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a775395b-3c0c-4f86-952c-c03822828177
Sachverhalt ab Seite 413 BGE 106 Ib 412 S. 413 Am 15. März 1964 nahm Alfred Aeschlimann den Hof Eichholz in der Gemeinde Köniz/BE von den Vorgängern der heutigen Eigentümer in Pacht. Dieses Pachtverhältnis wurde nach dem Eigentümerwechsel weitergeführt und am 15. März 1979 infolge Kündigung durch die Verpächter beendet. Der ursprüngliche Pachtzins wurde von der kantonalen Pachtzinsstelle am 27. Februar 1964 genehmigt. Im Laufe der Pacht erhöhten die Parteien diesen Zins mehrmals wegen zusätzlicher Investitionen, infolge Änderung des Pachtzinssatzes und zur Abgeltung nicht erbrachter Naturalleistungen; um die vorgeschriebene behördliche Genehmigung ersuchten sie nicht. Am 25. Januar 1979 setzte die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Bern den zulässigen jährlichen Pachtzins seit dem Pachtjahre 1973 fest. Eine Beschwerde des Pächters an die Eidg. Pachtzinskommission hatte keinen Erfolg. Das Bundesgericht tritt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Pächters nicht ein, soweit dieser die Pachtzinsfestsetzung seit der ersten Erhöhung für das Pachtjahr 1964-1965 verlangt, aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Nach Art. 6 des Bundesgesetzes über die Kontrolle der landwirtschaftlichen Pachtzinse vom 21. Dezember 1960 (Pachtzinsgesetz in SR 942.10) unterliegen Entscheide der Eidg. Pachtzinskommission der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, wobei die Bestimmungen der Bundesrechtspflege anwendbar sind. Art. 103 lit. a OG erklärt denjenigen als zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, der durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Diese Bestimmung setzt somit - wie der übereinstimmende Artikel 48 VwVG - ein eigenes und aktuelles Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides voraus. Dieses Rechtsschutzinteresse besteht im praktischen Nutzen, den die erfolgreiche Beschwerde dem Beschwerdeführer eintragen würde, bzw. in der Abwendung eines Nachteils, den die angefochtene Verfügung für den Beschwerdeführer zur Folge hat ( BGE 104 Ib 249 E. b, c mit Hinweisen; vgl. auch BGE 103 Ib 339 mit Verweisen, BGE 101 Ib 213 E. a, b). BGE 106 Ib 412 S. 414 Der Beschwerdeführer verlangt die Festlegung des zulässigen Pachtzinses für die gesamte Pachtdauer seit der ersten, nicht genehmigten Erhöhung im Jahre 1964. Daran hat er ein Interesse, soweit er eine allfällige Differenz zu seinen Gunsten zurückerhalten kann. b) Soweit ein nicht genehmigter Pachtzins das gesetzlich zulässige Maximum übersteigt, ist er nichtig ( BGE 98 Ia 191 E. c). Der Pächter bezahlt in diesem Umfange eine Nichtschuld und kann den zuviel bezahlten Betrag grundsätzlich nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung ( Art. 62 ff. OR ) vom Verpächter zurückfordern, sofern die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes anwendbar sind und nicht durch das Pachtzinsgesetz ausgeschlossen werden. Das Bundesgericht hatte bisher mit freier Kognition nicht zu entscheiden, ob die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes Anwendung finden (vgl. BGE 98 Ia 191 E. c, d, BGE 93 II 107 ). Das Pachtzinsgesetz enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, ob der Pächter einen über das gesetzliche Maximum hinausgehenden Pachtzins zurückfordern kann, den er aufgrund einer nicht genehmigten Vereinbarung mit dem Verpächter bezahlt hat. Das Pachtzinsgesetz bedroht hingegen in den Artikeln 10 ff. Widerhandlungen gegen die Vorschriften über die Bewilligungspflicht mit Strafe. Nach Art. 12 des Gesetzes kann der Richter unter anderem den Beschuldigten, ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit, zur Bezahlung eines dem unrechtmässigen Vorteil entsprechenden Betrages an den für die Pachtzinskontrolle zuständigen Kanton verpflichten. Er kann auch verfügen, dass dieser Vermögensvorteil ganz oder teilweise dem Pächter herauszugeben ist. Bei der Bestimmung des herauszugebenden Vermögensvorteils sind die finanziellen Verhältnisse des zur Herausgabe Verpflichteten zu berücksichtigen. Gemäss Botschaft des Bundesrates hat der Gesetzgeber mit Art. 12 Pachtzinsgesetz den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch ausschliessen wollen. Er wollte es dem Strafrichter überlassen abzuklären, unter welchen Umständen die unerlaubte Zahlung zustandegekommen sei und ob Billigkeitsgründe für eine ganze oder teilweise Herausgabe des Vermögensvorteils an den Pächter vorlägen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die gewöhnlichen Regeln des Obligationenrechtes über die ungerechtfertigte Bereicherung meistens nicht BGE 106 Ib 412 S. 415 genügten, um die von der Pachtzinskontrolle angestrebte Zielsetzung zu erreichen, da der Pächter als wirtschaftlich schwächere Vertragspartei einerseits in der Regel das Risiko nicht auf sich nehme, den Verpächter auf dem Zivilweg ins Recht zu fassen, und anderseits seine Chancen, einen ihm billigerweise zustehenden Anspruch angesichts der Voraussetzungen des Bereicherungsanspruches ( Art. 63, 66, 67 OR ) durchzusetzen, gering seien (BBl 1960 II 507 f.) Es mag zwar fraglich erscheinen, ob der Schutz des Pächters entsprechend der Zwecksetzung des Pachtzinsgesetzes mit einem Ausschluss der zivilrechtlichen Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung verstärkt werden kann (vgl. JEANPRÊTRE, Le contrôle des fermages agricoles et le droit civil in Mélanges Roger Secrétan, Montreux 1964, S. 145 f., vgl. auch RAVAIOLI, Die landwirtschaftliche Pachtzinskontrolle, Diss. Zürich 1979, S. 78 f.). Der klare Wille des Gesetzgebers, die Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung durch Art. 12 Pachtzinsgesetz auszuschliessen, kommt indessen darin zum Ausdruck, dass auch das Verhalten des Pächters mit Strafe bedroht wird, wenn dieser den Bestimmungen des Gesetzes zuwiderhandelt (Art. 10 Pachtzinsgesetz). Daraus ergibt sich, dass das Pachtzinsgesetz den Pächter als schwächere Vertragspartei nicht unter allen Umständen schützen will, sondern nur insoweit, als dies im Einzelfall gerechtfertigt erscheint. Das Gesetz überlässt es deshalb dem Strafrichter, aufgrund der Umstände im Einzelfall zu bestimmen, ob und in welchem Umfang bereits bezahlte unzulässige Pachtzinse dem Pächter zufallen sollen (Art. 12 Abs. 1, 3 Pachtzinsgesetz). Die zivilrechtliche Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung wird durch Art. 12 Pachtzinsgesetz ausgeschlossen. c) Der Beschwerdeführer kann dennoch ein schutzwürdiges Interesse haben an der Feststellung, dass vereinbarte Pachtzinse gegen Bundesrecht verstiessen, soweit er nämlich gegebenenfalls aufgrund von Art. 12 Abs. 1 Pachtzinsgesetz beim Strafrichter ein Begehren um Herausgabe unrechtmässiger Vermögensvorteile stellen könnte. Nach Art. 12 Abs. 4 Pachtzinsgesetz kann jedoch die Bezahlung eines dem unrechtmässigen Vermögensvorteil entsprechenden Betrages an den Kanton bzw. die Herausgabe an den Pächter nicht mehr verfügt werden, wenn die Strafverfolgungsverjährung gemäss Art. 10 Abs. 2 Pachtzinsgesetz eingetreten ist. Nach dieser Bestimmung verjährt die Strafverfolgung in fünf Jahren. Soweit demnach BGE 106 Ib 412 S. 416 Widerhandlungen mehr als fünf Jahre zurückliegen, hat der Pächter mangels Eröffnung eines Strafverfahrens zum vorneherein keine Möglichkeit, über das zulässige Mass hinaus bezahlte Pachtzinsen zurückzuerhalten. d) Im vorliegenden Fall ist (noch) kein Strafverfahren eröffnet worden. Der Beschwerdeführer hat somit keine Möglichkeit mehr, unrechtmässige Leistungen zurückzuerhalten, soweit diese mehr als fünf Jahre zurückliegen. Er hat deshalb kein Interesse daran, dass der Pachtzins im vorliegenden Verfahren auch für die Periode festgesetzt wird, die länger als fünf Jahre zurückliegt. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist deshalb bloss insoweit einzutreten, als sie die Höhe des Pachtzinses während der letzten fünf Jahre zum Gegenstand hat.
de
9b979947-32ea-4684-bbfd-bb9963a924f8
Sachverhalt ab Seite 146 BGE 103 V 145 S. 146 A.- Dr. med. G. führt eine Allgemeinpraxis. Mit Schreiben vom 3. Oktober 1969 beanstandete der Kantonalverband Luzerner Krankenkassen für die ihm angeschlossenen Kassen seine Rechnungstellung. Der Einladung des Kantonalverbandes vom 28. November 1969 zu einem Einigungsversuch auf den 5. Dezember 1969 leistete Dr. G. keine Folge. Darauf wies der Kantonalverband die heute am Recht stehenden Krankenkassen an, Dr. G. künftig bloss 60% seiner Rechnungsbeträge auszubezahlen und die übrigen 40% als bestritten zurückzubehalten. Am 23. Februar 1970 ersuchte der Kantonalverband die Paritätische Vertrauenskommission der Ärztegesellschaft des Kantons Luzern und des Kantonalverbandes (PVK), die im Jahre 1968 gestellten Rechnungen zu überprüfen und um 40% zu kürzen. Eine am 10. Juni 1970 von der PVK über dieses Gesuch geführte Verhandlung brachte keine Einigung. B.- Am 3. September 1970 beschwerte sich der Kantonalverband gestützt auf Art. 16 Abs. 6 des zwischen ihm und der Kantonalen Ärztegesellschaft am 5. Februar 1963 abgeschlossenen Vertrages (nachfolgend Vertrag genannt) bei der PVK, indem er für die Kassen verlangte, dass die Behandlungsrechnungen, die Dr. G. seit dem 1. Mai 1969 eingereicht hatte, im Durchschnitt aller Rechnungen um 25% herabgesetzt würden. Der Schlichtungsvorschlag der PVK vom 9. September 1970 ging dahin, die seit dem 1. Mai 1969 eingereichten Behandlungsrechnungen um 25% zu "kürzen"; der Gesamtbetrag der "Rückerstattung" betrage somit Fr. 31'460.--. Ferner BGE 103 V 145 S. 147 schlug die PVK vor, die von den Kassen erhobene Beanstandung von 25% der Rechnungsbeträge bis auf weiteres in Kraft zu lassen und über eine Freigabe der gesperrten Beträge nach Vorliegen der Behandlungsfallstatistik 1970 zu befinden. Dr. G. lehnte diesen Schlichtungsvorschlag mit Schreiben vom 12. Oktober 1970 ab. Anderseits verhielt der Kantonalverband die Kassen, den bisherigen Rückbehalt von 40% entsprechend dem Schlichtungsvorschlag auf 25% zu reduzieren. C.- In der Folge gelangte Dr. G. klageweise an das Schiedsgericht gemäss Art. 25 KUVG des Kantons Luzern. Er liess beantragen, der Kantonalverband bzw. die ihm angeschlossenen Kassen seien zu verpflichten, ihm die zurückbehaltenen Restbeträge der seit dem 1. Mai 1969 eingereichten Rechnungen im vollen Umfang samt Zins auszubezahlen; der Rückbehalt auf den Rechnungen sei sofort aufzuheben. Der Kantonalverband reichte für die Krankenkassen Widerklage ein. Er verlangte die Abweisung der Klage und die Kürzung der zwischen dem 3. April und 31. Dezember 1969 eingereichten Rechnungen um 25%; ferner sei den Kassen ein Anspruch auf Rückforderung von 25% auf den voll bezahlten Behandlungsrechnungen dieser Abrechnungsperiode zuzuerkennen. Diesen Antrag modifizierte der Kantonalverband in seiner Duplik dahin, dass der Rückforderungsanspruch von 25% auf den voll bezahlten Rechnungen der Jahre 1968 und 1969, "soweit sie im Schlichtungsverfahren der PVK einbezogen waren", anerkannt werde.
de
21de661a-27e4-4950-bb40-1ef51cd358d4
Sachverhalt ab Seite 539 BGE 142 V 538 S. 539 A. A.a A. lebt seit ihrer Geburt bei ihren Eltern in Deutschland. Ihre Mutter, B., ist Schweizerin und arbeitet in der Schweiz; ihr Vater, C., ist deutscher Staatsangehöriger. Die Eltern meldeten ihre Tochter im Frühjahr 2008 bei der schweizerischen Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an, wobei sie als Behinderung eine Mosaik-Trisomie 9 vermerkten. Mit Verfügung vom 2. November 2010 lehnte die IV-Stelle für Versicherte im Ausland IVSTA im Sinne des Vorbescheids vom 31. August 2010 das Gesuch um medizinische Massnahmen zur Behandlung der Mosaik-Trisomie 9 (Rechnung der D. vom 6. Januar 2010) ab. In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 15. November 2012 diesen Verwaltungsakt auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung des Sachverhalts im Sinne der Erwägungen und zum Erlass einer neuen Verfügung an die IVSTA zurück (Verfahren C-8580/2010). A.b Nach Abklärungen lehnte die IVSTA mit Verfügung vom 12. Februar 2014 das Gesuch um medizinische Massnahmen zur Behandlung der Mosaik-Trisomie 9 (Rechnung der D. vom 6. Januar 2010) erneut ab. Bereits am 26. September 2013 hatte sie im Sinne des Vorbescheids vom 7. Dezember 2010 die Ablehnung des Hilfsmittels (Spezial-Halbschuhe für Orthesen gemäss Kostenvoranschlag der D. vom 27. Oktober 2010) verfügt. B. Gegen beide Verfügungen erhoben B. und C. als gesetzliche Vertreter ihrer Tochter Beschwerde. Beide Rechtsmittel hiess das Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, mit Entscheiden vom 22. März 2016 und 29. April 2016 gut, indem es die angefochtenen Verwaltungsakte aufhob und die Sache an die IVSTA zurückwies, damit diese nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen über den Leistungsanspruch neu verfüge. C. Die IVSTA hat gegen beide Entscheide Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht, mit welchen sie deren Aufhebung beantragt (Verfahren 9C_337/2016 und 9C_383/2016). B. und C. beantragen die Abweisung beider Beschwerden, das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) deren Gutheissung. Zu beiden Vernehmlassungen des BSV haben sich die Eltern von A. geäussert. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden gut. BGE 142 V 538 S. 540 Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. Die Meinungen gehen darüber auseinander, ob der Ausschluss von Leistungen der schweizerischen Invalidenversicherung nach Art. 9 Abs. 2 IVG bzw. aArt. 22 quater Abs. 2 IVV (AS 2002 3721) an ein Kind, das in einem Mitgliedstaat der EU wohnt und dessen Eltern in der Schweiz erwerbstätig sind, gegen Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (AS 2004 121; nachfolgend: VO 1408/71) verstösst. 6.1 Nach Art. 3 Abs. 1 VO 1408/71 haben Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten auf Grund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen. Diese Regel verbietet nicht nur die auf die Staatsangehörigkeit gestützten offenkundigen (direkten) Diskriminierungen, sondern auch alle verdeckten Formen (indirekter) Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungskriterien tatsächlich zum gleichen Ergebnis führen. Eine Bestimmung des Landesrechts ist als indirekt diskriminierend zu betrachten - ausser wenn sie objektiv gerechtfertigt und in Bezug auf das anvisierte Ziel verhältnismässig ist -, wenn sie ihrer Natur nach geeignet ist, die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten stärker zu beeinträchtigen als die eigenen Bürger, und wenn folglich die Gefahr besteht, dass insbesondere die Ersteren benachteiligt werden. Dies ist der Fall bei einer Voraussetzung, die durch inländische Arbeitnehmer leichter erfüllt werden kann als durch Wanderarbeitnehmer ( BGE 136 V 182 E. 7.1 S. 191 f. mit Hinweisen; EBERHARD EICHENHOFER, in: Europäisches Sozialrecht, Maximilian Fuchs [Hrsg.], 4. Aufl. 2005, N. 4 ff. zu Art. 3 VO 1408/71; SILVIA BUCHER, L'ALCP et les règlements de coordination de l'Union européenne: la question des mesures médicales de l'assurance-invalidité pour les enfants de frontaliers, CGSS 47/2011 S. 62 N. 12 f.). Es ist unbestritten, dass sich die Beschwerdegegnerin grundsätzlich auf Art. 3 Abs. 1 VO 1408/71 berufen kann (vgl. BGE 133 V 320 E. 5.2.5 S. 324 ff.; EICHENHOFER, a.a.O., N. 7 und 10 zu Art. 3 VO 1408/71). BGE 142 V 538 S. 541 6.2 Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen, bei im Übrigen gegebenen Anspruchsvoraussetzungen würden zwar die in Frage stehenden Leistungen durch die schweizerische obligatorische Krankenversicherung vergütet, jedoch hätte sich die Beschwerdegegnerin an den Kosten zu beteiligen. Darin liege eine nicht gerechtfertigte und unverhältnismässige indirekte Diskriminierung im Sinne dieser Verordnungsbestimmung, da im Vergleich zu anderen Personen mit sonst identischen Voraussetzungen einzig der deutsche Wohnsitz bzw. der grenzüberschreitende Sachverhalt zur Nichtanwendung des IVG führe. Von dieser Ungleichbehandlung seien im Ergebnis Angehörige eines Mitgliedstaates der EU häufiger betroffen als schweizerische Staatsangehörige, weil sie vermehrt als Grenzgänger in der Schweiz tätig seien. Die Anwendung von Art. 9 Abs. 2 IVG im konkreten Fall führe somit zu einer unzulässigen Diskriminierung (unter Hinweis auf BUCHER, a.a.O., S. 76 N. 57). Die Beschwerdegegnerin sei daher als der schweizerischen IV unterstellt zu betrachten, wie wenn sie in der Schweiz Wohnsitz hätte ( Art. 1b IVG i.V.m. Art. 1a Abs. 1 lit. a AHVG ). Die versicherungsmässigen Voraussetzungen zur Geltendmachung von Eingliederungsmassnahmen seien mithin als erfüllt zu betrachten. Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, aus dem Urteil des Bundesgerichts 9C_1026/2010 vom 23. Dezember 2011 E. 4 sei zu folgern, dass nur bei Bestehen einer Versicherungslücke in Bezug auf die beantragten Eingliederungsleistungen von Inkompatibilität der Regelung nach Art. 9 Abs. 2 IVG mit dem europäischen Koordinationsrecht auszugehen sei. Eine solche Lücke sei nicht gegeben und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht festgestellt worden. Sodann sei fraglich, ob eine Kostenbeteiligung von jährlich höchstens Fr. 350.- gemäss Art. 64 Abs. 4 KVG und Art. 103 Abs. 2 KVV (SR 832.102) eine indirekte Diskriminierung im Sinne von Art. 2 FZA (SR 0.142.112.681) und Art. 3 Abs. 1 VO 1408/71 darstellen könne. Es komme hinzu, dass die Eltern frei hätten wählen können, ihre Tochter der schweizerischen oder der deutschen Krankenversicherung zu unterstellen. Bei Letzterem hätten sie das schweizerische System der Kostenbeteiligung vermeiden können. Die freie Wahlmöglichkeit schliesse die Annahme einer indirekten Diskriminierung aus. Das BSV bringt u.a. vor, die schweizerischen Sozialversicherungen würden medizinische Massnahmen für Kinder in verschiedenen Versicherungszweigen vorsehen. Dieser Umstand dürfe nicht dazu führen, Kinder ohne Wohnsitz in der Schweiz über BGE 142 V 538 S. 542 die EU-rechtliche Definition der Leistungen bei Krankheit (Art. 4 Abs. 1 lit. a VO 1408/71) der schweizerischen IV zu unterstellen. 6.3 6.3.1 Im Urteil 9C_1026/2010 vom 23. Dezember 2011 ging es um ein Kind, das zusammen mit seinen Eltern in Frankreich wohnte. Die Eltern waren in der Schweiz erwerbstätig. Das Kind resp. seine Eltern verlangte(n) medizinische Massnahmen sowie Hilfsmittel der schweizerischen Invalidenversicherung. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte einen Anspruch wegen Fehlens der versicherungsmässigen Voraussetzungen nach Art. 9 Abs. 2 IVG und weil nach Art. 19 VO 1408/71 grundsätzlich der Wohnstaat zuständig sei (E. 2). Das Bundesgericht musste die Frage der Vereinbarkeit von Art. 9 Abs. 2 IVG mit dem europäischen Koordinationsrecht nicht entscheiden. Es schloss indessen eine Ungleichbehandlung, d.h. einen Verstoss gegen Art. 3 Abs. 1 VO 1408/71 nicht aus, sofern - was noch abzuklären war - auch im Wohnstaat kein Anspruch auf die beantragten Leistungen bestand. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Eltern der AHV/IV unterstellt seien und Beiträge zu entrichten hätten, wie Personen, die hier wohnten und arbeiteten (E. 3). Bei der Umschreibung der noch zu tätigenden Abklärungen erwähnte das Bundesgericht Art. 19 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VO 1408/71 betreffend die grundsätzliche Zuständigkeit des Wohnstaates zur Erbringung von Sachleistungen bei Krankheit und Mutterschaft sowie Ziff. 3 lit. b Anhang VI (Schweiz) zur VO 1408/71 betreffend die Befreiung von der Versicherungspflicht in der schweizerischen Krankenversicherung. Weiter hat es festgehalten, dass die in Frage stehenden Leistungen "CONSTITUENT SANS NUL DOUTE DES SOINS EN CAS DE MALADIE AU SENS DU RÈGLEMENT N° 1408/71 - CE QUI NE CHANGE RIEN AU FAIT QUE, SE RAPPORTANT À UNE INFIRMITÉ CONGÉNITALE, ELLES DOIVENT ÊTRE FOURNIES (EN PREMIER LIEU) PAR L'AI" (E. 4). Aus dem Urteil 9C_1026/2010 vom 23. Dezember 2011 lässt sich nichts Entscheidendes herauslesen für die Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall die Anwendung von Art. 9 Abs. 2 IVG bzw. aArt. 22 quater Abs. 2 IVV zu einer (indirekten) Diskriminierung der Beschwerdegegnerin im Sinne von Art. 3 Abs. 1 VO 1408/71 führt. Auch BGE 137 V 167 ist nicht einschlägig. Dort gelangte das Bundesgericht in einem nicht von FZA und VO 1408/71 erfassten Fall zum Ergebnis, dass die bundesrechtskonforme Auslegung von Art. 9 Abs. 2 IVG keine Ausweitung dieser Bestimmung auf davon nicht erfasste Personen zulässt (i.c. minderjähriges Kind, das in BGE 142 V 538 S. 543 Südamerika bei seiner [nicht der freiwilligen Versicherung beigetretenen, vom in der Schweiz lebenden Vater geschiedenen] Mutter lebt). 6.3.2 Die in Frage stehenden medizinischen Massnahmen und Hilfsmittel sind Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a VO 1408/71. Daran ändert nichts, dass sie nach schweizerischem Recht in erster Linie von der Invalidenversicherung und nicht von der Krankenversicherung erbracht werden (vgl. Art. 64 Abs. 2 ATSG [SR 830.1] und Art. 110 KVV ; BGE 133 V 320 E. 5.6 S. 328; BGE 132 V 46 E. 3.2.3 S. 49 f. betreffend Hilfsmittel). 6.3.2.1 Die besonderen Vorschriften zu den Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft (Titel III Kapitel 1, Art. 18 ff. VO 1408/71) statuieren in Abschnitt 2 "Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige" in Art. 19 als allgemeine Regel Folgendes: Ein Arbeitnehmer oder Selbstständiger, der im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates wohnt und die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Artikels 18, erfüllt, erhält in dem Staat, in dem er wohnt, Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Wohnorts nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften, als ob er bei diesem versichert wäre (Abs. 1 lit. a). Absatz 1 gilt entsprechend für Familienangehörige, die im Gebiet eines anderen als des zuständigen Staates wohnen, sofern sie nicht auf Grund der Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet sie wohnen, Anspruch auf diese Leistungen haben (Abs. 2 erster Abschnitt). Wohnen die Familienangehörigen im Gebiet eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Anspruch auf Sachleistungen nicht von Versicherungs- oder Beschäftigungsbedingungen abhängig ist, so gelten die ihnen gewährten Sachleistungen als für Rechnung des Trägers gewährt, bei dem der Arbeitnehmer oder Selbstständige versichert ist, es sei denn, dass sein Ehegatte oder die Person, die für die Kinder sorgt, eine Berufstätigkeit im Gebiet dieses Mitgliedstaats ausübt (Abs. 2 zweiter Abschnitt). Es gilt somit das Prinzip der aushelfenden Sachleistungserbringung am Wohnort (KARL-JÜRGEN BIEBACK, in: Europäisches Sozialrecht, Maximilian Fuchs [Hrsg.], 4. Aufl. 2005, N. 4 und 20 ff. zu Art. 19 VO 1408/71). Dabei gehen die Kosten zu Lasten des zuständigen Versicherers des Beschäftigungsstaates (BBl 1999 6321 f.), im Falle der Schweiz somit der Krankenversicherung oder der Invalidenversicherung. Unklar ist, ob die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats BGE 142 V 538 S. 544 wohnenden Familienangehörigen des Erwerbstätigen ebenfalls nach dem Recht des zuständigen Staates versichert sein müssen, um Leistungen im Wohnstaat zu erhalten. In der Lehre wird die Frage verneint mit der Begründung, Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft nach Art. 4 Abs. 1 lit. a VO 1408/71 würden allgemein wie abgeleitete Rechte behandelt. Die betreffenden Personen seien daher wie bei einer Familienversicherung der Versicherung des Erwerbstätigen im Beschäftigungsstaat unterstellt (EDGAR IMHOF, Über die Kollisionsnormen der Verordnung Nr. 1408/71 [anwendbares Sozialrecht, zugleich Versicherungsunterstellung], SZS 2008 S. 323 f. und 337 f.; vgl. auch BIEBACK, a.a.O., N. 10 f. zu Art. 19 VO 1408/71). Dies gelte auch für die Schweiz, woran nichts ändere, dass in der obligatorischen Krankenversicherung und in der Invalidenversicherung das Prinzip der Individualversicherung gelte ( BGE 137 V 167 E. 4.2 S. 171; BUCHER, a.a.O., S. 68 N. 33). Demgegenüber müssen gemäss der Botschaft vom 23. Juni 1999 zur Genehmigung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG die im Ausland wohnenden Familienangehörigen von in der Schweiz obligatorisch erfassten Personen bei einem schweizerischen Versicherer (nach KVG) versichert sein, um im Ausland die Leistungsaushilfe in Anspruch nehmen zu können (BBl 1999 6333 unten). Wie es sich damit verhält, kann hier offenbleiben. 6.3.2.2 Art. 20 mit der Überschrift "Grenzgänger [Art. 1 lit. b] und deren Familienangehörige - Sonderregelungen" hält fest: Ein Grenzgänger kann die Leistungen auch im Gebiet des zuständigen Staates erhalten. Diese Leistungen werden vom zuständigen Träger nach den Rechtsvorschriften dieses Staates erbracht, als ob der Grenzgänger dort wohnte. Die Familienangehörigen eines Grenzgängers können unter den gleichen Voraussetzungen Leistungen erhalten; die Gewährung dieser Leistungen ist jedoch - ausser in dringlichen Fällen - davon abhängig, dass zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten oder zwischen den zuständigen Behörden dieser Staaten eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden ist oder dass, in Ermangelung einer solchen Vereinbarung, der zuständige Träger vorher seine Genehmigung hierzu erteilt hat. Durch diese Vorschrift wird den Grenzgängern ein Wahlrecht eingeräumt, Leistungen nicht nur am Wohnort, sondern auch am Beschäftigungsort in Anspruch zu nehmen (BIEBACK, a.a.O., N. 1 zu Art. 20 VO 1408/71; BBl 1999 6323 oben). Davon werden indessen die Familienangehörigen nicht automatisch erfasst, sondern nur, wenn einer der explizit vorgesehenen Ausnahmetatbestände gegeben ist. Der Grund liegt darin, dass sie BGE 142 V 538 S. 545 keine so enge Bindung an den Beschäftigungsort haben wie der Grenzgänger (BIEBACK, a.a.O., N. 3 zu Art. 20 VO 1408/71); sie werden mithin gerade nicht so betrachtet, als ob sie wie jener dort wohnten. 6.3.2.3 Die Verordnung hätte Art. 20 Satz 1 und 2 für die Familienangehörigen des Grenzgängers, die im Gebiet eines anderen als des zuständigen Beschäftigungsstaats wohnen, für entsprechend anwendbar erklären können, wie sie es im Rahmen der allgemeinen Regelung nach Art. 19 tut (vgl. E. 6.3.2.1 hiervor). Das macht sie indessen ausdrücklich nicht, sondern überlässt es den einzelnen Staaten, untereinander Vereinbarungen betreffend ein Wahlrecht und dessen Ausgestaltung in Bezug auf Sachleistungen für Familienangehörige von Grenzgängern (bei Krankheit und Mutterschaft) am Beschäftigungsort abzuschliessen. Einzige Schranke aus Sicht des Koordinationsrechts, dem es nicht um die inhaltliche Angleichung nationaler Systeme sozialer Sicherheit im Sinne einer Harmonisierung geht ( BGE 141 V 246 E. 5.1 S. 251), ist, dass die Rechtsstellung der betreffenden Personen nach Art. 19 Abs. 2 nicht tangiert oder sogar verschlechtert wird, und zwar unabhängig davon, ob sie im Sinne eines Teils der Lehre (nicht aus eigenem Recht) der Versicherung des Erwerbstätigen im Beschäftigungsstaat unterstellt sind oder nicht (E. 6.3.2.1 hiervor). Die Mitgliedstaaten sind indessen nicht gehalten, eine mit Art. 19 Abs. 2 in dem Sinne gleich lautende Regelung zu schaffen, dass der Versicherungsträger bzw. Versicherungszweig im Beschäftigungsstaat des Grenzgängers, für dessen Rechnung die aushelfende Sachleistungserbringung am Wohnort erfolgt, im Wahlrecht des Familienangehörigen in Bezug auf die Leistungserbringung am Erwerbsort steht. Die gegenteilige Auffassung lässt sich nicht etwa damit begründen, dass es sich ungeachtet der innerstaatlichen Zuständigkeit um Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a VO 1408/71 handelt (in diesem Sinne BUCHER, a.a.O., S. 75 N. 54). Das vom FZA übernommene Gemeinschaftsrecht im Bereich soziale Sicherheit will koordinieren, nicht harmonisieren. Die Mitgliedstaaten bestimmen grundsätzlich, unter welchen Voraussetzungen ein Recht auf Unterstellung unter eine Versicherung oder eine Verpflichtung hierzu besteht und Leistungen gewährt werden ( BGE 134 V 428 E. 3.1 S. 431; vgl. auch EICHENHOFER, a.a.O., N. 8 zu Art. 3 VO 1408/71, wonach Art. 3 das Recht jedes Mitgliedstaates zur grundsätzlichen freien rechts- und sozialpolitischen Gestaltung unberührt lässt). Ziff. 4 Anhang VI (Schweiz) VO 1408/71 ist eine Vereinbarung zwischen Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 20 Satz 3. Danach gilt BGE 142 V 538 S. 546 für die Personen, die in Deutschland, Ungarn, Österreich, Belgien, Frankreich oder den Niederlanden wohnen, jedoch in der Schweiz für Krankenpflege ("pour les soins en cas de maladie" im massgebenden französischen Originaltext; BGE 119 V 98 E. 6b S. 108) versichert sind, bei einem Aufenthalt in der Schweiz Artikel 20 erster und zweiter Satz der Verordnung sinngemäss. In diesem Fall übernimmt der schweizerische Versicherer den Gesamtbetrag der in Rechnung gestellten Kosten. Diese Vorschrift ist (in Zusammenschau mit Ziff. 3 ["Versicherungspflicht in der schweizerischen Krankenversicherung und mögliche Befreiungen"]) so zu verstehen (vgl. BGE 138 V 258 E. 5.3.2 S. 267 zur Auslegung von Staatsverträgen), dass sich das Wahlrecht der Familienangehörigen von in der Schweiz erwerbstätigen Grenzgängern, die im Gebiet eines der erwähnten Mitgliedstaaten wohnen und der schweizerischen obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach KVG unterstellt sind, einzig auf die von dieser Versicherung vergüteten Leistungen beschränkt (vgl. BBl 1999 6331 ff., insbesondere 6334 ["als wohnten sie in der Schweiz"]; a.M. BUCHER, a.a.O., S. 75 N. 54). Dagegen können die betreffenden Personen, zu denen ebenfalls die Beschwerdegegnerin gehört, auch bei einem Aufenthalt in der Schweiz keine Leistungen von der schweizerischen Invalidenversicherung erhalten. Soweit darin eine Ungleichbehandlung gegenüber in der Schweiz wohnenden, nach Art. 1b IVG (i.V.m. Art. 1a Abs. 1 lit. a AHVG ) somit dieser Versicherung unterstellten Familienangehörigen von im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnenden Grenzgängern zu erblicken ist, liegt sie in Art. 20 VO 1408/71 begründet, was die (erfolgreiche) Berufung auf Art. 3 Abs. 1 VO 1408/71 ausschliesst (in diesem Sinne auch EICHENHOFER, a.a.O., N. 10 und 12 f. zu Art. 3 VO 1408/71). Umgekehrt haben sie sich trotz Wohnsitz im Ausland bei einer Behandlung in der Schweiz zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung aus Gründen der Gleichbehandlung nach Massgabe von Art. 64 KVG und Art. 103 ff. KVV an den Kosten zu beteiligen (BBl 1999 6337). 6.4 Nach dem Gesagten halten sich Art. 9 Abs. 2 IVG und aArt. 22 quater Abs. 2 IVV, welche die Kinder von in der Schweiz tätigen Grenzgängern von der Unterstellung unter die schweizerische Invalidenversicherung ausnehmen, im Rahmen der VO 1408/71. Die Nichtanwendung dieser Bestimmungen durch das Bundesverwaltungsgericht verletzt Bundesrecht ( Art. 95 lit. a BGG ). Die Beschwerden sind begründet. (...)
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SR 702 1 Bundesgesetz über Zweitwohnungen (Zweitwohnungsgesetz, ZWG) vom 20. März 2015 (Stand am 1. Januar 2016) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 75 und 75b der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 19. Februar 20142, beschliesst: 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Gegenstand Dieses Gesetz regelt die Zulässigkeit des Baus neuer Wohnungen sowie der bauli- chen und nutzungsmässigen Änderung bestehender Wohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent. Art. 2 Begriffe 1 Eine Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Gesamtheit von Räumen, die: a. für eine Wohnnutzung geeignet sind; b. eine bauliche Einheit bilden; c. einen Zugang entweder von aussen oder von einem gemeinsam mit anderen Wohnungen genutzten Bereich innerhalb des Gebäudes haben; d. über eine Kocheinrichtung verfügen; und e. keine Fahrnis darstellen. 2 Eine Erstwohnung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Wohnung, die von mindestens einer Person genutzt wird, die gemäss Artikel 3 Buchstabe b des Registerharmoni- sierungsgesetzes vom 23. Juni 20063 in der Gemeinde, in der die Wohnung liegt, niedergelassen ist. 3 Erstwohnungen gleichgestellt sind Wohnungen, die: a. zu Erwerbs- oder Ausbildungszwecken dauernd bewohnt werden; AS 2015 5657 1 SR 101 2 BBl 2014 2287 3 SR 431.02 702 Landes-, Regional- und Ortsplanung 2 702 b. von einem Privathaushalt dauernd bewohnt werden, der im gleichen Gebäu- de eine andere Wohnung dauernd bewohnt; c. von Personen dauernd bewohnt werden, die sich nicht beim Einwohneramt melden müssen, insbesondere von diplomatischem Personal und Asyl- suchenden; d. seit höchstens zwei Jahren leer stehen, bewohnbar sind und zur Dauermiete oder zum Kauf angeboten werden (Leerwohnungen); e. zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden und wegen der Höhenlage nicht ganzjährig für landwirtschaftliche Zwecke zugänglich sind; f. durch Unternehmen zur kurzzeitigen Unterbringung von Personal genutzt werden; g. als Dienstwohnungen für Personen, die insbesondere im Gastgewerbe, in Spitälern und in Heimen tätig sind, genutzt werden; h. rechtmässig vorübergehend anders als zum Wohnen genutzt werden. 4 Eine Zweitwohnung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Wohnung, die weder eine Erstwohnung ist noch einer Erstwohnung gleichgestellt ist. Art. 3 Aufgaben und Kompetenzen der Kantone 1 Die Kantone legen bei Bedarf im Richtplan Massnahmen zur Förderung einer besseren Auslastung der Zweitwohnungen sowie zur Förderung von Hotellerie und preisgünstigen Erstwohnungen fest. 2 Sie können Vorschriften erlassen, die die Erstellung und Nutzung von Wohnungen stärker einschränken als dieses Gesetz. 2. Kapitel: Wohnungsinventar und Zweitwohnungsanteil Art. 4 Wohnungsinventar 1 Jede Gemeinde erstellt jährlich ein Wohnungsinventar. 2 Im Wohnungsinventar sind mindestens die Gesamtzahl der Wohnungen sowie die Anzahl der Erstwohnungen aufzuführen. 3 Die Gemeinde kann zudem die Kategorie der den Erstwohnungen gleichgestellten Wohnungen gesondert aufführen und diese Wohnungskategorie den Erstwohnungen zurechnen. 4 Der Bundesrat regelt die Anforderungen an das Wohnungsinventar und legt die Einzelheiten der Veröffentlichung fest. Art. 5 Feststellung des Zweitwohnungsanteils 1 Der Bund stellt für jede Gemeinde auf der Grundlage des Wohnungsinventars nach Artikel 4 den Anteil der Zweitwohnungen am Gesamtbestand der Wohnungen fest. Zweitwohnungsgesetz 3 702 2 Legt eine Gemeinde das Wohnungsinventar nicht fristgemäss vor, so wird für die betreffende Gemeinde ein Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent angenommen. Die zuständige Bundesbehörde kann auf Antrag der Gemeinde bei Vorliegen trifti- ger Gründe eine Nachfrist gewähren. 3 Der Bundesrat bestimmt die Bundesbehörde, die den Zweitwohnungsanteil fest- stellt. 4 Diese hört vor ihrem Entscheid den Kanton an, in dem die Gemeinde liegt. 3. Kapitel: Verbot neuer Zweitwohnungen Art. 6 1 In Gemeinden, in denen der nach Artikel 5 festgestellte Zweitwohnungsanteil über 20 Prozent liegt, dürfen keine neuen Zweitwohnungen bewilligt werden. Liegt dieser Anteil unter 20 Prozent und hätte die Erteilung einer Baubewilligung zur Folge, dass die Gemeinde den Zweitwohnungsanteil von 20 Prozent überschreiten würde, so darf die Bewilligung nicht erteilt werden. 2 Vorbehalten bleibt die Erstellung neuer Wohnungen nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und nach Artikel 8, 9, 26 oder 27. 4. Kapitel: Erstellung neuer Wohnungen in Gemeinden mit Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent 1. Abschnitt: Neue Wohnungen mit Nutzungsbeschränkung Art. 7 1 In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent dürfen neue Wohnungen nur bewilligt werden, wenn sie wie folgt genutzt werden: a. als Erstwohnung oder als Wohnung, die nach Artikel 2 Absatz 3 einer Erst- wohnung gleichgestellt ist; oder b. als touristisch bewirtschaftete Wohnung. 2 Eine Wohnung gilt als touristisch bewirtschaftet, wenn sie dauerhaft zur aus- schliesslich kurzzeitigen Nutzung durch Gäste zu markt- und ortsüblichen Bedin- gungen angeboten wird und sie: a. im selben Haus liegt, in dem der Eigentümer oder die Eigentümerin seinen beziehungsweise ihren Hauptwohnsitz hat (Einliegerwohnung); oder b. nicht auf die persönlichen Bedürfnisse des Eigentümers oder der Eigentüme- rin zugeschnitten ist und im Rahmen eines strukturierten Beherbergungs- betriebs bewirtschaftet wird. 3 Die für die Baubewilligungen zuständige Behörde ordnet in der Baubewilligung mittels Nutzungsauflage die Nutzungsbeschränkung nach Absatz 1 Buchstabe a oder Landes-, Regional- und Ortsplanung 4 702 Absatz 2 Buchstabe a oder b an. Enthält die Baubewilligung für eine neue Wohnung keine solche Anordnung und liegt auch keine Bewilligung nach Artikel 8, 9, 26 oder 27 vor, so wird vermutet, dass die Nutzungsbeschränkung nach Absatz 1 Buch- stabe a gilt. 4 Unmittelbar nach Rechtskraft der Baubewilligung weist die Baubewilligungs- behörde das Grundbuchamt an, die Nutzungsbeschränkung zum betreffenden Grundstück im Grundbuch anzumerken. 5 Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, namentlich: a. die Anforderungen an den strukturierten Beherbergungsbetrieb; b. die Meldepflicht für die Umnutzung einer touristisch bewirtschafteten Woh- nung in eine Erstwohnung; und c. die Formulierung der Nutzungsauflagen. 2. Abschnitt: Neue Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung Art. 8 Wohnungen im Zusammenhang mit strukturierten Beherbergungsbetrieben 1 In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent darf struktu- rierten Beherbergungsbetrieben die Erstellung von Wohnungen ohne Nutzungs- beschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 bewilligt werden, wenn: a. der Betrieb nur mit dem Ertrag aus der Erstellung solcher Wohnungen wirt- schaftlich geführt oder weitergeführt werden kann; b. die Eigentümerin oder der Eigentümer beziehungsweise die Betreiberin oder der Betreiber auf Verlangen den Nachweis erbringt, dass der Ertrag aus den Wohnungen in den Bau oder Betrieb der strukturierten Beherbergung inves- tiert wird; c. die Hauptnutzfläche dieser Wohnungen einen Anteil von 20 Prozent der ge- samten Hauptnutzfläche der Zimmer und der Wohnungen nicht übersteigt; d. die Wohnungen mit dem strukturierten Beherbergungsbetrieb eine bauliche und funktionale Einheit bilden, es sei denn, Gründe des Ortsbild- oder Denkmalschutzes stehen dem entgegen; und e. keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. 2 Für Wohnungen nach Absatz 1, die dauerhaft im Eigentum des strukturierten Beherbergungsbetriebs bleiben und von diesem vermietet werden, darf die gesamte Hauptnutzfläche nach Absatz 1 Buchstabe c höchstens 33 Prozent betragen. Im Grundbuch ist eine entsprechende Veräusserungsbeschränkung anzumerken. Arti- kel 7 Absätze 4 und 5 gilt sinngemäss. 3 Erstellt der Betrieb sowohl Wohnungen nach Absatz 1 wie auch solche nach Ab- satz 2, so wird der Höchstanteil von 33 Prozent reduziert um den Wert, der sich daraus ergibt, dass der Quotient aus der Fläche der Wohnungen nach Absatz 1 und Zweitwohnungsgesetz 5 702 der Summe der Flächen der Wohnungen nach den Absätzen 1 und 2 mit 13 Prozent multipliziert wird. 4 Ein strukturierter Beherbergungsbetrieb, der am 11. März 2012 schon bestanden hat, kann zu maximal 50 Prozent der Hauptnutzfläche zu Wohnungen ohne Nut- zungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 umgenutzt werden, wenn: a er eine minimale Bewirtschaftungsdauer von 25 Jahren aufweist; b. er nicht mehr wirtschaftlich weitergeführt und auch nicht in touristisch be- wirtschaftete Wohnungen umgenutzt werden kann; c. die Tatsache, dass der betreffende Beherbergungsbetrieb nicht mehr wirt- schaftlich weitergeführt werden kann, nicht durch ein Fehlverhalten der Ei- gentümerin oder des Eigentümers beziehungsweise der Betreiberin oder des Betreibers verursacht worden ist; und d. keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. 5 Zum Nachweis, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 oder 4 erfüllt sind, ist ein unabhängiges Gutachten erstellen zu lassen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten. Art. 9 Neue Wohnungen in geschützten Bauten 1 In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent dürfen inner- halb der Bauzonen in geschützten oder ortsbildprägenden Bauten neue Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 bewilligt werden, wenn: a. die Baute in ihrem Schutzwert nicht beeinträchtigt wird, insbesondere die äussere Erscheinung und die bauliche Grundstruktur des Gebäudes im We- sentlichen unverändert bleiben; b. eine dauernde Erhaltung der Baute nicht anders sichergestellt werden kann; und c. keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. 2 Ausserhalb der Bauzonen beurteilt sich die Zulässigkeit von neuen Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkungen im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 nach den Bestim- mungen der Raumplanungsgesetzgebung. 3 Die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten. 5. Kapitel: Änderung von Wohnungen in Gemeinden mit Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent 1. Abschnitt: Altrechtliche Wohnungen Art. 10 Begriff Eine altrechtliche Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Wohnung, die am 11. März 2012 rechtmässig bestand oder rechtskräftig bewilligt war. Landes-, Regional- und Ortsplanung 6 702 Art. 11 Bauliche und nutzungsmässige Änderung 1 Altrechtliche Wohnungen sind unter Vorbehalt bestehender oder künftiger Nut- zungsbeschränkungen des kantonalen oder kommunalen Rechts in der Art der Wohnnutzung frei. 2 Solche Wohnungen dürfen im Rahmen der vorbestandenen Hauptnutzfläche er- neuert, umgebaut und wieder aufgebaut werden. Werden in diesem Rahmen zusätz- liche Wohnungen geschaffen, so können diese bewilligt werden, ohne dass eine Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 auferlegt werden muss. Die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten. 3 Altrechtliche Wohnungen dürfen innerhalb der Bauzonen um maximal 30 Prozent der am 11. März 2012 vorbestehenden Hauptnutzfläche erweitert werden, sofern keine zusätzlichen Wohnungen geschaffen werden. Ausserhalb der Bauzonen blei- ben Erweiterungen im Rahmen der Vorschriften über das Bauen ausserhalb der Bauzonen zulässig. 4 Übersteigen Erweiterungen das Mass nach Absatz 3, so sind sie zulässig, wenn die Wohnung als Erstwohnung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a oder als touristisch bewirtschaftete Wohnung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a oder b deklariert wird und die entsprechenden Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Baubewilligungs- behörde ordnet in der Baubewilligung eine entsprechende Nutzungsbeschränkung an und weist unmittelbar nach Rechtskraft der Baubewilligung das Grundbuchamt an, die Nutzungsbeschränkung zum betreffenden Grundstück im Grundbuch anzu- merken. Art. 12 Missbrauch und unerwünschte Entwicklungen 1 Die Kantone und Gemeinden ergreifen bei Bedarf die Massnahmen, die nötig sind, um Missbräuche und unerwünschte Entwicklungen zu verhindern, die sich aufgrund einer unbeschränkten Nutzung altrechtlicher Wohnungen zu Zweitwohnzwecken ergeben können. 2 Zu diesem Zweck können die Kantone die Umnutzung von bisher zu Erstwohn- zwecken genutzten Wohnungen zu Zweitwohnzwecken sowie die Änderungsmög- lichkeiten nach Artikel 11 Absätze 2–4 stärker einschränken als dieses Gesetz. Soweit diese nutzungsmässigen und baulichen Änderungen nicht der Baubewilli- gungspflicht unterstehen, können die Kantone sie ihr unterstellen. 2. Abschnitt: Änderung und Sistierung der Nutzungsbeschränkungen Art. 13 Änderung Die Änderungen folgender Nutzungsbeschränkungen bedürfen einer Baubewilli- gung: Zweitwohnungsgesetz 7 702 a. Wechsel der Nutzung nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a in die Nutzung als touristisch bewirtschaftete Wohnung; b. Wechsel der Nutzung innerhalb der Nutzungskategorien nach Artikel 7 Ab- satz 2. Art. 14 Sistierung 1 Die Baubewilligungsbehörde sistiert auf Gesuch der Eigentümerin oder des Eigen- tümers eine Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 während einer bestimm- ten Dauer, wenn: a. die Nutzungsbeschränkung infolge besonderer Umstände wie Todesfall, Wohnsitzwechsel oder Zivilstandsänderung vorübergehend nicht eingehalten werden kann; oder b. die Eigentümerin oder der Eigentümer nachweist, die Wohnung öffentlich ausgeschrieben und erfolglos nach Personen gesucht zu haben, die die Woh- nung gegen angemessenes Entgelt rechtmässig nutzen. 2 Sie verlängert die Sistierung nach Absatz 1 Buchstabe b, wenn die Eigentümerin oder der Eigentümer nachweist, dass die Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind. 3 Sie ordnet zusammen mit der Sistierung nach Absatz 1 Buchstabe b und bei jeder Verlängerung die Neueinschätzung des amtlichen Werts der Wohnung auf Kosten der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers an. 4 Der Bundesrat regelt die Dauer der Sistierungen und ihrer Verlängerungen sowie die Einzelheiten des Nachweises nach Absatz 1 Buchstabe b, insbesondere die Anforderungen an die öffentliche Ausschreibung der Wohnung. 6. Kapitel: Vollzug Art. 15 Aufsichtsbehörde Jeder Kanton bestimmt eine Behörde, die den Vollzug dieses Gesetzes beaufsichtigt. Art. 16 Meldepflichten 1 Die Behörde, die für die Einwohnerkontrolle in einer Gemeinde mit einem Zweit- wohnungsanteil von über 20 Prozent zuständig ist, meldet der für Baubewilligungen zuständigen Behörde Personen, die: a. innerhalb der Gemeinde die Wohnung wechseln; b. aus der Gemeinde wegziehen; oder c. ihre Niederlassung in eine andere Gemeinde verlegen. 2 Das Grundbuchamt meldet der für Baubewilligungen zuständigen Behörde nach dem grundbuchlichen Vollzug den Eigentumsübergang eines in einer Gemeinde mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent gelegenen Grundstücks, für das Landes-, Regional- und Ortsplanung 8 702 eine Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 angemerkt ist. Die Kantone regeln den Vollzug dieser Meldungen. 3 Die zum Vollzug der Artikel 4 und 7 notwendigen Informationen der Einwohner- kontrollen und des Grundbuchs dürfen im eidgenössischen Gebäude- und Woh- nungsregister erfasst werden. Die Erfassung erfolgt durch die zur Nachführung dieses Registers zuständige Behörde. Art. 17 Amtliche Massnahmen bei unrechtmässiger Nutzung 1 Wird eine Wohnung mit einer Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 nicht rechtmässig genutzt, so setzt die zuständige Behörde der Eigentümerin oder dem Eigentümer unter Androhung der Ersatzvornahme und der Strafe nach Arti- kel 292 des Strafgesetzbuches4 eine Frist zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands. Sie kann auf Antrag der Eigentümerin oder des Eigentümers in begründe- ten Fällen eine Nachfrist ansetzen. 2 Behebt die Eigentümerin oder der Eigentümer den rechtswidrigen Zustand nicht fristgerecht, so untersagt die zuständige Behörde die Benutzung der Wohnung und ordnet deren Versiegelung an. 3 Die zuständige Behörde ergreift die Massnahmen, die zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands nötig sind. Sie kann insbesondere die Wohnung unter Ein- haltung der Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 vermieten. 4 Erhalten Mitglieder der zuständigen Baubehörden oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer amtlichen Tätigkeit Kenntnis von Widerhandlungen, so sind sie verpflichtet, diese unverzüglich der Aufsichtsbehörde nach Artikel 15 zu melden. Art. 18 Durchführung der amtlichen Massnahmen bei unrechtmässiger Nutzung 1 Die zuständige Behörde hat alle Rechte und Pflichten, die sie für die Wiederher- stellung der rechtmässigen Nutzung in Vertretung der Eigentümerin oder des Eigen- tümers braucht. 2 Sie kann Dritte für die Durchführung der nötigen Massnahmen beiziehen. 3 Die Einnahmen aus der Vermietung nach Artikel 17 Absatz 3, abzüglich des Ver- waltungsaufwands der zuständigen Behörde und allenfalls beigezogener Dritter, gehen an die Eigentümerin oder an den Eigentümer. Art. 19 Überprüfung der Wirkungen und Massnahmenvorschläge 1 Das Bundesamt für Raumentwicklung untersucht in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft regelmässig die Wirkungen dieses Gesetzes. Dabei werden insbesondere die Auswirkungen auf die touristische und regionalwirtschaft- liche Entwicklung der betroffenen Regionen untersucht. 4 SR 311.0 Zweitwohnungsgesetz 9 702 2 Die betreffenden Departemente erstatten dem Bundesrat periodisch Bericht. In diesem werden bei Bedarf auch Massnahmen insbesondere im Bereich der Standort- förderung vorgeschlagen. Diese Berichterstattung erfolgt erstmals vier Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes. Art. 20 Zuständigkeit, Verfahren und Rechtsschutz 1 Die Ausschreibung von Baugesuchen und die Mitteilung von Bauentscheiden richten sich abschliessend nach den jeweiligen kantonalen Vorgaben. Artikel 112 Absatz 4 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 20055 bleibt vorbehalten. 2 Im Weiteren richten sich die Zuständigkeit, das Verfahren und der Rechtsschutz unter Vorbehalt der Bestimmungen dieses Gesetzes nach dem Raumplanungsgesetz vom 22. Juni 19796 und den dazugehörigen Ausführungsbestimmungen der Kan- tone. 7. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 21 Missachtung von Nutzungsbeschränkungen 1 Wer vorsätzlich eine Nutzungsbeschränkung nach diesem Gesetz missachtet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen. 3 Wird die Nutzungsbeschränkung nachträglich widerrufen, so ist die Strafe Geld- strafe bis zu 90 Tagessätzen. 4 Bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Verfahrens auf Sistierung oder Änderung einer Nutzungsbeschränkung ist die strafrechtliche Beurteilung aufzuschieben. Art. 22 Unrichtige Angaben 1 Wer vorsätzlich den zuständigen Behörden über Tatsachen, die für die Bewilli- gung, die Sistierung oder die Änderung einer Nutzungsbeschränkung nach diesem Gesetz von Bedeutung sind, unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder einen Irrtum dieser Behörden arglistig benutzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Wer fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft. 5 SR 173.110 6 SR 700 Landes-, Regional- und Ortsplanung 10 702 8. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 23 Ausführungsbestimmungen Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen, soweit das Gesetz nicht die Kantone für zuständig erklärt. Art. 24 Änderung anderer Erlasse Die nachstehenden Gesetze werden wir folgt geändert: …7 Art. 25 Übergangsbestimmungen 1 Dieses Gesetz ist anwendbar auf Baugesuche, über die nach seinem Inkrafttreten erstinstanzlich oder in einem Beschwerdeverfahren zu entscheiden ist. 2 Ordnete eine Baubewilligung, die vor dem 11. März 2012 rechtskräftig erteilt worden war, einen zeitlichen Aufschub der Ausführung im Rahmen einer Kontin- gentierung an, so kann die für die Baubewilligung zuständige Behörde spätestens innert zweier Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes die Ausführung freigeben, wenn die Baubewilligung für den Beginn der Ausführung entweder keinen Zeitraum festsetzte oder diesen auf einen Zeitraum aufschob, der nicht später als zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes endet. 3 Verringert sich der Zweitwohnungsanteil einer Gemeinde auf 20 Prozent oder weniger, so hebt die für Baubewilligungen zuständige Behörde auf Gesuch der Eigentümerin oder des Eigentümers hin eine allfällige Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 auf und weist das Grundbuchamt an, die betreffende Anmerkung auf dem Grundbuchblatt des betroffenen Grundstücks zu löschen. 4 Die vor dem 31. Dezember 2012 gemäss jeweiligem kantonalem Verfahrensrecht rechtskräftig erteilten Baubewilligungen bleiben gültig. 5 Die nach dem 1. Januar 2013 gemäss jeweiligem kantonalem Verfahrensrecht bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilten, rechtskräftig gewordenen Baubewil- ligungen bleiben gültig, soweit sie sich auf die Verordnung vom 22. August 20128 über Zweitwohnungen abstützen. Art. 26 Projektbezogene Sondernutzungspläne 1 In Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent dürfen Woh- nungen, die Gegenstand eines projektbezogenen und mindestens zu einem wesentli- chen Teil auf die Erstellung von Zweitwohnungen ausgerichteten Sondernutzungs- plans bilden, ohne Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 bewilligt werden, wenn dieser Plan: 7 Die Änderungen können unter AS 2015 5657 konsultiert werden. 8 [AS 2012 4583, 2013 1257 3549, 2014 3567, 2015 4143] Zweitwohnungsgesetz 11 702 a. vor dem 11. März 2012 rechtskräftig genehmigt wurde; und b. die wesentlichen Elemente der Baubewilligung betreffend Lage, Stellung, Grösse und Gestaltung der Bauten und Anlagen sowie deren Nutzungsart und Nutzungsmass regelt. 2 Änderungen von Sondernutzungsplänen nach Absatz 1 sind zulässig, sofern dabei weder der Anteil der Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Ab- satz 1 noch der Anteil der durch solche Wohnungen belegten Hauptnutzflächen erhöht werden. Art. 27 Vorabklärungen vor dem 18. Dezember 2007 Unabhängig von den Voraussetzungen nach Artikel 7 Absatz 2, Artikel 8, 9 oder 26 darf ein Baugesuch für eine neue Wohnung ohne Nutzungsbeschränkung nach Artikel 7 Absatz 1 bewilligt werden, wenn: a. die für die Baubewilligung zuständige Behörde vor dem 18. Dezember 2007 aufgrund einer hinreichend detaillierten Voranfrage eine schriftliche Ant- wort gegeben hat, die: 1. die wesentlichen Elemente der Baubewilligung im Sinne von Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe b zum Gegenstand hat, 2. die Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens bejaht; b. die Baubewilligung vor dem 11. März 2012 nicht erteilt werden konnte, weil der Eigentümer oder die Eigentümerin unverschuldet verhindert war, das Baugesuch rechtzeitig einzureichen; und c. die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung erfüllt sind. Art. 28 Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 20169 9 BRB vom 4. Dez. 2015 Landes-, Regional- und Ortsplanung 12 702
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Wenn eine Schiedsvereinbarung so formuliert ist, dass sie auch die sich "im Zusammenhang mit dem" Vertrag ergebenden Streitigkeiten erfassen soll, ist im Sinne des mutmasslichen Parteiwillens davon auszugehen, dass die Parteien alle Ansprüche, die sich aus dem vom Vertrag geregelten Sachverhalt ergeben oder diesen unmittelbar berühren, der ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten (E. 4.4). Sachverhalt ab Seite 682 BGE 138 III 681 S. 682 A. Y. und die X. AG schlossen im Herbst 1996 einen Vermögensverwaltungsvertrag ab. Am 12. Juni bzw. 3. August 2000 unterzeichneten Y. als Auftraggeberin, Dr. V. sowie die U. Inc., Panama, als Beauftragte und die X. AG als Vermögensverwalterin einen schriftlichen Mandats- und Treuhandvertrag. Der Vertrag enthält die folgenden Bestimmungen: "1. Die Auftraggeberin beauftragt die Beauftragten mit der Errichtung und der Betreuung einer Foundation (Stiftung) nach dem Recht des Staates Panama mit dem Namen T. Fondation (nachstehend "Foundation"). Die Beauftragten sind bereit, treuhänderisch für den Auftraggeber die Errichtung der Foundation zu veranlassen und für deren laufende Betreuung zu sorgen. Die Firma U., Inc. handelt als einziger Stiftungsrat der Foundation. (...) 5. Die Auftraggeberin betraut die mitunterzeichnende X. AG als Vermögensverwalterin mit allgemeiner Vollmacht und entbindet die Beauftragten diesbezüglich von jeder Verantwortung. (...) (...) 11. Dieser Vertrag untersteht schweizerischem Recht. Alle sich aus oder im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag ergebenden Streitigkeiten werden durch einen Einzelschiedsrichter gemäss der internationalen Schiedsgerichtsordnung der Zürcher Handelskammer mit Sitz in Zürich unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte entschieden." (Hervorhebungen weglassen) Y. macht geltend, die T. Fondation (nachfolgend: Stiftung) sei bereits am 20. März 2000 auf Anraten von W., dem Geschäftsführer der X. AG, gegründet worden. Sie selber sei Stifterin und alleinige BGE 138 III 681 S. 683 Erstbegünstigte und ihr Sohn S. alleiniger Zweitbegünstigter der neu gegründeten Stiftung gewesen. Unbestritten ist, dass die bereits vor der Stiftungsgründung von der X. AG verwalteten Vermögenswerte von Y. nicht in die Stiftung eingebracht, sondern weiterhin über ein separates Konto und Depot verwaltet wurden. B. Am 17. Juni 2011 reichte Y. beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die X. AG ein, mit der sie Schadenersatz verlangte sowie Ansprüche auf Herausgabe und Rechenschaftsablage geltend machte. Die X. AG erhob Schiedseinrede und beantragte, auf die Klage sei nicht einzutreten. Am 23. Januar 2012 fasste das Handelsgericht den folgenden Beschluss: "(...) 2. In Bezug auf die Ansprüche der Klägerin, welche die Verwaltung des Vermögens der T. Fondation betreffen, wird auf die Klage nicht eingetreten, insoweit diese aus dem Mandats- und Treuhandvertrag vom 12. Juni bzw. 3. August 2000 abgeleitet werden. Im Übrigen wird die von der Beklagten erhobene Unzuständigkeitseinrede abgewiesen und das Verfahren weitergeführt." C.
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Sachverhalt ab Seite 84 BGE 113 IV 84 S. 84 A.- Am Abend des 18. Februar 1985 feierte M. zusammen mit einigen Personen, unter anderen Frau H., in einem Restaurant am Goldbrunnenplatz in Zürich seinen Geburtstag. Am frühen Morgen des 19. Februar 1985, um ca. 03.30 Uhr, setzte er sich in angetrunkenem Zustand (Blutalkoholgehalt: ca. 1,06 Gewichtspromille) an das Steuer seines PW. Frau H., deren Blutalkoholkonzentration rund 2,73 Gewichtspromille betrug, nahm in Kenntnis der Angetrunkenheit von M. auf dem Beifahrersitz Platz. M. fuhr vom Goldbrunnenplatz bis zu einer Seitenstrasse der Langstrasse, wo Frau H. ein Zimmer hatte. B.- Die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich sprach Frau H. am 16. März 1987 im Berufungsverfahren des Fahrens in angetrunkenem Zustand (als Mittäterin) schuldig und BGE 113 IV 84 S. 85 verurteilte sie zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von einem Monat. C.- Die Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Zürcher Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei zu ihrer Freisprechung, eventuell zur neuen Beurteilung unter Zubilligung von Rechtsirrtum, an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Obergericht ging abweichend vom Bezirksgericht Zürich davon aus, dass der PW, dessen Halter M. war, nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von M. vom Goldbrunnenplatz in eine Seitenstrasse der Langstrasse gelenkt worden war und dass die Beschwerdeführerin lediglich auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte. Es bestätigte dennoch die Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand ( Art. 91 Abs. 1 SVG ), da diese als Mittäterin zu betrachten sei. Gemäss seinen Ausführungen hatte sich die Beschwerdeführerin nach der gemeinsamen Geburtstagsfeier in Kenntnis der erheblichen Angetrunkenheit von M. ohne weiteres in dessen Fahrzeug gesetzt und sich von M. nach Hause chauffieren lassen. Dieser Tatbeitrag ist nach Auffassung des Obergerichts gerade auch wegen des direkten Interesses der Beschwerdeführerin an der Fahrt (nach Hause) nicht nur untergeordneter Art, sondern derart intensiv, dass er Mittäterschaft im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung begründe. 2. Ob der an der Führung des Fahrzeugs nicht massgeblich Beteiligte Mittäter bei Fahren in angetrunkenem Zustand sein kann, ist umstritten. Nach der Ansicht des Kassationshofes (vgl. BGE 98 IV 11 ff. sowie die nicht publizierten Urteile vom 19. April 1985 i.S. G. c. BE und vom 6. September 1983 i.S. C. c. GR) und einzelner Autoren (MARINA SCHMUTZ, Fahren in angetrunkenem Zustand, Diss. ZH 1975, S. 126, und PIERRE MARIO MACRI, Schluss- und Nachtrunk beim Fahren in angetrunkenem Zustand, Diss. ZH 1976, S. 41, beide unter Berufung auf BGE 98 IV 15 ) ist Mittäterschaft bei Fahren in angetrunkenem Zustand möglich; andere Autoren stehen dieser Ansicht kritisch bzw. ablehnend gegenüber (SCHULTZ, ZBJV 109/1973, S. 429, BGE 113 IV 84 S. 86 SCHULTZ, Die strafrechtliche Rechtsprechung zum neuen Strassenverkehrsrecht, 1968, S. 217, REHBERG, "Fremdhändige" Täterschaft bei Verkehrsdelikten? in Lebendiges Strafrecht, Festgabe Schultz 1977, S. 72 ff., 82; ebenso überwiegend die deutsche Lehre und Rechtsprechung, siehe JAGUSCH/HENTSCHEL, Strassenverkehrsrecht, 29. Aufl. 1987, N. 42 zu § 315c (dt.) StGB, N. 34 zu § 316 (dt.) StGB, mit Hinweisen). 3. Eine Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand (als Mittäterin) fällt im vorliegenden Fall selbst dann ausser Betracht, wenn man die Möglichkeit von Mittäterschaft eines an der Führung des Fahrzeugs nicht massgeblich Beteiligten bejaht. a) Das eigene Interesse des Passagiers an der Fahrt, das in den meisten Fällen vorliegen wird, vermag entgegen der Ansicht der Vorinstanz Mittäterschaft bei Fahren in angetrunkenem Zustand schon deshalb nicht zu begründen, weil es als solches nicht einen Tatbeitrag, sondern lediglich ein Motiv für das Mitfahren darstellt. Es mag unter Umständen für die Abgrenzung von Gehilfenschaft und Mittäterschaft von Bedeutung sein, welche aber beide bestimmte Tatbeiträge voraussetzen. b) Die Beschwerdeführerin war weder Halterin des fraglichen Fahrzeugs noch faktisch für dieses verantwortlich. Nichts im angefochtenen Urteil und den Akten deutet darauf hin, dass sie die bestimmende Anführerin des Trinkgelages anlässlich der Feier des Geburtstags von M. gewesen sei. Damit sind die in BGE 98 IV 15 mit knappen Worten beschriebenen Voraussetzungen, unter denen Mittäterschaft bei Fahren in angetrunkenem Zustand gegeben sein kann, nicht erfüllt. Die Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand (als Mittäterin) verstösst daher gegen Bundesrecht. 4. Der Kassationshof kann mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht prüfen, ob sich die Beschwerdeführerin der Anstiftung oder der Gehilfenschaft zu Fahren in angetrunkenem Zustand schuldig gemacht habe. Dem Entscheid des Zürcher Obergerichts kann nicht entnommen werden, ob M. und die Beschwerdeführerin die Frage der Heimfahrt überhaupt besprachen, welches der Inhalt dieses allfälligen Gesprächs war, aus welchen Gründen M. sich an das Steuer seines Wagens setzte und die Beschwerdeführerin mitnahm und was während der Fahrt sich ereignete. Zwar werden im angefochtenen Urteil Aussagen von M. und des Zeugen F. betreffend ein Gespräch BGE 113 IV 84 S. 87 über die Frage der Heimfahrt zitiert; diese Aussagen sind nach den Feststellungen der Vorinstanz jedoch widersprüchlich und insoweit falsch, als darin die Beschwerdeführerin als Fahrzeuglenkerin angegeben wird. Die Beschwerdeführerin hatte stets ausgesagt, dass über die Frage der Heimfahrt nicht gesprochen worden sei und M. diskussionslos auf dem Führersitz, sie selber ohne weiteres auf dem Beifahrersitz Platz genommen habe. Die Vorinstanz wird, sofern dies nach dem kantonalen Prozessrecht möglich ist, die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen treffen und entscheiden müssen, ob allenfalls Gehilfenschaft oder Anstiftung zu Fahren in angetrunkenem Zustand vorliege. Sie wird dabei zu beachten haben, dass weder das Interesse der Beschwerdeführerin an der Fahrt noch das Mitfahren als Passagier im Wagen des M. als solches einen Tatbeitrag darstellt. Wer aus eigenen Interessen im Wagen eines angetrunkenen Lenkers mitfährt, macht sich allein dadurch nicht der Gehilfenschaft zu Fahren in angetrunkenem Zustand schuldig, und zwar selbst dann nicht, wenn das Interesse des Mitfahrers für die Fahrt "kausal" ist; das Interesse des Passagiers ist in diesem Fall das Tatmotiv des Lenkers (zutreffend MKGE vom 21. April 1977 i.S. R. und Sch., zitiert von KURT HAURI in ZStrR 96/1979, S. 400 Nr. 3). Allerdings kann die Mitwirkung des Passagiers am Entschluss, die Fahrt zu unternehmen, Gehilfenschaft oder gar Anstiftung zu Fahren in angetrunkenem Zustand sein (vgl. auch BJM 1956 S. 36 f.). Gehilfe zu Fahren in angetrunkenem Zustand kann zudem der Passagier sein, der weder Halter des Fahrzeugs noch für dieses verantwortlich ist, z.B. dann, wenn er den angetrunkenen Lenker wach hält oder auf Verkehrssignale und Hindernisse aufmerksam macht und diese Tatbeiträge mit dem Vorsatz der Hilfeleistung im Sinne von Art. 25 StGB erbringt.
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Sachverhalt ab Seite 11 BGE 98 IV 11 S. 11 A.- 1. Lutz führte am 5. November 1970, ca. 22.20 Uhr mit einer Alkoholkonzentration von 1,4 Gewichtspromille im Blute seinen Personenwagen von Trin nach Domat/Ems und von dort in Richtung Chur. Auf der Kantonsstrasse zwischen Domat/Ems und der Abzweigung nach Felsberg fuhr er von hinten den Motorfahrradfahrer Hans Bay an. Dieser erlitt am Kopf sowie am linken Schulterblatt Verletzungen. Nach dem Unfall wurde Lutz der Führerausweis entzogen. 2. Am Abend des 27. November 1970 traf Lutz in Bonaduz seinen Bekannten Spadin. Beide genossen reichlich Alkohol. Morgens um 4 Uhr beschlossen sie, weitere Gaststätten aufzusuchen. BGE 98 IV 11 S. 12 Lutz überliess Spadin das Steuer seines Autos. Nach dem Besuch mehrerer Wirtschaften, in denen sie wiederum Alkohol konsumiert hatten, gelangten die beiden schliesslich nach Zürich, wo Spadin um 13.50 Uhr am Bleicherweg mit den linken Rädern des Wagens auf die Traminsel der Haltestelle Stockerstrasse geriet und dabei die dort stehende Fussgängerin Zörgiebel anfuhr. Diese wurde auf die Fahrbahn geschleudert und schwer verletzt. Eine Blutprobe ergab bei Spadin für den Zeitpunkt des Unfalls eine Alkoholkonzentration von 1,6 Gewichtspromille, bei Lutz eine solche von 1,4. B.- Am 15. Juni 1971 verurteilte das Bezirksgericht Zürich - Spadin wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 2 StGB , Fahrens in angetrunkenem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG und Fahrens ohne Führerausweis im Sinne von Art. 95 Ziff. 2 SVG zu 6 Monaten Gefängnis und Fr. 100.-- Busse; - Lutz wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 und 2 StGB , Fahrens in angetrunkenem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG und Gehilfenschaft zum Fahren in angetrunkenem Zustand zu 5 Monaten Gefängnis. Das Gericht ordnete in beiden Fällen die Veröffentlichung des Urteils an. Auf Appellation der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft bestätigte das Obergericht am 24. September 1971 im Falle Spadin den Schuldspruch der ersten Instanz sowie die ausgefällte Busse und erhöhte die Freiheitsstrafe auf 9 Monate Gefängnis. Lutz wurde der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB und des wiederholten Fahrens in angetrunkenem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG schuldig erklärt und zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt. Das Obergericht bestätigte in beiden Fällen die Urteilspublikation. C.- Gegen diesen Entscheid führt die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Bestrafung von Lutz wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 2 StGB an die Vorinstanz zurückzuweisen. BGE 98 IV 11 S. 13 Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1.
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Sachverhalt ab Seite 423 BGE 129 III 422 S. 423 A.- A. (Kläger 1) schloss mit der Bank X. (Beklagte) am 25. Februar 1992 und am 23. Juni/14. Juli 1992 mehrere Kreditverträge. Als Pfand für die Forderungen der Beklagten aus drei eingegangenen Kontobeziehungen haftet ein Schuldbrief über Fr. 500'000.-, lastend auf der Liegenschaft Y. im Eigentum von B. (Klägerin 2), der Ehefrau des Klägers 1. Nachdem der Kläger 1 seinen Zahlungspflichten nicht nachgekommen war, stellte die Beklagte die im Schuldbrief verurkundete Forderung per 15. Juni 1995 fällig und leitete Betreibung auf Grundpfandverwertung ein. Die Betriebenen erhoben Rechtsvorschlag. Am 19. Januar 1999 erteilte der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirks Meilen der Beklagten für den Betrag von Fr. 500'000.- provisorische Rechtsöffnung. B.- Die von den Klägern am 15. März 1999 erhobene Aberkennungsklage wies das Bezirksgericht Meilen am 4. Mai 2000 ab. Auf kantonalrechtliche Berufung der Kläger hin nahm das Obergericht mit Beschluss vom 2. Oktober 2001 davon Vormerk, dass der Entscheid des Bezirksgerichts im Umfang von Fr. 125'000.- nicht angefochten und insofern rechtskräftig geworden sei. Im verbleibenden Umfang wies es die Klage mit Urteil vom gleichen Tag ab. Eine dagegen gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde der Kläger wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 30. Oktober 2002 ab, soweit es darauf eintrat. C.- Gleichzeitig mit der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde erhoben die Kläger eidgenössische Berufung mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts vom 2. Oktober 2001 aufzuheben und die Forderung der Beklagten im Umfang von Fr. 400'000.- abzuerkennen. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung. BGE 129 III 422 S. 424 Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die Kläger stellen der Forderung der Beklagten eine Forderung der Klägerin 2 zur Verrechnung gegenüber, welche diese an den Kläger 1 abgetreten hat. Zur Begründung ihres Anspruchs machen sie geltend, die Klägerin 2 sei im Jahre 1992 Alleineigentümerin des Inventars des Restaurants "Z." in der Liegenschaft S. geworden. Im selben Jahr sei das Restaurant von den damaligen Eigentümerinnen der Liegenschaft einschliesslich des Gross- und Kleininventars zu einem einheitlichen Mietzins an C. bzw. die D. AG (im Folgenden: Pächter) vermietet worden. Im Jahre 1993 habe die Beklagte die Liegenschaft im Rahmen einer Zwangsversteigerung gekauft. Der Mietvertrag betreffend das Restaurant sei im Rahmen der Liegenschaftsversteigerung auf die Beklagte übergegangen. Diese habe sich in der Folge unrechtmässig als Vermieterin des Inventars ausgegeben und den vollen Mietzins gemäss den Verträgen entgegengenommen, obwohl sie darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass das Inventar nach wie vor der Klägerin 2 gehöre. Damit habe sie sich unrechtmässig bereichert. Die Vorinstanz liess offen, wie es sich mit diesen tatsächlichen Behauptungen verhält, da der Klägerin 2 rechtlich auch keine Forderung gegen die Beklagte zustünde, wenn vom behaupteten Sachverhalt ausgegangen werde. So begründete es auch dann keinen Anspruch der Klägerin 2 gegen die Beklagte, wenn das Inventar in ihrem Eigentum stünde und der Betreiber des Restaurants für die Benutzung des Inventars Zahlungen an die Beklagte geleistet hätte. Zwar seien Bereicherungsansprüche des Eigentümers nach Art. 62 Abs. 1 OR gegen den unberechtigten Nutzer denkbar. Die Grundeigentümerin und Verpächterin (also die Beklagte) wäre allerdings höchstens mittelbar in diese Rechtsbeziehung einbezogen. Falls ihr das Inventar nicht gehörte, fehlten Zahlungen an sie die innere Rechtfertigung. Dies heisse aber keineswegs, dass sie sich damit zu Lasten der Klägerin 2 bereichert hätte. Deren Anspruch auf Nutzungs-Entschädigung richtete sich (nur) gegen den Pächter; falls dieser zu Unrecht unter dem Titel Nutzung etwas an die Grundeigentümerin zahlte, täte er dies auf eigenes Risiko. Der Klägerin 2 stünde daher nur gegen ihn eine Bereicherungsforderung zu, nicht gegen die Beklagte. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz verkennt, dass die Beklagte - die Wahrheit der klägerischen Behauptungen hinsichtlich des Eigentums am Mobiliar vorausgesetzt - unmittelbar in die absolute Rechtsstellung der Klägerin 2 eingriff, indem sie das Mobiliar BGE 129 III 422 S. 425 vermietete, ohne dazu berechtigt zu sein. Sofern die Beklagte - der klägerischen Darstellung gemäss - bösgläubig im eigenen Interesse handelte, also das Mobiliar im Wissen um die Eigentümerstellung der Klägerin 2 an den Pächter vermietete, kann die Klägerin 2 ihren Anspruch auf die Regeln über die Geschäftsanmassung ( Art. 423 OR ) stützen ( BGE 126 III 69 E. 2a; dazu u.a.: SCHMID, Gewinnherausgabe bei unerlaubter Untermiete, recht 4/2000 S. 205 ff.; WIEGAND, ZBJV 138/2002 S. 342 ff.; CHAPPUIS, Gestion d'affaires imparfaite: du nouveau, SZW 2000 S. 201 ff.). Danach hat derjenige, der in eine fremde Rechtssphäre eingreift und damit Gewinn erzielt, dem Geschäftsherrn bzw. dem Rechtsträger den zu Unrecht erzielten Gewinn und allenfalls darüber hinaus Schadenersatz zu leisten (vgl. dazu BGE 126 III 69 E. 2 S. 72 f.; zu den Rechtsfolgen: SCHMID, Zürcher Kommentar, N. 94 ff. und 144 zu Art. 423 OR ). Der Klägerin 2 kann aber auch dann ein Anspruch gegen die Beklagte zustehen, wenn diese das Mobiliar gutgläubig ( Art. 3 ZGB ) im eigenen Interesse an den Pächter vermietet hat. Insoweit kann sie die von der Beklagten durch die unberechtigte Vermietung des Inventars erworbene Bereicherung unabhängig von einem Verschulden mit einer Eingriffskondiktion herausverlangen, also einen Bereicherungsanspruch im Sinne von Art. 62 Abs. 1 OR geltend machen (SCHMID, Kommentar, a.a.O., N. 179 zu Art. 423 OR ; SCHLUEP, Über Eingriffskondiktionen, in: Fritz Sturm [Hrsg.], Mélanges Paul Piotet, Bern 1990, S. 173 ff.; SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Bern 2000, Rz. 57.01 ff.; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. I, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 494 ff., Ziff. VIII). Weder die Ansprüche aus Geschäftsanmassung noch diejenigen aus ungerechtfertigter Bereicherung setzen voraus, dass zwischen dem Bereicherungsgläubiger und dem Bereicherungsschuldner eine unmittelbare Vermögensverschiebung stattgefunden hat; auszugleichen ist vielmehr in jedem Fall die Bereicherung, die der Schuldner auf Kosten (im französischen Gesetzestext von Art. 62 Abs. 1 OR : "aux dépens d'autrui") eines andern erlangt hat (HUWYLER, Zur Anspruchsgrundlage der Obligation aus ungerechtfertigter Bereicherung im Schweizerischen Obligationenrecht, in: Vogt/Zobl [Hrsg.], Festschrift für Hermann Schulin, Basel 2002, S. 41 ff., insbes. S. 66 f.; zur Frage des Erfordernisses einer Vermögensverschiebung namentlich auch CHAPPUIS, a.a.O., S. 204; SCHWENZER, a.a.O., Rz. 55.09 und 57.10 mit weiteren Hinweisen). Die Vorinstanz hat demnach Bundesrecht verletzt, indem sie einen Anspruch der Kläger auf der Grundlage des von ihnen behaupteten BGE 129 III 422 S. 426 Sachverhalts verneinte und sie auf mögliche Ansprüche gegen den Pächter verwies. Die Berufung ist insoweit gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben. Dem angefochtenen Urteil sind zu entscheiderheblichen strittigen Fragen keine tatsächlichen Feststellungen zu entnehmen, namentlich darüber, ob die Klägerin 2 Eigentümerin des Mobiliars des Restaurants "Z." ist, ob und allenfalls in welcher Höhe die Beklagte als Erwerberin der Liegenschaft S. für die Überlassung des Mobiliars an den Pächter Mietzins einkassiert hat und ob sie gegebenenfalls gutgläubig gehandelt oder sich eine Vermieterstellung bösgläubig angemasst hat. Die Sache ist daher zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen ( Art. 64 Abs. 1 OG ).
