder den schweizerischen Behörden. Am 10. Februar 1995 ordnete die Fremdenpolizei des Kantons Bern die Ausschaffungshaft an, welche von der Untersuchungsrichterin 7 von Bern am 14. Februar 1995 nach Durchführung einer Verhandlung bestätigt wurde. Gegen den Entscheid der Untersuchungsrichterin hat Badara Diallo am 27. Februar 1995 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Die Untersuchungsrichterin stellt in ihrer Vernehmlassung vom 2. März 1995 Antrag auf Abweisung der Beschwerde, während die Fremdenpolizei des Kantons Bern auf Stellungnahme verzichtet hat. Badara Diallo machte am 14. März 1995 von der Möglichkeit Gebrauch, sich nochmals zu äussern. Der Instruktionsrichter des Bundesgerichts unterbreitete am 7. März 1995 dem Regierungsrat des Kantons Bern die Frage, ob es sich beim Untersuchungsrichter nach Art. 18b der bernischen Verordnung über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer um eine "richterliche Behörde" im Sinne von Art. 13c Abs. 2 ANAG und um ein "Gericht" im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK handelt. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement wurde ersucht, in seiner Vernehmlassung ebenfalls zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Regierungsrat und Departement erstatteten ihre Antworten am 17. März 1995. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Am 1. Februar 1995 trat das Bundesgesetz vom 18. März 1994 über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht in Kraft (AS 1995 151), mit welchem u.a. die im Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, SR 142.20) vorgesehenen Bestimmungen über den Vollzug ausländerrechtlicher Massnahmen grundlegend geändert wurden. In Art. 13a ANAG (neue Fassung) sind die Voraussetzungen der Vorbereitungshaft, in Art. 13b ANAG jene für die Ausschaffungshaft geregelt. Gemäss Art. 13c Abs. 2 ANAG sind die Rechtmässigkeit und die Angemessenheit der Haft spätestens nach 96 Stunden durch eine richterliche Behörde aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu prüfen. Art. 5 Ziff. 4 EMRK BGE 121 II 53 S. 55 bestimmt, dass jedermann, dem seine Freiheit durch Festnahme oder Haft entzogen wird, das Recht hat, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht raschmöglichst über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet wird. Art. 18b der vom Regierungsrat des Kantons Bern am 21. Dezember 1994 geänderten Verordnung über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer setzt als richterliche Behörde, welche Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft überprüft, den Untersuchungsrichter ein. Es stellt sich vorliegend die Frage, ob der Untersuchungsrichter den Anforderungen von Gesetz und Konvention genügt. 2. a) Bezüglich des Begriffs der richterlichen Behörde im Sinne von Art. 13c Abs. 2 ANAG verweist die Botschaft des Bundesrates auf Art. 5 Ziff. 4 EMRK (BBl 1994 I 325). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verlangt diese Konventionsbestimmung nicht notwendigerweise ein ordentliches Gericht klassischer Natur, das in die herkömmliche Justizorganisation integriert ist. Es muss aber von der Verwaltung und den Parteien unabhängig sein und ein justizförmiges Verfahren garantieren, das der konkreten Art des Freiheitsentzugs, der in Frage steht, angemessen ist (Urteil i.S. De Wilde, Ooms und Versyp, Série A vol. 12, Ziff. 78; Urteil i.S. Weeks, Série A, vol. 114, Ziff. 61). Die Anforderungen an ein Gericht im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK sind strenger als jene, welche im Rahmen von Art. 5 Ziff. 3 EMRK gelten. Die letztgenannte Bestimmung verlangt, dass derjenige, der wegen des Verdachts auf eine strafbare Handlung festgenommen wird, unverzüglich einem Richter oder einem andern, gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Beamten vorgeführt wird. In der bundesgerichtlichen Rechtsprechung wurde angenommen, beim Bezirksanwalt des Kantons Zürich und dem Verhörrichter des Kantons Thurgau handle es sich um gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigte Beamte, die den Anforderungen von Art. 5 Ziff. 3 EMRK genügen würden, nicht aber jenen von Art. 5 Ziff. 4 EMRK für das Verfahren der gerichtlichen Haftprüfung ( BGE 115 Ia 56 E. 2b S. 59/60; Urteil vom 28. September 1989, E. 4a, in EuGRZ 1989 S. 441). Im Fall Jutta Huber hielt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass der richterliche Beamte im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK , der über die Haft entscheide, zwar auch andere Funktionen ausüben dürfe, dass aber seine Unparteilichkeit Anlass zu Zweifel geben könne, wenn er befugt sei, später als Vertreter der Anklage aufzutreten (Série A, vol. 188, Ziff. 43). Die BGE 121 II 53 S. 56 Vermischung mit der Anklagefunktion führte damit dazu, dass der Zürcher Bezirksanwalt auch den Anforderungen von Art. 5 Ziff. 3 EMRK nicht mehr zu genügen vermochte. b) Im Unterschied zur Festnahme wegen des Verdachts auf eine strafbare Handlung ( Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK ) verlangt die Konvention bei der Haft im Rahmen eines "schwebenden Ausweisungsverfahrens" ( Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK ) nicht, dass die festgenommene Person unverzüglich einem Richter oder einem richterlichen Beamten im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK vorgeführt wird. Gleich wie bei der Festnahme wegen des Verdachts auf eine strafbare Handlung hat der Betroffene aber gestützt auf Art. 5 Ziff. 4 EMRK das Recht zu verlangen, dass von einem Gericht raschmöglichst über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden wird. Im Strafverfahren werden die beiden Konventionsgarantien von Art. 5 Ziff. 3 und 4 EMRK in den Kantonen regelmässig dadurch gewahrt, dass der Betroffene vorerst dem Untersuchungsrichter vorgeführt wird und er sich anschliessend mit einem Haftentlassungsgesuch an ein Gericht, im Kanton Bern an die Anklagekammer (vgl. Art. 128 Abs. 2 des Gesetzes vom 20. Mai 1928 über das Strafverfahren des Kantons Bern, StrV), wenden kann. Zulässig ist aber auch, wie dies neuerdings für den Kanton Zürich zutrifft, dass ein von den Untersuchungs- und Anklagebehörden unabhängiger Haftrichter eingesetzt wird, der die Anforderungen von Art. 5 Ziff. 3 und 4 EMRK gleichzeitig erfüllt (vgl. dazu Urteil i.S. Blumer vom 7. Oktober 1992, in EuGRZ 1992 S. 553 ff.). c) Ob der bernische Untersuchungsrichter im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK als Richter oder aber als richterlicher Beamter zu bezeichnen ist, braucht vorliegend nicht näher untersucht zu werden. Es kommt darauf an, ob er Gericht im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK ist. Im Falle Schiesser (Urteil vom 4. Dezember 1979, Série A, vol. 34) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Terminologie der Konvention in diesem Zusammenhang Stellung genommen. Er hat dabei u.a. ausgeführt, dass sich die Kategorien des Richters und des Beamten ( Art. 5 Ziff. 3 EMRK ) voneinander unterscheiden würden, dass aber beide Behörden ähnliche Aufgaben wahrzunehmen hätten. Die Ausübung richterlicher Funktionen erschöpfe sich nicht notwendigerweise in urteilender Tätigkeit. In vielen Vertragsstaaten würden Beamte und sogar Richter solche Funktionen ausüben, ohne Recht zu sprechen, beispielsweise Mitglieder von Staatsanwaltschaften und Untersuchungsrichter BGE 121 II 53 S. 57 (zitiertes Urteil, Ziff. 27 f.). Den Unterschied zu einem Gericht ( Art. 5 Ziff. 4 EMRK ) sah der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vorab darin, dass dessen Aufgaben Urteilscharakter (caractère juridictionnel) hätten (zitiertes Urteil, Ziff. 29 in fine). In Strafsachen ist es die Aufgabe des bernischen Untersuchungsrichters, die Voruntersuchung zu führen (Art. 91 Abs. 1 StrV) und dabei sowohl den belastenden als auch den entlastenden Tatsachen nachzugehen (Art. 89 Abs. 2 StrV). Der Untersuchungsrichter hat damit wohl richterliche, nicht aber rechtsprechende und urteilende Funktion; insoweit erscheint er nicht als Gericht im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK . 3. a) Nun lässt sich freilich die Auffassung vertreten, in ausländerrechtlichen Fragen übe der Untersuchungsrichter ausschliesslich die Funktion des Richters aus, der die Haft überprüfe, er sei insoweit urteilender Richter, sei von der Verwaltung, insbesondere auch von der Fremdenpolizei unabhängig und entspreche daher den Anforderungen, welche Art. 5 Ziff. 4 EMRK an ein Gericht stelle. In diesem Sinne äussern sich sowohl der Regierungsrat des Kantons Bern wie auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement. Immerhin weist das Departement darauf hin, dass beim Haftgrund von Art. 13a lit. e ANAG Überschneidungen denkbar sind. Es führt überdies an, dass es weitgehend vom persönlichen Selbstverständnis des Untersuchungsrichters abhängen dürfte, ob er sich im Einzelfall von seinen untersuchungsrichterlichen Funktionen zu lösen vermöge und die beiden Aufgaben sorgsam zu trennen wisse. b) Nach dem vom Departement angeführten Haftgrund von Art. 13a lit. e ANAG kann Haft während der Vorbereitung des Entscheides über die Aufenthaltsberechtigung und auch nach Eröffnung eines erstinstanzlichen Weg- oder Ausweisungsentscheids ( Art. 13b lit. b ANAG ) dann angeordnet werden, wenn der Ausländer Personen ernsthaft bedroht oder an Leib und Leben erheblich gefährdet und deshalb strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt worden ist. Bei diesem Haftgrund liegt auf der Hand, dass es zu einer Verflechtung mit der Strafverfolgungsfunktion des Untersuchungsrichters kommen kann. Aber auch bei anderen Haftgründen ist dies sehr wohl möglich. In seiner Botschaft zu den Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht wies der Bundesrat mit Nachdruck auf die Problematik kriminellen und dissozialen Verhaltens von Asylbewerbern und anderen Ausländern und deren renitentes Verhalten im Asyl- und Wegweisungsverfahren hin (BBl 1994 I 306, 308, 315). Es ist darum naheliegend, dass auch bei den Haftgründen, die nicht auf strafbarem Verhalten beruhen, die Gefahr einer BGE 121 II 53 S. 58 Vermischung von Funktion und Aufgabe als Haftrichter für die ausländerrechtliche Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft droht, beispielsweise bei einem illegal anwesenden Ausländer, der in der Drogenszene aufgegriffen wird. c) Es ist zwar anzunehmen, dass es jeweils nicht derselbe Untersuchungsrichter sein wird, dem im Einzelfall die Verantwortung für die strafrechtliche Voruntersuchung und zugleich für die Haftprüfung obliegt. Entscheidend ist aber nicht dies. Wie schon dargelegt, muss ein Gericht, das den Anforderungen von Art. 5 Ziff. 4 EMRK genügen soll, ein Verfahren garantieren, das der konkreten Art des Freiheitsentzugs, der in Frage steht, angemessen ist. Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft haben zum Zweck, die Durchführung des Wegweisungsverfahrens und den Vollzug des Weg- oder Ausweisungsentscheids sicherzustellen. Sie dürfen nicht an die Stelle einer Untersuchungshaft treten, für welche die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Sie dürfen aber auch nicht davon entbinden, eine Voruntersuchung einzuleiten, wo eine solche angezeigt wäre. Ein Haftrichter, dessen vorrangige Aufgabe es ist, die Voruntersuchung in Strafsachen zu führen, läuft Gefahr, sich von dieser Funktion nicht vollständig zu lösen, und er bietet insoweit nicht die Garantien, welche für einen mit einem schwebenden Ausweisungsverfahren legitimierten Freiheitsentzug erforderlich sind. Ein Gericht, das über die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft befindet, muss überdies nicht nur tatsächlich unabhängig und unparteilich sein, es muss nach aussen hin seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit auch glaubwürdig vermitteln (MARK E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, Zürich 1993, N. 366, S. 217 f.; vgl. ferner das zitierte Urteil Jutta Huber, Série A vol. 188, Ziff. 43, sowie Urteil vom 26. November 1992 i.S. Brincat, Série A, vol. 249-A, Ziff. 20). Mit dem Begriff des Untersuchungsrichters wird aber zu Recht die Vorstellung verbunden, dass er die Strafuntersuchung führt und dass er im Strafverfahren Untersuchungshaft anordnet. Eine Person, welche verhaftet wird, dürfte regelmässig annehmen, sie werde einer Straftat beschuldigt. Ein Ausländer, dem tatsächlich Straftaten zur Last gelegt werden, und der anderseits in Vorbereitungs- oder Ausschaffungshaft genommen werden soll, kann nicht Vertrauen in die Unparteilichkeit des Untersuchungsrichters als Haftrichter haben, wenn er zur gleichen Zeit durch einen anderen Untersuchungsrichter in der Strafsache vernommen wird. Das Protokoll, das BGE 121 II 53 S. 59 im vorliegenden Fall über die Verhandlung vor der Untersuchungsrichterin aufgenommen wurde, ist wie folgt eingeleitet: "Aus der Ausschaffungshaft wird vorgeführt: ... Dieser deponiert als Angeschuldigter: ..." Auch wenn das ein Versehen sein dürfte, illustriert es doch, dass ein Untersuchungsrichter für die ausländerrechtliche Haftprüfung jedenfalls nach aussen nicht glaubwürdig seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zu vermitteln vermag. 4. Aus diesen Gründen bietet der in Art. 18b der bernischen Verordnung über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer als Haftrichter eingesetzte Untersuchungsrichter nicht die Garantien, welche für die Überprüfung von Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft erforderlich sind. Die von der Fremdenpolizei gegen den Beschwerdeführer angeordnete Ausschaffungshaft entbehrt der Grundlage, weil sie nicht durch eine Behörde bestätigt wurde, welche den Anforderungen von Art. 13c Abs. 2 ANAG und von Art. 5 Ziff. 4 EMRK entspricht. Ob materiell die Haft begründet wäre, braucht nicht geprüft zu werden. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und der Beschwerdeführer, der nach den Akten auch nicht etwa die öffentliche Sicherheit gefährdet, aus der Ausschaffungshaft zu entlassen.
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Sachverhalt ab Seite 73 BGE 116 V 72 S. 73 A.- Walter L. war Verwaltungsratspräsident der Firma Walter L. AG. Am 9. Dezember 1982 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Anlässlich der ersten Gläubigerversammlung vom 2. Februar 1983, bei der u.a. die Firma R. Treuhand AG als ausseramtliche Konkursverwaltung bestellt und ein dreiköpfiger Gläubigerausschuss gewählt wurden, bezeichnete das Konkursamt die Dividendenaussichten für Gläubiger der 2. Klasse anhand "provisorischer Schatzungswerte" als "stark gefährdet" (Zirkular Nr. 1 vom 8. Februar 1983). In der Folge meldete die Ausgleichskasse der Aargauischen Industrie- und Handelskammer mit Eingaben vom 18. Februar 1983 und 29. Mai 1985 der Konkursverwaltung ihre Forderungen an, die aus unbezahlt gebliebenen paritätischen Sozialversicherungsbeiträgen sowie Verwaltungskosten, Verzugszinsen, Betreibungs- und Mahngebühren bestanden. Nachdem bei der 10. Sitzung des Gläubigerausschusses vom 8. April 1987 den Mitgliedern ein "provisorischer Kollokationsplan" vorgelegt worden war, wonach für die Zweitklassgläubiger eine "Konkursdividende von ca. 60%" resultiere, forderte BGE 116 V 72 S. 74 die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 13. Januar 1988 von Walter L. die Bezahlung von Schadenersatz in der Höhe des gesamten Verlustes von Fr. 251'879.65, wobei sie auf die Reduktion der Forderung im Betrage einer allfälligen Konkursdividende hinwies (Abtretung). Der Betroffene erhob gegen diese Verfügung Einspruch. B.- Am 11. März 1988 reichte die Ausgleichskasse beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau gegen Walter L. Schadenersatzklage ein. Im Verlaufe des Prozesses wurden der Kollokationsplan und das Inventar (vom 29. Oktober bis 10. November 1988) sowie Verteilungsliste und Schlussrechnung (vom 17. bis 26. April 1989) aufgelegt. Die Kasse reduzierte darauf ihre Forderung auf Fr. 74'732.70. - Mit Entscheid vom 19. September 1989 hiess das Versicherungsgericht die Klage gut und verpflichtete Walter L. zur Bezahlung des Schadenersatzes im genannten Betrag. C.- Diesen Entscheid lässt Walter L. mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht weiterziehen u.a. mit den Anträgen, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben und es "sei festzustellen, dass die Schadenersatzforderung der Ausgleichskasse verjährt ... ist". Auf die Begründung wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen. Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. ... Streitig und zu prüfen ist vorliegend namentlich, ob die Schadenersatzforderung der Ausgleichskasse "verjährt", d.h. nicht innerhalb der in Art. 82 Abs. 1 AHVV statuierten einjährigen Verwirkungsfrist seit Kenntnis des Schadens durch den Erlass einer Verfügung geltend gemacht worden ist. 3. a) Der Beschwerdeführer bringt in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Hauptsache vor, die Kasse hätte schon anlässlich der ersten Gläubigerversammlung vom 2. Februar 1983, spätestens aber mit der Zustellung des Zirkulars Nr. 1 am 8. Februar 1983 Kenntnis vom Schaden nehmen müssen, als das Konkursamt die Dividendenaussichten für die Gläubiger der 2. Klasse als "stark gefährdet" bezeichnet habe. Bereits in dem von der Konkursverwaltung zuhanden dieser ersten Gläubigerversammlung erstellten Status seien nämlich die freien Aktiven auf nur ca. 2 Mio. Franken, dagegen die Forderungen der BGE 116 V 72 S. 75 Erstklassgläubiger auf rund 1,6 Mio. Franken sowie jene der Zweitklassgläubiger auf rund 600'000 Franken beziffert worden. Da keinerlei Masseverbindlichkeiten wie z.B. die erheblichen Honorare der ausseramtlichen Konkursverwaltung passiviert gewesen seien, hätte die Ausgleichskasse bei Analyse des erwähnten Status ihren Verlust unschwer errechnen können. Die Kasse habe indessen nicht "aktiv" gehandelt und sich auch sonst nicht um ihre Rechte gekümmert, weshalb nicht mit der Vorinstanz eine Kenntnis des Schadens erst anlässlich der 10. Sitzung des Gläubigerausschusses vom 8. April 1987 (mit der Auflage eines provisorischen Kollokationsplanes) angenommen werden könne. Die Kasse hält diesen Ausführungen in der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde - wie u.a. bereits im erstinstanzlichen Verfahren - entgegen, dass sie sich mehrfach bei der Konkursverwaltung über die Bearbeitung des Falles erkundigt habe, welche sich indes stark in die Länge gezogen habe. Die Schadenersatzverfügung sei dann vor allem im Hinblick auf den Bundesgerichtsentscheid in ZAK 1987 S. 568 "vorsorglich" erlassen worden, um einer allfälligen Verwirkungsgefahr zu entgehen. Sie habe frühestens im April 1987 nach der 10. Sitzung des Gläubigerausschusses Kenntnis vom Schaden nehmen können, während die - laut vorinstanzlichem Entscheid für den Beginn des Fristenlaufs massgebende - Kollokationsplanauflage erst am 29. Oktober 1988 erfolgt sei. b) Kenntnis des Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 AHVV ist nach der Rechtsprechung von dem Zeitpunkt an gegeben, in welchem die Ausgleichskasse unter Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit und unter Berücksichtigung der Praxis erkennen muss, dass die tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr erlauben, die Beiträge einzufordern, wohl aber eine Schadenersatzpflicht begründen können ( BGE 108 V 52 Erw. 5). Dies ist bei Konkursen grundsätzlich im Zeitpunkt der Auflegung des Kollokationsplanes (und des Inventars) der Fall ( BGE 113 V 181 Erw. 2, BGE 112 V 161 ), wie auch die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat. Dazu hat die Rechtsprechung wiederholt erkannt, dass eine Kasse im Falle eines Konkurses oder Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung nicht notwendigerweise erst Kenntnis des Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 AHVV hat, wenn sie in die Verteilungsliste und Schlussrechnung des Konkursamtes oder des Liquidators Einsicht nehmen kann oder einen Verlustschein erhält; wer im Rahmen solcher Verfahren einen Verlust erleidet und auf Ersatz klagen will, hat BGE 116 V 72 S. 76 vielmehr praxisgemäss in der Regel bereits dann ausreichende Kenntnis des Schadens, wenn die Kollokation der Forderungen eröffnet bzw. der Kollokationsplan (und das Inventar) zur Einsicht aufgelegt wird. In diesem Zeitpunkt ist oder wäre der Gläubiger im allgemeinen in der Lage, den Stand der Aktiven, die Kollokation seiner Forderung und die voraussichtliche Dividende zu kennen ( BGE 113 V 182 Erw. 2 mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung ist die Ausgleichskasse nicht befugt, mit der Geltendmachung ihrer Schadenersatzforderung zuzuwarten bis zu jenem Zeitpunkt, in welchem sie das - grundsätzlich erst bei Abschluss des Konkursverfahrens feststehende - absolut genaue Ausmass ihres Verlustes kennt. Vielmehr wird von ihr verlangt, dass sie von dem Zeitpunkt an, in dem sie alle tatsächlichen Umstände über die Existenz, die Beschaffenheit und die wesentlichen Merkmale des Schadens kennt, sich über die Einzelheiten eines allfälligen Schadenersatzanspruches informiert. Kann dabei im Zeitpunkt der Auflegung des Kollokationsplanes und des Inventars die Schadenshöhe infolge ungewisser Konkursdividende nicht bzw. auch nicht annähernd genau ermittelt werden, so ist die Schadenersatzverfügung derart auszugestalten, dass die Belangten zum Ersatz des ganzen der Ausgleichskasse entgangenen Betrages gegen Abtretung einer allfälligen Konkursdividende verpflichtet werden. Dieses auch auf den Gebieten des Zivilrechts und des öffentlichen Rechts ( BGE 111 II 164 ; vgl. auch BGE 108 Ib 97 ) gewählte Vorgehen ist vom Eidg. Versicherungsgericht aus Gründen der Verfahrensökonomie und der Rechtssicherheit sowie unter dem Gesichtspunkt der Zielsetzung des Schadenersatzrechts auf Forderungen gemäss Art. 52 AHVG und Art. 82 Abs. 1 AHVV sowohl bei Konkursen ( BGE 113 V 184 Erw. 3b) als auch in Fällen von Nachlassverträgen mit Vermögensabtretung für anwendbar erklärt worden ( BGE 114 V 82 Erw. 3b mit Hinweisen). c) In dem am 9. Dezember 1982 über die Firma Walter L. AG eröffneten Konkurs lagen Kollokationsplan und Inventar vom 29. Oktober bis 10. November 1988 auf. Damals hatte die Ausgleichskasse ihre Schadenersatzverfügung vom 13. Januar 1988 längst erlassen, worin sie den Beschwerdeführer zur Ersetzung des ganzen ihr entstandenen Schadens gegen Abtretung einer allfälligen Konkursdividende verpflichtete. Mit diesem Vorgehen ist die Kasse den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen betr. Ausgestaltung der Schadenersatzverfügung (vgl. Erw. 3b hievor in fine) vollumfänglich nachgekommen, wobei sie sich - entgegen BGE 116 V 72 S. 77 den Vorbringen des Beschwerdeführers - aktiv um die Schadenskenntnis bemüht (ZAK 1986 S. 524) und damit auch der ihr obliegenden Erkundigungspflicht genügt hat ( BGE 114 V 81 Erw. 3b). Mit dem Erlass der Schadenersatzverfügung am 13. Januar 1988 hat die Ausgleichskasse die einjährige Verwirkungsfrist des Art. 82 Abs. 1 AHVV nach den zutreffenden Feststellungen der Vorinstanz sogar dann gewahrt, wenn für den Beginn des Fristenlaufs der - anlässlich der 10. Sitzung des Gläubigerausschusses - am 8. April 1987 vorgelegte "provisorische Kollokationsplan" als massgebend erachtet würde, auf welchen Zeitpunkt es praxisgemäss nicht ankommt (Erw. 3b hievor). Der von der Kasse angeführte und mit der Gefahr einer allfälligen Verwirkung ihrer Schadenersatzansprüche begründete frühe Erlass der Verfügung vom 13. Januar 1988 erscheint zwar angesichts der jahrelangen Dauer des Konkursverfahrens nicht unverständlich. Gleichwohl lässt sich rechtlich das "vorsorgliche" Vorgehen der Ausgleichskasse mit dem Verfügungserlass bereits am 13. Januar 1988 und mithin noch vor der am 29. Oktober 1988 erfolgten Auflegung von Kollokationsplan und Inventar nicht begründen. Insbesondere stand die von Kasse und Bundesamt anscheinend befürchtete weitere "Verschärfung" der Praxis gemäss " BGE 113 V 180 = ZAK 1987 S. 568" nie zur Diskussion. Abgesehen davon, dass die in Erw. 3b zitierte Rechtsprechung über die für den Zeitpunkt der Kenntnis des Schadens im Konkursfalle grundsätzlich massgebende Auflegung des Kollokationsplanes mit den erwähnten Entscheiden weder eingeführt noch verschärft wurde (siehe dazu BGE BGE 112 V 9 Erw. 4d, 158 und 161 mit Hinweisen; ZAK 1986 S. 523 Erw. 3a), hat das Eidg. Versicherungsgericht auch eine Vorverlegung des genannten Zeitpunktes in verschiedenen seither ergangenen Urteilen stets abgelehnt. So hat das Gericht beispielsweise die Annahme einer - vorliegend vom Beschwerdeführer geforderten - Schadenskenntnis der Kasse bereits im Zeitpunkt einer ersten Gläubigerversammlung ebenso verneint wie eine solche schon zur Zeit der Ausstellung eines provisorischen Pfändungsverlustscheines oder der Anordnung des summarischen Konkursverfahrens (unveröffentlichte Erw. 2b des in ZAK 1989 S. 104 publizierten Urteils B. vom 29. September 1988; Urteile E. vom 29. Dezember 1987, M. vom 18. Februar 1988 sowie B. und B. vom 17. September 1987). Im nicht veröffentlichten Urteil St. vom 23. Juli 1987 hat das Gericht auch noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für einen Erlass der BGE 116 V 72 S. 78 Schadenersatzverfügung (und eine hernach erfolgte Klageeinreichung) noch vor der Auflegung des Kollokationsplanes und des Inventars kein Anlass besteht. Erst bei einem solchen verfrühten Vorgehen könnten nämlich die z. T. in der Literatur befürchteten "Schattenprozesse" erforderlich sein (CADOTSCH, Wann hat die AHV-Ausgleichskasse Kenntnis des im Konkurs eines Arbeitgebers erlittenen Schadens? - Kritische Bemerkungen zur neuesten Rechtsprechung des EVG über die Verjährung des Schadenersatzanspruches gemäss Art. 52 AHVG , in: SZS 1988 S. 243 ff., insbesondere S. 255; KNUS, Die Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers in der AHV, Diss. Zürich 1989, S. 70), die sich dann im nachhinein - wegen veränderter und eben grundsätzlich erst bei der Kollokationsplanauflage feststehender Schadenshöhe - effektiv als unnötig erweisen. Werden demgegenüber solche Schadenersatzverfügungen innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nach Auflegung des Kollokationsplanes und des Inventars erlassen und hernach klageweise weiter verfolgt, was nach dem Gesagten notwendig, aber auch durchaus genügend ist, so besteht die Gefahr unnötiger Verfahren kaum. Bis heute ist denn auch dem Gericht kein einziger Fall vorgelegen, in dem bei Beachtung der von der neueren Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze sich ein Schadenersatzverfahren als "überflüssig" erwiesen hätte (CADOTSCH, a.a.O., S. 255). Zuhanden des Bundesamtes kann bezüglich der weiteren von ihm unter Hinweis auf CADOTSCH, a.a.O., angedeuteten Einwendungen - weil vorliegend nicht von unmittelbarer Relevanz - auf BGE 114 V 81 f. und BGE 113 V 180 sowie auf die besonders einlässlich begründeten Entscheide i.S. D. und Kons. vom 12. November 1987 (nicht veröffentlichte Erw. 3a und b des in BGE 113 V 256 publizierten Urteils) sowie R. vom 19. Februar 1988 verwiesen werden, denen im heute zu beurteilenden Zusammenhang nichts beizufügen ist. Besteht aufgrund der vorstehenden Ausführungen keine Veranlassung, von der in Erw. 3b hievor dargelegten Rechtsprechung abzugehen, so kann es für die Kenntnis des Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 AHVV auch vorliegend nicht auf die provisorische Kollokationsplanauflage anlässlich der 10. Sitzung des Gläubigerausschusses vom 8. April 1987 und schon gar nicht auf die bei der ersten Gläubigerversammlung anhand "provisorischer Schatzungswerte" erwähnten "stark gefährdeten" Dividendenaussichten ankommen. Die Kasse hat jedoch mit der bereits am 13. Januar 1988 und mithin noch vor der massgeblichen Auflage von Kollokationsplan BGE 116 V 72 S. 79 und Inventar erlassenen Schadenersatzverfügung jedenfalls die fragliche Einjahresfrist gewahrt. Von einer Verwirkung des Schadenersatzanspruchs der Ausgleichskasse gegenüber dem Beschwerdeführer kann deshalb keine Rede sein.
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19f61b3a-e235-4358-81af-eeef9c14fdc7
Sachverhalt ab Seite 69 BGE 88 III 68 S. 69 BGE 88 III 68 S. 70 A.- Mit Vertrag vom 20./21. Juni 1962 erwarb die Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft (Basler-Leben) von der Schenker AG eine rechtskräftig kollozierte, grundpfandgesicherte Forderung gegen die im Konkurs befindliche Parkhof AG Am 21. Juni 1962 teilte die Basler Unfall-Versicherungsgesellschaft (Basler-Unfall) dem ausseramtlichen Konkursverwalter mit, sie sei bereit, die Liegenschaft der Gemeinschuldnerin, Aeschengraben 21 in Basel, zu Fr. 11'254,918.13 zuzüglich Kosten und Grundpfandzinsen seit 1. April 1962 zu erwerben und eine Steuerforderung gegen die Gemeinschuldnerin BGE 88 III 68 S. 71 im Betrage von Fr. 988'956.90 sicherzustellen. Diesem Angebot lag eine Garantie des Schweiz. Bankvereins für den Kaufpreis bei. Mit Zirkular vom 22. Juni 1962 brachte der Konkursverwalter dieses Angebot den Gläubigern zur Kenntnis mit dem Bemerken, es decke sämtliche Passiven der Masse einschliesslich derjenigen, die Gegenstand von Kollokationsprozessen seien, sowie alle Konkurskosten; er werde es "grundsätzlich annehmen", gebe aber sämtlichen Gläubigern die Möglichkeit, es bis spätestens Freitag, 6. Juli 1962, 18 Uhr, zu überbieten; die Angebote müssten von einem Finanzausweis einer schweizerischen Grossbank begleitet sein. In einem weitern Zirkular an die Gläubiger vom 27. Juni 1962 fügte er bei, allfällige höhere Angebote müssten bis zum genannten Zeitpunkt in seinem Besitze sein. Am 5. Juli 1962 schrieb der Gläubiger Dr. G. Bollag dem Konkursverwalter, er sei bereit, die Liegenschaft der Gemeinschuldnerin zu Fr. 11'804,918.13 nebst Kosten, Zinsen und Steuern zu kaufen. Er legte Garantieerklärungen der Schweiz. Bankgesellschaft und der Banque de crédit international in Genf vor. Am 6. Juli 1962 um 10 Uhr 30 suchte Franz Klarer, der einzige Verwaltungsrat der Parkhof AG, bei einer Unterredung mit dem Substituten des Konkursverwalters vergeblich eine Bestätigung darüber zu erhalten, dass die Verkaufsverhandlungen eingestellt würden, wenn er gleichen Tags die Erklärung einer Grossbank beibringe, dass 12,2 Millionen Franken für die Finanzierung eines Konkurswiderrufs zur Verfügung stehen. Am 6. Juli um 15 Uhr überbrachte Dr. Bollag der kantonalen Aufsichtsbehörde eine von ihm namens des Franz Klarer und des Bankhauses Hans Seligman-Schürch & Co. (eines Gläubigers) sowie im eigenen Namen erhobene Beschwerde mit den Anträgen: "1. Es sei das Zirkular des ... Konkursverwalters vom 22. Juni 1962 als rechtswidrig ungültig zu erklären. BGE 88 III 68 S. 72 2. Es sei der Konkursverwalter anzuweisen, auf das Angebot Dr. Georges Bollag bzw. Dr. X. einzutreten und den Weisungen der Aufsichtsbehörde bzw. des Bundesgerichtes gemäss den Entscheiden vom 10. Februar 1962 bzw. 28. Februar 1962 ( BGE 88 III 28 ff.) Folge zu leisten. 3. Es sei der Konkursverwalter anzuweisen, im Hinblick auf den von der konkursiten Parkhof AG angestrebten Konkurswiderruf die Verkaufsverhandlungen zu sistieren. 4. Es sei der Konkursverwalter in seinen Funktionen in dem Sinne einzuschränken, dass er über die Liegenschaft Aeschengraben 21 ... Verträge und Verfügungen nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde vornehmen kann. Es sei demgemäss das Grundbuchamt Basel-Stadt anzuweisen, dass Eintragungen irgendwelcher Art ins Grundbuch nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde ... erfolgen können." Am 6. Juli 1962 um 15 Uhr 45 liess Klarer dem Konkursverwalter ein Schreiben überbringen, worin er bestätigte, dass er einen Konkurswiderruf durchzuführen gedenke, dessen Finanzierung gesichert sei, und den Konkursverwalter ersuchte, mit Rücksicht hierauf weitere Verkaufsverhandlungen betreffend die Liegenschaft Aeschengraben 21 zu unterlassen. Am 6. Juli 1962 um 16 Uhr erliess die Aufsichtsbehörde eine "vorvorsorgliche Verfügung" im Sinne von Rechtsbegehren 4 der Beschwerde vom 6. Juli 1962. Am 6. Juli um 17 Uhr 50, also zehn Minuten vor Ablauf der im Zirkular vom 22./27. Juni 1962 festgesetzten Frist, unterbreitete die Basler-Leben dem Konkursverwalter das Angebot, die Liegenschaft für Fr. 12'300,000.-- nebst Kosten, Zinsen und Steuern zu kaufen. Sie legte einen Finanzausweis des Schweiz. Bankvereins bei. Am gleichen Tage um 19 Uhr 45 schloss der Konkursverwalter mit der Basler-Leben einen öffentlich beurkundeten Vertrag, wonach er ihr namens der Konkursmasse die Liegenschaft Aeschengraben 21 zum Preise von Fr. 12'404,449.42 zuzüglich Steuern und Kosten verkaufte. Im Hinblick auf die vorvorsorgliche Verfügung der Aufsichtsbehörde wurde im Vertrag deren Zustimmung vorbehalten. Am 9. Juli 1962 teilte der Vorsitzende der Aufsichtsbehörde den Urhebern der Beschwerde vom 6. Juli 1962 BGE 88 III 68 S. 73 mit, welche Schritte sie zur Erlangung des nach der Beschwerdebegründung von ihnen erstrebten Konkurswiderrufs zu tun hätten. Dem Konkursverwalter stellte er eine Kopie dieses Schreibens zu. Am 10. Juli 1962 lehnte die Aufsichtsbehörde die Genehmigung des Kaufvertrags mit der Basler-Leben ab. Am 11. Juli 1962 erliess sie eine "Sicherstellungsverfügung", womit sie die vorvorsorgliche Verfügung vom 6. Juli 1962 bestätigte und deren Fortbestand bis zur rechtskräftigen Erledigung der Beschwerde vom 6. Juli 1962 u.a. davon abhängig machte, dass die Beschwerdeführer bis zum 13. Juli zur Deckung allfälliger Schadenersatzansprüche aus der Verfügung vom 6. Juli 1962 Fr. 500'000.-- und bis zum 17. Juli für einen Widerruf des Konkurses und eventuell für einen Kauf der Liegenschaft Aeschengraben 21 sowie zur Deckung von allfälligen Schadenersatzforderungen einen weiteren Betrag von Fr. 13'500,000. - hinterlegen. Am 13. Juli 1962 leisteten die Beschwerdeführer die verlangten Hinterlagen in Form zweier Checks auf die Schweiz. Bankgesellschaft über zusammen Fr. 14'000,000. -. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts erledigte am 13. Juli 1962 vier Rekurse gegen die Verfügungen vom 6. und 11. Juli 1962 durch Nichteintreten. Am 16. Juli 1962 erlitten drei weitere Rekurse dasselbe Schicksal. Am 16. Juli 1962 reichten Klarer, das Bankhaus Seligman und Dr. Bollag bei der kantonalen Aufsichtsbehörde eine neue Beschwerde ein, mit der sie in der Hauptsache verlangten, dass der Kaufvertrag mit der Basler-Leben vom 6. Juli 1962 für ungültig zu erklären und das Angebot der Basler-Leben den Beschwerdeführern Klarer und Dr. Bollag zur Überbietung zu unterbreiten sei. Dieses Beschwerdeverfahren (Nr. 12/62) ist noch hängig. B.- Am 27. Juli 1962 hat die kantonale Aufsichtsbehörde über die von Franz Klarer (Beschwerdeführer 1), vom Bankhaus Seligman (Beschwerdeführer 2) und von BGE 88 III 68 S. 74 Dr. Bollag (Beschwerdeführer 3) am 6. Juli 1962 erhobene Beschwerde wie folgt entschieden: "Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit sie sich auf das Zirkular vom 22. Juni 1962 selbst bezieht, teils wegen Verspätung (Beschwerdeführer 2 und 3), teils mangels rechtlichem Interesse (Beschwerdeführer 1). Die Beschwerde wird, soweit sie sich auf die Verweigerung des Eintretens auf einen Konkurswiderruf und damit auch auf Unzulässigkeit des vom Konkursverwalter am 6. Juli 1962 mit der Bâloise-Leben über die Liegenschaft Aeschengraben 21 abgeschlossenen Kaufvertrags bezieht, gutgeheissen und damit auch dem Kaufvertrag Konkursmasse Parkhof AG/Bâloise-Leben die Zustimmung der Aufsichtsbehörde für den Fall der Zahlung der Konkurskosten und der vollständigen Bezahlung/Sicherstellung der Gläubiger (samt Zinsen) aus dem gemäss Sicherstellungsverfügung der Aufsichtsbehörde vom 11. Juli 1962 Ziff. 3 bei der Gerichtskasse liegenden Depot der Beschwerdeführer endgültig verweigert. Den Beschwerdeführern wird für die Zahlung der Konkurskosten und Bezahlung/Sicherstellung der Gläubiger aus dem Sicherstellungsdepot (jeweils samt Zins gemäss ihrem Angebot) eine erstreckbare Frist von 15 Tagen ab Rechtskraft des Beschwerdeentscheides gesetzt. Bei unbenütztem Ablauf dieser Frist oder nur teilweiser Ausführung der Auszahlungen innert dieser Frist stimmt die Aufsichtsbehörde ohne weiteres dem Kaufvertrag mit der Bâloise-Leben vom 6. Juli 1962 zu - Aufhebung dieses Vertrags in der Beschwerdesache 12/62 vorbehalten. Der Konkursverwalter ist gehalten, unverzüglich im Einvernehmen mit den Beschwerdeführern die vollständige Bezahlung der Gläubiger und/oder die Deposition für die in Kollokationsprozessen liegenden Forderungen vorzunehmen und die Konkurskosten zu begleichen, alles im Sinne der Motive und BGE 88 III S. 39 Ziff. 5. Auf Grund seiner gutachtlichen Vollzugsmeldung nebst Auszahlungs- und Depositionsbelegen steht es den Beschwerdeführern dann offen, den Konkurswiderruf beim Dreiergericht zu beantragen. Sollte er nicht beantragt werden oder nicht durchgesetzt werden können, so ist nach Art. 268 vorzugehen. Eine Rückzahlung der aus dem Sicherstellungsdepot bei der Gerichtskasse (gemäss Verfügung vom 11. Juli 1962) zur Bezahlung der Konkurskosten und Zahlung/Sicherstellung der Gläubiger vom Konkursverwalter auf Anweisung der Beschwerdeführer hin entnommenen Beträge an die Hinterleger hat in keinem Falle stattzufinden. Dies gilt auch für den Fall nur teilweiser Auszahlungen. Die Sicherstellungsverfügung vom 11. Juli 1962 bleibt bis zur Rechtskraft eines Konkurswiderrufs (eventuell einer Schlusserklärung nach Art. 268 SchKG ), daneben für einen allfälligen Liegenschaftskauf der Beschwerdeführer und für allfälligen Schadenersatz gemäss Sicherstellungsverfügung bestehen, alles im Sinne der Motive." C.- Diesen Entscheid haben der Konkursverwalter, Klarer, das Bankhaus Seligman, Dr. Bollag und die BGE 88 III 68 S. 75 Basler-Leben an das Bundesgericht weitergezogen. Es beantragen: der Konkursverwalter (Rekurs B 58): "1. Es sei in Aufhebung des Entscheides der Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde des Franz Klarer, des Bankhauses Hans Seligman-Schürch & Co. und des Dr. Georges Bollag wegen Verspätung in allen Beschwerdepunkten nicht einzutreten. 2. Eventuell sei die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen. 3. Subeventuell sei der am 6. Juli 1962 zwischen der Konkursmasse Parkhof AG und der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft unter Vorbehalt der Genehmigung der Aufsichtsbehörde abgeschlossene Kaufvertrag über die Liegenschaft Aeschengraben 21, Basel, zu genehmigen"; die Beschwerdeführer Klarer, Bankhaus Seligman und Dr. Bollag (Rekurs B 65): "1. Es sei das Zirkular des ... Konkursverwalters ... vom 22. Juni 1962 als rechtswidrig ungültig zu erklären. 2. Es sei die Bestimmung des angefochtenen Entscheides aufzuheben, wonach die Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt dem Kaufvertrag der Konkursmasse Parkhof AG mit der Bâloise-Leben vom 6. Juli 1962 bei Nichterfüllung der den Beschwerdeführern auferlegten Auflagen ohne weiteres zustimmen wird. 3. Es sei der Konkursverwalter in seinen Funktionen in dem Sinne einzuschränken, dass er über die Liegenschaft Aeschengraben 21 ... Verträge und Verfügungen nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde vornehmen kann. Es sei demgemäss das Grundbuchamt Basel-Stadt anzuweisen, dass Eintragungen irgendwelcher Art ins Grundbuch nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde ... erfolgen können"; die Basler-Leben (Rekurs B 66): "1. Der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft sei die Aktivlegitimation zur Beschwerdeführung zuzugestehen. 2. Eventuell sei die vorliegende Beschwerde als Vernehmlassung zur Beschwerde des Konkursverwalters vom 6. August 1962 entgegenzunehmen. 3. Der Entscheid der Aufsichtsbehörde sei, insofern er sich auf die Nichtgenehmigung des zwischen der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft und dem Konkursverwalter namens der Konkursmasse Parkhof AG am 6. Juli 1962 abgeschlossenen Kaufvertrags über die Liegenschaft Aeschengraben 21 in Basel bezieht, aufzuheben und die Aufsichtsbehörde anzuweisen, diesem Kaufvertrag die Genehmigung zu erteilen. 4. Die Aufsichtsbehörde sei demgemäss anzuweisen, dem Grundbuchamt Basel-Stadt von ihrer Genehmigung unverzüglich Mitteilung zu machen." D.- In den vom Instruktionsrichter eingeholten Vernehmlassungen haben beantragt: BGE 88 III 68 S. 76 die Beschwerdeführer Klarer, Bankhaus Seligman und Dr. Bollag: der Rekurs des Konkursverwalters sci abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei; auf den Rekurs der Basler-Leben sei wegen fehlender Aktivlegitimation nicht einzutreten; eventuell sei er abzuweisen; der Konkursverwalter und die Basler-Leben: der Rekurs der Beschwerdeführer Klarer, Bankhaus Seligman und Dr. Bollag sei abzuweisen. Nach Ablauf der Rekurs- bzw. Vernehmlassungsfrist haben die Beteiligten weitere Eingaben eingereicht. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die nach Fristablauf eingereichten Eingaben sind unbeachtlich. 2. Die Rekurslegitimation der Rekurrenten ist für jeden von ihnen gesondert zu prüfen, da ihre rechtliche Stellung verschieden ist. a) Die Legitimation des Konkursverwalters, die von den Beschwerdeführern Klarer und Konsorten bestritten wird, ist zu bejahen. Es liegt auf der Hand, dass der Konkursverwalter in der vorliegenden Sache nicht im eigenen Namen, sondern für die Konkursmasse handelt. b) Die Basler-Leben ist Gläubigerin und hat zudem auf das Zirkular vom 22. Juni 1962 hin für die Liegenschaft Aeschengraben 21 ein Angebot eingereicht und mit dem Konkursverwalter den Kaufvertrag vom 6. Juli 1962 abgeschlossen. Als Gläubigerin wird sie durch den angefochtenen Entscheid nicht beschwert und kann deshalb nicht dagegen rekurrieren. Sie wird bei der gegebenen Sachlage unabhängig davon zu ihrem Gelde kommen, ob die Liegenschaft Aeschengraben 21 dem einen oder andern Bieter verkauft wird oder im Besitz der Gemeinschuldnerin bleibt. Dagegen ist die Basler-Leben als Bieterin und Partei des Vertrags vom 6. Juli 1962 zum Rekurs legitimiert. BGE 88 III 68 S. 77 Ihr Kaufsangebot und der Vertragsabschluss sind zwar erst einige Stunden nach Einreichung der Beschwerde Klarers, der Bank Seligman und Dr. Bollags erfolgt, die zum angefochtenen Entscheid geführt hat. Dieser Entscheid wirkt aber über den Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung hinaus. Er befasst sich auch mit später eingetretenen Tatsachen, namentlich mit dem Kaufsangebot der Basler-Leben und mit dem Vertrage vom 6. Juli 1962. Indem er diesem Vertrag für den Fall der Zahlung der Konkurskosten und der Bezahlung bzw. Sicherstellung der Gläubiger aus den von den Beschwerdeführern zu diesem Zweck bereitgestellten Mitteln die vorbehaltene Genehmigung endgültig verweigert, greift er in die rechtlichen Interessen der Basler-Leben -ein. Diese muss daher befugt sein, ihn weiterzuziehen. c) Klarer ist der einzige Verwaltungsrat der Gemeinschuldnerin. Als solcher kann er Verfügungen der Konkursverwaltung über die Verwertung von Aktiven anfechten, wenn sie in die gesetzlich geschützten Rechte und Interessen der Gemeinschuldnerin eingreifen, was namentlich der Fall ist, wenn sie gegen gesetzliche Vorschriften über das Verwertungsverfahren verstossen und dadurch das Interesse der Gemeinschuldnerin an der Erzielung eines möglichst günstigen Erlöses verletzen. Willkür, Ermessensmissbrauch und Ermessensüberschreitung haben dabei wie Verstösse gegen positive Verfahrensvorschriften als Gesetzesverletzungen zu gelten ( BGE 88 II 34 f. mit Hinweisen). Mit seinem ersten Rekursantrag verlangt Klarer die Aufhebung des Zirkulars vom 22. Juni 1962. Zur Begründung macht er geltend, dieses Zirkular sei unter Missachtung der Weisungen der kantonalen Aufsichtsbehörde und des Bundesgerichts bzw. entgegen dem Gesetz den Aktionären der Gemeinschuldnerin und dieser selber nicht zugestellt worden. Er rügt also die Verletzung von aus dem Gesetz abgeleiteten Richtlinien bzw. von Vorschriften des Gesetzes selber, die alle das Ziel verfolgen, ein möglichst günstiges Ergebnis der Verwertung zu gewährleisten. Die Gemeinschuldnerin BGE 88 III 68 S. 78 hat ein Interesse daran, dass das Zirkular vom 22. Juni 1962 aufgehoben und der Konkursverwalter auf diese Weise gezwungen wird, das Verfahren zur Gewinnung höherer Angebote neu zu eröffnen (falls die Verwertung nicht infolge Befriedigung der Gläubiger auf anderm Wege zu unterbleiben hat); denn dieses Verfahren lässt ein um so günstigeres Ergebnis erwarten, je mehr Personen davon unterrichtet werden und Gelegenheit erhalten, daran teilzunehmen. Klarer ist somit als Vertreter der Gemeinschuldnerin materiell zur Beschwerdeführung und Rekurserhebung berechtigt. Dass er nie daran gedacht hat, die Liegenschaft selber zu kaufen, spielt keine Rolle. Zum Rekursantrag, das Zirkular vom 22. Juni 1962 sei aufzuheben, ist Klarer auch formell legitimiert, da er dieses Begehren schon vor der kantonalen Aufsichtsbehörde gestellt hat und seine Beschwerde an diese als rechtzeitig zu erachten ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die gemäss Art. 81 und 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich sind, ist nicht dargetan, dass er vom angefochtenen Zirkular mehr als zehn Tage vor dem 6. Juli 1962, d.h. vor Einreichung der Beschwerde, sichere Kenntnis erlangt hat. Von wann an er durch Dr. Bollag vertreten war, ist in diesem Zusammenhang gleichgültig. Da Dr. Bollag das - ausdrücklich an die Gläubiger gerichtete - Zirkular in seiner Eigenschaft als Gläubiger erhalten hat, war er nicht verpflichtet, es Klienten mitzuteilen, die, wie es für Klarer zutrifft, ihrerseits nicht Gläubiger waren.
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Sachverhalt ab Seite 347 BGE 86 II 347 S. 347 A.- Die am 22. Mai 1930 verstorbene Witwe Katharina D. hinterliess ihren neun Kindern als Hauptaktivum ein Wohnhaus in Herisau. Ein Sohn, Louis, verzichtete auf seinen Erbanspruch. Die übrigen acht Kinder übernahmen gemäss amtlichem Teilungsakt vom 23. Juli 1930 das Haus zum Anrechnungswert von Fr. 12'000.--, der der Grundpfandbelastung entsprach, gemeinsam und sind seither im Grundbuch als Gesamteigentümer der Liegenschaft eingetragen. BGE 86 II 347 S. 348 In dem Hause verblieb nach dem Tode der Mutter nur die Tochter Ida. Sie verwaltete es seither selbstständig, ohne Mitwirkung der Miterben, indem sie Wohnungen vermietete, die Hypothekarzinsen bezahlte, Reparaturen ausführen liess usw. Am 7. Februar 1932 stellte ihr der Bruder Gottlieb D. die folgende, von Paul, in der Folge auch von Hans, Mina und Aline mitunterzeichnete Erklärung aus: "Unterzeichnete bescheinigen, dass wir mit dem Verkauf unserem gemeinsamen Elternhaus Wilen 906 mit dem Betrag von Fr. 14'000.-- Vierzehntausend Fr. an Ida D. einverstanden sind, unter dem Vorbehalt dass das Haus für Ihren persönlichen Zwek verwendet wird, und nicht als spekulations Obiekt benüzt wird." Einige Jahre später unterschrieb auch Albert E. dieses Dokument. Gestützt darauf bezahlte Ida D. den sieben Miterben die Differenz zwischen dem früheren und dem neuen Anrechnungswerte, Fr. 2000.-- mit je 1/8 = Fr. 250.--, zusammen Fr. 1750.--, aus. Im Frühjahr 1954 bezog Paul D., von Zürich nach Herisau zurückgekehrt, in dem von Ida D. verwalteten Haus eine Wohnung; er bezahlte der Schwester monatlich Fr. 70.-, nach seiner Darstellung nicht als Mietzins, sondern als Beitrag an die Hypothekarzinsen und an den Unterhalt des Hauses. Infolge von Streitigkeiten kündigte Ida D. im August 1956 dem Bruder die Wohnung und verlangte seine Ausweisung; er zog dann freiwillig aus. B.- Nach diesen Vorfällen erhoben die Brüder Gottlieb und Paul D. im Januar 1957 gegen Ida Klage mit den Begehren, 1. die Beklagte habe das Gesamteigentum der acht Geschwister an der Liegenschaft laut Grundbucheintrag anzuerkennen, 2. die Beklagte sei nicht mehr berechtigt, die Liegenschaft zu verwalten, da sie dazu unfähig sei, 3. die Mietzinszahlungen von Ida und Paul D. seien bis zur Abklärung von Ziff. 1 gerichtlich zu deponieren BGE 86 II 347 S. 349 4. die Beklagte habe über ihre Verwaltung seit der Teilung (23. Juli 1930) Rechnung abzulegen. Unterm 29. März 1957 beantragte Ida D. Abweisung der Klage und widerklageweise Zusprechung des Alleineigentums an der Liegenschaft und Verpflichtung des Klägers Paul D. zur Zahlung von Mietzins, Heizungskosten und Genugtuung im Gesamtbetrage von rund Fr. 820.--. Für den Fall der Gutheissung der Hauptklage (Gesamteigentum aller Miterben) beanspruchte sie von den Klägern solidarisch Fr. 35 000.-- nebst Zins als Ersatz für ihre Aufwendungen sowie Entlastung von der Haftung für die auf dem Hause liegenden Grundpfandschulden. C.- Nach Einleitung des Prozesses suchte Ida D. die Sache zu ihren Gunsten zu wenden, indem sie im April 1957 von den Geschwistern Albert, Alice, Hans, Mina und Aline Erklärungen ausstellen liess, wonach sie mit der Auflösung des Gesamteigentums und Übertragung der Anteile auf Ida einverstanden seien und den Anwalt Dr. R. zum Abschluss der bezüglichen Verträge und zur grundbuchlichen Behandlung der Angelegenheit ermächtigen und beauftragen. Da hierbei die Kläger Gottlieb und Paul D. fehlten, griff Ida auf die von diesen beiden Brüdern an erster Stelle und weitern vier Geschwistern unterzeichnete Erklärung vom 7. Februar 1932 betr. "Verkauf" des Hauses an Ida zurück, indem sie und die Schwester Alice S.-D. (USA) auf der Rückseite einer Fotokopie die Zusatzerklärung unterzeichneten, sie seien mit der umstehenden Vereinbarung seit jeher einverstanden gewesen und seien es heute noch (28. Juni/7. Juli 1957). Der Akt vom 7. Februar 1932 trug damit die Unterschriften aller acht Miterben. D.- Nach "Beiladung" der fünf am Prozess nicht beteiligten Miterben hiess das Bezirksgericht Hinterland das Klagebegehren 1 - Anerkennung des Gesamteigentums der acht Miterben - gut, in der Erwägung, dass die sukzessive unterzeichnete Erklärung vom 7. Februar 1932 BGE 86 II 347 S. 350 keinen Teilungsvertrag darstelle und keinen Anspruch der Ida D. auf das Alleineigentum begründe. Alle weitern Klage- und Widerklagebegehren - mit Ausnahme eines Nebenpunktes betr. Fr. 50.- Heizkosten - beschied das Bezirksgericht mit Nichteintreten oder Abweisung. E.-
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Sachverhalt ab Seite 427 BGE 95 II 426 S. 427 A.- Die Erbengemeinschaft des am 2. Mai 1954 verstorbenen Kaspar Odermatt schloss am 26. April 1957 einen "Abtretungsvertrag" ab, kraft dessen die Liegenschaft "Brustried", Grundbuch Nr. 157, Parz. Nr. 284, in Hergiswil, zum Preise von Fr. 16 385.53 in das Alleineigentum der Miterbin Frau Flury-Odermatt übergehen sollte. Der Erwerbspreis war durch Übernahme der auf der Liegenschaft haftenden Grundpfandschulden von Fr. 13 885.53 sowie durch Zahlung bei Vertragsabschluss von je Fr. 500.-- an die fünf Miterben zu begleichen. Der Eigentumsübergang wurde am 7. Mai 1957 im Grundbuch eingetragen. Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 28. April 1965 veräusserte die Eigentümerin dem Josef Achermann von der Liegenschaft "Brustried" die neu ausgemarchte Parzelle Nr. 918 von 7119 m2 als Bauland zum Preis von Fr. 28 000.--. In Ziff. 6 des Vertrages räumte sie Achermann auf die Dauer von zwei Jahren seit Abschluss des Vertrages ein Kaufsrecht ein für die auf der Parzelle Nr. 284 verbleibenden 11 224 m2 zum Preis von Fr. 5.- pro m2, der bei der Ausübung des Kaufrechtes der Verkäuferin in bar zu bezahlen war. Am 9. Juni 1965 wurde Frau Flury-Odermatt vom Gemeinderat Hergiswil/NW bevormundet. Dieser Entscheid wurde am 27. Dezember 1965 vom Bundesgericht letztinstanzlich bestätigt. Die Landwirtschafts- und Forstdirektion Nidwalden verweigerte am 21. Juli und 30. Dezember 1965 die Genehmigung des Kauf- und Kaufrechtsvertrages vom 28. April 1965, weil nach ihrer Ansicht die bei der Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken geltende Sperrfrist von zehn Jahren nach Art. 218 OR noch nicht abgelaufen war. Gleichzeitig lehnte sie auch das Gesuch um Aufhebung der Sperrfrist im Sinne von Art. 218 bis OR mangels wichtigen Gründen ab. Das Grundbuchamt Nidwalden lehnte am 10. Januar 1966 die Eintragung des Eigentumsüberganges und Kaufsrechtes ab. Gestützt auf Ziff. 6 des Vertrages vom 28. April 1965 erklärte Achermann je mit Zuschriften vom 24. April 1967 an den Vormund der Eigentümerin und an das Grundbuchamt Nidwalden die Ausübung des Kaufsrechtes an der Parzelle Nr. 284 und bezahlte gleichzeitig den Kaufpreis von Fr. 56 120.-- bei der Nidwaldner Kantonalbank zu Handen des Vormundes. Er stellte sich auf den Standpunkt, der Vertrag vom 28. April 1965 falle BGE 95 II 426 S. 428 nicht unter die Art. 218-218 quinquies, da die Liegenschaft "Brustried" nicht landwirtschaftlichen Charakter aufweise und ausserdem die zehnjährige Sperrfrist längst vor Abschluss des Vertrages abgelaufen sei. B.- Am 13. September 1967 reichte Achermann beim Kantonsgericht Nidwalden gegen Frau Flury-Odermatt Klage ein mit folgenden Rechtsbegehren: "I. Es sei festzustellen, dass 1. mit Vertrag vom 28. April 1965 die Beklagte dem Kläger a) ab ihrer Liegenschaft Brustried, GB Nr. 157, Parzelle Nr. 284, die neu ausgemarchte Baulandparzelle Nr. 918 mit 7119 qm Fläche verkauft und b) auf die Dauer von zwei Jahren das Kaufsrecht für die restliche Parzelle Nr. 284 (GB Nr. 157) im Ausmasse von 11 224 qm eingeräumt hat; 2. der Kläger die ihm aus dem genannten Vertrage erwachsenen Verpflichtungen, insbesondere die zur Bezahlung des Kaufpreises, erfüllt hat. II. 1. Der Grundbuchführer des Kantons Nidwalden sei anzuweisen, den Handwechsel an der Parzelle Nr. 284, GB Nr. 157, Liegenschaft Brustried, von der Beklagten auf den Kläger im Grundbuch einzutragen. 2. (Kosten)." Das Kantonsgericht Nidwalden wies am 10. Juli 1968 die Klage ab. Das Obergericht des Kantons Unterwalden nid dem Wald bestätigte am 16. Januar 1969 auf Berufung des Klägers den erstinstanzlichen Entscheid. C.- Der Kläger beantragt mit der Berufung, das oberinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage gutzuheissen; eventuell sei die Sache zu neuem Entscheid an das Obergericht zurückzuweisen. Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Der Beklagten wurde für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Streit der Parteien darüber, ob die Beklagte zur Erfüllung des mit dem Kläger am 28. April 1965 abgeschlossenen Vertrages verpflichtet sei, ist eine Zivilrechtsstreitigkeit und daher ihrer Natur nach berufungsfähig. Art. 218 quater OR erklärt zwar die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als zulässig BGE 95 II 426 S. 429 "gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über die Anwendung der Art. 218, 218 bis und 218 ter", die für die Veräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke besondere Vorschriften aufstellen. Diese Bestimmung bezieht sich jedoch, wie in BGE 94 I 412 f. ausführlich dargelegt wurde, nur auf Entscheide kantonaler Verwaltungsbehörden, dagegen nicht auf gerichtliche Urteile in Zivilstreitigkeiten, in denen die Gültigkeit von Rechtsgeschäften über landwirtschaftliche Grundstücke unter dem Gesichtspunkt der hiefür im OR aufgestellten Sondervorschriften zu beurteilen war (vgl. auch BGE 94 II 107 /08). 2. Nach Art. 218 Abs. 1 OR dürfen landwirtschaftliche Grundstücke während zehn Jahren, vom Eigentumserwerb an gerechnet, weder als Ganzes noch in Stücken veräussert werden. Dieses Verbot ist jedoch nach Art. 218 Abs. 2 OR nicht anwendbar auf Bauland, auf Grundstücke in vormundschaftlicher Verwaltung und im Falle der Zwangsverwertung. Überdies kann nach Art. 218 bis OR aus wichtigen Gründen die Veräusserung vor Ablauf der Sperrfrist gestattet werden. Nach Art. 218 ter OR sind Geschäfte, die diesen Vorschriften zuwiderlaufen oder ihre Umgehung bezwecken, nichtig und geben kein Recht auf Eintragung in das Grundbuch. Der Kläger behauptet, die Vorinstanz habe zu Unrecht den landwirtschaftlichen Charakter der streitigen Parzellen angenommen, da diese einer Familie keine ausreichende Existenz bieten. a) Die Vorinstanz stellt fest, dass die Parteien nach Abschluss des Vertrages vom 28. April 1965 die kantonale Landwirtschafts- und Forstkommission ersuchten, die Sperrfrist des Art. 218 OR auf die streitigen Parzellen nicht anzuwenden. Die Behörde lehnte jedoch das Gesuch am 21./26. Juli und 30. Dezember 1965 ab. Sie war der Auffassung - ohne es in den fraglichen Entscheiden ausdrücklich zu erwähnen -, dass die beiden Parzellen landwirtschaftliche Grundstücke seien; andernfalls hätte sie auf das Gesuch ja nicht eintreten dürfen. Diese Auffassung ist für den Zivilrichter nicht verbindlich (vgl. Erw. 1). b) Der Kläger verkennt, dass Art. 218 OR von "landwirtschaftlichen Grundstücken" schlechthin spricht und nicht ein "landwirtschaftliches Gewerbe" voraussetzt, das eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende landwirtschaftliche Existenz bietet, wie dies Art. 620 ZGB für die ungeteilte Zuweisung an einen Miterben verlangt. Daraus folgt, dass für BGE 95 II 426 S. 430 die Anwendung des Veräusserungsverbotes nach Art. 218 OR weder die Grösse, der Wert noch der Ertragswert, sondern einzig die Benutzungsart des Bodens den Ausschlag gibt (vgl. JENNY, Die Sperrfrist im Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken in ZBGR 18 [1937] S. 167/68). Art. 1 Abs. 2 der Verordnung über die Verhütung der Überschuldung landwirtschaftlicher Liegenschaften umschreibt daher zutreffend als landwirtschaftliche Liegenschaft jede Bodenfläche, die durch Bewirtschaftung und Ausnützung der natürlichen Kräfte des Bodens den ihr eigenen Wert erhält oder zu einem Betrieb gehört, der in der Hauptsache der Gewinnung und Verwertung organischer Stoffe des Bodens dient. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift gelten als landwirtschaftliche Liegenschaften namentlich Grundstücke, die dem Acker-, Wiesen-, Wein-, Mais-, Tabak-, Obst-, Feldgemüse- und Saatgutbau oder der Alpwirtschaft dienen. aa) Das Obergericht stellt fest, die Liegenschaft "Brustried" sei eine 182 a grosse Bergliegenschaft, die relativ gut bewirtschaftet werden könne und einen guten Boden mit Graswuchs aufweise. Der Kläger behauptet nicht, diese Feststellung sei unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen oder beruhe offensichtlich auf Versehen. Sie bindet somit das Bundesgericht. Demnach ist davon auszugehen, dass die streitigen Parzellen landwirtschaftlichen Charakter aufweisen. Ob die darauf befindlichen Gebäulichkeiten baufällig sind und sich die Kosten der Instandstellung für das kleine Heimwesen nicht lohnen, wie der Kläger behauptet, ist nach dem Gesagten für die Anwendung der Schutzvorschriften der Art. 218 f. OR unerheblich. bb) Der landwirtschaftliche Charakter eines Grundstückes schliesst seine Eigenschaft als Bauland im Sinne von Art. 218 Abs. 2 OR nicht ohne weiteres aus. Für die Bestimmung des Baulandcharakters kommt es nicht auf die Absichten des Eigentümers oder Erwerbers an; denn sonst hätte es jeder Kaufinteressent in der Hand, mit der blossen Erklärung, er wolle auf dem Grundstück bauen oder es für die Überbauung erschliessen, die Sperrfrist zu umgehen. Massgebend ist einzig, ob das Grundstück nach den objektiven Verhältnissen sofort überbaut werden kann. Diese Voraussetzung ist auch für landwirtschaftliche Grundstücke erfüllt, wenn die für die Erteilung der Baubewilligung zuständige Behörde feststellt, dass der sofortigen Überbauung nichts im Wege stehe. BGE 95 II 426 S. 431 Daraus folgt, dass ein Grundstück sogar dann als Bauland von der Sperrfrist ausgenommen werden muss, wenn es nicht in einer Bauzone liegt, für die der Kanton gestützt auf Art. 3 des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG) die Anwendung dieses Gesetzes ausgeschlossen hat (vgl. BGE 92 I 338 /39 Erw. 4). Für den Baulandcharakter ist daher nicht entscheidend, ob das Grundstück an einer Kanalisation angeschlossen ist, sondern ob der Eigentümer Anspruch auf eine Baubewilligung hat. Allerdings kann das Fehlen einer Kanalisation ein Grund sein, dass die zuständige Behörde die Baubewilligung zunächst verweigert (vgl. BGE 93 I 604 ). Die Vorinstanz stellt nicht fest, dass die Voraussetzungen für eine sofortige Überbauung der streitigen Parzellen bestünden. Das behauptet denn auch der Kläger nicht, noch macht er geltend, die zuständige Behörde würde ihm die Bewilligung erteilen, wenn er sie verlangte. 3. Ob am 2. Mai 1954 beim Ableben des Kaspar Odermatt eine Sperrfrist im Sinne des Art. 218 OR im Gange war und, wenn ja, ob sie nach dem Tode des Erblassers weiterlief oder ob mit der Eröffnung des Erbganges eine neue zehnjährige Frist begann (vgl. dazu BGE 88 I 202 ) kann dahingestellt bleiben, denn auch diese wäre beim Abschluss des Kauf- und Kaufrechtsvertrages vom 28. April 1965 abgelaufen gewesen. Dagegen fragt es sich, ob der "Abtretungsvertrag" vom 26. April 1957 - entgegen der Auffassung des Klägers - zu einem Eigentumserwerb führte und damit eine neue zehnjährige Frist in Gang setzte. a) Dieser Vertrag hat die Natur eines Erbteilungsvertrages oder muss jedenfalls beim Entscheid der gestellten Frage einem solchen gleichgesetzt werden (JENNY, a.a.O., S. 170). Dass der Erbe, dem ein Grundstück in einer Erbteilung zugewiesen wird, im Sinne der erwähnten Bestimmung Eigentum erwerbe, nehmen KAUFMANN, Das ländliche neue Bodenrecht der Schweiz, S. 217, und GLOOR, Beschränkungen im rechtsgeschäftlichen Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken, S. 74, an. Diese Auffassung scheint der Rechtsprechung zu widersprechen, wonach die Erbteilung nicht als "Eigentumsübertragung" im Sinne des Art. 657 ZGB gilt ( BGE 83 II 369 /70). Art. 218 OR erfasst jedoch nicht nur die "Eigentumsübertragung" im Sinne des Art. 657 ZGB , sondern bezieht sich grundsätzlich auf jeden Eigentumserwerb (vgl. die in den BGE 95 II 426 S. 432 Art. 656-662 ZGB erwähnten Arten des Eigentumserwerbes). Die Erbteilung bezweckt die Überführung des Gesamteigentums in das Alleineigentum der einzelnen Erben (TUOR/SCHNYDER, ZGB, 8. Aufl., S. 419; ESCHER, Einleitung zu Art. 602-640 ZGB N. 1). Sie verändert die Eigentumsverhältnisse und damit auch die Verfügungsmacht durch wechselseitige Aufgabe von Gesamtrechten mit nachfolgender Anwachsung (vgl. MEIER/HAYOZ, N. 51 c zu Art. 652 ZGB ; JOST, Der Erbteilungsprozess im schweizerischen Recht, S. 4). Es besteht daher die Möglichkeit, dass sich der Erbe ein im Nachlass befindliches Grundstück gerade im Hinblick auf eine spekulative Weiterveräusserung zuweisen lässt, was dem Zweckgedanken der Sperrfrist widerspricht. Demnach rechtfertigt es sich, die Erbteilung als Eigentumserwerb im Sinne des Art. 218 OR zu betrachten. b) Zu prüfen ist, ob die durch die Erbteilung ausgelöste Sperrfrist schon vom Abschluss des Teilungsvertrages an läuft oder erst vom Tage an, an dem die neuen Eigentumsverhältnisse in das Grundbuch eingetragen werden. Für die zweite Lösung spricht zunächst die Überlegung, dass der Teilungsvertrag nur den Erwerbsgrund bildet, der Erbe aber erst mit der Eintragung im Grundbuch Eigentümer wird (vgl. Art. 18 GBVO; BGE 86 II 353 Erw. 3 b; TUOR/PICENONI, N. 20 zu Art. 654 ZGB ; ESCHER, N. 5 zu Art. 634 ZGB , MEIER/HAYOZ, N. 78 zu Art. 656 ZGB ; JOST, a.a.O., S. 7; HOMBERGER, N. 24 zu Art. 963 ZGB ). Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich der Tag des Grundbucheintrages immer feststellen lässt, während der Tag des Teilungsvertrages unter Umständen unsicher ist, da die Erbteilung nur der Schriftform bedarf ( Art. 634 Abs. 2 ZGB ) und diese Datierung nicht verlangt ( Art. 13 OR ; unveröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Januar 1965 i.S. Interporostom AG gegen Spannplattenwerk Fideris AG) oder das Datum auf einem solchen Vertrag von den Erben versehentlich oder zur Täuschung Dritter unrichtig angegeben sein kann. c) Ist nach dem Gesagten die Eintragung im Grundbuch für den "Eigentumserwerb" im Sinne von Art. 218 OR massgebend, so ist die Sperrfrist am 7. Mai 1967 abgelaufen. Der Kaufvertrag über die Parzelle Nr. 918 wurde am 28. April 1965, somit zwei Jahre vor Ablauf der Sperrfrist abgeschlossen; das Kaufsrecht über die Parzelle 284 wurde ebenfalls am 28. April 1965 vereinbart und seine Ausübung war auf den 28. April 1967 befristet; es wurde indessen am 24. April 1967, also auch vor Ablauf BGE 95 II 426 S. 433 der Sperrfrist ausgeübt. Demnach sind beide Rechtsgeschäfte nichtig (vgl. BGE 94 II 110 Erw. 2 b). Unter diesen Umständen ist die vom Obergericht geprüfte und bejahte Frage nicht zu entscheiden, ob im Sinne von Art. 20 Abs. 2 OR die Nichtigkeit des Kaufvertrages auch jene des Kaufsrechtes nach sich ziehe.
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Erwägungen ab Seite 30 BGE 114 III 29 S. 30 Aus den Erwägungen: 3. (...) c) Gemäss Art. 9 Abs. 2 VZG ist jeder Beteiligte berechtigt, bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Diese Bestimmung bezieht sich auf die Schätzung von Grundstücken. Sie gilt jedoch sinngemäss auch für Fahrnis, sofern die neue Schätzung innert nützlicher Frist vorgenommen werden kann. Diese Voraussetzung ist dort erfüllt, wo anerkannte Schätzungskriterien bestehen ( BGE 110 III 70 f.; BGE 101 III 34 f.). Ob sie auch bei Kunstobjekten gegeben ist, erscheint als zweifelhaft, kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Eine neue Schätzung ist bereits aus einem anderen Grund abzulehnen: Die von der Rekurrentin angerufene Bestimmung befindet sich in der VZG im Abschnitt über die Verwertung im Pfändungsverfahren. Gemäss Art. 99 VZG findet sie auch bei der Verwertung im Pfandverwertungsverfahren Anwendung. Die Verwertung im Konkursverfahren richtet sich indes gemäss ausdrücklicher Gesetzesvorschrift nach den besonderen Bestimmungen der Art. 122 ff. VZG und nach den Vorschriften der Verordnung des Bundesgerichts über die Geschäftsführung der Konkursämter ( Art. 122 VZG ). In dieser Verordnung findet sich ebensowenig wie in den Art. 122 ff. VZG eine analoge Vorschrift zu Art. 9 VZG oder ein Verweis auf diese Bestimmung. Aus Art. 122 VZG und der systematischen Stellung von Art. 9 VZG ist demnach zu folgern, dass Art. 9 VZG im Konkursverfahren keine Anwendung findet. d) In BGE 61 III 65 hat das Bundesgericht erkannt, Art. 9 Abs. 2 VZG finde auch im Nachlassverfahren Anwendung. Der Schuldner sei im Nachlassverfahren nicht weniger an einer richtigen Schätzung interessiert als bei einer Pfändung oder Pfandverwertung. Auch im übrigen komme der Schätzung im Nachlassverfahren eine ebenso grosse Bedeutung zu, vor allem für verpfändete Vermögensstücke, bei denen sich die Berücksichtigung allfälliger ungedeckter Pfandforderungen im Bestätigungsverfahren nach dieser Schätzung richte. Bei jenem Entscheid hat es sich indes um einen Prozentvergleich gehandelt, bei dem die Sanierung des Schuldners im Vordergrund steht, nicht die Vermögensliquidation (vgl. AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. Aufl., N. 15 bis 17 zu § 53). Ein Bestätigungsverfahren, bei dem der allfällig ungedeckte Teil einer pfandgesicherten Forderung eine Rolle spielen könnte, BGE 114 III 29 S. 31 ist beim Konkurs nicht vorgesehen. Ein Pfandrecht steht im vorliegenden Fall überhaupt nicht in Frage; bezüglich des Retentionsrechts besteht die aussergewöhnliche Situation, dass der interessierte Freihandkäufer zugleich Retentionsgläubiger und alleiniger Gläubiger im Konkurs ist. Solange diese Voraussetzung erfüllt ist, muss auf dieses Recht nicht besondere Rücksicht genommen werden. e) Für die unterschiedliche gesetzliche Regelung der Schätzung im Pfändungs- bzw. Pfandverwertungsverfahren im Vergleich zum Konkursverfahren lassen sich sachliche Gründe anführen. Bei der Pfändung ist die Schätzung notwendig, damit das Betreibungsamt einerseits für eine genügende Deckung der Betreibungsforderung sorgen und anderseits die Pfändung auf das notwendige Mass beschränken kann, ferner damit der Gläubiger gegebenenfalls in die Lage versetzt wird, einen Arrest zu erwirken oder die Anfechtungsklage anzuheben ( BGE 97 III 20 ). Beim Konkurs entfällt zumindest die Hauptfunktion, den Deckungsumfang zu bestimmen und die Gläubiger über das voraussichtliche Verwertungsergebnis zu orientieren, da der Konkurs ohnehin das ganze Vermögen erfasst (bezüglich der Pfandverwertung vgl. BGE 101 III 34 ). Dennoch ist diese Frage hier nicht abschliessend zu beurteilen, Es genügt festzustellen, dass jedenfalls im summarischen Konkursverfahren kein Anspruch auf eine zweite Schätzung von Fahrnis gemäss Art. 9 Abs. 2 VZG besteht, zumal wenn die Schätzung des Konkursverwalters auf objektiven Bewertungsgrundlagen beruht. Das summarische Konkursverfahren soll möglichst einfach und rasch erfolgen (vgl. AMONN, N. 1 zu § 49). Ein allfälliges Interesse einer zweiten Schätzung, zur Aufklärung allfälliger Steigerungs- bzw. Kaufsinteressenten beizutragen, hat unter diesen Umständen zurückzutreten (vgl. dazu BGE 101 III 34 oben).
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Sachverhalt ab Seite 305 BGE 143 I 304 S. 305 A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn führt eine Strafuntersuchung gegen A. und B. (im Folgenden: die Beschuldigten). Sie wirft ihnen vor, ihren im Mai 2010 geborenen gemeinsamen Sohn am 26. Juli 2010 vorsätzlich getötet zu haben. Schon ab einem Zeitpunkt kurz nach der Geburt hätten sie dem Sohn zudem vorsätzlich verschiedene schwere und einfache Körperverletzungen zugefügt. Überdies hätten die Beschuldigten ihrer im Februar 2012 geborenen gemeinsamen Tochter, als diese ca. 7 Wochen alt gewesen sei, eine schwere Körperverletzung zugefügt. Die bei der Tochter festgestellten medizinischen Befunde seien typisch für ein Schütteltrauma. Am 27. April 2012 habe die Tochter neurochirurgisch operiert werden müssen. B. Am 6. Dezember 2013 ordnete die Staatsanwaltschaft zur Aufklärung des Todes des Sohnes den Einsatz von zwei verdeckten Ermittlern ("VE 1" und "VE 2") für die Dauer eines Jahres, d.h. bis zum 5. Dezember 2014, an. Gleichentags beantragte die Staatsanwaltschaft dem Haftgericht des Kantons Solothurn die Genehmigung des Einsatzes der verdeckten Ermittler. Am 11. Dezember 2013 genehmigte das Haftgericht deren Einsatz gemäss der Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 6. Dezember 2013. Am 5. März 2014 ordnete die Staatsanwaltschaft den Einsatz eines weiteren verdeckten Ermittlers ("VE 3") an; dies für die Dauer von vier Monaten, d.h. bis zum 4. Juli 2014. Das genehmigte das Haftgericht am 6. März 2014. Am 30. Juli 2014 ordnete die Staatsanwaltschaft den erneuten Einsatz von VE 3 an; dies bis zum 5. Dezember 2014. Das genehmigte das Haftgericht am 4. August 2014. Ebenfalls am 30. Juli 2014 ordnete die Staatsanwaltschaft den Einsatz von drei weiteren verdeckten Ermittlern ("VE 4-6") bis zum 5. Dezember 2014 an. Dies genehmigte das Haftgericht am 4. August 2014. BGE 143 I 304 S. 306 Am 21. November 2014 ordnete die Staatsanwaltschaft in zwei separaten Verfügungen die Verlängerung des Einsatzes von VE 1-3 bzw. VE 4-6 bis zum 5. Juni 2015 an. Das genehmigte das Haftgericht jeweils am 26. November 2014. Der Einsatz der verdeckten Ermittler betraf den Tod des Sohnes. Am 1. April 2015 ordnete die Staatsanwaltschaft den Einsatz der verdeckten Ermittler VE 1-6 auch zur Aufklärung der schweren Körperverletzungen zum Nachteil der Tochter bis zum 5. Juni 2015 an. Dies genehmigte das Haftgericht am 4. April 2015. Am 7. Mai 2015 erklärte die Staatsanwaltschaft den Einsatz der verdeckten Ermittler als beendet. C. Am 22. Mai 2015 brachte die Staatsanwaltschaft A. den Einsatz der verdeckten Ermittler zur Kenntnis. Am 8. Juni 2015 erhob A. hiergegen Beschwerde. Am 3. Februar 2016 hiess das Obergericht des Kantons Solothurn (Beschwerdekammer) die Beschwerde gut. Es hob die oben erwähnten Verfügungen des Haftgerichts sowie die dazu gehörenden Anordnungen der Staatsanwaltschaft auf und stellte fest, dass der Einsatz der verdeckten Ermittler unrechtmässig erfolgte. Es ordnete die Entfernung aus den Akten und Vernichtung der aus dem Einsatz der verdeckten Ermittler gewonnenen Ermittlungsergebnisse nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens (inkl. einer allfälligen bundesgerichtlichen Beurteilung) an, namentlich aller Amtsberichte und weiterer im Zusammenhang mit den verdeckten Ermittlungen stehender Dokumente. D. Die Staatsanwaltschaft, vertreten durch den Oberstaatsanwalt, führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Beschwerde von A. vom 8. Juni 2015 abzuweisen. Eventualiter sei der Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an dieses zurückzuweisen. (...) (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Art. 285a StPO umschreibt den Begriff der verdeckten Ermittlung. Danach liegt diese vor, wenn Angehörige der Polizei oder Personen, die vorübergehend für polizeiliche Aufgaben angestellt sind, unter Verwendung einer durch Urkunden abgesicherten falschen BGE 143 I 304 S. 307 Identität (Legende) durch täuschendes Verhalten zu Personen Kontakte knüpfen mit dem Ziel, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und in ein kriminelles Umfeld einzudringen, um besonders schwere Straftaten aufzuklären. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung wird mit dem Kriterium des Eindringens in ein kriminelles Umfeld auf das Haupteinsatzgebiet der verdeckten Ermittlung - die organisierte Kriminalität - verwiesen. Die verdeckte Ermittlung ist aber auch ausserhalb dieses Bereichs und bezogen auf einen Einzeltäter als Zielperson möglich und zulässig ( BGE 143 IV 27 E. 4.4 mit Hinweisen). Art. 286 StPO regelt die Voraussetzungen der verdeckten Ermittlung. Gemäss Absatz 1 dieser Bestimmung kann die Staatsanwaltschaft eine verdeckte Ermittlung anordnen, wenn: a. der Verdacht besteht, eine in Absatz 2 genannte Straftat sei begangen worden; b. die Schwere der Straftat die verdeckte Ermittlung rechtfertigt; und c. die bisherigen Untersuchungshandlungen erfolglos geblieben sind oder die Ermittlungen sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden. Nach Art. 286 Abs. 2 lit. a StPO kann die verdeckte Ermittlung unter anderem zur Verfolgung einer vorsätzlichen Tötung gemäss Art. 111 StGB oder einer schweren Körperverletzung gemäss Art. 122 StGB eingesetzt werden. Die Vorinstanz bejaht die Voraussetzungen von Art. 286 StPO . Sie kommt zum Schluss, der Einsatz der verdeckten Ermittler sei gleichwohl unzulässig gewesen, da damit das Schweigerecht der Beschuldigten, von welchem diese Gebrauch gemacht hätten, umgangen worden sei. 2.2 Gemäss Art. 113 Abs. 1 StPO muss sich die beschuldigte Person nicht selbst belasten. Sie hat namentlich das Recht, die Aussage und ihre Mitwirkung im Strafverfahren zu verweigern. Sie muss sich aber den gesetzlich vorgesehenen Zwangsmassnahmen unterziehen. Nach Art. 196 StPO sind Zwangsmassnahmen Verfahrenshandlungen der Strafbehörden, die in Grundrechte der Betroffenen eingreifen und die unter anderem dazu dienen, Beweise zu sichern (lit. a). Zu den Zwangsmassnahmen gehört die verdeckte Ermittlung gemäss Art. 285a ff. StPO . Dies ergibt sich auch aus der Gesetzessystematik, sind diese Bestimmungen doch im 5. Titel der Strafprozessordnung enthalten, der die Zwangsmassnahmen regelt. BGE 143 I 304 S. 308 Gemäss Art. 113 Abs. 1 Satz 3 StPO muss sich somit, auch wer die Aussage verweigert, einer verdeckten Ermittlung unterziehen (VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 51 zu Art. 113 StPO ). 2.3 Hat der Beschuldigte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, setzt dies dem verdeckten Ermittler bei seinem Einsatz allerdings Grenzen. Die verdeckte Ermittlung darf nicht zu einer Umgehung des Aussageverweigerungsrechts führen. Eine solche Umgehung liegt vor, wenn der verdeckte Ermittler unter Ausnützung des geschaffenen Vertrauensverhältnisses in einer vernehmungsähnlichen Weise dem Beschuldigten Fragen unterbreitet, die diesem bei der Einvernahme gestellt wurden oder hätten gestellt werden sollen, und ihn zur Aussage drängt. Eine Umgehung des Aussageverweigerungsrechts liegt dagegen nicht vor, wenn der verdeckte Ermittler lediglich Äusserungen des Beschuldigten zur Kenntnis nimmt, welche dieser von sich aus, ohne vom verdeckten Ermittler dazu gedrängt worden zu sein, gemacht hat. Der Beschuldigte ist nicht davor geschützt, dass Äusserungen, die er von sich aus macht, von Dritten wahrgenommen werden und deshalb Eingang in das Strafverfahren finden (THOMAS HANSJAKOB, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 10 zu Art. 293 StPO ; NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, S. 525 Fn. 603). In diesem Sinne hat auch der deutsche Bundesgerichtshof mit Urteil vom 26. Juli 2007 entschieden (BGHSt 52 11, insb. Ziff. 14 f., 26 f. und 34). Er befand, der verdeckte Ermittler habe bei seinem Einsatz zur Aufklärung einer Körperverletzung mit Todesfolge die dargelegten Grenzen überschritten. Daraus leitete der Bundesgerichtshof ein Verwertungsverbot der vom verdeckten Ermittler gewonnenen Erkenntnisse ab (Ziff. 36). Die Anordnung der verdeckten Ermittlung beurteilte der Bundesgerichtshof dagegen als zulässig, da die Voraussetzungen für den Einsatz des verdeckten Ermittlers gemäss § 110a Abs. 1 Satz 4 dStPO, der Art. 286 StPO in der Sache im Wesentlichen entspricht, erfüllt waren und die erforderliche richterliche Zustimmung vorlag (Ziff. 13). Die dargelegten Grenzen beim Einsatz des verdeckten Ermittlers ergeben sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen BGE 143 I 304 S. 309 Gerichtshofes für Menschenrechte. Danach gehört das Schweigerecht des Beschuldigten zum Kern des fairen Verfahrens gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK . Die Behörden haben den Entschluss des Beschuldigten, zu schweigen, zu respektieren. Sie dürfen keine List anwenden, um aus dem Beschuldigten, der während der Einvernahme die Aussage verweigert hat, ein Geständnis oder andere belastende Angaben herauszulocken, welche sie bei der Einvernahme nicht erhalten konnten. Ein Informant der Polizei darf den Beschuldigten deshalb nicht unter Umständen, die einer Einvernahme gleichkommen, zu Aussagen drängen. Der Informant darf dagegen spontane und nicht provozierte Erklärungen des Beschuldigten, die dieser aus freien Stücken gemacht hat ("déclarations spontanées et non provoquées que le requérant aurait formulées de son plein gré"), zur Kenntnis nehmen (Urteil Allan gegen Vereinigtes Königreich vom 5. November 2002, Recueil CourEDH 2002 IX 63 § 44 und 50-53). 2.4 Gegenstand des angefochtenen Entscheids und somit auch des bundesgerichtlichen Verfahrens ist die Frage, ob die Staatsanwaltschaft den Einsatz der verdeckten Ermittler anordnen und das Haftgericht dies jeweils genehmigen durfte. Wie die Vorinstanz selber zutreffend darlegt, waren die Voraussetzungen für die Anordnung der verdeckten Ermittlung gemäss Art. 286 StPO erfüllt. Die Staatsanwaltschaft durfte die verdeckte Ermittlung deshalb anordnen und das Haftgericht diese genehmigen. Gemäss Art. 113 Abs. 1 Satz 3 StPO hatte sich die Beschwerdegegnerin der verdeckten Ermittlung zu unterziehen. Die Anordnung der verdeckten Ermittlung wäre höchstens unzulässig gewesen, wenn die Staatsanwaltschaft die verdeckten Ermittler von vornherein angehalten hätte, das zulässige Mass der Einwirkung auf die Beschwerdegegnerin, wie oben dargelegt, zu überschreiten. Dafür enthalten die Akten jedoch keine Anhaltspunkte. Eine andere Frage ist, ob die verdeckten Ermittler bei ihrem Einsatz die Grenze des Zulässigen überschritten haben, etwa durch Schaffung einer vernehmungsähnlichen Situation (bejahend der vom Anwalt der Beschwerdegegnerin mitverfasste Beitrag JOSET/BÜRGI, Die beste Freundin - ein Polizeispitzel, Plädoyer 2016 2 S. 26 ff., insb. 30; vgl. mit Hinweis hierauf auch MARK PIETH, Schweizerisches Strafprozessrecht, 3. Aufl. 2016, S. 177). Diese Frage ist hier nicht Gegenstand des Verfahrens. Überschreitet eine verdeckte Ermittlerin oder ein verdeckter Ermittler das Mass der zulässigen Einwirkung, BGE 143 I 304 S. 310 so ist dies gemäss Art. 293 Abs. 4 StPO bei der Zumessung der Strafe für die beeinflusste Person gebührend zu berücksichtigen, oder es ist von einer Strafe abzusehen. Wie sich aus dieser Bestimmung ergibt, ist es - sofern es zu einer Anklage kommt - Aufgabe des Sachgerichts, darüber zu befinden, ob die verdeckten Ermittler das Mass des Zulässigen überschritten haben und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben (vgl. Urteil 6B_1293/2015 vom 28. September 2016 E. 5, nicht publ. in BGE 143 IV 27 ; TANJA KNODEL, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 14 zu Art. 298 StPO ). Nach in der Literatur vertretener Auffassung stellt Art. 293 Abs. 4 StPO eine Spezialbestimmung dar, welche Art. 141 Abs. 1 StPO , der ein Beweisverwertungsverbot statuiert, vorgeht (HANSJAKOB, a.a.O., N. 17 zu Art. 293 StPO ; KNODEL, a.a.O., N. 13 zu Art. 293 StPO ). Wie es sich damit verhält, kann hier dahingestellt bleiben. 2.5 War die Anordnung des Einsatzes der verdeckten Ermittler nach dem Gesagten zulässig, verletzt das angefochtene Urteil Bundesrecht. Die Beschwerde in Strafsachen wird gutgeheissen und das angefochtene Urteil aufgehoben. Es wird die Rechtmässigkeit der Anordnung der verdeckten Ermittlung festgestellt. Ob die verdeckten Ermittler das Mass der zulässigen Einwirkung auf die Beschwerdegegnerin überschritten haben und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, wird - sofern es zu einer Anklage kommt - das Sachgericht zu entscheiden haben. (...)
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Erwägungen ab Seite 242 BGE 132 V 241 S. 242 Aus den Erwägungen: 2. (...) 2.5 2.5.1 Der von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers veranlasste Ermittlungsbericht und das weiter erstellte Videoband sind zulässige Beweismittel, da die Observierung durch die Detektei rechtmässig war ( Art. 28 Abs. 2 ZGB ) und deren Ergebnisse von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) verwertet werden durften ( Art. 13 und 36 BV ; zum Ganzen: BGE 129 V 323 ). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war die Beobachtung insbesondere auch verhältnismässig; so hätte eine (weitere) medizinische Abklärung (dazu WALTER KÄLIN, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts in den Jahren 2003 und 2004, in: ZBJV 2004 S. 657) es nicht ermöglicht, festzustellen, was der Versicherte effektiv noch zu leisten vermag. Zu berücksichtigen ist, dass seit BGE 129 V 323 das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten ist. Art. 43 Abs. 1 ATSG auferlegt dem Unfallversicherer - gleich wie Art. 47 UVG in der bis Ende 2002 geltenden Fassung - die Pflicht zur Sachverhaltsabklärung, ohne dabei eine Beschränkung der Beweismittel vorzusehen. Sodann sind nach Art. 96 lit. b UVG die mit der Durchführung des UVG betrauten Organe befugt, die Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Daten und Persönlichkeitsprofile, zu bearbeiten oder bearbeiten zu lassen, die sie benötigen, um Leistungsansprüche zu beurteilen. Diese Normen bilden eine ausreichende Grundlage für den mit der Beobachtung durch einen Privatdetektiv verbundenen Eingriff in die Privatsphäre des Versicherten, zumal dieser Eingriff auch nicht schwer wiegt, wurde doch BGE 132 V 241 S. 243 der Beschwerdeführer nur an einem öffentlich einsehbaren Raum und bei Tätigkeiten beobachtet und aufgenommen, die er aus freiem Willen ausgeführt hat (vgl. BGE 131 I 278 Erw. 4.1.1, BGE 131 I 283 Erw. 5.1 sowie nicht publizierte Erw. 6.2). Damit bilden diese Normen eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den mit der Beobachtung durch einen Privatdetektiv verbundenen Eingriff in die Privatsphäre des Versicherten. Dies gilt gestützt auf Art. 61 lit. c ATSG auch für das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht (KIESER, ATSG-Kommentar N 53 zu Art. 61). 2.5.2 Die Observierung durch die Privatdetektei hat betreffend geklagte Beschwerden im Bereich der LWS gezeigt, dass der Versicherte auch schwere Gartenarbeiten durchführen kann. Entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen Meinung handelt es sich dabei nicht bloss um leichte Tätigkeiten, sondern um (stark) belastende Arbeiten wie das Schleppen schwerer Bodenplatten, das Ausgraben von Wurzeln oder das Überkopfabsägen von Ästen. Nicht glaubhaft ist die Behauptung, dass diese Arbeiten nur wegen der "hoch dosierten Einnahme von Medikamenten und Schmerzmitteln" möglich gewesen seien: Einerseits wird das Schmerzmittel "Tramal" erst seit Anfang 2004 eingenommen, während der Versicherte schon im Sommer 2003 bei der Ausübung schwerer Gartenarbeit beobachtet worden ist und im Sommer 2003 kein übermässiger Konsum von Schmerzmitteln vorliegt. Andererseits hätten sich die Schmerzen auch bei bloss gelegentlicher Vornahme dieser Tätigkeiten dermassen verschlimmert, dass eine ärztliche Behandlung notwendig gewesen wäre. Die Observation bestätigt denn auch die Auffassung des SUVA-Arztes Dr. med. S., welcher im Bericht vom 16. Dezember 2003 "Mühe mit dem Ausmass der geklagten Beschwerden lumbal" hatte.
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Sachverhalt ab Seite 180 BGE 113 V 180 S. 180 A.- Werner K. war Verwaltungsratspräsident der Firma S. und K. AG. Dem Verwaltungsrat gehörten ferner seine Ehefrau Elisabeth sowie T. B. als Mitglieder an. Am 5. März 1980 wurde über die Firma der Konkurs eröffnet. In diesem Verfahren meldete die Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes dem Konkursamt eine Forderung von Fr. 67'522.40 an, die sich u. a. aus paritätischen bundesrechtlichen Sozialversicherungsbeiträgen sowie Betreibungs- und Mahngebühren zusammensetzte. Nachdem der Kollokationsplan und das Inventar am 26. April 1980 bzw. am 24. Oktober 1981 aufgelegt worden waren, gab das BGE 113 V 180 S. 181 Konkursamt der Ausgleichskasse mit Verlustschein vom 7. November 1984 bekannt, dass die geltend gemachte und in der zweiten Klasse kollozierte Forderung lediglich im Umfang von Fr. 7'120.25 befriedigt werden könne, während der Betrag von Fr. 60'402.15 ungedeckt bleibe. In der Folge wurde der Konkurs geschlossen und die Firma von Amtes wegen im Handelsregister gelöscht. Gestützt auf Art. 52 AHVG machte die Ausgleichskasse einen Betrag von Fr. 48'729.70 gegenüber Werner und Elisabeth K. sowie T. B. als Schadenersatzforderung geltend (Verfügungen vom 27. November 1984). Die Betroffenen erhoben gegen diese Verfügungen Einspruch im Sinne von Art. 81 Abs. 2 AHVV . B.- Am 23. Januar 1985 reichte die Ausgleichskasse gegen Werner und Elisabeth K. Schadenersatzklagen ein. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern vereinigte die Klageverfahren, ordnete eine mündliche Verhandlung sowie einen zweiten Schriftenwechsel an und wies die Klagen mit Entscheid vom 20. Januar 1986 ab. C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, der vorinstanzliche Entscheid sei, soweit damit bezüglich der bundesrechtlich geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge die Klage der Ausgleichskasse abgewiesen worden sei, aufzuheben und die Sache an das kantonale Gericht zur Neubeurteilung zurückzuweisen. - Werner und Elisabeth K. lassen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. In einem zweiten Schriftenwechsel haben die Parteien zur Frage der Verwirkung der Schadenersatzforderung Stellung genommen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 82 Abs. 1 AHVV "verjährt" die Schadenersatzforderung, wenn sie nicht innert Jahresfrist seit Kenntnis des Schadens durch Erlass einer Schadenersatzverfügung geltend gemacht wird. Bei dieser Frist handelt es sich entgegen dem Wortlaut der Bestimmung um eine Verwirkungsfrist, die von Amtes wegen zu berücksichtigen ist ( BGE 112 V 8 Erw. 4c). Kenntnis des Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 AHVV ist von dem Zeitpunkt an gegeben, in welchem die Ausgleichskasse unter Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit und unter Berücksichtigung der Praxis erkennen muss, dass die tatsächlichen BGE 113 V 180 S. 182 Gegebenheiten nicht mehr erlauben, die Beiträge einzufordern, wohl aber eine Schadenersatzpflicht begründen können ( BGE 108 V 52 Erw. 5). Im Falle eines Konkurses hat die Kasse nicht notwendigerweise erst in dem Zeitpunkt Kenntnis des Schadens, wenn sie in die konkursamtliche Verteilungsliste und Schlussabrechnung Einsicht nehmen kann oder einen Verlustschein erhält; denn wer im Rahmen eines Konkurses oder Nachlassvertrages einen Verlust erleidet und auf Ersatz klagen will, hat praxisgemäss in der Regel bereits dann eine ausreichende Kenntnis des Schadens, wenn die Kollokation der Forderungen eröffnet bzw. der Kollokationsplan (und das Inventar) zur Einsicht aufgelegt wird. In diesem Zeitpunkt ist oder wäre der Gläubiger im allgemeinen in der Lage, den Stand der Aktiven, die Kollokation seiner Forderung und die voraussichtliche Dividende zu kennen ( BGE 112 V 9 Erw. 4d, 158 und 161 mit Hinweisen; ZAK 1986 S. 523 Erw. 3a). 3. a) Die Beschwerdegegner machen in ihren Stellungnahmen zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend, bei Erlass der Schadenersatzverfügungen am 27. November 1984 sei die Forderung der Ausgleichskasse bereits "verwirkt bzw. verjährt" gewesen. Die Kasse hätte nämlich spätestens am 24. Oktober 1981, als die Neuauflage des Kollokationsplanes erfolgt sei, "Kenntnis über das genaue Ausmass ihres Verlustes" haben können. Jedenfalls wäre ihr diese Kenntnis beim Abschluss der Vergleiche zwischen der Konkursmasse und den Beschwerdegegnern vom 4. November 1981 betreffend Abgeltung der Verantwortlichkeitsansprüche zuteil geworden, wenn sie sich mit der gebotenen Aufmerksamkeit um eine Schadensermittlung bemüht hätte. Das BSV hält in seiner im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels erstatteten Vernehmlassung dafür, es könne nicht in jedem Fall die Auflage des Kollokationsplanes mit dem Zeitpunkt der Kenntnis des Schadens gleichgesetzt werden. Dies erscheine zwar dort als gerechtfertigt, wo - wie etwa in dem vom Eidg. Versicherungsgericht am 26. Juni 1986 beurteilten und in ZAK 1986 S. 522 publizierten Fall - im Zeitpunkt der Auflegung des Kollokationsplanes das Ausmass des (vollständigen) Verlustes für die Ausgleichskasse mit zumutbarem Aufwand ermittelt werden könne. Anderseits könne dies dann nicht uneingeschränkt gelten, wenn "ein Verlust im Bereich des Möglichen" liege, "dessen Umfang aber überhaupt nicht oder zumindest nicht mit zumutbarem Aufwand einigermassen zuverlässig abgeschätzt werden" könne. Namentlich in solchen Fällen, in denen - wie vorliegend - mit einer BGE 113 V 180 S. 183 Teildividende zu rechnen sei, sollte der Zeitpunkt der Auflage des Kollokationsplanes nicht "verabsolutiert" werden, zumal die "in einem Inventar aufgeführten Aktiven oft nur sehr vage bewertet werden" und auch nachträgliche Änderungen des Kollokationsplanes in Grenzfällen wieder zu völlig veränderten Situationen führen könnten. Im vorliegenden Fall seien denn auch in dem am 24. Oktober 1981 zusammen mit dem Kollokationsplan aufgelegten Inventar Anfechtungs- und Verantwortlichkeitsansprüche angeführt worden; erst bei Vorlage der Vergleiche mit den als verantwortlich erachteten Verwaltungsratsmitgliedern im Oktober 1984 habe sich der für die Kasse zu erwartende Schaden ermitteln lassen. Mit den Schadenersatzverfügungen vom 27. November 1984 habe deshalb die Ausgleichskasse innert der einjährigen Verwirkungsfrist des Art. 82 Abs. 1 AHVV gehandelt. Im übrigen wäre die Verwirkung insoweit ohnehin nicht eingetreten, als der Schaden auf einer Zweckentfremdung von Arbeitnehmerbeiträgen beruhe, wofür gemäss Art. 82 Abs. 2 AHVV die strafrechtliche Verjährungsfrist von fünf Jahren gälte. b) Die in Erw. 2 hievor dargelegten Grundsätze, wonach die Kenntnis des Schadens im Falle eines Konkurses in der Regel schon bei Eröffnung der Kollokation der Forderungen bzw. bei Auflegung des Kollokationsplanes (und des Inventars) gegeben ist, finden auch im Bereiche des Zivilrechts ( BGE 111 II 167 Erw. 1a) sowie auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts ( BGE 108 Ib 100 betreffend Art. 20 VG ) Anwendung. Damit erlaubt es die Rechtsprechung dem Gläubiger - entgegen der vom BSV anscheinend vertretenen Auffassung - nicht, die Geltendmachung seiner Forderung bis zu dem Zeitpunkt hinauszuschieben, in welchem er das genaue Ausmass seines Verlustes kennt. Dies stimmt mit den im Zivilrecht anwendbaren Grundsätzen überein. Danach beginnt die in Art. 60 Abs. 1 und Art. 67 Abs. 1 OR festgelegte einjährige Frist in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Geschädigte von der Existenz, der Beschaffenheit und den wesentlichen Merkmalen des Schadens Kenntnis erlangt hat, d. h. alle tatsächlichen Umstände kennt, die geeignet sind, eine Klage zu veranlassen. Von diesem Zeitpunkt an kann von ihm verlangt werden, dass er sich über die Einzelheiten informiert, die geeignet sind, seine Klage zu begründen ( BGE 112 V 162 , BGE 111 II 57 und 167, BGE 109 II 435 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 108 Ib 100 ). Kann indessen im Zeitpunkt der Auflegung des Kollokationsplanes und des Inventars die Schadenshöhe infolge ungewisser BGE 113 V 180 S. 184 Konkursdividende nicht bzw. auch nicht annähernd zuverlässig ermittelt werden, so rechtfertigt sich deren Berücksichtigung in dem Sinne, dass der Belangte gegen Abtretung einer allfälligen Konkursdividende zur Ersetzung des ganzen dem Geschädigten entzogenen Betrages verpflichtet wird. Diese auf den Gebieten des Zivilrechts und des öffentlichen Rechts ( BGE 111 II 164 ; vgl. auch BGE 108 Ib 97 ) angewandte Methode ist auch im Rahmen von Schadenersatzforderungen gemäss Art. 52 AHVG und Art. 82 Abs. 1 AHVV der vom Bundesamt vorgeschlagenen Lösung mit der grundsätzlich erst bei Abschluss des Konkurses gegebenen Kenntnis der genauen Schadenshöhe vorzuziehen. Denn abgesehen davon, dass es aus Gründen der Verfahrensökonomie und der Rechtssicherheit fragwürdig erscheint, den Beginn des Fristenlaufes im jeweiligen Einzelfall verschieden festzulegen, widerspricht es auch der zitierten Rechtsprechung sowie den Interessen der Verfahrensbeteiligten, die Geltendmachung einer Forderung - namentlich bei aufwendigen konkursamtlichen Liquidationen ( BGE 108 Ib 101 ) - während längerer Zeit hinauszuschieben. Zudem entspricht es der - grundsätzlich auch im vorliegend erörterten Zusammenhang geltenden - Zielsetzung des Schadenersatzrechts, dass der Geschädigte wieder so gestellt wird, wie wenn ihm der geschuldete Betrag nicht entzogen worden wäre; dabei hat der Schädiger die Ungewissheit über die endgültige Konkursdividende zu tragen, was als billig erscheint. Somit hat eine Ausgleichskasse, deren Verlust im Zeitpunkt der Auflegung des Kollokationsplanes und des Inventars zufolge ungewisser Konkursdividende noch nicht bzw. auch nicht annähernd genau bestimmt werden kann, ihre Schadenersatzverfügung derart auszugestalten, dass sie die Belangten zur Ersetzung des ganzen, der Schadenersatzforderung entsprechenden Betrages gegen Abtretung der Konkursdividende verpflichtet. c) In dem am 5. März 1980 über die Firma S. und K. AG eröffneten Konkurs ist die Auflegung des Kollokationsplanes und des Inventars erstmals am 26. April 1980 erfolgt, was das Konkursamt im Schweizerischen Handelsamtsblatt sowie im Kantonsblatt bekanntgab. In diesem Zeitpunkt hätte die Ausgleichskasse dem Kollokationsplan und dem Inventar entnehmen können, dass - beim Fehlen von Erstklassgläubigern - den Forderungen der Zweitklassgläubiger (Kasse und SUVA) von insgesamt Fr. 69'985.70 inventarisierte Aktiven von total Fr. 10'492.-- gegenüberstanden, wobei im Inventar noch "evtl. Anfechtungsansprüche" BGE 113 V 180 S. 185 und "evtl. Verantwortlichkeitsansprüche" angeführt waren. Damit stand für die Ausgleichskasse die Schadenshöhe infolge ungewisser Konkursdividende noch nicht fest, zumal die von der Konkursmasse abgeschlossenen Vergleiche mit den Beschwerdegegnern betreffend Abgeltung der Verantwortlichkeitsansprüche in der Höhe von insgesamt Fr. 13'000.-- erst am 4. November 1981 unterzeichnet bzw. im Oktober 1984 vom Konkursamt als genehmigt erklärt wurden. Indessen hätte die Kasse gemäss den in Erw. 3b hievor dargelegten Grundsätzen bereits am 26. April 1980 die Schadenersatzverfügungen erlassen können, als die erstmalige Auflegung des Kollokationsplanes und des Inventars erfolgte, und dabei die Betroffenen gegen Abtretung der Konkursdividende zur Ersetzung des ganzen ihr entzogenen Betrages verpflichten können. Indem die Ausgleichskasse ihre Schadenersatzforderungen erst am 27. November 1984 verfügungsweise geltend machte, handelte sie nach Ablauf der einjährigen Verwirkungsfrist des Art. 82 Abs. 1 AHVV . Im übrigen bestehen - entgegen der vom BSV in seiner nachträglichen Vernehmlassung anscheinend vertretenen Meinung - aufgrund der Akten und der Parteivorbringen ( BGE 110 V 53 Erw. 4a) keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen strafbarer Handlungen, was gegebenenfalls die Prüfung der im Strafrecht vorgesehenen längern Verjährungsfristen im Sinne von Art. 82 Abs. 2 AHVV rechtfertigen würde. Es muss daher bei der Feststellung bleiben, dass die Schadenersatzverfügungen nach Ablauf der einjährigen Verwirkungsfrist des Art. 82 Abs. 1 AHVV und mithin verspätet erlassen worden sind. Der Schadenersatzanspruch der Kasse gegenüber den Beschwerdegegnern ist demzufolge verwirkt.
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c849755c-b936-4714-bd93-50dd5d851143
Sachverhalt ab Seite 295 BGE 134 III 294 S. 295 A. In einer Betreibung auf Grundpfandverwertung der Bank X. (Beschwerdegegnerin) gegen A. (Beschwerdeführer), damals unbekannten Aufenthalts, stellte das zuständige Betreibungsamt am 17. September 1993 einen Pfandausfallschein über Fr. 8'648'304.- aus (vgl. Art. 158 SchKG ). Mit Begehren vom 16. Januar 2006 setzte die Beschwerdegegnerin die Ausfallforderung in Betreibung. Der Beschwerdeführer erhob Rechtsvorschlag. Im darauf folgenden Rechtsöffnungsverfahren erwirkte die Beschwerdegegnerin provisorische Rechtsöffnung für die genannte Forderung. B. Der Beschwerdeführer leitete am 10. Juli 2006 fristgerecht Aberkennungsklage ein, im Wesentlichen mit der Begründung, die mit der Ausstellung des Pfandausfallscheins ausgelöste zehnjährige Verjährungsfrist ( Art. 127 OR ) habe am 17. September 2003 geendet und sei somit am 16. Januar 2006, als die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer erneut betrieben habe, bereits abgelaufen gewesen. Diese Betreibung habe somit keine Unterbrechung der Verjährung nach Art. 135 Ziff. 2 OR bewirken können. Die Beschwerdegegnerin wandte demgegenüber ein, der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Ausstellung des Pfandausfallscheins unbekannten Aufenthalts gewesen. Er sei erst am 24. Juni 2005 von Venezuela nach Zürich gezogen, wie sie in Erfahrung gebracht habe. Bis dahin habe die Forderung nicht vor einem schweizerischen Gericht geltend gemacht werden können, weshalb die Verjährung erst nach diesem Datum zu laufen begonnen habe ( Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR ). Das mit der Sache befasste Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am 31. August 2007 ab und erklärte die der Beschwerdegegnerin erteilte provisorische Rechtsöffnung für definitiv. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, das Urteil des Handelsgerichts aufzuheben und die Forderung von Fr. 8'648'304.- nebst Zins und Kosten, für welche die Beschwerdegegnerin provisorische Rechtsöffnung erlangt hatte, abzuerkennen. Eventuell sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde, nachdem das Bundesgericht ihr Gesuch um Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung mit Verfügung vom 6. Dezember 2007 abgewiesen hat. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. BGE 134 III 294 S. 296 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer anerkennt vor Bundesgericht ausdrücklich, dass er im kantonalen Verfahren in der Replik darauf verzichtet habe, seine Auslandsabwesenheit substantiiert zu bestreiten. Daher beanstandet er (zumindest im Ergebnis) nicht, dass die Vorinstanz für den Zeitraum ab Ausstellung des Pfandausfallscheines bis zum 1. März 1997 einen Wohnsitzgerichtsstand in der Schweiz verneint hat. Hingegen kritisiert er den Schluss der Vorinstanz, die Verjährung habe erst an diesem Datum zu laufen begonnen. Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR ist nach seiner Auffassung nicht anwendbar, da die Beschwerdegegnerin in der Zeit seiner Landesabwesenheit verschiedene ihm gehörende, in der Schweiz befindliche Vermögenswerte, namentlich Oldtimer und andere Automobile, mit Arrest hätte belegen und so am Arrestort hätte klagen können. 1.1 Die Verjährung beginnt nicht oder steht stille, falls sie begonnen hat, solange eine Forderung vor einem schweizerischen Gericht nicht geltend gemacht werden kann ( Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR ). Nach der Rechtsprechung kann sich auf diese Bestimmung nur berufen, wer aus objektiven, von seinen persönlichen Verhältnissen unabhängigen Gründen daran gehindert ist, in der Schweiz zu klagen, namentlich wenn ihm kein Gerichtsstand in der Schweiz zur Verfügung steht ( BGE 124 III 449 E. 4a S. 452 f.; BGE 90 II 428 E. 6-9 S. 435 ff.; vgl. auch BGE 88 II 283 E. 3a S. 290; DÄPPEN, Basler Kommentar, 4. Aufl., N. 7 zu Art. 134 OR ; BERTI, Zürcher Kommentar, 3. Aufl., N. 16 zu Art. 134 OR ; PICHONNAZ, Commentaire romand, N. 9 zu Art. 134 OR ). Jedenfalls dann, wenn der Gläubiger sichere Kenntnis vom Vorhandensein von Arrestgegenständen hat, ist ihm nach der Rechtsprechung zuzumuten, diese verarrestieren zu lassen und am Arrestort eine Prosequierungsklage anzuhaben. In derartigen Fällen kann also die Forderung vor einem schweizerischen Gericht geltend gemacht werden, weshalb der Hinderungsgrund des Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR nicht zum Zuge kommt. Das Bundesgericht liess ausdrücklich offen, wie es sich verhält, wenn der Gläubiger nichts über das Vorhandensein von Vermögenswerten des Schuldners in der Schweiz weiss oder wenn er diesbezüglich einen blossen Verdacht hegt ( BGE 124 III 449 E. 4b/bb S. 455; ungenau daher DÄPPEN, a.a.O., N. 7 zu Art. 134 OR ). 1.2 Nach dem angefochtenen Urteil wäre zwar die Schaffung eines Gerichtsstandes am Arrestort in der Schweiz im Hinblick darauf, BGE 134 III 294 S. 297 dass die beiden Staaten Monaco und Venezuela, in denen sich der Beschwerdeführer aufgehalten haben soll, dem Lugano-Übereinkommen nicht beigetreten sind, nicht ausgeschlossen ( Art. 4 IPRG ; Art. 3 LugÜ [SR 0.275.11]). Gestützt auf jene Lehrmeinungen, welche für die Annahme einer Unterbrechung des Verjährungsstillstandes ein Wissen oder Wissenmüssen des Gläubigers um die Möglichkeit der Arrestlegung voraussetzen (BECKER, Berner Kommentar, N. 10 zu Art. 134 OR ; SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bd. I, S. 159 inkl. Anm. 44), verneinte die Vorinstanz aber eine Erkundigungspflicht des Gläubigers für Fälle, in denen dieser über keinerlei Anhaltspunkte für das Vorhandensein verarrestierbarer Vermögenswerte verfügt. 2. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, der Rechtsstillstand nach Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR verlange objektive, von den persönlichen Verhältnissen des Gläubigers unabhängige Umstände. Demgegenüber liege das Nichtwissen um die Möglichkeit der Arrestlegung in den subjektiven Verhältnissen des Gläubigers. Wenn schon bei unverschuldeter Unkenntnis einer Forderung die Verjährung laufe, könne sie nicht gehemmt sein, wenn der Gläubiger nicht um das Vorhandensein arresttauglichen Vermögens wisse und mangels konkreter Anhaltspunkte auch nichts wissen könne. 2.1 Das Rechtsinstitut der Verjährung beruht nicht zuletzt auch auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes des Schuldners. Der Schuldner soll nicht dauernd im Ungewissen darüber gelassen werden, "ob eine Forderung, die längere Zeit nicht geltend gemacht wurde und mit der er natürlicherweise immer weniger rechnet, schliesslich doch noch eingeklagt werde" ( BGE 90 II 428 E. 8 S. 438). In bestimmten, im Gesetz abschliessend aufgeführten Sonderfällen, deren Vorhandensein der Schuldner leicht erkennen kann, ist aber die Verjährung gehemmt. Art. 134 OR umschreibt in den Ziffern 1-5 Fallkonstellationen, in denen die Geltendmachung der Forderung durch persönliche Beziehungen stark erschwert und daher unzumutbar oder tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist. Diesen gesetzlichen Gründen für die Hemmung der Verjährung liegt die Erwägung zu Grunde, dass es unbillig wäre, den Gläubiger auch für jene Zeitspannen die Folgen einer laufenden Verjährung spüren zu lassen, in denen seine Scheu, eine Forderung zwangsweise durchzusetzen, angesichts der Natur des zwischen Gläubiger und Schuldner bestehenden Rechtsverhältnisses nachvollziehbar ist. Eine ähnliche Wertung liegt auch Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR zugrunde, der einen Stillstandsgrund bezeichnet, BGE 134 III 294 S. 298 bei dessen Vorliegen dem Gläubiger die Durchsetzung der Forderung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen unmöglich ist (BERTI, a.a.O., N. 1 zu Art. 134 OR ). Subjektive, in den persönlichen Verhältnissen des Gläubigers liegende Umstände, die einer an sich möglichen Klage in der Schweiz entgegenstehen, fallen dagegen schon deshalb nicht unter diese Bestimmung, weil sie für den Schuldner oft nicht erkennbar sind ( BGE 90 II 428 E. 9 S. 440). Daraus ist e contrario zu folgern, dass ein Schuldner, der nach Treu und Glauben aus der Nichtverfolgung des Anspruchs des Gläubigers nicht schliessen darf, dieser verzichte auf die Durchsetzung seines Anspruchs, nicht in gleichem Masse auf den Verjährungsschutz angewiesen ist. Beispielsweise wird ein im Ausland lebender Schuldner, der dem Gläubiger nicht bekanntgibt, wo und welche seiner Vermögenswerte sich in der Schweiz befinden, und der auch sonst keinen Anhaltspunkt dafür hat, der Gläubiger habe entsprechende Kenntnis, in aller Regel darauf zählen, dass ihm in der Schweiz keine Klage droht. Der vom Gläubiger unbehelligte Schuldner kann daher nicht in guten Treuen annehmen, der Gläubiger habe sein Interesse an der Durchsetzung seines Anspruchs verloren, diesen gewissermassen "derelinquiert" (vgl. BERTI, a.a.O., N. 13 Vorbemerkungen zu Art. 127-142 OR ). 2.2 Die abstrakte Möglichkeit, sich in der Schweiz einen Gerichtsstand zu verschaffen, stellt nicht grundsätzlich einen Ausschlussgrund für die Anrufung von Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR dar ( BGE 124 III 449 E. 4a S. 453). Andernfalls hätte es der Schuldner, der sich ins Ausland abgesetzt hat, in der Hand, durch heimliche Hinterlegung eines Vermögenswertes in der Schweiz die Fortsetzung des Verjährungslaufs herbeizuführen. Das liegt nicht in der Regelungsabsicht des Gesetzgebers. Ob dem Gläubiger unter Umständen bei hinreichend gesicherten Anhaltspunkten zuzumuten ist, weitere Abklärungen über allenfalls in der Schweiz befindliche Vermögenswerte des Schuldners zu treffen, braucht nach wie vor nicht entschieden zu werden. Der Gläubiger kann nämlich keinenfalls im Sinne einer Obliegenheit gehalten sein, sich um das Auffinden von Anhaltspunkten zu bemühen oder Vorkehrungen zur Erlangung eines schweizerischen Gerichtsstandes zu treffen, wenn deren Erfolg höchst ungewiss ist. Eine derartige Anforderung an den Gläubiger scheitert an der Zumutbarkeit (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5C.116/ 2003 vom 5. Februar 2004, E. 2.2.2 nicht publ. in BGE 130 III 547 , aber publ. in: Pra 94/2005 Nr. 105 S. 752). Der Gläubiger darf sich BGE 134 III 294 S. 299 in solchen Situationen darauf verlassen, dass die Verjährung mangels Belangbarkeit des Schuldners gehemmt ist oder nicht zu laufen beginnt. Nach PICHONNAZ, a.a.O., N. 10 zu Art. 134 OR , soll das blosse Vorhandensein von Arrestgegenständen in der Schweiz nur dann zur Aufhebung des Verjährungsstillstandes genügen, wenn der Gläubiger hinreichende Kenntnis davon hat und in der Lage ist, einen gültigen Arrest zu erlangen. Bei blossem Sucharrest ist dies nicht der Fall (vgl. schon ZR 51/1952 S. 97, wo ein Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 9. Mai 1951 wiedergegeben wird). 3. 3.1 Nach dem angefochtenen Urteil hat der Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren vorgebracht, die in Betreibung gesetzte Forderung beruhe auf einem Kredit der mittlerweile von der Beschwerdegegnerin übernommenen Bank Y. Die Beschwerdegegnerin sei mit deren damaligem Direktor in persönlichem Kontakt gestanden. Sie hätte durch dessen Befragung sowie durch Einsicht in die Akten des ursprünglichen Finanzierungsgeschäfts ohne Weiteres in Erfahrung bringen können, dass der Beschwerdeführer enge Geschäftsbeziehungen und ein Vertrauensverhältnis zu B. unterhalten habe. Dieser sei als Treuhänder und Geschäftspartner des Beschwerdeführers aufgetreten und hätte über dessen verarrestierbare Vermögenswerte in der Schweiz Auskunft geben können. Nach Auffassung der Vorinstanz muss der Gläubiger indessen keine derartigen Nachforschungen auf sich nehmen. Eine Befragung des Treuhänders musste zudem von vornherein als nutzlos erscheinen, da dieser nicht zur Auskunfterteilung verpflichtet war, als Freund und Geschäftspartner des Beschwerdeführers aus moralischen Gründen kaum Auskunft erteilt hätte und als Treuhänder zufolge seiner vertraglichen Treuepflicht ( Art. 398 Abs. 2 OR ) in Wahrung der Interessen des Beschwerdeführers ohnehin keine Angaben über dessen Vermögen hätte machen dürfen. 3.2 Diese Subsumtion ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Einem Gläubiger ist nicht zuzumuten, in jedem Fall von Auslandabwesenheit des Schuldners, welche einen Arrestgrund darstellt, aufs Geratewohl, gewissermassen ins Blaue hinaus, Aktivitäten zur Suche nach Arrestgegenständen in der Schweiz zu entfalten, um den Stillstand der Verjährung zu erhalten. Erst recht erscheint unter vertrauenstheoretischen Gesichtspunkten unzulässig, Suchbemühungen zu fordern, die von Beginn an kaum Aussicht auf Erfolg versprechen. Die Beschwerdegegnerin hätte über den Treuhänder erst vom BGE 134 III 294 S. 300 Vorhandensein der Wertgegenstände ins Bild gesetzt werden müssen. Dass der Treuhänder diese Auskunft korrekterweise hätte verweigern müssen, hat die Vorinstanz zutreffend erkannt. Soweit der Beschwerdeführer vor Bundesgericht anführt, die Beschwerdegegnerin bzw. eine von ihr beauftragte Inkassofirma hätte sich beim Treuhänder nur als Kaufinteressentin ausgeben müssen, und sie hätte "die verarrestierbaren Vermögenswerte des Beschwerdeführers auf dem Silbertablett präsentiert" erhalten, verkennt er, dass es den Grundwerten des Obligationenrechts zuwiderläuft, ein täuschendes Verhalten als Obliegenheit zur Rechtserhaltung zu fordern.