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Sachverhalt ab Seite 346 BGE 130 III 345 S. 346 A. A. (der Beklagte) ist Architekt und ein in der Gegend anerkannter Liegenschaftenschätzer. Er verfasste im Jahre 1994 im Auftrag der Eigentümer einen Schätzungsbericht über die Liegenschaft D. in C. Darin finden sich keine Hinweise auf Mängel der Liegenschaft. In der Absicht, das Haus zu verkaufen, liessen die Eigentümer den Schätzungsbericht samt der Verkaufsdokumentation den Kaufsinteressenten E. und S. B. (den Klägern) zukommen. Diese erwarben die Liegenschaft am 21. November 1996. B. Kurz nach dem am 1. März 1997 erfolgten Besitzantritt wurden die Kläger gewahr, dass sich beim Vordach Probleme stellen könnten, weshalb sie das Haus begutachten liessen. Die beigezogenen Holzbaufachleute stellten in ihrer Expertise vom 27. August 1997 Mängel betreffend Dachkonstruktion, Vordach, Statik und Feuchtigkeit im Keller fest. Am 29. August 1997 erhoben die Käufer deswegen Mängelrüge mit Kopie an den Beklagten, und sie verlangten vorsorgliche Beweissicherung beim zuständigen Gericht. Die im Rahmen dieses Verfahrens beauftragten Fachleute BGE 130 III 345 S. 347 konstatierten im Wesentlichen dieselben Mängel wie die privaten Gutachter, unter anderen die nicht fachgerechte Ausführung der Holzbauarbeiten im Dachgeschoss und im Keller sowie der Isolation der Kellerdecke. Die Kosten für die Sanierung dieser und weiterer, hier nicht interessierender Mängel wurden auf insgesamt Fr. 63'900.- veranschlagt. Die Kläger liessen den Beklagten wissen, dass sie ihn - neben den Verkäufern und dem Architekten, der das Haus umgebaut hatte - für die Schäden haftbar machen würden. Der Beklagte lehnte seine Haftung ab. C. Mit Klage vom 5. Mai 1999 beantragten die Kläger dem Bezirksgericht Werdenberg, den Beklagten zu verpflichten, ihnen Fr. 68'228.65 nebst gestaffeltem Zins zu bezahlen. Sie beriefen sich darauf, dass der Schätzbericht des Beklagten bei ihnen Vertrauen auf die Mängelfreiheit der Liegenschaft geschaffen habe, welches ihren Kaufentschluss mitbestimmt habe. In diesem Vertrauen seien sie jedoch enttäuscht worden. Das Bezirksgericht kam zum Ergebnis, der Schätzungsbericht des Beklagten sei mangelhaft, weil die bei dessen Abfassung erkennbaren Mängel betreffend Holzbauarbeiten im Dachgeschoss und im Keller sowie Isolation der Kellerdecke darin nicht erwähnt seien. Das Bezirksgericht bejahte insoweit eine Vertrauenshaftung des Beklagten und schützte die Klage im Umfang von Fr. 30'960.50 nebst Zins. Das hierauf mit der Sache befasste Kantonsgericht St. Gallen wies mit Entscheid vom 2. Juni 2003 sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung der Kläger ab. D. Der Beklagte beantragt dem Bundesgericht mit eidgenössischer Berufung die Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts und die Abweisung der Klage, eventuell die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu angemessener Berücksichtigung des Mitverschuldens der Kläger und entsprechender Reduktion der Forderung. Die Kläger schliessen auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die kantonalen Gerichte kamen übereinstimmend und zutreffend zum Ergebnis, eine ausservertragliche Haftung scheitere am Erfordernis der Widerrechtlichkeit, da den Beklagten keine Rechtspflicht zum Schutze des Vermögens eines Dritten treffe. Auch eine Haftung des Beklagten aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter lehnten die Vorinstanzen zu Recht ab. Eine solche Haftung BGE 130 III 345 S. 348 ist in der bisherigen Praxis nie grundsätzlich bejaht worden. Die Frage braucht auch vorliegend nicht entschieden zu werden. Denn sie wäre nur denkbar, wenn der Verkäufer im Einverständnis mit den Käufern den Schätzungsauftrag in eigenem Namen erteilt und dem Beklagten diese gemeinsame Interessenlage offen gelegt hätte. Dies trifft im vorliegenden Fall aber nicht zu. Damit aber sind die Interessen der Vertragsparteien gegenläufig: Der Verkäufer ist an einem möglichst hohen, die Käufer an einem möglichst tiefen Verkehrswert interessiert. In einem solchen Fall scheidet die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auch nach Auffassung der in der neueren Rechtslehre vertretenen Befürworter dieser Rechtsfigur aus (vgl. HANS PETER WALTER, Vertrauenshaftung im Umfeld des Vertrages, in: ZBJV 132/1996 S. 291 f.; anders die Praxis in Deutschland: Urteil des Bundesgerichtshofes [BGH] vom 10. November 1994 - III ZR 50/94 [Köln], publ. in: Neue Juristische Wochenschrift 1995 S. 392; im Ergebnis zustimmend DIETER MEDICUS, Anmerkung, Juristenzeitung 1995 S. 308 f.; wie hier CLAUS-WILHELM CANARIS, Schutzwirkungen zugunsten Dritter bei "Gegenläufigkeit" der Interessen: zugleich eine Besprechung der Entscheidung des BGH vom 10. November 1994 - III ZR 50/94, publ. in: Juristenzeitung 1995 S. 441 ff.). Auch eine Haftung des Beklagten als Gehilfe oder Mittäter aus culpa in contrahendo scheidet aus. Eine absichtliche Täuschung ( Art. 28 OR ) der Kläger durch den Beklagten ist nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht auszumachen. Ob Fahrlässigkeit für die culpa in contrahendo genügt (bejahend WALTER, a.a.O., ZBJV 132/1996 S. 292; CANARIS, a.a.O., S. 445), kann offen bleiben, weil die erforderliche Sachnähe des Gutachtens zu den Verhandlungen des Kaufvertrages fehlte. Das Gutachten wurde nicht im Hinblick auf diese Vertragsverhandlungen erstellt, sondern zwei Jahre nach der Ablieferung dazu verwendet. Auf diese zeitliche Distanz erscheint eine culpa in contrahendo ausgeschlossen (vgl. WALTER, a.a.O., ZBJV 132/1996 S. 293). Zudem ginge diese auf das negative Interesse, wogegen die Kläger inhaltlich einen Erfüllungsschaden geltend machen ( BGE 105 II 75 E. 3 S. 81). Die kantonalen Gerichte schützten die Klage indessen auf Grund der in jüngster Zeit vom Bundesgericht als eigenständige Haftungsgrundlage anerkannten Rechtsfigur der Vertrauenshaftung. BGE 130 III 345 S. 349 2. 2.1 Die Haftung aus erwecktem Vertrauen, welche als Oberbegriff jene aus culpa in contrahendo und die weiteren interessenmässig gleich gelagerten Tatbestandsgruppen umfasst (BAUMANN, Zürcher Kommentar, N. 108 und 123 zu Art. 2 ZGB ; KRAMER, Berner Kommentar, Allgemeine Einleitung in das schweizerische OR, N. 151), ist zwischen Vertrag und Delikt angesiedelt. Es handelt sich dabei um die Haftung eines vertragsfremden Dritten, bei welcher das von diesem erweckte Vertrauen die Rechtsgrundlage eines Schadenersatzanspruchs bildet, wenn es anschliessend enttäuscht wird. Schutzwürdiges Vertrauen setzt ein Verhalten des Schädigers voraus, das geeignet ist, hinreichend konkrete und bestimmte Erwartungen des Geschädigten zu wecken ( BGE 124 III 297 E. 6a S. 304; BGE 121 III 350 E. 6c S. 355; BGE 120 II 331 E. 5a S. 336; Urteile des Bundesgerichts 4C.299/1998 vom 7. Januar 1999, E. 4a, publ. in: SJ 2000 I S. 537 f.; 4C.280/1999 vom 28. Januar 2000, E. 3a, publ. in: SJ 2000 I S. 554 f.; KRAMER, a.a.O., N. 150; BUCHER, Basler Kommentar, 3. Aufl., N. 69a ff. zu Art. 1 OR ). Trifft der Geschädigte sich als nachteilig erweisende Dispositionen, hat der Schädiger für den Schaden einzustehen, sofern und soweit die nicht verwirklichte Erwartung dafür adäquat kausal war. 2.2 Die Haftung aus erwecktem und enttäuschtem Vertrauen setzt voraus, dass die Beteiligten in eine so genannte "rechtliche Sonderverbindung" zueinander getreten sind, welche erst rechtfertigt, die aus Treu und Glauben ( Art. 2 ZGB ) hergeleiteten Schutz- und Aufklärungspflichten greifen zu lassen ( BGE 120 II 331 E. 5a S. 336). Eine derartige Sonderverbindung entsteht aus bewusstem oder normativ zurechenbarem Verhalten der in Anspruch genommenen Person. Ein zufälliges und ungewolltes Zusammenprallen, wie es im Regelfall einer auf Fahrlässigkeit gründenden Deliktshaftung eigen ist ( BGE 128 III 324 E. 2.2 S. 327; Urteil des BGE 130 III 345 S. 350 Bundesgerichts 4C.280/1999 vom 28. Januar 2000, E. 3a, publ. in: SJ 2000 I S. 554 f.; KRAMER, a.a.O., N. 141; HANS PETER WALTER, Die Vertrauenshaftung: Unkraut oder Blume im Garten des Rechts?, in: ZSR 120/2001 I S. 97), schafft dagegen keine derartige Sonderverbindung. Die Eigenhaftung eines Erfüllungsgehilfen kommt damit nur in Betracht, wenn er selbst in engen persönlichen Beziehungen zum Kunden seines Auftraggebers stand oder wenn er diesem aufgrund seines gesamten Verhaltens gleichsam persönliche Gewähr für das Gelingen des übernommenen Geschäfts bot (Urteil des Bundesgerichts 4C.280/1999 vom 28. Januar 2000, E. 3a, mit Hinweis auf WIEGAND/BERGER, Zur rechtssystematischen Einordnung von Art. 11 BEHG , in: ZBJV 135/1999 S. 713 f. und 743). Ein unmittelbarer Kontakt zwischen Ansprecher und Schädiger ist demnach nicht unabdingbar. Es genügt, dass die in Anspruch genommene Person explizit oder normativ zurechenbar kundgetan hat, für die Richtigkeit bestimmter Äusserungen einzustehen und der Ansprecher im berechtigten Vertrauen darauf Anordnungen getroffen hat, die ihm zum Schaden gereichten. Eine derartige Konstellation lag BGE 120 II 331 E. 5a S. 337 zugrunde, wo hervorgehoben wurde, dass sich die Haftung aus Konzernvertrauen, wenn sich dieses aus bestimmten Aussagen der Muttergesellschaft ergibt, mit der Haftung aus falschem Rat und mangelhafter Auskunft berührt. Daraus folgt, dass unter denselben Voraussetzungen auch ein Experte, dessen Auftrag im Wesentlichen stets darin besteht, bestimmte Fragen aus seinem Fachbereich zu beantworten, bereits bei einer mittelbaren Beziehung gegenüber einem vertragsfremden Dritten aus erwecktem Vertrauen haftbar werden kann. Die Analogie zur culpa in contrahendo-Haftung lässt sich herstellen durch Anknüpfung an den intendierten Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber des Experten, auf den die Expertise Einfluss zu nehmen bestimmt ist. Der Experte, der ein Schriftstück erarbeitet, welches dann von seinem Auftraggeber an den Dritten weitergegeben wird, tritt jedenfalls dann in mittelbare Beziehung zum Empfänger, wenn die Weitergabe mit seinem - wirklichen oder vertrauenstheoretisch zurechenbaren - Einverständnis erfolgt (CLAUS-WILHELM CANARIS, Die Reichweite der Expertenhaftung gegenüber Dritten, in: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 163/1999 S. 224 ff.). Dabei spielt keine Rolle, ob der Experte den Dritten kennt oder zumindest weiss, um wen es sich handelt oder nicht, denn das Haftungsrisiko richtet sich nach den davon unabhängigen Kriterien des Inhalts der Expertise und deren Verwendungszweck (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4C.202/2002 vom 30. Oktober 2002, E. 4.1; CANARIS, a.a.O., S. 235; ihm folgend ALAIN HIRSCH, La responsabilité de l'expert envers les tiers, in: Chappuis/Winiger, La responsabilité fondée sur la confiance, Journée de la responsabilité civile 2000, Zürich 2001, S. 83; REGULA FEHLMANN, Vertrauenshaftung - Vertrauen als alleinige Haftungsgrundlage, Diss. St. Gallen 2002, S. 147 mit Hinweisen). Ob der Gutachter mit der Begebung seiner Expertise an den ihn BGE 130 III 345 S. 351 belangen den Dritten rechnen musste, entscheidet sich nach den konkreten Umständen, dem gesellschaftlichen und beruflichen Kontext und der sozialen Rolle der Betroffenen (RAINER GONZENBACH, Culpa in contrahendo im schweizerischen Vertragsrecht, Diss. Bern 1987, S. 37; ERNST A. KRAMER, Diskussionsbeitrag zum Thema "Vertrauenshaftung" in: Chappuis/Winiger, a.a.O., S. 190). Diese bestimmen auch über die Intensität der Sonderverbindung, nach welcher sich wiederum der Umfang der Haftung richtet (EUGEN BUCHER, Was man aus einem Fall von "Putativ-Vertrauenshaftung" lernen kann, in: recht 19/2001 S. 79; WALTER, a.a.O., ZSR 120/2001 I S. 97). So hat das Bundesgericht im Urteil 4C.280/1999 vom 28. Januar 2000, E. 3a (publ. in: SJ 2000 I S. 554 f.) eine Sonderverbindung zwischen einem vom bauenden Grundeigentümer zur Baugrundabklärung und Begleitung der Aushubarbeiten beauftragten Geologen und den Eigentümern der durch die Bauarbeiten beschädigten Nachbarliegenschaft verneint. Zur Begründung führte es aus, weder sei festgestellt, dass eine persönliche Beziehung zwischen den Parteien stattgefunden habe noch dass der Beklagte den Klägern zugesichert habe, die Bautätigkeit werde ihr Eigentum nicht tangieren. Dispositionen der Kläger gestützt auf eine vom Beklagten geschaffene Vertrauensposition seien ebenfalls nicht auszumachen. Der Kontakt zwischen den Parteien sei ausschliesslich durch die als Folge von Bauarbeiten auf dem klägerischen Grundstück verursachten Schäden bedingt. Demgegenüber gelangte die Vorinstanz in Würdigung der Umstände im vorliegenden Fall zum Ergebnis, für den Beklagten sei die Weitergabe seines Schätzungsberichts an potenzielle Käufer voraussehbar gewesen. Ob sie dabei Bundesrecht verletzte, ist nachstehend zu prüfen. 3. 3.1 Der Beklagte macht mit der Berufung geltend, die Vorinstanz habe in keiner Weise begründet, worin die besondere Intensität der mittelbaren Beziehung zwischen den Parteien bestanden haben soll. Eine solche liege auch nicht vor, denn die Kläger hätten es unterlassen, den Beklagten vor Vertragsschluss zu kontaktieren und anzufragen, wie umfassend er seinerzeit die Liegenschaft untersucht habe und ob sie sich mit Bezug auf die Mängelfreiheit auf das zwei Jahre zuvor erstellte Gutachten verlassen könnten. Sie hätten daher die alleinige Verantwortung für ihre Vertrauensseligkeit zu tragen. BGE 130 III 345 S. 352 3.2 Im vorliegenden Fall bestand zwischen dem Eigentümer der Liegenschaft D. in C. und dem Beklagten ein Auftragsverhältnis gemäss Art. 394 ff. OR . Der Beklagte verpflichtete sich gegenüber dem Liegenschafteneigentümer, ein Schätzungsgutachten über die genannte Liegenschaft zu erstellen. Wie die Kläger selbst angaben, diente das Gutachten dem damaligen Liegenschafteneigentümer dazu, bei der Bank eine Erhöhung des Hypothekarkredits zu erlangen. Die Kläger erhielten erst zwei Jahre später Kenntnis vom besagten Gutachten, als es ihnen im Rahmen einer Verkaufsdokumentation vorgelegt wurde. Der Beklagte konnte zwar nicht völlig ausschliessen, dass das von ihm erstellte Gutachten von irgendwelchen Personen in irgendeinem Zusammenhang zu einem späteren Zeitpunkt einmal eingesehen werden könnte. Allein die Möglichkeit einer zufälligen Kenntnisnahme vom Gutachten genügt aber nicht zur Begründung der Vertrauenshaftung. Dem angefochtenen Urteil ist nicht zu entnehmen, dass zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens ein direkter Kontakt bestand oder dass der Beklagte von den Klägern und deren späteren Kaufsabsichten wusste. Auch liegen keine Anhaltspunkte vor, die darauf hindeuten, dass der Beklagte von den Klägern hätte wissen müssen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens keine Verbindung bestand, die ein legitimes Vertrauen der Kläger in die Richtigkeit des vom Beklagten erstellten Gutachtens hätte begründen können. Ebenso wenig war für den Beklagten voraussehbar, dass der Liegenschafteneigentümer das Gutachten, welches dieser im Hinblick auf ein Gesuch um die Erhöhung des Hypothekarkredits bestellt hatte, zwei Jahre später in einem anderen Zusammenhang, dem Verkauf der Liegenschaft, nochmals verwenden würde. Eine Vertrauensbasis hätte das Gutachten höchstens gegenüber der Bank darstellen können, wenn diese gestützt auf im Gutachten enthaltene falsche Angaben nachteilige Dispositionen getroffen hätte. Das Gutachten zirkulierte aber im zeitlichen Abstand von zwei Jahren innerhalb eines Personenkreises, der mit dem ursprünglichen Zweck des bestellten Gutachtens nichts mehr zu tun hatte. Diese Personen, von denen der Beklagte nichts wusste und nichts wissen musste, waren nicht berechtigt, sich auf die Richtigkeit der Angaben im Gutachten zu verlassen. Die Haftung des Beklagten für das bei den Klägern erweckte Vertrauen dennoch zu bejahen, würde dazu BGE 130 III 345 S. 353 führen, dass die Vertrauenshaftung zu einer Haftung gegenüber jeder zufällig mit dem Gutachten in Berührung kommenden Person und mithin zu einer Haftung gegenüber jedermann (erga omnes) ausufern würde. Die Haftung des Beklagten ist deshalb zu verneinen.
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100edc5d-989b-4d70-a8c0-8ff592a0ab45
Erwägungen ab Seite 461 BGE 126 V 461 S. 461 Aus den Erwägungen: 1. Nach Art. 4 Abs. 1 IVG gilt als Invalidität im Sinne dieses Gesetzes die durch einen körperlichen oder geistigen Gesundheitsschaden als Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall verursachte, voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung gilt die Invalidität als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat. Das IVG beruht somit auf dem Konzept des leistungsspezifischen Invaliditätsfalles ( BGE 126 V 242 Erw. 4). Dies bedeutet im Bereich der beruflichen Eingliederungsmassnahmen ( Art. 15 ff. IVG ) u.a., dass ein Anspruch auf Beiträge an die erstmalige berufliche Ausbildung besteht, wenn dem Versicherten aus Gründen eines bleibenden oder längere Zeit dauernden Gesundheitsschadens, somit invaliditätsbedingt, in wesentlichem Umfange zusätzliche Kosten entstehen ( Art. 16 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 IVV ). Dabei gilt es in Bezug auf den Erwerbsausfall, der mit der Absolvierung BGE 126 V 461 S. 462 einer erstmaligen beruflichen Ausbildung verbunden sein kann, Art. 22 IVG zu beachten. Nach dessen Absatz 1 Satz 2 wird u.a. Versicherten in der erstmaligen beruflichen Ausbildung ein Taggeld ausgerichtet, wenn sie eine invaliditätsbedingte Erwerbseinbusse erleiden. 2. Prozessthema bildet die Frage, ob bei der Beschwerdeführerin eine leistungsspezifische Invalidität in dem Sinne vorliegt, dass sie in der Zeit von Ende Oktober 1991, als sie die Lehre abbrach, bis im Januar 1996, als sie nach der Entlassung aus der Drogenrehabilitation die Tätigkeit als Aushilfe in der Firma X aufnahm, aus psychischen Gründen daran gehindert worden ist, im üblichen Rahmen die erstmalige berufliche Ausbildung zu absolvieren. Wird diese Frage verneint, liegt keine Invalidität vor, und die Beschwerdeführerin kann folglich für die berufliche Ausbildung, der sie sich nunmehr unterziehen will, keine Ansprüche gegen die Invalidenversicherung erheben. Wird die Frage bejaht, hätte dies zur Folge, dass die nunmehr nachzuholende erstmalige berufliche Ausbildung als invaliditätsbedingt verspätet zu qualifizieren und der damit verbundene Erwerbsausfall als invaliditätsbedingte Erwerbseinbusse gestützt auf Art. 22 Abs. 1 Satz 2 IVG von der Invalidenversicherung taggeldmässig zu entschädigen ist. Hingegen ist es, entgegen der offenbaren Auffassung des kantonalen Gerichts, unerheblich, ob die Beschwerdeführerin noch bei Erlass der angefochtenen Verwaltungsverfügung am 17. Januar 1997 an einem invalidisierenden psychischen Gesundheitsschaden litt, weshalb in dieser Richtung von vornherein kein Abklärungsbedarf besteht. Denn es kommt im Rahmen von Art. 4 Abs. 1 IVG , von seinem ausdrücklichen Wortlaut wie von der Systematik der Invalidenversicherung als final konzipierter Erwerbsausfallversicherung (AHI 1999 S. 79) her, nicht auf die Gleichzeitigkeit (Kontemporalität), sondern auf die Kausalität von Gesundheitsschaden und Erwerbsunfähigkeit (ALFRED BÜHLER, Zur rechtlichen Bedeutung der invaliditätsfremden Gründe der Erwerbsunfähigkeit für die Invaliditätsbemessung, in: SZS 1993 S. 249 ff.) an, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtig bemerkt wird.
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Sachverhalt ab Seite 370 BGE 145 V 370 S. 370 A. A.a Die 1971 geborene A. meldete sich am 3. Juli 2014 unter Verweis auf die Folgen eines am 8. Juli 2012 erlittenen Unfalls bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärung der gesundheitlichen, der erwerblichen und der hauswirtschaftlichen Verhältnisse verneinte die IV-Stelle des Kantons Basel-Landschaft in Anwendung der gemischten Bemessungsmethode mit Anteilen von 75 % Erwerb und 25 % Haushalt einen Rentenanspruch (Invaliditätsgrad von 31 %). Im Rahmen des nachfolgenden Beschwerdeverfahrens vor dem Kantonsgericht Basel-Landschaft schlossen die Parteien anlässlich der Parteiverhandlung einen Vergleich, worin - unter anderem - festgestellt wurde, dass die Versicherte ab 1. Januar 2015 Anspruch auf eine Viertelsrente habe. Das Kantonsgericht schrieb hierauf das betreffende Verfahren mit Beschluss vom 12. Mai 2017 als gegenstandslos ab. Mit Verfügung vom 6. Oktober 2017 sprach die IV-Stelle A. bei einem Invaliditätsgrad von 43 % ab 1. Januar 2015 eine Viertelsrente zu. BGE 145 V 370 S. 371 A.b Nachdem am 1. Januar 2018 die Änderung vom 1. Dezember 2017 der Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in Kraft getreten war, leitete die IV-Stelle eine Revision der laufenden Viertelsrente der Versicherten ein. Dabei ermittelte sie in Anwendung der gemischten Bemessungsmethode mit unveränderten Anteilen an Erwerbs- und Haushaltstätigkeit einen Invaliditätsgrad von 42,45 %. Entsprechend bestätigte sie mit Verfügung vom 5. September 2018 einen unveränderten Rentenanspruch. B. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 21. März 2019 gut. Es hob die Verfügung der IV-Stelle vom 5. September 2018 auf und stellte fest, dass die Versicherte mit Wirkung ab 1. Januar 2018 Anspruch auf eine halbe Invalidenrente habe. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Bestätigung ihrer Verfügung vom 5. September 2018. Zudem ersucht sie darum, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Während A. auf Abweisung der Beschwerde schliessen lässt, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) deren vollumfängliche Gutheissung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie der Versicherten eine halbe Invalidenrente zugesprochen hat. Dabei steht die Frage im Zentrum, ob sie das seit 1. Januar 2018 geltende neue Berechnungsmodell für Teilerwerbstätige mit Aufgabenbereich ( Art. 27 bis Abs. 2-4 IVV ) korrekt angewendet und insbesondere das Invalideneinkommen richtig ermittelt hat. 2.2 Unbestritten ist hingegen der Status der Beschwerdegegnerin (75 % Erwerb und 25 % Aufgabenbereich) und die Einschränkung im Aufgabenbereich von 19,8 % resp. von gewichtet 4,95 % (0,25 x 19,8 %). Einigkeit besteht auch hinsichtlich der Höhe des Valideneinkommens von Fr. 99'047.- sowie der ärztlich attestierten Arbeits- und Leistungsfähigkeit von 50 %. BGE 145 V 370 S. 372 3. 3.1 Gemäss Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 1. Dezember 2017 ist für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung laufende Dreiviertelsrenten, halbe Renten und Viertelsrenten, die in Anwendung der gemischten Methode zugesprochen wurden, innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Änderung eine Revision einzuleiten. Eine allfällige Erhöhung der Rente erfolgt auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderung. In Nachachtung dieser Bestimmung hatte die IV-Stelle eine Überprüfung des Rentenanspruchs eingeleitet. Dabei ermittelte sie im Aufgabenbereich eine Einschränkung von 19,8 % und im Erwerbsbereich - ausgehend von einem Valideneinkommen von Fr. 99'047.- und einem Invalideneinkommen von Fr. 49'523.50 - eine Einschränkung von 50 %. Daraus resultierte bei entsprechender Gewichtung ein Invaliditätsgrad von 4,95 % im Aufgabenbereich und 37,5 % im Erwerb, was einen Gesamtinvaliditätsgrad von 42,45 % ergab. 3.2 Das kantonale Gericht erachtete diese Bemessung als unzulässig. Es hielt zunächst fest, die IV-Stelle habe das Valideneinkommen von Fr. 75'282.-, das die Versicherte im Gesundheitsfall aus ihrer Teilerwerbstätigkeit von 75 % erzielt hätte, auf ein Vollzeitpensum hochgerechnet ( Art. 27 bis Abs. 3 lit. a IVV ), was ein massgebendes Valideneinkommen von Fr. 99'047.- ergeben habe. Dieses Ergebnis sei rechtens, worin die Parteien übereinstimmten. Umstritten sei aber die Berechnung des Invalideneinkommens. Die IV-Stelle halte dafür, dass in Anwendung des neuen Berechnungsmodells auch bei der Bemessung des Invalideneinkommens - analog zur Bestimmung des Valideneinkommens - von einer vollen Erwerbstätigkeit auszugehen sei, was bei einer Arbeitsunfähigkeit von 50 % zu einer erwerblichen Einschränkung von 50 % führe. Die Versicherte hingegen vertrete die Auffassung, dass dem Valideneinkommen von Fr. 99'047.- weiterhin das bisherige Invalideneinkommen von Fr. 37'143.-gegenüber zu stellen sei, was zu einer Erwerbseinbusse von prozentual 62,5 % führe. Im Anschluss erkannte das kantonale Gericht, in der neuen Verordnungsbestimmung von Art. 27 bis Abs. 3 lit. a IVV sei einzig festgehalten, dass das Valideneinkommen auf eine Vollerwerbstätigkeit hochzurechnen sei. Die Berechnungsart der IV-Stelle stehe ausserdem nicht im Einklang mit der Stossrichtung der Verordnungsänderung. Mit dieser hätten unter anderem die Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) an eine nichtdiskriminierende Ausgestaltung der gemischten Methode BGE 145 V 370 S. 373 erfüllt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden sollen. Mit dem neuen Berechnungsmodell erfolge eine stärkere Berücksichtigung der Einschränkungen im Erwerbsbereich, was tendenziell im Vergleich zu früher zu höheren Invaliditätsgraden führe. Der vorliegende Fall zeige beispielhaft, dass das neue Berechnungsmodell zu der beabsichtigten Besserstellung der teilerwerbstätigen Versicherten führe, da neu ein Invaliditätsgrad von 52 %, statt wie bis anhin ein solcher von 42 %, resultiere. Nach der Berechnungsart der IV-Stelle würde sich hingegen nichts an der bisherigen Situation ändern. Dies widerspreche dem Willen des Verordnungsgebers. Das Kantonsgericht berechnete schliesslich - ausgehend von einem Valideneinkommen von Fr. 99'047.-und dem bisherigen Invalideneinkommen von Fr. 37'143.-und einer damit einhergehenden Einschränkung im Erwerb von gewichtet 48,88 % (0,75 x 62,5 %) sowie einer solchen im Aufgabenbereich von gewichtet 4,95 % (0,25 x 19,8 %) - einen Invaliditätsgrad von 51,83 %, was einen Anspruch auf eine halbe Invalidenrente bedeutete. 4. Die Beschwerde der IV-Stelle ist begründet, wie sich aus dem Folgenden ergibt: 4.1 Art. 28a Abs. 3 IVG sieht vor, dass bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind oder die unentgeltlich im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin mitarbeiten, für diesen Teil die Invalidität nach Artikel 16 ATSG festgelegt wird. Waren sie daneben auch im Aufgabenbereich tätig, so wird die Invalidität für diese Tätigkeit nach Absatz 2 festgelegt. In diesem Fall sind der Anteil der Erwerbstätigkeit oder der unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin und der Anteil der Tätigkeit im Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad in beiden Bereichen zu bemessen. Als Folge des Urteils des EGMR in Sachen Di Trizio gegen die Schweiz (7186/09) vom 2. Februar 2016 beschloss der Bundesrat am 1. Dezember 2017 eine Änderung der IVV, die per 1. Januar 2018 in Kraft trat. Art. 27 bis Abs. 2 und 3 IVV lauten folgendermassen: 2 Bei Teilerwerbstätigen, die sich zusätzlich im Aufgabenbereich nach Artikel 7 Absatz 2 IVG betätigen, werden für die Bestimmung des Invaliditätsgrads folgende Invaliditätsgrade summiert: a. der Invaliditätsgrad in Bezug auf die Erwerbstätigkeit; b. der Invaliditätsgrad in Bezug auf die Betätigung im Aufgabenbereich. 3 Die Berechnung des Invaliditätsgrads in Bezug auf die Erwerbstätigkeit richtet sich nach Artikel 16 ATSG, wobei: BGE 145 V 370 S. 374 a. das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person durch die Teilerwerbstätigkeit erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre, auf eine Vollerwerbstätigkeit hochgerechnet wird; b. die prozentuale Erwerbseinbusse anhand des Beschäftigungsgrads, den die Person hätte, wenn sie nicht invalid geworden wäre, gewichtet wird. Nach Absatz 4 wird für die Berechnung des Invaliditätsgrades in Bezug auf die Betätigung im Aufgabenbereich der prozentuale Anteil der Einschränkungen bei der Betätigung im Aufgabenbereich im Vergleich zur Situation, wenn die versicherte Person nicht invalid geworden wäre, ermittelt. Der Anteil wird anhand der Differenz zwischen dem Beschäftigungsgrad nach Absatz 3 Buchstabe b und einer Vollerwerbstätigkeit gewichtet. Gemäss Art. 16 ATSG schliesslich wird für die Bestimmung des Invaliditätsgrades das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen). 4.2 Entgegen der Betrachtungsweise der Vorinstanz lässt sich die von der IV-Stelle vorgenommene Invaliditätsbemessung sehr wohl mit dem Wortlaut von Art. 27 bis IVV vereinbaren. So richtet sich die Berechnung des Invaliditätsgrades in Bezug auf die Erwerbstätigkeit gemäss Art. 27 bis Abs. 3 IVV nach Art. 16 ATSG . Beim Invalideneinkommen handelt es sich demnach um das trotz Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch erzielbare Einkommen (vgl. MICHEL VALTERIO, Loi fédérale sur l'assurance-invalidité [LAI], Commentaire, 2018, N. 128 zu Art. 28a IVG ). Hinsichtlich der aus medizinischer Sicht attestierten Arbeitsfähigkeit stellte die Vorinstanz fest, diese betrage für sämtliche Tätigkeiten noch 50 %. Von dieser für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellung ist auszugehen. Zum besseren Verständnis sei immerhin präzisiert, dass damit eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit benannt wird, die sich laut ärztlicher Einschätzung in jedem Pensum gleichermassen, mithin auch in der angestammten Tätigkeit einer kaufmännischen Angestellten im Umfang von 50 % auswirkt. Darin und dass es der Beschwerdegegnerin medizinisch zumutbar wäre, einen ganzen Arbeitstag anwesend zu sein, stimmen die Parteien überein. Mit anderen Worten beträgt die Leistungsfähigkeit der Versicherten im Rahmen eines (zumutbaren) Vollzeitpensums 50 %, während etwa BGE 145 V 370 S. 375 bei einem 75 %-Pensum eine Leistungsfähigkeit von 37,5 % resultiert (usw.). Insoweit ist es mit dem Wortlaut von Art. 27 bis Abs. 3 IVV in Verbindung mit Art. 16 ATSG jedenfalls vereinbar, wenn das Invalideneinkommen nach Massgabe der Zumutbarkeit, das heisst in Bezug auf ein ganztägiges Pensum mit einer Leistungseinbusse von 50 % bestimmt wird. Dass ein solches Pensum vor Eintritt des Gesundheitsschadens gar nicht geleistet wurde, bleibt für diese rechnerische Operation belanglos, umso mehr, als diese in einem Folgeschritt noch einer Gewichtung ("pondération") unterzogen wird ( Art. 27 bis Abs. 3 lit. b IVV ). 4.3 Diese Lösung entspricht sodann auch dem Willen des Verordnungsgebers. Das kantonale Gericht erkannte an sich richtig, dass mit der Verordnungsänderung die Anforderungen des EGMR an eine nichtdiskriminierende Ausgestaltung der gemischten Methode erfüllt werden sollten (vgl. erläuternder Bericht des BSV zur Änderung der Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung [IVV], Invaliditätsbemessung für teilerwerbstätige Versicherte, S. 4 [ www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/50607.pdf ; im Folgenden: Bericht des BSV]). Zudem sollte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert, eine rasche Klärung der Rechtslage sowie eine einheitliche Anwendung der gemischten Methode sichergestellt werden. Am bisherigen Berechnungsmodell der gemischten Methode wurde insbesondere bemängelt, dass eine überproportionale Berücksichtigung der Teilzeitarbeit im Erwerbsbereich erfolgte (Berücksichtigung einerseits bei der Festlegung der Höhe des Valideneinkommens und andererseits nochmals bei der anteilmässigen Gewichtung nach dem Teilzeitpensum). Mit dem neuen Modell sollte deshalb grundsätzlich eine gleichwertige Gewichtung der beiden Invaliditätsgrade im Erwerbs- wie im Aufgabenbereich erreicht werden. An der gemischten Methode zur Invaliditätsbemessung bei Teilerwerbstätigen mit einem Aufgabenbereich wurde aber ausdrücklich festgehalten. Demnach sollen weiterhin die gesundheitlichen Einschränkungen in der Erwerbstätigkeit wie auch im Aufgabenbereich zu Hause ermittelt werden (Bericht des BSV, S. 7). Das BSV rechnete aufgrund der neuen Berechnungsmethode mit tendenziell höheren Invaliditätsgraden als bisher. Mit dem vorgeschlagenen Modell werde zudem automatisch sichergestellt, dass die Wechselwirkungen zwischen Erwerbstätigkeit und Haushalt im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf konsequent berücksichtigt werden. Für die Ermittlung des Invaliditätsgrads BGE 145 V 370 S. 376 in Bezug auf die Erwerbstätigkeit werde auf eine hypothetische Vollerwerbstätigkeit abgestellt (Bericht des BSV, S. 8). Auch im Schrifttum wurde die Meinung vertreten, dass eine Bemessung der Invalidität im Erwerbs- und Aufgabenbereich je bezogen auf ein 100 %-Pensum und eine anschliessende Gewichtung entsprechend dem zeitlichen Anteil sämtliche Kriterien für eine neue Lösung erfülle, welche den Anforderungen des EGMR gerecht werde (vgl. SUSANNE LEUZINGER, Invaliditätsbemessung für teilerwerbstätige Versicherte mit Aufgabenbereich, Jahrbuch zum Sozialversicherungsrecht 2017 S. 184; PERRENOUD/BURGAT/MATTHEY, L'affaire Di Trizio contre la Suisse, AJP 9/2016 S. 1198, 1211). Ziel der Verordnungsänderung war nach dem Gesagten, die doppelte Berücksichtigung des Teilzeitcharakters bei der Festlegung der Invalidität im Erwerbsbereich zu korrigieren. Wie das BSV in seiner Vernehmlassung unter Verweis auf die Materialien und das Schrifttum zutreffend festhält, liegt der Verordnungsänderung die Idee zu Grunde, dass die gesundheitliche Einschränkung in beiden Bereichen jeweils bezogen auf eine Vollzeittätigkeit berücksichtigt wird. Mit anderen Worten wird neu für beide Teilbereiche so gerechnet, wie wenn keine Teilerwerbstätigkeit vorliegen würde. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass sowohl das Validen- als auch das Invalideneinkommen in Bezug auf eine hypothetische Vollzeittätigkeit zu ermitteln sind. Dies entspricht (vorbehältlich der anschliessenden Gewichtung) dem Vorgehen, wie es in der Unfallversicherung üblich ist (MARGIT MOSER-SZELESS, in: Commentaire romand, Loi sur la partie générale des assurances sociales [LPGA], Dupont/Moser-Szeless [Hrsg.], 2018, N. 9 und 60 zu Art. 16 ATSG ; vgl. zur Unfallversicherung: BGE 119 V 475 E. 2 S. 480; Urteil 8C_745/2016 vom 28. Februar 2017 E. 3.1 sowie UELI KIESER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, 2. Aufl. 2017, S. 277 Rz. 174). Genau diese Absicht war im Wesentlichen bereits von der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats im Bericht vom 3. Juli 2003 (00.454 n: Bemessung des Invaliditätsgrades bei Teilzeiterwerbstätigen) zur parlamentarischen Initiative von Nationalrat Marc F. Suter zum Ausdruck gebracht worden (vgl. auch PERRENOUD/BURGAT/MATTHEY, a.a.O., S. 1198 Fn. 101 und 104). 4.4 Die Beschwerdegegnerin wendet dagegen ein, dass gemäss dem erläuternden Bericht zur Verordnungsänderung die Festlegung des Invalideneinkommens wie bis anhin erfolgen soll (vgl. Bericht des BSV, S. 13). Das BSV will diese Aussage so verstanden wissen, dass BGE 145 V 370 S. 377 das Invalideneinkommen bereits nach alter Berechnungsweise in der Regel auf der Basis eines 100 %-Pensums, reduziert um die medizinisch attestierte Arbeitsunfähigkeit, festgelegt wurde. Dieser Auffassung kann im Grundsatz beigepflichtet werden (vgl. BGE 137 V 334 E. 4.1 S. 339 f. und E. 7.1 S. 350 f.). Ein Unterschied besteht aber immerhin insofern, als nach altem Recht die Vergleichseinkommen im zeitlichen Umfang der ohne Gesundheitsschaden (voraussichtlich dauernd) ausgeübten Teilerwerbstätigkeit zu bestimmen waren ( BGE 131 V 51 E. 5.1.1 S. 53; BGE 125 V 146 E. 2b S. 149; Urteile 9C_649/2015 vom 8. September 2016 E. 3.2; 8C_384/2010 vom 12. Dezember 2011 E. 8.3 und 10.1 mit Hinweisen; 9C_733/2008 vom 15. Januar 2009 E. 4.2; URS MÜLLER, Das Verwaltungsverfahren in der Invalidenversicherung, 2010, S. 205 Rz. 1088). Diese durch das hypothetische Erwerbspensum gezogene zeitliche Schranke gelangte (abgesehen vom Valideneinkommen) auch beim Invalideneinkommen rechnerisch dort zum Tragen, wo das Ausmass der Arbeitsfähigkeit höher zu veranschlagen war als dasjenige der (ohne Behinderung) mutmasslich ausgeübten Erwerbstätigkeit. Wo es hingegen tiefer war, erübrigte sich eine solche Beschränkung, da sich die verbliebene Arbeitsfähigkeit im Rahmen des Erwerbspensums verwerten liess (vgl. Urteil 9C_213/2008 vom 14. August 2008 E. 3.1 und 3.2); dementsprechend wurde auf den mutmasslichen Verdienst aufgrund der medizinisch noch zumutbaren Restarbeitsfähigkeit abgestellt (vgl. JANA RENKER, Die neue "gemischte Methode" der Bemessung des Invaliditätsgrads, Jusletter 22. Januar 2018 S. 10; vgl. auch BGE 137 V 334 E. 4.1 S. 339 f. und E. 7.1 S. 350 f.). Auch im vorliegenden Fall wirkte sich diese Schranke aus. Denn der Beschwerdegegnerin wurde ärztlicherseits eine Leistungseinschränkung bescheinigt (50 %), die sich in jedem Pensum gleichermassen niederschlägt. Das hatte zur Folge, dass das Invalideneinkommen ausgehend vom bisherigen Pensum (75 % Erwerbsanteil), reduziert um die Leistungseinschränkung (50 %) zu ermitteln war; das ergab bei einem Valideneinkommen von Fr. 74'285.- ein Invalideneinkommen von Fr. 37'143.-. Da der Beschwerdegegnerin aus medizinischer Sicht die bisherige Tätigkeit ganztägig bei einer Leistung von 50 % zumutbar wäre, fällt das Invalideneinkommen im Rahmen der neuen Berechnungsmethode entsprechend höher aus. Würde man stattdessen der Auffassung der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin folgen und einzig das Valideneinkommen, nicht aber das Invalideneinkommen, auf der Grundlage einer Vollzeittätigkeit BGE 145 V 370 S. 378 bestimmen, so würde dies ein verzerrtes Bild der hypothetischen Erwerbseinbusse ergeben, was nicht im Sinne der Verordnungsnovelle wäre. 4.5 Die Annahme einer Vollzeittätigkeit in Bezug auf die beiden Vergleichseinkommen steht - entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin - auch nicht im Widerspruch zum Beitrag von RALPH LEUENBERGER und GISELLA MAURO in der vom BSV herausgegebenen Zeitschrift Soziale Sicherheit CHSS, Ausgabe 1/2018 ( www.soziale-sicherheit-chss.ch/artikel/iv-aenderungen-bei-der-gemischten-methode [zuletzt besucht am 10. Oktober 2019]). Denn in den darin auf Seite 44 aufgeführten Fallbeispielen 1 (entspricht im Wesentlichen dem Fallbeispiel 1 gemäss Ziffer 3101 des Kreisschreibens des BSV über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung [KSIH; Stand 1. Januar 2018; www.sozialversicherungen.admin.ch/de/d/6415 ]) und 2 bezog sich die angegebene gesundheitliche Einschränkung jeweils auf ein 100 %-Pensum, wie das BSV in seiner Vernehmlassung zu Recht vorträgt. Dem Fallbeispiel 3 lag sodann eine Arbeitsfähigkeit von 50 % bezogen auf den bisherigen Beruf und das bisherige 60 %-Pensum und damit ein reduziertes Rendement von 30 % zu Grunde. Eine höhere Arbeits- und Leistungsfähigkeit in Bezug auf ein 100 %-Pensum lässt sich aus dem Beispiel nicht ersehen, weshalb von einer zumutbaren Restarbeitsfähigkeit von 30 % bezogen auf ein Vollzeitpensum auszugehen ist, wie das BSV vernehmlassungsweise ausführt. Demgegenüber steht im hier zu beurteilenden Fall fest, dass der Beschwerdegegnerin die bisherige Tätigkeit ganztägig mit einer Leistungseinschränkung von 50 % zumutbar wäre (vgl. E. 4.2 hiervor). Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Konstellation von Fallbeispiel 3. 5. 5.1 Nach dem Gesagten hat die IV-Stelle in ihrer Verfügung vom 5. September 2018 korrekterweise ein Invalideneinkommen von Fr. 49'523.50 - entsprechend 50 % des Lohnes bei einem Vollzeitpensum - ermittelt. Verglichen mit dem unbestrittenen Valideneinkommen von Fr. 99'047.- ergibt sich - nach Gewichtung mit dem Faktor 0,75 - im Erwerbsbereich ein Invaliditätsgrad von 37,5 %. Zusammen mit dem gewichteten Invaliditätsgrad von 4,95 % aus dem Aufgabenbereich resultiert ein Gesamtinvaliditätsgrad von (gerundet) 42 %, womit es beim Anspruch auf eine Viertelsrente bleibt. Damit hat sich die Situation der Beschwerdegegnerin im Vergleich BGE 145 V 370 S. 379 zur bisherigen Berechnung der IV-Stelle nach der früheren gemischten Methode zwar nicht geändert. Dies ist aber allein dem Umstand geschuldet, dass in der der Rentenzusprache zu Grunde liegenden Invaliditätsbemessung das Invalideneinkommen nach Massgabe einer 50%igen Einschränkung bezogen auf den bisherigen Beruf und das bisherige Pensum von 75 % berechnet wurde (vgl. E. 4.4 hiervor). Auf diese Weise wurde die Teilerwerbstätigkeit der Beschwerdegegnerin auch bisher nicht überproportional berücksichtigt, sodass sich eine entsprechende Korrektur erübrigt. Dies zeigt exemplarisch, dass die neue Berechnungsmethode nicht in jedem Fall zu einer anspruchsrelevanten Besserstellung der teilerwerbstätigen Person mit einem Aufgabenbereich führt. In den Materialien zur Verordnungsänderung wurde denn auch festgehalten, dass die neue Verordnungsbestimmung "tendenziell" zu höheren Invaliditätsgraden führe (vgl. E. 3.2 und 4.3 hiervor). 5.2 Soweit die Versicherte in der von der IV-Stelle angewandten und beschwerdeweise geltend gemachten Berechnungsweise einen Diskriminierungstatbestand sieht, da ihr ein Invalideneinkommen angerechnet werde, das sie im Rahmen eines 75 %-Pensum nicht zu erzielen im Stande sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Erwerbseinbusse aufgrund eines hypothetischen Vollzeitpensums berechnet und anschliessend gewichtet wird. Dadurch entfällt die in der Vergangenheit kritisierte doppelte Gewichtung der Teilzeittätigkeit. Insoweit ist keine Diskriminierung ersichtlich.
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Sachverhalt ab Seite 307 BGE 130 I 306 S. 307 A. Im Kantonsblatt vom 21. Januar 2004 hat das Sanitätsdepartement des Kantons Basel-Stadt die Tarifordnung für die staatlichen Spitäler vom 24. Dezember 2003 publiziert. Diese sieht im II. Kapitel u.a. Folgendes vor: 1. In Akutkliniken des Kantonsspitals betragen die Tarife für a) Patienten mit Wohnsitz im Kanton Basel-Stadt Fr. 497.- in der allgemeinen, Fr. 520.- in der halbprivaten und Fr. 598.- in der privaten Abteilung, b) Patienten mit Wohnsitz in anderen Kantonen Fr. 658.- in der allgemeinen, Fr. 688.- in der halbprivaten und Fr. 789.- in der privaten Abteilung, c) Patienten mit Wohnsitz im Ausland Fr. 739.- in der allgemeinen, Fr. 769.- in der halbprivaten und Fr. 800.- in der privaten Abteilung, d) gesunde Säuglinge Fr. 40.- in der allgemeinen, Fr. 90.- in der halbprivaten und Fr. 120.- in der privaten Abteilung, wobei sich der Tarif nach der Spitalabteilung der Mutter richtet. 2. In geriatrischen Kliniken betragen die Tarife für a) Patienten mit Wohnsitz im Kanton Basel-Stadt Fr. 380.- in der allgemeinen, Fr. 397.- in der halbprivaten und Fr. 457.- in der privaten Abteilung, b) Patienten mit Wohnsitz in anderen Kantonen Fr. 390.- in der allgemeinen, Fr. 417.- in der halbprivaten und Fr. 477.- in der privaten Abteilung, c) Patienten mit Wohnsitz im Ausland Fr. 400.- in der allgemeinen, Fr. 427.- in der halbprivaten und Fr. 487.- in der privaten Abteilung. 3. In der psychiatrischen Universitätsklinik betragen die Tarife für a) Patienten mit Wohnsitz im Kanton Basel-Stadt Fr. 310.- in der allgemeinen, Fr. 505.- in der halbprivaten und Fr. 600.- in der privaten Abteilung, b) Patienten mit Wohnsitz in anderen Kantonen Fr. 550.- in der allgemeinen, Fr. 620.- in der halbprivaten und Fr. 730.- in der privaten Abteilung, BGE 130 I 306 S. 308 c) Patienten mit Wohnsitz im Ausland Fr. 580.- in der allgemeinen, Fr. 710.- in der halbprivaten und Fr. 855.- in der privaten Abteilung. Im III. Kapitel, das Einzelleistungen betrifft, sieht die Tarifordnung u.a. Folgendes vor: 1. Als Einzelleistungen zu verrechnende medizinische Leistungen im Sinn von § 7 der Spitaltarifverordnung sind: 1. Medizinische Leistungen: a) ärztliche Leistungen stationär laut Spitalleistungskatalog (Pos. 1000-3999 SLK, beziehungsweise bei fehlenden SLK-Positionen nach entsprechenden Tarmed-Positionen); b) ärztliche Leistungen ambulant gemäss Tarmed-Tarif. 2. Arzthonorare für stationäre Behandlungen gemäss § 7 Abs. 3 der Spitaltarifverordnung werden auf der Grundlage des Spitalleistungskataloges und eines allfälligen Zusatzkataloges basierend auf dem durch die Medizinaltarifkommission UVG und H + (die Spitäler der Schweiz) jeweils vereinbarten Taxpunktwertes verrechnet. Für das Arzthonorar wird auf den Spitalleistungskatalog bzw. bei fehlenden SLK-Positionen auf den Tarmed-Taxpunktwert und den Zusatzkatalog bzw. gemäss Halbprivatvereinbarung ein Zuschlag festgelegt: - bei Honoraren für stationäre Halbprivatpatienten: 100 %, bzw. gemäss Halbprivatvereinbarung, - bei Honoraren für stationäre Privatpatienten: 120 bis 170 %, - bei Honoraren für ambulante Privatbehandlungen: 50 %, vorbehalten bleiben Tarifschutzbestimmungen des KVG bzw. UVG. B. Gegen diese Tarifordnung hat die Helsana Versicherungen AG am 20. Februar 2004 mit Bezug auf die Tarife und Honorare für Privatpatienten eine staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Sie verlangt die Aufhebung der Tarifordnung, eventualiter die Aufhebung von Ziff. 1.1 und 2 des III. Kapitels bzw. subeventualiter von Ziff. 2 des III. Kapitels. In ihrer Vernehmlassung vom 20. April 2004 hat das Sanitätsdepartement auf Abweisung der Beschwerde geschlossen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Gegen kantonale Erlasse kann beim Bundesgericht innert 30 Tagen seit der nach kantonalem Recht massgebenden Eröffnung ( Art. 89 Abs. 1 OG ) Beschwerde wegen Verletzung BGE 130 I 306 S. 309 verfassungsmässiger Rechte der Bürger geführt werden ( Art. 84 Abs. 1 lit. a OG ). Als Eröffnung gilt die Publikation des Erlasses mit der Feststellung, dass dieser zu Stande gekommen ist und damit in Kraft treten kann ( BGE 130 I 82 E. 1.2 S. 84; BGE 119 Ia 321 E. 3a S. 325; BGE 114 Ia 221 E. 1a S. 222). Vorliegend erfolgte die Publikation am 21. Januar 2004 mit dem Hinweis, dass der Tarif auf den 1. Januar 2004 in Kraft getreten sei. Zur staatsrechtlichen Beschwerde ist legitimiert, wer durch den Erlass unmittelbar oder virtuell (d.h. mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit früher oder später einmal) in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen ist ( Art. 88 OG ; BGE 130 I 26 E. 1.2.1 S. 30; BGE 125 I 71 E. 1b/aa S. 75; BGE 125 II 440 E. 1c S. 442). Diese können entweder durch kantonales oder eidgenössisches Gesetzesrecht oder unmittelbar durch ein Grundrecht geschützt sein; zur Geltendmachung bloss tatsächlicher Interessen oder allgemeiner öffentlicher Interessen steht das Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde hingegen nicht zur Verfügung ( BGE 126 I 81 E. 3b S. 85; BGE 123 I 41 E. 5b S. 42 f. und E. 5c/ff S. 45; BGE 122 I 44 E. 2b S. 45 f.). Als gesamtschweizerisch tätiger Krankenversicherer ist die Beschwerdeführerin sowohl im System des Tiers payant als auch in demjenigen des Tiers garant unmittelbar, jedenfalls aber virtuell betroffen. Sie macht eine Verletzung des Tarifschutzes gemäss Art. 44 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) geltend und rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts ( Art. 49 Abs. 1 BV ), der auch unter der Herrschaft der neuen Bundesverfassung als selbständiges verfassungsmässiges Individualrecht angerufen werden kann ( BGE 127 I 60 E. 4a S. 68; BGE 126 I 81 E. 5a S. 91, je mit Hinweis auf BBl 1997 I 216). Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur zulässig, soweit die behauptete Rechtsverletzung nicht sonst wie durch Klage oder Rechtsmittel bei einer andern Bundesbehörde gerügt werden kann ( Art. 84 Abs. 2 OG ). Die Beschwerde an den Bundesrat gemäss Art. 47 i.V.m. Art. 53 Abs. 1 KVG ist vorliegend nicht gegeben, weil das KVG nur die obligatorische Krankenpflegeversicherung regelt (vgl. Art. 1a Abs. 1 KVG ). Die staatsrechtliche Beschwerde richtet sich jedoch gegen die festgesetzten Privattarife, die allein auf § 6 bzw. 7 der kantonalen Verordnung betreffend die Festlegung der Tarife und Taxen der staatlichen Spitäler (Spitaltarifverordnung; GS 331.800) beruhen. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist somit einzutreten. BGE 130 I 306 S. 310 2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dürften sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich nur echte Mehrleistungen mit Zusatzversicherungen abgedeckt werden. 2.1 Mit Bezug auf die Tagesteilpauschalen im stationären Bereich (II. Kapitel der Tarifordnung) bringt die Beschwerdeführerin vor, in der Tarifordnung seien die Mehrleistungen nicht aufgeführt. Indes erwähnt sie diese gleich selbst: Sie bestehen in der luxuriöseren Hotellerie, die Privatpatienten Einzelzimmer und je nachdem einen besseren Service (beispielsweise in der Verpflegung) garantiert. Solche Leistungen gehen über die obligatorische Krankenversicherung hinaus und werden vom Tarifschutz nicht erfasst ( BGE 126 III 345 E. 3b S. 350 m.w.H.). Insofern ist die Beschwerde von vornherein unbegründet. 2.2 Hinsichtlich des Zuschlags von 120 bis 170 % für die Arzthonorare bei stationären Privatpatienten macht die Beschwerdeführerin geltend, ärztliche Leistungen laut Spitalleistungskatalog (Pos. 1000-3999 SLK, bzw. bei fehlenden SLK-Positionen nach entsprechenden Tarmed-Positionen) stellten Pflichtleistungen nach dem KVG dar, die vollumfänglich vom Tarifschutz erfasst würden. Indes nennt die Beschwerdeführerin, indem sie die freie Arztwahl erwähnt, auch hier die echte Mehrleistung gleich selbst: Das KVG garantiert innerhalb örtlicher Grenzen jedem Versicherten die freie Wahl des Leistungserbringers (vgl. Art. 41 KVG ; BBl 1992 I 168 f.). Hingegen statuiert es, abgesehen von Notfällen, keine Behandlungspflicht für Ärzte, weshalb im stationären Bereich faktisch nur Patienten mit einer Zusatzversicherung die freie Arztwahl haben (CONTI, Zusatzhonorar des Arztes und KVG, in: AJP 2001 S. 1148 ff., insb. S. 1152). Privatpatienten wünschen sich regelmässig die Behandlung durch einen Chef- oder Belegarzt. Das Sanitätsdepartement weist in seiner Vernehmlassung denn auch zutreffend darauf hin, dass die Beschwerdeführerin mit eben diesem Argument für den Abschluss ihrer Zusatzversicherung (privat) wirbt. Die freie Arztwahl für Zusatzversicherte im stationären Bereich führt dazu, dass Chefärzte - für die Spitalträger mit entsprechenden Kostenfolgen - insbesondere bei den Privatpatienten zahlreiche Leistungen erbringen, für die sie eigentlich überqualifiziert sind, sei es, weil sie bei allgemeinversicherten Patienten einfachere Behandlungen von vornherein nicht selbst durchführen würden, sei es, BGE 130 I 306 S. 311 dass sie im Vorfeld und im Nachgang zu einer komplizierten Behandlung, die als solche einen Spezialisten erfordert, zahlreiche Handlungen persönlich vornehmen, die im Normalfall an Assistenzärzte oder das Pflegepersonal delegiert würden. Es darf zudem als notorisch bezeichnet werden, dass Privatpatienten andere Erwartungen an den behandelnden Arzt stellen und dieser beispielsweise häufiger als medizinisch indiziert Sprechstunden abhält oder Visitationen vornimmt (vgl. zum Ganzen: KIESER, Die Bedeutung des krankenversicherungsrechtlichen Tarifschutzes im stationären Bereich, in: SZS 2003 S. 419 ff., insb. S. 427; KUHN, Zu Zusatzrechnungen bei ärztlichen Zusatzleistungen, in: Schweizerische Ärztezeitung [SAeZ] 2000 S. 77 ff., insb. S. 80). Die freie Arztwahl im stationären Bereich stellt damit eine ganz erhebliche Mehrleistung dar, die weit über die obligatorische Krankenversicherung hinausgeht. Der Tarifschutz gemäss Art. 44 KVG beschränkt sich hier darauf, dass der Versicherer nach KVG jene Kosten übernehmen muss, welche sich ergeben würden, wenn der Versicherte in der allgemeinen Abteilung behandelt worden wäre (sog. Austauschbefugnis; vgl. MAURER, Das neue Krankenversicherungsrecht, Basel 1996, S. 81 unten; CONTI, a.a.O., S. 1152). Ein Honorarzuschlag bei stationären Privatpatienten ist somit gerechtfertigt, zumal Privatpatiententarife im stationären Bereich die Rechte und Behandlungsmöglichkeiten der allgemeinversicherten Personen nicht beeinträchtigen (vgl. EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Loseblattsammlung, Basel 1998, N. 325 und Fn. 785). Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin bedarf die erwähnte Mehrleistung in der Tarifordnung auch keiner näheren Umschreibung, darf doch ihr Inhalt - wie der Anspruch auf ein Einzelzimmer bei den Tagesteilpauschalen - als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. 2.3 Auch für den ambulanten Bereich hat das Bundesgericht in BGE 126 III 345 E. 3b S. 350 eine Abrechnung ausserhalb des festgesetzten Tarifs zugelassen, wenn es um die Vergütung echter Mehrleistungen geht, die über den Leistungsumfang der obligatorischen Krankenpflegeversicherung hinausgehen. Es hat jedoch betont, dass es sich um echte Mehrleistungen handeln müsse, die ein "Plus" darstellten (vgl. die dort genannten Beispiele; für weitere Beispiele vgl. namentlich: WOHNLICH, Zusatzleistungen im ambulanten Bereich der Krankenversicherung, Diss. Zürich 2002, S. 54 ff.) BGE 130 I 306 S. 312 . Wenn sich die Beschwerdeführerin auf diese Rechtsprechung beruft, übersieht sie, dass in der angefochtenen Tarifordnung für den Honorarzuschlag bei ambulanten Behandlungen die Tarifschutzbestimmungen des KVG und UVG vorbehalten sind. Ihre Rüge, die Tarifordnung sei diesbezüglich nicht mit Art. 44 KVG vereinbar, stösst deshalb ins Leere. Das Sanitätsdepartement führt in seiner Vernehmlassung denn auch aus, dass der 50%ige Honorarzuschlag auf Grund des Vorbehalts selbstverständlich nur für Personen gelten könne, die von ihrem Wohnsitz her bei Behandlungen in der Schweiz nicht dem Geltungsbereich des KVG unterstünden.
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Sachverhalt ab Seite 492 BGE 145 IV 491 S. 492 A. Die Kantonspolizei des Kantons Wallis hielt in ihrem Verzeigungsbericht vom 30. Juli 2016 betreffend Störung des Eisenbahnverkehrs fest, die verzeigte Person A. habe am 30. Mai 2016 um 09.16 Uhr am Bahnhof Brig verbotenerweise die Gleise überquert, so dass der Lokführer eines Zuges eine Schnellbremsung habe einleiten müssen. Die Geschädigte, die SBB AG, vertreten durch das Schaden- und Strafrechtzentrum, Luzern, habe Strafantrag gestellt. BGE 145 IV 491 S. 493 Nach dem Ermittlungsergebnis überquerte A. die Gleise 1 bis 3 im Sektor D im Bahnhof. Der Lokführer des 250 m langen, doppelstöckigen Zuges leitete eine Schnellbremsung ein und betätigte das Signalhorn. Der Zug, der mit zirka 3-6 km/h unterwegs war, kam in einem Abstand von weniger als 5 m zu A. zum Stillstand. A. bestätigte eine Überquerung. Eine Verbotstafel sei nicht für den Bereich gültig gewesen, an dem sie die Gleise überquert habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Zug stillgestanden und sei keine Gefahrensituation vorhanden gewesen. Das Betätigen des Signalhorns sei unbegründet und unverhältnismässig gewesen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Region Oberwallis, bestrafte mit Strafbefehl vom 22. September 2016 A. wegen Widerhandlung gegen Art. 86 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101) mit Fr. 100.- Busse. Dem Strafbefehl lag sachverhaltlich der Verzeigungsbericht zugrunde, mit der Ergänzung: Um 09.11 Uhr sei der Zug im Bahnhof angekommen. Nachdem alle Passagiere den Zug verlassen hatten, habe der Lokführer den Zug zur Rangierfahrt in Bewegung gesetzt. Als der Zug bereits in Fahrt gewesen sei, habe A. die Gleise 1 bis 3 im Sektor D überquert. B. Das Bezirksgericht Brig-Östlich Raron-Goms sprach A. auf ihre Einsprache hin am 1. Juni 2017 von Schuld und Strafe frei. Es nahm an, am Tag des Vorfalls habe es sich an der fraglichen Stelle des Bahnhofs nicht um ein in allen Fällen gesperrtes Bahnbetriebsgebiet gehandelt, sondern um einen Bahnübergang nach Art. 37 der Verordnung vom 23. November 1983 über Bau und Betrieb der Eisenbahnen (Eisenbahnverordnung, EBV; SR 742.141.1). Art. 86 Abs. 1 EBG stelle das vorsätzliche unerlaubte Betreten des Bahnbetriebsgebiets unter Strafe. Es sei nicht anzunehmen, dass sich A. selber gefährden und bewusst trotz des herannahenden Zuges das Bahnbetriebsgebiet habe überqueren wollen. Das Kantonsgericht des Kantons Wallis hiess am 16. November 2018 die Berufung der SBB AG gut, hob das bezirksgerichtliche Urteil auf und verurteilte A. wegen Widerhandlung gegen Art. 86 Abs. 1 EBG zu Fr. 100.- Busse. Es stellte fest, der strittige Übergang sei eine dienstlich genutzte Karrenüberfahrt und nicht ein Zugang zum Perron für Reisende. Karrenüberfahrten seien nicht publikumsöffentlich (Anhang 2 zur EBV). Die Überschreitung der Gleise an dortiger Stelle hätte einer Erlaubnis bedurft, die fehle. C. A. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben, das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich zu BGE 145 IV 491 S. 494 bestätigen, die Kosten der Beschwerdegegnerin oder dem Kanton aufzuerlegen und sie für die Verteidigerkosten vor der Vorinstanz und dem Bundesgericht gemäss vorzulegender Kostennote zu entschädigen. D. In der Vernehmlassung verzichtete die Staatsanwaltschaft auf eine Stellungnahme und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die SBB AG beantragt die Abweisung der Beschwerde und begründet: Das EBG (Art. 1 Abs. 1) regle den Bau und Betrieb der Eisenbahnen. In der Fassung vor dem 1. Januar 2016 sei Art. 86 EBG (unberechtigte Gleisüberschreitung) als Antragsdelikt ausgestaltet gewesen. Mit der Ausgestaltung dieser Übertretung als Offizialdelikt sei das Interesse der Eisenbahnunternehmungen, Gleisübertretungen strafrechtlich zu verfolgen, nicht dahingefallen. Sie seien es, die durch das unerlaubte Betreten des Bahnbetriebsgebiets im technischen Betrieb gestört und insbesondere bei einem Personenschaden kausal haften würden, sofern keine Entlastung nach Art. 40c EBG möglich wäre. Weiter verweist sie auf ihre Eingabe an die Vorinstanz (unten E. 2.4.8) und das vorinstanzliche Urteil und hält zu ihrer Legitimation fest, sie sei durch den erstinstanzlichen Entscheid beschwert gewesen und habe ein rechtlich geschütztes Interesse an dessen Aufhebung gehabt. Sie äussert sich materiell mit Verweisungen auf das vorinstanzliche Urteil. Die Vorinstanz führt zum Vorwurf der Gehörsrechtsverletzung aus, sie habe nicht festgehalten, A. habe sich nicht zur Berufungslegitimation der SBB AG geäussert, sondern auf die Verfügung vom 21. August 2017 hin keine Vernehmlassung deponiert. Sie (die Vorinstanz) habe das aktuelle Interesse der SBB AG bejaht. Sie äussert sich u.a. zum fraglichen Karrenweg und entgegnet zum Vorwurf willkürlicher Sachverhaltsfeststellung namentlich, sie habe erörtert, warum es auf der Hand liege, dass die SBB AG an der besagten Stelle keine öffentliche Passage für Reisende errichtet habe. A. bestreitet in ihrer Replik u.a. die vorinstanzliche Annahme, die kleinen Verbotstafeln "Überschreiten der Gleise verboten" unterhalb der Perronkante in 5 m Entfernung vom fraglichen Gleisdurchgang bildeten eine genügende Verbotssignalisierung, damit, sie habe diese nicht gesehen und die SBB AG habe inzwischen oberhalb der Perronkante Schilder angebracht. Sollten Gleisüberschreitungen verboten sein, müsste die SBB AG dies explizit mit der dreidimensionalen BGE 145 IV 491 S. 495 Tafel "Durchgang verboten" beschildern, wie es in ihrem Regelwerk vorgesehen sei. Die Vernehmlassung der Vorinstanz vermöge nicht darüber hinweg zu täuschen, dass sie (A.) die Legitimation der SBB AG begründet verneine. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. (...) 2.3 Jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids hat, kann ein Rechtsmittel ergreifen ( Art. 382 Abs. 1 StPO ). Partei ist namentlich die Privatklägerschaft ( Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO ). Als solche gilt die geschädigte Person, die im Sinne von Art. 118 StPO erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen, wobei der Strafantrag dieser Erklärung gleichgestellt ist. Als "geschädigt" gilt die Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist ( Art. 115 Abs. 1 StPO ). Unmittelbar verletzt und damit in eigenen Rechten betroffen ist, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsguts ist ( BGE 141 IV 454 E. 2.3.1 S. 457; Bestätigung der Rechtsprechung). 2.3.1 Im Zusammenhang mit Strafnormen, die nicht primär Individualrechtsgüter schützen, gelten praxisgemäss nur diejenigen Personen als Geschädigte, die durch die darin umschriebenen Tatbestände in ihren Rechten beeinträchtigt werden, sofern diese Beeinträchtigung unmittelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung ist. Bei Straftaten gegen kollektive Interessen reicht es für die Annahme der Geschädigtenstellung im Allgemeinen aus, dass das von der geschädigten Person angerufene Individualrechtsgut durch den Straftatbestand auch nur nachrangig oder als Nebenzweck geschützt wird. Werden durch Delikte, die (nur) öffentliche Interessen verletzen, private Interessen auch, aber bloss mittelbar beeinträchtigt, so ist die betroffene Person nicht Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO ( BGE 141 IV 454 E. 2.3.1 S. 457). 2.3.2 Bei den abstrakten Gefährdungsdelikten gibt es keine Geschädigten im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO , es sei denn, jemand werde als Folge der Begehung eines solchen Delikts konkret gefährdet. Raufhandel ( Art. 133 StGB ) ist ein solches Delikt, das primär das öffentliche Interesse schützt, Schlägereien (unter mindestens drei Beteiligten) zu verhindern, und das erst in zweiter Linie Individualinteressen BGE 145 IV 491 S. 496 der Opfer solcher Schlägereien schützt. Wer dabei unmittelbar betroffen ist, fällt aber unter den Schutzbereich der Norm und ist geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO ( BGE 141 IV 454 E. 2.3.2 S. 457 f.). Anschaulich wird diese Rechtslage anhand der Verletzung des Amtsgeheimnisses ( Art. 320 StGB ). Ein Geheimnis offenbart, wer es einem dazu nicht ermächtigten Dritten zur Kenntnis bringt oder diesem die Kenntnisnahme zumindest ermöglicht. Bei der ersten Variante bringt der Täter das Geheimnis dem Dritten zur Kenntnis und verletzt damit das Geheimhaltungsinteresse des Geheimnisherrn. Bei der zweiten Variante ermöglicht der Täter dem Dritten lediglich die Kenntnisnahme und gefährdet dadurch das Geheimhaltungsinteresse des Geheimnisherrn. So verhält es sich etwa bei unzureichender Verwahrung von Akten. Bei Verletzung des Geheimhaltungsinteresses des Geheimnisherrn ist dessen unmittelbare Verletzung und damit Geschädigtenstellung nach Art. 115 Abs. 1 StPO zu bejahen. Bei Gefährdung des Geheimhaltungsinteresses ist zu unterscheiden: Bestand die konkrete Gefahr, dass der Dritte vom Geheimnis Kenntnis nimmt, war also nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die Wahrscheinlichkeit oder nahe Möglichkeit der Rechtsgutsverletzung gegeben, ist die Geschädigtenstellung zu bejahen. Bestand dagegen keine konkrete, sondern lediglich die abstrakte Gefahr der Verletzung des Geheimhaltungsinteresses, ist die Geschädigtenstellung zu verneinen. Bei Gefährdungsdelikten gibt es insoweit keine Geschädigten im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO , es sei denn, jemand werde konkret gefährdet (Urteil 1B_29/2018 vom 24. August 2018 E. 2.4 und 2.5 [betreffend Bindung von Archivmaterial der KESB durch Strafgefangene]). 2.3.3 Werden somit durch Straftaten nur öffentliche Interessen verletzt und private Interessen bloss mittelbar beeinträchtigt, ist die mittelbar beeinträchtigte Person nicht Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO . 2.4 Zu prüfen ( Art. 106 Abs. 1 BGG ) ist demnach die Rechtsnatur des Tatbestands von Art. 86 Abs. 1 EBG unter dem für die Beantwortung der Rechtsmittellegitimation gemäss Art. 382 Abs. 1 StPO massgebenden Gesichtspunkt. Der Straftatbestand lautet: "Mit Busse wird bestraft, wer vorsätzlich das Bahnbetriebsgebiet ohne Erlaubnis betritt, befährt oder es auf andere Weise beeinträchtigt." BGE 145 IV 491 S. 497 Die Vorinstanz nimmt an: "Es liegt kein Gefährdungsdelikt vor. Die Übertretung gemäss Art. 86 Abs. 1 EBG stellt vielmehr ein Verletzungsdelikt dar, dessen Erfolg eingetreten ist, sobald jemand ohne Bewilligung und mit Vorsatz Bahnbetriebsgebiet betritt. Die Bahn ist diesfalls geschädigt und kann sich als Privatklägerin konstituieren" (nicht publ. E. 2.2). 2.4.1 Es erscheint zweifelhaft, Art. 86 Abs. 1 EBG als Erfolgsdelikt und nicht verkehrsstrafrechtlich naheliegender als abstraktes Gefährdungsdelikt einzuordnen, wobei allerdings zu beachten ist, dass die Gefährdung kein Tatbestandsmerkmal ist. Erfolgsdelikte setzen in ihrem Tatbestand eine von der Handlung unterschiedene raumzeitlich abgrenzbare Wirkung am Handlungsobjekt voraus (Erfolg i.e.S.). Die Handlung selbst kann zwar als Erfolg angesehen werden, weil sie eine Wirkung des Willensimpulses des Täters ist (Erfolg i.w.S.). Auf diesen Erfolgsbegriff stellt die Vorinstanz ab. Nur der Erfolgsbegriff i.e.S. hat aber dogmatische Bedeutung, denn nur hier stellt sich das Problem des Kausalzusammenhangs (JESCHECK/WEIGEND, Lehrbuch des Strafrechts, 5. Aufl. 1996, S. 260). Abstrakte Gefährdungsdelikte sind hingegen Tätigkeitsdelikte, deren Strafwürdigkeit auf der generellen Gefährlichkeit der tatbestandsmässigen Handlung für das geschützte Rechtsgut beruht. Die Schaffung einer konkreten Gefährdung ist nicht erforderlich. Vorsätzliches unerlaubtes "Betreten" der Gleise schädigt nicht schon und ist dennoch im Bahnbetriebsgebiet tatbestandsmässig, so dass "oder auf andere Weise (...) beeinträchtigt" als Auffangtatbestand und "beeinträchtigt" nicht als Erfolgsmerkmal zu verstehen ist, das vom Vorsatz erfasst sein müsste. Betreten und Befahren sind namentlich aufgeführte typische Varianten des Beeinträchtigens. Da sich das verpönte Verhalten oder das Unrecht in einer Handlung erschöpft, ohne dass ein Erfolg i.e.S. eintreten müsste, lässt sich Art. 86 Abs. 1 EBG auch als Tätigkeitsdelikt mit zwei Handlungsvarianten und einem Auffangtatbestand verstehen. Die Einordnung in die Typologie der Tatbestände kann offenbleiben, da die Rechtsmittelberechtigung durch die Rechtsgutsqualifizierung entschieden wird. 2.4.2 Strafbar ist, wer durch Betreten, Befahren oder auf andere Weise das Bahnbetriebsgebiet beeinträchtigt. Wie dargelegt, erfordert "beeinträchtigen" nicht eine Schadenszufügung. Rechtsgut und Handlungsobjekt sind zu unterscheiden. Rechtsgut ist der durch die Strafvorschrift geschützte Wert (JESCHECK/WEIGEND, a.a.O., S. 259 f.). Dieser wird bei Übertretungstatbeständen des Verkehrsstrafrechts BGE 145 IV 491 S. 498 zunächst und primär in den öffentlichen Sicherheitsinteressen zu situieren sein. Denn Betreten wird strafbar, weil es das Bahnbetriebsgebiet oder den Bahnbetrieb auf diesem Gebiet beeinträchtigt. Es handelt sich mithin um die Beantwortung der Rechtsfrage, ob Art. 86 Abs. 1 EBG Allgemeingüter oder Individualrechtsgüter der SBB AG schützt. Die Voraussetzung der unmittelbaren Rechtsverletzung im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO knüpft an den Rechtsgutsbegriff an; irrelevant ist daher das Vorliegen eines Schadens im privatrechtlichen Sinne (MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 21 und 21a zu Art. 115 StPO ). 2.4.3 Art. 86 Abs. 1 EBG ist ein Offizialdelikt. Es handelt sich um einen Übertretungstatbestand des Verkehrsstrafrechts, ohne dass das formalisierte Verfahren des Ordnungsbussengesetzes vom 24. Juni 1970 (OBG; SR 741.03) anwendbar würde ( BGE 145 IV 252 E. 1.5 S. 254 sowie zu Motiven der Gesetzgebung KLETT/BAUMEIER/DAPHINOFF, Der öffentliche Personenverkehr - Haftung und Sicherheitsfragen, 2017, Rz. 661). 2.4.4 Art. 86 Abs. 1 EBG in der Fassung vor dem Inkrafttreten der aktuellen Bestimmung am 1. Januar 2016 (AS 2009 5597) erklärte jeglichen Verstoss gegen eine Vorschrift über die Benützung des Bahnhofgebiets zu einer Übertretung. Diese Regelung überliess es den Eisenbahnunternehmen, die Straftatbestände zu definieren, weshalb aArt. 86 EBG aufgehoben wurde (KLETT/BAUMEIER/DAPHINOFF, a.a.O., Rz. 471). Nach dem aktuellen Wortlaut wird bestraft, wer das Bahnbetriebsgebiet vorsätzlich ohne Erlaubnis betritt, befährt oder auf andere Weise beeinträchtigt. Die Strafbarkeit unterliegt diesem Vorbehalt, d.h. die verbotenen Bahnbetriebsgebiete müssen signalisiert sein. 2.4.5 Art. 86 Abs. 1 EBG wird von den kantonalen Strafbehörden mit einer in KLETT/BAUMEIER/DAPHINOFF (a.a.O., Rz. 475) kritisierten Zurückhaltung angewandt. Diese Rechtsprechung wird der Tatsache zuzuschreiben sein, dass Bahnhöfe Treff- und Kreuzungspunkte vielfältiger und sich konkurrierender öffentlicher und privater Nutzungsinteressen sind. Einer Pönalisierung alleine nach der Interessenlage der Bahnunternehmen wurde durch die Novellierung die Grundlage entzogen. Der Tatbestand schützt einzig das Bahnbetriebsgebiet. 2.4.6 Art. 86 Abs. 1 EBG pönalisiert jedenfalls verbotene Gleisüberschreitungen (KLETT/BAUMEIER/DAPHINOFF, a.a.O., Rz. 474). In casu BGE 145 IV 491 S. 499 umfasst das Bahnbetriebsgebiet die von der Beschwerdeführerin betretene und erstinstanzlich als "Bahnübergang" bezeichnete Örtlichkeit (oben Sachverhalt B). Die allgemeine Aussage, dass jedermann klar sei, dass man Gleise nicht überschreiten dürfe (KLETT/BAUMEIER/ DAPHINOFF, a.a.O., Rz. 476), genügt als Grundlage der Strafbarkeit nicht, verweist aber durchaus bereits auf das geschützte Rechtsgut. Wie die Erstinstanz feststellt, bestehen aber vielfältige Ausnahmen aufgrund örtlicher Gegebenheiten (oder bislang fehlender Sanierung; vgl. KLETT/BAUMEIER/DAPHINOFF, a.a.O., Rz. 684 ff.). Strafbarkeit setzt individuelle Vorwerfbarkeit und damit persönliches Verschulden voraus. 2.4.7 Die SBB AG ist eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft mit dem Bund als alleinigem Aktionär; sie erbringt als Kernaufgabe Dienstleistungen im öffentlichen Verkehr (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 20. März 1998 über die Schweizerischen Bundesbahnen [SBBG; SR 742.31]). Mit ihrer Errichtung als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft führt die SBB AG die bisherige Anstalt des Bundes weiter ( Art. 24 Abs. 1 SBBG ). Mit dem Inkrafttreten des SBBG erlangte sie die Rechtspersönlichkeit ( Art. 25 SBBG ). Sie ist über ihre Organe handlungs- und damit prozessfähig ( Art. 106 StPO ). Soweit das SBBG nichts Abweichendes bestimmt, finden die Eisenbahngesetzgebung und das OR auf die SBB AG Anwendung ( Art. 22 SBBG ). Der Gesetzgeber sieht den Betrieb der Eisenbahn als äussert gefährlich an (Urteil 4A_602/2018 vom 28. Mai 2019 E. 3.4.2). Der Gefährdungshaftungstatbestand von Art. 40b EBG legt die Voraussetzungen fest, die erfüllt sein müssen, damit der Inhaber des Eisenbahnunternehmens für Personen- und Sachschäden haftet. Die Haftung knüpft an die Verwirklichung der charakteristischen Risiken an, die mit dem Betrieb der Eisenbahn verbunden sind. Es handelt sich um eine strenge Kausalhaftung (sog. Gefährdungshaftung), die weder ein Verschulden noch eine Ordnungswidrigkeit bedingt (Urteil 4A_602/2018 vom 28. Mai 2019 E. 2.3). Das Eisenbahnunternehmen kann sich gemäss Art. 40c EBG entlasten, wobei entscheidend sein kann, welcher "Sphäre" eine Teilursache zuzurechnen ist; stösst ein Schuldunfähiger einen wartenden Passagier vor den Zug, kann es sich rechtfertigen, diese Teilursache dem Risikobereich des Unternehmens zuzurechnen (Urteil 4A_602/2018 vom 28. Mai 2019 E. 3.4.2). Ein Bahnunternehmen hat mithin ein eminentes Sicherheitsinteresse BGE 145 IV 491 S. 500 im Bahnbetriebsgebiet (zu einer Vorsatztat Urteil 6B_213/2019 vom 26. August 2019). Somit kann die SBB AG zwar als juristische Person im Sinne von Art. 382 Abs. 1 StPO grundsätzlich durch ihre Bevollmächtigten ein Rechtsmittel ergreifen; die Berechtigung im Sinne der Sachurteilsvoraussetzung steht ihr aber einzig unter den Bedingungen von Art. 115 StPO zu (vgl. Urteil 6B_367/2017 vom 17. Januar 2018 E. 1). Mit der blossen Verweisung auf BGE 139 IV 78 vermag sie ihre Legitimation ebenso wenig zu begründen wie mit einem Hinweis auf haftungsrechtliche Probleme (unten E. 2.4.8). Sie müsste dazu vielmehr in ihren Individualrechtsgütern unmittelbar verletzt sein. Dabei ist zu beachten, dass Art. 115 Abs. 1 StPO nicht einen "Schaden" voraussetzt, sondern die unmittelbare Verletzung der (juristischen) Person "in ihren Rechten". Art. 382 Abs. 1 StPO ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zu interpretieren ( BGE 139 IV 78 E. 3.3.3 S. 82 und E. 3.3.4 S. 83). 2.4.8 Die SBB AG führte in ihrer vorinstanzlich eingeforderten Stellungnahme vom 28. August 2017 aus, sie sei Eigentümerin des betreffenden Bahnbetriebsgebiets in Brig. Sie sei berechtigt, Strafantrag im Sinne von Art. 86 EBG zu stellen und sich als Privatklägerin zu konstituieren. Sie habe am erstinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Die Privatklägerschaft sei legitimiert, die Bestrafung zu verlangen, selbst wenn sie keine Zivilforderung angemeldet habe und sich die Staatsanwaltschaft nicht mehr am Verfahren beteilige ( BGE 139 IV 78 E. 3.3.3 S. 81 f.). Bei einer Gleisüberschreitung stehe für die SBB AG das Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vordergrund, insbesondere sollten weder Privatpersonen noch Zugpersonal oder Rollmaterial zu Schaden kommen und ein geordneter Bahnbetrieb gewährleistet werden. Ein Zusammenstoss habe in der Regel eine erhebliche Betriebsstörung zur Folge. Es stellten sich haftungsrechtliche Probleme. 2.4.9 Die von der SBB AG vorgetragene Interessenlage, nach welcher das Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vordergrund steht sowie dass weder Privatpersonen noch Zugpersonal oder Rollmaterial zu Schaden kommen und ein geordneter Bahnbetrieb gewährleistet werden soll, verweist auf Allgemeininteressen. Die Strafnorm lässt sich denn auch nicht anders verstehen, als dass sie den Bahnbetrieb schützt, wie auch die Vorinstanz annimmt (nicht publ. E. 2.2). Das ist unter dem Titel des SBBG ein öffentliches BGE 145 IV 491 S. 501 Interesse, ein Allgemeininteresse. Dieses Interesse ist der durch das Rechtsgut geschützte Wert. Entsprechend ist Art. 86 Abs. 1 EBG als Offizialdelikt ausgestaltet und die Strafverfolgung Aufgabe der Strafverfolgungsbehörde, die von Amtes wegen oder auf Anzeige tätig wird. Wesentlich in diesem Zusammenhang ist, dass das Kernstrafrecht des StGB, neben Art. 238 StGB ("Störung des Eisenbahnverkehrs"), die von der SBB AG angesprochenen Individualrechtsgüter umfassend schützt und in diesem Umfang den subsidiären Übertretungstatbestand von Art. 86 Abs. 1 EBG konsumiert. Allerdings setzt Art. 238 StGB die konkrete Gefährdung von Leib und Leben oder fremdem Eigentum voraus, die also nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wahrscheinlich ist, was noch nicht bei blossem Betreten der Gefahrenzone gegeben ist (Urteile 6B_1059/2018 vom 17. Januar 2019 E. 2.1 und 6F_4/2019 vom 27. Mai 2019 E. 1.2; ULRICH WEDER, in: StGB, JStGB Kommentar, Donatsch und andere [Hrsg.], 20. Aufl. 2018, N. 5 zu Art. 238 StGB ). 2.4.10 In casu ist die Staatsanwaltschaft auf "Strafantrag" tätig geworden, sie erhob Anklage und akzeptierte den erstinstanzlichen Freispruch. Die SBB AG konnte dagegen ein Rechtsmittel nur ergreifen, wenn sie ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Entscheides "hat" ( Art. 382 Abs. 1 StPO ). Dieses Rechtsschutzinteresse "hat" sie nur aufgrund einer Geschädigtenstellung, die hinwiederum nur gegeben sein kann, wenn der Übertretungstatbestand Rechtsgüter der SBB AG schützt. Es müsste deshalb dargelegt werden können, dass diese "durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist" ( Art. 115 Abs. 1 StPO ). 2.4.11 Da es sich bei Art. 86 Abs. 1 EBG nicht um ein Antragsdelikt handelt, kann die SBB AG nicht die Bestrafung des Täters gemäss Art. 31 StGB beantragen. Ihr Strafantrag ist deshalb als Anzeige ( Art. 301 Abs. 1 StPO ) zu qualifizieren. Gemäss Art. 115 Abs. 2 StPO gilt einzig die zur Stellung des Strafantrags "berechtigte Person" in jedem Fall als geschädigte Person. Dass die SBB AG im Rubrum des Strafbefehls und des erstinstanzlichen Urteils aufgeführt wurde, vermag auch nach Treu und Glauben (nicht publ. E. 2.2) deren Rechtsmittellegitimation nicht zu begründen. 2.4.12 Die Vorinstanz verweist "zur partiell fehlenden Legitimation der SBB AG" auf das Urteil 6B_80/2013 vom 4. April 2013. In jenem Ausgangsverfahren hatte die SBB AG Strafanzeige wegen Rauchens in einem Fahrzeug des öffentlichen Verkehrs erstattet. In BGE 145 IV 491 S. 502 der Folge traten das Untersuchungsamt auf die Strafanzeige und die Anklagekammer des Kantons St. Gallen auf die Beschwerde nicht ein. Vor Bundesgericht räumte die SBB AG ein, sie sei nicht Geschädigte im Sinne von Art. 104 Abs. 1 lit. a StPO und nicht unmittelbar in ihren Rechten verletzt, berief sich aber auf Art. 105 Abs. 2 StPO , wonach unmittelbar betroffenen anderen Verfahrensbeteiligten (so auch der Anzeigeerstatterin) die zur Interessenwahrung erforderlichen Verfahrensrechte einer Partei zustehen. Das Bundesgericht entschied, die SBB AG sei durch den Nichteintretensentscheid (mit Ausnahme der Kosten) nicht unmittelbar betroffen, sie könne aus Art. 105 StPO keine Beschwerdeberechtigung ableiten, und trat auf die Beschwerde in Strafsachen nicht ein ( Art. 81 Abs. 1 BGG ). Wie das Bundesgericht im Urteil 1B_443/2011 vom 28. November 2011 in E. 2 erwog, erbringt die SBB AG als Kernaufgabe Dienstleistungen im öffentlichen Verkehr, namentlich in der Bereitstellung von Infrastruktur ( Art. 3 Abs. 1 SBBG ). Zur Bereitstellung der Bahninfrastruktur gehört notwendigerweise auch deren ordnungsgemässer Betrieb, zu dessen Gewährleistung die Eisenbahnunternehmen Vorschriften über die Benützung des Bahnhofgebiets erlassen können ( Art. 23 EBG ). Der Betrieb von Bahnhöfen ist somit zweifelsfrei eine öffentliche Aufgabe, was nicht bedeutet, dass alle Tätigkeiten, die in irgendeiner Weise zum Betrieb eines Bahnhofs gehören, per se als öffentliche Aufgaben zu betrachten wären. Die Gewährleistung von Ruhe und Ordnung auf dem Bahnareal bzw. der Sicherheit des Bahnbetriebs ist eine polizeiliche und damit öffentliche Aufgabe, die wegen ihres amtlichen Charakters durch Beamte ( Art. 110 Abs. 3 StGB ) zu erfüllen ist. Eine Durchsetzung des (privatrechtlichen) Hausrechts der SBB AG erfolgt dagegen nicht in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. 2.4.13 Zusammengefasst dient Art. 86 Abs. 1 EBG der Sicherheit des Bahnbetriebs auf dem Bahnbetriebsgebiet und damit öffentlichen Interessen. Daran ändert nichts, dass die Bestimmung indirekt naturgemäss auch den Interessen von Bahnunternehmen dient. Die SBB AG ist in casu nicht als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO anzuerkennen. Der anzeigenden Person, die weder geschädigt noch Privatklägerin ist, stehen keine weitergehenden Verfahrensrechte zu ( Art. 301 Abs. 3 StPO ). Soweit nicht spezialgesetzlich ermächtigte Behörden zuständig sind ( Art. 12 und 17 StPO ), ist die Staatsanwaltschaft für die BGE 145 IV 491 S. 503 Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs verantwortlich ( Art. 16 Abs. 1 StPO ). Die ausnahmsweise adhäsionsweise akzessorisch angestrebte Durchsetzung der Pönalisierung von Personen durch Private ist einzig unter der Bedingung einer Geschädigtenstellung gemäss Art. 115 Abs. 1 StPO sowie im Rahmen der Beschwerde in Strafsachen unter der Voraussetzung von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gesetzlich ermöglicht (auch Art. 8 EMRK vermittelt keine darüber hinausgehende Sachlegitimation; Urteil 6B_96/2019 vom 7. Juni 2019 E. 2.1). Anders verhält es sich bei den nur auf Antrag strafbaren Tatbeständen von Art. 86 Abs. 2 EBG , in denen die SBB AG von Gesetzes wegen als geschädigte Person gilt ( Art. 115 Abs. 2 StPO ).
de
d9c31c38-c637-4415-8f82-bb7cd4a0e9e5
Sachverhalt ab Seite 421 BGE 131 II 420 S. 421 Mit Beschluss vom 29. März 2001 erteilte der Bundesrat den Verkehrsbetrieben Glattal (VBG) die Konzession zum Bau und Betrieb der Glatttalbahn für die Dauer von fünfzig Jahren. Die Glatttalbahn soll als Strassenbahn mit einer Spurweite von 1 m die verkehrsmässige Erschliessung des Siedlungsraumes zwischen der Stadt Zürich und dem Flughafen Zürich-Kloten verbessern. Die insgesamt 12,7 km lange Neubaustrecke führt von Zürich-Oerlikon (Tramhaltestelle Messe/Hallenstadion) bis zur Haltestelle Ambassador, wo sich die Bahn verzweigt. Über den nördlichen Ast wird der Flughafen Kloten erreicht, während die in südöstlicher Richtung führenden Geleise den Raum Wallisellen erschliessen und über BGE 131 II 420 S. 422 das Glatt-Zentrum zum Bahnhof Stettbach gelangen. Die Stadtbahn wird weitgehend ebenerdig verkehren und das Bahntrassee soll vorwiegend auf öffentlichem Strassenraum erstellt werden. Am 6. März 2002 reichten die Verkehrsbetriebe Glattal dem Bundesamt für Verkehr (BAV) die Pläne und das Plangenehmigungsgesuch für die neue Strassenbahn ein. Projektbestandteile bilden neben der Erstellung des Bahntrassees verschiedene Anpassungen und Umgestaltungen von öffentlichen Strassen, Plätzen und Wegen sowie der Bau von Nebenanlagen. Vorgesehen ist auch die Umlegung zahlreicher im Strassenkörper verlegter Werkleitungen. Nach Eröffnung des ordentlichen eisenbahn- und enteignungsrechtlichen Plangenehmigungsverfahrens wurden während der Planauflage zahlreiche Einsprachen erhoben. In diesen verlangten u.a. die Eigentümer der vom Bahnbau betroffenen Werkleitungen, dass die Kosten der Umlegung von der Bahn übernommen würden. Die Einigungsverhandlungen verliefen in dieser Hinsicht erfolglos. Auf Antrag des kantonalen Tiefbauamtes verpflichtete die Baudirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 2. Mai 2002 die Eigentümer der Werkleitungen, die Kosten für deren Verlegung zu übernehmen. Das hierauf von den Leitungseigentümern beim Regierungsrat angehobene Rekursverfahren wurde bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Plangenehmigungsentscheides des BAV sistiert. Mit Entscheid vom 27. Januar 2004 erteilte das BAV dem Projekt Glatttalbahn unter verschiedenen Vorbehalten und Auflagen die Plangenehmigung. Die Pläne für die Umlegung der Werkleitungen wurden mit der Auflage genehmigt, dass die Anpassung der Leitungen im Rahmen der Ausführungsprojektierung im Einvernehmen mit den jeweiligen Werkleitungseigentümern auszuarbeiten sei; im Streitfall entscheide das BAV. Auf die Begehren um Übernahme der Kosten für die Umlegung der Werkleitungen trat das Bundesamt mangels Zuständigkeit nicht ein. Über diese Kostenfrage sei in einem kantonalrechtlichen Verfahren zu befinden. Gegen den Plangenehmigungs- und Einspracheentscheid des BAV haben insgesamt 15 Eigentümerinnen von Werkleitungen - nämlich die Flughafen Zürich AG, die Swisscom Fixnet AG, die Stadt Zürich, die Gruppenwasserversorgung Vororte und Glattal (GVG), die Nordostschweizerischen Kraftwerke (NOK), die Erdgas Zürich AG, die Industriellen Betriebe Kloten AG (IBK), die Gemeinde BGE 131 II 420 S. 423 Rümlang, die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ), die Genossenschaft Wasserversorgung Dübendorf, die Glattwerk AG, die Energie Opfikon AG und die Stadt Opfikon sowie die Avireal AG - bei der Eidgenössischen Rekurskommission für Infrastruktur und Umwelt (Rekurskommission INUM) Beschwerde erhoben. Die Beschwerdeführenden verlangten im Wesentlichen, dass das BAV angewiesen werde, auf ihre enteignungsrechtlichen Ansprüche einzutreten und über ihre Einsprachebegehren einen materiellen Entscheid zu fällen bzw. diese gutzuheissen. Mit Entscheid vom 15. Oktober 2004 hiess die Rekurskommission INUM die Beschwerdebegehren grösstenteils gut. Die angefochtene Plangenehmigungsverfügung wurde aufgehoben, soweit die Vorinstanz auf die geltend gemachten Entschädigungsansprüche der Beschwerdeführenden für die Umlegung ihrer Versorgungsanlagen nicht eingetreten war. Die Streitsache wurde im Sinne der Erwägungen zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen. Gegen den Entscheid der Rekurskommission INUM haben die Verkehrsbetriebe Glattal Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Unbestritten ist im vorliegenden Verfahren, dass es sich beim Bau der Glatttalbahn als Strassenbahn um ein Eisenbahnbau-Vorhaben im Sinne von Art. 18 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101) handelt, das grundsätzlich dem Bundesrecht untersteht. Es wird auch von keiner Seite in Abrede gestellt, dass die vorgesehene Entfernung der unter dem künftigen Bahntrassee verlaufenden Werkleitungen durch den Bahnbau bedingt ist. Das BAV hat denn auch im eisenbahn- und enteignungsrechtlichen Verfahren die Verlegung der Leitungen als Bestandteil des Bahnprojekts (unter Auflagen) genehmigt. Die Rekurskommission INUM hat hieraus geschlossen, dass sich die Kosten- und Entschädigungsfrage für den fraglichen Projektbestandteil ebenfalls nach eidgenössischem Eisenbahn- und Enteignungsrecht richte. Darin liegt nach Auffassung der Beschwerdeführerin eine Missachtung der Gleichrangigkeit eidgenössischer Eisenbahnhoheit und kantonaler Strassenhoheit sowie ein Verstoss gegen Art. 6 Abs. 2 EBG , gegen § 37 des zürcherischen Strassengesetzes (Gesetz über den Bau und den Unterhalt der öffentlichen Strassen vom 27. September 1981, kStrG; Zürcher Loseblattsammlung 722.1) und BGE 131 II 420 S. 424 gegen Art. 35 des Fernmeldegesetzes vom 30. April 1997 (FMG; SR 784.10). Dieser Betrachtungsweise ist nicht zu folgen. 3.1 Die Beschwerdeführerin übersieht offenbar, dass es beim vorliegenden Streit weder um das Verhältnis zwischen Bahnunternehmung und Strasseninhabern noch um jenes zwischen Strasseninhabern und Eigentümern von Werkleitungen geht, sondern um die Beziehung der Bahnunternehmung als Bauherrin und Enteignerin zu den durch den Bahnbau betroffenen Eigentümern von Werkleitungen. Nun führen zwar diese Werkleitungen auf den hier umstrittenen Strecken durch öffentlichen Grund bzw. öffentliche Strassen. Sie sind jedoch dadurch, dass sie in Strassen verlegt worden sind, nicht zu deren Bestandteilen geworden und nicht ins öffentliche Grundeigentum übergegangen, sondern als Zubehör des jeweiligen Versorgungswerks im Eigentum des Werkinhabers verblieben (vgl. Art. 676 ZGB ; s. a. Art. 37 Abs. 1 FMG sowie § 3 lit. c kStrG a contrario). Die Werkleitungseigentümer nehmen daher gegenüber der Bahnunternehmung die gleiche Stellung ein wie andere Dritte (Private oder Gemeinwesen), in deren dingliche Rechte infolge des Bahnprojekts eingegriffen wird. Im Verhältnis zwischen der Bahnunternehmung und den Werkleitungseigentümern spielt mithin die von der Beschwerdeführerin angerufene kantonale Strassenhoheit keine oder nur eine untergeordnete Rolle. 3.2 Nach Art. 6 Abs. 2 EBG wird die Konzession für eine Strassenbahn nur gewährt, wenn die nach kantonalem Recht erforderliche Bewilligung zur Benützung der öffentlichen Strassen erteilt oder zugesichert ist. Diese Bestimmung berührt die Beziehung zwischen den Trägern der Strassenhoheit und der Bahn und betrifft allfällige Drittberechtigte nicht. Zudem umschreibt sie - zusammen mit Art. 6 Abs. 2 EBG - lediglich die Voraussetzungen für die Gewährung einer Konzession. Zur Frage, nach welchem Recht sich der Bahnbau und die damit verbundenen Vorkehren richten, äussert sie sich nicht. Die Sondernorm von Art. 6 Abs. 2 EBG mag, wie im angefochtenen Entscheid angeführt, aus staatspolitischen Gründen aufgestellt worden sein, um die Anwendung des Enteignungsrechts durch Bahnunternehmungen gegenüber öffentlichen Gemeinwesen zu vermeiden (vgl. dazu auch JULIUS OETIKER, Die Eisenbahn-Gesetzgebung des Bundes, Zürich 1913, Bd. I, S. 30 N. 9; ROLF TINNER, Rechtsbeziehungen zwischen Bund und Kantonen im Eisenbahnwesen, Diss. Zürich 1941, S. 166 ff.). Zur Beurteilung der vorliegenden Streitsache trägt sie jedenfalls nichts bei. BGE 131 II 420 S. 425 3.3 § 37 Abs. 1 des zürcherischen Strassengesetzes verpflichtet den Eigentümer einer öffentlichen Strasse, die Verlegung von öffentlichen Verkehrs- und Versorgungsanlagen eines anderen Gemeinwesens oder von öffentliche Aufgaben erfüllenden Unternehmungen zu dulden, sofern die Zweckbestimmung und die technische Anlage der Strasse dies gestatten. Dem Strasseneigentümer sind alle aus solchen Anlagen entstehenden Kosten zu ersetzen und die Strasse ist nach erfolgter Beanspruchung wieder instandzustellen; eine weitere Entschädigung ist nicht geschuldet (§ 37 Abs. 2 kStrG). Die Versorgungsanlagen sind auf Kosten ihres Trägers zu verlegen oder anzupassen, wenn dies ein Strassenprojekt erfordert (§ 37 Abs. 3 kStrG). § 37 kStrG ordnet somit das Verhältnis zwischen den Eigentümern der öffentlichen Strassen und den Inhabern von Versorgungsanlagen. Er verpflichtet die einen zur Duldung von Anlagen auf öffentlichem Grund und verhält die anderen, ihre Leitungen bei strassenbaubedingten Änderungen auf eigene Kosten zu verlegen. Dagegen sagt § 37 kStrG nichts darüber aus, wie vorzugehen sei, wenn nicht ein Strassenbauprojekt sondern das Vorhaben eines Dritten Anlass zur Strassenänderung und zur Entfernung der Leitungen gibt. Untersteht das Bauvorhaben des Dritten wie hier dem Bundesrecht, findet grundsätzlich dieses auf sämtliche Projektbestandteile Anwendung. 3.4 Ähnliche Überlegungen gelten hinsichtlich dem in der Beschwerde ergänzend angerufenen Art. 35 FMG . Nach dieser bundesrechtlichen Vorschrift haben die Eigentümer von Boden im Gemeingebrauch den Konzessionärinnen von Fernmeldediensten die Benutzung des Bodens für den Bau und Betrieb von Leitungen zu bewilligen, sofern diese Einrichtungen den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen ( Art. 35 Abs. 1 FMG ). Die Bewilligung ist entschädigungslos, lediglich gegen eine kostendeckende Gebühr, zu erteilen ( Art. 35 Abs. 5 FMG ). Die Konzessionärinnen tragen die Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes und sind gehalten, ihre Leitungen zu verlegen, wenn vom Grundeigentümer eine Benützung des Grundstücks beabsichtigt wird, die sich mit der Leitungsführung nicht verträgt ( Art. 35 Abs. 2 FMG ). Die Einzelheiten, namentlich auch die Voraussetzungen für die Leitungsumlegung, sind vom Bundesrat zu regeln ( Art. 35 Abs. 3 FMG ). BGE 131 II 420 S. 426 Auch diese Bestimmungen legen die Beziehung des Gemeinwesens, welches über Boden im Gemeingebrauch verfügt, zu den Inhaberinnen von Fernmelde-Leitungen fest. Nicht Bezug genommen wird dagegen auf das Verhältnis der Leitungs-Eigentümerinnen zu einem anderen öffentlichen Werk, das gestützt auf eidgenössisches Spezialverwaltungs- und Enteignungsrecht den Boden im Gemeingebrauch ebenfalls in Anspruch nehmen will. Zwar sieht Art. 37 Abs. 3 der Verordnung über die Fernmeldedienste vom 31. Oktober 2001 (FDV; SR 784.101.1) auch eine Verlegung (d.h. Umlegung) von Leitungen "zu Gunsten Dritter" vor. Da es sich jedoch bei Art. 37 Abs. 3 FDV um eine Ausführungsbestimmung zu Art. 35 FMG handelt und dieser die Umlegungspflicht nur gegenüber dem Grundeigentümer statuiert, kann es sich bei solchen Dritten nur um Personen oder Gemeinwesen handeln, die anstelle des Grundeigentümers tätig werden und über keine eigenen Rechtstitel und Zwangsmittel für die Durchsetzung der Leitungsverlegung verfügen. Fraglich ist im Übrigen auch, ob sich die weitere Ausführungsbestimmung von Art. 38 Abs. 1 FDV auf eine genügende gesetzliche Grundlage stützen lasse. Gemäss dieser soll Art. 35 FMG "sinngemäss auch für die kürzest mögliche Querung von Eisenbahngrundstücken mit Fernmeldeleitungen" gelten. Ob und inwiefern sich diese Anordnung mit dem Fernmeldegesetz selbst und vorab mit dem Eisenbahngesetz vereinbaren lasse, braucht hier jedoch nicht geklärt zu werden, da es nicht um die nachträgliche Unter- oder Überquerung von bestehenden Eisenbahnanlagen, sondern um den Bau eines neuen Eisenbahntrassees über bestehenden Werk- und Fernmeldeleitungen geht. 3.5 Demnach ist mit der Vorinstanz festzustellen, dass sich die bahnbaubedingte Umlegung der Werkleitungen und die damit zusammenhängende Entschädigungspflicht nach eidgenössischem Eisenbahn- und Enteignungsrecht richten. Die Einsprachen, die von den Werkleitungseigentümerinnen gegen die Umlegungen erhoben worden sind, sind daher vom BAV als Plangenehmigungs- und Einsprachebehörde materiell zu behandeln (vgl. Art. 18 Abs. 2 und Art. 18h Abs. 1 EBG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2, Art. 35 lit. b und Art. 50 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über die Enteignung [EntG; SR 711] ). Eine andere - noch zu prüfende - Frage ist, inwieweit das BAV gemäss Bundesrecht auch über die Umlegungskosten und über die weiteren von den Leitungseigentümerinnen gestellten Entschädigungsansprüche zu entscheiden hat. BGE 131 II 420 S. 427 4. 4.1 Bestimmte sich die umstrittene Kostenübernahme- und Entschädigungsfrage allein nach dem Enteignungsgesetz, wäre sie wie folgt zu beantworten: Werden bestehende öffentliche Einrichtungen, wie Wege oder Leitungen, durch die Ausführung oder den Betrieb des Unternehmens des Enteigners in Mitleidenschaft gezogen, so hat dieser nach Art. 7 Abs. 2 EntG alle Vorkehren zu treffen, um deren Fortbenützung sicherzustellen, soweit dies durch das öffentliche Interesse gefordert wird. Über den Umfang der Vorkehren, die im öffentlichen Interesse liegen und für welche das Enteignungsrecht ausgeübt werden darf ( Art. 4 lit. e EntG ), ist von der Einsprachebehörde im Einspracheverfahren zu entscheiden. Dagegen hat die Eidgenössische Schätzungskommission im Anschluss an den Einspracheentscheid darüber zu befinden, ob trotz der Vorkehren des Enteigners ein Schaden entstanden sei und allenfalls wem die neu erstellten Anlagen gehörten und wer für deren Unterhalt aufzukommen habe (vgl. Art. 26 und Art. 64 Abs. 1 lit. c und d EntG ; BGE 104 Ib 348 E. 2; BGE 111 Ib 280 E. 2; BGE 116 Ib 241 E. 3a S. 246; BGE 121 II 436 E. 7 S. 444; BGE 122 II 12 E. 1a S. 14 f.). Obliegt aber dem Enteigner die Wiederherstellung der durch sein Werk beeinträchtigten Leitungen, soweit dies im öffentlichen Interesse liegt, so gehen auch die damit verbundenen Kosten zu seinen Lasten. Von diesem enteignungsrechtlichen Grundsatz könnte nur abgewichen werden, wenn und soweit die Leitungseigentümer durch Sondernormen, die dem Enteignungsgesetz vorgehen, zur Mitfinanzierung des Unternehmens des Enteigners verpflichtet würden. Wie bereits dargelegt (E. 3.3 und 3.4), können weder Art. 35 FMG noch § 37 des zürcherischen Strassengesetzes als Vorschrift zur Unterstützung von Bahnen verstanden werden. Andere Subventionsbestimmungen zugunsten des Bahnbaus enthält das kantonale Recht soweit ersichtlich nicht (vgl. dazu BGE 104 Ib 348 E. 2d S. 353; Entscheid 1A.176/1992 vom 3. Mai 1995, E. 3). Eine von der enteignungsrechtlichen abweichende Lösung könnte sich daher nur aufgrund weiterer eidgenössischer Spezialgesetzgebung, insbesondere des Eisenbahnrechts, ergeben. 4.2 Im angefochtenen Entscheid wird zu Recht ausgeführt, dass in den Plangenehmigungsverfahren für den Bahnbau in erster Linie die Spezialvorschriften des Eisenbahngesetzes zum Zuge BGE 131 II 420 S. 428 kämen und das eidgenössische Enteignungsrecht nur subsidiär anzuwenden sei (vgl. Art. 18a EBG ). Als anwendbare Bestimmungen fielen insbesondere Art. 19 und Art. 31 EBG in Betracht. 4.2.1 Nach Art. 19 EBG trifft die Bahnunternehmung die Vorkehren, die zur Sicherheit des Baues und Betriebes der Bahn sowie zur Vermeidung der Gefahr für Personen und Sachen notwendig sind. Werden durch Bauarbeiten öffentliche Einrichtungen, wie Strassen und Wege, Leitungen und ähnliche Anlagen betroffen, so sorgt die Bahnunternehmung für deren Fortbenützung, soweit es das öffentliche Interesse erfordert ( Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EBG ). Die Bahnunternehmung trägt die Kosten dieser Vorkehren. Kosten für Vorkehren, welche wegen Bauvorhaben oder anderer Bedürfnisse Dritter nötig werden, gehen zu deren Lasten ( Art. 19 Abs. 2 EBG ). Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EBG übernimmt somit lediglich die Bestimmung von Art. 7 Abs. 2 EntG , während in Art. 19 Abs. 2 EBG die in Art. 7 EntG vorausgesetzte Kostenpflicht des Enteigners ausdrücklich festgestellt wird. Insofern besteht zwischen den eisenbahnrechtlichen und den enteignungsrechtlichen Bestimmungen keine Diskrepanz. Dass gemäss Art. 40 EBG Streitigkeiten über die Kostentragung für Vorkehren im Sinne von Art. 19 Abs. 2 EBG vom Bundesamt zu beurteilen sind, bedeutet übrigens nach der Rechtsprechung nicht, dass über solche Streitigkeiten notwendigerweise in einem speziellen Verfahren zu befinden sei und nicht im Plangenehmigungsverfahren entschieden werden dürfe (vgl. BGE 117 Ib 111 E. 1a; BGE 127 II 227 E. 1a mit Hinweisen). Die Frage, mit welchen Vorkehren den Bedürfnissen (kostenpflichtiger) Dritter und nicht den öffentlichen Interessen entsprochen werde, kommt ohnehin der Frage gleich, welches der Umfang der unerlässlichen Vorkehren sei, die der Enteigner im öffentlichen Interesse auf eigene Kosten zu ergreifen hat. 4.2.2 Art. 31 Abs. 2 EBG sieht für die Kreuzungen zwischen Bahn und (u. a.) Leitungen vor, dass die durch Erstellung einer neuen Kreuzung oder Änderung einer bestehenden Kreuzung entstehenden Kosten für Bau, Unterhalt und Erneuerung sowie für alle Schadensverhütungsmassnahmen zu Lasten des jeweiligen Bauherrn gehen. Die Rekurskommission INUM ist angesichts der ihr vorliegenden Projektpläne und des Verlaufs der Leitungen davon ausgegangen, dass auch diese Bestimmung teilweise anwendbar BGE 131 II 420 S. 429 sei. Ob dies zutreffend oder Art. 31 EBG deshalb nicht einschlägig sei, weil mit den Leitungsumlegungen Kreuzungen gerade vermieden werden sollen, kann offen gelassen werden. Jedenfalls geht auch Art. 31 Abs. 2 EBG für die Änderung von Kreuzungen von der grundsätzlichen Kostentragung durch die Bauherrschaft, hier also durch die Bahnunternehmung, aus. Demnach führt Art. 31 EBG zum gleichen Resultat wie die enteignungsrechtlichen Bestimmungen. 4.3 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Vorkehren zur Fortbenützung der bestehenden Werkleitungen, so auch deren bahnbaubedingte Neuverlegung, von der Bahnunternehmung zu treffen und grundsätzlich von ihr zu finanzieren sind. Die Kosten für solche Massnahmen können bloss insoweit auf Dritte überwälzt werden, als mit diesen nicht (nur) den öffentlichen Interessen am Fortbestand der Leitungen, sondern (auch) den Bedürfnissen dieser Drittpersonen Rechnung getragen wird. Da die Ersatzvorkehren für die Beeinträchtigung der Leitungen wie gesehen Bestandteil des Projektes der Bahnunternehmung sind (s. a. Urteil 1E.32/1995 vom 28. Dezember 1995), hat im Streitfall das BAV als Einsprachebehörde darüber zu entscheiden, welche einzelnen Vorkehren als im öffentlichen Interesse liegend von der Enteignerin ergriffen werden müssen. Das Bundesamt beurteilt im Plangenehmigungsverfahren ebenfalls, in welchem Umfange die vorgesehenen Vorkehren Bedürfnissen Dritter entsprächen und daher von diesen abzugelten sind. Dagegen wird nicht vom BAV, sondern von der Eidgenössischen Schätzungskommission zu beurteilen sein, ob nach Vornahme der nach Art. 7 Abs. 2 EntG und Art. 19 Abs. 1 EBG zu treffenden Massnahmen immer noch ein Schaden verbleibe, der den Eigentümerinnen der Werkleitungen zu vergüten ist. Ein solcher Schaden kann denn auch nicht ausgeschlossen werden, bloss weil die Durchleitung auf öffentlichem Grund entschädigungslos gestattet worden ist. Wie bereits dargelegt (E. 3.1), richtet sich der Eingriff der Enteignerin nicht nur gegen die konzedierten oder auf andere Weise eingeräumten Durchleitungsrechte, sondern gegen das Eigentum an den Werkleitungen selbst, denen ein gewisser Vermögenswert nicht abgesprochen werden kann (so auch RUDOLF KAPPELER, Rechtsfragen beim Zusammentreffen öffentlicher Werke, Zürich 1969, S. 17). Im Übrigen werden von der Schätzungskommission auch die Vorteile zu berücksichtigen sein, die den Leitungseigentümerinnen aus den Neuanlagen entstehen (vgl. Art. 26 Abs. 1 Satz 2 EntG ). BGE 131 II 420 S. 430 Die Vorinstanz hat demnach in ihren Erwägungen zu Recht festgestellt, es sei Sache der Plangenehmigungsbehörde, über Art und Umfang der Ersatzvorkehren zu entscheiden, während die Schätzungskommission allenfalls noch darüber zu befinden habe, ob trotz der Ersatzvorkehren der Enteignerin ein Schaden entstanden und hierfür Entschädigung zu leisten sei. Die von der Rekurskommission INUM verfügte Rückweisung der Streitsache zu neuem Entscheid an das BAV ist in diesem Sinne zu verstehen.
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89e45405-7d0c-49cc-806b-cc9baba5c15c
Sachverhalt ab Seite 153 BGE 134 II 152 S. 153 Für den Sachverhalt kann auf BGE 134 II 49 verwiesen werden. Im vorliegenden Fall hatte die Schätzungskommission die Entschädigungsforderung für eine unüberbaute Baulandparzelle in Opfikon zu beurteilen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Zu untersuchen bleibt, ob dem Beschwerdeführer ein Entschädigungsanspruch für die Unterdrückung seiner nachbarlichen Abwehrrechte gegenüber Lärmeinwirkungen zustehe. Ein solcher setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass - kumulativ - die drei Bedingungen der Unvorhersehbarkeit der Lärmimmissionen, der sog. Spezialität der Immissionen sowie der Schwere des immissionsbedingten Schadens gegeben sind (vgl. etwa BGE 123 II 481 E. 7 S. 490 ff.; BGE 130 II 394 E. 7.1 S. 402, E. 9.2 S. 410, E. 12 S. 414, je mit Hinweisen). Die Schätzungskommission hält zwei dieser drei Voraussetzungen für erfüllt. Im angefochtenen Entscheid wird ausgeführt, dass das fragliche Bauland seit 1945 im Eigentum der Familie des Beschwerdeführers stehe und von diesem 1975 durch Erbvorbezug übernommen worden sei. Damit sei die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit im Sinne der Rechtsprechung erfüllt. Da die Immissionsgrenzwerte im fraglichen Gebiet, das der Empfindlichkeitsstufe II (ES II) BGE 134 II 152 S. 154 zugewiesen sei, überschritten würden, sei auch die Voraussetzung der Spezialität der Einwirkungen gegeben. Was den fluglärmbedingten Schaden anbelange, erscheine es als trivial festzuhalten, dass eine Liegenschaft mit übermässigen Fluglärmeinwirkungen auf dem freien Markt weniger wert sei als eine vergleichbare Liegenschaft ohne Fluglärm. Allerdings sei eine vergleichbare Liegenschaft ohne Fluglärm kaum zu finden, jedenfalls nicht in Opfikon-Glattbrugg, wo seit Bestehen und Betrieb des Landesflughafens Zürich-Kloten schon immer Fluglärm geherrscht habe. Die Anwendung der Vergleichsmethode erweise sich damit von vornherein als fragwürdig. Dagegen könne der fluglärmbedingte Minderwert anhand der Veränderung der Lageklasse oder mithilfe des von den Enteignern in das Verfahren eingebrachten hedonischen Modells MIFLU ("Minderwert Fluglärm") ermittelt werden. Da mit MIFLU keine reine Baulandbewertung vorgenommen werden könne, sei der Minderwert ersatzweise für ein Standard-Einfamilienhaus (750 m 3 ) auf einem durchschnittlich grossen Grundstück (500 m 2 ) berechnet worden. Das MIFLU weise für eine solche Liegenschaft am Stichtag, dem 1. Januar 1997, eine fluglärmbedingte Entwertung von 19,6 % aus. Die Lageklasse der fraglichen Parzelle sinke gemäss der Bewertung durch die Schätzungskommission infolge des Fluglärms von 5,55 Punkten auf 4,75 Punkte, d.h. um 14 %. Da es sich bei der Lageklassenmethode um eine subjektive Beurteilung durch einen Schätzer handle, sei hälftig auch das Modell-Ergebnis mitzuberücksichtigen. Sei mithin von einer Entwertung von 17 % auszugehen, so belaufe sich der Minderwert des Baulandes, das ohne den Lärm mit Fr. 820.-/m 2 bewertet werden könne, auf Fr. 128'023.-. Auch wenn diese Wertverminderung des Baulandes das Kriterium der Schwere des Schadens grundsätzlich erfülle, sei dennoch weiterhin eine zonenkonforme bauliche Nutzung möglich. Die rege Bautätigkeit, die in den letzten Jahren in diesem Gebiet eingesetzt habe, lasse sogar eine erhöhte Nachfrage nach Bauland erwarten. Gemessen am künftigen Gesamtwert des baulich ausgenutzten Grundstücks könne die Werteinbusse auf dem Landwert nicht mehr als schwerer Schaden im Sinne der dargelegten Rechtsprechung betrachtet werden. Die Entschädigungsforderung des Beschwerdeführers sei daher abzuweisen. Die Argumentation der Schätzungskommission wird von beiden Parteien kritisiert. 5.1 Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass die Verkehrswert- und Minderwertsschätzung aufgrund der Verhältnisse am BGE 134 II 152 S. 155 massgeblichen Stichtag vorgenommen werden müssten und die umstrittene Parzelle am dies aestimandi unüberbaut gewesen sei. Die Schwere des Schadens dürfe daher nicht allein mit Blick auf eine künftige Überbauung beurteilt und aus diesem Gesichtswinkel verneint werden. Die Parzelle des Beschwerdeführers erleide als Bauland, wie die Schätzungskommission selbst erkannt habe, einen Minderwert von 17 % und damit einen schweren Schaden. Ein Käufer werde denn auch in Berücksichtigung der Fluglärmsituation für das Grundstück einen markant tieferen Preis bezahlen, da er nach einer Überbauung entweder tiefere Mietzinse erzielen werde oder bei Eigennutzung die übermässigen Einwirkungen selbst erdulden müsse. 5.2 Die Enteigner machen geltend, dass im vorliegenden Fall die Voraussehbarkeit der Spezialität der Immissionen nur vorübergehend erfüllt gewesen sei. Zwar seien bei der Liegenschaft des Beschwerdeführers die Immissionsgrenzwerte der ES II gemäss Anhang 5 zur Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) auch heute noch überschritten. Für das Gemeindegebiet Opfikon-Glattbrugg müsse jedoch angesichts der seit langem bestehenden Fluglärmvorbelastung enteignungsrechtlich der Immissionsgrenzwert für die ES III massgeblich sein. Im Übrigen sei das Land des Beschwerdeführers am 1. Januar 1961 weder erschlossen noch baureif gewesen und habe somit nach § 233 i.V.m. § 234 PBG (Gesetz vom 7. September 1975 über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht des Kantons Zürich) gar nicht überbaut werden können. Die erschliessungsrechtliche Baureife sei erst nach 1961 durch einen Quartierplan geschaffen worden. Für eine Parzelle, die damals nicht RPG-konform (Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung [RPG; SR 700]) gewesen sei, sei aber keine Entschädigung geschuldet. Zur Voraussetzung der Schwere des Schadens bringen die Enteigner vor, in Fällen der Enteignung nachbarrechtlicher Abwehrbefugnisse wegen übermässigen Lärms könne - infolge der Nähe und der Verwandtschaft zur materiellen Enteignung - nur dann von einem schweren Schaden ausgegangen werden, wenn der Minderwert wegen Fluglärms einen Drittel des Verkehrswertes einer Liegenschaft übersteige. Weiter weisen die Enteigner auf die durch den Flughafen bewirkten Wertsteigerungen sowie auf künftige Lärmabnahmen hin, die durch die technologische Entwicklung ermöglicht würden. Diesen Gegebenheiten müsse bei der Entschädigungsbemessung durch Abzüge Rechnung getragen werden. Schliesslich bezeichnen BGE 134 II 152 S. 156 die Enteigner den von der Schätzungskommission festgelegten Verkehrswert des Landes (ohne Fluglärm) als zu hoch. 6. Das Bundesgericht hat in BGE 130 II 394 E. 12.1 S. 415 ausdrücklich bestätigt, dass die für die (Un-)Vorhersehbarkeit der Fluglärm-Immissionen massgebende Schwelle, die in der Rechtsprechung auf den 1. Januar 1961 gelegt worden ist, auch für die durch den Abflugverkehr betroffenen Grundeigentümer in Opfikon-Glattbrugg gilt. Hat ein Anwohner sein Grundstück erst nach diesem Zeitpunkt anders als durch Erbgang erworben, gelten die Einwirkungen als vorhersehbar und kann kein Entschädigungsanspruch entstehen (vgl. BGE 131 II 137 E. 2.1 S. 142 mit zahlreichen Hinweisen). Ebenso wenig ist eine Entschädigung für ein Gebäude zu leisten, das erst nach diesem Datum erstellt worden ist (vgl. BGE 110 Ib 43 E. 4 S. 50; BGE 111 Ib 233 E. 2a; Urteil E.22/1992 vom 24. Juni 1996, E. 3b, während in BGE 121 II 317 E. 6c/aa die Frage offengelassen worden ist). Es ist an sich unbestritten, dass das hier fragliche Bauland schon lange vor 1961 von den Vorfahren des heutigen Beschwerdeführers erworben wurde und infolge Erbvorbezugs auf diesen übergegangen ist. Die Beeinträchtigung dieses Landes durch den Fluglärm darf daher als unvorhersehbar gelten und gibt, sofern auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, Anspruch auf Entschädigung. Daran ändert der Hinweis der Enteigner darauf, dass das Land am 1. Januar 1961 nicht im Sinne der heutigen Gesetzgebung erschlossen und überbaubar gewesen sei, nichts. Einerseits kann nicht verlangt werden, dass ein Grundstück im Jahre 1960 hinsichtlich der Überbaubarkeit schon den Anforderungen entsprochen habe, die erst durch später geschaffene Gesetze aufgestellt worden sind. Andererseits kann der Umstand, dass die zuständigen Planungsbehörden Boden dem Baugebiet zugewiesen haben, obschon die Fluglärm-Immissionen bereits voraussehbar waren, den Grundeigentümern nicht zur Last gelegt werden und ihnen im enteignungsrechtlichen Entschädigungsverfahren nicht zum Nachteil gereichen. Unter dem Gesichtswinkel der Voraussehbarkeit der Immissionen ist für die Entstehung und den Umfang der Entschädigungspflicht allein ausschlaggebend, ob der Ansprecher oder sein Vorfahre schon am 1. Januar 1961 Eigentümer des fraglichen Grundstücks gewesen sowie ob dieses überbaut gewesen oder eine Überbauung im Gang gewesen sei. Eine andere - später zu behandelnde - Frage ist, ob und wie ein unüberbautes Grundstück nach dem Auftreten übermässigen Lärms noch überbaut werden könne. (...) BGE 134 II 152 S. 157 11. 11.1 Die Baulandparzelle des Beschwerdeführers liegt gemäss dem Zonenplan der Stadt Opfikon vom 24. September 1995 wie auch gemäss dem heutigen Zonenplan vom 6. März 2006 in der zweigeschossigen Wohnzone W2L mit lockerer Überbauung (Ausnützungsziffer 30 %). In dieser Wohnzone sind Wohnbauten sowie auf höchstens 20 % der Gebäudegrundflächen nicht störende Gewerbe zugelassen (Art. 14 bzw. Art. 1 und 16 der Bau- und Zonenordnung der Stadt Opfikon vom 24. September 1995 bzw. vom 7. Juli 2003/18. Februar 2004). Im fraglichen Gebiet Zibert werden wie erwähnt auch heute noch die für die ES II geltenden Immissionsgrenzwerte überschritten. Baubewilligungen für neue Gebäude dürfen jedoch nach Art. 22 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG; SR 814.01) in der Regel nur noch erteilt werden, wenn die Immissionsgrenzwerte eingehalten sind. Werden die Immissionsgrenzwerte überschritten, so können Baubewilligungen für Neubauten, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen, gemäss Art. 22 Abs. 2 USG nur noch gewährt werden, wenn die Räume zweckmässig angeordnet und die allenfalls notwendigen zusätzlichen Schallschutzmassnahmen getroffen werden. Die Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) führt hierzu präzisierend aus, dass bei Überschreitung der Immissionsgrenzwerte Baubewilligungen nur noch erteilt werden dürfen, wenn an der Errichtung des Gebäudes ein überwiegendes Interesse besteht und die kantonale Behörde zustimmt ( Art. 31 Abs. 2 LSV ). Im Übrigen hätten die Grundeigentümer die Kosten der Schallschutzmassnahmen zu tragen ( Art. 31 Abs. 3 LSV ). Gemäss der Praxis der Baudirektion des Kantons Zürich wird die Schliessung von einzelnen Baulücken generell als überwiegendes Interesse im Sinne von Art. 31 Abs. 2 LSV eingestuft (vgl. Kreisschreiben der Baudirektion des Kantons Zürich vom 28. Februar 2006 über die "Raumplanung in der Flughafenregion - Anpassung der Praxis bezüglich Planungsverfahren und Baubewilligungen bei Grenzwertüberschreitungen durch Fluglärm"). Da es sich bei der Parzelle Kat.-Nr. 7561, wie sich aus den Akten ergibt, um eine der letzten Baulücken im fraglichen Siedlungsgebiet handelt, darf mit der Schätzungskommission davon ausgegangen werden, dass der Boden trotz des Fluglärms Bauland bleibt und zonengemäss überbaut werden kann. 11.2 Nicht zu folgen ist der Schätzungskommission dagegen insoweit, als sie den für die Parzelle des Beschwerdeführers ermittelten BGE 134 II 152 S. 158 fluglärmbedingten Minderwert von 17 % für nicht abgeltbar gehalten hat, weil diese Werteinbusse gemessen am künftigen Gesamtwert des baulich ausgenutzten Grundstücks kein schwerer Schaden sei. Wie bereits dargelegt (nicht publ. E. 10.1) ist bei der Bewertung des enteigneten Grundstücks und der Bemessung des enteignungsbedingten Minderwerts auf die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten am massgeblichen Schätzungsstichtag abzustellen. Am 1. Januar 1997 war das Grundstück des Beschwerdeführers - wie auch heute noch - unüberbaut und wies Baulandqualität auf. Das Bauland hat gemäss den Erwägungen der Schätzungskommission durch den Lärm eine Werteinbusse erlitten, die zu Recht als enteignungsrechtlich erheblich bezeichnet worden ist. Dieser Minderwert ist von den Enteignern zu vergüten, unabhängig davon, ob die Baulandparzelle verkauft oder vom heutigen Grundeigentümer selbst überbaut werden wird. Es ist denn auch nicht so, dass der im Landwertverlust bestehende Schaden bei späterer Überbauung des Bodens gemindert oder gar behoben würde. Vielmehr wird auch die künftige Baute, die nach der Zonenordnung überwiegend dem Wohnen zu dienen hat, infolge des Fluglärms einerseits verteuert und andererseits entwertet: Zum einen werden die vorgeschriebenen baulichen Schallschutzmassnahmen getroffen werden müssen, was die Baukosten erhöht, zum anderen wird der Wohngenuss dennoch nicht der volle sein und insbesondere der Aufenthalt im Garten durch den Lärm gestört. Diesen künftigen Schaden wird der Grundeigentümer selbst übernehmen müssen. Es erscheint daher als wenig sachgerecht, dem Grundeigentümer eine Enteignungsentschädigung für den auf dem Landwert erlittenen Verlust mit Hinweis auf den Wert einer späteren - ebenfalls mit Einbussen verbundenen - Überbauung verwehren zu wollen. 11.3 Der Beschwerdeführer erklärt sich mit dem von der Schätzungskommission ermittelten Minderwert seines Landes von 17 % einverstanden und hat sein Entschädigungsbegehren im bundesgerichtlichen Verfahren entsprechend herabgesetzt. Da das Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an die Begehren der Parteien gebunden ist, erübrigt sich die Prüfung, ob sich bei Anwendung einer anderen als der gewählten Schätzungsmethode ein höherer Minderwert ergäbe. Die Enteigner wenden gegen den Minderwertssatz an sich nichts ein. Sie machen aber geltend, der von der Schätzungskommission bestimmte Verkehrswert des Baulandes von Fr. 820.-/m 2 sei zu hoch, sei doch laut Angaben des statistischen Amtes des Kantons Zürich im Zeitpunkt der erfolgten BGE 134 II 152 S. 159 Schätzung von einem Quadratmeterpreis für die Gemeinde Opfikon von rund Fr. 600.- auszugehen. Die Listen des statistischen Amtes des Kantons Zürich über die Zahl der Verkäufe und die für unbebautes, erschlossenes Wohnbauland erzielten Preise in den einzelnen Zürcher Gemeinden ergeben jedoch ein anderes Bild (vgl. www.statistik.zh.ch/bodenpreise ): Nach den Erhebungen des Amtes haben in der Gemeinde Opfikon im Jahre 1997 13 Verkäufe stattgefunden und ist ein Durchschnittspreis von Fr. 803.-/m 2 und ein Median (Wert, der von der Hälfte der Verkäufe unter- bzw. überschritten wird) von Fr. 800.-/m 2 erreicht worden. Im Jahr 1998 beläuft sich der Durchschnittswert für fünf Verkäufe auf Fr. 936.-/m 2 und der Medianwert auf Fr. 818.-/m 2 , im Jahr 1999 Fr. 744.-/m 2 bzw. Fr. 624.-/m 2 für zehn Verkäufe. In den Jahren 1996 und 2000 fanden praktisch keine Verkäufe statt und werden keine Zahlen ausgewiesen. Das Vorbringen der Enteigner, wonach das Preisniveau in Opfikon am dies aestimandi erheblich niedriger gewesen sei, als die Schätzungskommission angenommen hat, findet in den genannten Zahlen keinen Rückhalt. Wohl ist nicht bekannt, welche Lage die verkauften Grundstücke aufgewiesen haben, welche Ausnützungsmöglichkeiten sie geboten haben und wie stark sie vom Fluglärm betroffen waren. Andererseits kann festgestellt werden, dass die Baulandparzelle des Beschwerdeführers zwar keine hohe Ausnützung zulässt, sich aber - abgesehen vom Fluglärm - zweifellos in einer der besten Wohnlagen Opfikons befindet. Angesichts dessen, dass der Verkehrswert von Fr. 820.-/m 2 für Bauland ohne Fluglärmbelastung festgelegt worden ist und im vorliegenden Fall nur ein Bruchteil dieses Wertes abgegolten werden muss, besteht kein Anlass zu weiteren Abklärungen über die Preisverhältnisse im fraglichen Gebiet. 11.4 Dem Beschwerdeführer ist somit eine Minderwertsentschädigung in Höhe von 17 % des Verkehrswertes seiner Baulandparzelle (918 m 2 à Fr. 820.-, insgesamt Fr. 752'760.-), d.h. von rund Fr. 128'000.- zuzuerkennen. Die Entschädigung ist, wie verlangt und wie in BGE 134 II 49 erläutert, als Kapitalzahlung zu leisten. Dagegen rechtfertigt sich hier eine Verzinsung der Entschädigung nicht. Wohl ist nach Art. 76 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG; SR 711) die endgültige Entschädigung ab vorzeitiger Inbesitznahme oder vorzeitiger Ausübung des zu enteignenden Rechts zu verzinsen. Einzuräumen ist ebenfalls, dass die BGE 134 II 152 S. 160 Verzinsungspflicht nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung in der Regel auch dann entsteht, wenn beim Auftreten übermässiger Immissionen die nachbarlichen Abwehrrechte unterdrückt und vom Enteigner faktisch in Besitz genommen werden ( BGE 106 Ib 241 E. 3 S. 245). Der nach vorzeitiger Besitzergreifung geschuldete Zins ist jedoch im Gegensatz zum Zins, der nach Ablauf von zwanzig Tagen nach rechtskräftiger Festsetzung der Entschädigung zu bezahlen ist (vgl. Art. 88 Abs. 1 EntG ), kein Verzugszins. Er wird auch nicht geschuldet, weil das Eigentum am Enteignungsobjekt - wie in Art. 19 bis Abs. 2-4 EntG vorgesehen - vorzeitig auf den Enteigner übergegangen und die Entschädigung noch nicht vollständig geleistet worden ist. Die Verzinsung gemäss Art. 76 Abs. 5 EntG dient vielmehr dazu, dem Enteigneten den Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er das enteignete Grundstück nicht mehr nutzen kann, als Eigentümer aber weiterhin gewisse Lasten trägt ( BGE 100 Ib 418 E. 1b; BGE 111 Ib 97 E. 2d S. 100). Kann der Eigentümer aber sein Grundstück trotz der Beanspruchung durch den Enteigner weiterhin im bisherigen Rahmen verwenden, so entsteht ihm kein Nutzungsverlust, der vom Enteigner durch Zinszahlung zu vergüten wäre (Urteil 1E.11/2003 vom 22. April 2004; vgl. auch BGE 109 Ib 268 E. 3a S. 274). Dementsprechend ist auch hier keine Verzinsung vorzusehen, hat doch der Fluglärm weder die bisherige landwirtschaftliche Nutzung der Parzelle beeinträchtigt, noch deren bessere Verwendung - Verkauf oder Überbauung - verhindert.
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Sachverhalt ab Seite 270 BGE 113 II 270 S. 270 A.- Durch Vertrag vom 12. Januar 1956 schlossen sich A., B. und die Firma R. & Co. zu einer einfachen Gesellschaft zusammen, die eine im Eigentum des A. stehende Parzelle von 63 389 m2 erwerben, erschliessen, verwalten und veräussern sollte. Der Vertrag wurde für 25 Jahre, d.h. bis Ende 1980 fest abgeschlossen; alsdann konnte er auf Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Für eine allfällige Auseinandersetzung sollte der Marktwert des Landes massgebend sein (Ziffer 15 des Vertrages). Gemäss Nachtrag vom 25. Mai 1959 vereinbarten die Gesellschafter in einer neuen Ziffer 16 des Vertrages, dass die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt werde, falls die Firma R. & Co. aufgelöst oder liquidiert werden oder einer der beiden anderen während der Dauer des Vertrages sterben sollte. "Das Beteiligungskonto des ausscheidenden Gesellschafters" war diesfalls auf den BGE 113 II 270 S. 271 nächstfolgenden 31. Dezember abzuschliessen und das Saldoguthaben des Kontos, das den Erben des Verstorbenen zustand, bis zur Liquidation der Gesellschaft zu stunden und entsprechend den Einlagen der verbleibenden Gesellschafter jährlich mit 4 1/2% zu verzinsen. Im August 1971 schied die Firma R. & Co. aus der Gesellschaft aus; an ihre Stelle trat C. Die Abfindungsklausel fand keine Anwendung. Am 10. Dezember 1978 starb A. und hinterliess einzig seine Frau als Erbin. B.- Am 30. Januar 1981 klagte Frau A. gegen B. und C. auf Zahlung einer Abfindungssumme, die sie nach dem Marktwert des Gesellschaftsvermögens berechnet wissen wollte und einstweilen auf zwei Millionen Franken festsetzte; sie verlangte ferner Zinsen. Die Beklagten widersetzten sich diesen Begehren. Das Bezirksgericht Wil verurteilte die Beklagten zur Zahlung von Fr. 216'383.15 nebst 5% Zins seit 1. Januar 1982. Auf Appellation der Klägerin erhöhte das Kantonsgericht St. Gallen diesen Betrag am 23. Oktober 1986 auf Fr. 1'924'253.40. Es fand, dass die Klägerin nach Ziffer 16 des Vertrages einen Anspruch auf das buchmässige Beteiligungskonto ihres Mannes habe; es erachtete diese Klausel jedoch als eine Verfügung von Todes wegen, die zu Recht wegen Formwidrigkeit angefochten werde. C.- Gegen das Urteil des Kantonsgerichts haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Bundesgericht weist diese ab und bestätigt das angefochtene Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: (1.- Ausführungen darüber, dass mit dem "Beteiligungskonto des ausscheidenden Gesellschafters" im Sinne von Ziffer 16 des Vertrages der Kapitalanteil des Verstorbenen am Gesellschaftsvermögen gemeint war.) 2. Eine andere Frage ist, ob in der streitigen Klausel ein Rechtsgeschäft unter Lebenden oder eine Verfügung von Todes wegen zu erblicken ist. a) Als Verfügung von Todes wegen lässt sich die Klausel zum vornherein nur bezeichnen, wenn sie eine unentgeltliche Zuwendung, eine Schenkung auf den Todesfall ( Art. 245 Abs. 2 OR ) enthält, die Zuweisung des Betrages sich also nicht als Gegenleistung, sondern als reine Liberalität erweist. Der Unterschied zwischen dem Vermögens- und dem Kapitalanteil der Gesellschafter BGE 113 II 270 S. 272 steht einer solchen Annahme nicht im Wege; Zweifel ergeben sich dagegen aus dem aleatorischen Charakter der Klausel, weil die Zuweisung so oder anders vom Überleben abhing, zur Zeit des Vertragsschlusses aber die Reihenfolge des Ausscheidens, folglich auch ungewiss war, wer den Geldbetrag letztlich erhalten werde. In einer Steuersache hat das Bundesgericht 1972 gestützt auf schweizerisches und deutsches Schrifttum entschieden, dass der aleatorische Charakter einer Abfindungsklausel die Annahme einer Schenkung ausschliesse ( BGE 98 Ia 263 E. 3 mit Zitaten). In einer zivilrechtlichen Streitigkeit hat es dagegen 1976 die vertragliche Zuweisung des gesamten Vorschlages an den überlebenden Ehegatten gemäss Art. 214 Abs. 3 ZGB als reine Liberalität bezeichnet ( BGE 102 II 324 E. 3b). Diese Rechtsprechung ist in BGE 106 II 276 E. 2 ausdrücklich bestätigt und in der Lehre mit einem Vorbehalt, der das Postulat der Rechtssicherheit betrifft, mehrheitlich gebilligt worden (PIOTET, in JdT 125/1977 I 146 ff. und in ZBGR 59/1978 S. 1 ff.; HAUSHEER, in ZBJV 114/1978 S. 178 ff.; kritisch dagegen HORST A. KAUFMANN, Die Vorschlagszuweisung an den überlebenden Ehegatten, Heft 472 der Abhandlungen zum schweiz. Recht, Bern 1981, S. 79 ff.). Es liegt indes auf der Hand, dass auch solche Zuwendungen aleatorischen Charakter haben, weil die Zuweisung an den einen oder andern Ehegatten jedenfalls dann, wenn diese ungefähr gleich alt sind, vom Zufall abhängt. Gegenseitig bedingte Zuwendungen mit aleatorischem Charakter nach Güterrecht und nach Gesellschaftsrecht verschieden zu behandeln, rechtfertigt sich nicht, da nicht zu ersehen ist, warum ihr Charakter die Annahme einer Liberalität im einen Bereich erlauben, im andern dagegen verbieten sollte. Wenn es an einer Gegenleistung fehlt, müssen sie nach der neuern Rechtsprechung zu Art. 214 Abs. 3 ZGB vielmehr in einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung ebenfalls als unentgeltlich angesehen werden. Dafür spricht hier auch, dass im Mai 1959, als insbesondere Ziffer 16 des Vertrages abgeändert wurde, einer der Gesellschafter selbst eine Personengesellschaft war und die Abfindungsklausel ihr gegenüber nur anwendbar sein sollte, wenn sie selbst aufgelöst und liquidiert wurde. Dadurch wurde die Gleichartigkeit der Bedingung durchbrochen, dem Zufall folglich noch mehr Raum gewährt. b) Fragen kann sich daher bloss, ob die unentgeltliche Zuwendung gemäss Ziffer 16 des Vertrages als Rechtsgeschäft unter Lebenden oder als Verfügung von Todes wegen zu bezeichnen ist. BGE 113 II 270 S. 273 Bei der Abgrenzung solcher Rechtsgeschäfte pflegt das Bundesgericht in Anlehnung an TUOR (N. 3a der Einleitung zum 14. Titel) vor allem auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem das streitige Geschäft seine Wirkungen entfalten soll ( BGE 110 II 157 , BGE 99 II 268 , BGE 93 II 226 E. 1). Rechtsgeschäfte unter Lebenden begründen schon vor dem Tod des Verpflichteten rechtliche Bindungen; bei letztwilligen Verfügungen entstehen die Verpflichtungen grundsätzlich aber erst mit dem Tod des Erblassers. Es lässt sich deshalb auch einfach sagen, dass Rechtsgeschäfte unter Lebenden das Vermögen des Verpflichteten, Verfügungen von Todes wegen hingegen dessen Nachlass betreffen. Ob beim zweiseitigen Rechtsgeschäft die Wirkungen sich auf das Vermögen oder den Nachlass beziehen, hängt vom Willen der Parteien ab. Im Urteil 102 II 313 ff. hat das Bundesgericht die Zuweisung des gesamten Vorschlags an den überlebenden Ehegatten gemäss Art. 214 Abs. 3 ZGB als Schenkung auf den Todesfall gewertet und deshalb dem materiellen Erbrecht unterstellt. Das gleiche muss für die Abfindungsklausel in einem Gesellschaftsvertrag gelten, wenn sie wie hier mit einer Überlebensklausel gekoppelt, d.h. auf den Fall beschränkt ist, dass ein Gesellschafter zufolge Todes ausscheidet. Dies ist auch die Auffassung der herrschenden Lehre (VON GREYERZ, a.a.O. S. 87/88; HAUSHEER, Erbrechtliche Probleme des Unternehmers, S. 118/19; HAUSHEER in ZBGR 52/1971 S. 269 ff. und in ZBJV 114/1978 S. 181; PIOTET, in Schweiz. Privatrecht (SPR) IV/1 S. 179 ff.). Entscheidend dafür ist vorliegend, dass die Abfindungsklausel nur für das Ausscheiden eines Gesellschafters durch Tod vereinbart und die Liquidation der R. & Co. dieser Möglichkeit gleichgestellt wurde, das Ausscheiden eines Gesellschafters zu dessen Lebzeiten dagegen andern Regeln unterstand, da diesfalls jeder Gesellschafter gemäss Ziffer 15 des Vertrages Anspruch auf den vollen Vermögensanteil hatte. 3. Als letztwillige Verfügung bedurfte die streitige Klausel zu ihrer Gültigkeit der vorgeschriebenen Form ( Art. 498 ff. ZGB ), die mit der einfachen Schriftlichkeit des Vertrages, was unbestritten ist, nicht eingehalten wurde. Nach Auffassung der Klägerin liegt deshalb eine formungültige Verfügung vor, die zum vornherein unbeachtlich sei. a) Dem kann nicht gefolgt werden. Gewiss werden formgebundene Rechtsgeschäfte nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts schon dadurch nichtig, dass die für sie vorgesehenen BGE 113 II 270 S. 274 Formvorschriften nicht eingehalten werden ( BGE 112 II 332 E. 1 mit Hinweisen). Bei letztwilligen Verfügungen geht das Gesetz indes von der Vermutung aus, dass sie an sich gültig und wegen eines Formmangels nur dann unwirksam sind, wenn ihre Ungültigkeit auf Klage hin festgestellt wird ( Art. 520 Abs. 1 ZGB ). Auf den Nachlass bezogene Willenserklärungen sind wegen Formwidrigkeit daher bloss anfechtbar, aber nicht zum vornherein nichtig, sofern der Verpflichtungswille des Erblassers wie hier zu bejahen ist. In der Lehre ist denn auch nur bei fehlenden Willenserklärungen oder qualifizierten inhaltlichen Rechtswidrigkeiten von nichtigen Verfügungen die Rede, nicht aber wenn ein blosser Formmangel vorliegt (TUOR N. 3 und ESCHER N. 1 zu Art. 520 ZGB ; PIOTET, SPR IV/1 S. 268/69). Die Form der Klage auf Ungültigerklärung einer letztwilligen Verfügung, die an einem Formmangel leidet, richtet sich nach kantonalem Recht (TUOR, N. 7 zu Art. 519 ZGB ). Bundesrechtlich genügt, dass der Kläger sich in prozessualer Weise auf die Ungültigkeit beruft, die Anfechtung sich wenigstens aus dem Inhalt der Klage oder einer andern Rechtsschrift ergibt, der kantonale Richter sich mit dem Einwand der Ungültigkeit materiell auseinandersetzt und, falls er ihn bejaht, auf Ungültigkeit der Verfügung erkennt. Das heisst nicht, dass dies in einem Gestaltungs- oder Feststellungsurteil geschehen müsse. Der Einwand kann selbst im Rahmen eines Forderungsprozesses beurteilt werden; das leuchtet namentlich dann ein, wenn erbrechtliche und gesellschaftsrechtliche Fragen, die miteinander zusammenhängen, sich gleichzeitig stellen (vgl. BGE 73 II 10 ff. E. 4 und 6). Die Klage verjährt in einem Jahr gerechnet von dem Tage an, an dem der Kläger vom Ungültigkeitsgrund Kenntnis erhält, jedenfalls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren seit Eröffnung der letztwilligen Verfügung ( Art. 521 Abs. 1 ZGB ). Blosse Vermutungen oder ein Verdacht reichen für den Beginn der einjährigen Anfechtungsfrist sowenig aus wie der Umstand, dass der Kläger den Ungültigkeitsgrund früher hätte erkennen müssen; er muss vielmehr sichere Kenntnis davon haben, dass eine Verfügung von Todes wegen vorliegt und die Verfügung mangels der vorgeschriebenen Form ungültig ist ( BGE 91 II 333 ; TUOR N. 4 und ESCHER N. 2 zu Art. 521 ZGB ; PIOTET, SPR IV/1 S. 277; RASCHEIN, Die Ungültigkeit der Verfügungen von Todes wegen, S. 73; W. MÜLLER-HELLBACH, Die Verjährung der erbrechtlichen Klagen, S. 80 f.). BGE 113 II 270 S. 275 b) Diese Gewissheit erlangte die Klägerin erst, als die im kantonalen Appellationsverfahren eingeholte Expertise vom 28. Juni 1985 vorlag und feststand, dass der wirkliche Wert des Gesellschaftsanteils des A. erheblich über dem Buchwert seines Beteiligungskontos lag. Entgegen der Annahme des Bezirksgerichts liess sich deshalb nicht sagen, die Klägerin habe die streitige Klausel jedenfalls nicht innert Jahresfrist ab Kenntnis des Formmangels mit der Ungültigkeitsklage angefochten, weshalb offenbleiben könne, ob eine formungültige Verfügung auf den Todesfall vorliege, wie die Klägerin vorbringen lasse. Ebensowenig trifft zu, dass sie sich wegen Verkennung der Rechtslage erst nachträglich und nur einredeweise auf Ungültigkeit der Verfügung berufen habe, wie das Kantonsgericht anzunehmen scheint. Richtig ist vielmehr, dass die Klägerin sich schon im erstinstanzlichen Verfahren auf den Standpunkt gestellt hat, es liege eine formungültige Verfügung von Todes wegen vor, dass sie aber einen Betrag eingeklagt hat, der erst noch durch das Beweisverfahren zu ermitteln war. Sie hat somit auf Ungültigkeit der Klausel wegen Formwidrigkeit geklagt, bevor die Anfechtungsfrist des Art. 521 Abs. 1 ZGB überhaupt zu laufen begann.
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7c6ac64c-649f-4128-9931-814710972f09
Sachverhalt ab Seite 339 BGE 84 II 338 S. 339 A.- Frau Lina Schluep verwitwete Herrmann, geb. 1884, schloss mit ihrer jüngsten Tochter Helene BassinHerrmann am 8. Oktober 1949 einen öffentlich beurkundeten Vertrag, wonach sie dieser ihre Besitzung in Frittenbach, Gemeinde Lauperswil, ein für Fr. 22'400.-- brandversichertes Wohn- und Geschäftshaus mit 8,35 a Hausplatz, Hofraum, Garten und Acker, zum Preise von Fr. 25'000.-- auf Rechnung künftiger Erbschaft zu Eigentum abtrat. Der Vertrag bestimmte u.a.: "2. Der Abtretungspreis von Fr. 25'000.-- bleibt während der Dauer der Nutzniessung unzinsbar und zum grössern Teil mit Fr. 15'000.-- bis zum Absterben der Abtreterin gegenseitig unkündbar stehen, während der übrige Teil auf gegenseitig freistehende Kündigung von drei Monaten zahlfällig gestellt werden kann. Er ist vom Nutzen- und Schadensanfang hinweg zu 1/4 % unter dem Hypothekarzinsfuss der Ersparniskasse in Langnau ... zu verzinsen. Nach dem Absterben der Mutter ist das Kapital in deren Nachlass zur Ausgleichung zu bringen. 3. Nutzniessungsvorbehalt. Die Abtreterin behält sich das Recht vor, die beschriebene Liegenschaft, so lange es ihr beliebt, auf naturgemässe Art und Weise zu nutzen. Nutzen und Schaden beginnen der Übernehmerin somit mit dem Absterben der Mutter oder auf den von dieser frei zu bestimmenden Zeitpunkt. . . . . . BGE 84 II 338 S. 340 5. Als Zugaben, deren Gegenwert im Liegenschaftsabtretungspreis inbegriffen ist, werden der Übernehmerin mit Wirkung auf Nutzen- und Schadensanfang zu Eigentum übertragen das gesamte Ladenmobiliar, die zur Ausübung des Gewerbes dienenden übrigen Gerätschaften und Beweglichkeiten, sowie der Waschherd, das Waschgeschirr und das Gartenwerkzeug. 6. Vorkaufrechtserrichtung. Zu Gunsten des Sohnes der Abtreterin, Hans Max Herrmann, Schneider, im Vertragsobjekt wohnhaft, wird ein auf die Dauer unbeschränktes Vorkaufsrecht auf das Vertragsobjekt vorbehalten ... zum gleichen Preis, wie ihn heute die Übernehmerin schuldig wird. .. 7. Wohnrechtsvorbehalte. a) Zugunsten des obgenannten ... Hans Max Herrmann wird das Recht vereinbart, auf unbeschränkte Zeit die Wohnung im I. Stock des beschriebenen Gebäudes zu einem angemessenen Zins in Miete zu nehmen. Gegenwärtig beträgt dieser Zins Fr. 420.-- per Jahr und es ist der Wunsch der Abtreterin, dass er in Zukunft ungefähr gleich hoch bleibt. .. b) Die Abtreterin behält sich ferner für sich und ihren Ehemann im beschriebenen Hause ein allgemeines und lebenslängliches Wohnrecht vor gegen angemessene Zinsvergütung. Die Übernehmerin verpflichtet sich dazu, ihrer Mutter und deren Ehegatten bei Altersbeschwerden und im Krankheitsfalle die einem Familiengliede geziemenden Dienste und Handreichungen unentgeltlich zu erweisen. .." Der Eigentumsübergang, die Nutzniessung, das Vorkaufsrecht und die Wohnrechte waren nach dem Vertrag im Grundbuch einzutragen. Hans Max Herrmann unterzeichnete den Vertrag mit. B.- Am 1. März 1952 verzichtete Frau Schluep auf die Nutzniessung. Sie beanspruchte nur noch das Wohnrecht an einem einzigen Zimmer. Auf Gesuch von Helene Bassin setzte der Regierungsstatthalter von Signau am 22. Januar 1954 auf Grund einer im Abtretungsvertrag enthaltenen Schiedsklausel den jährlichen Mietzins für dieses Zimmer auf Fr. 144.-- fest und erhöhte denjenigen für die Wohnung des Hans Max Herrmann auf jährlich Fr. 520.--. Auf den 1. Januar 1955 vermietete Helene Bassin den seit 1. März 1952 von ihr betriebenen Laden samt der Parterrewohnung an Familie Schneeberger. C.- Am 27. November 1956 starb Frau Schluep, die im Februar 1956 zum zweiten Mal Witwe geworden war. Als gesetzliche Erben hinterliess sie ihren Sohn und ihre fünf Töchter. Das öffentliche Inventar über ihren Nachlass BGE 84 II 338 S. 341 zeigt ein Reinvermögen von rund Fr. 42'000.--. Unter den Aktiven steht mit Fr. 25'000.-- die Forderung der Erblasserin an Helene Bassin gemäss Abtretungsvertrag vom 8. Oktober 1949. D.- Am 28. Mai 1957 leiteten die fünf Miterben von Helene Bassin gegen diese Klage ein mit den Begehren, sie sei zu verurteilen, den wirklichen Verkehrswert der an sie abgetretenen Liegenschaft auf richterliche Bestimmung hin in die Teilung der mütterlichen Erbschaft einzuwerfen; eventuell habe sie den Klägern in Wiederherstellung ihrer Pflichtteile gerichtlich zu bestimmende Beträge zu bezahlen. Sie machten geltend, der Wert der Liegenschaft übersteige den Abtretungspreis erheblich. Die Abtretung bedeute daher eine Zuwendung, die gemäss Art. 626 Abs. 1 und 2 ZGB auszugleichen oder eventuell gemäss Art. 527 ZGB herabzusetzen sei. Hans Max Herrmann legte mit der Klage eine Erklärung des Inhalts vor, dass der im gegenwärtigen Prozess festzusetzende höhere Preis, nämlich der wirkliche Wert der Liegenschaft, auch für sein Vorkaufsrecht massgebend sein solle. Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage mit der Begründung, angesichts der Belastungen der Liegenschaft entspreche der realisierbare Wert dem Abtretungspreis; einen allfälligen Mehrwert hätte sie im übrigen gemäss ausdrücklicher Verfügung der Erblasserin nicht auszugleichen. Der Appellationshof des Kantons Bern (I. Zivilkammer) nahm an, der Verkehrswert der streitigen Liegenschaft habe im Jahre 1949, wenn man den von Hans Max Herrmann damals bezahlten Mietzins berücksichtige, gemäss Expertise Fr. 35'500.-- betragen. Da Hans Max Herrmann mit Erklärung vom 4. April 1957 den wirklichen Wert der Liegenschaft als für sein Vorkaufsrecht massgebend anerkannt habe, stelle dieses für die Beklagte keine Last dar, die den Wert der erhaltenen Leistung herabzusetzen vermöchte. Auch in den Wohnrechten und in der Nutzniessung sei keine solche Last zu erblicken. Es handle sich BGE 84 II 338 S. 342 um entgeltliche Wohnrechte, und während der Dauer der Nutzniessung habe die Beklagte den Abtretungspreis nicht verzinsen müssen. Der Tatsache, dass Hans Max Herrmann nicht den ortsüblichen Zins zahlen müsse, sei schon dadurch Rechnung getragen worden, dass der Ertragswert auf Grund des wirklichen Mietzinses berechnet worden sei. Richtig sei allerdings, dass das Wohnrecht an und für sich eine gewisse Belastung darstelle, weil dem Berechtigten nicht gekündigt werden könne. Die Beklagte behaupte denn auch, ihr Bruder sei ein unangenehmer Hausbewohner. Um einen allfälligen Minderwert der Liegenschaft darzutun, hätte sie indes beweisen müssen, dass sie wegen ihres Bruders die andere Wohnung im Haus nicht habe vermieten können und deshalb Mietzinsausfälle erlitten habe. Dieser Beweis fehle. Daher sei von einem Verkehrswert der Liegenschaft von Fr. 35'500.-- auszugehen. Daneben habe die Beklagte Zugaben erhalten, die von den Parteien vergleichsweise auf Fr. 1300.-- bewertet worden seien. Zwischen dem Abtretungspreis und dem Wert der Gegenleistung habe demnach ein erhebliches Missverhältnis bestanden, dessen die Erblasserin sich bewusst gewesen sei. Die unentgeltliche Zuwendung an die Beklagte, die unter Art. 626 Abs. 2 ZGB falle, mache (Fr. 35'500.-- + Fr. 1300.-- - Fr. 25'000.-- =) Fr. 11'800.-- aus. Eine ausdrückliche Befreiung von der Ausgleichungspflicht sei nicht nachgewiesen, wohl aber die Absicht der Begünstigung im Sinne von Art. 629 ZGB
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Sachverhalt ab Seite 418 BGE 120 II 417 S. 418 A.- Die am 3. Oktober 1991 verstorbene L. hinterliess als gesetzliche Erben die Tochter S. und den Sohn B. Mit einem am 4. August 1978 "auf Rechnung künftiger Erbschaft" abgeschlossenen Abtretungsvertrag hatte die Erblasserin das Eigentum an der Liegenschaft Grundbuchblatt Nr. ... in Y. samt allen Nebenrechten ihrem Sohn übertragen, wobei sie sich die lebenslängliche unentgeltliche Nutzniessung vorbehielt. Ferner wurde bestimmt, dass der Anrechnungswert, welcher "dereinst im Nachlass der Abtreterin zur Ausgleichung zu bringen" sein werde, auf Fr. 260'000.-- festgelegt werde. In einer letztwilligen Verfügung vom gleichen Tag setzte L. ihre Tochter auf den Pflichtteil; die verfügungsfreie Quote wandte sie dem Sohn zu. B.- Am 3. September 1993 reichte S. beim Appellationshof des Kantons Bern gegen ihren Bruder B. Klage ein mit den Rechtsbegehren, die dem Beklagten von der Erblasserin L. gemachten Zuwendungen seien auf das erlaubte Mass herabzusetzen und der Nachlass sei nach gerichtlicher Anordnung zu teilen. Der Beklagte schloss auf Abweisung des Herabsetzungsbegehrens und erklärte im übrigen, dass er sich einer Teilung des Nachlasses nach gerichtlicher Anordnung nicht widersetze. C.- Der Appellationshof (III. Zivilkammer) des Kantons Bern erkannte am 8. Juni 1994 folgendes: "1. Die Herabsetzungsklage wird dahin gutgeheissen, dass der Anrechnungswert der Liegenschaft in Y. gemäss Inventar vom 25./27. März 1992 mit Fr. 1'169'000.-- einzusetzen ist. 2. Es ist ein Vorempfang des Beklagten von Fr. 5'000.-- für Mobiliar und Schmuck in das Inventar aufzunehmen. 3. Soweit weitergehend wird die Klage abgewiesen. 4. Der sich bei Notar X. befindende Schmuck (Ziff. 6 Abs. 3 des Inventarvorberichtes) ist dem Beklagten auszuhändigen. 5. Notar X. wird angewiesen, nach Rechtskraft des Urteils, das Inventar gemäss den vorstehenden Ziffern 1 und 2 zu korrigieren, bei den Aktiven gemäss B III Ziff. 6 und 7 die gegenwärtigen Kurswerte einzusetzen und die Schlussabrechnung zu erstellen. Der Klägerin sind die restanzlichen Aktiven zu übergeben. In Berücksichtigung der Erbteile der Klägerin von 3/8 und des Beklagten von 5/8 ist die Herausschuld des Beklagten an die Klägerin zu berechnen. 6. Die von beiden Parteien zu bezahlenden Gerichtskosten werden bestimmt auf je Fr. 10'000.-- inkl. Auslagen. 7. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zu bezahlen: a) die Hälfte ihrer Verfahrenskosten, ausmachend Fr. 5'000.--. b) die Hälfte ihrer Parteikosten, auf spätere gerichtliche Bestimmung BGE 120 II 417 S. 419 hin." D.-
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Sachverhalt ab Seite 2 BGE 134 III 1 S. 2 V. verstarb im April 2001. Er hinterliess als gesetzliche Erben seine fünf Söhne B. (Beklagter 3), C. (Beklagter 6), E. (Kläger), F. (Beklagter 1) und H. (Beklagter 5), sowie seine drei Töchter A. (Beklagte 2), D. (Beklagte 7) und G. (Beklagte 4). Zum Nachlass des Erblassers gehören unter anderem die beiden landwirtschaftlichen Liegenschaften Kataster Nrn. x und y. Das Grundstück Kataster Nr. x mit einer Grösse von 77 a 37 m 2 umfasst neben den Reben ein Wohnhaus, einen Schopf sowie ein Bienen- und ein Gartenhaus. Das Wohnhaus besteht aus einer Betriebsleiterwohnung, die vom Kläger mit seiner Familie bewohnt wird, und einem Altenteil ("Stöckli"), das vom Beklagten 6 bewohnt wird, welche beide den Schopf gemeinsam als Materiallager benutzen. Des Weiteren bewirtschaftet der Beklagte 6 den Rebberg. Der Umschwung um das Bienen- und Gartenhaus, das die Beklagte 4 und deren Ehemann erstellt haben, wird von diesen aufgrund eines vom Ehemann mit dem Erblasser abgeschlossenen Pachtvertrages als BGE 134 III 1 S. 3 Gemüsegarten genutzt. Die restliche Parzellenfläche wird vom Kläger bewirtschaftet. Das Grundstück Kataster Nr. y mit einer Grösse von 54 a 85 m 2 umfasst eine Scheune mit Pferdeboxen, die von der Beklagten 7 genutzt werden. Die Grundstücksfläche wird je hälftig von der Beklagten 7 (resp. deren Tochter) genutzt und vom Kläger bewirtschaftet. Mit Erbteilungsklage vom 2. Juni 2003 verlangte der Kläger unter anderem, dass ihm die beiden Parzellen zum einfachen Ertragswert zuzuweisen seien. Diesen Begehren entsprach das Bezirksgericht Meilen als Erstinstanz und legte den einfachen Ertragswert der beiden Liegenschaften auf gesamthaft Fr. 87'000.- fest. Im Verlaufe dieses Prozesses teilte der Beklagte 5 dem Bezirksgericht mit, dass er nicht am Prozess teilnehme und sich dem Urteil, wie immer es auch ausfalle, unterziehe. Gegen das erstinstanzliche Urteil erhoben die Beklagten 2, 3, 4, 6 und 7 Appellation an das Obergericht des Kantons Zürich. Sie verlangten die Bewertung der Nachlassgrundstücke zum Verkehrswert und deren Realteilung unter den Erben. Im Verlaufe des Appellationsverfahrens erklärte die Beklagte 4, dass sie ihre Appellation zurückziehe, sich aber dennoch ausdrücklich am Berufungsverfahren beteilige. Der Beklagte 1 unterstützte dagegen den Kläger in seiner Argumentation. Das Obergericht Zürich hiess am 13. Oktober 2006 die Appellation teilweise gut. Es wies die beiden Parzellen zwar nach wie vor dem Kläger zu, legte jedoch für diese als relevanten Wert für die Festsetzung des Nachlasses den doppelten Ertragswert in der Höhe von Fr. 174'000.- fest. Gegen diesen Entscheid führen die Beklagten 2, 3, 6 und 7 (Beklagten) eidgenössische Berufung an das Bundesgericht. Sie beantragen, das obergerichtliche Urteil insoweit aufzuheben, als die im Nachlass befindlichen (landwirtschaftlichen) Grundstücke zur wertmässigen Bestimmung desselben zum Verkehrswert einzusetzen und unter den Erben real zu teilen seien. Der Kläger schliesst in seiner Berufungsantwort auf Bestätigung des obergerichtlichen Urteils und damit auf Abweisung der Berufung. Gleichzeitig erhebt er Anschlussberufung mit dem Begehren, den erstinstanzlichen Entscheid zu bestätigen, d.h. auf Zuweisung der beiden landwirtschaftlichen Parzellen zum (einfachen) Ertragswert. Der Beklagte 1 beantragt in seiner als Berufungsantwort bezeichneten Eingabe neben der Abweisung der Berufung der Beklagten BGE 134 III 1 S. 4 (eigentliche Berufungsantwort) ebenfalls, die Anschlussberufung des Klägers gutzuheissen. Das Bundesamt für Justiz, das ausnahmsweise ebenfalls zu einer Stellungnahme eingeladen worden ist, schliesst auf Gutheissung der Berufung, da der Zuweisungsanspruch des Klägers gestützt auf Art. 21 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) im vorliegenden Fall entfalle, weil dieser über kein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des Gesetzes verfüge. In einer dagegen verfassten Stellungnahme bringt der Kläger vor, bei einem Zuweisungsanspruch gemäss BGBB sei bloss erforderlich, dass der Ansprecher Eigentümer des Gewerbekerns (Wohn- und Ökonomiegebäude mit Umschwung) sei und demnach nicht über das sachenrechtliche Eigentum am ganzen Gewerbe verfügen müsse. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt den angefochtenen Entscheid in weiten Teilen auf und weist die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Die Anschlussberufung hingegen weist es ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 94 Abs. 1 BGBB ist auf eine Erbteilung das Recht anwendbar, das bei der Eröffnung des Erbganges gegolten hat. In jedem Fall gilt das neue Recht, wenn das Teilungsbegehren nicht innert Jahresfrist seit Inkrafttreten des Gesetzes gestellt worden ist. Im vorliegenden Fall ist der Erbgang (Tod des Erblassers; vgl. Art. 537 Abs. 1 ZGB ) am 4. April 2001 eröffnet und das Teilungsbegehren (Anhängigmachung der Erbteilungsklage) am 2. Juni 2003 gestellt worden. Die BGBB-Teilrevision vom 20. Juni 2003 (in Kraft seit dem 1. Januar 2004), die insbesondere zur Abänderung von Art. 7 Abs. 1 BGBB (Wechsel des Bestimmungsfaktors zur Beurteilung des Bestehens eines landwirtschaftlichen Gewerbes von der Leistungsfähigkeit einer bäuerlichen Familie hin zur Standardarbeitskraft) und zur Aufhebung von Art. 22 BGBB (genügende Existenzgrundlage) geführt hat, ist für den vorliegenden Fall demnach in Bezug auf letzteren Artikel nicht zu berücksichtigen, jedoch in Bezug auf ersteren, da die in Art. 94 BGBB aufgestellten Übergangsregeln nur im Bereich des Privatrechts (Art. 11 bis 57 BGBB) gelten (vgl. dazu: JEAN-MICHEL HENNY/REINHOLD HOTZ/BENNO STUDER, in: Das BGE 134 III 1 S. 5 bäuerliche Bodenrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991, Brugg 1995 [im Folgenden: Kommentar BGBB], N. 1 ff. zu Art. 94 BGBB ). 3. Ein bundesgerichtlicher Sachentscheid hält sich im Rahmen der Berufungs- und Anschlussberufungsanträge (vgl. GEORG MESSMER/ HERMANN IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, Rz. 119 S. 160). Die Beklagten begehren im Rahmen der vorliegenden Erbteilung eine Realteilung der beiden Grundstücke unter den Erben, wobei jene zur betragsmässigen Festsetzung des Nachlasses mit ihrem Verkehrswert einzusetzen seien. Der Kläger beantragt mittels Anschlussberufung die Zuweisung der beiden Parzellen an ihn zum einfachen Ertragswert. Zentral und einzig stellt sich somit im vorliegenden Fall die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Zuweisung (sogenanntes Zugrecht) nach Art. 21 Abs. 1 BGBB hat oder nicht. Dass die beiden Nachlassparzellen für sich alleine kein landwirtschaftliches Gewerbe bilden, ist unter den Parteien unstrittig. Art. 11 Abs. 1 BGBB steht somit nicht in Frage, wird jedoch vom Kläger anschlussberufungsweise als verletzt gerügt (vgl. unten E. 4). 3.1 3.1.1 Das Obergericht hat dazu festgehalten, die beiden sich in der Landwirtschaftszone befindenden und landwirtschaftlich genutzten (vgl. Art. 2 Abs. 1 BGBB ) Nachlassgrundstücke seien als landwirtschaftliche Grundstücke, die dem BGBB unterstünden, zu qualifizieren. Dahingegen seien sie - in Übereinstimmung mit den Ansichten der Parteien und der Erstinstanz - nicht Teil eines landwirtschaftlichen Gewerbes des Erblassers, da dieser über kein solches verfügt habe. Die Frage, ob das vom Kläger bewirtschaftete Land zur Beurteilung, ob sich im erblasserischen Nachlass ein landwirtschaftliches Gewerbe befinde, zu berücksichtigen sei, hat die Vorinstanz in Abweichung zur Erstinstanz verneint und dementsprechend dem Kläger keinen Zuweisungsanspruch nach Art. 11 Abs. 1 BGBB zugesprochen. 3.1.2 Dagegen ist das Obergericht zum Schluss gelangt, dass der Kläger über ein landwirtschaftliches Gewerbe verfüge und damit sein Zuweisungsanspruch gemäss Art. 21 Abs. 1 BGBB grundsätzlich (unter Vorbehalt des im vorliegenden Falle anzuwendenden Art. 22 BGBB ; vgl. oben E. 2) gegeben sei. Um den klägerischen Betrieb als landwirtschaftliches Gewerbe zu qualifizieren, ist das Obergericht BGE 134 III 1 S. 6 von den übereinstimmenden Parteidarstellungen sowie der Einschätzung des Amtes für Landschaft und Natur (ALN) des Kantons Zürich ausgegangen. 3.2 Die erbrechtlichen Teilungsregeln des BGBB (Art. 11 bis 24 BGBB) geniessen Vorrang gegenüber den "gewöhnlichen" Teilungsvorschriften gemäss ZGB (vgl. Art. 619 ZGB ). Sobald sich demnach in der Erbmasse landwirtschaftliche Grundstücke oder Gewerbe befinden und die entsprechenden Zuweisungsansprüche geltend gemacht werden, gelangen vorab die erbrechtlichen Vorschriften des BGBB zur Anwendung. Die Zuweisung eines landwirtschaftlichen Grundstückes nach den BGBB-Bestimmungen kann (auch) im Rahmen einer (richterlichen) Erbteilung geltend gemacht werden, bei welcher der gesamte Nachlass (unter Einschluss der landwirtschaftlichen Grundstücke) vom Richter geteilt wird. Falls jedoch die einschlägigen BGBB-Bestimmungen keine Anwendung finden, ist nach den erbrechtlichen Vorschriften des ZGB zu verfahren. 3.3 Die Beklagten rügen eine Verletzung von Art. 21 BGBB . Im Wesentlichen stützen sie sich dabei auf die in BGE 129 III 693 entwickelte Rechtsprechung zum BGBB-Vorkaufsrecht des Pächters, wonach zur Erfüllung der Gewerbeeigenschaft ausschliesslich die im sachenrechtlichen Eigentum des Ansprechers stehenden Liegenschaften in Betracht gezogen werden. Der Kläger bringt dagegen in seiner Berufungsantwort vor, dass diese zu Art. 47 BGBB entwickelte Rechtsprechung nicht auf Art. 21 BGBB übertragen werden könne, zumal seine landwirtschaftliche Existenz, von der er lebe, Vorrang geniessen müsse gegenüber dem blossen Zuteilungswunsch seiner Miterben. 3.4 3.4.1 Befindet sich in der Erbschaft ein landwirtschaftliches Grundstück, das nicht zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehört, so kann ein Erbe dessen Zuweisung zum doppelten Ertragswert verlangen, wenn er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder über ein solches wirtschaftlich verfügt und das Grundstück im ortsüblichen Bewirtschaftungskreis dieses Gewerbes liegt ( Art. 21 Abs. 1 BGBB ). Obwohl das Gesetz nur von einem landwirtschaftlichen Grundstück spricht, erstreckt sich der Zuweisungsanspruch auch auf eine Gesamtheit von Einzelgrundstücken (BENNO STUDER, Kommentar BGBB, N. 5 zu Art. 21 BGBB ). Zu prüfen ist somit nachfolgend, ob der Kläger Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder wirtschaftlich über ein solches verfügt. BGE 134 III 1 S. 7 3.4.2 Das Bundesgericht hat in BGE 129 III 693 dargelegt, dass es sich bei Art. 7 Abs. 4 lit. c BGBB (Berücksichtigung des Zupachtlandes) um eine Spezialbestimmung handelt, welche ausschliesslich im Zusammenhang mit der Bestimmung der Mindestgrösse für die Annahme eines landwirtschaftlichen Gewerbes im Sinne von Art. 7 Abs. 1 BGBB steht. Weiteren Eingang in das BGBB hat diese Bestimmung nicht gefunden. Im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs des landwirtschaftlichen Gewerbes muss in anderem Zusammenhang und hinsichtlich entsprechender Abgrenzungen im einzelnen Sachzusammenhang geprüft werden, ob und inwiefern der Einbezug von zugepachteten Grundstücken - zusätzlich zum landwirtschaftlichen Eigentum - mit den Zielen des Gesetzes verträglich ist ( BGE 127 III 90 E. 6 S. 98). Dazu ist zunächst festzuhalten, dass Zupachtland jeweils nur auf sechs Jahre gesichert zur Verfügung steht ( Art. 7 und 8 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1985 über die landwirtschaftliche Pacht [LPG; SR 221.213.2] ) und eine solche Vertragsdauer die angestrebte langfristige Sicherung der Strukturen nicht gewährleistet, ungeachtet der Tatsache, ob nun ein Dritter oder aber ein Erbe sich das zugepachtete Land anrechnen lassen will. Es wäre mit Blick auf das Strukturerhaltungsziel, das einen gefestigten Zusammenhalt der Betriebsgrundlagen voraussetzt, zudem wenig sinnvoll, den starken eigentumsrechtlichen Zusammenhalt (teilweise) aufzugeben mit Rücksicht auf die wesentlich schwächere Verbundenheit, die Pachtverhältnisse herstellen. Die analoge Anwendung von Art. 7 Abs. 4 lit. c BGBB muss deshalb ausscheiden, wenn das Strukturerhaltungsziel erreicht werden soll. Das Bundesgericht geht in denjenigen Fällen, in denen das Gesetz selber ausdrücklich Eigentum an einem landwirtschaftlichen Gewerbe verlangt (wie z.B. in Art. 21 Abs. 1 BGBB ), davon aus, dass das Zupachtland nicht berücksichtigt wird ( BGE 129 III 693 E. 5.4 S. 699). Es ist nicht ersichtlich, weshalb in Bezug auf Art. 21 Abs. 1 BGBB von diesem Grundsatz abgewichen werden sollte. Der Kläger bringt in seiner Berufungsantwort denn auch keine Argumente vor, die Gegenteiliges erkennen liessen. In der Literatur wird ebenfalls durchwegs die Ansicht vertreten, dass der Ansprecher Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes sein müsse, um sein Zugrecht wahrnehmen zu können (so z.B. BRUNO BEELER, Bäuerliches Erbrecht, gemäss dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht [BGBB] vom 4. Oktober 1991, Diss. Zürich 1998, S. 324; BENNO STUDER, a.a.O., N. 10 ff. zu Art. 21 BGBB , wobei Letzterer die BGE 134 III 1 S. 8 Gewerbeeigenschaft auch für den Fall bejaht, dass das Gewerbe erst mit den erblasserischen Grundstücken zusammen entstünde). Der übernahmewillige Erbe muss dabei ohne die zuzuweisenden Liegenschaften bereits über ein landwirtschaftliches Gewerbe verfügen. Denn durch diese Zuweisung von landwirtschaftlichen Grundstücken sollen nicht erst neue landwirtschaftliche Gewerbe geschaffen, sondern bestehende Gewerbe verbessert und leistungsfähige Gewerbe gefördert werden (BGBB-Botschaft, BBl 1988 III 969, S. 1001). 3.4.3 Gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist der Kläger lediglich Eigentümer von vier landwirtschaftlichen Grundstücken mit einer Gesamtgrösse von rund 2 ha 28 a in L. Diese vier Grundstücke stellen für sich allein offensichtlich kein landwirtschaftliches Gewerbe dar, da deren Gesamtfläche nicht ausreicht, um als Grundlage für die landwirtschaftliche Produktion zu dienen, und zu deren Bewirtschaftung nicht drei Viertel einer Standardarbeitskraft nötig sind. Weiter bewirtschaftet der Kläger - ohne Berücksichtigung der von ihm teilweise bewirtschafteten Nachlassgrundstücke - rund 21 ha Landwirtschaftsland. Dem Eigentum an einem landwirtschaftlichen Gewerbe wird die wirtschaftliche Verfügung über ein solches gleichgestellt. Zur wirtschaftlichen Verfügung verhilft namentlich eine Mehrheitsbeteiligung an einer juristischen Person, deren Hauptaktivum ein landwirtschaftliches Gewerbe bildet ( Art. 4 Abs. 2 BGBB ). Denkbar ist des Weiteren auch der Fall, dass ein Miteigentümer vertraglich oder gesetzlich zum Alleineigentum am landwirtschaftlichen Gewerbe gelangen kann. Generell soll mit solch einer wirtschaftlichen Verfügungsmacht später einmal Eigentum am landwirtschaftlichen Gewerbe erworben werden können. Nicht als wirtschaftliche Verfügung gilt dagegen die Pacht eines landwirtschaftlichen Gewerbes ( BGE 129 III 693 E. 5.5 S. 700 mit Hinweisen). Daher kann auch nicht gesagt werden, der Kläger verfüge wirtschaftlich über ein landwirtschaftliches Gewerbe. Zusammenfassend ist demnach festzustellen, dass der Kläger weder Eigentümer noch wirtschaftlich Berechtigter eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist und daher über kein solches verfügt, weshalb ihm kein Zuweisungsanspruch gestützt auf Art. 21 Abs. 1 BGBB zukommt. 4. 4.1 Der Kläger beantragt in seiner Anschlussberufung die Zuweisung der beiden Nachlassparzellen gestützt auf Art. 11 Abs. 1 BGBB BGE 134 III 1 S. 9 zum einfachen Ertragswert. Obwohl er anerkennt, dass diese isoliert betrachtet kein landwirtschaftliches Gewerbe darstellen, geht er davon aus, dass sie einen Bestandteil des von ihm betriebenen Gewerbes bildeten. Zur Begründung stützt er sich auf die Rechtsprechung zum alten - im ZGB geregelten - bäuerlichen Erbrecht und erachtet diese auch unter der Herrschaft des BGBB als weiterhin anwendbar. 4.2 Art. 11 Abs. 1 BGBB setzt voraus, dass sich in der Erbschaft selbst, d.h. im Nachlassvermögen des Erblassers, ein landwirtschaftliches Gewerbe befindet. Dass dem nicht so ist, darüber sind sich die Parteien einig (vgl. oben E. 3). Der Gesetzeswortlaut ist hier eindeutig und lässt es nicht zu, dass zur Bestimmung der Gewerbeeigenschaft Nachlassgrundstücke und Grundstücke im Eigentum eines Erben vermischt werden. Somit kann die vom Kläger vorgebrachte Konstellation, bei welcher ein Erbe im Erbgangszeitpunkt durch die Hinzurechnung der sich im Nachlass befindenden Grundstücke über ein landwirtschaftliches Gewerbe verfügt, nicht unter diese Bestimmung subsumiert werden. Verfügte demgegenüber der Erbe selber über ein Gewerbe, so sieht Art. 21 Abs. 1 BGBB das Zugrecht zum doppelten Ertragswert vor. Im Übrigen könnte aufgrund des oben Erwähnten (vgl. oben E. 3.4) im vorliegenden Fall auch bei einer ganzheitlichen Betrachtung der erblasserischen Grundstücke mit denjenigen des Klägers nicht von einem landwirtschaftlichen Gewerbe gesprochen werden, da ausschliesslich auf das Eigentum abzustellen ist. Richtig ist, dass das BGBB unter anderem zum Ziel hat, leistungsfähige Betriebe als Ganzes zu erhalten (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a BGBB ). Diesem Ziel entsprechend kann ein sich im Nachlass befindendes Gewerbe von einem übernahmewilligen und -fähigen Erben nach Art. 11 Abs. 1 BGBB zum einfachen Ertragswert übernommen werden, wohingegen der Erbe, der selber über kein Gewerbe verfügt, in Bezug auf die Übernahme landwirtschaftlicher Nachlassgrundstücke keine erbrechtliche Bevorzugung erfährt. Dass nur - sowohl im Nachlass als auch beim Erben - bestehende landwirtschaftliche Gewerbe zu erhalten sind und von den erbrechtlichen Vorzugsbestimmungen profitieren, und nicht auch solche, die erst durch die Ausübung eines Zugrechts entstünden, ist mit dem Sinn und Zweck des bäuerlichen Boden- und Erbrechts durchaus vereinbar. BGE 134 III 1 S. 10 Nach dem Gesagten hat das Obergericht Art. 11 Abs. 1 BGBB nicht verletzt, weshalb die Anschlussberufung abzuweisen ist. 5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Berufung gutzuheissen ist, soweit darauf eingetreten werden kann, und die Anschlussberufung abzuweisen ist. Da dem Bundesgericht zur Ausfällung eines reformatorischen Entscheides in der Sache selbst die notwendigen Angaben fehlen, ist der obergerichtliche Entscheid aufzuheben und zur Neubeurteilung (Verkehrswertschätzung, evtl. Erbteilung) an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagten obsiegen, weshalb sie keine Kosten zu tragen und Anspruch auf eine Parteientschädigung haben. Demgegenüber wird einzig der Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig ( Art. 156 Abs. 1 sowie Art. 159 Abs. 2 OG ). Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beklagte 1 mit den in seiner selbständig eingereichten Berufungsantwort gestellten Begehren den Kläger zwar formell unterstützt, dabei aber keine eigenen (finanziellen) Interessen verfolgt hat. Ihm gegenüber rechtfertigt sich daher die Auferlegung von (Gerichts-)Kosten und (Partei-)Entschädigungen nicht. Ebenfalls wird die Beklagte 4, die zwar formell auf der Berufungsbeklagtenseite steht, die jedoch keine Berufungsantwort eingereicht hat und somit nicht als unterliegend bezeichnet werden kann, nicht kosten- und entschädigungspflichtig. Gegenüber dem Beklagten 5, der von allem Anfang an nicht am Prozess teilgenommen hat und sich lediglich dem Urteil unterzieht, gilt im Kostenpunkt dasselbe. Für die erfolglose Anschlussberufung ist der Kläger voll kostenpflichtig ( Art. 156 Abs. 1 OG ). Die Kostenverlegung für das kantonale Verfahren entsprechend dem neuen Ausgang der Sache wird durch das Obergericht vorgenommen ( Art. 157 und 159 Abs. 6 OG ).