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Sachverhalt ab Seite 92 BGE 97 II 92 S. 92 Aus dem Tatbestand: G. und Frau S. waren während mehrerer Jahre intim befreundet. Nachdem Frau S. die Beziehungen zu G. abgebrochen hatte, schrieb er ihr eine Reihe von Briefen mit zum Teil beleidigendem Inhalt, von denen er Kopien an Drittpersonen sandte. Vergebens liess ihn Frau S. durch ihren Anwalt auffordern, den Versand solcher Briefe zu unterlassen. G. fuhr fort, Frau S. Briefe und andere Sendungen unzüchtigen Inhalts zuzustellen. Frau S. erhob daher Klage, wobei sie dem Gericht folgende Streitfrage unterbreitete: "Ist dem Beklagten unter Androhung der Überweisung an den Strafrichter wegen Ungehorsams im Sinne von Art. 292 StGB zu verbieten, der Klägerin persönlichkeitsverletzende Briefe zuzustellen bzw. zustellen zu lassen oder sich gegenüber Dritten über die Klägerin persönlichkeitsverletzend zu äussern?" BGE 97 II 92 S. 93 Das erstinstanzliche kantonale Gericht hiess dieses Unterlassungsbegehren gut. Eine vom Beklagten hiegegen eingereichte Berufung wies das Obergericht ab. Ziffer 1 des Urteilsdispositivs lautete folgendermassen: "Dem Beklagten wird untersagt, der Klägerin Briefe, durch die sie in ihren persönlichen Verhältnissen verletzt wird, zuzustellen bzw. zustellen zu lassen oder sich gegenüber Drittpersonen über die Klägerin in einer Art, die deren persönliche Verhältnisse verletzt, zu äussern. Bei Nichtbeachtung dieses Verbotes würde der Beklagte dem Strafrichter zur Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Haft oder Busse) überwiesen." Der Beklagte führte Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag, die Klage abzuweisen. Das Bundesgericht wies die Berufung ab, soweit darauf eingetreten werden konnte, und bestätigte das Urteil des Obergerichts unter Verdeutlichung von Ziffer 1 des Dispositivs im Sinne der Erwägungen. Erwägungen Aus den Erwägungen: Unterlassungsklagen können nur in demjenigen Umfang geschützt werden, als sie auf das Verbot eines genügend bestimmten Verhaltens gerichtet sind ( BGE 84 II 457 f., BGE 78 II 292 f. undBGE 56 II 437; JÄGGI, Fragen des privatrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit, ZSR Bd. 79 II S. 182a sub lit. d; GROSSEN, La protection de la personnalité en droit privé, ZSR Bd. 79 II S. 40a). Die Vollstreckung des verlangten Verbotes muss möglich sein, ohne dass der hiefür zuständige Richter nochmals eine materielle Beurteilung des in Frage stehenden Verhaltens vorzunehmen hat. Das Urteil der Vorinstanz verstösst gegen diesen Grundsatz, indem darin dem Beklagten die Zustellung von Briefen an die Klägerin und Äusserungen gegenüber Drittpersonen, welche die Klägerin in ihren persönlichen Verhältnissen verletzen, verboten werden. Damit bleibt es dem Strafrichter überlassen zu bestimmen, ob das Verhalten des ihm zur Bestrafung wegen Ungehorsams im Sinne von Art. 292 StGB überwiesenen Beklagten als persönlichkeitsverletzend zu qualifizieren sei oder nicht. Diese Frage hat aber allein der Zivilrichter zu entscheiden. Die Vorinstanz hätte daher das von ihr ausgesprochene Verbot unter entsprechender Richtigstellung des bereits zu BGE 97 II 92 S. 94 weit gefassten Klagebegehrens auf jenes Verhalten des Beklagten beschränken sollen, das Gegenstand des Prozesses war. Das Bundesgericht hat dies von Amtes wegen nachzuholen und Ziffer 1 des Urteilsdispositivs der Vorinstanz in dem Sinne zu verdeutlichen, dass sich das an den Beklagten gerichtete Verbot auf Äusserungen beschränkt, deren Rechtswidrigkeit im vorliegenden Verfahren festgestellt wurde (vgl. hiezuBGE 56 II 437f. und BGE 96 II 262 ). Der Beklagte darf somit der Klägerin keine Briefe mehr zukommen lassen, in denen er sich über die Beziehungen zwischen den Parteien oder über geschlechtliche Dinge äussert oder das Verhalten und den Charakter der Klägerin kritisiert oder ihr gegenüber Drohungen ausspricht. Ebenso hat er alle Äusserungen gegenüber Drittpersonen zu unterlassen, die entweder seine persönlichen Beziehungen zur Klägerin betreffen oder an diese gerichtete Vorwürfe enthalten. Diese Präzisierung bedeutet nicht etwa eine teilweise Gutheissung der Berufung; denn der Beklagte hat im ganzen Verfahren nie geltend gemacht, das auf Unterlassung gerichtete Klagebegehren sei zu weit gefasst. Im übrigen konnte sich die Klage von vorneherein nur auf jenes Verhalten des Beklagten beziehen, dessen Rechtswidrigkeit im Prozess behauptet wurde. Die Vorinstanzen hätten daher das zu allgemein gefasste Unterlassungsbegehren ganz unabhängig von der Stellungnahme des Beklagten nur im Rahmen der sich aus der Klagebegründung ergebenden Konkretisierung zulassen und gutheissen sollen.
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Sachverhalt ab Seite 178 BGE 101 II 177 S. 178 A.- Albert Gautschi wurde am 10. April 1969 schwer verletzt in das Bezirksspital in Lachen eingeliefert und am 13. April 1969 von dort aus in bewusstlosem Zustand in die Neurochirurgische Universitätsklinik des Kantonsspitals Zürich überführt. Am 14. April 1969 wurde in dieser Klinik der Hirntod des Patienten festgestellt, wobei der Blutkreislauf jedoch infolge der weiter fortgesetzten künstlichen Beatmung aufrecht erhalten blieb. Hievon wurde der Chirurgischen Klinik A des gleichen Spitals im Hinblick auf eine mögliche Organentnahme Kenntnis gegeben. Es ergab sich nun, dass im Kantonsspital Zürich ein Herzpatient namens Hofmann in Behandlung stand, dem nach ärztlichem Befund nur noch durch Einsetzung eines andern Herzens zu helfen war. Es wurde beschlossen, hiefür das Herz des verstorbenen Albert Gautschi zu verwenden. Ein Ärzteteam unter der Leitung von Professor Senning führte die Herzverpflanzung gleichentags aus. Der Gesundheitsdirektor des Kantons Zürich, Regierungsrat Bürgi, selber Arzt, wohnte der Operation bei. Die Angehörigen des Herzspenders waren nicht angefragt worden, ob sie mit der Herzentnahme einverstanden seien. Die Ehefrau Gautschis lebte allerdings seit Jahren von ihrem Mann getrennt und hatte gegen diesen sogar Scheidungsklage erhoben. Die Eltern des Spenders, Paul und Luise Gautschi, hatten am Abend des 13. April 1969 zusammen mit einer Tochter und zwei Schwiegersöhnen in der Klinik vorgesprochen, um sich nach dem Zustand ihres Sohnes zu erkundigen. Sie hatten BGE 101 II 177 S. 179 damals den Bescheid erhalten, dass praktisch keine Aussicht auf eine Wiederherstellung des Patienten bestehe. Am Abend des 14. April 1969 wurde die Presse durch Regierungsrat Bürgi und die an der Operation beteiligten Professoren über die erfolgreich verlaufene Herzverpflanzung - die erste in der Schweiz - orientiert. Die Namen des Spenders und des Empfängers des verpflanzten Herzens wurden dabei nicht bekanntgegeben. Lediglich deren Alter sowie die Todesursache des Spenders (Unfall) und der Beruf des Empfängers wurden mitgeteilt. Die Presseleute wurden im übrigen auf ihre Pflicht zur Diskretion hingewiesen und ermahnt, den weiteren Umständen persönlicher Art nicht nachzugehen und die Anonymität des Herzspenders und -empfängers zu wahren. Am 15. April 1969 erschien jedoch in einer schwedischen Zeitung ein Bericht über die in Zürich durchgeführte Herzverpflanzung, worin auch die Namen von Spender und Empfänger bekanntgegeben wurden. Dieser Bericht stammte von einem schwedischen Medizinjournalisten, der von Professor Senning eingeladen worden war, einer andern Operation beizuwohnen. Der betreffende Journalist hatte sich in der Folge jedoch unerlaubterweise Zutritt auch zur Herzverpflanzung verschaffen und die Personalien der beiden Patienten in Erfahrung bringen können. Auf diese Weise wurden die Namen des Spenders und des Empfängers des verpflanzten Herzens allgemein bekannt und die Angehörigen der beiden in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Unabgeklärt blieb, auf welche Weise die Eltern des Albert Gautschi davon Kenntnis hatten, dass es sich beim verpflanzten Herzen um dasjenige ihres Sohnes handelte. Am Vormittag des 15. April 1969 soll die Ehefrau des Albert Gautschi im Spital vorgesprochen und dabei von Professor Krayenbühl den Bescheid erhalten haben, ihr verstorbener Gatte sei der Spender des Herzens gewesen, was sie auch ihren Schwiegereltern mitteilen möge. Die Eltern Gautschi wollen indessen erst durch die Massenmedien erfahren haben, dass es sich beim verpflanzten Herzen um dasjenige ihres Sohnes gehandelt habe. Auf die Frage von Presseleuten, ob sie gegen die Herzentnahme Einspruch erhoben oder dieser zugestimmt hätten, antworteten sie, dass sie damit einverstanden gewesen wären, wenn man sie vorher angefragt hätte. BGE 101 II 177 S. 180 B.- Am 16. Januar 1970 reichten Paul und Luise Gautschi beim Bezirksgericht Zürich gegen den Kanton Zürich, Regierungsrat Bürgi sowie die Professoren Krayenbühl und Senning Klage ein. Sie stellten in erster Linie den Antrag, es sei festzustellen, dass die am 14. April 1969 an ihrem Sohn vorgenommene Herzentnahme zwecks Transplantation rechtswidrig gewesen sei und gegen die guten Sitten verstossen habe. Sodann verlangten sie, die Beklagten seien solidarisch zu verpflichten, ihnen einen Betrag von Fr. 10'000.-- zu bezahlen. Zur Begründung machten sie geltend, die Rechts- und Sittenwidrigkeit der Herzentnahme ergebe sich daraus, dass sie als Eltern nicht um ihr Einverständnis zu einem solchen Eingriff ersucht und dadurch in ihren persönlichen Verhältnissen verletzt worden seien. Der eingeklagte Betrag werde sowohl unter dem Titel Genugtuung als auch unter dem Titel Schadenersatz gefordert. Genugtuung werde wegen schwerer Verletzung in den persönlichen Verhältnissen verlangt. Diese sei nicht nur darin zu erblicken, dass die Herzentnahme ohne ihre Erlaubnis erfolgt sei, sondern auch im Umstand, dass die Transplantation mit einer entsprechend grossen Publizität umgeben und dabei das Arztgeheimnis in schuldhafter Weise verletzt worden sei. Dadurch seien die Kläger Opfer der Sensationsgier geworden, was sie in ihren Gefühlen besonders schwer getroffen habe. Weil die Kläger infolge dieser Ereignisse sogar in ihrer Gesundheit angegriffen worden seien und sich in ärztliche Behandlung hätten begeben müssen, stehe ihnen auch ein Schadenersatzanspruch zu, der sich allerdings nicht ziffernmässig nachweisen lasse und deshalb nach richterlichem Ermessen festzusetzen sei. Das Bezirksgericht Zürich wies die Klage mit Urteil vom 28. Dezember 1973 ab. Es nahm an, das für eine selbständige Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse fehle, und verneinte im übrigen das Vorhandensein der Voraussetzungen für die Zusprechung einer Genugtuungssumme. Den geltend gemachten Schaden erachtete das Gericht als nicht genügend substantiiert. C.- Das Obergericht des Kantons Zürich wies die von den Klägern gegen den bezirksgerichtlichen Entscheid erhobene Berufung mit Urteil vom 5. November 1974 ab. Es betrachtete die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens als fragwürdig, liess diese Frage aber offen, da es aus materiellen Gründen zur BGE 101 II 177 S. 181 Abweisung der Klage gelangte. Eine Verletzung der Kläger in ihren persönlichen Verhältnissen zufolge Nichteinholung ihres Einverständnisses zur Herzentnahme verneinte es vor allem mit der Begründung, dass nicht die Eltern eines Verstorbenen dazu berufen seien, der Entnahme eines Organs zuzustimmen, wenn wie hier ein Ehegatte vorhanden sei, dem die Totenfürsorge obgelegen habe. Im übrigen fehle den Klägern ein schutzwürdiges Interesse an der Verfolgung der von ihnen eingeklagten Ansprüche auch deshalb, weil sie selber erklärt hätten, sie hätten ihre Zustimmung zur Herzentnahme nicht verweigert, wenn man sie darum gefragt hätte. Soweit die Kläger als weitere Verletzung in den persönlichen Verhältnissen die Störung ihres seelischen Befindens geltend machten, hervorgerufen dadurch, dass sie nicht seitens der beteiligten Ärzte über die Herzentnahme orientiert worden seien, sondern erst durch die Massenmedien, treffe die Verantwortung für die publizistische Auswertung der Herzverpflanzung und die dabei erfolgten Indiskretionen nicht die Beklagten; zudem könnte die Beeinträchtigung der Gefühle der Kläger mit Rücksicht auf die gegeneinander abzuwägenden Interessen nicht als eine unbefugte bezeichnet werden. Schliesslich würde es, was die Zusprechung einer Genugtuung anbetreffe, an der Voraussetzung der besonderen Schwere des Verschuldens fehlen, und in bezug auf den geltend gemachten Schadenersatzanspruch sei eine Substantiierung auch im zweitinstanzlichen Verfahren nicht erfolgt. D.- Die Kläger haben gegen das obergerichtliche Urteil Berufung an das Bundesgericht eingereicht und darin erneut den Antrag auf Gutheissung ihrer Klage gestellt. Gleichzeitig ersuchten sie unter Hinweis auf die Erkrankung ihres Vertreters um Wiederherstellung der nicht eingehaltenen Berufungsfrist und um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege. Den beiden zuletzt erwähnten Anträgen wurde entsprochen. Die Beklagten beantragen die Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Vorerst ist festzuhalten, dass das obergerichtliche Urteil in folgenden zwei Punkten nicht angefochten worden ist: a) Die Kläger haben den von ihnen mit der Klage verlangten Geldbetrag ursprünglich nicht nur als Genugtuungssumme, BGE 101 II 177 S. 182 sondern auch als Schadenersatzforderung bezeichnet. Die Vorinstanz hat indessen einen Schadenersatzanspruch mangels näherer Begründung des erlittenen Schadens verneint. Die Kläger machen vor Bundesgericht nicht geltend, dass damit Bundesrecht verletzt worden sei. Die eingeklagte Geldforderung ist daher nur noch unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob den Klägern ein Anspruch auf Genugtuung zustehe. b) Die Genugtuungsforderung wurde sodann im kantonalen Verfahren auch damit begründet, die Beklagten 2-4 hätten in Missachtung der ihnen obliegenden Geheimhaltungspflicht die Anonymität der Person des Herzspenders nicht gewahrt. Dadurch seien die Kläger den Nachteilen einer überbordenden Publizität ausgesetzt worden, was eine schwere Verletzung in ihren persönlichen Verhältnissen bedeute. Im angefochtenen Urteil wird im einzelnen dargelegt, weshalb dieser Vorwurf nicht zutreffe. In der Berufungsschrift werden diese Ausführungen nicht angefochten. Das auf Geldzahlung gerichtete Klagebegehren bildet deshalb vor Bundesgericht nur noch insoweit Gegenstand des Streites, als damit ein Genugtuungsanspruch aus dem Umstand abgeleitet wird, dass die Kläger vor der Entnahme des Herzens ihres verstorbenen Sohnes nicht um ihr Einverständnis ersucht wurden. 2. Die von den Klägern geltend gemachte Verletzung in ihren persönlichen Verhältnissen fiel in den Bereich der beruflichen Tätigkeit, welche die Beklagten 2-4 in ihrer Eigenschaft als Beamte ausübten. Die Beklagten 3 und 4 standen als. Universitätsprofessoren und Direktoren von Universitätskliniken des Kantonsspitals Zürich - einer unselbständigen öffentlichen Anstalt (vgl. BGE 98 Ia 521 ) - in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Kanton Zürich ( BGE 100 Ia 316 /317 Erw. 3a). Das gleiche gilt für den Beklagten 2, welcher der Herzverpflanzung als Vorsteher der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich beiwohnte. Es stellt sich daher die Frage, ob sich die Haftpflicht der Beklagten nach Bundeszivilrecht oder nach kantonalem Recht beurteile. Diese Frage ist im kantonalen Verfahren nicht geprüft worden. Von ihrer Beantwortung hängt aber ab, ob das Bundesgericht, dessen Prüfungsbefugnis auf die Verletzung von Bundesrecht beschränkt ist ( Art. 43 Abs. 1 OG ), auf die in der Berufung erhobenen Rügen eintreten kann. BGE 101 II 177 S. 183 a) Nach Art. 61 Abs. 1 OR können die Kantone über die Pflicht ihrer Beamten und Angestellten, den in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachten Schaden zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, vom Bundeszivilrecht abweichende Bestimmungen aufstellen. Nach Absatz 2 des gleichen Artikels können jedoch die Regeln des Bundeszivilrechts für gewerbliche Verrichtungen von öffentlichen Beamten und Angestellten durch kantonale Gesetze nicht abgeändert werden. Unter gewerblichen Verrichtungen im Sinne dieser Vorschrift wird die Staatstätigkeit verstanden, die keinen hoheitlichen Charakter trägt (vgl. z.B. BGE 89 II 271 ; OFTINGER, Schweiz. Haftpflichtrecht, Bd. II/1, S. 121 ff., insbes. S. 127/128; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 13 zu Art. 61 OR ). Die ärztliche Berufsausübung in öffentlichen Krankenhäusern wird nach herrschender Meinung nicht den gewerblichen Verrichtungen im Sinne von Art. 61 Abs. 2 OR zugerechnet, sondern als hoheitliche Staatstätigkeit betrachtet, soweit sie durch Ärzte in amtlicher Eigenschaft erfolgt ( BGE 82 II 324 ff.; BGE 70 II 208 ; BGE 56 II 200 f.; BGE 48 II 417 f.; OFTINGER, a.a.O. S. 130; anderer Auffassung GAUTSCHI, N. 42 und 53c zu Art. 394 OR ; LOEFFLER, Die Haftung des Arztes aus ärztlicher Behandlung, Diss. Zürich 1945 S. 33). Der Kanton Zürich wäre daher, wenn man dieser Auffassung folgen will, berechtigt, hiefür eigene Haftpflichtregeln aufzustellen und die Anwendbarkeit des Bundeszivilrechts auf diese Weise auszuschliessen. Es ist somit zu prüfen, ob der Kanton Zürich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Zur Zeit der in Frage stehenden Herzverpflanzung galt im Kanton Zürich noch nicht das heute massgebende Gesetz über die Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten vom 14. September 1969. Dieses Gesetz wurde auf den 1. Juli 1970 in Kraft gesetzt und schliesst in § 35 Abs. 2 ausdrücklich jede rückwirkende Anwendung aus. Vor diesem Zeitpunkt war § 224 des zürcherischen EG zum ZGB anwendbar, der die Haftung der "Mitglieder und Angestellten der Verwaltungsbehörden" auf den "in Ausübung ihres Amtes durch Arglist oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführten Schaden" beschränkte. Eine Haftung des Staates selber war in § 227 des gleichen Gesetzes nur in einem engen Rahmen vorgesehen, der hier nicht weiter von Interesse ist. Die Haftung beamteter Ärzte in öffentlichen Spitälern wurde BGE 101 II 177 S. 184 von den zürcherischen Gerichten früher nach § 224 EG zum ZGB und nicht nach Bundeszivilrecht beurteilt. Erst mit Entscheid des Zürcher Obergerichts vom 28. November 1961 wurde diese Rechtsprechung geändert. Es wurde entschieden, dass die Ausübung des Arztberufs an öffentlichen Spitälern durch Ärzte als Beamte keine hoheitliche Staatstätigkeit darstelle, da sie sich durch nichts von der ärztlichen Tätigkeit in privaten Spitälern unterscheide. Die Anwendbarkeit des § 224 EG zum ZGB auf Haftpflichtansprüche gegen Ärzte in Beamtenstellung wurde daher verneint, und es wurden unter Berufung auf Art. 61 Abs. 2 OR die Haftungsbestimmungen des Bundeszivilrechts als allein massgebend erklärt (ZR 1963 Nr. 33 S. 82 ff.). Das Bundesgericht, an welches dieser Entscheid weitergezogen wurde, erachtete sich an die Auslegung des kantonalen Rechts durch das Zürcher Obergericht gebunden und ging gestützt darauf davon aus, dass der Kanton Zürich keine Bestimmungen über die Verantwortlichkeit der Ärzte an öffentlichen Spitälern erlassen habe. Es seien daher, so führte das Bundesgericht aus, die Art. 41 ff. OR anwendbar, ohne dass entschieden zu werden brauche, ob die Verrichtungen der beklagten Ärzte als gewerbliche zu würdigen wären, für die Art. 61 Abs. 2 OR eine kantonale Regelung der Schadenersatz- und Genugtuungsfolgen verbiete (ZR 1963 S. 85). Die gleiche Rechtslage besteht im vorliegenden Fall. Mangels einer kantonalen Haftungsregelung für die an öffentlichen Spitälern tätigen Ärzte gilt für deren Haftpflicht das Bundeszivilrecht (so auch BGE 70 II 208 ; vgl. ferner BGE 98 II 48 , BGE 90 II 277 ff.). b) Hingegen fragt es sich, ob das gleiche auch für die Haftung des Kantons Zürich selber gelte. Nach Lehre und Rechtsprechung richtet sich die Haftung des Staates insoweit ausschliesslich nach öffentlichem Recht, als hoheitliche Befugnisse ausgeübt werden. Anders als bei der persönlichen Haftbarkeit der Beamten ist das Bundeszivilrecht selbst dort nicht anwendbar, wo das öffentliche Recht keine eigene Regelung der Haftpflicht kennt. Sogar wenn vom öffentlichen Recht auf das Bundeszivilrecht verwiesen wird, kommt dieses nicht direkt, sondern als kantonales Ersatzrecht zur Anwendung, was die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichtes als Berufungsinstanz ausschliesst. Nach Bundeszivilrecht richtet sich somit BGE 101 II 177 S. 185 die Haftung des Staates - von einigen hier nicht massgebenden Sonderfällen abgesehen - nur dann, wenn er nicht Befugnisse hoheitlicher Art ausübt, sondern dem Privaten als gleichgestelltes Rechtssubjekt entgegentritt. Diese Grundsätze werden aus Art. 59 Abs. 1 ZGB abgeleitet, wo für die öffentlichrechtlichen Körperschaften und Anstalten das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten wird ( BGE 89 I 488 f. Erw. 2; BGE 89 II 271 ; BGE 81 II 302 ff.; BGE 48 II 417 f.; OFTINGER, a.a.O. S. 115 ff.; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 8-11 zu Art. 61 OR ; H.R. SCHWARZENBACH, Die Staats- und Beamtenhaftung in der Schweiz, S. 80). Nach dem soeben Ausgeführten bestimmt sich das Recht, nach welchem die Verantwortlichkeit des Kantons Zürich für das den Beklagten 2-4 zum Vorwurf gemachten Verhalten zu beurteilen ist, wiederum danach, ob die Ausübung des Arztberufs in öffentlichen Spitälern durch Ärzte in amtlicher Eigenschaft zur hoheitlichen Staatstätigkeit zu rechnen ist oder nicht. Diese Frage ist nach Bundesrecht zu entscheiden. Wird sie in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung bejaht, fällt eine Haftung des Kantons Zürich nach Bundeszivilrecht ausser Betracht. Auf die Berufung könnte dann insoweit nicht eingetreten werden, als sich die Klage auch gegen den Kanton Zürich richtet. Wird jedoch verneint, dass die Beklagten 2-4 als Träger hoheitlicher Befugnisse gehandelt haben - und hiefür sprechen einige Gründe -, so kann der Kanton Zürich im Rahmen von Art. 55 Abs. 2 ZGB (Organhaftung) oder eventuell Art. 55 OR (Geschäftsherrenhaftung) für deren Verhalten haftbar gemacht werden. Die Frage kann indessen offenbleiben, falls den Beklagten 2-4 kein rechtswidriges Verhalten, das einer Genugtuung rufen würde, zur Last fällt. 3. Die Frage, ob der vorliegende Streitfall überhaupt nach Bundeszivilrecht beurteilt werden kann, stellt sich auch in bezug auf das mit der Klage geltend gemachte Feststellungsbegehren. Dieses stützt sich auf Art. 28 ZGB . Der privatrechtliche Persönlichkeitsschutz gelangt indessen nur dann zur Anwendung, wenn das streitige Rechtsverhältnis als solches dem Privatrecht unterliegt. Das Kantonsspital Zürich ist - wie bereits in anderem Zusammenhang erwähnt - eine unselbständige öffentliche Anstalt des Kantons Zürich. Die Rechtsbeziehungen zwischen einer solchen Anstalt und ihren Benützern oder deren Angehörigen BGE 101 II 177 S. 186 können sowohl privatrechtlich als auch öffentlichrechtlich ausgestaltet werden. Gemäss Art. 6 Abs. 1 und 59 Abs. 1 ZGB bleibt es dem kantonalen Gesetzgeber überlassen, welcher Lösung er den Vorzug geben will (GRISEL, Droit administratif suisse, S. 118 f.; IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Bd. I, Nr. 111 S. 2 ff.). Am 25. März erliess der Regierungsrat des Kantons Zürich eine Verordnung über die kantonalen Krankenhäuser, die vom Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde des damaligen Vertreters der Kläger und mehrerer Mitbeteiligter hin auf ihre Verfassungsmässigkeit zu prüfen war. Dabei gelangte das Bundesgericht auf Grund dieser Verordnung zum Schluss, für eine privatrechtliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Krankenanstalt und Patient bleibe kein Raum, und die Frage der Zulässigkeit von Eingriffen in dessen toten Körper sei daher nicht nach den Regeln des Privatrechts zu entscheiden ( BGE 98 Ia 521 ). Sollten die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kantonsspital und seinen Patienten schon vor dem Erlass der betreffenden Verordnung vollumfänglich vom kantonalen öffentlichen Recht beherrscht worden sein (vgl. in diesem Sinne BGE 70 II 208 , BGE 56 II 200 f., BGE 48 II 417 , BGE 44 II 54 ), könnte auf die Berufung diesbezüglich nicht eingetreten werden, da Gegenstand des Streites nicht eine Zivilsache wäre. Die Prozessparteien, zu denen immerhin der Kanton Zürich selber gehört, sind jedoch im ganzen bisherigen Verfahren übereinstimmend davon ausgegangen, dass der vorliegende Rechtsstreit nach Privatrecht zu entscheiden sei. Auch wenn es sich bei der Frage nach dem anwendbaren Recht um eine Rechtsfrage handelt, die von Amtes wegen zu prüfen ist, kann im erwähnten Umstand doch ein Indiz dafür erblickt werden, dass die hier zu beurteilenden Rechtsbeziehungen im Jahre 1969 noch keiner öffentlich-rechtlichen Regelung unterworfen waren. Auch den Akten lässt sich nichts entnehmen, das gegen die Anwendung des Privatrechts spräche. Dazu kommt, dass sich die Beziehungen zwischen einem privaten Spital und seinen Patienten unter den hier massgebenden Gesichtspunkten durchaus mit jenen vergleichen lassen, die zwischen einem öffentlichen Krankenhaus und seinen Benützern bestehen (vgl. GRISEL, a.a.O. S. 119). Wie es sich mit dieser Frage verhält, kann jedoch ebenfalls offenbleiben, da auf die Feststellungsklage ohnehin nicht eingetreten werden kann, wie sich im folgenden ergeben wird. BGE 101 II 177 S. 187 4. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Klage auf Feststellung eines dem eidgenössischen Recht unterstehenden Rechtsverhältnisses von Bundesrechts wegen stets zuzulassen, wenn der Kläger an der Feststellung ein erhebliches rechtliches Interesse hat ( BGE 99 II 173 f., BGE 97 II 375 , BGE 96 II 131 , mit weiteren Hinweisen). Die Kantone dürfen jedoch eine solche Klage auch in weiteren Fällen gewähren, insbesondere an das Feststellungsinteresse weniger strenge Anforderungen stellen als das Bundesrecht, sofern dieses eine derartige Erweiterung der Klagemöglichkeit nicht ausdrücklich oder dem Sinne nach verbietet ( BGE 93 II 17 , BGE 92 II 108 , BGE 85 II 75 , BGE 84 II 495 ). Ob eine derart von den kantonalen Gerichten auf Grund des kantonalen Rechts zugelassene Feststellungsklage materiell begründet sei oder nicht, ist vom Bundesgericht auf Berufung hin zu überprüfen, sofern eine Bundesrechtsverletzung geltend gemacht wird, der Streit um ein vom Bundeszivilrecht beherrschtes Rechtsverhältnis geht und auch die übrigen Voraussetzungen der Berufung erfüllt sind ( BGE 92 II 108 /109, BGE 85 II 75 ). Währenddem das Bezirksgericht das Vorliegen eines Feststellungsinteresses verneinte, nahm die Vorinstanz hiezu nicht eindeutig Stellung, sondern begnügte sich mit einem Hinweis auf die Fragwürdigkeit der von den Klägern verlangten richterlichen Feststellung. Dass das zürcherische Recht die Feststellungsklage in weitergehendem Ausmasse zulasse als das Bundesrecht, wird im angefochtenen Entscheid demnach nicht gesagt. Bei dieser Sachlage hat das Bundesgericht von Amtes wegen zu prüfen, ob die bundesrechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Feststellungsklage erfüllt seien, ohne dass untersucht werden müsste, ob das Bundesrecht in einem Fall wie dem vorliegenden einer Erweiterung der Klagemöglichkeit durch das kantonale Recht entgegenstehe. b) Wie das Bundesgericht seit jeher eingeräumt hat, kann die gerichtliche Feststellung als Mittel zur Beseitigung einer Störung in den persönlichen Verhältnissen im Sinne von Art. 28 Abs. 1 ZGB dienen. In diesem Fall erfüllt die Feststellungsklage die Funktion der in jener Bestimmung vorgesehen Beseitigungsklage. In seiner älteren Rechtsprechung hat das Bundesgericht angenommen, eine derartige Feststellung komme nur dann in Frage, wenn die Störung in den persönlichen Verhältnissen entweder erst bevorstehe oder noch andaure; im Falle einer bereits abgeschlossenen Persönlichkeitsverletzung BGE 101 II 177 S. 188 könne es sich nur darum handeln, deren Folgen nachträglich auszugleichen; hiefür stehe aber nicht der Beseitigungsanspruch zur Verfügung, sondern einzig die in Art. 28 Abs. 2 ZGB vorbehaltene Schadenersatz- oder Genugtuungsklage (vgl. die in BGE 95 II 496 zitierten Entscheidungen). Diese Rechtsprechung wurde in neuerer Zeit weiterentwickelt. Ein Fortbestehen der Störung wurde nunmehr auch bei einer in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlung bejaht, sofern diese einen Zustand geschaffen hatte, der geeignet war, den Verletzten weiterhin in seinen persönlichen Verhältnissen zu treffen ( BGE 95 II 497 ff., BGE 91 II 409 ). Das wurde im Falle von Persönlichkeitsverletzungen durch die Druckerpresse angenommen, weil der Fortbestand der Presseerzeugnisse es ermögliche, die verletzenden Äusserungen später aufs neue Dritten bekanntzugeben ( BGE 95 II 497 /498). Es stellt sich nun die Frage, ob im Sinne dieser neueren Rechtsprechung eine Fortdauer der Störung auch dann zu bejahen sei, wenn es sich beim allenfalls verletzten Rechtsgut nicht um die Ehre handelt. Bei Angriffen gegen die Ehre dient die richterliche Feststellung der Beseitigung der Ansehensminderung, welche die Verletzungshandlung überdauert (JÄGGI, Fragen des privatrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit, ZSR 1960 II S. 248a/249a; KUMMER, Der zivilprozessrechtliche Schutz des Persönlichkeitsrechtes, ZBJV 1967 S. 107). Hier hingegen steht nicht das Ansehen oder die gesellschaftliche Geltung der Kläger auf dem Spiel. Es fragt sich deshalb, ob - wie KUMMER sich ausdrückt - etwas "zu Beseitigendes überhaupt gegeben sei, das den richterlichen Einsatz rechtfertigt" (a.a.O. S. 110). Die Kläger sind der Auffassung, die Entnahme des Herzens ihres verstorbenen Sohnes sei rechts- oder sittenwidrig gewesen, weil die Ärzte sie nicht um ihr Einverständnis ersucht hatten. Diese behauptete Störung in den persönlichen Verhältnissen lässt sich nachträglich nicht mehr beseitigen. Anders als bei Ehrverletzungen lässt sich aber auch nicht sagen, die Herzentnahme ohne Zustimmung der Angehörigen habe einen Störungszustand geschaffen, der geeignet sei, die Kläger weiterhin in ihren persönlichen Verhältnissen zu treffen, und der mit der verlangten Feststellung beseitigt werden könnte. Als Beseitigungsklage ist das vorliegende Feststellungsbegehren daher nicht zulässig. JÄGGI versucht das Feststellungsinteresse im Falle einer vergangenen Störung aus der Rechtsanmassung abzuleiten, BGE 101 II 177 S. 189 die er darin erblickt, dass der Störer sein Unrecht nicht anerkennt. Diese die Störung überdauernde Rechtsanmassung begründe gleichzeitig eine Rechtsunklarheit, da sich die Rechtslage im Bereich der persönlichen Güter nicht so leicht klarstellen lasse wie bei den dinglichen Rechten. Die Feststellungsklage müsse deshalb zur Abklärung der Rechtslage und zur Beseitigung der Rechtsanmassung jedenfalls dann zugelassen werden, wenn Störer und Verletzter zueinander in irgendeiner rechtlichen oder gesellschaftlichen Dauerbeziehung stünden (z.B. als Verwandte, Dorfgenossen, Betriebs- oder Vereinsangehörige, Konkurrenten, politische Gegner), die durch das Fortbestehen der Unklarheit belastet würde (a.a.O. S. 191a/192a). Im vorliegenden Fall besteht zwischen Klägern und Beklagten keine solche Dauerbeziehung. Es braucht deshalb nicht näher untersucht zu werden, ob der Auffassung von JÄGGI gefolgt werden könne. c) Zu prüfen bleibt, ob die Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer selbständigen, nicht an die besonderen Voraussetzungen des Beseitigungsanspruches geknüpften Feststellungsklage haben, für die auch auf dem Gebiet des Persönlichkeitsschutzes durchaus Raum bleibt ( BGE 95 II 499 ; KUMMER, a.a.O. S. 109/110). Das Interesse an einer solchen Feststellung darf nicht bereits deswegen verneint werden, weil die Kläger gleichzeitig einen Genugtuungsanspruch geltend machen, der aus dem gleichen Sachverhalt abgeleitet wird. Die Zusprechung einer Genugtuung setzt nach Art. 49 Abs. 1 OR eine besondere Schwere der Verletzung und des Verschuldens voraus. Mit Rücksicht auf den Fall, dass diese Voraussetzung nicht als erfüllt zu betrachten wäre, darf den Klägern ein Interesse an der Feststellung der Widerrechtlichkeit der von ihnen behaupteten Persönlichkeitsverletzung nicht zum vornherein abgesprochen werden ( BGE 91 II 409 /410 Erw. 4a). Das Interesse an der Feststellung einer unbefugten Persönlichkeitsverletzung ergibt sich nach KUMMER aus dem Bestehen einer Rechtsgefährdung, dadurch ausgelöst, dass der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechtes an einer bestimmten Stelle umstritten ist (a.a.O. S. 110; vgl. auch BGE 77 II 349 ; LEUCH, N. 3 zu Art. 174 bern. ZPO). Die Persönlichkeitsrechte der Kläger sind jedoch nicht gefährdet. Im kantonalen Verfahren wurde zwar geltend gemacht, die Kläger hätten noch weitere erwachsene Kinder, "denen unter Umständen das gleiche Schicksal drohe". Die Gefahr, dass die beklagten BGE 101 II 177 S. 190 Ärzte einem weiteren Kind der Kläger ein Organ entnähmen, ohne deren Zustimmung einzuholen, ist indessen dermassen gering, dass es abwegig wäre, allein deswegen die Feststellungsklage zuzulassen. Unhaltbar ist sodann das andere vor den kantonalen Gerichten vorgebrachte Argument, es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der mit der Klage begehrten Feststellung. Auf das öffentliche Interesse kann es in diesem Zusammenhang nicht ankommen. Wohl können insbesondere höchstrichterliche Zivilurteile infolge ihrer präjudiziellen Wirkung auch für die Öffentlichkeit von Bedeutung sein. Das ändert jedoch nichts daran, dass bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Feststellungsklage einzig auf das (private) Interesse des Klägers abzustellen ist. Anders zu entscheiden hiesse, die Feststellungsklage in eine Art Popularklage umzuwandeln, was nicht angeht. Weitere Gründe, die für die Zulässigkeit der Feststellungsklage sprechen würden, sind nicht ersichtlich. Wohl ist die Rechtslage im Bereich der von den Klägern aufgeworfenen Fragen unklar und würde die Beurteilung des Feststellungsbegehrens nach den Worten von KUMMER an sich erlauben, "den Verlauf des Persönlichkeitsrechts an undeutlicher Grenzstelle auszumarchen" (a.a.O. S. 109/110). Das allein genügt jedoch nicht, wenn der Kläger an dieser Ausmarchung kein persönliches Interesse hat. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Gerichte sind nicht dazu da, um abstrakte Rechtsfragen zu beurteilen ( BGE 80 II 366 ; vgl. auch LEUCH, N. 2 zu Art. 174 bern. ZPO; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. S. 255). Auf die Feststellungsklage ist daher nicht einzutreten. 5. Zu beurteilen ist somit einzig der von den Klägern geltend gemachte Genugtuungsanspruch. Im Hinblick darauf ist zunächst zu prüfen, ob eine unbefugte Beeinträchtigung der Kläger in ihren persönlichen Verhältnissen vorliege. Dabei stellt sich vorab die Frage, ob die ohne Zustimmung der Kläger erfolgte Herzentnahme überhaupt einen Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht darstelle. a) Den Angehörigen eines Verstorbenen steht nach der in der Schweiz herrschenden Rechtsauffassung in den Schranken der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten ein Bestimmungsrecht über dessen Leichnam zu. Dieses mit dem Eigentum vergleichbare, aber nicht vom Sachenrecht beherrschte BGE 101 II 177 S. 191 Recht ist ein Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und hat seinen Sitz in Art. 28 ZGB . Es beruht auf der engen Verbundenheit mit dem Verstorbenen und schützt die sich daraus ergebende besondere Gefühlsbeziehung. Das Recht der Angehörigen, über den Leichnam zu bestimmen und unbefugte Eingriffe in diesen abzuwehren, ist allerdings begrenzt durch das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen selbst, zu seinen Lebzeiten über das Schicksal seines Leichnams und die Art der Bestattung zu verfügen. Soweit der Verstorbene von dieser Verfügungsbefugnis Gebrauch gemacht hat, muss das Bestimmungsrecht der Angehörigen zurücktreten. Hat der Verstorbene jedoch hierüber keine Anordnungen getroffen, ist es grundsätzlich Sache seiner nächsten Angehörigen, über das Schicksal des Leichnams zu entscheiden, allfällige Eingriffe wie eine Organentnahme oder Sektion zu gestatten sowie die Art und den Ort der Bestattung zu bestimmen. Dieses mit der sogenannten Totenfürsorge eng verbundene Recht steht den Angehörigen um ihrer eigenen Persönlichkeit willen zu. Es ist nicht etwa vom Verstorbenen auf sie übergegangen, wie dies bei den Vermögensrechten der Fall ist. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Unvererblichkeit der Persönlichkeitsrechte. In einem gewissen Sinne kann wohl auch von Nachwirkungen der Persönlichkeit des Verstorbenen gesprochen werden. Da die Persönlichkeit jedoch mit dem Tode endet ( Art. 31 Abs. 1 ZGB ), können Persönlichkeitsgüter Verstorbener nur von deren Angehörigen gewahrt werden, und zwar so, dass diese sich hiefür auf ihr eigenes Persönlichkeitsrecht stützen (EGGER, N. 15/16 zu Art. 31 und N. 49 zu Art. 28 ZGB ; MEIER-HAYOZ, N. 70/71 des Systematischen Teils des Kommentars zum Sachenrecht; HINDERLING, Nochmals zur Frage der Zulässigkeit von Organübertragungen, SJZ 1969 S. 235; GAUGLER, Über die rechtliche Zulässigkeit der klinischen Leichensektion, SJZ 1938/39 S. 339 ff.; JÖRG P. MÜLLER, Recht auf Leben, Persönliche Freiheit und das Problem der Organtransplantation, ZSR 1971 I S. 467 ff.; JÄGGI, a.a.O. S. 168a N. 52; GRIOT, Das Recht am eigenen Körper auf Grund des Art. 28 ZGB , Zürcher Diss. 1921, S. 24 ff. und 48 ff.; W. VON TOBEL, Das Recht am toten Körper, Zürcher Diss. 1946, insbes. S. 22 ff. und 28 ff.; vgl. auch BGE 97 I 228 ff. Erw. 4b; BGE 70 II 130 ff.). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Verstorbene BGE 101 II 177 S. 192 keinerlei Verfügungen über das Schicksal seines toten Körpers hinterlassen hatte. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz vermochten die Kläger auch nicht darzutun, dass ein Eingriff wie die Herzentnahme mit den Überzeugungen ihres Sohnes unvereinbar gewesen wäre. Die nächsten Angehörigen des Verstorbenen waren somit - selbstverständlich immer im Rahmen der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten - frei zu bestimmen, was mit dem Leichnam zu geschehen habe. Es lag daher grundsätzlich auch an ihnen zu entscheiden, ob eine Organentnahme vorgenommen werden dürfe. Dieses Recht stand ihnen auf Grund von Art. 28 ZGB um ihrer Persönlichkeit willen zu. b) Hinterlässt ein Verstorbener wie hier mehrere nahe Angehörigen, so stellt sich die Frage, welcher von ihnen dazu berufen sei, über das Schicksal des Leichnams zu bestimmen. Die Vorinstanz nahm an, das Bestimmungsrecht habe nicht den Klägern, sondern ausschliesslich der Ehefrau des Verstorbenen zugestanden. Bei einer Mehrheit von Angehörigen könne nicht jeder zur Totenfürsorge berufen sein. Es komme weder eine einstimmige Entschliessung aller, noch ein Vetorecht einzelner, noch der Entscheid einer einfachen oder qualifizierten Mehrheit in Frage. Zuständig könne immer nur der nächste Angehörige sein, dessen Befugnis die Berufung der im Range Nachfolgenden ausschliesse. Das müsse auch für den Fall gelten, dass der nächste Angehörige nicht erreichbar sei oder sich einer Entscheidung entschlage. Es ergebe sich dies aus der Natur der Sache im Hinblick auf eine praktikable Lösung. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle entspreche übrigens die Beziehung, die zwischen einem Verstorbenen und seinen Angehörigen bestanden habe, der im Erbrecht massgebenden Rangfolge der Verwandtschaft. Gründe der Praktikabilität dürfen jedoch, wie die Kläger mit Recht geltend machen, für die Bestimmung des oder der Berechtigten nicht ausschlaggebend sein. Die Befugnis, Eingriffe in einen Leichnam zu untersagen oder zu gestatten, ist nach Möglichkeit aus der Natur des in Frage stehenden Rechtes abzuleiten und nicht im Hinblick darauf festzulegen, Organtransplantationen nicht übermässig zu erschweren. Das Entscheidungsrecht der Angehörigen beruht nun aber auf ihrer seelisch-geistigen Beziehung zum Verstorbenen und auf BGE 101 II 177 S. 193 ihrem Pietätsgefühl. Es entspräche der höchstpersönlichen Natur dieser Rechtssphäre nicht, wenn sich die Entscheidungsbefugnis einfach nach der Erbfolgeordnung richten würde. Massgebend muss vielmehr die Stärke der Verbundenheit mit dem Toten sein (EGGER, N. 16 zu Art. 31 ZGB ; GAUGLER, a.a.O. S. 344 Anm. 34; von TOBEL, a.a.O. S. 29 f.; vgl. auch HAFTER, Leichensektion und Strafrecht, ZStrR 1946 S. 394). Wenn das Bestimmungsrecht über den Leichnam Teil des Persönlichkeitsrechts der Angehörigen des Verstorbenen bildet, ist die Entscheidungsbefugnis richtigerweise in erster Linie demjenigen zuzuerkennen, der mit dem Verstorbenen am engsten verbunden war und der deshalb durch den Verlust am stärksten betroffen wurde. Es liegt eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Genugtuungsanspruch infolge Tötung vor. Bestand und Umfang dieses Anspruchs richten sich ebenfalls massgebend nach der Nähe der tatsächlichen Beziehungen des Ansprechers zum Getöteten (OFTINGER, a.a.O., Bd. I, S. 259/60). Widerspricht es nach dem Gesagten dem Wesen des Persönlichkeitsrechtes, den Kreis der Berechtigten nach starren Regeln bestimmen zu wollen, so ist anderseits nichts dagegen einzuwenden, im Sinne einer Richtschnur von einer Rangfolge der Angehörigen auszugehen, die nach der Lebenserfahrung der Verbundenheit mit dem Verstorbenen in aller Regel Rechnung trägt. So spricht wohl eine Vermutung dafür, dass der Ehegatte eines Verstorbenen mit diesem enger verbunden war als dessen Eltern. Bis zum Beweise des Gegenteils wird daher das Bestimmungsrecht über den Leichnam in erster Linie dem überlebenden Ehegatten zuzuerkennen sein (in dieser Richtung geht die Rechtsprechung in Frankreich, was die Bestimmung der Begräbnisstätte betrifft, vgl. R. LINDON, La création prétorienne en matière de droits de la personnalité, Paris 1974, S. 195 ff.; vgl. auch BGE 54 II 92 Erw. 2). Ergibt sich aber wie hier, dass unter den Ehegatten keine Eintracht herrschte und schon seit längerer Zeit keine Lebensgemeinschaft mehr zwischen ihnen bestand sowie dass urteilsfähige Nachkommen nicht vorhanden waren, kann den Klägern als Eltern des Verstorbenen das Recht, über den Leichnam zu verfügen, nicht aberkannt werden (vgl. auch VON TOBEL, a.a.O.). In einem solchen Fall spricht die Vermutung vielmehr dafür, dass die persönlichen Beziehungen des Verstorbenen zu seinen Eltern BGE 101 II 177 S. 194 engere waren als jene zu seiner Frau. Diese Vermutung wird nicht etwa dadurch entkräftet, dass die Ehefrau des Verstorbenen nach dessen Tod im Spital erschien und die Bestattungsformalitäten erledigte. Im angefochtenen Urteil wird diesem Umstand zu Unrecht erhebliche Bedeutung beigemessen. Das Verhalten der Ehefrau mag wohl Ausdruck eines gewissen Pflichtgefühls gewesen sein, vermag indessen nach der Lebenserfahrung den Schluss nicht zu rechtfertigen, die Ehefrau habe sich mit ihrem Manne noch sehr nahe verbunden gefühlt, obwohl sie mit ihm schon lange nicht mehr zusammenlebte und von ihm geschieden sein wollte. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist daher davon auszugehen, dass die Kläger als Eltern des Verstorbenen in erster Linie berechtigt gewesen wären zu entscheiden, ob ihrem toten Sohn das Herz zum Zwecke der Verpflanzung entnommen werden durfte. c) Im angefochtenen Urteil wird eine Verletzung der Kläger in ihrem Persönlichkeitsrecht auch unter Hinweis darauf verneint, dass diese der Herzentnahme zugestimmt hätten, wenn man sie überhaupt angefragt hätte. Es trifft zweifellos zu, dass die Kläger in ihren Gefühlen erheblich stärker getroffen worden wären, wenn die Herzentnahme ihrer Überzeugung zutiefst widersprochen hätte und sie sich damit niemals hätten abfinden können. Trotzdem bleibt die Tatsache bestehen, dass sie nicht um ihr Einverständnis ersucht und somit gar nicht in die Lage versetzt wurden, von ihrem Bestimmungsrecht Gebrauch zu machen. Darin ist ein Eingriff in ihre Persönlichkeitssphäre zu erblicken, der auch dadurch nicht geheilt wurde, dass sie der Herzentnahme zugestimmt hätten, wenn sie angefragt worden wären. Es handelt sich nicht um einen Fall nachträglicher Zustimmung, der rechtlich nicht anders zu behandeln wäre, wie wenn das Einverständnis des Berechtigten rechtzeitig vorgelegen hätte. Die Kläger wurden in ihrem Persönlichkeitsrecht vielmehr dadurch beeinträchtigt, dass sie gänzlich übergangen wurden und keine Ahnung davon hatten, was mit dem Leichnam ihres Sohnes geschah. Offenbar hat denn auch der Umstand, dass die Herzverpflanzung ohne ihr Wissen vorgenommen wurde, die Kläger in ihren Gefühlen verletzt. d) Die Beklagten machen demgegenüber geltend, die Gefühle der Angehörigen eines Verstorbenen würden dann am BGE 101 II 177 S. 195 ehesten geschont, wenn Anfragen betreffend die Bewilligung einer Sektion oder Organentnahme unterblieben. Die Entscheidung über einen solchen Eingriff in den Leichnam überfordere die Angehörigen. Im Zeitpunkt des Erhaltes der Todesnachricht sollten diese nicht noch einer weiteren psychischen Belastung ausgesetzt werden. Es liege daher im Interesse des Schutzes der Gefühle der Angehörigen, von jeglicher Anfrage abzusehen. Es trifft zu, dass viele Menschen in ihren Gefühlen schwer getroffen oder psychisch überfordert würden, wenn sie sich unter dem Eindruck des Ablebens naher Verwandter darüber schlüssig werden müssten, ob sie einer Organentnahme zustimmen sollen oder nicht. Das Bundesgericht hat diesem Gesichtspunkt in BGE 98 Ia 525 keine geringe Bedeutung beigemessen. Es hat dort bei der Beurteilung der Verfassungsmässigkeit der zürcherischen Krankenhausverordnung nicht zuletzt mit Rücksicht darauf davon abgesehen, eine ausdrückliche Zustimmung des Patienten oder seiner Angehörigen als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Organentnahme zu betrachten. Das Gericht nahm an, zum Schutze der Persönlichkeit der Betroffenen genüge das in der betreffenden Verordnung vorgesehene Einspracherecht, sofern die Berechtigten im Rahmen des Möglichen auf dieses Recht aufmerksam gemacht würden. Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich indessen die Frage, ob auch ohne ausdrücklich geregeltes Einspracherecht mit Rücksicht auf die Gefühle der Angehörigen vom Erfordernis der Zustimmung abgesehen werden könne. Bejaht man diese Frage, gelangt man zum Ergebnis, dass eine Organentnahme ex mortuo keinen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Angehörigen darstelle, weil deren vorherige Befragung einen noch schwereren Eingriff bedeuten würde. Dabei wird jedoch - und darin liegt das Unzulässige dieser Fragestellung - als selbstverständlich vorausgesetzt, dass Organentnahmen überhaupt vorgenommen werden dürften. Gerade das bildet aber Gegenstand der Prüfung. Richtigerweise müsste daher die Frage so formuliert werden, ob Organentnahmen ex mortuo, soweit diese zu ihrer Rechtfertigung eines Einverständnisses bedürfen, selbst dann vorgenommen werden dürfen, wenn die Angehörigen des Verstorbenen zufolge der von ihnen verlangten Entscheidung einer erheblichen Gefühlsbelastung ausgesetzt werden. Wird die Frage so gestellt, BGE 101 II 177 S. 196 so hätte nicht in erster Linie die Befragung der Angehörigen zu unterbleiben, sondern allenfalls die Organentnahme als solche, weil diese dazu Anlass gibt, die Angehörigen einer sie derart belastenden Entscheidung auszusetzen. e) Die Beklagten vertreten ferner die Auffassung, dass mit der Zustimmung der Angehörigen eines Verstorbenen zur Organentnahme im allgemeinen gerechnet werden könne; es spreche daher eine natürliche Vermutung für eine solche Zustimmung, solange nicht eine Weigerung ausdrücklich erklärt werde oder sich sonstwie aus den Umständen ergebe (so auch E. BUCHER, Rechtliche Probleme im Zusammenhang der Transplantatbeschaffung, in "Organtransplantation", herausgegeben von F. Largiadèr, S. 80/81; E. HEINITZ, Rechtliche Fragen der Organtransplantation, Berlin 1970, S. 25). Eine solche Vermutung wäre indessen nur unter der Voraussetzung zulässig, dass heute ganz allgemein mit der Möglichkeit von Organentnahmen ex mortuo gerechnet würde. Das trifft nach der Lebenserfahrung jedoch nicht zu. Auch im vorliegenden Fall fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, die Kläger oder andere Angehörige des Verstorbenen hätten an eine solche Möglichkeit überhaupt gedacht und seien mit der Herzentnahme stillschweigend einverstanden gewesen. Es bestand für die Kläger daher kein Grund, sich zum voraus gegen einen solchen Eingriff zur Wehr zu setzen oder ihre ausdrückliche Zustimmung dazu vorzubehalten. Auch in BGE 98 Ia 525 wurde unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Rechts der Verzicht auf die Einholung einer ausdrücklichen Zustimmung nur unter der Voraussetzung als zulässig betrachtet, dass die Spitalpatienten und ihre Angehörigen ordnungsgemäss auf ihr Einspracherecht hingewiesen werden. 6. a) Aus den bisherigen Erwägungen ergibt sich, dass die Kläger durch die ohne ihr Einverständnis durchgeführte Herzentnahme entgegen der Auffassung der Vorinstanz in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wurden. Damit steht indessen noch nicht fest, dass die Herzverpflanzung eine unbefugte Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 ZGB darstellte, was nichts anderes bedeuten kann als einen widerrechtlichen Eingriff in den geschützten Bereich der Persönlichkeit ( BGE 97 II 103 Erw. 4, BGE 95 II 491 Erw. 6 mit Hinweisen). Eine Persönlichkeitsverletzung ist nur dann als widerrechtlich zu betrachten, wenn nicht ein Grund vorliegt, BGE 101 II 177 S. 197 der die Widerrechtlichkeit ausschliesst. Das Einverständnis der Kläger mit der Herzentnahme hätte einen solchen Rechtfertigungsgrund gebildet. Ausser der Einwilligung des Verletzten gibt es noch eine Reihe anderer Gründe, welche die Widerrechtlichkeit eines persönlichkeitsverletzenden Verhaltens auszuschliessen vermögen (z.B. die pflichtgemässe Ausübung eines Amtes, Notwehr und Notstand). Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist indessen über den Bereich der traditionellen Rechtfertigungsgründe hinaus immer dann als rechtmässig zu betrachten, wenn er in angemessener Wahrung höherer Interessen erfolgt. Der Entscheid über die Widerrechtlichkeit hängt somit weitgehend von einer Abwägung der einander gegenüberstehenden Güter oder Interessen ab (JÄGGI, a.a.O. S. 213 ff.; GROSSEN, Schweizerisches Privatrecht, II, S. 359; GROSSEN, La protection de la personnalité en droit privé, ZSR 1960 II S. 27a ff.; MERZ, Der zivilrechtliche Schutz der Persönlichkeit gegen Ehrverletzungen ..., SJZ 1971 S. 68; LÜCHINGER, Der privatrechtliche Schutz der Persönlichkeit und die Massenmedien, SJZ 1974 S. 324; HOTZ, Zum Problem der Abgrenzung des Persönlichkeitsschutzes, Diss. Zürich 1967 S. 49 ff.; vgl. auch BGE 95 II 492 Erw. 6). Der Grundsatz der Güter- oder Interessenabwägung findet auch im vorliegenden Fall Anwendung. Das Bestimmungsrecht über den toten Körper kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu jenem Kernbereich der Persönlichkeit gerechnet werden, der - wie im Falle des Rechts auf das Leben - eine Güterabwägung mit Rücksicht auf den hohen Wert des betroffenen Gutes schlechterdings nicht zulässt (vgl. JÖRG P. MÜLLER, a.a.O. S. 469; HINDERLING, a.a.O. S. 235 ff.). Zur Rechtfertigung des Verhaltens der Beklagten ist somit nicht erforderlich, dass geradezu eine Notstandssituation vorlag. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Rechtslage in der Schweiz von jener in andern Ländern, z.B. in Deutschland (vgl. über die ausländischen Regelungen DOLL, La discipline des greffes, des transplantations, etc., Paris 1970, S. 241 ff.; über die Rechtslage in Frankreich vgl. ferner JEAN SAVATIER, Et in hora mortis nostrae, Recueil Dalloz Sirey 1968 S. 89 ff.). Insbesondere lässt sich aus dem Urteil des Landgerichtes Bonn vom 25. Februar 1970 (sog. "Gütgemann"-Urteil), dem ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde lag wie der hier zu beurteilende, für schweizerische Verhältnisse nicht viel ableiten (das BGE 101 II 177 S. 198 Urteil ist wiedergegeben in der deutschen Juristenzeitung (JZ) 1971 S. 56 ff.). In jenem Urteil wurde eine Güterabwägung nur im Rahmen des Rechtfertigungsgrundes des sogenannten übergesetzlichen Notstandes als zulässig erachtet (vgl. zu diesem Rechtfertigungsgrund auch R. KALLMANN, Rechtsprobleme bei der Organtransplantation, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1969 S. 572 ff., insbes. S. 576/577). Daraus ergab sich nach Auffassung des Bonner Landgerichts die Pflicht des Arztes, sich vor der Organentnahme ernsthaft um die Einwilligung der nächsten Angehörigen des Verstorbenen zu bemühen. Nur für den Fall der tatsächlichen Unmöglichkeit einer Befragung der Berechtigten oder der Verweigerung der Zustimmung wollte das Gericht die Möglichkeit einer rechtmässigen Organentnahme einräumen (a.a.O. S. 59). Diese aus dem Rechtscharakter des übergesetzlichen Notstandes abgeleitete Auffassung blieb in Deutschland selber nicht unangefochten (vgl. die Kritik von G. GEILEN, Probleme der Organtransplantation, JZ 1971 S. 41 ff., insbes. S. 45 ff. unter Ziff. IV). Sie erweist sich jedenfalls aus schweizerischer Sicht als zu eng, da sie den Grundsatz der Interessenabwägung als Rechtfertigungsgrund allzusehr mit dem Notstandsbegriff verknüpfen und nicht völlig losgelöst vom Einverständnis der Berechtigten zulassen will. b) Das Interesse der Kläger, das demjenigen der Beklagten gegenüberzustellen ist, bestand im vorliegenden Fall darin, durch Eingriffe in den Leichnam ihres Sohnes in ihren Gefühlen nicht verletzt zu werden. Damit eng verknüpft war ihr Anspruch, über das Schicksal des Leichnams bestimmen zu können. Dieses Entscheidungsrecht wurde durch die Herzentnahme, die ohne Einholung der Zustimmung der Kläger erfolgte, missachtet. Dabei ist aber von erheblicher Bedeutung, dass die Kläger der Herzentnahme zugestimmt hätten, falls sie angefragt worden wären. Daraus darf zwar nach dem in Erw. 5c Gesagten nicht geschlossen werden, es fehle überhaupt an einer Verletzung in den persönlichen Verhältnissen. Die Verletzung war aber doch eine wesentlich weniger intensive, als wenn die Herzentnahme als solche den Gefühlen der Kläger widersprochen hätte. Auf der andern Seite stand das Interesse des Herzempfängers, durch die Transplantation möglicherweise seinen schlechten Gesundheitszustand verbessern und sein gefährdetes BGE 101 II 177 S. 199 Leben verlängern zu können. Dieses Interesse verband sich mit dem Bestreben der beteiligten Ärzte, eine neue Heilmethode zu erproben. Das zuletzt erwähnte Interesse kann allerdings nicht vorbehaltlos als schutzwürdig anerkannt werden, denn Experimenten mit Menschen müssen ganz unabhängig vom Einverständnis des Betroffenen enge Grenzen gesetzt sein. Die Transplantation lebenswichtiger Organe darf nur als letztes Mittel zur Rettung eines Patienten in Betracht gezogen werden und soll neben hohen Risiken eine noch als vernünftig zu bewertende Erfolgschance aufweisen. Andernfalls könnte sie nicht mehr als Heileingriff anerkannt werden (GROSSEN, Aspects juridiques de la chirurgie des transplantations, in Festgabe für Karl Oftinger, S. 92 ff., insbes. S. 94). Es ist jedoch nicht bestritten, dass diese Voraussetzungen auch im Falle von Herztransplantationen vorhanden sein können und hier jedenfalls erfüllt waren (vgl. dazu auch HINDERLING, a.a.O. S. 236/237 unter Ziff. 5; GRAVEN, Les données nouvelles de la "Vie" et de la "Mort" et leurs incidences juridiques, in Revue internationale de Criminologie 1968 S. 101). Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass Herztransplantationen seither beinahe ausser Gebrauch geraten zu sein scheinen und heute jedenfalls nur noch äusserst selten vorgenommen werden. c) Ob das Interesse des Herzempfängers und seiner Ärzte an der Durchführung der Transplantation unter den gegebenen Umständen schwerer wiege als dasjenige der Kläger an der Wahrung ihres Rechtes, über Eingriffe in den Leichnam ihres Sohnes bestimmen zu können, was nach dem Gesagten zur Rechtfertigung des Verhaltens der beklagten Ärzte ausreichen würde, braucht indessen nicht abschliessend entschieden zu werden. Eine Genugtuung könnte nämlich nach Art. 49 Abs. 1 OR auch bei Vorliegen einer unbefugten Persönlichkeitsverletzung nur zugesprochen werden, wenn die Verletzung und das Verschulden der Beklagten besonders schwer wären. Aus der Gegenüberstellung der in Frage stehenden Interessen ergibt sich aber, dass davon nicht die Rede sein kann. Auch wenn man also annehmen wollte, die Beklagten 2-4 hätten die Herztransplantation nicht vornehmen dürfen, ohne die Kläger um ihr Einverständnis zu fragen, so könnte in der Unterlassung dieser Anfrage auf jeden Fall keine besonders schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der BGE 101 II 177 S. 200 Kläger und noch viel weniger ein besonders schweres Verschulden der beklagten Ärzte erblickt werden. Die Genugtuungsklage ist daher abzuweisen.
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Sachverhalt ab Seite 225 BGE 120 V 224 S. 225 A.- Der 1951 geborene R. G. war als Inhaber der Firma P. Metallbau-Montagen bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) für Betriebs- und Nichtbetriebsunfall versichert. Am 2. Februar 1991, kurz nach 21.00 Uhr, fuhr er mit seinem Personenwagen auf der Hauptstrasse von N. Richtung M. In einer leichten Linkskurve kam er von der Strasse ab, überfuhr den Dorfbach und kollidierte mit einem Stromleitungsmasten. R. G. wurde aus dem sich überschlagenden Fahrzeug geschleudert und war auf der Stelle tot. Die im Pathologischen Institut des Kantonsspitals Aarau durchgeführte Blut-Alkoholbestimmung ergab eine Alkoholkonzentration von 2,85 bis 3,15%o. Mit Verfügung vom 14. Januar 1992 sprach die SUVA der hinterlassenen Ehefrau und dem Sohn des Verstorbenen ab 1. März 1991 eine Witwen- sowie eine Waisenrente zu, welche sie nach Art. 37 Abs. 3 UVG um 50% kürzte. Mit Einspracheentscheid vom 9. April 1992 bestätigte sie diese Verfügung. B.- Die von den Hinterlassenen gegen die verfügte Leistungskürzung erhobene Beschwerde wurde vom Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 23. November 1992 abgewiesen. C.- D. G. und S. G. lassen Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben, sinngemäss mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und des Einspracheentscheids vom 9. April 1992 sei die SUVA zu verpflichten, die Hinterlassenenrenten ungekürzt auszurichten; eventuell sei die Kürzung auf 10% herabzusetzen. Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherung zur Sache nicht vernehmen lassen. BGE 120 V 224 S. 226 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition) 2. Streitig und im folgenden zu prüfen ist, ob die SUVA die den Beschwerdeführern zustehenden Hinterlassenenleistungen zu Recht wegen schuldhafter Herbeiführung des Unfalls um 50% gekürzt hat. a) Wie das Eidg. Versicherungsgericht in Änderung seiner früheren Praxis ( BGE 111 V 201 ) festgestellt hat, sind die Bestimmungen von Art. 32 Ziff. 1 lit. e des Übereinkommens Nr. 128 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und Art. 68 lit. f der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit (EOSS) direkt anwendbar ( BGE 119 V 171 ff.). Daraus folgt, dass auch im Rahmen der obligatorischen Unfallversicherung Leistungskürzungen wegen grobfahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls ( Art. 37 Abs. 2 UVG ) ausgeschlossen sind (RKUV 1994 Nr. U 193 S. 152 ff., BGE 120 V 128 ), wogegen die Kürzung oder Verweigerung von Leistungen infolge Herbeiführung eines Unfalles bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens insoweit zulässig bleibt, als sie Leistungen an den anspruchsberechtigten Versicherten zum Gegenstand hat (vgl. Art. 68 lit. e in Verbindung mit Art. 33 EOSS sowie BGE 119 V 244 ff. Erw. 3). Der staatsvertragliche Ausschluss der Leistungskürzung oder -verweigerung beschränkt sich indessen auf die Berufsunfallversicherung und findet auf die Versicherung von Nichtberufsunfällen keine Anwendung ( BGE 118 V 309 Erw. 4b). Ob die im vorliegenden Fall angefochtene Kürzung der Hinterlassenenleistungen rechtmässig ist, beurteilt sich somit allein nach dem Landesrecht. b) Hat der Versicherte den Unfall grobfahrlässig herbeigeführt, so werden die Geldleistungen gekürzt. Die Kürzung beträgt jedoch höchstens die Hälfte der Leistungen, wenn der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalles für Angehörige zu sorgen hat, denen bei seinem Tode Hinterlassenenrenten zustehen würden, oder wenn er an den Unfallfolgen stirbt ( Art. 37 Abs. 2 UVG ). Hat der Versicherte den Unfall bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt, so können die Geldleistungen gekürzt oder in besonders schweren Fällen verweigert werden. Hat der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalles für Angehörige zu sorgen, denen bei seinem Tode Hinterlassenenrenten zustünden, oder stirbt er an den Unfallfolgen, so werden Geldleistungen höchstens um die Hälfte gekürzt ( Art. 37 Abs. 3 UVG ). BGE 120 V 224 S. 227 c) Die Bestimmung von Art. 37 Abs. 3 UVG unterscheidet sich von derjenigen gemäss Abs. 2 dieses Artikels zunächst dadurch, dass die Geldleistungen im Falle der Herbeiführung des Unfalles bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens nicht nur gekürzt, sondern in besonders schweren Fällen auch verweigert werden können. Bezüglich ihrer Anwendbarkeit unterscheiden sich die Bestimmungen darin, dass Abs. 3 die Erfüllung eines objektiven Straftatbestandes und nicht notwendigerweise Absicht oder Grobfahrlässigkeit voraussetzt. Der Unfall muss nicht zwingend schuldhaft herbeigeführt worden sein; es genügt, wenn er bei (anlässlich) der Begehung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt wurde (vgl. MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 482). Wird der Unfall gleichzeitig grobfahrlässig und bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt, findet Art. 37 Abs. 3 UVG als lex specialis Anwendung. Ist eine strafbare Handlung lediglich als Übertretung zu qualifizieren und wurde der Unfall grobfahrlässig herbeigeführt, gelangt Art. 37 Abs. 2 UVG zur Anwendung (RUMO-JUNGO, Die Leistungskürzung oder -verweigerung gemäss Art. 37-39 UVG , Diss. Freiburg 1993, S. 170). d) Der Begriff des Vergehens gemäss Art. 37 Abs. 3 UVG bestimmt sich nach Art. 9 Abs. 2 StGB ( BGE 119 V 245 Erw. 3a mit Hinweisen). Danach gelten als Vergehen die mit Gefängnis als Höchststrafe bedrohten Handlungen. Soweit es das Gesetz vorsieht, gehören dazu auch fahrlässig begangene Handlungen ( Art. 18 StGB ). Kein Vergehen im Sinne von Art. 37 Abs. 3 UVG liegt vor, wenn der Versicherte die strafbare Handlung im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen hat ( Art. 11 StGB ). Wurde der Zustand der Unzurechnungsfähigkeit vom Handelnden selbst herbeigeführt, um in diesem Zustand eine strafbare Tat auszuführen, oder hat der Handelnde die Unzurechnungsfähigkeit insofern fahrlässig herbeigeführt, als er die Erfüllung eines Straftatbestandes voraussehen konnte oder musste, findet Art. 11 StGB nicht Anwendung ( Art. 12 StGB ; BGE 117 IV 294 Erw. 2 mit Hinweisen). Die Leistungen sind alsdann trotz Unzurechnungsfähigkeit im Zeitpunkt der Tat gemäss Art. 37 Abs. 3 UVG zu kürzen oder zu verweigern (RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 171). 3. Zu prüfen ist zunächst, ob der Unfall vom 2. Februar 1991 im Sinne von Art. 37 Abs. 3 UVG bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt wurde. a) Gemäss Art. 91 Abs. 1 SVG wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer ein Motorfahrzeug in angetrunkenem Zustand führt. Nach der BGE 120 V 224 S. 228 Legaldefinition des Art. 9 Abs. 2 StGB handelt es sich um ein Vergehen im strafrechtlichen Sinn, welches nicht nur strafbar ist, wenn es vorsätzlich, sondern auch wenn es fahrlässig begangen wird ( Art. 100 Ziff. 1 SVG ). War der Täter zum Zeitpunkt der Tatbegehung nicht zurechnungsfähig, kann er nur unter den Voraussetzungen von Art. 12 StGB betreffend die sog. actio libera in causa oder von Art. 263 StGB betreffend die Verübung einer Tat in selbstverschuldeter Unzurechnungsfähigkeit bestraft werden. Für das Fahren in angetrunkenem Zustand bedeutet dies, dass eine allfällige Unzurechnungsfähigkeit des Fahrzeuglenkers unbeachtlich ist, wenn er zur Zeit, als er noch nicht unzurechnungsfähig war, zumindest in Kauf nahm, dass er in angetrunkenem Zustand noch ein Fahrzeug lenken würde ([eventual]-vorsätzliche actio libera in causa). Hätte der Fahrzeuglenker zur Zeit, als er noch nicht unzurechnungsfähig war, bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit voraussehen können, dass er in angetrunkenem Zustand noch fahren würde (fahrlässige actio libera in causa), ist er wegen fahrlässigen Fahrens in angetrunkenem Zustand zu verurteilen ( BGE 117 IV 295 Erw. 2). Ist weder der Tatbestand der vorsätzlichen noch der fahrlässigen actio libera in causa gegeben, kommt Art. 263 StGB zur Anwendung, wonach mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Busse bestraft wird, wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt ( BGE 104 IV 249 , BGE 93 IV 41 Erw. 2; SUVA-Rechtsprechungsbericht 1987 Nr. 7 S. 13). b) Im vorliegenden Fall steht aufgrund der polizeilichen Ermittlungen fest, dass R. G. am Freitag, dem 1. Februar 1991, um ca. 20.00 Uhr die eheliche Wohnung verliess und die Nacht auswärts verbrachte. Am darauffolgenden Samstag besuchte er einen Kollegen in M., mit welchem er das Mittagessen einnahm. Um ca. 16.00 Uhr verabschiedete er sich, wobei er erwähnte, er werde sich nach Hause begeben. Vor dem Unfall hielt er sich indessen noch im Restaurant K. in N. auf. In der Folge ereignete sich der tödliche Unfall, bei welchem R. G. eine Blutalkoholkonzentration von 2,85 bis 3,15%o aufwies. In welchem Zeitpunkt R. G. mit dem Trinken begonnen hatte, lässt sich den Akten nicht entnehmen und heute nicht mehr abklären. Fest steht indessen, dass R. G. seinen Wohnort mit dem eigenen Personenwagen verlassen und bei Trinkbeginn vorausgesehen hat bzw. bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit voraussehen musste, dass er noch ein Motorfahrzeug steuern werde. Ob er bei Antritt der Unfallfahrt im Sinne von Art. 10 StGB unzurechnungsfähig war, BGE 120 V 224 S. 229 ist nicht entscheidend. Denn wer die Weichen für den ins Delikt führenden Geschehensablauf schon in einem Zeitpunkt gestellt hat, in dem er noch uneingeschränkt verantwortlich war, hat die strafrechtlich bedeutsame Handlung bereits und noch im Zustand der vollen Zurechnungsfähigkeit begangen. Hat er im Zustand der vollen Zurechnungsfähigkeit fahrlässig die spätere Deliktsbegehung nicht bedacht, so ist er in Anwendung der allgemeinen Zurechnungsregeln, d.h. insbesondere von Art. 18 StGB , wegen fahrlässiger Tatbegehung (fahrlässige actio libera in causa) strafbar ( BGE 117 IV 295 Erw. 2; nicht veröff. Urteil des Bundesgerichts i.S. W. vom 1.3.93; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, Bern 1982, S. 251; SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, Bd. I, 4. Aufl., Bern 1982, S. 185; NOLL/TRECHSEL, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 3. Aufl., Zürich 1990, S. 133). Wenn SUVA und Vorinstanz zum Schluss gelangt sind, dass der Verstorbene den Unfall im Sinne von Art. 37 Abs. 3 UVG bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt hat, verstösst dies in beweisrechtlicher Hinsicht weder gegen Art. 4 BV noch gegen Art. 6 Ziff. 2 EMRK . Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer bedurfte es keines Beweises hinsichtlich der Zurechnungsfähigkeit des Versicherten vor dem Unfallereignis. Denn selbst wenn der Verstorbene unmittelbar vor Antritt der Unfallfahrt unzurechnungsfähig gewesen wäre, hat er den Unfall im Sinne einer fahrlässigen actio libera in causa schuldhaft herbeigeführt. Würde anders entschieden, wäre jedenfalls der Tatbestand von Art. 263 StGB gegeben, weil sich der Verstorbene schuldhaft in den Zustand der Unzurechnungsfähigkeit versetzt und in diesem Zustand ein Vergehen (Fahren in angetrunkenem Zustand) verübt hat ( BGE 93 IV 41 Erw. 2). SUVA und Vorinstanz haben die Voraussetzungen für eine Kürzung bzw. Verweigerung der Versicherungsleistungen gemäss Art. 37 Abs. 3 UVG somit zu Recht bejaht. 4. Zu prüfen bleibt das Massliche der verfügten Leistungskürzung. a) Die Beschwerdeführer berufen sich darauf, dass der SUVA bei der Kürzung oder Verweigerung von Leistungen gemäss Art. 37 Abs. 3 UVG ein Entschliessungsermessen zustehe und nach dem Wortlaut der Bestimmung von einer Sanktion abgesehen werden könne. Im Rahmen des Entschliessungsermessens sei zu berücksichtigen, dass in der Nichtbetriebsunfallversicherung die Prämien nur in geringem Masse vom Risiko abhängig seien und die Leistungen eher einen sozialen Ausgleich denn BGE 120 V 224 S. 230 eine Versicherungsleistung entsprechend dem Äquivalenzprinzip darstellten. Der Zweck von Art. 37 Abs. 3 UVG liege in der Prävention; die Bestimmung richte sich gegen denjenigen, welcher ein Verbrechen oder Vergehen begangen habe, und nicht gegen die Hinterlassenen. Von der Lehre werde in solchen Fällen daher der Verzicht auf die Verweigerung von Leistungen postuliert (SCHAER/DUC/KELLER, Das Verschulden im Wandel des Privatversicherungs-, Sozialversicherungs- und Haftpflichtrechts, Basel 1992, S. 144 f.). Hiefür spreche auch die systematische Auslegung des Gesetzes, werde doch in Art. 37 Abs. 2 UVG für den Fall der grobfahrlässigen Verursachung des Unfalls eine Kürzung verlangt, wogegen Art. 37 Abs. 3 UVG als "Kann-Vorschrift" formuliert sei. Für die von der SUVA nach dem Grad der Alkoholkonzentration abgestufte Leistungskürzung fehle es bezüglich der Hinterlassenenleistungen an einem vernünftigen Grund. b) Wie bereits die Vorinstanz festgestellt hat, räumt Art. 37 Abs. 3 UVG kein Entschliessungsermessen in dem Sinne ein, dass der UVG-Versicherer frei darüber entscheiden könnte, ob eine Sanktion zu verfügen ist oder nicht. Richtig ist, dass nach dem Wortlaut von Art. 37 Abs. 3 UVG die Geldleistungen gekürzt oder in besonders schweren Fällen verweigert werden können, wenn der Versicherte den Unfall bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt hat, wogegen die Geldleistungen nach Art. 37 Abs. 2 UVG gekürzt werden, wenn der Versicherte den Unfall grobfahrlässig herbeigeführt hat. Der SUVA ist indessen darin beizupflichten, dass aus der unterschiedlichen Formulierung nicht auf eine grundlegend andere Regelung der Rechtsfolgen geschlossen werden kann. Vielmehr ergibt sich aus Sinn und Zweck der Bestimmungen, dass die Pflicht zur Kürzung der Leistungen gemäss Art. 37 Abs. 2 UVG grundsätzlich auch im Rahmen von Art. 37 Abs. 3 UVG Geltung hat. Denn es liesse sich nicht rechtfertigen, die Sanktion beim qualifizierten Tatbestand des bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführten Unfalls milder ausfallen zu lassen als beim verschuldensmässig in der Regel weniger ins Gewicht fallenden Tatbestand der grobfahrlässigen Herbeiführung des Unfalls. Die "Kann"-Formulierung von Art. 37 Abs. 3 erlaubt es indessen, Ausnahmefällen Rechnung zu tragen, so beispielsweise, wenn der bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführte Unfall nur mit einem geringen oder überhaupt mit keinem Verschulden des Versicherten in Zusammenhang steht (vgl. RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 219). Ferner kann berücksichtigt werden, dass Verbrechen und Vergehen in Notwehr oder BGE 120 V 224 S. 231 Notstand ( Art. 33 und 34 StGB ) nicht strafbar sind und daher auch zu keiner Sanktion gemäss Art. 37 Abs. 3 UVG Anlass geben (MAURER, a.a.O., S. 512; RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 169). Dem Umstand, dass bei den Hinterlassenenleistungen die Sanktion nicht den Unfallverursacher trifft, hat der Gesetzgeber mit Art. 37 Abs. 3 UVG in der Weise Rechnung getragen, dass die Leistungen nicht gänzlich verweigert und höchstens im Umfang von 50% gekürzt werden dürfen. Soweit in der Lehre die Auffassung vertreten wird, gegenüber den Hinterlassenen des bei Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens Getöteten sei auf jede Leistungskürzung zu verzichten, handelt es sich um Erwägungen de lege ferenda, die gegebenenfalls vom Gesetzgeber zu berücksichtigen sind. Sie vermögen den Richter, welcher an das Gesetz gebunden ist ( Art. 113 Abs. 3 und Art. 114bis Abs. 3 BV ), zu keinem andern Schluss zu führen. c) Die SUVA ist bei der Festsetzung der Leistungskürzung von den Empfehlungen der inoffiziellen Ad-hoc-Kommission der Schadenleiter der UVG-Versicherer ausgegangen. Diese stellen zwar keine Weisungen an die Durchführungsorgane der obligatorischen Unfallversicherung dar und sind insbesondere für den Richter nicht verbindlich. Sie sind jedoch geeignet, eine rechtsgleiche Praxis sicherzustellen, weshalb sie bei der Festsetzung der Leistungskürzung zu berücksichtigen sind ( BGE 114 V 318 Erw. 5c). Die Praxis der SUVA hält sich auch insofern im Rahmen der gesetzlichen Ordnung, als sie bei Unfällen unter Alkoholeinfluss den Kürzungssatz vom Ausmass der Trunkenheit abhängig macht. Denn es ist offensichtlich, dass mit zunehmendem Alkoholisierungsgrad die Fahrtüchtigkeit abnimmt und gleichzeitig die Unfallgefahr zunimmt. Es ist dem Grundsatze nach daher nicht zu beanstanden, wenn die SUVA bei Unfällen unter Alkoholeinfluss bei einer Alkoholkonzentration von 0,8 bis 1,2%o in der Regel eine Kürzung von 20% vornimmt und den Kürzungssatz für je 0,4 zusätzliche Promille um jeweils 10% erhöht (vgl. auch RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 222). Der im vorliegenden Fall festgestellten Blutalkoholkonzentration von 2,85 bis 3,15%o entspricht praxisgemäss ein Kürzungssatz in Höhe von 70%. Besondere Umstände, welche das Verschulden des Verstorbenen in einem milderen Licht erscheinen liessen oder sonstwie zu berücksichtigen wären, ergeben sich aus den Akten nicht und werden auch von den Beschwerdeführern nicht geltend gemacht. Indem die SUVA die Leistungskürzung auf den gesetzlich zulässigen Höchstsatz von 50% festgesetzt hat, hat sie weder ihr Ermessen missbraucht, noch ist der Entscheid unter dem Gesichtspunkt der BGE 120 V 224 S. 232 Angemessenheit rechtsfehlerhaft. Hieran ändert entgegen den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts, dass die Beschwerdeführer am Unfall völlig unbeteiligt waren. Diesem Umstand wird vom Gesetz insoweit Rechnung getragen, als die Leistungskürzung gemäss Art. 37 Abs. 3 UVG auf höchstens 50% begrenzt ist. Im übrigen bestimmt sich der Umfang der Leistungskürzung allein nach dem Verschulden des Versicherten.
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Sachverhalt ab Seite 168 BGE 82 I 167 S. 168 A.- Der Beschwerdeführer Hans Jakob Hauri ist durch Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 3. Februar 1954 wegen gewerbsmässigen Betrugs und verschiedener weiterer Delikte zu vier Jahren Zuchthaus abzüglich 15 Monate Untersuchungshaft verurteilt worden. Am 27. Januar 1955 gelang es ihm, aus der Strafhaft nach Frankreich zu entfliehen. In der Folge wurde er ausgeliefert unter Vorbehalt von 9 (von insgesamt 23) Betrugsfällen und einer Reihe anderer Delikte, die keine Auslieferungsdelikte seien. Im Hinblick auf diesen Vorbehalt verfügte der Statthalter des Appellationsgerichts am 28. Juni 1956, dass von der vierjährigen Zuchthausstrafe vorerst nur 3 1/2 Jahre zu vollziehen seien und dass dem Verurteilten zu eröffnen sei, die restlichen 6 Monate würden ebenfalls vollzogen, sofern er nach Ablauf eines Monats seit seiner Entlassung in der Schweiz betroffen werde. Als sich Hauri am 23. Juli 1956 beim Statthalter erkundigte, bei welcher Instanz er diese ihm am 30. Juni eröffnete Verfügung anfechten könne, wurde ihm am 25. Juli mitgeteilt, dass er dagegen staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht, eventuell gleichzeitig Beschwerde beim eidg. Justiz- und Polizeidepartement erheben könne. B.- Am 30. Juli 1956 hat Hauri beim Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde eingereicht mit dem BGE 82 I 167 S. 169 Antrag, die Verfügung des Statthalters des Appellationsgericht vom 30. Juni 1956 sei aufzuheben. Er beruft sich auf Art. 4 BV und macht geltend: Der grösste Teil der Delikte, deretwegen er in der Schweiz verurteilt worden sei, und insbesondere alle Betrugsfälle seien nach französischem Recht nicht strafbar und daher keine Auslieferungsdelikte, was die Vollstreckbarkeit der gesamten noch nicht verbüssten Freiheitsstrafe ausschliesse. Sodann lasse der angefochtene Entscheid ausser Betracht, dass der franz.-schweiz. Auslieferungsvertrag die Auslieferung zum Strafvollzug gar nicht vorsehe. C.- Das Ergebnis eines über die Frage der Zuständigkeit zur Beurteilung der Beschwerde erfolgten Meinungsaustausches der staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichts mit dem Bundesrate und mit dem Kassationshof des Bundesgerichts ist aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich. D.- Das Bundesgericht ist auf die Beschwerde nicht eingetreten. Erwägungen Aus den Erwägungen: Nach Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder andern Bundesbehörde gerügt werden kann. Der Beschwerdeführer beanstandet vor allem, dass der angefochtene Entscheid die auf die Auslieferungsdelikte entfallende Quote der vom Appellationsgericht seinerzeit ausgefällten Gesamtstrafe von 4 Jahren Zuchthaus mit 3 1/2 Jahren zu hoch bemessen habe. Damit macht er eine Verletzung des in Art. 8 des französisch-schweizerischen Auslieferungsvertrags enthaltenen Grundsatzes der Spezialität der Auslieferung und allenfalls noch eine Ermessensüberschreitung bei der Bestimmung jener Quote geltend. Würde es sich bei der Ausscheidung des auf die Auslieferungsdelikte entfallenden Teils der Gesamtstrafe BGE 82 I 167 S. 170 um eine blosse Vollstreckungsfrage handeln, wie der angefochtene Entscheid annimmt, so wäre darüber gemäss Art. 392 StGB in Verbindung mit Art. 125 lit. b OG vom Bundesrat zu entscheiden. Diese Betrachtungsweise ist indessen unzutreffend. Die infolge des Vorbehalts in der.Auslieferungsbewilligung notwendig gewordene nachträgliche Aufteilung der Gesamtstrafe durch Ausscheidung des auf die Nichtauslieferungsdelikte entfallenden Teils ist auch nach Auffassung des Bundesrates und des Kassationshofes Strafzumessung im Sinne der Art. 63 ff. StGB . Entscheidungen, durch die das Mass einer Strafe festgesetzt wird, sind aber Urteile im Sinne von Art. 268 Abs. 1 BStP , und es kann daher die Frage, ob eine solche nachträgliche Aufteilung einer Gesamtstrafe Bundesrecht verletze, zum Gegenstand einer Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof gemacht werden. Als Verletzung eidgenössischen Rechts im Sinne von Art. 269 Abs. 1 BStP gilt auch die Verletzung von Staatsverträgen mit Einschluss der Auslieferungsverträge, also auch die Verletzung des im französisch-schweizerischen Auslieferungsvertrag aufgestellten Grundsatzes der Spezialität (vgl. BGE 81 IV 290 Erw. II/1, nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 16. Februar 1951 i.S. Lebet Erw. III/2). Die in der vorliegenden Beschwerde erhobenen Rügen der Verletzung dieses Grundsatzes und allenfalls der Ermessensüberschreitung bei der Bestimmung der auf die Auslieferungsdelikte entfallenden Quote der Gesamtstrafe hätten daher mit der Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht werden können, womit die staatsrechtliche Beschwerde, als subsidiäres Rechtsmittel, ausgeschlossen ist. Von der Überweisung der Beschwerde an den Kassationshof zur Beurteilung als Nichtigkeitsbeschwerde kann schon deshalb abgesehen werden, weil sie als solche, wie der Kassationshof bestätigt hat, offensichtlich verspätet ist ( Art. 272 BStP ). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Statthalter des Appellationsgerichts BGE 82 I 167 S. 171 Basel-Stadt den Beschwerdeführer auf dessen Anfrage vom 23. Juli 1956 hin fälschlicherweise auf die Möglichkeit der staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht, eventuell der Beschwerde an das eidg. Justiz- und Polizeidepartement hingewiesen hat, da bereits in jenem Zeitpunkt die Frist für die Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde abgelaufen war. .....
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Sachverhalt ab Seite 269 BGE 114 Ib 268 S. 269 Die Korporation Walchwil beabsichtigt, im Gebiet Langmösli-Hagegg-Alpli in der Gemeinde Walchwil eine Walderschliessungsstrasse zu bauen. Die Wälder im Heumoos-Hagegg-Gebiet gehören den Korporationen Walchwil und Zug. Sie sind seit Menschengedenken über die Reistfahrwege ab Langmösli-Chnoden-Heumoosegg-Hagegg sowie Heumoos-Chnoden-Moosegg-Hagegg erschlossen worden. Der Regierungsrat des Kantons Zug hat gestützt auf das kantonale Gesetz über die Erhaltung und Pflege von Naturschutzgebieten vom 2. September 1982 (NSchG) einen Schutzplan für die Gebiete Chnoden und Heumoos erlassen (§ 3 NSchG). Die Bereiche, welche vorliegend von Bedeutung sind, gehören zur Zone A dieser Naturschutzgebiete, d.h. zum eigentlichen Lebensraum der zu schützenden Pflanzen und Tiere bzw. zum Landschaftsteil von besonderer Schönheit und Eigenart (§ 4 Abs. 1 und 2 NSchG). In dieser Zone ist alles untersagt, was den besonderen Charakter des Gebiets beeinträchtigen oder Pflanzen und Tiere gefährden könnte. Verboten ist u.a. insbesondere das Vernichten von Pflanzen, das Errichten von Bauten und Anlagen, Abgrabungen oder Entwässerungen (§ 5 Abs. 1 und 2 NSchG), wobei allerdings die Bewirtschaftung und Nutzung sowie der Unterhalt bestehender Anlagen durch Vertrag näher geregelt werden können (§ 5 Abs. 4 NSchG). Der Vertrag zwischen der Baudirektion des Kantons Zug und der Korporation Walchwil vom 10./18. September 1984 sieht zwar einen entsprechenden Schutz vor, gewährleistet aber die "bisherigen Reistfahrwegrechte". Die Reistwege führen durch die Zone A des Naturschutzgebiets Chnoden und in die Zone A des Naturschutzgebiets Heumoos, wo Holz gelagert und umgeschlagen wird. Das Kantonsforstamt Zug erarbeitete für die Linienführung der Walderschliessungsstrasse vier Varianten (A, B, C, D). Die Varianten B, C und D unterscheiden sich von der Variante A insbesondere dadurch, dass sie das Naturschutzgebiet Chnoden nicht durchqueren. Am 4. November 1986 erteilte der Regierungsrat die Bewilligung für den Bau der Variante A. BGE 114 Ib 268 S. 270 Das Verwaltungsgericht wies eine vom WWF dagegen eingereichte Beschwerde nach Durchführung eines Augenscheins mit Urteil vom 19. November 1987 ab. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des WWF wird vom Bundesgericht gutgeheissen, nachdem ein Augenschein durchgeführt worden ist. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Wenn bei Erfüllung einer Bundesaufgabe ein Objekt beeinträchtigt werden könnte, das in einem Inventar des Bundes aufgeführt ist, hat die zuständige Stelle rechtzeitig ein Gutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) einzuholen ( Art. 7 NHG ). a) Das Gebiet Chnoden, durch welches das streitige Stück der geplanten Erschliessungsstrasse führt, liegt im Raum eines Objektes, das in das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) aufgenommen wurde ( Art. 5 Abs. 1 NHG ; BLN-Objekt Nr. 1607 "Bergsturzgebiet von Goldau"). Das geht aus dessen kartographischer Darstellung (Art. 2 Verordnung über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (VBLN, SR 451.11)) hervor. Das Verwaltungsgericht verwarf die Begutachtungspflicht insbesondere mit der Begründung, der geplante Strassenbau tangiere dieses BLN-Objekt nicht in seiner Hauptbedeutung, liege das betroffene Chnodenried doch auf dem vom Bergsturz nicht berührten Nordabhang des Rossbergs. Tatsächlich befasst sich die Beschreibung des Objekts im Inventar in erster Linie mit dem eigentlichen Bergsturzgebiet. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass BLN-Objekt könne nur durch Eingriffe in diesen engeren Bereich beeinträchtigt werden, sonst hätte der Einbezug des vom Bergsturz nicht betroffenen Nordabhangs kaum einen Sinn. Das Verwaltungsgericht hat selber darauf hingewiesen, dass gemäss Inventar-Beschreibung auch die vielseitige Pflanzenwelt und Lebensräume einer mannigfaltigen Tierwelt die Bedeutung dieses BLN-Objekts ausmachen. Diese beiden Qualifikationen treffen insbesondere auf das Chnodenried zu. Es wurde denn auch vom Regierungsrat als Naturschutzgebiet und damit als zu den Landschaftsteilen gehörend bezeichnet, die wegen ihrer Schönheit und Eigenart oder als Lebensraum für Pflanzen und Tiere oder aus anderen ökologischen oder naturgeschichtlichen Gründen erhaltenswürdig BGE 114 Ib 268 S. 271 sind (§ 2 NschG). Das Natur- und Heimatschutzgesetz des Bundes schreibt zudem vor, dass Riedgebiete und Moore besonders zu schützen sind ( Art. 18 Abs. 1bis NHG ; siehe auch Art. 18a und 18b NHG ). Wie sich aus den vom Eidgenössischen Departement des Innern eingereichten Unterlagen, den Äusserungen der ENHK und den Feststellungen am Augenschein ergibt, handelt es sich beim Chnoden um ein solches Riedgebiet, dessen mögliche Beeinträchtigung durch den geplanten Strassenbau offensichtlich ist. Darin ist somit auch eine Beeinträchtigung des BLN-Objekts zu erblicken. b) Die Prüfung der Voraussetzungen und die Handhabung von Art. 24 RPG gilt als Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne des Natur- und Heimatschutzgesetzes ( Art. 7 NHG ), insbesondere wenn das Bauvorhaben wie hier ein gemäss Bundesinventar zu schützendes Objekt beeinträchtigen könnte ( Art. 2 lit. b NHG ; BGE 112 Ib 72 ff. E. 3 und 4). Auch die allfällige Gewährung von Bundessubventionen für die geplante Walderschliessungsstrasse hätte als Erfüllung einer Bundesaufgabe zu gelten ( Art. 2 lit. c NHG ). c) Seit Erlass des Natur- und Heimatschutzgesetzes haben Gesetzgebung und Praxis zu einem weiten Begriff der Bundesaufgabe geführt und es wurden ausgedehnte Flächen als BLN-Objekte inventarisiert. Die Begutachtungspflicht hat deshalb vor allem in einem Kanton wie Zug, dessen Gebiet von vielen inventarisierten Objekten erfasst wird, eine grössere Bedeutung erhalten. Zu den sich daraus ergebenden Problemen, auf die das Verwaltungsgericht und die Regierung hinweisen, hat das Bundesgericht vorliegend aber nicht Stellung zu nehmen. Jedenfalls im zu beurteilenden Fall ist eine Begutachtung durch die ENHK zu Unrecht unterblieben, wie sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut ergibt. Statt die Sache aus diesem Grunde an die Vorinstanz zurückzuweisen ( Art. 114 Abs. 2 OG ; nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. Ligue suisse pour la protection de la nature vom 27. Januar 1982, E. 2d), hat das Bundesgericht selber ein entsprechendes Gutachten eingeholt (Art. 113 i.V. mit Art. 95 Abs. 1 OG ). 3. Es ist unbestritten, dass im Bereich des Chnodenrieds weder eine besondere Landwirtschafts- oder Naturschutzzone ausgeschieden noch ein Strassenplan in der Form eines Sondernutzungsplans erlassen wurde. Als ausserhalb der Bauzone gelegene Baute bedarf die projektierte Strasse somit einer Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG ( BGE 112 Ib 166 /167 E. 2b; 412 BGE 114 Ib 268 S. 272 E. 1b). Diese setzt voraus, dass der Zweck der Baute einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert ( Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG ) und dass keine überwiegenden Interessen entgegenstehen ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ). Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein ( BGE 113 Ib 141 E. 5 mit Hinweisen). a) Eine zweckmässige Bewirtschaftung von Waldgebieten setzt voraus, dass die dafür nötigen Strassen und Wege vorhanden sind, welche naturgemäss auch Standorte ausserhalb der Bauzonen beanspruchen. Die Standortgebundenheit der vorliegend streitigen Walderschliessungsstrasse ist deshalb grundsätzlich ohne weiteres zu bejahen (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. A. vom 29. Juni 1987 E. 4a). Daran ändern auch die vom Beschwerdeführer u.a. aufgeworfenen Fragen der Zweckmässigkeit des geographischen Standortes sowie insbesondere des Natur- und Heimatschutzes nichts. Diese Fragen sind vielmehr bei der Interessenabwägung ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ) zu prüfen ( BGE 112 Ib 30 E. 3; 119 ff. nicht veröffentlichte E. 3a). b) Zu entscheiden ist einzig, ob dem Strassenbauprojekt überwiegende Interessen entgegenstehen ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ). Lenkender Massstab der Interessenabwägung bilden hauptsächlich die Planungsziele und Planungsgrundsätze des Raumplanungsgesetzes ( Art. 1 und Art. 3 RPG ; BGE 112 Ib 33 /34 E. 5a; siehe auch BGE 108 Ib 368 E. 6b). Es schreibt unter anderem vor, mit Raumplanungsmassnahmen Bestrebungen zu unterstützen, welche die natürlichen Lebensgrundlagen und die Landschaft schützen ( Art. 1 Abs. 2 lit. a RPG ), sowie naturnahe Landschaften zu schonen und zu erhalten ( Art. 3 Abs. 2 lit. d RPG ). Soweit das positive Verfassungs- und Gesetzesrecht einzelne Aspekte der allgemeinen Interessenabwägung ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ) konkreter regelt, sind Bauvorhaben im Bewilligungsverfahren vorweg nach diesen Sondernormen zu prüfen ( BGE 112 Ib 123 /124 E. 4b; nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. Sch. vom 26. Juni 1987 E. 3b). Dementsprechend sind hier die Vorschriften des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz anzuwenden. 4. Um dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten entgegenzuwirken, sind genügend grosse Lebensräume (Biotope) zu erhalten ( Art. 18 Abs. 1 NHG ). Besonders zu schützen sind u.a. Riedgebiete und Moore ( Art. 18 Abs. 1bis NHG ). Sie gehören zu den Naturgebieten, die besonderen Seltenheitswert haben und deren BGE 114 Ib 268 S. 273 Erhaltung für das Überleben bedrohter Tier- und Pflanzenarten wichtig ist. Diese Standorte bieten vielfältigen Lebensgemeinschaften eine unerlässliche Lebensgrundlage und bilden ein Gegengewicht zu der von Technik und Zivilisation stark geprägten Landschaft. Sie erfüllen im intensiv genutzten Naturhaushalt zudem eine wichtige biologische Funktion (Botschaft zu einem Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 31. Oktober 1979, BBl 1979 III 830). Die Beeinträchtigung derartiger Lebensräume durch technische Eingriffe ist deshalb grundsätzlich zu vermeiden ( Art. 18 Abs. 1ter NHG ). Erst wenn sich Eingriffe unter Abwägung aller Interessen als unvermeidlich erweisen, stellt sich die Frage nach Schutz-, Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmen. Das Gesetz will somit einen strengen Schutz der besonders seltenen und wichtigen Biotope. Mit Erlass des Art. 24sexies Abs. 5 BV (in Kraft seit 6. Dezember 1987; AS 1988 I 352) und der Art. 18a-18d NHG (in Kraft seit 1. Februar 1988; AS 1988 I 254) wurde der Biotopschutz noch einmal verstärkt und ein Instrumentarium bereitgestellt, das es erlauben soll, die in Art. 18 NHG niedergelegten Ziele besser zu erreichen (Botschaft über die Volksinitiative "zum Schutz der Moore - Rothenthurm-Initiative" und zur Revision der Bestimmungen über den Biotopschutz im Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz vom 11. September 1985, BBl 1985 II 1445 ff., 1463). a) Beim Naturschutzgebiet "Chnoden" handelt es sich unbestrittenermassen um ein Riedgebiet. Nach den Ausführungen im Gutachten der ENHK begründet sich der Wert dieses Hangriedes im Zusammenspiel und in der Ergänzung der ökologischen, landschaftlichen und bildungswissenschaftlichen Bedeutung. Es ist ein anschauliches Beispiel für die unerwartet hohe Vielfalt an Ausbildungen der Feuchtgebiete in der Bergstufe, verstärkt durch den stark wechselnden Untergrund, der lehrbuchhaft den Einfluss von saurem oder basischem Ausgangsmaterial erkennen lässt. Ausserdem ist auch die Intensität der Nutzung recht unterschiedlich, so dass die Wirkung geringer bis stärkerer Düngung auf feuchte Grünlandstandorte eindrücklich demonstriert werden kann. Trotz Kultivierungsarbeiten im unteren Teil des Hangriedes hat das ausgedehnte, extensiv bewirtschaftete Grünland kaum an Vielfalt eingebüsst. Nach Auffassung der ENHK ist das Gebiet Chnoden somit immer noch von hoher wissenschaftlicher Bedeutung und von bemerkenswertem landschafts-ästhetischem Reiz, weshalb das Hauptziel in dessen Erhaltung liegen müsse. BGE 114 Ib 268 S. 274 Das Eidgenössische Departement des Innern verweist in der ergänzenden Vernehmlassung vom 1. Juni 1988 auf seine bereits abgeschlossenen Untersuchungen der Hoch- und Übergangsmoore. Für das Naturschutzgebiet Chnoden lautet die entsprechende Bewertung wie folgt: "Dieses Teilobjekt stellt wegen der geringen Fläche und schlechten Erhaltungszustand einen Grenzfall zur Aufnahme ins Hochmoorinventar dar. In einer Mähwiese, die immer intensiver bewirtschaftet wird, haben sich zerstreut noch ein paar wenige Quadratmeter grosse Bulten und zwei-drei schlenkenartige Gebilde erhalten. Die Bulten sind sehr stark verheidet und die Schlenken stark abgetrocknet. Bei gleichbleibender Bewirtschaftungsintensität dürften auch diese letzten Reste einer Hochmoorvegetation bald verschwunden sein. Im weiteren sei darauf hingewiesen, dass im Bereich der Heumoosegg ein prächtiges Hangried immer mehr zerstört wird, weil von Jahr zu Jahr ein weiteres Stück (unter den Pflug) genommen wird, um Hafer anzubauen. Auf dem schweren, vernässten Gleyboden dürfte der Ertrag den Aufwand an Betriebsmitteln übertreffen (...)." Daraus ergibt sich einerseits ein erheblicher naturschützerischer, namentlich wissenschaftlicher Wert, auch wenn er nicht als überragend und damit national angesprochen werden kann. Andererseits besteht eine starke Gefährdung durch die heutige Bewirtschaftung, was sich auch am Augenschein zeigte. b) Der Strassenbau nach der vom Verwaltungsgericht bewilligten Variante A hätte zur Folge, dass das Naturschutzgebiet Chnoden ungefähr auf mittlerer Höhe der Zone A auf einer Länge von 120 m durchquert wird. Dies ergibt eine direkte flächenmässige Beanspruchung von rund 400 m2. Nach den Abklärungen am Augenschein kommen dazu berg- und talseits je ein Streifen von etwa 10 m. Gesamthaft würde also in einem Bereich von rund 2800 m2 der Wasser- und Nährstoffhaushalt gestört, wodurch die bisherige Vegetation durch höherwüchsige Pflanzenarten verdrängt würde. Es käme zu einem Wachstum hoher Stauden, welche das Bild des Hangriedes entsprechend verändern würde. Dieses Wachstum hoher Stauden könnte zwar durch einen zweiten Schnitt verhindert werden. Schutzmassnahmen, die zu einer massgeblichen Schonung des Gebietes, allenfalls gar zu einer Behebung der Auswirkungen des Eingriffs führen könnten, sind aber nicht ersichtlich. Das Eidgenössische Departement des Innern liess diese Frage zwar zunächst offen, äusserte am Augenschein aber ebenfalls diese Ansicht. BGE 114 Ib 268 S. 275 Es steht somit fest, dass mit dem Bau der Strasse eine dem Riedgebiet nicht angemessene, atypische Vegetation gefördert würde, und zwar im wichtigsten, zentralen Abschnitt der ohnehin nicht grossen Riedfläche. Es ist auch unbestritten, dass die Variante A die Empfehlungen der Wegleitung des Bundesamtes für Forstwesen und Landschaftsschutz "Natur- und Heimatschutz beim forstlichen Projektwesen" (Bern 1987) nur ungenügend beachtet. Mit der ENHK muss deshalb von einem schweren Eingriff in das Naturschutzgebiet gesprochen werden. c) Die Gewichtung der forstwirtschaftlichen und finanziellen Interessen am Strassenbau durch das Gebiet Chnoden ist im Lichte der dargelegten naturschützerischen Bedeutung dieses Riedes und der zu erwartenden Beeinträchtigungen vorzunehmen. Den Korporationen Walchwil und Zug geht es vorweg um eine ordnungsgemässe Pflege und Bewirtschaftung des Waldes. Freilich war eine solche schon bisher möglich. Auf den bislang benutzten Reistwegen konnte in der Regel auch mit Motorfahrzeugen gearbeitet werden. Das forstwirtschaftliche Interesse geht somit dahin, die hergebrachte beschwerliche durch eine leichtere, rationellere Bewirtschaftung abzulösen. Das fachkundige Eidgenössische Departement des Innern kommt in seinen Vernehmlassungen zudem zum Schluss, dass zwar vom forstlichen Standpunkt aus auch andere Varianten als A vertretbar und machbar sind, welche aber einen grösseren Aufwand für Bau, Unterhalt und Betrieb erfordern. Allein der mit den Varianten B bis D verbundene Mehraufwand ist aber nicht so gewichtig, als dass deshalb eine Beeinträchtigung des Biotops, wie sie die Variante A mit sich brächte, gerechtfertigt wäre. Dazu kommt, dass für eine Subventionierung von vorneherein nur bundesrechtmässige, den Naturschutzanforderungen entsprechende Lösungen in Frage kommen. Mehrkosten für andere Varianten als A dürften deshalb praktisch keine Rolle spielen; auch das spricht gegen die Variante A. An der Unzulässigkeit der Variante A vermag auch der von den Korporationen Walchwil und Zug für den Fall des Zustandkommens dieser Variante in Aussicht gestellte Verzicht auf die bisherigen Reistrechte nichts zu ändern. Das bisherige Reisten ist im Vergleich mit den durch einen Strassenbau verursachten Folgen insofern schonender, als es praktisch keine nicht wieder gutzumachenden Schäden verursacht. Das zeigt der heutige Bestand des Riedes nach langer Koexistenz mit der Forstwirtschaft. Zudem fragt sich ohnehin, ob die traditionelle Reistnutzung weiterhin BGE 114 Ib 268 S. 276 unverändert geduldet werden darf. Die Kantone sind neuerdings verpflichtet, Biotope von regionaler Bedeutung zu schützen ( Art. 18b NHG ). d) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als begründet.
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86619ef8-0bd6-4baa-8d0a-d0592d271932
Sachverhalt ab Seite 296 BGE 115 Ib 295 S. 296 B. erwarb im Jahre 1985 von seinem Vater die Parzelle Nr. 854 in Ried, Gemeinde Giswil (Kanton Obwalden). Das 5360 m2 grosse Grundstück liegt gemäss Zonenplan dieser Gemeinde im übrigen Gemeindegebiet, in welchem nur Bauten zulässig sind, die den Bedürfnissen der Land-, Alp- oder Forstwirtschaft oder des Gartenbaues dienen (Art. 30 des Baureglementes der Einwohnergemeinde Giswil vom 18. Januar 1981). Auf diesem Grundstück steht seit 1965 ein Schweinestall. B. führt darin einen reinen Zuchtbetrieb, wobei er mit ungefähr 80 Mutterschweinen pro Jahr 1400- 1700 Jager produziert. Im Stall sind ausserdem ungefähr 20 Remonten (Schweine, die noch nie geferkelt haben) und 3 Eber untergebracht. Das Bundesamt für Landwirtschaft bewilligte am 29. April 1987 die Haltung von maximal 80 Mutterschweinen und 40 Jungsauen bzw. Remonten. Nach fünfzehnmonatiger Betriebszeit stellte B. das Gesuch um Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) für den Bau eines 5 1/2-Zimmer-Einfamilienhauses für seine Familie unmittelbar neben dem Zuchtbetrieb. Das Baudepartement des Kantons Obwalden lehnte das Gesuch am 29. August 1986 mangels Standortgebundenheit im Sinne von Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG ab. Hiegegen erhob B. Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Obwalden. Dieser hiess am 1. September 1987 die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gut, da er die Standortgebundenheit des Wohnhauses bejahte. Der Regierungsrat stützte sich dabei unter anderem auf ein Gutachten, das die Notwendigkeit eines Wohnhauses in unmittelbarer Nähe des Schweinezuchtbetriebes bejahte. Gegen diesen Entscheid führt das Bundesamt für Raumplanung Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut aus folgenden BGE 115 Ib 295 S. 297 Erwägungen Erwägungen: 2. Das Bundesamt für Raumplanung geht davon aus, im vorliegenden Fall komme Art. 24 RPG zur Anwendung. Der private Beschwerdegegner dagegen vertritt die Ansicht, er benötige keine Ausnahmebewilligung für die Erstellung der geplanten Baute. Sein Betrieb sei bodenabhängig, denn er sei zur Verwertung der in seinem Schweinezuchtbetrieb anfallenden Jauche auf landwirtschaftlichen Boden angewiesen; er stelle nämlich die bei ihm erzeugten Mengen an Jauche, soweit er diese nicht selbst auf dem Umgelände seiner Stallungen ausbringen könne, den benachbarten Landeigentümern zur Verfügung. Bei einem Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen ist nach der Rechtsprechung zunächst zu prüfen, ob es zonenkonform ist und ihm demnach eine ordentliche Bewilligung nach Art. 22 Abs. 2 RPG erteilt werden kann. Trifft dies nicht zu, stellt sich die Frage, ob es als Ausnahme gestützt auf Art. 24 RPG zu bewilligen ist ( BGE 113 Ib 316 E. 3; BGE 112 Ib 272 E. 1b mit Hinweisen). a) Die Zonenkonformität bestimmt sich ausschliesslich nach dem Zweck der entsprechenden Nutzungszone und nach der Vereinbarkeit der Bauten und Anlagen mit diesem Zweck. Landwirtschaftszonen umfassen Land, das sich für die landwirtschaftliche Nutzung oder den Gartenbau eignet oder im Gesamtinteresse landwirtschaftlich genutzt werden soll ( Art. 16 RPG ). Landwirtschaftliche Bauten entsprechen dem Zweck der Landwirtschaftszone dann, wenn für die Nutzung, der sie dienen, der Boden als Produktionsfaktor unentbehrlich ist; wo landwirtschaftliche Erzeugnisse bodenunabhängig gewonnen werden, liegt keine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne von Art. 16 RPG vor ( BGE 114 Ib 133 E. 3; BGE 112 Ib 273 E. 3; EJPD/BRP, Erläuterungen zum Raumplanungsgesetz, N. 9 zu Art. 16 RPG ; LEO SCHÜRMANN, Bau- und Planungsrecht, 2. Aufl., Bern 1984, S. 167). In BGE 112 Ib 270 ff., der eine Gärtnerei betraf, erkannte das Bundesgericht, massgebend sei, ob der fragliche Betrieb in gesamthafter Betrachtung überwiegend bodenabhängig produziere. Dieser Grundsatz gilt auch im vorliegenden Fall. b) Dass Wohnhäuser als solche ausserhalb der Bauzonen nicht zonenkonform sind, hat die Rechtsprechung wiederholt festgehalten ( BGE 113 Ib 141 E. d, 222 E. 3; BGE 112 Ib 261 ; BGE 111 Ib 216 E. 2; BGE 110 Ib 143 ; EJPD/BRP, a.a.O., N. 18 und 20 zu Art. 16 RPG ). BGE 115 Ib 295 S. 298 c) Es kann sich indessen fragen, ob der bestehende Schweinezuchtbetrieb zonenkonform sei und das geplante Wohnhaus allenfalls als betriebsnotwendige Baute bewilligt werden könnte, lässt doch die bundesgerichtliche Praxis Wohnraum als "Folge" zonenkonformer landwirtschaftlicher Nutzung dann zu, wenn für ein ordnungsgemässes Bewirtschaften des Bodens ein längeres Verweilen am betreffenden Ort erforderlich ist und dieser von der nächstgelegenen Wohnzone weit entfernt liegt (vgl. BGE 113 Ib 142 mit Hinweisen). Wie den Akten zu entnehmen ist und wie der Augenschein ergeben hat, ist der Schweinezuchtbetrieb des Beschwerdegegners als zumindest überwiegend bodenunabhängig zu betrachten, wird doch höchstens ein kleiner Teil des Futters für die Schweine auf der betriebseigenen Fläche von etwas über einer halben Hektare produziert. Der eigene Boden ist somit für das Betriebsziel, die jährliche Produktion von 1400-1700 Jagern, weitgehend entbehrlich. Daran ändert nichts, dass die Jauche gestützt auf langfristige Abnahmeverträge auf dem benachbarten Land anderer Grundeigentümer ausgebracht wird. Entgegen der Ansicht des privaten Beschwerdegegners handelt es sich bei seinem Bauvorhaben somit nicht um eine geplante Wohnbaute zu einem zonenkonformen, sondern zu einem zonenwidrigen Betrieb. Wohngebäude sind, wie erwähnt, als zonenkonforme Bauten ausserhalb von Bauzonen nur zulässig, wenn sie der objektiven, betrieblichen Notwendigkeit einer zonenkonformen Bodenbewirtschaftung entsprechen und damit in erster Linie der landwirtschaftlichen Nutzung selber dienen ( BGE 113 Ib 141 E. 1d; EJPD/BRP, a.a.O. N. 18 und N. 20 zu Art. 16 RPG ; LEO SCHÜRMANN, a.a.O. S. 170 Ziff. 5c). Bestehende zonenwidrige Bauten dagegen können eine weitere Ausdehnung der zonenfremden Nutzung nicht begründen ( BGE 114 Ib 320 E. 4d). Solche Bauten und Anlagen dürfen grundsätzlich nur unterhalten und gemäss den von den Kantonen gestützt auf Art. 24 Abs. 2 RPG erlassenen Vorschriften erneuert, teilweise geändert oder wiederaufgebaut werden, wenn dies mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar ist. Da somit das Bauvorhaben des Beschwerdegegners nicht zonenkonform ist, erübrigen sich weitere Erörterungen hierzu. Es bleibt nur mehr zu prüfen, ob das Wohnhaus gestützt auf Art. 24 RPG bewilligt werden kann. 3. Unbestritten ist, dass für das Bauvorhaben Art. 24 Abs. 2 RPG nicht anwendbar ist, da es sich um eine Neubaute handelt ( BGE 111 Ib 216 E. 3). Eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 BGE 115 Ib 295 S. 299 Abs. 1 RPG kann erteilt werden, wenn der Zweck der Baute einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert (lit. a) und wenn dem Vorhaben keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein ( BGE 113 Ib 141 E. 5 mit Hinweisen). a) Die - positive - Standortgebundenheit darf nach der bundesgerichtlichen Praxis nur dann bejaht werden, wenn eine Baute aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen oder wegen der Bodenbeschaffenheit auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen ist. Dabei beurteilen sich die Voraussetzungen nach objektiven Massstäben, und es kann weder auf die subjektiven Vorstellungen und Wünsche des Einzelnen noch auf die persönliche Zweckmässigkeit und Bequemlichkeit ankommen ( BGE 113 Ib 141 E. 5a, BGE 111 Ib 217 E. 3b mit Hinweisen; EJPD/BRP, a.a.O. N. 20 zu Art. 24 RPG ). Bauten, die der Landwirtschaft dienen und betrieblich notwendig sind, werden ausserhalb der Bauzonen grundsätzlich als standortgebunden anerkannt, soweit sie nicht in einer Landwirtschaftszone liegen und wegen ihrer Bodenabhängigkeit ohnehin zonenkonform sind. Dabei sind an die Erfordernisse der Standortgebundenheit strenge Anforderungen zu stellen. Der landwirtschaftliche Zweck darf nicht bloss Vorwand sein, um ein Bauvorhaben zu realisieren, das für die Bewirtschaftung des Bodens nicht erforderlich ist ( BGE 113 Ib 141 E. 5a; 111 Ib 217 E. 3b, je mit Hinweisen). b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt eigenständiger Wohnraum ausserhalb der Bauzonen grundsätzlich nicht als standortgebunden ( BGE 113 Ib 142 ; LEO SCHÜRMANN, a.a.O. S. 184/185). Das geplante Wohnhaus als solches erfüllt somit die Voraussetzung von Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG nicht. c) Zu prüfen ist, ob die Standortgebundenheit des geplanten Wohnhauses aus der Tatsache hergeleitet werden kann, dass es für die Schweinezucht allenfalls betrieblich notwendig ist. Voraussetzung dazu ist jedoch, dass der zwar zonenwidrige, jedoch bereits seit Jahrzehnten bestehende Schweinezuchtbetrieb seinerseits als standortgebunden zu bezeichnen ist ( BGE 108 Ib 363 E. b). Vorab ist daher zu untersuchen, ob die positive oder negative Standortgebundenheit dieses Betriebes bejaht werden kann. Wie dargelegt, sind an die Erfordernisse der positiven Standortgebundenheit strenge Anforderungen zu stellen, um der Zersiedlung der Landschaft entgegenzuwirken. Das Bundesgericht hat sich in BGE 103 Ib 115 ff. erstmals mit dem Problem von BGE 115 Ib 295 S. 300 Intensivtierhaltungsbetrieben ausserhalb der Bauzonen auseinandergesetzt. Im damaligen Zeitpunkt galt zwar noch der alte Art. 20 des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung vom 8. Oktober 1971 (GSchG), der Gebäude und Anlagen ausserhalb des im generellen Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebietes nur zuliess, wenn der Gesuchsteller ein sachlich begründetes Bedürfnis nachwies. Art. 27 Abs. 1 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung in der Fassung vom 6. November 1974 ergänzte, das Bedürfnis gelte dann als sachlich begründet, wenn die Zweckbestimmung der Baute den beanspruchten Standort bedingt und dem Bauvorhaben keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Was das Gewässerschutzrecht mit dem "sachlich begründeten Bedürfnis" eingeführt hat, findet in der "Standortgebundenheit" des Art. 24 Abs. 1 RPG seine Entsprechung (EJPD/BRP, a.a.O. N. 2 zu Art. 24). Auf die von der Rechtsprechung unter dem Gewässerschutzgesetz entwickelten Grundsätze ist daher auch heute noch abzustellen. Im angeführten Entscheid wurde klar festgehalten, dass ein Mastbetrieb ohne eigene Futterbasis nicht an einen bestimmten Standort (auf dem zu bearbeitenden Land) gebunden sei, sondern der Inhaber könne - unter Beachtung der Immissionsrisiken - frei wählen, wo er seinen Betrieb errichten wolle. Dies trifft auch im vorliegenden Fall zu. Wie dargelegt, verfügt der Betrieb des Beschwerdegegners nicht über eine genügende eigene Futterbasis, sondern er produziert überwiegend bodenunabhängig. Er ist somit weder aus technischen oder betriebswirtschaftlichen noch aus Gründen der Bodenbeschaffenheit auf einen bestimmten Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen. Die Tatsache, dass der Schweinezuchtbetrieb bereits vor Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes erstellt wurde, ändert an diesen Feststellungen nichts, muss er doch im Lichte des heute geltenden Rechts beurteilt werden. Zu untersuchen bleibt, ob eine Schweinezucht in einer Bauzone überhaupt sinnvoll betrieben werden könnte. Es ist dies die Frage nach der negativen Standortgebundenheit des bestehenden Schweinezuchtbetriebes. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf die negative Standortgebundenheit nur sehr zurückhaltend angenommen werden, etwa wenn ein Werk wegen seiner Immissionen in Bauzonen ausgeschlossen ist ( BGE 114 Ib 187 ; BGE 111 Ib 218 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat im nicht publizierten Entscheid vom 21. März 1984 i.S. Hui die Meinung vertreten, für Tierheime sei die negative Standortgebundenheit in der Regel zu BGE 115 Ib 295 S. 301 bejahen, soweit sie immissionsträchtig seien. Im vorliegenden Fall gehen vom Betrieb des Beschwerdegegners klarerweise keine erheblichen Immissionen aus. Die Schweine werden ausschliesslich im Innern des Stallgebäudes gehalten. Wie am Augenschein festgestellt werden konnte, dringt nur sehr wenig Lärm nach aussen. Auch die Geruchsemissionen stellen beim Betrieb des Beschwerdegegners kein Problem dar; der Stall ist gegen aussen hin geschlossen und wird künstlich belüftet. Insofern ist die vom Beschwerdegegner ausgeübte Haltung der Schweine nicht mit einem Tierheim vergleichbar. Zudem muss ein Schweinezuchtbetrieb ganz allgemein den Anforderungen der Umweltschutzgesetzgebung genügen (insbesondere des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG), der Luftreinhalte-Verordnung (SR 814.318.142.1), der Lärmschutz-Verordnung (SR 814.331) und der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV, SR 814.011). Die in diesem Gesetz und den Verordnungen umschriebenen Vorschriften bezwecken, eine übermässige Beeinträchtigung der Umgebung zu verhindern ( Art. 1 Abs. 1 USG ). So sind lästige Gerüche, beispielsweise aus Schweine- oder Geflügelhaltungen oder aus der Silagelagerung, aufgrund von Art. 11 Abs. 2 USG soweit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Eine erhebliche Störung der Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden ist zu vermeiden ( Art. 14 lit. b USG ). Emissionsbegrenzungen baulicher und betrieblicher Art, insbesondere für geruchsintensive Massentierhaltungen, können aufgrund von Verordnungen oder nötigenfalls direkt gestützt auf Art. 12 USG angeordnet werden ( BGE 113 Ib 398 ff. E. 3). Schweinezuchtbetriebe mit mehr als 75 Plätzen für Mutterschweine gelten überdies gemäss Nr. 80.4 des Anhangs zur UVPV als sogenannte UVP-Anlagen. Aus diesen Erwägungen folgt, dass genügend rechtliche Möglichkeiten bestehen, um zu verhindern, dass von einem Schweinezuchtbetrieb wie dem vorliegenden in einer Industrie- oder Gewerbezone eine übermässige Belästigung der Umgebung bewirkt wird. Gewisse Immissionen sind in den genannten Zonen zudem ohnehin in Kauf zu nehmen, da dort üblicherweise zumindest mässig störende Betriebe zonenkonform sind (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 20. Januar 1988 i.S. Bau- u. Immobilien AG, E. 5b). Beizufügen ist, dass die Entsorgung der bei der Tierproduktion entstehenden Abfälle (hier Jauche) für sich allein betrachtet die negative Standortgebundenheit nicht begründen kann. BGE 115 Ib 295 S. 302 d) Zusammenfassend ergibt sich, dass das Wohnhaus als solches die Voraussetzung von Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG nicht erfüllt. Die Standortgebundenheit kann auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass das Wohnhaus für die bestehende Schweinezucht allenfalls betriebsnotwendig ist; der Zuchtbetrieb selber ist nicht auf einen Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen und kann insofern die Standortgebundenheit weiterer Bauten nicht begründen. Unter diesen Umständen erübrigt es sich zu prüfen, ob das Bauvorhaben für den Betrieb der Schweinezucht notwendig ist und ob diesem gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG überwiegende Interessen entgegenstehen.