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Sachverhalt ab Seite 138 BGE 129 IV 138 S. 138 A.- Das Bezirksgericht Zürich sprach X. am 6. März 2002 der Begünstigung ( Art. 305 Abs. 1 StGB ) schuldig und bestrafte ihn mit 14 Tagen Gefängnis bedingt. Gleichzeitig verlängerte es die Probezeit für eine Vorstrafe aus dem Jahr 1998. Auf Berufung des Verurteilten hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich den angefochtenen Entscheid in den genannten Punkten. B.- Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Gegen M.K. und S.K. war am frühen Nachmittag des 20. März 2001 eine Strafverfolgung eingeleitet worden. Die beiden waren bereits im Verlauf des Morgens im Zusammenhang mit einer Strafanzeige BGE 129 IV 138 S. 139 wegen Betrugs in ihrem Hotelzimmer polizeilich kontrolliert worden, doch hatte sich zunächst keine Grundlage für eine Verhaftung ergeben. Erst als der ältere der beiden Männer nach der Kontrolle in ein Taxi stieg, fiel dem Polizisten das von der Anzeigestellerin beschriebene ungewöhnliche Schuhwerk von M.K. auf. Nachdem die Polizisten mit der Bezirksanwaltschaft Rücksprache genommen hatten, wurde die Verhaftung der beiden Männer im Hinblick auf ihre Befragung und Konfrontation mit der Anzeigestellerin beschlossen. Da bereits bekannt war, dass die gesuchten Männer keinen festen Wohnsitz hatten und eine weitere Nacht im Hotel verbringen wollten, wurde die Hotelrezeption angewiesen, bei ihrem Erscheinen sofort die Polizei zu kontaktieren. Gleich nach der Kontrolle durch die Polizei hatte M.K. den X. telefonisch angerufen und ihn unter dem Vorwand der Zeitnot gebeten, sein Reisegepäck und dasjenige von S.K. aus dem Hotel zu holen. Er fuhr dann zu X. und überbrachte ihm den elektronischen Hotelzimmerschlüssel. X. begab sich anschliessend zum Hotel und holte wie vereinbart das Reisegepäck. Er gab dann den Schlüssel an der Rezeption ab, fuhr zu sich nach Hause und brachte das Gepäck schliesslich zu M.K. und S.K. in ein anderes Hotel. Beiden Männern gelang offenbar die Flucht. X. wusste von Anbeginn, dass M.K. und S.K. am selben Morgen im Hotel von der Polizei kontrolliert worden waren und bereits einige Tage vorher deren Vater verhaftet worden war. Im Anschluss an dessen Verhaftung hatte sich M.K. bei X. nach einem Anwalt erkundigt. Bevor X. beiden Männern aushalf, erklärte ihm M.K., aus Angst vor einer Verhaftung könne und wolle er nicht mehr ins Hotelzimmer zurück, weshalb X. ihm doch seine Tasche holen und nachher überbringen möge. Das Obergericht nimmt an, aufgrund der Umstände habe es X. ernsthaft für möglich gehalten, dass die beiden Männer eine Straftat begangen hatten und befürchteten, deswegen doch noch von der Polizei in Gewahrsam genommen zu werden. C.- X. erhebt gegen das Urteil des Obergerichts eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es vollumfänglich aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass sein Verhalten den Tatbestand der Begünstigung im Sinne von Art. 305 Abs. 1 StGB erfüllt. BGE 129 IV 138 S. 140 2.1 Der Begünstigung nach Art. 305 Abs. 1 StGB macht sich schuldig, wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 42-44 und 100bis StGB vorgesehenen Massnahmen entzieht. Die Tathandlung des Entziehens setzt voraus, dass der Täter eine Amtshandlung im Strafverfahren mindestens für eine gewisse Zeit verhindert hat ( BGE 117 IV 467 E. 3 mit Hinweisen). Sie ist vollendet, wenn beispielsweise eine strafprozessuale Zwangsmassnahme wie die Verhaftung erst später erfolgen kann, als es ohne die Handlung des Begünstigenden geschehen wäre ( BGE 103 IV 98 E. 1; BGE 104 IV 186 E. 1b; BGE 106 IV 189 E. 2c). Eine blosse Beistandshandlung, welche die Strafverfolgung nur vorübergehend oder geringfügig behindert bzw. stört, genügt jedoch nicht (vgl. BGE 99 IV 266 E. 3 S. 276 f.). Zu den als Begünstigung in Frage kommenden Tathandlungen zählen unter anderem das Verbergen von Beweismitteln, um zu Gunsten der verfolgten Person die Sachaufklärung hinauszuschieben, sowie das zeitweilige Beherbergen eines Flüchtigen oder von den Strafverfolgungsbehörden Gesuchten, dessen Transportierung und die Leistung materieller Unterstützung an ihn (vgl. nur STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 305 StGB N. 8 f. mit ausführlichen Nachweisen; URSULA CASSANI, Commentaire du droit pénal suisse, partie spéciale, Bd. 9, Bern 1996, Art. 305 StGB N. 13 ff.). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss aber in jedem Fall nachgewiesen sein, dass der Flüchtige, Verdächtige usw. gerade wegen der Handlung des angeblichen Begünstigers dem polizeilichen Zugriff für eine gewisse Zeit entzogen worden ist ( BGE 114 IV 36 E. 1b; BGE 117 IV 467 E. 4c). 2.2 Gegenüber der Vorinstanz brachte der Beschwerdeführer vor, er habe keine Begünstigung begangen, weil die beiden Männer auch ohne seine Mitwirkung nicht ins Hotel zurückgekehrt wären, sondern für diesen Fall ihr Gepäck aufgegeben und den elektronischen Hotelzimmerschlüssel fortgeworfen hätten. Die Vorinstanz verneint dies mit dem Hinweis, den beiden Tatverdächtigen sei angesichts der Umstände offensichtlich sehr viel daran gelegen gewesen, "zu ihrem Gepäck zu kommen". Gleichzeitig räumt sie ein, es könne nicht widerlegt werden, dass das Reisegepäck etwas anderes als bloss Rasiersachen, Seife und Ähnliches enthalten habe. Angesichts des verbindlich festgestellten Inhalts des Reisegepäcks ist der Einwand des Beschwerdeführers nicht zu widerlegen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer M.K. und S.K. dem polizeilichen BGE 129 IV 138 S. 141 Zugriff für eine gewisse, nicht unerhebliche Zeit entzogen haben soll, indem er das Gepäck der beiden Männern holte und es ihnen überbrachte. Die ohne weiteres ersetzbaren persönlichen Effekte konnten den Tatverdächtigen die Flucht bzw. die Abreise lediglich etwas bequemer gestalten, sie jedoch nicht in relevanter Weise fördern. Das Verhalten des Beschwerdeführers erscheint damit als untergeordnete Beistandshandlung, worin kein Entziehen von der Strafverfolgung im Sinne der Rechtsprechung liegt (vgl. insbesondere BGE 117 IV 468 E. 4c zur Verköstigung eines Flüchtigen). Die Verurteilung wegen vollendeter Begünstigung verletzt damit Bundesrecht.
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Sachverhalt ab Seite 79 BGE 139 II 78 S. 79 A. A.a Die X. Finanz AG mit Sitz in A./ZG ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der X. Holding AG (ebenfalls mit Sitz in A./ZG) und bezweckt im Wesentlichen die "Erbringung von Dienstleistungen hauptsächlich im Finanzbereich an Konzerngesellschaften der X.-Gruppe". Gemäss eigener Darstellung unterhält die X. Finanz AG zu diesem Zweck eine Betriebsstätte auf den Cayman Islands; dort gehen vier Teilzeit-Mitarbeitende (mit je 20 Stellenprozent) in gemieteten Büros ihrer Arbeit nach. A.b Mit einem "Ruling" vom 10. August 1999 zwischen der X. Holding AG und der Steuerverwaltung des Kantons Zug wurden für den Fall, dass die Finanzierung über eine ausländische Betriebsstätte einer Schweizer Finanzierungsgesellschaft erfolge, "die der ausländischen Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinne von der Besteuerung (...) in der Schweiz ausgenommen". Bis und mit Steuerjahr 2004 schied die Steuerverwaltung den Nettofinanzertrag der X. Finanz AG aus der Darlehensgewährung gegenüber den Gruppengesellschaften vollständig zu Gunsten der Betriebstätte auf den Cayman Islands aus. Im Verlauf des Jahres 2004 nahm die kantonale Steuerverwaltung auf Anweisung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) Abklärungen betreffend den Bestand der Betriebsstätte vor. Mit Schreiben vom 9. Februar 2005 teilte die kantonale Steuerverwaltung der X. Finanz AG mit, dass die ESTV der Auffassung sei, auf den Cayman Islands werde keine Geschäftstätigkeit im Sinne einer Betriebsstätte ausgeübt; entsprechend habe die ESTV die kantonale Steuerverwaltung aufgefordert, die internationale Steuerausscheidung im Verhältnis zur Zweigniederlassung auf den Cayman Islands ab 1. Januar 2005 zu verweigern. A.c Mit Veranlagungsverfügungen vom 27. Mai 2008 wurde für die direkte Bundessteuer 2005 und 2006 ein vollständig in der Schweiz zu versteuernder Reingewinn von Fr. 8'643'000.- (2005) bzw. Fr. 9'468'300.- (2006) festgestellt. Bei einem Steuersatz von 8,5 % resultierte dabei eine Gewinnsteuer in der Höhe von Fr. 734'655.- (2005) bzw. Fr. 804'805.50 (2006). BGE 139 II 78 S. 80 B. Gegen diese Veranlagungsverfügungen erhob die X. Finanz AG Einsprache und verlangte die Zulassung einer Steuerausscheidung im Verhältnis zu den Cayman Islands für die Steuerperioden 2005 und 2006. Nach Durchführung einer Einspracheverhandlung hiess die Rechtsmittelkommission der kantonalen Steuerverwaltung am 23. November 2009 die Einsprache gut. Demzufolge wurde der Nettofinanzertrag aus der Darlehensgewährung gegenüber den Gruppengesellschaften der X. Finanz AG vollumfänglich zu Gunsten der Betriebsstätte auf den Cayman Islands ausgeschieden und der steuerbare Reingewinn der X. Finanz AG für die Steuerperioden 2005 und 2006 auf Fr. 0.- festgelegt. Eine dagegen von der ESTV erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, mit Urteil vom 21. Juli 2011 ab. Es bejahte einerseits den Betriebsstättencharakter der Einrichtungen auf den Cayman Islands und erblickte in der gewählten Rechtsgestaltung keine Steuerumgehung; nicht geprüft hat die Vorinstanz die Frage, ob sich die Beschwerdegegnerin gestützt auf das "Ruling" auf den Vertrauensschutz berufen konnte. C. Am 12. September 2011 hat die ESTV Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 21. Juli 2011 sei aufzuheben. Weiter sei die X. Finanz AG für die direkte Bundessteuer in der Steuerperiode 2005 mit einem Gewinn von Fr. 8'643'000.- und in der Steuerperiode 2006 mit einem Gewinn von Fr. 9'468'300.- zu veranlagen; eine internationale Steuerausscheidung sei zu unterlassen. (...) Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 5. Oktober 2012 an einer öffentlichen Sitzung beraten. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur weiteren Abklärung und Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zurück. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Vorliegend ist strittig, ob die Beschwerdegegnerin auf den Cayman Islands in der vorliegend relevanten Steuerperiode eine Betriebsstätte unterhalten hat. Während die Beschwerdegegnerin eine solche behauptet und die Vorinstanz diese Auffassung geschützt hat, ist die BGE 139 II 78 S. 81 Beschwerdeführerin der Ansicht, es fehle an den notwendigen Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebsstätte. 2.1 Zwischen der Schweiz und den Cayman Islands, die seit 1962 eine selbständige britische Kolonie bilden, besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA): Das Abkommen vom 30. September 1954 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (SR 0.672.936.711) ist gemäss diversen Notenwechseln zwar auf überseeische Gebiete ausgedehnt worden, für die es gemäss Art. 28 Abs. 6 des Doppelbesteuerungsabkommens vom 8. Dezember 1977 mit Grossbritannien (SR 0.672.936.712) weiter gilt. Keine derartige Ausdehnung erfolgte jedoch in Bezug auf die Cayman Islands (vgl. BBl 1978 I 222). Das Doppelbesteuerungsverbot der Bundesverfassung ( Art. 127 Abs. 3 BV ) bezieht sich sodann auf interkantonale und nicht auf internationale Verhältnisse (vgl. Urteil 2P.92/1999 vom 15. März 2000 E. 3a). Der vorliegende Fall, in dem es ausschliesslich um die unbeschränkte Steuerpflicht und den Umfang der Besteuerung einer juristischen Person zufolge persönlicher Zugehörigkeit im internationalen Verhältnis geht, ist daher bloss nach den (internen) Vorschriften der Steuergesetzgebung des Bundes zu beurteilen. 2.2 Das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) regelt die Besteuerung der juristischen Personen im dritten Teil. Dessen erster Titel befasst sich einerseits mit der "Steuerlichen Zugehörigkeit" - in Art. 50 und 51 DBG - und andererseits mit dem "Umfang der Steuerpflicht" in Art. 52 DBG . Aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig ist eine juristische Person, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung in der Schweiz befindet ( Art. 50 DBG ; sog. Hauptsteuerdomizil). Lediglich aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig ist eine juristische Person dagegen u.a., wenn sie in der Schweiz eine Betriebsstätte unterhält ( Art. 51 Abs. 1 lit. b DBG ; sog. Nebensteuerdomizil). Art. 52 DBG regelt sodann, was der Umfang der Steuerpflicht ist, sofern eine solche in der Schweiz besteht: Dabei hält Abs. 1 der Bestimmung für den Fall der persönlichen Zugehörigkeit nach Art. 50 DBG fest, dass die Steuerpflicht grundsätzlich unbeschränkt ist, wobei jedoch u.a. der Gewinn ausgenommen ist, welcher einer Betriebsstätte im Ausland zuzuordnen ist. Nach Abs. 2 der Bestimmung beschränkt sich die Steuerpflicht bei wirtschaftlicher BGE 139 II 78 S. 82 Zugehörigkeit nach Art. 51 DBG auf den Gewinn, für den nach Art. 51 DBG eine Steuerpflicht in der Schweiz besteht, also beispielsweise auf den Gewinn aus einer Betriebsstätte. Als Betriebsstätte gilt gemäss Art. 51 Abs. 2 DBG eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Betriebsstätten sind insbesondere Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Werkstätten, Verkaufsstellen, ständige Vertretungen, Bergwerke und andere Stätten der Ausbeutung von Bodenschätzen sowie Bau- oder Montagestellen von mindestens zwölf Monaten Dauer. 2.3 Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin gestützt auf Art. 50 DBG in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1 DBG aufgrund ihres Sitzes in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtig ist. Am Ort der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt grundsätzlich das weltweite Einkommen des Steuerpflichtigen der Besteuerung durch die Gebietshoheit (ATHANAS/GIGLIO, in: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a, 2. Aufl. 2008, N. 5 zu Art. 52 DBG mit Verweis auf N. 5 zu Art. 6 DBG ). Umstritten ist hingegen, ob ein Teil dieses Gesamteinkommens einem Nebensteuerdomizil im Ausland zuzuordnen ist. Mit anderen Worten ist zu prüfen, ob die Beschwerdegegnerin auf den Cayman Islands über eine Betriebsstätte im Ausland verfügt. Die Vorinstanz hat die Existenz einer solchen Betriebsstätte gestützt auf die Betriebsstättendefinition in Art. 51 Abs. 2 DBG bejaht. Demgegenüber vertritt die Beschwerdeführerin die Meinung, für den Nachweis einer Betriebsstätte im Ausland sei gemäss Art. 52 Abs. 3 DBG auf die Grundsätze des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung abzustellen. Sie begründet diese Auffassung damit, im DBG fehle betreffend juristische Personen mit unbeschränkter Steuerpflicht eine Definition der Betriebsstätte im Ausland. Gestützt auf die Betriebsstättenkriterien nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur interkantonalen Doppelbesteuerung gelangt sie zum Ergebnis, die Betriebsstättenqualität des Betriebsteils auf den Cayman Islands sei zu verneinen, werde doch dort nicht ein quantitativ und qualitativ notwendiger Teil der Geschäftstätigkeit abgewickelt. Umstritten ist damit vorab, ob die Betriebsstätte unterschiedlich definiert ist, je nachdem ob es sich um eine Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens im Inland oder eine Betriebsstätte eines inländischen Unternehmens im Ausland handelt BGE 139 II 78 S. 83 und inwieweit der Betriebsstättenbegriff allenfalls unterschiedlich zu verstehen ist. 2.4 Im Folgenden sind somit die einschlägigen Normen des Bundesrechts auszulegen. Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Ordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben ( BGE 136 III 23 E. 6.6.2.1 S. 37; BGE 136 V 195 E. 7.1 S. 203; BGE 135 V 50 E. 5.1 S. 53; BGE 134 II 308 E. 5.2 S. 311). 2.4.1 Vorab ist festzustellen, dass das DBG die Betriebsstätte juristischer Personen lediglich in einer Bestimmung definiert, nämlich wie bereits erwähnt in Art. 51 Abs. 2 DBG . Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin lässt sich demgegenüber aus Art. 52 Abs. 3 DBG kein Hinweis auf die Definition der Betriebsstätte entnehmen. Diese Bestimmung regelt vielmehr unter der Marginalie "Umfang der Steuerpflicht", wie die Steuerausscheidung zwischen mehreren Steuerdomizilen vorzunehmen ist. Sie nimmt dabei sowohl auf die in Abs. 1 des Artikels geregelte unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit Bezug, wie auch auf die in Abs. 2 des Artikels geregelte beschränkte Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit. Für beide Arten der Steuerpflicht bestimmt sie, dass die Abgrenzung der Steuerpflicht für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Verhältnis zum Ausland nach den Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung erfolgt (vgl. diesbezüglich auch die Ausführungen des Bundesrates in der Botschaft vom 25. Mai 1983 über die Steuerharmonisierung zu Art. 6 DBG in BBl 1983 III 157: "Diese Bestimmung umschreibt den sachlichen Umfang der Steuerpflicht bei unbeschränkter und bei beschränkter Steuerpflicht. Dabei wird in Absatz 3 zur Abgrenzung der Steuerpflicht für geschäftliche Betriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Verhältnis zum Ausland auf die BGE 139 II 78 S. 84 Grundsätze des interkantonalen Doppelbesteuerungsrechtes verwiesen."). Bereits daraus ergibt sich, dass dieser Bestimmung keine Regelung für nur gerade eine der beiden möglichen Sachverhaltssituationen, d.h. eine ausländische Betriebsstätte einer inländischen juristischen Person, entnommen werden kann. Hinzu kommt, dass die Interpretation von Art. 52 Abs. 3 DBG durch die Beschwerdeführerin auch die Systematik der gesetzlichen Regelungen missachtet. Das Gesetz definiert zuerst die Begriffe der persönlichen und wirtschaftlichen Zugehörigkeit und danach den sich daraus ergebenden Umfang der Steuerpflicht. Erst als Drittes erfolgt sodann die Bestimmung, wie die Abgrenzung der Steuerpflicht für verschiedene Nebensteuerdomizile, d.h. die Vornahme der Steuerausscheidung, im Verhältnis zum Ausland erfolgen soll. 2.4.2 Die Beschwerdeführerin erachtet die Bezugnahme auf Art. 52 Abs. 3 DBG wie erwähnt als erforderlich, weil es an einer Definition der Betriebsstätte für den vorliegend relevanten Fall einer Unternehmung im Inland mit (behaupteter) Betriebsstätte im Ausland im Gesetz fehle. Sie begründet dies damit, die Betriebsstättendefinition sei in Abs. 2 des Art. 51 DBG enthalten, welcher die Marginalie "Wirtschaftliche Zugehörigkeit" trägt. Sie schliesst daraus, diese Definition könne sich lediglich auf die Situation beziehen, bei der es um eine Schweizer Geschäftseinrichtung einer ausländischen Unternehmung gehe. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Abgesehen von der systematischen Einordnung der Begriffsumschreibung sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Begriff der Betriebsstätte unterschiedlich festlegen wollte, je nachdem ob sich die Betriebsstätte im In- oder Ausland befindet. Den Materialien lässt sich nichts Derartiges entnehmen. Im Gegenteil weisen die bereits zitierten Ausführungen des Bundesrates zur Steuerausscheidung darauf hin, dass von einem einheitlichen Begriff auszugehen ist. In diesem Zusammenhang erscheint es als relevant, dass der Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung der direkten Bundessteuer (BdBSt) noch einen eigenen Artikel 6 kannte, welcherdie Betriebsstätte definierte. Diese Definition galt in identischer Weise für die nach Art. 3 Ziff. 2 BdBSt unbeschränkt steuerpflichtigen juristischen Personen, wie für die nach Ziff. 3 dieser Bestimmung beschränkt steuerpflichtigen Personen (vgl. ERNST KÄNZIG, Die eidgenössische Wehrsteuer, I. Teil, 2. Aufl. 1983, N. 1 zu Art. 6 WStB: "Der Begriff der 'Betriebsstätte' ist im Rahmen des Wehrsteuerrechts BGE 139 II 78 S. 85 stets in gleicher Weise zu verstehen, handle es sich um die Feststellung der Inlandsfaktoren ausländischer oder um die Feststellung der Auslandsfaktoren inländischer Stpfl."). Mangels jeglicher diesbezüglicher Anhaltspunkte ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, in dieser Frage etwas zu ändern und neu zu unterscheiden zwischen inländischen und ausländischen Betriebsstätten. Vielmehr ist mit der überwiegenden Lehre festzustellen, dass die gesetzliche Einordnung des Betriebsstättenbegriffes unter Art. 51 DBG (wirtschaftliche Zugehörigkeit) zwar unglücklich gewählt wurde, sich daraus jedoch keinerlei weitergehende Schlüsse ziehen lassen (vgl. ATHANAS/GIGLIO, a.a.O., N. 27 zu Art. 51 DBG ; PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, N. 11 zu Art. 52 DBG ; JEAN-BLAISE PASCHOUD, in: Commentaire Romand, Impôt fédéral direct, 2008, N. 6 zu Art. 4 DBG und N. 8 zu Art. 6 DBG ; PETER BRÜLISAUER, Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte im internationalen Steuerrecht der Schweiz, 2006, S. 12; STEFAN G. WIDMER, Die Betriebsstättebegründung des Principals nach der allgemeinen Betriebsstättedefinition, IFF Forum für Steuerrecht 2005, S. 95; derselbe , Die Vertreterbetriebsstätte im internationalen Steuerrecht der Schweiz, ASA 72 S. 100; im Ergebnis gleich, indem nicht zwischen Betriebsstätten im In- und Ausland unterschieden wird: XAVIER OBERSON, Précis de droit fiscal international, 3. Aufl. 2009, N. 399; STEFAN WIDMER, Is there a permanent establishment?, IFA Branch report Switzerland, Cahiers de droit fiscal international 94a/2009 S. 632; PETER BRÜLISAUER, Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten, ASA 75 S. 337 ff., insb. 340; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N. 8 zu Art. 6 DBG ; abweichend: DANIEL DE VRIES REILINGH, Le droit fiscal intercantonal et le droit fiscal international de la Suisse[nachfolgend: Le droit fiscal], 2011, S. 119 f.). 2.4.3 Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass grundsätzlich von einem einheitlichen Begriff der Betriebsstätte auszugehen ist, sowohl was die Betriebsstätte einer ausländischen Unternehmung in der Schweiz betrifft, wie auch den umgekehrten Fall der ausländischen Betriebsstätte einer schweizerischen Unternehmung. Diese Sichtweise liegt im Übrigen auch der neuesten bundesrechtlichen Gesetzgebung im Steuerbereich, dem Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009 (MWSTG; SR 641.20) zugrunde. Dieses bestimmt beispielsweise als einen Ort der Leistung die Betriebsstätte (für Lieferungen Art. 7 Abs. 2 MWSTG , für Dienstleistungen Art. 8 Abs. 1 MWSTG ), ohne dabei zwischen Betriebsstätten im Inland und solchen BGE 139 II 78 S. 86 im Ausland zu differenzieren (vgl. dazu auch BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, 2010, § 3 Rz. 12 f.). Obwohl das Mehrwertsteuergesetz den Begriff der Betriebsstätte mehrfach verwendet, enthält das Gesetz selber keine Legaldefinition. Diese findet sich jedoch im 1. Titel der allgemeinen Bestimmungen in Art. 5 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV; SR 641.201) und entspricht weitestgehend derjenigen in Art. 51 Abs. 2 DBG (abgesehen von wenigen, vorliegend nicht relevanten Ausdehnungen und Abgrenzungen, die sich aus dem abweichenden Charakter der Mehrwertsteuer als Umsatzsteuer ergeben). 3. 3.1 Art. 51 Abs. 2 Satz 1 DBG definiert die Betriebsstätte als eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. 3.1.1 Als feste Geschäftseinrichtungen gelten Anlagen oder Einrichtungen, in denen ständig oder doch wenigstens während einer gewissen Zeit die Tätigkeit eines Unternehmens ausgeübt wird (vgl. Urteile 2A.119/2007 vom 13. August 2007 E. 3.1 und 2A.409/1997 vom 12. November 1999 E. 2c). Das Kriterium der festen Geschäftseinrichtung wird von der ESTV zu Recht nicht in Frage gestellt: Die Vorinstanz hat dazu verbindlich festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin auf den Cayman Islands in den Jahren 2005 und 2006 Büroräumlichkeiten gemietet und mit vier Teilzeitangestellten eine Organisation betrieben hat. Damit hat die Beschwerdegegnerin die Existenz einer ständigen körperlichen Anlage oder Einrichtung beweismässig genügend dargetan. 3.1.2 Umstritten ist dagegen, ob die Beschwerdegegnerin in diesen Einrichtungen teilweise ihre Geschäftstätigkeit, im Sinne der in Art. 51 Abs. 2 DBG definierten Regelung, ausgeübt hat. Im Gegensatz zum BdBSt stellt die Betriebsstättenumschreibung in Art. 51 Abs. 2 DBG keine Anfordernisse (mehr) an die qualitative oder quantitative Erheblichkeit der in der festen Einrichtung ausgeübten Tätigkeit. Unter der Wendung "in der die Geschäftstätigkeit (...) ganz oder teilweise ausgeübt wird" lassen sich grundsätzlich sämtliche mit der Erfüllung des statutarischen Zweckes im weitesten Sinn in Zusammenhang stehende Aktivitäten subsumieren ungeachtet ihrer Bedeutung innerhalb der Gesamtunternehmung. In dieser Hinsicht geht der Betriebsstättenbegriff des DBG in Art. 51 Abs. 2 über BGE 139 II 78 S. 87 denjenigen des alten Bundessteuerrechts bzw. des interkantonalen Rechts hinaus (ATHANAS/GIGLIO, a.a.O., N. 36 zu Art. 51 DBG ; DANIEL DE VRIES REILINGH, in: Interkantonales Steuerrecht, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2011, § 11 N. 42). Indessen ist bei der Auslegung dieser unbestimmten Begriffe zu beachten, welche Funktion der unilateralen Regelung im Schweizer Steuerrecht zukommt: Soweit es um die Definition einer Betriebsstätte einer ausländischen Unternehmung in der Schweiz geht, soll geregelt werden, wann und in welchem Umfange die Schweiz einen Teil des Betriebsergebnisses zur Besteuerung heranziehen darf. Umgekehrt geht es bei der Definition einer ausländischen Betriebsstätte einer Schweizer Unternehmung darum festzulegen, wann und in welchem Umfange das Betriebsergebnis einer Schweizer Unternehmung hier von der Besteuerung ausgenommen werden muss. Diese unterschiedlichen Zielsetzungen der unilateralen Regelung sind insbesondere auch im Zusammenhang mit den doppelbesteuerungsrechtlichen Regelungen zu beachten, die sich - wenn auch nicht im vorliegenden Fall, jedoch sehr häufig - aufgrund der Zuweisung von Besteuerungsbefugnissen durch Doppelbesteuerungsabkommen ergeben. Daraus ergibt sich, dass die unilateralen Regelungen, mit denen einseitig eine Doppelbesteuerung vermieden werden soll, tendenziell eher zugunsten des Besteuerungsrechts der Schweiz auszulegen sind, greift doch bei einer zu starken Ausdehnung dieses Besteuerungsrechts im Allgemeinen - d.h. soweit ein Abkommen Anwendung findet - die abkommensrechtliche Regelung korrigierend ein (vgl. DE VRIES REILINGH, Le droit fiscal, a.a.O., S. 120). Die sich daraus ergebende Differenzierung, je nachdem ob das Vorliegen einer Betriebsstätte im Inland oder einer solchen im Ausland zu beurteilen ist, ergibt sich demnach aus teleologischen Überlegungen: Es soll mit unilateralen Massnahmen zwar eine Regelung getroffen werden, welche die Gefahr einer doppelten Besteuerung vermindert, dabei soll jedoch nach Möglichkeit verhindert werden, dass aufgrund dieser Regelung eine doppelte Nichtbesteuerung resultiert, wird doch Letzteres durch bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen, denen keineswegs allgemein der Gedanke zugrunde liegt, doppelte Nichtbesteuerung zu vermeiden, höchstens in bestimmten Konstellationen ausgeschlossen (vgl. MICHAEL LANG, Double non-taxation, Generalbericht, Cahiers de droit fiscal international 89a/2004). In Bezug auf die Betriebsstättendefinition ergibt sich daraus, dass für Betriebsstätten im Ausland die Anforderungen etwas höher gesteckt werden dürfen als für BGE 139 II 78 S. 88 Betriebsstätten in der Schweiz. Betriebsstätten im Ausland sind daher in zweifelhaften Fällen aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht in der Schweiz tendenziell der Steuerpflicht in der Schweiz zu unterwerfen und einer allenfalls drohenden Doppelbesteuerung ist in solchen Fällen mittels Heranziehung entsprechender DBA entgegenzutreten, soweit solche bestehen. 3.2 Näher zu prüfen ist unter den ausgeführten Prämissen damit die Qualifikation der Geschäftstätigkeit auf den Cayman Islands, d.h. die Frage, ob sich in der Betriebsstätte ein steuerlich relevanter Teil des Betriebs vollzieht (vgl. allgemein zur Problematik der Art der Aktivität auch "OECD Model Tax Convention on Income and on Capital 2010, R [19]. Issues arising under Article 5 [permanent establishment] of the Model Tax Convention, Issue 2.5: Active v. passive activity"). Die Vorinstanz hat dies - unter Bezugnahme auf die Richtlinie "Niederländische Finanzgesellschaften mit schweizerischer Betriebsstätte" der ESTV aus dem Jahre 1991 - bejaht. In Bezug auf quantitative Kriterien führte die Vorinstanz aus, anhand der Jahresabschlüsse 2005 und 2006 zeige sich, dass nahezu sämtliche Bilanzposten Darlehen betreffen würden. Unter den Aktiven und Passiven erschienen im Wesentlichen Darlehen an Schwestergesellschaften innerhalb der X.-Gruppe bzw. von der X. Holding AG. In der Erfolgsrechnung setzten sich die Erträge ausschliesslich aus Zinseinnahmen zusammen und beim Aufwand stelle der Zinsaufwand den mit Abstand grössten Posten dar. Die Vorinstanz hat auch eine qualitative Wesentlichkeit der Geschäftstätigkeit bejaht: Die Beschwerdegegnerin habe die Darlehensvergabe, das Aushandeln von Vertragsbedingungen betreffend Höhe, Laufzeit und Verzinsung, die Überwachung, die Buchführung und das Inkasso auf die Cayman Islands ausgelagert. An ihrem Sitz in A./ZG verfüge sie hingegen weder über Personal noch über eine Infrastruktur. Die Beschwerdegegnerin habe damit ihre Geschäftstätigkeit vollständig auf die Cayman Islands ausgelagert und die gesamte Wertschöpfung finde auf den Cayman Islands statt. Diese Ausführungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid vermögen bei näherer Betrachtung nicht zu überzeugen: 3.2.1 Zwar ist festzuhalten, dass die Finanzierungstätigkeit in einem international tätigen Konzern grundsätzlich ohne Weiteres auch im Rahmen einer ausländischen Betriebsstätte wahrgenommen werden kann und häufig die Konzerngestaltung auch entsprechend vorgenommen wird. Im Grundsatz ist sodann von der Gestaltungsfreiheit der steuerpflichtigen Person auszugehen. Sind die Schranken, bei BGE 139 II 78 S. 89 deren Überschreiten die Steuerbehörde zwingend einschreiten muss, nicht klarerweise tangiert, bleibt es dabei, dass die Steuerbehörde ihr eigenes Ermessen nicht an die Stelle jenes des Geschäftsführers zu setzen hat. Dementsprechend darf auch das Gericht nur mit Zurückhaltung in den erheblichen Ermessensspielraum eingreifen, der dem Unternehmen zukommt (vgl. Urteile 2C_272/2011 vom 5. Dezember 2011 E. 3.2.3 und 2A.71/2004 vom 4. Februar 2005 E. 2). Vorliegend stellt sich die Sachlage jedoch so dar, dass die Tätigkeit der Beschwerdegegnerin in den Steuerperioden 2005 und 2006 in der Gewährung von konzerninternen Darlehen für die Gruppengesellschaften des rein schweizerischen Konzerns bestand. Sie beschäftigte dazu in den Steuerperioden 2005 und 2006 jedoch bloss vier Teilzeitmitarbeitende mit Arbeitspensen von je 20 %, welche mit pauschalen Jahressalären zwischen $ 10'000.- (drei Mitarbeitende) und $ 20'000.- (ein Mitarbeitender) entschädigt wurden. Gemäss den Arbeitsverträgen war es diesen Mitarbeitenden zudem ausdrücklich erlaubt, anderen Erwerbstätigkeiten nachzugehen. Diese schlanken Strukturen stehen damit in deutlichem Kontrast zu den Zahlen in den Jahresabschlüssen der "Cayman-Branch": So betrug die Bilanzsumme Fr. 365'944'497.28 (Ende 2005) bzw. Fr. 520'394'471.36 (Ende 2006). Unter den Aktiven erscheinen Darlehen an die Schwestergesellschaften der X.-Gruppe in der Höhe von rund Fr. 497'000'000.- (Ende 2005) bzw. rund Fr. 647'000'000.- (Ende 2006). Die Erträge setzen sich ausschliesslich aus Zinseinnahmen zusammen (2005: rund Fr. 16'000'000.-; 2006: rund Fr. 18'000'000.-). Damit steht wohl fest, dass die Beschwerdegegnerin Darlehen in beträchtlicher Höhe an ihre Schwestergesellschaften in der Schweiz gewährt hat; unklar bleibt letztlich aber, was die auf den Cayman Islands vorhandenen Einrichtungen im Einzelnen konkret zur Wertschöpfung beigetragen haben. 3.2.2 Nichts zu ihren Gunsten kann die Beschwerdegegnerin sodann aus dem Umstand ableiten, dass sie an ihrem Hauptsitz in der Schweiz kein Personal beschäftigt: Einerseits ist vorliegend ausschliesslich zu prüfen, ob die behauptete Betriebsstätte auf den Cayman Islands steuerlich anzuerkennen ist, und steht die Beurteilung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin in der Schweiz nicht zur Diskussion. Andererseits genügt es für die Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in der Schweiz schon, wenn nur der statutarische Sitz in der Schweiz liegt, ohne dass gleichzeitig Verwaltungs- oder andere Geschäftsaktivitäten an diesem Ort stattfinden müssen (RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 7 zu Art. 50 DBG ). Damit kommt dem BGE 139 II 78 S. 90 von der Beschwerdegegnerin angestellten Vergleich der Tätigkeiten in der Schweiz und auf den Cayman Islands keine entscheidende Bedeutung zu. Die Argumentation der Beschwerdegegnerin würde - wie die ESTV zu Recht ins Feld führt - im Ergebnis dazu führen, dass eine Ansiedlung von völlig nebensächlichen Funktionen in Niedrigsteuerländern eine vollumfängliche Steuerausscheidung zu Lasten der Schweiz und damit einhergehend eine weitgehende Freistellung von jeglicher Gewinnbesteuerung in der Schweiz bewirken würde, was kaum der Absicht des Gesetzgebers entsprochen haben dürfte. 3.2.3 Zusammenfassend ist festzustellen, dass es vorliegend den Aktivitäten auf den Cayman Islands an der hinreichenden Substanz fehlt und sie damit das Kriterium der Ausübung einer Geschäftstätigkeit einer Schweizer Unternehmung in einer ausländischen Betriebsstätte nicht erfüllen. Damit hat die Beschwerdegegnerin insgesamt beweismässig nicht genügend darlegen können, dass ihre angebliche Betriebsstätte auf den Cayman Islands eine relevante Geschäftstätigkeit entfaltet. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin liegt damit aber keine konzernrechtliche Betrachtungsweise vor, denn es geht hier nicht darum, mit einem sog. Durchgriff die Erträge der ausländischen Betriebsstätte der Konzernspitze zurechnen zu wollen.
de
19d94963-9592-4191-9409-e571236a93d5
Sachverhalt ab Seite 218 BGE 116 Ib 217 S. 218 A.- Die X. AG mit Sitz in A. gehört der Y. AG in B. (BRD). Sie erwirbt von in- und ausländischen Autoren Verlagsrechte, die sie mit Lizenzgebühren entschädigt. Die erworbenen Verlagsrechte überträgt sie alsdann ihrer deutschen Muttergesellschaft gegen eine um 10 Prozent höhere Lizenzgebühr. B.- Im Jahre 1986 stellte die Eidgenössische Steuerverwaltung bei einer Buchprüfung fest, dass die X. AG in den Geschäftsjahren ... von ihrer Muttergesellschaft Lizenzgebühren in der Höhe von total rund Fr. ... bezogen und für diesen Betrag beim deutschen Bundesamt für Finanzen nach dem schweizerisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommen die Freistellung von den an der Quelle erhobenen Steuern erwirkt hatte. Rund 90 Prozent dieser Bezüge ... hatte sie an die Autoren weitergeleitet, hievon Fr. ... an in der Schweiz und Fr. ... an nicht in der Schweiz ansässige Personen. Der Anteil der an nicht in der Schweiz ansässige Personen weitergeleiteten Beträge belief sich in den erwähnten Geschäftsjahren - gesamthaft gesehen - auf (zwischen) 17,4 bis 42,8 Prozent. Weil indessen an nicht in der Schweiz ansässige Personen im Einzelfall mehr als 50 Prozent der abkommensbegünstigten Erträge (Lizenzgebühren) weitergeleitet worden waren, hielt die Eidgenössische Steuerverwaltung dafür, dass die Entlastung von den deutschen Quellensteuern in diesen Fällen ungerechtfertigterweise beansprucht worden sei. Mit Entscheid vom 12. April 1988 widerrief sie die entsprechenden Freistellungsanträge; gleichzeitig verpflichtete sie die X. AG für die Zeit vom Geschäftsjahr ... an bis 31. Dezember 1986 zur Erstattung der nicht erhobenen deutschen Quellensteuern (DM ...); dies gestützt auf Art. 4 Abs. 1 lit. c und d sowie Art. 5 Abs. 1 des Bundesratsbeschlusses vom 14. Dezember 1962 betreffend Massnahmen gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen des Bundes (im folgenden Missbrauchsbeschluss; SR 672.202), ferner wegen Verletzung von Art. 2 Abs. 2 lit. b des Missbrauchsbeschlusses und von Art. 23 BGE 116 Ib 217 S. 219 Abs. 1 lit. c des Abkommens vom 11. August 1971 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (im folgenden DBA-D; SR 0.672.913.62; AS 1972 3075). C.- Eine hiegegen erhobene Einsprache wies die Eidgenössische Steuerverwaltung ab. D.- Die X. AG führt rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Begehren, der Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung ... sei aufzuheben und es sei von der Einforderung der deutschen Quellensteuern (DM ...) abzusehen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. E.- In ihrer Replik hält die Beschwerdeführerin in Ergänzung ihrer Begründung an den Beschwerdebegehren fest. Die Eidgenössische Steuerverwaltung verzichtet auf eine Duplik. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. a) Nach Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D dürfen höchstens 50 Prozent der Einkünfte zur Erfüllung von Ansprüchen von nicht in der Schweiz ansässigen Personen verwendet werden. Die Beschwerdeführerin macht im wesentlichen geltend, sie habe von den (Lizenz-)Einkünften insgesamt stets weniger als 50 Prozent an nicht in der Schweiz ansässige Personen weitergeleitet. Nach dem klaren Wortlaut und Sinn von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D und der bisherigen Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung sei die Weiterleitungsquote auf Grund des Gesamtbetrages der Einkünfte aus dem Quellenstaat, jedenfalls nicht unter Berücksichtigung von Einzelverträgen, massgeblich. b) Gestützt auf Art. 2 Abs. 1 lit. b des Bundesbeschlusses über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vom 22. Juni 1951 (SR 672.2) erliess der Bundesrat am 14. Dezember 1962 den Missbrauchsbeschluss. Dieser bezweckt, dass die von einem andern Vertragsstaat zugesicherte Herabsetzung von an der Quelle erhobenen Steuern nicht Personen zugute kommt, die darauf nach dem Abkommen keinen Anspruch haben. Laut Art. 2 Abs. 1 des Missbrauchsbeschlusses wird eine Steuerentlastung von einer natürlichen oder juristischen Person oder BGE 116 Ib 217 S. 220 Personengesellschaft mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz dann ungerechtfertigterweise beansprucht, wenn die Inanspruchnahme dazu führen würde, dass die Steuerentlastung zu einem wesentlichen Teil direkt oder indirekt nicht abkommensberechtigten Personen zugute kommt. Diese allgemeine Umschreibung missbräuchlicher Inanspruchnahme einer Steuerentlastung wird in Art. 2 Abs. 2 lit. a wie folgt konkretisiert: "2 Eine Steuerentlastung wird insbesondere dann missbräuchlich beansprucht, wenn sie Einkünfte betrifft, a) die zu einem wesentlichen Teil direkt oder indirekt zur Erfüllung von Ansprüchen nicht abkommensberechtigter Personen verwendet werden; der Erfüllung von Ansprüchen ist in der Regel gleichgestellt die Verwendung der Einkünfte zur Abschreibung von Vermögenswerten, deren Gegenwert direkt oder indirekt nicht abkommensberechtigten Personen zugekommen ist oder zukommt." c) Art. 23 Abs. 1 lit. c des neun Jahre später, am 11. August 1971 abgeschlossenen DBA-D lautet wie folgt: "(1) Eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft, an der nicht in diesem Staat ansässige Personen überwiegend, unmittelbar oder mittelbar, durch Beteiligung oder in anderer Weise interessiert sind, kann die in den Artikeln 10 bis 12 vorgesehenen Entlastungen von den Steuern, die auf den aus dem andern Staat stammenden Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren erhoben werden, nur beanspruchen, wenn c) höchstens 50 vom Hundert der in Rede stehenden und aus dem anderen Vertragsstaat stammenden Einkünfte zur Erfüllung von Ansprüchen (Schuldzinsen, Lizenzgebühren, Entwicklungs-, Werbe-, Einführungs- und Reisespesen, Abschreibungen auf Vermögenswerten jeder Art, einschliesslich immaterieller Güterrechte, Verfahren usw.) von nicht im ersten Staat ansässigen Personen verwendet werden." Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D ist weitgehend den Regeln nachgebildet, wie sie die Eidgenössische Steuerverwaltung in einem Kreisschreiben vom 31. Dezember 1962 betreffend Massnahmen gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen des Bundes (ASA 31 247 ff., insbesondere Ziff. II/1, S. 248/9) im Hinblick auf die einheitliche Anwendung von Art. 2 Abs. 2 des Missbrauchsbeschlusses für sog. Durchlaufgesellschaften formuliert hatte. Bereits damals wurde die Höchstgrenze auf 50 Prozent festgesetzt (R. V. SIEBENTHAL, Handbuch des internationalen Steuerrechts der Schweiz, im folgenden: Handbuch, S. 120; M. WIDMER, Die Auswirkungen des neuen Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland, ASA 40 305 ff., insbesondere S. 333; derselbe, Neue Entwicklungen im internationalen Steuerrecht, StR 29/1974, S. 90 ff., insbesondere S. 95). Die Vorschrift BGE 116 Ib 217 S. 221 von Art. 2 Abs. 2 lit. a des Missbrauchsbeschlusses und ihre Anwendung durch die Eidgenössische Steuerverwaltung können daher für die Auslegung von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D herangezogen werden. 3. Die Eidgenössische Steuerverwaltung legt Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D dahingehend aus, dass die Entlastung der aus der Bundesrepublik Deutschland stammenden Lizenzerträge von deutschen Steuern wegen missbräuchlicher Inanspruchnahme namentlich auch dann ausgeschlossen sei, wenn von diesen Erträgen bei direkter Zuordnung des Aufwands zu den Einkünften aus einem einzelnen Lizenzvertrag mehr als die Hälfte zur Erfüllung von Ansprüchen von nicht abkommensbegünstigten Personen verwendet werden. Eine direkte Zuordnung sei in der Praxis im Rahmen des Möglichen stets geschehen. Zudem sei dies die einzige Auslegung, die der Zielsetzung der Bestimmung entspreche. Eine globale Betrachtungsweise sei nur ausnahmsweise zulässig. a) Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Stützung ihres Begehrens zunächst auf den Wortlaut von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D . Für die Auslegung einer Staatsvertragsbestimmung ist der Wortlaut massgebend, wie ihn die Parteien nach dem Vertrauensprinzip im Hinblick auf den Vertragszweck verstehen durften, solange sich der Entstehungsgeschichte nicht ein abweichender wirklicher Vertragswille der Parteien entnehmen lässt ( BGE 113 II 362 E. 3; BGE 113 V 103 E. b; BGE 97 I 363 E. 3, mit Hinweisen). Das gilt auch für die Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen, wenn diese nicht selber besondere Auslegungsregeln (Definitionen) enthalten oder subsidiär auf die Bedeutung der verwendeten Begriffe in der lex fori verweisen ( Art. 1 Abs. 2 DBA-D ; R. V. SIEBENTHAL, Handbuch, 71 ff.). In der deutschen Literatur, auf die die Beschwerdeführerin verweist (Kommentar FLICK/WASSERMEYER/WINGERT/KEMPERMANN, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, N 182 zu Art. 23, S. 52), wird der in Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D verwendete Begriff "Einkünfte" dahingehend verstanden, dass die Dividenden, Zinsen sowie Lizenzgebühren addiert zusammengefasst am Aufwand zugunsten nicht Ansässiger gemessen werden müssten (a.a.O., N 78 zu Art. 23, S. 51). Trotz dieser Kommentierung lässt der Wortlaut der Bestimmung jedoch durchaus auch die Auslegung zu, dass der Begriff "Einkünfte" - wie die Eidgenössische Steuerverwaltung BGE 116 Ib 217 S. 222 einwendet - bloss als vertragstechnischer, zur gerafften Darstellung dienender Verweis verstanden werden könnte. b) Die Beschwerdeführerin vertritt ferner - unter Hinweis auf KORN/DEBATIN (Doppelbesteuerung, Sammlung der zwischen der Bundesrepublik und dem Ausland bestehenden Abkommen über die Vermeidung der Doppelbesteuerung, München 1954 ff.) sowie den Kommentar FLICK/WASSERMEYER/WINGERT/KEMPERMANN (Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, N 182 zu Art. 23, S. 52) - die Auffassung, die Vertragsparteien hätten Art. 2 Abs. 1 lit. c DBA-D nach der Entstehungsgeschichte in dem von ihr geltend gemachten Sinne verstanden. KORN/DEBATIN gehen indessen nicht so weit wie die Beschwerdeführerin, nach deren Auffassung die Verwendungsgrenze von 50 Prozent stets nur in einer Gesamtrechnung zu ermitteln sei. Die Gesamtrechnung wird vielmehr deswegen als notwendig bezeichnet, um zu prüfen, ob eine Verkettung zwischen den Einkünften und ihrer Verwendung zugunsten nicht abkommensberechtigter Personen in der Form verschiedenster Aufwendungen, namentlich der Zinsaufwendungen, bestehe (a.a.O., Art. 23, N 2 /g/cc/2-4 und dd, S. 683 ff.). Dass deswegen eine direkte Zuordnung von Aufwendungen zu bestimmten abkommensbegünstigten Einkünften ausgeschlossen wäre, wird weder ausdrücklich gesagt, noch ergibt sich dies aus der Kommentierung zwingend. FLICK/WASSERMEYER/WINGERT/KEMPERMANN berufen sich insbesondere auf LOCHER/MEYER/V. SIEBENTHAL (Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland, B. 23.1 Nr. 23), worin folgende Stellungnahme der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 5. September 1974 enthalten ist: "Bei der Prüfung der Frage, ob eine Gesellschaft von ihren abkommensbegünstigten Erträgen nicht mehr als 50 Prozent ins Ausland weitergeleitet hat, werden die abkommensbegünstigten Erträge in der Regel gesamthaft betrachtet und die darauf entfallenden Schuldzinsen proportional ermittelt, d.h. die Schuldzinsen werden im Verhältnis der Anlagen in DBA-Staaten zu den Gesamtaktiven aufgeteilt. Wenn jedoch in einem Einzelgeschäft ein enger Zusammenhang zwischen der Auslandanlage und der Schuld besteht, kann das Einzelgeschäft aus der Gesamtrechnung herausgenommen und von den Abkommensvorteilen ausgeschlossen werden. Die Gesellschaft kann für den übrigen Teil trotzdem die Voraussetzungen erfüllen und deshalb die Abkommensvorteile beanspruchen." BGE 116 Ib 217 S. 223 Daraus lässt sich ableiten, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung in Anwendung ihres Kreisschreibens zum Missbrauchsbeschluss - zumindest im Hinblick auf die Verteilung von Schuldzinsen - eine direkte Zuordnung des weitergeleiteten Aufwands zu den abkommensbegünstigten Einkünften in Einzelgeschäften nicht ausschliessen wollte, sofern eine solche Zuordnung möglich ist. - Das Kreisschreiben (ASA 31 247) enthält im übrigen keine Erläuterung, ob die Grenze von höchstens 50 Prozent bezogen auf einzelne Vertragsverhältnisse oder für die Gesamtheit der Einkünfte gelten solle. Der Anhang zum Kreisschreiben (ASA 31 255 ff.) beschränkt sich ebenfalls nur auf die schematische Darstellung von Beispielen für die Anwendung von Art. 2 Abs. 2 lit. a und b des Missbrauchsbeschlusses. Auch aus den von der Beschwerdeführerin zitierten weiteren Publikationen (M. WIDMER, Die schweizerischen Massnahmen gegen den Missbrauch von Doppelbesteuerungsabkommen, in Steuer und Wirtschaft, herausgegeben von Boettcher u.a. bei J. Bergmann, München, und Springer Verlag Berlin, Göttingen, Heidelberg, 40/1963, Spalte 381 ff., insbesondere 387; D. LÜTHI, Handbuch, S. 346; vgl. auch H. MASSHARDT, Die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen, ASA 31 225 ff., insbesondere 234 ff.; A. MATTHEY, Les mesures contre l'utilisation sans cause légitime des conventions conclues par la Confédération en vue d'éviter les doubles impositions, RDAF 19/1963 53 ff., insbesondere 59; M. B. LUDWIG, Die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen, StR 18/1963 50 ff., insbesondere 57) kann nichts zum Willen der Vertragsparteien in der Frage abgeleitet werden. Den Formularen schliesslich, die für die Entlastung von den deutschen (Quellen-)Steuern auf Lizenzgebühren geschaffen wurden, ist ebenfalls nichts Konkretes zu entnehmen. Die Entstehungsgeschichte von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D zeigt demnach, gesamthaft gesehen, einzelne Anhaltspunkte, wonach die Vertragsparteien die Auffassung der Beschwerdeführerin gehabt haben könnten, aber mindestens ebenso viele für diejenige der Eidgenössischen Steuerverwaltung, die nicht klar widerlegt wird. c) Die Beschwerdeführerin beruft sich ferner auf den Zusammenhang von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D mit den übrigen Vertragsbestimmungen. Insbesondere weist sie auch auf die wirtschaftlichen Auswirkungen hin. Sie wendet ein, wenn nur die maximale Quote von 50 Prozent der Lizenzgebühren weitergeleitet BGE 116 Ib 217 S. 224 werden dürfe, entspreche dies einer Bruttomarge von 100 Prozent, die im internationalen Lizenzgeschäft ausgeschlossen sei. Es sei zudem anzunehmen, dass die deutschen Steuerbehörden gegen einen derart unüblichen Gewinnaufschlag durch die schweizerische Gesellschaft gestützt auf Art. 9 DBA-D einschreiten würden. Nach Art. 9 DBA-D dürfen Gewinne, die eine von zwei verbundenen Unternehmungen nicht erzielt, weil die Bedingungen von denen abweichen, die unabhängige Unternehmungen miteinander vereinbart hätten, den Gewinnen der Unternehmung zugerechnet und von deren Sitzstaat besteuert werden. Wenn sich die Vertragsparteien in Art. 9 DBA-D die Aufrechnung von zwischen verbundenen Unternehmungen künstlich verschobenen Gewinnen ausdrücklich vorbehielten, ist nicht einzusehen, weshalb sie nicht auch einen Missbrauch der Abkommensbegünstigung darin sehen wollten, wenn eine verbundene, in der Schweiz domizilierte Gesellschaft nur eine bescheidene Marge für sich beansprucht und die von der deutschen Quellensteuer befreiten Lizenzgebühren zum grössten Teil - als Aufwand verbucht - unversteuert an nicht abkommensberechtigte Personen in Drittstaaten weiterleitet. Auch unter dem Blickwinkel von Art. 23 Abs. 1 lit. d DBA-D ergibt sich keine abweichende Würdigung. Danach kann eine ausländisch beherrschte (schweizerische) Gesellschaft die Befreiung von den Steuern des Vertragsstaats (Bundesrepublik Deutschland) nur beanspruchen, wenn die "Aufwendungen, die mit den in Rede stehenden und aus dem andern Vertragsstaat stammenden Einkünften zusammenhängen, ausschliesslich aus diesen Einkünften gedeckt werden." Die Beschwerdeführerin beruft sich auf FLICK/WASSERMEYER/WINGERT/KEMPERMANN (a.a.O., N 94 und 95, S. 55/6), die eine von der Eidgenössischen Steuerverwaltung abweichende Auffassung auch hinsichtlich der Zuordnung von Aufwendungen (insbesondere Abschreibungen) zu den abkommensbegünstigten Einkünften nach Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D vertreten. Die positive Formulierung, wonach die Entlastung nur beansprucht werden kann, wenn Aufwendungen, die mit den betrachteten Einkünften zusammenhängen, ausschliesslich aus diesen Einkünften gedeckt werden, hat durchaus einen naheliegenden und verständlichen Grund; es soll damit verhindert werden, dass eine Gesellschaft, die noch über andere Einkünfte verfügt, geltend macht, aus diesen anderen Einkünften die Leistungen an Personen in Drittstaaten erbracht zu haben, die in Wirklichkeit als Aufwendungen im BGE 116 Ib 217 S. 225 Zusammenhang mit den abkommensbegünstigten Einkünften zu betrachten sind (MASSHARDT, a.a.O., ASA 31 48/9; KORN/DEBATIN, a.a.O., Art. 23 N 2 /g/cc/2, S. 684). Es scheint gerade bedeutsam, dass Art. 23 Abs. 1 lit. d DBA-D den Zusammenhang von Aufwendungen der Lizenzgeber-Gesellschaft mit den Einkünften ausdrücklich in die zu betrachtenden Voraussetzungen ihrer Befreiung von Steuern des Quellenlands einbezieht. Der Zusammenhang im Abkommen spricht daher für und nicht gegen die Auffassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung. d) Die Beschwerdeführerin beruft sich schliesslich auf den Sinn und Zweck von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D . Diese Bestimmung solle nicht "jegliche Lizenzdurchleitung", sondern bloss die unangemessene Ausnutzung der im Abkommen vorgesehenen Entlastung verhindern; diese sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Die objektiven mathematischen Massstäbe, namentlich die Höchstgrenze von 50 Prozent, die die Vertragsparteien zu diesem Zwecke gewählt hätten, würden von der Eidgenössischen Steuerverwaltung verkannt. Es könne der Auffassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung nicht gefolgt werden, wonach es der Zielsetzung von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D krass widersprechen würde, wenn allein durch Poolung in einer schweizerischen Vermittlergesellschaft mit einem relativ grossen Kreis schweizerischer Lizenzgebührenempfänger auch im Ausland ansässige Personen in den Genuss der Quellensteuerentlastung gelangten, obwohl ihnen 90 Prozent der aus Deutschland stammenden Lizenzeinkünfte weitergeleitet werden. Bei einer solchen Betrachtungsweise werde verkannt, dass eine Vermittlergesellschaft mit einem grossen inländischen Empfängerkreis "das frei verfügbare Kontingent" ohne erkennbaren Gestaltungsmissbrauch dazu benützen könne, einem (zahlenmässig) kleinen Teil im Ausland ansässiger Personen Abkommensvorteile zu verschaffen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung sei den Nachweis schuldig geblieben, dass mit Art. 23 DBA-D auch solche Gesellschaften erfasst werden sollten. Ähnlich äussern sich auch deutsche Kommentatoren. Danach braucht zwischen den (Lizenz-)Einkünften und den zur Erfüllung von Ansprüchen nicht ansässiger Personen erbrachten Aufwendungen kein wirtschaftlicher Zusammenhang zu bestehen, weshalb der davon losgelöste rein mathematische und gesamthafte Vergleich "erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet" (FLICK/WASSERMEYER/WINGERT/KEMPERMANN, a.a.O., N 79, S. 52; a. M. BGE 116 Ib 217 S. 226 wohl eher KORN/DEBATIN, a.a.O., N 2/c/2, S. 677 und N 2e/g/dd/3, S. 686). Laut sämtlichen Publikationen in der schweizerischen Literatur entspricht dies jedoch nicht der Auffassung, die die Eidgenössische Steuerverwaltung von der Höchstgrenze von 50 Prozent in ihrem Kreisschreiben zum Missbrauchsbeschluss und in Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D erkennen liess. Diese Grenze soll ausländisch beherrschten Gesellschaften in der Schweiz nicht die Inanspruchnahme der Befreiung von deutschen Steuern zugunsten nicht Abkommensberechtigter in einem bestimmten Verhältnis zu ihrer Grösse und gesamten Geschäftstätigkeit ermöglichen; sie bedeutet auch nicht, dass ein frei verfügbares Kontingent steuerbegünstigter Auslandseinkünfte abkommenswidrig in Anspruch genommen werden kann. Vielmehr soll damit die Abgrenzung, von welchem Ausmass an die Inanspruchnahme der Befreiung von deutschen Steuern auf den Lizenzgebühren, Dividenden und Zinsen zugunsten nicht abkommensberechtigter Personen wesentlich und missbräuchlich ist, objektiviert werden. Die in der schweizerischen Literatur (W. RYSER, Introduction au droit fiscal international, 187 ff.) als rein schematisch kritisierte feste zahlenmässige Grenze hat zur Folge, dass die Weiterleitung von höchstens 50 Prozent der Einkünfte an solche Ausländer als noch nicht übermässig bezeichnet (D. LÜTHI, Handbuch, S. 346; vgl. auch S. 357, wo von "Sicherheitszonen" für die Inanspruchnahme der Doppelbesteuerungsabkommen die Rede ist) und ein Abkommensmissbrauch allein durch Weiterleitung von maximal 50 Prozent der Einkünfte als noch nicht eingetreten betrachtet wird. Jedenfalls entspricht es nicht dem Sinn der festen zahlenmässigen Grenze, dass eine ausländisch beherrschte Gesellschaft, die mehr als 50 Prozent als Aufwand an im Ausland ansässige Personen weiterleiten muss, die Befreiung von der Steuer im Quellenstaat beanspruchen kann oder dass die Abkommensbestimmungen so zu verstehen seien, auch ihr müsse bei geeigneter Gestaltung der übrigen Geschäfte die Erfüllung der Bedingungen möglich sein. Dem Sinn und Zweck der Bestimmung, die die missbräuchliche Inanspruchnahme der Abkommensbegünstigung verhindern soll, entspricht ganz offensichtlich die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung vertretene, von der Beschwerdeführerin beanstandete Auslegung von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D besser: Die Befreiung von den Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren wurde vereinbart, um eine doppelte BGE 116 Ib 217 S. 227 Besteuerung des Empfängers im Quellenstaat und im andern Vertragsstaat, wo er als Ansässiger solche Einkünfte grundsätzlich zu versteuern hat, zu vermeiden. Der auf sog. Durchlaufgesellschaften abzielende Missbrauchsvorbehalt von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D soll somit verhindern, dass die Befreiung von der (Quellen-)Steuer nicht durch nicht Abkommensberechtigte in Drittstaaten in Anspruch genommen wird; insbesondere soll verhindert werden, dass die ausländisch beherrschte Gesellschaft gestützt auf eine vertragliche Verpflichtung mehr als 50 Prozent der Lizenzgebühren in einer als Aufwand verbuchten Form weiterleitet, über welche die Empfänger ohne steuerliche Belastung verfügen können ( BGE 94 I 666 f.; a. M. J.-M. RIVIER, Le droit fiscal international, S. 251, nach dessen einschränkenderer Ansicht der Missbrauchsbeschluss nur Betrug oder Umgehung der Steuern verhindern sollte). e) Die Auslegung von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D nach dem Wortlaut und nach der Entstehungsgeschichte ergibt insgesamt wohl kein ganz einheitliches Bild und könnte die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Auffassung nicht schlechthin ausschliessen. Anderseits wird aber die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung vertretene Auslegung nicht widerlegt. Nach ihrem Sinn und Zweck sowie dem Zusammenhang mit andern Vertragsbestimmungen schlägt die behördlicherseits vertretene Ansicht durch. Sie wird auch durch die bei der zuständigen Amtsstelle des deutschen Vertragspartners eingeholte, weitgehend übereinstimmende Meinungsäusserung bekräftigt. Es wäre in der Tat nicht vertretbar, wenn in Drittstaaten ansässige nicht abkommensberechtigte Personen allein durch die Poolung von Einkünften in einer grossen Vermittlergesellschaft in Einzelfällen Abkommensvorteile erlangen könnten, wie dies die Beschwerdeführerin anstrebt. In Würdigung all dieser Gesichtspunkte hat daher die Eidgenössische Steuerverwaltung mit ihrer Betrachtungsweise und der entsprechenden Anwendung von Art. 23 Abs. 1 lit. c DBA-D im Falle der Beschwerdeführerin Bundesrecht nicht verletzt. 4. Bei diesem Verfahrensausgang kann die weitere Frage, ob eine Gesellschaft, die (wie die Beschwerdeführerin) 90 Prozent der vereinnahmten Entgelte an Dritte weiterleitet, als wirklich Nutzungsberechtigte an den Vermögenswerten die Abkommensbegünstigung ihrer Erträge überhaupt in Anspruch nehmen kann, offengelassen werden.
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db29e7d4-4521-4972-8c60-874685f520bc
Sachverhalt ab Seite 519 BGE 142 III 518 S. 519 Mit Eheschutzentscheid vom 26. November 2013 genehmigte das Bezirksgericht eine gleichentags geschlossene Vereinbarung, worin die Eheleute A. unter anderem die Unterhaltsbeiträge für Ehegattin und Kinder regelten. Am 11. Februar 2014 hoben die Eheleute ein Scheidungsverfahren an. Mit Eingabe vom 31. Juli 2014 stellte der Ehemann das Gesuch, die Unterhaltsbeiträge seien veränderten Verhältnissen anzupassen. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid führt er Beschwerde in Zivilsachen. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. (...) 2.5 So wie über die Scheidungsfolgen eine genehmigungsbedürftige Konvention geschlossen werden kann ( Art. 279 ZPO ), können auch die Unterhaltsregelungen im Eheschutz- und Scheidungsverfahren ( Art. 176 ZGB und Art. 276 ZPO ) auf Vereinbarung beruhen. Eine Übereinkunft ermöglicht es den Parteien, Ungewissheiten bezüglich der beurteilungsrelevanten Tatsachen oder deren rechtlicher Tragweite endgültig zu bereinigen (vgl. Urteile 5A_688/2013 vom 14. April 2014 E. 8.2 und 5A_187/2013 vom 4. Oktober 2013 E. 7.1 [betreffend Vereinbarungen zu den Scheidungsfolgen]). (...) Soweit mit der gütlichen Einigung eine vollständige Beurteilung der Tatsachen und ihrer rechtlichen Tragweite vermieden werden sollte, bleiben die betreffenden Teile der Regelung unabänderlich (erwähntes Urteil 5A_187/2013 E. 7.1). 2.6 Vor diesem Hintergrund sind die Möglichkeiten, eine auf Vereinbarung beruhende Eheschutzmassnahme oder vorsorgliche Massnahme im Scheidungsverfahren abzuändern, eingeschränkt. Es gelten die gleichen Restriktionen, wie sie die Rechtsprechung für die Scheidungskonventionen umschrieben hat (vgl. erwähnte Urteile 5A_688/2013 und 5A_187/2013, je a.a.O.): 2.6.1 Eine Anpassung kann nur verlangt werden, wenn erhebliche tatsächliche Änderungen Teile des Sachverhalts betreffen, welche im Zeitpunkt der Vereinbarung als feststehend angesehen wurden. BGE 142 III 518 S. 520 Keine Anpassung an wesentlich und dauernd veränderte Verhältnisse gibt es hingegen bezüglich Tatsachen, welche vergleichsweise definiert worden sind, um eine ungewisse Sachlage zu bewältigen (sog. caput controversum ), zumal hier eine Referenzgrösse fehlt, an welcher die Erheblichkeit einer allfälligen Veränderung gemessen werden könnte. Vorbehalten bleiben neue Tatsachen, die klarerweise ausserhalb des Spektrums der künftigen Entwicklungen liegen, welche aus Sicht der Vergleichsparteien möglich (wenn auch ungewiss) erschienen. 2.6.2 Auch die Berichtigung einer vorsorglichen Massnahme wegen originär unzutreffender Entscheidungsgrundlagen ist eingeschränkt, soweit die Unterhaltsregelung auf einer Vereinbarung fusst, mit welcher die Parteien eine Rechtsstreitigkeit definitiv beenden wollten. Eine Änderung kommt generell nur im Falle eines rechtserheblichen Willensmangels, das heisst bei Irrtum ( Art. 23 ff. OR ), Täuschung ( Art. 28 OR ) oder Drohung (Art. 29 f. OR), in Frage. Ein Irrtum ist erheblich, wenn beide Parteien beim Abschluss der Vereinbarung einen bestimmten Sachverhalt als gegeben vorausgesetzt haben, dieser sich nachträglich jedoch als unrichtig erwiesen hat, oder wenn eine Partei irrtümlich von einer Tatsache ausgegangen ist, ohne die sie die Vereinbarung (für die andere Partei ersichtlich) so nicht abgeschlossen hätte. Die weiter gefassten Möglichkeiten der Berichtigung eines auf unzutreffenden Voraussetzungen beruhenden Entscheids (vgl. Art. 268 Abs. 1 ZPO ; Urteil 5A_22/2014 vom 13. Mai 2014 E. 3.1 mit Hinweisen; OMBLINE DE PORET BORTOLASO, Le calcul des contributions d'entretien, SJ 2016 II S. 162; ISENRING/KESSLER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 5. Aufl. 2014, N. 4 zu Art. 179 ZGB ) kommen nicht zum Tragen. Im Bereich des caput controversum besteht ohnehin kein Raum für einen Irrtum; andernfalls würden gerade die Fragen wieder aufgerollt, derentwegen die Beteiligten den Vergleich - mit dem Ziel einer endgültigen Regelung - geschlossen haben ( BGE 130 III 49 E. 1.2 S. 52). (...)
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Sachverhalt ab Seite 589 BGE 143 II 588 S. 589 A. Die A. AG, die B. AG und die D. AG sind Eigentümerinnen verschiedener Parzellen im Perimeter "Baggersee" der Gemeinde Raron. Die Nutzung dieser Zone ist vorläufig noch nicht bestimmt; diese und die Nutzungsbestimmungen sind über Detailnutzungspläne festzulegen (so Art. 75 f. des Bau- und Zonenreglements der Gemeinde Raron vom 23. Januar 1996; nachfolgend BZR). B. Im Perimeter "Baggersee" sind Massnahmen der 3. Rhonekorrektur geplant; zudem soll hier die künftige Autobahnraststätte der A9 Oberwallis (inklusive Stauraum für Lastwagen) zu liegen kommen. Vorgesehen ist weiter eine Ringkuhkampfarena, als Ersatz für die bisherige Arena Goler, die infolge der Südumfahrung Visp verlegt werden muss. Diese soll mit einer Markthalle der Oberwalliser Landwirtschaftskammer (OLK) kombiniert werden, für den Vertrieb von Produkten des "Agro Espace Leuk". Schliesslich möchte die D. AG eine Bade- und Erholungslandschaft am Baggersee errichten. Vom 4. bis 24. Mai 2015 legte die Gemeinde Raron den Detailnutzungsplan "Baggersee" öffentlich auf. Dieser sieht vor, dass rund 24'000 m 2 des Perimeters "Baggersee" (von insgesamt rund 150'000 m 2 ) der Speziallandwirtschaftszone "Baggersee" zugeteilt werden; die BGE 143 II 588 S. 590 übrige Fläche soll vorerst in der Zone ohne bestimmte Nutzung bleiben. Die BZR soll durch folgende Bestimmung ergänzt werden: Art. 70.1 BZR Speziallandwirtschaftszone "Baggersee" Zweck der Zone: Bei der Landwirtschaftszone Baggersee handelt es sich um eine Landwirtschaftszone im Sinne von Art. 16a Abs. 3 RPG , in der Bauten und Anlagen, die über eine innere Aufstockung hinausgehen, als zonenkonform bewilligt und erstellt werden können. Die beanspruchte Fläche wird im Sinne der Bestimmungen von Artikel 16a Abs. 3 RPG vom Kanton im Rahmen des ordentlichen Plangenehmigungsverfahrens (Art. 33 ff. kRPG) freigegeben. Diese Nutzungszone ist ausschliesslich für Bauten und Anlagen, die eng mit der Landwirtschaft verbunden sind, wie die Realisierung der Markthalle der Oberwalliser Landwirtschaftskammer (OLK) inklusive Parkierung und als Ersatzstandort der Ringkuhkampfarena inklusive deren Nebenanlagen (Parkierung, Anbindestellen, Tierunterstände, Infrastrukturen, ...) bestimmt. (...) Gegen das Vorhaben erhoben die A. AG und die B. AG einerseits und die D. AG andererseits Einsprache. Der Gemeinderat wies in der Sitzung vom 8. Juni 2015 die Einsprachen ab (eröffnet nach der Einspracheverhandlung am 9. Juni 2015). Mit Urversammlungsbeschluss vom 10. Juni 2015 wurde der Detailnutzungsplan "Baggersee" angenommen. C. Gegen den Einspracheentscheid des Gemeinderates erhoben die Einsprecherinnen Verwaltungsbeschwerde beim Staatsrat des Kantons Wallis. Dieser wies die Beschwerden am 25. Mai 2016 ab und homologierte den Detailnutzungsplan "Baggersee". Das Kantonsgericht Wallis wies die dagegen gerichteten Beschwerden mit zwei Entscheiden vom 16. Dezember 2016 ab. D. Gegen den sie betreffenden Entscheid des Kantonsgerichts haben die A. AG und die B. AG (Beschwerdeführerinnen 1) am 30. Januar 2017 sowie die D. AG (Beschwerdeführerin 2) am 1. Februar 2017 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden gut. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerinnen machen in erster Linie geltend, die angefochtene Speziallandwirtschaftszone könne sich weder auf BGE 143 II 588 S. 591 Art. 16a Abs. 3 des Raumplanungsgesetzes (RPG; SR 700) noch auf Art. 18 RPG stützen. 2.1 Die Gemeinde und der Staatsrat gingen davon aus, die streitige spezielle Landwirtschaftszone könne sich auf Art. 16a Abs. 3 RPG stützen. Dagegen entschied das Kantonsgericht, dass die Voraussetzungen für die Ausscheidung solcher Zonen im Wallis nicht vorlägen, weil der Kanton bisher weder im kantonalen Richtplan noch in der Planungs- und Baugesetzgebung die bei der Gebietsausscheidung nach Art. 16a Abs. 3 RPG zu beachtenden Anforderungen in allgemeiner Weise festgelegt habe. Im Übrigen dienten die vorgesehenen Bauten und Anlagen (Markthalle, Ringkuhkampfarena) auch nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Nach Auffassung des Kantongerichts kann sich die Detailnutzungsplanung indessen auf Art. 18 Abs. 1 RPG stützen. Es verweist auf Art. 16 Abs. 3 RPG , der die Diversifizierung der Landwirtschaftszonen nach deren Funktionen vorsehe. Es stehe im Belieben der Kantone, für besondere Kulturen oder Lagen weitere spezielle Landwirtschaftszonen vorzusehen (mit Verweis auf WALDMANN/HÄNNI, Raumplanungsgesetz, 2006, N. 1 und 37 zu Art. 18 RPG ). Die Gemeinden seien im Bereich der Zonenplanung autonom, soweit das übergeordnete kantonale Recht und die Richtplanung keine Beschränkungen vorsehen. Dies sei nicht der Fall, insbesondere seien nach dem Koordinationsblatt E. 1/2 des kantonalen Richtplans spezielle Landwirtschaftszonen für bodenunabhängige landwirtschaftliche Aktivitäten nach Art. 18 Abs. 1 RPG und Art. 11 Abs. 2 des kantonalen Ausführungsgesetzes vom 23. Januar 1987 zum Bundesgesetz über die Raumplanung (kRPG; SGS 701.1) vorgesehen. Vorliegend habe die Gemeinde ihre Autonomie nicht überschritten, könnten doch Ringkuhkämpfe wie auch Viehschauen oder Viehmärkte als bodenunabhängige landwirtschaftliche Aktivitäten bezeichnet werden, zumal der Erlös der Ringkuhkämpfe zu landwirtschaftlichen Zwecken oder zu Gunsten des Herdenbuches verwendet werde (Art. 40 der Vorschriften zur Regelung der Ringkuhkämpfe des Schweizerischen Eringerviehzuchtverbandes SEZV). Hingegen sei Art. 70.1 BZR dahingehend zu ändern, dass es sich bei der Speziallandwirtschaftszone "Baggersee" nicht um eine solche nach Art. 16a Abs. 3 RPG , sondern nach Art. 18 Abs. 1 RPG handle. 2.2 Landwirtschaftszonen dienen der langfristigen Sicherung der Ernährungsbasis des Landes, der Erhaltung der Landschaft und des BGE 143 II 588 S. 592 Erholungsraums oder dem ökologischen Ausgleich und sollen entsprechend ihren verschiedenen Funktionen von Überbauungen weitgehend freigehalten werden ( Art. 16 Abs. 1 RPG ). Sie umfassen Land, das sich für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung oder den produzierenden Gartenbau eignet und zur Erfüllung der verschiedenen Aufgaben der Landwirtschaft benötigt wird (lit. a) oder im Gesamtinteresse landwirtschaftlich bewirtschaftet werden soll (lit. b). Die Kantone tragen in ihren Planungen den verschiedenen Funktionen der Landwirtschaftszone angemessen Rechnung ( Art. 16 Abs. 3 RPG ). Zonenkonform in der Landwirtschaftszone sind Bauten und Anlagen, die für die bodenabhängige landwirtschaftliche Bewirtschaftung oder für den produzierenden Gartenbau nötig sind ( Art. 16a Abs. 1 RPG und Art. 34 ff. RPV [SR 700.1]). Bauten und Anlagen für die bodenunabhängige landwirtschaftliche Produktion können in der Regel nur im Rahmen der inneren Aufstockung bewilligt werden ( Art. 16a Abs. 2 RPG und Art. 36 f. RPV). Die Kantone haben aber die Möglichkeit, die in der Landwirtschaftszone zulässigen Nutzungen restriktiver zu umschreiben ( Art. 16 Abs. 3 und Art. 16a Abs. 1 Satz 2 RPG ). 2.3 Bauten und Anlagen für die bodenunabhängige landwirtschaftliche Produktion, die über eine innere Aufstockung hinausgehen, sind nur in solchen Gebieten der Landwirtschaftszone zonenkonform, die vom Kanton in einem Planungsverfahren dafür freigegeben wurden ( Art. 16a Abs. 3 RPG ; sog. spezielle oder Intensivlandwirtschaftszonen). In der Regel geschieht dies im Verfahren der kantonalen Richtplanung (ARE, Neues Raumplanungsrecht, Erläuterungen zur Raumplanungsverordnung und Empfehlungen für den Vollzug, S. 38; RUCH, in: Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, 2010 [Stand Juni 2009], N. 49 zu Art. 16a RPG ; WALDMANN/HÄNNI, a.a.O., N. 31 zu Art. 16a RPG ). Gemäss Art. 38 RPV müssen jedenfalls die Anforderungen an die Ausscheidung von Speziallandwirtschaftszonen in allgemeiner Weise festgelegt werden, sei es im Rahmen der Richtplanung oder auf dem Weg der Gesetzgebung (RUCH, a.a.O., N. 50 zu Art. 16a RPG ). Wie das Kantonsgericht dargelegt hat, fehlt es vorliegend an dieser Voraussetzung: Im Koordinationsblatt E. 1/2 des geltenden kantonalen Richtplans (vom Staatsrat beschlossen am 18. Dezember 1996 und vom Bund genehmigt am 22. Dezember 1999) werden spezielle Landwirtschaftszonen zwar erwähnt; dagegen wird weder eine (positive oder negative) Planung möglicher Standorte vorgenommen BGE 143 II 588 S. 593 noch werden die bei der Zonenausscheidung zu beachtenden Anforderungen festgelegt. 2.4 Hinzu kommt, dass die geplanten und in Art. 70.1 BZR ausdrücklich genannten Bauten und Anlagen (Markthalle der OLK inklusive Parkierung; Ringkuhkampfarena inklusive Nebenanlagen) nicht der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung dienen und auch aus diesem Grund nicht in einer (speziellen) Landwirtschaftszone zugelassen werden können: Was unter landwirtschaftlicher Bewirtschaftung zu verstehen ist, ergibt sich aus der Landwirtschaftsgesetzgebung (ARE, Erläuterungen RPV, S. 29). Nach Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft [Landwirtschaftsgesetz; LwG; SR 910.1]) umfasst diese die Produktion verwertbarer Erzeugnisse aus Pflanzenbau und Nutztierhaltung (lit. a, so auch Art. 34 Abs. 1 lit. a RPV ). Gleichgestellt wird in Art. 3 Abs. 1 lit. b LwG die Aufbereitung, die Lagerung und der Verkauf der entsprechenden Erzeugnisse auf den Produktionsbetrieben (so auch Art. 34 Abs. 2 RPV ). Die geplante Markthalle ist nicht Bestandteil eines existierenden Produktionsbetriebs, d.h. es handelt sich um einen nichtlandwirtschaftlichen Gewerbebau für Verkaufsnutzungen. Die Ringkuhkampfarena dient in erster Linie einer Sport- oder Freizeitaktivität, auch wenn der Erlös der Rinderzucht zugutekommt. Daran ändert auch die gelegentliche Nutzung für Viehschauen und -auktionen nichts, zumal der Viehhandel eine gewerbliche und keine landwirtschaftliche Tätigkeit darstellt (Urteil 1C_71/2015 vom 23. Juni 2015 E. 4.1). 2.5 Kann die streitige Nutzung somit nicht in einer (speziellen) Landwirtschaftszone realisiert werden, stellt sich die Frage, ob sich die Planung - wie vom Kantonsgericht angenommen - auf Art. 18 RPG stützen kann. 2.5.1 Die Kantone können nach Art. 18 RPG "weitere Nutzungszonen" vorsehen und damit die bundesrechtlichen Grundtypen (Bauzone, Landwirtschaftszone und Schutzzone) weiter unterteilen, variieren, kombinieren und ergänzen (MUGGLI, in: Praxiskommentar RPG, Bd. I: Nutzungsplanung, Aemisegger/Moor/Ruch/Tschannen [Hrsg.], 2016, N. 11 zu Art. 18 RPG ). Allerdings dürfen sie die in Art. 15 bis 17 geschaffene Ordnung nicht unterlaufen und müssen insbesondere die für das Raumplanungsrecht fundamentale Unterscheidung zwischen Nichtbauzonen und Bauzonen (Trennungsgrundsatz) einhalten (Botschaft vom 27. Februar 1978 zum RPG, BBl 1978 I BGE 143 II 588 S. 594 1026). Sie sind daher entweder der Kategorie Bauzonen oder der Kategorie Nichtbauzonen zuzuordnen (EJPD/BRP, Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung [nachfolgend: Erläuterungen RPG], 1981, Art. 18 N. 2). 2.5.2 Was zur Bauzone zu rechnen ist, wird in Art. 15 RPG bundesrechtlich festgelegt: Lässt die Hauptbestimmung einer Zone regelmässig Bautätigkeiten zu, welche weder mit bodenerhaltenden Nutzungen (vorab der Landwirtschaft) verbunden noch von ihrer Bestimmung her auf einen ganz bestimmten Standort angewiesen sind, so liegt von Bundesrechts wegen eine Bauzone vor, für welche die Kriterien des Art. 15 RPG gelten (EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, a.a.O., Art. 15 N. 5 und Art. 18 N. 2: FLÜCKIGER/GRODECKI, in: Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Aemisegger/Moor/Ruch/Tschannen [Hrsg.], 2010 [Stand Juni 2009], N. 6 zu Art. 15 RPG ; MUGGLI, a.a.O., N. 11 zu Art. 15 RPG ; AEMISEGGER/KISSLING, Praxiskommentar RPG, Bd. I: Nutzungsplanung, N. 29 zu Art. 38a RPG ; WALDMANN/HÄNNI, a.a.O., N. 5 zu Art. 18 RPG ; HALLER/KARLEN, Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht, Bd. I, 1999, Rz. 245; strenger PETER HEER, Die raumplanungsrechtliche Erfassung von Bauten und Anlagen im Nichtbaugebiet, 1996, S. 154-156. Vgl. zur Qualifikation einer Kiesabbauzone Urteil 1A.115/2003 vom 23. Februar 2004 E. 2.2, in: URP 2004 S. 299; RDAF 2005 I S. 581). 2.5.3 Sport- und Freizeitanlagen, die mit einer erheblichen baulichen Veränderung des Raums verbunden sind und nicht auf einen Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen sind, sind daher grundsätzlich in Bauzonen zu realisieren (THOMAS WIDMER DREIFUSS, Planung und Realisierung von Sportanlagen, 2002, S. 145). Dagegen können Zonen für Sport und Erholung als "weitere Zonen" zum Nichtbaugebiet gehören, wenn sie nach Zweck und Lage spezifische Nutzungsbedürfnisse ausserhalb der Bauzone abdecken (vgl. Urteil 1C_33/ 2015 vom 1. Juni 2015 E. 2.4). Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie Teile des Nichtbaugebiets für eine Sport- oder Freizeitaktivität freihalten, die grosse nichtüberbaute Flächen beansprucht (wie z.B. der Ski- oder Golfsport) und hierfür nur eine beschränkte, für die Sportausübung notwendige bauliche Nutzung zulassen (MUGGLI, a.a.O., N. 28 f. zu Art. 18 RPG ; BRANDT/MOOR, in: Commentaire de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire, 2010 [Stand Juni 2010], N. 8 zu Art. 18 RPG ; WALDMANN/HÄNNI, a.a.O., N. 29 f. zu Art. 18 RPG ; vgl. z.B. Urteile 1A.185/2004 vom 25. Juli 2005 E. 2.2 BGE 143 II 588 S. 595 zur Skisportzone; 1C_483/2012 vom 30. August 2013 E. 3.2 und 1C_234/2014 vom 6. Oktober 2014 E. 2.3 zu Reitsportzonen; BGE 134 II 217 und Urteil 1A.19/2007 vom 2. April 2008 zu Golfzonen). 2.6 Art. 70.1 BZR nennt als zulässige Nutzungen insbesondere die Realisierung der Markthalle der Oberwalliser Landwirtschaftskammer (inklusive Parkierung) und einer Ringkuhkampfarena mit Nebenanlagen (Parkierung, Anbindestellen, Tierunterstände, Infrastrukturen). Gemäss Projektwettbewerb sind eine Markthalle von 800 m 2 , eine Arena mit ca. 4'000 Zuschauerplätzen, eine Kantine für 150-200 Personen, Nebenräume (Büro, WC, Küche, Technikraum), ein Materialdepot von 200 m 2 und eine Parkierungsanlage für 100 Personenwagen mit Anhänger (2,5 x 10 m) vorgesehen. Die Hauptbestimmung der Zone ist somit die Zulassung von Bauten und Anlagen. Diese dienen weder der Landwirtschaft (oben E. 2.4), noch sind sie auf einen Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen und sind daher (ähnlich einem Stadion mit Mantelnutzung für Verkaufs- und Dienstleistungen) innerhalb einer solchen zu realisieren. Ob eine Kleinbauzone am vorgesehenen Standort mit dem Konzentrationsprinzip und anderen Zielen und Grundsätzen der Raumplanung vereinbar wäre (wozu sich das ARE und die Gemeinde Raron in ihren Vernehmlassungen kontrovers äussern) und im Detailnutzungsplanverfahren, ohne Änderung des Rahmenzonenplans, erlassen werden könnte, braucht nicht weiter geprüft zu werden: Bis zur Genehmigung der Anpassung des Walliser Richtplans an das revidierte RPG darf die Fläche der rechtskräftig ausgeschiedenen Bauzonen insgesamt nicht vergrössert werden, weshalb die fragliche Zone nicht ohne Kompensation gemäss Art. 52a Abs. 2 RPV hätte genehmigt werden dürfen. Art. 38a Abs. 2 RPG gilt für alle Bauzonen im Sinne von Art. 15 RPG (AEMISEGGER/KISSLING, a.a.O., N. 29 zu Art. 38a RPG ) und damit auch für die vorliegend streitige Zone, unabhängig von ihrer Bezeichnung als "Speziallandwirtschaftszone". 2.7 Nach dem Gesagten erweist sich der angefochtene Detailnutzungsplan als unzulässig und ist aufzuheben. Damit erübrigt sich die Prüfung der übrigen materiell-rechtlichen Rügen (insbesondere zur Koordinationspflicht und zum Lärmschutz). 3. Im Folgenden ist noch kurz auf die verfahrensrechtlichen Rügen der Beschwerdeführerinnen 1 einzugehen. Diese machen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Ausstandspflicht geltend. Der Gemeinderat habe schon am 8. Juni 2015, BGE 143 II 588 S. 596 vor der Einigungsverhandlung vom 9. Juni 2015, über ihre Einsprache entschieden, d.h. der Ausgang des Verfahrens sei nicht mehr offen gewesen. Überdies sei der Gemeindepräsident, der zusammen mit dem Gemeindeschreiber die Einigungsverhandlung durchgeführt habe, befangen gewesen, sei er doch gleichzeitig Präsident des Vereins "Goler Markthalle", dessen Zweck die Planung und Realisierung der Markthalle und der Ringkuhkampfarena sei. Das Kantonsgericht habe diese formellen Rügen nicht näher geprüft und habe somit seinerseits das rechtliche Gehör verletzt. 3.1 Letzterer Vorwurf ist unbegründet: Das Kantonsgericht hat sich (in den E. 3.3 und 4.1) zumindest kurz mit den Rügen der Beschwerdeführerinnen 1 auseinandergesetzt. Dies genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründungspflicht und an das rechtliche Gehör. 3.2 Der Verein "Goler Markthalle" ist Träger des Projekts der Markthalle samt Ringkuhkampfarena und führte dafür Anfang 2015 einen Projektwettbewerb durch. Für die Realisierung seines Projekts ist er auf die streitige Gestaltungsplanung angewiesen. Ist der Gemeindepräsident, der den Gemeinderat präsidierte und die Einspracheverhandlung leitet, gleichzeitig Präsident des Trägervereins, vertritt er nicht nur die Interessen der Planungsbehörde (Gemeinde), sondern auch diejenigen des Bauträgers. Diese Doppelstellung ist objektiv geeignet, den Anschein der Befangenheit zu erwecken. Dagegen liesse sich allerdings einwenden, dass der Gemeindepräsident den Verein nicht als Privatperson präsidiert, sondern als Vertreter der Gemeinde Raron, die selbst - gemeinsam mit der OLK - Vereinsmitglied ist. Würde es sich um ein Projekt der Gemeinde handeln, wäre eine Ausstandspflicht nach ständiger Rechtsprechung zu verneinen, weil die Gemeinde öffentliche und nicht private Interessen verfolgt und der Interessenkonflikt (Zuständigkeit der Gemeinde zur Planung und Bewilligung eigener Projekte) vom Gesetzgeber vorprogrammiert ist (vgl. z.B. Urteile 1C_97/2014 vom 9. Februar 2015 E. 3.4; 1C_278/2010 vom 31. Januar 2011 E. 2.2 und 2.3, in: URP 2011 S. 135). Vorliegend ist aber nicht die Gemeinde, sondern ein Verein Projektträger. Mitglied des Vereins ist auch nicht einzig die Gemeinde Raron, sondern zusätzlich die OLK, die selbst als Verein organisiert ist und Landwirtschaftsbetriebe, Genossenschaften, Verbände und Vereine, Gemeinden, Regionen und Einzelpersonen als Mitglieder zählt BGE 143 II 588 S. 597 ( www.olk.ch/ueber-uns/mitgliedschaft , zuletzt besucht am 8. September 2017). Letztlich kann die Frage offenbleiben, weil eine Verletzung von Art. 29 BV schon aus einem anderen Grund zu bejahen ist: 3.3 Die Einsprache dient der Wahrung des rechtlichen Gehörs im Planungsverfahren. Art. 35 Abs. 1 kRPG schreibt die Einigungsverhandlung als notwendigen Bestandteil des Einspracheverfahrens vor, d.h. die Einsprecher haben Anspruch auf eine mündliche Anhörung. Der Entscheid über die Einsprache (gemäss Art. 35 Abs. 2 kRPG) erfolgt - wie sich schon aus der Gesetzesystematik ergibt - erst im Anschluss an diese Verhandlung. Hat der Gemeinderat - wie hier - schon vorher entschieden, die Einsprache abzuweisen, so hat er sich bereits festgelegt, ohne die Argumente der Einsprecher an der Einspracheverhandlung zur Kenntnis genommen zu haben. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass "unter Vorbehalt des Ausgangs der Einigungsverhandlung" entschieden wurde. Dies gilt jedenfalls wenn - wie hier - im Anschluss an die Einigungsverhandlung keine Information bzw. Sitzung des Gemeinderats mehr stattfindet. In dieser Konstellation verkommt die Einigungsverhandlung zu einer leeren Formalie.