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0080e626-d9fe-4d5b-8232-e7bb806b61bd
Sachverhalt ab Seite 299 BGE 101 Ia 298 S. 299 X. war seit 6. Januar 1969 als Adjunkt des Schulpsychologischen Dienstes der Stadt Winterthur tätig. Am 19. November 1970 wurde er vom Stadtrat von Winterthur unter Hinweis auf "die zu erstattende Strafanzeige betreffend Sittlichkeitsdelikte" provisorisch im Dienste eingestellt. Das zugleich eingeleitete Disziplinarverfahren wurde bis zur Erledigung der Strafuntersuchung ausgesetzt und erst am 16. Mai 1973 fortgesetzt. Das Bezirksgericht Winterthur sprach X. am 5. Januar 1973 von der Anklage der Unzucht mit Kindern frei - einmal aus formellen Gründen, weil den Untersuchungsbehörden zum Teil schwere Verfahrensfehler vorzuwerfen waren; sodann erkannte es auch materiell, dass die dem Angeklagten zur Last gelegten Handlungen nicht von jener Intensität seien, welche die Gerichtspraxis zur Erfüllung des Tatbestandes von Art. 191 Ziff. 2 StGB verlange. Dem Angeklagten wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt, weil er sich den Mädchen gegenüber zumindest leichtfertig benommen und deshalb die Einleitung der Strafuntersuchung veranlasst habe. Mit Beschluss vom 6. Juli 1973 entliess der Stadtrat von Winterthur X. wegen Verletzung der Amts- und Dienstpflicht gemäss § 134 ff. des Personalstatuts der Stadt Winterthur (PS) rückwirkend auf das Datum der vorläufigen Einstellung im Dienst. Hiegegen erhob X. beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Rekurs und zugleich verwaltungsrechtliche Klage. Das Verwaltungsgericht hiess den Rekurs soweit gut, als es erkannte, dass die rückwirkende Entlassung nicht zulässig gewesen sei, bestätigte aber die Entlassung auf den 6. Juli 1973 und wies die verwaltungsrechtliche Klage ab. Hiegegen reichte X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV und zugleich beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Revision wegen Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ein. Das Verwaltungsgericht wies das Revisionsbegehren vollumfänglich ab, wogegen X. erneut staatsrechtliche Beschwerde erhoben hat. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab, soweit es auf sie eintritt, aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Nach Art. 87 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV erst zulässig, nachdem BGE 101 Ia 298 S. 300 von kantonalen Rechtsmitteln Gebrauch gemacht worden ist. Hiezu gehört nach ständiger Rechtsprechung auch das Ergreifen der ausserordentlichen kantonalen Rechtsmittel, sofern damit die gerügte Verfassungsverletzung geltend gemacht werden kann. Das trifft auf die Revision gemäss § 67 lit. a und b des zürcherischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG) zu ( BGE 100 Ia 33 E. 2). Soweit also mit der ersten staatsrechtlichen Beschwerde die Verletzung des rechtlichen Gehörs, somit einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, gerügt wird, kann auf sie nicht mehr eingetreten werden. b) Der Beschwerdeführer hat den Revisionsentscheid des Verwaltungsgerichts in seiner zweiten staatsrechtlichen Beschwerde mit ähnlicher Begründung angefochten wie in seiner ersten. Es handelt sich in beiden Verfahren um dieselbe Streitsache und die gleichen Parteien. Die beiden Verfahren sind daher zu vereinigen. 2. Der Beschwerdeführer hat am 9. Dezember 1974 nachträglich darum ersucht, sich zu den Vernehmlassungen des Verwaltungsgerichts und des Stadtrates von Winterthur äussern zu dürfen, und er hat dies mit einer beigefügten Begründung gleich getan. Nach Art. 93 Abs. 2 OG kann dem Beschwerdeführer eine Frist zur Ergänzung der Beschwerde angesetzt werden, wenn die Entscheidungsgründe erst in der Vernehmlassung der Behörde enthalten sind. Ein weiterer Schriftenwechsel findet gemäss Art. 93 Abs. 3 OG nur ausnahmsweise statt. Die Voraussetzung des Art. 93 Abs. 2 OG ist hier jedoch nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat seine angefochtenen Entscheide ausführlich begründet und auch im Revisionsverfahren zu den Vorbringen des Beschwerdeführers Stellung genommen. So erklärt es im Revisionsentscheid ausdrücklich, dass seiner Auffassung nach weder nach kantonalem Recht noch nach Art. 4 BV einer Partei in allen Fällen das Doppel der Rechtsschrift der Gegenpartei zuzustellen oder Kenntnis vom Eingang allfälliger Akten zu geben sei. Damit bestreitet es bereits dort sinngemäss das Bestehen eines Gewohnheitsrechtes. Die Vernehmlassung zur Beschwerdeschrift enthält demnach nichts wesentlich Neues, das dem Beschwerdegegner Anspruch auf zusätzliche Ausführungen gäbe. Ähnliches gilt für dessen weiteres Vorbringen, wonach das Verwaltungsgericht in seiner Vernehmlassung bezüglich der BGE 101 Ia 298 S. 301 vom Beschwerdeführer gerügten Glaubwürdigkeit der betroffenen Mädchen nun eine Argumentation verwende, die der Urteilsbegründung eindeutig widerspreche. Auch wenn das Verwaltungsgericht in Abschwächung der Argumentation des angefochtenen Urteils in der Vernehmlassung davon spricht, dass nicht das einzelne Vorkommnis entscheidend sei, sondern dass die gesamten Akten der Straf- und Disziplinaruntersuchung mit ihrer Vielzahl von gewichtigen Anhaltspunkten es bei freier Beweiswürdigung davon überzeugt hätten, dass der Beschwerdeführer den untersuchten Mädchen wiederholt in sittlich ungehöriger Weise körperlich nahe getreten sei, so will es damit gleich wie im angefochtenen Urteil sagen, dass nach seiner Auffassung der Beschwerdeführer eindeutig Sitte und Anstand verletzt habe. Neue Entscheidungsgründe hat es damit nicht vorgebracht. Dem Antrag des Beschwerdeführers, die Eingabe vom 9. Dezember 1974 zu den Akten zu nehmen, kann deshalb nicht entsprochen werden. 3. Es rechtfertigt sich, zunächst den vom Beschwerdeführer erhobenen Einwand der Verjährung zu untersuchen. Denn hätte das Verwaltungsgericht - wie der Beschwerdeführer behauptet - die Verjährungsvorschriften in unhaltbarer Weise ausgelegt und wäre die Verjährung offensichtlich eingetreten, so müssten die angefochtenen Entscheide aufgehoben werden, ohne dass noch die weiteren Rügen zu prüfen wären. Die massgebende Bestimmung, § 140 PS in der Fassung vom 8. Dezember 1963, lautet: "(1) Die Disziplinarfehler verjähren in sechs Monaten vom Zeitpunkt an, da sie der zu ihrer Verfolgung zuständigen Behörde bekanntgeworden sind. (2) Die Verjährungsfrist beginnt mit jeder Untersuchungshandlung neu zu laufen. Die Verjährung ruht, solange ein vom Betroffenen ergriffenes Rechtsmittel gegen die Disziplinarstrafe anhängig ist. Die Verfolgung des Disziplinarfehlers verjährt jedoch spätestens zwei Jahre nach seiner Begehung. (3) Wird eine Strafuntersuchung eingeleitet, so läuft die Frist für die Verfolgungsverjährung von der rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens an. (4) Eine Disziplinarstrafe verjährt in einem Jahr; die Frist beginnt mit der Rechtskraft des Disziplinarentscheides zu laufen." a) Der Beschwerdeführer behauptet, entweder habe das Verwaltungsgericht willkürlich den letzten Satz von Abs. 2 BGE 101 Ia 298 S. 302 nicht auf Abs. 3 angewandt oder aber § 140 PS verletze Art. 4 BV , indem er die Frist für die absolute Verfolgungsverjährung an das rein formale, sachlich nicht zu rechtfertigende Kriterium des Vorliegens einer Strafuntersuchung knüpfe. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts begründet aber Abs. 3 insofern eine Ausnahme, als die sechsmonatige Verfolgungsverjährung des ersten Absatzes - die mit jeder Untersuchungshandlung neu zu laufen beginnt (Abs. 2 Satz 1) - wie auch die absolute Verfolgungsverjährung von zwei Jahren (Abs. 2 letzter Satz) erst von der rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens an zu laufen beginnt. Hätte der Gesetzgeber vorschreiben wollen, dass die absolute Verfolgungsverjährung in jedem Fall - also auch bei Durchführung einer Strafuntersuchung - spätestens zwei Jahre nach der Begehung eintrete, so hätte er dies ausdrücklich sagen müssen; Abs. 3 habe deshalb eine selbständige Bedeutung. Es werde nicht darauf abgestellt, ob die Strafuntersuchung Anlass zur Einleitung des Disziplinarverfahrens gegeben habe oder umgekehrt. Diese Auslegung und die Folgerung hieraus, dass die Verjährungsfristen - weder die sechsmonatige, die durch die Einvernahme des Beschwerdeführers am 19. Juni 1973 unterbrochen wurde, noch die absolute - jedenfalls während der Dauer der verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch nicht abgelaufen waren, sind sachlich durchaus haltbar und auf keinen Fall willkürlich. Auch § 140 PS als solcher verstösst nicht gegen Art. 4 BV , da diese Regelung, die zuerst die Durchführung einer Strafuntersuchung erlaubt und danach für ein Disziplinarverfahren aufgrund des gleichen Sachverhalts noch genügend Zeit einräumt, ist sachlich offenkundig gerechtfertigt; die zeitliche Grenze für die Verfolgung von Disziplinarfehlern darf weit gezogen werden ( BGE 73 I 291 E. 4). b) In einer weiteren Eingabe vom 3. Februar 1975 weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass jedenfalls spätestens am 5. Januar 1975 nach § 140 Absatz 3 PS die absolute Verjährung seiner allfälligen Disziplinarfehler eingetreten sei. Die Eingabe ist verspätet, doch prüft das Bundesgericht in öffentlichrechtlichen Streitigkeiten in der Regel von Amtes wegen, ob eine Verjährung vorliegt ( BGE 98 Ib 355 E. 2a, mit Hinweisen). Das Verwaltungsgericht hat die Frage offen gelassen, ob unter "rechtskräftiger Erledigung des Strafverfahrens" (§ 140 Abs. 3 PS) ein rechtskräftiges Erkenntnis über das Bestehen BGE 101 Ia 298 S. 303 oder Fehlen eines Straftatbestandes zu verstehen sei oder ob das Verfahren als Ganzes - also auch bezüglich der prozessualen Nebenfolgen - rechtskräftig abgeschlossen sein müsse. Je nachdem hätte die Frist für die absolute Verjährung am 5. Januar 1973 oder - da der Beschwerdeführer den Kosten- und Entschädigungsentscheid weitergezogen hatte - erst am 13. November 1973 zu laufen begonnen. Das Bundesgericht braucht die Frage ebenfalls nicht zu entscheiden, da die Verfolgungsverjährung mit dem zweiten Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 12. September 1974 - also jedenfalls innert der zweijährigen Frist - zu laufen aufgehört hat. Die Strafverfolgung wird mit der Ausfällung des letztinstanzlichen kantonalen Urteils, das sofort vollstreckbar wird, beendet und damit hört auch die Verfolgungsverjährung auf. Daran ändert die Einreichung einer staatsrechtlichen Beschwerde (vgl. BGE 101 Ia 109 E. 3) oder einer Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts ( BGE 92 IV 173 und BGE 97 IV 157 E. 2, mit Hinweisen) nichts, denn diese Rechtsbehelfe hemmen die Vollstreckbarkeit der angefochtenen Entscheide nicht von Gesetzes wegen (vgl. auch PERRIN, ZStR 79/1963 S. 13 ff.). Was für das gemeine und das Polizeistrafrecht ( BGE 101 Ia 109 E. 3) gilt, trifft auch auf das Disziplinarrecht zu. Der Einwand der Verjährung erweist sich somit in allen Teilen als unbegründet. 4. Da der Anspruch auf rechtliches Gehör ebenfalls formeller Natur ist ( BGE 100 Ia 10 ), rechtfertigt es sich, als nächstes die Rüge der Gehörsverweigerung zu prüfen. Der Anspruch wird auch für ein Disziplinarverfahren zunächst grundsätzlich von den kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben; erst wo sich dieser Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Verfahrensregeln Platz. Ob der bundesrechtliche Gehörsanspruch verletzt ist, prüft das Bundesgericht frei ( BGE 99 Ia 23 E. a). a) Der Beschwerdeführer beklagt sich, dass ihm das Verwaltungsgericht weder die Vernehmlassung der Gegenpartei zugestellt noch den Eingang der Akten angezeigt habe. Nach dem massgebenden § 58 VRG bestand hiezu aber keine Pflicht; namentlich bleibt es dem Verwaltungsgericht überlassen, ob es nach Einholung der Vernehmlassung noch einen weiteren Schriftenwechsel anordnen will. Die §§ 8 und 57 BGE 101 Ia 298 S. 304 Abs. 1 VRG regeln nur das allgemeine Akteneinsichtsrecht. Der Beschwerdeführer behauptet indessen, es entspreche ständiger Übung sämtlicher Zürcher Gerichte, einer Partei das Doppel einer Rechtsschrift der Gegenpartei zuzustellen, auch wenn sich diese hiezu nicht mehr äussern dürfe; das Verwaltungsgericht bestreitet, dass dies ausnahmslos gelte. Wie es sich damit im einzelnen verhält, kann dahingestellt bleiben, denn der Beschwerdeführer vermag nicht nachzuweisen, dass sich eine allfällige Übung bereits zum Gewohnheitsrecht verdichtet hätte. Auch aus Art. 4 BV ergibt sich nicht, dass eine Beschwerdeantwort in jedem Falle von Bundesrechts wegen dem Rekurrenten zugestellt werden müsste (vgl. TINNER, Das rechtliche Gehör, ZSR 83/1964 II S. 356 N. 84). Diese Pflicht besteht höchstens, wenn in der Beschwerdeantwort neue erhebliche Gesichtspunkte geltend gemacht werden. Das Verwaltungsgericht führt jedoch überzeugend aus, dass das vorliegend nicht zugetroffen habe. Eine Disziplinarbehörde ist auch nicht unbedingt verpflichtet, den Beurteilten über den Beizug von Akten zu orientieren. Dieser muss lediglich Gelegenheit erhalten, in die Akten Einsicht zu nehmen und sich dazu zu äussern (vgl. BGE 100 Ia 8 ff. E. 3). Der Beschwerdeführer wusste aus den Präsidialverfügungen vom 27. Juli und 3. September 1973 genau, welche Akten das Verwaltungsgericht einverlangte. Kannte er deren Inhalt nicht, so hätte er Einsicht verlangen können. Mit Präsidialverfügung vom 11. April 1974 wurde ihm zudem eine Frist zur freigestellten Vernehmlassung zu den beigezogenen Akten des Straf- und Rekursverfahrens angesetzt. Der Vertreter des Beschwerdeführers teilte darauf am 9. Mai 1974 dem Verwaltungsgericht "nach Einsicht der Akten auf Ihrem Büro" mit, er habe zu den Akten des Strafverfahrens keine weiteren Bemerkungen anzubringen. Freilich war in den Verfügungen nicht gesagt, dass auch in die vom Stadtrat Winterthur beigezogenen Akten Einsicht genommen werden könne; dem Beschwerdeführer war dies aber schon vor der Rekurseinreichung offen gestanden, und er wusste aus der Präsidialverfügung vom 27. Juli 1973, dass der Stadtrat seine Akten einlegen musste. Er hätte sich daher um die Einsicht bemühen müssen. Von einer Verweigerung des rechtlichen Gehörs kann keine Rede sein. BGE 101 Ia 298 S. 305 b) Der weitere Vorwurf, dass der Stadtrat Winterthur dem Verwaltungsgericht nicht sämtliche Akten eingereicht habe und dass deshalb dem Beschwerdeführer willkürlich keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich zu den Akten der Gegenpartei zu äussern, erweist sich schon deswegen als haltlos, weil sich der Beschwerdeführer auf Aktenstücke beruft, die entweder er selbst geschrieben hat oder die ihm aus dem Disziplinarverfahren bereits bekannt waren, da er diese Schriften selbst unterzeichnet hatte. c) Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, die Entscheidgründe, die zu seiner disziplinarischen Entlassung geführt hätten, seien ihm nicht genügend bekanntgegeben worden. Ob und inwieweit eine kantonale Behörde ihre Verfügungen und Entscheide zu begründen hat, ist vorab eine Frage des kantonalen Rechts. § 10 VRG sieht nun - im Gegensatz zu den entsprechenden Erlassen anderer Kantone - keine Begründungspflicht vor. Die zürcherische Rechtsprechung nimmt an, eine solche Pflicht bestehe nur insoweit, als sie im positiven Recht vorgesehen sei ( BGE 96 I 723 , mit Hinweisen). Darüber hinaus ergibt sich aber eine Begründungspflicht unmittelbar aus Art. 4 BV ( BGE 98 Ia 129 und 464 E. 5a, mit Hinweisen). Der Betroffene muss sich über die Tragweite des Entscheids und über allfällige Anfechtungsmöglichkeiten ein Bild machen können; an die Begründung dürfen unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs indessen keine allzuhohen Ansprüche gestellt werden, wenn wie hier das kantonale Recht keine Begründungspflicht vorsieht ( BGE 96 I 723 ; TINNER, a.a.O., S. 357). Die Anforderungen sind allerdings in Fällen wie dem vorliegenden, wo es um die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers geht, strenger zu nehmen. Dieser muss dem Entscheid entnehmen können, was ihm vorgeworfen wird, worauf sich dieser Vorwurf stützt und weshalb er zu der schwersten Disziplinarstrafe führt, obschon das Strafgericht zu einem Freispruch gelangt ist; ferner gehören die Bekanntgabe der Beweise, auf die abgestellt wird, und deren Würdigung dazu. Diese Anforderungen werden von den Entscheiden des Stadtrates vom 6. Juli 1973 und insbesondere des Verwaltungsgerichtes vom 27. Mai 1974 vollauf erfüllt. Beide Instanzen stützen sich auf die in § 11 PS enthaltenen Pflichten der städtischen Bediensteten und weisen darauf hin, dass an den BGE 101 Ia 298 S. 306 Schulpsychologen in Anbetracht seiner grossen Verantwortung gerade in sittlicher Beziehung strengere Anforderungen zu stellen seien, als sie den strafrechtlichen Bestimmungen über Unzucht mit Kindern zugrunde lägen. Sie nehmen zu den inkriminierten Vorfällen und den daraus folgenden Vorwürfen an den Beschwerdeführer ausführlich Stellung und begründen einlässlich, weshalb nach ihrer Auffassung die schwerste Disziplinarstrafe ausgefällt werden musste. Damit musste dem Beschwerdeführer klar sein, weshalb er sofort entlassen worden war. Die Rüge der formellen Rechtsverweigerung ist somit offensichtlich unbegründet. d) In seiner ersten Beschwerde hatte der Beschwerdeführer schliesslich als Gehörsverweigerung gerügt, dass das Verwaltungsgericht die von ihm zum integrierenden Bestandteil der Rekursbegründung erklärten strafgerichtlichen Plädoyernotizen nicht zur Kenntnis genommen habe. Auf diesen Vorwurf ist nach dem in E. 1a Gesagten nicht mehr einzugehen. Das Verwaltungsgericht hat als Revisionsinstanz darüber befunden und der Beschwerdeführer hat ihn mit Grund in seiner zweiten Beschwerdeschrift weggelassen. 5. Zur Hauptsache macht der Beschwerdeführer geltend, die gegen ihn ausgesprochene sofortige Entlassung sei mit Art. 4 BV unvereinbar, da ihr eine willkürliche Beweiswürdigung zugrunde liege. In der Beweiswürdigung steht den kantonalen Instanzen ein weiter Ermessensspielraum zu, und das Bundesgericht kann auf staatsrechtliche Beschwerde hin nur eingreifen, wenn die tatsächlichen Feststellungen offensichtlich falsch oder willkürlich sind oder auf einem offenbaren Versehen beruhen ( BGE 98 Ia 142 E. 3a, mit Hinweisen). a) Das Verwaltungsgericht erachtete es - durchaus unter Beachtung der Fragwürdigkeit der Aussagen der befragten Mädchen - als erstellt, dass der Beschwerdeführer während seiner schulpsychologischen Untersuchungen wiederholt mit einzelnen Mädchen körperlichen Kontakt suchte, so, indem er ihnen mit der Hand über dem Kleid seitlich von der Taille bis zur Achselhöhle und vorne von der Hüfte bis zur Brust fuhr, sie über den Kleidern in der Brustgegend berührte, am Rücken streichelte und sie auf der Aussenseite der Oberschenkel, am Gesäss und am Hüftgelenk betastete. Der Beschwerdeführer hat diese Handlungen immer wieder abgestritten, doch stellte das Verwaltungsgericht mit der gebotenen Vorsicht auf BGE 101 Ia 298 S. 307 die Aussagen der Mädchen im Disziplinar- und Strafverfahren ab. Nach seiner Auffassung lägen keine Anzeichen dafür vor, dass die Kinder unter einem Druck gestanden hätten oder unbewusst entscheidenden Einflüssen von Eltern oder Dritten erlegen wären. Kontakte seien nur zwischen zwei Mädchen festgestellt worden; dass die andern mit diesen Kindern und unter sich ihre Beobachtungen hätten austauschen können, erscheine als praktisch ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer macht es sich demgegenüber allzu leicht, wenn er die Aussagen aller Mädchen samt und sonders als völlig unglaubwürdig abtut und es als willkürlich bezeichnet, dass das Verwaltungsgericht nicht seine Aussage über jene der acht verschiedenen Mädchen stellte. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht bemerkte, fällt auf, dass die Wahrnehmungen der Mädchen ein weitgehend geschlossenes Bild zeigen: Zwar bezichtigen sie den Beschwerdeführer nicht stereotyp der gleichen Handlungen - was verdächtig wäre -, doch liegt das geschilderte Verhalten in einem einheitlichen Rahmen und weist wiederkehrende Züge auf. Angesichts dieser Umstände ist das Verwaltungsgericht nicht in Willkür verfallen, wenn es den Aussagen der Mädchen im grossen ganzen Glauben geschenkt hat. Wie es selbst sagt, wäre in einzelnen Punkten eine abweichende Beweiswürdigung denkbar; aus der Gesamtheit der Indizien durfte aber geschlossen werden, der Beschwerdeführer habe die Regeln von Anstand und Sitte eindeutig verletzt. Jedenfalls ist eine solche Feststellung nicht offensichtlich falsch oder willkürlich. b) Auch das Bezirksgericht Winterthur hatte in seinem Strafurteil festgehalten, dass dem Beschwerdeführer gewisse unschickliche, leicht gegen Sitte und Anstand verstossende Handlungen zur Last zu legen waren, die aber nicht so intensiv seien, um die Voraussetzungen von Art. 191 Ziff. 2 StGB zu erfüllen; insbesondere habe es am subjektiven Tatbestand gefehlt. Der Beschwerdeführer habe sich gegenüber den Mädchen ungeschickt verhalten und seine "Aufmunterungen" hätten sich zeitweilig in verhängnisvollen Bahnen - ja mitunter recht hart an der Grenze des noch Erlaubten - bewegt. Dass das Gericht ihn dennoch freigesprochen hat, hat auf das Disziplinarverfahren keinen entscheidenden Einfluss, denn Straf- und Disziplinarverfahren sind entsprechend ihrem unterschiedlichen Zweck selbst in derselben Angelegenheit grundsätzlich von einander BGE 101 Ia 298 S. 308 unabhängig und geben somit jeder Behörde das Recht, frei Beweise abzunehmen und diese selbständig zu würdigen (GRISEL, Droit administratif suisse, S. 268; IMBODEN, Verwaltungsrechtsprechung Bd. I Nr. 366). Es steht grundsätzlich nichts entgegen, eine strafrechtlich unwesentliche Verletzung von Sitte und Anstand unter dem Gesichtspunkt der Dienstverletzung disziplinarisch zu ahnden (vgl. B. GARBADE, Das Disziplinarrecht der Funktionäre der kantonal- und stadtzürcherischen Verwaltung, Zürcher Diss. 1943, S. 39 N. 27). 6. Disziplinarmassnahmen müssen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen ( BGE 100 Ia 360 E. 3b). Den kantonalen und kommunalen Behörden steht bei der Wahl der Massnahme jedoch ein gewisser Ermessensspielraum offen, und das Bundesgericht könnte nur bei dessen Überschreitung eingreifen ( BGE 100 Ia 360 E. 3a). Der Beschwerdeführer verweist in dieser Hinsicht bloss auf die angeblich willkürliche Begründung des Entlassungsentscheides, doch ergibt sich aus seinen gesamten Vorbringen, dass er auch die Disziplinarmassnahme als solche mit Art. 4 BV unvereinbar hält. Ob die Verfehlung eines Beamten als schwerwiegend zu betrachten ist, kann nur nach den Anforderungen des Amtes, das er bekleidet, beurteilt werden. Zweifellos muss das Vertrauen der Öffentlichkeit, von Eltern, Lehrerschaft und Kindern in den Schulpsychologischen Dienst gewahrt bleiben. Was den Umgang des Schulpsychologen mit Schulkindern angeht, muss ein strenger Massstab angelegt werden. Der Schulpsychologe hat eine besondere Vertrauensstellung; zudem hat er es auch vielfach mit schwierigen und gefährdeten Kindern zu tun. Die Eltern, die ihre Kinder zu ihm schicken müssen, wollen zu Recht Gewissheit haben, dass diese dort nicht in unsittlicher Weise belästigt werden. Die Dienstpflicht gebietet dem Schulpsychologen daher, sich bei seinen Untersuchungen aller fragwürdigen und zweideutigen Gesten zu enthalten. Daran hat sich der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht gehalten. Dass die subjektive Schuld des Beschwerdeführers an seiner Dienstpflichtverletzung allenfalls weniger schwer ist als der von ihm geschaffene objektive Tatbestand, fällt nicht ins Gewicht. Die sofortige Entlassung stellt entgegen der Bezeichnung in § 138 PS eher BGE 101 Ia 298 S. 309 eine Massnahme als eine Strafe dar, da sie ja nicht den Beschwerdeführer bessern, sondern vor allem die öffentlichen Interessen an einem integren und vertrauenswürdigen Schulpsychologischen Dienst schützen soll. Indem die kantonalen Behörden weniger auf die subjektive Strafwürdigkeit des Beschwerdeführers als vielmehr auf diesen objektiven Schutz abstellten, haben sie den ihnen eingeräumten Ermessensspielraum nicht überschritten, wenn sie annahmen, es handle sich vorliegend um eine schwere Dienstverletzung, die nur mit einer sofortigen Entlassung zu ahnden sei. Eine andere, weniger weit gehende Massnahme hätte den objektiven Schutzzweck nicht genügend wahren können.
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Sachverhalt ab Seite 374 BGE 137 III 374 S. 374 A. Mit Beschluss des Amtsgerichts Offenburg vom 30. Dezember 2004 wurde über die deutsche Z. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Klage vom 7. Juli 2008 machte der Insolvenzverwalter beim Kantonsgericht Glarus gegen die X. AG eine Forderung geltend. Gestützt auf ein entsprechendes Gesuch des Insolvenzverwalters anerkannte der Glarner Kantonsgerichtspräsident mit Entscheid vom 2. Februar 2009 das deutsche Konkursdekret für das Gebiet der Schweiz. Der vor dem Kantonsgericht hängige Zivilprozess wurde eingestellt. Am 6. Juli 2009 erhob die X. AG bei der kantonalen Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen Beschwerde, namentlich BGE 137 III 374 S. 375 mit den Begehren, das Konkursamt Glarus sei anzuweisen, die behauptete Forderung aus Bürgschaft von 437'500.- bzw. Fr. 725'375.- Euro aus dem Inventar zu streichen bzw. die am 18. Mai 2009 zur Verrechnung gebrachte Forderung im Kollokationsplan aufzunehmen. Die Aufsichtsbehörde trat darauf nicht ein (vgl. dazu Urteil 5A_83/2010 vom 11. März 2010). Mit Verfügung vom 27. April 2010 trat das Konkursamt Glarus die inventarisierte Forderung in analoger Anwendung von Art. 260 SchKG an den deutschen Insolvenzverwalter ab unter der Bedingung, dem Konkursamt über das Resultat Bericht zu erstatten und den Prozessgewinn zur Verteilung gemäss Art. 173 und 174 IPRG abzuliefern. In der Folge wurde der sistierte Prozess vor Kantonsgericht wieder aufgenommen. B. Mit Beschwerde vom 16. Juli 2010 beantragte die X. AG die Feststellung der Nichtigkeit der Abtretung, eventualiter deren Aufhebung. Mit Entscheid vom 3. November 2010 wies die Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab. Gegen diesen Entscheid hat die X. AG am 18. November 2010 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Feststellung der Nichtigkeit der Abtretung bzw. eventualiter um Aufhebung der Abtretung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Wird ein ausländisches Konkursdekret gestützt auf Art. 166 IPRG (SR 291) für das Gebiet der Schweiz anerkannt, so zieht dies für das hier gelegene Vermögen des Gemeinschuldners die konkursrechtlichen Folgen des schweizerischen Rechts nach sich, soweit nicht IPRG-Bestimmungen etwas anderes vorsehen ( Art. 170 Abs. 1 IPRG ). Das in der Schweiz durchgeführte Verfahren wird als "Partikularkonkurs", "Hilfskonkurs", "Anschlusskonkurs", "Minikonkurs", "Parallelkonkurs", "Sekundärkonkurs" oder "IPRG-Konkurs" bezeichnet (vgl. BERTI, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 8 zu Art. 166 IPRG ). Die Eröffnung des Partikularkonkurses, in welchem eine besondere Partikularmasse gebildet wird, hat zur Folge, dass der Gemeinschuldner auch die Dispositionsfähigkeit über die im Inland gelegenen BGE 137 III 374 S. 376 Vermögenswerte verliert (STAEHELIN, Die Anerkennung ausländischer Konkurse und Nachlassverträge in der Schweiz, 1989, S. 136; VOLKEN, Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 16 zu Art. 170 IPRG ; WALDER, Konkursrechtliche Bestimmungen des IPR-Gesetzes, in: Festschrift 100 Jahre SchKG, 1989, S. 338; THEUS SIMONI, Englische, walisische und französische Konkursverwalter in der Schweiz, 1997, S. 317). Die ausländische Konkursverwaltung ist nicht aktivlegitimiert, in der Schweiz ihr zustehende Forderungen durchzusetzen ( BGE 129 III 683 E. 5.3 S. 688; BGE 135 III 40 E. 2.4 und 2.5.1 S. 43 f.). Vielmehr ist das mit der Verwaltung der Partikularmasse betraute schweizerische Konkursamt dazu berufen, die fälligen Forderungen einzuziehen ( Art. 243 Abs. 1 SchKG ). Über das Schicksal bestrittener Forderungen hat normalerweise die zweite Gläubigerversammlung zu entscheiden ( Art. 260 Abs. 1 SchKG ), welche es im Partikularkonkurs freilich nicht gibt (Art. 170 Abs. 3 IRPG); es liegt nahe, dass das Konkursamt die Gläubiger hier auf dem Zirkularweg anhört (vgl. zur analogen Situation im Summarkonkurs: BGE 134 III 75 E. 2.3 S. 78; BGE 136 III 534 E. 4.1 S. 537). Verzichtet die Gläubigergesamtheit auf die Rechtsdurchsetzung, kann jeder einzelne Gläubiger die Abtretung der betreffenden Rechtsansprüche gemäss Art. 260 Abs. 1 SchKG verlangen. Im vorliegenden Partikularkonkurs gibt es indes keine kollozierten Gläubiger und es stellt sich die Frage, ob die inventarisierte Forderung deshalb in analoger Anwendung von Art. 260 SchKG an die ausländische Konkursverwaltung abgetreten werden kann, welche vorliegend an einer Rechtsdurchsetzung interessiert ist. Kraft ausdrücklicher Regelung in Art. 171 IPRG ist eine Prozessführung durch die ausländische Konkursverwaltung bei Anfechtungsansprüchen im Sinn von Art. 285 ff. SchKG möglich. Die Lehre ist sich mit Bezug auf diese Norm einig, dass im Sinn einer Kaskade primär das inländische Konkursamt und sekundär die Abtretungsgläubiger zur Geltendmachung berufen sind und erst in dritter Linie die ausländische Konkursverwaltung zum Zuge kommen kann (VOLKEN, a.a.O., N. 21 zu Art. 171 IPRG ; BERTI, a.a.O., N. 10 zu Art. 171 IPRG ; STAEHELIN, a.a.O., S. 148 f.; THEUS SIMONI, a.a.O., S. 351; BREITENSTEIN, Internationales Insolvenzrecht der Schweiz und der Vereinigten Staaten, 1990, S. 186; WALTHER, Paulianische Anfechtungsansprüche im internationalen Verhältnis - ausgewählte Probleme, in: Internationales Zivilprozess- und Verfahrensrecht, Bd. V, 2005, S. 97; BGE 137 III 374 S. 377 STAEHELIN, Konkurs im Ausland - Drittschuldner in der Schweiz, in: Schweizerisches und Internationales Zwangsvollstreckungsrecht, 2005, S. 416 f.); dies entspricht auch der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 135 III 40 E. 2.5.1 S. 44, BGE 135 III 666 E. 3.2.1 S. 667 f.). Des Weiteren wird in der Lehre darauf hingewiesen, dass Art. 171 IPRG mit Bezug auf das anwendbare Recht nichts anderes festhalte, als was ohnehin bereits aufgrund von Art. 170 IPRG gelten würde, und der Sinn der Bestimmung sich letztlich in einer Klarstellung der Aktivlegitimation der ausländischen Konkursverwaltung erschöpfe (BREITENSTEIN, a.a.O., S. 182; NUSSBAUM, Das schweizerische internationale Insolvenzrecht gemäss dem Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das internationale Privatrecht und sein Umfeld in Europa, 1989, S. 27 f.; vgl. auch Botschaft zum IPRG, BBl 1983 I 453). Dies legt nahe, dass die Wahrnehmung auch anderer Ansprüche durch die ausländische Konkursverwaltung nicht per se unstatthaft sein kann, was im Folgenden vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung des 11. Kapitels des IPRG näher zu untersuchen ist. Die Bestimmungen von Art. 166 ff. IPRG zielen auf eine Milderung des im Konkursrecht als Grundsatz geltenden Territorialitätsprinzips. Weil der Partikularkonkurs nicht zu einem eigentlichen Parallelkonkurs ausarten soll (vgl. Botschaft, BBl 1983 I 454), können nur pfandversicherte Forderungen und privilegierte Forderungen von Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz kolloziert werden ( Art. 172 Abs. 1 IPRG ). Diese sollen aus der Partikularmasse vorab befriedigt werden ( Art. 173 Abs. 1 IPRG ) und nur der allfällige Überschuss ist bei Anerkennung des ausländischen Kollokationsplanes an die ausländische Konkursverwaltung abzuliefern ( Art. 173 IPRG ) bzw. bei Nichtanerkennung an die schweizerischen Kurrentgläubiger zu verteilen ( Art. 174 IPRG ). Sind jedoch im Partikularkonkurs gar keine Gläubiger vorhanden und kann mithin weder ein Beschluss über das Schicksal der bestrittenen Rechtsansprüche gefällt noch eine Abtretung derselben verlangt werden, besteht für das inländische Konkursamt keine Möglichkeit oder jedenfalls kein Anlass zur klageweisen Durchsetzung, zumal es dabei ein Prozess- und Kostenrisiko eingehen müsste. Demgegenüber kann die ausländische Konkursverwaltung, welche die Interessen der Gläubigergesamtheit des Hauptkonkurses vertritt, an einer Rechtsdurchsetzung in der Schweiz interessiert sein. Zumal im vorliegenden Fall keine inländischen Gläubiger vorhanden sind, welche es zu schützen gälte, ist nicht zu sehen, BGE 137 III 374 S. 378 weshalb die Forderung nicht an die ausländische Konkursmasse soll abgetreten werden können. Dies wäre auch im Interesse der nicht privilegierten inländischen Gläubiger, welche nicht am Partikularkonkurs, wohl aber am ausländischen Konkurs teilnehmen dürfen. Für die Abtretungsmöglichkeit plädiert denn auch die Mehrheit der Lehre (WÜTHRICH, Kann eine ausländische Konkursmasse in der Schweiz eine Klage gegen einen ihrer Schuldner mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz einleiten-, in: Jusletter vom 25. Oktober 2004, Rz. 8; JEANNERET/CARRON, in: Commentaire romand, 2005, N. 55 f. zu Art. 260 SchKG ; KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, in: Commentaire romand, 2005, N. 20 zu Art. 170 IPRG ; sibyllinisch: WALDER, a.a.O., S. 340; a.M.: THEUS SIMONI, a.a.O., S. 353). Entgegen der letztgenannten Autorenmeinung und den Vorbringen der Beschwerdeführerin kann einem solchen Vorgehen der Wortlaut von Art. 260 SchKG nicht entgegenstehen: Dass dieser im Zusammenhang mit den abtretungsberechtigten Personen nur von Gläubigern spricht, ist darauf zurückzuführen, dass beim normalen Konkursverfahren, welches durch eine Betreibung eingeleitet wird, naturgemäss immer mindestens ein Gläubiger vorhanden ist. Dies trifft beim Partikularkonkurs nicht zu; oftmals sind im Inland weder pfandversicherte noch privilegierte und damit keine kollozierbaren Gläubiger vorhanden. Wenn nun Art. 170 Abs. 1 IPRG für die Folgen des Partikularkonkurses auf das "schweizerische Recht" verweist, so heisst dies mit Bezug auf die Durchführung, dass grundsätzlich die Normen des SchKG Anwendung finden. Freilich führt ein solcher Verweis immer zu einer sinngemässen Anwendung, so dass der äussere Wortlaut von Art. 260 Abs. 1 SchKG einer Abtretung bestrittener Rechtsansprüche an die ausländische Konkursverwaltung nicht entgegenstehen kann. Anders zu entscheiden, würde bedeuten, dass die fraglichen Ansprüche gar nie durchgesetzt werden könnten und den Gläubigern des Gemeinschuldners definitiv verloren gingen; es bestünde mit anderen Worten ein "rechtsdurchsetzungsfreier" Raum. Abschliessend ist zu bemerken, dass entgegen einer in der Lehre sinngemäss vertretenen Ansicht (vgl. STAEHELIN, a.a.O., S. 148 f.) die Anerkennung des ausländischen Kollokationsplanes in der Schweiz keine Abtretungsbedingung sein kann. Die Anerkennung des Kollokationsplanes ist gemäss Art. 173 Abs. 2 IRPG einzig für die Auslieferung des Erlöses eine Voraussetzung. Der Abtretungsgläubiger bzw. die ausländische Konkursverwaltung klagt auf eigene Gefahr BGE 137 III 374 S. 379 und übernimmt damit auch das Risiko, dass die Verteilungsfolgen gemäss Art. 174 IPRG eintreten, wenn der Kollokationsplan nicht anerkannt werden könnte. Entsprechend hat das Konkursamt in der Abtretungsverfügung denn auch die Ablieferung des Prozessgewinnes zur Verteilung gemäss Art. 173 und 174 IPRG verlangt.
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Sachverhalt ab Seite 73 BGE 115 Ia 73 S. 73 X., seit über 25 Jahren Werkmeister bei einer Firma in Münchenstein/BL, hatte seit anfangs 1949 Wohnsitz in der Stadt Basel, wo er auch besteuert wurde. Am 19. August 1982 meldete er sich auf der Einwohnerkontrolle und Steuerverwaltung Basel-Stadt nach Dallenwil/NW ab. Auf den 24. April 1985 meldete er sich in Basel als Wochenaufenthalter wieder an. Die Steuerverwaltung Basel-Stadt forderte von ihm die Steuererklärung 1985, die er am 21. März 1986 unter Hinweis auf die Erfüllung der Steuerpflicht im Kanton Nidwalden leer einreichte. Nach Abklärung seiner Wohnverhältnisse in Basel (unmöblierte 2-Zimmer-Wohnung, Miete Fr. 530.-- monatlich) und Dallenwil (1-Zimmer-Studio, Monatsmiete Fr. 320.--) erklärte ihn die Steuerverwaltung Basel-Stadt mit Verfügung vom 9. Mai 1986 kraft seiner persönlichen Zugehörigkeit (Wohnsitz) ab 24. April 1985 für in Basel-Stadt steuerpflichtig. Auf eine Einsprache vom 25. Juni 1986 gegen diese Verfügung trat sie wegen Verspätung mit Entscheid vom 26. Januar 1987 nicht ein. Inzwischen hatte die Steuerverwaltung Basel-Stadt festgestellt, dass er beim angeblichen Zuzug vom 24. April 1985 dieselbe BGE 115 Ia 73 S. 74 Adresse angegeben hatte, an der er schon vor der Abmeldung im Jahre 1982 wohnte, und die seit mindestens 1980 gemietete 2-Zimmer-Wohnung nie aufgegeben hatte. Mit Verfügung vom 25. November 1986 erklärte sie ihn daher auch für die Zeit vom 15. August 1982 bis 23. April 1985 in Basel-Stadt für steuerpflichtig. Gegen diese Verfügung erhob er keine Einsprache. Die von ihm neuerdings geforderten Steuererklärungen für sein Einkommen der Jahre 1982 bis 1985 verweigerte er weiterhin und reichte nur am 5. Mai 1987 eine Kopie seiner Steuererklärung 1987/88 für den Kanton Nidwalden ein. Am 29. September 1987 veranlagte ihn deshalb die Steuerverwaltung Basel-Stadt, gestützt auf die Steuererklärung 1987/88 für den Kanton Nidwalden und ihre Erkundigungen bei der Arbeitgeberfirma, nach Ermessen zu Nachsteuern vom Einkommen 1982 bis 1985 von Fr. 30'862.50 nebst Verzugszinsen sowie zu einer Strafsteuer von Fr. 1'000.--. Auf seine Einsprache gegen diese Nach- und Strafsteuerverfügung, mit der er nur seine Steuerpflicht in Basel bestritt, trat die Steuerverwaltung mit Einspracheentscheid vom 1. März 1988 nicht ein, weil über die Steuerhoheit bereits rechtskräftig entschieden sei. Gegen diesen Einspracheentscheid führt X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung gegen die Kantone Nidwalden und Basel-Stadt für die Steuerjahre 1982 (ab 15. August) bis 1985. Er beantragt, der Steueranspruch des Kantons Nidwalden sei zu schützen und das Nach- und Strafsteuerverfahren im Kanton Basel-Stadt abzuwenden. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein. Erwägungen Erwägungen: 2. a) Nach Art. 86 Abs. 2 und Art. 89 Abs. 3 OG ist eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung ( Art. 46 Abs. 2 BV ) spätestens im Anschluss an die Geltendmachung des zweiten der einander allenfalls ausschliessenden Steueransprüche zu erheben, wobei der kantonale Instanzenzug nicht ausgeschöpft zu werden braucht, aber gegenüber dem angefochtenen Entscheid die 30tägige Beschwerdefrist eingehalten werden muss. Ist die Beschwerde im Anschluss an die zweite Veranlagung rechtzeitig eingereicht worden, so wird auch die mitangefochtene frühere, in einem anderen Kanton ergangene Veranlagung in das BGE 115 Ia 73 S. 75 Beschwerdeverfahren einbezogen ( BGE 111 Ia 46 E. 1a; Urteil vom 10. Oktober 1980, ASA 52 S. 171 E. 1, je mit weiteren Hinweisen). b) Nach den vom Kantonalen Steueramt Nidwalden eingereichten (unvollständigen) Akten erfolgte die Veranlagung für die Steuerjahre 1982 bis 1985 im Kanton Nidwalden auf jeden Fall vor dem Datum der Rechnung vom 30. Juni 1985 für die Steuer jenes Jahres, also lange vor Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde. Der Beschwerdeführer hat die 30tägige Beschwerdefrist einzig gegenüber dem Einspracheentscheid der Steuerverwaltung Basel- Stadt vom 1. März 1988 gewahrt. In jenem Entscheid trat jedoch die Steuerverwaltung Basel-Stadt auf die Einsprache nicht ein, weil über die Steuerhoheit des Kantons mit den nach kantonalem Recht endgültig gewordenen Vorentscheiden vom 9. Mai und 25. November 1986 bereits rechtskräfig entschieden sei. Es fragt sich deshalb, ob die staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung gegen die Kantone Nidwalden und Basel-Stadt zulässig ist. 3. Der Beschwerdeführer erwirkte die beiden Vorentscheide der Steuerverwaltung Basel-Stadt über seine unbeschränkte Steuerpflicht ab 24. April 1985 (Verfügung vom 9. Mai 1986) und für die Zeit vom 15. August 1982 bis 23. April 1985 (Verfügung vom 25. November 1986), indem er seine Steuerpflicht bestritt und die Abgabe der Steuererklärung 1985 verweigerte. Bestreitet der zur Veranlagung Herangezogene die Steuerhoheit des Kantons, so muss dieser zuerst aufgrund von Art. 46 Abs. 2 BV über die Steuerhoheit entscheiden und der Vorentscheid über die subjektive Steuerpflicht rechtskräftig werden, bevor das Veranlagungsverfahren fortgesetzt werden darf, es sei denn, das Bundesgericht habe bereits in einem früheren staatsrechtlichen Verfahren bei gleicher Sachlage die Steuerhoheit des Veranlagungskantons bejaht ( BGE 103 Ia 160 E. 1; BGE 80 I 199 E. 5; BGE 62 I 75 ; BGE 60 I 347 E. 2, mit Hinweisen; weitere Entscheidungen bei LOCHER, Doppelbesteuerung, § 1 III A 1 Nrn. 7 und 10 sowie § 10 II Nr. 15). Gegen den Vorentscheid über die Steuerhoheit kann der in Anspruch Genommene zunächst kantonale Rechtsmittel erheben oder nach Art. 86 Abs. 2 OG auch direkt mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Doppelbesteuerung ans Bundesgericht gelangen. Macht er von den kantonalen Rechtsmitteln nicht (oder nicht fristgerecht) Gebrauch, so beginnt indessen die Frist für die staatsrechtliche Beschwerde schon mit dem Vorentscheid zu laufen. Der dem Bürger zuerkannte Anspruch auf rechtskräftige Vorausbeurteilung BGE 115 Ia 73 S. 76 der bestrittenen Steuerhoheit liegt zwar im Interesse des Steuerpflichtigen. Doch kann daraus umgekehrt nicht abgeleitet werden, der Steuerpflichtige, der einen solchen Vorentscheid über die Steuerhoheit bewirkt, könne im nachfolgenden Veranlagungsverfahren jederzeit auf den nach kantonalem Recht rechtskräftig gewordenen Vorentscheid zurückkommen. Einem solchen Vorgehen steht vielmehr die Rechtskraft jenes Entscheides entgegen. Die staatsrechtliche Beschwerde gegen die im weiteren Veranlagungsverfahren ergangenen Hoheitsakte steht ihm deshalb nur noch zu, soweit diese neue, noch nicht beurteilte Fragen des Doppelbesteuerungsrechts entstehen lassen ( BGE 73 I 222 ). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann daher nicht eingetreten werden. Damit entfällt auch die Möglichkeit, die im Kanton Nidwalden erfolgte Veranlagung in das Verfahren einzubeziehen.
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Sachverhalt ab Seite 98 BGE 109 Ia 97 S. 98 Die Beschwerdeführerin ist eine reine Immobiliengesellschaft mit Sitz in Basel. Sie ist Eigentümerin der Liegenschaft Marktplatz 5 in Basel, bekannt als "Haus zum Gold". Auf Grund der Bilanz per 31. Dezember 1976 errechnete die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt ein verdecktes Eigenkapital der Beschwerdeführerin von Fr. 398'059.-- (nebst dem offen ausgewiesenen Eigenkapital). Die darauf entfallenden Passivzinsen wurden für die Ertragssteuer pro 1976 nicht anerkannt, sondern mit Fr. 25'964.-- zum deklarierten Ertrag aufgerechnet. Diese Korrekturen ergaben ein steuerbares Kapital von Fr. 566'741.-- und einen steuerbaren Reinertrag von Fr. 172'665.--. Die Steuerforderung von Fr. 50'998.-- wurde von der Beschwerdeführerin erfolglos mit Einsprache sowie mit Rekursen an die Steuerrekurskommission und an das Appellationsgericht Basel-Stadt angefochten. Die gegen den Entscheid des Appellationsgerichts erhobene staatsrechtliche Beschwerde richtet sich materiell gegen die BGE 109 Ia 97 S. 99 Aufrechnung eines "verdeckten Eigenkapitals" von Fr. 398'059.-- und die folglich von der Steuerverwaltung vorgenommene Aufrechnung "verdeckter Passivzinse" von Fr. 25'964.--. Es wird gerügt, mit der Anwendung von § 71a des Gesetzes vom 22. Dezember 1949 über die direkten Steuern des Kantons Basel-Stadt (in der Fassung vom 30. September 1976) habe die Vorinstanz Art. 4 BV verletzt, indem sie u.a. "nicht erkannt hat, dass § 71a des Steuergesetzes BS durch das unwiderlegbare Abstellen auf den "Buchwert" in einer Weise, die vom angestrebten Zweck (Verhinderung übermässiger Fremdkapital-Finanzierung bei Immobiliengesellschaften) in keiner Weise mehr gedeckt wird, sinn- und zwecklos ist und die sachlich erforderlichen Unterscheidungen nicht trifft, indem mindestens ein erheblicher Teil der als "verdecktes Eigenkapital" behandelten Darlehen kein Risikokapital ist und von Dritten jederzeit im gleichen Umfang unter marktüblichen Bedingungen als Fremdkapital beschafft werden könnte." Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Gemäss § 71 des baselstädtischen Gesetzes über die direkten Steuern vom 22. Dezember 1949 wird bei Aktiengesellschaften eine Kapitalsteuer von 5,5%o auf dem einbezahlten Aktienkapital und den Reserven und andern Rückstellungen, die bei ihrer Bildung als Ertrag versteuert wurden, erhoben. Mit Gesetzesänderung vom 30. September 1976 wurde der Steuersatz von 5,5%o auf 6%o erhöht und folgender § 71a eingefügt: "Für Kapitalgesellschaften (...), denen von ihren Gesellschaftern (...) oder diesen nahestehenden Personen Fremdkapital zur Verfügung gestellt worden ist, erhöht sich das nach § 71 steuerbare Eigenkapital um dieses Fremdkapital, bis der Gesamtbetrag bei Grundstücken 1/5 und bei den übrigen Aktiva 1/6 der steuerlich massgebenden Buchwerte ausmacht." b) Es ist nicht bestritten, dass § 71a auf den vorliegenden Fall richtig angewendet wurde. Hingegen wird geltend gemacht, diese Bestimmung selbst verstosse gegen Art. 4 BV . Diese Rüge kann bei Anwendung der fraglichen Norm mit der Beschwerde gegen den letztinstanzlichen Entscheid über die Steuerveranlagung erhoben werden; sie führt zu einer inzidenten Normenkontrolle ( BGE 104 Ia 87 E. 5, BGE 101 Ia 194 /5 E. 1a mit Hinweisen). 2. a) Die "wirtschaftliche Betrachtungsweise" bei der Interpretation einer Steuernorm, die mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten arbeitet, ist zu unterscheiden von der BGE 109 Ia 97 S. 100 "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" in der Praxis zur Steuerumgehung, wo in Abweichung von einer Steuernorm, die mit zivilrechtlichen Anknüpfungspunkten operiert, auf das wirtschaftliche Verhältnis zurückgegriffen wird (vgl. DUBS, Wirtschaftliche Betrachtungsweise und Steuerumgehung, in Mélanges Henri Zwahlen, 1977, S. 569 ff.). Dieser Unterschied - und nicht vorab die Verschiedenartigkeit der Kognition, wie man aus gelegentlichen Formulierungen entnehmen könnte (z.B. BGE 103 Ia 538 /9 E. 3; BGE 102 Ib 154 /5 E. 3a) - ist massgeblich für die unterschiedliche Handhabung der "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" z.B. auf dem Sektor der "Unterkapitalisierung". b) Der Wehrsteuerbeschluss enthält bezüglich der Aktiengesellschaften keine Bestimmung über das Verhältnis, das zwischen Eigenkapital (Grundkapital und Reserven) und Fremdkapital bestehen sollte ( BGE 102 Ib 154 E. 2). Deshalb kann die Wehrsteuerbehörde formell in der Bilanz erscheinendes Fremdkapital nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als zum Eigenkapital gehörend behandeln, es sei denn, die besondern Voraussetzungen einer Steuerumgehung seien gegeben ( BGE 102 Ib 155 E. 3a; BGE 106 Ib 322 ). Eine Steuerumgehung liegt aber nur vor, wenn eine ungewöhnliche, den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht angemessene Form gewählt wird, die lediglich zum Ziel hat, Steuern zu sparen, welche bei der üblichen Form zu bezahlen wären. Nun geschieht aber die normale Finanzierung der Aktiengesellschaft in dem Ausmass, als sie nicht mit Darlehen von Dritten erfolgen kann, durch das Grundkapital und nicht durch Darlehen der Aktionäre ( BGE 102 Ib 156 E. 4a). Wird trotzdem das letztere gewählt, liegt nach der Praxis eine Steuerumgehung vor. In welchem Umfang aber Darlehen von Dritten erhältlich sind, hängt u.a. vom Verkehrswert der Liegenschaften ab. Die Unterkapitalisierung besteht daher in dem Umfang, in welchem die Fremdgelder den Betrag überschreiten, den eine Gesellschaft bei Dritten ohne andere Garantien als ihre Aktiven erhalten kann ( BGE 102 Ib 157 ). Da es bei der Ausgangslage des Wehrsteuerbeschlusses um die Feststellung des Risikokapitals geht, muss auf den Verkehrswert der Liegenschaften und nicht auf deren Buchwert abgestellt werden. c) Anders ist die Situation, wenn ein kantonales Steuergesetz selber bestimmt, in welchem Umfang bei Handelsgesellschaften zur richtigen steuerlichen Erfassung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit deren Fremdkapital steuerlich wie Eigenkapital zu behandeln ist. Dann bedient sich eben der Gesetzgeber selbst BGE 109 Ia 97 S. 101 der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und erklärt nicht allein den zivilrechtlichen Anknüpfungspunkt - Grundkapital und Reserven - für massgeblich. Keinerlei Verfassungsrecht gebietet dem kantonalen Gesetzgeber, bei der steuerlichen Behandlung des "Eigenkapitals" von Handelsgesellschaften ausschliesslich auf den obligationenrechtlichen Eigenkapitalbegriff abzustellen. Der Gesetzgeber hat einen weiten Ermessensspielraum in der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Wahl der Mittel zu deren steuerlicher Erfassung. So hat das Bundesgericht eine entsprechende Regelung im Kanton Freiburg, wonach das der Kapitalsteuer unterliegende Eigenkapital und die offenen oder versteckten, durch besteuerte Gewinne gebildeten Reserven bei Immobiliengesellschaften um das Fremdkapital bis zum Gesamtbetrag von 1/4 des Steuerwertes der Aktiven erhöht wird, als verfassungskonform erkannt ( BGE 103 Ia 537 ff.). Demgegenüber erfasst § 71a des Steuergesetzes des Kantons Basel-Stadt als "verdecktes Eigenkapital" nur jenes Fremdkapital, das von den Gesellschaftern oder diesen nahestehenden Personen stammt. Dabei wird auf eine feste Quote in bezug auf die steuerlich massgebenden Buchwerte abgestellt, die bei Grundstücken beträgt. d) Diese Methode hat den doppelten Vorteil, dass nicht in jedem Einzelfall die wirtschaftliche Situation (insbesondere die Möglichkeit der Beschaffung von Fremdkapital) untersucht werden muss und dass gleichzeitig steuerpolitische Postulate erfüllt werden. Der Steuergesetzgeber stellt gewissermassen eine praesumptio iuris et de iure auf darüber, was er steuerrechtlich als "Eigenkapital" betrachtet. Mit der Wahl der steuerlich massgebenden Buchwerte als Bezugspunkt wird ein einfaches Veranlagungskriterium geschaffen, das übrigens für den Steuerpflichtigen günstiger ist als der Verkehrswert. Das steuerpolitisch Entscheidende ist aber, dass nicht bloss - wie bei der Steuerumgehung - auf das Risikokapital abgestellt wird. Es soll nicht nur jene Unterkapitalisierung getroffen werden, die in der Form vorliegt, dass die Werte der Gesellschaft in einem Umfang mit Fremdmitteln erworben wurden, der den Marktverhältnissen nicht entspricht, sondern auch jene, die darin besteht, dass die der Gesellschaft effektiv zur Verfügung stehenden Werte im Gesellschaftskapital (bzw. in den versteuerten Reserven) gar nicht in Erscheinung treten, dafür aber mit Darlehen der Gesellschafter "belehnt" werden. In diesem Fall wird nicht bloss die Besteuerung des wirtschaftlich vorhandenen "Eigenkapitals" umgangen, sondern auch dessen Ertrag entgegen den BGE 109 Ia 97 S. 102 wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht als Ausschüttung ausgewiesen, vielmehr als Schuldzins dem Ertrag belastet (vgl. BGE 102 Ib 154 E. 2 Abs. 2). Um solches zu verhindern, legt der Steuergesetzgeber fest, dass ein bestimmter Anteil des Buchwerts der Liegenschaft steuerlich als Eigenkapital zu behandeln ist, soweit ihm Darlehen von Gesellschaftern oder diesen nahestehenden Personen gegenüberstehen. 3. a) Die erste Rüge der Beschwerdeführerin geht dahin, § 71a StG /BS sei mit dem unwiderlegbaren Abstellen auf den Buchwert in einer Weise, die vom angestrebten Zweck der Verhinderung übermässiger Fremdkapitalfinanzierung in keiner Weise mehr gedeckt sei, sinn- und zwecklos und treffe die sachlich erforderlichen Unterscheidungen nicht, indem mindestens ein erheblicher Teil der als "verdecktes Eigenkapital" behandelten Darlehen kein Risikokapital darstelle. Aus den vorstehenden Erwägungen 2c und d geht nun aber hervor, dass es dem kantonalen Gesetzgeber anheimgestellt bleiben muss und durchaus sinnvoll ist, den Begriff des steuerbaren "Eigenkapitals" unabhängig von zivilrechtlichen Kriterien in einer Quote des Buchwertes festzulegen und - von Aktionären gewährtes - "Fremdkapital" nicht nur in dem Umfang wie Eigenkapital zu behandeln, als es nicht bei Dritten aufgebracht werden könnte. Es ist im übrigen nicht Aufgabe des vorliegenden Normenkontrollverfahrens, zu beurteilen, ob die vom Kanton Basel-Stadt getroffene Regelung die steuerpolitisch richtige ist. b) Wesentlich bei der Lösung des Kantons Basel-Stadt ist, dass nicht auf das Risikokapital abgestellt, sondern eine feste Relation des "Eigenkapitals" zu den Aktiven der Gesellschaft verlangt wird. Dabei stellt sie mit dem Bezug auf den Buchwert in zulässiger Weise auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ab (vgl. BGE 103 Ia 540 E. 3: Le Tribunal fédéral "a ainsi déclaré conforme à la constitution la règle adoptée par l'autorité fiscale et selon laquelle les fonds propres de la société immobilière doivent atteindre un certain montant par rapport à la valeur comptable des actifs"). Die Kritik der Beschwerdeführerin richtet sich im Grunde nicht gegen die Wahl des Bezugspunktes, sondern gegen das System, das nicht an das Risikokapital anknüpft. Hätte der Kanton Basel-Stadt das von ihm gewählte System mit dem Bezugspunkt des Verkehrswerts oder eines Steuerwerts, der höher ist als der Buchwert, verbunden, wäre dies für die Beschwerdeführerin übrigens ungünstiger, da anhand des höheren Bezugspunktes BGE 109 Ia 97 S. 103 auch die Quote erhöht würde, bis zu der Fremdkapital als Eigenkapital gerechnet wird. c) Die Beschwerdeführerin macht geltend, überall dort, wo der Buchwert einer Liegenschaft auf einem alten, niedrigen Stand bleibe, die Steuerwerte oder Verkehrswerte aber höher liegen, werde die Hingabe von Hypotheken (zu marktüblichen Bedingungen, unter Einhaltung der marktüblichen Belehnungsgrenze) durch den Aktionär oder nahestehende Personen drastisch erschwert. Eine direkte Einschränkung (und Einmischung in das Zivilrecht) findet natürlich nicht statt. Der Aktionär hat durchaus die Wahl, ob er selber Aktiven der Gesellschaft, die in deren Bilanz nicht zum vollen Wert in Erscheinung treten, belehnen will. Tut er dies, so wird mit gutem Grund in wirtschaftlicher Betrachtungsweise seine Geldhingabe wie eine Eigenfinanzierung und der entsprechend darauf entfallende Zins als Gewinnausschüttung erachtet. Anders liegen die Verhältnisse, wenn entsprechende Darlehen durch Dritte, z.B. Banken gegeben werden. Die Unterscheidung, welche der Kanton Basel-Stadt - im Gegensatz zum Kanton Freiburg - macht, ist sinnvoll; sie beruht auf der unterschiedlichen Behandlung unterschiedlicher Tatbestände und verstösst daher in keiner Weise gegen das Prinzip der Rechtsgleichheit.
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Sachverhalt ab Seite 51 BGE 136 III 51 S. 51 A. A.a Im Konkurs über X. erhielt die Bank Y. einen Verlustschein im Betrag von Fr. 197'715.65. Gestützt auf den Konkursverlustschein leitete die Bank beim Betreibungsamt der Stadt-Basel die Betreibung ein, worauf X. Rechtsvorschlag erhob mit der Begründung, sie sei nicht zu neuem Vermögen gekommen. Am 26. August 2008 stellte das Zivilgericht Basel-Stadt fest, dass X. mit Bezug auf die Betreibung Nr. x vom 14. April 2008 im Umfang von Fr. 13'400.- zu neuem Vermögen gekommen ist, und verweigerte im gleichen Umfang den Rechtsvorschlag in der erwähnten Betreibung; im diesen Betrag übersteigenden Umfang wurde der Rechtsvorschlag BGE 136 III 51 S. 52 mangels neuen Vermögens bewilligt. Gestützt auf dieses Urteil (sowie nach Rückzug des ordentlichen Rechtsvorschlages) verlangte die Bank die Fortsetzung der Betreibung im Umfang von Fr. 13'400.-. A.b Am 26. Februar 2009 vollzog das Betreibungsamt gegenüber X. in der von der Bank eingeleiteten Betreibung die Pfändung. Dabei wurde das Existenzminimum der Schuldnerin auf Fr. 4'553.- festgesetzt und ihr darüber liegendes Einkommen im Umfang von monatlich Fr. 3'140.- gepfändet (Pfändungsurkunde vom 7. April 2009). B. Gegen die Pfändung erhob X. Beschwerde und verlangte, die Lohnpfändung sei auf monatlich Fr. 1'116.- herabzusetzen, im Wesentlichen mit der Begründung, die Pfändung des festgestellten neuen Vermögens von Fr. 13'400.- sei anteilsmässig auf das Lohnpfändungsjahr zu verteilen. Die Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt wies die Beschwerde mit Urteil vom 19. Mai 2009 ab. C. Mit Eingabe vom 21. September 2009 (Postaufgabe) hat X. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, das Urteil der kantonalen Aufsichtsbehörde sei aufzuheben und die Lohnpfändung auf monatlich Fr. 1'116.- festzusetzen. Weiter ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Bank Y. (Beschwerdegegnerin) beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die gegenüber der Beschwerdeführerin vollzogene Pfändung in einer gestützt auf den Konkursverlustschein eingeleiteten Betreibung, welche nach (teilweiser) Verweigerung des Rechtsvorschlages und Feststellung neuen Vermögens fortgesetzt wurde. Unbestritten ist, dass das Betreibungsamt dem Begehren um Fortsetzung der Betreibung für Fr. 13'400.-, d.h. im Umfang, in dem der Richter neues Vermögen der Beschwerdeführerin festgestellt hat, Folge zu leisten hatte. Einziger Streitpunkt ist, welche rechtlichen Regeln für die nachfolgende Pfändung massgebend sind bzw. ob das Betreibungsamt das pfändbare Einkommen der Beschwerdeführerin einzig nach Art. 93 SchKG festzusetzen hat. BGE 136 III 51 S. 53 3.1 Die Beschwerdeführerin führt zu Recht aus, dass nach Beendigung des Konkurses eine Forderung erst wieder geltend gemacht werden kann, wenn der Schuldner zu neuem Vermögen gekommen ist ( Art. 265 Abs. 2 SchKG ). Mit dieser Einschränkung der Geltendmachung der Konkursforderungen - welche das Gesetz bereits vor der Teilrevision von 1994 vorsah - soll dem Schuldner die Möglichkeit gegeben werden, sich wirtschaftlich und finanziell zu erholen ( BGE 109 III 93 E. 1 S. 94; BGE 133 III 620 E. 3.1 S. 622; BGE 135 III 424 E. 2.1 S. 425; vgl. FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. II, 1993, § 53 Rz. 6 ff.). Es trifft daher zu, dass die Beschwerdeführerin als ehemalige Konkursitin Anspruch auf eine standesgemässe Lebensführung hat, welche es ihr erlaubt, eine neue Existenz aufzubauen ( BGE 135 III 424 E. 2.1 S. 425). Die Beschwerdeführerin übergeht allerdings, dass als "neues Vermögen" im Sinne von Art. 265 Abs. 2 SchKG der Überschuss der nach Schluss des Konkurses erworbenen Aktiven über die neuen Passiven gilt, und darunter auch der zur Führung eines standesgemässen Lebens übersteigende Arbeitserwerb fällt ( BGE 135 III 424 E. 2.1 S. 425; FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., § 53 Rz. 16). Der Erholungszweck wird bei der Ermittlung des Überschusses gewährleistet. Vorliegend hat der Richter das Vorhandensein von neuem Vermögen der Beschwerdeführerin verbindlich festgestellt. 3.2 Wenn der Richter den Rechtsvorschlag des Schuldners, wonach er nicht zu neuem Vermögen gekommen sei, nicht bewilligt, wird der Umfang des neuen Vermögens festgestellt ( Art. 265a Abs. 3 SchKG ) und der Gläubiger kann die Betreibung entsprechend fortsetzen (vgl. BGE 79 Ia 113 E. 4 S. 116; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 7 a.E. zu Art. 265a SchKG ). Die gerichtliche Feststellung neuen Vermögens beschränkt umfangmässig die Haftung des Schuldners im Rahmen der hängigen Betreibung. Im Rahmen dieser Beschränkung der Betreibung hat der Schuldner jedoch mit seinem ganzen Vermögen einzustehen. Deshalb hat das Betreibungsamt die Pfändung nach Art. 92 ff. SchKG - wie nach Eingang eines anderen Fortsetzungsbegehrens - vorzunehmen (JEANDIN, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 28 zu Art. 265 SchKG , N. 27 zu Art. 265a SchKG ; NÄF, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, N. 7 zu Art. 265a SchKG ; FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., § 53 Rz. 16 a.E. und Fn. 39; FÜRSTENBERGER, Einrede des mangelnden und Feststellung neuen Vermögens nach revidiertem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, 1999, S. 30 f., 93, 149, 156 f.). BGE 136 III 51 S. 54 3.3 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin stellt Art. 265 SchKG für die nachfolgende Pfändung keine zusätzlichen Vorschriften, wie ein "Existenzminimum zweiter Ordnung" auf (FÜRSTENBERGER, a.a.O., mit Hinw.), sondern es handelt sich bei der Feststellung neuen Vermögens und der nachfolgenden Pfändung um verschiedene Vorgänge (vgl. BGE 99 Ia 19 E. 3c S. 20; JEANDIN, a.a.O., N. 28 zu Art. 265 SchKG ). Daran hat das neue Recht grundsätzlich nichts geändert. Durch die Einführung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (Art. 265 Abs. 2 a.E. SchKG) und das neu geregelte Verfahren zur Feststellung neuen Vermögens (vgl. Art. 265a SchKG ) sollte vielmehr die Position des Gläubigers gestärkt werden (vgl. BBl 1991 III 157 ff.). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass das neue Recht den Schuldner im Fall, dass er zwar zu neuem Vermögen gekommen ist und die Betreibung nur in diesem begrenzten Umfang fortgesetzt werden kann, in einer nachfolgenden Pfändung zusätzlich schonen wollte. Die Prüfung der Pfändbarkeitsvoraussetzungen durch das Betreibungsamt ist nur dort beschränkt, wo - anders als im konkreten Fall - der Richter nach Art. 265a Abs. 3 zweiter Satz SchKG sogar Vermögenswerte Dritter, über die der Schuldner wirtschaftlich verfügt, direkt als pfändbar erklärt (GASSER, Nachlassverfahren, Insolvenzerklärung und Feststellung neuen Vermögens, ZBJV 1996 S. 22 f.). Wenn die Vorinstanz demnach festgehalten hat, die Pfändung in der Betreibung für eine Konkursverlustscheinforderung unterscheide sich nach Verweigerung des Rechtsvorschlages betreffend fehlenden neuen Vermögens nicht von der Pfändung für eine andere Forderung, und das Betreibungsamt habe nur Art. 92 ff. SchKG zu beachten, stellt dies keine Verletzung von Bundesrecht dar. 3.4 Die Beschwerdeführerin stellt die Wirksamkeit der gesetzlichen Regelung in Frage. Obwohl sie sich wirtschaftlich erholt habe, könne die Beschwerdegegnerin als Gläubigerin der Konkursforderung dennoch wieder - wenn auch umfangmässig beschränkt - von neuem auf ihr Einkommen zugreifen und ihr nur das Notwendigste belassen. Die Beschwerdeführerin übernimmt damit die Kritik der Lehre, welche von einem unbefriedigenden Rechtszustand spricht, weil die blosse Einschränkung der Geltendmachung der Konkursverlustscheinsforderungen keinen hinreichenden Anreiz gebe, einen wirtschaftlichen Neuanfang anzustreben (MEIER, Die dogmatische Situation des Vollstreckungsrechts aus der Sicht des schweizerischen Rechts, Zeitschrift für Zivilprozess 121/2008 S. 447 f. [Köln BGE 136 III 51 S. 55 und Berlin]). Deshalb werden Vorschläge für die Regelung einer Restschuldbefreiung gemacht (MEIER, a.a.O., S. 451 ff.) oder sei de lege ferenda zu überlegen, ob im SchKG für die nachfolgende Pfändung nicht direkt eine spezielle Existenzminimumsordnung zu Gunsten des Konkursiten aufgenommen werden könnte (FÜRSTENBERGER, a.a.O., S. 31 f.). Diese Kritik und Vorschläge ändern nichts daran, dass nach geltendem Recht der Gläubiger, dessen Forderung vor Konkurseröffnung entstanden ist, in dem Umfang, in welchem der Richter neues Vermögen festgestellt hat, in der nachfolgenden Pfändung gegen den Schuldner wie ein Gläubiger zu behandeln ist, dessen Forderung erst nach der Konkurseröffnung entstanden ist. In beiden Fällen kann der Schuldner gemäss Art. 93 SchKG bis zum Existenzminimum gepfändet werden. 3.5 Nach dem Dargelegten hat die Aufsichtsbehörde mit dem angefochtenen Entscheid weder Art. 265 f. noch Art. 93 Abs. 1 SchKG verletzt, wenn sie die angefochtene Pfändung bestätigt hat. Die Beschwerde ist unbegründet.
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835b055a-1c40-4a3b-8b22-1408c31ce372
Sachverhalt ab Seite 442 BGE 142 III 442 S. 442 A. A.a Die C. AG (Vermieterin, Beklagte, Beschwerdegegnerin) erwarb am 6. Dezember 2001 die aneinander grenzenden Liegenschaften Strasse U. und Strasse V. in Zürich. A.b Am 20. März 2013 schlossen A. (Mieter 1, Kläger 1, Beschwerdeführer 1) und B. (Mieter 2, Kläger 2, Beschwerdeführer 2) mit der Vermieterin einen Vertrag über die Miete einer der 3 1/2-Zimmer-Maisonette-Wohnungen im Dachstock der Liegenschaft Strasse U. in Zürich. Der Mietzins wurde auf Fr. 3'900.- zuzüglich Fr. 300.- Nebenkosten à-conto pro Monat festgesetzt. Die Mieter verpflichteten sich überdies, eine Sicherheit von Fr. 12'600.- zu leisten. Als Mietbeginn wurde der 1. April 2013 festgelegt. Die Mieter arbeiteten BGE 142 III 442 S. 443 beide bei einer Bank in Genf und wurden nach Zürich versetzt. Sie verdienten im Jahr 2013 netto knapp Fr. 80'000.- bzw. Fr. 100'000.- und mieteten die Wohnung ab Arbeitsantritt des Mieters 1 gemeinsam, um sich die Kosten zu teilen; der Mieter 2 hatte zuvor in Zürich seit August 2012 ein möbliertes Studio gemietet. B. B.a Mit Eingabe vom 23. April 2013 gelangten die Mieter an die Schlichtungsbehörde Zürich mit dem Antrag, es sei der Anfangsmietzins für missbräuchlich zu erklären und um Fr. 1'100.- herabzusetzen. Die Schlichtungsstelle stellte mangels Einigung am 26. August 2013 die Klagebewilligung aus. B.b Die Mieter gelangten noch am gleichen Tag an das Mietgericht und stellten mit den in der Folge modifizierten Rechtsbegehren schliesslich die Anträge, es sei der Anfangsmietzins für die 3 1/2-Zimmer-Maisonette-Wohnung als missbräuchlich zu erklären, soweit er monatlich netto Fr. 2'200.- übersteigt; die hinterlegte Mietzinsgarantie sei auf Fr. 6'600.- zu reduzieren. Mit Urteil vom 16. Juni 2015 wies das Mietgericht Zürich die Klage ab. B.c Das Obergericht des Kantons Zürich wies mit Urteil vom 9. November 2015 die Berufung der Mieter ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Zur Begründung führte das Obergericht aus, es genüge für die Anfechtung des Anfangszinses nach Art. 270 Abs. 1 lit. a OR nicht, wenn der Mieter eine Notlage oder eine Wohnungsnot nachweise; er müsse vielmehr beweisen, dass er sich aus diesem Grund in einer Zwangslage befunden habe, und er müsse nachweisen, dass ihm eine vernünftige Alternative gefehlt habe, wozu er Suchbemühungen nachzuweisen habe. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 15. Dezember 2015 beantragen die Mieter dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. November 2015 sei aufzuheben und das Verfahren sei zum Entscheid über die Missbräuchlichkeit des Anfangsmietzinses an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventualiter sei der Anfangsmietzins für missbräuchlich zu erklären, soweit er monatlich netto Fr. 2'200.- übersteigt, und die Mietkaution sei entsprechend zu reduzieren. BGE 142 III 442 S. 444 Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zum Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Art. 270 Abs. 1 OR lässt die Anfechtung des Anfangsmietzinses durch den Mieter zu, wenn "a. er sich wegen einer persönlichen oder familiären Notlage oder wegen der Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohnungen und Geschäftsräume zum Vertragsabschluss gezwungen sah; oder b. der Vermieter den Anfangsmietzins gegenüber dem früheren Mietzins für dieselbe Sache erheblich erhöht hat." In der französischen Fassung: "a. s'il a été contraint de conclure le bail par nécessité personnelle ou familiale ou en raison de la situation sur le marché local du logement et des locaux commerciaux; ou b. si le bailleur a sensiblement augmenté le loyer initial pour la même chose par rapport au précédent loyer." In der italienischen Fassung: "a. è stato costretto a concludere il contratto per necessità personale o familiare oppure a causa della situazione del mercato locale di abitazioni e di locali commerciali; o b. il locatore ha aumentato in modo rilevante la pigione iniziale rispetto a quello precedente per la stessa cosa." 2.1 Die Anfechtung des Anfangsmietzinses war schon vor Inkrafttreten des am 15. Dezember 1989 geänderten 8. Titels des Obligationenrechts über die Miete (AS 1990 802) in Art. 17 des Bundesbeschlusses vom 30. Juni 1972 über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (BMM) vorgesehen. Nach Art. 17 BMM war die Anfechtung des Mietzinses beim Abschluss eines Mietvertrages innert einer Frist von dreissig Tagen zunächst voraussetzungslos zulässig. Denn Art. 17 BMM in der ursprünglichen Fassung vom 30. Juni 1972 (AS 1972 1502 ff., 1507) sah vor: "Der Mieter einer Wohnung, die erstmals oder wieder vermietet wird, ist berechtigt, innert dreissig Tagen seit Abschluss des Mietvertrages den Mietzins als BGE 142 III 442 S. 445 missbräuchlich bei der Schlichtungsstelle anzufechten". Mit der Änderung des BMM vom 9. Juni 1977 wurde die Anfechtung des Anfangsmietzinses dagegen an die Bedingung einer Notlage geknüpft. Art. 17 BMM erhielt folgenden Wortlaut: "Der Mieter einer Wohnung kann innert 30 Tagen nach Abschluss des Mietvertrages den Mietzins bei der Schlichtungsstelle als missbräuchlich anfechten, wenn er sich wegen einer Notlage zum Vertragsabschluss gezwungen sah" (AS 1977 1269 ff., 1270). Diese Entwicklung wurde vom Bundesgericht im publizierten Urteil BGE 114 II 74 E. 3c S. 76 ff. dargestellt und es wurde aufgezeigt, dass der Bundesrat die ursprüngliche Norm beibehalten wollte, die Anfechtbarkeit jedoch von Vermieterseite heftig kritisiert worden war. Art. 17 BMM in der Fassung vom 9. Juni 1977 wurde vom Bundesgericht in diesem publizierten Urteil als Kompromiss verstanden und im Lichte der Entstehungsgeschichte so ausgelegt, dass der Mieter den Anfangsmietzins nicht nur anfechten könne in einer Situation der Wohnungsnot, sondern auch unabhängig von einer derartigen Situation, wenn er zum Abschluss der Miete aus anderen persönlichen Gründen gezwungen war ( BGE 114 II 74 E. 3c S. 77). Ausdrücklich verworfen wurde in diesem Urteil die Auslegung von Art. 17 BMM durch die Vorinstanz, welche eine Notlage nur hatte bejahen wollen, wenn der Mieter nachweise, dass er dringend die Wohnung wechseln musste, sich finanziell keine teurere Wohnung leisten konnte und intensiv und lange gesucht hatte ( BGE 114 II 74 E. 3d S. 78). Im Jahr 1985 schlug der Bundesrat dem Parlament schliesslich vor, den Bundesbeschluss über Missbräuche im Mietwesen durch ein Bundesgesetz über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (BGMM) zu ersetzen (Entwurf, BBl 1985 1526 ff.). Art. 13 des entsprechenden Gesetzesentwurfs wollte dem Mieter das Recht einräumen, den Anfangsmietzins innert 30 Tagen nach Übergabe der Mietsache bei der Schlichtungsstelle als missbräuchlich anzufechten und die Herabsetzung zu verlangen. Ausweislich der Botschaft beabsichtigte der Bundesrat damit, das Recht zur Anfechtung eines missbräuchlichen Anfangsmietzinses wieder vom Nachweis einer Notlage zu befreien. Der Verzicht auf diese Voraussetzung war nach Auffassung des Bundesrats gerechtfertigt, weil der damals geltende Art. 17 BMM in der Praxis gerade deshalb toter Buchstabe geblieben sei, weil die Gerichte ihn restriktiv ausgelegt und höchst selten eine Notlage des Mieters angenommen hätten (Botschaft vom 27. März BGE 142 III 442 S. 446 1985 zur Revision des Miet- und Pachtrechts, BBl 1985 1389, 1491 Ziff. 526). Die Anfechtung des Anfangsmietzinses gab in der Folge Anlass zu grundsätzlichen Diskussionsvoten in der parlamentarischen Auseinandersetzung (AB 1988 S 164-172; AB 1989 N 520-529; AB 1989 S 426-428; dazu PETER ZIHLMANN, Das Mietrecht, 2. Aufl. 1995, S. 185; SÉBASTIEN FETTER, La contestation du loyer initial, 2005, Rz. 13 ff.). Nebst dem Vorschlag des Bundesrats, der das Recht zur Anfechtung missbräuchlicher Anfangsmietzinse von keiner Voraussetzung mehr abhängig machen wollte, lagen dem Nationalrat zwei weitere Vorschläge vor: Ein restriktiver Vorschlag von Herrn Nationalrat Gysin, der grundsätzlich dem damals geltenden Art. 17 BMM entsprach, wobei dieser einschränkend zu interpretieren gewesen wäre. Und schliesslich ein Kompromissvorschlag von Herrn Nationalrat Petitpierre, wonach in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung von BGE 114 II 74 die beiden Bedingungen der persönlich-familiären Notlage und der Wohnungsnot nicht kumulativ, sondern alternativ zur Anfechtung des Anfangsmietzinses berechtigen sollen. Diese Lösung bestätige - so Petitpierre - zwar eine bestehende Rechtsprechungspraxis zu Art. 17 BMM , ermögliche aber im Gegensatz zum restriktiven Vorschlag Gysin eine offene Auslegung (Votum Petitpierre, AB 1989 N 520). Der Vorschlag Petitpierre fand schliesslich eine Mehrheit und wurde zum heutigen Art. 270 Abs. 1 lit. a OR . 2.2 Unter dem geltenden Recht hat das Bundesgericht erkannt, dass die Anfechtung nach Art. 270 Abs. 1 OR in drei alternativen Fällen möglich ist, nämlich wenn der Mieter aus persönlicher oder familiärer Notwendigkeit zum Abschluss des Vertrags gezwungen war (lit. a erste Alternative), wenn er wegen der Situation auf dem lokalen Wohnungsmarkt zum Vertragsabschluss gezwungen war (lit. a zweite Alternative) oder schliesslich wenn gemäss lit. b der Mietzins gegenüber demjenigen des Vormieters erheblich erhöht wurde ( BGE 136 III 82 E. 2 S. 84). Ausdrücklich festgehalten wurde dabei, dass es für das Anfechtungsrecht genügt, wenn eine dieser drei Alternativen erfüllt ist. Die Kriterien, nach denen sich die Anfechtbarkeit des Anfangsmietzinses nach den drei Varianten je richtet (vgl. für lit. b BGE 139 III 13 E. 3.1.1 S. 15), sind dabei alternativ zu prüfen. 2.2.1 Persönliche oder familiäre Umstände, die nach der ersten Alternative von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR die Anfechtbarkeit des Anfangsmietzinses rechtfertigen können, wurden in der bundesgerichtlichen Praxis bejaht, als einer Familie mit drei Kindern die bisherige BGE 142 III 442 S. 447 Mietwohnung gekündigt wurde und der eine nicht verlängerbare Zeit von acht Monaten verblieb, um eine neue Wohnung zu finden (Urteil 4C.121/1999 vom 28. Juli 1999 E. 2d). Die persönliche oder familiäre Notlage wurde dagegen verneint, als eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern einerseits nach Erhalt der Kündigung ihrer bisherigen Wohnung erst nach vier Monaten Suchbemühungen aufgenommen und sich damit begnügt hatte, sich für die Miete einer einzigen Wohnung zu bewerben, wobei sie andererseits eine sehr kurze Erstreckung akzeptiert hatte; unter diesen Umständen wurde angenommen, die Notlage sei selbstverschuldet (Urteil 4C.169/2002 vom 16. Oktober 2002 E. 2.3 - allerdings wurde die Anfechtung zugelassen, weil der Mietzins im Sinne von lit. b gegenüber dem Vormietzins erheblich erhöht worden war, E. 3). 2.2.2 Die Situation auf dem lokalen Markt für Wohnungen, die nach der zweiten Alternative von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR die Anfechtung des Anfangsmietzinses rechtfertigt, wurde in der Rechtsprechung als hinreichend anerkannt, als ein Mieter im Kanton Genf eine 3-Zimmer-Wohnung gemietet hatte; das Bundesgericht stellte die Wohnungsnot in Genf als notorisch fest und liess die Anfechtung des Anfangsmietzinses nach Art. 270 Abs. 1 lit. a OR im Unterschied zur Vorinstanz zu, ausdrücklich ohne vom Mieter zusätzlich den Nachweis zu verlangen, dass ihn persönliche Umstände zum Abschluss des neuen Mietvertrages gezwungen hätten oder er trotz Suchbemühungen keine Wohnung zu einem nicht-missbräuchlichen Mietzins gefunden hätte (Urteil 4C.367/2001 vom 12. März 2002 E. 3b/dd). Die Anfechtung des Anfangsmietzinses wurde dagegen einer Mieterin in Freiburg verwehrt, die sich nur auf alte, nicht aussagekräftige Statistiken berufen konnte, und wo die Vorinstanz festgestellt hatte, dass der Bestand leerer Wohnungen in der Stadt Freiburg im massgebenden Zeitpunkt 2,29 % betrug ( BGE 136 III 82 E. 3 S. 85). Der Mangel an Wohnungen oder Geschäftsräumen kann nach einem weiteren Entscheid freilich vom Mieter nicht nur mit offiziellen Statistiken, sondern auch auf andere Weise (namentlich durch den Nachweis intensiver und fruchtloser Suchbemühungen) erbracht werden (Urteil 4A_250/2012 vom 28. August 2012 E. 2.2). 2.2.3 Die allgemeinen Erwägungen in den Entscheiden des Bundesgerichts zur Auslegung von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR sind nicht einheitlich; zuweilen werden - unter Zusammenfassung der beiden Alternativen in Art. 270 Abs. 1 lit. a OR - nur zwei alternative Voraussetzungen erwähnt (vgl. etwa Urteil 4A_576/2008 vom BGE 142 III 442 S. 448 19. Februar 2009 E. 2.1). Regelmässig wird unter Hinweis auf den noch zu Art. 17 BMM ergangenen BGE 114 II 74 erwähnt, dass beide der alternativen Voraussetzungen in Art. 270 Abs. 1 lit. a OR die Ursache dafür bilden müssen, dass sich der Mieter "zum Vertragsschluss gezwungen sah" (vgl. BGE 136 III 82 E. 2; Urteile 4C.121/1999 vom 28. Juli 1999 E. 2c; 4C.367/2001 vom 12. März 2002 E. 3, in: SJ 2002 I S. 589; 4C.169/2002 vom 16. Oktober 2002 E. 2.1, in: Pra 2003 Nr. 124 S. 661). Die Vorinstanz hat daraus abgeleitet, dass der Mieter eine persönliche Notwendigkeit zum Abschluss des Mietvertrages (namentlich die Notwendigkeit des Wohnungswechsels und hinreichende Suchbemühungen) auch im Falle bewiesener Knappheit auf dem örtlichen Markt für Wohnungen oder Geschäftsräume nachweisen müsse. Sie hat aus dieser Sicht als widersprüchlich erachtet, dass das Bundesgericht den Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts wegen Bundesrechtswidrigkeit aufhob, als dieses neben der belegten Wohnungsnot weitere Anforderungen an die Zwangslage im Sinne von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR stellte (Urteil 4C.367/2001 vom 12. März 2002 E. 3). 2.3 In der Literatur sind die Ansichten geteilt. Einerseits wird die Ansicht vertreten, die beiden in Art. 270 Abs. 1 lit. a OR aufgeführten Gründe für die Zulassung zur Anfechtung des Anfangsmietzinses setzten in jedem Fall auch den Nachweis voraus, dass der Mieter (aufgrund seiner persönlichen Situation) zum Abschluss des Mietvertrages gezwungen war, dass ihm somit keine zumutbare Alternative zur Verfügung gestanden habe (HIGI, Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 1998, N. 36 ff., 41 zu Art. 270 OR ; TERCIER/FAVRE, Les contrats spéciaux, 4. Aufl. 2009, N. 2657 [freilich unter Verweis aufeinen Entscheid der Genfer Cour de Justice vom 12. Februar 2001, deren Praxis im Urteil des Bundesgerichts 4C.367/2001 vom 12. März 2002 als bundesrechtswidrig erklärt worden ist];BISANG UND ANDERE, Das schweizerische Mietrecht, Kommentar, 3. Aufl. 2009, N. 12 ff. zu Art. 270 OR ; MÜLLER, La contestation du loyer initial [...], CdB 1995 S. 6;JORNOD, La contestation du loyer initial, ZSR 2006 I S. 49); ein anderer Teil der Lehre vertritt die Ansicht, dass der Nachweis der Wohnungsnot zur Anfechtung des Anfangsmietzinses gemäss der zweiten Alternative von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR genüge (LACHAT, Le bail à loyer, 2008, S. 390; derselbe , in: Commentaire romand, Code des obligations, 2. Aufl. 2012, N. 5 zu Art. 270 OR ; WEBER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 6. Aufl. 2015, N. 4 zu Art. 270 OR ; BOHNET/MONTINI, Droit du bail BGE 142 III 442 S. 449 à loyer, Commentaire pratique, 2010, N. 28/36 zu Art. 270 OR ; ZAHRADNIK, Fragen im Zusammenhang mit der Anfechtung der Anfangsmiete und der Formularpflicht, mp 2014 S. 267 ff., 277; FETTER, a.a.O., Rz. 381). 3. Die Vorinstanz hat entgegen dem Mietgericht die Voraussetzung von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR mit der Begründung verneint, die Kläger hätten die erforderliche Zwangslage nicht nachgewiesen. Denn nach der Auslegung der Vorinstanz genügt nicht, wenn der Mieter eine Wohnungsnot nachweist. Er muss zudem nachweisen, dass er sich (aufgrund seiner persönlichen Umstände) in einer Zwangslage befunden hat, und diese Zwangslage muss kausal auf die Notlage oder die Wohnungsnot zurückzuführen sein. 3.1 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis . Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen ( BGE 141 III 195 E. 2.4 S. 198 f.; BGE 140 III 206 E. 3.5.4; BGE 140 IV 1 E. 3.1; je mit Hinweisen). 3.1.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut. Gemäss dem Wortlaut von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR ermöglichen zwei Alternativen die Anfechtung. In allen drei Sprachen werden als Grund für den Zwang zum Abschluss des Mietvertrages entweder eine persönliche bzw. familiäre Notlage oder die Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohnungen oder Geschäftsräume angeführt (oben E. 2.1). Es ist daher davon auszugehen, dass nach Art. 270 Abs. 1 OR drei Gründe für die Anfechtung des Anfangsmietzinses bestehen, nämlich nach der ersten Alternative in Art. 270 Abs. 1 lit. a OR eine persönliche oder familiäre Notlage, die den Mieter zum Abschluss des - angefochtenen - Vertrages gezwungen hat, nach der zweiten Alternative in Art. 270 Abs. 1 lit. a OR die Verhältnisse auf dem örtlichen Wohnungsmarkt, die den Mieter zum Abschluss dieses Vertrages gezwungen haben, und schliesslich der - hier nicht BGE 142 III 442 S. 450 angerufene - dritte Grund der erheblichen Erhöhung des Mietzinses gegenüber dem Vormieter gemäss Art. 270 Abs. 1 lit. b OR . Der Wortlaut ist klar: Es gibt drei alternative Gründe , die zur Anfechtung des Anfangsmietzinses berechtigen. Dies wurde im amtlich publizierten Urteil BGE 136 III 82 denn auch so festgehalten. 3.1.2 Systematisch sind zwar die beiden ersten Gründe der Anfechtung in einer einzigen lit. a aufgeführt, während der dritte Grund der Erhöhung des Mietzinses gegenüber dem Vormieter in einer eigenen lit. b steht. Daraus könnte auf den ersten Blick geschlossen werden, dass die beiden ersten Gründe auch materiell miteinander verbunden sind. Dies trifft indes nur insoweit zu, als in den beiden Fällen der lit. a die Umstände des Vertragsschlusses - nicht dessen inhaltliche Änderung gegenüber dem Vormietvertrag wie in lit. b - zur Anfechtung berechtigen. Dass letztlich persönliche bzw. familiäre Gründe nur in Verbindung mit den Verhältnissen auf dem lokalen Markt für Wohnungen oder Geschäftsräume zur Anfechtung der Anfangsmiete berechtigen könnten, kann daraus angesichts des klaren Wortlauts indessen gerade nicht abgeleitet werden. Soweit in gewissen Präjudizien formuliert wird, es beständen in Art. 270 Abs. 1 OR (nur) zwei Alternativen (vgl. oben E. 2.3; Urteil 4A_576/2008 vom 19. Februar 2009 E. 2.1) - kann daran nicht festgehalten werden, zumal der Frage im erwähnten Entscheid ohnehin keine Bedeutung zukam, da aus prozessualen Gründen nicht mehr zu prüfen war, ob die Voraussetzungen nach Art. 270 Abs. 1 OR vorlagen. 3.1.3 Weder aus der systematischen Stellung der beiden Anfechtungsgründe nach Art. 270 Abs. 1 lit. a OR noch aus der Entstehungsgeschichte (dazu oben E. 2.1) kann zudem abgeleitet werden, dass die Zwangslage des Mieters beim Abschluss des Mietvertrages qualitativ dieselbe sein müsse, unbesehen darum, ob sie auf eine persönliche bzw. familiäre Notlage oder auf die Verhältnisse im örtlichen Markt von Wohnungen oder Geschäftsräumen zurückzuführen sei. Dies ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass mit dem im Parlament erreichten Kompromiss von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR im Wesentlichen auf die Praxis des Bundesgerichts zu Art. 17 BMM zurückgegriffen worden ist (oben E. 2.1; dazu auch FETTER, a.a.O., Rz. 327). 3.1.3.1 In der Praxis zu Art. 17 BMM sind die beiden Gründe für die Anfechtung namentlich im amtlich publizierten BGE 114 II 74 als Voraussetzungen erwähnt, unter denen eine "Notlage" BGE 142 III 442 S. 451 anzunehmen ist, die nach Art. 17 BMM für die Anfechtbarkeit des Anfangsmietzinses erforderlich war. In diesem Fall ging es um einen Mieter, dem die Anfechtung des Anfangsmietzinses vom Obergericht des Kantons Genf mit der Begründung verweigert worden war, die Anfechtung nach dem damaligen Art. 17 BMM sei als Ausnahme vom Grundsatz pacta sunt servanda nur sehr restriktiv zuzulassen. Das Bundesgericht folgte in diesem Urteil namentlich der Auffassung der Vorinstanz nicht, wonach der Mieter in jedem Fall die Dringlichkeit des Wohnungswechsels, die finanzielle Situation des Mieters wie auch die Anzahl und Dauer seiner Suchbemühungen nachzuweisen habe, ohne dass die Knappheit des Wohnungsangebots genüge ( BGE 114 II 74 E. 3a S. 75 f.). Das Bundesgericht kam in Würdigung der Materialien zum Schluss, der Gesetzgeber habe die Anfechtungsmöglichkeit beim Vertragsschluss gegenüber dem früheren Rechtszustand nicht noch weiter beschränken wollen und der Mieter sei zur Anfechtung des Anfangsmietzinses berechtigt, wenn er zum Abschluss eines neuen Mietvertrages gezwungen war, sei es infolge der Wohnungsnot oder wegen einer persönlichen schwierigen Situation (" ... que ce soit en raison de la pénurie de logements ou de difficultés liées à sa situation personnelle"). Eine Notlage im Sinne von Art. 17 BMM setze nicht eine Vernichtung des Willens voraus (" ... ne suppose pas une annihilation de la volonté"; BGE 114 II 74 E. 3c S. 77). 3.1.3.2 Im erwähnten Urteil hat das Bundesgericht im Ergebnis die Voraussetzung zur Anfechtung des Anfangsmietzinses bejaht und die Sache zur materiellen Beurteilung der Missbräuchlichkeit des Anfangsmietzinses an die Vorinstanz zurückgewiesen. Es hat zwar ausdrücklich festgehalten, dass die drei von der Vorinstanz erwähnten Kriterien (Dringlichkeit des Wohnungswechsels, finanzielle Verhältnisse des Mieters, Anzahl und Dauer der Suchbemühungen) für die Anwendung von Art. 17 BMM nicht entscheidend sind ( BGE 114 II 74 E. 3d S. 78). Es hat jedoch in diesem Urteil angenommen, es genüge für die Notlage, dass der Mieter gute Gründe für den Wohnungswechsel habe und dass von ihm nicht verlangt werden könne, auf eine Gelegenheit zum Abschluss eines Mietvertrages zu verzichten - sei es wegen der Marktsituation oder wegen seiner persönlichen Verhältnisse, wobei sämtliche Umstände zu berücksichtigen seien zur Beurteilung, ob eine Notlage im Sinne von Art. 17 BMM vorliege. BGE 142 III 442 S. 452 3.1.3.3 Altrechtlich war nach Art. 17 BMM eine "Notlage" des Mieters erforderlich, damit der Anfangsmietzins angefochten werden konnte. Wenn das Bundesgericht in Auslegung dieser Norm namentlich aufgrund der Entstehungsgeschichte ( BGE 114 II 74 E. 3c S. 77) schloss, dass der Gesetzgeber die Anfechtung des Anfangsmietzinses nicht nur bei Wohnungsnot, sondern auch aus anderen Gründen zulassen wollte, so war im konkreten Fall doch in Anwendung von Art. 17 BMM zu beurteilen, ob im Ergebnis eine "Notlage" im Sinne dieser Norm vorlag. Zur Beurteilung dieser Frage erkannte das Bundesgericht, dass sämtliche - persönlichen und objektiven - Umstände zu berücksichtigen seien, und entsprechend prüfte es auch im konkreten Fall, ob der Mieter hinreichende Gründe für einen Wohnungswechsel hatte, die zusammen mit der notorischen Wohnungsnot im Kanton Genf eine "Notlage" im Sinne von Art. 17 BMM begründeten. Wenn daher bei der Auslegung von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR berücksichtigt wird, dass die geltende Norm auf einen Kompromiss des Gesetzgebers zurückgeht, der sich in dieser umstrittenen Frage von der Praxis des Bundesgerichts zur alten Bestimmung leiten liess, so kann methodisch nicht unbeachtet bleiben, dass die Norm geändert wurde - dies nicht nur mit dem Einbezug von Geschäftsräumen, sondern auch mit einer anderen Formulierung: Eine persönliche oder familiäre "Notlage", wegen deren sich der Mieter zum Vertragsabschluss gezwungen sah, wird als selbständige Alternative zu den Verhältnissen auf dem örtlichen Markt für Wohnungen oder Geschäftsräume aufgeführt, wegen denen sich der Mieter zum Abschluss des Vertrages (zum entsprechenden Preis) gezwungen sah. Die "Notlage", die stets eine Würdigung der gesamten Verhältnisse erfordert, ist nach geltendem Recht nur noch für die erste Alternative in Art. 270 Abs. 1 lit. a OR verlangt. Aus dem Umstand, dass sich der Gesetzgeber von der geltenden bundesgerichtlichen Praxis anregen liess, kann dagegen nicht abgeleitet werden, es sei der Grundsatz beibehalten worden, wonach im Ergebnis eine "Notlage" bzw. eine entsprechende "Zwangslage" des Mieters auch bei ausgewiesener Wohnungsnot erforderlich sei, wie sie altrechtlich von Art. 17 BMM verlangt wurde. 3.1.4 Es ist auch teleologisch nicht einzusehen, weshalb für die Anfechtung des Anfangsmietzinses wegen einer nicht funktionierenden Marktlage der Nachweis einer persönlichen Not- bzw. Zwangslage erforderlich sein sollte. Der Grundsatz pacta sunt servanda gilt uneingeschränkt und gehört gar zum ordre public , wenn BGE 142 III 442 S. 453 gleichberechtigte und vergleichbar marktmächtige Kontrahenten einen Vertrag schliessen. Es ist nun jedoch eine Binsenwahrheit, dass Konsumenten im Allgemeinen und Mieter im Besonderen keine den Anbietern vergleichbare Stellung einnehmen, die ihnen die Verhandlung eines ausgewogenen Vertrages ermöglichen könnte. Um den Missbrauch eines Marktungleichgewichts zu verhindern, hat sich der Gesetzgeber deshalb gezwungen gesehen, die herkömmlichen Anfechtungsgründe wegen Willensmängeln (Art. 23 f. OR) und Übervorteilung ( Art. 21 OR ; vgl. dazu etwa BGE 123 III 292 E. 5 S. 301) in besonderen Konstellationen zu ergänzen (vgl. etwa Art. 40a ff. OR für Haustürgeschäfte und ähnliche Verträge). Im Mietrecht hat sich erwiesen, dass beim Neuabschluss von Verträgen die Gefahr missbräuchlicher Mietzinse namentlich dann besteht, wenn der Bestand an verfügbaren Wohnungen (und Geschäftsräumen) so gering ist, dass ein Interessent den Vertrag auch dann schliesst, wenn der Anbieter missbräuchliche Preise verlangt. In diesen Fällen besteht rein aufgrund der Marktlage ein Zwang zum Abschluss des Mietvertrages - auch zu missbräuchlichen Bedingungen. Um dieser Gefahr zu begegnen, ermöglicht die zweite Alternative von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR die Überprüfung des Anfangsmietzinses auf Missbrauch während der 30-tägigen Anfechtungsfrist. In der Literatur wird zutreffend darauf hingewiesen, es sei vom Gesetz vorausgesetzt, dass sich die Marktlage bei Knappheit an Wohnungen oder Geschäftsräumen beim Vertragsschluss konkret bemerkbar macht (WEBER, a.a.O., N. 4 zu Art. 270 OR ). Die Knappheit des Angebots verschafft den Anbietern auf dem Wohnungsmarkt eine Stellung, die derjenigen marktmächtiger Unternehmen nahekommt. Die Anfechtung missbräuchlicher Mietzinse gestützt auf die zweite Alternative von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR dient insoweit der gleichen Zielsetzung wie die Preisüberwachung oder die Kartellgesetzgebung (vgl. etwa PIERRE TERCIER, in: Droit des cartels et surveillance des prix, Kartellrecht auf neuer Grundlage, Roger Zäch [Hrsg.], 1989, S. 336 ff.; KÜNZLER/ZÄCH, in: Wettbewerbsrecht, Bd. II, Oesch und andere [Hrsg.], 2011, N. 6 zu Art. 1 des Preisüberwachungsgesetzes vom 20. Dezember 1985 [PüG; SR 942.20]; SCHÜRMANN/SCHLUEP, in: KG + PüG, 1988, S. 800). Dass die zivilrechtlichen Rechtsbehelfe zur Korrektur eines Marktungleichgewichts nur voraussetzen, dass der Vertrag vom marktmächtigen Partner diktiert wird, ohne auch noch einen auf einer persönlichen Notlage beruhenden Vertragsabschlusszwang zu erfordern, ist in der massgebenden Literatur anerkannt BGE 142 III 442 S. 454 (vgl. TERCIER, a.a.O., S. 336 ff.). Mit der zweiten Alternative von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR soll einzig das Marktungleichgewicht beim Vertragsschluss eine Prüfung des Mietzinses auf Missbräuchlichkeit ermöglichen. 3.1.5 Die in der Literatur (vgl. namentlich HIGI, a.a.O., N. 36 ff. zu Art. 270 OR ) vertretene Ansicht, dass der Mieter auch bei nachgewiesener Knappheit des Mietangebots an Wohnungen oder an Geschäftsräumen auf dem örtlichen Markt zur Anfechtung des Anfangsmietzinses nur zuzulassen sei, wenn er nachweise, dass er aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse zum Auszug aus seiner bisherigen Wohnung gezwungen war und keine zumutbare Alternative zum Abschluss eines anderen Vertrages hatte, beruht auf der Annahme, dass sich die gesetzliche Regelung nicht geändert habe. Während jedoch Art. 17 BMM in jedem Fall eine Notlage als Voraussetzung für die Anfechtung verlangte, war in BGE 114 II 74 - trotz der alternativ formulierten Voraussetzungen der persönlich-familiären Situation und der Marktsituation - die Würdigung sämtlicher Umstände des konkreten Falles erforderlich, um die gesetzliche Voraussetzung der Notlage zu beurteilen. Demgegenüber verlangt Art. 270 Abs. 1 lit. a OR für die Anfechtung des Anfangsmietzinses wegen der Verhältnisse auf dem örtlichen Markt für Wohnungen und Geschäftsräume - im Unterschied zur ersten Alternative der Notlage - nurmehr, dass sich der Mieter aus diesem Grund (und gerade nicht aus persönlichen Gründen) zu den vom marktmächtigen Vermieter diktierten Preisbedingungen zum Vertragsabschluss gezwungen sah. 3.1.6 Die Ansicht der Vorinstanz, wonach die Beschwerdeführer nicht nur die Knappheit des Mietangebots von Wohnungen in Zürich im massgebenden Zeitpunkt nachzuweisen hätten, sondern auch noch beweisen müssten, dass sie aufgrund ihrer persönlichen Situation keine zumutbare Alternative gehabt hätten, verkennt die Selbständigkeit der zweiten Voraussetzung zur Anfechtung des Anfangsmietzinses in Art. 270 Abs. 1 lit. a OR . Der Vorinstanz ist zwar zuzugestehen, dass die bundesgerichtliche Praxis nicht eindeutig ist, soweit zuweilen unkritisch allgemeine Formulierungen aus einem Urteil zum alten Recht bzw. aus der Literatur übernommen werden (vgl. etwa BGE 136 III 82 E. 2 S. 84 f. und Urteil 4C.169/2002 vom 16. Oktober 2002 E. 2.1). Wenn aus diesen allgemeinen Formulierungen geschlossen werden könnte, dass die altrechtliche "Notlage" neurechtlich mit der resultierenden "Zwangslage" weitergeführt worden sei, so ergibt sich aus den konkret entschiedenen Fällen das BGE 142 III 442 S. 455 Gegenteil: Die bundesgerichtliche Praxis hat in der Beurteilung der konkreten Fälle konsequent die drei Alternativen in Art. 270 Abs. 1 OR auseinandergehalten und bei der Beurteilung der zweiten Alternative von Art. 270 Abs. 1 lit. a OR nicht verlangt, dass persönliche Umstände berücksichtigt werden. Das Bundesgericht hat (im Urteil 4C.367/2001 vom 12. März 2002) im Gegenteil - wie die Vorinstanz richtig erkennt - ein kantonales Urteil aufgehoben, das die beiden Alternativen nach Art. 270 Abs. 1 lit. a OR wie im vorliegenden Fall nicht klar auseinandergehalten hat. Der vorliegende Fall zeigt im Übrigen, dass die Ansicht der Vorinstanz für die Überprüfung des Anfangsmietzinses im Ergebnis wiederum eine eigentliche persönliche Notlage verlangt, wenn sie als sachlichen Grund für den Neuabschluss eines Mietvertrages den Wechsel des Arbeitsortes von Genf nach Zürich nicht genügen lassen will. Ein derart einschränkendes Verständnis der Voraussetzungen zur Anfechtung angeblich missbräuchlicher Anfangsmietzinsen ist schon altrechtlich verworfen worden ( BGE 114 II 74 E. 3d S. 78) und verkennt nach geltendem Recht die Selbständigkeit der zweiten Voraussetzung in Art. 270 Abs. 1 lit. a OR , die eben eine wettbewerbsrechtliche Dimension aufweist und von der persönlichen Situation des Mieters abstrahiert (oben E. 3.1.4). 3.2 Der Mangel an Wohnungen oder Geschäftsräumen im Sinne von Art. 270 Abs. 1 lit. a zweite Alternative OR kann grundsätzlich mit offiziellen Statistiken belegt werden. Vorausgesetzt ist, dass diese aktuell sind und auf verlässlichen und hinreichend differenzierten Erhebungen beruhen ( BGE 136 III 82 E. 2 S. 86). Soweit verlässliche statistische Daten über den Prozentsatz der im massgebenden Zeitpunkt verfügbaren Bestand von Wohnungen nicht vorhanden sind, ist es dem Mieter auch abgesehen davon möglich, den ihm obliegenden Nachweis der Wohnungsnot auf andere Weise zu erbringen, namentlich durch den Nachweis intensiver und fruchtloser Suchbemühungen (Urteil 4A_250/2012 vom 28. August 2012 E. 2.2). Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz im Gegensatz zur ersten Instanz offengelassen, ob die Wohnungsnot belegt sei. Sie hat zwar verneint, dass die Mieter Suchbemühungen nachgewiesen hätten, hat sich aber zu den vom Mietgericht herangezogenen Statistiken nicht geäussert. Sie hat freilich festgestellt, dass nach den Feststellungen des Mietgerichts aufgrund der eingereichten Statistik in der Stadt Zürich am 1. Juli 2013 0,11 % der Wohnungen leer gewesen seien (im Vorjahr 0,1 %) und im ganzen Kanton Zürich die BGE 142 III 442 S. 456 Leerwohnungsziffer 0,61 % betrage. Die Beschwerdegegnerin behauptet, sie habe - vor erster Instanz (nicht vor der Vorinstanz) - geltend gemacht, die Leerwohnungsziffer belege die Wohnungsnot nicht hinreichend; sie zieht einen Vergleich zwischen der Anzahl Personen, die im Jahre 2011 umgezogen sind im Verhältnis zur Gesamtzahl der Einwohner der Stadt und der Anzahl Wohnungen und will daraus ableiten, dass jedenfalls im Jahr 2011 die Chance, in der Stadt Zürich eine neue Wohnung zu finden, bei 21 % gelegen habe. Die Rechnung ist freilich nicht nachvollziehbar: Denn es ist nicht bekannt, wie viele Personen vergeblich eine Wohnung gesucht haben. Wenn das Angebot an Wohnungen in einem bestimmten Zeitpunkt objektiv begrenzt ist, so kann die Intensität der Nachfrage im Vergleich zum Angebot nicht aus der Anzahl der Wohnungswechsel, sondern einigermassen verlässlich nur daraus erschlossen werden, wie viele Wohnungen leer geblieben sind. Die Anzahl bzw. der Prozentsatz verfügbarer Wohnungen in einem bestimmten Zeitpunkt ist insofern durchaus ein verlässlicher Massstab zur Beurteilung, ob das Angebot an Mietwohnungen oder -geschäftsräumen knapp ist. Da die Beschwerdegegnerin im Übrigen keine substanziierten Einwendungen gegen die amtlichen statistischen Grundlagen anführt und namentlich nicht behauptet, vor Vorinstanz Einwände erhoben zu haben, kann die Wohnungsknappheit im massgebenden Zeitpunkt als ausgewiesen gelten. (...)