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Sachverhalt ab Seite 13 BGE 135 II 12 S. 13 X., ausgebildete Primarlehrerin, arbeitete zunächst als Lehrerin und Katechetin. Im Jahr 1997 schloss sie erfolgreich einen Theologiekurs für Laien ab; 2004 erlangte sie das Diplom als Körperzentrierte Psychotherapeutin IKP. Von 1999 bis 2002 absolvierte sie eine Aus- und Weiterbildung in Transaktionsanalyse am Eric Berne Institut Zürich. Von 2004 bis 2006 besuchte sie an der Donau Universität Krems (Österreich) den Universitätslehrgang Psychotherapeutische Psychologie, den sie am 28. Juni 2006 mit dem Master of Science abschloss. Seit August 2003 ist X. als delegierte Psychotherapeutin in der Praxis von Dr. med. R. in Zürich tätig mit einem durchschnittlichen Wochenpensum von 24 Stunden. Daneben studiert sie seit Herbst 2005 an der Theologischen Hochschule Chur. Am BGE 135 II 12 S. 14 10. November 2006 wurde X. die Bewilligung zur Berufsausübung als Psychotherapeutin im Kanton Graubünden erteilt. Seit dem 1. Januar 2007 arbeitet sie einen Tag pro Woche als selbständige Psychotherapeutin in Chur. Am 25. Januar 2007 ersuchte X. bei der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich um die Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung als nichtärztliche Psychotherapeutin im Kanton Zürich. Mit Verfügung vom 13. Juni 2007 erteilte die Gesundheitsdirektion die nachgesuchte Bewilligung unter der Bedingung, dass X. eine Erstausbildung im Sinne von § 2 der zürcherischen Verordnung vom 1. Dezember 2004 über die nichtärztlichen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten absolviere. Mit Entscheid vom 15. November 2007 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die von X. sowie der Wettbewerbskommission dagegen erhobenen Beschwerden gut, stellte fest, dass die Verfügung der Gesundheitsdirektion vom 13. Juni 2007 den Marktzugang in unzulässiger Weise beschränke, hob die genannte Verfügung auf und wies die Gesundheitsdirektion an, X. die Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung der nichtärztlichen Psychotherapie bedingungslos zu erteilen. Mit Eingabe vom 7. Januar 2008 erhebt der Kanton Zürich, handelnd durch die Gesundheitsdirektion, beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, mit welcher die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts beantragt und darum ersucht wird, die Sache an das Verwaltungsgericht oder an die Gesundheitsdirektion zurückzuweisen, mit der Anweisung, "ein Verfahren durchzuführen, in dem zu beurteilen ist, welche zusätzlichen Studienleistungen im Bereich der Psychologie die Gesuchsgegnerin im Sinn einer Auflage oder Bedingung gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM zu erbringen hat". Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann ( Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG ). BGE 135 II 12 S. 15 1.2 1.2.1 Da das in der vorliegenden Beschwerde als verletzt angerufene Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM; SR 943.02) ein (besonders ausgestaltetes) Behördenbeschwerderecht im Sinne von Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG nur der Wettbewerbskommission einräumt (vgl. Art. 9 Abs. 2 bis BGBM in der Fassung vom 16. Dezember 2005 und dazu die betreffende Botschaft in: BBl 2005 S. 489-491), kann sich die Legitimation des Kantons einzig aus Art. 89 Abs. 1 BGG ergeben (vgl. dazu auch BGE 133 II 400 E. 2.4.1 S. 405 f.). Nach dem allgemeinen Beschwerderecht von Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Diese Regelung ist zwar in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater betroffen wird. Darüber hinaus können Gemeinwesen zur Beschwerde gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG legitimiert sein, soweit sie in schutzwürdigen eigenen hoheitlichen Interessen berührt sind (vgl. zum Ganzen BGE 134 II 45 E. 2.2.1 S. 46 f.; BGE 133 II 400 E. 2.4.2 S. 406, je mit Hinweisen). Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung verschafft jedoch noch keine Beschwerdebefugnis ( BGE 134 II 45 E. 2.2.1 S. 47 mit Hinweisen). 1.2.2 Das angefochtene Urteil verpflichtet den Kanton Zürich, einer Gesuchstellerin gestützt auf die Regeln des Binnenmarktgesetzes die Bewilligung zur selbständigen Ausübung eines reglementierten Berufes zu erteilen. Durch einen einzelnen Zulassungsentscheid wird ein Kanton in der Regel noch nicht in relevantem Mass in schutzwürdigen eigenen Hoheitsinteressen betroffen (vgl. zur analogen Situation bei Anfechtung einer einzelnen ausländerrechtlichen Bewilligung: BGE 134 II 45 E. 2.2.2 S. 47 f.). Eine erhöhte Tragweite kann einem solchen Einzelentscheid dann zukommen, wenn er voraussichtlich als Präjudiz die Erteilung einer erheblichen Anzahl weiterer Bewilligungen nach sich ziehen wird. Durch das Risiko einer solchen Entwicklung werden schutzwürdige hoheitliche Interessen des Kantons dann in erheblicher Weise berührt, wenn - wie dies vorliegend zutrifft - die zu erteilenden Bewilligungen der BGE 135 II 12 S. 16 geltenden kantonalen Gesetzgebung widersprechen und zugleich bedeutsame gesundheitspolizeiliche und -politische Interessen auf dem Spiele stehen. Die Beschwerdelegitimation des Kantons Zürich nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist daher vorliegend insoweit zu bejahen, als es um die der streitigen Bewilligungserteilung zugrunde liegende allgemeine Würdigung des geltend gemachten binnenmarktrechtlichen Zulassungsanspruches geht, unter Ausklammerung der rein individuellen Aspekte des streitigen Einzelfalles (vgl. zur ähnlichen Verfahrenslage bei der Überprüfung gegenstandslos gewordener, aber künftig erneut möglicher Anordnungen: BGE 131 II 670 E.1.2 S. 674 mit Hinweisen). 1.2.3 Wenn ein Kanton als Gemeinwesen gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG als Rechtsmittelkläger handeln will, obliegt seine prozessuale Vertretung in der Regel dem Regierungsrat als oberster Exekutivbehörde, welche den Kanton von Verfassungs wegen nach aussen vertritt ( BGE 134 II 45 E. 2.2.3 S. 48 mit Hinweis; vgl. auch Art. 71 Abs. 1 lit. c der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 [SR 131.211]). Will eine nachgeordnete Behörde namens des Kantons Beschwerde führen, hat sie ihre Vertretungsbefugnis explizit darzutun (zit. BGE, a.a.O.), sei es durch einen entsprechenden speziellen Ermächtigungsbeschluss der Kantonsregierung oder durch Angabe der sie zur Prozessführung namens des Kantons berechtigenden kantonalen Vorschriften. Die Gesundheitsdirektion durfte aufgrund der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis davon ausgehen, dass sie in Fragen des Gesundheitswesens als zur prozessualen Vertretung des Kantons berechtigt angesehen wird (vgl. etwa Urteil 2A.505/2006 vom 29. Juni 2007; vgl. auch BGE 133 II 400 betreffend die Befugnis eines solothurnischen Departements, für den Kanton Beschwerde zu führen), weshalb im vorliegenden Verfahren von der Vorlage weiterer Belege für die Vertretungsbefugnis abgesehen wird. Für künftige Verfahren bleibt dieser Nachweis vorbehalten. (...) 2. 2.1 Gemäss Art. 2 Abs. 4 BGBM in der revidierten Fassung vom 16. Dezember 2005 (in Kraft seit 1. Juli 2006) darf eine Person, welche an einem Ort in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit rechtmässig ausübt, sich zur Ausübung dieser Tätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz niederlassen und diese Tätigkeit, unter Vorbehalt von Art. 3 BGBM , nach den Vorschriften des Ortes der BGE 135 II 12 S. 17 Erstniederlassung ausüben; dies gilt selbst nach Aufgabe der Tätigkeit am Ort der Erstniederlassung. Nach Art. 3 BGBM kann der Anspruch Ortsfremder auf freien Zugang zum Markt nach den Vorschriften des Herkunftsortes unter gewissen Voraussetzungen zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen des Bestimmungsortes in Form von Auflagen oder Bedingungen eingeschränkt werden. Dabei gilt aber die gesetzliche Vermutung der Gleichwertigkeit der Marktordnungen ( Art. 2 Abs. 5 BGBM ). Entsprechend dieser Ordnung sieht Art. 4 BGBM vor, dass kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz Geltung haben, sofern sie nicht Beschränkungen nach Art. 3 BGBM unterliegen. Ein Kernanliegen der Revision des Binnenmarktgesetzes vom 16. Dezember 2005 war die Ausdehnung des freien Marktzugangs nach Massgabe der Herkunftsvorschriften auf die gewerbliche Niederlassung, womit die berufliche Mobilität innerhalb der Schweiz weiter erleichtert und die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft gestärkt werden sollte (vgl. Botschaft vom 24. November 2004 zur betreffenden Revision, in: BBl 2005 S. 481). Die Gesetzesänderung erfolgte vor dem Hintergrund, dass es die bundesgerichtliche Rechtsprechung - zum einen mit Blick auf den damaligen Wortlaut von Art. 2 BGBM und zum anderen aus Überlegungen des territorialen Geltungsbereichs der verschiedenen kantonalen Rechtsordnungen im föderalistischen Staatssystem - abgelehnt hatte, das Herkunftsprinzip auch im Bereich der (gewerblichen) Niederlassungsfreiheit zur Anwendung zu bringen (grundlegend BGE 125 I 276 E. 4 S. 278 ff.; ferner BGE 125 I 322 E. 2 S. 324 ff.; betreffend Psychotherapeuten BGE 128 I 92 E. 3 S. 98; Urteil 2A.409/2003 vom 8. Juni 2004, E. 3; Botschaft, a.a.O., S. 472 ff.). Im Weiteren sollte mit der Revision die Ausnahmebestimmung von Art. 3 BGBM , welche unter gewissen Umständen Beschränkungen des freien Marktzugangs zulässt, enger gefasst und eine widerlegbare Vermutung der Gleichwertigkeit kantonaler und kommunaler Marktzugangsregelungen explizit im Gesetz verankert werden (Botschaft, a.a.O., S. 481 f.; vgl. zum Binnenmarktgesetz in seiner revidierten Fassung auch BGE 134 II 329 E. 5.2 und E. 6; ferner THOMAS ZWALD, Das Bundesgesetz über den Binnenmarkt, in: Thomas Cottier/Matthias Oesch [Hrsg.], Allgemeines Aussenwirtschafts- und Binnenmarktrecht, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR] Bd. XI, 2. Aufl., Basel 2007, S. 420 ff.; KLAUS A. VALLENDER/PETER HETTICH/JENS LEHNE, BGE 135 II 12 S. 18 Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung, 4. Aufl., Bern 2006, S. 449 ff.). 2.2 Das Verwaltungsgericht stellte im angefochtenen Entscheid die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung zur Ausübung des Psychotherapeutenberufs nach den massgeblichen Bestimmungen des Kantons Graubünden jenen des Kantons Zürich gegenüber und kam dabei zum Ergebnis, dass mit Blick auf die damit verfolgten, identischen öffentlichen Interessen (Gesundheits- bzw. Patientenschutz) von gleichwertigen Zulassungssystemen im Sinne von Art. 2 Abs. 5 BGBM auszugehen sei. In einem solchen Fall bestehe von vornherein kein Raum mehr für eine Auflage oder Bedingung gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM ; eine Beschränkung des durch Art. 2 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 BGBM garantierten Marktzugangs sei weder verhältnismässig noch unerlässlich (Art. 3 Abs. 1 lit. c bzw. b BGBM). 2.3 Der beschwerdeführende Kanton Zürich macht im Wesentlichen geltend, der vom Verwaltungsgericht zwischen den beiden Marktzugangsordnungen der Kantone Zürich und Graubünden angestellte "abstrakte" Vergleich entspreche nicht den Vorgaben von Art. 2 Abs. 5 BGBM . Vielmehr hätte die konkrete Qualifikation der Beschwerdegegnerin an den Zulassungskriterien des Kantons Zürich gemessen und aufgrund des Ergebnisses, dass diese Anforderungen, namentlich jene eines umfassenden psychologischen Hochschulstudiums im Hauptfach, offensichtlich nicht erfüllt seien, eine Verhältnismässigkeitsprüfung gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM durchgeführt werden müssen. Indem das Verwaltungsgericht dem Kanton eine solche Prüfung nicht zugestanden habe, verletze es das Binnenmarktgesetz. Ergänzend wird gerügt, das angefochtene Urteil habe die kantonalen Vorschriften über die berufsmässige selbständige Ausübung der Psychotherapie in einer dem Binnenmarktgesetz widersprechenden Weise ausgelegt und angewandt ( Art. 49 BV ). Das System der Anerkennung von Fähigkeitsausweisen für Erwerbstätigkeiten der Europäischen Gemeinschaft, welches gemäss Art. 4 Abs. 3 bis BGBM auch im innerstaatlichen Verhältnis massgeblich sei, erlaube es, die Dauer und den Inhalt der absolvierten Ausbildung zu berücksichtigen. Daraus sei abzuleiten, dass im Rahmen einer Gleichwertigkeitsprüfung mindestens die im Herkunftskanton tatsächlich angewandten Zulassungsregeln mit den im Bestimmungskanton für die Erstzulassung geltenden Zulassungsregeln verglichen werden müssten. BGE 135 II 12 S. 19 2.4 Die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts, welches die einschlägigen Zulassungsregeln gemäss bündnerischer Gesetzgebung mit jenen der zürcherischen verglich, lässt sich nicht beanstanden. Die gesetzliche Vermutung der Gleichwertigkeit von Art. 2 Abs. 5 BGBM bezieht sich auf die Marktzugangsordnungen selber, wie sie sich aus den massgeblichen generell-abstrakten Bestimmungen im kantonalen bzw. kommunalen Recht sowie der darauf gründenden Praxis ergeben, und verlöre ihren Sinn, müsste die fachliche Befähigung des Ansprechers - einem neuerlichen Zulassungsverfahren gleich - vom Bestimmungskanton abermals individuell (rück-)überprüft werden. Dies muss im Grundsatz auch dann gelten, wenn die Marktzulassung - wie vorliegend - an das Vorhandensein eines Fähigkeitsausweises im Sinne von Art. 4 BGBM anknüpft. Anders lägen die Dinge dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ansprecher die Voraussetzungen für die seinerzeitige Erteilung des Fähigkeitsausweises bzw. die Marktzulassung im Herkunftskanton gar nie erfüllt hat oder zwischenzeitlich nicht mehr erfüllt oder die dort zuständige Behörde die betreffenden Vorgaben ihrer eigenen Zulassungsordnung systematisch missachtet. Solches ist vorliegend weder ersichtlich noch dargetan, weshalb das Verwaltungsgericht davon ausgehen durfte, dass die zuständige bündnerische Behörde die dortigen Bewilligungsanforderungen korrekt angewendet hat. Was die vom Beschwerdeführer geforderte Verhältnismässigkeitsprüfung gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM anbelangt, ist ihm zu entgegnen, dass gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. a BGBM eine Beschränkung des Marktzugangs von Gesetzes wegen dann als nicht verhältnismässig anzusehen ist, wenn der hinreichende Schutz überwiegender öffentlicher Interessen, welche im vorliegenden Zusammenhang vornehmlich im Schutz der öffentlichen Gesundheit zu erblicken sind, bereits durch die Vorschriften des Herkunftskantons erreicht wird. Kommt mithin die Prüfung im angefochtenen Entscheid unter Berücksichtigung der in Frage stehenden Schutzgüter zum Ergebnis, es lägen gleichwertige Marktzugangsordnungen im Sinne von Art. 2 Abs. 5 BGBM vor, so bleibt für eine zusätzliche Verhältnismässigkeitsprüfung nach dem dargelegten gesetzgeberischen Konzept kein Raum. 2.5 Das Verwaltungsgericht durfte vorliegend zulässigerweise von der Gleichwertigkeit der beiden Zulassungssysteme ausgehen. Sowohl die Bündner als auch die Zürcher Gesetzgebung sehen als Bewilligungsvoraussetzung für Psychotherapeuten eine genügende BGE 135 II 12 S. 20 Erstausbildung, eine entsprechende Spezialausbildung sowie psychotherapeutische Praxis vor (vgl. für den Kanton Graubünden Art. 29 ff. des Gesetzes vom 2. Dezember 1984 über das Gesundheitswesen in Verbindung mit Art. 15 der Verordnung vom 28. März 2006 zum Gesundheitsgesetz [im Folgenden: Gesundheitsverordnung]; für den Kanton Zürich § 22 des Gesetzes vom 4. November 1962 über das Gesundheitswesen bzw. § 27 des neuen, auf den 1. Juli 2008 in Kraft gesetzten Gesundheitsgesetzes vom 2. April 2007 in Verbindung mit §§ 1 ff. der Verordnung vom 1. Dezember 2004 über die nichtärztlichen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten). Während die beiden Zulassungssysteme bezüglich der verlangten Spezialausbildung und der psychotherapeutischen Praxis nur in untergeordneter Weise voneinander abweichen, besteht ein Unterschied hinsichtlich der Anforderungen an die Grundausbildung: Der Kanton Zürich setzt ein abgeschlossenes Psychologiestudium einschliesslich Psychopathologie an einer Schweizer Hochschule voraus, wogegen der Kanton Graubünden neben einem Studienabschluss in Psychologie auch einen solchen in einer anderen Humanwissenschaft in Verbindung mit Psychologie als Nebenfach unter Einschluss der Psychopathologie und Neurosenlehre genügen lässt. Ein Studienabschluss an einer mit den schweizerischen Hochschulen vergleichbaren ausländischen Hochschule wird vom Kanton Graubünden anerkannt (vgl. nunmehr auch § 27 Abs. 1 lit. a des neuen zürcherischen Gesundheitsgesetzes vom 2. April 2007). Sodann ist das bündnerische Gesundheitsamt ermächtigt, "in begründeten Fällen eine abweichende Grundausbildung" anzuerkennen (Art. 15 lit. a der bündnerischen Gesundheitsverordnung), was nach den einschlägigen Richtlinien des kantonalen Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartements dann ausnahmsweise möglich ist, wenn ein Hochschulabschluss nachgewiesen wird und die fehlenden Fächer im Rahmen eines Ergänzungsstudiums auf Universitäts- oder Fachhochschulniveau ergänzt wurden. Das Bundesgericht hat die Zulassungsregelung in der zürcherischen Gesundheitsgesetzgebung mit dem Erfordernis eines Hochschulstudiums in Psychologie einschliesslich Psychopathologie in Verbindung mit den übrigen Voraussetzungen als konsistente Regelung bezeichnet, die einen wirksamen Gesundheitsschutz gewährleiste. Es liess jedoch durchblicken, dass ebenso hätte in Betracht gezogen werden können, als Erstausbildung einen Hochschulabschluss geisteswissenschaftlicher Art, wie Philosophie, Pädagogik oder Theologie, genügen zu lassen, ergänzt durch eine BGE 135 II 12 S. 21 entsprechende Zusatzausbildung (vgl. BGE 128 I 92 E. 2c S. 97). Wenn der Kanton Graubünden sich für ein solches Zulassungsmodell entschieden hat, durfte das Verwaltungsgericht von einer gleichwertigen Marktzugangsordnung im Sinne von Art. 2 Abs. 5 BGBM ausgehen. Eine zusätzliche Verhältnismässigkeitsprüfung gemäss Art. 3 Abs. 1 BGBM erübrigte sich demgemäss (oben E. 2.4). Gründe des öffentlichen Interesses, welche gegenüber Inhabern der bündnerischen Berufsausübungsbewilligung das Absolvieren der verlangten Erstausbildung im Hinblick auf das im Kanton Zürich angestrebte Schutzniveau als geradezu "unerlässlich" (im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. b BGBM ) erscheinen lassen würden, sind nicht ersichtlich. Bei der Abwägung des seitens des Beschwerdeführers geltend gemachten polizeilichen Interesses gegenüber dem (durch das Binnenmarktgesetz geschützten) Interesse am freien Marktzugang fällt vorliegend ausserdem ins Gewicht, dass auch verschiedene andere Kantone neben einem Hochschulstudium in Psychologie Hochschulabschlüsse mit anderen gleichwertigen Fächerverbindungen genügen lassen (vgl. die entsprechende Übersicht im erläuternden Bericht vom Mai 2005 des Bundesamts für Gesundheit zum Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die Psychologieberufe, Ziff. 1.5 S. 12 f.) und die zürcherische Regelung als sich durch "recht hohe Anforderungen" auszeichnend charakterisiert wird (vgl. UELI KIESER, Die Zulassung zur psychotherapeutischen Tätigkeit, in: AJP 2007 S. 287 f.). Hinzu kommt, dass ursprünglich auch die Regierung des Kantons Zürich den Verzicht auf die Forderung eines Hochschulabschlusses in Psychologie im Hauptfach als vertretbar erachtete und dass aufgrund der getroffenen Übergangsregelung (vgl. dazu BGE 128 I 92 E. 4 S. 99 f.) eine beträchtliche Anzahl der im Kanton praktizierenden Psychotherapeuten diese Voraussetzung heute nicht erfüllen. Ob die streitige Zulassungsvoraussetzung letztlich vor allem auf standespolitischen Überlegungen der Berufsverbände beruht, wie dies seitens der Beschwerdegegnerin geltend gemacht wird, kann dahingestellt bleiben. Es ist dem Kanton Zürich nach dem Gesagten jedenfalls zumutbar, Inhaber der bündnerischen Berufsausübungsbewilligung ohne die verlangte qualifizierte Erstausbildung zur selbständigen Berufsausübung zuzulassen. Dem Verwaltungsgericht kann nicht vorgeworfen werden, sein Entscheid beruhe auf einer unrichtigen Auslegung und Anwendung des Binnenmarktgesetzes. BGE 135 II 12 S. 22 2.6 Soweit der Kanton Zürich losgelöst von den vorstehend behandelten generellen Aspekten die individuelle Ausbildung der Beschwerdegegnerin in Frage stellt, fehlt ihm hiezu nach dem Gesagten (oben E. 1.2.2) die erforderliche Legitimation.
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Sachverhalt ab Seite 367 BGE 138 III 366 S. 367 A. Z. (Ehemann) reichte am 28. Januar 2011 beim Kantonsgericht Zug eine Scheidungsklage gegen X. (Ehefrau) ein. Er ersuchte darin um Vorladung zu einer Einigungsverhandlung. Die Referentin am Kantonsgericht Zug stellte X. die Klage am 1. Februar 2011 zur Einreichung einer Klageantwort zu. X. ersuchte am 7. Februar 2011 darum, ihr die Frist zur Einreichung einer Klageantwort abzunehmen und die Parteien gemäss Art. 291 ZPO zu einer Einigungsverhandlung vorzuladen. Die Referentin teilte ihr daraufhin am 11. Februar 2011 mit, die Scheidungsklage enthalte eine Kurzbegründung, weshalb kein Raum für eine Einigungsverhandlung bestehe und an der angesetzten Frist festgehalten werde. Dagegen erhob X. am 18. Februar 2011 Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zug. Das Obergericht trat mit Präsidialverfügung vom 21. Februar 2011 auf die Beschwerde nicht ein. Hierauf gelangte X. mit Beschwerde vom 24. März 2011 an das Bundesgericht. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde mit Urteil vom 5. August 2011 teilweise gut, hob die angefochtene Präsidialverfügung auf und wies die Angelegenheit zu neuer Beurteilung an das Obergericht zurück (Urteil 5A_233/2011, teilweise publ. in: BGE 137 III 380 ). Das Obergericht nahm das Verfahren daraufhin wieder auf und wies mit Urteil vom 10. November 2011 die kantonale Beschwerde ab. Zugleich setzte es X. eine neue Frist von zwanzig Tagen zur Einreichung einer Klageantwort. B. Dagegen hat X. (Beschwerdeführerin) am 14. Dezember 2011 Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils vom 10. November 2011 und die Rückweisung der Angelegenheit an das Kantonsgericht zur Vorladung der Parteien zur Einigungsverhandlung. Das Obergericht beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Z. (Beschwerdegegner) hat auf Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Zu klären ist, ob die Einigungsverhandlung ( Art. 291 ZPO ; SR 272) durchgeführt werden muss und - wenn dies bejaht wird - ob der vom Obergericht angeordnete Ablauf (Einholung einer Klageantwort vor Durchführung der Einigungsverhandlung) zulässig ist. BGE 138 III 366 S. 368 3.1 Die Einigungsverhandlung ist eine Besonderheit des durch Klage eingeleiteten Scheidungsverfahrens ( Art. 290-293 ZPO ). Gemäss Art. 291 ZPO lädt das Gericht die Ehegatten zu einer Verhandlung vor und klärt ab, ob der Scheidungsgrund gegeben ist (Abs. 1). Steht der Scheidungsgrund fest, so versucht das Gericht zwischen den Ehegatten eine Einigung über die Scheidungsfolgen herbeizuführen (Abs. 2). Steht der Scheidungsgrund nicht fest oder kommt keine Einigung zustande, so setzt das Gericht der klagenden Partei Frist, eine schriftliche Klagebegründung nachzureichen. Bei Nichteinhalten der Frist wird die Klage als gegenstandslos abgeschrieben (Abs. 3). 3.1.1 Zu beachten ist zunächst die systematische Stellung von Art. 291 ZPO : Die Norm folgt auf Art. 290 ZPO , der die Einreichung der Scheidungsklage regelt (vgl. dazu auch unten E. 3.2), und steht vor Art. 292 ZPO , der den Fortgang des Verfahrens nach der Einigungsverhandlung insofern regelt, als er die Voraussetzungen nennt, unter denen ein Wechsel zur Scheidung auf gemeinsames Begehren stattfindet oder unterbleibt. 3.1.2 Die Vorladung zur Einigungsverhandlung ist in Abs. 1 von Art. 291 ZPO geregelt. Diese Bestimmung stellt nach ihrem Wortlaut die Durchführung der Einigungsverhandlung weder ins Ermessen des Gerichts noch sieht sie Ausnahmen von der Durchführung vor. Die Durchführung der Einigungsverhandlung hängt nach dem Wortlaut auch nicht davon ab, dass eine oder beide Parteien zuvor einen entsprechenden Antrag gestellt haben. 3.1.3 Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich Folgendes: Art. 291 Abs. 1 ZPO entspricht wörtlich Art. 286 Abs. 1 des Entwurfs zur ZPO (BBl 2006 7481 [fortan: E-ZPO]). Die bundesrätliche Botschaft geht vom fakultativen Charakter der Einigungsverhandlung aus. Zunächst spricht sie davon, dass das Gericht "eine allfällige Einigungsverhandlung" anhand des Mindestinhalts einer Scheidungsklage sinnvoll vorbereiten kann. Sodann umschreibt sie den Inhalt des - später gestrichenen - Abs. 2 von Art. 285 E-ZPO (der damalige Abs. 1 von Art. 285 E-ZPO entspricht dem heutigen Art. 290 ZPO ), wonach eine Partei in der Klage verlangen kann, dass das Gericht über die Scheidungsfolgen eine Einigungsverhandlung durchführt. Schliesslich - so die Botschaft weiter - könne eine Einigungsverhandlung vom Gericht aber auch von Amtes wegen angeordnet werden, insbesondere wenn die klagende Partei eine schriftlich begründete Scheidungsklage eingereicht habe (Botschaft vom BGE 138 III 366 S. 369 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7365 Ziff. 5.20.2 zu Art. 285-288 des Entwurfs [fortan: Botschaft ZPO]). Der Hinweis, dass die Einigungsverhandlung bloss "allfällig" stattfindet, zeigt, dass sie nicht zwingend sein sollte. Den weiteren soeben dargestellten Aussagen der Botschaft lässt sich das Konzept entnehmen, dass das Gericht zwar von sich aus (d.h. von Amtes wegen) eine Einigungsverhandlung anordnen kann, wenn ein Parteiantrag auf Durchführung einer Einigungsverhandlung fehlt. Dabei sollte es sich aber offenbar um einen Ermessensentscheid handeln. Der damalige Abs. 1 von Art. 286 E-ZPO, der wörtlich dem heutigen Art. 291 Abs. 1 ZPO entspricht, scheint insoweit als "Kann"-Bestimmung gedeutet worden zu sein. Die Aussagen der Botschaft sind allerdings im Zusammenhang mit dem gestrichenen Abs. 2 von Art. 285 E-ZPO zu lesen, so dass sie für die Auslegung von Art. 291 ZPO in seinem heutigen systematischen Zusammenhang nicht entscheidend sein können. Wie sich dem Protokoll der nationalrätlichen Rechtskommission vom 15./16. November 2007, S. 11, entnehmen lässt (vgl. dazu DANIEL BÄHLER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 2 zu Art. 291 ZPO ) wurde in einer späteren Gesetzgebungsphase ein Widerspruch zwischen Art. 285 Abs. 2 E-ZPO und Art. 286 E-ZPO (d.h. dem heutigen Art. 291 ZPO ) gesehen (ebenso MARIANNE HAMMER-FELDGES, Von der Geduld der Scheidungsparteien, FamPra.ch 2007 S. 857), wobei die Wichtigkeit betont wurde, eine Einigungsverhandlung durchzuführen. Abs. 2 von Art. 285 E-ZPO wurde daraufhin gestrichen. BÄHLER (a.a.O., N. 2 zu Art. 291 ZPO ) schliesst aus dieser Änderung, dass die Einigungsverhandlung grundsätzlich immer durchzuführen ist. 3.1.4 Die Einigungsverhandlung hat einen zweifachen Gegenstand, nämlich Scheidungsgrund und Scheidungsfolgen. Demgemäss erfüllt sie mehrere Zwecke. Einerseits tritt sie an die Stelle der im Scheidungsverfahren nicht vorgesehenen Schlichtung ( Art. 198 lit. c ZPO ). Die Schlichtungsfunktion zeigt sich in Art. 291 Abs. 2 ZPO . Demnach versucht das Gericht, eine Einigung zwischen den Parteien über die Scheidungsfolgen herbeizuführen, sofern der Scheidungsgrund feststeht. Zudem stellt die Einigungsverhandlung die Weichen für die Weiterführung des Scheidungsprozesses (DANIEL STECK, Bemerkungen zu Urteil 5A_233/2011, FamPra.ch 2011 S. 990 ff., spricht BGE 138 III 366 S. 370 von Triagefunktion). Dafür ist entscheidend, ob der Scheidungsgrund festgestellt werden kann oder nicht und im letzteren Fall, ob sich die Parteien immerhin im Scheidungspunkt einig sind. Je nachdem ist ein Wechsel zur Scheidung auf gemeinsames Begehren noch möglich oder nicht ( Art. 292 ZPO ; zum Ganzen: Botschaft ZPO, a.a.O.). 3.1.5 Die Berücksichtigung all dieser Elemente führt zum Schluss, dass die Einigungsverhandlung grundsätzlich immer durchzuführen ist. Dafür sprechen zunächst der Wortlaut und die systematische Stellung von Art. 291 Abs. 1 ZPO . Sie bilden einen Hinweis darauf, dass das Gericht nach Eingang einer Scheidungsklage von sich aus, d.h. von Amtes wegen, und grundsätzlich in jedem Fall zu einer Einigungsverhandlung vorladen soll, da sich im Gesetz keine gegenteiligen Anhaltspunkte oder Vorbehalte finden. Die Entstehungsgeschichte deckt diese Lesart, auch wenn die Botschaft zunächst von einem gegenteiligen Konzept ausgegangen ist. Zwar sagt die parlamentarische Entscheidung, auf einen Parteiantrag (Abs. 2 von Art. 285 E-ZPO) zu verzichten, nicht direkt etwas darüber aus, ob das Gericht die Einigungsverhandlung in jedem Fall ansetzen muss oder ob es darüber nach Belieben - aber eben ohne Rücksicht auf einen Parteiantrag - befinden kann. Allerdings ergibt sich aus der Stossrichtung der damaligen Diskussion, dass das Gericht die Verhandlung durchführen soll. Dafür sprechen schliesslich auch die dargestellten Zwecke der Einigungsverhandlung. Der Versuch, eine Einigung über die Scheidungsfolgen zu erzielen, geniesst auch unter der ZPO hohen Stellenwert (vgl. DENIS TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 3 zu Art. 291 ZPO ) und soll möglichst frühzeitig unternommen werden. Schliesslich geht auch die Lehre zu grossen Teilen davon aus, dass die Einigungsverhandlung grundsätzlich obligatorisch durchzuführen ist (BÄHLER, a.a.O., N. 2 zu Art. 291 ZPO ; FABIENNE HOHL, Procédure civile, Bd. II, 2. Aufl. 2010, Rz. 2076; STECK, a.a.O., S. 990 ff.; TAPPY, a.a.O., N. 3 zu Art. 291 ZPO ; a.A. SUTTER-SOMM/LAZIC, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 5 f. zu Art. 291 ZPO , die unter Hinweis auf die Botschaft namentlich bei begründeten Scheidungsklagen auf das Ermessen des Gerichts verweisen). Ob und unter welchen Umständen Ausnahmen zuzulassen sind und auf die Durchführung einer Einigungsverhandlung allenfalls verzichtet werden kann (vgl. BÄHLER, a.a.O., N. 4 f. zu Art. 291 ZPO ; STECK, a.a.O., S. 993), braucht vorliegend nicht beurteilt zu werden. Entsprechende Umstände, die einen Verzicht BGE 138 III 366 S. 371 nahelegen könnten, sind nicht dargetan und beide Parteien sind offenbar an der Durchführung einer Einigungsverhandlung interessiert. 3.2 Es bleibt zu prüfen, ob das Gericht vor der Durchführung der Einigungsverhandlung eine Klageantwort einholen darf. Dabei ist zu beachten, dass Art. 290 ZPO erlaubt, eine Scheidungsklage ohne schriftliche Begründung einzureichen. Sie muss einzig die in lit. a-f dieser Norm aufgeführten Elemente (insbesondere Rechtsbegehren, Bezeichnung des Scheidungsgrundes, Belege) enthalten. Die klagende Partei kann allerdings eine schriftliche Begründung beifügen und sie kann einen Mittelweg wählen, und die Klage lediglich summarisch oder teilweise begründen (ROLAND FANKHAUSER, in: Scheidung, FamKomm, Bd. II: Anhänge, 2. Aufl. 2011, N. 5 zu Art. 290 ZPO ; TAPPY, a.a.O., N. 17 f. zu Art. 290 ZPO ; a.A. SUTTER-SOMM/LAZIC, a.a.O., N. 32 zu Art. 290 ZPO , die eine blosse Teilbegründung für unzulässig halten). 3.2.1 Die Lehre ist in der Frage gespalten, ob vor der Einigungsverhandlung eine Klageantwort (im Sinne von Art. 222 ZPO ) oder eine schriftliche Stellungnahme eingeholt werden darf oder sogar muss oder ob dies nicht der Fall ist. Während ein Teil - generell oder zumindest bei begründeter Klage - eine Klageantwort bzw. eine Stellungnahme fordert oder den Entscheid darüber ins Ermessen des Gerichts stellt (BÄHLER, a.a.O., N. 18 zu Art. 290 ZPO ; GIORGIO A. BERNASCONI, in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], Cocchi und andere [Hrsg.], 2011, S. 1299; SUTTER-SOMM/LAZIC, a.a.O., N. 32 zu Art. 290 ZPO und N. 5 zu Art. 291 ZPO ), geht ein anderer Teil davon aus, dass das Gericht keine Klageantwort oder Stellungnahme einholt bzw. keine solche verlangen darf (SPÜHLER/DOLGE/GEHRI, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2010, 11. Kap. Rz. 367; STECK, a.a.O., S. 990 f.; TAPPY, a.a.O., N. 5 zu Art. 291 ZPO ; FRANÇOIS VOUILLOZ, Les procédures du code de procédure civile suisse relatives au droit de la famille [ art. 271 à 307 CPC], Jusletter 8. Februar 2010 Rz. 117). Die Vorinstanz hat sich auf die Ansicht BÄHLERS (a.a.O., N. 18 zu Art. 290 ZPO ) gestützt. BÄHLER führt aus, bei Vorliegen einer Klagebegründung sei es sinnvoll, der beklagten Partei analog zu Art. 245 Abs. 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme anzusetzen. An der Einigungsverhandlung solle nämlich Waffengleichheit herrschen und die Aussichten auf eine Einigung wären beeinträchtigt, wenn das Gericht bei seiner Vorbereitung nur über Anträge und Unterlagen einer BGE 138 III 366 S. 372 Seite verfügen würde. Die Vorinstanz hat alsdann aber nicht eine schriftliche Stellungnahme in Analogie zu Art. 245 Abs. 2 ZPO angeordnet, sondern eine Klageantwort, ohne sich ausdrücklich zur umstrittenen Frage zu äussern, ob und inwiefern unter diesen beiden Rechtsschriften dasselbe zu verstehen ist (vgl. dazu STEPHAN MAZAN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 17 zu Art. 245 ZPO ). 3.2.2 Die Ansicht der Vorinstanz und derjeniger Autoren, die eine Klageantwort bzw. eine Stellungnahme vorsehen, findet im Gesetz keine Stütze. Sie führt zu einer Umkehr der vom Gesetz vorgesehenen Reihenfolge von Einigungsverhandlung und Schriftenwechsel. Nicht nur sehen Art. 290 und 291 ZPO im Vorfeld der Einigungsverhandlung keine Klageantwort oder eine sonstige Form eines obligatorischen Schriftenwechsels vor. Aus Art. 291 Abs. 3 ZPO lässt sich vielmehr ableiten, dass der eigentliche Schriftenwechsel erst nach der Einigungsverhandlung stattfinden soll. Gemäss dieser Bestimmung setzt das Gericht der klagenden Partei eine Frist zur schriftlichen Klagebegründung, sofern in der Einigungsverhandlung der Scheidungsgrund nicht festgestellt werden kann oder keine Einigung zustande kommt. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Scheidungsklage bereits eine Begründung enthält, denn es kann sein, dass die klagende Partei diese als nicht abschliessend verstanden hat und sie diese - gerade auch im Lichte des in der Einigungsverhandlung Diskutierten - ergänzen möchte (BEATRICE VAN DE GRAAF, in: ZPO, Kurzkommentar, Paul Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 291 ZPO ; TAPPY, a.a.O., N. 18 zu Art. 290 ZPO und N. 25 f. zu Art. 291 ZPO ). Es ist zwar zuzugeben, dass es für das Gericht zur Vorbereitung der Einigungsverhandlung nützlich ist, den Standpunkt der beklagten Partei zu kennen. Auch die beklagte Partei kann ein Interesse daran haben, dass das Gericht bereits in dieser Phase ihre Auffassung kennt und in der Vorbereitung berücksichtigen kann. Es kann ihr denn auch nicht verwehrt sein, vor der Einigungsverhandlung durch eine schriftliche Eingabe von sich aus zur Klage Stellung zu nehmen, eigene Unterlagen einzureichen und Anträge zu stellen. Das Gericht muss eine solche Eingabe in der Einigungsverhandlung berücksichtigen (TAPPY, a.a.O., N. 5 zu Art. 291 ZPO ). Das Gericht darf die Klage der beklagten Partei - z.B. zusammen mit der Ansetzung des Termins zur Einigungsverhandlung - auch mit dem Hinweis zustellen, dass ihr die Stellungnahme zur Klage freigestellt ist. Hingegen darf die beklagte Partei nicht zur BGE 138 III 366 S. 373 Abgabe einer solchen Stellungnahme gezwungen oder die Durchführung der Einigungsverhandlung von ihrer Einreichung abhängig gemacht werden. Die zwingende bzw. vom Gericht durch entsprechende Anordnung erzwungene Durchführung eines Schriftenwechsels wäre nicht im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der möglichst raschen Durchführung der Einigungsverhandlung. Die vorgängige Einholung einer Klageantwort oder einer Stellungnahme zöge die Ansetzung entsprechender Fristen und allenfalls Gesuche um Fristerstreckung nach sich, bevor nach Eingang der Antwort ein Termin für die Einigungsverhandlung angesetzt werden kann. Ist die Klage - wie vorliegend - nur mit einer Kurzbegründung versehen, entstünde für die beklagte Partei zudem die Schwierigkeit zu bestimmen, wie detailliert sie darauf antworten will oder muss. Der Verzicht auf die Einholung einer Antwort nach Klageeinleitung ist der ZPO schliesslich auch in anderem Zusammenhang bekannt. So wird in der Schlichtung, an deren Stelle die Einigungsverhandlung funktionell tritt, keine Antwort eingeholt ( Art. 202 Abs. 3 ZPO ). Eine Ausnahme gilt nur in den Fällen gemäss Art. 202 Abs. 4 ZPO , wobei auch dort die Durchführung des Schriftenwechsels im Ermessen der Schlichtungsbehörde liegt. Im vereinfachten Verfahren differenziert das Gesetz für die Einholung einer Stellungnahme danach, ob die Klage eine Begründung enthält oder nicht ( Art. 245 ZPO ). Es stellen sich demnach keine unüberwindbaren, vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollten Schwierigkeiten, wenn die Einigungsverhandlung angesetzt wird, bevor die beklagte Partei eine Klageantwort oder eine Stellungnahme eingereicht hat. Die Vorinstanz durfte folglich weder die Einholung einer Klageantwort anordnen noch durfte sie hiefür Frist ansetzen. 3.3 Daraus ergibt sich, dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist. Das Verfahren ist an das Kantonsgericht zur weiteren Behandlung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen.
de
da46c222-8ea8-4947-9877-5d26255934da
Sachverhalt ab Seite 276 BGE 103 Ib 276 S. 276 Oriano Maestri, der Sohn der heutigen Kläger, wurde während des Wiederholungskurses am 27. Februar 1976 durch den Prellschuss eines Leuchtspurprojektils eines Maschinengewehrs getötet. Die Militärversicherung bezahlte den Klägern an die Bestattungskosten den in Art. 28 Abs. 2 MVG festgesetzten Höchstbetrag von Fr. 2'000.--. Die Kläger forderten überdies von der Militärversicherung eine monatliche Hinterlassenenrente von Fr. 500.-- auf Lebzeiten, rückwirkend vom Zeitpunkt des Todes an gerechnet, sowie eine Genugtuungssumme BGE 103 Ib 276 S. 277 von Fr. 20'000.-- für die Mutter und von Fr. 15'000.-- für den Vater. Das Verfahren vor den Instanzen der Militärversicherung ist noch hängig. Die Kläger glauben, dass die ihnen gesetzlich zustehenden Leistungen der Militärversicherung den erwachsenen Schaden nicht decken werden. Sie erheben unter Berufung auf Art. 22 Abs. 1 MO verwaltungsrechtliche Klage gegen die Eidgenossenschaft und stellen folgendes Rechtsbegehren: "Es sei die Schweizerische Eidgenossenschaft zu verpflichten, den Klägern den Betrag von Fr. 3'352.40 zuzüglich 5% Zins seit dem 1. März 1976 sowie jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, den sie infolge Tötung ihres Sohnes Oriano Maestri während des letztjährigen WK in der FüsKp III/61 erlitten haben." Sie legen Belege ins Recht, worin sie die Bestattungskosten, einschliesslich Grabstein und Grabpflege, mit Fr. 5'352.40 ausweisen. Nach Abzug der von der Militärversicherung bezahlten Fr. 2'000.-- ergeben sich die geforderten Fr. 3'352.40. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird zudem beantragt, es sei vom Gericht der Beizug der vollständigen Gesetzesmaterialien zu Art. 22 der MO vom 5. Oktober 1967 zu veranlassen und es sei den Klägern zu gestatten, ihre Rechtsbegehren innert angemessener Frist seit Eingang der Materialien zu erweitern und zu ergänzen. Die Eidg. Militärverwaltung stellt sich in der Klageantwort auf den Standpunkt, die Haftung des Bundes gegenüber den Hinterbliebenen eines im Dienst getöteten Wehrmannes richte sich ausschliesslich nach dem Militärversicherungsgesetz, und schliesst deshalb auf Abweisung der Klage. In Replik und Duplik haben die Parteien an ihren Anträgen festgehalten. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Kläger stützen ihre Forderungen gegenüber dem Bund auf die MO. Über streitige Ansprüche dieser Art urteilt das Bundesgericht als einzige Instanz auf verwaltungsrechtliche Klage hin ( Art. 28 MO , Art. 116 lit. c OG ). Um eine solche Klage handelt es sich hier. 2. Es steht fest, dass vor der 1967 erfolgten Revision der MO die Militärpersonen oder ihre Angehörigen für Personenschaden, der über die Leistungen der Militärversicherung hinausging, keinerlei Anspruch gegen die Eidgenossenschaft besassen, weder nach MO, noch gestützt auf andere Vorschriften BGE 103 Ib 276 S. 278 ( BGE 68 II 263 E. 3; BGE 50 II 358 ff.; OFTINGER, Haftpflichtrecht Bd. II/2. 2. A. S. 860). Art. 21 MO verpflichtete den Bund, die Militärpersonen gegen die wirtschaftlichen Folgen von Krankheiten und Unfällen zu versichern (Abs. 1) und bestimmte, dass die Ausführung dieses Grundsatzes durch das MVG erfolge (Abs. 2). Darüber hinaus enthielt die MO sowie der sie ergänzende Beschluss der Bundesversammlung über die Verwaltung der schweizerischen Armee vom 30. März 1949 (BVA, AS 1949 II 1093) lediglich Bestimmungen über die Haftpflicht des Bundes gegenüber Zivilpersonen ( Art. 27 ff. MO ; Art. 101 ff. BVA). 3. In der 1967 revidierten Fassung der MO ist Art. 21 MO unverändert beibehalten worden. Anstelle der früheren Art. 27 ff. (bzw. 101 ff. BVA) sind die neu gefassten Art. 22 ff. MO getreten. Art. 22 MO lautet nun wie folgt: "1 Für den Schaden, den ein Wehrmann in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügt, haftet der Bund ohne Rücksicht auf das Verschulden des Wehrmannes. 2 Bei denjenigen Tatbeständen, welche unter andere Haftpflichtbestimmungen fallen, richtet sich die Haftung des Bundes nach diesen Bestimmungen. 3 Gegenüber dem Fehlbaren steht dem Geschädigten kein Anspruch zu." Die Kläger berufen sich auf Abs. 1 dieser Bestimmung. Gemäss Abs. 2 ist indessen die Anwendung von Abs. 1 ausgeschlossen, wenn der in Frage stehende Tatbestand unter "andere Haftpflichtbestimmungen" fällt. Es ist nicht bestritten, dass die Kläger für den durch den tödlichen Unfall ihres Sohnes erlittenen Schaden Anrecht auf Leistungen der Militärversicherung haben. Somit ist zu prüfen, ob die Leistungspflicht des Bundes aufgrund des MVG unter den Vorbehalt "anderer Haftpflichtbestimmungen" im Sinne von Art. 22 Abs. 2 MO fällt. Ergibt sich dabei, wie zu zeigen sein wird, dass der Vorbehalt des Abs. 2 zur Anwendung kommt, so kann dahingestellt bleiben, ob Art. 22 Abs. 1 MO auch in Fällen Anwendung findet, wo der Kläger selber Wehrmann ist und zur Begründung seines Anspruches geltend macht, er sei im Militärdienst durch das widerrechtliche Verhalten anderer Wehrmänner geschädigt worden. 4. Im allgemeinen wird ein Haftpflichtanspruch nicht schon durch das Vorhandensein einer Versicherung beseitigt, BGE 103 Ib 276 S. 279 sondern für den Geschädigten tritt das Haftpflichtrecht wieder hervor, wenn der Geschädigte den Schädiger für den von der Versicherung nicht gedeckten Teil des Schadens belangt. Die Militärversicherung besteht in der Übernahme des Schadenersatzes durch den Bund in Formen, die für Versicherungsleistungen charakteristisch sind. Sie ist indessen keine Versicherung im technischen Sinn, denn sie gewährt keinen durch eigene finanzielle Leistungen erworbenen Anspruch des Versicherten auf eine beim Eintritt eines bestimmten Ereignisses fällige Leistung des Versicherers; die für den Begriff der Versicherung wesentliche Prämienleistung des Anspruchsberechtigten fehlt. Die Militärversicherung wird ausschliesslich durch das Bundesbudget finanziert ( Art. 62 MVG ). Es wäre daher korrekter, statt von einer Versicherung von einer staatlichen Haftung gegenüber dem Wehrmann zu sprechen (vgl. BGE 78 II 425 E. 2c). Indes ist die Bezeichnung "Versicherung" aus historischen Gründen und weil sie zum allgemeinen Sprach- und Rechtsgut geworden ist, beibehalten worden (Berichterstatter Haefelin im Ständerat zur Botschaft und Gesetzesvorlage vom 22. September 1947, Sten.Bull. 1949, S. 196; SCHATZ, Kommentar zur Eidg. Militärversicherung S. 19 f.). Die Bezeichnung wurde seit 1887 im Anschluss an die private Unfallversicherung der Militärpersonen bei der Versicherungsgesellschaft "Zürich" verwendet. 1893 übernahm der Bund die Zahlung der Prämien und von 1895 hinweg die Ausrichtung der Entschädigungen (SCHATZ, a.a.O., S. 19). Aufgrund der Rechtsnatur der Militärversicherung ist es daher nicht fraglich, dass es sich bei den Vorschriften des MVG um eigentliche Haftpflichtbestimmungen handelt und dass insofern der Anwendung des Vorbehalts gemäss Art. 22 Abs. 2 MO nichts entgegensteht. 5. Ein anderer Schluss ergibt sich auch nicht aufgrund der Entstehungsgeschichte der Änderung der MO von 1967. a) Die Revision von 1967 galt in erster Linie der Reorganisation des Militärdepartements. Gleichzeitig wurde die Gelegenheit benutzt, weitere Änderungen, die zum Teil schon längere Zeit der gesetzlichen Verankerung harrten, in den Gesetzesentwurf einzubauen. Hierzu gehörten auch die Bestimmungen über die Haftungsgrundsätze des Militärrechts (vgl. Botschaft vom 19. September 1966, BBl 1966 II, S. 422 f.). Ziel der diesbezüglichen Änderung war eine Zusammenstellung BGE 103 Ib 276 S. 280 der Haftungsgrundsätze des Militärrechts, wozu in erster Linie die Übernahme der bisher im BVA festgehaltenen Grundsätze in die MO gehörte (Botschaft a.a.O. 423). Dass dabei eine über die Haftung des Bundes für Personenschäden nach MVG hinausgehende Haftung hätte aufgenommen werden wollen, ergibt sich aus den Materialien in keiner Weise. Der allgemeine Haftungsgrundsatz in Art. 22 MO ist wohl in Anlehnung an das Verantwortlichkeitsgesetz (Art. 3) formuliert worden (vgl. Botschaft a.a.O. S. 423; BINSWANGER, Die Haftungsverhältnisse bei Militärschäden, Diss. Zürich 1969, S. 315). Aus dieser Nachbildung lässt sich aber in bezug auf das Verhältnis zwischen Art. 22 und 21 MO und insbesondere auf die Frage, ob sich der Vorbehalt des Art. 22 Abs. 2 MO auch auf das MVG beziehe, nichts Schlüssiges ableiten. In den parlamentarischen Kommissionen sowie in den Verhandlungen des National- und Ständerates wurde nur die Frage der Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze bei aktivem Dienst der Truppe diskutiert. Der vom Bundesrat vorgeschlagene Art. 24 MO , der die Haftung für Personen- und Sachschäden beim Einsatz der Truppe im aktiven Dienst ausschliessen wollte, wurde vom Parlament nicht übernommen (Amtl. Bull. 1967 N 251, S 244). b) Die Kläger beantragen in diesem Zusammenhang den Beizug zusätzlicher Gesetzesmaterialien. In Betracht kommen jedoch nur noch verwaltungsinterne Arbeitspapiere. Zwar können auch Vorarbeiten, die der Ausarbeitung des bundesrätlichen Entwurfs vorausgehen, als Gesetzesmaterialien in Betracht fallen, insbesondere die Protokolle von Expertenkommissionen. Der Umstand, dass ein Problem bereits in der Expertenkommission geklärt wurde, kann gerade der Grund sein, weshalb es im Parlament nicht mehr zu einer Diskussion gekommen ist. Im vorliegenden Fall war jedoch keine entsprechende Expertenkommission tätig; vielmehr muss der Anstoss, die Verantwortlichkeit des Bundes für rechtswidrige dienstliche Verrichtungen von Wehrmännern im Sinne von Art. 22 Abs. 1 MO neu einzuführen, aus der Bundesverwaltung selbst gekommen sein. Woher dieser Anstoss kam und was darüber innerhalb der Verwaltung diskutiert wurde, ist jedoch für die Gesetzesauslegung nicht massgebend; denn dem Parlament und seinen Kommissionen wurden keine entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestellt. Somit kann BGE 103 Ib 276 S. 281 deren Absicht auch nicht durch solche Unterlagen bestimmt werden. Der beantragte Beizug der vollständigen Gesetzesmaterialien erweist sich demnach als gegenstandslos. Dementsprechend ist der diesbezügliche Antrag, einschliesslich des Antrags auf eine allfällige Ergänzung der Rechtsbegehren, abzuweisen. 6. Die Auslegung, wonach das MVG unter den Vorbehalt des Art. 22 Abs. 2 MO fällt, wird auch aus dem Gesamtzusammenhang der militärischen Haftpflichtbestimmungen bestätigt. Gemäss Art. 81 SVG hat der Bund den Schaden ausschliesslich nach dem MVG zu decken, wenn ein Versicherter der Militärversicherung durch ein Militärfahrzeug verletzt oder getötet wird. Eine entsprechende Vorschrift enthält Art. 78 LFG für die Schädigung durch ein schweizerisches militärisches Luftfahrzeug. Bei diesen beiden Gesetzesbestimmungen des SVG und LFG handelt es sich ohne Zweifel um "andere Haftpflichtbestimmungen" im Sinne von Art. 22 Abs. 2 MO . Die erwähnten Sonderregelungen gelten demnach auch unter der revidierten MO weiter. Es ist aber kein sachlicher Grund ersichtlich, den bei einer militärischen Schiessübung verletzten Wehrmann besser zu stellen als den durch ein Militärmotorfahrzeug oder Militärflugzeug geschädigten Wehrmann und jenem im Gegensatz zu diesem den von der Militärversicherung nicht gedeckten Schaden zu ersetzen. 7. Schliesslich berufen sich die Kläger auf die Rechtsgleichheit und machen geltend, der Wehrmann dürfe nicht schlechter gestellt werden als der Zivilist. Es bestehe kein sachlicher Grund, Zivilpersonen und deren Hinterlassene besser zu stellen als Wehrmänner; eine verfassungskonforme Auslegung des Art. 22 MO müsse deshalb zur Bejahung der Haftung des Bundes nach Art. 22 Abs. 1 führen. Die von den Klägern befürwortete Auslegung hätte nach dem Gesagten eine sachlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung zwischen dem durch ein militärisches Motor- oder Luftfahrzeug geschädigten und dem durch ein sonstiges militärisches Verhalten geschädigten Wehrmann zur Folge (E. 6). Sie fällt daher bereits aus diesem Grund ausser Betracht. Darüber hinaus richtet sich die Schadensdeckungspflicht des Bundes gegenüber Wehrmännern grundsätzlich nach anderen Grundsätzen als die Haftung des Bundes gegenüber geschädigten Zivilpersonen; die Verfassung selbst ( Art. 18 Abs. 2 BV ) BGE 103 Ib 276 S. 282 formuliert diese Schadensdeckungspflicht des Bundes sehr zurückhaltend und das MVG geht weit über das verfassungsmässig Gebotene hinaus. Ausserdem hat die Leistung des Bundes nach MVG auch Vorteile, welche die Haftung nach MO nicht kennt und die unter Umständen eine Schlechterstellung in bezug auf einzelne Schadensposten aufzuwiegen vermögen, wie insbesondere die Anpassung der Rentenleistungen an die Teuerung ( Art. 25bis MVG ) sowie die beweismässig begünstigte Stellung des geschädigten Wehrmannes ( Art. 4 und 5 MVG ). Die Klage kann somit nicht gutgeheissen werden.
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Sachverhalt ab Seite 113 BGE 114 V 113 S. 113 A.- Dieter B. (geb. 1956) arbeitet seit Mai 1977 als Maurerpolier bei der Bauunternehmung W. S. AG, einem der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unterstellten Betrieb. Im Februar und März 1983 bezog er einen unbezahlten Urlaub. Am 9. Mai 1983 erlitt er bei einem Arbeitsunfall schwere Quetschverletzungen an der linken Hand. Als Unfallfolgen blieben der Verlust von drei Vierteln des Nagelgliedes des linken Daumens, eine Krallenstellung des linken Zeige-, Mittel- und Ringfingers und eine Faustschlussstörung zurück. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Am 3. Oktober 1983 konnte Dieter B. die Arbeit wieder zu 75% aufnehmen. Nachdem die SUVA verschiedene Unterlagen, u.a. einen Lohnbuchauszug der Firma W. S. AG für die Zeit vom 9. Mai 1982 bis BGE 114 V 113 S. 114 8. Mai 1983 beigezogen hatte, sprach sie dem Versicherten mit Verfügung vom 12. Juli 1985 ab 1. Juni 1985 eine Invalidenrente von 25% zu, welcher sie einen Jahresverdienst von Fr. 38'826.-- zugrunde legte. Die hiegegen eingereichte Einsprache, mit welcher Dieter B. verlangt hatte, der für die Berechnung der Invalidenrente massgebende Jahresverdienst sei um den während des unbezahlten Urlaubes vom Februar und März 1983 entgangenen Lohn auf Fr. 46'060.-- aufzurechnen, wies die SUVA mit Entscheid vom 31. Januar 1986 ab. B.- In Gutheissung der von Dieter B. hiegegen eingereichten Beschwerde verpflichtete das Zivilgericht des Kantons Glarus die SUVA mit Entscheid vom 13. November 1986, die Invalidenrente aufgrund eines massgebenden Jahresverdienstes von Fr. 46'060.-- festzusetzen. C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben. Dieter B. lässt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) lässt sich mit dem Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vernehmen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Weil der Rentenanspruch erst im Jahre 1985 entstanden ist, sind die Bestimmungen des UVG anwendbar, obwohl sich der Unfall im Jahre 1983 ereignet hat; vgl. Art. 118 Abs. 2 lit. c UVG .) 2. Gemäss Art. 15 UVG werden die Renten nach dem versicherten Verdienst bemessen (Abs. 1). Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Abs. 2). Nach Art. 15 Abs. 3 UVG hat der Bundesrat den Höchstbetrag des versicherten Verdienstes in einem vorgegebenen Rahmen festzusetzen, die dazu gehörenden Nebenbezüge und Ersatzeinkünfte zu bezeichnen und Bestimmungen über den versicherten Verdienst in Sonderfällen zu erlassen, namentlich bei langdauernder Taggeldberechtigung (lit. a), Berufskrankheiten (lit. b), Versicherten, die nicht oder noch nicht den berufsüblichen Lohn erhalten (lit. c), und Versicherten, die unregelmässig beschäftigt sind (lit. d). Gestützt auf diese Ermächtigung hat der Bundesrat unter dem Titel "Versicherter Verdienst" die Art. 22 bis 24 UVV erlassen. Art. 22 UVV umschreibt den versicherten BGE 114 V 113 S. 115 Verdienst "im allgemeinen"; Abs. 4 dieser Bestimmung lautet wie folgt: Als Grundlage für die Bemessung der Renten gilt der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bei einem oder mehreren Arbeitgebern bezogene Lohn, einschliesslich noch nicht ausbezahlter Lohnbestandteile, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Dauerte das Arbeitsverhältnis nicht das ganze Jahr, so wird der in dieser Zeit bezogene Lohn auf ein volles Jahr umgerechnet. Bei einem Versicherten, der eine Saisonbeschäftigung ausübt, ist die Umrechnung auf die normale Dauer dieser Beschäftigung beschränkt. Art. 24 UVV trägt die Überschrift "Massgebender Lohn für Renten in Sonderfällen" und bestimmt in Abs. 1 folgendes: Hat der Versicherte im Jahre vor dem Unfall wegen Militär- oder Zivilschutzdienst, Unfall, Krankheit, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit einen verminderten Lohn bezogen, so wird der versicherte Verdienst nach dem Lohn festgesetzt, den der Versicherte ohne Militär- oder Zivilschutzdienst, Unfall, Krankheit, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit erzielt hätte. 3. Im vorliegenden Verfahren ist einzig die Höhe des versicherten Verdienstes streitig, welcher der Berechnung der Invalidenrente des Beschwerdegegners zugrunde zu legen ist. a) Nach Auffassung der Vorinstanz ist der tatsächliche Jahresverdienst von Fr. 38'826.-- gestützt auf Art. 22 Abs. 4 Satz 2 UVV um den auf die zwei Monate unbezahlten Urlaubes entfallenden Lohn zu erhöhen, weil die normale Beschäftigungsdauer ein volles Jahr betragen und bloss ein einmaliger Unterbruch des Arbeitsverhältnisses zu einem Sonderzweck stattgefunden habe. Demgegenüber anerkennt die SUVA allein den tatsächlich ausgerichteten Lohn von Fr. 38'826.-- als versicherten Verdienst. Der Ansicht der Vorinstanz hält die SUVA entgegen, Art. 22 Abs. 4 UVV könne nach seinem klaren Wortlaut in Fällen, wo das Arbeitsverhältnis während eines Jahres ununterbrochen bestanden habe, nicht angewendet werden. Das BSV weist darauf hin, dass sich aus den Materialien (Protokollen) kein Lösungsansatz gewinnen lasse. Die Festlegung des Verdienstes habe auf dem Hintergrund einer möglichst angemessenen Entschädigung des Berechtigten zu erfolgen. Dabei sei für die Bemessung der Geldleistungen im wesentlichen von der Natur des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Eine entscheidende Rolle spiele die "normale Dauer der Beschäftigung", welche sich nach der bisherigen oder beabsichtigten künftigen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses in zeitlicher Hinsicht richte. Grund BGE 114 V 113 S. 116 für die spezielle Regelung der in Art. 23 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 UVV aufgeführten Sachverhalte sei, dass sie unbeabsichtigt die "normale Dauer der Beschäftigung" hinderten. Die UVV sehe zwar für die Renten unregelmässig Beschäftigter keine spezielle Berechnung des versicherten Verdienstes vor, was indessen auch nicht notwendig sei, da der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn zu berücksichtigen sei. Damit sei eine allenfalls unregelmässige Beschäftigung schon eingeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits während eines Jahres vor dem Unfall bestanden hat. Habe es noch kein ganzes Jahr gedauert und sei die Beschäftigung bisher nicht regelmässig gewesen oder werde sie künftig nicht regelmässig sein, so sei die normale Beschäftigungsdauer massgebend. Als unregelmässig beschäftigt habe derjenige Versicherte zu gelten, der über eine gewisse Zeitspanne keine gleichbleibende durchschnittliche Arbeitszeit (oder Lohn bei Entschädigung auf Provisionsbasis) aufweise. Nicht dazu zählten jedoch diejenigen Arbeitnehmer, welche lediglich ausnahmsweise während einer beschränkten Zeitspanne nicht die für sie übliche Arbeitszeit ausweisen. So mache ein einmaliger Urlaub eine Beschäftigung nicht zu einer unregelmässigen. Vielmehr komme in solchen Fällen - wie bei den Saisonbeschäftigten oder denjenigen Arbeitnehmern, deren Anstellungsverhältnis noch nicht das ganze Jahr gedauert hat - der Grundsatz zum Tragen, dass auf die normale Dauer der Beschäftigung oder die Natur des Arbeitsverhältnisses abzustellen sei. Im vorliegenden Fall sei lediglich ein einmaliger Urlaub bezogen worden; somit liege keine unregelmässige Beschäftigung vor. Der versicherte Verdienst sei daher gestützt auf Art. 22 Abs. 4 Satz 2 UVV auf ein volles Jahr umzurechnen. b) Der Betrachtungsweise des BSV, die sich im wesentlichen mit den Erwägungen der Vorinstanz deckt, ist beizupflichten. Art. 24 UVV enthält für den zu beurteilenden Fall keine Sonderregelung, wonach der massgebende Verdienst abweichend vom allgemeinen Grundsatz ( Art. 15 Abs. 2 UVG ) ermittelt werden könnte. Auszugehen ist daher von der allgemeinen Verordnungsbestimmung zum versicherten Verdienst, indem Art. 22 Abs. 4 UVV ausgelegt wird. Dabei ist vorab festzuhalten, dass bereits Satz 2 und 3 dieser Norm Abweichungen von Art. 15 Abs. 2 UVG statuieren, wonach für die Rentenbemessung der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn massgebend ist. Diese Sonderregeln verlangen die Umrechnung des nicht während eines BGE 114 V 113 S. 117 ganzen Jahres geflossenen Lohnes auf einen Jahreslohn (Satz 2) bzw. - bei Arbeitnehmern mit einer Saisonbeschäftigung - auf die normale Dauer der Saisonbeschäftigung (Satz 3). Satz 2 spricht zwar von der Dauer des Arbeitsverhältnisses; das entscheidende Kriterium liegt aber darin, dass eine Umrechnung vorgenommen werden muss, weil nicht während des ganzen Jahres Lohn bezogen wurde. Die für Saisonbeschäftigte getroffene Regelung setzt der Umrechnung die Schranke der normalen Beschäftigungsdauer, was vom Eidg. Versicherungsgericht als gesetzeskonform erachtet worden ist ( BGE 112 V 313 ). c) Nach Ansicht der SUVA kommt die Umrechnung des Lohnes auf ein ganzes Jahr nach Art. 22 Abs. 4 UVV nur in Fällen, wo das Arbeitsverhältnis noch kein ganzes Jahr gedauert hat, namentlich bei Stellenwechsel, Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, Übergang von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit sowie Rückkehr aus dem Ausland zum Tragen. Diese streng textgebundene Interpretation entspricht nicht Sinn und Zweck dieser Verordnungsbestimmung. Deren Stossrichtung liegt - nicht anders als bei den in Art. 24 UVV geregelten Sonderfällen - darin, die Versicherten oder ihre Hinterlassenen vor unbilligen Nachteilen zu schützen, welche sich bei bestimmten Sachverhalten aus der Anwendung der Grundregel ergeben würden (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 326). Wie der Beschwerdegegner in der Vernehmlassung zutreffend geltend macht, würde eine rein auf den Wortlaut beschränkte Auslegung von Art. 22 Abs. 4 UVV zu ungerechten und stossenden Ergebnissen führen. Ein Versicherter, der zwei Monate nach Antritt einer neuen Stelle verunfallt, hätte Anspruch auf Umrechnung des erzielten Lohnes auf einen Jahreslohn, während dem Versicherten, der seit Jahren beim gleichen Arbeitgeber tätig war und kurze Zeit nach einem mehrmonatigen unbezahlten Urlaub verunfallt, diese Möglichkeit verschlossen bliebe. Die konstante Praxis der SUVA zu Art. 79 KUVG , unbezahlten Urlaub bei der Ermittlung des Jahresverdienstes auszuklammern (vgl. dazu das Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts in Sachen W. vom 25. September 1953: publiziert in SJZ 1954 S. 331), lässt sich unter der Herrschaft des neuen Rechts, in welchem die Frage der Lohnergänzung differenzierter und unter vermehrter Berücksichtigung von Sonderfällen gelöst wurde, nicht aufrechterhalten. d) Beizufügen bleibt, dass die normale Beschäftigungsdauer im Zusammenhang mit der Lohnaufrechnung schon in der Praxis zu BGE 114 V 113 S. 118 Art. 79 Abs. 2 KUVG als Kriterium anerkannt wurde. So stellte das Eidg. Versicherungsgericht in EVGE 1959 S. 97 im Falle eines Gastarbeiters, der aufgrund einer fremdenpolizeilichen Verfügung die Schweiz während zweier Monate verlassen musste, fest, dass eine Ergänzung des tatsächlich erzielten Lohnes zulässig sei; als entscheidend wurde dabei der Umstand gewertet, dass der Versicherte zu den "gewohnheitsmässig" ständig Arbeitenden zählte (S. 100 Erw. 3). Das Kriterium der normalen Beschäftigungsdauer, die aufgrund der bisherigen oder beabsichtigten künftigen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses in zeitlicher Hinsicht festgestellt werden kann, ist geeignet, eine sachgerechte und rechtsgleiche Festsetzung des für die Rentenberechnung massgebenden Lohnes zu gewährleisten. Insbesondere ist es bei dieser Lösung unerheblich, ob nach einem Arbeitsunterbruch ein neues Arbeitsverhältnis begründet oder das bestehende weitergeführt wird. Ebenso ist derjenige Arbeitnehmer, der eine beabsichtigte unregelmässige oder kurzfristige Tätigkeit eben aufgenommen hat und verunfallt, nicht bessergestellt als derjenige, der eine solche Beschäftigung bereits während längerer Zeit ausgeübt hat. Der angefochtene Entscheid ist deshalb im Grundsatz zu bestätigen. Bei diesem Ergebnis kann die Frage offenbleiben, ob die Sonderfälle für die Bemessung des versicherten Verdienstes bei Renten in Art. 24 UVV , insbesondere die Ergänzungsgründe des Abs. 1 - unter Vorbehalt der Willkürprüfung ( BGE 111 V 395 Erw. 4) und der aus Art. 22 Abs. 4 UVV resultierenden Besonderheiten - abschliessend geregelt sind, wie MAURER (a.a.O., S. 331) ohne nähere Begründung annimmt, oder ob es sich dabei um eine beispielhafte Aufzählung handelt. 4. Die Vorinstanz setzte den Jahresverdienst gestützt auf die Meldung der Bauunternehmung W. S. AG vom 2. Juni 1983 auf Fr. 46'060.-- fest. Gemäss Lohnbuchauszug der Firma ergibt sich jedoch ein Jahresverdienst von Fr. 45'966.-- (Fr. 38'826.-- zuzüglich je Fr. 3'570.-- für die Monate Februar und März 1983). In diesem Sinne ist der Entscheid des kantonalen Gerichts in teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu korrigieren.
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Sachverhalt ab Seite 157 BGE 103 IV 157 S. 157 Die Bürger der Stadt Luzern hatten am 19./20. Mai 1973 einen neuen Baudirektor zu wählen. Kandidaten waren C., liberal, und B., parteilos. Am 18. Mai 1973 erschien in den Zeitungen "Luzerner Neueste Nachrichten", "Luzerner Tagblatt" und "Vaterland" ein Inserat, in dem B. hinsichtlich dreier verschiedener Vorkommnisse in Frageform kritisiert wurde. Der heute noch zu beurteilende Teil des Inserates lautet: "B. - Ritter ohne Fehl und Tadel? Herr B. gefällt sich in der Rolle des mutigen Streiters gegen Unsauberkeit und Spekulation. Wer, wie er, ständig angreift, muss sich gefallen lassen, dass auch seine Handlungsweisen kritisch betrachtet werden. Urteilen Sie selbst! BGE 103 IV 157 S. 158 Fall 1: ... Fall 2: Herr B. bot der Baudirektion der Stadt Luzern Aushubmaterial zum Kubikmeterpreis von Fr. 14.35 an. Der übliche Marktwert betrug in jener Zeit 2-5 Franken! Die Baudirektion verzichtete auf dieses Geschäft. Frage: Wer wollte hier auf dem Buckel der Öffentlichkeit ein Geschäft machen? Fall 3: ... Diese drei Fälle sind jederzeit hieb- und stichfest beweisbar. Geben Sie Ihre Antwort am Wahltag vom 19./20. Mai 1973! Keine Stimme für B.! Komitee für Offenheit auf beiden Seiten." A., der damals Präsident des Wahlausschusses der Liberalen Partei der Stadt Luzern war, übernahm die Verantwortung für das Inserat. Auf Privatstrafklage des B. fand das Amtsgericht Luzern Stadt A. am 15. April 1976 im Fall 2 der üblen Nachrede gemäss Art. 173 StGB schuldig und auferlegte ihm eine Busse von Fr. 100.--. Das Obergericht bestätigte das Urteil der ersten Instanz am 18. Oktober 1976. Mit Nichtigkeitsbeschwerde verlangt A. Aufhebung des obergerichtlichen Urteils, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. B. beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Wegen übler Nachrede gemäss Art. 173 Ziff. 1 StGB macht sich strafbar, wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen bezichtigt oder verdächtigt, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, oder wer eine solche Äusserung weiterverbreitet. Nach ständiger Rechtsprechung schützt Art. 173 StGB nur den Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein, d.h. sich so zu benehmen, wie nach allgemeinen Anschauungen ein charakterlich anständiger Mensch sich zu verhalten pflegt. Äusserungen, die sich lediglich eignen, jemanden in anderer Hinsicht, z.B. als Geschäfts- oder Berufsmann, als Politiker oder Künstler in der gesellschaftlichen Geltung herabzusetzen, gelten nicht als ehrverletzend. Voraussetzung ist aber immer, dass die Kritik an den strafrechtlich nicht geschützten Seiten des Ansehens nicht zugleich seine Geltung als ehrbarer Mensch treffe ( BGE 80 IV 164 E 2; BGE 92 IV 96 , 101; BGE 98 IV 92 ). BGE 103 IV 157 S. 159 2. Die Vorinstanz bejaht den ehrverletzenden Charakter der Äusserung lediglich mit den Worten, der Vorwurf sei geeignet gewesen, "den Privatkläger in der Achtung der Mitmenschen herabzusetzen". Die erste Instanz aber, auf welche das Obergericht hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen weitgehend verweist, führt in dieser Beziehung aus: "Damit wurde dem Kläger wiederum mangelndes Verantwortungsgefühl gegenüber der Allgemeinheit unterstellt, was ihn als Politiker unseriös erscheinen liess und die Unbestechlichkeit seiner Person in Frage stellte. Durch solche Vorwürfe pflegt der Betroffene seine Achtung als Mensch einzubüssen. Auch dieser Vorwurf ist daher ehrverletzend." 3. Was dem Beschwerdegegner hier vorgeworfen wird, ist lediglich, er habe der Baudirektion der Stadt Luzern Aushubmaterial zu stark übersetztem Preis angeboten. Die daraus gezogene Folgerung, er habe "auf dem Buckel der Öffentlichkeit ein Geschäft machen wollen", fügt diesem Vorwurf sinngemäss bloss noch hinzu, er sei sich bewusst gewesen, dass der Preis nicht der Marktlage entsprach. Im übrigen war der daraus gezogene Schluss eine durchaus angemessene Wertung aus dem erhobenen Vorwurf und könnte, wie die kantonalen Gerichte richtig entschieden haben, nicht Anlass zu einer selbständigen Verurteilung wegen Beschimpfung gemäss Art. 177 StGB geben. Der Vorwurf, man habe dem Gemeinwesen Waren oder Leistungen zu einem stark übersetzten Preise angeboten, ist an sich nicht ehrverletzend, sowenig wie dies zutrifft, wenn ein solches Angebot einem Privaten oder einer Gesellschaft gegenüber gemacht wird. Soweit der Markt frei ist, kann jeder den Preis seines Angebotes frei bestimmen. Ist sein Angebot zu hoch, ist es nicht konkurrenzfähig und wird daher in der Regel abgelehnt werden. Nur besondere Umstände wie Ausbeutung einer Notlage oder der Unerfahrenheit, Täuschung des andern, Bestechung, Missbrauch amtlicher Stellung usw. könnten ein solches Angebot als unehrenhaft erscheinen lassen. Der Umstand, dass das Angebot an das Gemeinwesen gerichtet wurde, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Baudirektion, welcher die Offerte gestellt wurde, war sachverständig und selbständig genug, das Angebot zu beurteilen und es, wenn es nach den Umständen unangemessen war, abzulehnen. BGE 103 IV 157 S. 160 In Wirklichkeit war der hier zu beurteilende Vorwurf ein Angriff auf den Beschwerdegegner als Politiker. Das zeigt gerade die etwas genauere Begründung der ersten Instanz. Von einem Politiker, der sich um ein Amt als Stadtrat bewirbt und der allenfalls berufen sein könnte, die frei werdende Baudirektion zu übernehmen, kann der Bürger vermehrten Gemeinsinn fordern und finden, für dieses Amt sei nicht geeignet, wer als Privater dem Gemeinwesen, dem er in leitender Stellung vorstehen soll, zuvor ein finanziell ungünstiges Angebot gemacht hat. Nur für eine solche Stellung ist dem Beschwerdegegner damit mangelndes Verantwortungsgefühl gegenüber dem Gemeinwesen vorgeworfen. Nur "als Politiker" konnte ihn die Äusserung als "unseriös erscheinen" lassen. Inwiefern aber aus der Äusserung geschlossen werden könnte, dem Beschwerdegegner werde auch Bestechlichkeit unterstellt, wie die erste Instanz meint, ist schlechtweg nicht ersichtlich. Ob die eingeklagte Äusserung der Wahrheit entsprach, braucht daher nicht geprüft zu werden. Unwahre Äusserungen, die dem politischen Ansehen eines andern abträglich sind, sind zu verwerfen. Dies besonders dann, wenn sie kurz vor Abschluss eines Wahlkampfes öffentlich erfolgen und so das Wahlergebnis beeinflussen können. Entsprechendes gilt auch für unwahre Angaben über Gesetzes- und andere Abstimmungsvorlagen. Solche Äusserungen können der fehlerfreien demokratischen Willensbildung schaden und verstossen gegen die politische Fairness. Aber weder Art. 173 ff. StGB noch die Tatbestände des 14. Titels des Strafgesetzbuches betreffend Vergehen gegen den Volkswillen erfassen solche Handlungen. Fehlt es nach dem Gesagten schon an einer strafbaren Ehrverletzung, stellt sich die Frage, ob die Entlastungsbeweise zuzulassen seien und ob sie erbracht wurden, überhaupt nicht.