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Sachverhalt ab Seite 64 BGE 103 II 64 S. 64 A.- Die Firma de Beers Industrial Diamond Division (Proprietary) Ltd. klagte am 6. Oktober 1976 gegen die in den Vereinigten Staaten von Amerika niedergelassene General Electric Company beim Handelsgericht des Kantons Zürich auf Nichtigerklärung der Schweizerpatente Nr. 453315, 506438, 517561 und 554209 und auf Feststellung, dass die Klägerin das letztgenannte Patent nicht verletze. Gleichzeitig stellte sie beim Friedensrichteramt der Stadt Zürich das Begehren um Durchführung des Sühneverfahrens. Sie hielt den Gerichtsstand Zürich für gegeben, weil am 6. Oktober 1976 bezüglich aller vier Patente der in Zürich als Patentanwalt tätige A. als Vertreter der Inhaberin im Patentregister eingetragen war. BGE 103 II 64 S. 65 Am 20. Oktober 1976 teilte A. der Klägerin mit, er habe sich entschlossen, die Vertretung für die vier Patente niederzulegen. Die gleiche Mitteilung machte er am 21. Oktober 1976 dem Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum. Er ersuchte es, ihn unverzüglich im Register zu streichen, und teilte ihm mit, Rechtsanwalt B. in Bern werde dem Amt die Übernahme der Vertretung anzeigen. Am 22. Oktober gab er dem Friedensrichter bekannt, dass er die Patentinhaberin nicht mehr vertrete, die Gerichte des Kantons Zürich folglich nicht mehr zuständig seien und er zum Sühneversuch vom 26. Oktober nicht erscheinen werde. Am 28. Oktober 1976 reichte die Klägerin dem Handelsgericht die Weisung ein. Das Amt für geistiges Eigentum registrierte den Verzicht des A. am 4. November 1976. B.- Am 8. Dezember 1976 bestritt der neue Patentvertreter der Beklagten, der seinen Geschäftssitz in Bern hat, den Gerichtsstand Zürich. Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Einrede durch Vorentscheid vom 8. Februar 1977 ab. Es hält sich gemäss Art. 75 Abs. 1 lit. b PatG für zuständig, weil am 28. Oktober 1976, als nach kantonalem Prozessrecht die Klage durch Einreichung der Weisung hängig wurde, noch A. als Vertreter der Beklagten im Patentregister eingetragen war und nichts darauf ankomme, dass der Vertreter der Klägerin schon vor diesem Tage vom Rücktritt des A. Kenntnis erhalten hat. C.- Die Beklagte hat gegen den Entscheid des Handelsgerichtes rechtzeitig die Berufung erklärt. Sie beantragt, ihn aufzuheben und das Handelsgericht örtlich unzuständig zu erklären. Sie macht geltend, die Eintragung des Vertreters des Patentinhabers wirke wie jede nicht mit der Patenterteilung zusammenhangende Eintragung in das Patentregister nur deklarativ und diene dem Beweise. Sie begründe den Gerichtsstand des Art. 75 Abs. 1 lit. b PatG daher nur für den gutgläubigen Kläger, nicht auch für jenen, der wisse, dass der Eingetragene nicht mehr Vertreter sei. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 75 Abs. 1 lit. b PatG ist zur Beurteilung der im Patentgesetz vorgesehenen Klagen Dritter gegen den BGE 103 II 64 S. 66 Patentinhaber der Richter am Wohnsitz des Beklagten zuständig; liegt dieser Ort nicht in der Schweiz, so ist der Richter am Geschäftssitz des im Register eingetragenen Vertreters oder, wenn die Vertreterbestellung im Register gelöscht ist, am Sitz des Eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum zuständig. Diese Bestimmung lässt schon nach ihrem Wortlaut, auch dem französischen und dem italienischen, nicht daran zweifeln, dass der Gerichtsstand des Geschäftssitzes des Vertreters ausschliesslich von der Eintragung im Patentregister, nicht von der tatsächlichen Vertretereigenschaft des Eingetragenen abhängt. Denn dieser Gerichtsstand wird erst dann durch jenen am Sitz des Amtes für geistiges Eigentum abgelöst, "wenn die Vertreterbestellung im Register gelöscht ist". Würde schon das Ende des Vertreterverhältnisses den Gerichtsstand am Geschäftssitz des Vertreters hinfällig machen, so entstände eine zeitliche Lücke, in welcher der Patentinhaber ohne schweizerischen Wohnsitz in der Schweiz nicht belangt werden könnte. Wenn die Eintragung von Anfang an materiell unrichtig ist, bestände überhaupt kein schweizerischer Gerichtsstand, bis ein Vertreter registriert würde, der dies wirklich ist. Das wäre unerträglich. Die Entstehungsgeschichte der Bestimmung zeigt denn auch einwandfrei, dass der Wortlaut dem Willen der Bundesversammlung entspricht. Im Entwurf des Bundesrates (BBl 1950 I 1102) lautete die Bestimmung in Art. 95 Abs. 1 lit. b wie folgt: "Liegt dieser Ort nicht in der Schweiz, so ist der Richter am Geschäftssitz des Vertreters oder, wenn kein Vertreter bestellt ist, am Sitz des Amtes für geistiges Eigentum zuständig." Der Nationalrat nahm diese Fassung zunächst ohne Erörterungen an (Sten.Bull. 1952 N. 441). Die Kommission des Ständerates schlug den Wortlaut vor, der Gesetz geworden ist. Ihr Berichterstatter Schoch führte aus, wer in der Schweiz keinen Wohnsitz habe, könne die Erteilung eines Patentes nur beantragen und die Rechte aus dem Patent nur geltend machen, wenn er einen in der Schweiz niedergelassenen Vertreter habe. Der Gerichtsstand am Geschäftssitz dieses Vertreters solle solange gegeben sein, als der Vertreter im Register noch eingetragen ist. Der Ständerat stimmte der Kommission ohne Diskussion zu (Sten.Bull. 1953 S 395 f.). Im Nationalrat drang hierauf diese Auffassung, wie aus den Ausführungen BGE 103 II 64 S. 67 seiner Berichterstatter Perrin und Huber erhellt, ebenfalls ohne weitere Aussprache durch (Sten.Bull. 1953 N. 745). 2. Gegen den klaren Sinn des Gesetzes vermag der Einwand der Beklagten, es hange vom Zufall und der Arbeitslast des Amtes für geistiges Eigentum ab, wie rasch eine begehrte Löschung eines Vertreters vollzogen werde, nicht aufzukommen. Das Interesse des Klägers an der lückenlosen Möglichkeit, in der Schweiz klagen zu können, hat mehr Gewicht als der Wunsch des Beklagten, sich einem solchen Gerichtsstand durch die Beendigung des Vertreterverhältnisses zu entziehen und damit die Belangung zu erschweren. Daran ändert auch die Auffassung der Beklagten nichts, durch die Verzögerung der Löschung des Vertreterverhältnisses würde der "passivlegitimierte Vertreter festgenagelt", das heisst der "materiell richtige Vertreter" müsste sich wegen der zufällig verzögerten Löschung am Gerichtsstand seines Vorgängers einlassen. Passiv legitimiert ist nicht der Vertreter, sondern der Patentinhaber. Dass dieser sich am Geschäftssitz des früheren, aber noch immer eingetragenen Vertreters zu verantworten hat, ist nicht unbillig. Unhaltbar wäre es dagegen, wenn dem Beklagten ermöglicht würde, kurz vor der Rechtshängigkeit der Klage durch einmalige oder wiederholte Auswechslung des Vertreters den Gerichtsstand zu verschieben und damit dem Kläger die Verfolgung zu erschweren oder zu verunmöglichen. Interessen des eingetragenen oder des wirklichen Vertreters stehen überhaupt nicht auf dem Spiel; niemand braucht sich gegen seinen Willen als Vertreter mit dem Prozess zu befassen. Bleibt es somit dabei, dass das Gesetz den in Frage stehenden Gerichtsstand vom Eintrag des Vertreters, nicht von dessen wirklichen Vertretereigenschaft abhangen lässt, so kann dahingestellt bleiben, welche Wirkungen der Eintrag im übrigen hat. Auf die Argumente, welche die Beklagte auf Art. 33 PatG , das Handelsregisterrecht und das Schrifttum über die Bedeutung von Einträgen nach dem deutschen Patentgesetz stützt, um darzutun, dass die Eintragung eines Vertreters in das schweizerische Patentregister nur deklarativ wirke und dem Beweis diene, braucht daher nicht eingegangen zu werden. Die Beklagte verkennt, dass hinsichtlich des Gerichtsstandes die Eintragung nach dem klaren Willen des Gesetzes konstitutiv wirkt. BGE 103 II 64 S. 68 3. Da nach Art. 75 Abs. 1 lit. b PatG die Eintragung des Vertreterverhältnisses, nicht dieses selbst, den Gerichtsstand begründet, muss dieser auch unabhängig vom Wissen des Klägers über das wirkliche Verhältnis bestehen. Auch sachlich rechtfertigt es sich nicht, eine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung dann zu machen, wenn der Kläger weiss, dass der Eingetragene nicht mehr Vertreter des Beklagten ist. Weder die Eintragung des Vertreters in das Patentregister noch der an sie geknüpfte Gerichtsstand dienen dem Schutze gutgläubiger Kläger. Auf die Eintragung statt auf das tatsächliche Vertretungsverhältnis wird nur aus praktischen Überlegungen abgestellt. Es soll - vom Kläger, aber auch vom Beklagten und vom Richter - einfach und zuverlässig festgestellt werden können, wo sich der Gerichtsstand befindet. Wäre im einzelnen Falle zu untersuchen, ob der Eintrag im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage mit den Tatsachen übereinstimmte und ob der Kläger von seiner Unrichtigkeit Kenntnis hatte, so würden Streitigkeiten um den Gerichtsstand Vorschub geleistet und die materielle Beurteilung der Sache verzögert. Auch bliebe es dem Beklagten möglich, die Rechtsverfolgung trölerisch zu erschweren. Er brauchte dem Kläger nur kurz vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit jeweilen mitzuteilen, dass er den Vertreter gewechselt oder überhaupt keinen Vertreter mehr habe. BLUM/PEDRAZZINI (Das schweizerische Patentrecht, Art. 75 Anm. 4 lit. d), auf die sich die Beklagte beruft, stellen sich denn auch nicht klar auf den Standpunkt - geschweige denn, dass sie ihn begründen würden -, der Gerichtsstand am Geschäftssitz des eingetragenen Vertreters stehe nur dem gutgläubigen Kläger zur Verfügung. Sie sagen zwar, wenn ein Vertreter noch eingetragen, aber nicht mehr berechtigt sei, könne dieser Umstand dem gutgläubigen Kläger nicht mit zerstörender Wirkung bezüglich des Gerichtsstandes entgegengehalten werden. Sie fügen aber bei, das Gesetz knüpfe nämlich den Gerichtsstand am Sitze des Patentamtes an die Löschung der Vertreterstellung im Register und drücke damit die Unerheblichkeit des Bestehens des eigentlichen inneren Vertreterverhältnisses für die Gerichtsstandsfrage aus. Abschliessend schreiben sie, es liege übrigens auf der Hand, dass schon aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Beklagte dem Kläger die fehlende Vertretereigenschaft des Eingetragenen BGE 103 II 64 S. 69 nicht entgegenhalten könne, "mindestens" wenn der Kläger gutgläubig sei.
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Sachverhalt ab Seite 296 BGE 111 II 295 S. 296 A.- Frau X. ist 1943 geboren und wohnt in Zürich, wo sie von 1963 an ihren Lebensunterhalt ausschliesslich als Dirne verdient hat. Am frühen Morgen des 10. Juni 1971, als sie ihren Personenwagen vor einer Lichtsignalanlage in Dietikon korrekt anhielt, prallte der Wagen des Z. von hinten gegen ihr Fahrzeug. Frau X. erlitt dabei ein sogenanntes Schleudertrauma der Halswirbelsäule. Sie musste deswegen zwei Wochen im Spital gepflegt werden und während drei Wochen einen Gipskragen tragen; infolge des Unfalls ist sie angeblich bleibend geschädigt. B.- Am 28. August 1980 klagte sie gegen die Versicherungsgesellschaft A., bei der Z. für seine Halterhaftpflicht versichert war, auf Zahlung von Fr. 2'327'425.-- Verdienstausfall bis zu ihren 45. Altersjahr (1. August 1988) und mindestens Fr. 25'000.-- Genugtuung nebst Zins. Den Verdienstausfall begründete sie damit, dass sie vor dem Unfall mit ihrer Tätigkeit als Dirne monatlich mindestens Fr. 12'000.-- Nettoeinnahmen erzielt habe, ihre Einnahmen aus dieser Tätigkeit seit dem Unfall aber nur noch Fr. 1'150.-- im Monat ausmachten. Das Bezirksgericht Zürich setzte den Verdienstausfall der Klägerin auf Fr. 22'400.-- fest und sprach ihr Fr. 3'000.-- Genugtuung zu, beides nebst Zins; im übrigen wies es die Klage ab. Die Parteien appellierten an das Obergericht des Kantons Zürich, das am 18. Juni 1984 die Schadenersatzforderung der Klägerin ganz abwies, die Genugtuungssumme von Fr. 3'000.-- nebst 5% Zins seit dem Unfalltag dagegen bestätigte. C.- Die Klägerin hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingereicht mit dem Antrag, es soweit aufzuheben, als ihren Rechtsbegehren nicht entsprochen worden sei, und ihre Klage gutzuheissen. Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Dass die Beklagte als Versicherer des Z. für die Folgen des Unfalls vom 10. Juni 1971 gemäss Art. 58 ff. SVG haftet und von der Klägerin unmittelbar belangt werden darf, ist grundsätzlich nicht bestritten; sie hat sich mit der Verurteilung zu einer Genugtuungssume von Fr. 3'000.-- denn auch abgefunden. Die Beklagte widersetzt sich dagegen der Schadenersatzforderung von Fr. 2'327'425.--, welche die Klägerin für entgangenen Dirnenlohn vom Unfalltag bis zu ihrem 45. Altersjahr verlangt, weil solcher BGE 111 II 295 S. 297 Lohn rechtlich nicht ersatzfähig sei. Das Obergericht ist ebenfalls der Meinung, dass entgangene Einnahmen aus gewerbsmässiger Unzucht sich nicht als Schaden ausgeben liessen, der nach Art. 46 Abs. 1 OR zu ersetzen sei; das schliesse entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts auch eine Entschädigung für Nachteile aus, die mit der Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens begründet würden. Die Klägerin bestreitet zu Recht nicht, dass die Dirnentätigkeit als solche zwar straflos ist ( BGE 101 Ia 475 E. 2, BGE 99 Ia 507 E. 2), aber gegen die guten Sitten verstösst und dass Vereinbarungen mit Freiern deswegen nach Art. 20 Abs. 1 OR nichtig sind. Es geht nach ihrer Ansicht aber nicht an, die Unsittlichkeit des Dirnenvertrages auf die völlig anders geartete Obligation aus unerlaubter Handlung zu übertragen. a) Das Obergericht stützt sich auf die im Schadenersatzrecht herrschende Lehre, wonach Gewinne aus unsittlichen wie aus widerrechtlichen Geschäften nicht zu ersetzen sind (OFTINGER, Schweiz. Haftpflichtrecht, 4. Aufl. S. 57; VON TUHR/PETER, OR I S. 101; DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, S. 50; STAUFFER/SCHAETZLE, Barwerttafeln, 3. Aufl. S. 40). Das erhellt schon aus einem Entscheid des Bundesgerichts von 1894, wo in einem Markenrechtsstreit erklärt worden ist, die Rechtsordnung könne nicht zum Ersatz eines Schadens verhelfen, den der Kläger durch Entzug eines erhofften Gewinnes aus dem verbotenen Verkauf von Heilmitteln erlitten habe (BGE 20 S. 109). Von der Lehre angeführte Beispiele betreffen durchwegs auf diese Weise entgangene Gewinne und meist Geschäfte, die nicht nur unsittlich, sondern eigentlich verboten sind. Solche Verluste taugen zum vornherein nicht als Grundlage von Ersatzansprüchen gemäss Art. 45 und 46 OR . Fragen kann sich bloss, wie es sich mit den Ersatzansprüchen verhält, wenn der Geschädigte ihnen das Einkommen aus einer Tätigkeit zugrunde legt, die zwar als sittenwidrig oder verpönt, aber nicht als widerrechtlich gilt. Dabei ist vorweg an die rechtliche Beurteilung des Konkubinats zu erinnern, mit dem sich Lehre und Rechtsprechung bereits näher befasst haben. Von allgemeiner Bedeutung ist insbesondere der Aufsatz von JACQUES DROIN (SJ 101/1979 S. 147 ff.) zu den Fragen, ob ein Schaden, der seine Quelle in einem unerlaubten oder unsittlichen Sachverhalt hat, Anlass zum Ersatz geben könne und ob das Konkubinat einen solchen Sachverhalt darstelle. Er lehnt es grundsätzlich ab, einen von der Rechtsordnung verpönten Sachverhalt haftungsrechtlich anzuerkennen; er hält das Konkubinat BGE 111 II 295 S. 298 aber in der Regel nicht für widerrechtlich oder unsittlich und möchte auch beim ehebrecherischen Konkubinat die Frage eines Versorgerschadens von den Umständen des Einzelfalles abhängig machen (S. 155 und 163 f.). Ob ein Konkubinat, abgesehen vom ehebrecherischen, das sogar widerrechtlich ist ( Art. 214 StGB ; BGE 71 IV 46 und 52), den guten Sitten widerspricht, hat das Bundesgericht bisher nicht entschieden. Es hat jedoch klargemacht, dass ihm der Rechtsschutz nicht schlechthin verweigert werden dürfe und dass ein Partner namentlich dann, wenn es um die Liquidation der Gemeinschaft geht, sich nicht auf Sittenwidrigkeit oder Widerrechtlichkeit berufen kann ( BGE 109 II 230 E. 2b, BGE 108 II 206 E. 3). Letztwillige Zuwendungen an einen ehebrecherischen Konkubinatspartner sodann sind nur sittenwidrig, wenn sie als pretium stupri dazu bestimmt sind, das ehebrecherische Verhalten zu fördern ( BGE 109 II 17 /18). Ein Konkubinat, das sich als dauerhaft erweist, kann ferner wie eine Wiederverheiratung zum Verlust einer Scheidungsrente führen ( BGE 109 II 190 ff. mit Hinweisen; vgl. auch BGE 109 III 101 f.). Nicht zu entscheiden hatte das Bundesgericht bisher, ob der eine Partner beim Tod des andern einen Versorgerschaden geltend machen kann (vgl. SCHNYDER, Strassenverkehrsrechts-Tagung 1982, Der Körperschaden, S. 17 f. mit Zitaten); die Frage stellt sich namentlich, wo eine tatsächliche Versorgerbeziehung besteht (vgl. OFTINGER, I S. 231; DESCHENAUX/TERCIER, S. 235/36). Schon diese Rechtsprechung zeigt, dass eine allfällige Sittenwidrigkeit oder gar Widerrechtlichkeit des Konkubinats nicht notwendig dazu führt, damit zusammenhängende Tatbestände mit entsprechenden Rechtsfolgen zu pönalisieren. b) Dass die Unsittlichkeit des Dirnenvertrages auch Haftpflichtansprüche ausschliesse, die mit entgangenem Dirnenlohn begründet werden, lässt sich nicht mit dem Argument widerlegen, die Dirne erwerbe rechtmässiges Eigentum an den Zahlungen ihrer Freier. Dies ist nur die Folge von Art. 66 OR , der den Geber für seine unsittliche oder widerrechtliche Absicht massregeln und den Staat der Pflicht entheben will, ihm zur Rückgängigmachung der unsauberen Vermögensverschiebung beizustehen ( BGE 95 II 41 ). Wie aus den Erwägungen zum Konkubinat erhellt, folgt daraus aber andererseits auch nicht, dass Tatbeständen, die mit unsittlichen Geschäften zusammenhängen oder sich daraus ergeben, jeder Rechtsschutz zu verweigern sei. BGE 111 II 295 S. 299 Der Einwand sodann, das angefochtene Urteil führe dazu, eine bestimmte Gruppe von Schädigern zu bevorrechten und eine solche von Geschädigten zu benachteiligen, ist schon von der Vorinstanz zu Recht abgelehnt worden. Art. 46 stellt wie Art. 45 OR für die Ermittlung und Berechnung des Schadens auf die Person und die Verhältnisse des Geschädigten ab. Sein hohes Einkommen hat regelmässig eine höhere Belastung des Ersatzpflichtigen zur Folge, dem aber ebenso ein geringes Einkommen des Verletzten zugute kommt. Hat der Geschädigte kein oder kein ersatzfähiges Einkommen, so wird der Pflichtige zwangsläufig davon befreit, Schadenersatz zu leisten (vgl. dazu insbesondere je ein Urteil des Landgerichts und des Oberlandgerichts Hamburg, in Versicherungsrecht 28/1977 S. 85 und 87; ferner D. MEDICUS, Schadenersatz und Billigkeit, ebenda 32/1981, S. 598). c) Was für die Schadensart des entgangenen Gewinns im allgemeinen gilt ( Art. 42 OR ), lässt sich nicht ohne weiteres auf Schaden infolge Tötung oder Verletzung von Personen übertragen. Nach Art. 45 Abs. 3 OR ist Ersatz zu leisten an Personen, die durch Tötung ihren Versorger verloren haben. Massgebend dafür ist nicht ein rechtliches Kriterium, sondern ob der Getötete den Ansprecher tatsächlich unterstützt hat oder ihn voraussichtlich unterstützt hätte (OFTINGER, I S. 231 ff.). Nichts erlaubt die Annahme, es sei jeweils abzuklären, auf welche Weise der Versorger sich die erforderlichen Mittel beschafft habe; es leuchtet insbesondere ein, dass dem Versorgungsanspruch eines Kindes nicht entgegengehalten werden kann, seine Mutter sei als Dirne einem unsittlichen Erwerb nachgegangen. Ein Anspruch des Zuhälters dagegen würde schon daran scheitern, dass er selbst rechtswidrig gehandelt hat. Bei Schaden infolge Körperverletzung liegen die Dinge weniger eindeutig, weil ein Anspruch der Dirne selbst in Frage steht, die sich die Sittenwidrigkeit ihrer Erwerbstätigkeit entgegenhalten lassen muss. Dabei ist freilich auch hier von Bedeutung, dass Art. 46 Abs. 1 OR nicht im Sinne eines entgangenen Gewinns von Verdienstausfall oder dergleichen spricht, sondern daran anknüpft, dass die Körperverletzung die Erwerbsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt und sein wirtschaftliches Fortkommen erschwert (vgl. BGE 99 II 216 E. 3a, BGE 91 II 426 E. 3b). Grundsätzlich kommt es zudem auf die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit in dem Beruf an, den der Verletzte tatsächlich ausübt ( BGE 100 II 356 E. 5). In dieser Hinsicht steht vorliegend fest, dass die BGE 111 II 295 S. 300 Klägerin seit 1961 als Dirne registriert ist und seit 1963 ausschliesslich von Prostitution gelebt hat. d) Dass es sich bei der Prostitution um eine an sich zulässige Tätigkeit handelt, schliesst ihre Sittenwidrigkeit zwar nicht aus, verbietet aber im vornherein Vergleiche mit einer widerrechtlichen Tätigkeit, soweit es nicht um die Anwendung von Art. 20 Abs. 1 OR , sondern um die Beurteilung der Folgewirkungen geht. Die Ausübung der Prostitution gilt als wirtschaftliche Tätigkeit, die den Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit geniesst ( BGE 101 Ia 475 E. 2 mit Hinweisen). Die Dirne wird unbekümmert darum, wie ihre Erwerbstätigkeit vom moralischen Standpunkt aus zu bewerten ist, nach ihrem Einkommen und Vermögen besteuert, weil für die Steuerpflicht nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmend ist; eine andere Betrachtungsweise würde unrechtmässige Gewinne privilegieren ( BGE 70 I 254 E. 1; BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts 3. Aufl. S. 146 f.). Dadurch unterscheidet das Einkommen der Dirne sich praktisch und rechtlich z.B. vom Diebeserlös, der nicht als rechtmässig erworben gilt und daher steuerlich auch nicht erfasst wird (REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, S. 7/8). Die Steuerpflicht der Dirne lässt sich damit begründen, dass Prostituierte gegenüber anderen Erwerbstätigen nicht privilegiert werden dürfen. Die Pflicht hingegen, ihrem Einkommen entsprechende AHV- und IV-Beiträge zu bezahlen ( BGE 107 V 194 ; BRATSCHI, Der Einkommensbegriff in der AHV, Diss. Bern 1952, S. 35 f.), kann sich nicht auf diese Überlegung stützen. Die Beiträge geben der Dirne Anspruch auf Rentenleistungen, die der Höhe nach von ihren Einzahlungen abhängen. Insoweit ist unerheblich, für welche Tätigkeit sie die Beiträge bezahlt hat. Wird der Einwand der Sittenwidrigkeit dagegen zugelassen, so könnte er dazu führen, dass die Sozialversicherungen ihrerseits die Regressansprüche aus unerlaubter Handlung verlieren ( Art. 48ter AHVG , Art. 52 IVG ). Der Dirnenlohn ist nach der Rechtsprechung auch pfändbar. Eine Dirne, die sich über die Pfändung künftigen Lohnes hinwegsetzte, musste sich sagen lassen, dass nur ihre Vereinbarung mit dem Freier, sich ihm gegen Entgelt hinzugeben, nichtig sei. Für die Gültigkeit der Lohnpfändung sei das jedoch genau so unerheblich wie für die Pfändung von Trinkgeldeinnahmen oder freiwillig ausgerichteten Gratifikationen; es genüge, dass die der Dirne ausgerichteten Zahlungen von der Rechtsordnung als gültig anerkannt würden, was sich unter anderem aus Art. 66 OR ergebe BGE 111 II 295 S. 301 ( BGE 91 IV 69 f.). Schliesslich ist zugunsten einer Dirne sogar die Unpfändbarkeit eines Personenwagens anerkannt worden, den sie zur Ausübung ihres Berufes benötigte. Dem Gläubiger wurde entgegengehalten, dass die Tätigkeit einer Dirne zwar als unsittlich gelte, aber straflos sei und der Ertrag aus ihrer Tätigkeit vom Staat als steuerbares und pfändbares Einkommen behandelt werde (unveröffentlichtes Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts i.S. Sch. vom 8. Mai 1979). e) Alle diese Hinweise auf verwandte Sachverhalte werden vom Bezirksgericht und vom Obergericht zu Unrecht als irrelevant abgetan. Auch wenn die Prostitution durchaus sittenwidrig und eine Vereinbarung auf sexuelle Hingabe gegen Entgelt nichtig ist, geht es haftpflichtrechtlich (wie steuer- und betreibungsrechtlich) nicht darum, ob die Dirne ihren Lohn rechtlich eintreiben könnte; massgebend ist allein, dass dieser tatsächlich bezahlt wird und den Lebensunterhalt der Dirne sichert. Das Erwerbseinkommen, das sich daraus ergibt, ist rechtmässig und wird mannigfach - zum Nachteil und zum Vorteil der Dirne - rechtlich als solches erfasst. Warum es sich anders verhalten sollte, wenn die Dirne widerrechtlich verletzt und in ihrer Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt wird, ist nicht einzusehen. Die Klägerin kann sich deshalb uneingeschränkt auf Art. 46 Abs. 1 OR berufen. 3. Das Obergericht stellt gestützt auf zwei Gutachten fest, dass die Klägerin in den ersten vier Monaten nach dem Unfall ganz und während 20 weiteren Monaten zur Hälfte arbeitsunfähig gewesen, eine dauernde Verminderung ihrer Erwerbsfähigkeit dagegen zu verneinen sei. Diese Feststellungen des Obergerichts über das Ausmass und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sind tatsächlicher Natur und binden das Bundesgericht, da keine Ausnahme gemäss Art. 63 Abs. 2 OG vorliegt. Dass die Vorinstanz dabei Bundesrecht verletzt, insbesondere Rechtsbegriffe verkannt oder die Unfallfolgen nach unzutreffenden Gesichtspunkten ermittelt habe ( BGE 95 II 265 , BGE 82 II 33 E. 6, BGE 77 II 299 ), wird mit der Berufung nicht geltend gemacht. Festzuhalten ist ferner, dass die Klägerin nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft ausschliesslich Verdienstausfall aus ihrer Dirnentätigkeit fordert. 4. Die Klägerin will vor dem Unfall monatlich durchschnittlich Fr. 12'000.--, nachher aber nur noch Fr. 1'150.-- mit ihrer Dirnentätigkeit verdient haben. Die Vorinstanzen brauchten dazu nicht Stellung zu nehmen, weil sie den Dirnenlohn für nicht ersatzfähig BGE 111 II 295 S. 302 hielten. Auch das Bezirksgericht, welches im Unterschied zum Obergericht eine Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens anerkannte, stellte dafür auf ein fiktives, in einem andern Beruf erzielbares Einkommen ab. a) Da beide Vorinstanzen die Ersatzfähigkeit des Dirneneinkommens zu Unrecht verneint haben und das angefochtene Urteil deshalb aufzuheben ist, kann dahingestellt bleiben, ob auf der gegenteiligen Grundlage die Betrachtungsweise des Bezirksgerichts standgehalten hätte oder ob sich eine Schadensermittlung gestützt auf das in einem ehrbaren Beruf erzielbare Einkommen allenfalls anders begründen liesse, z.B. damit, dass ein Berufswechsel, der einem Geschädigten unter Umständen zur Schadensminderung zugemutet werden darf ( BGE 89 II 231 ; OFTINGER, I S. 197 f.), ihm in Fällen wie dem vorliegenden mindestens hypothetisch zugute gehalten werden könnte, selbst wenn er, wie hier die Klägerin, einen solchen Wechsel gar nicht beabsichtigt. Zum gleichen Ergebnis wie die Auffassung des Bezirksgerichts führt offenbar die massgebliche deutsche Rechtsprechung. Diese lehnte zwar wiederholt jeden Ersatzanspruch von Dirnen wegen Sittenwidrigkeit ab (so Landgericht und Oberlandgericht Hamburg in den hiervor angeführten Urteilen). Auch der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 6. Juli 1976 (abgedruckt in Versicherungsrecht 27/1976 S. 941 ff.) grundsätzlich gleich entschieden; er hat aber der Dirne, die bei einem Verkehrsunfall verletzt wurde, aus sozial-ethischen Überlegungen und in billiger Berücksichtigung der beiderseitigen Belange Ersatz in der Höhe eines existenzdeckenden Einkommens zugesprochen, das erfahrungsgemäss von einem gesunden Menschen auch in bescheidenen Verhältnissen zu erreichen sei. Diesem Urteil sind offenbar die Rechtsprechung und teils auch die Lehre gefolgt (Urteil des Oberlandesgerichts München in Versicherungsrecht 28/1977 S. 628; FILTHAUT, Haftpflichtgesetz, S. 233; WUSSOW, Ersatzansprüche bei Personenschaden, S. 12). Es ist wegen seiner Billigkeitserwägungen aber auch deutlich kritisiert worden (BORN, Entgangener Dirnenlohn als erstattungsfähiger Erwerbsschaden, in Versicherungsrecht 27/1976 S. 118 ff.). Die Überlegungen des Bundesgerichtshofes und des Bezirksgerichts sprechen für die Absicht, der Dirne nicht ein übermässig hohes Einkommen, sondern nur ein übliches in einem ehrbaren Beruf zu ersetzen. Weil die Sittenwidrigkeit nicht wie beim Wucher im übersetzten Einzelerlös liegt, scheidet eine Herabsetzung, wie BGE 111 II 295 S. 303 Art. 20 Abs. 2 OR sie für Wucherzinse ermöglicht (BGE 96 I E. 3, 93 II 191 E. b), selbst in analoger Anwendung dieser Bestimmung aus. Denkbar wäre dagegen eine Kürzung gemäss Art. 62 Abs. 2 SVG ; danach kann der Richter bei ungewöhnlich hohem Einkommen des Verletzten die Entschädigung unter Würdigung aller Umstände angemessen ermässigen. Das dürfte indes, wie die allgemeine Regel des Art. 44 Abs. 2 OR , wohl nur zum Schutz des Ersatzpflichtigen persönlich, nicht auch zugunsten seines Haftpflichtversicherers gelten (OFTINGER, I S. 273 und II S. 645; BUSSY/RUSCONI, Code suisse de la circulation routière, S. 350; SCHLEGEL/GIGER, Taschenausgabe SVG S. 213). b) Wie es sich damit verhält, kann einstweilen jedoch offenbleiben. Dem angefochtenen Urteil sind keine Feststellungen über den tatsächlichen Verdienstausfall der Klägerin zu entnehmen. Dass die Klägerin ihre Ersatzforderung nicht einmal in einer Weise substantiiert habe, die eine Schätzung des Schadens erlauben würde, wie die Beklagte einwendet, trifft nicht zu; sie hat durchaus zureichend ein Nettoeinkommen von Fr. 600.-- im Tag oder Fr. 12'000.-- im Monat behauptet, das ihr infolge des Unfalls zuerst ganz und dann bis auf Fr. 1'150.-- im Monat entgangen sei. Eine andere Frage ist, ob sie ihre Behauptung auch beweisen kann. Die Klägerin beruft sich dafür auf einen Vortrag, den der Chef der Kriminalpolizei der Stadt Zürich im Herbst 1972 gehalten hat. Danach soll damals eine Zürcher Dirne im Alter von 18 bis 30 Jahren durchschnittlich etwa Fr. 1'000.-- im Tag und Fr. 20'000.-- im Monat verdient haben. Die Klägerin hat zudem weitere Beweise angeboten. Das Obergericht wird - prozesskonforme Behauptungen und Beweisanträge vorbehalten - den Sachverhalt weiter abklären und allenfalls auch das Beweisverfahren ergänzen müssen, das sich aber nur noch auf die zwei Jahre nach dem Unfall beziehen kann. Es hat den Verdienstausfall der Klägerin so weit zu ermitteln, dass er wenn nicht bewiesen, so doch geschätzt werden kann. Dabei dürfen auch ihre Steuerverhältnisse berücksichtigt werden, zumal die Klägerin vor Obergericht behauptet hat, ihr Verdienst sei voll besteuert worden; ihre Steuererklärung für 1971 beschränkte sich aber auf Fr. 11'200.-- Reineinkommen und Fr. 15'000.-- Reinvermögen. Nachdem die Besteuerung des Dirnenverdienstes zugunsten ihres Haftpflichtanspruches angeführt worden ist, muss sie sich gefallen lassen, dass ihre entsprechenden Angaben zumindest als Indiz in die Beweiswürdigung einbezogen werden. BGE 111 II 295 S. 304
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Sachverhalt ab Seite 382 BGE 106 Ib 381 S. 382 Das Eidg. Departement des Innern erteilte am 5. August 1970 dem Ausführungsprojekt für die Nationalstrasse dritter Klasse N 5, linksufrige Bielerseestrasse, seine Genehmigung. Nach dem Projekt war vorgesehen, die Nationalstrasse auf dem Gebiet der Gemeinde Twann an Stelle des bisherigen, teilweise dicht an Häuserreihen vorbeiführenden Bahntrasses zu errichten; die Bahnlinie sollte ihrerseits zur Doppelspur ausgebaut und um Strassenbreite in Richtung See verlegt werden. Die neuen Verkehrswege sind inzwischen projektgemäss erstellt worden. Für die Ausführung des Werkes mussten gegen insgesamt 18 Grundeigentümer Enteignungsverfahren eingeleitet werden, so auch gegen Dr. Hans Balmer, Eigentümer der Grundstücke Parz. Nrn. 212 und 214 in Klein-Twann. Die beiden Grundstücke Dr. Balmers waren vor dem Bau der Autobahn benachbart, stiessen jedoch nicht unmittelbar aneinander, sondern waren durch das SBB-Geleise und einen dem Trasse folgenden Gemeindeweg getrennt. Die eine Parzelle des Enteigneten (Nr. 214) dient dem Rebbau und reichte ursprünglich vom Seeufer bis zum ehemaligen Bahntrasse; auf der anderen Parzelle (Nr. 212), die sich von der Bahnlinie bis zur alten Kantonsstrasse erstreckt, steht ein stattliches altes Herrschaftshaus, an das sich bergseits eine Gartenanlage mit einem kleinen, der Bewirtschaftung dienenden Annexbau anschliesst. Für die Erstellung der N 5 und die Verlegung des Eisenbahntrasses wurde vom Rebgrundstück Nr. 214 im Halte von 2859 m2 eine Fläche von 897 m2 (Tiefe rund 20 m) in Anspruch genommen. Innerhalb der Eingabefrist verlangte Dr. Balmer BGE 106 Ib 381 S. 383 neben einer Vergütung für das abgetretene Land auch eine Entschädigung für die Entwertung der Liegenschaft Nr. 212 durch zukünftige Immissionen. Der Staat Bern erklärte sich einzig bereit, den enteigneten Boden zu bezahlen. Das Verfahren wurde hierauf bis zum Abschluss der Bauarbeiten eingestellt. Am 9. Juni 1978 sprach die Eidg. Schätzungskommission, Kreis 6, Dr. Hans Balmer eine Entschädigung von Fr. 45.--/m2 für die Teilenteignung der Parzelle Nr. 214 zu; alle übrigen Begehren des Enteigneten wurden abgewiesen. Gegen diesen Entscheid reichte Dr. Balmer Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein, die vom Bundesgericht teilweise gutgeheissen worden ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Schätzungskommission hat im angefochtenen Entscheid erklärt, dass sämtliche Begehren der verschiedenen Grundeigentümer um Immissionsentschädigung einheitlich nach den in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Regeln über die Enteignung nachbarrechtlicher Unterlassungsansprüche zu beurteilen seien. Dieser Auffassung kann jedoch nur mit Vorbehalten gefolgt werden. a) Ergeben sich aus der Art der Bewirtschaftung oder Nutzung eines Grundstückes übermässige Einwirkungen auf die benachbarten Liegenschaften, so können sich deren Eigentümer gestützt auf das in Art. 684 ZGB enthaltene Immissionsverbot mit den in Art. 679 ZGB genannten nachbarrechtlichen Klagen zur Wehr setzen. Gegen sog. negative Immissionen - Beeinträchtigung der Aussicht, Entzug von Licht und Sonnenschein usw. - bestehen Abwehrrechte nur insoweit, als sie in den kantonalen privatrechtlichen Bauvorschriften, die gestützt auf Art. 686 ZGB erlassen wurden, oder im öffentlichen Baurecht der Kantone vorgesehen sind (vgl. BGE 106 Ib 236 f. E. 3aa mit Hinweisen auf die Literatur). Gehen allerdings unvermeidbare übermässige Einwirkungen von einem Werk aus, das im öffentlichen Interesse liegt und für welches dem Werkeigentümer das Enteignungsrecht zusteht, so werden die Abwehrrechte des betroffenen Nachbarn unterdrückt und kann dieser nur noch im Rahmen des Enteignungsrechtes eine Entschädigung beanspruchen ( BGE 106 Ib 244 E. 3). Art. 5 EntG sieht ausdrücklich vor, dass neben anderen dinglichen Rechten an Grundstücken die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte Gegenstand der Enteignung bilden können; dazu zählen auch die im kantonalen Privatrecht BGE 106 Ib 381 S. 384 vorgesehenen Abwehrrechte, denen nach neuester Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen jene Unterlassungs- und Entschädigungsansprüche gleichgestellt werden können, die das kantonale öffentliche Baurecht dem Nachbarn zugesteht ( BGE 106 Ib 231 ff.). Eine Entschädigungspflicht des Enteigners für Beeinträchtigungen durch Schienen- und Strassenverkehr entsteht indessen nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur dann, wenn die Immissionen schwer und intensiv sind, den Eigentümer in besonderer Weise treffen und nicht vorhergesehen werden konnten ( BGE 102 Ib 273 E. 1 mit Verweisungen). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist der durch die Einwirkungen entstandene Schaden zu ersetzen. b) Wirksamer als bloss mit den nachbarrechtlichen Abwehrbefugnissen verteidigt sich jener Eigentümer gegen Immissionen, der sein Grundstück bzw. den schützenswerten Grundstücksteil - in der Regel ein Wohngebäude - mit einem "Schutzschild" von Dienstbarkeitsrechten oder eigenen Grundeigentums umgibt. Die Aussicht, die ruhige Lage oder die gefällige Umgebung eines Wohnhauses kann dadurch gesichert werden, dass die Überbaubarkeit oder eine bestimmte Art der Bewirtschaftung der Nachbarparzellen durch Servitute ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, oder indem der Eigentümer, falls sein Grundbesitz nicht schon genügend gross ist, auch die umliegenden Parzellen erwirbt, von denen Immissionen ausgehen und die die Wohnqualität seiner Liegenschaft beeinträchtigen könnten. Wird für den Bau eines öffentlichen Werkes ein als "Schutzschild" dienendes Dienstbarkeitsrecht oder Grundstück ganz oder teilweise enteignet und entstehen durch das Werk oder dessen Betrieb für den verbleibenden Teil positive oder negative Immissionen, so ist der Grundeigentümer nicht darauf beschränkt, die Verletzung von Nachbarrechten geltend zu machen, sondern kann sich für seine Entschädigungsansprüche darauf berufen, dass der Enteigner auf sein Eigentum an Grund und Boden oder auf ihm zustehende Dienstbarkeitsrechte gegriffen habe. In einem solchen Fall haben bei der Beurteilung der Entschädigungsansprüche nicht die Regeln über die Enteignung von Nachbarrechten, sondern in erster Linie die gesetzlichen Vorschriften über die Teilexpropriation Anwendung zu finden. Der Enteignete hat nach Art. 19 lit. b EntG Anspruch auf Vergütung des Betrages, "um den der Verkehrswert des verbleibenden Teils sich vermindert". Art. 19 lit. b EntG gilt nämlich - wie schon von JAEGER klargestellt - nicht BGE 106 Ib 381 S. 385 nur dann, wenn das Restgrundstück klein oder schlecht geformt und nur erschwert zu nutzen ist, sondern auch dann, wenn der dem Eigentümer verbliebene Teil durch die Nachbarschaft des auf der enteigneten Fläche errichteten Werkes, namentlich durch Immissionen in seinem Wert gemindert wird (JAEGER, Erläuternder Bericht zum Vorentwurf, S. 33, ders., Ergänzender Bericht zum zweiten Entwurf vom Oktober 1916 S. 21 ff.; vgl. HESS, N. 12 zu Art. 19 EntG ). Zu vergüten ist dem Enteigneten nach Art. 22 Abs. 2 EntG insbesondere auch der bloss faktische Nachteil, "der aus dem Entzug oder der Beeinträchtigung solcher den Verkehrswert beeinflussender Eigenschaften entsteht, die ohne die Enteignung aller Voraussicht nach dem verbleibenden Teil erhalten geblieben wären". Demnach ist nicht notwendig, dass die durch das Werk verursachten Einwirkungen übermässig im Sinne von Art. 684 ZGB seien. Eine Entschädigungspflicht des Enteigners entsteht immer dann, wenn das Restgrundstück infolge Immissionen irgendwelcher Art an Wert einbüsst, sofern diese Werteinbusse nur in kausalem Zusammenhang mit der Enteignung steht (vgl. zur Entstehung von Art. 22 Abs. 2 EntG : JAEGER, Erläuternder Bericht zum Vorentwurf, S. 39 ff., ders., Ergänzender Bericht zum zweiten Entwurf, S. 15 ff.; Protokoll der Expertenkommission vom 15./20. Oktober 1917, S. 47 ff., 62 ff.; Botschaft des Bundesrates zum Entwurfe eines Bundesgesetzes über die Enteignung vom 21. Juni 1926, BBl 1926 II S. 35 f.; Sten.Bull. 1928 N 631 f., Votum Pilet-Golaz, Sten.Bull. 1929 S 184, Votum Dietschi). Es kann sich somit ergeben, dass der zur Landabtretung gezwungene Grundeigentümer auch für die mit dem Werk verbundenen Lärm-, Staub-, Erschütterungs- oder anderen Einwirkungen entschädigt wird, während dem in gleichem Mass von Immissionen Betroffenen, der nur den Schutz des Nachbarrechtes geniesst, jede Entschädigung versagt bleibt. An diesem Resultat vermag auch das Prinzip der Rechtsgleichheit nichts zu ändern. Gleichbehandlung wäre nur geboten, wenn der Eingriff überall der selbe wäre. Hier wird aber im einen Falle Eigentum oder ein Dienstbarkeitsrecht entzogen, während im anderen bloss die Abwehransprüche des Nachbarn als Objekt der Enteignung in Betracht fallen können. c) Den dargelegten Prinzipien entsprechend hat das Bundesgericht im Entscheid Werren den Werkeigentümer der Autobahn, obschon die drei Voraussetzungen der Unvorhersehbarkeit, der Schwere und der Spezialität des Schadens nicht gegeben waren, zur BGE 106 Ib 381 S. 386 Vergütung der immissionsbedingten Entwertung eines Wohnhauses verpflichtet, da für den Bau des Werks eine das Grundstück Werren begünstigende Servitut, die die Wohnqualität bewahren sollte, enteignet werden musste ( BGE 94 I 294 E. 3, 8, 9 und 10). Eine Entschädigung ist auch dem Weekendhaus-Besitzer Canepa für die Verschandelung der Aussicht durch eine Hochspannungsleitung zugesprochen worden, weil dieser Schaden aufgrund der besonderen Geländebeschaffenheit bei anderer Linienführung - ohne Inanspruchnahme des Grundeigentums Canepas - nicht hätte eintreten können ( BGE 100 Ib 195 E. 7 und 8). Ein die Entschädigungspflicht auslösender Eingriff in schützendes Grundeigentum war ebenso im Falle Eberle festzustellen: Hier lag der Hof des Beschwerdeführers vor dem Bau der Autobahn inmitten des weiten Bauerngutes und wäre von Lärm-, Licht- und Abgasimmissionen geschützt gewesen, hätte der Eigentümer nicht das auf dem Strassentrasse gelegene Land aufgeben müssen und wäre ihm nicht im Rahmen des nationalstrassenbedingten Landumlegungsverfahren eine ungünstiger geformte Liegenschaft zugeteilt worden ( BGE 104 Ib 81 f.). Demgegenüber hat das Bundesgericht in der Beschwerdesache Bläsi jeden Entschädigungsanspruch verneint, da die von den Eigentümern eines Hotelgrundstücks als störend empfundene Hochspannungsleitung dieses Grundstück selbst nicht berührte und übermässige Einwirkungen im Sinne von Art. 684 ZGB nicht festgestellt werden konnten ( BGE 102 Ib 350 ff.). 3. a) Von einer Teilenteignung und einer vollen Vergütung im Sinne von Art. 19 lit. b und Art. 22 EntG kann, wie erwähnt, nur dann die Rede sein, wenn zwischen dem Schaden, den der Eigentümer des Restgrundstücks erleidet, und der Enteignung eines Grundstücksteils oder einer den Grundeigentümer berechtigenden Servitut ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Es genügt demnach nicht, dass der Eigentümer irgendeiner unbedeutenden Teilfläche oder irgendwelcher Servitut verlustig geht; vielmehr muss feststehen, dass der eingetretene Schaden, wäre nicht auf das Grundeigentum oder die Servitutsberechtigung gegriffen worden, "aller Voraussicht nach" ("selon toute vraisemblance", "secondo ogni probabilità"; Art. 22 Abs. 2 EntG ) ganz oder doch grösstenteils hätte vermieden werden können ( BGE 98 Ib 208 E. 2 b; BGE 104 Ib 81 E. 1b, BGE 100 Ib 196 f. E. 8, 200, BGE 94 I 294 E. 2). BGE 106 Ib 381 S. 387 So hat das Bundesgericht im Falle Lanz die Anwendung der Teilenteignungsregeln ausgeschlossen und der Beschwerdeführerin eine Immissionsentschädigung verweigert, weil die geringe Abtretungsfläche keinerlei Schutzfunktion erfüllen konnte und eine Nachbarrechtsverletzung nicht vorlag ( BGE 98 Ib 332 ). Dagegen ist vom Nachbargrundstück ein beträchtlicher Teil des vor dem Wohnhaus liegenden Gartens, der als Garant für ungeschmälerte Aussicht und ungestörtes Wohnen gelten durfte, abgetrennt und demzufolge der Enteigner zum Ersatz des Restliegenschaft-Minderwertes veranlasst worden (Beschluss vom 3. Oktober 1972 i.S. Michaud). Die hier und weiter oben erwähnte neuere Rechtsprechung ist übrigens bei der Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhanges zurückhaltender als die frühere, noch unter dem alten Enteignungsrecht entstandene und in diesem Punkte wohl etwas large Praxis, die BURCKHARDT im Jahre 1913 zu einer kritischen Stellungnahme veranlasst hatte (Die Entschädigungspflicht nach schweizerischem Expropriationsrecht, ZSR 32/1913, S. 145 ff.). BURCKHARDT betonte insbesondere, dass bei zwangsweiser Wegnahme eines Grundstücks nur jener Schaden zu ersetzen sei, "den der Expropriat dank seines Eigentums zu vermeiden erwarten konnte", und dass nicht das Interesse des Enteigneten am Nichtzustandekommen des Werkes vergütet werden müsse, sondern jenes, "das der Expropriat hatte, das Grundstück in seiner Verfügung behalten zu dürfen" (a.a.O. S. 176 und 183). Wie dargelegt, entspricht dies durchaus der heutigen Auffassung des Bundesgerichts, so dass die Zweifel, die GYGI gerade mit Hinweis auf BURCKHARDT gegenüber dem Urteil Eberle angebracht hat (ZBJV 116/1980 S. 175/177), wohl zerstreut sein dürften. b) Wird von einem Besitz, der aus mehreren Grundstücken besteht, ein Teil enteignet, entsteht ein Anspruch auf Minderwertsentschädigung für den ganzen Restbesitz, vorausgesetzt, dass zwischen den einzelnen Grundstücken ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestanden hat ( Art. 19 lit. b EntG ). Diese Voraussetzung ist nicht nur dann erfüllt, wenn die Grundstücke zum gleichen Betrieb oder Unternehmen gehören, sondern schon dann, wenn ihre - allenfalls auch unterschiedliche Nutzung - einem gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck dient (HESS, N. 12 zu Art. 19 EntG , N. 4 zu Art. 12 EntG ). Ein solcher wirtschaftlicher und funktioneller Zusammenhang kann vermutet werden, wenn das eine oder BGE 106 Ib 381 S. 388 andere Grundstück infolge der Verbindung eine Wertsteigerung erfährt. c) Ist davon auszugehen, dass der enteignete Teil eines Grundstücks oder mehrerer zusammenhängender Parzellen für den verbleibenden Teil eine Aufwertung brachte, insbesondere weil er diesen vor schädlichen Einwirkungen bewahrte, so darf übrigens bei der Bestimmung des Verkehrswertes der Abtretungsfläche ( Art. 19 lit. a EntG ) eine an sich mögliche bessere Verwendung ( Art. 20 Abs. 1 EntG ) nicht in Betracht gezogen werden, falls sich diese mit der Schutzfunktion nicht vereinbaren lässt. Auch in dieser Hinsicht sind der Schadensberechnung widerspruchsfreie Annahmen zugrundezulegen (vgl. BGE 106 Ib 228 E. 3a; NAEGELI, Handbuch des Liegenschaftenschätzers, 2. A. 1980, S. 292 ff.). 4. Im vorliegenden Fall dürfen die für die Teilenteignung geltenden Grundsätze angewendet werden: a) Was den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Rebparzelle Nr. 214 und der Hausliegenschaft Nr. 212 anbelangt, so war dieser noch vor dem Bau der Eisenbahn im letzten Jahrhundert in nahezu idealer Weise gegeben. Zwar hat der Enteigner vorgebracht, die beiden Grundstücke seien schon damals durch einen Gemeindeweg getrennt gewesen, der, teilweise heute noch bestehend, bis zur Liegenschaft Engel der Häuserzeile folgte, um von da zum Seeufer, zu einer Ländte zu führen. Dieser Weg diente jedoch vorwiegend den Anwohnern und der Bewirtschaftung der anstossenden Parzellen selbst, er war offensichtlich nicht für den Durchgangsverkehr bestimmt und vermochte daher an der Einheit zwischen Hausgrundstück und Vorland nichts zu ändern. Eine Änderung brachte dann allerdings der Bau der Eisenbahn in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Gesamtliegenschaft wurde durch das Geleise und den Eisenbahnverkehr zerschnitten und erlitt - wie noch darzulegen sein wird - eine beträchtliche Entwertung. Immerhin wurde der Zusammenhang zwischen den beiden Teilen weder in räumlicher noch in funktioneller Hinsicht vollständig zerstört. Vor dem Hause des heutigen Beschwerdeführers wurde ein privater Geleiseübergang geschaffen, so dass das Rebland direkt erreichbar blieb. Das Eisenbahntrasse war nicht überhöht und trat daher optisch nicht stark in Erscheinung. Der weite, seitlich über die Hausfassade hinausreichende Rebgarten beherrschte noch immer den Blick im Vordergrund, er bewahrte dem Hause den Reiz der ländlichen Umgebung und verlieh der ganzen Liegenschaft weiterhin das Gepräge einer BGE 106 Ib 381 S. 389 gewissen Hablichkeit und der Geruhsamkeit. Die Experten des Bundesgerichtes haben daher zu Recht festgehalten, dass die Rebparzelle Nr. 214 auch nach dem Bau der Eisenbahn den Wert des Hausgrundstückes noch massgeblich beeinflusst bzw. erhöht habe und die beiden zusammenhängenden Parzellen erst durch den Bau der Nationalstrasse und die Verlegung des Bahntrasses endgültig auseinandergerissen worden seien. b) Der adäquate Kausalzusammenhang zwischen der Enteignung und der Entwertung des Gebäudes ist hier ebenfalls zu bejahen. Er ist offensichtlich, soweit sich der Schaden aus der Abtrennung der Rebparzelle und der Zerstörung der ehemaligen Einheit ergeben hat. Er ist aber auch für die Nachteile und Beeinträchtigungen durch den Strassenverkehr gegeben, erstreckte sich doch das Grundeigentum des Enteigneten über 80 m weit bis zum Seeufer und durfte dieser nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge damit rechnen, dass er Immissionen solcher Art von seinem Wohnhause fernhalten könne. 5. Der Enteigner hat die Theorie der stufenweisen Entwertung des Landsitzes von Dr. Balmer - zunächst durch den Bau der Eisenbahn und nunmehr durch die Erstellung der Nationalstrasse - mit dem Argument bestritten, dass die durch den Eisenbahnbetrieb verursachten Immissionen allein schon derart intensiv und lästig gewesen seien, dass sich die Lage nach dem Strassenbau nicht oder kaum noch verschlechtert habe. Wie jedoch die allgemeine Erfahrung und auch die Resultate wissenschaftlicher Untersuchungen zeigen, dürfen die durch den Bahnverkehr verursachten Lärmimmissionen jenen des Strassenverkehrs nicht ohne weiteres gleichgestellt werden. Die Lärmimmissionen, die sich aus dem normalen Eisenbahnverkehr - mit Ausnahme des Stations- und Rangierbetriebes - ergeben, zeichnen sich zwar durch eine besonders hohe Geräuschintensität aus, sie treten aber nur während kurzer Zeitabschnitte auf, zwischen denen mehr oder weniger lange Ruhepausen liegen. Die unterschiedliche Frequenzzusammensetzung von Strassen- und Eisenbahnlärm hat im weiteren zur Folge, dass bei gleichem Messwert in dB(A) das Bahngeräusch vom Menschen als weniger laut empfunden wird. Vor allem aber fehlt dem Lärm, der von fahrplanmässig verkehrenden Zügen ausgeht, das Merkmal der Stochastizität, das heisst der Zufälligkeit bzw. Unregelmässigkeit des Auftretens, der Dauer, Intensität und Qualität des Geräusches, die dem Strassenlärm eigen ist. Fehlt diese Eigenart, tritt der Lärm nicht allzu häufig auf und spielen BGE 106 Ib 381 S. 390 sich die Schallabläufe kongruent ab, so ermöglicht dies dem menschlichen Organismus, wie das Bundesgericht schon in früheren Entscheiden gestützt auf die Berichte seiner Gutachter festgestellt hat, ein hohes Mass an Angewöhnung (nicht publ. Entscheid i.S. Knecht und Mitbet. vom 8. Mai 1974 und in dieser Sache erstellte Expertise Furrer/Eichenberger vom 15. März 1973; BGE 100 Ib 205 E. 3a, BGE 101 Ib 407 ). Verschiedene nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten durchgeführte Umfragen haben denn auch ergeben, dass die Störwirkung des Eisenbahnlärms in mittleren und höheren Schallpegelbereichen geringer ist als jene des Strassenlärms (vgl. JANSEN/KLOSTERKÖTTER, Lärm und Lärmwirkungen, hrsg. vom Deutschen Bundesministerium des Innern, 1980 S. 16f.; HAUCK, Unterschiedliche Lästigkeit von Strassenverkehrslärm und Schienenverkehrslärm, Eisenbahntechnische Rundschau 28/1979 S. 365 ff.; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr des Deutschen Bundestages zum Verkehrslärmschutzgesetz vom 28. Februar 1980, insbes. S. 22; VERDAN, Grenzwerte als Instrument des nachbarlichen Lärmschutzes, aus: Lärm und Luft, Referate der 7. Fachtagung der Pro aqua - Pro vita, Basel 1977, S. 78 f.; Wohnort und Verkehrsbedürfnisse, Kurzbericht des soziologischen Institutes der Universität Zürich, 1980, S. 6 f.). Auf Grund dieser Erfahrungstatsachen durften die bundesgerichtlichen Experten, von denen sich Herr Rimli schon im zitierten Fall Knecht mit den gleichen Fragen auseinanderzusetzen hatte, davon ausgehen, dass der blosse Eisenbahnverkehr den Enteigneten nicht übermässig störte und ihm eine Angewöhnung an den Lärm erlaubte. Der Bericht über die Lärmmessungen vor Eröffnung der Autobahn, auf den der Enteigner hingewiesen hat, bestätigt diese Auffassung nur: Aus den Aufzeichnungen geht etwa hervor, dass bei der Liegenschaft des Enteigneten die wesentliche Lärmbelastung (zwischen 60 und 80 dB(A)) durch einen in Richtung Neuenburg fahrenden Schnellzug mit neun Wagen bloss ca. 38 Sekunden dauerte und bei Durchfahrt eines in Richtung Biel fahrenden Personenzuges mit 6 Wagen der Lärmpegel nur während 29 Sekunden 50 dB(A) überschritt und 80 dB(A) erreichte. Zwischen den Zugsdurchfahrten war es an diesem Orte relativ ruhig (L50=44 dB(A) für den Tag und 38 dB(A) für die Nacht), während zu gleicher Zeit, also noch vor dem Autobahnbau, in Nähe der alten Kantonsstrasse (Messpunkte 8 a und 8 b) BGE 106 Ib 381 S. 391 Werte von L50=71 bzw. 67 dB(A) für den Tag und von L50=51 bzw. 45 dB(A) für die Nacht gemessen wurden. 6. Zur Bestimmung des zu entschädigenden Minderwertes haben die Experten zunächst den Wert festgesetzt, den das Wohnhaus des Enteigneten am Stichtag aufgewiesen hätte, wären weder die Eisenbahnlinie noch die N 5 vorhanden gewesen. Dieser Betrag, nämlich Fr. 1'100'000.--, ist hierauf um 30% für die Entwertung, die der Eisenbahnbetrieb verursacht hat, gekürzt und so der Verkehrswert des Hauses vor der Enteignung ermittelt worden (Fr. 770'000.--). In Würdigung des besonderen Charakters der Liegenschaft haben die Gutachter schliesslich die durch das Nationalstrassenwerk bedingte Entwertung auf 35%, d.h. auf Fr. 270'000.-- geschätzt. Gegen diese Schätzung hat der Enteigner eingewendet, sie sei im Vergleich zu anderen Fällen, in denen trotz grösserer Lärmbelästigung kaum höhere Minderwerte festgesetzt wurden, zu hoch ausgefallen. Die Kritik trägt jedoch dem Umstand zu wenig Rechnung, dass sich die immissionsbedingte Entwertung einer Baute nicht einzig nach der Höhe des Schallpegels an sich oder nach dem "Lärmzuwachs" bemessen lässt. Nicht jedes Gebäude, das den gleichen Einwirkungen ausgesetzt wird, erleidet die selbe Werteinbusse. Wohnbauten, deren Marktwert von Umgebung und Lage weitgehend mitbestimmt wird, z.B. Landsitze, herrschaftliche Villen, schlossartige Gebäude und andere sog. Liebhaberobjekte, sprechen auf Beeinträchtigungen, wie sie der Nationalstrassenverkehr mit sich bringt, wertmässig empfindlicher an als andere Häuser, die situationsunabhängiger sind. Im vorliegenden Falle kommt hinzu, dass der eingetretene Schaden nicht nur auf Immissionen, sondern auch auf die Zerstörung der ehemals zwischen Haus- und Rebparzelle bestehenden Einheit zurückzuführen ist. Das Bundesgericht hat daher keinen Anlass, von der Schätzung seiner Experten abzuweichen. Die Beschwerde ist somit teilweise gutzuheissen und der Enteigner zu verpflichten, dem Enteigneten Dr. Balmer eine Entschädigung von Fr. 270'000.-- für die Entwertung der Parzelle Nr. 212 auszurichten.
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Sachverhalt ab Seite 591 BGE 117 II 591 S. 591 A.- Silvia S.-R. hatte am 7. Oktober 1985 bei der Insurance Company of North America eine Unfallversicherung abgeschlossen, wonach im Falle des Todes der Versicherungsnehmerin die Summe von Fr. 100'000.-- auszurichten war. Als Begünstigter im Todesfall wurde ihr Ehemann, Anton S., bezeichnet. Gemäss den allgemeinen Vertragsbedingungen sind zum Bezug der Todesfallsumme BGE 117 II 591 S. 592 die in der Anmeldung namentlich aufgeführten Personen berechtigt. Bei Fehlen dieser Personen oder wenn kein Bezugsberechtigter eingetragen ist, gilt die gesetzliche Erbfolge. Am 17. September 1987 brachte Anton S. seine Ehefrau Silvia S.-R. um und nahm sich anschliessend selbst das Leben. B.- Jules und Margrit R.-T., die Eltern von Silvia S.-R., sind deren einzige gesetzliche Erben und liessen sich die Ansprüche der Erben des Anton S. am 24. Juli 1989 abtreten. Am 26. Juli 1989 erhoben sie Klage beim Handelsgericht des Kantons Zürich, mit welcher sie die Auszahlung der Todesfallsumme von Fr. 100'000.-- nebst Zins zu 5% seit dem 10. November 1987 durch die Insurance Company of North America an sie verlangten. Das Handelsgericht hiess die Klage am 5. Juli 1990 gut und verpflichtete die beklagte Versicherungsgesellschaft, den Klägern Fr. 100'000.-- nebst Zins zu 5% seit dem 8. Dezember 1987 zu bezahlen. C.- Die Beklagte legt beim Bundesgericht Berufung ein mit dem Antrag, das Urteil des Handelsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell die Sache zur Abklärung der Urteilsfähigkeit von Anton S. im Zeitpunkt der Tötung von Silvia S.-R. an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Kläger schliessen auf Abweisung der Berufung, während das Handelsgericht auf Vernehmlassung verzichtet hat. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Das Handelsgericht ist von Art. 14 Abs. 1 VVG ausgegangen, welcher vorsieht, dass der Versicherer nicht haftet, wenn der Versicherungsnehmer oder der Anspruchsberechtigte das befürchtete Ereignis absichtlich herbeigeführt hat. Aufgrund seiner Auslegung dieser Bestimmung ist es zum Schluss gelangt, dass bei absichtlicher Herbeiführung des versicherten Ereignisses durch den Anspruchsberechtigten nicht der Anspruch an sich untergehe, sondern lediglich der schuldhaft handelnde Anspruchsberechtigte seinen eigenen Anspruch verliere. Dabei sei es so zu halten, wie wenn er überhaupt nie Anspruchsberechtigter gewesen wäre. Allein diese Lösung, die sich an Art. 540/41 ZGB anlehne, entspreche dem Gebot der Billigkeit. Daraus folge, dass nachrangige Begünstigte in die Stellung des ursprünglichen Anspruchsberechtigten BGE 117 II 591 S. 593 eintreten würden, wie wenn er den Versicherungsfall nicht erlebt hätte. Da die Eltern der Silvia S.-R. als einzige Erben der Versicherungsnehmerin nach den allgemeinen Vertragsbedingungen anspruchsberechtigt seien, wenn der primär begünstigte Anton S. wegfalle, müsse die Klage gutgeheissen werden. Ob dieser im Zeitpunkt der Tat urteilsunfähig gewesen sei und die Todesfallsumme in seinen Nachlass gefallen wäre, erübrige sich zu prüfen, nachdem die Klage auch bei Annahme der Urteilsfähigkeit gutzuheissen sei. 2. Die Beklagte wirft dem Handelsgericht eine Verletzung von Bundesrecht vor, weil es den Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 VVG als nicht schlüssig betrachtet und demzufolge diese Bestimmung in einer Weise angewendet habe, die im Widerspruch zum klaren Gesetzeswortlaut stehe. Im vorliegenden Fall sind zum Bezug der Todesfallsumme nach den allgemeinen Vertragsbedingungen die in der Anmeldung namentlich genannten Personen berechtigt. In der Versicherungsbestätigung wird einzig Anton S. als begünstigt im Todesfall genannt; die Todesfallsumme stand daher ausschliesslich ihm zu. Entgegen der Meinung des Handelsgerichts gilt die gesetzliche Erbfolge nicht generell, sondern gemäss den allgemeinen Vertragsbedingungen nur "bei Fehlen dieser Personen oder wenn kein Bezugsberechtigter eingetragen worden ist". Dabei kann es sich nur um die gesetzliche Erbfolge des Versicherungsnehmers handeln. Hier sind indessen die beiden für den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben. In der Anmeldung war in der Person des Anton S. ein Bezugsberechtigter eingetragen, und diese Person hat den Versicherungsfall auch erlebt, nachdem nicht bestritten ist, dass Anton S. sich erst nach dem Tod seiner Ehefrau das Leben genommen hat. Seine Existenz blieb von der Frage unberührt, ob der Versicherer wegen absichtlicher Herbeiführung des befürchteten Ereignisses durch den Begünstigten gemäss Art. 14 Abs. 1 VVG allenfalls nicht hafte. Wird die Geltung der gesetzlichen Erbfolge in den allgemeinen Vertragsbedingungen ausdrücklich vom "Fehlen dieser Person" abhängig gemacht und sind sodann keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Wortlaut den Sinn der Bestimmung nicht oder nicht richtig wiedergebe, so kann dem Fehlen der als begünstigt genannten Person nicht das Fehlen ihrer Anspruchsberechtigung gleichgesetzt werden, wie es das Handelsgericht ohne jede Begründung getan hat. BGE 117 II 591 S. 594 Dieses Ergebnis rechtfertigt sich umso mehr, als die allgemeinen Vertragsbedingungen vorsehen, dass im übrigen die Bestimmungen des VVG gelten. Der Gesetzgeber hat aber die Ausrichtung der Todesfallsumme an denjenigen, der den Versicherungsnehmer absichtlich umgebracht hat, als gegen Moral und öffentliche Ordnung verstossend betrachtet (ROELLI, Kommentar zum Schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, Bd. I, S. 200) und demzufolge in Art. 14 Abs. 1 VVG einen wenn auch dispositiven Haftungsbefreiungsgrund statuiert (ROELLI, a.a.O., S. 198; ROELLI/KELLER, Kommentar zum Schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, Bd. I, S. 272; OSTERTAG, Das Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, N 1 zu Art. 14 VVG ; KOENIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, S. 299; KOENIG, Versicherungsvertrag, SJK 200/2; MAURER, Schweiz. Privatversicherungsrecht, 2. Aufl., S. 340; VIRET, Privatversicherungsrecht, S. 159). Die allgemeine Vertragsbedingung in dem Sinne zu verstehen, dass das Fehlen einer begünstigten Person dem Fehlen der Anspruchsberechtigung dieser Person gleichzusetzen sei, würde somit gegen Treu und Glauben verstossen. Dass der übereinstimmende wirkliche Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet gewesen wäre, in beiden Fällen die gleiche Rechtsfolge eintreten zu lassen, stellt das Handelsgericht im übrigen nicht fest. 3. Nachdem der begünstigte Anton S. den Tod der Versicherungsnehmerin erlebt hat und seine Erben ihre Ansprüche den Klägern abgetreten haben, können diese die Todesfallsumme beanspruchen, sofern sie Bestandteil des Nachlasses von Anton S. bildet. Voraussetzung hiefür ist jedoch, dass die Haftung des Versicherers nicht gemäss Art. 14 Abs. 1 VVG ausgeschlossen ist. Entgegen der Meinung des Handelsgerichts ist der Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 VVG , wonach der Versicherer nicht haftet, wenn der Anspruchsberechtigte das befürchtete Ereignis absichtlich herbeigeführt hat, in allen drei Amtssprachen klar und eindeutig, wird von der Frage abgesehen, ob der Anspruch schlechthin oder nur jener des das Ereignis herbeiführenden Anspruchsberechtigten untergehe: Absichtliche Herbeiführung des befürchteten Ereignisses befreit den Versicherer von der Leistungspflicht (ROELLI, a.a.O., S. 194; ROELLI/KELLER, a.a.O., S. 251; OSTERTAG, a.a.O., N 1 zu Art. 14 VVG ; KOENIG, a.a.O., S. 298, und SJK 200/2; MAURER, a.a.O., S. 327; KUHN, Grundzüge des Schweizerischen Privatversicherungsrechts, S. 200; SCHÖNENBERGER, Die Bedeutung des eigenen und fremden Verschuldens für BGE 117 II 591 S. 595 den Versicherungsnehmer, Diss. Freiburg 1923, S. 143/4). Im Gegensatz zu § 170 Abs. 2 des deutschen Versicherungsvertragsgesetzes gilt nicht bloss die Bezeichnung des Bezugsberechtigten als nicht erfolgt. Was unter den übrigen in Art. 14 Abs. 1 VVG verwendeten Begriffen wie Anspruchsberechtigter (ROELLI, a.a.O., S. 207/8; ROELLI/KELLER, a.a.O., S. 239; OSTERTAG, a.a.O., N 2 zu Art. 14 VVG ; KOENIG, a.a.O., S. 296/7; MAURER, a.a.O., S. 157/8; KUHN, a.a.O., S. 140/1; SCHÖNENBERGER, a.a.O., S. 151) oder befürchtetes Ereignis (ROELLI, a.a.O., S. 215/6; ROELLI/KELLER, a.a.O., S. 233/4; OSTERTAG, a.a.O., N 3 zu Art. 14 VVG und N 1 zu Art. 38 VVG ; KOENIG, a.a.O., S. 260/1; MAURER, a.a.O., S. 149 f. und 307/8; KUHN, a.a.O., S. 197) zu verstehen ist, war ebenfalls nie umstritten; Anspruchsberechtigter ist der Begünstigte, und befürchtetes Ereignis ist in der Unfallversicherung der Unfall. Dass der Wortlaut von Art. 14 Abs. 1 VVG dem Sinn der Bestimmung entspricht und den mit ihr verfolgten Zweck zutreffend wiedergibt, ist bis anhin mit Recht nie in Frage gestellt worden. Es liegt im Wesen der Versicherung, dass sie Folgen von Ereignissen deckt, deren Eintritt nicht ausschliesslich durch den Willen des Versicherungsnehmers oder des Anspruchsberechtigten bestimmt worden ist. Der absichtlich herbeigeführte Schaden verneint geradezu den Gefahrsgedanken, so dass Absicht nicht versicherbar sein soll (VIRET, a.a.O., S. 159). Für eine Auslegung von Art. 14 Abs. 1 VVG bleibt angesichts des klaren Wortlauts kein Raum. Dasselbe gilt auch für die Berücksichtigung von Billigkeitserwägungen bei seiner Anwendung; denn diese Bestimmung ist als Ordnung zu betrachten, die bereits als solche in mehrfacher Hinsicht und als Ganzes eine gewisse Ausgewogenheit und Billigkeit anstrebt (MAURER, a.a.O., S. 328/9). Art. 14 Abs. 1 VVG gilt auch uneingeschränkt für alle Versicherungsarten (Sten.Bull. 1907, S. 513 (Bundesrat Brenner) und S. 675 (Nationalrat Heller)). Diese Aspekte hat das Handelsgericht übersehen, als es gestützt auf Billigkeitserwägungen zum Schluss gelangt ist, dass nicht der Versicherungsanspruch als solcher untergehe bei absichtlicher Herbeiführung des versicherten Ereignisses durch den Anspruchsberechtigten, sondern nur dessen eigener persönlicher Anspruch. Das Handelsgericht beruft sich für seine Auffassung auf MAURER, a.a.O., S. 337. An dieser Stelle befasst sich dieser Autor indessen mit der Frage, ob bei Vorhandensein mehrerer Anspruchsberechtigter, wenn einer von ihnen das befürchtete Ereignis BGE 117 II 591 S. 596 absichtlich herbeiführt, nur dessen eigener Anspruch untergehe oder die Haftung des Versicherers schlechthin. Nach überwiegender Lehrmeinung entfällt indessen die Haftung des Versicherers nicht schlechthin, sondern nur so weit, als der eigene Anspruch des Handelnden reicht (ROELLI, a.a.O., S. 222; KOENIG, a.a.O., S. 296/7, und SJK 200/1; MAURER, a.a.O., S. 337; SCHÖNENBERGER, a.a.O., S. 162; SCHUPPISSER, Die grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles nach Art. 14 Abs. 2 VVG , Diss. Bern 1964, S. 16); denn der Anspruchsberechtigte ist nicht Vertragspartei und kann daher nur sein eigenes Forderungsrecht verwirken (ROELLI, a.a.O., S. 222). Anders ist die Rechtslage, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall absichtlich herbeiführt (MAURER, a.a.O., S. 336). Diese Unterscheidung leuchtet ein, selbst wenn dem Gesetz keine derartige Einschränkung zu entnehmen ist, es aber immerhin den Versicherungsnehmer neben dem Anspruchsberechtigten ausdrücklich nennt. Es ist auch hier in Betracht zu ziehen, dass nicht eine ausschliesslich vom Gesichtspunkt der Risikobeschränkung getragene, sondern eine als Ganzes ausgewogene, der Billigkeit entsprechende Ordnung angestrebt wird (MAURER, a.a.O., S. 328 und 337). Diese überwiegende Lehrmeinung ist daher der gegenteiligen Auffassung, welche die Beseitigung der Haftung des Versicherers schlechthin allein mit dem Risikoausschluss begründet (ROELLI/KELLER, a.a.O., S. 253; OSTERTAG, a.a.O., S. 26; KUHN, a.a.O., S. 200), vorzuziehen. Verwirkt der Anspruchsberechtigte, der das versicherte Ereignis absichtlich herbeigeführt hat, nur seinen eigenen Anspruch, bleibt die Rechtsstellung anderer Anspruchsberechtigter davon unberührt. Im vorliegenden Fall fehlt es indessen an weiteren Anspruchsberechtigen, nachdem in der Anmeldung einzig Anton S. als begünstigt im Todesfall der Versicherungsnehmerin bezeichnet worden ist. 4. Voraussetzung für die absichtliche Herbeiführung des befürchteten Ereignisses ist die Urteilsfähigkeit des Handelnden (ROELLI, a.a.O., S. 218; KOENIG, a.a.O., S. 295, und SJK 200/2; MAURER, a.a.O., S. 331; VIRET, a.a.O., S. 159). OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Besonderer Teil, 4. Aufl., Bd. II/1, S. 9 Fn. 28, erklären zwar das Gegenteil, aber offensichtlich aus Versehen, wie sich aus den Literaturhinweisen (DEUTSCH, Haftungsrecht, Erster Band, S. 302; ENNECCERUS/NIPPERDEY, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, S. 1321) sowie aus OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl., § 5, insbes. BGE 117 II 591 S. 597 S. 154, ergibt (vgl. Art. 41 OR , wo für die Haftung ebenfalls Urteilsfähigkeit vorausgesetzt wird: OSER/SCHÖNENBERGER, N 55 zu Art. 41 OR ; BECKER, N 59 und 60 zu Art. 41 OR ; BREHM, N 170 zu Art. 41 OR ; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 3. Aufl., Bd. I, S. 431; GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 7. Aufl., S. 175/6). Sollte Anton S. im Zeitpunkt, da er seine Ehefrau umbrachte, urteilsunfähig gewesen sein, so fiel ihm als Begünstigtem die Todesfallsumme zu und die Kläger, welchen seine Erben ihre Ansprüche abgetreten haben, können diese beanspruchen. War der Begünstigte hingegen bei Eintritt des Versicherungsfalles urteilsfähig, hatte er gestützt auf Art. 14 Abs. 1 VVG keinen Anspruch auf die Todesfallsumme, womit auch ein Anspruch der Kläger entfällt. Diese Rechtsfrage ist somit von wesentlicher Bedeutung. Das Handelsgericht hat diese Frage nicht geprüft und in dieser Hinsicht auch keinerlei tatsächliche Feststellungen getroffen, aufgrund derer sich die Rechtsfrage beantworten liesse. Entgegen der Meinung der Beklagten ist daher ein Beweisverfahren durchzuführen über die Frage der Urteilsfähigkeit von Anton S. im Zeitpunkt des Eintritts des befürchteten Ereignisses. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur Feststellung der massgebenden tatsächlichen Verhältnisse und zu neuer Entscheidung an das Handelsgericht zurückzuweisen.
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Sachverhalt ab Seite 326 BGE 112 II 326 S. 326 A.- Im Juli 1984 bot die X. AG mit Sitz in Y. ein Flugzeug des Typs Q. zum Verkaufe an. Neben anderen Firmen interessierte sich dafür die in den USA domizilierte Z. Inc., die über ihren aeronautischen Berater in Genf P. mit der X. AG in Verbindung trat. Nach Besichtigung des Flugzeugs am 12. Juli 1984 in Y. unterbreitete P. am 16. Juli 1984 der X. AG per Telex namens der Z. Inc. eine Kaufofferte, die jedoch ebensowenig angenommen wurde wie eine Gegenofferte vom 19. Juli 1984. Am 31. Juli 1984 liess die Z. Inc. durch P. der X. AG, vertreten durch B., mit Telex Nr. 2360 ein Angebot zum Kauf des Flugzeugs BGE 112 II 326 S. 327 für US$ 1'220'000.-- übermitteln. Dieser Telex nannte verschiedene Kaufbedingungen wie eine Anzahlung von US$ 50'000.--, die nach schriftlicher Fixierung des Kaufes nicht mehr rückzahlbar sein sollte, und Einzelheiten über die Lieferung, Zahlung und Abnahme des Flugzeugs. Es folgte ein Telefongespräch zwischen P. und B., in dem vor allem über die Höhe des Kaufpreises gesprochen wurde. Ebenfalls am 31. Juli erklärte P. der X. AG mit Telex Nr. 2364, der angebotene Kaufpreis werde auf US$ 1'250'000.-- erhöht, die übrigen Bedingungen blieben unverändert und es werde um Bestätigung der bereits mündlich erteilten Zusage zum Verkauf des Flugzeugs an die Z. Inc. ersucht. Mit Telex Nr. 1850 vom gleichen Tag bestätigte die X. AG, vertreten durch A. und B., die Annahme der Offerte gemäss Telex Nr. 2364 und forderte die Z. Inc. auf, die US$ 50'000.-- unverzüglich an eine Korrespondenzbank der Schweizerischen Bankgesellschaft zu überweisen. Mit einem weiteren Telex vom 31. Juli bestätigte die Z. Inc. daraufhin der X. AG das Zustandekommen des Vertrages und teilte dieser mit, sie habe die Überweisung der Anzahlung veranlasst. Mit Telex Nr. 1854 vom 31. Juli 1984 teilte die X. AG der Z. Inc. mit, Telex Nr. 1850 beruhe auf einem Missverständnis, das Flugzeug sei bereits anderweitig verkauft und bezahlt worden. Es kam zum Streit darüber, ob am 31. Juli 1984 aufgrund der Telexmeldungen und der Telefongespräche zwischen P. und B. ein Kaufvertrag zustande gekommen war. B.- Am 15. Oktober 1984 klagte die Z. Inc. beim Handelsgericht des Kantons St. Gallen gegen die X. AG auf Zahlung von US$ 146'000.-- sowie von Fr. 5'903.95, je nebst Zins als Ersatz des Erfüllungsinteresses. Am 11. Dezember 1985 hiess das Handelsgericht die Klage gut. Die von der Beklagten gegen dieses Urteil eingereichte Berufung weist das Bundesgericht ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Beklagte macht geltend, die Parteien hätten jedenfalls einen Formvorbehalt im Sinne von Art. 16 Abs. 1 OR angebracht, weshalb eine von der Vorinstanz zu Unrecht als widerlegt betrachtete Vermutung dafür spreche, dass die Parteien vor Abschluss eines schriftlichen Vertrags nicht gebunden sein wollten. Zur Begründung beruft sich die Beklagte vor allem auf drei Telexmeldungen der Klägerin. Im Telex Nr. 2360 sei unter Ziffer 2 ausdrücklich von einem durch die Parteien an einem der beiden folgenden Tage BGE 112 II 326 S. 328 in Y. zu unterzeichnenden Vertrag die Rede. Im Telex vom 31. Juli, mit dem die Klägerin die Annahme ihrer Kaufofferte durch die Beklagte bestätigte, werde von einem schriftlichen Vertrag gesprochen, den P. für die Klägerin unterzeichnen solle. Schliesslich werde P. in einem weiteren Telex vom gleichen Tag ermächtigt, den Vertrag zwischen der Klägerin und der Muttergesellschaft der Beklagten auszuhandeln und zu unterzeichnen. Damit habe die Klägerin ihre Offerte selbst mit dem Vorbehalt eines schriftlichen Kaufvertrages versehen, weshalb die Annahme der Vorinstanz, es fehle an einem vertraglichen Vorbehalt der Schriftform, unhaltbar sei. a) Zwar zeigen die genannten Telexmeldungen, dass die Klägerin davon ausgegangen ist, es werde noch ein schriftlicher Kaufvertrag abgeschlossen. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Klägerin erst mit dem Abschluss eines schriftlichen Kaufvertrags gebunden sein wollte. Mit dem Handelsgericht ist vielmehr auf das gesamte Vorgehen abzustellen. Zunächst wurden Angebote per Telex übermittelt, dann führten die Vertreter der Parteien ein Telefongespräch, dessen wesentlicher Inhalt, die erfolgte Einigung über den Kaufpreis, schliesslich beidseitig per Telex bestätigt wurde. Dieses Vorgehen weist darauf hin, dass mit dem Austausch der Telexmeldungen über das Ergebnis der telefonischen Besprechung ein Vertrag zustande gekommen ist und dass der für den nächsten oder übernächsten Tag vorgesehene schriftliche Kaufvertrag nicht konstitutiv sein sollte. Mit Hilfe des Telex können Telefongespräche, unmittelbar nachdem sie stattgefunden haben, schriftlich bestätigt werden. Durch den Austausch übereinstimmender Telexerklärungen über das Ergebnis telefonischer Vertragsverhandlungen lassen sich deshalb unterschiedliche Auffassungen beseitigen, die zwischen den Parteien über den Inhalt eines Telefongesprächs bestehen können. Zwar kommt dem Austausch von Telexerklärungen nicht die Bedeutung der Schriftlichkeit im Sinne von Art. 13 OR zu, weil solche Erklärungen nicht die Unterschriften der verpflichteten Personen tragen (ebenso SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N. 72 zu Art. 13 OR ; SCHMIDLIN, N. 29 ff. zu Art. 13 OR ; AMONN, ZBJV 112 (1976) S. 502 oben; Frage für den Fall, dass der Absender den von seiner Maschine ausgedruckten Text unterzeichnet, offengelassen von GAUCH/SCHLUEP/JÄGGI, N. 422 S. 82; eher bejahend BGE 101 III 66 f. E. 4 - Stellungnahme vom 13. Juni 1975 - zum Schriftlichkeitserfordernis nach Art. 34 SchKG bei der Übermittlung von BGE 112 II 326 S. 329 Arrestbefehlen per Telex). Dennoch erfüllen derartige Telexmeldungen eine Beweisfunktion, die der eines schriftlichen Vertrages im Sinne von Art. 13 OR nahekommt. Es entspricht demnach den Gepflogenheiten namentlich im internationalen Geschäftsverkehr, dass die Parteien mit dem Austausch inhaltlich übereinstimmender Telexmeldungen auch eine vertragliche Verpflichtung eingehen wollen, selbst wenn sie nachträglich noch eine Vertragsurkunde zu erstellen beabsichtigen, in der gegebenenfalls weitere, für das Zustandekommen des Vertrages jedoch nicht wesentliche Nebenpunkte geregelt werden sollen. Eine nach dem vertragsbegründenden Austausch von Telexmeldungen erstellte deklaratorische Vertragsurkunde kann entgegen den Ausführungen der Beklagten durchaus sinnvoll sein. Neben der Regelung untergeordneter Vertragspunkte kann dadurch namentlich späteren Streitigkeiten über die Authentizität der ausgetauschten Telexmeldungen vorgebeugt werden. b) Als entscheidend erachtet das Handelsgericht die ausgetauschten Telexmeldungen vom 31. Juli, denen sich entnehmen lasse, dass die Beklagte damals selbst von einem gültig zustande gekommenen Vertrag ausgegangen sei. Tatsächlich können die mit Telex Nr. 1850 ausdrücklich erklärte Annahme der Offerte über US$ 1'250'000.-- und die gleichzeitige Aufforderung zur Überweisung der US$ 50'000.-- vernünftigerweise nicht als unter dem Vorbehalt einer künftigen Regelung stehende Erklärungen angesehen werden. Wäre die Beklagte damals wirklich der Auffassung gewesen, sie betrachte sich trotz der vorangegangenen telefonischen Einigung zwischen P. und B. und trotz der Telexmeldungen, die diese Einigung bestätigten, nicht als gebunden, hätte sie ausdrücklich einen Vorbehalt anbringen müssen. Das ist derart offensichtlich, dass die Einwände gegen die Folgerungen des Handelsgerichts aus dem Telex Nr. 1854 und aus den Umständen beim Verkauf des gleichen Flugzeugs an einen Dritten nicht geprüft zu werden brauchen. Auch der Hinweis auf Telex Nr. 2366 vom 1. August 1984 hilft der Beklagten nicht, hält P. doch in jenem Telex ausdrücklich fest, dass eine Vereinbarung bestehe, die es zu honorieren gelte.
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Sachverhalt ab Seite 149 BGE 118 IV 148 S. 149 A.- Am 25. Mai 1983 schloss V. einen Abzahlungsvertrag über einen Mercedes 280 SE, Jahrgang 1975, ab. Der vereinbarte Eigentumsvorbehalt wurde am 3. Juni 1983 in das Eigentumsvorbehaltsregister des Betreibungsamtes Bern eingetragen. Im Dokument betreffend den Abzahlungsvertrag wurden das Eigentum am Fahrzeug und die Kaufpreisforderung an die Bank A. übertragen. Die erste Monatsrate von Fr. 437.10 wurde am 30. Juni 1983 fällig. Gemäss dem Schreiben der Bank vom 4. April 1984 schuldete V. zu diesem Zeitpunkt der Bank auf den Gesamtkredit von Fr. 10'490.40 noch den Betrag von Fr. 8'886.60. V. blieb den ausstehenden Betrag weiterhin schuldig. Somit wurden nur knapp 4 Monatsraten bezahlt. Diese Raten zahlte die Kommanditgesellschaft B., obwohl V. den Abzahlungsvertrag in seinem eigenen Namen abgeschlossen hatte und er auch der Halter des Fahrzeugs war. Über die Firma B. wurde am 11. Januar 1984 der Konkurs eröffnet, der am 21. Februar 1984 mangels Aktiven eingestellt werden musste. V. verbrachte den Mercedes zu einem nicht genau bestimmten Zeitpunkt in die Türkei, wo dieser sich spätestens seit dem 11. Januar 1984 befindet. Es steht fest, dass V. den Wagen am 24. Mai 1984 in der Türkei benutzte. Am 31. Januar 1986 ist das Fahrzeug, das sich noch immer im Besitz von V. befand, vom türkischen Zoll beschlagnahmt worden. B.- Das Obergericht des Kantons Solothurn sprach V. mit Urteil vom 7./8./9. November 1990 der Veruntreuung gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig und bestrafte ihn mit 4 Monaten Gefängnis, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren. Die von der Bank A. gegen V. erhobene Zivilforderung im Betrag von Fr. 8'886.60 wurde der Gläubigerin zugesprochen. C.- Der Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der Schuldspruch wegen Veruntreuung und die Zusprechung der Zivilforderung sowie die Kostenauflage seien aufzuheben. Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn haben auf Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Obergericht des Kantons Solothurn erachtete den objektiven und den subjektiven Tatbestand der Veruntreuung gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB im wesentlichen mit der folgenden Begründung als erfüllt. In objektiver Hinsicht habe der Beschwerdeführer BGE 118 IV 148 S. 150 das im Eigentum der Bank stehende Fahrzeug seit spätestens dem 11. Januar 1984 benützt, ohne sich nach dem Konkurs der B. weiter um die Ratenzahlungen zu kümmern; dies, obwohl er sich persönlich im Abzahlungsvertrag verpflichtet habe. Aus der Bemerkung des Verteidigers, dass das Fahrzeug in der Türkei zur Verfügung stehe, gehe hervor, dass es sich heute noch immer im Besitz des Beschwerdeführers befinde. Hinzu trete, dass der Beschwerdeführer den Wagen in die Türkei verbracht habe, was der Bank die Durchsetzung ihrer Eigentumsansprüche erschwert habe. Auch könne nicht ausser acht gelassen werden, dass er das Fahrzeug bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung über die Firma B. normalerweise nicht in die Türkei mitgenommen habe. Aus all diesen Tatumständen ergebe sich, dass er das der Bank gehörende Fahrzeug sich angeeignet habe. Auch der Einwand des Verteidigers, dass sein Mandant das Auto habe zurückgeben wollen, dies jedoch durch die Verarrestierung des Wagens durch den türkischen Zoll verunmöglicht worden sei, begründe keinen Zweifel am Aneignungsvorsatz des Beschwerdeführers. Selbst wenn diesem angesichts des wegen anderer Vorwürfe in der Schweiz gegen ihn ausgestellten Haftbefehles nicht vorgehalten werden könne, dass er das Fahrzeug nicht persönlich in die Schweiz zurückgebracht habe, hätten doch andere Möglichkeiten der Regelung dieser Angelegenheit bestanden. Der Beschwerdeführer habe jedoch weder mit der Bank Kontakt aufgenommen bzw. die Raten bezahlt noch für die Rückführung des Fahrzeuges durch Dritte gesorgt. Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, es gehe aus den Akten hervor, dass er oft geschäftlich in die Türkei gereist sei. Er habe in der Folge auch den Mercedes mit in die Türkei genommen, ihn aber auch jeweils wieder zurück in die Schweiz gebracht. Auch als er sodann im Dezember 1983 wieder in die Türkei gereist sei, habe er den Mercedes mitgenommen. Anfang Februar 1984 sei er in der Schweiz zur Verhaftung ausgeschrieben worden, weshalb er es vorgezogen habe, vorläufig nicht mehr in die Schweiz zurückzukommen. Natürlich sei es ihm so auch nicht mehr zumutbar gewesen, den noch nicht abbezahlten Mercedes zurück in die Schweiz zu bringen. Die Qualifikation seines Verhaltens als Aneignungshandlung sei unrichtig. In diesem Sinne habe auch die Staatsanwaltschaft betreffend den Tatbestand der Veruntreuung klar auf Freispruch plädiert. Er habe mehrmals betont bzw. durch seinen Vertreter immer wieder und auch anlässlich der Hauptverhandlung geltend gemacht, dass er niemals die Absicht gehabt habe, den Mercedes zu behalten. BGE 118 IV 148 S. 151 Hätte er diese Absicht gehabt, hätte er den Wagen ja schon längst in der Türkei verkaufen können; dies sei jedoch nie seine Absicht gewesen. Die Vorinstanz unterscheide nicht zwischen den beiden Voraussetzungen der Aneignung, nämlich der Enteignung einerseits und der Zueignung anderseits. Zwar reiche eine vorübergehende Zueignung aus, doch müsse die Enteignung des bisherigen Eigentümers stets eine dauernde sein. Es sei ihm aber nicht nachgewiesen worden, dass er eine dauernde Enteignung gewollt haben könnte. Da der Mercedes in der Türkei zur Verfügung stehe, erübrige sich auch die zu Gunsten der Bank A. gutgeheissene Zivilforderung, welche nicht mehr begründet sei. Da er freizusprechen sei, sei über die Zivilforderung nicht zu entscheiden. 2. Nach Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer sich eine ihm anvertraute fremde, bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern. Es ist unbestritten, dass das Fahrzeug dem Beschwerdeführer aufgrund des Abzahlungsvertrages und des rechtsgültigen Eigentumsvorbehaltes als eine fremde, bewegliche Sache anvertraut war. Streitig ist indessen, ob die Vorinstanz das Tatbestandsmerkmal der Aneignung zu Recht bejahte. a) Aneignung bedeutet, dass der Täter die fremde Sache oder den Sachwert wirtschaftlich seinem eigenen Vermögen einverleibt ( BGE 104 IV 158 E. 1b), sei es, um sie zu behalten oder zu verbrauchen, sei es, um sie an einen andern zu veräussern ( BGE 85 IV 19 E. 2, BGE 114 IV 136 E. 2a), bzw. dass er wie ein Eigentümer über die Sache verfügt, ohne diese Eigenschaft zu haben ( BGE 95 IV 4 , auch BGE 81 IV 234 ). In der Lehre wird bei der Aneignung zwischen der negativen Seite der Enteignung und der positiven der Zueignung unterschieden. Der Täter muss einerseits einen Willen auf dauernde Enteignung des bisherigen Eigentümers und anderseits einen Willen auf mindestens vorübergehende Zueignung an ihn selbst, d.h. auf Verwendung der Sache zu seinen eigenen Zwecken, haben. Dabei genügt es aber nicht, dass der Täter den Aneignungswillen hat, er muss ihn vielmehr auch betätigen; denn strafbar ist niemals der Wille als solcher, sondern immer nur ein bestimmt geartetes Verhalten (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil I, § 8 N 20 ff., insbesondere N 35 und 36; REHBERG, Strafrecht III, 5. Aufl. 1990, S. 64; NOLL, Strafrecht, Bes. Teil, S. 147; NOLL, Der Einfluss von Kompensation und Retention bei den Delikten gegen das Eigentum, ZStrR 71/1956, S. 148 ff., 164; SCHUBARTH, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, Art. 137 N 80 ff., Art. 141 N 5 ff.; PETER DUERST, BGE 118 IV 148 S. 152 Der Begriff der Aneignung im Schweizerischen Strafgesetzbuch, Diss. Bern 1955, S. 21 ff.). Das Erfordernis, dass sich der Aneignungswille in einem bestimmten Verhalten manifestiere, ergibt sich schon aus dem Schuldprinzip (vgl. zur entsprechenden Problematik bei der Mordqualifikation BGE 117 IV 389 E. 17). Der Gedanke, dass sich die Tathandlung nach aussen manifestieren muss, wird auch deutlich aus deren Umschreibung im Tatbestand der Veruntreuung von Pfandsachen ( Art. 147 Abs. 1 StGB ). Wirtschaftlich gesehen stellt eine unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache ein Pfand dar, das im Besitz des Schuldners bleibt (vgl. BGE 80 III 26 f.). b) Der Beschwerdeführer hat das Fahrzeug nach der Konkurseröffnung über die Firma B. weiter für seine eigenen Zwecke verwendet, ohne sich um die Ratenzahlungen zu kümmern. Mit Recht bestreitet er nicht, sich damit das Fahrzeug zumindest vorübergehend zugeeignet zu haben; er stellt aber seinen Willen auf dauernde Enteignung in Frage. Ob er den Willen manifestiert habe, den Mercedes der rechtmässigen Eigentümerin für dauernd zu enteignen, kann der Kassationshof mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht überprüfen. Die Vorinstanz trifft die von der Lehre zu Recht geforderte Unterscheidung zwischen der dauernden Enteignung einerseits und der vorübergehenden Zueignung anderseits nicht. Deshalb ist nicht klar, ob und aus welchen Umständen sie auf einen Willen auf dauernde Enteignung der rechtmässigen Eigentümerin geschlossen habe. Dabei kann zwar nicht gefordert werden, dass der Täter einen Akt vornimmt, aus dem sich unzweideutig - auch für jeden Dritten - der Aneignungswille im dargelegten Sinne ergibt. Erforderlich ist also nur, aber immerhin ein Verhalten, durch das der - vorhandene! - Aneignungswille manifestiert, eben betätigt wird (so STRATENWERTH, a.a.O., § 8 N 38 ). Der angefochtene Entscheid ist daher in Anwendung von Art. 277 BStP aufzuheben. Die Vorinstanz wird in ihrem neuen Entscheid darüber zu befinden haben, ob und aus welchen Tatumständen auf einen auf dauernde Enteignung der Eigentümerin gerichteten Willen des Beschwerdeführers zu schliessen ist. Sie wird dann auch die Zivilforderung neu zu beurteilen haben.
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Sachverhalt ab Seite 65 BGE 96 IV 64 S. 65 A.- Der vom schwedischen Filmregisseur Vilgot Sjöman gedrehte Film "Ich bin neugierig" (gelbe Fassung) hat Politik und Sexualität zum Gegenstand und will die Verhältnisse in der schwedischen Wohlfahrtgesellschaft kritisch beleuchten. Der Hauptteil des Filmes besteht in einer unzusammenhängenden Folge von Reportagen, in denen eine junge Schwedin, Lena Nyman, den Mann auf der Strasse, Gewerkschaftsfunktionäre, Politiker usw. aufprovozierende Fragen über Krieg und Gewaltlosigkeit, Diktatur und Monarchie, Rassenhass und Sozialpolitik antworten lässt, ferner in Bildszenen mit Meinungsäusserungen amerikanischer Negerführer, russischer Dichter und Demonstrationen gegen die Atombombe, die Politik der USA usw. Zwischenhinein wird die Neugier des jungen Mädchens auf sexuellem Gebiet gezeigt, das sich mit Börje Ahlstedt intim einlässt und den Geschlechtsakt zum Teil auf ausgefallenen Schauplätzen vollzieht. Der Film ist von der schwedischen Zensurbehörde trotz gewissen Bedenken, die hauptsächlich den politischen Teil betrafen, ungekürzt freigegeben worden, während er in Norwegen verboten und in Deutschland sowie Frankreich nach Vornahme verschiedener Kürzungen öffentlich vorgeführt wurde. B.- Beat Bosshard zeigte den Film "Ich bin neugierig" vom 15. Mai 1968 an in dem von ihm geleiteten Kino "Studio" in Biel. Zuvor waren von der schweizerischen Verleihfirma im sozialkritischen Teil wie auch in Sexualszenen des Filmes einige Kürzungen vorgenommen worden. Bosshard schnitt eine weitere Beischlafsszene heraus und setzte auf den Rat des Gerichtspräsidenten und des Untersuchungsrichters, die er zu einer Vorbesichtigung eingeladen hatte, die Altersgrenze der Kinobesucher auf 18 Jahre fest. In der Presse und auf Anschlägen vor dem Kino warnte er ausserdem unreife und empfindliche Personen vor dem Besuch des Films, der schockieren wolle und gewagte Szenen zeige. Am 17. Juni 1968 wurde der Film auf Weisung des stellvertretenden Generalprokurators des Kantons Bern beschlagnahmt und gegen Bosshard eine Strafuntersuchung wegen unzüchtiger Veröffentlichung ( Art. 204 StGB ) eingeleitet. BGE 96 IV 64 S. 66 C.- Der Gerichtspräsident II von Biel sprach Bosshard am 14. März 1969 von der Anschuldigung frei und hob die Beschlagnahme des Films auf. Gegen diesen Freispruch appellierte der Generalprokurator. Die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern erklärte daraufhin Bosshard am 16. September 1969 der unzüchtigen Veröffentlichung schuldig, nahm jedoch wegen Rechtsirrtums ( Art. 20 StGB ) von einer Bestrafung Umgang. Ferner verfügte das Obergericht, dass die als unzüchtig betrachteten Darstellungen des Geschlechtsaktes beim Königsschloss, im Teich und auf dem Baum herauszuschneiden und zu vernichten seien, sofern für die unverzügliche Rücksendung der Filmkopie an den schwedischen Verleiher keine Gewähr bestehe. D.- Der Generalprokurator und der Angeschuldigte Bosshard führen Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des obergerichtlichen Urteils. Der Generalprokurator verlangt die Bestrafung des Angeschuldigten, dieser seine Freisprechung und die Freigabe des beschlagnahmten Films. Jeder der Beschwerdeführer beantragt die Abweisung der Beschwerde des andern. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Kassationshofes hat der Schuldspruch, durch den ein Angeklagter einer strafbaren Handlung schuldig erklärt wird, keine selbständige Bedeutung, sondern ist lediglich Begründung für die im Urteilsspruch ausgesprochenen Rechtsfolgen (Strafen, Massnahmen) und deshalb der Rechtskraft nicht fähig. Dementsprechend wurde dem Angeklagten, der vom kantonalen Richter schuldig gesprochen, aber von Strafe befreit wird, die Berechtigung, mit der Nichtigkeitsbeschwerde einen Freispruch zu verlangen, abgesprochen, einerseits unter Hinweis darauf, dass der Schuldspruch als blosser Urteilsgrund für sich allein nicht anfechtbar sei, anderseits mit der Begründung, dass ein Angeschuldigter, dem gegenüber keine Sanktion ausgesprochen wird, durch das Urteil nicht beschwert werde ( BGE 70 IV 50 , BGE 73 IV 262 , BGE 79 IV 89 , BGE 80 IV 276 , BGE 81 IV 76 , BGE 91 IV 172 und dort zitierte weitere Entscheidungen). An dieser Rechtsprechung ist, soweit sie den Urteilscharakter des Schuldspruches verneint und die Nichtigkeitsbeschwerde in den Fällen der Strafbefreiung ausschliesst, nicht festzuhalten. BGE 96 IV 64 S. 67 Der Zweck des Strafverfahrens besteht nicht allein darin, über Gutheissung oder Abweisung des von der Anklage gestellten Begehrens um Ausfällung einer Strafe oder Verhängung einer Massnahme zu entscheiden. Der Strafrichter hat - im Gegensatz zum Zivilrichter - vielmehr auch die klagebegründenden Tatsachen zu prüfen und von Amtes wegen festzustellen, ob die eingeklagte Tat den Tatbestand einer der im Gesetz abschliessend umschriebenen strafbaren Handlungen objektiv und subjektiv erfülle oder nicht. Mit der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes und der Feststellung, dass der Angeklagte eines bestimmten Deliktes schuldig ist oder nicht, wird ein für die Frage der Freisprechung oder Verurteilung des Angeklagten und damit für den Ausgang des Verfahrens bestimmender Vorentscheid getroffen, der nicht, wie in unzulässiger Analogie zum Zivilrecht angenommen wurde ( BGE 70 IV 51 ), blosse Urteilserwägung ist, sondern im Rahmen der Urteilsfindung selbständige Bedeutung hat (SCHULTZ, ZStR 1956 S. 290 Anmerkung 3). Der Schuldspruch ist daher unabhängig davon, ob er nach kantonalem Prozessrecht in die Urteilsformel aufgenommen oder nur in den Erwägungen festgehalten wird, unerlässlicher und wesentlicher Bestandteil des Strafurteils und nimmt als solcher auch an dessen Rechtskraft teil (WAIBLINGER, Der rechtliche Charakter und die Bedeutung der Schuldigerklärung im Strafprozess, in Festschrift für Pfenninger S. 162; PFENNINGER, Eidg. Strafrecht und kantonales Strafprozessrecht, in SJZ 1955 S. 204 ff.). Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nach ständiger Rechtsprechung nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert wird und ein rechtliches Interesse an ihrer Aufhebung oder Abänderung hat. Diese Voraussetzung ist entgegen der früheren Annahme auch dann erfüllt, wenn der Richter den Angeklagten nach der Schuldigerklärung von Strafe befreit oder von Strafe Umgang nimmt (nicht hieher gehören die Fälle, in denen das Gesetz selber wie z.B. in Art. 33 Abs. 2 StGB ein Verhalten als straflos erklärt und deshalb richtigerweise auf Freisprechung zu erkennen ist). Die bisher vertretene Auffassung, dass der Angeklagte bei einer Schuldigerklärung, die ohne Strafsanktion bleibt, nicht schlechter gestellt sei als im Falle der Freisprechung ( BGE 80 IV 277 ), verkennt die Tragweite des Schuldspruches, der feststellt, dass der Angeschuldigte eine strafbare Handlung begangen hat. BGE 96 IV 64 S. 68 Dieser Vorwurf, zumal in einer Gerichtsurkunde festgehalten, kann nicht nur den Ruf des Angeschuldigten schädigen, sondern auch rechtliche Nachteile nach sich ziehen und für den Betroffenen unter Umständen ebenso belastend wirken wie eine Bestrafung. Er hat daher ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Aufhebung des Schuldspruches und ist zur Nichtigkeitsbeschwerde zuzulassen, um geltend machen zu können, dass er freizusprechen sei (ebenso nach der Rechtsprechung des Eidg. Militärkassationsgerichts: Entscheid vom 23. Februar 1954, abgedruckt in ZS 1954 S. 280; auf dem gleichen Boden steht die deutsche Praxis: LÖWE-ROSENBERG, Kommentar zur deutschen Strafprozessordnung, § 296, Anm. 4, S. 1186). Auf die Beschwerde des Angeschuldigten, den die Vorinstanz der unzüchtigen Veröffentlichung nach Art. 204 Ziff. 1 StGB schuldig erklärte, jedoch gestützt auf Art. 20 StGB wegen Rechtsirrtums von Strafe befreite, ist somit einzutreten. 2. Nach Art. 204 Ziff. 1 Abs. 3 StGB wird mit Gefängnis oder Busse bestraft, wer Schriften, Bilder, Filme oder andere Gegenstände, die im Sinne von Abs. 1 unzüchtig sind, öffentlich oder geheim verkauft, verbreitet, öffentlich ausstellt oder gewerbsmässig ausleiht. Die hier allein in Frage kommende Vorführung eines Films in einem Kinotheater fällt unter den Begriff der öffentlichen Ausstellung (LOGOZ, Art. 204 StGB , Ziff. 3, S. 355; Botschaft des Bundesrates vom 25. November 1924 in BBl 1924 III 1027). Öffentlich ist die Vorführung, wenn die Wahrnehmung der Filmbilder einem unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht wird ( BGE 89 IV 134 ), eine Voraussetzung, die im vorliegenden Falle erfüllt ist. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt nicht schon durch die Anordnung irgendeiner Begrenzung des Zuschauerkreises, sondern erst, wenn dieser eindeutig umschrieben und überprüfbar wird (vgl. BGE 87 IV 84 ). Es genügte daher nicht, dass nur Personen über 18 Jahren zugelassen wurden und unter diesen, wie in der Beschwerde geltend gemacht wird, bloss solche, die einen Film von der Art des gezeigten ansehen wollten, indem das Publikum in der Reklame und in Anschlägen vor den gewagten Szenen gewarnt wurde. Durch Massnahmen solcher Art wird der Kreis der Besucher entgegen der Meinung des Beschwerdeführers Bosshard nicht bestimmbar und die Vorstellung nicht zur geschlossenen. 3. Als unzüchtig im Sinne von Art. 204 StGB gilt nach BGE 96 IV 64 S. 69 der Rechtsprechung des Bundesgerichts ein Gegenstand, wenn er in nicht leicht zu nehmender Weise gegen das Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlichen Dingen verstösst. Diese allgemeine Umschreibung wurde in verschiedenen Einzelentscheidungen dahin verdeutlicht, dass eine sexualbezogene Darstellung nicht notwendig eine geschlechtlich aufreizende Wirkung haben müsse, sondern den geschlechtlichen Anstand auch verletzen könne, wenn sie bloss Abscheu oder Widerwillen errege ( BGE 86 IV 19 ), ferner dass bei der Beantwortung der Frage, ob die Grenzen dieses Anstandes überschritten seien, weniger auf Einzelheiten - bestimmte Bilder, Szenen oder Textstellen - als vielmehr auf den Gesamteindruck des zu beurteilenden Gegenstandes, das Werk als ganzes, abzustellen sei und dass es nicht auf die Absichten ankomme, die der Hersteller oder Verbreiter mit der Veröffentlichung verfolgte, sondern allein darauf, welche Wirkung objektiv von ihr ausgehe ( BGE 86 IV 20 , BGE 87 IV 74 , BGE 89 IV 198 ). Den Entscheidungen des Kassationshofes liegt im allgemeinen die Auffassung zugrunde, dass für die Grenzziehung zwischen unzüchtigen Gegenständen und solchen, die gewagt, aber noch erlaubt sind, das Sittlichkeits- und Schamgefühl des normal empfindenden Bürgers, der weder besonders empfindsam noch sittlich verdorben ist, massgebend sei ( BGE 83 IV 24 , BGE 86 IV 19 , BGE 87 IV 74 und 83, BGE 89 IV 200 ). Wiederholt hat der Kassationshof, namentlich bei Werken der Kunst und Literatur, aber darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung des Charakters einer Veröffentlichung auch die gesamten Begleitumstände wie der Ort und die Art der Veröffentlichung sowie der Kreis der Personen, für den sie bestimmt ist, zu berücksichtigen seien. So wurde bereits in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 9. Oktober 1953 i.S. Spillmann erklärt, dass es auf die Anschauungen der Kreise, denen das Werk angeboten oder vorgeführt wird, ankomme. In dem in BGE 86 IV 21 veröffentlichten Entscheid hat sodann der Kassationshof anerkannt, dass es nicht das gleiche sei, ob ein Aktbild in einem allgemein zugänglichen Schaufenster eines Verkaufsladens oder in einer Kunstgalerie für Kunstinteressenten ausgestellt wird. In einer weiteren Entscheidung vom 14. Juli 1961 wurde von der Auffassung ausgegangen, dass erotische Werke der Literatur, die das Schamgefühl des Durchschnittsbürgers verletzen können, unter Umständen dann nicht unter das Verbot des Art. 204 StGB fallen, wenn BGE 96 IV 64 S. 70 dafür gesorgt wird, dass die Veröffentlichung nur an bestimmte Personen, z.B. an Künstler, Wissenschafter, reifere Menschen, abgegeben wird, von denen angenommen werden kann, dass sie am Inhalt des Werkes keinen Anstoss nehmen und es nicht an Unberufene weitergeben ( BGE 87 IV 84 ). Filmvorführungen in Kinotheatern unterscheiden sich von Druckerzeugnissen, Skulpturen u. dgl. schon dadurch, dass die Gefahr der Weiterverbreitung der Bilder an Unbefugte nicht besteht. Zudem stellt sich die Frage des Jugendschutzes immer dann nicht, wenn zur Vorführung nur Personen im Alter von mindestens 18 Jahren zugelassen werden und die Einhaltung dieser Begrenzung einer Kontrolle unterzogen wird. Im Gegensatz zu allgemein zugänglichen Schriften und Bildern entfällt bei Filmvorführungen auch weitgehend die Gefahr, dass das Publikum gegen seinen Willen mit Darstellungen sexuellen Inhalts konfrontiert wird, namentlich wenn die Kinobesucher durch entsprechende Anzeigen zum voraus auf Gegenstand und Charakter des Filmes aufmerksam gemacht werden. Erwachsene Personen, die unter solchen Voraussetzungen wissentlich der Vorführung eines Filmes mit gewagten Szenen beiwohnen, finden sich in der Regel damit ab oder nehmen doch keinen Anstoss daran und sind infolgedessen auch weniger schutzbedürftig, so dass in derartigen Fällen die Toleranzgrenze weitergezogen werden darf als bei Veröffentlichungen, bei denen Möglichkeiten der Sicherung und Kontrolle fehlen. In Betracht zu ziehen ist auch die Tatsache, dass die zeitbedingten Anschauungen der Allgemeinheit über Moral und Sitte sich in der jüngsten Vergangenheit geändert haben. Abgesehen davon, dass Sexualität in ständig steigendem Masse in den Dienst der Werbung, Anregung und Unterhaltung einbezogen wird und sexuell betonte Darstellungen nicht mehr als ungewöhnlich empfunden werden, ist unverkennbar, dass auf dem Gebiete der Sexualmoral, wie Meinungsäusserungen von Moraltheologen, Pädagogen, Sexualforschern usw. zeigen, eine Neubesinnung im Gange ist, die sich darin auswirkt, dass geschlechtliche Vorgänge offen und frei erörtert werden und in Sexualfragen eine versachlichte und natürliche Betrachtungsweise Platz gegriffen hat. Diesem allgemeinen Wandel in der Einstellung zur Sexualität und der damit verbundenen Herabsetzung der Empfindlichkeit kann sich auch die Rechtsprechung nicht verschliessen. Der Strafrichter hat demnach in Fällen, die nicht BGE 96 IV 64 S. 71 unter die eigentliche Pornographie fallen, Art. 204 Ziff. 1 StGB mit Zurückhaltung und erst anzuwenden, wenn die Darstellung geschlechtlicher Vorgänge eindeutig den von der überwiegenden Mehrheit des Volkes getragenen sittlichen Vorstellungen zuwiderläuft und somit als Störung oder Belästigung der sozialen Ordnung angesehen werden muss. 4. Die im Film "Ich bin neugierig" vorgeführten Beischlafsszenen unterscheiden sich von solchen in andern Filmen durch die realistische, freie und unbeschönigende Art der Darstellung und dadurch, dass vereinzelt der ganze Körper beider Partner nackt gezeigt wird. Diese ungewöhnlich freimütige Schaustellung sexueller Belange erscheint, auch wenn beim Geschlechtsverkehr die Genitalien unsichtbar bleiben, zum mindesten sehr gewagt. Der Verzicht auf raffinierte technische Kunstgriffe und andere die Phantasie anregende Andeutungen sowie die nüchterne Sachlichkeit der Darstellung tragen indessen dazu bei, den anstössigen Charakter der Liebesszenen in einem Masse abzuschwächen, dass von einer aufdringlich erotisierenden oder sexuell aufreizenden Wirkung auf erwachsene Beschauer kaum gesprochen werden kann. Das gilt in verstärktem Masse für die Szene im Teich, die, gemessen an dem, was sichtbar wird, eher harmlos wirkt und entgegen der Auffassuug der Vorinstanz nicht als unzüchtig zu bezeichnen ist. Weniger eindeutig trifft dies bei den Liebesszenen auf dem Baum und namentlich auf der Balustrade vor dem Königsschloss zu, die wegen der in der Wahl der Örtlichkeiten liegenden Geschmacklosigkeit geeignet sind, Widerwillen oder Abscheu zu erregen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass beide Szenen nur kurze Zeit dauern und dass die auf der alten Eiche vorgeführte Akrobatik und das im zweiten Fall eingeblendete Minenspiel eines Wachtsoldaten, der das Paar beobachtet, den Darstellungen eine humoristische Note geben, wodurch deren abstossende Wirkung gemildert wird. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich zudem, dass die Balustradenszene vor allem als Verulkung der Monarchie aufzufassen ist, also neben dem sexuellen auch politischen Charakter hat. Die Vorinstanz, die zutreffend davon ausgeht, dass die Vorführung von Beischlafsszenen in Filmen nicht zum vorneherein unerlaubt ist, erachtet die beanstandeten Szenen hauptsächlich deswegen als gegen das sittliche Empfinden verstossend, weil sie sich in der freien Natur abspielen und nach unserer Rechtsauffassung BGE 96 IV 64 S. 72 als öffentliche unzüchtige Handlungen strafbar wären. Diesem letztern Gesichtspunkt kann jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen, zumal dem Publikum bekannt ist, dass in dieser Beziehung in nordischen Ländern andere Anschauungen als hierzulande vorherrschen. Wäre die Vorführung von Sexualszenen, die an sich nicht unzüchtig sind, bereits unerlaubt, weil sie, wenn sie sich in der Wirklichkeit zutrügen, nach Art. 203 StGB strafbar wären, so müssten sämtliche Filme, in denen sich ein Mord, Raub oder dergleichen ereignet, verboten werden. Wird der Film in der Bieler Fassung, in dem der gesellschaftskritische Teil trotz gewissen Kürzungen immer noch überwiegt, nach den in Ziff. 3 dargelegten Überlegungen beurteilt und dem Wandel der allgemeinen Anschauungen wie auch den Wirkungen der getroffenen Sicherungsvorkehren Rechnung getragen, so führt die Gesamtwürdigung zum Schluss, dass die eingeklagten Vorführungen den in geschlechtlichen Dingen zu wahrenden Anstand nicht in grober Weise verletzen und infolgedessen nicht als unzüchtig zu bewerten sind. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und der Angeschuldigte von der Anklage der unzüchtigen Veröffentlichung freizusprechen mit der Folge, dass der beschlagnahmte Film freizugeben ist.