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121.1 1 Verordnung über den Nachrichtendienst (Nachrichtendienstverordnung, NDV) vom 16. August 2017 (Stand am 1. Juni 2022) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf die Artikel 8 Absatz 3, 11 Absatz 3, 19 Absatz 5, 39 Absatz 4, 43 Absatz 4, 46 Absatz 3, 72 Absatz 4, 80 Absatz 2, 82 Absätze 5 und 6, 84 sowie 85 Absatz 5 des Nachrichtendienstgesetzes vom 25. September 20151 (NDG) und auf Artikel 46a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19972,3 verordnet: 1. Kapitel: Zusammenarbeit 1. Abschnitt: Zusammenarbeit des NDB mit inländischen Stellen Art. 1 Zusammenarbeit des NDB mit inländischen Stellen und Personen 1 Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) kann im Rahmen der Gesetzgebung und des ihm erteilten Grundauftrags zusammenarbeiten mit: a. anderen Dienststellen des Bundes; b. Dienststellen der Kantone; c. Privatpersonen, Unternehmen und Organisationen. 2 Die Zusammenarbeit umfasst insbesondere die folgenden Bereiche: a. Beschaffung von Informationen; b. Beurteilung der Bedrohungslage; c. Beratung; d. Unterstützung; e. Ausbildung. Art. 2 Zusammenarbeit des NDB mit Konferenzen der Kantone 1 Der NDB arbeitet mit den interkantonalen Regierungskonferenzen, insbesondere der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren AS 2017 4151 1 SR 121 2 SR 172.010 3 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 27. Okt. 2021, in Kraft seit 1. Dez. 2021 (AS 2021 670). 121.1 Sicherheit der Eidgenossenschaft 2 121.1 (KKJPD) sowie der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS) zusammen. 2 Die Zusammenarbeit mit der KKJPD und der KKPKS bezweckt insbesondere die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit sowie den gegenseitigen Informationsaus- tausch zur Wahrnehmung der jeweiligen gesetzlichen Aufgaben. Art. 3 Zusammenarbeit des NDB mit dem Nachrichtendienst der Armee 1 Der NDB und der Nachrichtendienst der Armee arbeiten in den Bereichen zusam- men, in denen sich die Aufgaben nach den Artikeln 6 Absatz 1 NDG und 99 Absatz 1 des Militärgesetzes vom 3. Februar 19954 (MG) überschneiden. 2 Sie unterstützen sich gegenseitig bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere: a. durch die regelmässige Weitergabe von Informationen und Beurteilungen in den Bereichen, in denen sich die Aufgaben nach den Artikeln 6 Absatz 1 NDG und 99 Absatz 1 MG überschneiden; b. bei der Beschaffung von Informationen; c. bei der Ausbildung und Beratung; d. durch das Abstimmen der internationalen Zusammenarbeit. 3 Sie können den anderen Dienst jederzeit um Auskunft ersuchen. 4 Bei Assistenzdiensten der Armee im Inland, die einen Zusammenhang mit Aufga- ben nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a NDG aufweisen, trägt der NDB die nach- richtendienstliche Verantwortung gegenüber der Einsatzleitung. Art. 4 Zusammenarbeit des NDB mit dem Dienst für militärische Sicherheit Im Hinblick auf einen Aktivdienst der Armee kann das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) zur Erfüllung präventiver Schutzmassnahmen die Zusammenarbeit mit dem Dienst für militärische Sicherheit anordnen. Der NDB unterstützt dabei den Dienst zum Schutz der Armee vor Spio- nage und Sabotage sowie vor weiteren rechtswidrigen Handlungen. Art. 5 Zusammenarbeit des NDB mit dem fedpol 1 Der NDB und das Bundesamt für Polizei (fedpol) unterstützen sich gegenseitig, insbesondere bei der Ausbildung und Beratung sowie beim Einsatz von operativen Ressourcen und Mitteln und bei deren Nutzung. 2 Der NDB und das fedpol geben sich gegenseitig Informationen weiter, die sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen, insbesondere solche nach An- hang 3 Ziffer 9.3 und solche nach der nicht öffentlichen Liste des Bundesrates nach Artikel 20 Absatz 4 NDG. 4 SR 510.10 Nachrichtendienstverordnung 3 121.1 Art. 6 Abgeltung der Vollzugstätigkeiten der Kantone und Beurteilung der Aufgabenerfüllung 1 Die pauschale Abgeltung der Leistungen der Kantone zum Vollzug des NDG berechnet sich nach der Höhe des dafür bewilligten Kredits und dem unter den Kantonen geltenden Verteilschlüssel. 2 Der Verteilschlüssel wird aufgrund der Summe der Stellenanteile derjenigen Per- sonen in den Kantonen bestimmt, bei denen der Aufgabenvollzug nach dem NDG einen wichtigen Anteil ihrer regelmässigen Arbeit bildet. 3 Der NDB legt den Verteilschlüssel nach Bedarf, mindestens aber alle vier Jahre, zusammen mit den Kantonen fest. Er hört dazu die KKPKS an. 4 Können sich der NDB und die Kantone über die Höhe der Abgeltung nicht einigen, so entscheidet das VBS nach Anhörung der kantonalen Polizeidirektionen. 5 Der NDB beurteilt, ob die Aufgabenerfüllung durch die Kantone mit der Höhe der Abgeltung in Einklang steht. 2. Abschnitt: Zusammenarbeit des NDB mit ausländischen Stellen Art. 7 Jährliche Festlegung der Grundsätze der Zusammenarbeit 1 Das VBS unterbreitet dem Bundesrat nach vorgängiger Konsultation der Vorstehe- rin oder des Vorstehers des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) und der Vorsteherin oder des Vorstehers des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) jährlich einen als geheim klassifizierten Antrag über die Grundsätze der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit des NDB mit ausländischen Dienststellen. 2 Der Antrag enthält eine Liste der ausländischen Dienststellen, mit welchen der NDB regelmässig nachrichtendienstliche Kontakte unterhält, und eine Beurteilung des Nutzens, des Aufwands und der Risiken dieser Kontakte. 3 Regelmässige nachrichtendienstliche Kontakte des NDB zu ausländischen Dienst- stellen erfordern die vorgängige Genehmigung durch den Bundesrat. Art. 8 Zuständigkeiten 1 Der NDB ist zuständig für den Kontakt zu ausländischen Nachrichtendiensten und anderen ausländischen Dienststellen, die zivile nachrichtendienstliche Aufgaben erfüllen. 2 Er koordiniert alle nachrichtendienstlichen Kontakte von Verwaltungsstellen des Bundes und der Kantone nach Massgabe der vom Bundesrat nach Artikel 70 Ab- satz 1 Buchstabe f NDG festgelegten Grundsätze der Zusammenarbeit mit ausländi- schen Behörden. Dazu legt er mit dem Nachrichtendienst der Armee eine gemein- same Partnerdienstpolitik fest und erstellt eine Kontaktplanung. 3 Er vertritt die Schweiz in internationalen nachrichtendienstlichen Gremien, die zivile nachrichtendienstliche Aufgaben erfüllen. Sicherheit der Eidgenossenschaft 4 121.1 4 Er kann im Einzelfall betreffend bestimmte Themengebiete kantonale Vollzugsbe- hörden mit der Wahrnehmung von Kontakten zu ausländischen Nachrichtendiensten beauftragen. Art. 9 Arten der Zusammenarbeit Der NDB kann zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben mit ausländischen Dienststellen auf bi- oder multinationaler Ebene zusammenarbeiten. Art. 10 Internationale Vereinbarungen von beschränkter Tragweite Der NDB kann mit ausländischen Nachrichtendiensten oder anderen ausländischen Dienststellen, die Aufgaben im Sinne des NDG erfüllen, selbstständig internationale Vereinbarungen über untergeordnete technische Belange im Bereich der Nachrich- tendienste abschliessen. Art. 11 Information des NDB durch die Kantone Die Kantone informieren den NDB, wenn sie zur Wahrnehmung von Aufgaben nach dem NDG in Sicherheitsfragen mit ausländischen Polizeistellen und anderen Dienst- stellen im Grenzgebiet zusammenarbeiten. 2. Kapitel: Informationsbeschaffung 1. Abschnitt: Grundsätze Art. 12 Operationen Der NDB kann zusammenhängende Vorgänge, die der Informationsbeschaffung nach Artikel 6 NDG dienen und bezüglich Bedeutung, Umfang, Aufwand oder Geheimhaltung über normale nachrichtendienstliche Beschaffungsaktivitäten hin- ausgehen, zeitlich begrenzt als Operationen führen. Diese sind formell zu eröffnen und abzuschliessen sowie gesondert zu dokumentieren. Art. 13 Zusammenarbeit mit inländischen Amtsstellen und Erteilung von Beschaffungsaufträgen 1 Beschafft der NDB Informationen in Zusammenarbeit mit einer inländischen Amtsstelle oder gibt er einer inländischen Amtsstelle dazu den Auftrag, so gewähr- leistet diese die gesetzeskonforme Beschaffung, indem sie eine der folgenden Be- dingungen erfüllt: a. Die Beschaffung erfolgt im Rahmen der ordentlichen Tätigkeit der Amts- stelle. b. Die Beschaffung erfolgt ausserhalb der ordentlichen Tätigkeit der Amtsstel- le; diese verfügt jedoch über die für die Beschaffung notwendigen Fertigkei- ten und Kenntnisse der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Nachrichtendienstverordnung 5 121.1 c. Die Amtsstelle wird vom NDB vorgängig über die Beschaffung und die an- wendbaren gesetzlichen Bestimmungen instruiert. 2 Inländische Amtsstellen sind verpflichtet, gegenüber Dritten über die Zusammen- arbeit oder die Beauftragung Stillschweigen zu bewahren. Davon ausgenommen sind Auskünfte an vorgesetzte Stellen oder Aufsichts- und Kontrollorgane. Für weitere Ausnahmen ist die Zustimmung des NDB erforderlich. 3 Der NDB dokumentiert die Zusammenarbeit oder Beauftragung. Art. 14 Zusammenarbeit mit ausländischen Amtsstellen im Inland und Erteilung von Beschaffungsaufträgen 1 Beschafft der NDB Informationen im Inland in Zusammenarbeit mit einer auslän- dischen Amtsstelle oder gibt er einer ausländischen Amtsstelle dazu den Auftrag, so gewährleistet er die gesetzeskonforme Beschaffung, indem er: a. der ausländischen Amtsstellen die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen mitteilt und soweit notwendig erläutert; und b. sich von der ausländischen Amtsstelle bestätigen lässt, dass sie sich an die Bestimmungen halten wird. 2 Der NDB kontrolliert während der Informationsbeschaffung soweit möglich, ob die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Ist dies nicht der Fall und ist innert nützlicher Frist keine Korrektur möglich, so beendet der NDB die Zusammenarbeit oder die Beauftragung und informiert die unabhängige Aufsichts- behörde. 3 Der NDB dokumentiert die Zusammenarbeit oder Beauftragung. Art. 15 Zusammenarbeit mit Privaten im Inland und Erteilung von Beschaffungsaufträgen 1 Beschafft der NDB Informationen im Inland in Zusammenarbeit mit einer privaten Person oder gibt er einer privaten Person dazu den Auftrag, so gewährleistet er die gesetzeskonforme Beschaffung, indem er ihr die anwendbaren gesetzlichen Bestim- mungen mitteilt und soweit notwendig erläutert. 2 Die private Person muss dem NDB bestätigen, sich an die Bestimmungen zu halten. 3 Der NDB kontrolliert während der Informationsbeschaffung soweit möglich, ob die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Ist dies nicht der Fall und ist innert nützlicher Frist keine Korrektur möglich, so beendet der NDB die Zusammenarbeit oder die Beauftragung und informiert die unabhängige Aufsichts- behörde. 4 Der NDB dokumentiert die Zusammenarbeit oder Beauftragung. Sicherheit der Eidgenossenschaft 6 121.1 Art. 16 Zusammenarbeit mit ausländischen Amtsstellen oder Privaten im Ausland und Erteilung von Beschaffungsaufträgen 1 Beschafft der NDB Informationen im Ausland in Zusammenarbeit mit einer aus- ländischen Amtsstelle oder einer privaten Person im Ausland oder gibt er einer ausländischen Amtsstelle oder einer privaten Person im Ausland dazu den Auftrag, so gewährleistet er die gesetzeskonforme Beschaffung, indem er der ausländischen Amtsstelle oder der privaten Person die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen mitteilt und soweit notwendig erläutert. 2 Die ausländische Amtsstelle oder private Person muss dem NDB bestätigen, von den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen Kenntnis genommen zu haben. 3 Der NDB kontrolliert während der Informationsbeschaffung soweit möglich, ob die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Ist dies nicht der Fall und ist innert nützlicher Frist keine Korrektur möglich, so beendet der NDB die Zusammenarbeit oder die Beauftragung und informiert die unabhängige Aufsichts- behörde. 4 Der NDB dokumentiert die Zusammenarbeit oder Beauftragung. Art. 17 Nachrichtendienstliche Informationsquellen Nachrichtendienstliche Informationsquellen sind insbesondere: a. menschliche Quellen nach Artikel 15 NDG; b. inländische und ausländische Nachrichtendienste sowie Sicherheitsbehör- den, mit denen der NDB zusammenarbeitet; c. technische Quellen, die der Informationsbeschaffung nach dem 3. Kapitel des NDG dienen. Art. 18 Quellenschutz 1 Der NDB führt im Einzelfall eine Abwägung zwischen den Interessen der zu schützenden Quellen und denjenigen der um Information ersuchenden Stelle durch; Artikel 35 NDG bleibt vorbehalten. 2 Er schützt in Fällen nach Absatz 1 eine von ihm oder in seinem Auftrag von den kantonalen Vollzugsbehörden geführte menschliche Quelle umfassend, wenn diese durch die Bekanntgabe ihrer Identität oder von Angaben, die auf ihre Identität schliessen lassen, in ihrer physischen oder psychischen Integrität ernsthaft gefährdet würde. Dies gilt sinngemäss für der menschlichen Quelle nahestehende Personen. 3 Auf den umfassenden Schutz kann verzichtet werden, wenn die betreffende Person mit der Bekanntgabe einverstanden ist. 4 Der NDB kann zum Schutz einer von ihm oder in seinem Auftrag von den kanto- nalen Vollzugsbehörden geführten menschlichen Quelle oder einer ihr nahestehen- den Person in begründeten Einzelfällen die Unterstützung des fedpol anfordern. 5 Bei technischen Quellen sind alle Angaben zu schützen, ausser wenn deren Be- kanntgabe die Auftragserfüllung des NDB weder direkt noch indirekt gefährdet. Nachrichtendienstverordnung 7 121.1 Art. 19 Berichterstattung über Operationen und menschliche Quellen Der NDB erstattet der Vorsteherin oder dem Vorsteher des VBS jährlich Bericht über alle Operationen und menschlichen Quellen, die im Berichtszeitraum geführt oder eingestellt wurden, und beurteilt sie bezüglich Nutzen, Kosten und Risiken. Zusätzlich sind zu jeder Operation die Massnahmen zur Informationsbeschaffung auszuweisen, deren Durchführung die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS bereits in Anwendung der Artikel 30 und 37 Absatz 2 NDG zugestimmt hat. 2. Abschnitt: Auskunftspflicht bei einer konkreten Bedrohung Art. 20 1 Der NDB oder die kantonale Vollzugsbehörde legt zur Begründung eines Aus- kunftsgesuchs nach Artikel 19 NDG den zuständigen Behörden und Organisationen summarisch dar, worin die zu erkennende oder abzuwehrende konkrete Bedrohung oder das zu wahrende wesentliche Landesinteresse besteht. 2 Die Organisationen, denen der Bund oder die Kantone die Erfüllung öffentlicher Aufgaben übertragen haben und die nach Artikel 19 NDG verpflichtet sind, dem NDB Auskunft zu erteilen, sind in Anhang 1 aufgeführt. 3. Abschnitt: Genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen Art. 21 Durchsuchen von Räumlichkeiten, Fahrzeugen und Behältnissen Das Durchsuchen von Räumlichkeiten, Fahrzeugen und Behältnissen im Rahmen von genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen ist zu dokumentieren. Art. 22 Genehmigungsverfahren und Freigabe 1 Der NDB dokumentiert bei genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen: a. das Genehmigungsverfahren; b. die Konsultation der Vorsteherin oder des Vorstehers des EDA und der Vor- steherin oder des Vorstehers des EJPD; c. den Entscheid über die Freigabe zur Durchführung; d. bei Dringlichkeit: das Verfahren nach Artikel 31 NDG und die Einhaltung der zeitlichen Vorgaben; e. deren Beendigung; f. die Beendigung der Operation, in deren Rahmen die Massnahme durchge- führt wurde; g. die Mitteilung, das Aufschieben oder den Verzicht auf die Mitteilung nach Artikel 33 NDG. Sicherheit der Eidgenossenschaft 8 121.1 2 Die Dokumentation muss schriftlich oder elektronisch erfolgen und jederzeit abrufbar sein. 3 Das Genehmigungsverfahren richtet sich sinngemäss nach dem Verwaltungsver- fahrensgesetz vom 20. Dezember 19685. Für den Ausstand gilt Artikel 38 des Ver- waltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 20056. Das Verfahren ist kostenlos. 4 Der Geschäftsverkehr zwischen dem NDB und dem Bundesverwaltungsgericht erfolgt elektronisch. Das Verfahrensdossier wird in elektronischer Form geführt. Verfahrensleitende Verfügungen sowie Genehmigungsentscheide werden dem NDB elektronisch eröffnet. 5 Das VBS dokumentiert die Entscheidfindung durch die Vorsteherin oder den Vorsteher des VBS betreffend die Freigabe zur Durchführung in schriftlicher Form. 6 Es teilt dem NDB und dem Bundesverwaltungsgericht den Entscheid der Vorstehe- rin oder des Vorstehers des VBS über die Freigabe zur Durchführung mit. Art. 23 Schutz von Berufsgeheimnissen Wird eine Person, die einer der Berufsgruppen nach den Artikeln 171173 der Strafprozessordnung7 angehört, gestützt auf Artikel 27 NDG überwacht, so ist sicherzustellen, dass der NDB keine von einem Berufsgeheimnis erfassten Informa- tionen erfährt, die nicht mit dem Grund, aus welchem die Überwachung angeordnet wurde, zusammenhängen. Der NDB weist im Genehmigungsverfahren nach Artikel 29 NDG darauf hin, dass die Selektion der Informationen nach Artikel 58 Absatz 3 NDG zu erfolgen hat. 4. Abschnitt: Eindringen in Computersysteme und -netzwerke im Ausland Art. 24 1 Beabsichtigt der NDB, in Computersysteme und -netzwerke im Ausland einzu- dringen, so beantragt er dies vorgängig der Vorsteherin oder dem Vorsteher des VBS. Der Antrag ist schriftlich zu begründen und muss folgende Angaben enthalten: a. das gesetzliche Aufgabengebiet, in dem die Informationsbeschaffung statt- finden soll; b. die Art von Informationen, die mit der Massnahme beschafft werden sollen; c. allfällige andere Dienststellen oder Dritte, die der NDB mit der Durchfüh- rung der Massnahme beauftragen will; d. den Zeitraum, in dem die Beschaffung erfolgen soll; e. die Bezeichnung der betroffenen Computersysteme und -netzwerke; 5 SR 172.021 6 SR 173.32 7 SR 312.0 Nachrichtendienstverordnung 9 121.1 f. die Notwendigkeit, die Verhältnismässigkeit und die Risiken der Massnah- me. 2 Die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS prüft den Antrag und unterbreitet ihn der Vorsteherin oder dem Vorsteher des EDA und der Vorsteherin oder dem Vorste- her des EJPD. Die Vorsteherin oder der Vorsteher des EDA und die Vorsteherin oder der Vorsteher des EJPD nehmen dazu umgehend Stellung. 3 Die Vorsteherin oder der Vorsteher des VBS entscheidet über den Antrag, sobald die Stellungnahmen vorliegen. Sie oder er kann dem NDB erlauben, im Rahmen desselben Antrags mehrfach in die Computersysteme und -netzwerke einzudringen. 4 Das VBS dokumentiert den Ablauf und das Ergebnis des Konsultations- und Entscheidverfahrens. Der NDB dokumentiert den Einsatz der Massnahmen, das Ergebnis und die Beendigung. 5. Abschnitt: Kabelaufklärung Art. 25 Zweck der Kabelaufklärung Der NDB kann durch Kabelaufklärung sicherheitspolitisch bedeutsame Informatio- nen insbesondere in den folgenden Bereichen zu den nachstehenden Zwecken be- schaffen: a. im Bereich Terrorismus: zur Erkennung von Aktivitäten, Verbindungen und Strukturen von terroristischen Gruppierungen und Netzwerken sowie zur Erkennung von Aktivitäten und Verbindungen von Einzeltäterinnen und Einzeltätern; b. im Bereich Proliferation: zur Aufklärung von Weiterverbreitung nuklearer, biologischer oder chemischer Waffen, einschliesslich ihrer Trägersysteme, sowie aller zur Herstellung dieser Waffen notwendigen zivil und militärisch verwendbaren Güter und Technologien (NBC-Proliferation), zur Aufklärung von illegalem Handel mit radioaktiven Substanzen, Kriegsmaterial und an- deren Rüstungsgütern, zur Aufklärung von Programmen für Massenvernich- tungswaffen, einschliesslich ihrer Trägersysteme, sowie zur Aufklärung von Beschaffungsstrukturen und Beschaffungsversuchen; c. im Bereich Spionageabwehr: zur Erkennung von Aktivitäten und Strukturen staatlicher und nichtstaatlicher ausländischer Akteure; d. im Bereich ausländische, gegen die Schweiz gerichtete Handlungen und Mo- tive sowie ausländische Handlungen oder Konflikte mit Auswirkungen auf die Schweiz: zur Beurteilung von Sicherheitslage, Regimestabilität, militäri- schem Potenzial und Rüstungsentwicklung, strategischen Einflussfaktoren und möglichen Entwicklungen; e. in den Bereichen Aufklärung der Cyber-Bedrohung und Schutz kritischer Infrastrukturen: zur Aufklärung des Einsatzes, der Herkunft und der techni- schen Beschaffenheit der Cyber-Angriffsmittel sowie zur Gestaltung wirk- samer Abwehrmassnahmen. Sicherheit der Eidgenossenschaft 10 121.1 Art. 26 Durchführender Dienst 1 Die Kabelaufklärung wird vom Zentrum für elektronische Operationen (ZEO) durchgeführt. 2 Der NDB vereinbart mit dem ZEO die Grundsätze der Zusammenarbeit sowie der Auftragserteilung und -erledigung. 3 Das ZEO stellt den Kontakt zu den Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und den Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen für alle Belange der Kabelaufklärung sicher. Art. 27 Aufgaben des ZEO 1 Das ZEO holt bei den Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und den Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen die für die Erstellung der Anträge und die Durchführung der Kabelaufklärungsaufträge erforderlichen techni- schen Angaben ein; es kann sich diese falls notwendig erklären lassen und die Ver- vollständigung oder eine Aktualisierung verlangen. 2 Es bearbeitet die Kabelaufklärungsaufträge des NDB. 3 Es beschafft die technischen Einrichtungen, die zur Wahrnehmung seiner Aufga- ben notwendig sind. 4 Es kann dem NDB vorschlagen, im Rahmen der genehmigten und freigegebenen Kategorien zusätzliche Suchbegriffe in laufende Aufträge aufzunehmen. Diese Suchbegriffe können auch aus Erkenntnissen aus anderen Aufträgen, namentlich der Funkaufklärung, hervorgehen. 5 Das ZEO stellt durch interne Massnahmen sicher, dass die Auftragserfüllung im Rahmen der Genehmigung erfolgt. Art. 28 Datenbearbeitung 1 Das ZEO vernichtet die im Rahmen der Kabelaufklärung gewonnenen Resultate spätestens im Zeitpunkt der Beendigung des betreffenden Kabelaufklärungsauftrags. 2 Es vernichtet die erfassten Kommunikationen im Zeitpunkt der Beendigung des Auftrags, spätestens aber 18 Monate nach deren Erfassung. 3 Es vernichtet die erfassten Verbindungsdaten im Zeitpunkt der Beendigung des Auftrags, spätestens aber 5 Jahre nach deren Erfassung. Art. 29 Aufgaben der Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und der Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen 1 Die Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und die Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen melden dem ZEO, welche Stelle für die Bear- beitung zuständig ist. 2 Sie gewähren dem ZEO Zutritt zu den für die Kabelaufklärung benötigten Räu- men, um die Installation von technischen Komponenten zu ermöglichen, die für die Durchführung von Kabelaufklärungsaufträgen notwendig sind. Nachrichtendienstverordnung 11 121.1 Art. 30 Entschädigung der Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und der Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen Die Entschädigung der Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und der Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen im Rahmen der Kabelauf- klärung wird in Anhang 2 geregelt. Art. 31 Kontakte zu ausländischen Fachstellen Nachrichtendienstliche Kontakte des ZEO zu ausländischen Fachstellen erfolgen über den NDB. 3. Kapitel: Besondere Bestimmungen über den Datenschutz Art. 32 Bekanntgabe von Personendaten an inländische Behörden und Amtsstellen 1 Die Bekanntgabe von Personendaten an inländische Behörden und Amtsstellen durch den NDB ist in Anhang 3 festgelegt. 2 Der NDB informiert die Empfängerin oder den Empfänger bei jeder Bekanntgabe über die Bewertung und die Aktualität der Daten. 3 Er registriert die Bekanntgabe, die Empfängerin oder den Empfänger, den Gegen- stand und den Grund. 4 Die Bekanntgabe von Personendaten ist untersagt, wenn ihr überwiegende öffentli- che oder private Interessen entgegenstehen. Art. 338 Ordentliche Bekanntgabe von Lagebeurteilungen und Daten durch kantonale Vollzugsbehörden 1 Die kantonalen Vollzugsbehörden können Lagebeurteilungen und Daten insbeson- dere den folgenden Adressaten bekanntgeben: a. anderen kantonalen Behörden zum Vollzug des NDG; b. kantonalen Vollzugsbehörden anderer Kantone im Rahmen von Vorabklä- rungen oder im Rahmen interkantonaler Arbeitsgruppen, an denen sie sich beteiligen; c. kantonalen Staatsanwaltschaften und der Polizei, unter Einhaltung von Arti- kel 60 Absätze 2–4 NDG zum Zweck der Gefahrenabwehr und der Strafver- folgung; d. kantonalen Straf-, Justiz- und Massnahmenvollzugsbehörden zum jeweiligen Aufgabenvollzug; e. unter Wahrung des Quellenschutzes und der Klassifikation: 8 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 27. Okt. 2021, in Kraft seit 1. Dez. 2021 (AS 2021 670). Sicherheit der Eidgenossenschaft 12 121.1 1. der der kantonalen Vollzugsbehörde vorgesetzten Stelle, oder 2. im Einzelfall anderen Stellen zur Wahrnehmung ihrer amtlichen Auf- gabe, insbesondere zur Ausübung ihrer Lage-, Führungs- oder Regie- rungsfunktion. 2 Hat eine kantonale Vollzugsbehörde Lagebeurteilungen oder Daten vom NDB erhalten oder im Index NDB oder in der ELD abgerufen, so holt sie vor der Be- kanntgabe die Zustimmung des NDB ein. Der NDB kann die Zustimmung im Ein- zelfall oder für bestimmte Kategorien von Daten und Empfängerinnen und Empfän- gern erteilen, wenn die Bekanntgabe zur Beurteilung von Massnahmen zur Wahrung der Sicherheit oder für die Abwendung einer erheblichen Gefährdung notwendig ist. 3 Die kantonalen Vollzugsbehörden dürfen keine Lagebeurteilungen oder Daten bekanntgeben, wenn überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenste- hen. 4 Der NDB kann der kantonalen Dienstaufsicht die Zustimmung in die Einsicht in Lagebeurteilungen oder Daten, die der Kanton im Auftrag des Bundes bearbeitet, für bestimmte Kategorien von Daten und Empfängerinnen und Empfängern erteilen. Art. 33a9 Dringliche Bekanntgabe von Lagebeurteilungen und Daten durch kantonale Vollzugsbehörden 1 Eine kantonale Vollzugsbehörde kann bei Dringlichkeit Lagebeurteilungen und Daten anderen Behörden oder Dritten ohne Zustimmung des NDB bekanntgeben, sofern sie diese nicht rechtzeitig einholen kann und die Bekanntgabe notwendig ist, um eine unmittelbar drohende, schwere Gefahr für die innere oder äussere Sicherheit oder für ein fundamentales Rechtsgut wie Leib und Leben oder Eigentum von erheb- lichem Sachwert abzuwehren. 2 Sie wahrt dabei den Quellenschutz. 3 Sie orientiert den NDB umgehend über die Bekanntgabe und ihren Grund. Art. 34 Bekanntgabe von Informationen an Strafverfolgungsbehörden Die Bekanntgabe von Informationen an Strafverfolgungsbehörden zur Verwendung in einem Strafverfahren erfolgt in Form eines schriftlichen, gerichtlich verwertbaren Amtsberichts. Art. 35 Bekanntgabe von Personendaten an ausländische Behörden 1 Die Bekanntgabe von Personendaten an ausländische Dienststellen durch den NDB richtet sich nach Artikel 61 NDG. 2 Der NDB kann Personendaten mit ausländischen Behörden auch mittels gemein- samer Übermittlungseinrichtungen sowie über internationale automatisierte Informa- tionssysteme nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe e NDG direkt austauschen. 9 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 27. Okt. 2021, in Kraft seit 1. Dez. 2021 (AS 2021 670). Nachrichtendienstverordnung 13 121.1 3 Er beachtet im Verkehr mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden die Bestim- mungen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 198110. 4 Er setzt bei der Bekanntgabe von Personendaten die empfangende Stelle über die Bewertung und die Aktualität der Daten in Kenntnis. 5 Er weist die empfangende Stelle auf Folgendes hin: a. den Zweck, für welchen sie die Daten ausschliesslich verwenden darf; b. dass er sich vorbehält, Auskunft über die Verwendung der Daten zu verlan- gen. 6 Er registriert die Bekanntgabe, deren Inhalt und die empfangende Stelle. 4. Kapitel: Politische Steuerung, Prüfverfahren und Verbote Art. 36 Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen 1 Im Falle einer schweren und unmittelbaren Bedrohung kann: a. jedes Departement dem Bundesrat den Einsatz des NDB zur Wahrung weite- rer wichtiger Landesinteressen beantragen; b. jeder Kanton dem Bundesrat ein Gesuch auf Einsatz des NDB zur Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen stellen; die Beantwortung des Gesuchs wird dem Bundesrat vom VBS beantragt. 2 Der Antrag muss folgende Angaben enthalten: a. Art, Schwere und Dringlichkeit der konkreten Bedrohung; b. Zweck und Dauer des Einsatzes; c. einzusetzende nachrichtdienstliche Mittel; d. notwendige und allenfalls zuzuweisende personelle und finanzielle Ressour- cen; e. beim Bund oder den Kantonen zur Abwehr der Bedrohung vorhandene Kompetenzen; f. bereits beschlossene konkrete Massnahmen. 3 Die beantragende Stelle konsultiert vorgängig den NDB. 4 Die Bundeskanzlei informiert die Geschäftsprüfungsdelegation und die Finanz- delegation der eidgenössischen Räte im Auftrag des Bundesrates innerhalb von 24 Stunden schriftlich über vom Bundesrat erteilte Aufträge oder abgelehnte Anträge nach Artikel 3 oder 71 NDG. 10 SR 351.1 Sicherheit der Eidgenossenschaft 14 121.1 Art. 37 Prüfverfahren 1 Besteht aufgrund konkreter Anhaltspunkte die Vermutung, dass schweizerische Staatsangehörige, in der Schweiz wohnhafte Personen oder in der Schweiz aktive Organisationen und Gruppierungen systematisch Tätigkeiten entfalten, die in die Bereiche von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a NDG fallen, so kann der NDB selbst- ständig oder auf Antrag eines oder mehrerer Kantone ein Prüfverfahren eröffnen. 2 Das Verfahren dient der Prüfung, ob diese Personen, Organisationen und Gruppie- rungen in die Beobachtungsliste aufzunehmen sind. Der NDB beschafft alle erfor- derlichen Informationen und wertet sie aus. 3 Der NDB legt den Umfang und den Einsatz der Mittel der Informationsbeschaf- fung sowie die Dauer des Verfahrens fest. Er informiert diejenigen Kantone, deren Mitarbeit bei der Informationsbeschaffung erforderlich ist. 4 Er beurteilt periodisch, mindestens jedoch halbjährlich, ob die Voraussetzungen für die Weiterführung des Prüfverfahrens noch gegeben sind. Art. 38 Einstellung des Prüfverfahrens 1 Der NDB stellt das Prüfverfahren ein, wenn: a. gegen die betreffende Person, Organisation oder Gruppierung ein anderes straf-, zivil- oder verwaltungsrechtliches Verfahren eröffnet wird, das den- selben Zweck verfolgt; b. die bisherigen Anhaltspunkte durch neue Erkenntnisse entkräftet werden und sich keine neuen belastenden Anhaltspunkte ergeben haben; c. innerhalb von zwei Jahren keine zusätzlichen sicherheitsrelevanten Erkennt- nisse gewonnen werden können; oder d. aufgrund einer neuen Lagebeurteilung die Tätigkeiten der betreffenden Per- son, Organisation oder Gruppierung keine Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit mehr darstellen. 2 Er stellt das Prüfverfahren ebenfalls ein, wenn: a. die betreffende Organisation oder Gruppierung in die Beobachtungsliste aufgenommen wurde; b. die betreffende Person einer in der Beobachtungsliste aufgeführten Organi- sation oder Gruppierung zugeordnet werden kann. Art. 39 Kriterien für die Erstellung der Beobachtungsliste 1 Der NDB führt die Beobachtungsliste nach Artikel 72 NDG. 2 Eine begründete Annahme für eine Bedrohung der inneren oder äusseren Sicher- heit besteht insbesondere: a. bei Organisationen und Gruppierungen nach Artikel 72 Absatz 2 NDG; b. wenn sich während des Prüfverfahrens nach Artikel 37 herausstellt, dass si- cherheitsgefährdende Tätigkeiten vorliegen; Nachrichtendienstverordnung 15 121.1 c. bei in der Vergangenheit erfolgten, aktuellen oder aufgrund konkreter Hin- weise in Zukunft zu erwartenden ernsthaften Aufrufen zu Gewalttaten; d. bei in der Vergangenheit erfolgter, aktueller oder aufgrund konkreter Hin- weise in Zukunft zu erwartender Unterstützung gewalttätig-extremistischer oder terroristischer Aktivitäten; e. bei in der Vergangenheit erfolgter, aktueller oder aufgrund konkreter Hin- weise in Zukunft zu erwartender Verwicklung in Anschläge und Entführun- gen. 3 Der NDB sammelt und bearbeitet alle Informationen nach Artikel 5 Absatz 8 NDG über die betreffenden Organisationen und Gruppierungen sowie über deren Expo- nentinnen und Exponenten. 4 Er überprüft die Beobachtungsliste jährlich und legt sie dem Bundesrat zur Ge- nehmigung vor. Art. 40 Tätigkeitsverbot 1 Das antragstellende Departement prüft jährlich, ob die Voraussetzungen zur An- ordnung des Tätigkeitsverbots weiterhin erfüllt sind. 2 Sind die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, so beantragt es dem Bundesrat die Aufhebung des Tätigkeitsverbots. Art. 41 Organisationsverbot Das antragstellende Departement prüft vor Ablauf der Befristung, ob die Vorausset- zungen für das Verbot weiterhin erfüllt sind, und beantragt dem Bundesrat gegebe- nenfalls die Verlängerung des Verbots. 5. Kapitel: Dienstleistungen und Gebühren Art. 42 Dienstleistungen Dienstleistungen nach Artikel 69 NDG sind insbesondere hinsichtlich Anlass, Inhalt, Dauer, Beendigung und dabei anfallender Gebühren mündlich oder schriftlich zu vereinbaren. Art. 43 Gebühren 1 Soweit diese Verordnung keine besondere Regelung enthält, gelten die Bestim- mungen der Allgemeinen Gebührenverordnung vom 8. September 200411 und der Gebührenverordnung VBS vom 8. November 200612. 11 SR 172.041.1 12 SR 172.045.103 Sicherheit der Eidgenossenschaft 16 121.1 2 Der NDB kann die Gebühr ermässigen oder erlassen, wenn: a. die Erhebung mehr Aufwand verursacht, als die Dienstleistung kostet; oder b. Gründe im Zusammenhang mit der Dienstleistung oder betreffend die ge- bührenpflichtige Person die Erhebung als unverhältnismässig erscheinen las- sen. 6. Kapitel: Kontrolle Art. 44 Selbstkontrolle innerhalb des NDB 1 Der NDB sorgt für die Ausbildung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in folgenden Bereichen: a. rechtliche Rahmenbedingungen der nachrichtendienstlichen Tätigkeit; b. Strategie und interne Prioritäten bei der Umsetzung des Grundauftrags. 2 Er stimmt seine internen Kontrolltätigkeiten auf die Planung der übergeordneten Aufsichtsorgane ab. 3 Er führt eine Übersicht über alle Aufträge der Informationsbeschaffung mit techni- schen Mitteln. Art. 45 Kontrolle und Beratung der kantonalen Vollzugsbehörden 1 Der NDB sorgt für eine angemessene Kontrolle des Vollzugs seiner Aufträge durch die kantonalen Vollzugsbehörden. 2 Er berät die kantonalen Vollzugsbehörden beim Vollzug des NDG, insbesondere bei der Bearbeitung nachrichtendienstlicher Daten. 7. Kapitel: Interne Schutz- und Sicherheitsmassnahmen Art. 46 Durchführende Stelle 1 Eine vom NDB bezeichnete interne Stelle führt in den Räumlichkeiten des NDB Taschen- und Personenkontrollen sowie in den Einrichtungen des NDB Raumkon- trollen durch; sie kann dazu Dritte beiziehen. 2 Beigezogene Dritte müssen über eine gültige Personensicherheitsprüfung und über eine polizeiliche oder gleichwertige Ausbildung verfügen. Art. 47 Taschen- und Personenkontrollen 1 Die Sicherheits- und Kontrollmassnahmen umfassen: a. das Durchsuchen von Taschen und anderen mitgeführten Behältnissen und Gegenständen; Nachrichtendienstverordnung 17 121.1 b. die Kontrolle der Kleidung und das Abtasten des Körpers sowie den Einsatz eines Metalldetektors oder eines ähnlichen Suchgeräts; c. die stichprobeweise Überprüfung des Inhalts ausgehender Postsendungen. 2 Der NDB kann mitgeführte Datenträger daraufhin untersuchen, ob die Vorschriften über die Informationssicherheit eingehalten werden. 3 Er kann Personen im Rahmen von Kontrollen dazu auffordern, mitgeführte ver- schlossene Behältnisse oder die Inhalte elektronischer Datenträger zu öffnen und gegebenenfalls zu entschlüsseln. 4 Er macht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen, die für den NDB Dienstleistungen in seinen Räumlichkeiten erbringen, vorgängig auf die Kontroll- möglichkeiten aufmerksam. 5 Er kann an von ihm genutzten Standorten abschliessbare Behältnisse für die Auf- bewahrung von privaten Gegenständen zur Verfügung stellen; diese Behältnisse sind von Kontrollmassnahmen ausgenommen. Der NDB übernimmt für gelagerte Gegen- stände keine Haftung. Art. 48 Raumkontrollen 1 Raumkontrollen können auch in Abwesenheit der betroffenen Personen erfolgen. 2 Abgeschlossene Behältnisse oder eindeutig als privat erkennbare Gegenstände werden nicht kontrolliert. Art. 49 Rückforderung von Gegenständen Der NDB kann von ihm zur Verfügung gestellte Gegenstände jederzeit zurückfor- dern. Art. 50 Einsatz von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten sowie Mitführen von elektronischen Geräten 1 Alle Personen, die das Aufnahmefeld von Bildübertragungs- oder Bildaufzeich- nungsgeräten betreten, sind mit einem gut sichtbaren Hinweis darüber zu informie- ren, dass sie von einem Überwachungssystem erfasst werden. 2 Der NDB vernichtet die Aufnahmen nach 30 Tagen, es sei denn, sie werden zur Beweissicherung in einem Verfahren benötigt. In diesem Fall erfolgt die Vernich- tung nach dessen rechtskräftigem Abschluss. 3 Der NDB kann innerhalb der von ihm genutzten Räumlichkeiten das Mitführen von elektronischen Geräten verbieten. Art. 51 Zutrittskontrollsystem 1 Der Zutritt zu den Räumlichkeiten des NDB, in denen das gesicherte Computer- netzwerk verwendet wird, wird kontrolliert. 2 Die Zutrittskontrolle muss die Identifikation aller Personen gewährleisten, die Zugriff auf das gesicherte Computernetzwerk haben. Sicherheit der Eidgenossenschaft 18 121.1 3 Führt der NDB die Zutrittskontrolle nicht selber durch, so hat ihm der Betreiber einen gesicherten Online-Zugriff auf die Daten zu gewährleisten. 8. Kapitel: Bewaffnung Art. 52 Berechtigung zum Tragen einer Dienstwaffe 1 Als Dienstwaffen gelten: a. Reizstoffe; b. Feuerwaffen. 2 Eine Dienstwaffe tragen dürfen diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NDB, die im Rahmen ihrer dienstlichen Funktion und Aufgabe besonderen Gefähr- dungen ausgesetzt sind. 3 Die Direktorin oder der Direktor des NDB bestätigt die Zugehörigkeit zur Perso- nengruppe nach Absatz 2, indem sie oder er die Berechtigung zum Tragen einer Dienstwaffe erteilt, wenn: a. die individuelle Gefährdungslage der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters dies erfordert; und b. die oder der Vorgesetzte der betreffenden Mitarbeiterin oder des betreffen- den Mitarbeiters oder die oder der Waffen- und Schiessverantwortliche des NDB keine Hinderungsgründe zum Tragen einer Dienstwaffe geltend macht; als Hinderungsgründe gelten insbesondere Anhaltspunkte, die auf eine mög- liche Selbst- oder Drittgefährdung schliessen lassen. 4 Wer zum Tragen einer Feuerwaffe berechtigt ist, muss: a. über den Fachausweis des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und In- novation als Polizistin oder Polizist oder über eine gleichwertige Ausbildung verfügen; und b. eine der Grundausbildung der Polizei entsprechende oder damit vergleichba- re Schiessausbildung absolvieren und jährlich an mehreren Schiesstrainings des NDB teilnehmen. Art. 53 Aufbewahrung von Dienstwaffen sowie Aufbewahrung und Verwendung von Munition 1 Der NDB sorgt für die sichere Aufbewahrung der Dienstwaffen und der Munition. 2 Wer zum Tragen einer Feuerwaffe berechtigt ist, darf folgende Munition verwen- den: a. Vollmantelmunition; b. Munition mit kontrollierter Expansionswirkung; c. Trainingsmunition. Nachrichtendienstverordnung 19 121.1 Art. 54 Schiessausbildung Für die Organisation der Schiessausbildung ist die oder der Waffen- und Schiessver- antwortliche des NDB verantwortlich. Diese oder dieser kann zur Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben mit anderen Stellen zusammenarbeiten. Art. 55 Einzug der Dienstwaffe 1 Werden bei einer Person Hinderungsgründe zum Tragen einer Dienstwaffe festge- stellt, so zieht die oder der Waffen- und Schiessverantwortliche des NDB die Dienstwaffe ein. 2 Die Direktorin oder der Direktor des NDB entscheidet nach Anhörung aller Betei- ligten und bei Bedarf unter Beizug von weiteren Sachverständigen, ob die betreffen- de Person weiterhin zum Tragen einer Dienstwaffe berechtigt ist. 9. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 56 Aufhebung und Änderung anderer Erlasse Die Aufhebung und die Änderung anderer Erlasse sind in Anhang 4 geregelt. Art. 57 Übergangsbestimmungen zur Archivierung 1 Die 50-jährige Schutzfrist für Archivgut, das vom NDB oder einer seiner Vorgän- gerorganisationen stammt und sich beim Inkrafttreten dieser Verordnung bereits im Bundesarchiv befindet, wird um 30 Jahre verlängert. 2 In Archivgut mit nach Absatz 1 verlängerter Schutzfrist wird vorbehältlich Artikel 12 Absatz 2 des Archivierungsgesetzes vom 26. Juni 199813 Einsicht gewährt, wenn der betroffene ausländische Sicherheitsdienst keine Vorbehalte gegen die Einsicht- nahme geltend macht. Art. 58 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. September 2017 in Kraft. 13 SR 152.1 Sicherheit der Eidgenossenschaft 20 121.1 Anhang 1 (Art. 20 Abs. 2) Auskunftspflichtige Organisationen Die folgenden Organisationen sind verpflichtet, dem NDB Auskunft zu erteilen: 1. Wettbewerbskommission; 2. Schweizerischer Nationalfonds; 3. Eidgenössisches Starkstrominspektorat; 4. Schweizerische Bundesbahnen; 5. SBB Cargo; 6. Schweizerische Post; 7. Schweizerische Erhebungsstelle für Radio- und Fernsehempfangsgebühren; 8. Finanzmarktaufsicht; 9. Eidgenössische Elektrizitätskommission; 10. Eidgenössische Kommunikationskommission; 11. Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat. Nachrichtendienstverordnung 21 121.1 Anhang 2 (Art. 30) Entschädigung der Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen 1 Projektarbeiten Ziel und Zweck Erläuterung Entschädigung Erschliessung eines neuen Standorts Vorabklärung, Projek- tierung, Realisierung, Inbetriebnahme Gemäss Projektvertrag im Einzelfall Ausbau eines bestehenden Standorts Planung, Einbau der Appa- rate, Abnahme Gemäss Auftrag im Einzel- fall 2 Laufende Kosten Ziel und Zweck Erläuterung Entschädigung Zugriff auf Kabel Auftragsbearbeitung, An- und Rückfahrt, Zugriff ausführen Nach Stundenaufwand, zuzüglich Wegkosten Miete Raummiete, Miete für Infrastruktur, Heiz- und Nebenkosten, Entschädi- gung für begleitete Zutritte Gemäss marktüblichen Ansätzen 3 Dienstleistungen Ziel und Zweck Erläuterung Entschädigung Netzdatenlieferung bereit- stellen Anforderungen entgegen- nehmen, Standards definie- ren, Netzpläne erarbeiten Nach Stundenaufwand Netzdatenlieferung Standardisierte Berichte erstellen und versenden Nach Stundenaufwand Sicherheit der Eidgenossenschaft 22 121.1 4 Tarif 4.1 Für die Entschädigungen nach Stundenaufwand gilt ein Stundenansatz von 180 Franken. 4.2 Die Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und die Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen müssen eine detaillierte Abrech- nung ihres Aufwands einreichen. Der Zeitaufwand ist auf die Viertelstunde genau unter Angabe der genauen Tätigkeit anzugeben. Der Sachaufwand ist detailliert mit Rechnung zu belegen. 5 Abrechnung 5.1 Die Modalitäten der Abrechnung für erbrachte Dienstleistungen werden in der Regel zwischen den Vertragspartnern im Einzelfall geregelt. 5.2 Liegen keine vertraglichen Abmachungen vor, so stellen die Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und die Anbieterinnen von Telekommuni- kationsdienstleistungen jeweils nach Abschluss der erbrachten Dienstleis- tung Rechnung. 6 Höhe der Entschädigung im Streitfall Im Streitfall verfügt der NDB die Höhe der Entschädigung. Nachrichtendienstverordnung 23 121.1 Anhang 314 (Art. 32 Abs. 1) Bekanntgabe von Personendaten an inländische Behörden und Amtsstellen Der NDB gibt den schweizerischen Strafverfolgungsbehörden Personendaten unter den in Artikel 60 Absätze 2–4 NDG genannten Voraussetzungen bekannt; den Aufsichtsbehörden gibt er die Daten vorbehaltlos bekannt. Der NDB kann den folgenden inländischen Behörden und Amtsstellen Personenda- ten unter den in Artikel 60 NDG genannten Voraussetzungen zu den nachstehend aufgeführten Zwecken bekannt gegeben: 1. regulatorischen Aufsichtsbehörden wie der Eidgenössischen Elektrizitäts- kommission oder der Eidgenössischen Kommunikationskommission: zum Schutz bei Angriffen auf kritische Infrastrukturen; 2. Organen der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates: zur Wahrneh- mung der inneren oder äusseren Sicherheit; 3. Krisen- und Sonderstäben des Bundes: zur Bewältigung von besonderen Lagen; 4. kantonalen Vollzugsbehörden: zum Vollzug des NDG; 5. kantonalen Polizeibehörden: zur Ausübung kantonaler Sicherheitsmassnah- men ausserhalb der Strafverfolgung; 6. der Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen der Bundeskanzlei: für die Durchführung von Personensicherheitsprüfungen; 7. dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten: 7.1 zur Beurteilung der Akkreditierungsgesuche oder Anwesenheitsrechte von Angehörigen ausländischer Staaten oder internationaler Organisa- tionen, 7.2 zur Wahrung völkerrechtlicher Schutzpflichten, 7.3 im Rahmen seiner Mitwirkungsrechte auf dem Gebiet des Aussenwirt- schaftsrechts, 7.4 zur Feststellung und Beurteilung sicherheitsrelevanter Vorgänge, die schweizerische Vertretungen im Ausland betreffen, 7.5 zur Beurteilung der Bedrohungslage und der sicherheitspolitischen In- teressen der Schweiz, 14 Bereinigt gemäss Anhang 3 Ziff. II 1 der Bevölkerungsschutzverordnung vom 11. Nov. 2020 (AS 2020 5087) und Ziff. I 2 der V vom 4. Mai 2022 über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, in Kraft seit 1. Juni 2022 (AS 2022 301). Sicherheit der Eidgenossenschaft 24 121.1 7.6. zur Umfeldabklärung von Entwicklungs- und Förderprogrammen so- wie aussenpolitischen Initiativen, 8. dem Eidgenössischen Departement des Innern: 8.1 dem Bundesamt für Gesundheit: im Zusammenhang mit dem Vollzug der Strahlenschutz-, der Gift-, der Epidemien- und der Betäubungsmit- telgesetzgebung, 8.2 dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen: im Zusammenhang mit dem Vollzug der Lebensmittel-, Tierseuchen-, Tierschutz- und Artenschutzgesetzgebung; 9. dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement: 9.1 dem Bundesamt für Justiz: zur Behandlung von Ersuchen im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, 9.2 dem Staatssekretariat für Migration: 9.2.1 zur Behandlung von Einbürgerungsgesuchen 9.2.2 für Massnahmen gegenüber Ausländerinnen und Ausländern, insbesondere zu deren Fernhaltung 9.2.3 zur Beurteilung von Asylgesuchen 9.2.4 zur Beurteilung der Lage in den Migrationsorten, 9.3 dem fedpol: 9.3.1 zur Bearbeitung von Aufgaben nach dem Bundesgesetz vom 7. Oktober 199415 über die kriminalpolizeilichen Zentralstellen des Bundes und gemeinsame Zentren für Polizei- und Zollzu- sammenarbeit mit anderen Staaten 9.3.2 zum Vollzug von bilateralen oder internationalen Polizei- kooperationsabkommen 9.3.3 zur Behandlung polizeilicher Rechtshilfeersuchen 9.3.4 zur Aufnahme in das automatisierte Polizeifahndungssystem (RIPOL) 9.3.5 zum Schutz von Personen und Gebäuden nach der Verordnung vom 27. Juni 200116 über das Sicherheitswesen in Bundesver- antwortung 9.3.6 zum Schutz schweizerischer Vertretungen im Ausland 9.3.7 zur Durchführung von Objekt-, Informations- und Wert- schutzmassnahmen im In- und Ausland 9.3.8 der Sektion Ausweisschriften, der Zentralstelle Sprengstoff und Pyrotechnik sowie der Zentralstelle Waffen: zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben 9.3.9 zur Aussprechung von Fernhaltemassnahmen und Ausweisun- gen 9.3.10 zur Beschlagnahme von Propagandamaterial sowie zur Lö- schung und Sperrung von Websites nach Artikel 13e des Bun- 15 SR 360 16 [AS 2001 1741; 2007 6657 Anhang Ziff. 1; 2008 4295; 2014 2291; 2017 4151 Anhang 4 Ziff. II 2]. Siehe heute: die V vom 24. Juni 2020 (SR 120.72). Nachrichtendienstverordnung 25 121.1 desgesetzes vom 21. März 199717 über die Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit 9.3.11 für die Sicherheit von Personen im Zeugenschutzprogramm sowie von deren nahestehenden Angehörigen 9.3.12 für die Sicherheit von Passagieren schweizerischer Luftfahr- zeuge 9.3.13 zur Bearbeitung von Aufgaben nach dem Bundesgesetz vom 21. März 199718 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit; 10. dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport: 10.1 den Stäben der Armee: 10.1.1 im Zusammenhang mit der Beurteilung der Bedrohungslage und sicherheitspolitisch bedeutsamer Informationen über das Ausland sowie im Zusammenhang mit den Einsatzgebieten der Armee im Ausland 10.1.2 im Zusammenhang mit Assistenzdiensten im In- und Ausland 10.1.3 zur Beurteilung von in Umlauf gebrachten Krankheitserregern und chemischen Substanzen 10.1.4 zur Beurteilung der Sicherheit von EDV-Systemen und -Datenbanken des Bundes gegen Einwirkungen, bei denen ein terroristischer, nachrichtendienstlicher oder gewalttätig- extremistischer Bezug nicht ausgeschlossen werden kann, 10.2 dem Generalsekretariat: für die Beurteilung der Bedrohungslage und für die sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz, 10.3 den Organen für militärische Sicherheit: 10.3.1 zur Beurteilung der militärischen Sicherheitslage 10.3.2 zum Schutz militärischer Informationen und Objekte 10.3.3 zur Erfüllung kriminal- und sicherheitspolizeilicher Aufgaben im Armeebereich 10.3.4 wenn Angehörige des Dienstes für militärische Sicherheit zum Aktivdienst aufgeboten sind, zur präventiven Sicherung der Armee vor Spionage, Sabotage und anderen rechtswidrigen Handlungen, zur Beschaffung von Nachrichten sowie zum Schutz der Mitglieder des Bundesrates, der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers und weiterer Personen, 10.4 dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz: 10.4.1 dem Geschäftsbereich Bevölkerungsschutzpolitik im Zusam- menhang mit dem Schutz kritischer Infrastrukturen 10.4.2 der Nationalen Alarmzentrale: im Hinblick auf die Beschaf- fung, Analyse und Verbreitung von Informationen nach der Bevölkerungsschutzverordnung vom 11. November 202019 17 SR 120 18 SR 120 19 SR 520.12 Sicherheit der Eidgenossenschaft 26 121.1 10.4.3 dem Labor Spiez: im Zusammenhang mit Informationen und Erkenntnissen zur ABC-Sicherheit, 10.5 der Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen: zur Durchführung von Personensicherheitsprüfungen; 11. dem Eidgenössischen Finanzdepartement: 11.1 der Eidgenössischen Finanzverwaltung: 11.1.1 im Rahmen der Beurteilung von Finanz- und Wirtschaftsfragen sowie der Finanzkriminalität 11.1.2 zur Vorbereitung oder Durchführung eines polizeilichen Er- mittlungsverfahrens, 11.2 dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen: im Rahmen der Beurteilung von Finanz- und Wirtschaftsfragen sowie der Finanzkri- minalität, 11.3 den Grenzwacht- und Zollorganen: 11.3.1 zur Feststellung des Aufenthalts von Personen 11.3.2 zur Durchführung grenzpolizeilicher und zolldienstlicher Kon- trollen sowie von Verwaltungsstrafverfahren, 11.4 dem Bundesamt für Informatik und Telekommunikation: zur Beurtei- lung der Sicherheit von EDV-Systemen und -Datenbanken des Bundes gegen Einwirkungen, bei denen ein terroristischer, nachrichtendienstli- cher oder gewalttätig-extremistischer Bezug nicht ausgeschlossen werden kann; 12. dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung: 12.1 dem Staatssekretariat für Wirtschaft: 12.1.1 zum Vollzug des Kriegsmaterialgesetzes vom 13. Dezember 199620 und des Güterkontrollgesetzes vom 13. Dezember 199621 12.1.2 zur Ergreifung von Massnahmen auf dem Gebiet des Aussen- wirtschaftsrechts 12.1.3 zur Vorbereitung oder Durchführung eines polizeilichen Er- mittlungsverfahrens 12.1.4 zur Beurteilung der wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Lage in den Interessensgebieten der Schweiz, 12.2 dem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie: zur Erteilung von Sprengausweisen, 12.3 dem Bundesamt für Landwirtschaft: im Zusammenhang mit dem Voll- zug der Landwirtschaftsgesetzgebung, 12.4 dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung: zum Schutz vor Angriffen auf kritische Infrastrukturen; 20 SR 514.51 21 SR 946.202 Nachrichtendienstverordnung 27 121.1 13. dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation: 13.1 dem Bundesamt für Zivilluftfahrt, dem Bundesamt für Kommunikati- on und den Schweizerischen Bundesbahnen: für sicherheitspolizeiliche Massnahmen, 13.2 dem Bundesamt für Energie: 13.2.1 im Zusammenhang mit dem Vollzug der Kernenergiegesetz- gebung 13.2.2 im Rahmen seiner Mitwirkungsrechte auf dem Gebiet des Aussenwirtschaftsrechts, 13.3 dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat: im Zusammen- hang mit dem Vollzug der Strahlenschutzgesetzgebung und der Auf- gaben nach Artikel 2 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 200722 über das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat, 13.4 dem Bundesamt für Umwelt: im Zusammenhang mit dem Vollzug der Umweltschutzgesetzgebung; 14. Behörden und Amtsstellen des Bundes, der Kantone und der Gemeinden, wenn es zu deren Sicherheit oder zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr notwendig ist. 22 SR 732.2 Sicherheit der Eidgenossenschaft 28 121.1 Anhang 4 (Art. 56) Aufhebung und Änderung anderer Erlasse I Die folgenden Verordnungen werden aufgehoben: 1. BWIS-Abgeltungsverordnung vom 1. Dezember 199923; 2. Verordnung vom 4. Dezember 200924 über den Nachrichtendienst des Bun- des. II Die nachstehenden Verordnungen werden wie folgt geändert: …25 23 [AS 2000 61; 2001 1369; 2006 5249; 2008 6305 Anhang Ziff. 5; 2009 6937 Anhang 4 Ziff. II 3] 24 [AS 2009 6937; 2010 3865; 2012 3767, 5527 Art. 15 Ziff. 2, 6731 Anhang Ziff. 1; 2013 3041 Ziff. I 2; 2014 3231 Art. 46; 2016 2577 Anhang Ziff. II 1; 2017 707] 25 Die Änderungen können unter AS 2017 4151 konsultiert werden. 1. Kapitel: Zusammenarbeit 1. Abschnitt: Zusammenarbeit des NDB mit inländischen Stellen Art. 1 Zusammenarbeit des NDB mit inländischen Stellen und Personen Art. 2 Zusammenarbeit des NDB mit Konferenzen der Kantone Art. 3 Zusammenarbeit des NDB mit dem Nachrichtendienst der Armee Art. 4 Zusammenarbeit des NDB mit dem Dienst für militärische Sicherheit Art. 5 Zusammenarbeit des NDB mit dem fedpol Art. 6 Abgeltung der Vollzugstätigkeiten der Kantone und Beurteilung der Aufgabenerfüllung 2. Abschnitt: Zusammenarbeit des NDB mit ausländischen Stellen Art. 7 Jährliche Festlegung der Grundsätze der Zusammenarbeit Art. 8 Zuständigkeiten Art. 9 Arten der Zusammenarbeit Art. 10 Internationale Vereinbarungen von beschränkter Tragweite Art. 11 Information des NDB durch die Kantone 2. Kapitel: Informationsbeschaffung 1. Abschnitt: Grundsätze Art. 12 Operationen Art. 13 Zusammenarbeit mit inländischen Amtsstellen und Erteilung von Beschaffungsaufträgen Art. 14 Zusammenarbeit mit ausländischen Amtsstellen im Inland und Erteilung von Beschaffungsaufträgen Art. 15 Zusammenarbeit mit Privaten im Inland und Erteilung von Beschaffungsaufträgen Art. 16 Zusammenarbeit mit ausländischen Amtsstellen oder Privaten im Ausland und Erteilung von Beschaffungsaufträgen Art. 17 Nachrichtendienstliche Informationsquellen Art. 18 Quellenschutz Art. 19 Berichterstattung über Operationen und menschliche Quellen 2. Abschnitt: Auskunftspflicht bei einer konkreten Bedrohung Art. 20 3. Abschnitt: Genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen Art. 21 Durchsuchen von Räumlichkeiten, Fahrzeugen und Behältnissen Art. 22 Genehmigungsverfahren und Freigabe Art. 23 Schutz von Berufsgeheimnissen 4. Abschnitt: Eindringen in Computersysteme und -netzwerke im Ausland Art. 24 5. Abschnitt: Kabelaufklärung Art. 25 Zweck der Kabelaufklärung Art. 26 Durchführender Dienst Art. 27 Aufgaben des ZEO Art. 28 Datenbearbeitung Art. 29 Aufgaben der Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und der Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen Art. 30 Entschädigung der Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und der Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen Art. 31 Kontakte zu ausländischen Fachstellen 3. Kapitel: Besondere Bestimmungen über den Datenschutz Art. 32 Bekanntgabe von Personendaten an inländische Behörden und Amtsstellen Art. 33 Ordentliche Bekanntgabe von Lagebeurteilungen und Daten durch kantonale Vollzugsbehörden Art. 33a Dringliche Bekanntgabe von Lagebeurteilungen und Daten durch kantonale Vollzugsbehörden Art. 34 Bekanntgabe von Informationen an Strafverfolgungsbehörden Art. 35 Bekanntgabe von Personendaten an ausländische Behörden 4. Kapitel: Politische Steuerung, Prüfverfahren und Verbote Art. 36 Wahrung weiterer wichtiger Landesinteressen Art. 37 Prüfverfahren Art. 38 Einstellung des Prüfverfahrens Art. 39 Kriterien für die Erstellung der Beobachtungsliste Art. 40 Tätigkeitsverbot Art. 41 Organisationsverbot 5. Kapitel: Dienstleistungen und Gebühren Art. 42 Dienstleistungen Art. 43 Gebühren 6. Kapitel: Kontrolle Art. 44 Selbstkontrolle innerhalb des NDB Art. 45 Kontrolle und Beratung der kantonalen Vollzugsbehörden 7. Kapitel: Interne Schutz- und Sicherheitsmassnahmen Art. 46 Durchführende Stelle Art. 47 Taschen- und Personenkontrollen Art. 48 Raumkontrollen Art. 49 Rückforderung von Gegenständen Art. 50 Einsatz von Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten sowie Mitführen von elektronischen Geräten Art. 51 Zutrittskontrollsystem 8. Kapitel: Bewaffnung Art. 52 Berechtigung zum Tragen einer Dienstwaffe Art. 53 Aufbewahrung von Dienstwaffen sowie Aufbewahrung und Verwendung von Munition Art. 54 Schiessausbildung Art. 55 Einzug der Dienstwaffe 9. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 56 Aufhebung und Änderung anderer Erlasse Art. 57 Übergangsbestimmungen zur Archivierung Art. 58 Inkrafttreten Anhang 1 Auskunftspflichtige Organisationen Anhang 2 Entschädigung der Betreiberinnen von leitungsgebundenen Netzen und Anbieterinnen von Telekommunikationsdienstleistungen 1 Projektarbeiten 2 Laufende Kosten 3 Dienstleistungen 4 Tarif 5 Abrechnung 6 Höhe der Entschädigung im Streitfall Anhang 3 Bekanntgabe von Personendaten an inländische Behörden und Amtsstellen Anhang 4 Aufhebung und Änderung anderer Erlasse
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Sachverhalt ab Seite 650 BGE 141 V 650 S. 650 A. A.a Die Pensionskasse C. bezweckte die Durchführung der obligatorischen und weitergehenden beruflichen Vorsorge für die Arbeitnehmer der Mitgliedfirmen des Verbandes D. Mit Verfügung vom 15. Dezember 2009 suspendierte das Amt für berufliche Vorsorge und Stiftungen des Kantons Zürich (BVS) als zuständige Aufsichtsbehörde die bisherigen Stiftungsräte und setzte einen neuen (interimistischen) Stiftungsrat ein. Mit Verfügung vom 12. November 2010 hob das BVS die Vorsorgeeinrichtung aufgrund ihres "desolaten Zustandes" und fehlender Sanierungsfähigkeit auf und ordnete deren Totalliquidation an. BGE 141 V 650 S. 651 A.b Ende Dezember 2010 ersuchte die Pensionskasse C. in Liquidation (nachfolgend: PK-C) den Sicherheitsfonds BVG (nachfolgend: Sicherheitsfonds) um Sicherstellung der Altersguthaben, resp. um Ausrichtung eines Vorschusses auf die Sicherstellung, im Umfang von Fr. 2'319'092.90. Der Sicherheitsfonds sprach ihr mit Verfügung vom 23. Februar 2011 einen Vorschuss von Fr. 1'500'000.- zu. In Bezug auf das Altersguthaben von 30 Personen, unter ihnen A., wies er das Gesuch um Sicherstellung nach Abklärungen mit Verfügung vom 30. Oktober 2012 ab mit der Begründung, die Betroffenen seien nicht (aktive) Versicherte der PK-C gewesen. B. Dagegen führte die PK-C Beschwerde, welche das Bundesverwaltungsgericht - nach Beiladung von 29 der 30 Betroffenen (eine ebenfalls betroffene Person konnte nicht ausfindig gemacht werden) - mit Entscheid vom 9. Januar 2015 abwies. C. A. (9C_119/2015) lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, der Entscheid vom 9. Januar 2015 sei aufzuheben und der Sicherheitsfonds sei zu verpflichten, seinen Anspruch gegenüber der PK-C über Fr. 399'574.40 nebst Zins zu 5 % seit 31. August 2009 sicherzustellen. Die PK-C (9C_138/2015) gelangt ebenfalls an das Bundesgericht mit dem Rechtsbegehren, unter Aufhebung des Entscheids vom 9. Januar 2015 sei der Sicherheitsfonds zu verpflichten, die Sicherstellung der Guthaben der im vorinstanzlichen Verfahren beigeladenen Betroffenen anzuerkennen. Die Beschwerdeführenden schliessen sich wechselseitig dem jeweiligen Antrag (des anderen Beschwerdeführenden) an. Die weiteren Betroffenen, soweit sie sich vernehmen lassen, beantragen (zumindest sinngemäss) die Gutheissung der Beschwerden. Der Sicherheitsfonds schliesst zur Hauptsache auf Abweisung der beiden Rechtsmittel. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. Das Bundesgericht vereinigt die beiden Verfahren, tritt auf die Beschwerde des A. nicht ein und weist die Beschwerde der PK-C ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Der Sicherheitsfonds stellt die gesetzlichen Leistungen von zahlungsunfähig gewordenen oder im Falle von vergessenen Guthaben liquidierter Vorsorgeeinrichtungen sicher ( Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG ). BGE 141 V 650 S. 652 Zudem stellt er die über die gesetzlichen Leistungen hinausgehenden reglementarischen Leistungen von zahlungsunfähig gewordenen Vorsorgeeinrichtungen sicher, soweit diese Leistungen auf Vorsorgeverhältnissen beruhen, auf die das FZG (SR 831.42) anwendbar ist ( Art. 56 Abs. 1 lit. c BVG ). Die Sicherstellung nach Abs. 1 lit. c umfasst höchstens die Leistungen, die sich aufgrund eines massgebenden Lohnes nach dem AHVG in der anderthalbfachen Höhe des oberen Grenzbetrages nach Art. 8 Abs. 1 dieses Gesetzes ergeben ( Art. 56 Abs. 2 BVG ). 2.2 Gestützt auf Art. 56 Abs. 4 BVG regelte der Bundesrat weitere Leistungsvoraussetzungen in der Verordnung vom 22. Juni 1998 über den Sicherheitsfonds BVG (SFV; SR 831.432.1): Antragstellerin für die Leistungen des Sicherheitsfonds ist die zahlungsunfähig gewordene Vorsorgeeinrichtung oder die Rechtsträgerin des insolvent gewordenen Versichertenkollektivs ( Art. 24 Abs. 1 SFV ). Zahlungsunfähig ist eine Vorsorgeeinrichtung, wenn sie fällige gesetzliche oder reglementarische Leistungen nicht erbringen kann und eine Sanierung nicht mehr möglich ist. Nicht mehr möglich ist die Sanierung u.a., wenn über eine Vorsorgeeinrichtung ein Liquidations- oder Konkursverfahren eröffnet worden ist ( Art. 25 Abs. 1 u. 2 SFV ). Der Sicherheitsfonds stellt den Betrag sicher, welcher der Vorsorgeeinrichtung zur Erfüllung ihrer gesetzlichen oder reglementarischen Verpflichtungen fehlt. Er kann bis zum Abschluss des Liquidations- oder Konkursverfahrens Vorschüsse leisten ( Art. 26 Abs. 1 SFV ). 3. 3.1 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer u.a. durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat ( Art. 89 Abs. 1 lit. b u. c BGG ). Die Rechtsprechung hat die Legitimation Dritter zur Anfechtung "pro Adressat" unter bestimmten Umständen dann zugelassen, wenn der Dritte als Folge des Entscheids unmittelbar in seinen vermögensrechtlichen Interessen berührt ist ( BGE 135 V 382 E. 3.3.1 S. 387 mit Hinweisen). 3.2 In Bezug auf die - gleich lautende - Bestimmung zur Beschwerdelegitimation von Art. 48 Abs. 1 lit. b und c VwVG (SR 172.021) und insbesondere unter Berücksichtigung von Art. 24 Abs. 1 SFV (E. 2.2) entschied das Bundesgericht, dass die Destinatäre einer Vorsorgeeinrichtung aus der die Sicherstellung ablehnenden Verfügung des Sicherheitsfonds keinen unmittelbaren Nachteil erleiden, weshalb es ihnen selbst dann an der Beschwerdelegitimation fehlt, wenn sie BGE 141 V 650 S. 653 formelle Verfügungsadressaten sind (SVR 2010 BVG Nr. 22 S. 86, 9C_918/2009 E. 4.3.1; bestätigt in: SVR 2012 BVG Nr. 41 S. 152, 9C_616/2011 E. 3.6 und 3.7). 3.3 Da die Legitimation im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, die sich nach Art. 48 Abs. 1 lit. b und c VwVG richtet ( Art. 37 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht [VGG; SR 173.32] ), nicht enger umschrieben sein kann als im Verfahren vor der oberen Instanz (Einheit des Verfahrens; vgl. BGE 135 V 382 E. 3.3.2 S. 388), ist auf die Beschwerde des A. (9C_119/2015) nicht einzutreten. Das Rechtsmittel der PK-C (9C_138/2015) als Adressatin der angefochtenen Verfügung hingegen ist zulässig; im Rahmen der entsprechenden Beurteilung bleibt die Vernehmlassung des A. vom 27. April 2015, die er in seiner Stellung als Beigeladener eingereicht hat, beachtlich. 4. 4.1 Das Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass irrtümlich resp. zu Unrecht an eine Vorsorgeeinrichtung übertragene Freizügigkeitsguthaben nicht unter den Begriff der "gesetzlichen Leistungen" gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG fielen. Beim Transfer der Freizügigkeitsleistung in die Vorsorgeeinrichtung müsse eine Anstellung an einen angeschlossenen Arbeitgeber und ein versicherter Verdienst vorliegen. Mangels eines solchen Anschlusses und versicherten Verdienstes im Zeitpunkt der Überweisung hat es folglich die Leistungspflicht des Sicherheitsfonds verneint. 4.2 Die Beschwerdeführerin und einzelne Betroffene bringen im Wesentlichen vor, eine fehlerhaft übermittelte Freizügigkeits- oder Austrittsleistung sei, da sie zurückzuerstatten sei, eine "gesetzliche Leistung" im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG . Sie lasse sich auf Art. 27 BVG resp. das FZG oder auf eine andere Gesetzesbestimmung wie Art. 20 oder 62 OR stützen. Jedenfalls sei in Bezug auf die Sicherstellung der Anspruch auf Rückerstattung jenem bei Austritt eines Versicherten gleichgestellt. 5. 5.1 Es steht fest, dass die PK-C eine zahlungsunfähige Vorsorgeeinrichtung im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. b und c BVG (i.V.m. Art. 25 Abs. 1 u. 2 SFV ) ist. Unbestritten ist auch, dass - mit einer Ausnahme - für die hier Beteiligten eine Freizügigkeitsleistung, d.h. Vermögen, das im Rahmen der beruflichen Vorsorge geäufnet worden BGE 141 V 650 S. 654 ist, in die PK-C eingebracht wurde. Weiter wird nicht vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich, dass die vorinstanzliche Feststellung, wonach - abgesehen von einem Fall - keine dieser Personen in einem Arbeitsverhältnis zu einem der PK-C angeschlossenen Arbeitgeber gestanden habe, offensichtlich unrichtig sein oder auf einer Rechtsverletzung beruhen soll (vgl. Art. 105 Abs. 1 u. 2 BGG ). Was die eine Person betrifft, die einen Lohn bei einem angeschlossenen Arbeitgeber nachweisen konnte, so ist unbestritten, dass deren Austrittsleistung bereits an die Auffangeinrichtung überwiesen wurde und keine Hinweise auf eine unrichtige Versicherung bestehen. Sodann macht weder die PK-C noch eine der betroffenen Personen geltend, dass reglementarische Leistungen sicherzustellen sind. 5.2 5.2.1 Der Wortlaut von Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG und die Systematik des BVG sind unmissverständlich: Die Sicherstellung durch den Sicherheitsfonds umfasst ausschliesslich Leistungsversprechen von Vorsorgeeinrichtungen (vgl. E. 2 vorne). Es sind denn auch nur (dem FZG unterstellte) Vorsorgeeinrichtungen dem Sicherheitsfonds angeschlossen ( Art. 57 BVG ). Freizügigkeitseinrichtungen fallen, da sie keine Vorsorgeeinrichtungen sind (vgl. dazu statt vieler Urteil 9C_131/2014 vom 10. September 2014 E. 3 mit Hinweis auf BGE 122 V 320 ), nicht unter den Schutzbereich resp. in den Aufgabenbereich des Sicherheitsfonds. 5.2.2 Die Anschlusspflicht an eine Vorsorgeeinrichtung trifft den Arbeitgeber, soweit er obligatorisch zu versichernde Arbeitnehmer beschäftigt ( Art. 11 Abs. 1 BVG ). Obligatorisch zu versichern hat der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer ab einer bestimmten Lohnhöhe (vgl. Art. 8 BVG ). Die gesetzlichen Leistungsversprechen der Vorsorgeeinrichtungen beruhen somit auf einem Vorsorgeverhältnis . Dies ergibt sich auch aus Art. 56 Abs. 1 lit. c BVG . Mit dieser Bestimmung wurde der Insolvenzschutz ab 1. Januar 1997 auf "reglementarische Leistungen" ausgedehnt. Diese werden in der genannten Bestimmung als "über die gesetzlichen Leistungen hinausgehend" definiert ("prestations réglementaires qui vont au-delà des prestations légales"; "prestazioni regolamentari più estese"). Gleichzeitig wird klargestellt, dass nur Leistungen, die "auf Vorsorgeverhältnissen beruhen" ("reposent sur des rapports de prévoyance"; "si fondino su relazioni previdenziali"), auf die das FZG anwendbar ist, sichergestellt werden. Daraus ist zweierlei zu schliessen. Einerseits, dass mit "gesetzlichen Leistungen" gemäss dem unmittelbar voranstehenden Art. 56 Abs. 1 BGE 141 V 650 S. 655 lit. b BVG ausschliesslich solche, die sich aus dem BVG-Obligatorium ergeben, gemeint sind. Anderseits, dass im Sinne des Schlusses vom "Grösseren" (lit. c) auf das "Kleinere" (lit. b) auch diesem ein entsprechendes Vorsorgeverhältnis immanent sein muss. Beide Parameter lassen sich auch den Ausführungen im Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 24. August 1995 zur "Parlamentarischen Initiative Verbesserung der Insolvenzdeckung in der beruflichen Vorsorge (Initiative Rechsteiner)" und in der entsprechenden Stellungnahme des Bundesrates vom 15. November 1995 zur Ausgangslage vor Einführung von Art. 56 Abs. 1 lit. c BVG entnehmen (BBl 1995 570 Ziff. 31, 573 Ziff. 35 und 581 Ziff. 1). 5.2.3 Das Bundesgericht hat seit jeher unter "gesetzlichen Leistungen von (...) Vorsorgeeinrichtungen" ("prestations légales dues par des institutions de prévoyance"; "prestazioni legali degli istituti di previdenza") sämtliche gesetzlichen obligatorischen Leistungsansprüche der versicherten Personen verstanden, die bei Fälligkeit erfüllt werden müssen, "also neben den Ansprüchen bei Erreichen des Schlussalters auch diejenigen im Invaliditäts-, Todes- und Freizügigkeitsfall". Gemeint sind damit die Versicherungsleistungen gemäss dem (heutigen) zweiten Teil, ersten Titel, Kapitel 3 und 4 des BVG (wozu seit 1. Januar 1995 auch die Wohneigentumsförderung gehört). Mit anderen Worten sichert der Sicherheitsfonds nach dem Grundgedanken des BVG die gesetzlichen Ansprüche der obligatorisch versicherten Personen bei Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung und ist nicht dazu bestimmt, die Vorsorgeeinrichtung schadlos zu halten (SZS 1990 S. 311, 2A.158/1988 E. 6d, wobei sich die heute geltende und die ursprüngliche, bis 31. Dezember 1996 gültige Fassung von Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG im hier interessierenden Punkt entsprechen). In SZS 2001 S. 357, 2A.408/2000 lit. B bestätigte das Bundesgericht indirekt die in Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG auf das BVG-Obligatorium beschränkte Sicherstellungspflicht des Sicherheitsfonds, indem es festhielt: "Mit einer am 21. Juni 1996 verabschiedeten und am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Revision von Art. 56 BVG wurden sodann die Insolvenzleistungen des Sicherheitsfonds auf Teile des ausserobligatorischen Bereichs ausgedehnt. Nach Art. 56 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 BVG waren nunmehr auch überobligatorische Leistungen auf der Basis eines massgebenden AHV-Lohnes bis zum anderthalbfachen oberen Grenzbetrag nach Art. 8 Abs. 1 BVG , d.h. bis Fr. 107'460.-, sichergestellt." BGE 141 V 650 S. 656 5.3 5.3.1 In concreto fehlt es an Vorsorgeverhältnissen. Die fraglichen Beteiligten waren (bis auf eine Person) nie bei der PK-C für die berufliche Vorsorge versichert; ihr jeweiliger Arbeitgeber war nicht der PK-C angeschlossen (vgl. E. 5.1 vorne). Mangels eines Vorsorgeverhältnisses liegt auch kein Anwendungsfall von Art. 13 FZG vor, wonach der überschüssige Teil einer Eintrittsleistung bei der Vorsorgeeinrichtung verbleiben kann. Es ist auch keine Situation im Sinne von Art. 4 Abs. 2 FZG gegeben, in welcher die Austrittsleistungen infolge Ausbleibens einer Mitteilung (zur Erhaltung des Vorsorgeschutzes) bei der "alten" Vorsorgeeinrichtung verharrten. Die PK-C fungierte somit hinsichtlich der streitigen Gelder als reine Freizügigkeitseinrichtung. Ob und inwieweit dies - zumindest temporär - zulässig war, braucht an dieser Stelle nicht erörtert zu werden (vgl. dazu jedoch [Bereinigte Fassung der] BSV-Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 32 vom 21. April 1995 Rz. 186 Ziff. 1 S. 2 sowie Nr. 34 vom 8. Dezember 1995 Rz. 198 S. 3 und Rz. 199 S. 4). Dieser Frage ist im Rahmen der Prüfung des Anspruchs auf Rückerstattung oder - bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - auf Schadenersatz nachzugehen (vgl. E. 5.3.2 nachfolgend). So oder anders: Freizügigkeitsgelder, die ohne bestehendes Vorsorgeverhältnis in eine Vorsorgeeinrichtung einbezahlt werden, mutieren deswegen nicht zurück in ihre ursprüngliche "Leistungsform" resp. zu einem obligatorischen Leistungsversprechen einer Vorsorgeeinrichtung im Sinne einer Austrittsleistung gemäss Art. 27 BVG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 FZG . Sie können einer solchen auch nicht gleichgestellt werden. Andernfalls ständen Tür und Tor offen, den fehlenden resp. verminderten Insolvenzschutz bei Freizügigkeitseinrichtungen mittels (Fehl-)Überweisungen an Vorsorgeeinrichtungen zu umgehen. Dies hat - bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation - absolut zu gelten, zumal der Gesetzgeber nicht gewillt ist, hinsichtlich Freizügigkeitseinrichtungen über den bestehenden Schutz hinauszugehen resp. den Aufgabenbereich des Sicherheitsfonds auf solche zu erweitern (Motion Amherd Viola [10.3446] betreffend die Sicherung von Geldern in Freizügigkeitsstiftungen, die der Nationalrat am 1. Oktober 2010 ablehnte). 5.3.2 Der Hintergrund der (Fehl-)Überweisung spielt demnach keine Rolle. Er ist allenfalls massgebend für die Begründung der Rückforderung oder von allfälligem Schadenersatz; Letzterer je nach Sachlage gegenüber dem (damaligen) Arbeitgeber und/oder der vormaligen BGE 141 V 650 S. 657 (überweisenden) Vorsorgeeinrichtung. Ebenso wenig braucht hier danach gefragt zu werden, ob die (Fehl-)Überweisung missbräuchlich ausgeführt wurde (vgl. Art. 56 Abs. 5 BVG ). Diese Bestimmung ermöglicht es dem Sicherheitsfonds, die Sicherstellung von (u.a.) obligatorischen Leistungsversprechen auszusetzen. Zu denken ist an die Verweigerung einer Sicherstellung bezüglich (obligatorischer) Leistungsansprüche von Organen der Arbeitgeberfirma auf Grund von selbstverschuldeten Beitragsausständen (vgl. BSV-Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 101 vom 27. September 2007 Rz. 600 S. 9). Um eine solche Konstellation geht es hier aber von vornherein nicht, da die Freizügigkeitsgelder, die losgelöst von einem Vorsorgeverhältnis bei einer Vorsorgeeinrichtung deponiert werden, nach dem Gesagten nicht zu den Leistungsversprechen nach Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG gehören. 5.4 Zusammengefasst steht fest, dass der Sicherheitsfonds BVG eine Freizügigkeitsleistung, die ohne Bestehen eines Vorsorgeverhältnisses in eine Vorsorgeeinrichtung eingebracht wurde, nicht sicherzustellen hat, und zwar unabhängig vom Hintergrund der Überweisung.
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4d58ea4b-969b-419b-bc65-7dd85a061c54
Sachverhalt ab Seite 177 BGE 95 II 176 S. 177 A.- Jean Stutz war bis Ende 1965 Inhaber der Firma Leder Asper in Zürich. Am 11. Februar 1966 verkaufte er das Geschäft mit Aktiven und Passiven per 31. Dezember 1965 an Hans Eschmann, der intern am Geschäft beteiligt war. Stutz war als Teilnehmer dem von der "WIR" Wirtschaftsring-Genossenschaft in Basel organisierten WIR-Verrechnungsverkehr angeschlossen. Eschmann hatte im Jahre 1964 der Gerberei Kappeler AG für eine persönliche Schuld von Fr. 13 000.-- zahlungshalber drei "WIR"-Buchungsaufträge (BA) (sog. "WIR"-Checks) über Fr. 2000.--, Fr. 6000.-- und Fr. 5000.-- übergeben, die er von Stutz erhalten hatte. Diese lauteten auf die Firma Leder Asper als Ausstellerin und waren von Stutz unterzeichnet; sie waren undatiert und bezeichneten auch den Empfänger nicht. Sie sind bis auf den heutigen Tag Blankette geblieben. Die "WIR" Wirtschaftsring-Genossenschaft, an die sich die Gerberei Kappeler AG wandte, verweigerte am 5. Juni 1967 die Einlösung der drei "WIR"-Checks mit der Begründung, die Firma Leder Asper, bzw. Jean Stutz sei nicht mehr "WIR"-Mitglied und besitze kein "WIR"-Kontoguthaben. Über Eschmann wurde am 16. Juni 1967 der Konkurs eröffnet. B.- Am 14. November/6. Dezember 1967 klagte die Gerberei Kappeler AG gegen Stutz auf Bezahlung von Fr. 13 000.-- nebst 5% Zins seit 1. September 1963. Sie machte geltend, der sog. "WIR"-Check sei, auch wenn er blanko ausgestellt werde, ein Wertpapier, weshalb der Beklagte als Aussteller wertpapiermässig hafte und von ihr in Anspruch genommen werden könne, wenn die "WIR"-Verrechnungszentrale die Einlösung verweigere, wie das hier der Fall gewesen sei. Der Beklagte bestritt seine Zahlungspflicht mit der Begründung, der "WIR"-Check sei kein Wertpapier, sondern eine blosse Anweisung im Sinne der Art. 466 ff. OR . Eine solche gebe für sich allein dem Anweisungsempfänger kein Rückgriffsrecht auf den Anweisenden, wenn der Angewiesene die Leistung verweigere. C.- Das Bezirksgericht Meilen schützte mit Urteil vom BGE 95 II 176 S. 178 29. August 1968 die Klage im Betrage von Fr. 13 000.-- nebst 5% Zins seit der Klageeinreichung. Es entschied, der "WIR"-Buchungsauftrag sei ein Wertpapier. Er enthalte neben einer Anweisung des Ausstellers an die Verrechnungszentrale, eine Buchung vorzunehmen, auch ein Leistungsversprechen im Sinne eines Garantieversprechens, wonach der Aussteller dem Empfänger dafür einstehe, dass der Buchungsauftrag gedeckt sei. Diesem Garantieversprechen entspringe ein Forderungsrecht des Empfängers gegen den Aussteller, das im Buchungsauftrag wertpapiermässig verbrieft sei. Da die Umbuchung infolge Auflösung des Kontos der Firma Leder Asper nicht mehr vorgenommen werden könne, habe der Beklagte auf Grund seines Garantieversprechens für die nicht erfolgte Einlösung wertpapiermässig einzustehen, so dass die Klägerin nicht auf das Grundverhältnis zurückgreifen müsse. D.- Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, wies die Klage am 19. November 1968 ab. Es liess offen, ob der "WIR"-Buchungsauftrag ein Wertpapier sei; denn selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Empfänger den Aussteller nur auf die Leistung von "Verrechnungsfranken" belangen, nicht aber auf die Bezahlung von Währungsfranken, auf welche die Klage laute. E.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat die Klägerin Berufung erklärt. Sie beantragt dem Bundesgericht, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage vollumfänglich gutzuheissen. Der Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Das Bundesgericht weist die Berufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht hat offen gelassen, ob der "WIR"-Buchungsauftrag ein Wertpapier sei. Angesichts des grossen Umfangs, den der "WIR"-Verrechnungsverkehr erlangt hat, und da aus zahlreichen Inseraten in der Tagespresse ersichtlich ist, dass mit sog. "WIR"-Checks in beträchtlichem Ausmass Handel betrieben wird, ist es jedoch geboten, die Frage des Wertpapiercharakters des "WIR"-Buchungsauftrages zu entscheiden. 3. Die "WIR" Wirtschaftsring-Genossenschaft wurde 1934 durch Kreise des Gewerbes und des Detailhandels als BGE 95 II 176 S. 179 Selbsthilfeorganisation gegründet, um die Folgen der damals herrschenden Wirtschaftskrise (Stagnation des Geschäftslebens, Verknappung der flüssigen Mittel namentlich bei den mittelständischen Betrieben) zu bekämpfen, sowie um sich der Konkurrenz der Grossunternehmen des Detailhandels zu erwehren. Zur Erreichung dieses Zieles sollten durch Kreditgewährung zusätzliche Zahlungsmittel geschaffen und der Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen den Mitgliedern der Genossenschaft und weiteren Teilnehmern unter teilweiser Vermeidung von Barzahlungen gefördert werden. Zu diesem Zwecke wurde ein System bilateraler Verrechnung geschaffen, das auf einem von der Genossenschafts-Verwaltung erlassenen Reglement, den sog. "Kontobedingungen" (KB), beruht. Diesen Kontobedingungen haben sich die Teilnehmer am Verrechnungsverkehr im Sinne allgemeiner Geschäftsbedingungen zu unterwerfen. Das Verrechnungssystem funktioniert auf folgende Weise: Jeder Teilnehmer am Verrechnungsverkehr muss sich bei der Genossenschaft ein Konto eröffnen lassen. Über das Guthaben auf diesem kann er nur so verfügen, dass er es in beliebigen Teilbeträgen auf das Konto eines anderen Teilnehmers am "WIR"-Verrechnungsverkehr übertragen lässt (KB § 2 lit.a Satz 1). Erwirbt ein Kontoinhaber von einem anderen Teilnehmer eine Ware oder lässt er sich eine Dienstleistung erbringen, so kann er einen Teil des Preises (mindestens 30% bei Geschäften bis zu Fr. 1000.--) dadurch begleichen, dass er einen sog. "WIR"-Buchungsauftrag (BA) erteilt. Gestützt auf diesen kann der Lieferant bei der Buchungsstelle der Genossenschaft eine Umbuchung in entsprechender Höhe aus dem Konto des Vertragspartners auf sein eigenes Konto erwirken. Mit dem so erworbenen Guthaben kann er sich dann seinerseits Waren oder Dienstleistungen anderer Teilnehmer am Verrechnungsverkehr verschaffen. Eine andere Verfügungsmöglichkeit über das Kontoguthaben besteht nicht; insbesondere besteht kein Anspruch auf Barauszahlung eines Verrechnungsguthabens (KB § 2 lit. a Satz 2). Die Tätigkeit der "WIR" Wirtschaftsring-Genossenschaft bei diesem Verrechnungsverkehr beschränkt sich darauf, dass sie die Konten der Teilnehmer führt und die ihr beantragten Umbuchungen vornimmt. Sie wird weder Gläubigerin noch Schuldnerin der auf den Teilnehmerkonten verbuchten Guthaben. Sie ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Echtheit der BGE 95 II 176 S. 180 Unterschriften auf den ihr zum Vollzug eingereichten Buchungsaufträgen zu prüfen (KB § 3 lit. c). Für die Vornahme der Umbuchungen erhebt die Genossenschaft vom Gutschriftsempfänger Gebühren, die vierteljährlich in bar bezahlt werden müssen (KB § 6 lit. a). Die Direktweitergabe von Buchungsaufträgen an Dritte ist verboten, weil sie eine Umgehung der Verrechnungsstelle und der für die Umbuchung geschuldeten Gebühren bedeutet (KB § 3 lit. e). Das öffentliche Ausschreiben von "WIR"-Guthaben zum An- und Verkaufist untersagt und gilt als Grund für den Ausschluss des Teilnehmers (KB § 4 lit. a). Für ihre Buchungsaufträge verwenden die Teilnehmer am Verrechnungsverkehr in der Regel ein vorgedrucktes dreiteiliges Formular, das aus einem Abschnitt für den Aussteller, einem solchen für den Buchungsauftrag und einem dritten für den Empfänger besteht. Diese Formulare werden den Teilnehmern von der Genossenschaft in Form von Heften zur Verfügung gestellt, bei denen der Abschnitt für den Buchungsauftrag und derjenige für den Empfänger abgetrennt werden können, während der Abschnitt für den Aussteller, ähnlich wie bei Checkheften, als Talon im Heft zurückbleibt. Das Formular trägt folgenden Text: "WIR" Wirtschaftsring-Genossenschaft, Basel. Buchungsauftrag (BA) Bon de virement (BA) Nur zur Verrechnung in Zahlen - Chiffres Fr. .................. in Worten - en toutes lettres Fr. .................................................... Buchen Sie gegen diesen BA aus meinem (unserem) Guthaben Versez sur mon (notre) avoir en échange du présent BA an - à .................................................. Nur gültig mit Name des Empfängers Konto - Compte Nicht übertragbar! Unterschrift - Signature Datum - Date ...................... * * * Mit dem vom Schuldner ordnungsgemäss ausgefüllten Buchungsauftrag kann der Gläubiger bei der Buchungsstelle die Umbuchung vornehmen lassen. BGE 95 II 176 S. 181 Das Verrechnungssystem funktioniert praktisch ähnlich wie der Postcheck- oder Bank-Giroverkehr, mit dem Unterschied, dass die Buchungsaufträge, obwohl sie auf Schweizerfranken lauten, nie zur Auszahlung von solchen führen. Sie geben nur die Möglichkeit zum Bezug zukünftiger Warenlieferungen oder Dienstleistungen, die aus den von den Teilnehmern am Verrechnungsverkehr angebotenen Leistungen ausgewählt werden können (vgl. hiezu LAUTNER, Der "WIR"-Verrechnungsverkehr, Diss. Zürich 1964, S. 87 ff.). 4. Die Rechtsnatur des "WIR"-Buchungsauftrages ist im Schrifttum umstritten. Während LAUTNER (S. 171 ff.) ihn als Wertpapier betrachtet, fasst ihn OTT (Das WIR-Geld, SJZ 54 (1958) S. 145 ff.) als schlichte Beweisurkunde mit Legitimationsklausel auf. Das von der Genossenschaft dem Teilnehmer zur Verfügung gestellte Formular sieht zwar ähnlich aus wie ein Post- oder Bankcheck und kommt in seinen praktischen Auswirkungen im Verkehr unter den Kontoinhabern dem Verrechnungscheck im Sinne von Art. 1125 OR nahe. Er wird denn auch häufig als "WIR"-Check bezeichnet. Er ist jedoch kein Check im Sinne des Gesetzes, weil er im Text der Urkunde nicht als "Check" bezeichnet wird, wie Art. 1100 Ziff. 1 und Art. 1101 Abs. 1 OR dies als Gültigkeitserfordernis vorschreiben (LAUTNER, S. 134, OTT, S. 146). Selbst wenn er diese Bezeichnung enthielte, könnte er übrigens gleichwohl nicht als Check betrachtet werden, weil ihm ein weiteres für einen solchen begriffswesentliches Merkmal fehlt, nämlich "die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu bezahlen" (Art. 1100 Chiff. 2 OR). Der Buchungsauftrag enthält nur die an die Buchungsstelle gerichtete Aufforderung, eine Buchung vorzunehmen. Der mit dem Formular erteilte Buchungsauftrag ist aber überhaupt kein Wertpapier, weil der durch ihn verliehene Anspruch auf Vornahme einer Buchung nicht derart mit der Urkunde verknüpft ist, dass er ohne diese nicht geltend gemacht werden kann, was nach Art. 965 OR das Begriffsmerkmal des Wertpapiers ist. Das Formular enthält weder einen Vermerk, dass es für die Erteilung von Buchungsaufträgen verwendet werden müsse, noch ergibt sich dies dem Sinne nach aus seinem Text, wie LAUTNER (S. 178 f.) behauptet. Auch den Statuten und den Kontobedingungen lässt sich keine solche Vorschrift entnehmen. BGE 95 II 176 S. 182 KB § 3 lit. a sagt nur, dass "die Buchungsaufträge" (nicht das Formular!) der Verfügung über das Verrechnungsguthaben "dienen". Danach ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Buchungsauftrag auch ohne Verwendung des offiziellen Formulars, z.B. in Briefform, erteilt werden kann (OTT, S. 146, lit. c Abs. 3). Nach den Ausführungen von LAUTNER (S. 166 Fussnote 65) begnügt sich tatsächlich die Verrechnungszentrale in Ausnahmefällen mit einem bloss schriftlichen Buchungsauftrag und verlangt nicht unbedingt die Verwendung des Formulars. Da die Verwendung des Formulars nirgends vorgeschrieben wird, besteht sogar die theoretische Möglichkeit, einen Buchungsauftrag mündlich zu erteilen, indem zwei Kontoinhaber zusammen bei der Verrechnungsstelle vorsprechen, um eine Umbuchung zu beantragen (OTT, S. 146). Nach den Darlegungen von LAUTNER (S. 166) soll sich zwar die Verrechnungsstelle in konstanter Praxis weigern, bloss mündlich erteilte Buchungsaufträge entgegenzunehmen. Aber selbst eine solche ununterbrochene Übung dürfte (entgegen der Ansicht von Lautner) nicht zur Ergänzung der unklaren Kontobedingungen herangezogen werden. Vor allem vermöchte sie nichts daran zu ändern, dass eine solche Einschränkung dem Text des Buchungsauftrags-Formulars nicht entnommen werden kann. 5. Da somit der "WIR"-Buchungsauftrag kein Wertpapier ist, besteht auch keine wertpapiermässige Haftung des Beklagten als Aussteller, auf die die Klägerin den eingeklagten Anspruch ausschliesslich stützt. Ob der Buchungsauftrag eine Anweisung sei (so OTT, S. 146; GAUTSCHI, Art. 466 OR N. 6 b), oder ob ihm doch auf jeden Fall eine solche zugrunde liege (LAUTNER, S. 137 ff.), ist fraglich. Nach Art. 466 OR wird durch die Anweisung "der Angewiesene ermächtigt, Geld, Wertpapiere oder andere vertretbare Sachen auf Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten, und dieser, die Leistung in eigenem Namen von jenem zu erheben". Beim "WIR"-Buchungsauftrag wird jedoch die angeblich angewiesene Verrechnungszentrale nicht zu einer derartigen Leistung ermächtigt, sondern nur aufgefordert, eine Buchung vorzunehmen. Die Frage kann jedoch offen bleiben. Selbst wenn sich der Buchungsauftrag als Anweisung auffassen liesse, müsste nämlich die Klage gleichwohl abgewiesen werden. Denn die Anweisung verschafft an sich dem Anweisungsempfänger kein Rückgriffsrecht gegenüber dem Anweisenden, BGE 95 II 176 S. 183 wenn der Angewiesene die Leistung verweigert ( BGE 80 II 87 Erw. 4). Der Anweisungsempfänger kann in diesem Falle nur auf das zwischen ihm und dem Anweisenden bestehende Grundverhältnis (sog. Valutaverhältnis) zurückgreifen, dessen Bestand durch die Anweisung nicht beeinflusst wird, weil diese keine Erfüllung des Valutaverhältnisses, sondern ein blosser Erfüllungsversuch ist. Hat der Anweisungsempfänger (hier Eschmann, dem der Beklagte Stutz die drei "WIR"-Buchungsaufträge übergeben hatte) die Anweisung an einen Dritten (hier die Klägerin) weitergegeben, so kann dieser Dritte den Anspruch aus dem Valutaverhältnis gegenüber dem Aussteller nur geltend machen, wenn der erste Anweisungsempfänger ihm diesen abgetreten hat ( BGE 80 II 87 Erw. 4). Dass Eschmann ihr seinen Anspruch aus dem Valutaverhältnis abgetreten habe, behauptet aber die Klägerin selber nicht. Sie kann sich daher, nachdem die angeblich Angewiesene, die "WIR"-Buchungsstelle, die von ihr verlangte Leistung (Umbuchung) verweigert hat, nur an ihren Vertragsgegner Eschmann halten (OTT, S. 147 Ziff. III c Abs. 2). Ein Rückgriffsrecht auf den Anweisenden hat der Anweisungsempfänger nur, wenn jener durch ein besonderes Garantieversprechen die Haftung dafür übernommen hat, dass der Angewiesene die Leistung an den Anweisungsempfänger erbringe (OTT, S. 147 Ziff. III a). Ein solches Garantieversprechen kommt aber im "WIR"-Buchungsauftrag in keiner Weise zum Ausdruck. Für die Annahme von LAUTNER (S. 175 f.), es sei im Buchungsauftrag mit Rücksicht auf sein Wesen als Zahlungsinstrument immer enthalten, fehlt jeder Anhaltspunkt. Zudem könnte sich im vorliegenden Fall die Klägerin auf ein solches Garantieversprechen des Beklagten als Aussteller des Buchungsauftrags wiederum nur berufen, wenn der erste Anweisungsempfänger, Eschmann, ihr die Rechte daraus abgetreten hätte (OTT, a.a.O.), was hier nicht zutrifft.