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Sachverhalt ab Seite 156 BGE 115 IV 156 S. 156 A.- Die Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Warenumsatzsteuer, eröffnete mit Schlussprotokoll vom 12. August 1988 gegen G. H. ein Strafverfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung im Sinne von Art. 36 Abs. 1 WUStB (SR 641.20). BGE 115 IV 156 S. 157 Eine auf Antrag von G. H. erfolgte Ergänzung der Untersuchung ergab unter anderem, dass dem Steuerinspektor "bei der Erfassung der Einnahmen für das Jahr 1985 ein massgeblicher Fehler unterlaufen war"; da zudem weitere Korrekturen vorgenommen werden konnten, stellte die Eidg. Steuerverwaltung das Strafverfahren am 10. April 1989 ein; Kosten wurden G. H. nicht auferlegt, hingegen wurde ihm eine beantragte Entschädigung für die Kosten des beigezogenen Anwalts verweigert. B.- Mit Beschwerde vom 10. Mai 1989 an die Anklagekammer des Bundesgerichts beantragt G. H., es sei ihm gemäss Art. 99 VStrR für das Verfahren vor der Eidg. Steuerverwaltung eine "kostendeckende Entschädigung" für die Verteidigungskosten zuzusprechen. Die Eidg. Steuerverwaltung beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Nach Art. 99 Abs. 1 VStrR ist dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt wird, auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig verlängert hat. b) Dem Beschwerdeführer wird nicht vorgeworfen, einen dieser Verweigerungsgründe gesetzt zu haben. Die Beschwerdegegnerin ist indessen der Ansicht, es liege kein entschädigungspflichtiger anderer Nachteil vor; sie räumt zwar ein, die dem Beschwerdeführer erwachsenen Anwaltskosten könnten einen erheblichen Nachteil im Sinne von Art. 99 Abs. 1 VStrR darstellen, lehnt diese aber als nicht entschädigungspflichtig ab, weil der Beizug eines Verteidigers hier unnötig gewesen wäre. 2. Mit der Schaffung eines Verwaltungsstrafrechts sollte der Verwaltung ein vollwertiges Untersuchungsinstrument in die Hand gegeben werden, weil ihre Untersuchung, falls die Strafsache zur gerichtlichen Beurteilung gelangt, die gleiche Funktion habe wie die Voruntersuchung im gewöhnlichen Strafverfahren; die Machtfülle der Verwaltung, welche im Verwaltungsstrafverfahren zugleich Untersuchungsbehörde, Anklagebehörde und Richter sei (Amtl.Bull. NR 1973 II 1492), bedinge auf der anderen Seite besonders für das Untersuchungsstadium rechtsstaatliche Kautelen, BGE 115 IV 156 S. 158 wie den Ausbau der Parteirechte, umfassenden richterlichen Rechtsschutz, Entschädigung für erlittene Nachteile (BBl 1971 I 1002); in bezug auf den Ausbau der Parteirechte sollte unter anderem die Mitwirkung eines Verteidigers bereits im Untersuchungsverfahren gefördert werden (Amtl.Bull. NR 1973 I 459), wie dies schon Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK verlangt (W. R. PFUND, Das Gestrüpp unseres Steuerstrafrechts, ASA 48, 19, mit Hinweisen), auf welche das Verwaltungsstrafrecht ausgerichtet ist (BBl 1971 I 1001). Diese Grundsätze sind bei der Auslegung von Art. 99 Abs. 1 VStrR zu beachten. Die Zusprechung einer Parteientschädigung im Strafverfahren - und damit auch im Verwaltungsstrafverfahren, dessen Strafen "eigentliche Strafen im Rechtssinne" (Amtl.Bull. SR 1971 S. 836) darstellen - ist eine kostenrechtliche Konsequenz der Unschuldsvermutung ( Art. 6 Abs. 2 EMRK ), die auf dem Grundsatz beruht, dass der Freigesprochene und ihm gleichzustellende nicht verurteilte Angeschuldigte unbeschadet eines fortbestehenden Verdachts (vgl. zu letzterem BGE 98 Ia 19 ) und der Frage, ob ihr Verhalten aus sonstigen Gründen zu missbilligen ist, nicht nur keine Verfahrenskosten tragen, sondern auch Ersatz der notwendigen Auslagen erhalten sollen. a) Zu Art. 99 Abs. 1 VStrR stellt die Botschaft des Bundesrates fest, es gehe bei den entschädigungspflichtigen anderen Nachteilen "ausschliesslich um eine Entschädigung für Nachteile, die durch Untersuchungshandlungen der Verwaltung verursacht wurden; die Parteientschädigung im gerichtlichen Verfahren gemäss eidgenössischem oder kantonalem Recht (...) bleibt davon unberührt" (BBl 1971 I 1015). Nicht ausgeschlossen ist demnach die Parteientschädigung im (nichtgerichtlichen) Verfahren vor der Verwaltung; es ist daher zu prüfen, ob zu den anderen Nachteilen auch die Kosten des Verteidigers - welchen der Beschuldigte gemäss Art. 32 Abs. 1 VStrR "in jeder Lage des Verfahrens" bestellen kann - gehören. b) In bezug auf Art. 122 Abs. 1 BStP , welcher die gleiche Formulierung wie Art. 99 VStrR verwendet, hat die Anklagekammer des Bundesgerichts entschieden, dass als Nachteile im Sinne dieser Bestimmung auch die dem Beschuldigten erwachsenen Auslagen wie Reisekosten, Porti und Telefonspesen anzuerkennen sind; im gleichen Urteil findet sich eine Andeutung auf die Möglichkeit der Erstattung von Verdienstausfall im Rahmen von Art. 122 Abs. 1 BStP ( BGE 64 I 80 ). In der Lehre wird die BGE 115 IV 156 S. 159 Auffassung vertreten, dass bei der Entschädigung auch die Verteidigungskosten mitzuberücksichtigen sind (vgl. etwa R. HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Auflage, Basel 1984, S. 323). In diesem Sinne bestimmt denn auch Art. 11 der Verordnung vom 25. November 1974 über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsstrafverfahren (nachfolgend: Verordnung; SR 313.32), dass der Beschuldigte, welcher eine Entschädigung nach Art. 99 VStrR verlange, der zuständigen Behörde eine detaillierte Aufstellung einzureichen habe, die die kosten des Verteidigers oder Beistandes (Abs. 2 lit. a), die Barauslagen und anderen Spesen über Fr. 50.-- (Abs. 2 lit. b) sowie den Verdienstausfall (Abs. 2 lit. c) enthalten solle; unnötige oder übersetzte Kosten seien nicht zu ersetzen (Abs. 3). c) Aus dieser Regelung ergibt sich, dass dem Beschuldigten, gegen welchen das Verfahren eingestellt wird, gemäss Art. 99 Abs. 1 VStrR auf entsprechendes Begehren hin auch die notwendigen Verteidigungskosten zu erstatten sind (vgl. auch BGE 108 IV 203 ). Bezüglich der Notwendigkeit der Parteikosten darf dabei indessen kein allzu strenger Massstab angelegt werden, denn Verteidigungskosten müssen im Sinne dieser Bestimmung grundsätzlich dann als notwendige Auslagen anerkannt werden, wenn die Verteidigung im Zeitpunkt, als der Verteidiger in Anspruch genommen wurde, zulässig war - was gemäss Art. 32 VStrR in jeder Lage des Verfahrens der Fall ist -, und die Kosten unmittelbar durch das Verfahren bedingt und aus Vorkehren entstanden sind, welche sich bei sorgfältiger Interessenwahrung als geboten erweisen oder doch in guten Treuen verantworten lassen (vgl. dazu auch BGE 111 Ib 101 E. 3 betreffend Art. 115 Abs. 1 EntG ). Somit besteht das Recht auf Beizug eines Verteidigers und insbesondere die entsprechende Entschädigungspflicht entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin bereits während der Untersuchung, also auch schon vor Aufnahme eines Schlussprotokolls; diese Auslegung entspricht dem im Verwaltungsstrafrecht angestrebten "weitgehenden Recht auf Verteidigung" (Amtl.Bull. NR 1973 II 1492). Daran vermag der Hinweis der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführer hätte als Fachmann auf buchhalterischem und steuerlichem Gebiet seine Sache - zumindest im Anfangsstadium - selber führen können, nichts zu ändern. Immerhin unterlief sogar dem Steuerinspektor ebenfalls Fachmann ein Versehen, welches offenbar Hauptanlass für das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Strafverfahren bildete. Auch wenn der BGE 115 IV 156 S. 160 Beschwerdeführer selber in der Lage gewesen sein sollte, dieses Versehen festzustellen, wäre dieser Umstand allein nicht Grund genug, ihm das grundsätzlich bestehende Recht auf Beizug eines Verteidigers in einem Strafverfahren, welches ihn in seiner geschäftlichen Stellung als Treuhänder empfindlich treffen könnte, abzusprechen. d) Nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung dürfen bei der Festsetzung der Entschädigung lediglich unnötige oder übersetzte Kosten nicht berücksichtigt werden, woraus sich ergibt, dass für die Anwaltskosten eine angemessene Parteientschädigung auszurichten ist (vgl. J. P. MÜLLER in ZBJV 116 (1980) S. 23 f.), welche den tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des konkreten Falles entspricht; nicht zu entschädigen sind insbesondere überflüssige - abzustellen ist dabei in jedem Fall auf die Verhältnisse, wie sie sich im Zeitpunkt des Verteidigerbeizuges bzw. der konkreten Rechtsvorkehr darboten -, rechtsmissbräuchliche oder übermässige, d.h. unverhältnismässig hohe Aufwendungen; die jeweiligen kantonalen Anwaltstarife - welche indessen nicht direkt anwendbar sind - können dabei für die Bemessung des verhältnismässigen Aufwandes als Anhaltspunkt dienen. e) Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gutzuheissen; die Eidg. Steuerverwaltung wird unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze darüber zu befinden haben, ob die Anwaltskosten im vorliegenden Fall voll oder nur teilweise zu entschädigen sind. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Eröffnung des Strafverfahrens unter anderem einem Fehler des Steuerinspektors zuzuschreiben ist,
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a03b4e67-9039-46ac-aa44-a6a21b2bf80a
Sachverhalt ab Seite 351 BGE 96 I 350 S. 351 A.- Am 13. August 1943 verlieh der Regierungsrat des Kantons Zürich der Gemeinde Maschwanden das Recht, in ihrer Kiesgrube Kat. Nr. 447 westlich des Dorfes Maschwanden dem Reussgrundwasserstrom zum Zwecke der Kieswäscherei 120 l/min. Wasser zu entnehmen (Grundwasserrecht c 1-1). Als der Fassung wegen der Senkung des Grundwasserspiegels kein Wasser mehr entnommen werden konnte, erklärte der Regierungsrat dieses Grundwasserrecht am 25. April 1963 als erloschen. Dafür bewilligte er der Gemeinde Maschwanden am gleichen Tag bzw. am 25. März 1965, im 500 Meter entfernten Kieswerk Kat. Nr. 466 zum Zwecke der Kieswäscherei eine Wasserentnahme von bis zu 800 l/min. bzw. bis zu 1000 l/min. (Grundwasserrecht c 1-31). Am 3. Mai 1945 gestattete der Regierungsrat der Gemeinde Maschwanden, dem gleichen Grundwasserstrom unterhalb des Dorfes Maschwanden nördlich der Strasse Maschwanden-Sins mit Filterbrunnen und Pumpwerk bis zu 500 l/min. für Trink-, Brauch- und Löschzwecke zu entnehmen (Grundwasserrecht c 1-2) und am 17. November 1955 bewilligte er der Gruppenwasserversorgung Amt die Entnahme von bis zu 10 000 l/min., und zwar ebenfalls für Trink-, Brauch- und Löschzwecke (Grundwasserrecht c 1-3). Die Fassung dieser Gruppenwasserversorgung liegt 200 Meter nördlich der Gemeindewasserversorgung Maschwanden. B.- Heinrich Frei, Karl Fahrni und Hans Bär, alle Landwirte in Maschwanden, sind Eigentümer von Grundstücken, die am Westhang östlich des Talbodens und östlich der Pumpstationen der Wasserversorgungen liegen: Kat. Nr. 192 im Halte von 29 718 m2 (Frei), Kat. Nr. 188 im Halte von 10 485 m2 BGE 96 I 350 S. 352 (Fahrni) und Kat. Nr. 190 im Halte von 6677 m2 (Bär). Mit Dienstbarkeitsvertrag vom 19. Oktober 1965 räumten Frei, Fahrni und Bär der Baggerunternehmung Gebr. Risi AG in Oberwil-Zug das Recht ein, auf ihren Grundstücken Kies und Sand zu gewinnen, eine Kiesaufbereitungsanlage (ohne Kieswäscherei) zu erstellen, Sand- und Kiesdepots anzulegen und Fahrwege zu bauen. Es wurde vereinbart, dass der Abbau von Kies und Sand bis ein Meter über dem Grundwasserstand erfolgen dürfe, dass nach Abschluss der Kiesgewinnung die Einrichtungen entfernt werden müssten und dass das Land in kulturfähigen Zustand zu versetzen sei. Als Entschädigung für das bis Ende 1980 befristete Ausbeutungsrecht wurde ein Betrag von Fr. 2.- je m3 des losen Materials vorgesehen; in einem Nachtrag soll eine Entschädigung von Fr. 2.50 je m3 Festmass verabredet worden sein. Nachdem die Dienstbarkeitsberechtigte ein entsprechendes Gesuch gestellt hatte, verbot die Baudirektion des Kantons Zürich am 24. Juni 1966 die geplante Kies- und Sandausbeutung. Dagegen erhoben die drei genannten und ein weiterer Grundeigentümer sowie die Dienstbarkeitsberechtigte Rekurs beim Regierungsrat. Dieser holte ein geologisch-hydrologisches Gutachten von Dr. Heinrich Jäckli, Zürich-Höngg, ein. Der Experte kam darin zum Schluss, die Parzellen Nrn. 192, 188, 190 und 189 enthielten ein öffentliches Grundwasservorkommen und gehörten eindeutig zum engsten Einzugsgebiet der Grundwasserfassungen der Gemeinde Maschwanden (c 1-2) und der Gruppenwasserversorgung Amt (c 1-3). Von den für den Kiesabbau vorgesehenen Grundstücken liege die Parzelle Nr. 192 vollständig und die Parzellen Nr. 188 und 190 teilweise in der sog. weiteren Schutzzone. Im Bereich der engern und weiteren Schutzzone müsse das von der Baudirektion ausgesprochene Kiesgrubenverbot aufrecht erhalten bleiben; im Gebiet ausserhalb der weiteren Schutzzone könne ein Kiesabbau gestattet werden, sofern bestimmte Vorsichtsmassregeln getroffen würden. Gestützt auf das Gutachten Dr. Jäcklis bestätigte der Regierungsrat am 8. Februar 1968 das Kies- und Sandausbeutungsverbot in der vom Experten ausgeschiedenen weiteren Schutzzone (und damit auch in der engeren Schutzzone und im Fassungsbereich der Pumpstationen). Dadurch wurde die Ausbeutung auf dem Grundstück Nr. 192 überhaupt, auf dem Grundstück Nr. 190 nahezu vollständig und auf dem Grundstück Nr. 188 teilweise ausgeschlossen. Das Ausbeutungsverbot BGE 96 I 350 S. 353 wurde unter Hinweis auf das Gutachten damit begründet, das Grundwasser der Talsohle werde von der östlichen Talflanke durch Hangwasser gespiesen; durch den unbeschränkten Kiesabbau im Hanggebiet werde der Grundwasserträger entfernt, der Zufluss zu den Wasserversorgungen geschmälert und verunreinigt. Nach Art. 2 und 4 des BG über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung vom 16. März 1955 (GSchG; AS 1965, 1533 ff.) sei die Anlage von Kiesgruben in der Nähe von Grundwasserfassungen untersagt, wenn dadurch die Gefahr einer Verunreinigung des Grundwassers geschaffen werde. Der Rekursentscheid des Regierungsrats ist in Rechtskraft erwachsen. C.- Frei, Fahrni und Bär verlangten mit Eingabe vom 4. Juli 1968 beim Regierungsrat gestützt auf § 183bis des zürcherischen Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch in der Fassung vom 24. Mai 1959 (EG/ZGB) Entschädigungen für die im Ausbeutungsverbot liegende Eigentumsbeschränkung. Der Regierungsrat bestritt die Entschädigungspflicht und wies die Sache an die zuständige Schätzungskommission. Diese stellte mit Entscheid vom 8. Oktober 1968 fest, der Kanton Zürich schulde den Ansprechern keine Entschädigung für materielle Enteignung. Die Grundeigentümer erhoben dagegen Einsprache. Mit Klage vom 31. Januar 1969 beantragte der Kanton Zürich beim Verwaltungsgericht, es sei festzustellen, dass das Kies- und Sandabbauverbot auf den Grundstücken Nr. 188, 190 und 192 keinen entschädigungspflichtigen öffentlich-rechtlichen Eingriff darstelle und dass daher die Forderungen der Grundeigentümer abzuweisen seien. Die Beklagten beantragten in ihrer Klageantwort, es sei der Kanton zur Bezahlung folgender Entschädigungssummen zu verpflichten: - an Heinrich Frei Fr. 507 350.-- - an Karl Fahrni Fr. 227 500.-- - an Hans Bär Fr. 185 250.-- Sie machten geltend, der im Abbauverbot liegende Eingriff wirke wie eine formelle Enteignung, so dass sie gemäss § 183 bis EG/ZGB Anspruch auf volle Entschädigung hätten. Für die ausserhalb der weiteren Schutzzone gelegenen Restflächen der Kat. Nr. 188 und 190 sei der Kiesabbau zwar mit Auflagen BGE 96 I 350 S. 354 freigegeben worden. Die Dienstbarkeitsberechtigte habe indessen auf die Ausbeutung verzichtet, da der Abbau nur noch auf einem schmalen Landstreifen hätte betrieben werden können. D.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich stellte am 2. September 1969 in Gutheissung der Klage fest, dass der Kanton für das im Regierungsratsbeschluss vom 8. Februar 1968 ausgesprochene Kies- und Sandausbeutungsverbot keine Entschädigung schulde. E.- Heinrich Frei, Karl Fahrni und Hans Bär führen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 4 KV) und der Rechtsgleichheit ( Art. 4 BV ). Sie beantragen, der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 22. September 1969 sei aufzuheben und das Verwaltungsgericht sei anzuweisen, die den Beschwerdeführern wegen materieller Enteignung zustehenden Entschädigungen festzusetzen. Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit erforderlich, aus den nachfolgenden Erwägungen. F.- Das Verwaltungsgericht und der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat am 8. Februar 1968 den Kiesabbau auf dem Grundstück Nr. 192 gänzlich verboten, auf Teilen der beiden Parzellen Nr. 188 und 190 untersagt und auf andern Teilen dieser Grundstücke unter Bedingungen und Auflagen gestattet. Er hat sich dabei auf Art. 2 und 4 GSchG gestützt. Die Beschwerdeführer hätten diesen Entscheid auf dem Wege der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anfechten können ( Art. 14 GSchG ; BGE 86 I 187 ff.). Sie haben sich indessen mit dem Entscheid des Regierungsrats abgefunden und damit anerkannt, dass sich die getroffenen Massnahmen auf die erwähnten Bestimmungen des Gewässerschutzgesetzes stützen lassen und dass für deren Anordnung ausreichende Gründe bestanden haben. Dies hindert die Beschwerdeführer jedoch nicht, eine Entschädigung wegen materieller Enteignung zu verlangen und den ihre Begehren abweisenden letztinstanzlichen kantonalen Entscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten (vgl. D. SCHINDLER, Rechtsfragen des Gewässerschutzes in der Schweiz, ZSR 84/1965, II, S. 456). Mit staatsrechtlicher Beschwerde kann in der Regel bloss die BGE 96 I 350 S. 355 Aufhebung des angefochtenen Entscheids verlangt werden ( BGE 94 I 202 , 591/2, BGE 95 I 129 , BGE 96 I 2 ). Eine Ausnahme gilt u.a. dann, wenn der verfassungsmässige Zustand erst mit einer sachbezogenen Anordnung des Bundesgerichts hergestellt werden kann. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Käme der Staatsgerichtshof zum Schluss, eine materielle Enteignung sei gegeben, so wäre das Verwaltungsgericht in Gutheissung der Beschwerde anzuweisen, die bezügliche Entschädigung festzusetzen. Der entsprechende Antrag der Beschwerdeführer ist demnach zulässig, weshalb auf die Beschwerde vollumfänglich einzutreten ist. 2. Die Beschwerdeführer machen geltend, der angefochtene Entscheid verstosse gegen die Rechtsgleichheit ( Art. 4 BV ) und gegen Art. 4 KV (kantonalrechtliche Eigentumsgarantie). Neben der neuerdings in Art. 22ter BV verankerten bundesrechtlichen Eigentumsgarantie kommt den entsprechenden kantonalen Verfassungsbestimmungen bloss insoweit selbständige rechtliche Bedeutung zu, als sie das Privateigentum in einem weiteren Umfang schützen als die Bundesverfassung. Dies trifft für Art. 4 KV nicht zu ( BGE 94 I 610 Erw. 4) und wird im übrigen von den Beschwerdeführern auch nicht behauptet. Zu prüfen bleibt daher bloss, ob der angefochtene Entscheid die bundesrechtliche Eigentumsgarantie verletzt oder gegen Art. 4 BV verstösst. 3. Nach Ansicht der Beschwerdeführer bewirkt die vom Regierungsrat getroffene Massnahme eine materielle Enteignung, welche die Entschädigungspflicht des Kantons Zürich nach sich zieht. In diesem Zusammenhang ist vorerst zu prüfen, ob das Gewässerschutzgesetz, auf welches der Regierungsrat seine Verfügung gestützt hat, eine Entschädigung für Eingriffe zum Schutz des Trink- und Brauchwassers zum vorneherein ausschliesst. Träfe dies zu, so müsste die Beschwerde ohne weiteres abgewiesen werden, denn es steht dem Bundesgericht nicht zu, Bundesgesetze auf ihre Verfassungsmässigkeit hin zu überprüfen ( Art. 113 Abs. 3 BV ). Das Gewässerschutzgesetz sieht eine Entschädigungspflicht des Gemeinwesens nicht ausdrücklich vor. Art. 2 Abs. 3 GSchG bestimmt zwar folgendes: "Bei den Massnahmen im Rahmen dieses Gesetzes ist Rücksicht zu nehmen auf die technischen Möglichkeiten, das Selbstreinigungsvermögen der Gewässer, die Filtrierfähigkeit des Bodens und, soweit BGE 96 I 350 S. 356 es sich nicht um die Sicherstellung gesunden Trink- und Brauchwassers handelt, auf die entstehende wirtschaftliche und finanzielle Belastung". Aus den Gesetzesmaterialien geht indessen hervor, dass die zuständige Behörde mit der genannten Bestimmung, deren Erlass aus Kreisen der Wirtschaft angeregt worden war, verpflichtet werden sollte, bei der Anordnung von Gewässerschutzmassnahmen eine Interessenabwägung vorzunehmen und auf die finanzielle Belastung und Leistungsfähigkeit der betroffenen Unternehmung angemessen Rücksicht zu nehmen, soweit nicht die Gefährdung des Trink- und Brauchwassers auf dem Spiele steht (vgl. Bericht der ausserparlamentarischen Expertenkommission vom 20. August 1951, S. 7/8; Botschaft vom 9. Februar 1954, BBl 1954 I S. 336/7; Protokolle der nationalrätlichen Kommission vom 24./25. Februar 1954, S. 24 ff. und vom 26./27. April 1954, S. 5 ff; Sten.Bull. Nationalrat 1954 S. 267/8; Sten.Bull. Ständerat 1954 S. 199). Der Erhaltung von gesundem Trink- und Brauchwasser kommt somit aufgrund der Gesetzesmaterialien insoweit eine besondere Bedeutung zu, als der Grundeigentümer bzw. die Unternehmung ohne Rücksicht auf die ihr daraus erwachsende finanzielle Belastung verpflichtet werden soll, geeignete Schutzmassnahmen zu ergreifen. Dies scheint darauf schliessen zu lassen, dass dem Grundeigentümer nach dem Willen des Gesetzgebers kein Entschädigungsanspruch gegen das Gemeinwesen zustehen soll, wenn dieses entsprechende Eigentumsbeschränkungen verfügt. Anderseits schliesst der Wortlaut von Art. 2 Abs. 3 GSchG eine Entschädigungspflicht des Gemeinwesens nicht zum vorneherein aus, zumal aus dem Gesetzestext nicht klar hervorgeht, auf wessen finanzielle Belastung gegebenenfalls keine Rücksicht genommen werden soll. Es liesse sich daher die Ansicht vertreten, nach dem Gewässerschutzgesetz bleibe durchaus offen, ob Gewässerschutzmassnahmen unter Umständen geeignet sind, Entschädigungsansprüche gegen das Gemeinwesen entstehen zu lassen. Mit Rücksicht darauf rechtfertigt es sich, die Frage gestützt auf die allgemeinen Grundsätze über die materielle Enteignung zu entscheiden (vgl. D. SCHINDLER, a.a.O., S. 456). 4. Ob ein bestimmter Eingriff in das Eigentum wie eine Enteignung wirkt und daher nur gegen Entschädigung erfolgen darf, ist eine Frage, die das Bundesgericht frei prüft ( BGE 89 I 384 /5, BGE 93 I 138 /9 und 342 Erw. 7, BGE 96 I 126 ). BGE 96 I 350 S. 357 Eine materielle Enteignung liegt vor, wenn der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch der Sache verboten oder in besonders schwerer Weise eingeschränkt wird, oder wenn ein einziger oder einzelne Grundeigentümer so betroffen werden, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit als unzumutbar erschiene, wenn hiefür keine Entschädigung geleistet würde ( BGE 96 I 126 und dort zitierte Entscheidungen). Nach der Rechtsprechung sind demnach zwei Fälle zu unterscheiden: im ersten wird in das Eigentum in ausserordentlich schwerer Weise eingegriffen, so dass dem Eigentümer eine wesentliche, aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzogen wird; ein solcher Eingriff zieht in jedem Fall die Entschädigungspflicht des Gemeinwesens nach sich. Im zweiten Fall liegt zwar keine derart weitreichende Eigentumsbeschränkung vor; dennoch hat der Eigentümer Anspruch auf Entschädigung, wenn er in der Ausübung seiner Eigentumsrechte erheblich eingeschränkt wird und wenn ihm die Verweigerung einer Entschädigung ein mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit nicht zu vereinbarendes Opfer gegenüber den nicht betroffenen Eigentümern auferlegen würde ( BGE 91 I 339 , BGE 95 I 460 /1). In beiden Fällen verdient nicht nur die gegenwärtige, sondern auch die künftig mögliche Benutzung des Grundstücks Schutz; die letztere jedoch bloss insoweit, als sie nach den Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft zu erwarten ist ( BGE 91 I 339 ). Nach der Rechtsprechung lösen freilich nicht alle Eingriffe, die im Sinne der soeben genannten Voraussetzungen, d.h. mit Rücksicht auf ihre Stärke enteignungsähnlich wirken, ausnahmslos eine Entschädigungspflicht des Gemeinwesens aus. Das Bundesgericht nimmt mit der herrschenden schweizerischen Rechtslehre an, die Frage der Entschädigung stelle sich bloss bei den um der öffentlichen Wohlfahrt willen erfolgten Eigentumsbeschränkungen, nicht aber bei Eingriffen polizeilicher Natur ( BGE 96 I 128 und dort zitierte Entscheidungen und Autoren). Die Ausübung jedes verfassungsmässigen Rechts steht unter dem Vorbehalt staatlicher Massnahmen zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, d.h. insbesondere zur Gewährleistung von Leben, Gesundheit, Ruhe und öffentlicher Sicherheit ( BGE 61 I 35 , 110; BGE 63 I 222 , BGE 67 I 76 ; GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, S. 246 und 303; P. SALADIN, Grundrechte im Wandel, Bern 1970, S. 343). Auch als Wertgarantie schützt die Eigentumsgarantie demnach die Ausübung der BGE 96 I 350 S. 358 Vermögensrechte bloss unter dem Vorbehalt polizeilicher Schranken, weshalb eine Entschädigungspflicht des Gemeinwesens entfällt, wenn es den Eigentümer mit geeigneten Massnahmen daran hindert, einen polizeiwidrigen Zustand zu schaffen (vgl. MEIER-HAYOZ, Kommentar zum Sachenrecht, Eigentum, Systematischer Teil, N. 237; P. SALADIN, a.a.O., S. 187 ff.; Peter Hansjakob MUELLER, Die Eigentumsgarantie und die Enteignung, Diss. Zürich 1966, S. 61 ff. und S. 132 ff. sowie die in BGE 96 I 128 zitierte Literatur). Freilich rechtfertigt sich der Ausschluss der Entschädigungspflicht in aller Regel nur dann, wenn sich die polizeiliche Massnahme gegen den Störer im polizeirechtlichen Sinn richtet (MEIER-HAYOZ, a.a.O., MUELLER, a.a.O., S. 132). Diese Rechtsprechung ist nicht unwidersprochen geblieben. Hans HUBER hat eingewendet, Gründe der Polizei und solche der öffentlichen Wohlfahrt bildeten keinen Gegensatz, und der Polizeibegriff tauge nicht, um zur Abgrenzung zwischen entschädigungsloser Eigentumsbeschränkung und materieller Enteignung beizutragen (Staat und Privateigentum, Beiträge des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heft 34, 1960, S. 77/8). Fritz GYGI stützt diese Kritik mit dem Hinweis, es könne nicht "von der Art (z.B. polizeilich) ... des öffentlichen Interesses" abhangen, ob Entschädigung für materielle Enteignung geschuldet sei oder nicht (Expropriation, materielle Enteignung und Lastenausgleich, in: Rechtliche Probleme des Bauens, Bern 1969, S. 98). Das Bundesgericht hat zwar in BGE 96 I 128 anerkannt, dass zwischen Polizei und öffentlicher Wohlfahrt keine scharfe Grenze besteht. Die erwähnte Kritik, welche sich im übrigen mit der Rechtsprechung und Lehre nicht näher auseinandersetzt und insbesondere kein allgemein gültiges Abgrenzungsmerkmal für die umstrittene Unterscheidung zwischen entschädigungslosem Eingriff und materieller Enteignung nennt, ist indessen nicht geeignet, das Bundesgericht zur Aufgabe seiner bisherigen Praxis zu veranlassen. Immerhin rechtfertigt es sich auch im vorliegenden Fall, auf die geäusserten Bedenken einzugehen und die in BGE 96 I 128 /9 angestellten Erwägungen zu ergänzen. Noch in BGE 81 I 30 wurde ausgeführt, bei Zonenvorschriften, "die bestimmte Bauten für gewisse Quartiere reservieren oder andere davon ausschliessen, die also z.B. Fabrikbauten und gewerbliche Betriebe störender Art von bestimmten Siedlungsbezirken BGE 96 I 350 S. 359 ausschliessen", handle es sich um baupolizeiliche Vorschriften. Ob derartige Bestimmungen eine Entschädigungspflicht des Gemeinwesens durchwegs ausschliessen, hat das Bundesgericht indessen nicht eindeutig entschieden. Einerseits erklärte es schon in BGE 69 I 234 ff., auch blosse verwaltungsrechtliche und polizeiliche Gebote und Verbote könnten unter den Begriff der (materiellen) Enteignung fallen (vgl. auch den in ZBl 56/1955 S. 120 ff. abgedruckten Entscheid), anderseits neigte es in seiner Rechtsprechung gelegentlich dazu, den Massnahmen des "herkömmlichen Baurechts" in grundsätzlicher Weise eine enteignungsähnliche Wirkung abzusprechen (ZBl 53/1952 S. 185 ff., BGE 82 I 157 ff.). Würde jede Beschränkung der Baufreiheit durch zwingende öffentlich-rechtliche Vorschriften als (bau-) polizeiliche Massnahme betrachtet, und läge der Rechtsprechung zur materiellen Enteignung ein derart ausgeweiteter Polizeibegriff zugrunde, so käme der Kritik HUBERS und GYGIS tatsächlich erhebliches Gewicht zu, denn in diesem Fall bestände die Gefahr, dass die Eigentumsgarantie in einem weiten Masse ihres Gehaltes beraubt würde. Das Bundesgericht liess indessen im kürzlich entschiedenen Fall Zwyssig ( BGE 96 I 128 /9) keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es bei der Abgrenzung zwischen entschädigungsloser Eigentumsbeschränkung und materieller Enteignung von einem engen Polizeibegriff ausgeht. Von einer entschädigungslos zulässigen polizeilichen Eigentumsbeschränkung muss demnach jedenfalls dann gesprochen werden, wenn mit der gegen den Störer gerichteten Massnahme eine als Folge der beabsichtigten Grundstücksbenutzung zu erwartende konkrete, d.h. ernsthafte und unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit abgewendet werden soll (vgl. MEIER-HAYOZ, a.a.O.; P. SALADIN, a.a.O., S. 187/8 und 190 oben) und wenn die zuständige Behörde zu diesem Zweck ein von Gesetzes wegen bestehendes Verbot konkretisiert und in bezug auf die in Frage stehende Grundstücksnutzung bloss die stets zu beachtenden polizeilichen Schranken der Eigentumsfreiheit festsetzt. Wie zu entscheiden wäre, wenn Massnahmen zur Abwehr einer abstrakten Gefährdung ergriffen werden, oder wenn nicht eine geplante, sondern eine bereits bestehende Nutzung untersagt wird, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, da eine Entschädigungspflicht für das den Beschwerdeführern auferlegte Verbot der Kiesausbeutung BGE 96 I 350 S. 360 - wie im folgenden näher auszuführen ist - bereits aufgrund der oben entwickelten Grundsätze entfällt. 5. Die Grundstücke der Beschwerdeführer werden zur Zeit landwirtschaftlich genutzt. Diese Nutzungsart wird durch die vom Regierungsrat getroffene Massnahme nicht beeinträchtigt. Anders verhält es sich indessen mit dem in Aussicht genommenen Abbau von Sand und Kies, denn dieser wird den Beschwerdeführern weitgehend verunmöglicht. Diese Art der Ausnützung verdient grundsätzlich den Schutz der Eigentumsgarantie; sie ist Gegenstand der mit der Firma Gebr. Risi AG abgeschlossenen Vereinbarung, und nichts deutet darauf hin, dass mit dem Kiesabbau nicht in naher Zukunft begonnen worden wäre. Die Beschwerdeführer werden demnach durch das regierungsrätliche Verbot in einem voraussehbaren künftigen Gebrauch ihrer Grundstücke eingeschränkt, und zwar in einem solchen Mass, dass eine Entschädigungspflicht des Gemeinwesens mit Rücksicht auf die in Erwägung 4 genannten Voraussetzungen in bezug auf die Schwere des Eingriffs nicht zum vorneherein als ausgeschlossen erscheint. Die Beschwerdeführer könnten freilich auch unter diesem Gesichtspunkt keine Entschädigung verlangen, wenn der mutmassliche Ertrag aus dem Abbau von Sand und Kies denjenigen aus der landwirtschaftlichen Nutzung nicht fühlbar überstiege, denn in diesem Fall erwüchse ihnen aus dem Eingriff kein rechtserheblicher Nachteil (vgl. das unveröffentlichte Urteil vom 14. September 1949 i.S. Weber und Toggenburger). Die Beschwerdeführer machen geltend, die dienstbarkeitsberechtigte Unternehmung hätte ihnen für die Ausübung des Abbaurechts eine Entschädigung von insgesamt über Fr. 900'000.-- bezahlt, während der landwirtschaftliche Ertragswert der Grundstücke für die massgebliche Zeit höchstens Fr. 150'000.-- ausmache. Die kantonalen Behörden haben hierüber nicht Beweis geführt. Aufgrund der gesamten Umstände ist jedoch anzunehmen, dass die Parzellen tatsächlich einen erheblichen Mehrertrag abwürfen, wenn anstelle der landwirtschaftlichen Nutzung die Sand- und Kiesausbeutung träte. Wie es sich damit im einzelnen verhält, mag indessen im Hinblick auf das folgende offen bleiben. Die Beschwerdeführer haben die vom Regierungsrat ergriffene Massnahme zum Schutz der bestehenden Trink- und Brauchwasserversorgungen nicht angefochten. Mit Recht, denn der geplante Betrieb der Kiesgrube wäre geeignet gewesen, den BGE 96 I 350 S. 361 Grundwasserstrom im Bereich der Fassungen zu verunreinigen. Das regierungsrätliche Verbot dient mithin ohne Zweifel dem Schutz der öffentlichen Gesundheit und stellt im dargelegten Sinn eine polizeiliche Massnahme dar, denn das Rechtsgut der Volksgesundheit würde durch den Kiesabbau innerhalb der Schutzzone konkret gefährdet; es geht nicht um die Reinhaltung des Grundwassers an sich, sondern um den Schutz der bereits bestehenden Fassungen, d.h. um die Abwehr einer unmittelbaren und ernsthaften Gefahr. Selbst wenn im vorliegenden Fall der Begriff des Störers eng gefasst wird (vgl. BGE 91 I 147 ff., 302/3; BGE 94 I 410 Erw. 5), steht ausser Zweifel, dass sich die Massnahme des Regierungsrats gegen diejenigen Personen richtet, deren Absichten geeignet gewesen wären, die öffentliche Gesundheit nicht bloss mittelbar, sondern unmittelbar zu gefährden. Der im gänzlichen bzw. teilweisen Abbauverbot liegende Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführer erweist sich demnach in jeder Hinsicht als polizeiliche Beschränkung, die ohne Entschädigung zulässig ist. Er konkretisiert im wesentlichen bloss die in Art. 4 Abs. 2 GSchG enthaltene gesetzliche Eigentumsbeschränkung (Verbot der Anlage von Kiesgruben in der Nähe von Grundwasserfassungen). Der Regierungsrat verpflichtet die Beschwerdeführer nicht zur Aufgabe einer bisherigen Benutzungsart, sondern verhält sie, eine in Aussicht genommene - und im übrigen allenfalls sogar mit Strafe bedrohte (vgl. Art. 234 StGB ) - Nutzung ihrer Grundstücke zu unterlassen. 6. Die Beschwerdeführer haben zur Gewährleistung der öffentlichen Gesundheit eine erhebliche finanzielle Einbusse auf sich zu nehmen. Dieses Ergebnis entspricht einem Grundgedanken unserer Rechtsordnung, dem auch der Zivilgesetzgeber Rechnung getragen hat. Werden nämlich Quellen und Brunnen, die für die Bewirtschaftung oder Bewohnung eines Grundstücks oder für Trinkwasserversorgungen unentbehrlich sind, abgegraben oder verunreinigt, so kann, soweit überhaupt möglich, die Wiederherstellung des früheren Zustands verlangt werden ( Art. 707 Abs. 1 ZGB ); ist eine Quelle zum Zwecke der Verwertung gefasst und wird sie durch den Nachbarn verunreinigt, so kann nach herrschender Lehre auf Unterlassung geklagt werden (HAAB/SIMONIUS, Kommentar zum Sachenrecht, N. 17 zu Art. 706/7 ZGB; vgl. BGE 80 II 386 Erw. 7). Diese nachbarrechtliche Eigentumsbeschränkung (HAAB/SIMONIUS, BGE 96 I 350 S. 362 a.a.O., N. 4) ist geeignet, die Ausnützung eines Grundstücks zu vermindern. Es ist denkbar, dass der Nachbar eines Quellengrundstücks, auf welchem Trinkwasser gefasst wird, darauf verzichten muss, auf seinem Grundstück Kies auszubeuten, und dass er schadenersatzpflichtig wird, wenn er die Quelle verunreinigt; er hat somit bereits aufgrund der privatrechtlichen Ordnung eine Eigentumsbeschränkung in Kauf zu nehmen, wenn die Quelle früher gefasst wurde und die schädigende Grundstücksnutzung erst später ins Werk gesetzt werden soll (Grundsatz der Priorität). Muss der Grundeigentümer bereits nach Massgabe des privaten Nachbarrechts eine entschädigungslose Eigentumsbeschränkung auf sich nehmen, wenn die Erhaltung gesunden Trinkwassers auf dem Spiele steht, so erscheint es nur folgerichtig, ihm diese Verpflichtung auch unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Rechts aufzuerlegen, wenn eine geplante Nutzung des Grundstücks die Grundwasserfassungen einer ganzen Region zu verschmutzen droht. Wie das Verwaltungsgericht mit Recht feststellt, rechtfertigt es sich auch aufgrund dieser Überlegung nicht, den Beschwerdeführern für den erzwungenen Verzicht auf die Kies- und Sandausbeutung eine Entschädigung zuzusprechen. Die Grundwasserfassungen der Gemeinde Maschwanden und der Gruppenwasserversorgung Amt bestanden, bevor die Beschwerdeführer mit dem Gesuch an die kantonalen Behörden herantraten, es sei ihnen der Sand- und Kiesabbau zu gestatten. Der Vorwurf, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts verletze die Eigentumsgarantie, erweist sich daher unter allen Gesichtspunkten als unbegründet. 7. Die Beschwerdeführer machen geltend, die Anwendung des erwähnten Prioritätsgrundsatzes verletze die Rechtsgleichheit und damit Art. 4 BV . Sie behaupten, nach dem angefochtenen Urteil hätte eine Entschädigung ausgerichtet werden müssen, wenn eine bereits bestehende Kiesgrube nicht weiter ausgebeutet werden könnte, weil in der Nähe eine neue Grundwasserfassung eingerichtet würde. Das Verwaltungsgericht hat indessen die Klage in erster Linie unter Hinweis auf die polizeiliche Natur der regierungsrätlichen Massnahme abgewiesen und bloss im Sinne einer subsidiären Begründung auf den Prioritätsgrundsatz abgestellt. Ob die mit Rücksicht auf eine geplante Grundwasserfassung verfügte Stillegung einer bereits bestehenden Kiesgrube als enteignungsähnlicher Eingriff zu BGE 96 I 350 S. 363 behandeln wäre, hat das Verwaltungsgericht nicht entschieden und bleibt im übrigen offen (vgl. Erw. 4 am Ende). Selbst wenn die Frage im angefochtenen Entscheid bejaht worden wäre, läge keine Verletzung der Rechtsgleichheit vor, zumal das Gewässerschutzgesetz selbst eine unterschiedliche Ordnung enthält ( Art. 4 Abs. 2 GSchG einerseits, Art. 4 Abs. 3 und 5 GSchG anderseits) und sich eine abweichende Behandlung des soeben erwähnten Falles sachlich rechtfertigen liesse. Die Rüge der Beschwerdeführer richtet sich im Grunde gegen den Prioritätsgrundsatz als solchen. Sie tun aber nicht dar, weshalb seine Anwendung im hier zu beurteilenden Fall unhaltbar wäre. Die Ausführungen von MEIER-HAYOZ (a.a.O., N. 231 a), auf welche sich die Beschwerdeführer berufen, beziehen sich auf die Frage, ob einem Enteigner gegenüber Entschädigungsforderungen noch geltend gemacht werden können, nachdem die Enteignung abgeschlossen und das öffentliche Werk erstellt ist. Sie sind deshalb nicht geeignet, die Rechtsauffassung der Beschwerdeführer zu stützen. 8. Nach Ansicht der Beschwerdeführer könnte von einer dem Gleichheitsprinzip entsprechenden und damit entschädigungslos hinzunehmenden Eigentumsbeschränkung nur dann gesprochen werden, wenn alle Grundeigentümer im Bereich des Reussgrundwasserstromes den gleichen Nutzungsbeschränkungen unterworfen wären wie sie selber. Die vom Regierungsrat ergriffene Massnahme beziehe sich jedoch bloss auf die Grundstücke Nr. 188, 189, 190 und 192; sie schaffe demnach eine Rechtsungleichheit, die nicht entschädigungslos hingenommen zu werden brauche. Die Beschwerdeführer übersehen, dass nach Art. 4 Abs. 2 GSchG die Anlage von Kiesgruben bloss in der Nähe von Grundwasserfassungen untersagt ist. Ob diese Bestimmung gegen das verfassungsmässige Gebot der rechtsgleichen Behandlung verstösst, hat das Bundesgericht nicht zu prüfen ( Art. 113 Abs. 3 BV ). Die Frage wäre im übrigen klarerweise zu verneinen, da es sich mit sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, die Anlage von Gruben nur in denjenigen Gebieten zu untersagen, in denen das Grundwasser gefasst wird, so dass dessen Verschmutzung besonders schwerwiegende Folgen zeitigen könnte. Kiesgruben, die zwar im Gebiet des Grundwasserstroms, aber fernab von Grundwasserfassungen angelegt werden, bilden keine konkrete Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Ob das regierungsrätliche Verbot den Beschwerdeführern BGE 96 I 350 S. 364 einen Entschädigungsanspruch verschafft, ist unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie einlässlich geprüft worden (Erw. 4 und 5). Dem Vorwurf, die Verweigerung einer Entschädigung verletze den Grundsatz der Rechtsgleichheit, kommt mithin keine selbständige Bedeutung zu, so dass sich weitere Ausführungen dazu erübrigen.
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Erwägungen ab Seite 65 BGE 94 IV 65 S. 65 Aus den Erwägungen: 2. a) Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass der Dieb, der beim Verkauf der gestohlenen Sache dem gutgläubigen Erwerber vortäuscht, er sei der rechtmässige Eigentümer, sowohl wegen Diebstahls als auch wegen Betruges strafbar ist. Mit Recht nicht, denn die zweite Tat, durch die der Dieb den Erwerber durch Verschweigung der Herkunft der BGE 94 IV 65 S. 66 Kaufsache um den Kaufpreis prellt, ist weder eine notwendige oder bloss untergeordnete Folge des vorausgehenden Diebstahls, noch wird der Betrug durch die Bestimmung über den Diebstahl oder diese Tat durch Art. 148 StGB miterfasst ( BGE 72 IV 9 ff. und ständige Rechtsprechung). b) Dagegen machen die Beschwerdeführer unter Berufung auf einen nicht veröffentlichten Entscheid des Kassationshofes vom 3. Dezember 1943 geltend, dass eine doppelte Bestrafung dann nicht am Platze sei, wenn der dem Betrug vorausgehende Diebstahl gewerbsmässig begangen wurde. In diesem Falle schliesse die Absicht des Täters, sich aus der strafbaren Tätigkeit ein Erwerbseinkommen zu verschaffen, notwendig auch den Vorsatz in sich, das Diebesgut in Geld umzusetzen, den er praktisch nicht anders als durch arglistige Täuschung der Käufer verwirklichen könne. Der Verkauf des gestohlenen Gutes sei somit nur eine Teilhandlung des gewerbsmässigen Diebstahls. Das Bundesgericht hat indessen die im erwähnten Entscheid vertretene Theorie der straflosen Nachtat, wonach bei zwei Einzelhandlungen, die objektiv oder subjektiv miteinander verbunden sind, die Nachtat durch die auf die Haupttat anwendbare Bestimmung mitgesühnt werden soll, bereits im Entscheid Behrenstamm vom 19. Oktober 1945 ( BGE 71 IV 207 ) aufgegeben und seither zwischen den Einzelhandlungen eines Tatkomplexes ständig Realkonkurrenz angenommen, soweit nicht dem Sinn des Strafgesetzes deutlich zu entnehmen ist, dass die für die Haupttat ausgefällte Strafe auch die Vor- oder Nachtat abgelten soll ( BGE 72 IV 116 , BGE 77 IV 16 und 92, BGE 79 IV 62 , BGE 80 IV 256 , BGE 81 IV 248 , BGE 84 IV 127 , BGE 87 IV 8 , BGE 89 IV 87 ). Von dieser in der Beschwerde nicht angefochtenen Rechtsprechung abzugehen oder sie dann nicht anzuwenden, wenn der Täter die Delikte gewerbsmässig begeht, besteht kein Grund. Unzutreffend ist schon die Annahme der Beschwerdeführer, dass die Absicht des Diebes, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, praktisch nur durch den Verkauf der gestohlenen Sachen, also durch gewerbsmässige Betrüge verwirklicht werden könne. Denn der Täter, der Bargeld, Inhaberpapiere oder Sachen zum Eigengebrauch stiehlt, hat sein Ziel bereits erreicht, ohne dass eine betrügerische Veräusserung dazu kommen muss. Auch begeht der Dieb den nachfolgenden Betrug trotz der Absicht, sich ein Erwerbseinkommen zu verschaffen, dann BGE 94 IV 65 S. 67 nicht gewerbsmässig, wenn er die gestohlenen Güter ohne die Bereitschaft, gegen unbestimmt viele zu handeln, nur an einen einzigen Abnehmer verkauft. Es ist daher sowohl unter dem Gesichtspunkt der Schuld als auch unter dem des Erfolges nicht das gleiche, ob sich der Täter darauf beschränkt, gewerbsmässig zu stehlen, oder ob er sich zusätzlich auch noch des gewerbsmässigen Betruges schuldig macht. Im letzteren Falle liegen nicht weniger als dann, wenn der Täter einen einfachen Diebstahl und Betrug verübt, zwei selbständige Verbrechen vor, für die ebenso eine nach Art. 68 Ziff. 1 StGB verschärfte Strafe auszusprechen ist. Hievon eine Ausnahme zu machen und den gewerbsmässig handelnden Täter nachsichtiger zu behandeln, wäre um so widerspruchsvoller, als derjenige, der das Verbrechen zu einer Verdienstquelle macht und bereit ist, unbestimmt viele zu bestehlen und zu betrügen, eine erhöhte Strafe verdient, weshalb denn auch das Strafgesetz den gewerbsmässigen Dieb und gewerbsmässigen Betrüger strenger als den gewöhnlichen Täter bestraft wissen will. Dabei macht das Gesetz keinen Unterschied, ob der gewerbsmässige Diebstahl und Betrug unabhängig voneinander begangen werden oder ob zwischen ihnen irgendein Zusammenhang besteht. Unwesentlich ist auch, ob den nacheinander begangenen Diebstählen und Betrügen verschiedene Willensentschlüsse zugrunde liegen oder ob sich der Täter zu den mehreren Verbrechen gleichzeitig entschlossen hat. Wie der Kassationshof schon wiederholt entschieden hat, macht die Einheit des Willensentschlusses allein einen Komplex von strafbaren Handlungen nicht zu einem einzigen Verbrechen ( BGE 79 IV 62 , BGE 80 IV 256 , BGE 89 IV 88 ). Der einheitliche Willensentschluss ändert nichts daran, dass der Täter verschiedene Verbrechen begehen will und dass sein Vorsatz, Diebstähle und Betrüge zu verüben, auch noch im Zeitpunkt fortbesteht, in dem er seinen Entschluss in die Tat umsetzt. Nicht anders verhält es sich mit der Absicht, Diebstähle und Betrüge gewerbsmässig zu begehen. Dass der dahingehende Entschluss für beide Verbrechen gemeinsam gefasst worden ist, bedeutet nicht, dass das gewerbsmässige Vorgehen nur bei der Bemessung der Strafe für die Diebstähle berücksichtigt werden dürfe; soweit es auch die nachfolgenden Betrüge auszeichnet, fallen auch diese dem grösseren Verschulden und dem schwereren Erfolg entsprechend unter die dafür vorgesehene erhöhte Strafandrohung. Ebensowenig folgt BGE 94 IV 65 S. 68 aus der Gemeinsamkeit des gleichen Tatbestandsmerkmales der Gewerbsmässigkeit, dass deswegen die nacheinander begangenen Delikte ihre Selbständigkeit verlören und die Strafe für das eine auch das andere abgelte. Ein solcher Schluss ist dem Strafgesetz nicht zu entnehmen und vertrüge sich mit den Grundsätzen des Schuldstrafrechts, namentlich mit Art. 68 StGB auch nicht.
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Erwägungen ab Seite 33 BGE 133 V 33 S. 33 Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Streitig ist, ob der Beschwerdeführer über eine den Regelungen des Schweizerischen Verbandes der Leiter medizinisch-analytischer Laboratorien BGE 133 V 33 S. 34 (Foederatio Analyticorum Medicinalium Helveticorum; nachfolgend: FAMH) gleichwertige Weiterbildung im Sinne von Art. 42 Abs. 3 Satz 2 KLV verfügt. Das Eidgenössische Departement des Innern hat dies verneint, da weder mit Bezug auf eine monodisziplinäre FAMH-Weiterbildung in einem der vom Gesuchsteller gewünschten Bereiche (Hämatologie, klinische Chemie, klinische Immunologie und medizinische Mikrobiologie) noch mit einer pluridisziplinären FAMH-Weiterbildung die zeitlichen und inhaltlichen Voraussetzungen erfüllt seien. 2.2 Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige Auslegung des Begriffs der gleichwertigen Aus- und Weiterbildung im Sinne von BGE 133 V 33 S. 35 Art. 54 Abs. 3 KVV in Verbindung mit Art. 42 Abs. 3 KLV und Art. 9 FZA . Zudem gelte nach Art. 2 FZA ein Diskriminierungsverbot für Staatsangehörige einer Vertragspartei. Der private FAMH- Weiterbildungstitel sei zwar in Anhang III des Freizügigkeitsabkommens nicht formell geregelt, doch müsse das Landesrecht in dessen Sinn und Geist ausgelegt werden. Gerügt wird weiter, dass eine gleichwertige und nicht eine identische Aus- und Weiterbildung von Leitern medizinisch-analytischer Laboratorien vorausgesetzt werde. Dabei sei die Prüfung der Gleichwertigkeit nach materiellen und inhaltlichen Kriterien und nicht nach einem zahlenmässigen System durchzuführen. Seit 1992 führe er den Titel eines Laborarztes mit Gültigkeit für ganz Deutschland und alle EU-Länder. Zudem sei er von 1993 bis 2001 Mitinhaber einer Gemeinschaftspraxis für Labormedizin in Nürnberg gewesen und habe somit während mehr als acht Jahren ein Labor im Sinne von Art. 54 Abs. 3 KVV geführt. Ausserdem habe die Vorinstanz das rechtliche Gehör verletzt, indem sie nicht geprüft habe, ob seine Aus- und Weiterbildung trotz formaler Unterschiede und unter Mitberücksichtigung seiner praktischen Erfahrung inhaltlich der FAMH-Qualifikation gleichwertig sei. (...) 9. (...) 9.4 Bei diesen Gegebenheiten erscheint die Frage berechtigt, ob nicht ein Teil der effektiv ausgeübten Tätigkeit als Laborleiter angerechnet oder zumindest mitberücksichtigt werden kann. Nach den Übergangsbestimmungen des Reglements-FAMH wird innerhalb bestimmter Grenzen eine praktische Tätigkeit als Weiterbildung angerechnet. Dabei wird unter praktischer Erfahrung eine hauptamtliche Tätigkeit verstanden, welche dem Inhalt des Lernzielkatalogs entspricht (vgl. Ziff. 8.1 Abs. 1). Es betrifft dies insbesondere den monodisziplinären Titel "Spezialist für medizinisch- genetische Analytik FAMH" (Ziff. 8.1 Abs. 2) und den monodisziplinären Titel "Spezialist für hämatologische Analytik FAMH" gemäss Ziff. 8.2 Abs. 2 sowie den pluridisziplinären Titel (inkl. medizinisch-genetische Analytik; Ziff. 8.3). Ohne dass das Reglement-FAMH eine abschliessende Übergangsordnung enthält, können in diesen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen jeweils zwei Jahre praktischer Haupttätigkeit als ein Jahr Weiterbildung angerechnet werden. Dies zeigt, dass nach dem System der Regelungen der FAMH in Bezug auf den Ausbildungsstand und die BGE 133 V 33 S. 36 Fachkenntnisse eine Weiterbildungszeit durch eine Zeit praktischer Tätigkeit kompensiert werden kann. In diesem Rahmen wird somit Gleichwertigkeit angenommen. Auch Art. 11 Abs. 3 lit. a der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Weiterbildung und die Anerkennung der Diplome und Weiterbildungstitel der medizinischen Berufe (SR 811.113) sieht die Anrechenbarkeit einer selbstständigen Praxistätigkeit an die geforderte Weiterbildung vor. Die Übergangsbestimmungen kommen Personen zugute, die während ihrer Weiterbildung oder Praxistätigkeit in zeitlicher Hinsicht noch nicht den zur Diskussion stehenden Vorschriften unterstanden. Eine in die Schweiz einwandernde Person befindet sich in einer vergleichbaren Situation, indem sie während ihrer Weiterbildung oder Praxistätigkeit in räumlicher Hinsicht noch nicht den zur Diskussion stehenden Vorschriften unterstand. Die Richtlinien der FAMH sind so auszulegen, dass sie sich für Laborleiter aus dem EU-Raum nicht ungünstiger auswirken als auf Personen mit einer in der Schweiz abgeschlossenen Aus- und Weiterbildung. Daher kann die praktische Tätigkeit bei der Prüfung der Gleichwertigkeit nicht gänzlich ausser Acht gelassen werden. Vielmehr ist sie angemessen zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit der Gleichwertigkeit ausländischer Aus- oder Weiterbildung in durch keine Richtlinie geregelten Sachverhalten hat der EuGH übrigens erwogen, die mit einem Antrag auf Zulassung zu einem Beruf befasste Behörde, dessen Aufnahme nach nationalem Rechtvom Besitz eines Diploms oder einer beruflichen Qualifikation oder von Zeiten praktischer Erfahrung abhänge, habe sämtliche Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise sowie die einschlägige Erfahrung der betroffenen Person in der Weise zu berücksichtigen, dass sie die durch diese Nachweise und diese Erfahrung belegten Fachkenntnisse mit den nach nationalem Recht vorgeschriebenen Kenntnissen und Fähigkeiten vergleiche. Führe diese vergleichende Prüfung der Diplome und der entsprechenden Berufserfahrung zu der Feststellung, dass die durch das im Ausland ausgestellte Diplom bescheinigten Kenntnisse und Fähigkeiten einander nur teilweise entsprechen, so könne die zuständige Behörde vom Betroffenen den Nachweis verlangen, dass er die nicht belegten Kenntnisse und Fähigkeiten tatsächlich erworben habe (Urteile des EuGH vom 14. September 2000 in der Rechtssache C-238/98, Hocsman , Slg. 2000, I-6623; vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-340/89, Vlassopoulou , Slg. 1991, I-2357 und BGE 133 V 33 S. 37 vom 22. Januar 2002 in der Rechtssache C-31/00, Conseil national de l'ordre des architectes/Nicolas Dreessen , Slg. 2002, I-663; vgl. auch JACQUES PERTEK, L'Europe des professionnels de la santé, in: Nihoul/Simon [Hrsg.], L'Europe et les soins de santé, Brüssel 2005, S. 231 ff.). Aufgrund der Akten ist allerdings nicht ersichtlich, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Laborleiter in Deutschland von ihrem Inhalt her als dem Lernzielkatalog der FAMH entsprechend bewertet werden kann. 9.5 (Rückweisung zu ergänzender Sachverhaltsabklärung und neuem Entscheid)
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Sachverhalt ab Seite 107 BGE 135 V 106 S. 107 A. Der 1952 geborene D. war bei der Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana) obligatorisch krankenpflegeversichert, als er sich am 7. Februar 2007 einer Katarakt-Operation unterzog. Die Helsana übernahm die Kosten dieser Operation (...). Bereits vor und erneut nach dem Eingriff forderte sie den Versicherten auf, sich bei der Eidg. Invalidenversicherung (nachfolgend: IV) zum Leistungsbezug (medizinische Eingliederungsmassnahmen) anzumelden. Nachdem dies unterblieben war, meldete die Helsana ihrerseits D. bei der IV an (Schreiben vom 6. Juli 2007). Mit Verfügung vom 29. Oktober 2007 trat die IV-Stelle Bern nicht auf das Leistungsbegehren ein. Zur Begründung erklärte sie, die Helsana sei nicht legitimiert, den Versicherten anzumelden. B. In Gutheissung der dagegen von der Helsana erhobenen Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache an die IV-Stelle zurück "zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen". In den Erwägungen hielt das Gericht fest, die IV-Stelle habe auf die Anmeldung vom 6. Juli 2007 einzutreten und die erforderlichen Abklärungen zur Beurteilung ihrer Leistungspflicht vorzunehmen (Entscheid vom 14. Februar 2008). C. Die IV-Stelle Bern erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben. Die Helsana schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) deren Gutheissung beantragt. Die Beschwerde wird abgewiesen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Wer Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung erhebt, hat sich auf amtlichem Formular anzumelden und eine Ermächtigung zur Einholung weiterer Auskünfte zu erteilen ( Art. 65 Abs. 1 IVV [SR 831.201]). Befugt zur Geltendmachung des Anspruchs sind der Versicherte, sein gesetzlicher Vertreter sowie Behörden oder Dritte, die den Versicherten regelmässig unterstützen oder dauernd betreuen ( Art. 66 Abs. 1 IVV ). 4.2 Die Helsana ist für die Kosten der Katarakt-Operation (...) aufgekommen. Darin liegt offensichtlich weder eine regelmässige BGE 135 V 106 S. 108 Unterstützung noch eine dauernde Betreuung im Sinne von Art. 66 Abs. 1 IVV . Falls die dortige Umschreibung der Anmeldeberechtigung als abschliessend zu gelten hat, war der Nichteintretensentscheid der IV-Stelle korrekt. Im Folgenden bleibt zu prüfen, ob die Beschwerdegegnerin gestützt auf eine andere Rechtsgrundlage zur Anmeldung befugt ist. 5. 5.1 Die Beschwerdegegnerin leitet ihre Anmeldebefugnis daraus ab, dass sie gemäss Art. 70 Abs. 2 lit. a ATSG (SR 830.1) für die Übernahme der Operationskosten vorleistungspflichtig gewesen sei. Die Beschwerdeführerin und ihr folgend das BSV bestreiten zunächst das Bestehen einer Vorleistungspflicht. Sie machen geltend, eine solche setze voraus, dass der betroffene Versicherer im Zeitpunkt seiner Zahlung bezweifle, ob er für die Leistungserbringung zuständig sei. Ein solcher Zweifel könne allenfalls bejaht werden, wenn der Versicherungsträger die berechtigte Person vor oder bei der Erbringung seiner eigenen Leistung auffordere, sich bei einer anderen Sozialversicherung anzumelden. Im Rahmen des invalidenversicherungsrechtlichen Verfahrens habe der Krankenversicherer indessen erklärt, er habe die Kosten der Katarakt-Operation übernommen und die berechtigte Person erst im Nachhinein zur Anmeldung bei der IV aufgefordert. 5.2 Aus den Akten ergibt sich, dass die Helsana den Versicherten bereits mit Schreiben vom 9. Januar 2007, unmittelbar nach Eingang der Information über die für den 7. Februar 2007 vorgesehene Operation und vor der Erbringung ihrer Leistung, aufgefordert hat, sich bei der Invalidenversicherung anzumelden. Damit ist der für die Vorleistungspflicht kennzeichnende Zweifel an der (definitiven) eigenen Leistungspflicht (vgl. Art. 70 Abs. 1 ATSG und UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 17 zu Art. 70 ATSG ) gegeben. Es ist daher nicht näher zu untersuchen, wie die Sache andernfalls zu beurteilen wäre. 6. Zu prüfen bleibt, ob die (erfüllte) Vorleistungspflicht des Krankenversicherers nach Art. 70 Abs. 2 lit. a ATSG diesem das Recht verschafft, die versicherte Person unabhängig von deren Willen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (medizinische Massnahmen) anzumelden. 6.1 Hat ein vorleistungspflichtiger Versicherungsträger Leistungen erbracht und wird der Fall von einem anderen Träger übernommen, BGE 135 V 106 S. 109 so hat dieser die Vorleistungen im Rahmen seiner Leistungspflicht zurückzuerstatten ( Art. 71 ATSG ). Um die Übernahme des Falles durch den zuständigen Träger zu gewährleisten, bestimmt Art. 70 Abs. 3 ATSG , die berechtigte Person habe sich bei den in Frage kommenden Sozialversicherern anzumelden. Kommt die versicherte Person, wie hier, der ihr durch diese Bestimmung auferlegten Verpflichtung nicht nach, stellt sich die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen dieses Verhaltens. Das Gesetz enthält keine diesbezüglichen Bestimmungen. Dementsprechend hat das Gericht eine Regel aufzustellen (vgl. Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB ). Im Schrifttum werden dazu verschiedene Positionen vertreten: 6.1.1 Eine Lehrmeinung verneint (implizit) ein Anmelderecht des vorleistenden Versicherungsträgers und spricht diesem stattdessen - ausgehend von den bereichsspezifischen Regelungen auf Verordnungsstufe in Art. 51 Abs. 2 UVV (SR 832.202) und 29 Abs. 2 der Verordnung vom 10. November 1993 über die Militärversicherung (MVV; SR 833.11) - die Befugnis zu, die eigenen Leistungen davon abhängig zu machen, dass die versicherte Person ihrerseits die Anmeldung vornimmt (FRANZ SCHLAURI, Die zweigübergreifende Verrechnung und weitere Instrumente der Vollstreckungskoordination des Sozialversicherungsrechts, in: Sozialversicherungsrechtstagung 2004, S. 137 ff., 180). Einen ähnlichen Standpunkt vertritt die Beschwerdeführerin. 6.1.2 Eine andere Auffassung leitet die Anmeldebefugnis aus einer Analogie zur Weiterleitungspflicht nach Art. 30 ATSG ab (KIESER, a.a.O., N. 35 [am Ende] zu Art. 70 ATSG ); derselbe , in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007 [nachfolgend: SBVR], S. 329 Rz. 276) oder bezeichnet diese Konzeption als noch nicht abschliessend geklärt (THOMAS GÄCHTER, Grundlegende Prinzipien des Koordinationsrechts, in: Sozialversicherungsrechtliche Leistungskoordination, 2006, S. 9 ff., 54 f.). 6.1.3 Nach Ansicht eines weiteren Autors kommt die Nichtanmeldung faktisch einem Verzicht auf Leistungen gleich. Dieser könne jedoch nur schriftlich erfolgen ( Art. 23 Abs. 1 Satz 3 ATSG ) und sei überdies nichtig, sofern schutzwürdige Interessen Dritter beeinträchtigt würden. Deshalb sei der vorleistungspflichtige Versicherer als legitimiert zu betrachten, die Anmeldung vorzunehmen (HANS-JAKOB MOSIMANN, Vorleistungen nach ATSG, in: Das prekäre Leistungsverhältnis im Sozialversicherungsrecht, 2008, S. 107 ff., 112 f.). BGE 135 V 106 S. 110 6.1.4 Schliesslich wird die Anmeldebefugnis auch aus dem Grundsatz der Einheit des Prozesses abgeleitet: Ein vorleistungspflichtiger Versicherer sei legitimiert, den Entscheid eines anderen Trägers auf dem Rechtsmittelweg anzufechten (Befugnis zur Anfechtung "pro Adressat"; vgl. BGE 134 V 153 E. 5.4 S. 159 f. mit Hinweisen; zum Verhältnis Invalidenversicherung-Krankenversicherung siehe Art. 88 quater Abs. 1 IVV sowie MARIA LONDIS, Das Verhältnis der Krankenversicherer zu den anderen Sozialversicherungen, SZS 2001 S. 132 ff., 133 f.). Er müsse deshalb den entsprechenden Anspruch auch mittels Anmeldung geltend machen können (KIESER, Vorleistungspflichten der Pensionskassen nach BVG und ATSG - Fragen und einige Antworten, in: Die 1. BVG-Revision. Neue Herausforderungen - Praxisgerechte Umsetzung, 2005, S. 101 ff., 109). 6.2 Die erwähnten Positionen sind in grundsätzlicher Hinsicht wie folgt zu beurteilen: 6.2.1 Die Weiterleitungspflicht gemäss Art. 30 ATSG begründet keine Pflicht des empfangenden Trägers, auf ein Leistungsgesuch einzutreten. Ihr Zweck besteht darin, zu verhindern, dass ein Gesuch nur deshalb materiell unbehandelt bleibt, weil es bei einer unzuständigen Behörde eingereicht wurde. Im Fall der Vorleistung liegt keine derartige Konstellation vor, denn der vorleistende Versicherungsträger ist zur Leistungserbringung an die versicherte Person zuständig. Die spätere Abwicklung im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern beschlägt nicht den Anwendungsbereich von Art. 30 ATSG . Ebenso wenig besteht eine Grundlage für einen Analogieschluss. 6.2.2 Der Standpunkt, die Anmeldebefugnis lasse sich aus der mit der Vorleistungspflicht verbundenen Beschwerdelegitimation ("pro Adressat") ableiten, wird - entgegen der Argumentation des BSV in seiner Vernehmlassung - durch die ältere Rechtsprechung gestützt. Danach muss, wer aus eigenem Recht Verwaltungsgerichtsbeschwerde (gemäss dem bis Ende 2006 gültig gewesenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege [OG]) führen kann, auch im kantonalen Beschwerdeverfahren und im Anmeldeverfahren aus eigenem Recht legitimiert sein ( BGE 98 V 54 E. 1 S. 55 f.; kritisch dazu: KIESER, Das Verwaltungsverfahren in der Sozialversicherung, 1999, S. 136 ff. Rz. 305 ff.). In jüngeren Urteilen betonte das Eidg. Versicherungsgericht ebenfalls den engen Zusammenhang zwischen der Legitimation, einen bestimmten Anspruch BGE 135 V 106 S. 111 auf dem Rechtsmittelweg geltend zu machen, und der Befugnis, die versicherte Person bei der Verwaltung zum Bezug dieser Leistung anzumelden ( BGE 130 V 560 E. 4.3 S. 568 mit Hinweis auf FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 153; SVR 2005 ALV Nr. 5 S. 13, C 12/04 E. 3.1; Urteil I 559/05 vom 31. März 2006 E. 2.2). Die Ableitung eines Anmelderechts aus dem Grundsatz der Einheit des Prozesses ist somit prinzipiell denkbar. 6.2.3 Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und 3 ATSG kann die berechtigte Person auf Versicherungsleistungen verzichten. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. Er ist nichtig, wenn die schutzwürdigen Interessen von anderen Personen, von Versicherungen oder Fürsorgestellen beeinträchtigt werden ( Art. 23 Abs. 2 ATSG ). In casu liegt kein schriftlicher Verzicht auf Leistungen vor. Die Lehre betrachtet das einfache Unterlassen der Anmeldung nicht als Verzicht im Sinne von Art. 23 ATSG (GHISLAINE FRÉSARD-FELLAY, De la renonciation aux prestations d'assurance sociale [art. 23 LPGA/ATSG], HAVE 2002 S. 335 ff., 337; KIESER, Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG], in: SBVR, S. 256 Rz. 60 und S. 267 Rz. 94; derselbe , ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 7 zu Art. 23 und N. 13 zu Art. 29 ATSG ; GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: SBVR, S. 811 Rz. 1197; ANDRÉ PIERRE HOLZER, Verjährung und Verwirkung der Leistungsansprüche im Sozialversicherungsrecht, 2005 S. 77). Die Annahme einer Nichtigkeit in analoger Anwendung von Art. 23 ATSG setzt daher jedenfalls voraus, dass die Nichtanmeldung im konkreten Zusammenhang qualifizierende Elemente aufweist. Als Konsequenz der Annahme von Nichtigkeit wäre die Bejahung eines Anmelderechts des betroffenen Sozialversicherers möglich. 6.3 6.3.1 Soweit das ATSG einen Versicherungsträger für vorleistungspflichtig erklärt, statuiert es in Art. 70 Abs. 3 ATSG eine Verpflichtung der versicherten Person, ihre Ansprüche gegenüber anderen Versicherern anzumelden. Daraus wird deutlich, dass der Anmeldung in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zukommt. Das Gesetz überlässt es nicht dem Belieben der versicherten Person, ob sie sich beim zuständigen Versicherer anmelden will. Das Unterlassen der Anmeldung - unter Missachtung der entsprechenden gesetzlichen Verpflichtung - hat in diesem Zusammenhang nicht nur zur Folge, dass der entsprechende Anspruch mit der Zeit erlischt (vgl. Art. 24 Abs. 1 ATSG ), sondern verunmöglicht es auch BGE 135 V 106 S. 112 der Beschwerdegegnerin, welche Vorleistungen erbracht hat, eine auf Art. 71 ATSG gestützte Forderung geltend zu machen. Diese Auswirkungen sind in ihrer Intensität jenen eines formellen Verzichts im Sinne von Art. 23 ATSG gleichzusetzen. Sie lassen sich vermeiden, wenn der Träger, welcher Vorleistungen erbracht hat, die Anmeldung aus eigenem Recht vornehmen kann. Auch unter dem Gesichtspunkt der Einheit des Prozesses ist ein berechtigtes Interesse des vorleistungspflichtigen Versicherers gegeben, welches die Annahme einer Anmeldebefugnis rechtfertigt. Die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen einer Verletzung der Anmeldepflicht gemäss Art. 70 Abs. 3 ATSG ist deshalb dahingehend zu beantworten, dass derjenige Sozialversicherungsträger, welcher in Erfüllung einer Verpflichtung nach Art. 70 Abs. 1 und 2 ATSG Vorleistungen erbracht hat, die versicherte Person aus eigenem Recht beim von ihm als zuständig erachteten Träger anmelden kann. Damit kann offenbleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gesichtspunkte der Einheit des Prozesses (E. 6.1.4 hiervor) und der Nichtigkeit eines Verzichts (E. 6.1.3 hiervor) auch in anderen Konstellationen eine Anmeldebefugnis Dritter zu begründen vermögen. 6.3.2 Nach dem Gesagten kann die versicherte Person den vorleistungspflichtigen Sozialversicherer nicht daran hindern, beim letztendlich zuständigen Versicherungsträger im Rahmen von Art. 71 ATSG die Rückerstattung der Vorleistungen zu verlangen. Unterlässt sie die Anmeldung, ist der Versicherer, welcher Vorleistungen erbracht hat, befugt, diese aus eigenem Recht vorzunehmen. Das Anmelderecht steht demnach neben den in Art. 66 Abs. 1 IVV genannten Berechtigten auch dem im Verhältnis zur Invalidenversicherung vorleistungspflichtigen Träger zu, welcher seine gesetzliche Vorleistungspflicht erfüllt hat. Soweit Rz. 1015 des Kreisschreibens des BSV über das Verfahren in der Invalidenversicherung (KSVI; [http:/www.sozialversicherungen.admin.ch]) etwas anderes besagt, ist die Verwaltungsweisung nicht rechtmässig.
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Sachverhalt ab Seite 185 BGE 118 II 184 S. 185 A.-
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Sachverhalt ab Seite 269 BGE 107 Ia 269 S. 269 Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hat am 17. September 1980 die Einschätzung der Beschwerdeführerin durch die kantonale Steuerverwaltung mit einem steuerbaren BGE 107 Ia 269 S. 270 Reingewinn für die kantonalen Steuern von Fr. 245'900.-- für die Steuerperiode 1977/78 bestätigt. Die Beschwerdeführerin hat neben der Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend die Wehrsteuer den erwähnten Entscheid betreffend die kantonalen Steuern mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten und am 12. November 1981 nachträglich ein Begehren um aufschiebende Wirkung gestellt. Die kantonale Steuerverwaltung verzichtet auf eine Stellungnahme zu diesem Begehren, hält aber dafür, die Praxis des Bundesgerichtes, auch bei staatsrechtlichen Beschwerden in kantonalen Steuersachen in der Regel die aufschiebende Wirkung zu gewähren, sei zweifelhaft. Die Beschwerdeführerin hat, anders als zahlreiche andere Beschwerdeführer, ihr Begehren um aufschiebende Wirkung eingehend begründet; sie weist daraufhin, dass die kantonale Steuerverwaltung bereits eine Sicherstellungsverfügung gestützt auf Art. 169/170 StG zum Schutze der erwähnten Steuerforderung erlassen hat mit gleichzeitiger Aufforderung zur Sicherheitsleistung. Die Beschwerdeführerin hält dafür, sie habe gestützt auf Art. 94 OG bei richtiger Interessenabwägung einen Rechtsanspruch auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Gegen die erwähnte Sicherstellungsverfügung hat die Beschwerdeführerin Betreibungsbeschwerde gemäss Art. 17 SchKG beim Kantonsgericht von Graubünden eingereicht und geltend gemacht, das aus dem Wehrsteuerrecht ins kantonale Recht übernommene Rechtsinstitut der Sicherstellungsverfügung mit Arrestwirkung stehe den Kantonen nicht zu und sei bundesrechtswidrig. Diese Beschwerde ist noch hängig, und der kantonale Gerichtspräsident hat der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. Erwägungen Erwägungen: 1. Wird bei einer staatsrechtlichen Beschwerde betreffend eine Geldforderung die aufschiebende Wirkung beantragt, so hat der Abteilungspräsident aufgrund der konkreten Umstände zu entscheiden, welches die Tragweite des Antrages und seiner Entscheidung sein soll ( BGE 106 Ia 159 ). Der Abteilungspräsident nimmt dabei im Rahmen von Art. 94 OG eine Interessenabwägung vor; er wägt dabei die öffentlichen Interessen an einer sofortigen Vollstreckung der Geldforderung ab gegenüber den Privatinteressen an einem Aufschub der Vollstreckung, bis die angebliche Verfassungswidrigkeit höchstrichterlich geprüft wurde; dabei BGE 107 Ia 269 S. 271 anerkennt die Rechtsprechung der Entscheidungsinstanz einen Ermessungsspielraum zu ( BGE 106 Ib 295 mit Verweisungen). Diese Interessenabwägung kann unterbleiben, wenn die zur Vernehmlassung eingeladene kantonale Behörde sich mit der Erteilung der aufschiebenden Wirkung einverstanden erklärt. Bei Nichtäusserung innert Frist kann häufig angenommen werden, die Behörde habe gegen die Gewährung der aufschiebenden Wirkung nichts einzuwenden. Stellt dagegen die kantonale Behörde den Entscheid in das Ermessen des Abteilungspräsidenten oder beantragt sie Abweisung des Begehrens, so muss die Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei lassen sich die Grundsätze, die für die Verwaltungsrechtspflege entwickelt wurden (vgl. dazu Fritz GYGI, Aufschiebende Wirkung und vorsorgliche Massnahmen in der Verwaltungsrechtspflege, ZBl 77/1976, 1 ff.) nicht unbesehen auf die Staatsrechtspflege übertragen, da ja mindestens im Bundesrecht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Verfügung, die zu einer Geldleistung verpflichtet, von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hat, während dies bei der staatsrechtlichen Beschwerde nicht zutrifft. Das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren ist nicht einfach die Weiterführung eines kantonalen Verfahrens, sondern ein selbständiges, ausserordentliches Rechtsmittel, bei dem geprüft wird, ob ein kantonaler Entscheid, der an sich rechtskräftig und vollstreckbar ist, ausnahmsweise verfassungsmässige Rechte der Bürger verletzt. Aus der Eigenständigkeit der Kantone folgt, dass in diesem Bereich kantonaler Hoheit nur eingegriffen werden soll, soweit wirklich Massnahmen erforderlich sind, um den bestehenden Zustand zu erhalten und konkrete rechtliche Interessen einstweilen sicherzustellen ( Art. 94 OG ). Diese Notwendigkeit einer vorsorglichen Verfügung hat der Gesuchsteller grundsätzlich darzutun, auch bei Steuerforderungen. 2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin führt die Interessenabwägung keineswegs in allen staatsrechtlichen Steuerstreitigkeiten zur Gutheissung des Begehrens um aufschiebende Wirkung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Vollstreckbarkeit der kantonalrechtlichen Steuerforderungen die Regel und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung trotz Einsprache der kantonalen Behörde die Ausnahme sein muss. Es besteht an sich ein schützenswertes öffentliches Interesse, dass das Veranlagungsverfahren nicht durch Willkürbeschwerden hinausgezögert wird, die sich bei näherem Zusehen als haltlos erweisen. In einer Zeit, BGE 107 Ia 269 S. 272 in der allgemein bekannt ist, dass gerade die mit den Abgabensachen betraute Abteilung des Bundesgerichtes stark überlastet ist, wächst die Gefahr, dass der Wunsch, Zeit zu gewinnen, auch wenn Verzugszinsen bezahlt werden müssen, bei zahlreichen staatsrechtlichen Willkürbeschwerden in Steuersachen wesentlich mitspielt. Dies ist jedoch kein schützenswertes rechtliches Interesse im Sinne von Art. 94 OG . Der Bürger muss wissen, dass er im Falle des Obsiegens Anspruch darauf hat, den aufgrund einer verfassungswidrigen Veranlagung zuviel bezahlten Steuerbetrag mit Verzugszinsen zurückzuerhalten; in der Regel entsteht ihm deshalb aus der sofortigen Vollstreckbarkeit kein Nachteil, der eine vorsorgliche Verfügung im Sinne von Art. 94 OG nötig macht. Anders liegen die Verhältnisse, wenn der strittig gebliebene Teil der Steuerforderung so gross ist, dass der Steuerpflichtige nachgewiesenermassen in Zahlungsschwierigkeiten käme, wenn er die umstrittene Forderung vor Abklärung ihrer Verfassungsmässigkeit bezahlen müsste. Trifft dies zu, so geht sein Privatinteresse an der nicht sofortigen Vollstreckung vor; doch muss auch dann auf Antrag hin ein allfälliger Anspruch des Kantons auf Sicherstellung der von der letzten kantonalen Instanz beurteilten Steuerforderung geprüft werden. 3. Im vorliegenden Fall hat der Kanton nicht sofort die Vollstreckung der Steuerforderung durch Betreibung eingeleitet, sondern gestützt auf kantonales Recht Sicherstellung verlangt. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Zulässigkeit dieses Vorgehens und im kantonalen Beschwerdeverfahren wurde ihr diesbezüglich aufschiebende Wirkung gewährt. Unter diesen Umständen ist zur Zeit keine vorsorgliche Verfügung des Abteilungspräsidenten des Bundesgerichts in der hier hängigen staatsrechtlichen Beschwerde erforderlich. Bejaht das Kantonsgericht als Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen die Rechtmässigkeit der erlassenen Sicherstellungsverfügung und die Höhe der Garantieleistung, so wird diesbezüglich das Bundesgericht in einem separaten Verfahren angerufen werden; diesem Verfahren ist nicht vorzugreifen.
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Sachverhalt ab Seite 161 BGE 136 III 161 S. 161 A.X.-Y., geboren im Jahre 1959, ist die Tochter von B.R. und C.R. Im September 1964 wurde diese Ehe geschieden und die Mutter BGE 136 III 161 S. 162 heiratete kurz darauf Y. Auf Gesuch der Mutter hin bewilligte der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen am 12. September 1967, dass ihre Kinder aus erster Ehe, A.R. und ihre beiden Brüder, den Familiennamen "Y." führen. A.Y. erwarb durch die Heirat am 3. Mai 1989 den Familiennamen "X." und trug fortan den Allianznamen "X.-Y.". Mit Eingabe vom 5. August 2008 ersuchte A.X.-Y. das Gemeindeamt des Kantons Zürich, Abteilung Zivilstandswesen, die Änderung des Namens von "X.-Y." in "R. X." zu bewilligen. Die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich wies das Gesuch um Namensänderung gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB mit Verfügung vom 21. Oktober 2008/31. März 2009 ab. A.X.-Y. gelangte an das Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilabteilung), welches den Rekurs mit Beschluss vom 5. August 2009 abwies und die angefochtene Verfügung bestätigte. A.X.-Y. führt mit Eingabe vom 4. September 2009 Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die Änderung ihres Namens in "R. X." zu bewilligen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde in Zivilsachen ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt das Gesuch der Beschwerdeführerin, welche dem mit der Heirat erworbenen Familiennamen "X." den Namen "R.", den Namen ihres leiblichen Vaters bzw. ersten Ehemannes ihrer Mutter voranstellen will, nachdem sie aufgrund einer in der Kindheit vollzogenen Namensänderung den Namen ("Y.") des zweiten Ehemannes trug. Die Beschwerdeführerin beruft sich im Wesentlichen auf ihre seelischen Probleme und das von ihr eingereichte ärztliche Gutachten, wonach die Namensänderung mit grosser Wahrscheinlichkeit ihre seelische Not lindern und ihr Identitäts- und Selbstwertgefühl verbessern würde. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, objektiv nachvollziehbare Gründe zur Namensänderung verkannt und damit Art. 30 Abs. 1 ZGB verletzt zu haben. 3.1 Der bürgerliche Name einer Person ist grundsätzlich unveränderlich. Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn wichtige Gründe BGE 136 III 161 S. 163 vorliegen ( Art. 30 Abs. 1 ZGB ). Ob im einzelnen Fall ein Grund für eine Namensänderung vorliegt, ist eine Ermessensfrage, die von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist ( Art. 4 ZGB ; BGE 124 III 401 E. 2a S. 402; BGE 126 III 1 E. 2 S. 2). 3.1.1 Ein wichtiger Grund im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB ist gegeben, wenn das Interesse des Namensträgers an einem neuen Namen dasjenige der Allgemeinheit und der Verwaltung an der Unveränderlichkeit des einmal erworbenen und in die Register eingetragenen Namens sowie an der eindeutigen Kennzeichnung und Unterscheidung des Einzelnen überwiegt. Der Name soll dem Namensträger das Fortkommen ermöglichen und erleichtern; aus dem Namen sollen nicht wirkliche Nachteile oder erhebliche Unannehmlichkeiten erwachsen ( BGE 120 II 276 E. 1 S. 277). Die Namensänderung hat den Zweck, ernstliche Nachteile, die mit dem bisherigen Namen verbunden sind, zu beseitigen, wobei vor allem moralische, geistige und seelische, aber auch wirtschaftliche oder administrative Interessen im Spiele stehen können ( BGE 108 II 1 E. 5a S. 4; BGE 124 III 401 E. 2b S. 402; je mit Hinweis; GEISER, Die neuere Namensänderungspraxis des schweizerischen Bundesgerichts, ZZW 1993 S. 375 Ziff. 2.11). Diese Interessen sind jedoch nach objektiven Kriterien, mithin danach zu werten, wie der zu ändernde Name auf die Umwelt wirkt; subjektive Gründe des Namensträgers bleiben bei dieser Wertung grundsätzlich bedeutungslos (RIEMER, Personenrecht des ZGB, 2. Aufl. 2002, S. 114 Rz. 230; DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 4. Aufl. 2001, S. 132 Rz. 427; BÜHLER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 3. Aufl. 2006, N. 5 zu Art. 30 ZGB ). 3.1.2 Ehegatten darf eine Namensänderung aus wichtigen Gründen im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB bewilligt werden, soweit der oder die neuen Namen Art. 160 oder Art. 30 Abs. 2 ZGB entsprechen; die "wichtigen Gründe" sollten sich jedoch in der Regel aus einem Sachverhalt ableiten, der erst nach der Heirat eingetreten ist (Urteil 5A_42/2008 vom 30. Juni 2008 E. 4.1.2, in: FamPra.ch 2009 S. 142; HEGNAUER/BREITSCHMID, Grundriss des Eherechts, 4. Aufl. 2000, Rz. 13.29; BRÄM, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1998, N. 21, 24 zu Art. 160 ZGB ). Einer Ehefrau, die den Namen des Mannes führt ( Art. 160 Abs. 1 ZGB ), kann mit einer Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB ein Doppelname (Voranstellung nach Art. 160 Abs. 2 ZGB ) bewilligt werden (HEGNAUER/BREITSCHMID, a.a.O., Rz. 13.35). Dabei muss der zweite Teil mit dem Mannesnamen BGE 136 III 161 S. 164 übereinstimmen; der erste Teil des Namens braucht nicht notwendigerweise mit dem Namen übereinzustimmen, den die Frau vor der Ehe führte (GEISER, Die Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB unter dem Einfluss des neuen Eherechts, ZZW 1989 S. 34). 3.1.3 Bereits unter dem Namensrecht von 1907 hat das Bundesgericht in BGE 110 II 97 ff. erkannt, dass die Änderung des Allianznamens zulässig ist. Im erwähnten Urteil ging es - wie im hier zu beurteilenden Fall - um die Bewilligung der Namensänderung einer verheirateten Frau, welche aufgrund einer in ihrer Jugend vollzogenen Namensänderung den Namen des zweiten Ehemannes ihrer Mutter trug. Das Bundesgericht entschied, dass es zur Änderung des Allianznamens eines schutzwürdiges Interesses im Sinne eines wichtigen Grundes gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB bedarf ( BGE 110 II 97 E. 3 a.A. S. 100). Die Überlegungen zu den wichtigen Gründen für die Änderung des Allianznamens lassen sich ohne weiteres auf ein - wie hier vorliegendes - Gesuch betreffend die Voranstellung des Namens eines Ehegatten übertragen (BRÄM, a.a.O., N. 25 zu Art. 160 ZGB ). 3.2 Das Obergericht hat - entgegen seiner Erwägung - nicht "offen gelassen", ob die Beschwerdeführerin durch eine Voranstellung ihren Familiennamen "X." verändern kann, sondern Gegenstand des angefochtenen Entscheides ist gerade die Prüfung von wichtigen Gründen für eine derartige Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB . Die von der Beschwerdeführerin anbegehrte Voranstellung des Namens "R.", den Namen ihres leiblichen Vaters bzw. ersten Ehemannes ihrer Mutter, vor den mit der Heirat erworbenen Familiennamen "X." steht mit dem ehelichen Namensrecht ( Art. 160 Abs. 2 ZGB ) in Einklang und ist daher als Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB grundsätzlich möglich (GEISER, a.a.O., ZZW 1989 S. 34). Weiter ist unbestritten, dass der Ehegatte zum Gesuch der Beschwerdeführerin angehört wurde ( BGE 127 III 193 E. 3a S. 194). Umstritten ist hingegen, ob die Vorinstanz ihr Ermessen ( Art. 4 ZGB ) gesetzwidrig ausgeübt hat, wenn sie keine wichtigen Gründe erblickt hat, um der Beschwerdeführerin die Voranstellung des Namens ihres leiblichen Vaters bzw. ersten Ehemannes ihrer Mutter zu bewilligen. 3.3 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass die Beschwerdeführerin vorgebracht hat, vor einigen Jahren wieder vermehrt Kontakt mit ihrem leiblichen Vater aufgebaut zu haben, er ihr eine grosse Stütze in ihrem Leben geworden und sein Tod im Jahre 2005 ein grosser, schmerzvoller Verlust gewesen sei. In der vorliegenden BGE 136 III 161 S. 165 Konstellation (vgl. E. 3.1.3) ist nach BGE 110 II 97 (E. 3b S. 100 f.) das affektive Interesse am Namen des leiblichen Vaters durchaus verständlich und es könnte mit Zurückhaltung als wichtiger Grund zur Namensänderung betrachtet werden. 3.3.1 Das Obergericht hat zur Abweisung des Namensänderungsgesuches jedoch miterwogen, dass die Geschwister der Beschwerdeführerin ihren Namen "Y." nie geändert hatten und sie selber erst nach vielen Jahren die Wiederannahme ihres Geburtsnamens verlangt. Die Beschwerdeführerin übergeht, dass beides - die Namen der Geschwister und die nach Erlangung der Mündigkeit verflossene Zeit - Kriterien sind, die in der vorliegenden Konstellation nach der Rechtsprechung mitzuberücksichtigen sind ( BGE 110 II 97 E. 3b S. 100 f.). 3.3.2 Sodann macht die Beschwerdeführerin geltend, dass sie bereits im Alter von 24 Jahren (im Jahre 1983, also vor der Heirat) ihre erste psychische Krise mit Verlustängsten gehabt habe; eine weitere Krise mit Erschöpfungs- und Überforderungsgefühlen sei nach dem Suizid ihres Bruders im Jahre 1987 gekommen und nach der Heirat bzw. Geburt ihrer Tochter habe sie teils schwere ängstlich-depressive Krisen in den Jahren 1998 und 2002 mit Hospitalisationen durchlebt. Der Tod des Vaters habe die psychischen Probleme wegen der nicht verarbeiteten Vergangenheit vergrössert. Die Beschwerdeführerin betont, dass - was auch die Vorinstanz gewürdigt hat - die erste psychische Krise im Jahre 1983 mit der Namensänderung im Jahre 1967 in Zusammenhang stehe bzw. durch diese verursacht sei. Wenn die Beschwerdeführerin selber den Schwerpunkt ihres Interesses an der Änderung ihres ehelichen Namens auf die Behebung von psychischen Problemen legt, welche bereits im Jahre 1983 begonnen haben und während der Ehe erneut aufgetreten sind, kann der Vorinstanz keine Ermessensverletzung vorgeworfen werden, wenn sie in erster Linie geprüft hat, ob vorliegend die Behebung von psychischen Problemen als wichtiger Grund die Namensänderung rechtfertigt. 3.4 Die Beschwerdeführerin macht gestützt auf die Meinung von Dr. M. geltend, dass die Namensänderung im Kindesalter für ihre seelische Gesundheit schwerwiegende Konsequenzen gehabt habe und nur die erneute Namensänderung mit grosser Wahrscheinlichkeit ihre seelische Not lindern und ihr Identitäts- und Selbstwertgefühl steigern könne. BGE 136 III 161 S. 166 3.4.1 Die Bewilligung der Namensänderung darf sich nur auf Tatsachen stützen, von deren Vorhandensein sich die Behörde überzeugt hat, wobei der Gesuchsteller die Beweislast für das Vorhandensein der Voraussetzungen trägt (vgl. GULDENER, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1954, S. 57; HÄFLIGER, Die Namensänderung nach Art. 30 ZGB , 1996, S. 75). Das Bundesrecht schreibt der kantonalen Behörde nicht vor, mit welchen Mitteln der Sachverhalt abzuklären ist und wie das Ergebnis davon zu würdigen ist. Ob die Vorinstanz das entsprechende, im kantonalen Verfahren vorgelegte ärztliche Zeugnis vom 21. Juli 2008 als "nicht nachvollziehbar" erachtet und den darin aufgezeigten Zusammenhang zwischen psychischen Problemen und Namensänderung verneinen durfte, gehört zur Beweiswürdigung, welche nur wegen eines Verstosses gegen das Willkürverbot ( Art. 9 BV ) überprüft werden kann (vgl. BGE 114 II 289 E. 2 S. 291). 3.4.2 Vorliegend hat Dr. M., Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, seinen Bericht vom 21. Juli 2008 - anders als die Beschwerdeführerin vorgibt - nicht als (Privat-)Gutachten, sondern als "Ärztliches Zeugnis" bezeichnet. Die Beschwerdeführerin übergeht, dass ein Arztzeugnis im Allgemeinen die einfachste Form einer medizinischen Erhebung darstellt. Für die Beurteilung eines Rechtsanspruchs ist entscheidend, inwieweit eine medizinische Erhebung - sei diese ein Gutachten oder ein ärztlicher Bericht - den Kriterien der Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit genügt (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; ferner GLANZMANN-TARNUTZER, Der Beweiswert medizinischer Erhebung im Zivil-, Straf- und Sozialversicherungsprozess, AJP 2005 S. 79 f.). 3.4.3 Die Beschwerdeführerin umschreibt ihr Leiden mit "ernsthaften psychischen Problemen". Das von ihr eingereichte Arztzeugnis enthält unter dem Titel "Vorgeschichte" im Wesentlichen die Informationen des Namensänderungsgesuchs vom 5. August 2008. Unter dem Titel "Ärztliche Stellungnahme" wird auf wenigen Zeilen im Wesentlichen bestätigt, die Namensänderung komme "sowohl im subjektiven Erleben als auch aus psychiatrischer Sicht einer Art Wiedergutmachung eines im Kindesalter erlittenen Unrechts gleich", lasse nach dem Tod des Vaters und dem "Wiederaufleben des Trennungstraumas" einen "heilsamen Effekt erwarten" und "im Sinne der Antragsstellerin die psychische Stabilität deutlich verbessern". Selbst in Gutachten, in denen - anders als hier - die Angabe von psychisch verursachten Beschwerden nach der internationalen BGE 136 III 161 S. 167 Klassifikation psychischer Störungen (CIM-10/ICD-10) erfolgt, ist notwendig, dass eine präzise und nach den medizinischen Regeln formulierte Diagnose enthalten ist (MEINE, L'expert et l'expertise - critères de validité de l'expertise médicale, in: L'expertise médicale, Rosatti [Hrsg.], 2002, S. 21). Dass eine solche im erwähnten Arztzeugnis enthalten und von der Vorinstanz übergangen worden sei, bringt die Beschwerdeführerin nicht vor. Ebenso wenig legt sie dar, inwiefern das Obergericht ausser Acht gelassen habe, dass in der ärztlichen Beurteilung z.B. eine Diskussion der erstmals aufgetretenen und späteren Beschwerden und Befunde vorgenommen, Therapien und Therapievorschläge besprochen oder Prognosen beurteilt worden seien, welche den medizinischen Zusammenhang zwischen der Namensänderung und der Beseitigung ihrer psychischen Probleme nachvollziehbar machen. Dass sich entsprechende Schlussfolgerungen aus der IV-Viertelsrentenverfügung, welche die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren eingereicht hat, entnehmen lassen sollen, wird nicht behauptet, so dass das Argument, die Namensänderung würde den Gesundheitszustand verbessern und die Erwerbsfähigkeit erhöhen, unbehelflich ist. Die Beschwerdeführerin setzt insgesamt nicht auseinander ( Art. 106 Abs. 2 BGG ), inwiefern das Obergericht in Willkür verfallen sei ( Art. 9 BV ), wenn es gestützt auf das Arztzeugnis vom 21. Juli 2008 nicht zur Überzeugung gelangt ist, dass mit der Namensänderung seelische Nachteile beseitigt werden können. Inwiefern die Vorinstanz als Rekursinstanz schliesslich kantonales Verfahrensrecht bzw. § 280d ZPO /ZH [LS 271], wonach (in sinngemässer Anwendung bei Namensänderungen; § 274 ZPO /ZH) eine mündliche Verhandlung angeordnet werden kann, in unhaltbarer Weise ( Art. 9 BV ) angewendet habe, wird in der Beschwerdeschrift nicht hinreichend begründet ( Art. 106 Abs. 2 BGG ). 3.4.4 Wenn die Vorinstanz vor diesem Hintergrund keine Umstände erblickt hat, welche die Namensänderung rechtfertigen, kann von einer Verletzung ihres Ermessens ( Art. 4 ZGB ) nicht gesprochen werden. 3.5 Nach dem Dargelegten besteht insgesamt kein Anlass, um in die Ermessensausübung der kantonalen Behörden einzugreifen, und es hält vor Bundesrecht stand, wenn das Obergericht die Namensänderung bzw. Voranstellung des Namens "R." vor den eherechtlichen Familiennamen "X." nicht bewilligt hat.
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922.31 1 Verordnung über die eidgenössischen Jagdbanngebiete (VEJ) vom 30. September 1991 (Stand am 15. Juli 2015) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 19861 über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz) und Artikel 26 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 19662 über den Natur- und Heimatschutz (NHG), verordnet: 1. Abschnitt: Eidgenössische Jagdbanngebiete Art. 1 Zweck Eidgenössische Jagdbanngebiete (Banngebiete) dienen dem Schutz und der Erhal- tung von seltenen und bedrohten wildlebenden Säugetieren und Vögeln und ihrer Lebensräume sowie der Erhaltung von gesunden, den örtlichen Verhältnissen ange- passten Beständen jagdbarer Arten. Art. 2 Bezeichnung 1 Banngebiete sind die im Anhang 1 aufgezählten Objekte. 2 Das Bundesinventar der eidgenössischen Jagdbanngebiete (Inventar) enthält für jedes Banngebiet: a. eine kartographische Darstellung des Perimeters und eine Beschreibung des Gebietes; b. das Schutzziel; c. besondere Massnahmen für den Arten- und Biotopschutz und die Regulie- rung von Beständen jagdbarer Arten und deren zeitliche Geltung; d. allenfalls einen Perimeter ausserhalb des Banngebietes, in welchem Wild- schäden vergütet werden. 3 Das Inventar ist Bestandteil dieser Verordnung und wird ausschliesslich in elektro- nischer Form auf der Internetseite des Bundesamtes für Umwelt (BAFU)3 ausserhalb AS 1991 2304 1 SR 922.0 2 SR 451 3 www.bafu.admin.ch > Themen > Schutzgebiete > Jagdbanngebiete > Objekt- beschreibungen 922.31 Jagd 2 922.31 der Amtlichen Sammlung des Bundesrechtes (AS) veröffentlicht (Art. 5 des Publi- kationsgesetzes vom 18. Juni 20044).5 Art. 36 Geringfügige Änderungen Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika- tion (Departement) ist befugt, im Einvernehmen mit den Kantonen die Bezeichnung der Objekte geringfügig zu ändern, sofern die Artenvielfalt erhalten bleibt. Gering- fügig sind: a. die Änderung des Perimeters um höchstens fünf Prozent der Fläche des Ob- jekts; b. die Verkleinerung des Perimeters um höchstens zehn Prozent der Fläche des Objektes, wenn der Perimeter mit einem mindestens gleich grossen neuen Gebietsteil erweitert wird; c. Massnahmen für die Regulierung von Beständen jagdbarer Arten. Art. 4 Besondere Massnahmen bei der Aufhebung oder Abänderung von Banngebieten Die Kantone sorgen in den neu für die Jagd offenen Gebieten dafür, dass die Beja- gung schonend einsetzt und erst nach einer angemessenen Übergangsfrist in vollem Umfang erfolgt. 2. Abschnitt: Schutz der Artenvielfalt und der Lebensräume Art. 5 Artenschutz 1 In den Banngebieten gelten folgende allgemeine Bestimmungen: a.7 Die Jagd ist verboten. b. Tiere dürfen nicht gestört, vertrieben oder aus dem Banngebiet herausgelockt werden. bbis.8 Das Füttern von wildlebenden Tieren und das Einrichten von Salzlecken sind verboten. 4 SR 170.512 5 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 20. Nov. 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 4537). 6 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Febr. 2004, in Kraft seit 1. März 2004 (AS 2004 1265). 7 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 8 Eingefügt durch Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). Eidgenössische Jagdbanngebiete. V 3 922.31 c.9 Hunde sind an der Leine zu führen; davon ausgenommen sind Nutzhunde in der Landwirtschaft. d. Das Tragen, Aufbewahren und die Verwendung von Waffen und Fallen ist verboten. Die Kantone können für Personen, die innerhalb des Banngebiets wohnen und für Gebiete mit partiellem Schutz, Ausnahmen gestatten. Auf Wegen und Strassen dürfen Jagdberechtigte während der Jagd und Militär- dienstpflichtige zur Erfüllung ihrer Wehrpflicht (Dienst-, Schiess- und In- spektionspflicht) das Banngebiet mit ungeladenen Waffen durchqueren. Die Verwendung von Fallen und Waffen durch Organe der Wildhut ist gestattet. e. Das freie Zelten und Campieren ist verboten. Vorbehalten bleibt die Benut- zung offizieller Zeltplätze. Die Kantone können Ausnahmen bewilligen. f.10 Das Abfliegen und Landen mit zivilen, bemannten Luftfahrzeugen ist verbo- ten, ausser im Rahmen des Betriebs von bestehenden Flugplätzen sowie nach den Bestimmungen der Artikel 19 Absatz 3 Buchstabe a und 28 Absatz 1 der Aussenlandeverordnung vom 14. Mai 201411. fbis.12 Der Betrieb von zivilen, unbemannten Luftfahrzeugen ist verboten. g. Das Skifahren ausserhalb von markierten Pisten, Routen und Loipen ist ver- boten. h. Mit Ausnahme der Verwendung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke sowie durch Organe der Wildhut ist es verboten, Alp- und Forststrassen zu befahren sowie Fahrzeuge jeglicher Art ausserhalb von Strassen, Wald- und Feldwegen zu benützen. Die Kantone können Ausnahmen vorsehen. i. Militärische Übungen mit scharfer oder Übungsmunition sind verboten. Vor- behalten ist die vertraglich geregelte Benützung besonderer Schiessplätze und militärischer Anlagen. Der Wachtdienst der Truppe mit geladener Waffe sowie das Mitführen von Waffen bei Kontrollaufgaben des Festungswacht- korps und des Grenzwachtkorps sind zulässig. 2 Die Durchführung von sportlichen Anlässen und sonstigen gesellschaftlichen Ver- anstaltungen ist nur zulässig, wenn dadurch das Schutzziel nicht beeinträchtigt wer- den kann. Die Veranstalter bedürfen einer kantonalen Bewilligung. 3 Besondere Bestimmungen nach Artikel 2 Absatz 2 sowie Massnahmen nach den Artikeln 8−10 und 12 bleiben vorbehalten.13 9 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 10 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 11 SR 748.132.3 12 Eingefügt durch Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 13 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). Jagd 4 922.31 Art. 6 Schutz der Lebensräume 1 Bund und Kantone sorgen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dafür, dass die Schutz- ziele der Banngebiete nicht durch andere Nutzungen beeinträchtigt werden. Liegen im Einzelfall andere Interessen vor, ist anhand einer Interessenabwägung zu ent- scheiden. 1bis Sind beim Vollzug durch den Bund andere Bundesbehörden als das BAFU14 zuständig, so wirkt dieses nach den Artikeln 62a und 62b des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199715 mit.16 2 Die Banngebiete sind bei der Richt- und Nutzungsplanung zu berücksichtigen. 3 In den Banngebieten ist der Erhaltung von Biotopen im Sinne von Artikel 18 Ab- satz 1bis NHG, insbesondere als Lebensräume der einheimischen und ziehenden wildlebenden Säugetiere und Vögel, besondere Beachtung zu schenken. Die Kantone sorgen insbesondere dafür, dass solche Lebensräume: a. land- und forstwirtschaftlich angepasst genutzt werden; b. nicht zerschnitten werden; c. ein ausreichendes Äsungsangebot aufweisen. 4 Weitergehende oder anders lautende Biotopschutzmassnahmen nach Artikel 2 Ab- satz 2 dieser Verordnung und nach den Artikeln 18 ff. NHG bleiben vorbehalten. 5 Die Förderung von Biotopschutzmassnahmen richtet sich nach den Artikeln 18 ff. NHG. Art. 7 Markierung und Information 1 Die Kantone sorgen für die Information der Jagdberechtigten und der Öffentlich- keit über die Banngebiete. 2 Sie sorgen für die Markierung der Banngebiete im Gelände. 3 An den wichtigsten Eingängen in die Banngebiete sowie bei besonders schutzwür- digen Lebensräumen innerhalb der Gebiete sind Hinweistafeln mit Angaben zum Schutzgebiet, zum Schutzziel und zu den wichtigsten Schutzmassnahmen anzubrin- gen. 4 Das Bundesamt für Landestopografie bezeichnet in den Landeskarten mit Schnee- sportthematik die eidgenössischen Jagdbanngebiete sowie die darin zur Benutzung erlaubten Routen.17 14 Ausdruck gemäss Ziff. I der V vom 20. Nov. 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 4537). Die Änd. wurde im ganzen Erlass vorgenommen. 15 SR 172.010 16 Eingefügt durch Ziff. II 20 der V vom 2. Febr. 2000 zum Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, in Kraft seit 1. März 2000 (AS 2000 703). 17 Fassung gemäss Ziff. II 1 der V vom 27. Juni 2012, in Kraft seit 15. Juli 2012 (AS 2012 3683). Eidgenössische Jagdbanngebiete. V 5 922.31 3. Abschnitt: Verhütung von Wildschaden Art. 8 1 Die Kantone sorgen dafür, dass in den Banngebieten keine untragbaren Wildschä- den entstehen. Die natürliche Verjüngung der Wälder muss sichergestellt sein. 2 Die Wildhüter der Banngebiete können auf Anordnung der kantonalen Fachstelle jederzeit Massnahmen gegen einzelne jagdbare Tiere ergreifen, welche erheblichen Schaden anrichten. 3 ...18 4 Im Übrigen gelten die kantonalen Bestimmungen über die Verhütung von Wild- schäden. 4. Abschnitt: Jagdliche Massnahmen Art. 9 Bestandesregulierungen 1 Die Kantone sorgen dafür, dass die Bestände jagdbarer Huftierarten in den Bann- gebieten stets den örtlichen Verhältnissen angepasst sind und eine natürliche Alters- und Geschlechtsklassenstruktur aufweisen. Sie berücksichtigen dabei die Anliegen der Landwirtschaft, des Natur- und Landschaftsschutzes und der Walderhaltung. 2 Zu diesem Zweck werden ausgeschieden: a. Gebiete, in denen Regulierungsmassnahmen nur in Ausnahmefällen angeord- net werden können (integral geschützte Gebiete); b. Gebiete, in denen Bestände von Rehen, Gemsen, Rothirschen und Wild- schweinen regelmässig reguliert oder reduziert werden können (partiell ge- schützte Gebiete). 3 Bevor in Gebieten mit integralem Schutz Regulierungsmassnahmen vorgesehen werden, ist das BAFU anzuhören. 4 Die Kantone erstellen für Gebiete mit partiellem Schutz Abschusspläne für die ein- zelnen Wildarten und geben diese dem BAFU bekannt. Grenzen Banngebiete ver- schiedener Kantone aneinander, so sind diese Pläne aufeinander abzustimmen. 5 Die Verwendung von Hunden bei Bestandesregulierungen ist verboten, ausge- nommen sind geprüfte Schweisshunde für die Nachsuche. Die Kantone können Aus- nahmen gestatten. 6 Die Kantone können zur Erfüllung dieser Pläne neben den Wildschutzorganen auch Jagdberechtigte beiziehen. 18 Aufgehoben durch Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, mit Wirkung seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). Jagd 6 922.31 Art. 1019 Hegeabschüsse und Massnahmen gegen nicht einheimische Tiere 1 Die Wildschutzorgane der Banngebiete können kranke oder verletzte Tiere jeder- zeit erlegen, wenn dies zur Verhinderung der Ausbreitung von Krankheiten oder aus Tierschutzgründen notwendig ist. 1bis Sie treffen die Massnahmen nach Artikel 8bis Absatz 5 der Jagdverordnung vom 29. Februar 198820 gegen nicht einheimische Tiere. 2 Sie melden solche Abschüsse und Massnahmen umgehend der kantonalen Fachstel- le. Art. 10a21 Berichterstattung Die Kantone erstatten dem BAFU jährlich über die nach den Artikeln 8–10 getroffe- nen Massnahmen Bericht. 5. Abschnitt: Wildhüter Art. 11 Stellung und Wahl 1 Die Kantone bezeichnen für jedes Banngebiet einen oder mehrere Wildhüter. Sie statten diese mit den Rechten der gerichtlichen Polizei nach Artikel 26 des Jagd- gesetzes aus. 2 Die Wildhüter der Banngebiete gehören zum kantonalen Personal.22 3 Sie unterstehen der kantonalen Fachstelle. 4 Die Anstellung erfolgt durch den Kanton. Das BAFU ist vorher anzuhören.23 5 Liegen Banngebiete in der Nähe der Landesgrenzen, sind auch die Grenzwächter mit den Aufgaben der Jagdpolizei zu betrauen. Art. 12 Aufgaben 1 Die kantonale Fachstelle weist den Wildhütern folgende Aufgaben zu:24 a. Vollzug der jagdpolizeilichen Aufgaben gemäss Jagdgesetz; b. Erhebung und Überwachung der Bestände wildlebender Tiere in den Bann- gebieten; 19 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 20 SR 922.01 21 Eingefügt durch Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 22 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 23 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 24 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). Eidgenössische Jagdbanngebiete. V 7 922.31 c. Mitarbeit bei der Planung, der Pflege und dem Unterhalt besonderer Lebens- räume; d. Kennzeichnung und Markierung der Banngebiete im Gelände; e.25 Information, Lenkung und Beaufsichtigung von Besucherinnen und Besu- chern der Banngebiete; f. Mitarbeit bei der Planung von Massnahmen zur Verhütung von Wildschäden und der Regulierung von Huftierbeständen sowie Durchführung dieser Mass- nahmen; fbis.26 Koordination und Überwachung der Massnahmen zur Regulierung jagdba- rer Huftierarten (Art. 9); g. Organisation und Durchführung von Nachsuchen verletzter Tiere in den Banngebieten; h. Kontaktpflege, Information und Zusammenarbeit mit Vertretern der Gemein- den, der Land- und Forstwirtschaft, des Natur- und Landschaftsschutzes und der Jagd; i. Vertretung der Interessen des Artenschutzes bei kommunalen und regionalen Richt- und Nutzungsplanungen, soweit sie Banngebiete betreffen; k. Kontaktnahme mit den regionalen Koordinationsstellen und Schiessplatz- kommandos für die Belegung von Waffen- und Schiessplätzen, soweit Bann- gebiete betroffen sind, sowie Beratung von Truppenkommandanten vor Ort; l. Unterstützung von und Mitarbeit bei wissenschaftlichen Untersuchungen im Einvernehmen mit der kantonalen Fachstelle. 2 Die kantonale Fachstelle kann den Wildhütern von sich aus oder auf Antrag des BAFU weitere Aufgaben zuweisen. Sie kann für die Aufsicht der Banngebiete weite- re Fachpersonen beiziehen.27 3 Die Wildhüter führen Diensttagebücher über die geleisteten Arbeiten. 4 Über die Erfüllung dieser Aufgaben ist dem BAFU jährlich Bericht zu erstatten. Art. 13 Ausbildung 1 Die Kantone sorgen für die Grundausbildung der Wildhüter. 2 Das BAFU führt für die besonderen Belange der Banngebiete Weiterbildungskurse durch. 25 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 26 Eingefügt durch Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). 27 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). Jagd 8 922.31 6. Abschnitt:28 Abgeltungen Art. 14 Aufsicht 1 Die Höhe der globalen Abgeltungen an die Kosten für die Aufsicht in den Bannge- bieten wird zwischen dem BAFU und dem betroffenen Kanton ausgehandelt. Sie richtet sich nach: a. der Fläche der Banngebiete; b. den Kosten der Grundausbildung und der Ausrüstung sowie der zeitweiligen Verstärkung oder Aushilfe für die Wildhut; c. der notwendigen Infrastruktur für die Aufsicht und Markierung der Bannge- biete im Gelände; d. den unter Beteiligung des BAFU erarbeiteten Nutzungskonzepten zur Ver- meidung von erheblicher Störung. 2 Der Grundbeitrag beträgt pro Jahr: a. für alle Banngebiete bis 20 km2 Fläche: 21 000 Franken; b. für Banngebiete ab 20–100 km2: proportional zu der 20 km2 übersteigenden Fläche zusätzlich bis zu 21 000 Franken. Art. 15 Wildschäden 1 Globale Abgeltungen werden gewährt an die Kosten für: a. die Entschädigung von Wildschäden, die in einem Banngebiet oder innerhalb eines nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe d bezeichneten Wildschadenperi- meters entstanden sind; b. die Verhütung solcher Schäden. 2 Die Höhe der Abgeltungen richtet sich nach der Fläche der Banngebiete. 3 Sie wird zwischen dem BAFU und dem betroffenen Kanton ausgehandelt. 4 Werden trotz ihrer Erforderlichkeit und Zweckmässigkeit keine Massnahmen nach Artikel 8 oder 9 getroffen, so können die Abgeltungen verweigert oder zurückge- fordert werden.29 Art. 16 Aufgehoben 28 Fassung gemäss Ziff. I 22 der V vom 7. Nov. 2007 über die Neugestaltung des Finanzaus- gleichs und die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5823). 29 Fassung gemäss Ziff. IV der V vom 1. Juli 2015, in Kraft seit 15. Juli 2015 (AS 2015 2209). Eidgenössische Jagdbanngebiete. V 9 922.31 Art. 17 Zuständigkeit und Verfahren 1 Das BAFU schliesst die Programmvereinbarung mit der zuständigen kantonalen Behörde ab. 2 Es erlässt Richtlinien über das Vorgehen bei Programmvereinbarungen sowie über die Angaben und Unterlagen zu den Gegenständen der Programmvereinbarung. 3 Für die Auszahlung, die Berichterstattung und Kontrolle sowie die mangelhafte Erfüllung der Pflicht zur Berichterstattung und zur Leistungserbringung gelten die Artikel 10–11 der Verordnung vom 16. Januar 199130 über den Natur- und Heimat- schutz sinngemäss. 7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 18 Aufhebung bisherigen Rechts Die Verordnung vom 19. August 198131 über die eidgenössischen Banngebiete wird aufgehoben. Art. 19 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1992 in Kraft. 30 SR 451.1 31 [AS 1981 1452, 1986 1440, 1988 517 Art. 20 Ziff. 3] Jagd 10 922.31 Anhang 132 (Art. 2 Abs. 1) Eidgenössische Jagdbanngebiete 1. Augstmatthorn Kanton BE 2. Combe-Grède Kanton BE 3. Kiental Kanton BE 4. Schwarzhorn Kanton BE 5. Tannhorn Kanton LU 6. Urirotstock Kanton UR 7. Fellital Kanton UR 8. Mythen Kanton SZ 9. Silbern-Jägern-Bödmerenwald Kanton SZ 10. Hahnen Kanton OW 11. Hutstock Kantone OW/NW 12. Kärpf Kanton GL 13. Schilt Kanton GL 14. Rauti-Tros Kanton GL 15. Graue Hörner Kanton SG 16. Säntis Kantone AI/AR 17. Bernina-Albris Kanton GR 18. Beverin Kanton GR 19. Campasc Kanton GR 20. Piz Ela Kanton GR 21. Trescolmen Kanton GR 22. Pez Vial/Greina Kanton GR 23. Campo Tencia Kanton TI 24. Greina Kanton TI 25. Dent de Lys Kanton FR 26. Hochmatt-Motélon Kanton FR 27. Creux-du-Van Kanton NE 28. Grand Muveran Kanton VD 32 Bereinigt gemäss Ziff. I der V vom 18. Febr. 2004 (AS 2004 1265) und Ziff. II 1 der V vom 20. Nov. 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 4537). Eidgenössische Jagdbanngebiete. V 11 922.31 29. Les Bimis-Ciernes Picat Kanton VD 30. Le Noirmont Kanton VD 31. Pierreuse-Gummfluh Kanton VD 32. Aletschwald Kanton VS 33. Alpjuhorn Kanton VS 34. Wilerhorn Kanton VS 35. Bietschhorn Kanton VS 36. Mauvoisin Kanton VS 37. Val Ferret/Combe de l’A Kanton VS 38. Haut de Cry/Derborence Kanton VS 39. Leukerbad Kanton VS 40. Turtmanntal Kanton VS 41. Dixence Kanton VS 42. Bannalp-Walenstöcke Kantone OW/NW Jagd 12 922.31 Anhang 233 33 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 20. Nov. 2013, mit Wirkung seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 4537). 1. Abschnitt: Eidgenössische Jagdbanngebiete Art. 1 Zweck Art. 2 Bezeichnung Art. 3 Geringfügige Änderungen Art. 4 Besondere Massnahmen bei der Aufhebung oder Abänderung von Banngebieten 2. Abschnitt: Schutz der Artenvielfalt und der Lebensräume Art. 5 Artenschutz Art. 6 Schutz der Lebensräume Art. 7 Markierung und Information 3. Abschnitt: Verhütung von Wildschaden Art. 8 4. Abschnitt: Jagdliche Massnahmen Art. 9 Bestandesregulierungen Art. 10 Hegeabschüsse und Massnahmen gegen nicht einheimische Tiere Art. 10a Berichterstattung 5. Abschnitt: Wildhüter Art. 11 Stellung und Wahl Art. 12 Aufgaben Art. 13 Ausbildung 6. Abschnitt: Abgeltungen Art. 14 Aufsicht Art. 15 Wildschäden Art. 16 Art. 17 Zuständigkeit und Verfahren 7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 18 Aufhebung bisherigen Rechts Art. 19 Inkrafttreten Anhang 1 Eidgenössische Jagdbanngebiete Anhang 2
de
82de0fdc-9a57-4722-bfa1-9be75668a688
211.231 1 / 12 Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare (Partnerschaftsgesetz, PartG) vom 18. Juni 2004 (Stand am 1. Januar 2023) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 38 Absatz 2, 112 Absatz 1, 113 Absatz 1, 119 Absatz 2, 121 Absatz 1, 122 Absatz 1, 123 Absatz 1, 128 Absatz 1 und 129 Absatz 1 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 29. November 20022, beschliesst: 1. Kapitel:3 Gegenstand Art. 1 Dieses Gesetz regelt die Wirkungen, die Auflösung und die Umwandlung in eine Ehe der vor der abschliessenden Inkraftsetzung der Änderung vom 18. Dezember 20204 des Zivilgesetzbuches begründeten eingetragenen Partnerschaft gleichgeschlechtli- cher Paare. Art. 2 Aufgehoben 2. Kapitel: Die Eintragung der Partnerschaft 1. Abschnitt: … Art. 3 und 45 AS 2005 5685 1 SR 101 2 BBl 2003 1288 3 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Ehe für alle), in Kraft seit 1. Juli 2022 (AS 2021 747; BBl 2019 8595; 2020 1273). 4 AS 2021 747 5 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Ehe für alle), mit Wirkung seit 1. Juli 2022 (AS 2021 747; BBl 2019 8595; 2020 1273). 211.231 Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum Zivilgesetzbuch 2 / 12 211.231 2. Abschnitt: … Art. 5–86 3. Abschnitt: Ungültigkeit Art. 9 Unbefristete Ungültigkeit 1 Jede Person, die ein Interesse hat, kann jederzeit beim Gericht auf Ungültigkeit der eingetragenen Partnerschaft klagen, wenn: a. zur Zeit der Eintragung der Partnerschaft eine der Partnerinnen oder einer der Partner nicht urteilsfähig war und seither nicht wieder urteilsfähig geworden ist; b.7 die Partnerinnen oder Partner Verwandte in gerader Linie, Geschwister oder Halbgeschwister sind; bbis.8 zur Zeit der Eintragung eine der Partnerinnen oder einer der Partner bereits in eingetragener Partnerschaft lebte oder verheiratet war und die frühere einge- tragene Partnerschaft oder Ehe nicht aufgelöst worden ist; c.9 eine der Partnerinnen oder einer der Partner nicht eine Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Bestimmungen über Zulassung und Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern umgehen will; d.10 eine der Partnerinnen oder einer der Partner der Eintragung der Partnerschaft nicht aus freiem Willen zugestimmt hat; e.11 eine der Partnerinnen oder einer der Partner minderjährig ist, es sei denn, die Aufrechterhaltung der Eintragung entspricht den überwiegenden Interessen dieser Partnerin oder dieses Partners. 2 Während des Bestehens einer eingetragenen Partnerschaft wird die Klage von der zuständigen Behörde am Wohnsitz der Partnerinnen oder Partner von Amtes wegen erhoben. Soweit dies mit ihren Aufgaben vereinbar ist, melden die Behörden des Bun- des und der Kantone der für die Klage zuständigen Behörde, wenn sie Anlass zur Annahme haben, dass ein Ungültigkeitsgrund vorliegt.12 6 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Ehe für alle), mit Wirkung seit 1. Juli 2022 (AS 2021 747; BBl 2019 8595; 2020 1273). 7 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Ehe für alle), in Kraft seit 1. Juli 2022 (AS 2021 747; BBl 2019 8595; 2020 1273). 8 Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Ehe für alle), in Kraft seit 1. Juli 2022 (AS 2021 747; BBl 2019 8595; 2020 1273). 9 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 5 des BG vom 16. Dez. 2005 über Ausländerinnen und Ausländer, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5437; BBl 2002 3709). 10 Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs- heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1035; BBl 2011 2185). 11 Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs- heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1035; BBl 2011 2185). 12 Letzter Satz eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangsheiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1035; BBl 2011 2185). Partnerschaftsgesetz 3 / 12 211.231 Art. 10 Befristete Ungültigkeit 1 Eine Partnerin oder ein Partner kann beim Gericht auf Ungültigkeit der eingetrage- nen Partnerschaft wegen Willensmängeln klagen. 2 Die Ungültigkeitsklage ist innerhalb von sechs Monaten nach Kenntnis des Willens- mangels, spätestens aber vor Ablauf von fünf Jahren seit der Eintragung einzureichen. 3 Stirbt die klagende Person während des Verfahrens, so kann ein Erbe die Klage fort- setzen. Art. 11 Wirkungen des Ungültigkeitsurteils 1 Die eingetragene Partnerschaft wird mit Eintritt der Rechtskraft des Ungültigkeits- urteils ungültig. 2 Erbrechtliche Ansprüche fallen rückwirkend dahin. Im Übrigen gelten die Bestim- mungen über die Wirkungen der gerichtlichen Auflösung sinngemäss. 3. Kapitel: Wirkungen der eingetragenen Partnerschaft 1. Abschnitt: Allgemeine Rechte und Pflichten Art. 12 Beistand und Rücksicht Die beiden Partnerinnen oder Partner leisten einander Beistand und nehmen aufeinan- der Rücksicht. Art. 12a13 Name 1 Die Partnerinnen oder Partner behalten ihren Namen. 2 Bei der Eintragung der Partnerschaft können sie aber gegenüber der Zivilstandsbe- amtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie den Ledignamen der einen Part- nerin oder des einen Partners als gemeinsamen Namen tragen wollen. Art. 13 Unterhalt 1 Die beiden Partnerinnen oder Partner sorgen gemeinsam nach ihren Kräften für den gebührenden Unterhalt ihrer Gemeinschaft. Im Übrigen gelten die Artikel 163–165 des Zivilgesetzbuches (ZGB)14 sinngemäss.15 2 Können sie sich nicht verständigen, so setzt das Gericht auf Antrag die Geldbeiträge an den Unterhalt fest. Diese können für die Zukunft und für das Jahr vor Einreichung des Begehrens gefordert werden. 13 Eingefügt durch Ziff. II 2 des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 2569; BBl 2009 7573 7581). 14 SR 210 15 Zweiter Satz eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3699; BBl 2015 877). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum Zivilgesetzbuch 4 / 12 211.231 3 Erfüllt eine Partnerin oder ein Partner die Unterhaltspflicht nicht, so kann das Ge- richt deren oder dessen Schuldnerin oder Schuldner anweisen, die Zahlungen ganz oder teilweise der andern Partnerin oder dem andern Partner zu leisten. Art. 14 Gemeinsame Wohnung 1 Eine Partnerin oder ein Partner kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der oder des andern einen Mietvertrag kündigen, die gemeinsame Wohnung veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den gemeinsamen Wohnräumen be- schränken. 2 Kann die Zustimmung nicht eingeholt werden oder wird sie ohne triftigen Grund verweigert, so kann das Gericht angerufen werden. Art. 15 Vertretung der Gemeinschaft 1 Jede Partnerin und jeder Partner vertritt während des Zusammenlebens die Gemein- schaft für deren laufende Bedürfnisse. 2 Für die übrigen Bedürfnisse der Gemeinschaft kann eine Partnerin oder ein Partner diese nur vertreten, wenn: a. die Ermächtigung der andern Person oder des Gerichts vorliegt; oder b. das Interesse der Gemeinschaft keinen Aufschub des Geschäfts duldet und die andere Person wegen Krankheit, Abwesenheit oder aus ähnlichen Gründen nicht zustimmen kann. 3 Jede Partnerin und jeder Partner verpflichtet sich persönlich und, soweit die Hand- lungen nicht für Dritte erkennbar über die Vertretungsbefugnis hinausgehen, solida- risch auch die andere Person. 4 Wird die Befugnis zur Vertretung der Gemeinschaft überschritten oder erweist sich eine Partnerin oder ein Partner als unfähig, die Vertretung auszuüben, so kann das Gericht die Vertretungsbefugnis auf Antrag ganz oder teilweise entziehen. Gutgläu- bigen Dritten gegenüber ist der Entzug nur wirksam, wenn er auf Anordnung des Ge- richts veröffentlicht worden ist. Art. 16 Auskunftspflicht 1 Die Partnerinnen oder Partner müssen einander auf Verlangen über Einkommen, Vermögen und Schulden Auskunft geben. 2 Auf Antrag kann das Gericht Partnerinnen, Partner oder Dritte verpflichten, die er- forderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. 3 Vorbehalten bleibt das Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte, Notare, Ärzte, Geistli- chen und ihrer Hilfspersonen. Art. 17 Aufhebung des Zusammenlebens 1 Eine Partnerin oder ein Partner ist berechtigt, das Zusammenleben aus wichtigen Gründen aufzuheben. Partnerschaftsgesetz 5 / 12 211.231 2 Auf Antrag muss das Gericht: a. die Geldbeiträge festlegen, welche die Partnerinnen oder Partner einander schulden; b. die Benützung der Wohnung und des Hausrats regeln. 3 Eine Partnerin oder ein Partner kann den Antrag auch stellen, wenn die oder der andere das Zusammenleben grundlos ablehnt. 3bis Hat eine Partnerin oder ein Partner das minderjährige Kind der oder des anderen adoptiert, so trifft das Gericht nach den Artikeln 270–327c ZGB16 die nötigen Mass- nahmen.17 4 Verändern sich die Verhältnisse, so passt das Gericht auf Antrag die Massnahmen an oder hebt sie auf. 2. Abschnitt: Vermögensrecht Art. 18 Vermögen 1 Jede Partnerin und jeder Partner verfügt über das eigene Vermögen. 2 Jede Partnerin und jeder Partner haftet für eigene Schulden mit dem eigenen Ver- mögen. Art. 19 Beweis 1 Wer behauptet, ein bestimmter Vermögenswert sei Eigentum einer Partnerin oder eines Partners, muss dies beweisen. 2 Kann dieser Beweis nicht erbracht werden, so wird Miteigentum beider Partnerinnen oder Partner angenommen. Art. 20 Inventar 1 Jede Partnerin und jeder Partner kann jederzeit verlangen, dass die oder der andere bei der Aufnahme eines Inventars der eigenen Vermögenswerte mit öffentlicher Ur- kunde mitwirkt. 2 Ein solches Inventar wird als richtig vermutet, wenn es innerhalb eines Jahres nach Einbringen der Vermögenswerte errichtet wurde. Art. 21 Verwaltungsauftrag Überlässt eine Person ihrer Partnerin oder ihrem Partner die Verwaltung ihres Ver- mögens, so gelten die Bestimmungen über den Auftrag, sofern nichts anderes verein- bart ist. 16 SR 210 17 Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3699; BBl 2015 877). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum Zivilgesetzbuch 6 / 12 211.231 Art. 22 Beschränkung der Verfügungsbefugnis 1 Soweit es die Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen oder die Erfüllung einer vermögensrechtlichen Verpflichtung aus der eingetragenen Partnerschaft erfordert, kann das Gericht auf Antrag die Verfügung einer Partnerin oder eines Partners über bestimmte Vermögenswerte von der Zustimmung der oder des andern abhängig ma- chen und sichernde Massnahmen treffen. 2 Betrifft diese Massnahme ein Grundstück, so lässt das Gericht sie im Grundbuch anmerken. Art. 23 Schulden zwischen Partnerinnen oder Partnern 1 Bestehen zwischen den Partnerinnen oder Partnern Schulden und bereitet die Rück- erstattung der verpflichteten Person ernstliche Schwierigkeiten, so kann sie verlangen, dass ihr Fristen eingeräumt werden, sofern dies der Partnerin oder dem Partner zu- mutbar ist. 2 Die Forderung ist sicherzustellen, wenn die Umstände dies erfordern. Art. 24 Zuweisung von Miteigentum Steht ein Vermögenswert im Miteigentum der beiden Partnerinnen oder Partner und weist die eine Person ein überwiegendes Interesse nach, so kann sie bei Auflösung der eingetragenen Partnerschaft neben den übrigen gesetzlichen Massnahmen die unge- teilte Zuweisung dieses Vermögenswerts gegen Entschädigung der anderen Person verlangen. Art. 25 Vermögensvertrag 1 Die beiden Partnerinnen oder Partner können in einem Vermögensvertrag eine be- sondere Regelung vereinbaren für den Fall, dass die eingetragene Partnerschaft auf- gelöst wird. Namentlich können sie vereinbaren, dass das Vermögen nach den Arti- keln 196–219 ZGB18 geteilt wird.19 2 …20 3 Der Vermögensvertrag muss öffentlich beurkundet und von den vertragsschliessen- den Personen sowie gegebenenfalls vom gesetzlichen Vertreter unterzeichnet werden. 4 Die Artikel 185 und 193 ZGB sind sinngemäss anwendbar. 18 SR 210 19 Fassung des zweiten Satzes gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 17. Juni 2016 (Adop- tion), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3699; BBl 2015 877). 20 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Erbrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2023 (AS 2021 312; BBl 2018 5813). Partnerschaftsgesetz 7 / 12 211.231 3. Abschnitt: Besondere Wirkungen Art. 2621 Art. 27 Kinder der Partnerin oder des Partners 1 Hat eine Person Kinder, so steht ihre Partnerin oder ihr Partner ihr in der Erfüllung der Unterhaltspflicht und in der Ausübung der elterlichen Sorge in angemessener Weise bei und vertritt sie, wenn die Umstände es erfordern. Elternrechte bleiben je- doch in allen Fällen gewahrt. 2 Die Vormundschaftsbehörde kann unter den Voraussetzungen von Artikel 274a ZGB22 bei Aufhebung des Zusammenlebens und bei Auflösung der eingetragenen Partnerschaft einen Anspruch auf persönlichen Verkehr einräumen. Art. 27a23 Stiefkindadoption Hat eine Person das minderjährige Kind ihrer Partnerin oder ihres Partners adoptiert, so sind die Artikel 270–327c ZGB24 sinngemäss anwendbar. Art. 2825 Adoption und Fortpflanzungsmedizin Personen, die in eingetragener Partnerschaft leben, sind weder zur gemeinschaftlichen Adoption noch zu fortpflanzungsmedizinischen Verfahren zugelassen. 4. Kapitel: Gerichtliche Auflösung der eingetragenen Partnerschaft 1. Abschnitt: Voraussetzungen Art. 29 Gemeinsames Begehren 1 Verlangen die beiden Partnerinnen oder Partner gemeinsam die Auflösung der ein- getragenen Partnerschaft, so hört das Gericht sie an und prüft, ob das Begehren auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruht und ob eine Vereinbarung über die Auflösung genehmigt werden kann. 2 Trifft dies zu, so spricht das Gericht die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft aus. 21 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Ehe für alle), mit Wirkung seit 1. Juli 2022 (AS 2021 747; BBl 2019 8595; 2020 1273). 22 SR 210 23 Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3699; BBl 2015 877). 24 SR 210 25 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3699; BBl 2015 877). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum Zivilgesetzbuch 8 / 12 211.231 3 Die Partnerinnen oder Partner können gemeinsam beantragen, dass das Gericht im Auflösungsurteil über diejenigen Wirkungen der Auflösung entscheidet, über die sie sich nicht verständigen können. Art. 30 Klage Jede Partnerin oder jeder Partner kann die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft verlangen, wenn die Partnerinnen oder Partner zum Zeitpunkt der Klageerhebung seit mindestens einem Jahr getrennt leben. 2. Abschnitt: Folgen Art. 30a26 Name Die Person, die ihren Namen bei der Eintragung der Partnerschaft geändert hat, behält diesen Namen nach der Auflösung; sie kann aber jederzeit gegenüber der Zivil- standsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie wieder ihren Ledigna- men tragen will. Art. 31 Erbrecht 1 Mit der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft entfällt das gesetzliche Erbrecht zwischen den Partnerinnen oder Partnern. 2 Unter Vorbehalt einer abweichenden Anordnung kann die Partnerin oder der Partner keine Ansprüche aus Verfügungen von Todes wegen erheben: 1. nach der gerichtlichen Auflösung der Partnerschaft; 2. nach dem Tod der Erblasserin oder des Erblassers während eines Auflösungs- verfahrens, das den Verlust des Pflichtteilsanspruchs der überlebenden Part- nerin oder des überlebenden Partners bewirkt.27 Art. 32 Zuteilung der gemeinsamen Wohnung 1 Ist eine Person aus wichtigen Gründen auf die gemeinsame Wohnung angewiesen, so kann das Gericht ihr die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag allein übertra- gen, sofern dies der Partnerin oder dem Partner billigerweise zugemutet werden kann. 2 Die bisherige Mieterin oder der bisherige Mieter haftet solidarisch für den Mietzins bis zum Zeitpunkt, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann, höchstens aber während zweier Jahre. Wird sie oder er für den Mietzins belangt, so kann der bezahlte Betrag ratenweise in der Höhe des monatlichen Mietzinses mit Unterhaltsbeiträgen verrechnet werden. 26 Eingefügt durch Ziff. II 2 des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 2569; BBl 2009 7573 7581). 27 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Erbrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2021 312; BBl 2018 5813). Partnerschaftsgesetz 9 / 12 211.231 3 Gehört die gemeinsame Wohnung einer Partnerin oder einem Partner, so kann das Gericht der anderen Person unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 und gegen an- gemessene Entschädigung oder unter Anrechnung an die Unterhaltsbeiträge ein be- fristetes Wohnrecht einräumen. Wenn wichtige neue Tatsachen es erfordern, ist das Wohnrecht einzuschränken oder aufzuheben. Art. 33 Berufliche Vorsorge Die während der Dauer der eingetragenen Partnerschaft erworbenen Austrittsleistun- gen in der beruflichen Vorsorge werden nach den Bestimmungen des Scheidungs- rechts über die berufliche Vorsorge geteilt. Art. 34 Unterhaltsbeitrag 1 Nach Auflösung der eingetragenen Partnerschaft ist grundsätzlich jede Partnerin und jeder Partner für den eigenen Unterhalt verantwortlich. 2 Eine Person, die auf Grund der Aufgabenteilung während der Dauer der eingetrage- nen Partnerschaft eine Erwerbstätigkeit eingeschränkt oder nicht ausgeübt hat, kann von ihrer Partnerin oder ihrem Partner angemessene Unterhaltsbeiträge verlangen, bis der Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert werden kann. 3 Ferner kann eine Person angemessene Unterhaltsbeiträge verlangen, wenn sie durch die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft in Bedürftigkeit gerät und der Partne- rin oder dem Partner die Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen nach den gesamten Um- ständen zugemutet werden kann. 4 Im Übrigen sind die Artikel 125 Absätze 2 und 3 sowie 126–134 ZGB28 sinngemäss anwendbar.29 4a. Kapitel: Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe30 Art. 3531 Umwandlungserklärung 1 Eingetragene Partnerinnen oder Partner können jederzeit gemeinsam vor jeder Zivilstandsbeamtin oder jedem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie ihre eingetra- gene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln wollen. 2 Sie müssen vor der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten persönlich erscheinen, ihre Personalien und ihre eingetragene Partnerschaft mittels Dokumenten belegen und die Umwandlungserklärung unterzeichnen. 28 SR 210 29 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3699; BBl 2015 877). 30 Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Ehe für alle), in Kraft seit 1. Juli 2022 (AS 2021 747; BBl 2019 8595; 2020 1273). 31 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Ehe für alle), in Kraft seit 1. Juli 2022 (AS 2021 747; BBl 2019 8595; 2020 1273). Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum Zivilgesetzbuch 10 / 12 211.231 3 Auf Antrag wird die Umwandlungserklärung in Anwesenheit von zwei volljährigen und urteilsfähigen Zeuginnen oder Zeugen im Trauungslokal entgegengenommen. 4 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. Art. 35a32 Wirkungen der Umwandlungserklärung 1 Sobald die Umwandlungserklärung vorliegt, gelten die bisherigen eingetragenen Partnerinnen oder Partner als verheiratet. 2 Knüpft eine gesetzliche Bestimmung für Rechtswirkungen an die Dauer der Ehe an, so ist die Dauer der vorangegangenen eingetragenen Partnerschaft anzurechnen. 3 Der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung gilt ab dem Zeitpunkt der Umwandlung, sofern nicht durch Vermögens- oder Ehevertrag etwas anderes vereinbart wurde. 4 Ein bestehender Vermögens- oder Ehevertrag bleibt nach der Umwandlung weiter- hin gültig. 5. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 36 Änderung bisherigen Rechts Die Änderung bisherigen Rechts wird im Anhang geregelt. Art. 37 Koordination mit Änderungen anderer Erlasse …33 Art. 37a34 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 30. September 2011 Wurde die Partnerschaft vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 30. September 2011 des Zivilgesetzbuches eingetragen, so können die Partnerinnen oder Partner binnen Jahresfrist seit dem Inkrafttreten dieser Änderung gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie den Ledignamen der einen Partnerin oder des einen Partners als gemeinsamen Namen tragen wollen. 32 Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Dez. 2020 (Ehe für alle), in Kraft seit 1. Juli 2022 (AS 2021 747; BBl 2019 8595; 2020 1273). 33 Die Koordinationsbestimmungen können unter AS 2005 5685 konsultiert werden. 34 Eingefügt durch Ziff. II 2 des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 2569; BBl 2009 7573 7581). Partnerschaftsgesetz 11 / 12 211.231 Art. 38 Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 200735 35 BRB vom 9. Dez. 2005 Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum Zivilgesetzbuch 12 / 12 211.231 Anhang (Art. 36) Änderung bisherigen Rechts Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert: …36 36 Die Änderungen können unter AS 2005 5685 konsultiert werden. 1. Kapitel: Gegenstand Art. 1 Art. 2 2. Kapitel: Die Eintragung der Partnerschaft 1. Abschnitt: … Art. 3 und 4 2. Abschnitt: … Art. 5–8 3. Abschnitt: Ungültigkeit Art. 9 Unbefristete Ungültigkeit Art. 10 Befristete Ungültigkeit Art. 11 Wirkungen des Ungültigkeitsurteils 3. Kapitel: Wirkungen der eingetragenen Partnerschaft 1. Abschnitt: Allgemeine Rechte und Pflichten Art. 12 Beistand und Rücksicht Art. 12a Name Art. 13 Unterhalt Art. 14 Gemeinsame Wohnung Art. 15 Vertretung der Gemeinschaft Art. 16 Auskunftspflicht Art. 17 Aufhebung des Zusammenlebens 2. Abschnitt: Vermögensrecht Art. 18 Vermögen Art. 19 Beweis Art. 20 Inventar Art. 21 Verwaltungsauftrag Art. 22 Beschränkung der Verfügungsbefugnis Art. 23 Schulden zwischen Partnerinnen oder Partnern Art. 24 Zuweisung von Miteigentum Art. 25 Vermögensvertrag 3. Abschnitt: Besondere Wirkungen Art. 26 Art. 27 Kinder der Partnerin oder des Partners Art. 27a Stiefkindadoption Art. 28 Adoption und Fortpflanzungsmedizin 4. Kapitel: Gerichtliche Auflösung der eingetragenen Partnerschaft 1. Abschnitt: Voraussetzungen Art. 29 Gemeinsames Begehren Art. 30 Klage 2. Abschnitt: Folgen Art. 30a Name Art. 31 Erbrecht Art. 32 Zuteilung der gemeinsamen Wohnung Art. 33 Berufliche Vorsorge Art. 34 Unterhaltsbeitrag 4a. Kapitel: Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe Art. 35 Umwandlungserklärung Art. 35a Wirkungen der Umwandlungserklärung 5. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 36 Änderung bisherigen Rechts Art. 37 Koordination mit Änderungen anderer Erlasse Art. 37a Übergangsbestimmung zur Änderung vom 30. September 2011 Art. 38 Referendum und Inkrafttreten Anhang Änderung bisherigen Rechts
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Erwägungen ab Seite 225 BGE 102 IV 225 S. 225 Aus den Erwägungen: 2. Fragen kann sich, ob in Fällen, wo der verübte Raub neben der voraussehbaren Todesfolge bereits andere Qualifikationsmerkmale gemäss Art. 139 Ziff. 2 StGB aufweist und demzufolge überhaupt kein Unterschied im Strafminimum besteht, nicht vom normalen Fahrlässigkeitsbegriff auszugehen sei. Das ist zu verneinen. Entscheidend sind nach der Rechtsprechung die Strafminima des einfachen und des durch die voraussehbare Todesfolge qualifizierten Tatbestandes. Art. 139 Ziff. 2 Abs. 5 StGB umschreibt zudem keine qualifiziertere Art eines gegenüber dem einfachen Raub bereits qualifizierten Straftatbestandes, sondern einen unter verschiedenen, BGE 102 IV 225 S. 226 durch jeweils besondere Merkmale ausgezeichneten Raub, der hinsichtlich der Rechtsfolge insofern abweichend von den übrigen behandelt wird, als nicht nur auf Zuchthaus von 5-20 Jahren, sondern auch auf lebenslängliches Zuchthaus erkannt werden kann. Für die Qualifikationsmerkmale des Art. 139 Ziff. 2 Abs. 1-4 StGB hat die Rechtsprechung bereits erkannt, "doppelt ausgezeichnet in dem Sinne, dass der aus dem einen Grunde verschärfte Strafrahmen aus einem andern Grunde noch weiter verschärft würde", könne der Raub nicht sein ( BGE 73 IV 19 ). 7. a) Y. macht geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit in leichtem Grade, wie sie das über ihn erstattete psychiatrische Gutachten vorsehe, verneint. b) Gemäss Art. 11 StGB kann der Richter die Strafe nach freiem Ermessen mildern ( Art. 66 StGB ), wenn der Täter zur Zeit der Tat in seiner geistigen Gesundheit oder in seinem Bewusstsein beeinträchtigt oder geistig mangelhaft entwickelt war, so dass die Fähigkeit, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss seiner Einsicht in das Unrecht der Tat zu handeln, herabgesetzt war. Zur Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit genügt nicht jede geringfügige Herabsetzung der Fähigkeit, sich zu beherrschen ( BGE 73 IV 210 ). Der Täter muss vielmehr, zumal der Begriff des normalen Menschen nicht eng zu fassen ist (BINDER, SJZ 47, S. 101 ff.; BGE 73 IV 210 , BGE 78 IV 212 , BGE 81 IV 8 ), in hohem Masse in den Bereich des Abnormen fallen, seine Geistesverfassung nach Art und Grad stark vom Durchschnitt nicht bloss der Rechts-, sondern auch der Verbrechensgenossen abweichen ( BGE 98 IV 154 /55, BGE 100 IV 130 ). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist weitgehend Ermessensfrage ( BGE 73 IV 211 ). Der Sachrichter ist bei seinem Entscheid nicht an die Schlussfolgerungen eines von ihm eingeholten psychiatrischen Gutachtens gebunden. Er kann dieses vielmehr in tatsächlicher Hinsicht frei auf seine Beweiskraft hin würdigen, und es steht ferner ihm, nicht dem Sachverständigen zu, den von ihm festgestellten Sachverhalt als Verminderung der Zurechnungsfähigkeit im Sinne von Art. 11 StGB zu werten oder zu erklären, er erfülle die gesetzlichen Merkmale dieses Rechtsbegriffes nicht ( BGE 75 IV 148 E. 1; BGE 81 IV 8 E. 1; BGE 96 IV 98 ). Weicht er in Fachfragen von der Auffassung BGE 102 IV 225 S. 227 des Experten ab, so hat er hiefür allerdings triftige Gründe anzuführen ( BGE 101 IV 129 ). Der Kassationshof hat auf Nichtigkeitsbeschwerde hin einzig zu prüfen, ob die Vorinstanz Bundesrecht zutreffend angewandt habe, insbesondere ob der von der Vorinstanz für ihn verbindlich festgestellte biologisch-psychologische Zustand, in dem der Täter die Delikte beging ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ), die rechtlichen Merkmale der verminderten Zurechnungsfähigkeit im Sinne von Art. 11 StGB aufweist oder nicht ( BGE 81 IV 8 ). c) Nach dem von der Vorinstanz bei der psychiatrischen Universitätsklinik Bern eingeholten Gutachten hat Y. eine neurotische Fehlentwicklung durchgemacht, bei der er seine ursprünglich gute Intelligenzlage verkümmern liess und heute noch eine Intelligenzleistung von 90-95 IQ-Punkten aufweist. Die neurotische Reifungshemmung äussert sich in schwerer Verunsicherung, starken Minderwertigkeitsgefühlen, grosser Ambivalenz, woraus sich wiederum eine grosse Entschlussunfähigkeit ergibt. Dieser Mechanismus führt nach Auffassung des Sachverständigen zu seelischem Druck, aus dem sich unüberlegte Handlungen ergeben könnten, besonders wenn zum Beispiel durch Alkohol die Hemmschranken weggefallen seien. Y. lehne sich in seiner Unsicherheit gerne an andere an, wobei er diese oft überschätze, sich selbst aber unterschätze. Die Fähigkeit, gemäss der vorhandenen Einsicht in das Unrecht der Tat zu handeln, sei in leichtem Grade herabgesetzt gewesen. d) Die Vorinstanz geht, ohne das zwar ausdrücklich festzuhalten, offenbar vom biologisch-psychologischen Zustand des Y. aus, wie ihn das Gutachten beschreibt. Sie macht jedenfalls diesbezüglich keinerlei Einschränkungen. Eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit hat sie, ausgehend von einem rechtlich zutreffenden Begriff der Zurechnungsfähigkeit, deshalb verneint, weil die bei Y. festgestellte neurotische Fehlentwicklung nicht als schwerwiegender erscheine als der in BGE 78 IV 211 ff. umschriebene Mangel der Persönlichkeitsentwicklung. Sie hat das ihr bei dieser Wertung zustehende Ermessen nicht überschritten. Zwar spricht - wie bereits dargetan - das Gutachten davon, die neurotische Reifungshemmung des mit Sicherheit nicht schwachsinnigen Y. äussere sich in schwerer Verunsicherung, starken Minderwertigkeitsgefühlen, grosser BGE 102 IV 225 S. 228 Ambivalenz, woraus wieder eine grosse Entschlussunfähigkeit resultiere. Den seelischen Druck, zu dem dieser Mechanismus führe, charakterisiert das Gutachten indessen nicht näher, bezeichnet ihn jedenfalls nicht als einen solchen schwerwiegender Art. Abgesehen davon, dass unüberlegtes Handeln an sich eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit nicht indiziert, hält das Gutachten lediglich fest, aus dem geschilderten seelischen Druck könnten sich unüberlegte Handlungen ergeben, besonders wenn die Hemmungsschranken, beispielsweise durch Alkoholkonsum, wegfielen. Dass und inwiefern allenfalls mit bezug auf den in Frage stehenden Raub gerade eine solche Wirkung eingetreten sei, legt das Gutachten indessen nicht dar. Die Alkoholisierung des Y. war nach den Feststellungen des Strafgerichtes, die unwidersprochen blieben, derart geringfügig, dass von einem Wegfall der Hemmschranken ohnehin nicht die Rede sein kann. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz ohne Ermessensüberschreitung annehmen, Y. falle selbst nach der Persönlichkeitsbeschreibung im Gutachten nicht in derart hohem Masse in den Bereich des Abnormen, dass sich daraus eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit, die der Gutachter selber nur als eine solche in leichtem Masse bezeichnet, ergebe.