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Sachverhalt ab Seite 271 BGE 112 Ib 270 S. 271 Die Firma H. gedenkt, einen neuen Gärtnereibetrieb auf ihrem Grundbesitz, der hauptsächlich in der Landwirtschaftszone liegt (die zugleich Landschaftsschongebiet ist) zu errichten. Nach dem Projektplan sind neben Freilandkulturen sechs Treibhäuser vorgesehen sowie inmitten einer frei gestalteten Gartenanlage ein Doppeleinfamilienhaus für die beiden Betriebsleiter. Gegen das Baugesuch vom 25. März 1983 erhoben verschiedene Nachbarn Einsprache. Die Einsprecher blieben jedoch vor der Bewilligungsbehörde, der Baurekurskommission, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht erfolglos. Die dagegen von verschiedenen Einsprechern erhobenen staatsrechtliche Beschwerde und Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden vom Bundesgericht abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Die Beschwerden richten sich gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid aus dem Sach- und Grenzbereich der Art. 22 und 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG). Der Entscheid ist ausschliesslich in Anwendung von Art. 22 in Verbindung mit Art. 16 RPG sowie des einschlägigen kantonalen bzw. kommunalen Rechtes ergangen; das streitige Bauvorhaben ist, da die Zonenkonformität bejaht wurde, nicht (auch noch) nach Art. 24 RPG geprüft worden. Die Beschwerdeführer führen staatsrechtliche Beschwerde und Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit der staatsrechtlichen Beschwerde machen sie geltend, der angefochtene Entscheid sei in willkürlicher Anwendung von Raumplanungsrecht des Bundes ( Art. 16 und 22 RPG ) und der Gemeinde (§ 5 Abs. 2 und § 9 des Zonenreglementes Landschaft der Gemeinde Allschwil vom 18. November 1981, ZR-LS) ergangen. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde rügen sie, es sei zu Unrecht und in Verletzung von Art. 24 Abs. 1 lit. a und b RPG eine Baubewilligung ausserhalb der Bauzone erteilt und geschützt worden, ohne dass die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung vorlägen und ohne dass die Vorinstanz diese Frage überhaupt geprüft hätte; sie sind der Meinung, dass im Falle der Verneinung des landwirtschaftlichen BGE 112 Ib 270 S. 272 Charakters des angefochtenen Betriebes die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG nicht gegeben seien. Die Beschwerdeführer rügen somit sinngemäss, es sei zu Unrecht Art. 24 RPG nicht angewendet und damit Bundesrecht verletzt worden. Diese Rüge kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden ( Art. 34 Abs. 1 RPG ; BGE 110 Ib 12 E. 1; BGE 105 Ib 107 E. 1a). Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann darüber hinaus eine mit der Verletzung von Bundesrecht zusammenhängende Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger geltend gemacht werden; die Verwaltungsgerichtsbeschwerde übernimmt insoweit die Funktionen der staatsrechtlichen Beschwerde. Ist aber die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig und erlaubt sie grundsätzlich die Überprüfung aller erhobenen Rügen, so bleibt für die staatsrechtliche Beschwerde kein Raum ( Art. 84 Abs. 2 OG ). Die Beschwerdeführer rügen im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde nicht nur willkürliche Gesetzesanwendung; sie machen darüber hinaus eine Verletzung der Eigentumsgarantie geltend. Doch geben sie zur letztgenannten Rüge keinerlei Begründung. Die Beschwerde genügt insoweit den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht, und es ist auf diese Rüge daher auch im Rahmen der sie mitumfassenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten. b) Bei Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen ist nach der Rechtsprechung zunächst zu prüfen, ob das Vorhaben zonenkonform ist; erst wenn dies nicht zutrifft, stellt sich die Frage, ob es als Ausnahme gestützt auf Art. 24 RPG bewilligt werden kann ( BGE 109 Ib 125 ff.; BGE 108 Ib 132 E. 1a). Das Verwaltungsgericht ist mit Recht so vorgegangen. Nachdem es die Zonenkonformität des Bauvorhabens bejaht hatte, bestand für es kein Anlass, das Vorhaben auch noch unter Art. 24 RPG zu prüfen. Die dahin zielende Rüge der Beschwerdeführer geht offensichtlich fehl. Die Prüfung der Voraussetzungen von Art. 24 RPG ist nur und erst dann vorzunehmen, wenn die Zonenkonformität verneint wird. Ob dies zutrifft, ist vorliegend abzuklären. c) Die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführer beurteilt sich nach Art. 103 lit. a OG , wonach zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt ist, wer durch die angefochtene Entscheidung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Die Beschwerdeführer begründen ihre Betroffenheit mit der Lage ihrer Wohnhäuser in unmittelbarer Nähe der BGE 112 Ib 270 S. 273 zu bebauenden Parzellen. Die von der Rechtsprechung vorausgesetzte besondere Berührtheit ( BGE 111 Ib 159 E. 1b) kann aufgrund der Nachbarschaft zum Bauprojekt bejaht werden, so dass die Legitimation der Beschwerdeführer gegeben ist. Im Rahmen der vorstehenden Erwägungen kann auf die Beschwerde eingetreten werden. 3. Die Beschwerdeführer stellen die vom Verwaltungsgericht anerkannte Zonenkonformität des Bauvorhabens in Abrede und rügen damit vor allem eine Verletzung von Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG , somit von Bundesrecht ( Art. 104 Abs. 1 lit. a OG ), von dessen richtiger Anwendung es abhängt, ob Art. 24 RPG auf das Bauvorhaben der privaten Beschwerdegegner zur Anwendung gelangt oder nicht. Zweck und Inhalt der wichtigsten Nutzungszonen, nämlich der Bau-, der Landwirtschafts- und der Schutzzonen, werden in den Art. 14 ff. RPG umschrieben. Diese Normen bestimmen zugleich den Rahmen, an den sich kantonale bzw. kommunale Nutzungsvorschriften zu halten haben. Art. 16 RPG umschreibt Zweck und Inhalt der Landwirtschaftszonen: Diese umfassen Land, das sich für die landwirtschaftliche Nutzung oder den Gartenbau eignet oder im Gesamtinteresse landwirtschaftlich genutzt werden soll (Abs. 1 lit. a und b). Bauten und Anlagen in diesen Gebieten müssen dem Zweck der Landwirtschaftszone entsprechen ( Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG ). Landwirtschaftliche Bauten entsprechen diesem Zweck dann, wenn für die Nutzung, der sie dienen, der Boden als Produktionsfaktor unentbehrlich ist; wo landwirtschaftliche Erzeugnisse bodenunabhängig gewonnen werden, liegt keine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne von Art. 16 RPG vor (EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N 9 zu Art. 16 RPG ). Art. 16 RPG erwähnt ausdrücklich auch den Gartenbau. Das ist indessen nicht so zu verstehen, dass diesem neben der landwirtschaftlichen Nutzung eine selbständige, privilegierte Bedeutung zukäme. Gartenbau passt bloss dann in die Landwirtschaftszone, wenn zur Bewirtschaftung freien Landes eine hinreichend enge Beziehung besteht. Gemeint sind namentlich Freilandgärtnereien, welche Pflanzen in Treibhausanlagen vorziehen und später in offenes Land versetzen. Betriebe, die überwiegend mit künstlichem Klima unter ständigen, festen Abdeckungen arbeiten, entsprechen nicht dem Zweck der gewöhnlichen Landwirtschaftszone, sondern benötigen dort eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG (EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N 10 zu Art. 16 RPG ). Das Bundesgericht hat aufgrund einer Prüfung der bisherigen Praxis BGE 112 Ib 270 S. 274 und Literatur diese Grundsätze als massgebend bestätigt (Urteil vom 26. Oktober 1983 in: ZBl 85/1984 S. 179 ff., insbes. E. 2). In Anwendung dieser Kriterien hat es die erforderliche enge Beziehung verneint im Falle einer Gemüsegärtnerei, in der nach dem Beweisergebnis stets der überwiegende Teil der bewirtschafteten Landfläche von beheizbaren Plastiktunnels überdeckt ist, die nach Bedarf versetzt werden (Urteil vom 18. September 1985 i.S. Tanner, E. 3). In der neuesten Literatur bringt LEO SCHÜRMANN mit Bezug auf Gewächs- und Treibhäuser sowie treibhausähnliche Plastikabdeckungen zum Ausdruck, man werde, solange das kantonale Recht die Landwirtschaftszone nicht nach der Nutzungsintensität abstufe, davon ausgehen müssen, dass Art. 16 RPG den Einsatz technischer Produktionsmittel (wie Heizung, Kunstklima, Berieselung usf.) nur als "saisondehnende" und im Betriebsganzen untergeordnete Hilfsmittel, aber nicht als konstituierende Merkmale der betrieblichen Produktionsweise dulde, denn die "Eignung" des Bodens verweise auf dessen eigene Fruchtbarkeit, nicht auf wirtschaftliche Faktoren (wie namentlich den günstigeren Bodenpreis ausserhalb der Bauzone) (2. Auflage, S. 169 E. 5b). Als sachgemässer Weg wäre in der Tat zu begrüssen, wenn die in Frage kommenden Gemeinden im Rahmen ihrer Nutzungsplanung auf die Besonderheiten der Gärtnereien Bedacht nehmen würden, sei dies in Form einer Unterteilung des Landwirtschaftsgebiets nach Massgabe der Nutzungsintensität, sei es durch Schaffung besonderer für Gärtnereibetriebe geeigneter Nutzungszonen im Sinne von Art. 18 Abs. 1 RPG . Fehlt indessen wie vorliegend eine besondere Nutzungszone bzw. ein entsprechender Zonenteil, so ist nach den heutigen Kriterien der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu entscheiden. Danach ist massgebend, ob der fragliche Gärtnereibetrieb in gesamthafter Betrachtung überwiegend bodenabhängig produziert. Ist dies der Fall, so besteht kein Anlass, die vom Gesetz geforderte Beziehungsnähe der betrieblichen Produktion zum Boden zu verneinen. Das kantonale Baugesetz vom 15. Juni 1967 (BauG) enthält in § 11 eine Umschreibung des Land- und Forstwirtschaftsgebietes. Nach § 11 Abs. 1 BauG soll das Land- und Forstwirtschaftsgebiet der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung erhalten bleiben. In diesem Gebiet dürfen nur Bauten und Anschlüsse an das Werkleitungsnetz bewilligt werden, die land- und forstwirtschaftlichen BGE 112 Ib 270 S. 275 Betrieben dienen (§ 11 Abs. 2 BauG). Diese Regelung bringt gegenüber dem Bundesrecht für den vorliegenden Fall nichts Neues. Auch die Zweckumschreibung des Landschaftsschongebietes, die in § 4 Abs. 3 der Verordnung über den Regionalplan Landschaft enthalten ist, trägt gegenüber § 11 BauG keine wesentliche Präzisierung bei. Das kommunale Recht enthält zwar in § 5 Abs. 2 ZR-LS eine eigene Umschreibung der Rechtswirkungen des Land- und Forstwirtschaftsgebietes. Doch tun die Beschwerdeführer nicht dar, und es ist auch sonst nicht erkennbar, dass und inwiefern diese Bestimmung strengere Anforderungen an die Zonenkonformität in der Landwirtschaftszone stellen würde als das Bundesrecht und die auf ihm aufgebaute Rechtsprechung und Praxis. 4. Eine Prüfung des streitigen Bauvorhabens unter den dargelegten Kriterien führt zu folgenden Überlegungen. Die Gärtnerei H. ist auf Blumen spezialisiert. Ihr Betriebsziel ist ein ganzjähriges Angebot an Schnittblumen und offensichtlich auch an Topfpflanzen. Diesem Ziel sollen sechs Glashäuser dienen. Die Häuser 4 und 5 sind vom Verwaltungsgericht als bodenabhängig anerkannt worden, da sie das Saatgut für die Verpflanzung in die Freilandgärtnerei vorbereiten sollen. In den übrigen Häusern (Rosenhaus und drei Kulturhäuser) verbleiben die Pflanzen vom Aussäen bzw. Anpflanzen hinweg unter Glas. Das Verwaltungsgericht erklärt, diese Kulturen müssten bei isolierter Betrachtung als bodenunabhängig bezeichnet werden. Es ist jedoch der Meinung, sie stellten für einen modernen Gärtnereibetrieb, der auf ein ganzjähriges Schnittblumenangebot angewiesen sei, eine notwendige Ergänzung zur Freilandkultur dar. Das Verwaltungsgericht hat sodann die gesamte Anbaufläche mit der Fläche verglichen, die von den bodenunabhängigen Glaskulturen beansprucht wird. Es ist gestützt auf das Gutachten Kneipp von einer gesamten Anbaufläche von rund 4400 m2 ausgegangen. Davon hat es die Fläche der bodenunabhängigen Kulturen mit 1254 m2 der verbleibenden Fläche der bodenabhängigen Kulturen (inklusive der Häuser 4 und 5) gegenübergestellt. Auf diese Weise hat es die bodenunabhängigen Glaskulturen mit 28,5% ermittelt. Es kommt zu dem Schluss, dass bei dieser Verhältniszahl von einem überwiegend bodenabhängigen Betrieb gesprochen werden könne. Die Beschwerdeführer rügen diese Überlegungen als bundesrechtswidrig, namentlich als Verletzung von Art. 16 RPG . Dabei stützen sie sich vor allem auf die Erläuterungen EJPD zu Art. 16 BGE 112 Ib 270 S. 276 RPG N 10 und auf die bereits erwähnten Gedanken von SCHÜRMANN (a.a.O. S. 169). Betrachtet man - wie das Verwaltungsgericht - das Flächenverhältnis bodenabhängiger und bodenunabhängiger Kulturen als entscheidend, so hält die Auffassung der Vorinstanz vor dem Bundesrecht stand. In Doktrin und Praxis wird indessen auch weiter geprüft, ob der Betrieb überwiegend mit künstlichem Klima und ständigen, festen Abdeckungen arbeitet. Vorliegend ist unbestritten, dass alle sechs Gewächshäuser - mit unterschiedlichen Temperaturen - beheizt werden sollen (vgl. die Angaben im Projektplan). Doch ist nicht dargetan, dass der Betrieb "überwiegend" mit künstlichem Klima arbeitet. Das Bundesamt für Raumplanung leitet denn auch aus diesem Aspekt keine Rechtswirkungen ab. SCHÜRMANN freilich liesse Heizung und Kunstklima in der Landwirtschaftszone nur als "saisondehnende", untergeordnete Hilfsmittel zu, nicht aber als konstituierende Merkmale der betrieblichen Produktionsweise. Bei dieser Betrachtungsweise müsste vorliegend die Zonenkonformität verneint werden, da Heizung und Kunstklima hier betriebswesentlich sind, indem sie gerade den Winter als Produktionszeit erhalten und die Fortführung des Betriebes auch in den Wintermonaten gewährleisten sollen. Es besteht jedoch aus der bundesrechtlichen Regelung heraus kein zwingender Anlass, die Anforderungen an Betriebe in der Landwirtschaftszone so hoch zu spannen und bei Betrieben der vorliegenden Art eine hinreichend enge Beziehung zwischen Bewirtschaftungsart und Boden zu verneinen. FRITZ KILCHENMANN, Die planungs-, bau- und gewässerschutzrechtliche Ordnung des übrigen Gebiets und der Landwirtschaftszone, Bern 1975, S. 138, scheint diese Ansicht zu teilen. Das Bundesamt für Raumplanung anderseits vertritt die Meinung, dass es sich hier um einen Gewerbebetrieb handle, der in eine Gewerbezone gehöre. Es ist nicht zu bestreiten, dass die geplante Anlage die wesentlichen Merkmale eines Gewerbebetriebes aufweist. Doch sind gemäss Art. 16 RPG die Gewerbebetriebe des Gartenbaus bei genügender Bodenbeziehung als dem Nutzungszweck der Landwirtschaftszone entsprechend anerkannt. Das hier streitige Projekt stellt freilich einen Grenzfall dar. Eine Verletzung von Bundesrecht liegt aber nicht vor. 5. (Das Doppeleinfamilienhaus für die beiden hauptberuflich für den Gärtnereibetrieb tätigen Betriebsleiter steht in einer unmittelbaren funktionellen Beziehung zum Gärtnereibetrieb, weil dieser BGE 112 Ib 270 S. 277 zur Steuerung der Heizungsanlagen, der Lüftung, der Schattierung, der Bewässerung, der Luftbefeuchtung usw. elektronischer Geräte bedarf, die wegen ihrer Störanfälligkeit und des Ausmasses der finanziellen Konzequenzen einer Panne laufend überwacht werden müssen. Die Zonenkonformität der Wohnbaute wurde bejaht.)
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Sachverhalt ab Seite 125 BGE 106 Ib 125 S. 125 Am 7. September 1979 reichte der Inhaber eines Restaurants in Zürich für Rexhep Shala, 1955, jugoslawischer Staatsangehöriger, ein Gesuch um Einreisebewilligung bzw. um Zusicherung BGE 106 Ib 125 S. 126 der Aufenthaltsbewilligung zur Betätigung als "Commis de rang" für die Sommersaison 1980 ein. Dieses Gesuch wurde am 9. Oktober 1979 aufgrund eines Gutachtens der Arbeitsmarktbehörden von der Fremdenpolizei des Kantons Zürich mit der Begründung abgewiesen, die Herrn Shala zugesicherte Entlöhnung von Fr. 1'900.-- entspreche nicht den orts- und berufsüblichen Lohnbedingungen; als Mindestlohn für die niedrigen Chargen des Servicepersonals seien Fr. 2'150.-- vorgesehen. Der am 31. Oktober 1979 beim Regierungsrat des Kantons Zürich eingereichte Rekurs blieb ohne Erfolg. Gegen den Entscheid des Regierungsrates vom 9. Januar 1980 erheben Rexhep Shala und sein Arbeitgeber fristgerecht staatsrechtliche Beschwerde. Sie rügen eine Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit sowie von Art. 4 BV (Anspruch auf rechtliches Gehör, Willkürverbot, Rechtsgleichheitsgebot). Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Erwägungen: I. Eintretensfragen 1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob es auf die staatsrechtliche Beschwerde eintreten kann. Zunächst stellt sich die Frage, ob die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Behörde hätte gerügt werden können, womit sich die staatsrechtliche Beschwerde als unzulässig erwiese ( Art. 84 Abs. 2 OG ). Vorliegend wurde das Gesuch um Erteilung einer Einreisebewilligung bzw. um Zusicherung der Aufenthaltsbewilligung letztinstanzlich vom Regierungsrat abgewiesen. Nach Art. 18 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG) ist der eine Bewilligung verweigernde kantonale Entscheid unter Vorbehalt von Art. 21 des gleichen Gesetzes (Asylgesuch beim Bundesrat) endgültig. Damit entfällt gemäss Art. 74 lit. e VwVG die Möglichkeit, Beschwerde an den Bundesrat zu führen. Art. 18 ANAG schliesst indessen lediglich den Verwaltungsweg aus; die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und der staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht richtet sich ausschliesslich nach den Bestimmungen des OG. BGE 106 Ib 125 S. 127 2. Die staatsrechtliche Beschwerde müsste als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen werden, wenn deren Voraussetzungen erfüllt wären. a) Das Bundesgericht beurteilt Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen letztinstanzliche kantonale Verfügungen, welche sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen ( Art. 5 VwVG in Verbindung mit Art. 97 und 98 lit. g OG ). Beim angefochtenen Entscheid des Regierungsrats des Kantons Zürich handelt es sich um eine solche Verfügung, so dass dagegen grundsätzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergriffen werden kann. Sie ist nach Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG auf dem Gebiete der Fremdenpolizei indessen unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch gibt. Das Bundesrecht stellt den Entscheid über die Zusicherung, Erteilung oder Erneuerung einer Aufenthaltsbewilligung nach Art. 4 ANAG , im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, ins freie Ermessen der Behörde; der Ausländer hat somit grundsätzlich keinen Anspruch auf Anwesenheit in der Schweiz, und auch der schweizerische Arbeitgeber hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass einem Ausländer, den er in seinem Betrieb einstellen möchte, eine fremdenpolizeiliche Bewilligung im Sinne von Art. 4 ANAG erteilt werde. b) Eine Ausnahme gilt insoweit, als ausländischen Staatsangehörigen durch staatsvertragliche Sonderregelungen das Recht auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eingeräumt wird ( BGE 99 Ia 320 f.; BGE 98 Ia 650 ; BGE 97 I 533 ). Eine solche Vorzugsstellung lässt sich für die Beschwerdeführer aus dem zwischen der Schweiz und Serbien (heute: Jugoslawien) am 16. Februar 1888 abgeschlossenen Niederlassungs- und Konsularvertrag (SR 0.142.118.181) nicht ableiten. Zwar bestehen aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg teilweise noch heute gültige Niederlassungsverträge etwa mit Frankreich, Deutschland, Österreich und England, die die betreffenden Staatsangehörigen berechtigen, sich auf schweizerischem Staatsgebiet aufzuhalten und sich an jedem beliebigen Ort niederzulassen (vgl. BS 11 S. 615, 629, 653, 722). Wortgleich mit dem zwischen Frankreich und der Schweiz abgeschlossenen Vertrag bestimmt Art. 1 des Niederlassungsvertrages mit Serbien: BGE 106 Ib 125 S. 128 "Die Serben sind in jedem Kantone der Eidgenossenschaft in bezug auf ihre Personen und ihr Eigentum auf dem nämlichen Fusse und auf die gleiche Weise aufzunehmen und zu behandeln, wie es die Angehörigen der andern Kantone sind oder noch werden sollten. Sie können daher in der Schweiz ab und zu gehen und sich daselbst zeitweilig aufhalten, wenn sie den Gesetzen und Polizeiverordnungen nachleben." Seit dem ersten Weltkrieg werden diese Vertragsbestimmungen jedoch, meist ohne dass dies in zusätzlichen Abkommen festgelegt wurde, in stillschweigendem gegenseitigem Einverständnis restriktiv ausgelegt und nur noch auf diejenigen Staatsangehörigen der Vertragspartner angewandt, die bereits eine Niederlassungsbewilligung besitzen. Für alle anderen ausländischen Staatsangehörigen gelten die alten Staatsverträge nur unter dem Vorbehalt entgegenstehenden Landesrechts (Urteil vom 27. April 1979 i.S. Milic; Urteil vom 13. Oktober 1972 i.S. Banque de Crédit international = BGE 98 Ib 385 , nicht publizierte Erwägung 4; Urteil vom 28. Oktober 1974 i.S. Spendlingwimmer und Mitbeteiligte, Erwägung 2; STOFFEL, Die völkervertraglichen Gleichbehandlungsverpflichtungen der Schweiz gegenüber den Ausländern, 1979, S. 114 f., insbesondere 132; so auch der Bundesrat in VPB 39/1975 Nr. 46). Die Beschwerdeführer haben demnach gestützt auf den Staatsvertrag mit Serbien keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung, so dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde jedenfalls aus diesem Grunde nicht zulässig ist. c) Vorliegend wurde das Gesuch um Zusicherung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 21 der Verordnung des Bundesrates über die Begrenzung der Zahl der erwerbstätigen Ausländer vom 23. Oktober 1978 (Verordnung; SR 823.21) mit der Begründung abgewiesen, die Arbeitgeberfirma wolle dem Ausländer Shala nicht einen orts- und berufsüblichen Lohn auszahlen. Es fragt sich, ob dieser Umstand an der Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde etwas zu ändern vermag. Nach Art. 25 der Verordnung richtet sich das Beschwerdeverfahren nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege; auch der Arbeitgeber ist zur Beschwerde berechtigt. Daraus ist zu schliessen, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch im Rahmen der Anwendung der Verordnung ausgeschlossen ist, soweit die Erteilung oder Verweigerung einer fremdenpolizeilichen Bewilligung, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch gibt, in Frage steht. BGE 106 Ib 125 S. 129 aa) Bei der Anwendung der Verordnung stellt sich, teils im Rahmen der Beurteilung eines Gesuchs um eine fremdenpolizeiliche Bewilligung, teils selbständig aufgrund eines Feststellungsbegehrens oftmals die Frage, ob ein schweizerischer Betrieb oder ein Ausländer überhaupt den Beschränkungen der Verordnung unterstellt sei. Verschiedene Bestimmungen beschränken den Anwendungsbereich der Verordnung. So bezieht sich Art. 1 ausschliesslich auf erwerbstätige Niedergelassene, Jahresaufenthalter und Saisonarbeiter. Ob eine Person diese Voraussetzung erfüllt, entscheidet die Bewilligungsbehörde, also die kantonale Fremdenpolizei (vgl. Urteil vom 15. März 1978 i.S. Lembke und Mitbeteiligte). Im weiteren kennt die Verordnung in Art. 2 und 3 Personen, welche den Beschränkungen nicht unterworfen sind (z.B. Ausländer, die mit einer Schweizerin verheiratet sind), sowie weitere Ausnahmen von der Zulassungsbeschränkung (z.B. Angehörige diplomatischer Missionen). Über die Unterstellung unter diese Ordnung und die Begrenzungsmassnahmen nach den Art. 2 und 3 entscheidet das Bundesamt für Ausländerfragen (Art. 18 Abs. 1 lit. a (früher: BIGA); vgl. BGE 100 Ib 101 ; Urteile vom 14. August 1972 i.S. Josefheim; vom 17. Mai 1974 i.S. Fédération catholique romaine neuchâteloise). Die bisher aufgeführten Fallgruppen sind den Beschränkungen der Verordnung in keiner Weise unterworfen. Auf der andern Seite kennt die Verordnung Betriebe, die überhaupt keine ausländischen Arbeitskräfte erhalten und aus diesem Grunde von der Anwendbarkeit der Verordnung und damit von den Ausländerkontingenten generell ausgeschlossen sind. Das ist dann der Fall, wenn über ein Unternehmen die Bewilligungssperre verhängt wird (Art. 23 Abs. 2 Verordnung; Urteil vom 3. Juli 1980 i.S. Bindella). Schliesslich gibt es Unternehmen, die generell keine Saisonarbeitskräfte anstellen können, weil sie keinen saisonalen Charakter aufweisen (Art. 11 Abs. 1 Verordnung). Bestehen schwerwiegende Zweifel, ob die Voraussetzungen für die Beschäftigung von Saisonarbeitskräften nach Art. 11 erfüllt sind, dann entscheidet das BIGA darüber (vgl. BGE 99 Ib 495 ; Urteil vom 3. Februar 1978 i.S. Le Rosey). Soweit im Rahmen der Beurteilung eines Gesuches um eine fremdenpolizeiliche Bewilligung die Vorfrage zu entscheiden oder unabhängig von einem konkreten Gesuch ein Feststellungsbegehren zu beurteilen ist, ob ein Betrieb oder ein Ausländer BGE 106 Ib 125 S. 130 überhaupt der Verordnung unterstellt sei, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig; denn die Feststellung der Anwendbarkeit der Verordnung ist nicht identisch mit der nachfolgenden Verfügung über die Erteilung oder Verweigerung einer fremdenpolizeilichen Bewilligung, weshalb sie nicht unter Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG fällt. Meist wird dieser Feststellungsentscheid zudem nicht von der Behörde getroffen, die zum Entscheid über die fremdenpolizeiliche Niederlassungs-, Aufenthalts- oder Toleranzbewilligung zuständig ist. Das Bundesgericht ist daher stets auf Beschwerden - jedenfalls des Arbeitgebers - eingetreten, welche diese Frage zum Gegenstand hatten (Dritter Meinungsaustausch vom 10. Dezember 1971; Urteil vom 3. Juli 1980 i.S. Bindella; Urteil vom 14. August 1972 i.S. Josefheim; BGE 99 Ib 495 ; Urteil vom 17. Mai 1974 i.S. Fédération catholique romaine neuchâteloise; BGE 100 Ib 101 ; Urteil vom 3. Februar 1978 i.S. Le Rosey; Urteil vom 15. März 1978 i.S. Lembke). Ob die Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Verordnung vom Ausländer erhoben werden könne, liess das Gericht offen (Urteil vom 15. März 1978 i.S. Lembke). Sie kann auch im vorliegenden Verfahren offen bleiben, weil nicht über die grundsätzliche Anwendbarkeit der Verordnung zu entscheiden ist. bb) Alle andern Betriebe und ausländischen Arbeitskräfte unterliegen den in der Verordnung vorgesehenen Zulassungsbeschränkungen. Diese sind wie folgt geordnet: Jeder Kanton erhält für Jahresaufenthalter und für Saisonniers ein Kontingent, das er grundsätzlich nicht überschreiten darf (Art. 5 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 sowie Anhang 1 und 2 der Verordnung). Die Bewilligungen, welche das kantonale Kontingent belasten, werden von den kantonalen Fremdenpolizeibehörden ausgestellt (und - soweit es sich um Erteilung oder Zusicherungen, nicht aber um Verweigerungen handelt - vom Bundesamt für Ausländerfragen kontrolliert, Art. 10 Abs. 3 und Art. 19 der Verordnung). Art. 21 enthält arbeitsmarktliche und wirtschaftliche Voraussetzungen für die Erteilung einer kantonalen fremdenpolizeilichen Bewilligung, welche vom zuständigen Arbeitsamt beurteilt werden (Art. 21 Abs. 4). Auch wenn die Voraussetzungen des Art. 21 erfüllt sind, hat weder der Arbeitgeber noch der Ausländer einen Anspruch auf Erteilung der Bewilligung, weil die kantonalen Kontingente nicht überschritten werden dürfen, und weil auch aus den bereits BGE 106 Ib 125 S. 131 dargelegten grundsätzlichen Erwägungen kein Anspruch auf eine solche Bewilligung besteht. Neben den kantonalen Kontingenten besteht ein Bundeskontingent sowohl für Jahresaufenthalter wie für Saisonarbeitskräfte (Art. 7, Art. 13 sowie Anhang 1 und 2 der Verordnung). Über dieses Bundeskontingent entscheidet das BIGA (Art. 18 Abs. 2). Auch ihm werden arbeitsmarktliche und wirtschaftliche, aber auch politische Richtlinien für die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen beigegeben (Art. 7 und 13). In bezug auf das Bundeskontingent hat sich das Bundesgericht einmal gefragt, ob ein Anspruch auf Erteilung der Bewilligung bestehe, wenn die Voraussetzungen des Art. 7 (damals Art. 6) erfüllt seien; es hat die Frage indessen verneint (zweiter Meinungsaustausch mit dem Bundesrat vom 4. Juni 1970, S. 5). Für Kurzaufenthalter gilt eine analoge Regelung. Auch hier gibt es kantonale Kontingente sowie ein Bundeskontingent, und es werden die Voraussetzungen für die Erteilung von kantonalen und eidgenössischen Bewilligungen in der Verordnung geordnet (Art. 8 und 9 sowie Anhang 3 zur Verordnung). Das Bundesgericht führte sowohl im zweiten Meinungsaustausch mit dem Bundesrat vom 4. Juni 1970 (der erste vom 10. Februar 1970 ist nicht mehr von Bedeutung) und insbesondere auch im dritten Meinungsaustausch vom 10. Dezember 1971 aus, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde innerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung ausgeschlossen sei, weil die dort aufgestellten Regeln weder dem Ausländer noch dem Arbeitgeber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung geben. Das gilt sowohl für das Bundeskontingent als auch für die kantonalen Kontingente. Diese Meinungsaustausche hatten zur Folge, dass die Erteilung oder Verweigerung von Aufenthaltsbewilligungen aus dem Bundeskontingent, welche das BIGA verfügt, zunächst mit Beschwerde beim EVD und anschliessend mit Beschwerde beim Bundesrat angefochten werden können. In der "Verwaltungspraxis der Bundesbehörden" ist eine grosse Anzahl Bundesratsentscheide veröffentlicht, welche sich mit der Anwendung von Art. 7 (Voraussetzungen - auch arbeitsmarktliche und wirtschaftliche - für die Erteilung von Bewilligungen aus dem Bundeskontingent) beschäftigen (vgl. z.B. VPB 38/1974 Nr. 27, Nr. 65, Nr. 66, Nr. 85, Nr. 86; VPB 39/1975 Nr. 5, Nr. 6; VPB 40/1976 Nr. 2). Hingegen gibt es keine Bundesratsentscheide, welche sich mit BGE 106 Ib 125 S. 132 den Kriterien auseinandersetzen, welche bei der Verteilung der kantonalen Kontingente zu berücksichtigen sind (d.h. welche die Anwendung von Art. 21 der Verordnung betreffen). Der Grund dafür liegt darin, dass der eine Bewilligung verweigernde kantonale Entscheid gemäss Art. 1 ANAG endgültig ist, und daher vom Bundesrat nicht überprüft werden kann. Das ändert aber nichts daran, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht auch gegen die Art und Weise der Verteilung der kantonalen Kontingente unzulässig ist; andernfalls müssten auch die Beschwerden, welche sich gegen die Verweigerung einer das Bundeskontingent belastenden Bewilligung richten, vom Bundesgericht an die Hand genommen werden. Das widerspräche der seit Jahren eingespielten Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Bundesrat und Bundesgericht (vgl. aber VPB 41/1977 Nr. 36, Nr. 59). Das Bundesgericht ist denn in seiner bisherigen Rechtsprechung auch nie auf Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen die Verweigerung einer fremdenpolizeilichen Bewilligung, welche das Bundes- oder die kantonalen Kontingente belastet hätte, eingetreten. Der Ausschluss der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist auch sachlich gerechtfertigt, weil das Bundesgericht nicht beurteilen kann, wann das kantonale Kontingent ausgeschöpft ist und ob die kantonalen Behörden angesichts der grösseren oder kleineren Kontingentsreserven eine grosszügige oder restriktive Praxis üben müssen. Die Beschwerdeführer haben demnach keinen Rechtsanspruch auf einen Anteil am kantonalen Kontingent und damit auf die nachgesuchte Bewilligung. Der negative Entscheid des Zürcher Regierungsrates untersteht deshalb auch nicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit. 3. Zu prüfen bleibt, ob der angefochtene Entscheid Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde bilden kann. Zur Beschwerde legitimiert ist gemäss Art. 88 OG nur der Arbeitgeber oder Ausländer, der durch den Entscheid in seinen eigenen rechtlich erheblichen Interessen berührt wird; wo bloss tatsächliche Interessen geschmälert werd en, fehlt die Beschwerdelegitimation ( BGE 99 Ia 321 ; BGE 98 Ia 651 ; BGE 95 I 106 ). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts können sowohl der Ausländer, als auch der schweizerische Arbeitgeber trotz allenfalls fehlender Legitimation in der Sache selber beim Bundesgericht die Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen, sofern dies auf eine Rechtsverweigerung hinausläuft; denn die Befugnis, einen BGE 106 Ib 125 S. 133 Entscheid wegen formeller Rechtsverweigerung anzufechten, hängt nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr von der Legitimation in der Sache ab. Wer an einem kantonalen Verfahren beteiligt gewesen ist, kann die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund von Art. 4 BV zustehen ( BGE 105 Ia 276 mit zahlreichen Hinweisen). Auf die formellen Rügen der Beschwerdeführer ist daher einzutreten (so bezüglich fremdenpolizeilichen Bewilligungen auch BGE BGE 94 I 106 ; BGE 93 I 5 ; BGE 98 Ia 650 ). Hingegen hat das Bundesgericht in jüngerer Zeit wiederholt festgestellt, dass dem Ausländer gegen die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung oder deren Verlängerung die staatsrechtliche Beschwerde nicht zustehe, weil er keinen Anspruch auf deren Erteilung hat ( BGE 99 Ia 321 ; BGE 98 Ia 651 ; diese Frage war früher umstritten: vgl. Urteil vom 3. November 1971 i.S. X.; in ZBl 73/1972 S. 371 und 376; BGE 93 I 5 ). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, so dass auf die staatsrechtliche Beschwerde von Rexhep Shala in der Sache selber nicht eingetreten werden kann. Fraglich ist indessen, ob auf die staatsrechtliche Beschwerde der Arbeitgeberfirma materiell eingetreten werden muss, weil ihr im Ergebnis die Pflicht auferlegt wird, den ausländischen Arbeitskräften einen Lohn auszurichten, der ihr überhöht erscheint. Eine solche Pflicht könnte die Handels- und Gewerbefreiheit oder andere verfassungsmässige Rechte verletzen. Ob aus diesem Grunde auf die Beschwerde eingetreten werden müsste, kann indessen dahingestellt werden, weil sie ohnehin unbegründet ist, was im folgenden zu prüfen sein wird. II. Materielle Beurteilung 4. a) Gemäss Art. 16 Abs. 1 ANAG haben die Bewilligungsbehörden bei ihren Entscheidungen die geistigen und wirtschaftlichen Interessen sowie den Grad der Überfremdung des Landes zu berücksichtigen. Im wesentlichen gestützt auf diese Bestimmung hat der Bundesrat in Art. 21 der Verordnung arbeitsmarktliche Vorschriften erlassen und insbesondere in Abs. 4 bestimmt, dass Bewilligungen zum erstmaligen Stellenantritt, zum Stellen- und Berufswechsel und zur Verlängerung des Aufenthaltes nur erteilt werden dürfen, wenn dem Ausländer dieselben orts- und berufsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen BGE 106 Ib 125 S. 134 wie den Schweizern geboten werden. In Anwendung dieser Bestimmung setzen die mit dem Vollzug der Verordnung mitbeauftragten Zürcher Arbeitsmarktbehörden seit längerer Zeit für gewisse Berufskategorien, in welchen häufig Ausländer beschäftigt werden, einen Mindestlohn fest. Dieser wird offenbar laufend in Zusammenarbeit mit den in Frage kommenden Berufsverbänden (gestützt auf BIGA-Lohnstatistiken, Gesamtarbeitsverträge, Arbeitsmarktbeobachtungen usw.) auf den aktuellen Stand gebracht. Die Beschwerdeführer rügen, die Festsetzung eines Mindestlohnes verletze als gewerbepolitische Massnahme die Handels- und Gewerbefreiheit. b) Nach Art. 113 Abs. 3 und Art. 114bis Abs. 3 BV ist das Bundesgericht an die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze und allgemein verbindlichen Beschlüsse gebunden. Dagegen kann das Gericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen. Es prüft, ob solche Verordnungen sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, prüft das Gericht auch die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnungen (vgl. BGE 97 II 272 ; BGE 94 I 88 ). Das Bundesgericht kann mithin uneingeschränkt prüfen, ob die aufgrund der Gesetzesdelegation erlassene Verordnung sich in den Schranken der Delegationsnorm halte. Soweit dies der Fall ist, hat es sich nicht darüber auszusprechen, ob die in der Verordnung getroffene Lösung die zur Erreichung des gesetzlichen Zweckes am besten geeignete sei, da es nicht sein Ermessen an die Stelle jenes des Bundesrates treten lassen kann ( BGE 94 I 396 ). Lediglich gegen Verfassungsverstösse des Verordnungsgebers, die nicht durch die Delegationsnorm gedeckt sind, hat es einzuschreiten (vgl. dazu IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I S. 383). Gestützt auf diese Ordnung ist das Bundesgericht nicht befugt, die Bestimmungen des ANAG auf ihre Verfassungsmässigkeit hin zu überprüfen. Es hat davon auszugehen, dass die Bewilligungsbehörden bei ihren Entscheiden unter anderem die wirtschaftlichen Interessen sowie den Grad der Überfremdung berücksichtigen dürfen, und der Bundesrat ist gestützt auf seine Oberaufsicht über die Handhabung der fremdenpolizeilichen Vorschriften des Bundes und sein Verordnungsrecht in dieser Materie ( Art. 25 ANAG ) befugt, nähere Bestimmungen zu BGE 106 Ib 125 S. 135 erlassen, inwiefern den wirtschaftlichen Interessen und dem Grade der Überfremdung Rechnung zu tragen sei. Er kann dabei unter anderem auch den Schutz der einheimischen Arbeitskräfte und die Wahrung des sozialen Friedens im Auge haben. Art. 21 Abs. 3 der Verordnung, der für die Ausländer dieselben orts- und berufsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen wie für die Schweizer vorschreibt, entspricht diesen Zielsetzungen, indem er einen unerwünschten Druck auf das Lohngefüge zu verhindern sucht; niedrige Löhne für Ausländer würden nicht nur diese, sondern mittelbar auch die schweizerischen Arbeitskräfte benachteiligen und könnten den Arbeitsfrieden gefährden. Die beanstandete Verordnungsbestimmung ist daher gesetzmässig und zulässig. Ebensowenig ist grundsätzlich die Praxis der Zürcher Behörden zu beanstanden, wonach für gewisse Berufskategorien Mindestlöhne festgelegt werden, die stets dem aktuellen Stand angepasst werden. Diese Praxis gewährleistet eine rechtsgleiche Behandlung aller Gesuchsteller und dient grundsätzlich einer verfassungskonformen Anwendung der Verordnungsbestimmung. 5. Die Beschwerdeführer rügen die Höhe des Mindestlohnes als willkürlich. Für einen Commis de rang würden in Zürich niedrigere Löhne bezahlt. Bei der Festlegung der Mindestlöhne steht den kantonalen Behörden, welche die örtlichen Verhältnisse besser kennen und überblicken als das Bundesgericht, ein weiter Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Berechnung mit keinen sachlichen Gründen vertreten werden kann und daher willkürlich ist. Die kantonalen Behörden ermittelten für Rexhep Shala einen Mindestlohn von Fr. 2'150.--. Sie berufen sich vor allem auf die Lohnerhebung im Gastgewerbe des BIGA vom Juli 1979. Dieser Erhebung zufolge ergab sich für die Stadt Zürich in Gastwirtschaften für das im Saal/Restaurant beschäftigte männliche Personal ein Durchschnittslohn von Fr. 2'650.--. Die Behörden rechneten für den Sommer 1980 noch 5% Teuerung hinzu, so dass sie zu einem Durchschnittslohn von Fr. 2'780.-- gelangten. Der von den Behörden im vorliegenden Fall angenommene orts- und berufsübliche Lohn von Fr. 2'150.-- liegt 23% unter diesem Durchschnittslohn. Die kantonalen Behörden haben damit den verlangten Mindestlohn sachlich begründet. Die Berechnungen und deren Ergebnis können nicht als willkürlich bezeichnet werden. BGE 106 Ib 125 S. 136 6. Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, die Festsetzung eines Mindestlohnes von Fr. 2'150.-- verletze die Rechtsgleichheit, indem für qualifizierteres Personal der gleiche Mindestlohn festgelegt werde wie für unqualifiziertes. Die Rüge ist unbegründet. Es liegt im Wesen eines Minimallohnes einer Berufsgruppe, dass er nur für die am schlechtesten bezahlten Arbeitskräfte mit dem tatsächlich ausbezahlten Lohn übereinstimmt. Indem der Commis de rang nach den Ausführungen der Beschwerdeführer Speisen an die Tische trägt und die Teller dort wieder abräumt, gehört er zum Servicepersonal und hat Anspruch auf den dafür vorgesehenen Mindestlohn. Aus diesem Grunde ist auch nicht zu beanstanden, dass die kantonalen Behörden für ihn den Minimallohn für das Servicepersonal forderten und nicht denjenigen für das Buffetpersonal. Ebensowenig kann der Umstand, dass das Buffetpersonal einen wesentlich tieferen Mindestansatz aufweist als das Servicepersonal, als unhaltbar und damit als willkürlich bezeichnet werden. Die unterschiedlichen Aufgaben rechtfertigen eine unterschiedliche Besoldung und die Differenz liegt im Beurteilungsspielraum der kantonalen Behörden. Auch der Einwand der Beschwerdeführer, die Verhältnisse beim Restaurant der Arbeitgeberfirma seien einmalig, weshalb auch eine gesonderte Gehaltspraxis am Platze sei, ist unbehelflich. Massgebend für die Entlöhnung ist nicht die Art des Gastwirtschaftsbetriebes, sondern die Tätigkeit des Ausländers als Commis de rang.
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Sachverhalt ab Seite 334 BGE 126 III 334 S. 334 Am 11. April 1990 unterzeichnete A. (Beklagter) einen öffentlich beurkundeten Solidarbürgschaftsvertrag, in welchem er sich gegenüber der Bank X. (Klägerin) verpflichtete, für Forderungen der Klägerin gegenüber der Z. Holding, Curaçao, Netherland Antilles, bis zum Höchstbetrag von sFr. 25 Millionen solidarisch zu haften. Die Solidarbürgschaft steht unbestrittenermassen im Zusammenhang BGE 126 III 334 S. 335 mit einem Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus einem mit der Z. Holding abgeschlossenen Lombardkreditvertrag vom 19. März/11. April 1990. Der Bürgschaftsvertrag vom 11. April 1990 bestimmt in Ziffer 9, dass auf die Solidarbürgschaft schweizerisches Recht anzuwenden ist und allfällige Streitigkeiten ohne Rücksicht auf den jeweiligen Wohnsitz des Bürgen durch die Gerichte des Kantons Zürich beurteilt werden sollen. Mit Klage vom 1. Juli 1998 belangte die Klägerin den Beklagten gestützt auf den Bürgschaftsvertrag vom 11. April 1990 beim Bezirksgericht Zürich auf sFr. 1 Million nebst Zins. Mit Eingabe vom 28. Januar 1999 beantragte der Beklagte im Hauptstandpunkt, es sei die Klage mangels Zuständigkeit von der Hand zu weisen. Das Bezirksgericht Zürich und das hierauf mit der Sache befasste Obergericht des Kantons Zürich wiesen die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit mit Beschlüssen vom 25. Februar 1999 bzw. 28. Januar 2000 ab. Der Beklagte hat gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 28. Januar 2000 eidgenössische Berufung eingelegt. Darin beantragt er dem Bundesgericht, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und auf die Klage sei mangels Zuständigkeit nicht einzutreten; eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Klägerin beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung der Zuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich. Das Bundesgericht weist die Berufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Nach den Darlegungen der Vorinstanz kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien gültig einen Gerichtsstand in Zürich vereinbart haben, da die zürcherischen Gerichte gestützt auf den Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäss Art. 113 IPRG auch bei fehlender Gerichtsstandsvereinbarung örtlich zuständig wären. a) Der Beklagte erhebt gegen diese Sichtweise den grundsätzlichen Einwand, über die Gültigkeit eines Vertrages könnten nur die Gerichte am ordentlichen Gerichtsstand befinden; die Gerichte am mutmasslichen Erfüllungsort seien dafür nicht zuständig. Er stützt seine Rüge auf die in der Literatur vertretene Auffassung, wonach die Zuständigkeit des Gerichtes am Erfüllungsort nur dann gegeben sei, wenn die Leistung an diesem Ort erbracht werden soll. Dies BGE 126 III 334 S. 336 setze voraus, dass die Leistung ihr Fundament in einem gültigen Vertrag habe. Stehe gerade die Gültigkeit des Vertrages in Frage, so solle darüber am ordentlichen Gerichtsstand und nicht am Erfüllungsort entschieden werden (KELLER/KREN KOSTKIEWICZ, IPRG-Kommentar, Zürich 1993, N. 19 zu Art. 113 IPRG ; in diesem Sinn auch DUTOIT, Droit international privé suisse, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 2. Aufl., N. 3 zu Art. 113 IPRG ). b) Die vom Beklagten vertretene Ansicht hätte zur Folge, dass jeder am Erfüllungsort anhängig gemachten Leistungsklage die Einwendung entgegengehalten werden könnte, der Vertrag sei nicht gültig zustande gekommen, um die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes entfallen zu lassen. Damit jedoch würde, wie die Vorinstanz zutreffend darlegt, die Zuständigkeit am Erfüllungsort weitgehend ausgehöhlt (AMSTUTZ/VOGT/WANG, Basler Kommentar, N. 11 zu Art. 113 IPRG ; PATOCCHI, Das neue internationale Vertragsrecht der Schweiz, in: Schriftenreihe SAV, Band 7, Internationales Privatrecht/Lugano-Abkommen, Zürich 1989, S. 19). Gegen die Auffassung des Beklagten spricht zudem der Gedanke der Harmonisierung der Regelungen des IPRG und des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Lugano-Übereinkommen, LugÜ; SR 0.275.11). Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäss Art. 5 Ziff. 1 LugÜ steht nach herrschender Auffassung auch dann zur Verfügung, wenn der Bestand oder die Gültigkeit eines Vertrags in Frage stehen ( BGE 122 III 298 E. 3a S. 299; VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 6. Aufl., S. 113 Rz. 45k; KROPHOLLER, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl., N. 10 zu Art. 5 EuGVÜ; VALLONI, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Lugano- und Brüsseler-Übereinkommen, Diss. Zürich 1997, S. 203). Begründet wird diese Rechtslage auch in Bezug auf das LugÜ damit, dass es bei anderer Betrachtungsweise genügen würde, dass der Beklagte das Bestehen einer gültigen vertraglichen Verpflichtung bestreitet, um den Gerichtsstand des Erfüllungsortes auszuschalten ( BGE 122 III 298 E. 3a S. 299; KROPHOLLER, a.a.O.). Mit der Vorinstanz ist somit auch im Anwendungsbereich des IPRG davon auszugehen, dass - sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind - ein Gerichtsstand am Erfüllungsort gemäss Art. 113 IPRG selbst bei bestrittener Gültigkeit des in Frage stehenden Vertrages zur Verfügung steht (so auch das Handelsgericht des Kantons Zürich in einem Beschluss vom 9. Januar 1996, ZR 95/1996 S. 300).
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d4e03ce3-da14-4b34-b635-1f346086cf64
Sachverhalt ab Seite 146 BGE 123 I 145 S. 146 Am 10. Mai 1995 erhob S. gegen den Verwaltungsratspräsidenten und den Direktor der Bank X. sowie gegen eine weitere Person Strafklage wegen Betruges, Wucher, ungetreuer Geschäftsführung und Verletzung des Bankgeheimnisses. Die eingeleitete Strafuntersuchung wurde vom Kantonalen Untersuchungsrichter für Wirtschaftsdelikte mit Verfügung vom 20. März 1996 aufgehoben. Gegen die Aufhebungsverfügung erhob S. am 3. April 1996 Beschwerde bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen. In Ziffer 7 seines Rechtsbegehrens beantragte er die unentgeltliche Beschwerdeführung sowie eine unentgeltliche anwaltschaftliche Vertretung. Mit Eingabe an die Anklagekammer vom 22. August 1996 erneuerte er sein Gesuch. Am 23. September 1996 teilte der Präsident der Anklagekammer S. mit, dass das kantonale Justiz- und Polizeidepartement (JPD/SG) zur Beurteilung des Begehrens um unentgeltliche Rechtspflege zuständig sei. Mit Schreiben vom 5. Oktober 1996 stellte S. ein weiteres Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung, welches mit Verfügung des JPD/SG vom 3. Dezember 1996 abgewiesen wurde. Eine dagegen erhobene Beschwerde hiess der Präsident des Verwaltungsgerichtes des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 16. Januar 1997 teilweise gut. Soweit die unentgeltliche Prozessführung (im Beschwerdeverfahren vor der Anklagekammer) verweigert worden war, hob der Verwaltungsgerichtspräsident die Verfügung des JPD/SG auf und wies die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Soweit hingegen die unentgeltliche Rechtsverbeiständung abgelehnt worden war, bestätigte er die Verfügung des JPD/SG und wies die Beschwerde ab. Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichtspräsidenten gelangte S. mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer rügt, die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung für das kantonale Beschwerdeverfahren gegen die Aufhebung der Strafuntersuchung verletze seine direkt aus Art. 4 BV ableitbaren prozessualen Grundrechte. b) aa) Die wirksame Wahrung von Rechten soll nach heutiger rechtsstaatlicher Auffassung nicht davon abhängen, ob eine Partei vermögend ist oder nicht. Unter gewissen Voraussetzungen garantiert der von Lehre und Praxis direkt aus Art. 4 BV abgeleitete Verfassungsanspruch auf unentgeltliche Rechtspflege dem Bedürftigen BGE 123 I 145 S. 147 daher die zur Rechtsverfolgung (in nicht zum vornherein aussichtslosen Prozessen) notwendigen Mittel. In der unentgeltlichen Rechtspflege sind in der Regel sowohl die unentgeltliche Prozessführung als auch (soweit notwendig) die unentgeltliche Rechtsverbeiständung eingeschlossen. In gewissen Grenzen hat das Bundesgericht den verfassungsmässigen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege sowohl im Straf- und Zivilprozess als auch für das Verwaltungsverfahren anerkannt ( BGE 122 I 8 E. 2c S. 9 f., 49 ff.; BGE 121 I 60 E. 2a/bb S. 62; 120 Ia 43 ff.; BGE 119 Ia 264 ff.; BGE 117 Ia 277 ff., je mit Hinweisen). bb) Auch bei der Beurteilung eines unmittelbar auf Art. 4 BV gestützten Anspruches des Geschädigten auf unentgeltliche Rechtspflege im Strafprozess verlangt das Bundesgericht grundsätzlich das Erfülltsein von drei kumulativen Voraussetzungen, nämlich der Bedürftigkeit des Gesuchstellers, der Notwendigkeit der unentgeltlichen Rechtspflege (insbesondere der anwaltlichen Verbeiständung) sowie der Nichtaussichtslosigkeit der verfolgten Rechtsansprüche (vgl. zur grossteils unveröffentlichten Praxis: MARC FORSTER, Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung in der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung, ZBl 93 [1992] 457 ff., S. 465 ff.). Was die Notwendigkeit der Rechtsverbeiständung angeht, stellt das Strafuntersuchungsverfahren in der Regel eher bescheidene juristische Anforderungen an die Wahrung der Mitwirkungsrechte von Geschädigten. Es geht im wesentlichen darum, allfällige Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche (relativ formlos) anzumelden sowie an Verhören von Angeschuldigten und allfälligen Zeugen teilzunehmen und eventuell Ergänzungsfragen zu stellen. Ein durchschnittlicher Bürger sollte in der Lage sein, seine Interessen als Geschädigter in einer Strafuntersuchung selbst wahrzunehmen ( BGE 116 Ia 459 S. 461). Analoges gilt grundsätzlich auch für das Rekursverfahren gegen die Einstellung einer Strafuntersuchung. cc) In diesem Zusammenhang berücksichtigt das Bundesgericht insbesondere das Alter, die soziale Situation, die Sprachkenntnisse oder die gesundheitliche und geistig-psychische Verfassung des Geschädigten sowie die Schwere und Komplexität des Falles (vgl. ZBl 1992 S. 465 ff.; ZBJV 1995 S. 244 f.). Das Bundesgericht hat einen direkt aus Art. 4 BV fliessenden Anspruch eines Geschädigten auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung in der Strafuntersuchung namentlich bei minderjährigen Opfern von Sexualverbrechen in Strafprozessen gegen ihre Väter oder bei erwachsenen aber psychisch stark beeinträchtigten Vergewaltigungsopfern bejaht, sofern BGE 123 I 145 S. 148 die Geschädigten nicht amtlich verbeiständet bzw. nicht ausreichend juristisch beraten sind ( BGE 116 Ia 459 , S. 460 f.; unveröffentlichte Urteile vom 10. Januar 1992 i.S. D. G., E. 3, sowie vom 14. Oktober 1991 i.S. Ö. M., E. 3). Bei der Frage nach der Notwendigkeit der Verbeiständung eines bedürftigen Geschädigten muss im übrigen ein sachgerechter Ausgleich zwischen dessen schutzwürdigen Rechtsverfolgungsinteressen und den (teilweise gegenläufigen) Interessen der Allgemeinheit an einem raschen und nicht übermässig teuren Funktionieren der Strafjustiz gesucht werden (vgl. FORSTER, a.a.O., S. 465). Die Tatsache, dass im Strafverfahren die Offizialmaxime gilt, schliesst die Notwendigkeit einer Rechtsverbeiständung indessen nicht zum vornherein aus (BGE BGE 115 Ia 103 S. 105). 3. a) Die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung wird im angefochtenen Entscheid damit begründet, dass die Beschwerdeschrift an die Anklagekammer "von einer rechtskundigen Person verfasst" worden sei, wie der Eingabe "unschwer" entnommen werden könne. Der Beschwerdeführer habe dazu geäussert, dass ihm ein ehemaliger Nachbar behilflich gewesen sei. Ob es sich bei dieser Person um einen Rechtsanwalt handelte oder nicht, sei "nicht ausschlaggebend". Jedenfalls müsse diese "Hilfsperson" als rechtskundig angesehen werden. Die Anklagekammer habe dem Beschwerdeführer ausserdem "den Abschluss des Schriftenwechsels" im kantonalen Beschwerdeverfahren mitgeteilt, weshalb sich die Rechtsverbeiständung "nicht weiter auswirken" könne. Bei dieser Sachlage sei die Notwendigkeit der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung zu verneinen. aa) Diese Begründung vermag nicht in jeder Hinsicht zu überzeugen. Unbestrittenermassen liess sich der Beschwerdeführer im Verfahren gegen die Aufhebung der Strafuntersuchung nicht förmlich vertreten. Die Beschwerdeschrift an die Anklagekammer wurde von ihm im eigenen Namen aufgesetzt und unterzeichnet. Gemäss den vorliegenden Akten war er dabei weder durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt noch durch eine rechtskundige Amts- oder Privatperson rechtsgeschäftlich oder gesetzlich vertreten. Dass ihm ein ehemaliger Nachbar, der vermutlich rechtskundig sei, bei der Abfassung der Beschwerdeschrift geholfen habe, ändert an diesem Umstand nichts. Aus Gefälligkeit abgegebene juristische Ratschläge vermögen eine ordnungsgemässe Verbeiständung durch einen Rechtsanwalt oder durch einen anderen juristisch ausgebildeten Beistand nicht ohne weiteres zu ersetzen. Dies schon deshalb nicht, BGE 123 I 145 S. 149 weil den blossen Ratgeber aus Gefälligkeit nicht dieselben vertraglichen, standesrechtlichen und gesetzlichen Sorgfaltspflichten treffen wie einen bevollmächtigten Anwalt oder einen amtlichen Beistand. Der Rechtsuchende, der sich bei der Abfassung von Laieneingaben besondere Mühe gibt und sich dabei allenfalls auch juristisch beraten lässt, verliert dadurch nicht automatisch seinen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung. Anders zu entscheiden hiesse, den umsichtigen Laien rechtlich benachteiligen. Nach der Praxis des Bundesgerichtes fehlt es an der Notwendigkeit einer anwaltlichen Verbeiständung des (angeblich) Geschädigten im Strafverfahren regelmässig dann, wenn eine rechtskundige amtliche Verbeiständung (etwa durch einen juristisch versierten Amtsvormund) besteht ( BGE 116 Ia 460 f.; nicht amtlich publizierte Urteile des Bundesgerichtes vom 10. Januar 1992 i.S. D. G., E. 3, und vom 14. Oktober 1991 i.S. Ö. M., E. 3; vgl. ZBl 1992 S. 466 ff.). Eine solche Verbeiständung ist hier nicht gegeben. Auch der Umstand, dass die Anklagekammer dem Beschwerdeführer den Abschluss des Schriftenwechsels mitgeteilt hat, lässt die Notwendigkeit der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung nicht ohne weiteres dahinfallen. bb) Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die allgemeinen Voraussetzungen für die unentgeltliche Rechtsverbeiständung eines (angeblich) Geschädigten im Strafverfahren erfüllt sind. Gestützt auf Art. 4 BV besteht ein grundrechtlicher Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung, sofern der Beschwerdeführer bedürftig, die Verbeiständung sachlich geboten und das von ihm angestrebte Verfahrensziel nicht zum vornherein aussichtslos ist (vgl. E. 2b/bb). Im angefochtenen Entscheid wird die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers nicht verneint. Ebensowenig wird erwogen, das von ihm angestrebte Verfahrensziel erscheine zum vornherein aussichtslos. In Abrede gestellt wird jedoch die sachliche Notwendigkeit der juristischen Verbeiständung. b) Nach der dargelegten Praxis des Bundesgerichtes sollte ein durchschnittlicher Bürger (auch als juristischer Laie) in der Lage sein, seine Interessen als Geschädigter in einer Strafuntersuchung selbst wahrzunehmen. Ausnahmen von diesem Grundsatz können sich unter gewissen Umständen aufdrängen, falls der Geschädigte in seinem Geisteszustand beeinträchtigt (s. BGE 116 Ia 460 f.) oder minderjährig ist (s. unveröffentlichte Urteile vom 10. Januar 1992 i.S. D. G. sowie vom 14. Oktober 1991 i.S. Ö. M.) oder sofern er nur über geringe Kenntnisse der Verfahrenssprache verfügt und sich BGE 123 I 145 S. 150 zudem in einer schwierigen psychischen Situation befindet, was insbesondere bei schweren Beziehungsdelikten der Fall sein kann (vgl. dazu ZBl 1992 S. 465 ff.). So wurde ein verfassungsmässiger Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung etwa bei einer Frau bejaht, die der deutschen Sprache unkundig und von ihrem Ehemann mit dem Messer schwer verletzt worden war (unveröffentlichtes Urteil vom 29. April 1992 i.S. G. S., E. 2e). Das Bundesgericht berücksichtigt in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob der Geschädigte seine Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche adhäsionsweise vor Strafgericht (oder in einem separaten Zivilprozess) geltend machen und dafür gesondert ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege stellen kann ( BGE 116 Ia 460 ). Der Beschwerdeführer ist weder minderjährig noch sprachunkundig, noch macht er geltend, er sei krank oder psychisch angeschlagen. Ebensowenig geht es beim fraglichen Strafverfahren um die Aufklärung eines Beziehungsdeliktes, dessen Charakter oder besondere Schwere eine Verbeiständung als sachlich geboten erscheinen liesse. c) Zu berücksichtigen ist sodann, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um ein besonders komplexes und aufwendiges Strafverfahren handelt. Den rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien liegt zwar ein eher kompliziertes zivilrechtliches Vertragsverhältnis zugrunde. Deshalb wurde der Fall einem Spezialisten, nämlich dem Kantonalen Untersuchungsrichter für Wirtschaftsdelikte zur Untersuchung übertragen. Dies allein bedeutet aber noch nicht, dass das eingeleitete Strafverfahren automatisch als besonders aufwendig und komplex anzusehen wäre. Im wesentlichen beschränkten sich die strafrechtlichen Vorwürfe darauf, dass die Angeschuldigten den Beschwerdeführer durch Verschweigen wesentlicher bzw. Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu veranlasst hätten, eine fremde Schuld (nämlich der Firma Y.) grundpfandrechtlich zu sichern, was einen Vermögensschaden beim Beschwerdeführer verursacht habe. Am 16. Juni 1995 nahm der Kantonale Untersuchungsrichter erste Abklärungen vor. Am 2. November 1995 wurde die Strafuntersuchung förmlich eröffnet. Bereits zwei Monate später, nämlich am 16. Januar 1996 erfolgte die Mitteilung an die Parteien, dass die Strafuntersuchung mangels strafbarer Tatbestände eingestellt werde. Am 20. März 1996, somit knapp fünf Monate nach der Eröffnung der Strafuntersuchung, wurde das Strafverfahren in allen Punkten eingestellt. Der vorliegende Straffall kann nicht als besonders aufwendig und komplex angesehen werden. BGE 123 I 145 S. 151 d) Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass gemäss der Aufhebungsverfügung des Kantonalen Untersuchungsrichters für Wirtschaftsdelikte vom 20. März 1996 die Eröffnung der Strafuntersuchung und deren Umfang nicht zuletzt auf unwahre Angaben des Beschwerdeführers zurückzuführen seien, weshalb diesem die Hälfte der Untersuchungskosten und der Parteientschädigungen an die Angeschuldigten auferlegt wurde. (...) e) In Würdigung sämtlicher Umstände ist es dem Beschwerdeführer zuzumuten, seine Interessen in der Strafuntersuchung (bzw. im Beschwerdeverfahren gegen die Aufhebung der Strafuntersuchung) selbst wahrzunehmen. Hinzu kommt, dass es nicht ausgeschlossen erscheint, dass der Beschwerdeführer zur gerichtlichen Geltendmachung seiner allfälligen Zivilansprüche neuerlich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung stellen könnte. Sei dies (im Falle der Gutheissung seiner hängigen kantonalen Beschwerde) adhäsionsweise im strafgerichtlichen Verfahren, sei es in einem separaten Zivilverfahren. Gegenteiliges geht jedenfalls aus dem angefochtenen Entscheid nicht hervor. Wenigstens hilfsweise kann schliesslich auch noch die (unbestrittene) Tatsache Berücksichtigung finden, dass der Beschwerdeführer offenbar auf eine gewisse informelle juristische Beratung zurückgreifen konnte. Bei dieser Sachlage erscheint die unentgeltliche Rechtsverbeiständung im vorliegenden konkreten Fall - aus verfassungsrechtlicher Sicht - nicht als sachlich geboten, weshalb ein direkt auf Art. 4 BV gestützter Anspruch zu verneinen ist. Ob ein solcher Anspruch auch noch an der zusätzlichen Voraussetzung der Nichtaussichtslosigkeit des angestrebten Verfahrenszieles scheitern würde, braucht unter den gegebenen Umständen nicht geprüft zu werden.
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Sachverhalt ab Seite 118 BGE 120 II 118 S. 118 E. war vom 1. Mai 1983 bis 23. Oktober 1987 Angestellter der Zürcher Niederlassung der X. Banking Corp., zuletzt in der Stellung eines stellvertretenden Geschäftsführers. Im Jahre 1984 eröffnete er für einen in England ansässigen Kunden ein Konto, auf das innerhalb eines Monates durch vier Zahlungen in englischen Pfundnoten ein Betrag von über neun Millionen Franken einbezahlt wurde. Im Herbst 1986 ergab sich aus einem englischen Rechtshilfeersuchen, dass das Geld aus einem Goldraub stammte, der im Jahre 1983 in England begangen worden war. Darauf liess die Bank die Umstände, die zur Kontoeröffnung und Einzahlung des Geldes geführt hatten, unter anderem durch englische Privatdetektive untersuchen. In diesem Zusammenhang wurde E. während vier Tagen, vom 20. bis 23. Oktober 1987, unter Protokollierung seiner Aussagen befragt. Am letzten Tag der Befragung wurde er fristlos entlassen. Nach Auffassung der Bank waren ihm Geldwäscherei und schwerwiegende Nachlässigkeiten vorzuwerfen. BGE 120 II 118 S. 119 In der Folge leitete E. beim Arbeitsgericht Zürich zwei Prozesse gegen seine frühere Arbeitgeberin ein. Im einen verlangte er Lohnfortzahlung, Genugtuung und die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses; im andern Ersatz für Schaden, der ihm aus dem Verhalten der Bank entstanden sei. Im ersten Prozess beantragte er im Rahmen des Beweisverfahrens, die Beklagte sei zur Vorlegung bestimmter Urkunden zu verpflichten, aus denen sich ergebe, dass die fristlose Entlassung ungerechtfertigt erfolgt sei. Dieses Begehren wurde für unzulässig erklärt und der Kläger auf den Weg der selbständigen Klage verwiesen mit der Begründung, die Editionspflicht im Zivilprozess dürfe nicht dazu dienen, aus den zu edierenden Urkunden erst die Grundlagen für Behauptungen zu gewinnen; dazu stehe das materiellrechtliche Editionsverfahren zur Verfügung. Dementsprechend reichte E. am 30. Januar 1991 beim Arbeitsgericht Zürich eine dritte Klage ein mit den Anträgen, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm uneingeschränkte Einsicht in seine Personalakte zu gewähren und ihm daraus bestimmte Urkunden vorzulegen. Bei diesen Urkunden handelte es sich um zwei Berichte des erwähnten englischen Detektivbüros vom November 1987 und Frühling 1988 sowie um Protokolle über Befragungen von anderen Angestellten der Beklagten im Zusammenhang mit der Abklärung der dem Kläger vorgeworfenen Beteiligung an Geldwäscherei. Mit Urteil vom 9. Juli 1992 wies das Arbeitsgericht die Klage ab. Der Kläger appellierte an das Obergericht des Kantons Zürich, das sein Rechtsmittel am 18. Juni 1993 abwies und das erstinstanzliche Urteil bestätigte. Der Kläger hat das Urteil des Obergerichts mit Berufung angefochten, die vom Bundesgericht abgewiesen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nachdem das angefochtene Urteil bereits gefällt war, ist am 1. Juli 1993 das Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) in Kraft getreten. Damit ist eine neue Bestimmung ins Obligationenrecht eingefügt worden (Art. 328b), die vorschreibt, der Arbeitgeber dürfe Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind. Im übrigen gelten nach diesem Artikel - auch für Arbeitsverhältnisse - die Bestimmungen des DSG. Von Bedeutung wäre im vorliegenden Fall namentlich Art. 8 DSG , welcher das Auskunftsrecht gegenüber dem Inhaber einer Datensammlung regelt. BGE 120 II 118 S. 120 Obschon keine der Parteien sich auf das DSG beruft, ist als Rechtsfrage von Amtes wegen zu prüfen ( Art. 63 Abs. 3 OG ), ob dessen Bestimmungen auf den vorliegenden Fall anwendbar sind. Dagegen spricht zunächst, dass die im Berufungsverfahren vorzubringende Rüge, der kantonale Richter habe mit dem angefochtenen Entscheid Bundesrecht verletzt ( Art. 43 OG ), an sich voraussetzt, dass die angerufene Bestimmung im Zeitpunkt der Fällung des kantonalen Urteils bereits in Kraft war. Das Rechtsmittel der Berufung dient nicht dazu, eine erstmalige Beurteilung des Sachverhalts durch das Bundesgericht nach neuem Recht zu ermöglichen. Vorbehalten bleibt allerdings unter anderem die Prüfung, ob die Prozessvoraussetzungen gegeben sind (vgl. BGE 116 II 209 E. 2b S. 211 ff.). Zudem verpflichtet der bereits erwähnte Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen das Bundesgericht nicht zu untersuchen, ob der streitige Anspruch allenfalls aufgrund neuer gesetzlicher Bestimmungen, die erst nach dem Erlass des angefochtenen Urteils in Kraft getreten sind, als begründet anzusehen ist, wenn die Sachvorbringen im kantonalen Verfahren nicht auf diese Anspruchsgrundlage ausgerichtet waren (vgl. BGE 115 II 464 E. 1 S. 465). Das DSG fällt deshalb für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache ausser Betracht. Zum gleichen Ergebnis führen auch die folgenden intertemporalrechtlichen Überlegungen. Dem DSG selbst lässt sich nichts zur Frage entnehmen, ob es auf Fälle wie den vorliegenden anwendbar ist. Es enthält zwar Übergangsbestimmungen (Art. 38), die aber lediglich Sonderfragen betreffen und sich nicht zur allgemeinen Frage der zeitlichen Anwendbarkeit des Gesetzes äussern. Gleich verhält es sich mit der Verordnung zum DSG (VDSG, SR 235.11; vgl. Art. 37 VDSG ). Unter diesen Umständen wird nach der Praxis des Bundesgerichts auf die im Schlusstitel zum ZGB niedergelegten intertemporalrechtlichen Prinzipien zurückgegriffen ( BGE 116 III 120 E. 3a S. 124, BGE 94 II 240 E. 8 S. 245 mit Hinweisen). Abzustellen ist im vorliegenden Fall auf die Grundregel von Art. 1 SchlT ZGB , wonach die rechtlichen Wirkungen von Tatsachen, die sich vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes ereignet haben, nach bisherigem Recht zu beurteilen sind. Nicht zur Anwendung kommen die davon abweichenden Regeln von Art. 2 - 4 SchlT ZGB , denn deren Voraussetzungen sind nicht gegeben. So fällt Art. 4 SchlT ZGB darum ausser Betracht, weil ein grundsätzliches Einsichtsrecht des Klägers bereits nach bisherigem Recht gegeben ist, wie die folgenden Erwägungen zeigen werden. Dieser Gesichtspunkt ist sodann auch in bezug auf Art. 2 und 3 SchlT ZGB von entscheidender Bedeutung. BGE 120 II 118 S. 121 Da Art. 328 Abs. 1 OR , aus dem das Einsichtsrecht in die Personalakte abgeleitet wird, schon nach bisherigem Recht zwingenden Charakter hat ( Art. 362 OR ) und dieses Einsichtsrecht inhaltlich im wesentlichen dem Auskunftsrecht gemäss Art. 8 f. DSG entspricht, drängt es sich nicht auf, gestützt auf Art. 2 oder 3 SchlT ZGB von einer Rückwirkung des neuen Rechtes auszugehen (vgl. dazu BGE 119 II 46 ff.; zum Verhältnis zwischen Art. 2 und 3 SchlT ZGB : BROGGINI, SPR, Bd. I, S. 447 ff.). 3. Das Obergericht hat die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, einerseits gehörten die streitigen Unterlagen nicht zur Personalakte des Klägers und andererseits liege von seiner Seite kein berechtigtes Interesse vor, das nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Einsichtsrecht rechtfertigen würde. Mit der Berufung wird der Vorinstanz in beiden Punkten eine Verletzung von Bundesrecht vorgeworfen. a) Das Recht des Arbeitnehmers auf Einsicht in seine Personalakte ist im Obligationenrecht nicht ausdrücklich verankert. In Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung in der Lehre ist ein solches Recht jedoch als Ausfluss des Persönlichkeitsschutzes des Arbeitnehmers ( Art. 328 Abs. 1 OR ) anzuerkennen (so REHBINDER, Berner Kommentar, N. 16 zu Art. 328 OR ; STREIFF/VON KAENEL, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 5. Aufl., N. 9 zu Art. 328 OR ; BRUNNER/BÜHLER/WAEBER, Kommentar zum Arbeitsvertrag, N. 6 zu Art. 328 OR ; BERNHARD FREI, Der Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers nach OR Art. 328 Abs. 1. Unter besonderer Berücksichtigung des Personaldatenschutzes, Diss. Bern 1981, S. 145 ff.; ROLF HUBER, Rechtsprobleme der Personalakte, Diss. Zürich 1984, S. 147 ff.; a.A. BRAND ET AL., Der Einzelarbeitsvertrag im Obligationenrecht, N. 9 zu Art. 328 OR ). Das Einsichtsrecht ist als Teil des informationellen Selbstbestimmungsrechtes zu verstehen (ROLF HUBER, a.a.O., S. 40; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, S. 67 Rz. 460), das auch der Datenschutzgesetzgebung des Bundes zugrundeliegt (vgl. Botschaft des Bundesrates zum DSG, BBl 1988 II S. 417 ff.). Die Bejahung des Rechts des Klägers auf Einsicht in seine Personalakte liegt auch dem angefochtenen Urteil zugrunde. Das Obergericht hat seine Entscheidung indessen auf die Frage beschränkt, ob das Einsichtsrecht auch die Urkunden umfasse, welche der Kläger mit seinem Rechtsbegehren umschreibt. Diese Einschränkung wird mit der Berufung nicht beanstandet. Das wäre im übrigen gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. b OG unzulässig, da BGE 120 II 118 S. 122 grundsätzlich das kantonale Recht darüber bestimmt, ob ein allgemein formuliertes Rechtsbegehren um Einsicht in die Personalakte zulässig ist oder die Urkunden, in welche der Arbeitnehmer Einsicht nehmen will, im einzelnen bezeichnet werden müssen (vgl. dazu BGE 116 II 215 E. 4 S. 219). Demgemäss beschränkt sich auch das Verfahren vor Bundesgericht auf die vorinstanzlich geprüfte Frage. b) Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass die streitigen Urkunden zu seiner Personalakte gehörten. Dies ist vom Obergericht mit der Begründung verneint worden, die Urkunden oder Unterlagen seien im Zusammenhang mit einer weitläufigen Untersuchung bestimmter Geschäftsvorgänge erstellt worden und spielten nach der vom Kläger sinngemäss anerkannten Behauptung der Beklagten beim Entscheid darüber, ob die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses ungerechtfertigt erfolgt sei, keine Rolle. In diesem Zusammenhang wird im angefochtenen Urteil zudem festgehalten, soweit die streitigen Urkunden nach dem 23. Oktober 1987 verfasst worden seien, hätten sie ohnehin nicht Grundlage des Entlassungsentscheides bilden können. Die Beurteilung des Obergerichts ist nicht zu beanstanden. Der Begriff der Personalakte wird im Obligationenrecht weder verwendet noch umschrieben. Das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers wird - wie bereits erwähnt - von der Lehre zu Recht aus dem Persönlichkeitsschutz abgeleitet. Dieser Zusammenhang muss auch bei der Umschreibung des Begriffs der Personalakte wegleitend sein. Abzustellen ist deshalb auf den Persönlichkeitsschutz als konkretisierungsbedürftige Generalklausel. Untauglich ist demgegenüber der Ansatz, der sich zuerst an der Anerkennung eines allgemeinen Einsichtsrechts in die Personalakte orientiert, dann den Begriff der Personalakte definiert und so das Einsichtsrechts des Arbeitnehmers in eine bestimmte Urkunde ableiten will. Stattdessen ist vielmehr direkt zu prüfen, ob der Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers ein Recht auf Einsicht in ein bestimmtes Dokument oder in bestimmte Arten von Urkunden verleiht. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass in der Berufungsschrift nicht näher ausgeführt wird, weshalb es für den Schutz der Persönlichkeit des Klägers erforderlich sein soll, Einsicht in die streitigen Urkunden zu erhalten. Die Protokolle, die über seine Befragung vom 20. bis 23. Oktober 1987 angefertigt worden sind, hat er unstreitig einsehen können. Sie befinden sich nebst dem Grossteil der darin erwähnten Urkunden bei den Akten des noch hängigen Prozesses betreffend fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses, wie im angefochtenen Urteil BGE 120 II 118 S. 123 festgestellt wird. Weder aus dem allgemeinen Persönlichkeitsschutz noch aus Art. 328 Abs. 1 OR lässt sich jedoch ableiten, dass ein Arbeitnehmer Anspruch hat auf Einsicht in sämtliche Unterlagen über eine vom Arbeitgeber veranlasste bzw. durchgeführte Untersuchung von Geschäftsvorgängen, an denen er auf irgendeine Weise beteiligt war. Das Einsichtsrecht in die Personalakte hat wie das Auskunftsrecht gemäss Art. 8 DSG instrumentalen Charakter (vgl. BBl 1988 II 452; zum Akteneinsichtsrecht allgemein: BGE 113 Ia 257 E. 4c S. 264). Es soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, sich zu vergewissern, ob in seiner Personalakte Angaben vorhanden sind, die seine Persönlichkeitsrechte verletzen, weil sie falsch sind oder keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben. Eine solche Bedeutung der streitigen Urkunden wird vom Kläger jedoch gerade nicht geltend gemacht. Seine Behauptung, er kenne den Inhalt der Dokumente nicht und wisse nicht, was darin über seine Person enthalten sei, kann unter den gegebenen Umständen nicht genügen, um ihm ein Einsichtsrecht zu verschaffen. Aus der Umschreibung der Art der Dokumente geht hervor, dass sie nicht Angaben zur Person des Klägers, sondern Äusserungen über bestimmte Geschäftsvorgänge während seiner Anstellungszeit enthalten müssen. Im angefochtenen Urteil wird im übrigen darauf hingewiesen, der Kläger habe in seinen Rechtsschriften selbst anerkannt, dass das weitere Aktenmaterial ihn nicht belasten könne. Soweit er aber in den Dokumenten entlastende Sachverhaltselemente vermutet, ist es unwahrscheinlich, dass diese seine Persönlichkeitsrechte verletzen können. Besondere Umstände, die ausnahmsweise aufgrund von Art. 328 Abs. 1 OR eine Handlungspflicht des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers begründen könnten (dazu REHBINDER, N. 2 zu Art. 328 OR ), werden schliesslich vom Kläger nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. c) Aus der vorangehenden Erwägung ergibt sich ohne weiteres, dass auch die zweite vom Kläger erhobene Rüge unbegründet ist. Denn besteht bereits wegen der Art der streitigen Dokumente kein aus dem Persönlichkeitsschutz ableitbares Einsichtsrecht des Klägers, so muss das unabhängig vom Zeitpunkt gelten, in dem die Einsicht verlangt wird. Die vom Obergericht bejahte Frage, ob nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Einsichtsrecht nur dann zu gewähren ist, wenn der ehemalige Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Einsicht hat, ist deshalb an sich nicht entscheiderheblich. Es rechtfertigt sich aber trotzdem, kurz dazu Stellung zu nehmen. BGE 120 II 118 S. 124 Soweit ein behauptetes Einsichtsrecht nur aus dem Persönlichkeitsschutz und nicht aus einer besonderen Bestimmung abgeleitet wird, die einen unbedingten Anspruch auf Einsicht gibt, wird immer ein Interesse an der Einsichtnahme vorausgesetzt, das gegen die Interessen abgewogen werden muss, die von seiten anderer an der Verweigerung der Einsicht bestehen (vgl. dazu HUBER, a.a.O., S. 40; zur Akteneinsicht gegenüber dem Staat: BGE 113 Ia 1 E. 4a S. 4, 257 E. 4a S. 261 f.). So kann beispielsweise zur Befriedigung blosser Neugier keine Akteneinsicht verlangt werden. Zudem findet das Persönlichkeitsrecht des Gesuchstellers stets seine Schranke an den Persönlichkeitsrechten anderer Beteiligter. Zu Recht verlangt deshalb die Lehre insbesondere für die Einsicht in die Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein berechtigtes Interesse des ehemaligen Arbeitnehmers (REHBINDER, N. 16 zu Art. 328 OR ; HUBER, a.a.O., S. 166). Wie bereits festgehalten wurde, sind die streitigen Urkunden indessen nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht geeignet, den Standpunkt des Klägers in den beiden anderen Prozessen zu stützen. Mangels tatsächlicher Feststellungen ist schliesslich auch die Behauptung des Klägers unbeachtlich, bei den streitigen Urkunden befänden sich Niederschriften von eigenen Telefongesprächen, welche die Beklagte habe abhören lassen. Das Obergericht hat somit zu Recht auch ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Einsicht in die streitigen Urkunden verneint.