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Sachverhalt ab Seite 193 BGE 105 Ia 193 S. 193 § 65 des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes vom 13. Juni 1976 (im folgenden: GVG) lautet: Wenn mehrere Personen gemeinsam klagen wollen oder gemeinsam eingeklagt werden sollen und das Handelsgericht nur für einzelne von ihnen zuständig ist, so bestimmt das Obergericht auf Antrag eines Klägers, ob das Handelsgericht oder das Bezirksgericht für sämtliche Streitgenossen zuständig ist. Die X. AG (in Nachlassliquidation) führt gegen die Y. AG, welche bei der X. AG als Kontrollstelle gewirkt hatte, sowie gegen vier Verwaltungsräte (Z. und Konsorten) einen Verantwortlichkeitsprozess. Für die Y. AG wäre nach § 62 GVG das Handelsgericht, für die vier Verwaltungsräte das Bezirksgericht sachlich zuständig. Gestützt auf § 65 GVG stellte die X. AG am 7. November 1978 beim Obergericht des Kantons Zürich das Gesuch, das Handelsgericht sei für sämtliche Streitgenossen als zuständig zu erklären. Das Obergericht bewilligte das Gesuch mit Beschluss vom 13. November, ohne den Beklagten Gelegenheit zu vorgängiger Stellungnahme einzuräumen. BGE 105 Ia 193 S. 194 Die beklagten Verwaltungsräte führten fristgerecht Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich sowie staatsrechtliche Beschwerde wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren wurde mit Präsidialverfügung vom 3. Januar 1979 bis zum Entscheid des Kassationsgericht sistiert. Mit Entscheid vom 22. Januar 1979 ist das Kassationsgericht des Kantons Zürich nicht auf die Nichtigkeitsbeschwerde eingetreten. Es erwog, der streitige Beschluss betreffe eine Justizverwaltungssache. Die Nichtigkeitsbeschwerde sei daher ausgeschlossen. Dieser Entscheid blieb unangefochten. Das Bundesgericht hat mit Verfügung vom 12. Februar 1979 das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren wieder aufgenommen. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 87 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV erst gegen letztinstanzliche Endentscheide zulässig, gegen letztinstanzliche Zwischenentscheide nur, wenn sie für den Betroffenen einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge haben. Ob der angefochtene Entscheid ein End- oder ein Zwischenentscheid ist, kann offen bleiben. Nach der Bundesgerichtspraxis können insbesondere Entscheide über Ablehnungsbegehren oder über die örtliche und sachliche Zuständigkeit von Gerichtsbehörden ungeachtet der Frage, ob ein nicht wieder gutzumachender Nachteil vorliegt, aus prozessökonomischen Gründen selbständig mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden ( BGE 97 I 213 E. 1a mit Verweisungen; BGE 87 I 177 ; BGE 69 I 17 ; vgl. LUDWIG, Endentscheid, Zwischenentscheid und Letztinstanzlichkeit im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren, ZBJV 1974 S. 184 f; MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, 4. Auflage, 1979, N. 162). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird zunächst grundsätzlich von den kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben; erst wo sich dieser Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus Art. 4 BV fliessenden bundesrechtlichen Minimalgarantien Platz. Während das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts grundsätzlich nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der BGE 105 Ia 193 S. 195 Willkür prüft, untersucht es frei, ob der bundesrechtliche Gehörsanspruch gewahrt ist ( BGE 101 Ia 303 E. 4). a) § 65 GVG gibt der Gegenpartei keinen Anspruch auf Anhörung vor Erlass der Verfügung des Obergerichts. Ein allfälliger Gehörsanspruch kann sich jedenfalls nicht auf diese Bestimmung stützen. Dass eine abweichende Praxis besteht, behaupten die Beschwerdeführer nicht. Es ist daher einzig zu prüfen, ob durch den angefochtenen Entscheid der aus Art. 4 BV fliessende Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden ist. b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung besitzen die Parteien in Zivil- und Strafsachen einen unbedingten Anspruch, vor Erlass eines Entscheides, der sie belastet oder belasten könnte, angehört zu werden ( BGE 101 Ia 296 E. 1d mit Verweisungen; BGE 96 I 323 E. 2b; BGE 94 I 109 ). Im Verwaltungsverfahren ist dieser Anspruch dagegen nach der Praxis nicht in so umfassender Weise garantiert, sondern nur dann, wenn der Betroffene durch den Entscheid beschwert werden könnte, das öffentliche Interesse keine sofortige Entscheidung verlangt und die einmal getroffene Massnahme weder mit einem ordentlichen, die freie Überprüfung gestattenden Rechtsmittel angefochten noch von der verfügenden Behörde selbst uneingeschränkt in Wiedererwägung gezogen werden kann ( BGE 99 Ia 46 E. 3b, BGE 98 Ia 8 E. 2c; GRISEL, Droit administratif suisse, S. 179 ff.; REINHARDT, Das rechtliche Gehör in Verwaltungssachen, Zürich 1968, S. 69 ff.; 102 ff., 115 ff.). aa) Nach der unangefochten gebliebenen Auffassung des Kassationsgerichts betrifft der Entscheid des Obergerichts eine Angelegenheit der Justizverwaltung, nicht der Gerichtsbarkeit. Das Kassationsgericht erachtet die gerichtliche Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit als Parallelfall zur Festsetzung des Gerichtsstandes durch das Obergericht gemäss § 14 ZPO (ähnlich: WALDER, Der neue zürcherische Zivilprozess, Zürich 1977, S. 73 N. 144 und 99 N. 46). Seine Ausführungen über die Natur des Entscheides gemäss § 65 GVG sind indessen - wie zu zeigen sein wird - nicht entscheidend für die Frage, ob nach der bundesrechtlichen Minimalgarantie des rechtlichen Gehörs ein Anspruch der Gegenpartei auf Anhörung besteht, bevor das Obergericht die sachlich zuständige Gerichtsbehörde bestimmt. bb) Es fragt sich nämlich, ob es im Lichte des aus Art. 4 BV BGE 105 Ia 193 S. 196 folgenden Minimalanspruches noch sinnvoll ist, streng zwischen Zivil- und Strafprozessen einerseits, verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten anderseits zu unterscheiden. Das Bundesgericht hat nie einlässlich umschrieben, was es unter der "unbedingten" Geltung des Gehörsanspruches in Zivil- und Strafsachen versteht. Zudem hat es diesen Anspruch für das summarische Verfahren empfindlich eingeschränkt mit der Begründung, dass sich der Richter hier mit blosser Glaubhaftmachung begnügen könne und deshalb bei der Sachverhaltsermittlung davon absehen dürfe, die Parteien beizuziehen, wenn es aus irgend einem Grunde, etwa wegen Dringlichkeit, nicht tunlich sei ( BGE 88 I 201 = Pra 1963, S. 73; vgl. die Kritik bei TINNER, Das rechtliche Gehör, ZSR 83 II 370 ff.). Überdies lässt sich mit guten Gründen die Frage aufwerfen, ob wirklich alle Verfügungen, welche im Laufe eines Zivil- oder Strafverfahrens ergehen können, unterschiedslos die vorgängige Anhörung der Parteien erheischen (vgl. GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich 1979, 3. Auflage, S. 176). Im Verwaltungsverfahren hat das Bundesgericht andererseits den Anspruch auf rechtliches Gehör zunächst grundsätzlich verneint und ihn nur in einzelnen, nach und nach erweiterten Sachgebieten zugelassen (vgl. die Nachweise bei TINNER, a.a.O., S. 366 ff.). Heute ist er dem Grundsatze nach allgemein anerkannt. Die Einschränkungen, welche er nach der Praxis im Verwaltungsverfahren erfährt, werden durch das Bundesgericht vor allem mit der ungleichen Stellung der entscheidenden Behörde begründet; im Verwaltungsverfahren habe diese nicht bloss auf Grund von Parteibehauptungen und im Rahmen gestellter Begehren zu entscheiden, sondern von Amtes wegen über die richtige Anwendung des Gesetzes zu befinden ( BGE 99 Ia 46 E. 3b). Diese Erwägung ist diskutabel. Einerseits hat auch der Strafrichter nach der materiellen Wahrheit zu forschen, andererseits treffen die Ausführungen über die Stellung der Verwaltungsbehörde für Verwaltungsgerichtsinstanzen nicht in gleicher Weise zu. Gesamthaft ist die Tendenz der Rechtsprechung offensichtlich, die einzelnen Verfahrensarten hinsichtlich des Anspruches auf rechtliches Gehör einander anzunähern. Es rechtfertigt sich daher heute nicht mehr, für die Umschreibung des aus Art. 4 BV folgenden Minimalanspruches strikte zwischen Zivil- und Strafverfahren einerseits, verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten andererseits zu unterscheiden. BGE 105 Ia 193 S. 197 cc) Für die Beurteilung des vorliegenden Falles ist vielmehr von der konkreten Interessenlage auszugehen. Der Gehörsanspruch ist einerseits ein Mittel der Sachaufklärung, andererseits ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht des Verfahrensbeteiligten beim Erlass von Verfügungen, welche seine Rechtsstellung berühren (IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Auflage, Basel 1976, Nr. 81 B I). Das Bedürfnis, angehört zu werden, ist dort besonders intensiv und daher unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten schutzwürdig, wo die Gefahr besteht, dass jemand durch einen staatlichen Hoheitsakt beschwert werden könnte (TINNER, a.a.O., S. 331; REINHARDT, a.a.O., S. 70). Besteht diese Gefahr nicht, so ist auch das Interesse, vor Erlass einer Verfügung angehört zu werden, nicht erheblich. Weitere Schranken des Gehörsanspruches können in der besonderen Dringlichkeit einer bestimmten Verfügung (vgl. BGE 88 I 201 f.; IMBODEN/RHINOW, a.a.O., Nr. 81 B III; REINHARDT, a.a.O., S. 102 ff., 113 f.) oder im Umstand liegen, dass der Betroffene bei vorgängiger Anhörung den Zweck einer im öffentlichen Interesse liegenden Massnahme vereiteln könnte (vgl. TINNER, a.a.O., S. 382 f.) Zu berücksichtigen ist endlich, ob der Hoheitsakt frei in Wiedererwägung gezogen oder mit einem die volle Überprüfung gestattenden Rechtsmittel angefochten werden kann (vgl. BGE 98 Ia 8 E. 2c; TINNER, a.a.O., S. 396 f; kritisch: REINHARDT, a.a.O., S. 115 ff., 137 f.). Der Umstand, dass eine solche Möglichkeit besteht, rechtfertigt es indessen nicht schlechthin, auf die Anhörung des Betroffenen vor Erlass einer Verfügung zu verzichten. Die nachträgliche Gewährung des rechtlichen Gehörs bildet häufig nur einen unvollkommenen Ersatz für eine unterlassene vorgängige Anhörung (vgl. IMBODEN/RHINOW, a.a.O., Nr. 87 B III; IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 3. Auflage, Basel 1969, Bd. II Nr. 616 III). Ob ein Bürger vor Erlass einer bestimmten Anordnung angehört werden muss, ist demnach, soweit keine besonderen gesetzlichen Regeln bestehen, im Einzelfall oder für bestimmte Fallgruppen in Abwägung der oben entwickelten Gesichtspunkte zu entscheiden (vgl. TINNER, a.a.O., S. 377 ff.). 3. Der angefochtene Entscheid, mit dem das Handelsgericht für den Verantwortlichkeitsprozess als zuständig erklärt wurde, ist eine grundlegende prozessleitende Verfügung. Gegen diesen Entscheid ist nach zürcherischem Recht kein Rechtsmittel BGE 105 Ia 193 S. 198 vorgesehen, und er kann seiner Natur nach auch kaum in Wiedererwägung gezogen werden, wenn das Verfahren einmal aufgenommen worden ist. Darin allein liegt schon ein Indiz für ein erhöhtes Schutzbedürfnis der betroffenen Partei. 4. Für die Beurteilung der Klagen gegen die Beschwerdeführer wären im Hauptprozess die ordentlichen Gerichte zuständig gewesen. Der angefochtene Entscheid, mit welchem das Handelsgericht als zuständig erklärt worden ist, bewirkt, dass den Beschwerdeführern im hängigen Prozess nur eine Gerichtsinstanz mit tatsächlicher und rechtlicher Kognition zur Verfügung steht; wäre das Bezirksgericht als zuständig bezeichnet worden, so hätte ihnen gegen das bezirksgerichtliche Urteil die Berufung an das Obergericht offen gestanden, welchem ebenfalls freie Tatsachen- und Rechtskontrolle zukommt. a) Die Gerichtsorganisation steht in der Zuständigkeit der Kantone (Art. 64 Abs. 3 und 64bis Abs. 3 BV). Diese sind von Bundes wegen nicht dazu verpflichtet, den gerichtlichen Instanzenzug in einer bestimmten Weise zu konzipieren, insbesondere eine bestimmte Anzahl von funktionell einander über- und untergeordneten Gerichtsbehörden zu schaffen (vgl. STRÄULI/MESSMER, a.a.O., N. 1 und 2 zu § 17 ZPO ; BURCKHARDT, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung, 3. Auflage, Bern 1931, zu Art. 58, S. 533). So haben verschiedene Kantone (z.B. Zürich, Bern, St. Gallen) für handelsrechtliche Streitigkeiten Handelsgerichte geschaffen, in welchen der Beizug wirtschaftlich sachverständiger Personen eine rasche und fachkundige Beurteilung solcher Fälle gewährleisten soll. Dem Nachteil des Verlustes einer Instanz stehen somit gewichtige Vorteile gegenüber. Dies ist namentlich bei Streitigkeiten wie der hier in Frage stehenden aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsklage der Fall. Die verschiedenen gesetzlich vorgesehenen Verfahrensarten können daher grundsätzlich als gleichwertig gelten. b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Er besteht, wenn seine Voraussetzungen gegeben sind, unabhängig davon, ob die ergangene Verfügung in der Sache als haltbar erscheint oder nicht ( BGE 103 Ia 140 mit Verweisungen). Zweifellos besteht gerade für Prozesse von der Art der zwischen den Parteien hängigen Verantwortlichkeitsklage ein erhebliches Interesse an Erledigung in ein und demselben Verfahren. BGE 105 Ia 193 S. 199 Aber selbst wenn die verschiedenen Verfahrensarten grundsätzlich als gleichwertig zu gelten haben, bleibt zu prüfen, ob für die Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit einer Beschwer besteht. § 65 GVG ist dem § 14 ZPO nachgebildet, welcher einen analogen Entscheid des Obergerichts über den Gerichtsstand vorsieht, wenn mehrere Personen beklagt werden, für die nicht dasselbe ordentliche Gericht örtlich zuständig wäre. Auch dort ist keine Vernehmlassung vorgeschrieben und nach der Praxis offenbar auch nicht üblich (STRÄULI/MESSMER, N. 4 zu § 14 ZPO ). Ob diese Praxis zu § 14 ZPO vor Art. 4 BV standhält, kann hier offen bleiben. Dagegen fragt sich, ob sie vorbehaltlos auf den Entscheid über die sachliche Zuständigkeit gemäss § 65 GVG übertragen werden kann, denn anders als bei § 14 ZPO hat dieser Entscheid Unterschiede im Instanzenzug zur Folge. Aus den Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts ( § § 61 ff. GVG ) ergibt sich, dass natürliche Personen, welche nicht als Firma im schweizerischen oder in einem ausländischen Handelsregister eingetragen sind oder an ihrem ausländischen Wohnort als selbständige Kaufleute gelten, ohne ihre Zustimmung nur dann, wenn es vom Gesetz zwingend vorgesehen ist ( § 61 GVG ), als Beklagte vor Handelsgericht belangt werden können ( § § 62 und 63 GVG ). Die einzige Ausnahme von dieser Regel bildet § 65 GVG . Im Gegensatz zu § 61 GVG ist hier die Zuständigkeit des Handelsgerichts aber nicht in generell-abstrakter Weise zwingend angeordnet, sondern das Obergericht hat im Einzelfall nach freiem Ermessen darüber zu entscheiden. Der Entscheid richtet sich nach den Ausführungen des Kassationsgerichts nach Zweckmässigkeitskriterien. Der Verlust einer Instanz mit freier Beweiswürdigung führt zu einer wesentlichen Straffung des Verfahrens. Nicht die Durchsetzung des materiellen Rechts an sich ist erschwert, wohl aber wird die Dauer des Prozesses verkürzt, und die Anforderungen an die Sorgfalt der Parteien werden erhöht. Einer Partei mag die Konzentration des Verfahrens auf eine Instanz mit Tatsachenkognition als Vorteil erscheinen, während einer anderen, beispielsweise einer prozessungewohnten Person, die Möglichkeit der Berufung an eine weitere Tatsacheninstanz willkommen wäre. Vorteile und Nachteile der beiden BGE 105 Ia 193 S. 200 Verfahren liegen auf verschiedenen Ebenen. Es sind daher unterschiedliche Betrachtungsweisen und Bewertungen möglich. Auch im zu beurteilenden Fall ist es durchaus möglich, dass die Beschwerdeführer oder einzelne von ihnen erhebliche Gründe hätten vorbringen können, welche bei Abwägung aller Umstände dafür gesprochen hätten, entweder das ganze Verfahren den ordentlichen Gerichten zuzuteilen oder aber die Prozesse gegen die Verwaltungsräte und die Kontrollstelle getrennt durchführen zu lassen (wobei dann immer noch die Möglichkeit offen bliebe, das eine Verfahren bis zum Abschluss des anderen zu sistieren). Dies gilt umso mehr, als der Streitwert des Verantwortlichkeitsprozesses ausserordentlich hoch ist. Da die Möglichkeit einer Beschwer demnach nicht schlechthin von der Hand zu weisen ist, und da zudem der Entscheid über die sachliche Zuständigkeit allein im Ermessen des Obergerichts steht, nicht appellabel ist und eine Wiedererwägung als praktisch ausgeschlossen gelten muss, hatten die Beschwerdeführer nach Art. 4 BV Anspruch darauf, vorgängig angehört zu werden. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
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Sachverhalt ab Seite 53 BGE 80 IV 53 S. 53 A.- Dr. Marcel Saner, Direktor der Anker-Treuhand AG, wurde am 12. Januar 1951 von der Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich gemäss Art. 393 Ziff. 4 ZGB als Beistand der Immo-Hyp Propria AG ernannt, die infolge Todes ihres einzigen Verwaltungsrates kein Vertretungsorgan mehr besass. Am 7. März 1951 bewilligte BGE 80 IV 53 S. 54 das Bezirksgericht Zürich dieser Gesellschaft die Nachlassstundung und bestellte zwei Sachwalter. Am 29. März 1952 genehmigte es den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung und ernannte die Sachwalter zu Liquidatoren. Saner blieb Beistand der Gesellschaft. Im Einvernehmen mit der Vormundschaftsbehörde und den Sachwaltern bemühte sich Saner schon während der Nachlassstundung um den Verkauf von Liegenschaften der Immo-Hyp Propria AG Im Frühjahr 1952 vermittelte Dr. H. Kressebuch der Immo-Hyp Propria AG den Verkauf der Liegenschaft Rebgasse 5 in Zürich zum Preise von Fr. 447'000.-- und der Liegenschaft Dohlenweg zum Preise von Fr. 651'000.--, bezog dafür Provisionen von je 2% des Verkaufspreises und bezahlte Saner seinerseits als Provision Fr. 10'000.--. Durch Bemühungen des Samuel Steinmann kam es dazu, dass die Immo-Hyp Propria AG die Liegenschaft Schaffhauserstrasse 456 zum Preise von Fr. 278'000.-- an Julius Schär verkaufte. Saner veranlasste Steinmann, gegenüber der Gesellschaft eine Provision von 1 1/2% des Kaufpreises geltend zu machen, und liess der Anker-Treuhand AG durch ihn als Provision Fr. 2000.-- überweisen. Am 26. Juni 1952 liess sich Saner von Henri Seilaz, der den Verkauf der der Immo-Hyp Propria AG gehörenden Aktien der Vaudaire SA in Lausanne zum Preise von Fr. 148'450.21 vermittelt und dafür eine Provision von Fr. 15'000.-- bezogen hatte, eine Provision von Fr. 3000.-- überweisen. B.- Das Schwurgericht des Kantons Zürich verurteilte Saner am 17. November 1953 unter anderem wegen wiederholter Veruntreuung. Es erblickte sie darin, dass Saner die ihm bzw. der Anker-Treuhand AG von Dr. Kressebuch, Samuel Steinmann und Henri Seilaz übermittelten Beträge nicht an die Immo-Hyp Propria AG abgeliefert hatte. C.- Saner führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und er sei freizusprechen. BGE 80 IV 53 S. 55 D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Eine Veruntreuung im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB begeht, wer anvertrautes Gut, namentlich Geld, unrechtmässig in seinem oder eines anderen Nutzen verwendet. Anvertraut im Sinne dieser Bestimmung ist nur, was jemand mit der Verpflichtung empfängt, es in bestimmter Weise im Interesse eines andern zu verwenden, insbesondere es zu verwahren, zu verwalten oder abzuliefern. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Dr. Kressebuch, Samuel Steinmann und Henri Seilaz haben dem Beschwerdeführer die Provisionen zur Verwendung für sich selber zugewiesen, nicht in seiner Eigenschaft als Beistand der Immo-Hyp Propria AG zur Verwendung für diese, insbesondere zur Ablieferung an die im Nachlassverfahren eingesetzten Liquidatoren. Auch von Seiten der Immo-Hyp Propria AG sind die Provisionen dem Beschwerdeführer nicht anvertraut worden, und zwar selbst dann nicht, wenn richtig sein sollte, dass er, wie das Schwurgericht annimmt, gemäss Art. 400 OR verpflichtet war, sie der Gesellschaft zu erstatten. Eine gesetzliche oder vertragliche Herausgabepflicht allein macht einen Vermögenswert nicht zu anvertrautem Gute. Solches liegt trotz Herausgabepflicht nicht vor, wenn der Empfänger das Gut für sich selber, nicht für den andern, empfangen hat. Dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts der Erlös aus Kommissions- oder Trödelware dem Empfänger im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB anvertraut ist ( BGE 70 IV 73 , BGE 75 IV 14 ), ändert nichts. Bei der Verkaufskommission und beim Trödelvertrag ist zunächst die zu verkaufende Sache anvertraut, und der vom Kommissionär oder Trödler im eigenen Namen eingenommene Erlös tritt an ihre Stelle. Das Geld aber, das der Beschwerdeführer erhielt, war nicht Verkaufserlös, sondern eine für ihn selbst bestimmte Vergütung. BGE 80 IV 53 S. 56 Deren Annahme war übrigens wegen seiner Stellung als Beistand der Immo-Hyp Propria AG geradezu pflichtwidrig. Wenn er dadurch, dass er das Geld nicht der Gesellschaft oder den Liquidatoren ablieferte, eine weitere Pflicht verletzt haben sollte, so nicht deswegen, weil es ihm anvertraut gewesen wäre, sondern weil anzunehmen wäre, der Empfänger dürfe nach der gesetzlichen Ordnung das so Erworbene nicht für sich behalten. Das Schwurgericht hat daher den Beschwerdeführer vom Vorwurf der Veruntreuung freizusprechen.
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Erwägungen ab Seite 127 BGE 111 Ib 126 S. 127 Erwägung: 2. Gemäss Art. 23bis Abs. 1 BankG trifft die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) die zum Vollzug des Gesetzes nötigen Verfügungen und überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. a) Voraussetzung für die Ausübung der Bankentätigkeit ist die dauernde Gewähr für einwandfreie Geschäftstätigkeit ( Art. 3 Abs. 2 lit. c, Art. 23quinquies BankG ; BGE 108 Ib 190 f. E. 3a). Eine einwandfreie Geschäftstätigkeit gebietet, dass die Bank keine rechts- und sittenwidrigen Geschäfte tätigt (BGE 108 b 190 E. 3, 193 E. 5a; BGE 106 Ib 148 f.). Auch wenn das Bankengesetz hauptsächlich bezweckt, die Bankgläubiger vor Verlusten zu bewahren ( BGE 108 Ib 522 E. 5aa mit Hinweisen), so bezieht sich die Bankenaufsicht nicht allein auf die Solidität und Sicherheit der Banken, sondern insgesamt auf deren Vertrauenswürdigkeit ( Art. 3 Abs. 2 lit. c, Art. 4quater BankG ; GYGI, Les objectifs de la loi, in: Internationales Kolloquium Vorentwurf zum Schweizerischen Bankengesetz, S. 165 f.; NOBEL, Die Sorgfaltspflicht des Bankiers, in: 50 Jahre eidgenössische Bankenaufsicht, S. 218; HIRSCH, Les objectifs de la loi sur les banques, in: 50 Jahre eidgenössische Bankenaufsicht, S. 277 f.). Die Verwicklung in rechts- oder sittenwidrige Geschäfte kann das Vertrauen nicht nur in die betroffene Bank, sondern in die Schweizer Banken ganz allgemein beeinträchtigen. Die Banken haben deshalb die wirtschaftlichen Hintergründe eines Geschäfts abzuklären, wenn Anzeichen darauf hindeuten, dass dieses Teil eines unsittlichen oder rechtswidrigen Sachverhalts bilden könnte ( BGE 106 Ib 148 f., E. 2), und haben sich entsprechend einer Mitwirkung an unrechtmässigen oder sittenwidrigen Geschäften eines Kunden zu enthalten. Hilft eine Bank einem Kunden bei der Abwicklung eines Geschäfts, das eine - selbst nur eventuelle - Täuschung der BGE 111 Ib 126 S. 128 Behörden (insbesondere im Rahmen einer Schuldbetreibung, vgl. Art. 163 ff. StGB ) oder eine widerrechtliche Vermögensschädigung Einzelner (vgl. Art. 137 ff. StGB ) bezweckt, so ist ihre Geschäftstätigkeit zu beanstanden; ein solches Verhalten würde unter Umständen sogar die verantwortlichen Organe einer Strafverfolgung aussetzen (vgl. Art. 25 StGB ). Die Mitwirkung bei fiktiven Geschäften, die dazu bestimmt sind, die Bank als Inhaberin einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Forderung oder eines in Wirklichkeit nicht bestehenden dinglichen Rechts erscheinen zu lassen, um eventuell eine drohende Beschlagnahme oder einen drohenden Arrest zu verhindern, lässt sich daher mit dem Gebot einwandfreier Geschäftstätigkeit nicht vereinbaren. Das gilt auch gegenüber Massnahmen ausländischer Behörden oder von Drittpersonen mit Wohnsitz im Ausland; ob in einzelnen Fällen der Schutz höherer Interessen eine Ausnahme zu rechtfertigen vermöchte, kann hier dahingestellt bleiben. Unerheblich ist auch, dass die zwischen den unterzeichnenden Banken und der Schweizerischen Bankiervereinigung einerseits sowie der Schweizerischen Nationalbank andererseits abgeschlossene Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht der Banken bei der Entgegennahme von Geldern und über die Handhabung des Bankgeheimnisses (VSB) vom 1. Juli 1982 den Banken lediglich verbietet, Täuschungsmanövern ihrer Kunden gegenüber Behörden des In- und Auslandes durch irreführende Bescheinigung Vorschub zu leisten ( Art. 9 VSB ). Unbekümmert darum, ob dieser Vereinbarung öffentlichrechtlicher oder ausschliesslich privatrechtlicher Charakter zukommt (vgl. dazu BGE 109 Ib 154 ), verpflichtet sie die EBK bei der Auslegung des Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG nicht, da sie weder an der gesetzlichen Ordnung des Bankengesetzes noch an der Aufsichtskompetenz der EBK etwas zu ändern vermag.
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Sachverhalt ab Seite 621 BGE 130 III 620 S. 621 A.B. (Klägerin) hat Wohnsitz in Kalifornien/USA. Die D. SA (Beklagte) hat ihren Sitz in Genf und führt eine Zweigniederlassung in Zürich. Die Klägerin eröffnete am 5. April 1993 auf ihren Namen bei der Zweigniederlassung der Beklagten das Konto X. Gemäss dem Konto-Eröffnungsantrag waren sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann, A.C., an den einzubringenden Werten wirtschaftlich berechtigt. A.C. wurde zudem bevollmächtigt, über das Konto frei zu verfügen. Am 15. Februar 1994 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann ein so genanntes Post Nuptual Agreement (d.h. einen Ehevertrag nach der Heirat). Sie vereinbarten, dass sämtliche Vermögenswerte der Eheleute A. in den USA im alleinigen Eigentum des Ehemannes und sämtliche Vermögenswerte ausserhalb der USA im alleinigen Eigentum der Klägerin stehen sollten. Am 14. Juni 1996 wurde über A.C. in Kalifornien auf dessen eigenes Begehren der Konkurs eröffnet und eine Konkursverwalterin bestellt. Die Konkursverwalterin informierte die Beklagte mit Schreiben vom 26. Juli 2000 über die Konkurseröffnung und verlangte verschiedene Auskünfte und Dokumente, insbesondere eine Liste der Konten, die auf A.C. lauteten, betreffend welcher er - allein oder zusammen mit Dritten - wirtschaftlich berechtigt oder unterschriftsberechtigt war. Sie verwies auf § 541 des 11. Titels des United States Bankruptcy Code, wonach die eingeforderten Dokumente zur Konkursmasse von A.C. gehörten und der Konkursverwalterin herauszugeben seien. Sodann wies sie auf § 152 des 18. Titels des Codes hin, gemäss welchem sich die Beklagte strafbar mache, wenn sie der Konkursverwalterin Vermögenswerte des Konkursiten vorenthalte. Am 18. August 2000 teilte die Beklagte der Konkursverwalterin mit, sie dürfe aufgrund des schweizerischen Bankgeheimnisses keine Auskunft darüber erteilen, ob eine bestimmte Person bei ihr Bankkundin sei, weshalb sie die im Schreiben vom 26. Juli 2000 gestellten Fragen nicht beantworten könne. Am 17. Oktober 2000 fragte der Rechtsvertreter der Beklagten den Anwalt der Klägerin telefonisch an, ob die Klägerin und A.C. die Beklagte vom Bankgeheimnis entbinden würden. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2000 lehnte die Klägerin dies ausdrücklich ab BGE 130 III 620 S. 622 und erinnerte an die zivil- und strafrechtlichen Folgen einer Verletzung des Bankgeheimnisses. Die Klägerin gelangte am 9. Januar 2001 an das Handelsgericht des Kantons Zürich mit dem Rechtsbegehren, die Beklagte sei zu verurteilen, ihr CHF 703'310.- zuzüglich sämtlicher Erträgnisse aus den Anlagen auf dem Konto/Depot X. seit dem 1. Oktober 2000 zu bezahlen. Der Betrag von CHF 703'310.- entspricht der von der Beklagten erstellten Depotgesamtbewertung per 30. September 2000. Das Handelsgericht wies die Klage mit Urteil vom 24. Oktober 2003 ab. Es führte im Wesentlichen aus, die Parteien hätten das schweizerische Recht für anwendbar erklärt und als Gerichtsstand den Ort der Zweigstelle vereinbart, welche die Kontos oder Depots führe. Damit sei die örtliche Zuständigkeit gegeben. Das Gericht stellte sodann fest, es sei nicht streitig, dass die Beklagte grundsätzlich zur Herausgabe der auf dem Konto X. liegenden Vermögenswerte an die Klägerin verpflichtet sei. In Anwendung von Art. 19 IPRG gelangte es jedoch zum Schluss, dass der Vertrag anzupassen sei, um die Gefahr doppelter Zahlung sowie strafrechtlicher Verfolgung für die Beklagte auszuschliessen. Die Vertragsanpassung nahm das Gericht in dem Sinne vor, dass die Zahlungspflicht der Beklagten unter Aufrechterhaltung der Zinspflicht bis auf weiteres gestundet wurde. Es schloss, entsprechend sei die Klage einstweilen abzuweisen und der Klägerin stehe es frei, bei veränderten Verhältnissen den Anspruch auf Auszahlung des auf dem Konto gelegenen Guthabens erneut einzuklagen. Mit eidgenössischer Berufung vom 1. Dezember 2003 stellt die Klägerin die Begehren, es sei die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Klage gutzuheissen; eventualiter sei die Sache zur Gutheissung der Klage an die Vorinstanz BGE 130 III 620 S. 623 zurückzuweisen; subeventualiter sei die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und Gutheissung der Klage an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie rügt die Verletzung von Art. 19 IPRG sowie von Art. 472 ff., 312 ff., 394 ff. und 75 OR. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei und erhebt Anschlussberufung. Mit der Anschlussberufung stellt sie die Anträge, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Klage sei definitiv abzuweisen; eventualiter sei die Sache zur definitiven Abweisung der Klage an die Vorinstanz zurückzuweisen; subeventualiter sei die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zum Entscheid über die im angefochtenen Urteil unbeurteilt gebliebenen Aspekte an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Anschlussberufung sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Vorinstanz hat die Klage gestützt auf Art. 19 IPRG abgewiesen. Diese Bestimmung lautet wie folgt: Anstelle des Rechts, das durch dieses Gesetz bezeichnet wird, kann die Bestimmung eines andern Rechts, die zwingend angewandt sein will, berücksichtigt werden, wenn nach schweizerischer Rechtsauffassung schützenswerte und offensichtlich überwiegende Interessen einer Partei es gebieten und der Sachverhalt mit jenem Recht einen engen Zusammenhang aufweist (Abs. 1). Ob eine solche Bestimmung zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach ihrem Zweck und den daraus sich ergebenden Folgen für eine nach schweizerischer Rechtsauffassung sachgerechte Entscheidung (Abs. 2). In französischer Fassung lautet die Bestimmung: Lorsque des intérêts légitimes et manifestement prépondérants au regard de la conception suisse du droit l'exigent, une disposition impérative d'un droit autre que celui désigné par la présente loi peut être prise en considération, si la situation visée présente un lien étroit avec ce droit (al. 1). Pour juger si une telle disposition doit être prise en considération, on tiendra compte du but qu'elle vise et des conséquences qu'aurait son application pour arriver à une décision adéquate au regard de la conception suisse du droit (al. 2). In italienischer Sprache lautet sie: Può essere tenuto conto di una norma di applicazione necessaria di un diritto diverso da quello richiamato dalla presente legge qualora, secondo la concezione giuridica svizzera, interessi degni di protezione e manifestamente preponderanti di una parte lo richiedano e la fattispecie sia strettamente connessa con tale diritto (al. 1). Per stabilire se si debba tener conto di tale norma, se ne esaminerà lo scopo e le conseguenze per una decisione equanime secondo la concezione giuridica svizzera (al. 2). 3.1 Nach Art. 19 IPRG erfolgt die Berücksichtigung drittstaatlicher (ausserhalb der lex fori und des Vertragsstatuts liegender) Eingriffsnormen nach einem allgemein kollisionsrechtlichen Ansatz durch Sonderanknüpfung (MÄCHLER-ERNE, Basler Kommentar, N. 7 ff. zu BGE 130 III 620 S. 624 Art. 19 IPRG ; VISCHER/HUBER/OSER, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl., Bern 2000, N. 913 ff./916; VISCHER, Zwingendes Recht und Eingriffsgesetze nach dem schweizerischen IPR-Gesetz, in: Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Recht, Bd. 53 [1989], S. 438/449; SIEHR, Ausländische Eingriffsnormen im inländischen Wirtschaftskollisionsrecht, in: Rabels Zeitschrift, a.a.O., Bd. 52 [1988], S. 41/69; STEPHANIE MILLAUER, Sonderanknüpfung fremder zwingender Normen im Bereich von Schuldverträgen, Diss. St. Gallen 2001, S. 159). Ob sich die Sonderanknüpfung zwingender Normen nach dieser Bestimmung nur auf Gesetzesbestimmungen ausserhalb der lex fori bezieht oder auch zwingende Bestimmungen des Vertragsstatuts selbst umfassen kann, hängt von der insoweit in der Lehre umstrittenen Auslegung von Art. 13 IPRG ab (vgl. dazu MILLAUER, a.a.O., S. 107; HEINI, Zürcher Kommentar, N. 23 zu Art. 13 IPRG ; VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 4 zu Art. 19 IPRG ; MÄCHLER-ERNE, a.a.O., N. 13 zu Art. 19 IPRG ; SIMON OTHENIN-GIRARD, La réserve d'ordre public en droit international privé suisse, Diss. Neuchâtel 1999, S. 68 N. 108). Diese Kontroverse ist für die Entscheidung im vorliegenden Fall unerheblich, da der umstrittene Vertrag schweizerischem Recht untersteht und daher zwingende Normen des US-amerikanischen Rechts nach dem Vertragsstatut nicht zur Anwendung berufen sein können. 3.2 Die Gerichte werden durch Art. 19 IPRG ermächtigt, zwingende Normen dritter Staaten bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu berücksichtigen. Vorausgesetzt ist insbesondere, dass die Norm des Drittstaates international zwingend angewendet sein will, dass ein enger Zusammenhang des Sachverhalts mit der dritten Rechtsordnung besteht (E. 3.3), dass nach schweizerischer Rechtsauffassung schützenswerte und offensichtlich überwiegende Interessen an der Anwendung der Norm bestehen (E. 3.4) und schliesslich, dass die Berücksichtigung der Eingriffsnorm nach deren Zweck und den sich daraus ergebenden Folgen für eine nach schweizerischer Rechtsauffassung angemessene Entscheidung erforderlich ist (E. 3.5; vgl. Botschaft des Bundesrates zum IPRG, BBl 1983 I 263/314 ff. - allerdings zum in der parlamentarischen Beratung noch veränderten Art. 18 VE-IPRG; MÄCHLER-ERNE, a.a.O., N. 12 zu Art. 19 IPRG ; VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 18 ff. zu Art. 19 IPRG ; VISCHER/HUBER/OSER, a.a.O., S. 433 N. 933; MILLAUER, a.a.O., S. 104, 125 ff.; SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, Bd. I, 3. Aufl., St. Gallen 2000, N. 545 ff.; DUTOIT, Droit BGE 130 III 620 S. 625 international privé suisse, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 3. Aufl., Basel 2000, N. 7 zu Art. 19 IPRG ). Die erste Voraussetzung, dass nämlich das amerikanische Konkursrecht zwingend die Herausgabe der Vermögenswerte der Klägerin auf dem Konto X. an die kalifornische Konkursmasse des Ehemannes beansprucht, hat das Handelsgericht im angefochtenen Urteil für das Bundesgericht verbindlich festgestellt. Es ist zu prüfen, ob die übrigen Voraussetzungen des Art. 19 IPRG von der Vorinstanz bundesrechtskonform bejaht worden sind. 3.3 Die Vorinstanz hat den erforderlichen engen Zusammenhang des Sachverhalts mit dem US-amerikanischen Recht bejaht in der Erwägung, dass die Klägerin und ihr konkursiter Ehemann in den USA Wohnsitz haben und die Forderung als am Wohnsitz des Gläubigers gelegen gelte. Ausserdem berücksichtigte die Vorinstanz in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte der ernsthaften Gefahr ausgesetzt sei, im Falle der Erfüllung der vertraglichen Zahlungspflicht von den amerikanischen Konkursbehörden ein zweites Mal in Anspruch genommen zu werden und zudem strafrechtlich belangt zu werden. Die Klägerin bestreitet das Vorliegen eines engen Zusammenhangs. 3.3.1 Der enge Zusammenhang zwischen dem Sachverhalt und dem drittstaatlichen Recht bildet in der Doktrin der Sonderanknüpfung seit jeher eine grundlegende Voraussetzung (MONICA ERNE, Vertragsgültigkeit und drittstaatliche Eingriffsnormen, Diss. Zürich 1985, S. 190 f.; HEINI, Ausländische Staatsinteressen und internationales Privatrecht, in: ZSR 100/1981 I S. 68 f.; MILLAUER, a.a.O., S. 128; vgl. auch Botschaft zum IPRG, BBl 1983 I 263/134). Nach dem Recht des Forumsstaates soll damit insbesondere beurteilt werden, wie weit die Anwendungsansprüche der zwingenden Norm des Erlassstaates Anerkennung verdienen (THOMAS MORSCHER, Staatliche Rechtssetzungsakte als Leistungshindernisse im internationalen Warenkauf, Diss. Basel 1992, S. 59; MILLAUER, a.a.O., S. 127 f.). Gesichtspunkte für eine gesonderte Anknüpfung bilden etwa der Ort der Erfüllung, des Betriebs, der gelegenen Sache oder des Aufenthalts einer Vertragspartei (MÄCHLER-ERNE, a.a.O., N. 17 zu Art. 19 IPRG ; SCHWANDER, a.a.O., N. 539). Sie fallen zur Begründung des engen Zusammenhangs je nach Zweck und Funktion der drittstaatlichen Eingriffsnorm in Betracht und können teilweise typisiert werden (VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 21 zu Art. 19 IPRG ; MILLAUER, a.a.O., S. 129). Im vorliegenden Fall beansprucht nach BGE 130 III 620 S. 626 den Feststellungen der Vorinstanz eine Norm des drittstaatlichen Konkursrechts zwingende Anwendung. Ein Konkursverfahren ist ein Gesamtverfahren zur kollektiven Gläubigerbefriedigung, das unter Wahrung der grundsätzlichen Gläubigergleichbehandlung den Beschlag und die Verwertung des Schuldnervermögens zum Gegenstand hat und das durch ein Gericht oder eine analoge Behörde kontrolliert wird (HANISCH, Die Vollstreckung von ausländischen Konkurserkenntnissen in der Schweiz, in: AJP 1999 S. 18). Zuständig für die Konkurseröffnung sind nach schweizerischer Ansicht, die der herrschenden internationalen entsprechen dürfte, die Behörden am Wohnsitz des Konkursiten ( Art. 166 Abs. 1 IPRG ; BERTI, Basler Kommentar, N. 14 zu Art. 166 IPRG ; VOLKEN, Zürcher Kommentar, N. 48 ff. zu Art. 166 IPRG ). Der Wohnsitz einer konkursiten Person kommt somit grundsätzlich als Anknüpfungspunkt für den erforderlichen engen Zusammenhang mit einer konkursrechtlichen Norm im Sinne von Art. 19 IPRG in Betracht. Da das Gesamtverfahren die Verwertung des ganzen schuldnerischen Vermögens zum Gegenstand hat, kommt als Anknüpfungspunkt der Ort der Belegenheit von Vermögenswerten ebenfalls in Betracht. 3.3.2 Die Vorinstanz hat angenommen, Forderungen gälten im internationalen Konkursrecht als am Wohnsitz des Gläubigers gelegen. Sie hat dies aus Art. 197 Abs. 1 SchKG abgeleitet, wonach sämtliches pfändbares Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehört, gleichviel wo es sich befindet, die Konkursmasse bildet. Art. 197 Abs. 1 SchKG regelt jedoch entgegen der Ansicht der Vorinstanz gerade nicht die Belegenheit des schuldnerischen Vermögens, sondern bestimmt den Gegenstand des Konkursbeschlags ausdrücklich unabhängig von der Belegenheit der schuldnerischen Aktiven. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung ("gleichviel wo es [sc. das Vermögen] sich befindet"; "quel que soit le lieu où ils [sc. les biens] se trouvent"; "dovunque [sc. i beni] si trovino"). Inwiefern sich zudem eine Belegenheit von Forderungen am Wohnsitz des Gläubigers aus den Bestimmungen über den Arrestort - der im Gegenteil durch den Wohnsitz des Schuldners bestimmt wird - ergeben soll, ist nicht nachvollziehbar. Mit der Klägerin ist vielmehr davon auszugehen, dass die hier streitige Forderung der Klägerin auf Herausgabe der Vermögenswerte bei der Beklagten als Schuldnerin gelegen ist. Denn die Parteien haben als Ort der Erfüllung in Abweichung von Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR die Büros der kontoführenden BGE 130 III 620 S. 627 Geschäftsstelle der Beklagten festgelegt (Art. 14 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf die im angefochtenen Urteil verwiesen wird). Ausserdem bestimmt das IPRG im Rahmen der Zuständigkeit zur Anerkennung ausländischer Konkursdekrete, dass Forderungen des Gemeinschuldners dort gelegen sind, wo dessen Schuldner seinen Wohnsitz hat ( Art. 167 Abs. 3 IPRG ). Die umstrittene Forderung der Klägerin gegen die Beklagte ist an deren Sitz bzw. Zweigniederlassung in der Schweiz zu lokalisieren. Die Belegenheit der umstrittenen Vermögenswerte begründet daher keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt für den erforderlichen engen Zusammenhang mit dem Drittstaat. 3.3.3 Als objektiver Anknüpfungspunkt des streitigen Sachverhalts mit dem zwingende Anwendung erheischenden Recht des Drittstaats kommt der Wohnsitz bzw. Sitz der Parteien in Betracht. Die Klägerin hat Wohnsitz im Drittstaat, wo das Konkursverfahren geleitet wird. Sie selbst ist jedoch nicht Konkursitin. Konkursit ist ihr Ehemann. Dieser ist am Vertrag, auf den die Klägerin ihren Anspruch stützt, nicht als Partei beteiligt. Der konkursite Ehemann der Klägerin war nach den Feststellungen der Vorinstanz bei der Eröffnung des Kontos im Jahre 1993 als wirtschaftlich Mitberechtigter genannt worden und hat aufgrund einer Vollmacht mehrmals darüber verfügt. Die Vorinstanz schliesst daraus, der konkursite Ehemann der Klägerin habe am umstrittenen Konto ein wirtschaftliches Interesse, weshalb die entsprechenden Vermögenswerte nach dem massgebenden Recht des Drittstaats vom Konkursbeschlag erfasst würden. Daraus ergibt sich zwar, dass das Recht des Drittstaates auf den vorliegend streitigen Sachverhalt zwingend angewandt sein will. Ein enger Zusammenhang im Sinne von Art. 19 Abs. 1 IPRG lässt sich aber aufgrund des Wohnsitzes der Klägerin im Drittstaat nicht ohne weiteres ableiten. Betroffen von der zwingenden Norm des Drittstaates ist die Beklagte, nicht die Klägerin. Die Beklagte hat aber ihren Sitz in der Schweiz, wo auch das Konto der Klägerin geführt wird. Dass die Beklagte als international tätige Bank anderweitig im Drittstaat tätig ist, vermag keinen engen Zusammenhang mit dem hier umstrittenen Sachverhalt zu begründen. 3.3.4 Der Zusammenhang der zwingenden drittstaatlichen Norm mit der hier streitigen Vertragsbeziehung, auf welche die Klägerin ihren Herausgabeanspruch stützt, ergibt sich allein daraus, dass die Forderung der Klägerin gegen die Beklagte möglicherweise zur BGE 130 III 620 S. 628 Masse des im Drittstaat über den Ehemann der Klägerin geführten Konkurses gehört. Ob dieser Zusammenhang im Sinne von Art. 19 Abs. 1 IPRG hinreichend eng sein könnte, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn dieser tatsächliche Bezug geht jedenfalls nicht über die Sachverhalte hinaus, welche von der Regelung der Art. 166 ff. IPRG erfasst sind. 3.4 Die Vorinstanz hat mit eingehender Begründung namentlich die Voraussetzung als erfüllt erachtet, dass gemäss schweizerischer Auffassung schützenswerte und offensichtlich überwiegende Interessen an der Berücksichtigung der zwingenden Norm des Drittstaates bestehen. 3.4.1 Die deutsche und italienische Fassung von Art. 19 IPRG unterscheiden sich von der französischen dadurch, dass sie offensichtlich überwiegende Interessen "einer Partei" verlangen. Die Ergänzung im deutschen Text wurde auf Vorschlag der ständerätlichen Kommission eingefügt, wobei der Berichterstatter ausdrücklich klarstellte, dass es nicht um irgendwelche, sondern ausschliesslich um die Interessen einer Partei gehen sollte (AB 1985 S S. 133). Nach Aussage des ständerätlichen Berichterstatters übernahm der Nationalrat diese Präzisierung in der Folge (AB 1987 S S. 182), was jedoch offenbar nicht bewusst geschah, da die Kommission des Nationalrates die Einschränkung auf die Interessen einer Partei ausdrücklich abgelehnt hatte (VON OVERBECK, Das neue schweizerische Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, in: Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts 8/1988 S. 329/334). Da der französische Text die Berücksichtigung fremder Eingriffsnormen weitergehend auch erlaubt, wenn keine der Parteien daran ein Interesse hat (VON OVERBECK, a.a.O., S. 329/334; vgl. auch VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 24-26 zu Art. 19 IPRG ), kann die Frage vorliegend dahingestellt bleiben, welche der gleichwertigen Fassungen massgebend ist. Denn die Beklagte beruft sich auf die drittstaatliche Eingriffsnorm, um die Herausgabe der Vermögenswerte zu verweigern. Die Vorinstanz hat denn auch die Parteiinteressen der Beklagten für offensichtlich überwiegend gehalten, ohne darüber hinausreichende öffentliche Interessen anzuführen. Derartige Interessen sind auch nicht ersichtlich. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die schweizerische Rechtsauffassung Beurteilungsmassstab für die Schutzwürdigkeit der Interessen bildet, die offensichtlich überwiegen müssen; dies wurde in der parlamentarischen Gesetzesberatung auf Antrag der nationalrätlichen Kommission eindeutig BGE 130 III 620 S. 629 festgehalten (AB 1986 N S. 1306 f.; vgl. auch MÄCHLER-ERNE, a.a.O., N. 18/19 zu Art. 19 IPRG ). 3.4.2 Nach den Erwägungen der Vorinstanz ist die Beklagte an der Berücksichtigung der drittstaatlichen Norm für die Beurteilung des streitigen Vertragsverhältnisses interessiert, weil sie aufgrund dieser Norm bei Erfüllung ihrer Vertragspflicht gegenüber der Klägerin eine erneute Zahlung an die Konkursmasse sowie Strafsanktionen des Drittstaates riskiere. Diese Gefahr hält die Vorinstanz für hinreichend konkret, da der Drittstaat Machtmittel genug habe, seine zwingenden Normen gegenüber der Beklagten als international tätige Bank durchzusetzen. Die Vorinstanz verkennt mit dieser Argumentation, dass ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass sich der Drittstaat völkerrechtskonform verhalten werde (vgl. etwa BGE 121 I 181 E. 2c/aa). Danach ist aber anzunehmen, dass sich der Drittstaat zur Verfolgung des mit seiner konkursrechtlichen Eingriffsnorm verfolgten Zwecks der vom schweizerischen Recht angebotenen Rechtshilfe bedient und keine unmittelbaren Zwangsmittel gegenüber Rechtssubjekten ausübt, die der schweizerischen Rechtsordnung unterworfen sind. Das schweizerische Recht - das übrigens seinerseits für inländische Konkurse beansprucht, auch das im Ausland gelegene Vermögen des Konkursiten zur Masse zu ziehen (VOLKEN, a.a.O., N. 70 vor Art. 166 -175 IPRG unter Verweis auf Art. 197 SchKG und Art. 27 Abs. 1 KOV ; DUTOIT, a.a.O., N. 2 zu Art. 166 IPRG ) - stellt nun aber in Art. 166 ff. IPRG ein Rechtshilfeverfahren zuhanden des ausländischen Hauptkonkurses zur Verfügung (DUTOIT, a.a.O., N. 4 zu Art. 166 IPRG ; VOLKEN, a.a.O., N. 81 vor Art. 166-175 IPRG ; BERTI, a.a.O., N. 4 Vorbemerkungen zu Art. 166 ff. IPRG ). Vermutet der ausländische Konkursverwalter Vermögenswerte des Konkursiten in der Schweiz, so kann er nach Art. 166 ff. IPRG die Anerkennung des (ausländischen) Konkursdekrets verlangen (VOLKEN, a.a.O., N. 9 zu Art. 166 IPRG ; DUTOIT, a.a.O., N. 3 zu Art. 167 IPRG ). Die Verwertung der in der Schweiz gelegenen Vermögenswerte eines im Ausland wohnenden Gemeinschuldners erfolgt dabei nach der schweizerischen Konkursregelung ( Art. 170 IPRG ). Im Rahmen der gemäss Art. 166 ff. IPRG zu leistenden Rechtshilfe ist die Beklagte daher auch nicht an das Bankgeheimnis gebunden (BGE 94 III, 83 E. 8; vgl. LUSTENBERGER, in: Staehelin/Bauer/ Staehelin [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. III, 1998, N. 16 zu Art. 222 SchKG ). BGE 130 III 620 S. 630 Für eine direkte Admassierung der in der Schweiz gelegenen Vermögenswerte durch die ausländische Konkursverwaltung bleibt daneben kein Raum (vgl. BGE 129 III 683 E. 5.3). 3.4.3 Die Konkursverwalterin des Drittstaates hätte im vorliegenden Fall nach Art. 167 IPRG am Ort des Sitzes oder der Geschäftsniederlassung der Beklagten, wo sie Vermögen des konkursiten Ehemanns der Klägerin vermutete, die Anerkennung beantragen können. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung bzw. für die Gewährung der Rechtshilfe durch die schweizerischen Behörden nicht gegeben waren, zumal der Drittstaat im Sinne von Art. 166 Abs. 1 lit. c IPRG Gegenrecht hält (DUTOIT, a.a.O., N. 5 ff./11 zu Art. 166 IPRG ). Die Konkursverwalterin war weder befugt noch darauf angewiesen, der Beklagten die Konkurseröffnung direkt anzuzeigen (vgl. Art. 167 Abs. 1 IPRG ). Die Vorinstanz hat die von der schweizerischen Rechtsordnung zur Verfügung gestellte Rechtshilfe nach Art. 166 ff. IPRG unberücksichtigt gelassen, wenn sie aus der Anzeige der Konkurseröffnung durch die Konkursverwalterin eine Zwangslage der Beklagten ableitete, die der Erfüllung der vertraglichen Ansprüche der Klägerin entgegen stehen könnte. 3.5 Ob eine zwingende, drittstaatliche Bestimmung zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach ihrem Zweck und den daraus sich ergebenden Folgen für eine nach schweizerischer Rechtsauffassung sachgerechte Entscheidung ( Art. 19 Abs. 2 IPRG ). 3.5.1 Mit der Berücksichtigung drittstaatlicher Normen soll ein Ergebnis im Einzelfall ermöglicht werden, das der Einwirkung drittstaatlicher Normen auf das Rechtsverhältnis und auf die Stellung der betroffenen Partei in einer Weise Rechnung trägt, die der schweizerischen Rechtsauffassung entspricht (VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 31 zu Art. 19 IPRG ; MÄCHLER-ERNE, a.a.O., N. 15 f./22 zu Art. 19 IPRG ). Die Berücksichtigung derartiger Normen muss die Ausnahme bleiben (DUTOIT, a.a.O., N. 4 zu Art. 19 IPRG ). Sie kommt insbesondere nicht in Betracht, wenn das IPRG selbst eine Sonderregelung vorsieht (VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 36 zu Art. 19 IPRG ). Dies ist hier der Fall. Das elfte Kapitel des IPRG regelt die Fälle, in denen über einen Schuldner mit Wohnsitz im Ausland, der über Vermögenswerte in der Schweiz verfügt, der Konkurs eröffnet worden ist (VOLKEN, a.a.O., N. 20 f. vor Art. 166-175 IPRG ). Die Regelung des internationalen Konkursrechts, das BGE 130 III 620 S. 631 tradierter Auffassung entsprechend vom Territorialitätsprinzip beherrscht ist, wird damit durch die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets gemildert (Botschaft zum IPRG, BBl 1983 I 263/448 f.; BERTI, a.a.O., N. 1 Vorbemerkungen zu Art. 166 ff. IPRG ; DUTOIT, a.a.O., N. 2/4 ff. zu Art. 166 IPRG ; VOLKEN, a.a.O., N. 30 ff./69 vor Art. 166-175 IPRG ). Wenn mit der Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets die Voraussetzungen für eine zwischenstaatliche Kooperation geschaffen werden, so bleibt nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers die Durchführung des Konkurses im Rahmen der gewährten Rechtshilfe grundsätzlich Sache des schweizerischen Rechts (Botschaft zum IPRG, BBl 1983 I 263/450; DUTOIT, a.a.O., N. 1 zu Art. 170 IPRG ; VOLKEN, a.a.O., N. 2/9 ff. zu Art. 170 IPRG ; BERTI, a.a.O., N. 4 zu Art. 170 IPRG ). 3.5.2 Die Vorinstanz hat den Ausnahmecharakter und den Zweck von Art. 19 IPRG verkannt, indem sie von der dort vorgesehenen Ermächtigung zur Berücksichtigung einer drittstaatlichen Eingriffsnorm Gebrauch machte, obwohl das schweizerische Recht die damit verfolgten Interessen bereits berücksichtigt und zu deren Durchsetzung Institute und Mittel zur Verfügung stellt, die dem von der Eingriffsnorm verfolgten Zweck entsprechen. Dem Interesse der Konkursgläubiger an der Admassierung und Verwertung sämtlicher - auch der im Konkurs-Ausland gelegenen - schuldnerischen Aktiven, dem die drittstaatliche Eingriffsnorm dient, trägt das elfte Kapitel des IPRG in angemessener Weise Rechnung. Die Vorinstanz hat Art. 19 IPRG verletzt und bundesrechtswidrig eine Ermächtigung zur Vertragsanpassung bejaht. Es braucht daher nicht geprüft zu werden, ob die angefochtene Vertragsanpassung die Interessen der Parteien angemessen wahrt. Da für die Beklagte keine Zwangslage vorlag, war für sie im Übrigen die Erfüllung ihrer vertraglichen Herausgabepflicht nicht unzumutbar. Damit kommt nach schweizerischem Recht die von der Vorinstanz vorgenommene Vertragsanpassung von vornherein nicht in Frage. Die Rüge der Klägerin ist begründet und das angefochtene Urteil aufzuheben. Da die erforderlichen Feststellungen über den Gegenstand des klägerischen Anspruchs fehlen, kann über das Klagebegehren jedoch nicht entschieden werden. Die Sache ist gemäss Art. 64 Abs. 1 OG an die Vorinstanz zurückzuweisen.
de
88b63726-7b04-4db3-9c8c-9d8417f09745
Sachverhalt ab Seite 602 BGE 138 III 601 S. 602 A. Am 14. April 1997 schloss die X. AG (Verkäuferin) mit Sitz in A./ZG mit der Y. Tbk (Käuferin), einer in Jakarta domizilierten BGE 138 III 601 S. 603 Aktiengesellschaft indonesischen Rechts, einen Vertrag (nachstehend: Agreement), der von J., Verwaltungsratspräsident der Verkäuferin, und von K., Verwaltungsratspräsident der Käuferin, unterzeichnet wurde. Das Agreement hatte den Verkauf der kompletten Spinnerei Q., bestehend aus den im Schätzungsbericht von L. vom 30. Juni 1995 aufgeführten Gegenständen, sowie den Ventilatoren und dem Klimaanlagesystem, soweit es sich vernünftigerweise entfernen liess, und deren Wiederaufbau in Indonesien zum Gegenstand. Der Kaufreis betrug Fr. 17'300'000.-, zahlbar in Raten von 5, 10, 75 und 10 %. Am gleichen Tag unterzeichnete J. einen von ihm handschriftlich verfassten Zusatz zum Agreement, der namentlich vorsah, dass vom offiziellen Kaufpreis von Fr. 17'300'000.- der Verkäuferin Fr. 10'300'000.- und der Käuferin Fr. 7'000'000.- zustehen soll. Nachdem die Käuferin die erste Kaufpreisrate von Fr. 865'000.- bezahlt hatte, veranlasste die Verkäuferin gestützt auf den Zusatz zum Agreement am 24. April 1997 die Überweisung von Fr. 350'000.- auf das Konto von K. bei der Bank R. in Frankfurt am Main. Nach Erhalt der zweiten Kaufpreisrate in der Höhe von Fr. 1'730'000.- schrieb sie K. am 10. Juni 1997 weitere Fr. 700'000.- gut. Zur Tilgung der dritten Kaufpreisrate von Fr. 12'957'000.- hatte die Käuferin bei der Bank S. Jakarta ein Akkreditiv eröffnen lassen, das von der Verkäuferin am 10. Juni, 26. Juni und 13. Juli 1998 unter Vorlage der erforderlichen Verschiffungsdokumente in Anspruch genommen wurde. Mit Zessionsvereinbarung vom 5. Juni 1998 trat die Käuferin ihre Rechte und Pflichten aus dem Agreement an die W. (Zessionarin) ab. Diese liess im August 1998 die Verkäuferin hinsichtlich der dritten Kaufpreiszahlung unter Berufung auf die im Zusatz zum Agreement statuierte Rückzahlungsverpflichtung über Fr. 5'250'000.- nebst Zins betreiben, wogegen die Verkäuferin Rechtsvorschlag erhob. Ein Gesuch der Zessionarin um provisorische Rechtsöffnung hat das Kantonsgerichtspräsidium Zug am 24. Juni 1999 und auf Beschwerde hin die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug am 17. Dezember 1999 abgewiesen. B. Mit Klage vom 16. November 2001 stellte die Zessionarin dem Kantonsgericht Zug in Ziff. 1 die Begehren, die Verkäuferin (Beklagte) auf Zahlung von (a-d) Fr. 5'250'000.- nebst Zins als teilweise Rückerstattung der dritten Kaufpreisrate gemäss dem Zusatz zum Agreement, BGE 138 III 601 S. 604 (e) Fr. 2'319'148.20 nebst Zins als Ersatz der Summe von USD 1'345'862.-, welche die Klägerin zur Ersatzbeschaffung der in einer Auflistung ("Details of Shortages") genannten nicht gelieferten Vertragsgegenstände habe aufwenden müssen, (f) Fr. 10'340.20 nebst Zins als Entschädigung für den Arbeitsaufwand von 120 Stunden zur Beschaffung der nicht gelieferten Bestandteile, (g) Fr. 5'629'544.95 nebst Zins als Verzögerungsschaden für die Zeit zwischen November 1998 und Juni 1999 und (h) Fr. 863'196.40 nebst Zins als Ersatz des Verzögerungsschadens für die Zeit von Juli bis 31. Dezember 1999 zu verpflichten. Die Verkäuferin (Beklagte) beantragte die Abweisung der Klage. Zur Begründung brachte sie namentlich vor, die Forderung gemäss Ziff. 1 lit. a-d betreffe eine rechtswidrige und damit verjährte Schwarzgeldzahlung an K. Die Forderungen gemäss Ziff. 1 lit. e-h seien gemäss Art. 210 OR verjährt. Sodann stellte die Beklagte den eingeklagten Forderungen verschiedene Gegenforderungen zur Verrechnung gegenüber, namentlich die noch ausstehende Kaufpreisrate von Fr. 1'730'000.-. Beide Parteien verkündeten den T. Versicherungen, nunmehr Z., den Streit, die mit Verfügung des Referenten vom 23. Januar 2002 als Nebenintervenientin zugelassen wurde. Im Sommer 2003 gingen die Rechte und Pflichten der Zessionarin infolge ihrer Fusion mit der Käuferin auf diese über, welche damit als Klägerin in den Prozess eintrat. Das Kantonsgericht kam zum Ergebnis, die Beklagte schulde der Klägerin aus dem Zusatz zum Agreement die Rückerstattung des sich auf Fr. 5'250'000.- belaufenden Anteils der dritten Kaufpreisrate nebst Zins. Da die Beklagte nicht habe beweisen können, dass sie sämtliche geschuldeten Anlageteile geliefert habe, sei davon auszugehen, die Lieferung sei gemäss den Angaben der Klägerin unvollständig gewesen. Diese habe die von ihr behaupteten Dekungskäufe nicht nachgewiesen, weshalb ihr Schadenersatzanspruch gemäss Art. 76 CISG nach dem gutachtlich auf Fr. 655'146.- festgesetzten Marktpreis der nicht gelieferten Teile zu bestimmen sei. Allerdings habe sich die Klägerin einen Zinsanspruch der Beklagten von Fr. 64'208.35 sowie die noch ausstehende Nettokaufpreisforderung von Fr. 1'030'000.- nebst Zins anrechnen zu lassen. Entsprechend verpflichtete das Kantonsgericht die Beklagte mit Urteil vom BGE 138 III 601 S. 605 14. Dezember 2009, der Klägerin Fr. 5'250'000.- nebst Zins zu 5 % auf Fr. 2'059'130.70 seit 10. Juni 1998, auf Fr. 1'458'831.65 seit 26. Juni 1998 und auf Fr. 1'705'037.65 seit 13. Juli 1998, abzüglich Fr. 64'208.35 und abzüglich Fr. 374'854.- (Fr. 1'030'000.- minus Fr. 655'146.-) nebst Zins zu 5 % seit 24. Januar 2000 zu bezahlen. Das Obergericht des Kantons Zug wies eine dagegen gerichtete Berufung am 8. November 2011 ab. C. Die Beklagte (Beschwerdeführerin) erhebt Beschwerde in Zivilsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 8. November 2011 aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen. Eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Die Klägerin (Beschwerdegegnerin) schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, eventuell auf Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz. Das Obergericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Die Beschwerdeführerin hat eine Replik und die Beschwerdegegnerin eine Duplik eingereicht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 7. 7.1 Gemäss Art. 49 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG; SR 0.221.211.1) kann der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklären, (a) wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem Vertrag oder diesem Übereinkommen obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt oder (b) wenn im Falle der Nichtlieferung der Verkäufer die Ware nicht innerhalb der vom Käufer nach Art. 47 Abs. 1 gesetzten Nachfrist liefert oder wenn er erklärt, dass er nicht innerhalb der so gesetzten Frist liefern wird. Art. 51 CISG mit dem Titel "Teilweise Nichterfüllung" lautet in der deutschen Übersetzung: " 1 Liefert der Verkäufer nur einen Teil der Ware oder ist nur ein Teil der gelieferten Ware vertragsgemäss, so gelten für den Teil, der fehlt oder der nicht vertragsgemäss ist, die Artikel 46-50. BGE 138 III 601 S. 606 2 Der Käufer kann nur dann die Aufhebung des gesamten Vertrages erklären, wenn die unvollständige oder nicht vertragsgemässe Lieferung eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt." Art. 51 CISG soll klarstellen, dass sich bei teilweiser Nicht- oder teilweise mangelhafter Erfüllung die allgemeinen Rechtsbehelfe des Käufers, darunter das Recht auf Vertragsaufhebung gemäss Art. 49 CISG , grundsätzlich auf den fehlenden oder nicht vertragsgemässen Teil beschränken und damit eine Teilaufhebung des Vertrages möglich ist (PETER HUBER, in: Schuldrecht, Besonderer Teil, Bd. III, 6. Aufl., München 2012, N. 1 zu Art. 51 CISG ; ULRICH MAGNUS, in: Wiener UN-Kaufrecht [CISG], Berlin 2005, N. 1 f. zu Art. 51 CISG ; MARKUS MÜLLER-CHEN, in: Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Ingeborg Schwenzer [Hrsg.], 5. Aufl. 2008, N. 1 zu Art. 51 CISG ). Die herrschende Lehre geht davon aus, die Anwendung von Art. 51 CISG und damit die Möglichkeit der Teilaufhebung setze voraus, dass ein Kaufvertrag mehrere Waren erfasse, die je eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bilden. Dies treffe nicht zu, wenn eine Maschine oder eine Produktionsanlage als eine aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzte einheitliche Sachgesamtheit verkauft werde (HUBER, a.a.O., N. 3 zu Art. 51 CISG ; MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 2 zu Art. 51 CISG ; SCHNYDER/STRAUB, in: Kommentar zum UN-Kaufrecht, Heinrich Honsell [Hrsg.], 1997, N. 9 f. zu Art. 51 CISG ; MAGNUS, a.a.O., N. 4 zu Art. 51 CISG ; WILHELM-ALBRECHT ACHILLES, Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen, Neuwied 2000, N. 1 zu Art. 51 CISG ; vgl. auch LÜDERITZ/SCHÜSSLER-LANGEHEINE, in: Bürgerliches Gesetzbuch, Stein/Soergel [Hrsg.], Bd. XIII, 13. Aufl., Stuttgart 2000, N. 2 zu Art. 51 CISG ). Zum Teil wird jedoch unter Berufung auf den Schiedsspruch Nr. 7660 der Internationalen Handelskammer vom 23. August 1994 (CISG-online Nr. 129) die Meinung vertreten, etwas anderes gelte, wenn der fehlende Teil der Maschine oder Anlage ohne Weiteres austauschbar sei (CHRISTOPH BRUNNER, UN-Kaufrecht-CISG, 2004, N. 5 Fn. 1178 zu Art. 51 CISG ; vgl. auch PETER SCHLECHTRIEM, Internationales UN-Kaufrecht, 4. Aufl., Tübingen 2007, S. 139 Rz. 192). 7.2 Die Vorinstanz folgte der letztgenannten Lehrmeinung und nahm an, die gemäss der Behauptung der Beschwerdegegnerin nicht gelieferten Teile seien ohne Weiteres ersetzbar gewesen, da ihr Marktpreis gestützt auf ein Gutachten habe bestimmt werden können. Die Beschwerdegegnerin habe daher den Vertrag hinsichtlich der nicht gelieferten Teile gemäss Art. 51 CISG aufheben und Schadenersatz BGE 138 III 601 S. 607 verlangen dürfen. Dieser Anspruch entspreche Art. 190 OR , der dem Käufer bei Verzug des Verkäufers erlaube, auf die Lieferung zu verzichten und Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Ein solcher Anspruch unterstehe gemäss Art. 127 OR der zehnjährigen Verjährungsfrist. 7.3 Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einer teilbaren Leistung im Sinne von Art. 51 CISG ausgegangen. Die Nutzung der verkauften Spinnerei als Produktionsanlage sei ohne die angeblich fehlenden Teile nicht möglich gewesen. Somit sei eine einheitliche Sache verkauft worden. Fehle ein Bestandteil einer solchen Sache, liege ein Sachmangel bezüglich der Sachgesamtheit vor, weshalb bezüglich der Verjährung Art. 210 OR massgebend sei. Die darin vorgesehene einjährige Verjährungsfrist ab Ablieferung der Ware sei zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Vermeidung eines Widerspruchs zur zweijährigen Anzeigefrist gemäss Art. 39 CISG anzupassen. Ob nun die Einjahresfrist erst mit der Mängelrüge zu laufen beginne oder ob sie auf zwei Jahre seit Ablieferung der Ware auszudehnen sei, könne offenbleiben. In beiden Fällen sei nach den Mängelrügen vom Juli/August 1998 die Verjährung eingetreten, da die vorliegende Klage am 16. November 2001 eingereicht worden sei und der Weisungsschein vom 19. September 2001 datiere. 7.4 Die Spinnerei Q. wurde als einheitliche Produktionsanlage und damit als Sachgesamtheit verkauft, zumal ein Einheitspreis und nicht ein Preis für die einzelnen Komponenten vereinbart war und die Anlage als Ganzes zu funktionieren hatte. Demnach stellten die einzelnen funktionsnotwendigen Bestandteile der Anlage für die Parteien keine eigenständige wirtschaftliche Einheit dar, weshalb insoweit gemäss der herrschenden Lehre die Anwendung von Art. 51 CISG und damit ein Teilrücktritt ausgeschlossen ist. Daran vermag entgegen der Minderheitsmeinung der mögliche Ersatz der fehlenden oder mangelhaften Bestandteile einer einheitlichen Sachgesamtheit nichts zu ändern, weil damit deren Vertragswidrigkeit durch eine Nachbesserung behoben wird (vgl. MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 2 zu Art. 51 CISG ). 7.5 Da das CISG die Verjährung nicht regelt, richtet sich diese vorliegend nach Schweizer Recht (nicht publ. E. 2.2.; vgl. auch Urteil 4A_68/2009 vom 18. Mai 2009 E. 10), das für die Verjährung von Ansprüchen wegen mangelhafter bzw. nicht vertragsgemässer Warenlieferung eine Verjährungsfrist von einem Jahr ab Ablieferung der Sache an den Käufer vorsieht ( Art. 210 Abs. 1 OR ) und bestimmt, BGE 138 III 601 S. 608 dass die Einrede des Käufers wegen vorhandener Mängel bestehen bleibt, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablieferung die vorgeschriebene Anzeige an den Verkäufer gemacht worden ist ( Art. 210 Abs. 2 OR ). Nach dieser Regelung kann der Käufer bei der Anwendbarkeit des CISG verjährte Ansprüche aus einer Vertragsverletzung noch einredeweise geltend machen, wenn er diese dem Verkäufer gemäss Art. 39 CISG angezeigt hat (BRUNNER, a.a.O., N. 31 zu Art. 4 CISG ). 7.6 Nach Art. 39 Abs. 1 CISG verliert der Käufer das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet. 7.7 Die Vorinstanz hat sich nicht zur Frage geäussert, ob die Beschwerdegegnerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten nicht gelieferten Bestandteile ihrer Anzeigepflicht im Sinne von Art. 39 CISG nachgekommen ist. Gemäss den unangefochten gebliebenen Feststellungen der ersten Instanz steht jedoch fest, dass die Beschwerdegegnerin mit Faxschreiben vom 16., 23. und 28. Juli sowie vom 11. August 1998 der Beschwerdeführerin Listen zu den Fehlbeständen betreffend die drei Schiffsladungen übermittelt hat. Insoweit kann der Sachverhalt ergänzt werden ( Art. 105 Abs. 2 BGG ). Die Beschwerdeführerin beruft sich auf diese Mängelrügen vom Juli/August 1998, welche die Art der geltend gemachten Vertragswidrigkeit hinreichend genau bezeichnen (vgl. BGE 130 III 258 E. 4.3 S. 281 f.), ohne geltend zu machen, dass die Rügen verspätet erhoben worden seien, weshalb die Rechtzeitigkeit als anerkannt gelten und von einer Anzeige gemäss Art. 39 CISG ausgegangen werden kann. Demnach konnte sich die Beschwerdegegnerin gegenüber der von den kantonalen Gerichten im Umfang von Fr. 1'030'000.- gutgeheissenen Forderung auf Zahlung des restlichen Kaufpreises einredeweise auf Forderungen aus der von ihr behaupteten unvollständigen und damit vertragswidrigen Lieferung berufen, weshalb offenbleiben kann, ob diese Forderungen verjährt waren. 8. 8.1 Die Verteilung der Beweislast gehört zu den im UN-Kaufrecht geregelten Gegenständen. Fehlt eine ausdrückliche Beweislastregel, so kommen die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung, welche dem UN-Kaufrecht zu Grunde liegen. Nach diesen Grundsätzen ist insbesondere die Beweisnähe zu beachten, weshalb der Käufer, der die Ware vorbehaltlos übernommen und daran die Sachherrschaft BGE 138 III 601 S. 609 erlangt hat, deren Vertragswidrigkeit zu beweisen hat, soweit er daraus Rechte ableitet ( BGE 130 III 258 E. 5.3 S. 264 ff. mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 4C.245/2003 vom 13. Januar 2004 E. 3.1). Dieser Grundsatz gilt auch bezüglich einer von der Käuferin nach der vorbehaltlosen Übernahme der Waren geltend gemachten Unvollständigkeit der Lieferung (Urteil 4C.144/2004 vom 7. Juli 2004 E. 3.3 und 3.4; vgl. auch: TOBIAS MALTE MÜLLER, Ausgewählte Fragen der Beweislastverteilung im UN-Kaufrecht im Lichte der aktuellen Rechtsprechung, München 2005, S. 90 f.). 8.2 Die Vorinstanz erwog, die Nichtlieferung verschiedener Teile stelle eine negative Tatsache dar, deren Beweis nicht möglich sei. Selbst wenn die unvollständige Lieferung in den Herrschaftsbereich der Beschwerdeführerin gelangt sei, sei sie damit nicht in der Lage, den Bestand der Vertragswidrigkeit zu beweisen. Demgegenüber habe es die Beschwerdeführerin in der Hand gehabt, den Nachweis der vollständigen Lieferung durch die Einreichung von Packlisten, Frachtbriefen und ähnlichen Dokumenten zu erbringen. Da die Beschwerdeführerin vorliegend die Vollständigkeit der Lieferung leichter beweisen könne als die Beschwerdegegnerin deren Unvollständigkeit, sei der Beschwerdeführerin die Beweislast hinsichtlich der vollständigen Lieferung aufzuerlegen. Diesen Beweis habe die Beschwerdeführerin nicht erbringen können. 8.3 Die Beschwerdeführerin rügt einen Verstoss gegen die anerkannten Grundsätze der Beweislastverteilung des CISG. Die Ware habe sich nach der Übernahme durch die Beschwerdegegnerin in deren alleinigem Herrschaftsbereich befunden. Diese sei daher entgegen der Meinung der Vorinstanz besser in der Lage gewesen, den Bestand einer Vertragswidrigkeit nachzuweisen als die Beschwerdeführerin deren Abwesenheit. 8.4 Aus dem angefochtenen Urteil geht nicht hervor, dass die Beschwerdegegnerin bereits bei der Übernahme der Waren in Indonesien Vorbehalte angebracht hätte, so dass von vorbehaltloser Übernahme auszugehen ist. Die Parteien stimmen darin überein, dass die Beschwerdegegnerin die ihr gelieferten Waren ohne Beizug der Beschwerdeführerin auspackte. Entsprechend nahm die Vorinstanz an, die Lieferungen seien mit der Übernahme durch die Beschwerdegegnerin in deren alleinigen Herrschaftsbereich gelangt. Danach war einzig diese in der Lage, die Vollständigkeit der umfangreichen Lieferung zu prüfen und die entsprechenden Beweise zu sichern, weshalb sie gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts für die von BGE 138 III 601 S. 610 ihr nachträglich geltend gemachte Unvollständigkeit der Lieferungen beweispflichtig ist. Weshalb ihr diese Beweisführung unzumutbar sein soll, ist nicht ersichtlich, zumal das Fehlen bestimmter Bestandteile, anders als zum Beispiel die unterlassene Verletzung eines Konkurrenzverbots, nicht zu den so genannten unbestimmten Negativa zu zählen ist (vgl. HANS PETER WALTER, Berner Kommentar, 2012, N. 340 f. zu Art. 8 ZGB ; Urteil 4C.344/2006 vom 8 Januar 2007 E. 2.1.2, nicht publ. in: BGE 133 III 189 ). Die Vorinstanz hat daher die Grundsätze des CISG zur Beweislastverteilung verletzt, indem sie die Beweislast hinsichtlich der vollständigen Lieferung der Beschwerdeführerin auferlegte und mangels dieses Beweises auf Unvollständigkeit der Lieferung gemäss den Behauptungen der Beschwerdegegnerin schloss. 8.5 Da die Vorinstanz aufgrund der unzutreffenden Beweislastverteilung nicht prüfte, ob die Beschwerdegegnerin die von ihr geltend gemachte unvollständige Lieferung beweisen konnte, ist das angefochtene Urteil bezüglich der daraus abgeleiteten Forderungen der Beschwerdegegnerin aufzuheben und zur Sachverhaltsergänzung und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Rügen gegenstandslos, soweit sie sich gegen die Erwägung des Vorinstanz richten, nach welcher die Beschwerdeführerin die Vollständigkeit der Lieferung nicht nachgewiesen habe (vgl. BGE 135 I 187 E. 2.3 S. 191).
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6a263b55-769b-4c3d-8cba-ac80b35cacfd
Sachverhalt ab Seite 68 BGE 93 I 67 S. 68 A.- Oberstdivisionär Etienne Primault war seit dem 1. Januar 1953 Kommandant und Waffenchef der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen. Als solcher gehörte er nach Art. 1 der Verordnung über die Rechtsstellung der Mitglieder der Landesverteidigungskommission (RStV) dieser Kommission an, und BGE 93 I 67 S. 69 zwar bis Ende 1961 auf Grund der alten RStV vom 24. Februar 1953 (AS 1953 S. 83) nur mit beratender Stimme, seit Anfang 1962 auf Grund der neuen RStV vom 21. November 1961 (AS 1961 S. 1009) ohne diese Beschränkung; doch blieb er nach der Übergangsbestimmung in Art. 13 Abs. 1 der neuen RStV bis Ende 1964 (Ablauf der Amtsdauer) dem Beamtengesetz unterstellt. Die aus Kommissionen des Nationalrates und des Ständerates gebildete Arbeitsgemeinschaft, welche die Angelegenheit der Beschaffung der Mirage-Flugzeuge für die Flugwaffe abzuklären hatte, warf ihm in ihrem Bericht vom 1. September 1964 vor, er habe entgegen den Weisungen des Generalstabchefs kein militärisches Pflichtenheft für die Wahl des Flugzeugmodells erstellt, habe das Pflichtenheft für die Elektronik zu spät erlassen und sei mitverantwortlich für die Kürzung gewisser Kreditposten ohne hinreichende Begründung. Hierauf legte ihm der Bundesrat (gleich wie dem Generalstabchef) nahe, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Oberstdivisionär Primault lehnte dies jedoch (im Gegensatz zu jenem) ab und verlangte eine administrative Untersuchung über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Am 6. Oktober 1964 beschloss der Bundesrat, ihn wegen der ihm vorgeworfenen Verfehlungen auf den 1. Januar 1965 aus dem Amte zu entlassen, und stellte ihn zugleich für den Rest des Jahres 1964 darin ein. Der Bundesrat erklärte, die verlangte Untersuchung werde dartun, ob die Entlassung im Sinne der Statuten der Eidg. Versicherungskasse verschuldet sei. Die von ihm eingesetzte Untersuchungskommission, deren Vorsitzender alt Bundesrichter Abrecht war, verneinte diese Frage in ihrem Bericht vom 4. August 1965. Darauf wies der Bundesrat die Versicherungskasse an, dem Entlassenen die statutarischen Kassenleistungen auszurichten. B.- Mit verwaltungsrechtlicher Klage vom 31. Dezember 1965 beantragt Etienne Primault, die Schweiz. Eidgenossenschaft sei zu verurteilen, ihm 1) Fr. 1500.-- entsprechend der Entschädigung für Flugtraining im letzten Vierteljahr 1964 zu zahlen, 2) Zusatzleistungen von jährlich Fr. 11'000.-- für die Jahre 1965, 1966 und 1967 zu gewähren, 3) eine vom Gericht zu bestimmende Genugtuung zu leisten. Zum Rechtsbegehren 1 führt der Kläger aus, nach dem Bericht der Kommission Abrecht sei seine sofortige Einstellung BGE 93 I 67 S. 70 im Amte ungerechtfertigt gewesen. Dadurch sei ihm zu Unrecht die Möglichkeit des Flugtrainings und der Anspruch auf Entschädigung dafür entzogen worden. Nach den Bestimmungen des BRB über den Flugdienst der Fliegertruppen vom 30. Dezember 1958 (Flugdienst-BRB, AS 1959 S. 3) sei er für die Monate Oktober bis Dezember 1964 mit je Fr. 500.-- zu entschädigen. Zum Rechtsbegehren 2 bringt er vor, nach Art. 9 Abs. 4 RStV gebührten ihm für drei Jahre Zusatzleistungen in der Höhe des Unterschiedes zwischen der früher bezogenen Jahresentschädigung und den Leistungen der Versicherungskasse. Solche Zusatzleistungen seien bisher allen vor Erreichung des 65. Altersjahres pensionierten Mitgliedern der Landesverteidigungskommission gewährt worden. Es sei willkürlich und verstosse gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit, sie dem Kläger vorzuenthalten. Der Bundesrat habe ihm nicht einmal Gelegenheit gegeben, zu den Vorwürfen, auf welche seine Entlassung gestützt worden sei, Stellung zu nehmen. Diese Vorwürfe hätten sich als unbegründet erwiesen. Der Kläger sei ohne sein Verschulden entlassen worden, während der Generalstabchef, den nach dem Bericht der Kommission Abrecht die Hauptschuld an der Mirage-Angelegenheit treffe, zu den bisherigen Bedingungen im Dienste des Bundes behalten worden sei. Zum Rechtsbegehren 3 macht der Kläger geltend, er sei durch die zu Unrecht und einzig gegen ihn verfügte sofortige Einstellung im Dienst, deren Bekanntgabe im Parlament und am schweizerischen Radio und die Art ihrer Durchführung sowie durch die ebenfalls unbegründete und nur ihm gegenüber angeordnete Entlassung in seinen persönlichen Verhältnissen schwer verletzt worden. Auch nachdem die Kommission Abrecht festgestellt habe, dass ihn keinerlei Verschulden treffe, habe der Bundesrat nichts getan, um das ihm angetane Unrecht einigermassen gutzumachen, und ihm nicht einmal die während 37 Jahren der Eidgenossenschaft geleisteten Dienste verdankt. Der Anspruch auf Genugtuung sei nach Art. 6 Abs. 2 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958 (VG) begründet. C.- Die Eidgenossenschaft beantragt Abweisung der Klage. Sie führt u.a. aus, die parlamentarische Untersuchung der Mirage-Angelegenheit habe gezeigt, dass die Konzeption der Luftverteidigung überprüft werden müsse. Der Kläger sei jedoch nicht geeignet gewesen, bei der Überprüfung mitzuwirken, da er sich auf die bisherige Konzeption festgelegt habe. Deshalb BGE 93 I 67 S. 71 habe er als Kommandant und Waffenchef der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen ersetzt werden müssen. D.- In Replik und Duplik halten die Parteien an ihren Vorbringen fest. Der Kläger fügt bei, die von ihm vertretene Konzeption der Luftverteidigung habe seit Jahrzehnten gegolten und gelte auch heute noch. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Klagebegehren 2 und 3 betreffen vermögensrechtliche Ansprüche des Klägers gegen die Eidgenossenschaft aus seinem Beamtenverhältnis bzw. seiner Stellung als Mitglied der Landesverteidigungskommission und aus dem Verantwortlichkeitsgesetz. Sie sind nach Art. 110 OG und Art. 10 VG vom Bundesgericht als einziger Instanz zu beurteilen. Mit Bezug aus das Klagebegehren 1 hat die Beklagte zunächst die Zuständigkeit des Bundesgerichts bezweifelt mit der Begründung, es handle sich hier nicht um eine beamtenrechtliche, sondern um eine militärische Streitigkeit, die im Verfahren nach Art. 126 Abs. 2 lit. e und Art. 130 des BB über die Verwaltung der schweizerischen Armee vom 30. März 1949/13. Oktober 1965, in letzter Instanz von der Rekurskommission der Eidg. Militärverwaltung, zu beurteilen sei. Diese Frage braucht nicht entschieden zu werden, nachdem sich die Beklagte schliesslich mit der prozessökonomisch gebotenen Lösung, dass dieses Klagebegehren gemeinsam mit den anderen durch das Bundesgericht beurteilt wird, einverstanden erklärt hat. Es liegt eine Prorogation im Sinne des Art. 112 OG vor. Sie ist zulässig, da der Streitwert bei Zusammenrechnung aller in der Klage geltend gemachten Ansprüche (vgl. Art. 47 OG ) mehr als Fr. 20'000.-- beträgt. 2. Das Klagebegehren 1 betrifft die Entschädigung für das Flugtraining nach Art. 22 Flugdienst-BRB. Diese wird (im Gegensatz zu der jährlichen Entschädigung für ausserordentliche Dienstleistungen nach Art. 24, die der Kläger für das ganze Jahr 1964 erhalten hat) monatlich ausgerichtet. Art. 23 enthält Vorschriften für Fälle der Einstellung des Flugdienstes im Laufe des Jahres. Gemäss Abs. 1 am Ende wird bei Einstellung im Flugdienst nach Art. 16 der eventuell noch angebrochene Monat voll entschädigt. Die Absätze 4 und 5 bestimmen, dass bei vorläufiger Einstellung im Flugdienst aus medizinischen Gründen sowie bei vorübergehendem Unterbruch des Flugtrainings infolge Auslandaufenthalts von nicht mehr als sechs BGE 93 I 67 S. 72 Monaten unter Beibehaltung des Wohnsitzes in der Schweiz die Entschädigung für den angebrochenen Monat und ausserdem einmal im Jahr höchstens noch für die zwei folgenden Monate ausgerichtet wird. Für andere als die in den Absätzen 4 und 5 genannten Fälle sieht Art. 23 nicht vor, dass die Entschädigung auch für die zwei Monate, die dem angebrochenen Monat folgen, gewährt werden kann. Der Kläger ist weder aus medizinischen Gründen noch wegen vorübergehenden Auslandaufenthalts im Flugdienst eingestellt worden. Er macht jedoch geltend, die in Art. 23 Abs. 4 und 5 Flugdienst-BRB getroffene Ordnung sei in seinem Falle analog anwendbar; denn bei unbegründeter Einstellung im Amte sei ein Anspruch auf Entschädigung für die dort vorgesehene Dauer erst recht gerechtfertigt. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Die Absätze 4 und 5 des Art. 23 betreffen besondere Fälle, in denen von vornherein feststeht oder zum mindesten vorausgesetzt wird, dass das Flugtraining nicht endgültig eingestellt, sondern lediglich unterbrochen wird. Hier verhält es sich jedoch anders; denn der Kläger ist durch die Verfügung des Bundesrates vom 6. Oktober 1964 nicht nur für eine bestimmte Zeit im Amte eingestellt, sondern zugleich endgültig daraus entlassen und damit auch endgültig im Flugdienst eingestellt worden. In einem solchen Fall ist nach der allgemeinen Regel, die Art. 23 Abs. 1 am Ende Flugdienst-BRB aufstellt, die Entschädigung lediglich noch für den angebrochenen Monat geschuldet. Diese Bestimmung verweist auf Art. 16, wonach der Waffenchef aus den dort angeführten Gründen Flieger im Flugdienst einstellen kann. Art. 16 ist analog anwendbar, wenn der Waffenchef selber von der vorgesetzten Behörde, dem Bundesrat, aus einem dieser Gründe im Flugdienst eingestellt wird. Das ist hier geschehen: Der Kläger wurde vom Bundesrat im Flugdienst eingestellt, weil keine militärische Notwendigkeit mehr bestand, dass er weiterhin diesem Dienst obliege (Art. 16 lit. e). Der Kläger hat daher allerdings - entgegen dem Standpunkt der Beklagten - noch Anspruch auf die Trainingsentschädigung für den Monat Oktober 1964, der im Zeitpunkt seiner Einstellung im Flugdienst angebrochen war. Dagegen ist der für die zwei folgenden Monate erhobene Anspruch unbegründet. Die Trainingsentschädigung, die für die hier massgebende Kategorie Fr. 500. - im Monat ausmacht (Art. 22 Flugdienst-BRB), ist somit nur in diesem Betrage zuzusprechen. BGE 93 I 67 S. 73 3. Nach Art. 9 Abs. 4 RStV, worauf das Klagebegehren 2 gestützt wird, kann der Bundesrat Mitgliedern der Landesverteidigungskommission, sofern sie ohne eigenes Verschulden gemäss Art. 4 entlassen werden, im Anschluss an die Entlassung für drei Jahre (jedoch längstens bis zur Erreichung des 65. Altersjahres) eine Zusatzleistung gewähren, die dem Unterschied zwischen der Pension (Invalidenrente der Eidg. Versicherungskasse, gegebenenfalls in Verbindung mit einer Zusatzrente gemäss Instruktorenordnung) und dem bis anhin ausgerichteten Gehalt (Jahresentschädigung gemäss Art. 8) entspricht. Art. 4 gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, Mitglieder der Landesverteidigungskommission jederzeit (nach Anhören der Kommission) zu entlassen. Den unter diese Bestimmung fallenden Offizieren ist also - im Gegensatz zu den Beamten - nicht eine feste Amtsdauer garantiert. Die Zusatzleistung soll einerseits einen Ausgleich für diese Unsicherheit ihrer Stellung schaffen und anderseits dem Bundesrat erleichtern, von der Möglichkeit der jederzeitigen Entlassung Gebrauch zu machen. Der Kläger ist jedoch nicht auf Grund des Art. 4 RStV entlassen worden. Diese Bestimmung konnte ihm gegenüber vor Ende 1964 gar nicht angewendet werden, weil er bis dahin nach der Übergangsbestimmung des Art. 13 Abs. 1 RStV dem Beamtengesetz unterstand, d.h. die Garantie der Amtsdauer genoss, die für ihn letztmals Ende 1964 ablief. Tatsächlich ist er erst auf das Ende dieser letzten Amtsdauer entlassen worden und hat er bis zu diesem Zeitpunkt auch sein Gehalt bezogen. Die Garantie der Amtsdauer, die er bis Ende 1964 besass, schliesst es aus, dass ihm die Zusatzleistungen gewährt werden, die er auf Grund des Art. 9 Abs. 4 RStV für die Jahre 1965, 1966 und 1967 beansprucht. Daran ändert es nichts, dass er vom 1. Januar 1965 an ohnehin nicht mehr in Beamteneigenschaft Mitglied der Landesverteidigungskommission hätte bleiben können. Entscheidend ist, dass er bis Ende 1964 mit einer festen Amtsdauer rechnen konnte, sich also bis dahin, im Gegensatz zu den übrigen Mitgliedern der Landesverteidigungskommission, nicht in der unsicheren Stellung befand, welche nach Art. 9 Abs. 4 RStV Voraussetzung des Zuspruchs von Zusatzleistungen ist. 4. Das Klagebegehren 3, mit welchem eine vom Gericht zu bestimmende Genugtuung verlangt wird, stützt sich auf das Verantwortlichkeitsgesetz. Nach Art. 6 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 dieses Gesetzes hat Anspruch gegen den Bund auf BGE 93 I 67 S. 74 Genugtuung, wer in seinen persönlichen Verhältnissen durch ein widerrechtliches und schuldhaftes Verhalten eines Bundesbeamten verletzt wird, sofern die Verletzung und das Verschulden des Beamten besonders schwer sind. Bundesbeamte im Sinne des Verantwortlichkeitsgesetzes sind nach Art. 1. Abs. 1 lit. b auch die Mitglieder des Bundesrates. Der Kläger erachtet als widerrechtlich in erster Linie seine sofortige Einstellung im Dienst und seine Entlassung. Der Beschluss vom 6. Oktober 1964, mit dem der Bundesrat diese Massnahmen angeordnet hat, stellt eine Verfügung dar, die nicht durch ein Rechtsmittel angefochten werden kann, also formell rechtskräftig ist. Nach Art. 12 VG kann aber die Rechtmässigkeit einer solchen Verfügung nicht in einem Verantwortlichkeitsverfahren überprüft werden. Ist somit die erwähnte Verfügung des Bundesrates vom 6. Oktober 1964 im Verantwortlichkeitsprozess als rechtmässig anzusehen, so erweist sich der Genugtuungsanspruch des Klägers insoweit, als er auf die behauptete Widerrechtlichkeit dieser Verfügung gestützt wird, ohne weiteres als unbegründet. Sodann macht der Kläger geltend, widerrechtlich sei auch die Bekanntgabe seiner sofortigen Dienstenthebung im Parlament und im schweizerischen Radio sowie die Art der Mitteilung an ihn, nämlich durch das Telephon während einer von ihm vorgenommenen Inspektion. Indessen könnten diese Handlungen nur dann als widerrechtlich betrachtet werden, wenn der Bundesrat damit gegen seine Amtspflichten verstossen oder sein Ermessen missbraucht hätte (vgl. BGE 91 I 455 Erw. 5 c). Das ist jedoch offensichtlich nicht der Fall. Der Bundesrat musste vor dem Ständerat, der in der kritischen Zeit über die Anträge der parlamentarischen Arbeitsgemeinschaft in der Mirage-Angelegenheit beriet, am 7. Oktober 1964 hiezu Stellung nehmen und dabei auch die soeben gegenüber dem Kläger getroffene Verfügung bekanntgeben. Dazu war er auf Grund seiner politischen Verantwortlichkeit gegenüber dem Parlament verpflichtet. Aber auch die Öffentlichkeit hatte ein berechtigtes Interesse daran, über den Stand der Mirage-Angelegenheit, die von grosser staatspolitischer Bedeutung war und allgemeines Aufsehen erregte, laufend aufgeklärt zu werden. Es war daher gegeben, dass die Enthebung des Klägers von seinem Amte auch der Bevölkerung, durch das Mittel des Rundspruchs und der Presse, unverzüglich mitgeteilt wurde. Gegenüber BGE 93 I 67 S. 75 dem Interesse der Öffentlichkeit hieran hatten die privaten Interessen des Klägers zurückzutreten. Die sofortige Dienstenthebung musste indessen vorab dem Kläger selber eröffnet werden. Es war richtig, dass dies geschah, bevor die Massnahme allgemein bekannt wurde; denn es wäre für den Kläger besonders stossend gewesen, wenn ihm die Nachricht zuerst durch den Rundspruch oder die Presse zugetragen worden wäre. Es ist daher verständlich, dass der Weg der telephonischen Mitteilung gewählt wurde. Gewiss kann man sich fragen, ob nicht ein etwas weniger brüskes Vorgehen angezeigt gewesen wäre. Aber geradezu widerrechtlich ist die telephonische Eröffnung nicht. Sie ist es umsoweniger, als sie den Kläger nicht ganz unvorbereitet traf; war ihm doch kurz vorher nahegelegt worden, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Der Genugtuungsanspruch des Klägers ist somit im vollen Umfange schon deshalb unbegründet, weil den Mitgliedern des Bundesrates nicht ein widerrechtliches Handeln zur Last gelegt werden kann.
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Sachverhalt ab Seite 334 BGE 112 Ib 334 S. 334 A.- Die am 20. September 1978 geborene C., Tochter eines in Mailand wohnhaften iranischen Staatsangehörigen, litt seit ihrer Geburt an einem schweren Herzfehler, der verschiedene Spitalaufenthalte und Operationen in Mailand und Zürich nötig machte. Am 9. November 1981 kam es im Universitätsspital Zürich unter der Leitung von Professor X. zu einer dritten Operation. Im Verlauf dieses Eingriffs wurde eine Coronararterie durchtrennt und sodann eine Kanüle der Herz-Lungen-Maschine versehentlich in die Arteria pulmonalis statt in die Aorta eingeführt. Weil das angeblich erst nach 15 Minuten festgestellt wurde, kam es zu einer BGE 112 Ib 334 S. 335 ungenügenden Blutversorgung des Gehirns und einer schweren Hirnschädigung, weshalb das Kind heute dauernd invalid und pflegebedürftig ist. B.- Gestützt auf das zürcherische Gesetz über die Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten vom 14. September 1969 (Haftungsgesetz, HG) erhob C. am 29. Januar 1986 beim Bundesgericht Klage gegen den Kanton Zürich, nachdem sie am 27. Oktober 1983 beim Regierungsrat erfolglos Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche angemeldet hatte. Sie beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihr als Schadenersatz und Genugtuung einen Fr. 8'000.-- übersteigenden, nach richterlichem Ermessen festzusetzenden Betrag sowie 5% Zins seit 9. November 1981 zu bezahlen. Der Beklagte beantragte in der Klageantwort vom 28. Mai 1986 Abweisung der Klage, weil das Haftungsgesetz nicht anwendbar und er daher nicht passivlegitimiert sei sowie weil es an einer widerrechtlichen und schuldhaften Handlung im Sinn des Haftungsgesetzes fehle. Der Klägerin wurde zur Frage der Passivlegitimation des Beklagten das Replikrecht eingeräumt ( Art. 32 Abs. 2 BZP ), wovon sie am 25. Juni 1986 Gebrauch machte. Am 25. September 1986 fand die Vorbereitungsverhandlung statt. Dabei wurde auf Wunsch des Beklagten eine Beschränkung der Hauptverhandlung auf die Frage der Passivlegitimation in Aussicht genommen. An der heutigen Hauptverhandlung bekräftigte der Beklagte seinen Antrag, auf die Klage sei mangels Passivlegitimation nicht einzutreten, während die Klägerin ihrerseits daran festhielt, dass der Beklagte passivlegitimiert sei. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Zuständigkeit des Bundesgerichts ist gegeben und unbestritten. Das gilt auch insoweit, als die Klage sich auf das kantonale Haftungsgesetz stützt ( BGE 111 II 150 mit Hinweisen). Die Klägerin fordert einen unbestimmten, Fr. 8'000.-- übersteigenden Gesamtbetrag; der Beklagte hat dagegen nichts einzuwenden. Das Gesetz verlangt, dass die Klageschrift das Rechtsbegehren enthält, ohne die Anforderungen an dieses zu umschreiben ( Art. 23 lit. b BZP ). Zwar müssen im Berufungsverfahren vor Bundesgericht bezifferte Berufungsanträge gestellt werden ( Art. 55 Abs. 1 lit. b OG ; vgl. BGE 101 II 373 mit Hinweisen); doch kann das nicht auch für Direktprozesse gelten. Es ist vielmehr ein Grundsatz des materiellen Bundesrechts, dass in Fällen, wo sich BGE 112 Ib 334 S. 336 ein Schaden nicht oder nur schwer ziffernmässig nachweisen lässt, vom Geschädigten zwar verlangt werden darf, dass er Anhaltspunkte für den Schaden liefert, nicht aber dass er den Schaden genau beziffert ( BGE 98 II 36 E. 2, 97 II 218 mit Hinweisen). Im Bereich des Zumutbaren ist die Klägerin dieser Auflage nachgekommen. So hat sie für die Vergangenheit ziffernmässig einen Schaden von rund Fr. 300'000.-- näher begründet und eine Genugtuung von Fr. 75'000.-- bis 150'000.-- geltend gemacht. Sie hat überdies den hinsichtlich der Zuständigkeit erforderlichen Mindestbetrag genannt (dazu BGE 77 II 187 E. 10). Im übrigen wird sie zu einer genaueren Bezifferung angehalten werden können, wenn die Beweisergebnisse vorliegen. 2. Der Beklagte bestreitet zu Recht nicht mehr, für Vorkommnisse im Universitätsspital Zürich grundsätzlich nach Massgabe des Haftungsgesetzes einstehen zu müssen, sofern der Schaden auf die amtliche Tätigkeit der Spitalärzte zurückzuführen ist ( BGE 111 II 151 E. 3 und 4). Er macht jedoch geltend, es gehe vorliegend um die privatärztliche, nicht um die amtliche Tätigkeit von Professor X., weil die Klägerin dessen Privatpatientin gewesen sei und seine persönliche Verrichtung in Frage stehe; nach der Verordnung über die kantonalen Krankenhäuser (KHV) vom 28. Januar 1981 unterstehe das Verhältnis der Privatpatienten zu den Ärzten dem Privatrecht ( § 36 Abs. 3 KHV ). Die Klägerin hält diese Verordnungsbestimmung für nichtig, weil sie sowohl dem materiellen Bundesrecht wie dem kantonalen Haftungsgesetz zuwiderlaufe. a) In BGE 111 II 153 ff. E. 5, auf den beide Parteien in diesem Zusammenhang verweisen, ging es um den Privatpatienten eines andern Chefarztes des Universitätsspitals Zürich, der durch einen Oberarzt einen ambulanten Eingriff vornehmen liess. Anhand der Krankenhausverordnung stellte das Bundesgericht fest, dass die Privatarztbewilligung der Chefärzte nur deren persönliche Verrichtungen erfasse ( § 30 Abs. 2 KHV ); da es damals an diesem Erfordernis fehlte, konnte offengelassen werden, wieweit im übrigen nach der kantonalen Ordnung die Behandlung von Privatpatienten als amtliche oder als private ärztliche Tätigkeit einzustufen wäre ( BGE 111 II 155 E. 5d). Die Frage braucht auch vorliegend nicht abschliessend behandelt zu werden. b) Es trifft nämlich nicht zu, dass es vorliegend nur um die unrichtige Kanülierung als persönliche Verrichtung Professor X.'s ginge. Die Klägerin macht den Beklagten sowohl für die Verletzung BGE 112 Ib 334 S. 337 der Kranzarterie, als auch für die Fehlkanülierung und schliesslich dafür verantwortlich, dass dieser Fehler und die dadurch bewirkte ungenügende Blutversorgung des Gehirns erst nach 15 Minuten entdeckt und behoben worden seien. An der Operation seien insgesamt fünf Ärzte beteiligt gewesen, wobei für die Unterbrechung der Sauerstoffversorgung des Gehirns, die entscheidend gewesen sei, unmittelbar nicht der Chefarzt, sondern ein Anästhesist verantwortlich gewesen sei. Insoweit fehlt es bereits an den tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Schädigung aus privatärztlicher Tätigkeit im Sinn von § 36 Abs. 3 KHV . c) Die eigenartige Rechtsnorm der privatärztlichen Tätigkeit von Chefärzten an öffentlichen Spitälern hat offenkundig besoldungsrechtliche Gründe (vgl. dazu BGE 100 Ia 316 ff. sowie das auszugsweise in ZBl 87/1986, S. 265 ff. veröffentlichte Urteil des Bundesgerichts vom 18. Oktober 1985 zu § 30 bzw. § 30a KHV ; im gleichen Sinn der Antrag des Regierungsrats vom 23. April 1986 für einen neuen § 39a des kantonalen Gesundheitsgesetzes, wonach den leitenden Spitalärzten bewilligt werden kann, "Patienten auf eigene Rechnung zu behandeln" [Amtsblatt 1986 S. 706]). Das schliesst nicht aus, dass die allgemeine Fassung von § 36 Abs. 3 KHV , wonach das Verhältnis der Privatpatienten zu den Ärzten dem Privatrecht untersteht, auch haftpflichtrechtlich zu verstehen wäre. Darin läge jedoch ein Abweichen vom Grundsatz, dass das Haftungsgesetz auf die öffentlichen Spitäler anwendbar ist und damit auch auf die Spitalärzte, die in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis stehen ( BGE 111 II 151 E. 3). Die Verordnungsbestimmung darf nicht zu einer Aushöhlung des Haftungsgesetzes in diesem Bereich führen. Das wäre indes der Fall, wenn Schädigungen, für welche ein ganzes Spitalteam verantwortlich gemacht wird, wegen angeblich privatärztlicher Tätigkeit des Chefarztes der Staatshaftung entzogen würden. Aber selbst wenn - anders als vorliegend - im vornherein feststünde, dass nur der Chefarzt für einen Operationsfehler einzustehen hätte, würde das für den Ausschluss des Haftungsgesetzes nicht genügen. Dem geschädigten Patienten oder seinen Hinterbliebenen ist es - wie die Klägerin zutreffend bemerkt - in der Regel nicht möglich, den Handlungsanteil der verschiedenen an einer Operation beteiligten Personen festzustellen, was einer einheitlichen Rechtsregel ruft. Die komplizierte Rechtslage, welche der Beklagte aus Rücksicht auf die Honorarbedürfnisse der Chefärzte geschaffen hat, darf nicht haftungsrechtlich zu einer Regelung BGE 112 Ib 334 S. 338 führen, die für die Geschädigten völlig undurchsichtig ist. Das gilt gerade auch für ausländische Patienten. § 36 Abs. 3 KHV muss deshalb in dem Sinn einschränkend ausgelegt werden, dass er am öffentlichrechtlichen Haftungsverhältnis nichts ändert. Da sich dies schon aus dem massgeblichen kantonalen Recht ergibt (vgl. dazu BGE 102 II 45 f. und BGE 82 II 321 ff.), kann dahingestellt bleiben, ob eine gegenteilige Auslegung des kantonalen Rechts überhaupt vor Bundesprivatrecht Bestand hätte. Es kann auch offenbleiben, wieweit allenfalls die Behandlung von ambulanten Patienten in der dem Chefarzt bewilligten Sprechstunde oder seine Gutachtentätigkeit vom kantonalen Haftungsgesetz ausgenommen werden kann. Für hospitalisierte (stationäre) Patienten, die mit dem Spitaleintritt ohnehin in ein öffentlichrechtliches Verhältnis zum Spital treten ( BGE 111 II 154 E. 5a mit Hinweisen), schiene eine solche Differenzierung mit dem Sinn des kantonalen Haftungsgesetzes nicht vereinbar (zugunsten einer Unterstellung unter öffentliches Recht auch SCHLUEP, Innominatverträge, in Schweizerisches Privatrecht VII/2, S. 943; SCHWARZENBACH, Die Staats- und Beamtenhaftung in der Schweiz mit Kommentar zum zürcherischen Haftungsgesetz, 2. Aufl., S. 118 und 177; BISCHOF, Amtshaftung an der Grenze zwischen öffentlichem Recht und Obligationenrecht [ Art. 61 OR ], ZSR 104/1985 I S. 81/82). d) Der Beklagte kann sich daher der Beurteilung der Klage aufgrund des Haftungsgesetzes nicht entziehen, seine Passivlegitimation ist zu bejahen. Im übrigen ist anerkannt, dass die Klage in gültiger Weise erhoben worden und nicht verwirkt ist (§§ 23 und 24 HG).
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Sachverhalt ab Seite 64 BGE 104 V 64 S. 64 A.- Dr. W. bezieht eine einfache AHV-Altersrente. Bis Juni 1976 erhielt er auch eine Kinderrente für den am 4. Februar 1954 geborenen Sohn Adrian. Dieser hatte bis zum 21. April 1974 eine Drogistenlehre absolviert. Die Kinderrente wurde Dr. W. deshalb über den Monat April 1974 hinaus gewährt, weil er erklärt hatte, dass sein Sohn keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und sich im zweiten Bildungsweg bei der Akademikergemeinschaft auf die Matura vorbereite. Am 13. Mai 1975 teilte Dr. W. der Ausgleichskasse des Kantons Aargau mit, sein Sohn werde am 10. Juni 1975 in einen dreimonatigen Vorkurs der kantonalen Maturitätsschule für Erwachsene eintreten und, sofern er die Voraussetzungen erfülle, im Herbst an dieser Schule studieren. Darauf zahlte die Ausgleichskasse die Kinderrente weiter aus, verlangte aber von Dr. W. am 19. September 1975 einen Ausweis über die bevorstehende Aufnahme des in Aussicht gestellten Studiums. BGE 104 V 64 S. 65 Es ergab sich, dass Adrian in die Maturitätsschule nicht aufgenommen worden war, nach den Angaben seines Vaters deshalb, weil seine Sprachkenntnisse nicht genügten. Dr. W. teilte der Ausgleichskasse ferner mit, Adrian werde deshalb vom 17. November 1975 bis April 1976 einen Kurs bei der Alliance française in Paris besuchen. Vom 14. Juni 1976 hinweg folgte Adrian wiederum dem Vorkurs (Abendschule) an der kantonalen Maturitätsschule für Erwachsene. Die Ausgleichskasse sistierte jedoch ab Juli 1976 die Kinderrente und machte Dr. W. mit Schreiben vom 6. Juli 1976 darauf aufmerksam, dass der Besuch von Abendschulen nicht unter den AHV-rechtlichen Begriff der Ausbildung falle und sie die Kinderrente für die Zeiten vom 1. Mai 1974 bis 30. November 1975 sowie vom 1. Mai bis 30. Juni 1976 unter Umständen zurückfordern müsse. Hierauf gab Dr. W. der Ausgleichskasse am 12./20. Juli 1976 erstmals bekannt, dass sein Sohn sich schon während der Lehre auf die eidgenössische Matura vorbereitet habe, um nachher ein Studium aufzunehmen. Er sei bei der Lehrabschlussprüfung durchgefallen, habe diese ein Jahr später wiederholt und am 15. April 1975 bestanden und somit während des Jahres 1975 zu Hause den Lehrstoff der Drogistenschule wiederholen müssen. Er habe ihm mit dem Verzicht darauf, von ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu fordern, die Chancen für ein akademisches Studium erleichtern wollen, obschon der Sohn nach seiner Meinung für dessen Bewältigung keine spezielle Eignung besitze. Auf diese Auskünfte hin hob die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 22. Juli 1976 die Kinderrente rückwirkend ab 30. April 1976 bzw. 30. April 1975 auf mit der Begründung, die Ausbildung sei am 15. April 1975 (Lehrabschlussprüfung) zu Ende gegangen. Der zuviel bezogene Rentenbetrag sei zurückzuerstatten. Die Kasse fügte bei, für die Zeit des Auslandaufenthalts vom 1. Dezember 1975 bis 30. April 1976 habe Anspruch auf die Kinderrente bestanden. B.- Gegen die Verfügung vom 22. Juli 1976 reichte Dr. W. Beschwerde ein mit dem Begehren, die Rückforderung sei aufzuheben und die Kinderrente sei ab 30. April 1976 weiter auszurichten. Das Obergericht des Kantons Aargau vertrat die Auffassung, Adrian habe sich vom 15. April 1975 bis November 1975 und ab Mitte April 1976 nicht systematisch auf die BGE 104 V 64 S. 66 eidgenössische Matura vorbereitet; sonst hätte er bereits im November 1975 in die Tagesschule der kantonalen Maturitätsschule aufgenommen werden können. Zudem hätte er den Vorkurs ohne weiteres auch neben einer gleichzeitig ausgeübten Erwerbstätigkeit besuchen können. Unerheblich sei, dass der Beschwerdeführer seinen Sohn nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verhalten habe, sondern für ihn aufgekommen sei. Die Rückforderung der Ausgleichskasse bestehe daher zu Recht. Am 19. November 1976 hat die Vorinstanz die Beschwerde abgewiesen. C.- Dr. W. erneuert mit der gegen diesen Entscheid erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde sein vorinstanzlich gestelltes Begehren. Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung pflichten den Darlegungen im angefochtenen Entscheid bei und beantragen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. In tatbeständlicher Hinsicht ist zunächst folgendes festzuhalten: Adrian W. absolvierte bis zum 21. April 1974 die Drogistenlehre. Vom Oktober 1971 bis Juli 1974 bezog er von der Akademikergemeinschaft 42 Monatspensen, bearbeitete aber lediglich deren vier; nach Juli 1974 bestand keinerlei Kontakt mehr zur Akademikergemeinschaft (Auskunft der Akademikergemeinschaft gegenüber der Ausgleichskasse vom 1. Juli 1976). Vom Juli 1974 bis November 1974 absolvierte Adrian die Rekrutenschule. Am 15. April 1975 bestand er die Lehrabschlussprüfung, und vom 10. Juni bis 4. Oktober 1975 besuchte er erstmals den Vorkurs der kantonalen Maturitätsschule für Erwachsene. Vom 15. November 1975 bis April 1976 weilte er zum Besuch des Französischkurses der Alliance française in Paris, und am 14. Juni 1976 begann er zum zweiten Mal den Vorkurs der kantonalen Maturitätsschule, den er in der Folge bestand, so dass er im Herbst 1976 in die eigentliche Maturitätsschule (Tagesschule) aufgenommen werden konnte. 2. Streitig ist lediglich, ob der Beschwerdeführer für die Monate Mai bis November 1975 sowie vom Mai 1976 hinweg Anspruch auf Kinderrente habe. BGE 104 V 64 S. 67 Über das 18. Altersjahr hinaus besteht der Anspruch auf Kinderrente zur AHV-Altersrente nur dann, wenn das Kind noch in Ausbildung begriffen ist (Art. 22ter Abs. 1 in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 AHVG ). Als in Ausbildung begriffen gelten Kinder, die während einer bestimmten Zeit Schulen oder Kurse besuchen oder der beruflichen Ausbildung obliegen. Unter beruflicher Ausbildung ist jede Tätigkeit zu verstehen, welche die systematische Vorbereitung des Kindes auf eine künftige Erwerbstätigkeit zum Ziel hat und während welcher das Kind mit Rücksicht auf den vorherrschenden Ausbildungscharakter ein wesentlich geringeres Erwerbseinkommen erzielt, als ein Erwerbstätiger mit abgeschlossener Berufsbildung orts- und branchenüblich erzielen würde. Das Arbeitsentgelt gilt dann als wesentlich geringer als dasjenige eines Vollausgebildeten, wenn es nach Abzug der besondern Ausbildungskosten um mehr als 25% unter dem ortsüblichen Anfangslohn für voll ausgebildete Erwerbstätige der entsprechenden Branche liegt ( BGE 102 V 163 und 210). 3. Wer sich in der kantonalen Maturitätsschule auf die eidgenössische Maturitätsprüfung vorbereiten will, hat notwendigerweise einen Vorkurs zu besuchen. Die Absolventen, die diesen Vorkurs bestehen, können anschliessend in die eigentliche Maturitätsschule aufgenommen werden. Der Vorkurs dient also der Prüfung, ob sich der Aufnahmebewerber für die Maturitätsschule eignet. Deshalb bezweckt nicht nur die eigentliche Maturitätsschule, sondern auch der Vorkurs im Sinne der Rechtsprechung die systematische Vorbereitung auf die künftige Erwerbstätigkeit. An dieser Zweckbestimmung vermag der Umstand, dass der Vorkurs als Abendschule organisiert ist, nichts zu ändern. Insofern kann der Vorinstanz, die den Besuch von Abendkursen grundsätzlich nicht als Ausbildung im Sinne des AHVG betrachtet, nicht beigepflichtet werden. Eine andere Frage ist es, ob Adrian sich im Vorkurs systematisch auf die Maturitätsschule bzw. auf einen künftigen Beruf vorbereitet, mit andern Worten, ob er mit dem notwendigen und ihm zumutbaren Einsatz und Willen sich im Vorkurs dieser systematischen Vorbereitung gewidmet hat. Die Vorinstanz verneint dies deshalb, weil Adrian wegen mangelnder Leistung nicht schon im Herbst 1975, sondern erst ein Jahr später in die Maturitätsschule aufgenommen BGE 104 V 64 S. 68 worden ist. Sie schliesst also aus dem schulischen Misserfolg im November 1975 und der dadurch bedingten Verlängerung des Studiums auf unsystematische Berufsvorbereitung. Gewiss genügt es für die systematische Berufsvorbereitung nicht, dass eine Person rein formell die dafür nötigen Schulen und Praktika absolviert. Die systematische Vorbereitung im Sinne der Rechtsprechung verlangt darüber hinaus, dass die betreffende Person die Ausbildung mit dem ihr objektiv zumutbaren Einsatz betreibt, um sie innert nützlicher Frist erfolgreich hinter sich zu bringen. Benötigt sie aber eine überdurchschnittlich lange Ausbildungszeit oder kommt es gar zu einem Misserfolg, so darf aus diesen Umständen allein nicht geschlossen werden, die betreffende Person habe sich in der Ausbildung zu wenig eingesetzt. Denn Misserfolg und lange Ausbildungszeit können auch auf mangelnder Begabung beruhen und schliessen alsdann einen hinreichenden Einsatz in der Ausbildung nicht aus. Sie können aber Indizien für die Einsatzbereitschaft sein, die indessen zusammen mit dem gesamten übrigen Sachverhalt gewürdigt werden müssen. Es fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die um ein Jahr verspätete Aufnahme in die Maturitätsschule auf mangelnden Einsatz des Adrian im Vorbereitungskurs 1975 zurückzuführen wäre. Nach den glaubwürdigen Darlegungen des Beschwerdeführers hat sein Sohn deshalb nicht schon im Herbst 1975 in die Maturitätsschule übertreten können, weil seine Sprachkenntnisse damals nicht genügten, ein Mangel, der durch den Französischkurs vom Frühjahr 1976 offenbar behoben wurde, so dass die Aufnahme in die Maturitätsschule im Herbst 1976 möglich geworden ist. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Adrian schon die Lehrabschlussprüfung erst beim zweiten Anlauf bestanden hat und dass der Beschwerdeführer selber die Auffassung vertrat, sein Sohn sei für das Studium nicht besonders geeignet. Alle diese Umstände weisen eher darauf hin, dass nicht so sehr fehlender Fleiss als vielmehr mangelnde Begabung den verspäteten Eintritt in die Maturitätsschule verursacht hat. Darum könnte die Kinderrente allein deshalb, weil Adrian den Vorkurs wegen ungenügender Leistung einmal wiederholen musste, nicht verweigert werden. 4. Der Kinderrentenanspruch setzt nach der Rechtsprechung aber nicht nur die systematische Vorbereitung auf die BGE 104 V 64 S. 69 künftige Erwerbstätigkeit voraus. Kumulativ wird verlangt, dass der Sohn oder die Tochter, für die eine Kinderrente verlangt wird, "mit Rücksicht auf den vorherrschenden Ausbildungscharakter" ein um mehr als 25% geringeres Arbeitsentgelt erhält, als eine voll ausgebildete Person orts- und branchenüblich erreichen würde. Das bedeutet, dass die Ausbildung die Ursache für den wesentlich geringeren Verdienst sein muss. Der Sinn der Abendschulen besteht in erster Linie darin, Erwerbstätigen Gelegenheit zu geben, sich ohne oder mindestens ohne vollständige Aufgabe ihrer Tätigkeit beruflich zu bilden. Für eine Person, die - wie Adrian - überhaupt noch nie erwerbstätig gewesen ist, stellt sich angesichts der oben dargelegten Rechtsprechung zum Kinderrentenanspruch die Frage, ob ihr zugemutet werden muss, während der Dauer der Abendschule eine Tätigkeit aufzunehmen, die ihr erlauben würde, ein rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen. Alsdann wäre nämlich klargestellt, dass die Zeit der Abendkurse trotz deren Ausbildungscharakter nicht als Ausbildungszeit im Sinne der Rechtsprechung gelten könnte. So weit geht im vorliegenden Fall sogar die Ausgleichskasse nicht. Diese mutet Adrian lediglich die Aufnahme einer Halbtagsbeschäftigung zu, wie ihrem Schreiben vom 6. Juli 1976 an den Beschwerdeführer und ihrer vorinstanzlichen Beschwerdeantwort zu entnehmen ist. Dabei übersieht sie aber, dass Adrian bei Aufnahme einer halbtägigen Erwerbstätigkeit aller Wahrscheinlichkeit nach keinen rentenausschliessenden Verdienst erzielen würde. Indessen kann die Frage nach der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit im vorliegenden Fall aus den nachstehenden Überlegungen offen bleiben. In dem in ZAK 1967 S. 550 publizierten Urteil hat das Eidg. Versicherungsgericht die Ausbildung als nicht rechtserheblich unterbrochen erachtet, weil zwischen Matura und Hochschulstudium volle zwei Semester lagen, während denen der Sohn teils obligatorischen Militärdienst leistete, teils deshalb zwischen zwei Militärdiensten die Hochschule nicht besuchte, weil der Militärdienst ihm den Besuch während des ganzen Semesters ohnehin nicht erlaubt hätte. Dabei liess das Gericht dahingestellt, ob in der Zwischenzeit möglicherweise eine bescheidene Erwerbstätigkeit ausgeübt worden ist. In analoger Weise rechtfertigt es sich heute, die relativ kurze Zeitspanne zwischen der Lehrabschlussprüfung im April 1975 BGE 104 V 64 S. 70 und dem Beginn des Französischkurses bei der Alliance française im November 1975, der von Verwaltung und Vorinstanz als Ausbildung im Sinne der Rechtsprechung anerkannt wird, nicht als erheblichen Unterbruch der Ausbildung zu betrachten. Dasselbe gilt für die Zeit nach Beendigung des Französischkurses im April 1976, da feststeht, dass Adrian im Herbst 1976 nach bestandenem Vorkurs in die eigentliche Maturitätsschule aufgenommen worden ist. Der Anspruch auf Kinderrente bestand somit auch während der Monate Mai bis November 1975 und wiederum ab Mai 1976, weshalb die am 22. Juli 1976 verfügte Rentenaufhebung und Rentenrückforderung aufzuheben sind.
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Sachverhalt ab Seite 148 BGE 106 V 147 S. 148 A.- Margareta Schmid, Witwe des am 6. Juni 1974 verstorbenen Karl Schmid, bezog ab 1. Juli 1974 eine Witwenrente sowie Waisenrenten für ihre Söhne Daniel und Peter Jürg. Daniel Schmid, geboren 1957, schloss im Oktober 1978 das Wirtschaftsgymnasium der Kantonsschule Zürich mit der Maturität ab, worauf die Ausgleichskasse die Ausrichtung seiner Waisenrente auf den 31. Oktober 1978 einstellte. Am 20. Dezember 1978 teilte Margareta Schmid der Ausgleichskasse mit, dass ihr Sohn Daniel ab 1. Januar 1979 als "Allround-Praktikant" bei der Schweizerischen Bankgesellschaft angestellt sei. Der Mitteilung legte sie eine Bestätigung der Arbeitgeberin bei, wonach die Ausbildung 18 Monate dauert und das Jahressalär Fr. 22'750.-- beträgt. Auf Anfrage der Ausgleichskasse bezifferte die Bankgesellschaft den Anfangslohn eines gleichwertig ausgebildeten Angestellten auf rund Fr. 27'000.-- im Jahr. Mit Verfügung vom 10. Januar 1979 lehnte die Ausgleichskasse das Begehren um Weiterausrichtung der Waisenrente ab mit der Begründung, dass das Arbeitsentgelt nicht um mehr als ein Viertel unter den ortsüblichen Anfangslöhnen der entsprechenden Branche liege, weshalb die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. B.- Beschwerdeweise machte Daniel Schmid geltend, die Schweizerische Bankgesellschaft habe der Ausgleichskasse versehentlich das Einkommen angegeben, das er erzielen würde, wenn er heute ohne bankfachliche Ausbildung zu arbeiten begänne. Gleichzeitig reichte er ein Schreiben der Bankgesellschaft ein, worin bestätigt wird, dass er im Anschluss an seine Ausbildung mit einem Jahresgehalt von Fr. 31'000.-- bis Fr. 32'000.-- rechnen kann. Die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich wies die Beschwerde im wesentlichen mit der Begründung ab, dass beim Einkommensvergleich vom üblichen Anfangslohn und nicht von dem im Anschluss an die Ausbildung zu erwartenden Lohn ausgegangen werden müsse. Demzufolge mache die Lohndifferenz BGE 106 V 147 S. 149 weniger als ein Viertel aus, weshalb praxisgemäss kein Anspruch auf Waisenrente bestehe (Entscheid vom 11. Mai 1979). C.- Daniel Schmid lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben mit dem Antrag, die Ausgleichskasse sei zu verpflichten, ihm vom 1. November 1978 bis zum 30. Juni 1980 eine Waisenrente auszurichten. Das von der Bankgesellschaft zunächst genannte Salär entspreche der Entlöhnung eines schulentlassenen, beruflich nicht ausgebildeten Maturanden. ohne Zusicherung einer weiteren, von der Arbeitgeberin zu gewährenden Berufsausbildung. Massgebend für die Beurteilung des Anspruchs auf die Waisenrente sei indessen der ortsübliche Anfangslohn eines voll ausgebildeten Erwerbstätigen, somit der von der Arbeitgeberin für die Zeit nach Abschluss des Praktikums in Aussicht gestellte Lohn von Fr. 31'000.-- bis Fr. 32'000.-- im Jahr. Während sich die Ausgleichskasse eines Antrages enthält, schliesst das Bundesamt für Sozialversicherung auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Es vertritt die Auffassung, dass der Rentenansprecher im Rahmen der Ausnahmebestimmung, wonach Waisenrenten über das 18. Altersjahr hinaus ausgerichtet werden könnten, nur dann als in Ausbildung begriffen erachtet werden könne, wenn er nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt selber zu bestreiten... Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Der Anspruch auf Waisenrente erlischt mit Ablauf des Monats, in welchem der Anspruchsberechtigte das 18. Altersjahr vollendet. Ist die Waise noch in Ausbildung begriffen, so dauert der Anspruch bis zum Abschluss der Ausbildung, längstens aber bis zum vollendeten 25. Altersjahr ( Art. 25 Abs. 2 AHVG ). Als in Ausbildung begriffen gelten Waisen, die während einer bestimmten Zeit Schulen oder Kurse besuchen oder der beruflichen Ausbildung obliegen. Unter beruflicher Ausbildung ist jede Tätigkeit zu verstehen, welche die systematische Vorbereitung auf eine künftige Erwerbstätigkeit zum Ziel hat und während welcher die Waise mit Rücksicht auf den vorherrschenden Ausbildungscharakter ein wesentlich geringeres Erwerbseinkommen erzielt, als ein Erwerbstätiger mit abgeschlossener Berufsbildung BGE 106 V 147 S. 150 orts- und branchenüblich erzielen würde. Das Arbeitsentgelt gilt dann als wesentlich geringer als dasjenige eines Vollausgebildeten, wenn es nach Abzug der besonderen Ausbildungskosten um mehr als 25% unter dem ortsüblichen Anfangslohn für voll ausgebildete Erwerbstätige der entsprechenden Branche liegt ( BGE 104 V 67 mit Hinweisen). 2. a) Der Bestätigung der Schweizerischen Bankgesellschaft vom 14. Dezember 1978 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer als "Allround-Praktikant" angestellt ist und in Form einer 18 Monate dauernden Ausbildung in die verschiedenen Abteilungen der Bank eingeführt wird. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz kann im Hinblick darauf, dass er in der vorangegangenen Zeit das Gymnasium besucht hat, davon ausgegangen werden, dass das Bankpraktikum die systematische Vorbereitung auf die künftige Erwerbstätigkeit zum Ziele hat und der Ausbildungscharakter der Anstellung im Vordergrund steht. Zu prüfen bleibt, ob das Erwerbseinkommen zufolge des vorherrschenden Ausbildungscharakters um mehr als 25% unter dem Einkommen liegt, wie es ein Erwerbstätiger mit abgeschlossener Berufsbildung der gleichen Art orts- und branchenüblich erzielen würde. b) Der Beschwerdeführer bezieht während der Ausbildung ein Jahressalär von Fr. 22'750.--. Demgegenüber beträgt nach den Angaben der Arbeitgeberin der "Anfangslohn eines gleichwertig ausgebildeten Angestellten" rund Fr. 27'000.-- und der Lohn im Anschluss an die vom Beschwerdeführer gewählte Ausbildung Fr. 31'000.-- bis Fr. 32'000.-- im Jahr. Die Vorinstanz erachtet den Betrag von Fr. 27'000.-- als massgebend mit der Begründung, dass auf den Anfangslohn eines gleichwertig ausgebildeten Angestellten und nicht auf den Lohn abzustellen sei, welchen der Beschwerdeführer im Anschluss an seine Ausbildung beziehen werde. Sie geht dabei von einer unzutreffenden tatsächlichen Annahme aus, denn die erste Bestätigung der Arbeitgeberin ist richtigerweise so zu verstehen, dass es sich beim angegebenen Lohn um denjenigen eines beruflich nicht ausgebildeten Maturanden bei sofortiger Arbeitsaufnahme handelt. Entscheidend ist indessen der Anfangslohn eines Erwerbstätigen mit abgeschlossener gleichwertiger Berufsausbildung, somit das Einkommen, welches der Beschwerdeführer als beruflich Vollausgebildeter erzielen würde. Dabei ist im Sinne der vorinstanzlichen Erwägungen nicht auf das Erwerbseinkommen BGE 106 V 147 S. 151 abzustellen, welches der Beschwerdeführer nach Abschluss der Ausbildung voraussichtlich erzielen wird, sondern auf das Einkommen, welches er heute als Vollausgebildeter orts- und branchenüblich erzielen würde. Bei dem von der Arbeitgeberin angegebenen Einkommen von Fr. 31'000.-- bis Fr. 32'000.-- scheint es sich um das Einkommen zu handeln, welches der Beschwerdeführer nach Abschluss der Ausbildung voraussichtlich erzielen wird. Im Hinblick auf die Ausbildungsdauer von lediglich 1 1/2 Jahren und die weitgehend stabilen Lohnverhältnisse im massgebenden Zeitraum ist indessen anzunehmen, dass sich der heutige Anfangslohn bei abgeschlossener Ausbildung der gleichen Art hievon nur unwesentlich unterscheidet. Damit steht fest, dass das effektive Einkommen um mehr als 25% unter dem massgebenden Anfangslohn bei abgeschlossener Ausbildung liegt. 3. a) Das Bundesamt für Sozialversicherung vertritt die Auffassung, der Waisenrentenanspruch habe schon deshalb zu entfallen, weil der Beschwerdeführer während der Ausbildung einen Lohn beziehe, welcher den vollen Lebensunterhalt decke. Es geht davon aus, dass nach Art. 276 Abs. 3 ZGB die Eltern von der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind in dem Masse befreit sind, als dem Kind zugemutet werden kann, den Unterhalt aus seinem Erwerb oder aus andern Mitteln zu bestreiten. Bei der Auslegung der Bestimmung, wonach Waisenrenten über das 18. Altersjahr hinaus an Kinder in Ausbildung ausgerichtet werden könnten, dürfe aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Zweck der Renten darin bestehe, den ausfallenden Elternunterhalt zu ersetzen. Waisenrenten könnten daher nicht unabhängig davon ausgerichtet werden, ob die Waise mit dem während der Ausbildung erzielten Lohn für sich aufkommen könne oder nicht. b) Dem Bundesamt für Sozialversicherung ist darin beizupflichten, dass die Waisenrente einen zumindest teilweisen Ausgleich für entgangenen Unterhalt bezweckt und dass die zivilrechtlichen Regeln über die Unterhaltspflicht nicht unbeachtet bleiben können (EVGE 1966 S. 91; vgl. auch BGE 97 V 178 sowie ZAK 1975 S. 523). Dies bedeutet indessen nicht, dass der Rentenanspruch davon abhängig zu machen wäre, dass im Einzelfall tatsächlich eine Unterhaltspflicht bestanden hat. Das Bundesamt räumt denn auch ein, dass es nach der gesetzlichen Regelung unerheblich ist, ob die Waisenrente für das noch BGE 106 V 147 S. 152 nicht 18jährige Kind den Elternunterhalt ersetzt oder nicht. Etwas anderes sieht das Gesetz für die in Ausbildung stehenden Waisen nach vollendetem 18. Altersjahr nicht vor. Der Gesetzgeber hat auch anlässlich der Gesetzesnovelle vom 19. Dezember 1963 (6. AHV-Revision), mit welcher die Altersgrenze für den Rentenanspruch vom vollendeten 20. auf das vollendete 25. Altersjahr heraufgesetzt wurde, davon abgesehen, den Anspruch mit der Voraussetzung zu verbinden, dass die elterliche Unterhaltspflicht bei Eintreten des Versicherungsfalles weiterbesteht. Für den Anspruch auf Waisenrente ist demnach unerheblich, ob der Rentenansprecher ein Arbeitsentgelt bezieht, welches die Eltern von der Unterhaltspflicht teilweise oder ganz befreit. In diesem Sinne hat das Eidg. Versicherungsgericht bereits im Urteil vom 2. November 1959 i.S. Bregenzer (EVGE 1959 S. 248) entschieden. Es stellte sich dabei auf den Standpunkt, dass es nicht darauf ankommen könne, ob das Arbeitsentgelt den Lebensunterhalt des Rentenberechtigten zu decken vermöge, da Studierende und Werktätige, die für sich selber sorgten, versicherungsrechtlich nicht schlechter gestellt werden dürften als andere Versicherte, die - etwa weil sie über eigenes Vermögen verfügen oder von Verwandten unterhalten werden - während der Dauer der Ausbildung nicht auf erwerblichen Verdienst angewiesen seien. An diesen in EVGE 1960 S. 112 bestätigten Überlegungen haben weder die auf den 1. Januar 1964 in Kraft getretene neue Fassung von Art. 25 Abs. 2 Satz 2 AHVG noch die Neuregelung der elterlichen Unterhaltspflicht gemäss der auf den 1. Januar 1978 in Kraft getretenen Novelle zum Zivilgesetzbuch etwas geändert. Dass die Eltern von der Unterhaltspflicht befreit sind, soweit dem Kind zugemutet werden kann, den Unterhalt aus seinem Erwerb oder aus andern Mitteln zu bestreiten, galt praxisgemäss schon vor Inkrafttreten des neuen Art. 276 Abs. 3 ZGB (vgl. BGE 54 II 342 , BGE 71 IV 203 /204). Unerheblich ist dabei, ob das Kind das 18. Altersjahr zurückgelegt hat oder nicht, weshalb sich auch unter diesem Gesichtspunkt keine unterschiedliche Beurteilung des Rentenanspruchs rechtfertigen lässt. c) Dem Einwand des Bundesamtes für Sozialversicherung, wonach die geltende Praxis zu unbefriedigenden und stossenden Ergebnissen führe, indem die Rente auch Waisen ausgerichtet werden müsse, die über ein hohes, den Lebensunterhalt ohne weiteres deckendes Einkommen verfügten, ist entgegenzuhalten, BGE 106 V 147 S. 153 dass die ordentlichen Renten der AHV durchwegs ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des Rentenbezügers gewährt werden. Dass im Einzelfall kein wirtschaftliches Bedürfnis nach der Rente besteht, vermag daher eine gegenüber der bisherigen Praxis einschränkende Auslegung der Gesetzesbestimmung nicht zu begründen. Es ist Sache des Gesetzgebers, eine andere Regelung zu treffen, falls dies aus sozialpolitischen Gründen als notwendig erachtet werden sollte. 4. Nach dem Gesagten steht der Umstand, dass der Beschwerdeführer während der Ausbildung ein Erwerbseinkommen erzielt, mit welchem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, dem Bezug der Waisenrente nicht entgegen. Da er eine ausbildungsbedingte Einkommenseinbusse von mehr als 25% erleidet und auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, steht ihm grundsätzlich eine Rente zu. Diese ist von der Ausgleichskasse verfügungsweise festzusetzen.
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Sachverhalt ab Seite 125 BGE 121 V 125 S. 125 A.- S. (geboren 1966) arbeitete bis Ende Februar 1989, damals noch ledig, als Bäckerin/Konditorin. Am 1. April 1989 trat sie eine Stelle als Schaustellerin im Betrieb von E., ihrer späteren Schwiegermutter, an. Über diese Arbeitgeberin war sie bei der Allianz Continentale, Allgemeine Versicherungs AG (nachfolgend: Continentale), obligatorisch gegen Betriebs- und Nichtbetriebsunfälle versichert. Am 18. April 1989 verunfallte S. beim Standaufbau, als eine rund 600 kg schwere Holzkiste von einem Gabelstapler kippte. Dabei zog sie sich ein Kontusionstrauma des linken Beines zu. Im BGE 121 V 125 S. 126 August 1989 heiratete sie den Sohn ihrer Arbeitgeberin. Die Continentale zog zur Ermittlung des versicherten Taggeldes die AHV-Lohnabrechnung der Arbeitgeberfirma für das Jahr 1989 bei, worin für S. für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember ein Bruttolohn von Fr. 9'240.-- ausgewiesen war. Diesen Verdienst rechnete die Continentale auf ein ganzes Jahr um (Fr. 12'320.--) und setzte das Taggeld auf Fr. 27.-- fest (= Fr. 12'320.-- : 365 x 80%), was sie der Versicherten mit Verfügung vom 3. Februar 1992 eröffnete. Diese Verfügung wurde mit Einspracheentscheid vom 11. März 1992 bestätigt. B.- S. liess Beschwerde erheben und die Festsetzung des Taggeldes ausgehend von einem jährlichen Einkommen in der Höhe von Fr. 34'768.20, eventualiter vom orts- und berufsüblichen Lohn einer Schaustellerin beantragen. Subeventuell forderte sie die Ausrichtung eines auf einem angemessenen Durchschnittslohn basierenden Taggeldes gemäss Art. 23 Abs. 3 UVV . Das angerufene Versicherungsgericht des Kantons Aargau qualifizierte die Versicherte als "mitarbeitendes Familienglied" im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV und hiess die Beschwerde deshalb in dem Sinne gut, dass der Einspracheentscheid aufgehoben und die Sache an die Continentale zurückgewiesen wurde, damit diese, nach Ermittlung des orts- und berufsüblichen Lohnes als Schaustellerin, über den Taggeldanspruch neu verfüge (Entscheid vom 23. November 1992). C.- Gegen diesen Entscheid erhebt die Continentale Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt dessen Aufhebung und die Wiederherstellung der Verfügung bzw. des Einspracheentscheides. S. beantragt in ihrer Vernehmlassung die unentgeltliche Verbeiständung im Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht sowie die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst in seiner Stellungnahme sinngemäss mit dem Begehren auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. ... c) Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zugrunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm BGE 121 V 125 S. 127 im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben ( BGE 119 Ia 248 Erw. 7a, BGE 119 II 151 Erw. 3b, 355 Erw. 5, BGE 119 V 126 Erw. 4, 204 Erw. 5c, 274 Erw. 3a, 429 Erw. 5a, BGE 118 Ib 191 Erw. 5a, 452 Erw. 3c, 555 Erw. 4d, BGE 118 II 342 Erw. 3e, je mit Hinweisen; IMBODEN/RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 21 B IV). aa) Die Verordnung spricht von mitarbeitenden "Familiengliedern", "les membres de la famille" de l'employeur travaillant dans l'entreprise und "i familiari" del datore di lavoro collaboranti nell'azienda. Bei der Frage, welcher Gehalt diesen Begriffen zukommt, ist der Grundsatz zu beachten, dass das Familienrecht (und mithin seine Regelung über das Verlöbnis [ Art. 90-95 ZGB ]) eine Ordnung darstellt, die von der Sozialversicherung vorausgesetzt wird und dieser daher grundsätzlich vorgeht. Dabei entspricht es konstanter Rechtsprechung, dass der Gesetzgeber, wenn er im Sozialversicherungsrecht Regelungen mit Anknüpfung an familienrechtliche Sachverhalte (beispielsweise an der Ehe, der Verwandtschaft oder der Vormundschaft) trifft, von ihrer Bedeutung her, vorbehältlich gegenteiliger Anordnung, diejenigen Institute - und nur diese - im Blickfeld hat, die das Familienrecht kennt ( BGE 119 V 429 Erw. 5b und 430 Erw. 6, BGE 117 V 292 Erw. 3c, BGE 112 V 102 Erw. 2b, BGE 102 V 37 mit Hinweisen). bb) Anknüpfungen an familienrechtliche Begriffe kommen im Sozialversicherungsrecht ausserordentlich häufig vor (vgl. hiezu RIEMER, Berührungspunkte zwischen Sozialversicherungs- und Privatrecht, insbesondere die Bedeutung des Privatrechts bei der Auslegung des Sozialversicherungsrechtes durch das EVG, in Sozialversicherungsrecht im Wandel, Festschrift 75 Jahre EVG, Bern 1992, S. 147 ff.). Der Begriff "Familienglied" findet sich in Erlassen nahezu aller Sparten der Sozialversicherung (vgl. z.B. Art. 3 Abs. 2 lit. d AHVG , Art. 5 Abs. 3 AHVG , Art. 14 AHVV [diese Bestimmungen sind über die Verweisnorm in Art. 2 IVG teilweise auch in der Invalidenversicherung gültig], Art. 9 ELV , Art. 1 Abs. 1 lit. e BVV2, Art. 4 Abs. 1 UVG , Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV , Art. 1 Abs. 2 FLG , Art. 3 Abs. 1 FLV , Art. 2 Abs. 2 lit. b AVIG ). Die französische BGE 121 V 125 S. 128 Fassung dieser Gesetzesartikel spricht einheitlich von "membres de la famille", in ihrer italienischen Fassung findet sich neben dem Begriff "familiari" auch jener der "membri della famiglia". Im Krankenversicherungsrecht werden Ausdrücke wie "Familienangehörige", "des familles" und "appartenendo alla famiglia" verwendet (vgl. z.B. Art. 6bis Abs. 3 KUVG , Art. 7 Abs. 1 lit. c KUVG ). Wen der Begriff konkret anspricht, lässt sich den Bestimmungen nicht entnehmen; vereinzelt (etwa in Art. 1 Abs. 2 lit. a und b FLG ) werden - eigentlich zur Familie gehörende - Personen(gruppen) davon ausgenommen. cc) Das Eidg. Versicherungsgericht hat dem erwähnten (Erw. 2c/aa) Grundsatz, wonach das Familienrecht für das Sozialversicherungsrecht Voraussetzung ist und diesem daher - vorbehältlich anderer Regelung - grundsätzlich vorgeht, in seiner Rechtsprechung stets Rechnung getragen ( BGE 119 V 491 Erw. 4, BGE 118 V 32 Erw. 4b, BGE 116 V 237 Erw. 4a, BGE 115 V 13 Erw. 3a, BGE 115 V 320 Erw. 1b). Hievon abzuweichen besteht vorliegendenfalls kein Anlass. Der Begriff "Familie" kann familienrechtlich enger oder weiter verstanden werden, beispielsweise im Sinne einer Kleinfamilie (bestehend aus Ehefrau, Ehemann und ihren Kindern im gemeinsamen Haushalt) oder, ganz anders, im Sinne der Sippe (bestehend aus einer eine Vielzahl solcher Kleinfamilien umfassenden Gruppe von Menschen mit gemeinsamer Abstammung [Verwandtschaft, Schwägerschaft]). Das ZGB regelt die Familie über das ihre Grundlage bildende Element der Ehe und das diese erweiternde Element der Verwandtschaft, welche sich insbesondere im Hinzutreten von gemeinsamen Kindern (allenfalls Adoptions- und Pflegekindern) in den Haushalt der Ehegatten verwirklicht (TUOR/SCHNYDER, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 10. Aufl., Zürich 1986, S. 141; MAHON, Kommentar BV, Art. 34quinquies, N. 35 ff.; LÜCHINGER, Begriff und Bedeutung der Familie im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1987, S. 3). Die eheähnliche Lebensgemeinschaft, das Konkubinat, ist im ZGB nicht geregelt. Sie wird, sofern aus ihr Kinder hervorgegangen sind, einzig über das Kindesverhältnis familienrechtlich erfasst. Das Kindesverhältnis aber ist, wegen der fehlenden Ehe der Eltern, kein gemeinschaftliches (LÜCHINGER, a.a.O., S. 13). Indessen findet sich das Verlöbnis im ZGB geregelt. Nach schweizerischer Rechtsauffassung stellt es einen familienrechtlichen Konsensualvertrag dar, welcher allerdings keinen einklagbaren Anspruch auf Erfüllung, also auf den Abschluss der Ehe einräumt, immerhin aber einen "rapport quasi familial" begründet BGE 121 V 125 S. 129 (TUOR/SCHNYDER, a.a.O., S. 143 ff., DESCHENAUX/TERCIER, Le mariage et le divorce, 3. Aufl., Bern 1985, S. 33 f.). Abgesehen von gewissen prozessrechtlichen Folgen (z.B. Ausschliessungsgrund [Art. 22 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 OG ], Zeugnisverweigerungsgrund [ Art. 75 BStP ], Amtshandlungsverbot [ Art. 10 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG ]) entfaltet das Verlöbnis rechtsverbindliche Wirkungen - nach unumstrittener Auffassung und nur unter bestimmten Voraussetzungen - lediglich für den Fall, dass es gebrochen wird. Es zielt zwar auf den Eheschluss ab, stellt aber insbesondere keine Ehe dar und kann für sich allein nicht als Familie bezeichnet werden (LÜCHINGER, a.a.O., S. 14). dd) Seitens des Familienrechts ist nach dem Gesagten für den Begriff "Familie" der formelle Eheschluss qualitativ entscheidend, sei es, um sie selbst zu begründen, sei es, um verwandtschaftlich rechtsverbindliche Beziehungen zu ihr zu knüpfen. Mit diesem familienrechtlichen Gehalt ist der Familienbegriff für das Sozialversicherungsrecht vorausgesetzt und für dieses - immer vorbehältlich anderslautender Regelung - verbindlich. Findet im Sozialversicherungsrecht, wie eben beispielsweise im Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV ein dem Familienrecht entstammender Begriff ("Familienglieder", "les membres de la famille", "i familiari") Verwendung, kann bei dessen Auslegung der familienrechtliche Gehalt nicht unberücksichtigt bleiben. Deshalb geht es nicht an, eine mit einem Familienglied verlobte oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Person sozialversicherungsrechtlich als der Familie zugehörig zu betrachten, wenn dies in der anzuwendenden Regelung nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Der Auslegung zugänglich sind somit lediglich Fragen, welche den mit dem Begriff "Familienglieder", "les membres de la famille" bzw. "i familiari" abgedeckten Verwandtschafts- oder Verschwägerungsgrad betreffen, oder ob er beispielsweise auch Pflegekinder umfasst oder nicht. Eine solche Frage stellt sich indessen im vorliegenden Fall nicht. Da die Versicherte im Zeitpunkt des Versicherungsfalls weder als Konkubinatspartnerin noch als Verlobte ein Familienglied der Versicherungsnehmerin war, verbietet sich eine Anwendung von Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV . Dies führt zur entsprechenden Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Sachverhalt ab Seite 269 BGE 103 Ib 268 S. 269 A.- Die Wortmarke "RED & WHITE" wurde 1955 zugunsten der United Kingdom Tobaccco Ltd., London, in das schweizerische Register eingetragen. Sie ist für verarbeiteten und unverarbeiteten Tabak bestimmt. Im Jahre 1971 wurde sie auf die Philip Morris Inc., New York, übertragen. Diese Firma ersuchte im Oktober 1975 das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum, den Eintrag der Marke im Register zu erneuern. Das Amt vertrat die Auffassung, die Bezeichnung "RED & WHITE" sei beschreibender Art und daher nicht schutzfähig; die 1955 zu Unrecht eingetragene Marke könnte sich inzwischen zwar als Kennzeichen für Tabak im Verkehr durchgesetzt haben, was die Gesuchstellerin aber glaubhaft machen müsse, damit ihrem Antrag entsprochen werden könne. Da die Philip Morris Inc. sich dazu ausserstande erklärte, wies das Amt ihr Gesuch am 22. April 1977 gestützt auf Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG zurück. B.- Die Philip Morris Inc. führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben und das Amt anzuweisen, den Eintrag der Marke im Register zu erneuern. Das Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführerin bestreitet mit Recht nicht, dass das Amt die gesetzlichen Voraussetzungen der Eintragung bei deren Erneuerung wiederum zu prüfen hat ( Art. 8 Abs. 2 MSchG ; BGE 103 Ib 17 , BGE 70 I 299 ), und dass es dabei BGE 103 Ib 268 S. 270 auch von einer als unrichtig erkannten Praxis abgehen darf ( BGE 91 I 359 mit Hinweisen). 2. Nach Art. 3 Abs. 2 MSchG geniessen u.a. Zeichen, die als Gemeingut anzusehen sind, keinen gesetzlichen Schutz. Enthält eine Marke als wesentlichen Bestandteil ein solches Zeichen, so hat das Amt ihre Eintragung gemäss Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG denn auch zu verweigern. Als Gemeingut gelten insbesondere Hinweise auf die Herkunft, die Beschaffenheit oder den Zweck der Erzeugnisse, für welche die Marke bestimmt ist. Eine blosse Gedankenassoziation oder Anspielung auf die Ware machen ein Zeichen jedoch nicht zum Gemeingut. Die Bezeichnung muss vielmehr in einem so engen Zusammenhang mit der Ware stehen, dass der Sinn der Verbindung ohne besondere Denkarbeit oder Phantasie zu erkennen ist ( BGE 103 Ib 18 und dort angeführte Urteile). Diesfalls rechtfertigt sich eine Ausnahme nur, wenn die Marke in der Schweiz Verkehrsgeltung erlangt hat ( BGE 99 Ib 25 /6, BGE 93 II 431 , BGE 77 II 326 , was im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht wird. Das Amt beanstandete die Marke "RED & WHITE" zunächst, weil sie aus zwei Farbangaben (rot und weiss) besteht, die als Gemeingut zu betrachten seien. Es hielt der Beschwerdeführerin ferner entgegen, dass das Zeichen als Hinweis auf die äussere Aufmachung der Ware verstanden werden könne, folglich auch wegen seiner beschreibenden Art nicht geschützt werden dürfe. Im Beschwerdeverfahren versuchte das Amt seine Auffassung zudem mit dem Zusammenhang zwischen den Farbangaben und Eigenschaften unverarbeiteten Tabaks zu erhärten. Es führte insbesondere aus, in der Fachsprache werde nach dem 1967 in Mainz herausgegebenen "Tabaklexikon" die Bezeichnung "Red Tobacco" für ein luft- oder röhrengetrocknetes Blatt mit roter Färbung verwendet (S. 269). Bei anderen Tabaksorten, wie "White Burley", "White Mammoth" und "White Orinoco", werde mit der Farbe angedeutet, dass sie sich besonders für Zigaretten und hellen Rauchtabak eigneten (S. 380/81). Das Zeichen "RED & WHITE" könne deshalb auch als Hinweis auf eine Mischung von rotem und hellem Tabak ausgelegt werden. a) Richtig ist, dass Grundfarben schon wegen ihrer zahlenmässigen Beschränkung für den allgemeinen Gebrauch freizuhalten sind, also nicht monopolisiert werden dürfen. Farbkombinationen BGE 103 Ib 268 S. 271 können dagegen durchaus als Marken Schutz geniessen ( BGE 82 II 352 , BGE 58 II 453 ; TROLLER, Immaterialgüterrecht I, 2. Aufl. S. 551 Anm. 14; L. DAVID, Supplement zum MSchG-Kommentar S. 37). Hier geht es indes nicht um die Monopolisierung einer Grundfarbe oder einer Farbkombination, sondern um eine Wortmarke. Die Beschwerdeführerin verlangt einzig den Schutz der Bezeichnung "RED & WHITE", nicht der entsprechenden Farben. Zu beurteilen ist somit bloss, ob die Wortmarke für den Gebrauch auf Tabakwaren beschreibenden Charakter habe, wie das Amt behauptet, und deshalb als Gemeingut anzusehen sei. Die Bezeichnung "RED & WHITE" lässt sich ferner nicht schon deshalb als Beschaffenheitsangabe ausgeben, weil rot/weisse Zigaretten zwar etwas ausgefallen, aber durchaus denkbar seien. Gewiss mag ein Fabrikant auf den Gedanken kommen, Zigaretten mit zweifarbiger Umhüllung, z.B. mit rotem Mundstück und weissem Papier, herzustellen. Ob die Beschwerdeführerin dies beabsichtige, kann dahingestellt bleiben. Dass sich diesfalls eine gedankliche Verbindung zwischen der streitigen Marke und der äussern Aufmachung der Zigaretten ergäbe, macht den Ausdruck "RED & WHITE", den die Beschwerdeführerin als Marke für verarbeiteten und unverarbeiteten Tabak erneuern lassen will, nicht zur Sachbezeichnung. Der Ausdruck spielt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch dann nicht einmal entfernt auf Eigenschaften des Tabaks an, der in den Zigaretten enthalten ist. Es verhält sich vielmehr ähnlich wie bei der Pfeifentabak- bzw. Whisky-Marke "BLACK & WHITE", die sich als blosse Phantasiebezeichnungen im Verkehr durchgesetzt haben und vom kaufenden Publikum auch als solche aufgefasst werden. b) Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass die Angaben, welche das Amt dem "Tabaklexikon" entnommen hat, zwar "höchst technisch" sind, aber der Fachsprache in den USA entsprechen. Sie geht sodann mit dem Amt davon aus, dass die Zulässigkeit der Marke nach dem Sprachgebrauch in der Schweiz zu beurteilen ist. Massgebend hiefür ist die Auffassung der beteiligten Kreise, wozu insbesondere die Hersteller, Verkäufer und Endabnehmer gehören. Unter Umständen wird ein Wort schon dann zur Beschaffenheitsangabe, wenn es nur von einem bestimmten Kreis, z.B. nur von den Fachleuten allgemein zur Bezeichnung einer Eigenschaft oder Warenart BGE 103 Ib 268 S. 272 verwendet wird ( BGE 96 I 755 , BGE 96 II 240 , 251 und 261 mit Zitaten). Das Amt betrachtet diese Voraussetzung im vorliegenden Fall als erfüllt. Es beruft sich insbesondere auf Bestätigungen von drei Tabakfabriken, wonach die Bezeichnungen "Red Tobacco" und "White Tobacco" auch in schweizerischen Fachkreisen bekannt sind. Die Beschwerdeführerin hält diesen Bescheinigungen drei Schreiben anderer Fachleute der schweizerischen Tabakindustrie entgegen; darin wird das Gegenteil behauptet. Es erübrigt sich indes, darüber weitere Beweise zu erheben oder gar eine Expertise einzuholen. Das Amt bestreitet nicht, dass auch die Gewährspersonen der Beschwerdeführerin fachkundig und zuverlässig sind. Es ist deshalb anzunehmen, dass die besondere Bedeutung der dem "Tabaklexikon" entnommenen Ausdrücke in der Schweiz zwar gewissen Fachleuten, aber nicht allen Fachkreisen bekannt ist. Das müsste indes verlangt werden, wenn man schon über die Auffassung der Endverbraucher hinwegsehen will. Zurückhaltung ist umsomehr am Platz, als die streitige Marke die beiden Farbangaben verbindet. Die Verbindung könnte freilich als Hinweis auf eine Mischung von rot- und hellfarbigen Tabaken verstanden werden, wie das Amt unter Berufung auf eine Tabakfabrik geltend macht. Ob eine solche Mischung gebräuchlich ist oder doch so nahe liegt, dass die Marke zumindest beim Fachmann diesen Eindruck erweckt, ist den vom Amt eingereichten Belegen jedoch nicht zu entnehmen. 3. Eine andere Frage ist, ob die streitige Marke als unzulässig zu betrachten sei, weil sie auf die Farben der Verpackung hinweise. Das Amt erblickt darin sogar den Hauptgrund der Zurückweisung, zumal es sich um eine beliebte und auf Zigarettenpackungen häufig anzutreffende Farbkombination handle. Die Beschwerdeführerin bestreitet dies nicht, macht jedoch geltend, unter unzulässigen Beschaffenheitsangaben seien nur Hinweise auf die Ware selbst, nicht auch solche auf die Verpackung zu verstehen. a) Richtig ist, dass im schweizerischen Schrifttum Hinweise auf die Verpackung im allgemeinen nicht als schutzunfähig bezeichnet werden (TROLLER, a.a.O. I S. 347; H. DAVID, Kommentar zum MSchG S. 91). MATTER (Kommentar zum MSchG S. 68) spricht immerhin ausdrücklich von Eigenschaften BGE 103 Ib 268 S. 273 "des Erzeugnisses oder dessen Verpackung." Unzutreffend ist dagegen, dass das Bundesgericht stets bloss Hinweise auf die Ware selbst als unzulässig behandelt habe. Gewiss ist in seinen Urteilen meist nur von der Beschaffenheit der Ware oder des Erzeugnisses die Rede (vgl. statt vieler: BGE 101 Ib 15 , BGE 100 Ib 251 , BGE 99 II 402 , sowie die Urteile im Schweiz. Patent-, Muster- und Marken-Blatt (PMMBl) 1976 I S; 59, 1974 I S. 65). In all diesen Fällen stellte sich jedoch die Frage des blossen Hinweises auf die Verpackung gar nicht. Die Beschwerdeführerin vermag denn auch keine Urteile zu nennen, in welchen das Bundesgericht solche Hinweise ausdrücklich ausgenommen und als zulässig bezeichnet hätte. Das Amt stützt sich in der angefochtenen Verfügung auf BGE 61 II 385 , wo die Gestaltung einer Gaba-Dose als schutzunfähig erklärt worden ist. Es anerkennt in seiner Vernehmlassung, dass damit für die Beurteilung einer auf die Verpackung hinweisenden Wortmarke nichts gewonnen ist. Es kann sich dagegen mit einem gewissen Recht auf BGE 93 II 56 berufen, wo es um die Wortmarke "VAC" für Nahrungsmittel in luftleerer Verpackung ging; die Marke wurde indes ohne Rücksicht auf die Art der Verpackung zugelassen, weil sie nicht die unmittelbare Vorstellung eines Vacuums erweckte. Für die Auffassung des Amtes spricht ferner das Urteil des Bundesgerichtes vom 16. Mai 1967 über die Wortmarke "Gold Band" (PMMBl 1967 I S. 37). Nach diesem Entscheid bedarf es keiner besondern Phantasie, um von "Gold Band" auf eine äussere Aufmachung zu schliessen, weil Goldverzierungen auf Tabakwaren und deren Verpackung häufig vorkämen; die Marke bezeichne daher bloss ein für die gegebene Warenart charakteristisches gemeinfreies Ausstattungsmerkmal und sei nicht schutzfähig. Ähnlich verhält es sich nach einem Urteil vom 21. November 1975, in dem das Bundesgericht die Marke "3 x 3 pocket" abgelehnt hat, weil sie auf eine besondere Verpackungsart für Schokolade hinweise. In seiner Vernehmlassung beruft das Amt sich auch auf das deutsche Warenzeichengesetz (WZG), das in § 4 Ziff. 1 u.a. Zeichen aus Wörtern ausschliesst, "die Angaben über Art, Zeit und Ort der Herstellung, über die Beschaffenheit, über die Bestimmung, über Preis-, Mengen- oder Gewichtsverhältnisse der Waren enthalten". In Lehre und Rechtsprechung BGE 103 Ib 268 S. 274 werden Hinweise auf die Verpackung solchen Angaben gleichgestellt (BAUMBACH/HEFERMEHL, Warenzeichenrecht, 10. Aufl. N. 25 zu § 4, N. 52 zu § 1 WZG ; REIMER, Warenzeichengesetz, 4. Aufl. S. 65; BUSSE, Warenzeichengesetz, 4. Aufl. S. 123/4; VON GAMM, Warenzeichengesetz, S. 188 und 210; Entscheidungen des Bundespatentgerichtes vom 25. Oktober 1972 und vom 4. Juni 1931). Die Art. 3 Abs. 2 und 14 Ziff. 2 MSchG befassen sich nicht mit Einzelheiten, sondern verbieten ganz allgemein Zeichen, die Gemeingut sind oder zur Hauptsache aus solchem bestehen. Das erlaubt, den Begriff der Beschaffenheitsangabe auf die äussere Ausstattung der Ware und damit auf deren Verpackung auszudehnen. Dies gilt umsomehr, als viele Waren ohne Verpackung gar nicht in Verkehr gebracht werden können. Auch diesfalls ist aber zu beachten, dass nur als Gemeingut anzusehende Zeichen schutzunfähig sind, zwischen der Marke und der äusseren Aufmachung der Ware also eine sachliche Beziehung besteht, die ohne besondere Überlegungen ersichtlich ist. b) Bezüglich der äussern Ausstattung einer Ware ist zum vorneherein zu unterscheiden, ob eine Marke auf die graphische und farbliche Gestaltung oder bloss auf eine Art oder Form der Verpackung hinweist. Trifft letzteres zu, so leuchtet ein, dass ein Zeichen in der Regel als Gemeingut anzusehen ist und daher nicht als Marke geschützt werden darf. Dies gilt nicht nur für die vom Amt konstruierten Beispiele "Papiersack" und "Goldflasche", sondern überhaupt für Umhüllungen oder Behälter, in denen Waren angeboten werden. Der Grund dafür liegt darin, dass jedermann technisch einfache und billige Arten und Formen der Verpackung wählen darf, folglich nicht durch das Markenrecht daran gehindert werden soll, in der Werbung auf diese Vorteile Bezug zu nehmen ( BGE 103 II 215 E. 3a). Ein solches Freihaltebedürfnis besteht dagegen nicht, wenn es um die graphische oder farbliche Gestaltung der Verpackung geht, weil es dafür unzählige Möglichkeiten gibt. Diesfalls lässt sich meistens nicht einmal einigermassen verlässlich entscheiden, ob die Marke wirklich auf Farben oder eine Abbildung der Verpackung hinweise oder ob nicht gegenteils eine schlichte Phantasiebezeichnung vorliege. Darüber lässt sich im vorliegenden Fall ebenfalls nichts Sicheres aussagen. Immerhin ist die Bedeutung der Marke "RED & WHITE" BGE 103 Ib 268 S. 275 doch eher in ihrem eindrücklichen Wort- und Klangbild als in einem Hinweis auf die rot/weisse Packung zu suchen. Wollte man solche Anspielungen auf Farben oder Abbildungen der Verpackung genügen lassen, um eine Marke für unzulässig zu erklären, so ergäben sich oft Entscheide, die sachlicher Rechtfertigung entbehrten. Wer für Kaffee die Marke "Café Zaun" führt, macht diese nicht zu einer unstatthaften Beschaffenheitsangabe, wenn er auf der Packung einen Zaun abbildet; und wer für Tabakwaren die Phantasiebezeichnung "ROSA BIANCA" wählt, darf die Packung mit einem Muster weisser Rosen schmücken, ohne dass die Wortmarke damit beschreibend und Gemeingut im Sinne des Markenrechts wird. Die Marke "RED & WHITE" ist daher selbst dann nicht zu beanstanden, wenn die Zigarettenpackung der Beschwerdeführerin in rot und weiss gehalten ist. Die Mitbewerber werden durch die Wortmarke nicht gehindert, die gleiche Farbkombination zu verwenden, da der Schutz des Markenrechts sich auf das Zeichen beschränkt. Zu Bedenken besteht umsoweniger Anlass, als es sich zumindest um einen Grenzfall handelt und im Zweifel eher eine gewisse Zurückhaltung der Verwaltungsbehörde angezeigt ist, zumal im Streitfall die Überprüfung durch den Zivilrichter vorbehalten bleibt (TROLLER, a.a.O. S. 355; H. DAVID, a.a.O. S. 91 und 227; MATTER, a.a.O. S. 60, 67 und 175).
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Erwägungen ab Seite 609 BGE 116 II 609 S. 609 Erwägungen: 1. a) Mit Verfügung vom 23. Mai 1990 verweigerte das Bundesamt für geistiges Eigentum der Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG die Eintragung der Wortmarke "FIORETTO" für Kakao, kakaohaltige Nährmittel, Schokolade, Pralinen mit Füllungen, Confiseriewaren mit Füllungen, Marzipan und Nussprodukte sowie Zucker- und Süsswaren. Die Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG hat gegen diese Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, sie aufzuheben und die Marke zur Eintragung zuzulassen. Das Amt schliesst auf Abweisung der Beschwerde. BGE 116 II 609 S. 610 b) Das Amt begründet die Ablehnung des Eintragungsgesuchs damit, "FIORETTO" bedeute in italienischer Sprache "Blümchen" und stelle daher eine beschreibende Angabe bezüglich der Warenform dar. Die Beschwerdeführerin wendet demgegenüber ein, in der italienischen Sprache sei die Hauptbedeutung des Wortes "fioretto" nicht "Blümchen", sondern "Florett" im Sinne einer Fechtwaffe; sodann könne die Marke jedenfalls für Flüssigkeiten und Schüttgüter wie Kakao nicht beschreibend sein; zudem bestehe kein Freihaltbedürfnis für Waren oder Verpackungen in Blumenform; schliesslich werde der Ausdruck "FIORETTO" nicht mit Waren von solcher Form in Verbindung gebracht. c) Gemäss Art. 3 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG ist eine Marke nicht zu schützen, ihre Eintragung folglich zu verweigern, wenn sie im wesentlichen aus einem Zeichen besteht, das als Gemeingut anzusehen ist. Als Gemeingut im Sinne dieser Bestimmungen gelten insbesondere Hinweise auf Eigenschaften, die Beschaffenheit oder die Zusammensetzung, die Zweckbestimmung oder die Wirkung der Erzeugnisse, für welche die Marke bestimmt ist. Blosse Gedankenassoziationen oder Anspielungen, die nur entfernt auf die Ware hindeuten, genügen dafür aber nicht; wenn die Marke eine Sachbezeichnung aufweist, muss der gedankliche Zusammenhang mit der Ware vielmehr derart sein, dass ihr beschreibender Charakter ohne besondere Denkarbeit oder besonderen Aufwand an Phantasie zu erkennen ist ( BGE 114 II 373 mit Hinweisen). 2. a) Etymologisch ist "fioretto" das Diminutiv von "fiore". Es bedeutet herkunftsmässig "Blümchen" oder "Blümlein" (CORTELLAZO/ZOLLI, Dizionario etimologico della lingua italiana, Bd. 2 S. 438; D'ANNA/SINTESI, Dizionario italiano ragionato, S. 698; DEVOTO/OLI, Nuovo vocabulario illustrato della lingua italiana, Bd. 1 S. 1176; Il nuovo Zingarelli, 11. Aufl., S. 734). Unerheblich ist, dass "fioretto" im übertragenen Sinne für "Redewendung", "Koloratur", "kleines Opfer" verwendet wird oder auch "Florett", "Schaltstange", "Gesteinsbohrer" bedeuten kann. Hat ein Wort oder eine Wortverbindung mehrere Bedeutungen, so ist es von der Eintragung als Marke bereits dann ausgeschlossen, wenn nur eine von ihnen als Gemeingut im Sinne der erwähnten Praxis anzusehen ist (Urteil des Bundesgerichts vom 16. September 1986, PMMBl 1986 I 96). Zu prüfen bleibt daher einzig, ob dem Zeichen "FIORETTO" in der Bedeutung "Blümchen" beschreibender Charakter eignet. BGE 116 II 609 S. 611 b) Als Beschaffenheitsangaben, Sachbezeichnungen oder Deskriptivzeichen gelten Worte und Bilder, die ausschliesslich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die geeignet sind, im Verkehr die Art, Zusammensetzung, Qualität, Quantität, Bestimmung, den Gebrauchszweck, Wert, Ursprungsort und die Zeit der Herstellung von Waren anzugeben, auf die sie sich beziehen (TROLLER, Immaterialgüterrecht, 3. Aufl., Bd. I S. 292). Nach Rechtsprechung und Literatur sind auch Angaben zu Form, Verpackung oder Ausstattung unzulässig, wenn sie Elemente aufnehmen, die bei diesen Waren allgemein üblich sind, oder damit auf verwendungsmässige Vorteile hingewiesen wird ( BGE 106 II 246 E. 2; EUGEN MARBACH, Die eintragungsfähige Marke, Diss. Bern 1984, S. 55). So bezeichnete das Bundesgericht die Wortmarken "Zöpfli" für spiralförmige Teigwaren ( BGE 87 I 145 ), "GOLD BAND" für Tabakwaren (PMMBl 1967 I 37) sowie "3 x 3 pocket" und "FLIP-TOP" für Schokolade bzw. Zigaretten wegen des Hinweises auf die besondere Verpackungsart als beschreibend (PMMBl 1976 I 26, 1981 I 94). Dagegen erachtete es die Marken "Schwarzkopf" für kosmetische Artikel ( BGE 90 II 263 E. 2), "BLACK & WHITE" für Tabakwaren und Getränke, nicht aber für Kleidungsstücke (PMMBl 1980 I 61), "RED & WHITE" für Tabakwaren ( BGE 103 Ib 268 ) und "Rotring" für Werkzeuge ( BGE 106 II 246 E. 2) als zulässig. Auch die Marke "LILIPUT" hielt es nicht für beschreibend, weil dieser auf die Kleinheit der Ware hindeutende Ausdruck nicht einer bestehenden Sprache entstamme, sondern eine auf blosser Phantasie beruhende Lautartikulation darstelle ( BGE 79 II 101 E. 2). c) Zucker- und Süsswaren, insbesondere Bonbons, sind auf dem Markt in den verschiedensten Formen erhältlich, etwa als Nachbildungen von Tieren ("Gummibärchen"), Früchten, Blumen, Gebrauchsartikeln oder als geometrische Figuren (Kugeln, Würfel). Marzipanprodukte werden oft in Form von naturgetreu wiedergegebenen, verkleinerten Früchten oder von Gemüse verkauft. Für Waren dieser Art sind die gewählten Formen nicht vorgegeben, sondern sie stellen Nachahmungen oder reine Phantasiegebilde dar. Wird auf eine solche unter funktionellen Gesichtspunkten frei gewählte Form mit einer Wortmarke Bezug genommen, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass sie damit beschreibenden Charakter erhält. Zusätzlich ist vielmehr erforderlich, dass das Zeichen nach dem Verständnis des kaufenden Publikums als BGE 116 II 609 S. 612 Beschaffenheitsangabe aufgefasst wird, ohne dass es dafür besonderer Überlegungen oder Phantasie bedarf. Zudem ist für die Eintragungsfähigkeit allein entscheidend, wie die Marke hinterlegt wird, nicht aber, wie sie oder die Ware tatsächlich auf dem Markt in Erscheinung tritt ( BGE 106 II 247 E. 2b). Die Eintragung der Marke "GOLD BAND" für Tabakwaren wurde vom Bundesgericht abgelehnt, weil sie auf ein Ausstattungsmerkmal hinweise, das für diese Warenkategorie charakteristisch sei (PMMBl 1967 I 37). Dass die Blumenform für Süsswaren in diesem Sinne charakteristisch und typisch ist, trifft angesichts der Formenvielfalt des Marktes nicht zu. Zweifellos ginge es nicht an, jede Wortmarke für Süssigkeiten, die auf eine bestimmte Form Bezug nimmt, wegen beschreibenden Charakters vom Markenschutz auszunehmen. Es verhält sich hier nicht anders als bei der Wortmarke "RED & WHITE" für Tabakwaren, die selbst dann nicht zur Sachbezeichnung wird, wenn die Zigaretten in rot/weisser Aufmachung vertrieben werden ( BGE 103 Ib 271 ). Der entscheidende Unterschied zum Urteil betreffend "GOLD BAND" liegt sodann darin, dass mit diesem Zeichen auf ein für die entsprechende Warenkategorie charakteristisches und auch vom Gesichtspunkt des Käufers aus kennzeichnendes Ausstattungselement hingewiesen werden sollte, wogegen die Farbkombination rot/weiss keine warenspezifischen Assoziationen weckt. Das gleiche gilt aber für die Wortmarke "FIORETTO". Blumenformen und Blumenmuster kommen nicht bloss bei der beanspruchten Warenkategorie vor, sondern sie stellen ein allgemein verbreitetes und beliebtes Form- und Ausstattungselement für Erzeugnisse verschiedenster Art dar (Stoffe, Tapeten, Geschirr usw.). Die Marke "FIORETTO" weist somit bezüglich jener Waren, für die sie bestimmt ist, keinen beschreibenden Charakter im Sinne von Art. 3 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG auf. Die Blumenform wird deshalb durch Gewährung des Markenschutzes nicht monopolisiert. Da es allein auf die Hinterlegung und nicht auf den Gebrauch ankommt, braucht zudem nicht geprüft zu werden, ob die Beschwerdeführerin überhaupt beabsichtigt, Süsswaren in Blumenform auf den Markt zu bringen. d) Nicht anders verhält es sich hinsichtlich der Verpackung. Zwar können auch Hinweise auf die Verpackung ihres beschreibenden Charakters wegen unzulässig sein, sofern zwischen der Marke und der äusseren Aufmachung der Ware ein Bezug besteht, der ohne besondere Überlegungen zu erkennen ist. Es muss aber BGE 116 II 609 S. 613 unterschieden werden, ob eine Marke auf die grafische und farbliche Gestaltung oder auf die Art oder Form der Verpackung hinweist. Trifft letzteres zu, ist ein Zeichen in der Regel als Gemeingut anzusehen, da jedenfalls technisch einfache und billige Verpackungsformen freizuhalten sind und die Marktteilnehmer durch das Markenrecht nicht daran gehindert werden sollen, auf technische oder preisliche Vorteile der Verpackung hinzuweisen ( BGE 106 II 246 /7, 103 Ib 274 mit Hinweis; PMMBl 1981 I 95). Ein solches Freihaltebedürfnis fehlt dagegen im allgemeinen, wenn es um die grafische oder farbliche Gestaltung einer Verpackung geht; denn dafür stehen zahlreiche Möglichkeiten offen. Das Bundesgericht hat denn auch in BGE 103 Ib 275 darauf hingewiesen, dass beispielsweise die Wortmarke "ROSA BIANCA" nicht schon dann zum Deskriptivzeichen wird, wenn die Warenverpackung mit einem Muster weisser Rosen geschmückt wird. Daran ist auch im vorliegenden Fall anzuknüpfen. Die Marke "FIORETTO" führt nicht zur Monopolisierung der Verwendung eines Blumenmusters auf Warenverpackungen, da sich der Markenschutz auf das Zeichen beschränkt. Dass Blumenmuster für Schokolade- und Pralinenverpackungen verbreitet sind, ändert an der Schutzfähigkeit der Marke nichts, sind solche Muster doch nicht bloss für diese Warenkategorie charakteristisch und typisch. Nur in diesem Fall wäre ein der Eintragung entgegenstehender Bezug zwischen Ware und Verpackung zu bejahen. Für das Zeichen "FIORETTO" gilt jedoch hinsichtlich der grafischen Gestaltung der Verpackung das für die Warenform Gesagte; die Bezugnahme auf das Blumenmuster ist nicht warenspezifisch und damit nicht beschreibend im Sinne des Markenrechts.
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Sachverhalt ab Seite 214 BGE 86 II 213 S. 214 A.- Der Giessereiarbeiter R. in T., der seit dem 15. September 1955 verwitwet ist, hat vier Kinder: Max, geb. 1943, Franz, geb. 1944, Robert, geb. 1945 und Charlotte, geb. 1949. Die Knaben befanden sich nach dem Tode der Mutter längere Zeit im staatlichen Erziehungsheim L., während das Mädchen bei den Grosseltern väterlicherseits untergebracht ist. Nachdem Max und Franz im Frühling 1959 aus der Schule entlassen worden waren, brachte R. alle drei Knaben (auch den noch schulpflichtigen Robert) in Stellen im Welschland unter. Im August 1959 telephonierte der Jugendfürsorger von Yverdon und Umgebung den Gemeindebehörden von T., die beiden Knaben Franz und Robert seien bei einem Landwirt "versorgt" und "möchten dort weg"; Franz möchte eine Lehre antreten, doch verweigere ihm dies sein Vater; die Knaben müssten den ganzen Tag schwer arbeiten und sähen keine Zukunft. Offenbar auf eine Erkundigung hin teilte der Vorsteher des Erziehungsheims L. der Vormundschaftsbehörde T. mit Schreiben vom 15. September 1959 u.a. mit, die Knaben Max und Franz hätten nach dem Schulaustritt einen Beruf erlernen wollen, wozu sie nach dem Ergebnis der Prüfung durch die Berufsberatungsstelle auch fähig gewesen seien; in Zusammenarbeit mit Postverwalter-Stellvertreter H. und der Fabrikfürsorgerin S. seien Lösungen gefunden worden, die für R. auch finanziell tragbar gewesen seien; dieser habe aber alle Vorschläge abgelehnt und Max und Robert bei Bauern, Franz in einem Bierdepot untergebracht. (Nach andern Angaben, auf welche die Vorinstanz in diesem Punkte abstellt, brachte R. schliesslich auch Franz bei einem Bauern unter.) B.- Die Vormundschaftsbehörde eröffnete R. am 15. Oktober 1959 die eingegangenen Berichte und suchte ihn von der Bedeutung einer Berufslehre für seine Söhne zu überzeugen. Schliesslich erklärte sich R. damit einverstanden, die Knaben einen Beruf erlernen zu lassen und die Ratschläge H.s anzunehmen. Er hielt jedoch sein BGE 86 II 213 S. 215 Versprechen nicht. Als er deswegen auf den 3. Dezember 1959 zu einer Aussprache vor den Oberamtmann von Olten-Gösgen geladen wurde, erschien er nicht. Die Vormundschaftsbehörde beschloss darauf am 3. Dezember 1959, für die vier Kinder eine "Aufsichtsbeistandschaft im Sinne von Art. 283 ZGB " zu errichten. Hiegegen beschwerte sich R. beim Oberamtmann. Da die darauf folgenden Verhandlungen wiederum ergebnislos verliefen, wies der Oberamtmann die Vormundschaftsbehörde an, R. zu einer Verhandlung im Sinne von § 92 des solothurnischen Einführungsgesetzes zum ZGB (wonach die Vormundschaftsbehörde vor der Entziehung der elterlichen Gewalt die "angeschuldigten Eltern" einzuvernehmen hat) vorzuladen. Diese fand am 28. Januar 1960 statt. Nachdem R. neuerdings alle konkreten Vorschläge für die Berufsausbildung seiner Söhne abgelehnt hatte, beschloss die Vormundschaftsbehörde gleichen Tags, ihm gemäss Art. 285 ZGB die elterliche Gewalt über seine vier Kinder zu entziehen. Am 8. April 1960 hat der Regierungsrat des Kantons Solothurn die Beschwerde R.s gegen diesen Entscheid abgewiesen. C.- Hierauf hat R. die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit den Anträgen: "1. Der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Solothurn vom 8. April 1960, sowie die Beschlüsse der Vormundschaftsbehörde T. vom 3. Dezember 1959 (Errichtung einer Beistandschaft) und vom 28. Januar 1960 (Entzug der elterlichen Gewalt) seien aufzuheben. 2. Der Entzug der elterlichen Gewalt und die Errichtung der Beistandschaft seien aufzuheben. 3. Eventuell sei die Sache zur Ergänzung der tatbeständlichen Feststellungen und zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen." Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Soweit sich die Berufung gegen die Errichtung einer Beistandschaft für die Kinder richtet, ist darauf BGE 86 II 213 S. 216 schon deshalb nicht einzutreten, weil über diesen Punkt kein Entscheid der obern kantonalen Behörde im Sinne von Art. 48 OG vorliegt. Im übrigen ist der Beschluss über die Errichtung einer "Aufsichtsbeistandschaft im Sinne von Art. 283 ZGB " durch die nachher erfolgte Entziehung der elterlichen Gewalt implicite aufgehoben worden. 2. ... (Die Berufung ist rechtzeitig erklärt worden.) 3. - Unter Vorbehalt von Art. 60 OG , wonach eine Berufung unter Umständen ohne Einholung einer Antwort erledigt werden kann, wird nach Art. 61 OG die Berufungsschrift dem Berufungsbeklagten mitgeteilt und ist dieser befugt, binnen zwanzig Tagen eine Antwort einzureichen. Diese Vorschrift kann im vorliegenden Falle nicht angewendet werden, weil kein Berufungsbeklagter vorhanden ist. Bei der Entziehung der elterlichen Gewalt, für welche gemäss Art. 285 und 288 ZGB in Verbindung mit Art. 54 des Schlusstitels des ZGB die Kantone die sachliche Zuständigkeit und das Verfahren ordnen, ist nach solothurnischem Recht (§ 92 des EG zum ZGB) die Vormundschaftsbehörde nicht antragstellende, sondern in erster Instanz entscheidende Behörde. Die Vormundschaftsbehörde T. ist also im vorliegenden Falle nicht Partei und kann folglich das in Art. 61 OG dem Berufungsbeklagten eingeräumte Recht zur Erstattung einer Antwort nicht beanspruchen, wie sie auch nicht berechtigt gewesen wäre, gegen einen nach ihrer Auffassung unrichtigen Entscheid der obern kantonalen Behörde die Berufung oder Anschlussberufung an das Bundesgericht zu erklären (vgl. BGE 46 II 3 , BGE 82 II 216 oben; fernerBGE 50 II 97Erw. 2, BGE 56 II 345 Erw. 1 und BGE 83 II 187 , wo in Angelegenheiten im Sinne von Art. 86 Ziff. 1-3 des frühern bzw. Art. 44 lit. a-c des geltenden OG die Befugnis zur Ergreifung der zivilrechtlichen Beschwerde bzw. der Berufung solchen Behörden zugestanden wurde, die am kantonalen Verfahren als Gegenpartei des Bürgers beteiligt waren). Als Berufungsbeklagter kann im vorliegenden BGE 86 II 213 S. 217 Fall aber auch nicht etwa ein privater Drittinteressent gelten, da im kantonalen Verfahren kein solcher als Partei zugelassen worden war. Die Einholung einer Berufungsantwort kommt daher nicht in Frage, sondern in derartigen Fällen ist nur die Vorinstanz befugt, sich (in Form von Gegenbemerkungen im Sinne von Art. 56 OG ) zur Berufung zu äussern. Wenn nicht bei jeder Berufung ein Berufungsbeklagter vorhanden ist, so erklärt sich dies ohne weiteres daraus, dass die Berufung nicht bloss in Zivilrechtsstreitigkeiten (Art. 44 am Anfang, Art. 45 lit. a und Art. 46 OG ) ergriffen werden kann, sondern auch in gewissen andern Zivilsachen (Art. 44 lit. a-c, Art. 45 lit. b OG ), die von den kantonalen Behörden nicht oder jedenfalls nicht notwendigerweise in einem kontradiktorischen Zweiparteienprozess zu behandeln sind. 4. In der Sache selbst steht fest, dass der Vorsteher des Erziehungsheims L. für die Knaben Max und Franz auf den Zeitpunkt ihrer Schulentlassung Lehrstellen gefunden hatte (für Max als Bauschlosser, für Franz als Optiker), die den Vater finanziell nur wenig belastet hätten, dass R. aber diese Vorschläge trotz stundenlangem Zureden ablehnte, den Kindern den Wunsch nach beruflicher Ausbildung auszureden suchte und schliesslich alle drei Knaben (auch den noch schulpflichtigen, der nach Auffassung des Heimleiters dringend des weitern Schulunterrichts in seiner Muttersprache bedurft hätte) im Welschland in Hilfsstellen unterbrachte, welche dann die beiden ältern Knaben (oder auf jeden Fall Franz) eigenmächtig wechselten. Als dann ungünstige Berichte aus dem Welschland eintrafen, konnte R. zwar mit viel Mühe dazu gebracht werden, dass er sich einverstanden erklärte, seine Söhne eine Berufslehre machen zu lassen und den Rat eines erfahrenen Mannes anzunehmen, hielt aber sein Versprechen nicht und lehnte alle weitern Vorschläge, die ihm unterbreitet wurden, rundweg ab, ohne dagegen sachliche Einwendungen erheben zu können. Damit hat er die ihm nach Art. 276 ZGB obliegende Pflicht, für die BGE 86 II 213 S. 218 Ausbildung der Kinder in einem Berufe zu sorgen, gröblich verletzt. R. will dies freilich nicht gelten lassen, weil er sich seinerseits bemüht habe, für seine Kinder Lehrstellen zu finden, und weil er anderseits als ungelernter Arbeiter gar nicht verpflichtet sei, seine Kinder in einem Beruf ausbilden zu lassen. Diese Einwendungen sind jedoch unbehelflich. a) Richtig ist zwar, dass R. im Spätherbst 1958 mit der Bezirks-Berufsberatungsstelle Olten in Verbindung trat und sich für ausgeschriebene Schmiede- bzw. Schlosserlehrstellen interessierte, und dass er dann im April 1959 mit dem Inhaber eines Bierdepots in Leysin unterhandelte, der eine kaufmännische Lehrstelle anbot, und im August 1959 (also um die Zeit, da der Jugendfürsorger von Yverdon und Umgebung sich an die Gemeindebehörden von T. wandte) in der "Feuille d'Avis de Lausanne" ein Inserat erscheinen liess, wonach er für einen Knaben von 14 Jahren und einen solchen von 15 Jahren (also offenbar für Robert und Franz) "une bonne place libre" bzw. "une place" mit Gelegenheit zum Besuch von Kursen oder zum Absolvieren einer Handelslehre suchte. Diese Bemühungen führten aber nicht zu einem positiven Ergebnis. Ob R. schon vor dem Eingreifen der Vormundschaftsbehörde oder erst später mit den Personalchefs G. und Z. von der SBB- bzw. PTT-Verwaltung in Basel Fühlung genommen habe, kann dahingestellt bleiben; denn wenn er wirklich den ernsten Willen gehabt hätte, seinen Söhnen passende Lehrstellen zu verschaffen, hätte er nur den Vorschlägen des Vorstehers des Erziehungsheims L. zu folgen brauchen, der die Fähigkeiten und Neigungen der Knaben besser als er selber kannte und eine für ihn auch finanziell tragbare Lösung gefunden hatte. Eine Anstellung bei der Post, wie Z. sie offenbar hätte vermitteln sollen, ist R. übrigens bei der Verhandlung vom 28. Januar 1960 vorgeschlagen und von ihm abgelehnt worden. Seine ganze Haltung in dieser Angelegenheit ist also unzweifelhaft nicht durch BGE 86 II 213 S. 219 irgendwelche sachliche Erwägungen, sondern durch reinen Eigensinn und, wie die Vorinstanz annimmt, durch Eigennutz bestimmt worden. b) Um darzutun, dass er nicht verpflichtet sei, seine Kinder einen Beruf erlernen zu lassen, beruft sich R. auf den Kommentar EGGER (N. 7 zu Art. 273 und N. 6 zu Art. 275 ZGB ), wo es unter anderem heisst, die Eltern seien berechtigt, die Dienste der Kinder "nicht nur soweit erzieherisch geboten, sondern soweit als erzieherisch angängig in Anspruch zu nehmen"; sie seien zu einer ihren Verhältnissen entsprechenden Erziehung verpflichtet; es solle eine Erziehung sein, die den Kindern die Fortführung der elterlichen Lebensstellung ermögliche. Aus diesen Zitaten lässt sich jedoch keineswegs ableiten, dass ein ungelernter Arbeiter wie R. nicht gehalten sei, seinen Kindern eine berufliche Ausbildung zuteil werden zu lassen. Mit der Frage der Berufsausbildung befasst sich Art. 276 ZGB . Diese Bestimmung sieht die Ausbildung der Kinder in einem Beruf nach Anordnung der Eltern vor und weist die Eltern an, soweit möglich auf die körperlichen und geistigen Fähigkeiten und die Neigungen der Kinder Rücksicht zu nehmen. EGGER betont in N. 1 zu Art. 276 die grosse Bedeutung der beruflichen Tüchtigkeit für den einzelnen Menschen wie für die Öffentlichkeit und stellt im Anschluss daran fest: "Deshalb anerkennt das ZGB... einen Anspruch der Kinder auf berufliche Ausbildung. Die Eltern handeln pflichtwidrig und schuldhaft, wenn sie ihnen diese Ausbildung vorenthalten." Dieser Auffassung ist wenigstens für den Fall beizupflichten, dass die Gewährung einer solchen Ausbildung den Eltern bei gutem Willen finanziell möglich ist. Da die Knaben Max und Franz festgestelltermassen einen Beruf zu erlernen wünschten und nach dem Ergebnis einer Prüfung durch den Berufsberater hiezu geeignet waren, und da diese Ausbildung dem Vater nur geringe, für ihn tragbare Kosten verursacht hätte, handelte R. pflichtwidrig, BGE 86 II 213 S. 220 indem er seinen Söhnen den Antritt der Lehre nicht erlaubte. Sein Hinweis darauf, dass es unbeanstandet hingenommen werde, wenn "Leute in viel besserer Situation ihre Kinder in die Fabrik schicken", kann hieran nichts ändern. Manche Kinder können mangels Eignung oder Neigung beruflich nicht so gefördert werden, wie es an sich wünschbar und angesichts der wirtschaftlichen Lage der Eltern möglich wäre, und im übrigen können die Missbräuche anderer, auch wenn sie ungeahndet bleiben, nicht zur Rechtfertigung eigener grober Fehler dienen. 5. Neben dem Widerstand gegen die berufliche Ausbildung der Söhne Max und Franz fällt R. auch zur Last, dass er die ins Welschland versetzten Knaben allzusehr sich selber überliess und den eigenmächtigen Stellenwechsel duldete, wodurch er die Knaben ernstlichen Gefahren aussetzte. Auch darin liegt eine schwere Verletzung der Erzieherpflichten. 6. Das geschilderte Verhalten R. stellt eine grobe Pflichtvernachlässigung im Sinne von Art. 285 ZGB dar. Es bedeutet daher keine Bundesrechtsverletzung, dass die Vorinstanzen ihm in Anwendung dieser Bestimmung die elterliche Gewalt entzogen haben. Richtig ist freilich, dass die Behörden nur dann zur Entziehung der elterlichen Gewalt schreiten dürfen, wenn mildere Massnahmen nichts fruchten (vgl. BGE 38 II 454 , BGE 42 II 97 ). Diesem Grundsatz haben jedoch die Vorinstanzen nicht zuwidergehandelt. Die elterliche Gewalt wurde R. erst entzogen, nachdem alle andern Versuche, den Kindern zu einer angemessenen beruflichen Ausbildung zu verhelfen und sie vor dem verderblichen Einfluss eines ungebundenen Lebens zu bewahren, an der verfehlten Haltung R. gescheitert waren.
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420.1 1 / 32 Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG) vom 14. Dezember 2012 (Stand am 1. Januar 2023) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 64 Absätze 1 und 3 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 9. November 20112, beschliesst: 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Zweck Mit diesem Gesetz will der Bund: a. die wissenschaftliche Forschung fördern; b. die wissenschaftsbasierte Innovation fördern; c. die Auswertung und Verwertung der Forschungsresultate unterstützen; d. die Zusammenarbeit der Forschungsorgane sicherstellen; e. die wirtschaftliche und wirksame Verwendung der Bundesmittel für die wis- senschaftliche Forschung und die wissenschaftsbasierte Innovation sicherstel- len. Art. 2 Begriffe In diesem Gesetz bedeuten: a. wissenschaftliche Forschung (Forschung): die methodengeleitete Suche nach neuen Erkenntnissen; sie umfasst namentlich: 1. Grundlagenforschung: Forschung, deren primäres Ziel der Erkenntnis- gewinn ist, 2. anwendungsorientierte Forschung: Forschung, deren primäres Ziel Bei- träge für praxisbezogene Problemlösungen sind; b. wissenschaftsbasierte Innovation (Innovation): die Entwicklung neuer Pro- dukte, Verfahren, Prozesse und Dienstleistungen für Wirtschaft und Gesell- schaft durch Forschung, insbesondere anwendungsorientierte Forschung, und die Verwertung ihrer Resultate. AS 2013 4425 1 SR 101 2 BBl 2011 8827 420.1 Förderung der Forschung und Innovation 2 / 32 420.1 Art. 3 Geltungsbereich Dieses Gesetz gilt für die Forschungsorgane, soweit sie für Forschung und Innovation Bundesmittel verwenden. Art. 4 Forschungsorgane Forschungsorgane nach diesem Gesetz sind: a. die folgenden Forschungsförderungsinstitutionen: 1. der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF), 2.3 die Akademien der Wissenschaften Schweiz, bestehend aus: – der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) – der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissen- schaften (SAGW) – der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) – der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) – dem Kompetenzzentrum Science et Cité – dem Kompetenzzentrum TA-SWISS; b.4 die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse) nach dem Innosuisse-Gesetz vom 17. Juni 20165; c. die folgenden Hochschulforschungsstätten: 1. die Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) und die For- schungsanstalten des ETH-Bereichs, 2. die nach dem Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz vom 30. September 20116 (HFKG) akkreditierten Hochschulen und anderen In- stitutionen des Hochschulbereichs, 3. die nach diesem Gesetz vom Bund unterstützten Forschungseinrichtun- gen von nationaler Bedeutung (Art. 15); d. die Bundesverwaltung, soweit sie: 1. für die Erfüllung ihrer Aufgaben Ressortforschung betreibt, oder 2. Aufgaben der Forschungs- und Innovationsförderung wahrnimmt. 3 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 4 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 5 SR 420.2 6 SR 414.20 Förderung der Forschung und Innovation. BG 3 / 32 420.1 Art. 5 Nichtkommerzielle Forschungsstätten ausserhalb des Hochschulbereichs Nach diesem Gesetz sind nichtkommerzielle Forschungsstätten ausserhalb des Hoch- schulbereichs Institutionen mit privater oder öffentlicher Trägerschaft, die nicht For- schungsorgane nach Artikel 4 sind, deren Zweck Forschungstätigkeit ist und die die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Die Träger und Eigner der Institution erlangen durch deren Forschungstätig- keit keine geldwerten Vorteile. b. Niveau und Qualität der Forschung sind mit der Forschung von Hochschul- forschungsstätten vergleichbar. Art. 6 Grundsätze und Aufträge 1 Die Forschungsorgane beachten bei der Planung ihrer durch Bundesmittel finanzier- ten Tätigkeit: a. die Freiheit der Forschung, die wissenschaftliche Qualität von Forschung und Innovation sowie die Vielfalt der wissenschaftlichen Meinungen und Metho- den; b. die Freiheit der Lehre sowie die enge Verbindung von Lehre und Forschung; c. die wissenschaftliche Integrität und die gute wissenschaftliche Praxis. 2 Sie fördern bei der Erfüllung ihrer Aufgaben: a. den wissenschaftlichen Nachwuchs; b. die Chancengleichheit und die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau. 3 Sie berücksichtigen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Weiteren: a. die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt; b. die internationale Zusammenarbeit der anderen Forschungsorgane und des Bundes. 4 Bei der Förderung der Innovation achten sie zudem auf deren Beitrag zur Wettbe- werbsfähigkeit, Wertschöpfung und Beschäftigung in der Schweiz. 2. Kapitel: Förderung 1. Abschnitt: Aufgaben und Zuständigkeiten des Bundes Art. 7 Aufgaben 1 Der Bund fördert die Forschung und die Innovation nach diesem Gesetz sowie nach Spezialgesetzen durch: a. den Betrieb der beiden ETH und der Forschungsanstalten des ETH-Bereichs; Förderung der Forschung und Innovation 4 / 32 420.1 b. Beiträge nach dem HFKG7; c. Beiträge an die Forschungsförderungsinstitutionen; d. Beiträge an Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung; e. eigene Ressortforschung, einschliesslich der Errichtung und des Betriebs bun- deseigener Forschungsanstalten; f.8 den Betrieb der Innosuisse und anderer Massnahmen der Innovationsförde- rung; g.9 internationale Zusammenarbeit im Bereich von Forschung und Innovation. 2 Zur Sicherung des Forschungs- und Innovationsstandortes Schweiz kann er die Er- richtung eines schweizerischen Innovationsparks unterstützen. 3 Der Bundesrat kann die Forschungsförderungsinstitutionen und die Innosuisse be- auftragen, einzeln oder gemeinsam Sonderprogramme oder themenorientierte Förder- programme durchzuführen.10 4 Er kann die Forschungsförderungsinstitutionen und die Innosuisse mit Aufgaben der internationalen Zusammenarbeit beauftragen, deren Erfüllung ihre Fachkompetenz erfordert.11 Art. 8 Leistungsvereinbarungen 1 Der Bundesrat kann mit Forschungsorganen ausserhalb der Bundesverwaltung und weiteren Beitragsempfängern nach diesem Gesetz Leistungsvereinbarungen ab- schliessen. 2 Er kann diese Kompetenz an das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bil- dung und Forschung (WBF) oder an die zuständige Verwaltungseinheit übertragen. 2. Abschnitt: Aufgaben, Fördergrundsätze und Beiträge der Forschungsförderungsinstitutionen Art. 9 Aufgaben und Fördergrundsätze im Allgemeinen 1 Die Forschungsförderungsinstitutionen erfüllen Aufgaben, die zweckmässigerweise im Rahmen der wissenschaftlichen Selbstverwaltung zu lösen sind. 7 SR 414.20 8 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 9 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 10 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 11 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). Förderung der Forschung und Innovation. BG 5 / 32 420.1 2 Sie fördern Forschung, soweit diese nicht unmittelbar kommerziellen Zwecken dient. 3 Sie erlassen die für die Forschungsförderung notwendigen Bestimmungen in ihren Statuten und Reglementen. Diese bedürfen der Genehmigung durch den Bundesrat, soweit sie Aufgaben regeln, für die Bundesmittel verwendet werden. Die Forschungs- förderungsinstitutionen können den Erlass von Ausführungsbestimmungen von be- schränkter Tragweite zu den genehmigungspflichtigen Statuten und Reglementen an untergeordnete Organe übertragen. Diese Bestimmungen sind von der Genehmi- gungspflicht ausgenommen.12 4 Die Forschungsförderungsinstitutionen legen besonderes Gewicht auf die Förderung der Grundlagenforschung. 5 Sie fördern die Forschung an nichtkommerziellen Forschungsstätten ausserhalb des Hochschulbereichs unter den folgenden Voraussetzungen: a. Die wissenschaftliche Unabhängigkeit der mit der Durchführung der For- schung betrauten Personen ist sichergestellt. b. Die Forschung dient der Aus- und Weiterbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. c. Die Resultate werden dem wissenschaftlichen Gemeingut zugeführt. Art. 10 Schweizerischer Nationalfonds 1 Der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) ist das Förderorgan des Bundes für die wissenschaftliche Forschung in allen Disziplinen, die an einer Hochschulforschungsstätte vertreten sind. 2 Er verwendet die ihm vom Bund gewährten Beiträge namentlich für: a. die Förderung im Rahmen seiner von ihm festgelegten Förderinstrumente; b. die von ihm beschlossene Beteiligung an Förderprogrammen und vernetzten Forschungsvorhaben auf nationaler und internationaler Ebene; c. die Durchführung der vom Bundesrat beschlossenen und in Auftrag gegebe- nen nationalen Förderprogramme, namentlich der nationalen Forschungspro- gramme und der nationalen Forschungsschwerpunkte; d. die vom Bundesrat beschlossene und in Auftrag gegebene Beteiligung der Schweiz an internationalen Programmen; e. die Unterstützung von Massnahmen der Auswertung und Verwertung von Re- sultaten aus der von ihm geförderten Forschung. 3 Er entscheidet im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben und Zuständigkeiten über die geeigneten Instrumente und die Form der Förderung. Er konzentriert sich dabei auf die Förderung: a. exzellenter Forschungsprojekte; 12 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Febr. 2017 (AS 2017 163; BBl 2016 3089). Förderung der Forschung und Innovation 6 / 32 420.1 b. eines hoch qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses; c. von Forschungsinfrastrukturen, die der Entwicklung von Fachgebieten in der Schweiz dienen und nicht in die Zuständigkeit der Hochschulforschungsstät- ten oder des Bundes fallen; d. der internationalen Forschungszusammenarbeit unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Ziele und Massnahmen des Bundes. 4 Er entrichtet im Rahmen seiner Förderung den Hochschulforschungsstätten und nichtkommerziellen Forschungsstätten ausserhalb des Hochschulbereichs Beiträge zur Abgeltung der ihnen entstehenden indirekten Forschungskosten (Overhead). Der Bundesrat regelt die Grundsätze der Beitragsbemessung. 5 Der SNF beteiligt sich an den Verfahren, die den Beschlüssen zu den nationalen Forschungsprogrammen, den nationalen Forschungsschwerpunkten und weiteren an ihn übertragenen Förderprogrammen vorausgehen. 6 Er kann zur Sicherung der Kontinuität seiner Forschungsförderung einen Teil der Beiträge des Bundes zur Bildung von Eigenkapital in Form von Reserven verwenden. Der Bestand der Reserven darf im jeweiligen Rechnungsjahr 15 Prozent des jeweili- gen jährlichen Bundesbeitrags nicht überschreiten.13 Der Bundesrat kann vorsehen, dass dieser Höchstsatz in Ausnahmefällen und befristet überschritten werden kann, wenn die nicht bilanzierten Verpflichtungen des SNF für Forschungsförderungsbei- träge diese Massnahme rechtfertigen.14 7 Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) schliesst mit dem SNF, gestützt auf die Finanzbeschlüsse der Bundesversammlung, periodisch eine Leistungsvereinbarung ab. Darin werden auch die vom Bundesrat übertragenen Zu- satzaufgaben konkretisiert. Art. 11 Akademien der Wissenschaften Schweiz15 1 Die Akademien der Wissenschaften Schweiz sind das Förderorgan des Bundes für die Stärkung der Zusammenarbeit in und zwischen allen wissenschaftlichen Diszipli- nen und für die Verankerung der Wissenschaft in der Gesellschaft.16 2 Sie verwenden die ihnen vom Bund gewährten Beiträge namentlich für folgende Zwecke: a. Sie betreiben und fördern die Früherkennung gesellschaftlich relevanter The- men in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation. b. Sie setzen sich dafür ein, dass, wer Erkenntnisse gewinnt oder anwendet, seine ethische Verantwortung wahrnimmt. 13 Fassung des zweiten Satzes gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsförderung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 14 Dritter Satz eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Inno- vationsförderung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 15 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 16 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation. BG 7 / 32 420.1 c. Sie gestalten den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft; sie fördern Studien zu Chancen und Risiken der Innovationen und Technologien.17 3 Die einzelnen Institutionen gemäss Artikel 4 Buchstabe a Ziffer 2 koordinieren ihre Fördertätigkeiten im Rahmen der Akademien der Wissenschaften Schweiz und stellen die Zusammenarbeit namentlich mit den Hochschulforschungsstätten sicher.18 4 Sie fördern die Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern, Ex- pertinnen und Experten in Fachgesellschaften, Kommissionen und weiteren geeigne- ten organisatorischen Formen und nutzen diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben. 5 Sie unterstützen die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit, indem sie ge- eignete Einrichtungen fördern oder betreiben, namentlich nationale Koordinations- plattformen und wissenschaftliche Sekretariate zu international koordinierten Pro- grammen, an denen die Schweiz sich beteiligt. 6 Sie können Datensammlungen, Dokumentationssysteme, wissenschaftliche Zeit- schriften, Editionen oder ähnliche Einrichtungen unterstützen, die als Forschungsinf- rastrukturen der Entwicklung von Fachgebieten in der Schweiz dienen und die nicht in die Förderzuständigkeit des SNF oder der Hochschulforschungsstätten fallen oder direkt vom Bund unterstützt werden. 7 Das SBFI schliesst mit den Akademien der Wissenschaften Schweiz, gestützt auf die Finanzbeschlüsse der Bundesversammlung, periodisch eine Leistungsvereinba- rung ab. Darin kann das SBFI sie und die einzelnen Institutionen gemäss Artikel 4 Buchstabe a Ziffer 2 im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse nach den Absät- zen 2–6 mit Evaluationen, mit der Durchführung wissenschaftlicher Projekte, dem Betreiben von Einrichtungen nach Absatz 6 und mit weiteren Spezialaufgaben beauf- tragen.19 Art. 12 Wissenschaftliche Integrität und gute wissenschaftliche Praxis; Sanktionen 1 Die Forschungsförderungsinstitutionen achten darauf, dass bei der von ihnen geför- derten Forschung die Regeln der wissenschaftlichen Integrität und der guten wissen- schaftlichen Praxis eingehalten werden. 2 Sie können im Rahmen ihrer Förderungs- und Kontrollverfahren bei begründetem Verdacht auf Verletzung dieser Regeln Auskünfte bei betroffenen in- und ausländi- schen Institutionen oder Personen einholen und Auskünfte an solche Institutionen o- der Personen erteilen. 3 Sie sehen in ihren Reglementen für Verstösse gegen die wissenschaftliche Integrität und gegen die gute wissenschaftliche Praxis im Zusammenhang mit der Einwerbung oder der Verwendung ihrer Beiträge verwaltungsrechtliche Sanktionen vor. Dabei können sie eine oder mehrere der folgenden Massnahmen vorsehen: 17 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 18 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 19 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation 8 / 32 420.1 a. schriftlicher Verweis; b. schriftliche Verwarnung; c. Kürzung, Sperre oder Rückforderung der Beiträge; d. befristeter Ausschluss von der weiteren Gesuchstellung. 4 Sie können die arbeitgebende Institution über Verstösse und Sanktionen informie- ren. 5 Straftaten nach Artikel 37 oder 38 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199020 im Bereich der Forschungsförderung werden nach den Bestimmungen des Bundesge- setzes vom 22. März 197421 über das Verwaltungsstrafrecht durch das SBFI geahndet. Art. 13 Verfahren und Rechtsschutz 1 Die Forschungsförderungsinstitutionen regeln ihre Verfahren für Verfügungen über Beiträge. Diese müssen den Anforderungen nach den Artikeln 10 und 26–38 des Ver- waltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196822 (VwVG) entsprechen. 2 Für die Eröffnung von Verfügungen an Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller im Ausland bei grenzüberschreitenden Förderungsverfahren ist Artikel 11b VwVG an- wendbar. 3 Die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller können mit Beschwerde rügen: a. die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Miss- brauch des Ermessens; b. die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sach- verhaltes. 4 Die Namen der Referentinnen und Referenten und der wissenschaftlichen Gutach- terinnen und Gutachter dürfen nur mit deren Einverständnis der beschwerdeführenden Person bekannt gegeben werden. 5 Im Übrigen richtet sich das Beschwerdeverfahren nach den allgemeinen Bestim- mungen über die Bundesrechtspflege. 3. Abschnitt: Forschung und Forschungsförderung durch die Bundesverwaltung Art. 14 Vorbehalt spezialgesetzlicher Regelungen Für die Bundesverwaltung gilt, soweit sie Forschung betreibt oder fördert, dieses Ge- setz; spezialgesetzliche Bestimmungen im Bereich der Ressortforschung bleiben vor- behalten. 20 SR 616.1 21 SR 313.0 22 SR 172.021 Förderung der Forschung und Innovation. BG 9 / 32 420.1 Art. 15 Beiträge an Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung 1 Der Bundesrat kann im Rahmen der bewilligten Kredite Beiträge an Forschungsein- richtungen von nationaler Bedeutung entrichten. Er kann dabei den Bundesbeitrag an Auflagen knüpfen, namentlich an die Auflage, dass die Forschungseinrichtungen re- organisiert oder zusammengefasst werden. 2 Er kann die Kompetenz, über Beiträge zu entscheiden, an das WBF delegieren. Zu- ständigkeitsvorschriften in Spezialgesetzen bleiben vorbehalten. 3 Forschungseinrichtungen nach Absatz 1 können rechtlich selbstständige Einrichtun- gen folgender Kategorien sein: a. nichtkommerzielle Forschungsinfrastrukturen, die ausserhalb von Hochschu- len angesiedelt oder mit ihnen assoziiert sind, insbesondere wissenschaftliche Hilfsdienste im Bereich der wissenschaftlichen und technischen Information und Dokumentation; b. nichtkommerzielle Forschungsinstitutionen, die ausserhalb von Hochschulen angesiedelt oder mit ihnen assoziiert sind; c. Technologiekompetenzzentren, die mit Hochschulen und der Wirtschaft auf einer nichtkommerziellen Basis zusammenarbeiten. 4 Um Beiträge zu erhalten, müssen die Forschungseinrichtungen die folgenden Vo- raussetzungen erfüllen: a. Sie erfüllen Aufgaben von nationaler Bedeutung, die zweckmässigerweise nicht von bestehenden Hochschulen und anderen Institutionen des Hochschul- bereichs wahrgenommen werden können. b. Sie werden massgeblich durch Kantone, andere öffentliche Gemeinwesen, Hochschulen oder Private unterstützt. 5 Die Höhe des Bundesbeitrages beträgt: a. bei Forschungsinfrastrukturen höchstens 50 Prozent des Gesamtaufwandes für Investitionen und Betrieb; der Beitrag ist komplementär zur Unterstützung durch Kantone, andere öffentliche Gemeinwesen, Hochschulen sowie Private; b. bei Forschungsinstitutionen höchstens 50 Prozent der Grundfinanzierung (Ge- samtaufwand für Investitionen und Betrieb, abzüglich kompetitiver For- schungsmittel und Aufträge); der Beitrag ist höchstens gleich hoch wie die Summe der Unterstützungsbeiträge von Kantonen, anderen öffentlichen Ge- meinwesen, Hochschulen und Privaten; c. bei Technologiekompetenzzentren höchstens 50 Prozent der Grundfinanzie- rung (Gesamtaufwand für Investitionen und Betrieb, abzüglich kompetitiver Forschungsmittel); der Beitrag ist höchstens gleich hoch wie die Summe der Beiträge der Wirtschaft aus Forschungs- und Entwicklungskooperationen und der Unterstützungsbeiträge von Kantonen, anderen öffentlichen Gemeinwe- sen, Hochschulen und Privaten. Förderung der Forschung und Innovation 10 / 32 420.1 6 Der Bundesrat konkretisiert die Bemessungskriterien nach Absatz 5. Er kann bei Technologiekompetenzzentren für den Aufbau neuer Aktivitätsgebiete zeitlich befris- tete Sonderregelungen bezüglich der anrechenbaren Einkünfte aus kompetitiven For- schungsmitteln vorsehen. 7 Berühren die Unterstützungsmassnahmen Aufgaben anderer Forschungsorgane, der Schweizerischen Hochschulkonferenz oder des ETH-Rates, so sind diese vorher an- zuhören. Art. 16 Ressortforschung des Bundes 1 Ressortforschung ist die Forschung, die von der Bundesverwaltung initiiert wird und deren Resultate die Bundesverwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.23 2 Die Ressortforschung kann folgende Massnahmen umfassen: a. die Erteilung von Forschungsaufträgen (Auftragsforschung); b. den Betrieb bundeseigener Forschungsanstalten; c. die Durchführung eigener Forschungsprogramme, namentlich in Zusammen- arbeit mit Hochschulforschungsstätten, Forschungsförderungsinstitutionen, der Innosuisse oder weiteren Förderorganisationen; d. die Vergabe von Beiträgen an Hochschulforschungsstätten für die Durchfüh- rung von Forschungsprogrammen.24 3 Institutionen der Ressortforschung, die keine bundeseigenen Forschungsanstalten sind, die aber zur zweckmässigen Erfüllung ihrer Aufgaben, in Ergänzung zu den Massnahmen nach Absatz 2, eigene Forschungsprojekte durchführen müssen, können sich hierfür bei der Innosuisse25 sowie bei anderen nationalen und internationalen För- derorganisationen um Drittmittel oder um die Teilnahme an Programmen bewerben.26 4 Die Ressortforschung unterliegt den Grundsätzen nach Artikel 6 Absätze 1 Buchsta- ben a und c sowie 3 und 4. 5 Für die Ressortforschung sind die Departemente in ihrem jeweiligen Aufgabenbe- reich zuständig. 6 Bei Massnahmen nach Absatz 2 Buchstaben c und d entrichten die zuständigen Ver- waltungseinheiten Beiträge zur Abgeltung der indirekten Forschungskosten (Over- head). Der Bundesrat regelt die Grundsätze der Beitragsbemessung.27 23 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 24 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 25 Ausdruck gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). Diese Änd. wurde im gan- zen Erlass berücksichtig. 26 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 27 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation. BG 11 / 32 420.1 7 Die Bestimmungen über die Finanzierung nach dem 8. Abschnitt finden auf die Res- sortforschung keine Anwendung. Art. 17 Bundeseigene Forschungsanstalten 1 Der Bund kann durch spezialgesetzliche Regelung eigene Forschungsanstalten er- richten und bestehende ganz oder teilweise übernehmen. 2 Forschungsanstalten des Bundes sind aufzuheben, wenn für sie kein Bedürfnis mehr besteht oder ihre Aufgaben bei vergleichbarer Qualität wirksamer durch Hochschul- forschungsstätten wahrgenommen werden können. 3 Der Bundesrat sorgt dafür, dass die bundeseigenen Forschungsanstalten zweckmäs- sig organisiert sind. 4 Er kann die Entscheidkompetenzen nach Absatz 3 an das zuständige Departement delegieren. Zuständigkeitsvorschriften in Spezialgesetzen bleiben vorbehalten. 5 Berühren die Massnahmen nach den Absätzen 1 und 2 Aufgaben anderer For- schungsorgane, der Schweizerischen Hochschulkonferenz oder des ETH-Rates, so sind diese vorher anzuhören. 6 Bundeseigene Forschungsanstalten können sich bei der Innosuisse sowie bei ande- ren nationalen und internationalen Förderorganisationen um Drittmittel oder um die Teilnahme an Programmen bewerben.28 4. Abschnitt: Innovationsförderung Art. 18 Aufgaben des Bundes 1 Der Bund kann Innovationsprojekte fördern. 2 Weiter kann er unterstützen: a.29 Massnahmen zur Entwicklung und Stärkung des wissenschaftsbasierten Un- ternehmertums; b. Massnahmen zur Gründung und zum Aufbau wissenschaftsbasierter Unter- nehmen; bbis.30 Massnahmen zur Förderung von hochqualifizierten Personen im Bereich der Innovation; c. die Verwertung des Wissens und den Wissens- und Technologietransfer zwi- schen Hochschulen, Wirtschaft und Gesellschaft; 28 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 29 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 30 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation 12 / 32 420.1 d.31 die Information über Fördermöglichkeiten auf nationaler und internationaler Ebene. 3 Er erarbeitet die Grundlagen für die Innovationsförderung. 4 Er stellt die Evaluation der Fördertätigkeit sicher. Art. 19 Förderung von Innovationsprojekten 1 Die Innosuisse als Förderorgan des Bundes für die wissenschaftsbasierte Innovation nach dem Innosuisse-Gesetz vom 17. Juni 201632 kann Innovationsprojekte fördern, die von Hochschulforschungsstätten oder nichtkommerziellen Forschungsstätten aus- serhalb des Hochschulbereichs (Forschungspartnern) zusammen mit privaten oder öf- fentlichen Partnern, die für die Verwertung sorgen (Umsetzungspartnern), durchge- führt werden.33 1bis Der Beitrag der Innosuisse dient zur Deckung der direkten Projektkosten der For- schungspartner. Die Innosuisse kann in ihrer Beitragsverordnung vorsehen, dass auch Beiträge an Umsetzungspartner geleistet werden, wenn dies für eine internationale Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftsbasierten Innovation vorausgesetzt wird.34 2 Beiträge werden nur gewährt, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a.35 … b. Eine wirkungsvolle Umsetzung der Forschungsresultate zugunsten der Wirt- schaft und der Gesellschaft kann erwartet werden. c. Das Projekt kann ohne die Förderung durch den Bund voraussichtlich nicht realisiert werden. d.36 Die Umsetzungspartner beteiligen sich durch Eigenleistungen oder durch Leistungen an die Forschungspartner im Umfang von 40–60 Prozent der direkten Gesamtprojektkosten am Projekt. e. Das Projekt trägt zur praxisorientierten Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses bei. 2bis Die Innosuisse kann in Einzelfällen vom Umsetzungspartner eine geringere Beteiligung als 40 Prozent verlangen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: 31 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsförderung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 32 SR 420.2 33 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 34 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 35 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovations- förderung), mit Wirkung seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 36 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation. BG 13 / 32 420.1 a. Das Projekt weist überdurchschnittlich hohe Realisierungsrisiken und gleich- zeitig das Potenzial für einen überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Erfolg oder für einen hohen gesellschaftlichen Nutzen auf. b. Die zu erwartenden Ergebnisse haben das Potenzial, nicht allein dem Umset- zungspartner, sondern auch einem breiten, am Projekt nicht beteiligten Kreis von Nutzerinnen und Nutzern zugutezukommen. c. Der Umsetzungspartner ist im Zeitpunkt der Beitragsgewährung finanziell nicht in der Lage, im geforderten Umfang zum Projekt beizutragen, verfügt jedoch über ein überdurchschnittliches Potenzial für eine erfolgreiche Umset- zung der Projektresultate. d. Das Projekt wird im Rahmen eines befristeten Sonderprogramms nach Arti- kel 7 Absatz 3 durchgeführt.37 2ter Sie kann in Einzelfällen vom Umsetzungspartner eine höhere Beteiligung als 60 Prozent verlangen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: a. Das Projekt weist geringe Realisierungsrisiken und für den Umsetzungs- partner gleichzeitig ein überdurchschnittliches wirtschaftliches Erfolgspoten- zial auf. b. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Umsetzungspartners oder die Ei- genheiten des Projekts rechtfertigen eine höhere Beteiligung, insbesondere, wenn der Umsetzungspartner seine Beteiligung wegen anderweitiger Unter- stützung teilweise nicht selber finanziert.38 3 Sie kann Innovationsprojekte fördern, die von Forschungspartnern ohne Umset- zungspartner realisiert werden, sofern die Projekte ein bedeutendes, jedoch noch nicht hinreichend bestimmtes Innovationspotenzial aufweisen.39 3bis Sie kann Innovationsprojekte von Jungunternehmen fördern, wenn die Projektar- beiten zur Vorbereitung ihres erstmaligen Markteintritts erforderlich sind. Der Beitrag der Innosuisse dient zur teilweisen oder vollständigen Deckung sowohl der dem Jung- unternehmen selbst entstehenden direkten Projektkosten als auch der Kosten für Dritt- leistungen. Die Innosuisse legt die Kriterien für die Bestimmung der Höhe der Eigen- leistungen der Jungunternehmen in ihrer Beitragsverordnung fest. Sie berücksichtigt dabei insbesondere die Kriterien nach den Absätzen 2bis und 2ter.40 3ter Soweit Schweizer Unternehmen der Zugang zu Förderangeboten für Einzelprojek- te der Europäischen Kommission verwehrt ist, kann die Innosuisse Innovationspro- jekte mit bedeutendem Innovationspotenzial von Jungunternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen mit dem Ziel einer raschen und effizienten Vermarktung und 37 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 38 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 39 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 40 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation 14 / 32 420.1 einem entsprechenden Wachstum fördern. Der Beitrag der Innosuisse dient zur teil- weisen oder vollständigen Deckung sowohl der dem Unternehmen selbst entstehen- den direkten Projektkosten als auch der Kosten für Drittleistungen. Die Innosuisse legt die Förderkriterien und die Kriterien für die Bestimmung der Höhe der Eigenleis- tungen der Unternehmen in ihrer Beitragsverordnung fest.41 4 Sie kann zudem Instrumente zur Beteiligung an den Kosten für Abklärungen der wirkungsvollen Umsetzbarkeit von Projekten der Unternehmen vorsehen.42 5 Sie fördert insbesondere Vorhaben nach den Absätzen 1, 3, 3bis, 3ter und 4, die einen Beitrag zur nachhaltigen Ressourcennutzung leisten.43 6 Die geförderten Vorhaben müssen die Grundsätze der wissenschaftlichen Integrität und der guten wissenschaftlichen Praxis beachten. Bei Verstössen gelten die Sanktio- nen und die Informationspflicht nach Artikel 12 Absätze 2–4. Art. 2044 Förderung des wissenschaftsbasierten Unternehmertums 1 Die Innosuisse kann die Entwicklung und die Stärkung des wissenschaftsbasierten Unternehmertums durch Schulungs- und Sensibilisierungsmassnahmen sowie Infor- mations- und Beratungsangebote für Personen unterstützen, die ein Unternehmen gründen wollen oder gegründet haben, die die Nachfolge in einem Unternehmen an- treten oder die ihr Unternehmen neu ausrichten wollen. 2 Sie kann die Gründung und den Aufbau wissenschaftsbasierter Unternehmen för- dern durch: a. Coaching von Jungunternehmen und deren Gründerinnen und Gründern; b. Massnahmen zur Erleichterung des Einstiegs in internationale Märkte, durch die Teilnahme an Internationalisierungsprogrammen oder internationalen Messen; c. Beiträge an Organisationen, Institutionen oder Personen, welche die Grün- dung und den Aufbau von Jungunternehmen unterstützen; d. Information und Beratung. 3 Sie bestimmt die Leistungserbringerinnen und -erbringer für Massnahmen nach Ab- satz 2 Buchstabe a mittels eines Auswahlverfahrens und führt eine öffentlich zugäng- liche Liste mit den zur Auswahl stehenden Leistungserbringerinnen und -erbringern. 41 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 15. April 2022 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 42 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 43 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 15. April 2022 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 44 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation. BG 15 / 32 420.1 Art. 20a45 Förderung hochqualifizierter Personen 1 Die Innosuisse kann hochqualifizierte Personen aus Hochschulforschungsstätten, aus nichtkommerziellen Forschungsstätten ausserhalb des Hochschulbereichs sowie aus kleinen und mittleren Unternehmen bei der Aneignung von Kompetenzen im Be- reich der Innovation unterstützen. 2 Zu diesem Zweck kann sie durch Beiträge ermöglichen, dass solche Personen: a. Machbarkeitsstudien oder ähnliche Projekte durchführen; b. an Weiterbildungsprogrammen teilnehmen; c. Gastaufenthalte zur Förderung des Austauschs zwischen Wissenschaft und Praxis absolvieren. 3 Die Beiträge können der hochqualifizierten Person zur Deckung von direkten Pro- jektkosten, von Teilnahmegebühren oder von Lebenshaltungskosten oder im Falle von Gastaufenthalten ihrem Arbeitgeber zur Deckung der Lohnfortzahlungskosten ausgerichtet werden. Sie können auch in Form von Stipendien oder zinslosen Darle- hen ausgerichtet werden. 4 Die Beiträge werden nur gewährt, wenn das Förderziel nicht im Rahmen eines Innovationsprojekts nach Artikel 19 oder über eine Massnahme nach Artikel 20 Absatz 1 oder 2 erreicht werden kann. Art. 2146 Förderung des Wissens- und Technologietransfers und der Informationsvermittlung 1 Die Innosuisse kann die Verwertung des Wissens und den Wissens- und Technolo- gietransfer unterstützen durch: a. die Förderung der Vernetzung der Akteure der wissenschaftsbasierten Inno- vation mit dem Ziel, Innovationsvorhaben anzubahnen; b. Massnahmen für kleine und mittlere Unternehmen zur Stärkung ihrer Innova- tionskraft, wie Innovationsmentoring, Weiterbildungsangebote oder Aus- tauschplattformen; c. Massnahmen zur Unterstützung bei der Klärung von Fragen des geistigen Ei- gentums; d. Koordinations- und Schulungsmassnahmen im Rahmen der Durchführung von Innovationsprojekten nach Artikel 19. 2 Sie kann die Erbringerinnen und Erbringer von Mentoringleistungen nach Absatz 1 Buchstabe b mittels eines Auswahlverfahrens bestimmen und eine öffentlich zugäng- liche Liste mit den zur Auswahl stehenden Leistungserbringerinnen und -erbringern führen. 45 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 46 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation 16 / 32 420.1 3 Sie kann in ihrem Zuständigkeitsbereich die Information über Fördermöglichkeiten auf nationaler und internationaler Ebene und über die Einreichung von Gesuchen för- dern, insbesondere durch Beiträge an Dritte, die solche Informationsangebote bereit- halten. Art. 2247 Internationale Zusammenarbeit im Bereich der Innovation 1 Die Innosuisse kann die internationale Zusammenarbeit im Bereich der wissen- schaftsbasierten Innovation fördern. 2 Sie kann im Rahmen ihrer Instrumente nach den Artikeln 19–21 mit ausländischen Förderorganisationen oder Förderstellen Kooperationen eingehen. 3 Sie kann sich an Förderaktivitäten im Sinne von Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe c beteiligen. Art. 22a48 Zusammenarbeit mit anderen Forschungsorganen 1 Die Innosuisse kann im Rahmen ihrer Instrumente nach den Artikeln 19–21 mit an- deren Forschungsorganen gemeinsame Fördermassnahmen durchführen. 2 Die beteiligten Parteien regeln die Modalitäten der Durchführung sowie die Förder- bedingungen in gemeinsamen Reglementen. Art. 2349 Abgeltung der indirekten Forschungskosten 1 Die Innosuisse entrichtet im Rahmen ihrer Förderung den Hochschulforschungsstät- ten und den nichtkommerziellen Forschungsstätten ausserhalb des Hochschulbereichs Beiträge zur Abgeltung der indirekten Forschungskosten (Overhead). 1bis Soll für vom Bund unterstützte Technologiekompetenzzentren (Art. 15 Abs. 3 Bst. c) ein höherer Beitragshöchstsatz festgelegt werden als für die übrigen Hoch- schulforschungsstätten und für die nichtkommerziellen Forschungsstätten ausserhalb des Hochschulbereichs, so wird der Bundesrat dem Parlament einen entsprechenden Vorschlag mit dem Zahlungsrahmen nach Artikel 36 Buchstabe c unterbreiten.50 2 Im Übrigen regelt der Bundesrat die Grundsätze der Beitragsbemessung.51 47 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 48 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 49 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 50 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 51 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation. BG 17 / 32 420.1 Art. 2452 Anwendbarkeit des Subventionsgesetzes Für die Förderung der Innovation durch die Innosuisse gelten die Vorgaben des Sub- ventionsgesetzes vom 5. Oktober 199053. Art. 25 Strafverfolgung Straftaten nach Artikel 37 oder 38 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199054 im Bereich der Innovationsförderung werden nach den Bestimmungen des Bundesge- setzes vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht durch das WBF geahndet. 5. Abschnitt: Kompetenz des Bundesrates zum Erlass zusätzlicher Fördervoraussetzungen Art. 26 Einhaltung der wissenschaftlichen Integrität und der guten wissenschaftlichen Praxis 1 Der Bundesrat kann die Gewährung von Bundesmitteln an die Hochschulfor- schungsstätten an die folgenden Voraussetzungen knüpfen: a. Die Hochschulforschungsstätten treffen Massnahmen zur Qualitätssicherung der mit Bundesmitteln geförderten Forschung. b. Sie erlassen für die an ihrer Institution tätigen Forscherinnen und Forscher Richtlinien zur Einhaltung der Regeln der wissenschaftlichen Integrität und der guten wissenschaftlichen Praxis. c. Sie sind im Stande, bei Verstössen gegen diese Regeln Massnahmen zu er- greifen, und sie verfügen über die entsprechenden Verfahren. 2 Massnahmen sind insbesondere vorzusehen für den Fall, dass: a. Forschungsergebnisse Dritter ohne Angabe der Quelle verwendet werden; b. Forschungsergebnisse, Forschungsdaten und Forschungsprotokolle verwen- det werden, die erfunden oder durch bewusst tatsachenwidrige Darstellung gefälscht oder verfälscht sind; c. in anderer schwerwiegender Weise gegen die Regeln der wissenschaftlichen Integrität und der guten wissenschaftlichen Praxis verstossen wird. Art. 27 Verwertung der Forschungsresultate 1 Der Bundesrat kann die Gewährung von Bundesmitteln an die Hochschulfor- schungsstätten an die Voraussetzung knüpfen, dass die Hochschulforschungsstätten 52 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 53 SR 616.1 54 SR 616.1 55 SR 313.0 Förderung der Forschung und Innovation 18 / 32 420.1 für ihre Forschungs- und Innovationsaktivitäten eine Strategie zur Verwertung des Wissens und zum Wissens- und Technologietransfer zwischen Hochschule und Wirt- schaft vorlegen. 2 Er kann die Gewährung von Bundesmitteln im Weiteren an eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen knüpfen: a. Das geistige Eigentum oder die Nutzungsrechte an den mit den Bundesmitteln erzielten Forschungsresultaten werden der arbeitgebenden Hochschulfor- schungsstätte übertragen. b. Die betreffende Hochschulforschungsstätte trifft Massnahmen, um die Ver- wertung der Forschungsresultate, insbesondere deren wirtschaftliche Nut- zung, zu fördern und die Schöpferinnen und Schöpfer des geistigen Eigentums an den Erträgen angemessen zu beteiligen. c. Die Forschungs- und die Umsetzungspartner legen eine Regelung des geisti- gen Eigentums und der Nutzungsrechte vor. 3 Versäumen die betreffenden Hochschulforschungsstätten die Massnahmen nach Ab- satz 2 Buchstabe b, so können die Schöpferinnen und Schöpfer die Rückübertragung des geistigen Eigentums oder der Nutzungsrechte verlangen. 6. Abschnitt: Internationale Zusammenarbeit im Bereich von Forschung und Innovation Art. 28 Ziele, Aufgaben und Zuständigkeiten 1 Der Bund fördert die internationale Zusammenarbeit der Schweiz im Bereich von Forschung und Innovation sowohl im Interesse der Entwicklung des Forschungs- und Innovationsstandortes Schweiz und der schweizerischen Hochschulen wie auch im Interesse von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. 2 Er kann im Rahmen der übergeordneten Ziele der internationalen Forschungs- und Innovationspolitik der Schweiz fördern: a. die Teilnahme der Schweiz am Aufbau und am Betrieb internationaler For- schungseinrichtungen und international koordinierter Forschungsinfrastruktu- ren; b. die Teilnahme der Schweiz an internationalen Programmen und Projekten der Forschungs- und Innovationsförderung; c. die Mitwirkung der Schweiz in internationalen Organisationen und Gremien bei der Konzipierung, Planung, Realisierung, beim Betrieb und bei der Eva- luation entsprechender Förderaktivitäten; d. die weitere bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit und Kooperation im Bereich von Forschung und Innovation. Förderung der Forschung und Innovation. BG 19 / 32 420.1 Art. 29 Beiträge und Massnahmen 1 Der Bundesrat kann im Rahmen der bewilligten Kredite folgende Beiträge ausrich- ten und folgende Massnahmen vorsehen: a. Beiträge an Forschungs- und Technologieprogramme und -projekte, welche die schweizerische Mitarbeit an Experimenten und Vorhaben internationaler Organisationen und Programme mit Schweizer Beteiligung sowie die schwei- zerische Nutzung internationaler Forschungseinrichtungen ermöglichen oder erleichtern; b.56 Beiträge an folgende Institutionen, um die schweizerische Mitarbeit an Expe- rimenten und Vorhaben internationaler Organisationen und Programme zu er- möglichen oder zu erleichtern: 1. Hochschulforschungsstätten, 2. nichtkommerzielle Forschungsstätten ausserhalb des Hochschulbereichs, 3. weitere nichtkommerzielle Institutionen, die in einem spezifischen Be- reich Forschung betreiben oder sich an Forschungsaktivitäten beteiligen; c.57 Beiträge an Institutionen nach Buchstabe b für die bilaterale oder multilaterale Zusammenarbeit im Forschungsbereich oder für spezifische Forschungsakti- vitäten im Ausland ausserhalb internationaler Programme und Organisatio- nen; dabei kann der Bundesrat seine Leistungen von der Voraussetzung ab- hängig machen, dass die begünstigten Institutionen im Interesse der internationalen Forschungs- und Innovationspolitik der Schweiz angemessene Eigenleistungen erbringen; d.58 Beiträge an Schweizer Unternehmen für die Ausarbeitung von Projektvor- schlägen für die Teilnahme an den Forschungsrahmenprogrammen der Euro- päischen Union; e.59 Beiträge an Schweizer Unternehmen zur Förderung von deren Beteiligung an den Forschungsrahmenprogrammen der Europäischen Union und an Initiati- ven und Programmen, die von diesen Rahmenprogrammen mitfinanziert wer- den, sofern für solche Beteiligungen vorausgesetzt wird, dass die Unterneh- men staatliche Beiträge erhalten; f.60 Beiträge an nichtkommerzielle Institutionen und Organisationen für die fol- genden Tätigkeiten, soweit diese nicht vom Bund selbst ausgeübt werden: 1. Information interessierter Kreise in der Schweiz über Aktivitäten und Programme der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit im Bereich von Forschung und Innovation, 56 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 57 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). 58 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 27. Sept. 2013, in Kraft seit 1. März 2014 (AS 2014 463; BBl 2013 1987). 59 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 27. Sept. 2013, in Kraft seit 1. März 2014 (AS 2014 463; BBl 2013 1987). 60 Ursprünglich: Bst. d. Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 163; BBl 2016 3089). Förderung der Forschung und Innovation 20 / 32 420.1 2. Beratung und Unterstützung interessierter Kreise in der Schweiz bei der Erarbeitung und Einreichung von Gesuchen bezüglich internationaler Programme und Projekte im Bereich von Forschung und Innovation. g.61 … 2 Der Bundesrat regelt die Bemessung der Beiträge und das Verfahren. Art. 30 Aufträge an den SNF Der Bundesrat kann den SNF im Rahmen von dessen Aufgaben und Fachkompeten- zen namentlich mit den folgenden Aufgaben beauftragen: a. Vertretung der schweizerischen Interessen in internationalen Gremien zur Konzipierung und Planung internationaler Förderprogramme unter Beteili- gung der Schweiz; b. Prüfung von Gesuchen für Programme mit Beteiligung der Schweiz; c. Durchführung nationaler Fördermassnahmen zur Unterstützung internationa- ler Fördermassnahmen des Bundes; d. Abschluss von Vereinbarungen mit Organisationen der Forschungsförderung anderer Länder im Bereich der übertragenen Aufgaben. Art. 31 Abschluss völkerrechtlicher Verträge durch den Bundesrat 1 Der Bundesrat kann völkerrechtliche Verträge über die internationale Zusammenar- beit im Bereich von Forschung und Innovation abschliessen. 2 In den Verträgen kann er auch Vereinbarungen treffen über: a. die Finanzkontrolle und die Audits; b. die Personensicherheitsprüfungen; c. die Sicherung und die Zuteilung des im Rahmen der wissenschaftlichen Zu- sammenarbeit entstehenden oder benötigten geistigen Eigentums; d. die Beteiligung des Bundes an öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen juristischen Personen; e. den Beitritt zu internationalen Organisationen; f. die Kontrolltätigkeiten von Vertreterinnen und Vertretern aus Drittstaaten und von internationalen Organisationen bei Hochschulforschungsstätten und an- dern beteiligten privaten oder öffentlichen Forschungsinstitutionen in der Schweiz. 3 Berühren die Verträge nach Absatz 1 die Aufgaben bestimmter Forschungsorgane, der Schweizerischen Hochschulkonferenz oder des ETH-Rates, so sind diese vorher anzuhören. 61 Ursprünglich: Bst. e. Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2016, mit Wirkung seit 1. März 2017 (AS 2017 163; BBl 2016 3089). Förderung der Forschung und Innovation. BG 21 / 32 420.1 7. Abschnitt: Schweizerischer Innovationspark Art. 32 Voraussetzungen der Unterstützung durch den Bund 1 Der Bund kann die Errichtung eines schweizerischen Innovationsparks unter den folgenden Voraussetzungen unterstützen: a. Der Innovationspark dient einem übergeordneten nationalen Interesse, der Wettbewerbsfähigkeit, der Ressourceneffizienz und der nachhaltigen Ent- wicklung. b. Er wird zur Wahrung des Gleichgewichts zwischen den Regionen von Anfang an auf mehrere regionale Standorte verteilt, die untereinander vernetzt sind und mit den Hochschulen zusammenarbeiten. c. Er kann nicht im Rahmen der ordentlichen Förderung nach Artikel 7 Absatz 1 verwirklicht werden. d. Er ergänzt in geeigneter Weise die ordentliche Förderung nach dem 2. und dem 4. Abschnitt. e. Er leistet einen wirkungsvollen Beitrag zur Vernetzung der Innovationstätig- keiten in der Schweiz auf den Ebenen der Institutionen und der Regionen. 2 Die Bundesversammlung bewilligt mit einfachem Bundesbeschluss die Unterstüt- zung des Bundes für einen schweizerischen Innovationspark. Art. 33 Unterstützungsmassnahmen und deren Voraussetzungen 1 Die Unterstützung des Bundes für den schweizerischen Innovationspark kann erfol- gen durch: a. den Verkauf geeigneter Grundstücke im Bundesbesitz; b. die Abgabe geeigneter Grundstücke des Bundes im Baurecht ohne Verzicht auf Baurechtszinsen; c. die Abgabe geeigneter Grundstücke des Bundes im Baurecht unter zeitlich befristetem Verzicht auf Baurechtszinsen; d. den Erwerb von Grundstücken im Besitz von Dritten; e. eine Kombination der unter den Buchstaben a–d genannten Massnahmen; f.62 weitere für den Erfolg der Innovationspärke notwendige Massnahmen, die nicht über die ordentliche Förderung nach Artikel 7 Absatz 1 verwirklicht werden können, insbesondere durch zeitlich befristete zinslose Darlehen, an- dere geeignete Finanzierungsinstrumente oder Beiträge an den Betriebsauf- wand der verantwortlichen Institution nach Absatz 2 Buchstabe b. 62 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 15. April 2021 (AS 2021 186; BBl 2020 3681). Förderung der Forschung und Innovation 22 / 32 420.1 2 Für die Unterstützung gelten die folgenden Voraussetzungen: a. Die raum- und zonenplanerischen Voraussetzungen für die zweckgebundene Nutzung der betroffenen Grundstücke sind zum Zeitpunkt des Bundesbe- schlusses nach Artikel 32 Absatz 2 vollumfänglich erfüllt. b. Für die Errichtung des Innovationsparks ist eine privatrechtliche oder eine öf- fentlich-rechtliche Institution mit einer national breit abgestützten Träger- schaft unter Beteiligung mehrerer Kantone sowie der Privatwirtschaft verant- wortlich; deren Gründung erfolgt spätestens zeitgleich mit dem Zeitpunkt des Bundesbeschlusses. c. Die für die Errichtung des Innovationsparks verantwortliche Institution bietet namentlich Gewähr für: 1. einen langfristig orientierten Aufbau und gesicherten Betrieb des Inno- vationsparks; 2. die Einhaltung der massgeblichen bau- und submissionsrechtlichen Vor- gaben für öffentliche und private Investoren; 3. eine der Rechtsform angepasste und klar geregelte Aufbau- und Lei- tungsorganisation, welche die Grundsätze öffentlicher Einrichtungen hinsichtlich Rechnungslegung, Finanzkontrolle und Berichterstattung zuhanden der Träger beachtet; 4. geregelte Mitwirkungsrechte des ETH-Rates, von Institutionen des ETH- Bereichs und weiterer interessierter Hochschulen in Entscheidverfahren über Sachverhalte, welche die Aufgaben und Interessen dieser Organe und Institutionen betreffen. 3 Die Errichtung des Innovationsparks erfolgt verteilt auf mehrere Standorte. Für die Institutionen, die für die Standorte verantwortlich sind, können unterschiedliche Trä- gerschaften nach Absatz 2 Buchstabe b vorgesehen werden. Die Voraussetzungen nach Absatz 2 Buchstabe c gelten für jede dieser Institutionen. Im Weiteren müssen die für die jeweiligen Standorte verantwortlichen Institutionen ausreichend Gewähr für eine sachgerechte Vernetzung der Standorte bieten. Art. 34 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 1 Gestützt auf den Bundesbeschluss nach Artikel 32 Absatz 2 schliesst der Bundesrat mit der verantwortlichen Institution nach Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe b einen öf- fentlich-rechtlichen Vertrag ab. 2 Darin werden namentlich die folgenden Sachverhalte geregelt: a. die Zweckbindung der einzelnen Unterstützungsmassnahmen des Bundes; b. die Höhe und die Fälligkeit der Rückzahlung der Erträge, welche durch die Institution erwirtschaftet werden, an den Bund; c. die Modalitäten der Rückerstattung der Unterstützung an den Bund, falls der Zweck nicht erfüllt wird. Förderung der Forschung und Innovation. BG 23 / 32 420.1 8. Abschnitt: Finanzierung Art. 35 Antrag des Bundesrates 1 Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung: a. periodisch eine Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innova- tion (BFI-Botschaft); b. nach Bedarf weitere spezifische Botschaften zur Förderung der Forschung und der Innovation. 2 Mit den Botschaften beantragt er der Bundesversammlung die notwendigen Finanz- beschlüsse. Art. 36 Bewilligung der Mittel Die Bundesversammlung bewilligt mit einfachem Bundesbeschluss jeweils für eine mehrjährige Periode: a. den Zahlungsrahmen für die Forschungsförderungsinstitutionen; b. den Zahlungsrahmen für die Beiträge an Forschungseinrichtungen von natio- naler Bedeutung; c.63 den Zahlungsrahmen für die Innovationsförderung der Innosuisse; d. die Verpflichtungskredite für die Beiträge im Rahmen der internationalen Zu- sammenarbeit im Bereich von Forschung und Innovation; e.64 den Zahlungsrahmen für den Betriebsaufwand der für den schweizerischen Innovationspark verantwortlichen Institution nach Artikel 33 Absatz 2 Buch- stabe b. Art. 37 Freigabe und Auszahlung der Mittel 1 Die Bundesbeiträge an die Forschungsförderungsinstitutionen werden freigegeben gestützt auf die von den Institutionen jährlich vorgelegten und von den zuständigen Bundesstellen genehmigten Förderpläne (Art. 48). 2 Die Bundesbeiträge an die Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung (Art. 15) werden gemäss den Bestimmungen der Beitragsverfügungen und den Leistungs- vereinbarungen freigegeben. 3 Die Auszahlung der freigegebenen Bundesbeiträge erfolgt nach Artikel 23 des Sub- ventionsgesetzes vom 5. Oktober 199065. 4 Die Freigabe und die Auszahlung der Bundesbeiträge im Rahmen der internationa- len Zusammenarbeit richten sich nach: 63 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 64 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 15. April 2021 (AS 2021 186; BBl 2020 3681). 65 SR 616.1 Förderung der Forschung und Innovation 24 / 32 420.1 a. den Bestimmungen der völkerrechtlichen Verträge; oder b. den Bestimmungen der Beitragsverfügungen und Vereinbarungen. 9. Abschnitt: Rückforderung und Rückzahlung Art. 38 Rückforderung bei Pflichtverletzung 1 Die Forschungsförderungsinstitutionen fordern die von ihnen gewährten Mittel zu- rück, wenn sie zu Unrecht ausbezahlt worden sind oder wenn die Empfängerin oder der Empfänger die auferlegten Pflichten trotz Mahnung nicht erfüllt hat. 2 Der Rückforderungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Geldgeber davon Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber zehn Jahre nach Entste- hung des Anspruchs.66 2bis Hat die Empfängerin oder der Empfänger durch ihr oder sein Verhalten eine straf- bare Handlung begangen, so verjährt der Rückforderungsanspruch frühestens mit Ein- tritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanz- lichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.67 3 Die Forschungsförderungsinstitutionen verwenden die rückerstatteten Mittel für die ihnen vom Bund übertragenen Aufgaben. Sie informieren darüber in ihren Jahresbe- richten. Art. 39 Rückzahlung bei wirtschaftlichem Nutzen und Gewinnbeteiligung 1 Werden die Resultate der ganz oder teilweise mit Bundesmitteln finanzierten For- schung wirtschaftlich genutzt, so können die Forschungsförderungsinstitutionen ver- langen: a. die Rückzahlung der von ihnen gewährten Mittel nach Massgabe der erzielten Erträge; und b. eine angemessene Gewinnbeteiligung. 2 Die Forschungsförderungsinstitutionen verwenden die Rückzahlungen und die Ge- winnbeteiligungen für die ihnen vom Bund übertragenen Aufgaben. Sie informieren darüber in ihren Jahresberichten. 66 Fassung gemäss Anhang Ziff. 5 des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungs- rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2018 5343; BBl 2014 235). 67 Eingefügt durch Anhang Ziff. 5 des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungs- rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2018 5343; BBl 2014 235). Förderung der Forschung und Innovation. BG 25 / 32 420.1 3. Kapitel: Koordination und Planung 1. Abschnitt: Selbstkoordination Art. 40 1 Jedes Forschungsorgan koordiniert die Tätigkeiten, die unter seiner Verantwortung oder mit seiner Unterstützung durchgeführt werden. 2 Die Forschungsorgane koordinieren ihre Tätigkeiten untereinander durch rechtzei- tige gegenseitige Information. 3 Die Forschungsförderungsinstitutionen, die Innosuisse sowie die Bundesverwal- tung, soweit sie Aufgaben der Forschungs- oder Innovationsförderung wahrnimmt, koordinieren ihre Tätigkeiten durch Abstimmung ihrer Fördermassnahmen und Zu- sammenarbeit im Rahmen ihrer Förderaktivitäten. Sie berücksichtigen bei ihren Ko- ordinationsanstrengungen die Bedürfnisse der Lehre, die ohne Bundeshilfe durchge- führte Forschung, die Forschung im Ausland und die Koordination nach dem HFKG68. 2. Abschnitt: Koordination durch den Bundesrat Art. 41 Grundsätze 1 Der Bundesrat achtet darauf, dass die Bundesmittel für die Forschung und die Inno- vation koordiniert, wirtschaftlich und wirksam verwendet werden. 2 Lässt sich die Zusammenarbeit nicht durch Selbstkoordination verwirklichen, so trifft der Bundesrat die erforderlichen Massnahmen. Er kann zu diesem Zweck insbe- sondere bestehenden Kommissionen bestimmte Koordinationsaufträge erteilen oder besondere Kommissionen einsetzen. 3 Er überprüft periodisch oder nach Bedarf: a. die Abstimmung zwischen nationaler und internationaler Förderung im Be- reich von Forschung und Innovation; b. die Kohärenz zwischen der internationalen Zusammenarbeit im Bereich von Forschung und Innovation und der Wirtschaftsaussen- und Entwicklungspo- litik sowie der allgemeinen Aussenpolitik der Schweiz. 4 Er trifft im Weiteren, insbesondere hinsichtlich kostenintensiver Forschungsinfra- strukturen, die erforderlichen Massnahmen für eine kohärente Abstimmung der inter- nationalen Forschungs- und Innovationsförderung des Bundes mit: a. der Entwicklungsplanung im ETH-Bereich; und b. der gesamtschweizerischen hochschulpolitischen Koordination und Aufga- benteilung in besonders kostenintensiven Bereichen. 68 SR 414.20 Förderung der Forschung und Innovation 26 / 32 420.1 5 Er koordiniert die Planung und die Durchführung nationaler Förderinitiativen im Bereich von Forschung und Innovation, die aufgrund ihrer organisatorischen und fi- nanziellen Tragweite nicht im Rahmen der ordentlichen Förderaufgaben der For- schungsförderungsinstitutionen und der Innosuisse verwirklicht werden können. 6 Er stellt dabei sicher, dass die Forschungsorgane, die Schweizerische Hochschul- konferenz und der ETH-Rat in die Planung einbezogen werden. Anträge an die Bun- desversammlung betreffend Fördermassnahmen nach Absatz 5, einschliesslich der Festlegung von Finanzierung und Durchführung, erstellt er im Einvernehmen mit der Schweizerischen Hochschulkonferenz. Art. 42 Interdepartementaler Koordinationsausschuss für die Ressortforschung des Bundes 1 Der Bundesrat setzt für die Koordination der Ressortforschung des Bundes einen interdepartementalen Koordinationsausschuss ein. 2 Er legt das Verfahren zur Ernennung der Mitglieder des Koordinationsausschusses fest. 3 Der Koordinationsausschuss hat die folgenden Aufgaben: a. Er koordiniert das Vorgehen beim Erarbeiten der Mehrjahresprogramme (Art. 45 Abs. 3). b. Er erlässt Richtlinien über die Qualitätssicherung im Bereich der Ressortfor- schung. 4 Der Bundesrat kann dem Koordinationsausschuss weitere Aufgaben im Bereich der Ressortforschung übertragen. 3. Abschnitt: Forschungs- und innovationspolitische Planung Art. 43 Mittel der Planung Die Mittel der forschungs- und innovationspolitischen Planung sind: a. die Überprüfung der strategischen Ausrichtung der Förderpolitik des Bundes; b. die Mehrjahresprogramme; c. die Jahresplanung. Art. 44 Überprüfung der strategischen Ausrichtung der Förderpolitik des Bundes 1 Das WBF beauftragt national oder international zusammengesetzte Expertenkom- missionen mit der periodischen Überprüfung der schweizerischen Forschungs- und Innovationsförderpolitik oder von Teilen davon. Förderung der Forschung und Innovation. BG 27 / 32 420.1 2 Es holt beim Schweizerischen Wissenschaftsrat69 eine übergeordnete Stellung- nahme zu den Ergebnissen ein. 3 Es kann fallweise den Schweizerischen Wissenschaftsrat mit Überprüfungen nach Absatz 1 oder mit deren Koordination beauftragen. 4 Der Bundesrat legt, gestützt auf die Überprüfungen nach Absatz 1, die strategische Ausrichtung der Forschungs- und Innovationsförderpolitik des Bundes fest. Er hört dazu vorgängig die Schweizerische Hochschulkonferenz, den ETH-Rat, den SNF, die Innosuisse und nach Bedarf andere betroffene Forschungsorgane an. 5 Er passt die Ausrichtung der Förderpolitik veränderten Verhältnissen an. 6 Er unterbreitet der Bundesversammlung zusammen mit den BFI-Botschaften perio- disch einen Bericht über die Ergebnisse der Überprüfungen nach Absatz 1 und über seine Strategie der Forschungs- und Innovationsförderpolitik. Art. 45 Mehrjahresprogramme 1 Mit den Mehrjahresprogrammen geben die Forschungsorgane Aufschluss über ihre forschungs- und innovationspolitischen Absichten und über ihre mittelfristigen Prio- ritäten. 2 Die Mehrjahresprogramme dienen der Koordination und der Zusammenarbeit unter den Forschungsorganen und enthalten die für die BFI-Botschaften und für die Finanz- planung des Bundes erforderlichen Angaben. Sie dienen im Weiteren als Basis für die periodischen Leistungsvereinbarungen des Bundes mit den Forschungsförderungsin- stitutionen. 3 Die Mehrjahresprogramme der Ressortforschung werden in Form von ressortüber- greifenden Forschungskonzepten dargelegt. Die Bundesverwaltung gibt darin Aus- kunft über die geplanten Schwerpunkte in der Ressortforschung. Dabei berücksichtigt sie namentlich die bestehenden Forschungsschwerpunkte der Hochschulen, die im Auftrag des Bundes durchgeführten Förderprogramme des SNF sowie die Tätigkeit der Innosuisse. Art. 46 Pflicht zur Ausarbeitung 1 Zur Ausarbeitung von Mehrjahresprogrammen sind verpflichtet: a. die Forschungsförderungsinstitutionen; b. die Innosuisse; c. die nach diesem Gesetz unterstützten Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung; d. die vom Bundesrat bezeichneten Stellen der Bundesverwaltung. 69 Ausdruck gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). Diese Änd. wurde im gan- zen Erlass berücksichtigt. Förderung der Forschung und Innovation 28 / 32 420.1 2 Die Hochschulen, die Beiträge nach dem 8. Kapitel des HFKG70 erhalten, liefern die erforderlichen Informationen über ihre Forschung im Rahmen der Verfahren nach dem HFKG. 3 Die beiden ETH und die Forschungsanstalten des ETH-Bereichs liefern die erfor- derlichen Informationen über ihre Forschung im Rahmen der Verfahren nach dem ETH-Gesetz vom 4. Oktober 199171. Art. 47 Verfahren 1 Der Bundesrat bestimmt die formalen Anforderungen an die Mehrjahresprogramme. 2 Die Mehrjahresprogramme sind zu unterbreiten: a. dem Bundesrat zur Kenntnisnahme; b. soweit sie die Hochschulforschung betreffen: der Schweizerischen Hoch- schulkonferenz zur Stellungnahme; c. soweit sie den ETH-Bereich betreffen: dem ETH-Rat zur Stellungnahme. 3 Sind die Mehrjahresprogramme nicht aufeinander abgestimmt oder übersteigen die Kreditbegehren die voraussichtlich verfügbaren Bundesmittel, so kann der Bundesrat eine Überarbeitung der Programme verlangen. 4 Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung im Rahmen der BFI-Botschaft einen Bericht über die Mehrjahresprogramme. Art. 48 Jahresplanung 1 Die Forschungsförderungsinstitutionen erstellen einen jährlichen Förderplan. Sie unterbreiten ihn dem WBF zur Genehmigung. 2 Das WBF kann seine Genehmigungskompetenz der zuständigen Verwaltungseinheit übertragen. 3 Die Bundesverwaltung führt in den Begründungen zum Voranschlag aus, wie die Mittel für die Aufgaben im Bereich der Ressortforschung verwendet werden sollen. 4. Kapitel: Informations- und Berichterstattungspflichten, Qualitätssicherung Art. 49 Information über Förderaktivitäten 1 Die Forschungsförderungsinstitutionen, die Innosuisse und die Bundesverwaltung informieren die Öffentlichkeit in geeigneter Form über ihre Förderaktivitäten. 2 Sie betreiben zu diesem Zweck öffentlich zugängliche Informationssysteme über die von ihnen geförderten Projekte im Bereich von Forschung und Innovation. 70 SR 414.20 71 SR 414.110 Förderung der Forschung und Innovation. BG 29 / 32 420.1 Art. 50 Zugänglichkeit der Forschungsresultate Die Forschungsförderungsinstitutionen, die Innosuisse und die Bundesverwaltung sorgen dafür, dass die Forschungsresultate im Rahmen der gesetzlichen Bestimmun- gen der Öffentlichkeit zugänglich sind. Art. 51 Qualitätssicherung 1 Die Forschungsförderungsinstitutionen und die Innosuisse führen ein geeignetes Qualitätssicherungssystem für die Entscheidverfahren und Programme. 2 Sie überprüfen zudem periodisch, im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben und Zuständigkeiten, die Eignung der Instrumente sowie die Form der Förderung. 3 Die Qualitätssicherung im Bereich der Ressortforschung richtet sich nach den vom interdepartementalen Koordinationsausschuss für die Ressortforschung erlassenen Richtlinien. Regelungen in Spezialgesetzen bleiben vorbehalten. Art. 52 Berichterstattung 1 Die Forschungsförderungsinstitutionen sowie die Bundesverwaltung, soweit sie Forschung betreibt oder fördert, berichten dem Bundesrat oder dem zuständigen De- partement periodisch über ihre Tätigkeiten und über die Durchführung der Mehrjah- resprogramme. 2 Das zuständige Departement regelt Art, Umfang und Zeitpunkt der Berichterstat- tung, gegebenenfalls im Rahmen der jeweils abgeschlossenen Leistungsvereinbarun- gen. 3 Der Bundesrat erstattet der Bundesversammlung mit den BFI-Botschaften perio- disch Bericht. 5. Kapitel: Statistik Art. 53 1 Der Bundesrat ordnet die zur Anwendung dieses Gesetzes notwendigen statistischen Erhebungen an. 2 Er hört vorher die betroffenen Forschungsorgane und, soweit die Erhebungen Emp- fängerinnen und Empfänger von Beiträgen nach dem HFKG72 oder dem ETH-Gesetz vom 4. Oktober 199173 betreffen, die Schweizerische Hochschulkonferenz bezie- hungsweise den ETH-Rat an. 3 Er stellt die Information über die Forschungs- und Innovationsprojekte der Bundes- verwaltung und des ETH-Bereichs sicher, soweit dies im Sinne von Artikel 50 mög- lich ist. 4 Das SBFI führt für die Projekte der Ressortforschung eine Datenbank. 72 SR 414.20 73 SR 414.110 Förderung der Forschung und Innovation 30 / 32 420.1 6. Kapitel: Schweizerischer Wissenschaftsrat Art. 54 Aufgaben 1 Der Schweizerische Wissenschaftsrat (SWR74) ist eine ausserparlamentarische Kommission im Sinne von Artikel 57a Absatz 1 des Regierungs- und Verwaltungs- organisationsgesetzes vom 21. März 199775. Er berät aus eigener Initiative oder im Auftrag des Bundesrates oder des WBF den Bundesrat in allen Fragen der For- schungs- und Innovationspolitik. 2 Er erfüllt im Auftrag des Bundesrates oder des WBF die folgenden Aufgaben: a. Er evaluiert namentlich: 1. die Fördermassnahmen des Bundes, 2. die Forschungsorgane hinsichtlich ihrer Aufgabenerfüllung, 3. die Förderinstrumente der Forschungsförderungsinstitutionen und der Innosuisse, 4. die Massnahmen der Ressortforschung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit. b. Er nimmt zu einzelnen forschungs- und innovationspolitischen Vorhaben oder Problemen Stellung. c. Er unterstützt das WBF bei seiner periodischen Überprüfung der schweizeri- schen Forschungs- und Innovationspolitik. d. Er berät den Bundesrat beim Vollzug dieses Gesetzes. Art. 55 Wahl und Organisation 1 Der Bundesrat wählt die Mitglieder des SWR und bestimmt die Präsidentin oder den Präsidenten. 2 Der SWR setzt sich aus 10–15 Mitgliedern zusammen. Diese verfügen über ausge- wiesene fachübergreifende Kompetenzen in Wissenschaft, Berufsbildung und Inno- vation. 3 Der SWR ordnet seine Organisation und seine Geschäftsführung in einer Verord- nung. Diese bedarf der Genehmigung durch den Bundesrat.76 7. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 56 Vollzug Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. 74 Ausdruck gemäss Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). Diese Änd. wurde im gan- zen Erlass berücksichtig. 75 SR 172.010 76 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2021 (Änderungen bei der Innovationsför- derung), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 221; BBl 2021 480). Förderung der Forschung und Innovation. BG 31 / 32 420.1 Art. 57 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts 1 Das Forschungs- und Innovationsförderungsgesetz vom 7. Oktober 198377 wird, un- ter Vorbehalt von Absatz 2, aufgehoben. 2 Bis zum Inkrafttreten des HFKG78 bleiben die Artikel 5 Buchstabe b Ziffern 2 und 3, 6 Absatz 1 Buchstaben b und c sowie 24 Absatz 2 des Forschungs- und Innovati- onsförderungsgesetzes vom 7. Oktober 1983 anwendbar. 3 Das HFKG wird wie folgt geändert: …79 Art. 57a80 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 17. Juni 2016 Beraterinnen und Berater, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung vom 17. Juni 2016 eine Tätigkeit im Rahmen von Artikel 20 Absätze 2 Buchstabe a sowie 3 ausüben, gelten im Rahmen des laufenden Vertrags als qualifiziert im Sinne von Artikel 21. Art. 58 Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. 3 Er setzt die folgenden Bestimmungen gleichzeitig mit dem HFKG81 in Kraft: a. Artikel 4 Buchstabe c Ziffer 2; b. Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b; c. Artikel 46 Absatz 2. 4 Die Artikel 5 Buchstabe b Ziffern 2 und 3, 6 Absatz 1 Buchstaben b und c sowie 24 Absatz 2 des Forschungs- und Innovationsförderungsgesetzes vom 7. Oktober 198382 werden gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des HFKG aufgehoben. Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 201483 Artikel 4 Buchstabe c Ziffer 2, 7 Absatz 1 Buchstabe b und 46 Absatz 2 werden gleichzeitig mit dem HFKG84 in Kraft gesetzt (Art. 58 Abs. 3). 77 [AS 1984 28; 1992 1027 Art. 19; 1993 901 Anhang Ziff. 4 2080 Anhang Ziff. 9; 1996 99; 2000 1858; 2003 4265; 2004 4261; 2006 2197 Anhang Ziff. 39; 2008 433; 2010 651; 2011 4497 Ziff. I 1; 2012 3655 Ziff. I 13; 2013 2639] 78 SR 414.20 79 Die Änderung kann unter AS 2013 4425 konsultiert werden. 80 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des Innosuisse-Gesetzes vom 17. Juni 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 4259, 2017 131; BBl 2015 9487). 81 SR 414.20 82 [AS 1984 28, 2008 433, 2010 651] 83 BRB vom 29. Nov. 2013 84 SR 414.20, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 4103) Förderung der Forschung und Innovation 32 / 32 420.1 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Zweck Art. 2 Begriffe Art. 3 Geltungsbereich Art. 4 Forschungsorgane Art. 5 Nichtkommerzielle Forschungsstätten ausserhalb des Hochschulbereichs Art. 6 Grundsätze und Aufträge 2. Kapitel: Förderung 1. Abschnitt: Aufgaben und Zuständigkeiten des Bundes Art. 7 Aufgaben Art. 8 Leistungsvereinbarungen 2. Abschnitt: Aufgaben, Fördergrundsätze und Beiträge der Forschungsförderungsinstitutionen Art. 9 Aufgaben und Fördergrundsätze im Allgemeinen Art. 10 Schweizerischer Nationalfonds Art. 11 Akademien der Wissenschaften Schweiz Art. 12 Wissenschaftliche Integrität und gute wissenschaftliche Praxis; Sanktionen Art. 13 Verfahren und Rechtsschutz 3. Abschnitt: Forschung und Forschungsförderung durch die Bundesverwaltung Art. 14 Vorbehalt spezialgesetzlicher Regelungen Art. 15 Beiträge an Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung Art. 16 Ressortforschung des Bundes Art. 17 Bundeseigene Forschungsanstalten 4. Abschnitt: Innovationsförderung Art. 18 Aufgaben des Bundes Art. 19 Förderung von Innovationsprojekten Art. 20 Förderung des wissenschaftsbasierten Unternehmertums Art. 20a Förderung hochqualifizierter Personen Art. 21 Förderung des Wissens- und Technologietransfers und der Informationsvermittlung Art. 22 Internationale Zusammenarbeit im Bereich der Innovation Art. 22a Zusammenarbeit mit anderen Forschungsorganen Art. 23 Abgeltung der indirekten Forschungskosten Art. 24 Anwendbarkeit des Subventionsgesetzes Art. 25 Strafverfolgung 5. Abschnitt: Kompetenz des Bundesrates zum Erlass zusätzlicher Fördervoraussetzungen Art. 26 Einhaltung der wissenschaftlichen Integrität und der guten wissenschaftlichen Praxis Art. 27 Verwertung der Forschungsresultate 6. Abschnitt: Internationale Zusammenarbeit im Bereich von Forschung und Innovation Art. 28 Ziele, Aufgaben und Zuständigkeiten Art. 29 Beiträge und Massnahmen Art. 30 Aufträge an den SNF Art. 31 Abschluss völkerrechtlicher Verträge durch den Bundesrat 7. Abschnitt: Schweizerischer Innovationspark Art. 32 Voraussetzungen der Unterstützung durch den Bund Art. 33 Unterstützungsmassnahmen und deren Voraussetzungen Art. 34 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 8. Abschnitt: Finanzierung Art. 35 Antrag des Bundesrates Art. 36 Bewilligung der Mittel Art. 37 Freigabe und Auszahlung der Mittel 9. Abschnitt: Rückforderung und Rückzahlung Art. 38 Rückforderung bei Pflichtverletzung Art. 39 Rückzahlung bei wirtschaftlichem Nutzen und Gewinnbeteiligung 3. Kapitel: Koordination und Planung 1. Abschnitt: Selbstkoordination Art. 40 2. Abschnitt: Koordination durch den Bundesrat Art. 41 Grundsätze Art. 42 Interdepartementaler Koordinationsausschuss für die Ressortforschung des Bundes 3. Abschnitt: Forschungs- und innovationspolitische Planung Art. 43 Mittel der Planung Art. 44 Überprüfung der strategischen Ausrichtung der Förderpolitik des Bundes Art. 45 Mehrjahresprogramme Art. 46 Pflicht zur Ausarbeitung Art. 47 Verfahren Art. 48 Jahresplanung 4. Kapitel: Informations- und Berichterstattungspflichten, Qualitätssicherung Art. 49 Information über Förderaktivitäten Art. 50 Zugänglichkeit der Forschungsresultate Art. 51 Qualitätssicherung Art. 52 Berichterstattung 5. Kapitel: Statistik Art. 53 6. Kapitel: Schweizerischer Wissenschaftsrat Art. 54 Aufgaben Art. 55 Wahl und Organisation 7. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 56 Vollzug Art. 57 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts Art. 57a Übergangsbestimmung zur Änderung vom 17. Juni 2016 Art. 58 Referendum und Inkrafttreten
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Erwägungen ab Seite 108 BGE 139 V 108 S. 108 Aus den Erwägungen: 2. Streitig und zu prüfen ist einzig die Frage, ob (und allenfalls inwieweit) Anwaltskosten Mehrkosten im Sinne von Art. 69 Abs. 2 ATSG (SR 830.1) darstellen. BGE 139 V 108 S. 109 Das Bundesgericht hat sich zur Frage bis anhin nicht umfassend geäussert. Die Problematik wurde zwar im Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 108/05 vom 28. August 2006 angesprochen. Es handelt sich dabei aber nicht um ein Grundsatzurteil, da es in Dreierbesetzung ergangen ist (vgl. die damals geltende Ordnung gemäss Art. 125 in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege [OG; AS 1992 288, 289 und 297]; heute: Art. 20 Abs. 1 und 2 BGG ). Die dortigen - nicht weiter begründeten - Ausführungen sind als obiter dictum zu betrachten, und das ATSG war in jenem Verfahren gar nicht anwendbar. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich sprach sich gegen die Anerkennung von Anwaltskosten als Mehrkosten aus (Entscheid UV 2003.00253 vom 24. Juni 2005); dieser Entscheid war ans Eidg. Versicherungsgericht weitergezogen worden (Urteil U 325/05 vom 5. Januar 2006), welches sich zur Anrechenbarkeit von Anwaltskosten als Mehrkosten im Sinne von Art. 69 ATSG nicht zu äussern hatte, da der vorinstanzliche Entscheid diesbezüglich nicht angefochten worden war; insofern lässt sich daraus nichts Verbindliches ableiten (Urteil U 325/05 vom 5. Januar 2006 E. 3.4, nicht publ. in: BGE 132 V 27 , aber in: SVR 2006 UV Nr. 13 S. 45 und RKUV 2006 S. 190). 3. 3.1 Bezüglich der streitigen Frage der Überentschädigung bestimmte aArt. 40 UVG (SR 832.20; in der ab 1. Januar 1985 bis zuletzt in Kraft gestandenen Fassung) für die Belange der Unfallversicherung Folgendes: Wenn keine Koordinationsregel dieses Gesetzes eingreift, so werden Geldleistungen, ausgenommen Hilflosenentschädigungen, soweit gekürzt, als sie mit den anderen Sozialversicherungsleistungen zusammentreffen und den mutmasslich entgangenen Verdienst übersteigen; Art. 34 Abs. 2 BVG (SR 831.40) bleibt vorbehalten. Mit Inkrafttreten des ATSG am 1. Januar 2003 wurde aArt. 40 UVG aufgehoben (Ziff. 12 Anhang ATSG, AS 2002 3427). Die Überentschädigung ist nunmehr - auch für die Unfallversicherung - wie folgt geregelt: Gemäss Art. 68 ATSG werden Taggelder unter Vorbehalt der Überentschädigung kumulativ zu Renten anderer Sozialversicherungen gewährt. Nach Art. 69 ATSG darf das Zusammentreffen von Leistungen verschiedener Sozialversicherungen nicht zu einer Überentschädigung der berechtigten Person führen. Bei der Berechnung der Überentschädigung werden nur Leistungen gleicher Art und Zweckbestimmung berücksichtigt, die der anspruchsberechtigten Person BGE 139 V 108 S. 110 auf Grund des schädigenden Ereignisses gewährt werden (Abs. 1). Eine Überentschädigung liegt in dem Masse vor, als die gesetzlichen Sozialversicherungsleistungen den wegen des Versicherungsfalls mutmasslich entgangenen Verdienst zuzüglich der durch den Versicherungsfall verursachten Mehrkosten und allfälliger Einkommenseinbussen von Angehörigen übersteigen (Abs. 2). Die Leistungen werden um den Betrag der Überentschädigung gekürzt. Von einer Kürzung ausgeschlossen sind die Renten der AHV und der IV sowie alle Hilflosen- und Integritätsentschädigungen. Bei Kapitalleistungen wird der Rentenwert berücksichtigt (Abs. 3). 3.2 Die Vorinstanz geht unter Hinweis auf die Materialien von einer engen Auslegung des Begriffs "Mehrkosten" aus. Sie gelangt zum Schluss, dass solche Kosten auf die gesundheitliche Beeinträchtigung des Versicherten zurückzuführen sein müssen. Anwaltskosten seien demnach nicht anrechenbar. 3.3 Der Versicherte ist der Auffassung, eine derartige Einschränkung ergebe sich aus der genannten Gesetzesbestimmung nicht. Die Anwaltskosten seien ihm tatsächlich als Unfallfolge erwachsen, um die Sozialversicherungsleistungen geltend machen zu können. Weder aus der ratio legis noch aus den Materialien ergäben sich Hinweise für eine enge Auslegung des Begriffes. 3.4 Die Basler unterstützt die Auffassung der Vorinstanz und hält zusätzlich fest, falls Anwaltskosten als Mehrkosten anerkannt würden, seien diese auf ein vertretbares Mass zu beschränken. 4. 4.1 Aus den Materialien zum ATSG ergibt sich vorerst, dass die Frage der Überentschädigung im Laufe der parlamentarischen Beratung Änderungen erfahren hat. Durchgesetzt hat sich mit Blick auf die hier zu beantwortende Frage die Fassung der ständerätlichen Kommission. Eine inhaltliche Beschränkung des Begriffs der Mehrkosten kann daraus nicht entnommen werden (vgl. etwa AB 1999 N 1250 ff. und AB 2000 S 186 sowie Protokoll der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 14./15. Januar 1999, S. 33 ff. und Protokoll der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 6. September 1999, S. 23, gemäss welchen sich die Kontroverse um den Einbezug des Erwerbsausfalls der Angehörigen drehte). Vielmehr ergibt sich aus dem Bericht der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 26. März 1999 "Parlamentarische Initiative Sozialversicherungsrecht" (BBl 1999 BGE 139 V 108 S. 111 4523, 4642 zu Art. 76 Abs. 2 E-ATSG), die Frage der Auslegung des Begriffs Mehrkosten werde durch die Gerichtspraxis zu klären sein; der Hinweis im ständerätlichen Bericht sowie das durch FRANZ SCHLAURI (Die Leistungskoordination im neuen Krankenversicherungsrecht, in: LAMal-KVG, Recueil de travaux en l'honneur de la société suisse de droit des assurances, 1997, S. 639, 653 f.) vertretene Verständnis der geltenden Regelungen sprächen zwar dafür, die Mehrkosten auf behandlungs- oder betreuungsbedingte Kosten einzuschränken, der Wortlaut der Bestimmung lasse aber eine andere Deutung offen. 4.2 Das Schrifttum äussert sich zur strittigen Frage eher zurückhaltend (vgl. etwa KIESER/LANDOLT, Unfall - Haftung - Versicherung, 2011, S. 331 f. Rz. 996 ff.; BETTINA KAHIL-WOLFF, in: Droit suisse de la sécurité sociale, Pierre-Yves Greber und andere [Hrsg.], Bd. I, 2010, S. 32 f. Rz. 54 ff.; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 17 ff. zu Art. 69 ATSG ; FRÉSARD/MOSER-SZELESS, L'assurance-accidents obligatoire, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 946 f. Rz. 360 ff.; GHISLAINE FRÉSARD-FELLAY, Le recours subrogatoire de l'assurance-accidents sociale contre le tiers responsable ou son assureur, 2007, S. 480 f. Rz. 1448). Insbesondere finden sich kaum Ausführungen zur Frage, weshalb Anwaltskosten nicht als Mehrkosten anerkannt werden dürfen. Am deutlichsten gegen die Anerkennung von Anwaltskosten als Mehrkosten im Sinne von Art. 69 Abs. 2 ATSG spricht sich GHISLAINE FRÉSARD-FELLAY aus. Sie sieht darin eine Ausweitung des Schadensbegriffs über das im Sozialversicherungsrecht anerkannte Mass hinaus. Demgegenüber bejahen KIESER/LANDOLT die Anerkennung der Anwaltskosten als Mehrkosten bei der Berechnung der Überentschädigung, da der Gesetzgeber ein offenes Kriterium, nämlich die Verursachung durch den Unfall, gewählt habe. 5. 5.1 Die Auslegung des Gesetzes ist auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die von ihm erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm bildet ihr Wortlaut. Vom daraus abgeleiteten Sinne ist jedoch abzuweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass der Gesetzgeber diesen nicht gewollt haben kann (vgl. BGE 136 V 84 E. 4.3.2.1 S. 92). Solche Gründe können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben ( BGE 135 IV 113 E. 2.4.2 S. 116; BGE 135 V 382 E. 11.4.1 S. 404). BGE 139 V 108 S. 112 Insoweit wird vom historischen, teleologischen und systematischen Auslegungselement gesprochen. Bei der Auslegung einer Norm sind daher neben dem Wortlaut diese herkömmlichen Auslegungselemente zu berücksichtigen ( BGE 135 V 319 E. 2.4 S. 321; BGE 134 III 273 E. 4 S. 277 mit Hinweisen). 5.2 Aus dem Wortlaut lässt sich eine restriktive Auslegung im Sinne der Vorinstanz nicht ableiten, spricht doch Art. 69 Abs. 2 ATSG von "durch den Versicherungsfall verursachten" Mehrkosten. Dass darunter ausschliesslich gesundheitsbedingte Mehrkosten zu verstehen sind, erscheint schon deshalb nicht naheliegend, weil der Gesetzgeber eine derartige Einschränkung ohne Weiteres selber hätte vornehmen können, wenn er sie so gewollt hätte. Aus dem offenen Wortlaut ("der durch den Versicherungsfall verursachten Mehrkosten"; "du fait de la réalisation du risque ... les frais supplémentaires"; "in seguito all'evento assicurato, incluse le spese supplementari provocate") lässt sich eher schliessen, dass - im Sinne eines natürlichen Kausalzusammenhanges - alle Kosten, die ohne Versicherungsfall nicht entstanden wären, gemeint sind. Der Wortlaut ist demnach einer Auslegung im Sinne des Versicherten ohne Weiteres zugänglich. 5.3 Eine Beschränkung im vorinstanzlichen Sinne ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte. Zwar wurde in den Materialien eine solche erwähnt (vgl. E. 4.1). Letztlich hat der Gesetzgeber die Auslegung des Begriffes der Mehrkosten aber explizit der Rechtsprechung überlassen, ohne inhaltliche Vorgaben vorzunehmen. Insbesondere wurde darauf verzichtet, den Begriff auf behandlungs- oder betreuungsbedingte Mehrkosten einzuschränken. Den gemeinsamen Empfehlungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), des Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV) und der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zum ATSG und Versorgungsschaden lässt sich ein einschränkendes Verständnis des Begriffs "Mehrkosten" entnehmen (vgl. HAVE 2003 S. 346 ff., v.a. S. 350); dabei handelt es sich jedoch um Verwaltungsweisungen, welche für das Bundesgericht nicht verbindlich sind ( BGE 133 V 587 E. 6.1 S. 591, BGE 133 V 257 E. 3.2 S. 258). 5.4 Nach Art. 69 Abs. 2 ATSG liegt eine Überentschädigung erst dann vor, wenn die Sozialversicherungsleistungen den mutmasslich entgangenen Verdienst übersteigen. Das Gesetz sieht demnach keine Beschränkung in dem Sinne vor, dass die Sozialversicherungsleistungen den durch Arbeit erzielten Verdienst nicht erreichen dürfen, wie dies etwa das Komplementärrentensystem der BGE 139 V 108 S. 113 Unfallversicherung mit einer Begrenzung auf 90 % des versicherten Einkommens vorsieht ( Art. 20 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 4 UVG ). Daraus ist zu schliessen, dass der Gesetzgeber bewusst eine eher grosszügige Lösung getroffen hat. Aus dieser ratio legis kann demnach nicht geschlossen werden, der Begriff der Mehrkosten sei eng auszulegen. 5.5 Ähnliches lässt sich aus dem Umstand schliessen, dass Art. 69 ATSG bei der Festlegung der Überentschädigungsgrenze nicht nur den entgangenen Verdienst des Versicherten selber, sondern auch die durch den Versicherungsfall verursachten Einkommenseinbussen Angehöriger miteinbezieht. Mit andern Worten hat der Gesetzgeber beim entgangenen Verdienst eine für die versicherte Person günstige Lösung getroffen. Aus systematischer Sicht kann daher nicht angenommen werden, er habe dies bei den Mehrkosten gerade nicht beabsichtigt. 5.6 Ein Blick auf die Regelung des Haftpflichtrechts ( Art. 41 ff. OR ) lässt eine enge Auslegung des Begriffes Mehrkosten ebenso wenig als angezeigt erscheinen (vgl. dazu die Ausführungen von HARDY LANDOLT, Zürcher Kommentar, Teilbd. V 1c, 3. Aufl. 2007, N. 112 ff. zu Art. 46 OR sowie die Urteile 4C.215/2001 vom 15. Januar 2002 E. 4 und 4C.55/2006 vom 12. Mai 2006 E. 4, wo der vorprozessuale Anwaltsaufwand grundsätzlich als schadenersatzpflichtig bezeichnet wird; so schon BGE 97 II 259 ). Einzuräumen ist indessen, dass aus dem Haftpflichtrecht nicht ohne Weiteres auf das Sozialversicherungsrecht geschlossen werden darf, liegt jenem doch ein weiterer Schadensbegriff zu Grunde. Jedenfalls aber schliesst die Praxis zu Art. 41 ff. OR eine offene Auslegung im Sinne des Versicherten nicht aus. 5.7 Insgesamt führen weder der Wortlaut, die ratio legis, die Materialien, die Systematik noch der Vergleich mit der Regelung aus einem verwandten Rechtsgebiet zu einer engen Auslegung des Begriffs der Mehrkosten im Sinne der Vorinstanz. Vielmehr ist aufgrund des offenen Wortlautes anzunehmen, dass darunter grundsätzlich alle durch den Versicherungsfall entstandenen Mehrkosten zu verstehen sind. Der im Schrifttum geäusserte Einwand, dadurch werde der Schadensbegriff über das im Sozialversicherungsrecht anerkannte Mass ausgeweitet, ist deshalb nicht zu hören, weil es sich bei den Mehrkosten im Sinne von Art. 69 Abs. 2 ATSG stets um Kosten handeln muss, welche durch Sozialversicherungsleistungen nicht gedeckt werden können. BGE 139 V 108 S. 114 6. Unter die Mehrkosten sind daher grundsätzlich auch die dem Versicherten entstandenen Anwaltskosten zu subsumieren. Einschränkend ist anzufügen, dass es sich dabei einzig um Anwaltskosten handeln darf, die durch den Versicherungsfall entstanden sind. Konkret sind dies die Aufwendungen, die zur Erlangung der für die Überentschädigungsberechnung massgebenden Sozialversicherungsleistungen notwendig waren. Daher können beispielsweise keine anwaltlichen Bemühungen für Haftpflichtversicherungsleistungen darunter verstanden werden. Anrechenbar sind im Weiteren nur die notwendigen Aufwendungen. Auszuschliessen ist daher der Einbezug von Anwaltskosten, welche ausserhalb des üblicherweise zu erwartenden Vorgehens (so KIESER, a.a.O., N. 20 zu Art. 69 ATSG ) entstanden sind. Das gilt sowohl für den vorprozessualen Aufwand als auch für die Anwaltskosten in einem Gerichtsverfahren. Letztere können ohnehin nur geltend gemacht werden, soweit sie nicht durch eine Parteientschädigung abgegolten worden sind. Schliesslich stellt sich die Frage, inwiefern eine allfällige Rechtsschutzversicherung, welche der versicherten Person Anwaltskosten erstattet, zu berücksichtigen ist.
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Sachverhalt ab Seite 105 BGE 105 II 104 S. 105 A.- Durch letztwillige Verfügung vom 11. April 1974 regelte Frau X. ihren Nachlass und setzte Rechtsanwalt A. als Willensvollstrecker ein. Sie starb am 28. August 1974. Tags darauf, am 29. August 1974, traf bei der B.-Bank in Zürich ein vom 26. August 1974 datierter und von Frau X. an diesem Tage unterschriebener Zahlungsauftrag ein, wonach ihr "gekündigtes ... Festgeldkonto" aufzulösen, Fr. 100'000.- davon auf ein Konto des Y. und der Restbetrag auf ein weiteres Konto, das Frau X. bei der Zürcher Kantonalbank unterhielt, zu überweisen seien. Dieser Zahlungsauftrag war von Y., der Taxichauffeur in Zürich ist und Frau X. seit Jahren gekannt hatte, aufgesetzt worden. Bei der Sichtung des Nachlasses von Frau X. durch die Erben und den Willensvollstrecker war auch Y. zugegen. Die an ihn gelangte Zahlung von Fr. 100'000.- erwähnte er dabei aber nicht. Hievon erfuhren die Erben und der Willensvollstrecker erst am 16. September 1974. Dazu befragt, antwortete Y., die Summe sei ihm von Frau X. geschenkt worden. Die vom Willensvollstrecker geforderte Rückerstattung lehnte er ab. B.- Als Willensvollstrecker der Frau X. erhob A. im Februar 1976 gegen Y. Klage auf Zahlung von Fr. 100'000.- nebst Zins. Diese wurde am 29. Oktober 1976 vom Bezirksgericht Zürich gutgeheissen, auf Appellation des Beklagten hin vom Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich mit Urteil vom 3. März 1978 hingegen abgewiesen. Auf eine vom Kläger gegen das obergerichtliche Erkenntnis erhobene Nichtigkeitsbeschwerde trat das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 19. September 1978 nicht ein. C.- Der Kläger hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingelegt mit den Anträgen, es aufzuheben und die Klage gutzuheissen; eventuell sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Beklagte stellt den Antrag, es sei die Berufung abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Kläger verlangt vom Beklagten die Fr. 100'000.- gestützt auf Art. 62 OR zurück, weil sie diesem ohne gültigen Grund zugekommen seien. Demgegenüber macht der Beklagte geltend, die Fr. 100'000.- seien ihm von Frau X. geschenkt BGE 105 II 104 S. 106 worden; hilfsweise stellt er sich auf den Standpunkt, Fr. 50'000.- beträfen die Vergütung für geleistete Dienste und lediglich die weiteren Fr. 50'000.- seien ihm von Frau X. zum Geschenk gemacht worden. Das Obergericht bejaht eine gültige Schenkung hinsichtlich der ganzen Fr. 100'000.- und weist deshalb die Klage ab. 2. Mit der am 26. August 1974 unterzeichneten Erklärung ersuchte Frau X. die B.-Bank, dem Beklagten "zu Lasten meiner Rechnung" Fr. 100'000.- zu überweisen. Eine solche Erklärung begründet ein Anweisungsverhältnis im Sinne der Art. 466 ff. OR . Dadurch wurde die Bank als Angewiesene ermächtigt, den Betrag dem Beklagten als Anweisungsempfänger auszubezahlen, während dieser ermächtigt wurde, die Summe im eigenen Namen zu erheben ( Art. 466 OR ). Indes liegt in der Anweisung der blosse Versuch ( BGE 95 II 183 E. 5) des Anweisenden, dem Anweisungsempfänger über den Angewiesenen Geld, Wertpapiere oder andere vertretbare Sachen zu verschaffen. Sie kann deshalb als Mittel herangezogen werden, um eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen, beschlägt aber in einem solchen Fall weder deren Zweck noch deren Grund (GUHL/MERZ/KUMMER, Schweizerisches Obligationenrecht, 6. Auflage, S. 475). So ergibt sich aus der Anweisung an sich noch nicht das Recht des Anweisungsempfängers, auf den Anweisenden zurückzugreifen, wenn der Angewiesene die Leistung verweigert; vielmehr bleibt ihm in einem solchen Falle nur die Möglichkeit, seine Ansprüche aus dem Grundverhältnis geltend zu machen ( BGE 95 II 182 E. 5, BGE 80 II 87 E. 4, BGE 40 II 408 ). Umgekehrt findet die gestützt auf eine Anweisung empfangene Leistung ihren Rechtsgrund nicht im blossen Anweisungsverhältnis, sondern ausschliesslich in einem gültigen Grundverhältnis. Der Ausgang des Prozesses hängt somit davon ab, ob der Beklagte einen gültigen Grund im Sinne von Art. 62 Abs. 2 OR nachzuweisen vermag. 3. Der Beklagte macht in erster Linie geltend, Frau X. habe ihm die Fr. 100'000.- geschenkt. Das einzige Schriftstück, auf das er sich in diesem Zusammenhang beruft, ist der Zahlungsauftrag der Frau X. an die Bank vom 26. August 1974. Dass die Vollziehbarkeit dieser Schenkung im Sinne von Art. 245 Abs. 2 OR auf den Tod der Schenkerin gestellt worden wäre, behauptet keine der Parteien. Zu prüfen ist deshalb nur, BGE 105 II 104 S. 107 ob vorliegend eine unentgeltliche Zuwendung unter Lebenden angenommen werden kann. a) Nach Art. 242 Abs. 1 OR erfolgt eine Schenkung von Hand zu Hand durch die Übergabe der Sache vom Schenker an den Beschenkten. In diesem Vorgang liegt ein Vertrag, dessen Abschluss mit seiner Erfüllung zusammenfällt (CAVIN, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VII/1, S. 187) und bei dem die "Wertbewegung durch den Schenkungsakt selbst vorgenommen" wird (BECKER, N. 1 zu Art. 242 OR ). Indem Frau X. dem Beklagten den an die Bank gerichteten Zahlungsauftrag übergab, erfüllte sie eine allfällig mündlich vereinbarte Schenkungsverpflichtung indes noch nicht, da die Zuwendung an den Beklagten davon abhing, ob die Bank die Anweisung annehmen und die Zahlung ausführen werde ( Art. 468 Abs. 1 und Art. 469 OR ). Das war vorliegend erst am 5. September 1974 der Fall, während Frau X. die Schenkung bereits am 26. August 1974 versprochen haben soll. Ein Zusammenfallen von Vertragsschluss und Erfüllung, wie das für eine Schenkung von Hand zu Hand erforderlich wäre, scheidet unter diesen Umständen aus. Nach der Rechtsprechung ist zwar eine Schenkung von Hand zu Hand durch Besitzeskonstitut oder Besitzesanweisung möglich ( BGE 63 II 395 , BGE 52 II 368 ). Diesen Formen der Übertragung einer Sache darf jene durch obligationenrechtliche Anweisung aber nicht gleichgestellt werden, weil hier der Anweisende seiner Zahlungspflicht nicht schon mit seiner blossen Erklärung an den Angewiesenen nachkommt;, vielmehr wird er davon erst dann entbunden, wenn der Angewiesene auf Grund der Anweisung die Zahlung tatsächlich vornimmt ( Art. 467 Abs. 1 und 2 OR ). b) Es fragt sich alsdann, ob Frau X. mit dem Zahlungsauftrag vom 26. August 1974 an die Bank gleichzeitig ein Schenkungsversprechen zugunsten des Beklagten im Sinne von Art. 243 Abs. 1 OR abgegeben hat. Nach dieser Vorschrift bedarf ein solches zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form. Dergestalt soll der Schenker von unbedachtem Handeln abgehalten werden (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 5 zu Art. 243 OR ; CAVIN, a.a.O., S. 188; VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, Zürich 1972, S. 270). Von diesem Zweck der Formvorschrift ausgegangen, erscheint es als zwingend, dass die Schriftform jedenfalls das Versprechen des Schenkers erfasst, dem Beschenkten eine Zuwendung zu BGE 105 II 104 S. 108 machen (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, N. 5 zu Art. 243 OR ). Aus der auf einem Formular der Bank abgegebenen schriftlichen Erklärung der Frau X. vom 26. August 1974 ergibt sich nun aber kein derartiger Hinweis; vielmehr beschränkt sie sich auf einen blossen Auftrag an die Bank, dem Beklagten Fr. 100'000.- zu vergüten. Das ist nicht mehr als eine Anweisung im Sinne von Art. 466 OR , aus der allein sich ein Anspruch des Beklagten auf die angewiesene Summe noch nicht herleiten lässt. Ein nach Art. 243 Abs. 1 OR gültiges Schenkungsversprechen liegt deshalb nicht vor. c) Die Anweisung ist ein Mittel, um eine Zahlungsverpflichtung, so auch eine Schenkungsverpflichtung, zu erfüllen. Das der Anweisung zugrundeliegende Verhältnis ist diesfalls der Schenkungsvertrag zwischen Anweisendem und Anweisungsempfänger (vgl. VON BÜREN, a.a.O., S. 272 und 310). Auf Grund der Anweisung der Frau X. wurden dem Beklagten von der Bank die Fr. 100'000.- am 5. September 1974, d.h. etwa eine Woche nach dem Tode der Anweisenden, gutgeschrieben. Dazu war die Bank befugt, denn der Tod der Frau X. führte noch nicht zum Dahinfallen des in der Anweisung enthaltenen Auftrages an die Angewiesene (GAUTSCHI, N. 6a zu Art. 470 OR ). In gleicher Weise blieb auch der Beklagte über den Tod der Frau X. hinaus im Sinne von Art. 466 OR ermächtigt, von der Bank die Fr. 100'000.- zu erheben. Zu prüfen bleibt aber, ob ein allfälliges formungültiges Schenkungsversprechen auch nach dem Tode der Schenkerin auf diese Weise noch vollzogen werden konnte und ob das Verhältnis daher gestützt auf Art. 243 Abs. 3 OR als Schenkung von Hand zu Hand zu beurteilen ist. Bei der Schenkung von Hand zu Hand sieht das Gesetz von einer Formvorschrift ab, weil hier die eigentliche Zuwendung der Vermögenswerte an die Stelle einer besonderen Form tritt und daher dem Schenker die Tragweite seines Handelns genügend vor Augen zu führen vermag (CAVIN, a.a.O., S. 187). Ganz ähnlich verhält es sich, wenn der Schenker ein formungültiges Schenkungsversprechen vollzieht; indem er dem Beschenkten die Vermögenswerte zukommen lässt, anerkennt und bestätigt er sein früheres Schenkungsversprechen (BECKER, N. 5 zu Art. 243 OR ; vgl. VON BÜREN, a.a.O., S. 270). Eine Schenkung von Hand zu Hand nach dem Tode des Schenkers ist undenkbar, weil hier Abschluss und Erfüllung des BGE 105 II 104 S. 109 Vertrages zusammenfallen. Entsprechendes muss auch in dieser Hinsicht für den als Schenkung von Hand zu Hand geltenden Vollzug eines formungültigen Schenkungsversprechens gelten, bei dem, wie bei jener, eine die Form ersetzende Bekräftigung der Schenkungsabsicht in der tatsächlichen Zuwendung der Vermögenswerte liegt. Wenn der Vollzug aber diese Bedeutung hat, setzt das voraus, dass es der Schenker ist, der ihn eintreten lässt, was dann nicht der Fall sein kann, wenn er im Zeitpunkt des Vollzuges nicht mehr lebt. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Schenkung - von dem in Art. 245 Abs. 2 OR erwähnten, hier aber nicht vorliegenden Sonderfall abgesehen - ein Rechtsgeschäft unter Lebenden ist ( Art. 239 Abs. 1 OR ). Wird ein formungültiges Schenkungsversprechen gemäss Art. 243 Abs. 3 OR aber erst nach dem Tode des Schenkers vollzogen, so kann von einem Rechtsgeschäft unter Lebenden nicht mehr gesprochen werden, weil erst im Vollzug des Schenkungsversprechens der Wille des Schenkers rechtsgenügend zum Ausdruck kommt. d) Hat der Anweisende die Anweisung zum Vorteil des Empfängers erteilt, so kann er sie ihm gegenüber nicht widerrufen ( Art. 470 Abs. 1 OR ). Bei einer schenkungshalber erteilten Anweisung ist ein Widerruf gegenüber dem begünstigten Anweisungsempfänger jedoch solange möglich, als nicht ein Schenkungsversprechen vorliegt, das den Erfordernissen des Art. 243 Abs. 1 OR genügt, da andernfalls die zum Schutze des Schenkers aufgestellte Formvorschrift durch Erteilung einer einfachen Anweisung umgangen werden könnte (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 5 zu Art. 470 OR ; GAUTSCHI, N. 3b zu Art. 470 OR ). Lag hier aber ein formgültiges Schenkungsversprechen nicht vor, so hätte Frau X. die zugunsten des Beklagten erteilte Anweisung widerrufen können, bis die Bank diesem gegenüber die Annahme erklärte ( Art. 470 Abs. 2 OR ). Das geschah vorliegend durch schlüssiges Handeln erst nach dem Tode der Frau X., am 5. September 1974, indem dem Beklagten der Betrag von Fr. 100'000.- gutgeschrieben wurde (vgl. Art. 468 Abs. 3 OR ). Frühestens in diesem Zeitpunkt kann somit das allfällige formungültige Schenkungsversprechen der Frau X. als vollzogen gelten. War das aber erst nach ihrem Tode der Fall, so bleibt nach dem Gesagten kein Raum, um diesen Vorgang im Sinne von Art. 243 Abs. 3 OR als Schenkung von Hand zu Hand zu beurteilen. BGE 105 II 104 S. 110 4. Schenkung kommt unter diesen Umständen für die dem Beklagten zugekommene Zahlung nicht als gültiger Grund im Sinne von Art. 62 Abs. 2 OR in Betracht. Seiner Zahlungspflicht hielt der Beklagte im kantonalen Verfahren darüber hinaus auch entgegen, er sei mit den Fr. 100'000.- von Frau X. wenigstens zum Teil für geleistete Dienste entschädigt worden. In der Berufungsantwort nimmt er darauf nicht mehr Bezug; indes sind beide Parteien an der heutigen Berufungsverhandlung davon ausgegangen, dass der Beklagte an dieser Darstellung festhält. Da das angefochtene Urteil jedoch keine tatsächlichen Feststellungen enthält, die eine Beurteilung in dieser Hinsicht erlaubten, ist es gestützt auf Art. 64 Abs. 1 OG aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird alsdann auch zu prüfen haben, ob die weiteren, vom Beklagten bestrittenen rechtlichen Voraussetzungen für eine Zahlungspflicht gegeben sind ( Art. 64 OR ).
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2ae439b6-4952-404f-99cb-1de54dca4f31
Sachverhalt ab Seite 401 BGE 133 III 401 S. 401 A. X. (Ehemann) und Y. (Ehefrau) heirateten im Jahr 1972. Sie haben drei heute erwachsene Töchter. Seit Mitte 1994 leben sie getrennt. B. Mit Urteil vom 14. Oktober 2004 schied das Zivilgericht Basel-Stadt die Ehe der Parteien. Es sprach der Klägerin u.a. die hälftige Differenz der BVG-Guthaben zu, ausmachend Fr. 311'114.85. Mit Urteil vom 31. März 2006 verurteilte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt den Beklagten wiederum zur Überweisung von Fr. 311'114.85 auf deren Vorsorgekonto, freilich zufolge des inzwischen eingetretenen Vorsorgefalles nicht mehr gestützt auf Art. 122 ZGB , sondern als angemessene Entschädigung gemäss Art. 124 ZGB . BGE 133 III 401 S. 402 C. Mit Berufung vom 18. September 2006 stellt der Beklagte die Begehren, er sei bei seiner Bereitschaft zu behaften, der Klägerin in Anwendung von Art. 124 ZGB eine lebenslängliche Rente von Fr. 1'500.- pro Monat zu bezahlen, die eventualiter zu Fr. 500.- als Unterhaltsrente im Sinn von Art. 125 ZGB und zu Fr. 1'000.- als Entschädigung nach Art. 124 ZGB auszuzahlen sei, subeventualiter sei er bei seiner Bereitschaft zu behaften, der Klägerin in Anwendung von Art. 124 ZGB eine Entschädigung von Fr. 207'405.- zu bezahlen. Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Appellationsgericht hat befunden, aufgrund der per 1. Mai 2005 erfolgten Pensionierung des Beklagten und des erst am 23. Mai 2005 rechtskräftig gewordenen Scheidungspunktes sei die Teilung des BVG-Guthabens nach Art. 122 ZGB nicht mehr möglich; vielmehr müsse eine angemessene Entschädigung im Sinn von Art. 124 Abs. 1 ZGB festgesetzt werden. Die Angemessenheit beurteile sich nach der Ehedauer sowie den Vorsorgebedürfnissen und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien. Je nach Dauer zwischen dem Eintritt des Vorsorgefalls und der Scheidung rechtfertige sich auch eine approximative hälftige Teilung. Vorliegend habe die Ehe 33 Jahre bzw. das Zusammenleben 22 Jahre gedauert. Die Klägerin sei als Hausfrau und Mutter für die Erziehung der drei Töchter zuständig gewesen und habe selbst kaum eine Vorsorge aufbauen können. Sodann lägen zwischen Pensionierung und Scheidung nur wenige Tage. Vor diesem Hintergrund rechtfertige sich eine hälftige Teilung der Summe, wie sie der Klägerin bei Teilung der Differenz zwischen den Austrittsleistungen zugestanden hätte. Die Klägerin sei für die Sicherung ihrer Zukunft auf den entsprechenden Betrag angewiesen, und die Zahlung sei dem Beklagten, der heute zwei Liegenschaften besitze und eine volle Rente aufgrund seines gesamten Vorsorgeguthabens beziehe, auch ohne weiteres möglich. 3. Der Beklagte sieht in diesen Erwägungen Art. 124 ZGB verletzt. Er macht mit Blick auf eine Kapitalleistung geltend, von den 33 Ehejahren hätten die Parteien während der letzten elf getrennt gelebt. Entsprechend müsse die Entschädigung um einen Drittel gekürzt werden. Dies sei ein Gebot von Recht und Billigkeit, zumal BGE 133 III 401 S. 403 die Klägerin ihn und die Kinder verlassen habe, um eigenen Interessen nachzugehen. Zudem habe das Bundesgericht kürzlich entschieden, dass bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts auch die vor der Ehe verbrachte Konkubinatszeit zu berücksichtigen sei; e contrario sei in Fällen wie dem vorliegenden die Dauer des Getrenntlebens abzuziehen. 3.1 Der Vorsorgeausgleich ist ein selbständiges Rechtsinstitut. Wie der nacheheliche Unterhalt ist er eine Nebenfolge der Scheidung; indes sind für seine Berechnung eigene Kriterien massgebend (dazu nachfolgend). Zwischen den beiden Sachfragen besteht lediglich insofern eine Interdependenz, als die Höhe der Vorsorgeleistungen als eines von vielen Kriterien bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrages zu berücksichtigen ist (vgl. Art. 125 Abs. 2 Ziff. 8 ZGB ). Unmassgeblich sind in diesem Sinn Verschuldensfragen (Botschaft des Bundesrates vom 15. November 1995 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, BBl 1996 I 106 oben; WALSER, in: Basler Kommentar, N. 13 zu Art. 124 ZGB ; SUTTER/FREIBURGhaus, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Zürich 1999, N. 18 zu Art. 124 ZGB ), die im Übrigen nach neuem Scheidungsrecht grundsätzlich auch für den nachehelichen Unterhalt bedeutungslos sind. Mit dem Vorwurf an die Adresse der Klägerin, diese habe den gemeinsamen Haushalt verlassen, ist deshalb mit Bezug auf den Vorsorgeausgleich von vornherein keine Bundesrechtsverletzung darzutun. 3.2 Ist bei keinem Ehegatten vor Rechtskraft der Scheidung (vgl. BGE 132 III 401 ) der Vorsorgefall eingetreten, wird die Differenz der nach dem Freizügigkeitsgesetz vom 17. Dezember 1993 (FZG; SR 831.42) für die Ehedauer zu ermittelnden Austrittsleistungen nach der zwingenden Vorschrift von Art. 122 ZGB hälftig geteilt. Das Bundesgericht hat in einem nicht publizierten Entscheid (5C.111/ 2001 vom 29. Juni 2001, E. 3b, zitiert mit zustimmenden Ausführungen bei BAUMANN/LAUTERBURG, in: FamKomm Scheidung, Bern 2005, N. 47 zu Art. 122 ZGB ) festgehalten, dass für die Berechnung der zu teilenden Austrittsleistung auf den Scheidungszeitpunkt abzustellen und somit die ganze Ehedauer zu berücksichtigen bzw. die Trennungsdauer ausser Acht zu lassen ist. Ist bei einem oder beiden Ehegatten der Vorsorgefall eingetreten, ist die hälftige Teilung der Austrittsleistung nicht mehr möglich, weshalb gemäss Art. 124 ZGB eine Entschädigung geschuldet ist, deren BGE 133 III 401 S. 404 Höhe sich nach Recht und Billigkeit ( Art. 4 ZGB ) unter Gewichtung aller erheblichen Fallumstände bemisst ( BGE 127 III 433 E. 3 S. 439). Dies ändert aber nichts daran, dass der Vorsorgeausgleich ein einheitliches Institut bildet (vgl. BAUMANN/LAUTERBURG, a.a.O., N. 14 Vorbem. zu Art. 122-124 ZGB ; GRÜTTER, Vorsorgeausgleich bei Scheidung, in: FamPra.ch 2006 S. 803 f.), was Rückwirkungen auf die Auslegung des in Art. 124 ZGB verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit hat: Für die in einem ersten Schritt vorzunehmende Berechnung der Höhe des zu teilenden virtuellen Ausgangsbetrages muss wie bei Art. 122 ZGB die gesamte Ehedauer massgeblich sein (vgl. BAUMANN/LAUTERBURG, a.a.O., N. 39 zu Art. 124 ZGB ). Sodann hat sich die in einem zweiten Schritt festzusetzende angemessene Entschädigung für den Normalfall am gesetzgeberischen Konzept der grundsätzlichen hälftigen Teilung gemäss Art. 122 ZGB zu orientieren, soweit dies im konkreten Einzelfall möglich ist (vgl. BGE 129 III 481 E. 3.4.1 S. 488; BGE 131 III 1 E. 4.2 S. 4; vgl. auch GRÜTTER, a.a.O., S. 803 f.). Ein schematisches Vorgehen soll indes vermieden werden, ist doch die Bestimmung von Art. 124 ZGB durch die Verwendung des Begriffes der Angemessenheit bewusst offen gehalten. So ist namentlich den Vermögensverhältnissen nach Durchführung der güterrechtlichen Auseinandersetzung wie auch der sonstigen wirtschaftlichen Lage der Parteien nach der Scheidung gebührend Rechnung zu tragen ( BGE 129 III 481 E. 3.4.1 S. 488; BGE 131 III 1 E. 4.2 S. 4 f.); mithin müssen bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung insbesondere Kriterien wie Eigenbedarf und Leistungsfähigkeit des Pflichtigen sowie die Vorsorge(bedürfnisse) des Berechtigten mitberücksichtigt werden (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 106 oben). 3.3 Damit stellt sich die Frage, ob der Beklagte in der Lage ist, die zugesprochene Entschädigung von Fr. 311'114.85 aufzubringen. Die Vorinstanz hat dies bejaht unter Hinweis darauf, dass der Beklagte zwei Liegenschaften besitze und eine volle Rente beziehe. Er verfüge unter Einschluss von Mietzinserträgen über ein Einkommen von rund Fr. 7'600.-. In der kantonalen Appellationsbegründung hatte sich der Beklagte, nachdem erstinstanzlich noch gestützt auf Art. 122 ZGB die Austrittsleistungen hälftig zu teilen waren, auf den Standpunkt gestellt, dass infolge des in der Zwischenzeit eingetretenen Vorsorgefalles nur noch eine Entschädigung im Sinn von Art. 124 ZGB in Frage BGE 133 III 401 S. 405 komme. Dabei offerierte er einen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'500.- und die Bereitschaft, der Klägerin deren eigene Austrittsleistung zu belassen. Eine Entschädigung nach Massgabe einer hälftigen Teilung der Austrittsleistungen bezeichnete er einzig wegen der langen Trennungszeit als unangemessen. Hingegen machte er mit keinem Wort geltend, zur Zahlung dieses Betrages wirtschaftlich nicht in der Lage zu sein. In seiner Eingabe vom 22. Juni 2005 an das Appellationsgericht hatte er sein Vermögen im Übrigen auf rund Fr. 412'000.- beziffert. Soweit er in der Berufungsschrift nunmehr behauptet, seine "flüssigen" Mittel betrügen Fr. 217'996.- bzw. nach Abzug der Prozesskosten und der güterrechtlichen Ausgleichszahlung nur noch rund Fr. 150'000.-, ist er nicht zu hören: Abgesehen davon, dass der Beklagte sich mit seinen Ausführungen sinngemäss gegen die für das Berufungsverfahren verbindlichen kantonalen Sachverhaltsfeststellungen richtet ( Art. 63 Abs. 2 OG ), was unzulässig ist ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ), und er im kantonalen Verfahren auch nie geltend gemacht hatte, den fraglichen Betrag nicht aufbringen zu können, widerspricht er seinen eigenen Angaben in der Eingabe vom 22. Juni 2005. Aus den kantonalen Akten ergibt sich, dass die erste Instanz am 14. Oktober 2004 gestützt auf Art. 122 ZGB die hälftige Teilung der Austrittsleistung anordnete. Indes erwuchs der Scheidungspunkt erst am 23. Mai 2005 mit dem Einreichen der Anträge der Klägerin in der Anschlussappellation in Rechtskraft. Zwischenzeitlich war am 1. Mai 2005 auf Seiten des Beklagten der Vorsorgefall eingetreten. Dass eine Teilung der Austrittsleistung im Sinn von Art. 122 ZGB damit nicht mehr möglich war, beruht nach dem Gesagten eher auf einer Zufälligkeit bzw. der relativ langen Zeit, welche die erstinstanzliche Urteilsbegründung in Anspruch genommen hat. Vor diesem Hintergrund und ausgehend vom Grundsatz, dass auch bei der Entschädigung gemäss Art. 124 ZGB auf die gesamte Ehedauer abzustellen, mithin die Trennungsdauer nicht in Abzug zu bringen ist (dazu E. 3.2), ist nicht zu sehen, inwiefern das Appellationsgericht unbillig entschieden und Bundesrecht verletzt haben soll, wenn es der Klägerin eine Entschädigung zugesprochen hat, die summenmässig der Hälfte der Austrittsleistung entspricht. Auch in der Lehre wird die Ansicht vertreten, dass im konkreten Fall die angemessene Entschädigung namentlich dann zu einem Resultat BGE 133 III 401 S. 406 führen könne bzw. müsse, wie es sich bei einer hälftigen Teilung der Austrittsleistung ergeben hätte, wenn der Vorsorgefall unmittelbar vor dem Scheidungszeitpunkt eingetreten sei (SUTTER/FREIBURGHAUS, a.a.O., N. 18 zu Art. 124 ZGB ; GEISER, Vorsorgeausgleich: Aufteilung bei Vorbezug für Wohneigentumserwerb und nach Eintreten eines Vorsorgefalls, in: FamPra.ch 2002, S. 95 f.; SCHEI, Vorbezüge aus der zweiten Säule für Wohneigentum im Scheidungsfall, in: BJM 2006 S. 67).
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Sachverhalt ab Seite 10 BGE 99 Ia 10 S. 10 A.- Am 23. März 1972 eröffnete das Gerichtspräsidium Arbon gestützt auf Art. 189 SchKG über die Firma Garwoba AG, Egnach, den Konkurs. Am 6. September 1972 stellte der einzige Aktionär und Verwaltungsrat der Garwoba AG, Franz Moser, das Gesuch, es sei der Konkurs gemäss Art. 195 SchKG zu widerrufen, da sämtliche Gläubiger ihre "Forderungen" zurückgezogen hätten und mit dem Widerruf einverstanden seien. Das Konkursamt Arbon leitete das Gesuch an das BGE 99 Ia 10 S. 11 Bezirksgericht Arbon weiter mit dem Antrag, den Konkurs nicht zu widerrufen. Zwar seien die in Art. 195 SchKG genannten Erfordernisse für den Widerruf grundsätzlich erfüllt, doch seien zugleich die Voraussetzungen für eine Konkurseröffnung nach Art. 725 OR gegeben. Die Garwoba AG könne keine mit dem Bericht der Kontrollstelle versehene und von der Generalversammlung genehmigte Jahresrechnung vorlegen, so dass es zunächst gar nicht möglich gewesen sei, zu entscheiden, ob die Firma im Sinne von Art. 725 OR überschuldet sei. Auf Grund des inzwischen aufgenommenen konkursamtlichen Inventars sei dies jedoch klarerweise zu bejahen. Wenn die Verwaltung in einer nachträglich eingereichten "Bilanz" vom 18. August 1972 zum gegenteiligen Ergebnis gelange, so vor allem deshalb, weil sie ihre Liegenschaft offensichtlich überbewertet und gegenüber der konkursamtlichen Schätzung um beinahe 100% höher eingesetzt habe. B.- Mit Urteil vom 1. Dezember 1972 sprach das Bezirksgericht Arbon den Widerruf des Konkurses aus. Es nahm an, dass die Voraussetzungen des Art. 195 SchKG erfüllt seien und dem Antrag auf Widerruf daher entsprochen werden müsse, gleichgültig, ob der Verdacht einer Überschuldung im Sinne von Art. 725 OR bestehe. Gegen diesen Entscheid des Bezirksgerichtes reichte das "Konkursamt Arbon bzw. die Konkursverwaltung im Konkurs der Firma Garwoba AG, Egnach" Beschwerde ein, welche vom Obergericht des Kantons Thurgau am 18. Januar 1973 gutgeheissen wurde. Das Gericht bejahte die Weiterziehbarkeit des angefochtenen Entscheides. Es nahm sodann an, dass die Konkursverwaltung, die von Gesetzes wegen zum Teil in die Rechte der ordentlichen Verwaltung der Garwoba AG eingetreten sei, an deren Stelle gemäss Art. 725 OR den Richter benachrichtigen könne und daher legitimiert sei, den erfolgten Konkurswiderruf anzufechten. Ein Widerruf nach Art. 195 SchKG sei dann unzulässig, wenn die konkursite Aktiengesellschaft überschuldet sei und der Konkurs nach Art. 725 OR eröffnet werden müsste. Die Regelung des Art. 725 OR diene einerseits dem Schutz der Gläubiger, andererseits auch dem Schutze der Allgemeinheit. Dieses öffentliche Interesse sei namentlich dann zu berücksichtigen, wenn es sich um eine Gesellschaft handle, gegen die "chronisch" Konkursverhandlungen angesetzt werden müssten. Von Anfang 1971 bis zur im April 1972 erfolgten Konkurseröffnung BGE 99 Ia 10 S. 12 seien gegen die Garwoba AG insgesamt 194 solche Verhandlungen angesetzt worden. In einem derartigen Fall habe der Konkursrichter vor Anordnung des Widerrufes vorfrageweise zu prüfen, ob der Konkurs nicht im Interesse der Allgemeinheit durchzuführen sei. Dies zu prüfen sei im vorliegenden Fall unterlassen worden. Eine Rückweisung an die Vorinstanz erweise sich aber als überflüssig, weil die Überschuldung der Garwoba AG aus den konkursamtlichen Inventarisationsakten eindeutig hervorgehe. Der Entscheid des Bezirksgerichtes sei daher aufzuheben und der Konkurswiderruf zu verweigern. C.- Gegen dieses Urteil des Obergerichtes vom 18. Januar 1973 führt die Garwoba AG, vertreten durch ihren einzigen Verwaltungsrat und Alleinaktionär, staatsrechtliche Beschwerde. Sie macht geltend, das angefochtene Urteil verstosse gegen Art. 4 BV ; ausserdem seien bundesrechtliche Zuständigkeitsvorschriften, das Prinzip der Gewaltentrennung und der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes verletzt. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit nötig, aus den folgenden Erwägungen. D.- Das Obergericht beantragt unter Hinweis auf die Erwägungen seines Urteils Abweisung der Beschwerde; das Konkursamt Arbon stellt ebenfalls den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen. E.- Ausser der staatsrechtlichen Beschwerde hat die Garwoba AG auch einen Rekurs im Sinne von Art. 19 SchKG eingereicht, auf den die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes mit Urteil vom 14. Februar 1973 nicht eingetreten ist. Das Bundesgericht heisst die staatsrechtliche Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (Der letztinstanzliche kantonale Entscheid über den Konkurswiderruf ist nur mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar.) 2. Die Beschwerdeführerin wirft zunächst die Frage auf, ob ein Weiterzug des Erkenntnisses über den Konkurswiderruf an das Obergericht überhaupt möglich gewesen sei. Sie rügt in diesem Zusammenhang eine willkürliche Handhabung des kantonalen Prozessrechts sowie eine Verletzung bundesrechtlicher Zuständigkeitsvorschriften und des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes. BGE 99 Ia 10 S. 13 a) Nach Art. 195 SchKG fällt der Entscheid über den Widerruf des Konkurses in die Kompetenz des "Konkursgerichtes". Im Gegensatz zu Art. 174 SchKG , der den Weiterzug des Konkurserkenntnisses an eine obere kantonale Gerichtsinstanz ausdrücklich vorsieht, enthält Art. 195 SchKG keine entsprechende Bestimmung. Dem von der Beschwerdeführerin daraus gezogenen Schluss, ein Weiterzug des Konkurswiderrufes sei bundesrechtlich ausgeschlossen, ist jedoch nicht beizupflichten. Die Frage der Weiterziehbarkeit der im summarischen Verfahren zu fällenden richterlichen Entscheide beurteilt sich grundsätzlich nach dem kantonalen Prozessrecht. In gewissen Fällen ist die Einführung eines Rechtsmittels durch das SchKG immerhin zwingend vorgeschrieben (so in Art. 174, 185 und 194 SchKG ). In der Praxis wurde aber schon längst anerkannt, dass damit in den übrigen Fällen, in denen sich das SchKG über die Frage der Weiterziehbarkeit nicht ausspricht, die Einführung eines Rechtsmittels nicht schlechthin ausgeschlossen werden wollte (betr. die Zulässigkeit der Appellation gegen Rechtsöffnungsentscheide vgl. BGE 29 I 183 ff. und FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, S. 136). Es ist den Kantonen vielmehr freigestellt, gegen die Entscheide im summarischen Verfahren allgemein ein Rechtsmittel vorzusehen, soweit das SchKG den Weiterzug nicht ausdrücklich verbietet oder ein solcher nicht dem Zweck und Charakter des betreffenden Verfahrens widerspricht (THORMANN, Die prozessuale Ordnung betreibungsrechtlicher Streitigkeiten in den kantonalen Rechten, Diss. Bern 1930, S. 54; BGE 29 I 185 ). Was den vorliegenden Fall anbelangt, so wäre nicht einzusehen, weshalb im Widerrufsverfahren nach Art. 195 SchKG ein kantonales Rechtsmittel bundesrechtlich ausgeschlossen sein sollte, während ein solches bei der Konkurseröffnung durch das SchKG ausdrücklich vorgeschrieben ist. In der neueren Literatur herrscht denn auch die Meinung, dass es den Kantonen überlassen sei, gegen den Entscheid über den Konkurswiderruf ein Rechtsmittel einzuführen (SOLENTHALER, Der Widerruf des Konkurses, S. 20; FRITZSCHE, a.a.O., Bd. II, S. 36; JAEGER, Komm., N. 2 zu Art. 195 SchKG ). Es wird sogar die Ansicht vertreten, dass eine Weiterzugsmöglichkeit hier bundesrechtlich vorgeschrieben sei (BRAND, SJK 995, S. 3). Ob dies zutrifft, kann offen bleiben. Wesentlich ist, dass das Bundesrecht der Einführung des Rechtsmittels jedenfalls nicht entgegensteht. Wenn das Obergericht gestützt auf das BGE 99 Ia 10 S. 14 kantonale Prozessrecht den Entscheid über den Konkurswiderruf als weiterziehbar betrachtete, so verstiess es damit weder gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes noch gegen bundesrechtliche Zuständigkeitsvorschriften. b) Zu prüfen bleibt, ob das Obergericht ohne Willkür annehmen konnte, dass nach thurgauischem Prozessrecht gegen einen Entscheid nach Art. 195 SchKG das kantonale Rechtsmittel der Beschwerde gegeben sei. Das Obergericht stützte sich auf § 292 Ziff. 7 ZPO , wonach die Beschwerde u.a. zulässig ist gegen "Erledigungsbeschlüsse der Bezirksgerichte". Es ist nicht unhaltbar, den Entscheid des Bezirksgerichtes, durch den der Konkurs widerrufen, d.h. das Konkursverfahren beendigt wird, als Erledigungsbeschluss im Sinne der genannten Bestimmung anzusehen. Weshalb die Beschwerde nur zulässig sein soll, wenn der Erledigungsbeschluss eine zivilrechtliche Streitigkeit betrifft, wie dies die Beschwerdeführerin behauptet, ist aus dem Gesetz nicht ersichtlich. Nach der thurgauischen Praxis kann offenbar gegen alle gerichtlichen Entscheide in SchKG-Sachen Beschwerde geführt werden, soweit nicht das SchKG selber den Weiterzug ausschliesst (HAGENBÜCHLE, Das Rechtsmittel der Beschwerde nach thurgauischem Zivilprozessrecht, Diss. Zürich 1943, S. 136 ff, 142, 163). Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet. c) Mit Grund hingegen wirft die Beschwerdeführerin die Frage auf, ob die Konkursverwaltung bzw. das Konkursamt legitimiert gewesen sei, den Entscheid über den Konkurswiderruf anzufechten. Da diese Frage mit der materiellen Streitsache eng verbunden ist, kann sie hier nicht gesondert behandelt werden; es wird an späterer Stelle darauf zurückzukommen sein (s. Erw. 3 c). d) ... 3. a) Nach Art. 195 Abs. 1 SchKG spricht das Konkursgericht den Widerruf des Konkurses aus und setzt den Schuldner in die Verfügung über sein Vermögen wieder ein, wenn dieser von sämtlichen Gläubigern die schriftliche Erklärung beibringt, dass sie ihre Konkurseingaben zurückziehen, oder wenn ein Nachlassvertrag zustandegekommen ist. Dass im vorliegenden Fall die erste der beiden alternativen Bedingungen erfüllt ist, ist unbestritten. Das hat nach dem Wortlaut des Gesetzes zur Folge, dass der Richter den Widerruf aussprechen muss, unbekümmert um die Zweckmässigkeit dieses Vorgehens oder die Würdigkeit des Schuldners (SOLENTHALER, a.a.O., S. 19). Die BGE 99 Ia 10 S. 15 Meinung, dass der Konkurswiderruf noch von andern als den in Art. 195 SchKG genannten Voraussetzungen abhängig gemacht werden könne, wurde bis anhin offenbar noch nie vertreten. Das Obergericht ging demgegenüber davon aus, dass ein auf Art. 195 SchKG gestütztes Widerrufsbegehren dann abzulehnen sei, wenn gleichzeitig die Voraussetzungen für eine erneute Konkurseröffnung vorlägen. Diese Auffassung lässt sich ohne Willkür vertreten, da ein Widerruf, dem unweigerlich sofort die Neueröffnung des Konkurses folgen müsste, kaum einen vernünftigen Sinn hätte. In der Regel dürften allerdings in einem solchen Fall schon die Bedingungen des Art. 195 SchKG nicht oder nicht mehr erfüllt sein. b) Im hier zu beurteilenden Fall ist die Lage jedoch wesentlich verschieden, da der Konkursrichter keineswegs befugt und verpflichtet wäre, im Anschluss an den Widerruf den Konkurs umgehend neu zu eröffnen. Das Obergericht nahm an, dass eine offensichtlich überschuldete Aktiengesellschaft nicht gestützt auf die Rückzugserklärungen der Gläubiger den Widerruf des über sie eröffneten Konkurses verlangen könne, sofern die Überschuldung durch die Konkursverwaltung festgestellt und gemäss Art. 725 Abs. 3 OR dem Richter mitgeteilt worden sei. Diese Auffassung hält vor Art. 4 BV nicht stand. Nach Art. 725 Abs. 3 OR ist die Verwaltung einer Aktiengesellschaft verpflichtet, im Falle einer Überschuldung den Richter zu benachrichtigen. Dieser hat daraufhin den Konkurs zu eröffnen; er kann aber auch, auf Antrag der Verwaltung oder eines Gläubigers und sofern Aussicht auf Sanierung besteht, die Konkurseröffnung aufschieben und die zur Erhaltung des Vermögens geeigneten Massnahmen treffen ( Art. 725 Abs. 4 OR ). Art. 725 OR regelt somit nur das Verfahren bis zu einer allfälligen Konkurseröffnung. Ist der Konkurs einmal eröffnet, so bleibt für eine Anwendung dieser Bestimmung kein Raum mehr. Es greifen vielmehr die Vorschriften des SchKG Platz, und auch die Zulässigkeit eines Konkurswiderrufes beurteilt sich grundsätzlich nur nach Art. 195 SchKG , da das OR hierüber für Aktiengesellschaften und Genossenschaften keinerlei Sonderbestimmungen enthält. Das blosse Bestehen einer Überschuldung kann weder nach dem Wortlaut noch dem Sinn von Art. 725 OR einen Grund dafür bilden, einer Aktiengesellschaft den Widerruf des Konkurses zu verweigern, wenn die Voraussetzungen des Art. 195 SchKG erfüllt sind. Ist eine BGE 99 Ia 10 S. 16 Aktiengesellschaft überschuldet, so kann der Richter über sie nur dann den Konkurs aussprechen, wenn er zuvor durch die Verwaltung benachrichtigt worden ist ( Art. 725 Abs. 3 OR ). Es genügt nicht, dass er von der Überschuldung auf andere Weise Kenntnis erhält. Die Erstattung einer Überschuldungsanzeige durch das zuständige Gesellschaftsorgan ist eine formelle Voraussetzung, ohne die ein Eingreifen des Richters nach Art. 725 Abs. 4 OR nicht zulässig ist (MARMY, L'intervention du juge en cas d'insolvabilité de la société anonyme, Diss. Fribourg 1950, S. 16 ff). Legitimiert zu einer solchen Anzeige ist, vom hier nicht zutreffenden Sonderfall des Art. 743 Abs. 2 OR abgesehen, einzig die Verwaltung der Aktiengesellschaft. Andere Organe der AG oder einzelne Aktionäre sind zur Anzeige der Überschuldung nicht befugt; dasselbe gilt für Gläubiger und Behörden (MARMY, a.a.O., S. 18 ff; GENTINETTA, Die Konkurseröffnung ohne vorherige Betreibung, Diss. Fribourg 1932, S. 46; HENZE, Der Konkurs der Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht, Bern 1923, S. 41 ff; BÜRGI, Komm., N. 12-14 zu Art. 725 OR ; JAEGER, Komm., N. 1 zu Art. 192 SchKG ; BGE vom 15. Januar 1945 i.S. Photosilk, publ. in BlSchK 1945, S. 62 ff; SJZ 18, 1921/22, S. 94 f; SJZ 27, 1930/31, S. 55 f). Zwar ist die Verwaltung der AG im Falle der Überschuldung zur Benachrichtigung des Richters verpflichtet. Wird diese Pflicht missachtet, so hat dies aber nur zur Folge, dass die Mitglieder der Verwaltung für den dadurch allfällig entstehenden Schaden persönlich haftbar werden; keinesfalls hingegen kann der Richter bei Unterlassung der Anzeige die in Art. 725 Abs. 4 OR vorgesehenen Massnahmen von Amtes wegen anordnen, d.h. unter Umständen den Konkurs von Amtes wegen eröffnen, wenn er auf andere Weise von der Überschuldung Kenntnis erhält. Dass die Regelung des Art. 725 OR nicht nur den Interessen der bereits Beteiligten, d.h. namentlich der Gläubiger dient, sondern auch den Schutz allfälliger zukünftiger Kreditgeber im Auge hat und insoweit ein öffentliches Interesse verfolgt, ändert nichts. Es ist nach der dargelegten gesetzlichen Ordnung allein dem verantwortlichen Gesellschaftsorgan anheimgestellt, ob und zu welchem Zeitpunkt eine richterliche Intervention nach Art. 725 Abs. 4 OR erfolgen soll. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass der Verwaltung der Garwoba AG, die nie eine Anzeige im Sinne von Art. 725 Abs. 3 OR erstattet hat, der Widerruf des Konkurses nicht unter Hinweis BGE 99 Ia 10 S. 17 auf die Überschuldung der Firma verweigert werden durfte. So wenig die Überschuldung einer AG gegen den Willen der Verwaltung zu einer Konkurseröffnung von Amtes wegen führen kann, so wenig ist es der Verwaltung verwehrt, trotz bestehender Überschuldung gestützt auf Art. 195 SchKG einen bereits eröffneten Konkurs widerrufen zu lassen. Hieran kann zum vorneherein kein Zweifel bestehen, wenn der Widerruf auf Grund eines gerichtlichen Nachlassvertrages erfolgen soll, der nur in einem Prozentvergleich besteht und keine Liquidation zur Folge hat; ein solcher Nachlassvertrag käme einer Sanierungsmassnahme im Sinne von Art. 725 Abs. 4 OR gleich, so dass zu einer Konkurseröffnung wegen Überschuldung kein Anlass mehr bestünde. Dasselbe muss aber auch gelten, wenn sich die Verwaltung der konkursiten AG auf den zweiten Widerrufsgrund des Art. 195 SchKG beruft und die Rückzugserklärungen sämtlicher Gläubiger vorlegt. Durch die Erwirkung des Widerrufs trotz bestehender Überschuldung verstösst sie nicht notwendigerweise gegen die ihr nach Art. 725 OR obliegenden Pflichten. Sie besitzt nämlich die Möglichkeit, nach erfolgtem Widerruf ordnungsgemäss den Richter zu benachrichtigen, um das in Art. 725 Abs. 4 OR vorgesehene Verfahren einzuleiten, welches nicht zwingend zu einer neuerlichen Konkurseröffnung führt, sondern auch Sanierungsmassnahmen zur Folge haben kann. Ob im Falle der Beschwerdeführerin ein Konkursaufschub im Sinne von Art. 725 Abs. 4 OR gegebenenfalls am Platze wäre, kann dahingestellt bleiben. Es ging jedenfalls nicht an, den Widerruf des Konkurses zu verweigern, nachdem sämtliche Gläubiger ihre Konkurseingaben zurückgezogen hatten. Die gegenteilige Auffassung des Obergerichtes, wonach sich eine überschuldete AG auf Art. 195 SchKG nicht berufen könne, findet in Art. 725 OR keine Stütze; sie steht vielmehr auch mit dem Sinn der obligationenrechtlichen Regelung in klarem Widerspruch. c) Entgegen der Annahme des Obergerichtes lässt sich das Eingriffsrecht des Richters auch nicht damit begründen, dass die Überschuldung der Garwoba AG im Laufe des hängigen Konkursverfahrens durch die Konkursverwaltung festgestellt worden sei und diese das Recht gehabt habe, an Stelle der ordentlichen Verwaltung nach Art. 725 Abs. 3 OR den Richter zu benachrichtigen. Abgesehen davon, dass eine solche Mitteilung während eines Konkursverfahrens keine Rechtswirkungen zu entfalten vermöchte, wäre die Konkursverwaltung auf Grund BGE 99 Ia 10 S. 18 ihrer gesetzlichen Stellung zu einem derartigen Rechtsakt gar nicht legitimiert. Sie ist nicht Rechtsnachfolgerin der ordentlichen Verwaltung der Aktiengesellschaft. Deren Organe bleiben während des Konkursverfahrens weiterbestehen und haben auch noch in diesem Stadium das Recht und die Pflicht, die Interessen der AG nach Möglichkeit zu wahren ( Art. 740 Abs. 5 OR ; F. V. STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz, 3. A., S. 322). Die Konkursverwaltung vertritt nur das mit Beschlag belegte Vermögen, d.h. die Konkursmasse, und ihre Befugnisse gehen nicht weiter, als es zur Durchführung des Konkurses notwendig ist. Ob der eröffnete Konkurs zu Ende geführt oder widerrufen werden soll, ist nicht von der Konkursverwaltung zu entscheiden, sondern hängt unmittelbar vom Willen der Gläubiger und des Schuldners ab. Es obliegt sodann einzig dem Konkursgericht, festzustellen, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf erfüllt sind. Die Konkursverwaltung ist im Widerrufsverfahren nicht Partei und dementsprechend auch nicht legitimiert, gegen den Entscheid der zuständigen Behörde ein Rechtsmittel zu ergreifen (SOLENTHALER, a.a.O., S. 21; BRAND, a.a.O.). Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass es nicht Sache der Konkursverwaltung sein kann, an Stelle der ordentlichen Verwaltung der AG den Konkursgrund der Überschuldung geltend zu machen, um einen etwaigen Widerruf zu verhindern. d) Da das schweizerische Schuldbetreibungsrecht - vom Sonderfall des Art. 193 SchKG abgesehen (Liquidation einer ausgeschlagenen Verlassenschaft) - eine Generalexekution von Amtes wegen nicht vorsieht, musste dem vorliegend gestellten Widerrufsbegehren entsprochen werden. Indem das Obergericht die Konkursverwaltung als beschwerdelegitimiert betrachtete und entgegen dem erstinstanzlichen Richter den Widerruf des Konkurses ablehnte, verstiess es offensichtlich gegen Art. 195 SchKG und die das Schuldbetreibungsrecht beherrschenden Grundsätze. Sein Entscheid ist daher wegen Verletzung von Art. 4 BV aufzuheben.
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Sachverhalt ab Seite 510 BGE 135 III 509 S. 510 A. Am 24. September 2008 benachrichtigte A., Gesellschafter und einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der Y. GmbH (mit Sitz in B.), das Richteramt Solothurn-Lebern (Zivilabteilung), dass die Gesellschaft überschuldet sei. Mit Urteil vom 30. Oktober 2008, 14 Uhr, eröffnete der Amtsgerichtspräsident über die Y. GmbH zufolge Überschuldung den Konkurs. Gegen das Konkursdekret erhob X., Gesellschafterin und einzelzeichnungsberechtigte Geschäftsführerin der Y. GmbH, am 10. November 2008 Rekurs. B. Mit Urteil vom 23. März 2009 trat das Obergericht (Zivilkammer) des Kantons Solothurn auf den Rekurs nicht ein und setzte den Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses über die Y. GmbH auf den 23. März 2009, 11 Uhr, fest. C. X. führt mit Eingabe vom 31. März 2009 Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, das angefochtene Urteil und die Konkurseröffnung seien aufzuheben; eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht vor, es habe ihr als Organ der GmbH zu Unrecht die Legitimation abgesprochen, um das Konkursdekret weiterzuziehen. Sie habe ausdrücklich (auch) in ihrer Funktion als Organ rekurriert, und die Vorinstanz sei zu Unrecht auf das Rechtsmittel nicht eingetreten; sie habe das Rechtsmittel nicht "im Namen der GmbH" erhoben, jedoch habe sie das Konkursdekret offensichtlich im Interesse der Gesellschaft angefochten. 3.2 Anlass zur Beschwerde gibt die Konkurseröffnung über eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nach Art. 192 SchKG . Der gegen die Konkurseröffnung erhobene kantonale Rekurs stützt BGE 135 III 509 S. 511 sich auf Art. 194 i.V.m. Art. 174 SchKG . Die Weiterziehung des Entscheides des Konkursgerichts erfolgte von der Beschwerdeführerin als einzelzeichnungsberechtigter Gesellschafterin mit Geschäftsführungsbefugnis, während die Überschuldungsanzeige durch den anderen, ebenfalls einzelzeichnungsberechtigten Gesellschafter und Geschäftsführer erfolgt war, jedoch ausdrücklich im Namen der GmbH. Umstritten ist, ob das Obergericht die Weiterziehung des Konkursdekretes durch die Beschwerdeführerin als unzulässig erachten durfte. 3.2.1 Über eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) kann der Konkurs wie über eine Aktiengesellschaft wegen Überschuldung eröffnet werden; die Regelung des Aktienrechts ist entsprechend anwendbar ( Art. 820 OR [in der seit 1. Januar 2008 in Kraft stehenden Fassung]; Art. 725 f. OR). Grundlage der Benachrichtigung wegen Überschuldung ist grundsätzlich ein gültiger Beschluss der Geschäftsführer (WÜSTINER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2008, N. 7a zu Art. 820 OR ; BUCHWALDER, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. II, 2008, N. 3 zu Art. 820 OR ; VOUILLOZ, Le surendettement de la Sàrl et son éventuel assainissement, Jusletter 22. August 2005, Rz. 6; MONTAVON, Droit suisse de la Sàrl, 2008, S. 363). 3.2.2 Für die Konkurseröffnung über eine überschuldete GmbH wird in der kantonalen Praxis der Nachweis für den Beschluss der Geschäftsführer verlangt (KRAMPF/SCHULER, Die aktuelle Praxis des Konkursrichters des Bezirksgerichts Zürich zu Überschuldungsanzeige, Konkursaufschub und Insolvenzerklärung juristischer Personen, AJP 2002 S. 1072). Es kann nämlich vorkommen, dass ein Geschäftsführer einer GmbH ohne Rücksprache mit den anderen Geschäftsführern den Überschuldungsfall angemeldet hat und kein gültiger Beschluss vorliegt. Die Frage, ob in Fällen dieser Art ein (anderer) einzelner vertretungsberechtigter Gesellschafter und Geschäftsführer das Konkursdekret weiterziehen kann, wird daher zu Recht bejaht (vgl. RUTZ, Weiterziehung des Konkursdekretes, in: Schuldbetreibung und Konkurs im Wandel, Angst/Cometta/Gasser [Hrsg.], 2000, S. 355 f.; vgl. BJM 1999 S. 326; ZR 86/1987 Nr. 44 S. 100). 3.3 Das Obergericht ist vorliegend auf die Weiterziehung nicht eingetreten, weil diese von der Beschwerdeführerin "persönlich", und nicht "im Namen der Gesellschaft" eingereicht worden sei. Die Beschwerdeführerin bestätigt, dass sie das Konkursdekret nicht "im BGE 135 III 509 S. 512 Namen der Gesellschaft" weitergezogen habe, besteht aber darauf, dass die Legitimation zur Weiterziehung gegeben sei, weil sie das Rechtsmittel ausdrücklich unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als Organ der GmbH erhoben habe. 3.3.1 Die Vorinstanz scheint ihren Nichteintretensentscheid darauf zu stützen, dass die Beschwerdeführerin die Weiterziehung deshalb nicht "im Namen der Gesellschaft" erhoben habe, weil sie das Rechtsmittel insoweit nicht mit der Firma der GmbH und ihrem beigefügten Namen gezeichnet hat (vgl. Art. 814 Abs. 5 OR ). Es ist allerdings anerkannt, dass im Fall, in dem die Zeichnung "im Namen der Gesellschaft" fehlt, Art. 32 Abs. 2 OR gilt, wonach die Vertretungswirkung dennoch zustande kommen kann, wenn der Dritte auf ein Vertretungsverhältnis schliessen musste (WATTER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2008, N. 6 zu Art. 719 OR ). Die Beschwerdeführerin besteht jedoch darauf, als Organ Parteistellung zu haben und nicht für die Gesellschaft handeln zu wollen, auch wenn sie stellenweise vorbringt, das Konkursdekret im Interesse der Gesellschaft angefochten zu haben. Dass das Obergericht aufgrund der Vorbringen im Rekurs zum Schluss kommen musste, die Beschwerdeführerin habe das Konkursdekret (nach Art. 32 Abs. 2 OR ) für die Gesellschaft weitergezogen, macht sie jedoch nicht geltend, so dass die Frage nicht zu erörtern ist. 3.3.2 Zu klären ist, ob in der vorliegenden Weiterziehung nach Art. 174 SchKG die GmbH oder das rekurrierende Organ Parteistellung hat. Wo - wie hier - ein anderer einzelner vertretungsberechtigter Gesellschafter und Geschäftsführer das Konkursdekret weiterziehen kann, weil angeblich ein gültiger Geschäftsführerbeschluss fehle (vgl. E. 3.2.2), hat der Gesellschafter selber ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens, zumal dieser der Organhaftung nach Art. 827 OR unterliegt (vgl. RUTZ, a.a.O.). Deshalb erscheint es sachgerecht, ein strittiges Verfahren zwischen der konkursit erklärten Gesellschaft und dem betreffenden Geschäftsführer anzunehmen (in diesem Sinn BRUNNER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 1998, N. 22 zu Art. 192 SchKG ). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann daher der GmbH-Geschäftsführer im Fall, dass die Überschuldungsanzeige auf einem angeblich ungültigen Geschäftsführungsbeschluss beruhe, die Konkurseröffnung selber weiterziehen. 3.3.3 Die Benachrichtigung des Konkursrichters erfolgte vorliegend durch A., welcher einzelzeichnungsberechtigter Gesellschafter und BGE 135 III 509 S. 513 Geschäftsführer der GmbH ist. Bereits im kantonalen Verfahren hat die Beschwerdeführerin die Gültigkeit des Geschäftsführungsbeschlusses in Frage gestellt. Die Beschwerdeführerin hält in ihrer Beschwerdeschrift zu Recht fest, dass sie im Weiterziehungsverfahren geltend gemacht habe, "Geschäftsführerin der GmbH" zu sein und "ein offensichtliches Interesse daran zu haben, die Konkurseröffnung rückgängig zu machen". Im Weiteren spricht die Vorinstanz selber davon, die Beschwerdeführerin rekurriere als "Organ der GmbH". 3.3.4 Nach dem Dargelegten ist mit den Regeln über die Weiterziehung des Konkursdekretes (Art. 174 i.V.m. Art. 194 SchKG ) nicht vereinbar, wenn das Obergericht auf den kantonalen Rekurs nicht eingetreten ist, soweit dieser von der Beschwerdeführerin als Organ der GmbH erhoben wurde. Die Beschwerde in Zivilsachen ist insoweit begründet und der Nichteintretensentscheid aufzuheben. Bei diesem Ergebnis ist nicht weiter zu prüfen, ob das Obergericht die Weiterziehung insoweit als unzulässig erachten durfte, als sich die Beschwerdeführerin auf ihre Gläubigereigenschaft beruft.
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