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Sachverhalt ab Seite 516 BGE 143 IV 515 S. 516 A. Am 6. November 2015 fuhr X. für eine Überführungsfahrt mit einem Lastwagen seines Arbeitgebers, der Firma A., von Hendschiken an deren Standort in Kloten. Dort bemerkte er, dass er die Händlerschilder für die Rückfahrt mit einem anderen Fahrzeug vergessen hatte. Weil die A. Kloten über keine Ersatzschilder verfügte, liess X. durch Mitarbeiter der Firma die zuvor verwendeten Schilder auf Papier kopieren. Die Schilderkopien liess er am Fahrzeug hinten mit Isolierklebeband montieren und vorne hinter die Windschutzscheibe legen. In der Folge lenkte er den Lieferwagen mit den angebrachten Papierschildern von Kloten bis zum Autobahn-Rastplatz Würenlos, wo er in eine Verkehrskontrolle geriet. B. Mit Strafbefehl vom 22. Januar 2016 verurteilte die Staatsanwaltschaft Baden X. wegen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern sowie Nicht-Mitführens des Fahrzeugausweises zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 40.- sowie einer Busse von Fr. 620.-. Auf Einsprache von X. hin reduzierte der Präsident des Bezirksgerichts Baden die Strafe am 17. Februar 2017 auf 10 Tagessätze zu Fr. 60.- Geldstrafe und Fr. 140.- Busse. Die dagegen erhobene Berufung von X. wies das Obergericht des Kantons Aargau am 7. Juni 2017 ab. C. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X., er sei vom Vorwurf des Missbrauchs von Ausweisen und Schildern im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG freizusprechen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. BGE 143 IV 515 S. 517 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Anklagesachverhalt ist unbestritten. Der Beschwerdeführer macht aber geltend, Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG sei nicht erfüllt. Er habe lediglich ein Fahrzeug ohne das erforderliche Kontrollschild im Sinne von Art. 96 Abs. 1 lit. a SVG geführt, was mit einer Busse zu ahnden gewesen wäre. 1.1 Gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer falsche oder verfälschte Kontrollschilder verwendet. Die Bestimmung stellt die Verwendung von am Fahrzeug angebrachten Kontrollschildern im öffentlichen Verkehr unter Strafe, die durch den Täter selbst oder durch einen Dritten im Sinne von lit. e der Norm verfälscht oder gefälscht wurden. Nach lit. e der Bestimmung macht sich strafbar, wer Kontrollschilder verfälscht oder falsche zur Verwendung herstellt. Der objektive Tatbestand verlangt als Tathandlung das Verfälschen eines echten und damit durch die zuständige Behörde herausgegebenen Kontrollschildes oder das Herstellen eines neuen falschen Kontrollschildes zwecks Verwendung. In subjektiver Hinsicht kann die Verwendung falscher oder verfälschter Kontrollschilder nach Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG im Unterschied zu deren Herstellung gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. e SVG sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden (JÜRG BÄHLER, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 24 ff. zu Art. 97 SVG ; PHILIPPE WEISSENBERGER, Kommentar Strassenverkehrsgesetz und Ordnungsbussengesetz, 2. Aufl. 2015, N. 34 zu Art. 97 SVG ; HANS GIGER, SVG, Kommentar, Strassenverkehrsgesetz [...], 8. Aufl. 2014, N. 12 f. zu Art. 97 SVG ; BUSSY/RUSCONI/JEANNERET/KUHN/MIZEL/MÜLLER, Code suisse de la circulation routière commenté, 4. Aufl. 2015, N. 6.4 zu Art. 97 SVG ). Nach Art. 96 Abs. 1 lit. a SVG wird mit Busse bestraft, wer ohne den erforderlichen Fahrzeugausweis oder die Kontrollschilder ein Motorfahrzeug führt oder einen Anhänger mitführt. Die Tathandlung besteht darin, ein Fahrzeug ohne Fahrzeugausweis oder ohne die notwendigen Kontrollschilder im öffentlichen Verkehr zu führen (WEISSENBERGER, a.a.O., N. 6 zu Art. 96 SVG ). 1.2 1.2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, das blosse Kopieren eines Kontrollschilds auf Papier sei rechtlich nicht als Fälschung zu qualifizieren, weil damit das Original nicht nachgeahmt werde. Infolgedessen entfalle die Anwendbarkeit von Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG , BGE 143 IV 515 S. 518 welche die Verwendung von gefälschten Kontrollschildern voraussetze. 1.2.2 Dem Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden. Es ist unbestritten, dass die am Fahrzeug befestigten und im öffentlichen Verkehr verwendeten Kontrollschilder Kopien eines echten, d.h. von der zuständigen Behörde herausgegebenen Kontrollschilds waren. Die Vorinstanz erwägt daher zu Recht, dass die Kontrollschilder objektiv gefälscht waren, weil sie gerade nicht vom vorgegebenen Aussteller stammten. Sie wurden vielmehr unbestrittenermassen mittels Reproduktion vom Arbeitgeber des Beschwerdeführers angefertigt und waren damit falsch im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. e SVG (vgl. Urteile 6B_205/2011 vom 8. Juli 2011 E.1 f.; 6B_457/2009 vom 5. September 2009 E. 1.2.4 f.). Dass sie auf einem echten Schild basierten, macht die Kopien nicht zu echten Schildern. Für die Qualifizierung als Fälschung spielt auch keine Rolle, ob diese täuschend echt oder von weitem als Fälschung erkennbar ist (WEISSENBERGER, a.a.O., N. 33 zu Art. 97 SVG ). Ausschlaggebend ist alleine, dass ein Duplikat des echten Schildes, also ein neues falsches Kontrollschild hergestellt und im öffentlichen Verkehr verwendet wurde. Ebenso ist irrelevant, dass das amtlich abgegebene Kontrollschild aus Blech, nicht wie vorliegend aus Papier hergestellt ist, oder ob die Kopie vom Original auf den ersten Blick unterscheidbar ist. Im Übrigen ist dem Beschwerdeführer angesichts der in den Akten befindlichen Fotos des verwendeten Schildes zu widersprechen, wenn er geltend macht, die Fälschung sei ohne weiteres als solche erkennbar gewesen. Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers ist das von der Vorinstanz zitierte Urteil 6B_457/2009 vom 5. September 2009, welches die Verwendung von Kontrollschildern aus Karton zum Gegenstand hatte, für den vorliegenden Fall einschlägig. Zwar wurde darin (nur) die Frage erörtert, ob der Beschwerdeführer einen Rechtsirrtum geltend machen könne. Damit bejahten die Gerichte aber implizit, dass die verwendeten Kontrollschilder aus Karton unecht im Sinne des Gesetzes waren und den Tatbestand des Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG erfüllten, was vor Bundesgericht nicht mehr streitig war. Dies muss ebenso für Kopien aus Papier gelten. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand zum Urteil 6B_205/2011 vom 8. Juli 2011, wonach dieses mit der vorliegenden Situation nicht vergleichbar sei, da die verwendeten Schilder von einer französischen Firma und aus Blech hergestellt worden waren. Es leuchtet nicht ein, inwiefern die geografische Herkunft der Fälschung für die Frage der Echtheit relevant sein soll. Das Bundesgericht hielt zudem ausdrücklich fest, BGE 143 IV 515 S. 519 dass die Kontrollschilder Fälschungen waren, weil sie - wie vorliegend auch - nicht von der zuständigen Behörde herausgegeben wurden. Die Qualifikation als Fälschung war im Übrigen unbestritten. 1.3 1.3.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Bestrafung wegen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern im Sinne von Art. 97 SVG setze u.a. eine bewusste Täuschungshandlung voraus. Diese sei durch die Montage der Schilder gegeben. Wer jedoch bloss mit einem Fahrzeug mit falschen Kontrollschildern auf öffentlichen Strassen herumfahre, ohne vorher die Schilder am Fahrzeug angebracht zu haben, begehe keine aktive Täuschungshandlung, habe die Schilder folglich nicht missbräuchlich verwendet i.S.v. Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG und sei daher nicht strafbar. 1.3.2 Die Begründung des Beschwerdeführers überzeugt nicht. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, müssen die Kontrollschilder an einem Fahrzeug angebracht und im Fahr- oder ruhenden Verkehr auf öffentlichen Strassen eingesetzt werden, damit sie als verwendet im Sinne des Gesetzes gelten und der objektive Tatbestand erfüllt ist. Dies ergibt sich aus dem Geltungsbereich des SVG sowie aus der allgemeinen Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 SVG , wonach Motorfahrzeuge und ihre Anhänger nur mit Fahrzeugausweis und Kontrollschildern in Verkehr gebracht werden dürfen (BÄHLER, a.a.O., N. 26 zu Art. 97 SVG ). Der Vorinstanz ist zuzustimmen, dass die Montage der gefälschten Kontrollschilder am Fahrzeug als aktive Täuschungshandlung für die Erfüllung des Tatbestandes nicht vorausgesetzt ist. Wer das gefälschte Kennzeichen verwendet, ob der Fälscher selber oder ein Dritter, ist unerheblich. Entscheidend ist die Verwendung der gefälschten Schilder im Strassenverkehr. Würde der Auffassung des Beschwerdeführers gefolgt, wäre der Täter, der die falschen Schilder im öffentlichen Verkehr benutzt, immer für beide Tatbestände gleichzeitig zu bestrafen; es könnte nie zwei unterschiedliche Täter geben, was die Trennung in zwei verschiedene Tathandlungen bzw. Tatbestände obsolet machen würde. Der Beschwerdeführer hat die gefälschten Schilder zudem verwendet, indem er das damit ausgestattete Fahrzeug im Verkehr führte. Die Schilder waren am Auto angebracht, da sie hinten mit Klebeband montiert und vorne hinter die Windschutzscheibe platziert wurden. Er handelte vorsätzlich, zumal unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer die Kopien anfertigen und anbringen liess, weil er die echten Schilder in der Firma in Kloten lassen musste und keine Ersatzschilder mitgenommen hatte. Er wusste, dass die Schilder Kopien waren. BGE 143 IV 515 S. 520 Im Übrigen wäre eine Täuschungshandlung ebenfalls zu bejahen. Das Anbringen der Schilder geschah offenkundig in der Absicht, diese als echt erscheinen zu lassen, daher die exakte Kopie. Daran ändert nichts, dass die Kopie auf den zweiten Blick als solche zu erkennen war, wurde sie doch nur für eine einzige Fahrt angefertigt. Entgegen seinem Einwand hat der Beschwerdeführer mit der Verwendung falscher Schilder auch die Sicherheit im Strassenverkehr gefährdet, namentlich mögliche Rechte anderer Verkehrsteilnehmer (wie etwa Haftpflichtansprüche). 1.4 Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, indem sie die Erfüllung des Tatbestands von Art. 97 Abs. 1 lit. f SVG bejaht. Der angefochtene Entscheid ist rechtens.
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42b7dd43-300d-4192-88b8-4ab18c0f68f6
Sachverhalt ab Seite 90 BGE 146 II 89 S. 90 A. A. (1960, Portugiese) arbeitete in den Jahren 1995 bis 2004 als Saisonnier in der Schweiz. Am 28. September 2004 wurde ihm eine fünfjährige Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA erteilt, welche in der Folge zweimal verlängert wurde. Am 21. November 2014 ersuchte A. erfolglos um Erteilung einer Niederlassungsbewilligung EU/EFTA. Es wurde ihm hingegen seine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA bis zum 13. Februar 2017 verlängert. Seit dem 23. Februar 2015 erhält A. finanzielle Unterstützung durch das Sozialamt. Seit dem Juni 2015 arbeitet er zu 50 % bei der B. AG, einer sozialen Einrichtung für langfristig Arbeitslose. Am 26. Juli 2016 wurde sein Gesuch um eine IV-Rente abgelehnt, mit der Begründung, dass er in einer angepassten Tätigkeit voll arbeitsfähig sei. B. Am 24. Juli 2017 lehnte das Amt für Migration des Kantons Luzern ab, A. die Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA zu verlängern. Gegen diese Verfügung erhob er am 24. August 2017 Verwaltungsbeschwerde beim Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, welches diese am 19. Juli 2018 abwies und A. aufforderte, die Schweiz bis zum 8. Oktober 2018 zu verlassen. Gegen den Entscheid des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern vom 19. Juli 2018 erhob A. am 20. August 2018 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Kantonsgericht Luzern, welches diese am 13. Dezember 2018 abwies. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht beantragt A., das Urteil der kantonalen Vorinstanz vom 13. Dezember 2018 sei aufzuheben und in Gutheissung der Beschwerde seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern und das Staatssekretariat BGE 146 II 89 S. 91 für Migration (SEM) haben sich innert angesetzter Frist nicht vernehmen lassen. Mit Verfügung vom 6. Februar 2019 hat das präsidierende Abteilungsmitglied der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung beigelegt. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die Feststellung der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe seine Arbeitnehmereigenschaft verloren und auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA (Freizügigkeitsabkommen; SR 142.112.681) kein Aufenthaltsrecht mehr in der Schweiz, wird durch den Beschwerdeführer zu Recht nicht bestritten. Streitig ist hingegen, ob er ein Verbleiberecht gestützt auf Art. 4 Anhang I FZA besitzt, wobei im Zentrum der rechtlichen Auseinandersetzung die Auslegung des Begriffs der dauernden Arbeitsunfähigkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Bst. b Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben (ABl. L 142 vom 30. Juni 1970 S. 24) steht, auf welchen Art. 4 Abs. 2 Anhang I FZA verweist. 4.1 Die Vorinstanz hat gestützt auf die Feststellung der IV-Stelle Luzern, der Beschwerdeführer sei zu 100 % in einer angepassten Tätigkeit arbeitsfähig, ein Verbleiberecht verneint. Sie ging dabei davon aus, dass bei der Abklärung, ob eine dauernde Arbeitsunfähigkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Bst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 vorliege, auch zumutbare Tätigkeiten in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt werden dürfen (nachfolgend "Verweistätigkeiten"). 4.2 Der Beschwerdeführer rügt, dass eine solche Auslegung Art. 4 Anhang I FZA verletze. Die genannte Bestimmung müsse eng ausgelegt werden, d.h. die Arbeitsunfähigkeit dürfe ausschliesslich bezogen auf den angestammten Beruf des Beschwerdeführers beurteilt werden. Unter Arbeitsunfähigkeit werde generell die medizinisch begründete Unfähigkeit, eine bestimmte Tätigkeit in einem bestimmten zeitlichen und funktionellen Umfang auszuüben, bezeichnet. Der Begriff dürfe insofern nicht dem Begriff der "Erwerbsunfähigkeit" gleichgesetzt werden, der eine allgemeine Beeinträchtigung der BGE 146 II 89 S. 92 Erwerbsmöglichkeiten ausdrücke, welche sich auf die bisherige Tätigkeit als auch auf andere zumutbare Tätigkeiten beziehe. Hätte der Gesetzgeber (recte Vertragsparteien) auch Verweistätigkeiten einschliessen wollen, so hätte er dies explizit getan. Auch eine teleologische Interpretation führe zu keinem anderen Resultat, da eine echte Freizügigkeit voraussetze, dass ein Verbleiberecht auch bei unfreiwilliger Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf weiterbestehe. 4.3 Das Freizügigkeitsabkommen ist gestützt auf die völkerrechtliche Methodik nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen (vgl. Art. 31 ff. des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge [VRK; SR 0.111]; vgl. BGE 139 II 393 E. 4.1.1. S. 397 mit Hinweisen). Gemäss Art. 16 Abs. 2 FZA ist für die Anwendung des Freizügigkeitsabkommens - soweit für die Anwendung des Abkommens Begriffe des Unionsrechts herangezogen werden - die einschlägige Rechtsprechung des EuGH vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung (21. Juni 1999) massgebend. Da es Ziel des Abkommens ist, die Freizügigkeit auf der Grundlage der in der Europäischen Union geltenden Bestimmungen zu verwirklichen (Präambel), und die Vertragsstaaten übereingekommen sind, in den vom Abkommen erfassten Bereichen alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, damit in ihren Beziehungen eine möglichst parallele Rechtslage besteht ( Art. 16 Abs. 1 FZA ), hat das Bundesgericht in inzwischen ständiger Rechtsprechung entschieden, von der Auslegung abkommensrelevanter unionsrechtlicher Bestimmungen durch den EuGH nach dem Unterzeichnungsdatum nur bei Vorliegen "triftiger" Gründe abzuweichen ( BGE 142 II 35 E. 3.1 S. 38; BGE 140 II 112 E. 3.2 S. 117; BGE 136 II 364 E. 5.3 S. 372). 4.4 Bislang besteht keine Rechtsprechung des EuGH zum streitbetroffenen Begriff. Seine Interpretation erfolgt insofern in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Auslegungsmethoden. Insoweit der Beschwerdeführer folgert, der Wortlaut sei klar und nicht interpretationsbedürftig, kann ihm nicht gefolgt werden. Wenn der Begriff der Arbeitsunfähigkeit zwar in vielen Bereichen arbeitsplatzbezogen ausgelegt wird, so ist dies nicht immer der Fall. So bestimmt beispielsweise Art. 6 Abs. 2 ATSG (SR 830.1), dass bei Arbeitsunfähigkeit von langer Dauer auch zumutbare Tätigkeiten in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich zu berücksichtigen sind. BGE 146 II 89 S. 93 Von langer Dauer wird in der Regel dann gesprochen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als sechs Monate dauert (vgl. dazu UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, N. 74 zu Art. 6 ATSG ). Damit kommt zum Ausdruck, dass die bisherige Tätigkeit nur solange der Massstab für die Arbeitsunfähigkeit sein kann, als von der versicherten Person "vernünftigerweise nicht verlangt werden" kann, ihre restliche Arbeitsfähigkeit in einem anderen Berufszweig zu verwerten ( BGE 114 V 281 E. 1d). Dies ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes der den Versicherten obliegenden Schadenminderungspflicht im Sozialversicherungsrecht (HANS-JAKOB MOSIMANN, in: AHVG/IVG Kommentar, Frey/Mosimann/Bollinger [Hrsg.], 2018, N. 6 zu Art. 6 ATSG ). Über den Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 Bst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 hinaus ist insofern die wahre Tragweite des Begriffs der "dauernden Arbeitsunfähigkeit" zu eruieren. 4.5 Aus systematischer Warte ist festzuhalten, dass der Verbleibeanspruch je nachdem, welches der Grund für die dauernde Arbeitsunfähigkeit ist, eine Karenzfrist von zwei Jahren oder keine solche vorsieht. Besteht dieser in einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit, auf Grund derer ein Anspruch auf Rente entsteht, so entfällt die Voraussetzung eines vorgängigen zweijährigen Aufenthaltes (Art. 2 Abs. 1 Bst. b Satz 2 der Verordnung [EWG] Nr. 1251/70). In Auslegung dieser Bestimmung hat das Bundesgericht festgehalten, dass bei der Beurteilung der dauernden Arbeitsunfähigkeit in der Regel auf die Abklärungen und die Beurteilung der zuständigen IV-Stelle abzustellen sei. Nur wenn die IV-rechtliche Ausgangslage als Vorfrage zum Bewilligungsentscheid klar und eindeutig erscheint, könne die Migrationsbehörde über die Frage befinden, ohne den Entscheid der IV-Behörde abzuwarten ( BGE 141 II 1 E. 4.2.1). Im Urteil 2C_ 1034/2016 vom 13. November 2017 hat das Bundesgericht zudem klargestellt, dass eine von der IV-Stelle attestierte Fähigkeit zur Ausübung einer angepassten Tätigkeit der Annahme einer dauernden Arbeitsunfähigkeit entgegenstehe (Urteile 2C_1034/2016 vom 13. November 2017 E. 4.1 und 4.3; 2C_545/2015 vom 14. Dezember 2015 E. 4.2). 4.6 An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Zwar wird in der Literatur ein enger Begriff der Arbeitsunfähigkeit vertreten, insbesondere weil Art. 2 Abs. 1 Bst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 auf die Arbeitsunfähigkeit und nicht auf den Invaliditätsgrad Bezug nimmt (vgl. Marc Spescha in: Migrationsrecht, Spescha und andere BGE 146 II 89 S. 94 [Hrsg.], 5. Aufl. 2019, N. 5 zu Art. 4 Anhang I FZA ; Klaus Dienelt, in: Kommentar Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, N. 43 ff. zu Art. 4a FreizügG/EU). Dies ist jedoch abzulehnen. In Analogie zum Sozialversicherungsrecht, das bei der Beurteilung lang andauernder Arbeitsunfähigkeit auch zumutbare Tätigkeiten in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt, ist ein Verbleibeanspruch gestützt auf Art. 2 Abs. 1 Bst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 zu verneinen, wenn keine gesundheitlichen Gründe den Wanderarbeitnehmer hindern, einer angepassten Arbeit nachzugehen. 4.7 Gegen eine enge Auslegung des Begriffs der "dauernden Arbeitsunfähigkeit" sprechen insbesondere auch teleologische Gründe. Zu Recht hält die Vorinstanz fest, dass das Freizügigkeitsabkommen den Wanderarbeitnehmern, die in ihrem angestammten Berufsfeld nicht mehr arbeiten können, nicht ein allgemeines Verbleiberecht einräumt. Ein Ausländer, welcher gestützt auf sein Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmer in die Schweiz kommt, kann nicht davon ausgehen, in der Schweiz immer die gleiche Arbeit verrichten zu können. 4.8 Ein auf eine enge Auslegung des Begriffs der dauernden Arbeitsunfähigkeit beruhendes Verbleiberecht kann auch nicht dem in Art. 2 FZA verankerten Grundsatz der Nichtdiskriminierung entnommen werden. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts verbietet Art. 2 FZA nicht generell und absolut jede Ungleichbehandlung von Staatsangehörigen einer der Vertragsparteien, die sich im Hoheitsgebiet der anderen Partei aufhalten (Urteil 2C_150/2016 vom 22. Mai 2017 E. 4.2.3). Wenn auch das Verbleiberecht ein wichtiger Bestandteil der Ausübung der Personenfreizügigkeit darstellt, insofern es dem sozialen Bedürfnis der Wanderarbeitnehmer entspricht, nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben im gewohnten Lebensumfeld verbleiben zu können, so gilt dieses nicht schrankenlos (vgl. Christina Schnell, Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Schweiz, 2010, S. 160 f.). 4.9 Zu berücksichtigen gilt es unter anderem auch, dass wer sich auf ein Verbleiberecht berufen kann, seine als Arbeitnehmer erworbenen Rechte behält und insbesondere auch Anspruch auf Sozialhilfe hat ( BGE 144 II 121 E. 3.2 S. 125; BGE 141 II 1 E. 4.1 S. 11). Wenn der Begriff der dauernden Arbeitsunfähigkeit arbeitsplatzbezogen ausgelegt würde, hätte dies zur Folge, dass Wanderarbeitnehmer, die unfähig sind, im angestammten Beruf weiterzuarbeiten, grundsätzlich nach spätestens zwei Jahren einen zeitlich unbegrenzten Anspruch BGE 146 II 89 S. 95 auf Sozialhilfe in der Schweiz erwerben, wenn sie die Voraussetzungen hierfür erfüllen. Das ist aber nicht der Sinn der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Dieser besteht in der Integration in den hiesigen Arbeitsmarkt, begründet jedoch keinen Anspruch auf Ausübung einer bestimmten Tätigkeit. Der Vorinstanz ist insofern zuzustimmen, dass dem Wanderarbeiter zugemutet werden kann, dass er sich um eine angepasste Arbeit bemüht, wenn es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist, seine bisherige Tätigkeit auszuüben. 4.10 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Vorinstanz Art. 4 Anhang I FZA nicht verletzt hat, indem sie ein Verbleiberecht des Beschwerdeführers gestützt darauf verneinte, dass die IV-Stelle seine hundertprozentige Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit bestätigt hatte.
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Sachverhalt ab Seite 250 BGE 132 III 249 S. 250 A. X. (Kläger, Berufungskläger und Zivilkläger) spazierte am 17. Dezember 2000, um 17.20 Uhr, entlang der rechten Seite der A.-strasse in Richtung B. Ihm folgte der Zeuge C. Im Bereich der D. näherte sich der von E. kommende und auf der A.-strasse nach B. fahrende Y. (Beklagter, Berufungsbeklagter und Angeklagter) in seinem Personenwagen. Er erfasste mit seinem Fahrzeug den Zivilkläger, der bei dieser Kollision schwer verletzt wurde. Der Angeklagte hatte den Zivilkläger nicht gesehen und vorerst angenommen, er habe einen Pfosten gerammt. Am 29. Mai 2002 sprach das Bezirksgericht Aarau den Angeklagten schuldig in folgenden Punkten: der fahrlässigen schweren Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 2 StGB ; der fahrlässigen Führerflucht nach Verkehrsunfall mit Verletzten gemäss Art. 55 Abs. 1 VRV und Art. 51 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 92 Abs. 2 SVG und Art. 100 Ziff. 1 SVG ; des Führens eines Personenwagens in nicht betriebssicherem Zustand gemäss Art. 29 in Verbindung mit Art. 93 Ziff. 2 SVG und Art. 57 Abs. 1 VRV
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Ein schuldunfähiger Beschuldigter kann sich nicht auf einen Sachverhaltsirrtum nach Art. 13 StGB berufen, wenn seine irrige Vorstellung über die tatsächlichen Verhältnisse auf seine zur Schuldunfähigkeit führende psychische Erkrankung zurückgeht (E. 1.4). Sachverhalt ab Seite 194 BGE 147 IV 193 S. 194 A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen wirft A. zusammengefasst den folgenden Sachverhalt vor: Nachdem er im Jahr 2008 nach einem Verkehrsunfall vergeblich versucht hatte, Versicherungsgelder von der B. Versicherung und der C. zu erhalten, wandte sich A. ca. Anfang Juli 2017 erneut an die B. Versicherung und machte Ansprüche aus einer Ferien- und Reisegepäckversicherung geltend. Zu diesem Zweck besuchte er zweimal die Filiale der B. Versicherung an der U. in Schaffhausen. Dabei eröffneten ihm die Mitarbeitenden der Versicherung, dass er wegen nicht bezahlter Versicherungsprämien keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen habe. A. beschlich derweil das Gefühl, die Mitarbeitenden der B. Versicherung hätten bei bzw. nach diesen Besuchen angefangen, mit "Geistkräften" auf ihn einzuwirken bzw. ihn damit anzugreifen. Diese Einwirkung von "Geistkräften" erlangte für ihn am Sonntagabend, 23. Juli 2017, den Höhepunkt, als er glaubte, beinahe sterben zu müssen. Am Tag darauf, um ca. 9.00 Uhr, hielt A. sich am Bahnhof in Schaffhausen auf. Er hatte einen Rucksack, eine weisse Umhängetasche und einen schwarzen Sack dabei, in dem er eine Motorsäge mit sich führte. Damit begab er sich zur Filiale der B. Versicherung an der U., wo er um ca. 10.30 Uhr eintraf. Dort nahm er die Motorsäge aus dem Sack, liess sie laufen und betrat die Büroräumlichkeiten im 2. Obergeschoss, wo sich D., Mitarbeiter der B. Versicherung, an seinem Schreibtisch im Hauptbüro sitzend auf ein Kundengespräch vorbereitete. In einem der beiden an das Hauptbüro angrenzenden Besprechungsräume führte E., ebenfalls ein Mitarbeiter der B. Versicherung, mit geschlossener Türe ein Beratungsgespräch mit zwei Kunden durch. A. ging mit der laufenden, auf Höhe Oberkörper gehaltenen Motorsäge bestimmt, zügig und mit starrem, "gläsernem'' Blick auf D. zu, worauf dieser vom Stuhl aufsprang, zu schreien begann, mit den Händen herumfuchtelte und zum Schutz seines Kopfes den rechten Arm hob. Daraufhin verletzte ihn A. mit der Motorsäge am Handrücken. Weiter verletzte er D. am Hinterkopf und an der Schläfe. Da D. während des Angriffs permanent laut "nei, nei, nei" schrie, öffnete E. die Bürotüre. Er sah den blutenden D., halb kniend hinter dessen Bürostuhl, einen Arm zum Schutz hochhaltend und A., die laufende Kettensäge nach unten auf Kopfhöhe von D. haltend. E. rief dem ihm den Rücken zudrehenden A. - um ihn von D. BGE 147 IV 193 S. 195 abzulenken - "he, he, he" zu und begab sich in die Mitte des Hauptbüros. A. wandte sich sogleich von D. ab, ging mit erhobener, laufender Motorsäge in den Händen auf E. zu und versuchte zweimal, ihn zu treffen. E. gelang es beide Male, der von A. in einer Bogenbewegung von links über dem Kopf nach rechts unten geführten Motorsäge auszuweichen. Daraufhin begab er sich in den hinteren Teil des Hauptbüros. A. folgte ihm, so dass sich E. in einer "Sackgasse" befand. Um sich in Sicherheit zu bringen, hechtete er mit einem Sprung über einen Korpus Richtung Eingangstüre. Dabei verletzte ihn A. mit der laufenden Motorsäge im Bereich der rechten Brustkorbrückseite und am rechten Oberschenkel. E. prallte mit der linken Gesichtshälfte und dem linken Arm auf dem Boden auf, stand auf und rannte unmittelbar hinter D., der sich in der Zwischenzeit ebenfalls zur Eingangstüre begeben hatte, die Treppe hinunter. Anschliessend konnten sich die beiden im gleichen Gebäude im F.-Laden in Sicherheit bringen. A. verliess mit der Motorsäge und seinen anderen Sachen die Liegenschaft, begab sich zum Bahnhof und fuhr mit dem Zug nach V., wo er am folgenden Tag festgenommen wurde. Bei der Festnahme führte er in einer Coop-Tasche zwei mit je 16 cm langen Pfeilen geladene Armbrüste und diverses Zubehör mit sich, da er Angst vor Menschenhändlern hatte, die ihn angeblich verschleppen wollten. A. wurde mit forensisch-psychiatrischem Gutachten vom 15. Februar 2018 eine schwere chronifizierte paranoid-halluzinatorische Schizophrenie diagnostiziert. B. Mit Urteil vom 11. September 2019 hielt das Kantonsgericht Schaffhausen den Anklagesachverhalt für erstellt und fest, dass A. den Tatbestand der mehrfachen versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB im Zustand der nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit erfüllt habe. Hierfür ordnete es eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB an. C. Mit Urteil vom 26. Mai 2020 wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen die von A. gegen das erstinstanzliche Urteil erhobene Berufung ab. D. Dagegen führt A. Beschwerde in Strafsachen vor Bundesgericht. Er beantragt, es sei der angefochtene Berufungsentscheid aufzuheben und festzustellen, dass er keine mehrfache versuchte Tötung im Sinne von Art. 111 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB im Zustand der nicht BGE 147 IV 193 S. 196 selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit begangen habe. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung und allenfalls zur Einholung eines Ergänzungsgutachtens zu seinem psychiatrischen Zustand zum Tatzeitpunkt an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Auf die Einholung von Vernehmlassungen wurde verzichtet. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (...) 1.4 1.4.1 Das Gesetz umschreibt den Begriff der "irrigen Vorstellung" in Art. 13 Abs. 1 StGB nicht weiter. Der französische Gesetzestext spricht von einer "appréciation erronée", das heisst von einer falschen, irrigen Einschätzung oder Beurteilung. Im italienischen Gesetzestext ist die Rede von einer "supposizione erronea", also einer falschen, irrigen Vorstellung resp. Annahme. Auch die bundesrätliche Botschaft definiert den Sachverhaltsirrtum als "fehlerhafte Vorstellung über die tatsächlichen Gegebenheiten" (Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, BBl 1999 2003 Ziff. 212.22). Mit anderen Worten geht der Irrende von einer Sachlage aus, die in der Realität so nicht existiert. Über die Gestalt oder den Ursprung dieser Fehlvorstellung schweigen sich sowohl das Gesetz wie auch die Materialien aus. 1.4.2 Dem Beschwerdeführer ist insoweit zuzustimmen, als auch in der Lehre mitunter ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass der Gesetzestext von Art. 13 Abs. 1 StGB zu den Ursachen des Irrtums keine Aussagen treffe. Das bedeute, dass ein rechtlich relevanter Irrtum jedenfalls nicht a priori deshalb ausscheide, nur weil er seine Grundlage in einer wahnhaften Vorstellung des Täters finde (so THOMMEN/HABERMEYER/GRAF, Tatenlose Massnahmen?, sui generis 2020 S. 334 Rz. 26). Wenn die Ursachen des Irrtums aber unerheblich wären, bedeutete dies nach dieser Lehrmeinung, dass ein schizophrener Täter nach Art. 13 Abs. 1 StGB zu seinen Gunsten so gestellt werden müsste, wie wenn eine Angriffssituation vorgelegen BGE 147 IV 193 S. 197 hätte. Unter der Voraussetzung, dass die Abwehrhandlung des vermeintlich Bedrohten die Grenzen der Notwehr wahrt (Art.?15 StGB), hätte die Anwendung von Art.?13 Abs.?1 StGB schliesslich zur Folge, dass der Wahntäter gerechtfertigt und freizusprechen wäre (THOMMEN/HABERMEYER/GRAF, a.a.O., S. 334 Rz. 27). 1.4.3 Die gleichen Autoren weisen aber auch auf die deutsche Rechtsprechung betreffend krankheitsbedingte Irrtümer hin (THOMMEN/HABERMEYER/GRAF, a.a.O., S. 335 Rz. 37). Der dieser Rechtsprechung zugrunde liegende § 63 des deutschen Strafgesetzbuchs ist mit Art. 19 Abs. 3 i.V.m. Art. 59 des schweizerischen Strafgesetzbuchs vergleichbar. Im Urteil 1 StR 510/52 vom 11. November 1952, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1953 S. 111, führte der deutsche Bundesgerichtshof aus, dass Vorstellungsausfälle, die durch die Geisteskrankheit bedingt seien, nur die Verantwortlichkeit des Beschuldigten beeinträchtigten, jedoch nicht dazu führten, dass die sonst vorhandenen inneren Tatbestandsmerkmale verneint werden müssten. An dieser Rechtsprechung hielt der Gerichtshof im Urteil 5?StR 199/ 57 vom 9. Juli 1957, in: NJW 1957 S. 1484, fest, indem er ausführte, ein Irrtum, der durch dieselbe geistige Erkrankung des Beschuldigten bedingt sei, auf der auch seine Zurechnungsunfähigkeit beruhe, schliesse die Annahme einer tatbestandsmässigen Handlung nicht aus. Diese Rechtsprechung wurde in jüngeren Entscheiden bestätigt (Beschlüsse des Bundesgerichtshofs 3 StR 344/11 vom 11. Oktober 2011, in: Online-Zeitschrift für Strafrecht [HRRS] 2011 Nr. 1240; 1 StR 327/03 vom 27. August 2003, in: Neue Zeitschrift für Strafrecht, Rechtsprechungs-Report Strafrecht [NStZ-RR] 2004 S. 10). Danach ist zwischen allgemeinen und krankheitsbedingten Fehlvorstellungen zu differenzieren. Irrtümer, die ihren Grund in der für die Schuldfähigkeit relevanten Pathologie haben, sind nicht zugunsten des Täters zu berücksichtigen und schliessen die Tatbestandsmässigkeit seines Handelns somit nicht aus. Begründet wird dies namentlich mit dem Schutzgedanken von § 63 des deutschen Strafgesetzbuchs. In der deutschen Lehre wird dazu ausgeführt, wenn krankheitsbedingte Irrtümer zur Verneinung der Anwendbarkeit der Norm führen würden, würde ihr Schutzgedanke versagen und der mit ihr verfolgte Zweck gerade in den Fällen vereitelt, in denen sich der abnorme Zustand des Täters besonders gefährlich erweise, weil er ihm die Erkenntnis der Gemeinschädlichkeit seines Handelns verwehre (HEINZ SCHÖCH, in: Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2008, N. 46 zu § 63 StGB ). Der Schutz vor gefährlichen BGE 147 IV 193 S. 198 Tätern bleibt gemäss deutscher Auffassung beispielsweise dann geboten, wenn ein unter krankhaftem Verfolgungswahn Leidender harmlose Personen völlig unbegründet für Angreifer hält und sie in vermeintlicher Notwehr tötet oder verletzt (THOMAS FISCHER, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 67. Aufl. 2020, N. 7 zu § 63 StGB ; JÖRG KINZIG, in: Strafgesetzbuch, Kommentar, 30. Aufl. 2019, N. 9 zu § 63 StGB ). Unerheblich ist, ob es sich um einen Tatbestandsirrtum oder um einen Irrtum über Rechtfertigungsgründe handelt (JÖRG KINZIG, a.a.O., N. 9 zu § 63 StGB ). 1.4.4 Auch der eidgenössische Gesetzgeber verfolgte bei der Neuregelung des Massnahmenrechts ausdrücklich das Ziel, die öffentliche Sicherheit und damit den Schutz vor gefährlichen psychisch kranken Straftätern zu verstärken. In Art. 19 Abs. 3 StGB sah er deshalb die Möglichkeit vor, auch gegenüber einem schuldunfähigen Täter strafrechtliche Massnahmen anzuordnen, wo dies im Einzelfall sinnvoll erscheint (BBl 1999 2068 f. Ziff. 213.4). Gleichzeitig entspricht es der Konzeption des Gesetzes, pathologische Zustände, die zu einer verzerrten Wahrnehmung der Wirklichkeit führen, nur auf der Ebene der Schuld und nicht auf der Ebene der Tatbestandsmässigkeit oder der Rechtfertigung zu berücksichtigen. Eine allfällige Schuldunfähigkeit wirkt sich folglich nicht auf die Tatbestandsmässigkeit, sondern einzig auf die Vorwerfbarkeit des Verhaltens (Verschulden) aus (vgl. Urteile 6B_1363/2019 vom 19. November 2020 E. 1.2.1; 6B_366/2014 vom 23. April 2015 E. 1.3.2). Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass die vom Strafrecht vorgesehenen, therapeutischen Massnahmen gerade dort nicht greifen könnten, wo ein gefährlicher Täter krankheitsbedingt an besonders schweren wahnhaften Vorstellungen resp. Störungen der Realitätskontrolle leidet und ein entsprechend hoher Therapiebedarf besteht. Dies entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. 1.4.5 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung lässt rein subjektive Vorstellungen von Angriffen denn auch nicht ohne weiteres genügen: Der vermeintlich Angegriffene oder Bedrohte muss vielmehr Umstände nachweisen, die bei ihm den Glauben erwecken konnten, er befinde sich in einer tatsächlichen Notwehrlage. Die blosse Vorstellung von der Möglichkeit eines Angriffs oder einer unmittelbaren Bedrohung genügt nach der Rechtsprechung nicht zur Annahme, dass er in Putativnotwehr gehandelt habe ( BGE 93 IV 81 E. b; 44 II 152 ; Urteile 6B_569/2018 vom 20. März 2019 E. 3.5.4; 6B_789/2018 vom 21. Januar 2019 E. 2.4; 6P.76/2005 vom 15. November 2005 E. 5.3; je mit Hinweisen). BGE 147 IV 193 S. 199 1.4.6 In Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung bietet der vorliegende Fall nun auch Anlass, krankheitsbedingte von gewöhnlichen Irrtümern zu unterscheiden: Der (psychisch) gesunde Irrende hat eine Fehlvorstellung über die Wirklichkeit. Gemeint ist damit die insoweit "objektive", da von allen gesunden Personen übereinstimmend wahrnehmbare Wirklichkeit. Für eine - wie hier - an Schizophrenie leidende Person ist bereits diese "objektive" Wirklichkeit so nicht wahrnehmbar. Kranheitsbedingt hat sie eine eigene, subjektive Wirklichkeit (Eigenwirklichkeit), die nicht mehr kritisch hinterfragt werden kann. Aus psychiatrischer Sicht ist die Rede vom Irrtum bei ihr deshalb bereits phänomenologisch verfehlt (THOMMEN/HABERMEYER/GRAF, a.a.O., S. 336 Rz. 40). Das kann nun aber auch strafrechtlich nicht anders sein: Es entspricht dem Konzept der Strafrechtsordnung, als Normalfall von einem Individuum auszugehen, das in der Lage ist, die Gebote und Verbote des Strafrechts zu erkennen und sein Verhalten danach auszurichten (FELIX BOMMER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 4. Aufl. 2019, N. 16 zu Vor Art. 19 StGB ). Wer folglich aufgrund einer psychischen Krankheit "irrt", irrt - wie bereits die Vorinstanz zutreffend ausführt - nicht im Sinne des Art. 13 Abs. 1 StGB . Die irrige Annahme eines schuldunfähigen Beschuldigten, die bei einem geistig gesunden Täter einen Sachverhaltsirrtum darstellen würde, ist mithin unbeachtlich, wenn sie auf die zur Schuldunfähigkeit führende Erkrankung des Beschuldigten zurückgeht.
de
b6be1248-bd1a-4743-b755-46d45cc26441
Sachverhalt ab Seite 314 BGE 142 II 313 S. 314 A. Bundeshausredaktor A. ersuchte am 18. April 2012 die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) um Einsicht in die Liste der Anzahl von Amtshilfegesuchen im Steuerbereich, aufgeschlüsselt nach den gesuchstellenden Staaten. Am 7. Mai 2012 gab die Steuerverwaltung A. unter Hinweis auf eine mögliche Gefährdung der aussenpolitischen Interessen bzw. der internationalen Beziehungen der Schweiz einen ablehnenden Bescheid. A. beantragte daraufhin beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ein Schlichtungsverfahren. Am 12. Februar 2014 sprach dieser die Empfehlung aus, den Zugang zur verlangten Statistik zu erteilen, wobei die betroffenen Staaten vorgängig in angemessener Weise darüber zu informieren seien, sofern die Steuerverwaltung dies als notwendig erachte. Mit Verfügung vom 13. März 2014 verweigerte die Steuerverwaltung A. den Zugang zur verlangten Statistik und entschied gleichzeitig, dass im Anhang zu den allgemeinen Statistiken eine Liste der aus Sicht der Schweiz wichtigsten Amtshilfegesuchsteller, in der Reihenfolge ihrer Bedeutung, publiziert werden könne, um dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit zu entsprechen. In diesem Sinne teilte die Steuerverwaltung A. am 4. April 2014 per Mail mit, dass die Schweiz im Jahr 2013 1'386, 2012 1'499 und 2011 370 Amtshilfegesuche erhalten habe, dass in diesen drei Jahren Indien, Frankreich, die Niederlande und Spanien in dieser Reihenfolge am meisten Einzelgesuche gestellt hätten und dass auch die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) wegen der von ihnen eingereichten Gruppengesuchen zu den wichtigsten Amtshilfegesuchstellern zu zählen seien. B. Gegen die Verfügung vom 13. März 2014 erhob A. Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses wies die Beschwerde am BGE 142 II 313 S. 315 30. April 2015 ab, wobei es eine Veröffentlichung der fraglichen Amtshilfedaten auch nach einer allenfalls vorgängig eingeholten Zustimmung eines Staates ablehnte. C. Mit Beschwerde vom 2. Juni 2015 an das Bundesgericht beantragt A., sinngemäss unter Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, den Zugang zur verlangten Amtshilfestatistik, aufgelistet nach Ländern, zu gewähren. Die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV schliesst auf Nichteintreten, eventuell auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf eine Vernehmlassung. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte EDÖB stellt keinen Antrag, hält aber in seinen Ausführungen fest, es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern sich die Verweigerung des Zugangs zur fraglichen rein statistischen Information rechtfertigen lasse, was insbesondere bei Zustimmung eines Staates zur Offenlegung seiner Anzahl Amtshilfegesuche gelte. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Nach Art. 6 Abs. 1 des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 2004 (BGÖ; SR 152.3) hat jede Person das Recht, amtliche Dokumente einzusehen und von den Behörden Auskünfte über den Inhalt amtlicher Dokumente zu erhalten. Mit dem Inkrafttreten des Öffentlichkeitsgesetzes am 1. Juli 2006 wurde der Grundsatz der Geheimhaltung der Verwaltungstätigkeit ("Geheimhaltung mit Öffentlichkeitsvorbehalt") zu Gunsten des Öffentlichkeitsprinzips ("Grundsatz der Öffentlichkeit mit Geheimhaltungsvorbehalt") umgekehrt ( BGE 133 II 209 E. 2.1 S. 212 mit Literaturhinweisen). Der Öffentlichkeitsgrundsatz dient der Transparenz der Verwaltung und soll das Vertrauen der Bürger in die staatlichen Institutionen und ihr Funktionieren fördern; er bildet zudem eine wesentliche Voraussetzung für eine sinnvolle demokratische Mitwirkung am politischen Entscheidfindungsprozess und für eine wirksame Kontrolle der staatlichen Behörden ( Art. 1 BGÖ ; GABOR P. BLECHTA, in: Basler Kommentar, Datenschutzgesetz, Öffentlichkeitsgesetz, 3. Aufl. 2014, N. 4 ff. zu Art. 1 BGÖ ; STEPHAN C. BRUNNER, in: Öffentlichkeitsgesetz, Brunner/Mader [Hrsg.], 2008, N. 5 ff. zu Art. 1 BGÖ ; BGE 133 II 209 E. 2.3.1 S. 213 mit weiteren Literaturhinweisen). Das BGE 142 II 313 S. 316 Transparenzgebot trägt zudem bei zur Verwirklichung der Informationsfreiheit ( Art. 16 BV ) sowie zur Verwaltungsmodernisierung (BRUNNER/MADER, in: Öffentlichkeitsgesetz, 2008, Einleitung N. 8 f.). Es bildet bis zu einem gewissen Grad das Gegenstück zur verfassungsrechtlichen Pflicht des Bundesrates nach Art. 180 Abs. 2 BV zu rechtzeitiger und umfassender Information der Öffentlichkeit über seine Tätigkeit, soweit dem nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen (vgl. STEPHAN C. BRUNNER, Persönlichkeitsschutz bei der behördlichen Information der Öffentlichkeit von Amtes wegen: Ein Leitfaden, ZBl 111/2010 S. 602). Soweit wie hier die Medien Zugang zu behördlichen Informationen suchen, um sie später zu verarbeiten und zu verbreiten, dient das Transparenzgebot schliesslich zumindest indirekt auch der Verwirklichung der Medienfreiheit ( Art. 17 BV ; vgl. dazu auch Art. 10 Abs. 4 lit. a BGÖ und dazu BGE 139 I 114 ; Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015 E. 2.2). 3.2 Nach der Rechtsprechung besteht ein subjektiver, individuell gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Zugang zu den vom Öffentlichkeitsprinzip erfassten Dokumenten ( BGE 133 II 209 E. 2.1 S. 212; vgl. sodann BGE 136 II 399 E. 2.1 S. 401; VPB 2013 Nr. 2 S. 16; BLECHTA, a.a.O., N. 20 ff. zu Art. 1 BGÖ ). Dieses Recht gilt namentlich im Bereich der Bundesverwaltung ( Art. 2 Abs. 1 lit. a BGÖ ). 3.3 Art. 3 BGÖ schliesst bestimmte Dokumente wie insbesondere solche von Verfahren der internationalen Rechts- und Amtshilfe (vgl. Abs. 1 lit. a Ziff. 3 der Bestimmung) vom Geltungsbereich des Transparenzgebots aus. Es ist aber unter den Verfahrensbeteiligten nicht mehr strittig, dass davon einzig konkrete Daten im Einzelfall und nicht allgemeine statistische Angaben, wie sie hier zur Diskussion stehen, erfasst werden. 3.4 Sodann behält Art. 4 BGÖ Spezialnormen anderer Bundesgesetze vor, die bestimmte Informationen als geheim bezeichnen oder abweichende Voraussetzungen für den Zugang zu solchen Informationen vorsehen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung begründete ihren abschlägigen Entscheid unter anderem damit, die Gewährung des Zugangs zu den strittigen Daten könnte gegen Art. 26 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung bzw. der gestützt darauf abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen verstossen. Auch das Bundesverwaltungsgericht setzte BGE 142 II 313 S. 317 sich ausführlich mit dieser Frage auseinander, liess sie dann aber im Ergebnis offen. In der Folge begnügte es sich im Wesentlichen mit der Feststellung, die Veröffentlichung der fraglichen Informationen sei jedenfalls unüblich. Ob die Doppelbesteuerungsabkommen einem Vertragsstaat verbieten, die Anzahl der Amtshilfeersuchen des Partnerstaates bekanntzugeben und ob es sich dabei um einen Fall handeln würde, der unter den Ausnahmetatbestand von Art. 4 BGÖ fiele, braucht nicht mehr näher geprüft zu werden, da die Vorinstanz sich nicht darauf stützte, sich die Verfahrensbeteiligten vor Bundesgericht nicht mehr darauf berufen und die Frage für die Beurteilung des vorliegenden Falles auch nicht entscheidwesentlich ist. 3.5 Das Zugangs- und Auskunftsrecht erstreckt sich auf die amtlichen Dokumente, d.h. auf alle Informationen, die auf einem beliebigen Informationsträger aufgezeichnet sind, sich im Besitz einer Behörde befinden, von der sie stammen oder der sie mitgeteilt worden sind, und die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen, oder die durch einen einfachen elektronischen Vorgang aus aufgezeichneten Informationen erstellt werden können ( Art. 5 BGÖ ). Das Bundesverwaltungsgericht hat insofern entschieden, diese Voraussetzung sei erfüllt, was vor Bundesgericht von keiner Seite mehr bestritten wird. 3.6 Nach Art. 7 BGÖ wird der Zugang zu amtlichen Dokumenten unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert. Die Bestimmung enthält dazu eine Reihe von Ausnahmetatbeständen. Das Verhältnis des Transparenzgebots gemäss dem Öffentlichkeitsgesetz zu solchen besonderen Vertraulichkeitsregeln lässt sich nicht generell festlegen, sondern ist von Fall zu Fall zu ermitteln. Entscheidend ist dafür der Sinngehalt der divergierenden Normen, für den wiederum wesentlich auf deren Zweck zurückzugreifen ist. Abzuwägen sind die sich gegenüberstehenden Interessen im Einzelfall. Massgebliche Kriterien sind etwa: die Funktion oder Stellung der betroffenen Person, die Umstände der ursprünglichen Informationsbeschaffung, der Vertrauensschutz, die Art der betroffenen Daten, das Vorliegen eines besonderen Informationsinteresses der Öffentlichkeit, der Schutz spezifischer öffentlicher Interessen, die Natur der Beziehung zwischen der Verwaltung und dem betroffenen Dritten sowie die Bedeutung der fraglichen Thematik (vgl. die Urteile des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom BGE 142 II 313 S. 318 2. Dezember 2015 E. 2.4 und 1C_74/2015 vom 2. Dezember 2015 E. 4). Liegt ein Ausnahmetatbestand vor, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Interessen an der Geheimhaltung das Transparenzinteresse überwiegen oder ob gegebenenfalls, in Anwendung des Verhältnismässigkeitsprinzips (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV ), ein eingeschränkter Zugang in Frage kommt, etwa durch Anonymisierung, Einschwärzen, Teilveröffentlichung oder zeitlichen Aufschub (vgl. URS STEINEM, in: Basler Kommentar, Datenschutzgesetz, Öffentlichkeitsgesetz, 3. Aufl. 2014, N. 9 ff. zu Art. 7 BGÖ ). Einen Grundsatz, wonach im Zweifel dem Öffentlichkeitsprinzip der Vorrang einzuräumen ist, gibt es genauso wenig wie das umgekehrte Prinzip. Vielmehr ist für jeden einschlägigen Ausnahmetatbestand im Einzelfall anhand der dargelegten Verhältnismässigkeitsprüfung abzuwägen, ob der Transparenz oder der Vertraulichkeit Nachachtung zu verschaffen ist. 4. 4.1 Im vorliegenden Fall ist vor Bundesgericht einzig noch die Tragweite von Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ umstritten. Danach gilt eine Ausnahme vom Öffentlichkeitsprinzip, wenn durch die Gewährung des Zugangs zu amtlichen Dokumenten die aussenpolitischen Interessen oder die internationalen Beziehungen der Schweiz beeinträchtigt werden können ( Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ ). Solches trifft nicht nur im Hinblick auf rein nationale Interessen zu, sondern, mit Blick auf die internationalen Beziehungen der Schweiz, auch auf Informationen, die mit anderen Staaten ausgetauscht werden bzw. von diesen stammen und an denen gegebenenfalls diese ausländischen Staaten ein Geheimhaltungsinteresse haben können (vgl. Botschaft vom 12. Februar 2003 zum BGÖ, BBl 2003 2010 f. Ziff. 2.2.2.1.4). Strittig ist hier, ob die Veröffentlichung der vom Beschwerdeführer verlangten, nach den einzelnen Staaten aufgegliederten Amtshilfestatistik gemäss Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ die aussenpolitischen Interessen oder die internationalen Beziehungen der Schweiz beeinträchtigen kann. Bei diesen gesetzlichen Tatbestandselementen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die den Behörden zwangsläufig einen grossen Interpretationsspielraum belassen, was aufgrund der heiklen Zusammenhänge vom Gesetzgeber durchaus so gewollt ist (vgl. BBl 2003 2009 ff. Ziff. 2.2.2.1.3 f.). Überdies ergibt sich dies aus der französischsprachigen Gesetzesfassung, wo in noch vagerer Form als in der deutschen oder italienischen Sprachversion in Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ die Wortfolge "risque de compromettre" verwendet wird. BGE 142 II 313 S. 319 4.2 Die aussenpolitischen Interessen der Schweiz können beeinträchtigt sein, wenn ein anderer Staat zu veröffentlichende Daten zum Nachteil der Schweiz ausnützen könnte. Insbesondere sollen durch eine allfällige Publikation von Informationen die aktuellen und künftigen Verhandlungspositionen der Schweiz nicht geschwächt werden (vgl. Art. 7 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 BGÖ ; dazu etwa BBl 2003 2010 f. Ziff. 2.2.2.1.4; COTTIER/SCHWEIZER/WIDMER, in: Öffentlichkeitsgesetz, Brunner/Mader [Hrsg.], 2008, N. 31 zu Art. 7 und N. 46 zu Art. 8 BGÖ ). Analoges gilt, wenn sich durch die Veröffentlichung bestimmter Daten die Beziehungen zu anderen Staaten oder internationalen Organisationen verschlechtern könnten (BBl 2003 2010 f.; STEINEM, a.a.O., N. 25 zu Art. 7 BGÖ ). Für bestimmte heikle Informationen setzt eine Veröffentlichung aufgrund diplomatischer Usanzen die ausdrückliche Einwilligung des betroffenen anderen Staates voraus (BBl 2003 2010 f. Ziff. 2.2.2.1.4; COTTIER/SCHWEIZER/WIDMER, a.a.O., N. 33 zu Art. 7 BGÖ ). Schliesslich muss die befürchtete Beeinträchtigung bei Offenlegung der Daten erheblich sein und ein ernsthaftes Risiko für deren Eintritt bestehen. Diese Gefahr setzt voraus, dass sich der Nachteil nach dem üblichen Lauf der Dinge und mit hoher Wahrscheinlichkeit ergibt (vgl. COTTIER/SCHWEIZER/WIDMER, a.a.O., N. 4 zu Art. 7 BGÖ ). Beim Risiko der Beeinträchtigung der Verhandlungsposition der Schweiz hat sich diese Gefahr in Übereinstimmung mit den entsprechenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf das kaum je vorhersagbare Verhandlungsergebnis zu beziehen, sondern es muss genügen, dass die Informationen geeignet sind, die Ausgangslage der Schweiz zu schwächen. 4.3 Der Beschwerdeführer beanstandet, dass die Vorinstanz der verhandlungsführenden Behörde bei der Prüfung der aussenpolitischen Interessen, namentlich im Bereich der Diplomatie mit den ihr eigenen Gepflogenheiten und Rücksichtnahmen, einen besonderen Beurteilungsspielraum einräumt. Es liegt in der Natur von Entscheiden politischen und insbesondere aussenpolitischen Gehalts, dass sie der justiziellen Kontrolle nur bedingt zugänglich sind, da sie gerade nicht allein auf rechtlichen, sondern zu einem grossen Teil auf politischen Kriterien beruhen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Entscheid mit gemischtem Charakter: Es geht um eine Rechtsfrage, die über eine nicht unbedeutende aussenpolitische Komponente verfügt. Das führt hier jedoch nicht dazu, dass der Ausschlussgrund gemäss Art. 32 Abs. 1 lit. a VGG (SR 172.32) für die BGE 142 II 313 S. 320 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht bzw. nach Art. 83 lit. a BGG für die Beschwerde an das Bundesgericht greift, denn dafür bräuchte es eine ausschliessliche oder doch zumindest deutlich überwiegende politische Natur des fraglichen Entscheides. Der angefochtene Entscheid richtet sich vorwiegend nach den in Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ enthaltenen rechtlichen Kriterien, doch erscheint die aussenpolitische Komponente der vorinstanzlichen Entscheide durchaus bedeutsam. Dem ist mit einer gewissen Zurückhaltung bei der Überprüfung des Exekutiventscheids durch die gerichtlichen Instanzen Rechnung zu tragen (vgl. BGE 125 II 225 E. 4a S. 228). Diese Zurückhaltung bezieht sich allerdings nicht auf die rechtliche Beurteilung der Streitsache. Erfasst wird einzig die politische Opportunität des Entscheides. Auch dafür gilt jedoch nicht ein völliger Freipass für die Exekutivbehörden, sondern deren Entscheide müssen insgesamt, auch soweit Zurückhaltung geboten ist, zumindest nachvollziehbar sein und haben sachlich zu bleiben. Die Exekutivbehörden müssen ihren Beurteilungsspielraum pflichtgemäss nutzen. Abgesehen von dieser politischen Angemessenheit bleiben die Entscheide von den Gerichten uneingeschränkt überprüfbar, unter Einschluss der Frage, ob und wieweit überhaupt eine politische Komponente besteht und ob der Spielraum pflichtgemäss genutzt wurde. Indem die Vorinstanz der Eidgenössischen Steuerverwaltung als für den Bund federführende Behörde im Bereich der steuerrechtlichen Amtshilfe im vorliegenden Fall bei der Anwendung des Ausnahmetatbestandes von Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ einen gewissen Beurteilungsspielraum in aussenpolitischer und insbesondere diplomatischer Hinsicht eingeräumt hat, verstiess sie mithin nicht gegen Bundesrecht. 4.4 Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich auf die Einschätzung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, wonach ein hohes Risiko der Beeinträchtigung der internationalen Beziehungen der Schweiz bei einer Veröffentlichung der nach Ländern aufgegliederten steuerrechtlichen Amtshilfestatistik bestehe. Eine solche Offenlegung sei, selbst wenn einzelne Staaten wie Frankreich ihre Daten durchaus publizieren würden, nicht standardkonform und unüblich und liefe der im Rahmen der OECD gepflegten Usanz entgegen. Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, die OECD kenne kein Verbot, woraus sich die Zulässigkeit der fraglichen Veröffentlichung ableiten lasse. 4.4.1 Es geht hier nicht um die - offenzulassende (vgl. vorne E. 3.4) - Frage, ob das Recht der OECD ein entsprechendes Verbot BGE 142 II 313 S. 321 vorsieht, sondern einzig darum, ob die Offenlegung der strittigen Informationen sich nachteilig auf die internationalen Beziehungen bzw. auf die Position der Schweiz bei entsprechenden Verhandlungen auszuwirken vermag. Das ist nicht dasselbe. Dabei ist die aussenpolitische Einschätzung der Steuerverwaltung nicht zu beanstanden. Zwar haben einzelne Staaten wie Frankreich und die Niederlande, wie der Beschwerdeführer geltend macht, die Anzahl ihrer an andere Länder gerichteten Gesuche auch schon selbst veröffentlicht; überdies haben die Bundesbehörden in jeweils spezifischem Kontext vereinzelt entsprechende Angaben, etwa im Verhältnis zu Deutschland oder Indien, gemacht. Das bedeutet aber nicht, dass die Offenlegung einer umfassenden Statistik aller Gesuchszahlen die Beziehungen und die Verhandlungsposition der Schweiz im Verhältnis zu anderen Staaten nicht belasten würde. Bei der Frage, wann es allenfalls sinnvoll oder angebracht ist, einzelne Zahlen zu publizieren, handelt es sich um eine Frage der politischen Opportunität, deren Beantwortung in erster Linie den Exekutivbehörden vorbehalten bleiben muss. Dem Bundesrat und der jeweils zuständigen Bundesverwaltungseinheit muss dabei eine politische Steuerungsfunktion zukommen, die eine gewisse Zurückhaltung der Gerichte rechtfertigt. Insbesondere kann es sich aufdrängen, Staaten, welche die Veröffentlichung bestimmter Informationen als weniger heikel beurteilen, auch unterschiedlich als andere zu behandeln. Einzig wenn nur noch die Zahlen eines Landes oder von wenigen Ländern nicht publik sind, erscheint eine besondere und weitergehende Rechtfertigung für die spezifische Zurückhaltung erforderlich. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. 4.4.2 In diesem Zusammenhang ist es auch nicht unzulässig, mit dem Bundesverwaltungsgericht die aussenpolitisch angespannte Situation im Bereich der Steueramtshilfe mitzuberücksichtigen, wie das die Vorinstanz tut und der Beschwerdeführer zu Unrecht beanstandet. Wieweit in einem solchen Umfeld die Publikation von entsprechenden als heikel zu wertenden Informationen verantwortbar ist, verlangt erneut eine vorwiegend politische Beurteilung. Weniger bedeutsam mag aus schweizerischer Sicht allenfalls sein, ob die Offenlegung der Gesuchszahlen einen Staat dazu bringt, seine Praxis zu überdenken und insbesondere die Anzahl der gestellten Gesuche aus innenpolitischen Gründen zu erhöhen, um nicht inaktiv zu erscheinen. Obwohl sich eine solche Gefahr nicht gänzlich verneinen lässt, ist sie aber wohl nur schwer einzuschätzen. Nicht von BGE 142 II 313 S. 322 der Hand zu weisen ist jedoch, dass die Schweiz bei der Veröffentlichung von Angaben, die ein anderer Staat lieber vertraulich behandeln möchte, aussenpolitisch und bei hängigen oder künftigen Verhandlungen unter Druck geraten könnte. Die Vorinstanzen durften weiter berücksichtigen, dass die Schweiz sich im Verfahren der Länderüberprüfung durch die OECD befand, in der unter anderem die Praxis des Informationsaustausches, der steuerrechtlichen Vertraulichkeit sowie der Steueramtshilfe auf Übereinstimmung mit den OECD-Standards kontrolliert wird. Dass die schweizerischen Behörden in diesem Zusammenhang zusätzliche Schwierigkeiten vermeiden wollten, ist nachvollziehbar und auch bedeutsam. 4.4.3 Schliesslich ist zu beachten, dass die Steuerverwaltung dem Beschwerdeführer nicht etwa gar keine Informationen gegeben hat. Vielmehr hat sie ihm mit Mail vom 4. April 2014 die Gesamtzahl der der Schweiz jeweils in den Jahren 2011 bis 2013 gestellten Amtshilfegesuche mitgeteilt und dabei in der entsprechenden Reihenfolge die vier Staaten ausdrücklich genannt, die in dieser Zeitperiode die meisten Einzelgesuche eingereicht hatten. Ebenfalls ergingen Äusserungen zur Bedeutung der USA als Amtshilfegesuchsteller mit der Erläuterung, weshalb sich die entsprechenden Gruppengesuche nicht ohne weiteres mit der Anzahl von Einzelgesuchen der anderen vier genannten Staaten vergleichen liessen. Die Steuerverwaltung hat damit zwar nicht die vom Beschwerdeführer verlangten detaillierten Angaben gemacht, ist dem Transparenzgebot aber doch in allgemeinerer Form teilweise nachgekommen. 4.5 Soweit sich das Bundesverwaltungsgericht Zurückhaltung bei der gerichtlichen Kontrolle des Entscheids der Steuerverwaltung auferlegte, beruht dies auf sachlichen Gründen und die Nutzung des Spielraums durch die Exekutivbehörden erscheint nicht pflichtwidrig. Sodann steht die rechtliche Würdigung des Falles durch die Vorinstanz nicht im Widerspruch zur bundesgesetzlichen Regelung. Das Bundesverwaltungsgericht verletzte somit Bundesrecht nicht, indem es dem Beschwerdeführer den fraglichen Zugang zu den von ihm verlangten Informationen verweigerte. 5. 5.1 Zu prüfen bleibt, ob in Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsgebots eine Veröffentlichung der umstrittenen Statistik zumindest insoweit anzuordnen ist, als die betroffenen Staaten nach vorgängiger Anfrage der Publikation ihrer eigenen Zahlen zustimmen. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte eine solche Lösung im BGE 142 II 313 S. 323 Wesentlichen mit der Begründung, eine teilweise Offenlegung der Amtshilfestatistik sei aussenpolitisch heikel und könne zu unvorhersehbaren sowie für die Schweiz nachteiligen Reaktionen anderer Staaten führen. Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, dabei handle es sich lediglich um Mutmassungen, was nicht entscheidwesentlich sein könne. 5.2 Es liegt auf der Hand, dass es für die Vorinstanzen schwierig ist, die Reaktionen der anderen betroffenen Staaten auf eine Publikation der Statistik der gestellten Amtshilfegesuche abzuschätzen. Der eindeutige Beweis für nachteilige Folgen kann daher nicht verlangt werden. So oder anders kommt es jedoch nur in zweiter Linie auf die Interessen des fremden Staates an. Vorrangig geht es beim Tatbestand von Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ um die Wahrung der schweizerischen Interessen. Die hier zu beurteilende Rechtsfrage ist denn auch nicht zu verwechseln mit der Frage, ob einem allenfalls betroffenen Dritten vor Veröffentlichung eines amtlichen Dokuments gemäss Art. 11 BGÖ ein Anhörungsrecht zu gewähren ist, weil seine Privatsphäre beeinträchtigt sein könnte (vgl. dazu das Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015 E. 6). Art. 11 BGÖ dient dem Schutz privater und nicht öffentlicher Interessen und ist hier nicht anwendbar. 5.3 Wie bereits dargelegt, ist es nicht ausgeschlossen, dass andere Staaten durchaus bereit sind, die Anzahl ihrer steuerrechtlichen Amtshilfegesuche an die Schweiz offenzulegen. Es obliegt jedoch nicht den schweizerischen Behörden, die entsprechenden Anfragen für den Beschwerdeführer zu tätigen und damit sozusagen seine journalistische Recherchetätigkeit zu übernehmen. Vielmehr ist es diesem unbenommen, die Staaten, an deren Zahlen er interessiert ist, selbst anzufragen. Daran hindert ihn nichts, was allenfalls anders wäre, wenn im Unterschied zu hier demjenigen, der um Zugang zu Daten ersucht, gar nicht bekannt sein kann, an wen er sich dafür zu wenden hat (wie das insbesondere, allerdings bei der Anwendung des hier nicht einschlägigen Art. 11 BGÖ , im bereits erwähnten Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015 zutraf). Dass auf diesem Weg im Ergebnis allenfalls nur eine unvollständige Liste zusammenkommt, fällt nicht ins Gewicht, denn dies wäre nicht anders, wenn die schweizerischen Behörden die Anfragen vornehmen würden. Auch sie wären für die Erstellung der Gesamtstatistik von der jeweiligen Zustimmung der Staaten abhängig, bzw. sie müssten alle Angaben löschen oder einschwärzen, die Rückschlüsse auf BGE 142 II 313 S. 324 einzelne Staaten zuliessen, die ihre Zustimmung nicht erteilen. Im Übrigen ist auch unklar, welche Staaten angefragt werden sollen, ob nur diejenigen, die mindestens ein Gesuch gestellt haben, oder alle, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, oder sogar alle von der Schweiz anerkannten Staaten. Es kann ja durchaus auch von Interesse sein, dass ein bestimmter Staat überhaupt nie ein Amtshilfegesuch eingereicht hat. Gerade solche Fälle könnten aber auch diplomatisch heikel sein. Es besteht kein Anlass dafür, dass der Bund insofern dem Anliegen des Beschwerdeführers zu entsprechen und an seiner Stelle die gewünschten Anfragen durchzuführen hätte. 5.4 Der angefochtene Entscheid verstösst demnach auch nicht gegen Bundesrecht, indem er die Verpflichtung der schweizerischen Behörden zur Offenlegung der verlangten Statistik nach Anfrage um Zustimmung bei den betroffenen Staaten verneint. (...)
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30dae4ee-44da-4ad8-96b5-ebd895a9908e
Sachverhalt ab Seite 92 BGE 141 II 91 S. 92 A. Die Arzneimittel Rebetol und Copegus enthalten den Wirkstoff Ribavirin. Sie hemmen die Vermehrung verschiedener Virus-Typen, dürfen nicht alleine eingesetzt werden und kommen in Kombinationstherapien bei Hepatitis-C-Patienten zur Anwendung. Rebetol ist zugelassen (Zulassungsnummer 55'856) für die Hepatitis C-Kombinationstherapie mit Interferon alfa-2b (Intron A) oder Peginterferon alfa-2b (PegIntron); Copegus (Zulassungsnummer 56'001) für die Hepatitis C-Kombinationstherapie mit Interferon alfa-2a (Roferon A) oder Peginterferon alfa-2a (Pegasys). Peginterferon alfa-2a stand bis 5. Juli 2011 unter Erstanmelderschutz, Peginterferon alfa-2b bis 12. September 2011. Der Erstanmelderschutz für Interferon alfa-2b ist am 28. Februar 2007 abgelaufen. Ribavirin und Rebetol sind seit Langem nicht mehr geschützt. B. Am 21. April 2009 stellte die Teva Pharma AG beim Schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic ein Gesuch, das Generikum Ribavirin-Teva, Filmtabletten (200 und 400 mg), zu den Originalmedikamenten Rebetol, 200 mg, Kapseln, und Copegus, 200 mg und 400 mg, Filmtabletten, zuzulassen. Mit Verfügung vom 2. Juni 2010 wies Swissmedic das Gesuch ab. Den Beilagen zur Verfügung ist zu entnehmen, dass in qualitativer Hinsicht (Quality Review) das Präparat Ribavirin-Teva, Filmtabletten, in den Dosierungsstärken 200 mg und 400 mg zugelassen werden könnte. In klinischer Hinsicht (Clinical Review) weise die eingereichte Studie die Bioäquivalenz zum Referenzpräparat Rebetol 200 mg nach. Aus dieser Perspektive könnte dem Gesuch für Ribavirin-Teva als Generikum zu Rebetol 200 mg Kapseln in der Dosierungsstärke von 200 mg ebenfalls entsprochen werden. Zu den Aspekten der "Regulatory Review" führte Swissmedic indessen aus: - Die Zulassungen für Rebetol und Copegus hätten sich für die Kombinationsbehandlungen auf Dokumente für Peginterferon alfa-2b bzw. Peginterferon alfa-2a gestützt, welche ihrerseits noch unter Erstanmelderschutz stünden. Einem Zweitanmeldungsgesuch für ein Ribavirin-Präparat stünden in diesem Umfang (d.h. für die Kombinationstherapie mit Peginterferon) die Erstanmelderschutzfristen der pegylierten Interferon-Präparate entgegen. - Eine Zulassung des Präparats Ribavirin-Teva beschränkt auf die Kombinationspartner Interferon alfa-2b und alfa-2a sei nicht möglich, da für die Behandlung von chronischer Hepatitis C pegylierte Interferone deutlich wirksamer seien und aufgrund der gegenüber nicht-pegylierten Interferonen verlängerten Halbwertszeit die Applikation weniger häufig erfolgen müsse. Beides stelle einen klaren BGE 141 II 91 S. 93 therapeutischen Vorteil dar; eine auf den nicht-pegylierten Kombinationspartner Interferon beschränkte Anwendung von Ribavirin-Teva hätte einen klaren therapeutischen Nachteil für die Patienten zur Folge. Die Neuzulassung eines Arzneimittels könne jedoch nur erfolgen, wenn der voraussichtliche Therapieerfolg gegenüber den bereits bestehenden Therapieoptionen besser oder (unter bestimmten Umständen) zumindest gleichwertig sei. Diese Voraussetzung sei für die eingeschränkte Zulassung von Ribavirin-Teva mit nicht-pegylierten Interferonen nicht erfüllt, weshalb das Zulassungsgesuch des Generikums Ribavirin-Teva, Filmtabletten, abgewiesen werden müsse. - Schliesslich könne ein Generikum nur für ein einziges Originalpräparat zugelassen werden, aber nicht gleichzeitig für mehrere unterschiedliche. Rebetol und Copegus seien unterschiedliche Präparate. Das Generikum Ribavirin-Teva könnte daher nur als Generikum zu Rebetol zugelassen werden, nicht zu Copegus. C. C.a Am 1. Juli 2010 erhob die Teva Pharma AG hiergegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht; sie beantragte, die angefochtene Verfügung aufzuheben (Antrag 1), das Gesuch vom 21. April 2009 um Zulassung von Ribavirin-Teva als Generikum zu Rebetol und Copegus gutzuheissen, auf jeden Fall aber einen positiven Vorbescheid zu erlassen (Antrag 2); eventuell, sofern vor dem Ablauf des Erstanmelderschutzes kein Entscheid in der Sache ergehen sollte, sei festzustellen, dass Swissmedic verpflichtet gewesen wäre, das Gesuch gutzuheissen oder jedenfalls einen positiven Vorbescheid zu treffen (Antrag 3). (Sub)eventuell sei festzustellen, dass Swissmedic verpflichtet gewesen wäre, Ribavirin-Teva als Generikum zu Rebetol zuzulassen (Antrag 3.1). (Subsub)eventuell sei festzustellen, dass Swissmedic verpflichtet gewesen wäre, Ribavirin-Teva unter der Auflage zuzulassen, dass in den Arzneimittelinformationen kein Hinweis auf die Anwendung als Teil eines Kombinations-Dosierungsschemas mit einem pegylierten Interferon alfa-2a und -2b erfolge (Antrag 3.2). C.b Mit Urteil vom 31. März 2014 (C-4776/2010) erwog das Bundesverwaltungsgericht, infolge zwischenzeitlichen Ablaufs der Schutzdauer für Peginterferon alfa-2b bestehe an sich bezüglich Vorliegens eines Erstanmelderschutzes kein aktuelles und praktisches Rechtsschutzinteresse mehr, doch sei nach wie vor ein öffentliches Interesse an einer Beantwortung der entsprechenden Grundsatzfrage zu bejahen. Ein schutzwürdiges Interesse an der Beurteilung der Frage, ob Ribavirin-Teva als Generikum in Kombination mit nicht BGE 141 II 91 S. 94 pegylierten Interferonen hätte zugelassen werden müssen, bestehe seinerseits fort. Auf die Beschwerde sei daher einzutreten. In der Sache selber bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Entscheid von Swissmedic. D. Die Teva Pharma AG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des angefochtenen Urteils sei das Gesuch vom 21. April 2009 um Zulassung von Ribavirin-Teva, Filmtabletten 200/400 mg, als Generikum zu Rebetol, Kapseln 200 mg, gutzuheissen. Eventuell sei das Gesuch gutzuheissen, wenn die Arzneimittelinformationen keine Hinweise auf die Anwendung als Teil eines Kombinations-Dosierungsschemas mit PegIntron bzw. dem pegylierten Interferon alfa-2b enthalten, oder subeventuell, einen negativen Disclaimer aufweisen, wonach Ribavirin-Teva nicht als Teil eines Kombinations-Dosierungsschemas mit PegIntron bzw. dem pegylierten Interferon alfa-2b zugelassen ist. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf, soweit damit die Zulassung von Ribavirin-Teva in Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon verweigert wurde, und weist die Sache zur Fortführung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen an Swissmedic zurück. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich zulässig ( Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG ) und die Beschwerdeführerin ist als Gesuchstellerin, deren Anträge abgewiesen wurden, dazu legitimiert ( Art. 89 Abs. 1 BGG ). 1.2 Swissmedic beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten: Die Beschwerdeführerin habe ein Gesuch um Zulassung ihres Produkts als Generikum zu Rebetol und Copegus gestellt; nur dieses bilde den Streitgegenstand. Wenn die Beschwerdeführerin jetzt eine Zulassung nur als Generikum zu Rebetol (aber nicht mehr zu Copegus) beantrage, verändere sie in unzulässiger Weise den Streitgegenstand. Der Einwand ist unbegründet: Einerseits hatte die Beschwerdeführerin bereits vor der Swissmedic mit ihrer Eingabe vom 9. Oktober 2009 und dann auch vor Bundesverwaltungsgericht den Eventualantrag auf Zulassung als Generikum (nur) zu Rebetol BGE 141 II 91 S. 95 gestellt; hieran ändert nichts, dass sie primär an ihrem Hauptantrag festhielt. Andererseits ist das Gesuch um Zulassung als Generikum nur zu einem statt zu zwei Originalpräparaten nicht ein "Plus" oder ein "Aliud", sondern ein "Minus", und damit vor Bundesgericht zulässig ( BGE 136 V 362 E. 3.4.2 S. 365). Swissmedic hat im Übrigen gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen selber ausgeführt, dass die Weigerung der Beschwerdeführerin, das Gesuch auf die Zulassung als Generikum eines Originalpräparats zu beschränken, für die Abweisung nicht kausal gewesen sei. Analoges gilt, soweit die Swissmedic beantragt, auf das ihres Erachtens neue Eventualbegehren nicht einzutreten, die Zulassung mit einem negativen "Disclaimer" zu versehen. Auch dieser Eventualantrag stellt bloss ein "Minus" dar, da die von Anfang an beantragte Zulassung lediglich mit einer zusätzlichen Auflage versehen würde. 1.3 Streitthema ist einerseits die Zulassung von Ribavirin-Teva in Kombination mit (nicht pegyliertem) Interferon. Daran besteht unbestrittenermassen nach wie vor ein aktuelles Rechtsschutzinteresse (hinten E. 4). Andererseits geht es darum, ob der laufende Erstanmelderschutz des Kombinationspräparats Peginterferon die vereinfachte Zulassung des Generikums ausschliesst. Bereits im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils war diesbezüglich ein aktuelles Rechtsschutzinteresse entfallen, da die Schutzdauer für Peginterferon alfa-2b abgelaufen war. Die Vorinstanz ist auf die Beschwerde dennoch eingetreten, da sich diesbezüglich eine Grundsatzfrage stelle, an deren Beantwortung ein hinreichendes öffentliches Interesse bestehe. Swissmedic bestreitet dies, da die Wahrscheinlichkeit einer ähnlichen Fallkonstellation ausserordentlich gering sei. Die Beschwerdeführerin wendet ihrerseits ein, Swissmedic habe in den letzten drei Jahren allein in Bezug auf Ribavirin drei Arzneimittel neu zugelassen, die für die Behandlung von chronischer Hepatitis C im Rahmen eines Kombinationsdosierungsschemas mit Ribavirin indiziert seien. Zwar ist nicht klar, ob dabei für das Kombinationspräparat ebenfalls noch ein Erstanmelderschutz bestand, doch scheint es nicht ausgeschlossen, dass eine Konstellation wie die vorliegende auch in anderen Fällen bestehen könnte. Zudem leuchtet ein - wie gerade das vorliegende Verfahren zeigt -, dass eine rechtzeitige Beurteilung oft nicht möglich wäre. Es ist daher auch insoweit auf die Beschwerde einzutreten (hinten E. 3). 1.4 Nicht Streitthema bildet hingegen das von der Beschwerdeführerin am 14. September 2011 neu eingereichte Zulassungsgesuch und BGE 141 II 91 S. 96 ebenso wenig die Frage, ob Swissmedic zu Recht dieses Gesuch unter Hinweis auf den Devolutiveffekt der gegen die Verfügung vom 2. Juni 2010 eingereichten Beschwerde bisher nicht behandelt hat. 2. 2.1 Verwendungsfertige Arzneimittel dürfen - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie von Swissmedic zugelassen sind (Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte [Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21]). Wer um die Zulassung ersucht, muss u.a. belegen, dass das Arzneimittel qualitativ hochstehend, sicher und wirksam ist ( Art. 10 Abs. 1 lit. a HMG ). Das Zulassungsgesuch muss zu diesem Zweck u.a. die Ergebnisse der physikalischen, chemischen, galenischen und biologischen oder mikrobiologischen sowie der pharmakologischen und toxikologischen Prüfungen und der klinischen Prüfungen enthalten ( Art. 11 Abs. 1 lit. g und h HMG ; Art. 3 ff. der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die Anforderungen an die Zulassung von Arzneimitteln [Arzneimittel-Zulassungsverordnung, AMZV; SR 812.212.22]). Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird die Zulassung erteilt ( Art. 16 Abs. 1 HMG ; Art. 7 der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittel [Arzneimittelverordnung, VAM; SR 812.212.21]). Dabei handelt es sich um eine Polizeibewilligung, auf deren Erteilung ein Rechtsanspruch besteht, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind (MOSIMANN/SCHOTT, in: Basler Kommentar, Heilmittelgesetz, 2006, N. 8 zu Art. 9 HMG ; CHRISTOPH SCHMIDT, Die Zulassung von Arzneimitteln nach dem Heilmittelgesetz, 2008, S. 86). 2.2 Art. 12 Abs. 1 HMG lautet: "Wird ein Gesuch um Zulassung eines Arzneimittels gestellt, das im Wesentlichen gleich ist wie ein bereits zugelassenes Arzneimittel (Originalpräparat) und für die gleiche Anwendung vorgesehen ist, so kann sich das Gesuch auf die Ergebnisse von dessen pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Prüfungen abstützen, sofern: a. die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller für das Originalpräparat schriftlich zustimmt; oder b. die Schutzdauer für das Originalpräparat abgelaufen ist." Unter diesen Voraussetzungen kann ein Gesuchsteller (Zweitanmelder) ein vereinfachtes Zulassungsverfahren ( Art. 14 Abs. 1 lit. a HMG ) durchführen unter Verwendung der für das Originalpräparat eingereichten Dokumentation ( Art. 17 VAM ; BGE 141 II 91 S. 97 Art. 12-14 der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 22. Juni 2006 über die vereinfachte Zulassung von Arzneimitteln und die Zulassung von Arzneimitteln im Meldeverfahren [VAZV; SR 812.212. 23]; MOSIMANN/SCHOTT, a.a.O., N 2 f. und 20 zu Art. 12 HMG ; SCHMID/UHLMANN, in: Basler Kommentar, Heilmittelgesetz, 2006, N. 4 f. zu Art. 14 HMG ). 2.3 Der Sinn des in Art. 12 HMG geregelten Erstanmelderschutzes besteht darin, vertrauliche Daten, die ein Erstanmelder im Rahmen der Zulassung vorzulegen hat und die oft unter erheblichen Investitionen erstellt worden sind, vor unlauterer gewerblicher Verwendung zu schützen (vgl. Art. 39 Abs. 3 des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum [TRIPS; Anhang 1C zum Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation; SR 0.632.20]; Botschaft vom 1. März 1999 zu einem Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte, BBl 1999 III 3500 zu Art. 12; KOHLER/PFISTER, Erstanmelderschutz für Arzneimittel in der Schweiz, sic! 5/2008 S. 396 f.). Der Schutz soll so lange währen, bis ein Zweitanmelder sich zulässigerweise auf die Daten stützen darf, sei es aufgrund einer finanziellen Gegenleistung im Einvernehmen mit dem Erstanmelder, sei es nach Ablauf einer gewissen Zeitdauer (BBl 1999 III 3472 Ziff. 133.114; Urteil des Bundesgerichts 2C_318/2008 vom 17. September 2008 E. 5.2.1). Besteht ein Erstanmelderschutz, so sind die für die Zulassung eingereichten Prüfunterlagen vor der Verwendung durch Dritte geschützt: Ein Gesuch um Zulassung eines Generikums kann sich während der Schutzdauer ohne Zustimmung des Erstanmelders nicht auf diese Unterlagen abstützen (BBl 1999 III 3499 f. zu Art. 12; Urteil des Bundesgerichts 2C_31/2008 vom 14. Januar 2008 E. 5.2.2). Die Dauer des Erstanmelderschutzes ist ein Kompromiss zwischen dem Anliegen, die Investitionen des Erstanmelders zu schützen und damit Anreize für die Entwicklung neuer Arzneimittel zu schaffen (vgl. Art. 1 Abs. 3 lit. b HMG ), und dem Anliegen, im Interesse einer Kostenbegrenzung im Gesundheitswesen die kostengünstigeren Generika verwenden zu können (vgl. Art. 52 Abs. 1 lit. b und Art. 52a des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung [KVG; 832.10]; Art. 65c der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV; SR 832.102]; Art. 4a Abs. 1 lit. c der Verordnung des EDI vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung [Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV; SR 832.112.31] ; BGE 141 II 91 S. 98 BBl 1999 III 3500 zu Art. 12; Urteil K 158/05 vom 5. September 2006 E. 5.3, RKUV 2006 Nr. KV 382 S. 356). Zugleich werden mit der vereinfachten Zulassung unnötige neue Studien und Versuche an Tieren und Menschen vermieden (DOMINIK BACHMANN, Der Erstanmelderschutz in der Schweiz und in der EU, Schweizerische Zeitschrift für Gesundheitsrecht 2004 Nr. 3 S. 34) und damit auch die innovationshemmenden regulatorischen Kosten begrenzt (vgl. PETER HETTICH, Kooperative Risikovorsorge, 2014, S. 181). 3. Zu prüfen ist zunächst, ob die Vorinstanz die vereinfachte Zulassung infolge des Erstanmelderschutzes für das Kombinationspräparat zu Recht verweigert hat. 3.1 Es ist nicht bestritten, dass das Generikum Ribavirin-Teva im Wesentlichen gleich wirkt, wie das Originalpräparat Rebetol, für das keine Schutzdauer mehr läuft, und Ribavirin-Teva die Qualitäts- und Bioäquivalenzanforderungen erfüllt. Streitig ist, ob die Zweitzulassung verweigert werden konnte, weil sowohl Rebetol als auch Ribavirin-Teva nur in Kombination mit einem anderen Präparat eingesetzt werden dürfen, das seinerseits noch eine Schutzdauer genoss. 3.2 3.2.1 Die Vorinstanz erwog, die Hersteller von Interferon alfa-2b und alfa-2a hätten in ihren späteren klinischen Studien eigene Ribavirin-Präparate verwendet. Daraus sei zu schliessen, dass die entsprechenden, von den Herstellern der pegylierten Interferone eingereichten Studien zu Rebetol (und Copegus) in die Zulassungsunterlagen der Kombinationstherapie von Rebetol (und Copegus) zusammen mit den Interferonen gehören. Es sei unter diesen Umständen entscheidend, dass die vorliegend notwendigen Zulassungsakten für Rebetol, auf welche die Beschwerdeführerin in ihrem Zulassungsantrag verwiesen habe, sich in den Zulassungsdossiers von PegIntron/Rebetol befinden und Voraussetzung für die Zulassung von PegIntron mit Rebetol seien. Der Erstanmelderschutz verlöre seine Wirkung, wenn in Konstellationen wie der vorliegenden einem Zweitanmelder dieser Schutz nicht entgegengehalten werden könnte, auch wenn nicht das Originalpräparat selber unter dem Erstanmelderschutz stehe, sondern das Kombinationsmittel, welches zwingend mit dem zuzulassenden Generikum zu kombinieren sei. 3.2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, nach Gesetz sei der Erstanmelderschutz auf Arzneimittel beschränkt, die im Wesentlichen gleich seien. Ribavirin und das pegylierte Interferon alfa-2b seien BGE 141 II 91 S. 99 völlig unterschiedlich, weshalb der Erstanmelderschutz für Letzteres der vereinfachten Zulassung des Ersteren nicht entgegengehalten werden könne. Die Auffassung der Vorinstanz hätte zur Folge, dass die Zulassung eines anderen Arzneimittels mit einem bekannten Wirkstoff verhindert werden könne, wenn dieses in einer Kombinationstherapie zur Anwendung komme und ein anderer Kombinationspartner den Erstanmelderschutz geniesse. Dadurch könnte die Zulassung kostengünstiger Generika auf unbestimmte Zeit verhindert werden, weil mit jeder Weiterentwicklung eines Kombinationspartners die gesamte Kombinationstherapie wieder geschützt würde. Die periodische Weiterentwicklung eines einzelnen Kombinationspartners schütze alle Kombinationspartner vor generischer Konkurrenz, auch wenn diese selber längst gemeinfrei seien. Dies laufe der zeitlichen Limitierung des Erstanmelderschutzes entgegen und stehe im Widerspruch zum Gesetz. 3.3 3.3.1 Die Auffassung der Beschwerdeführerin entspricht dem Wortlaut des Gesetzes, wenn das Ribavirin-Teva isoliert für sich betrachtet wird, denn es ist offensichtlich nicht wesentlich gleich wie das den Erstanmelderschutz geniessende PegIntron. Die Betrachtungsweise der Vorinstanz beruht demgegenüber darauf, dass wegen der zwingend kombinierten Therapie die beiden Kombinationspartner gewissermassen wie ein Arzneimittel zu betrachten sind, welches gesamthaft dem für das Kombinationspräparat geltenden Erstanmelderschutz untersteht. 3.3.2 Generika sind Arzneimittel, welche im Wesentlichen gleich sind wie ein Originalpräparat und mit diesem aufgrund identischer Wirkstoffe sowie ihrer Darreichungsform und Dosierung ausgetauscht werden können ( Art. 64a Abs. 2 KVV ; MOSIMANN/SCHOTT, a.a.O., N. 23 vor Art. 8-17 HMG , unter Bezugnahme auf Art. 10 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl. L 311 vom 28. November 2001, S. 67 ff. geändert durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004). Dementsprechend erstreckt sich die in Art. 12 Abs. 1 HMG verlangte wesentliche Gleichheit nicht nur auf den Wirkstoff, sondern auch auf Darreichungsform, Applikationsweg, Dosierung und Indikation (MOSIMANN/SCHOTT, a.a.O., N. 10 zu Art. 12 HMG ). Darf nun ein Präparat ausschliesslich in Kombination mit einem anderen Präparat verwendet werden, BGE 141 II 91 S. 100 so liegt es nahe, in dieser zwingenden Kombination eine Darreichungsform oder einen Applikationsweg zu erblicken. Im Lichte von Sinn und Zweck des Erstanmelderschutzes (vorne E. 2.3) überzeugt deshalb die Auffassung der Vorinstanzen. Entscheidend ist, dass die Zulassungsakten, auf welche die Beschwerdeführerin verweist, sich in den Zulassungsdossiers von PegIntron/Rebetol befunden haben. Die beantragte Zulassung für das Generikum stützt sich damit auf Dokumentationen ab, die noch unter Erstanmelderschutz standen. Der Erstanmelderschutz würde unterlaufen, wenn er in solchen Konstellationen dem Zweitanmelder nicht entgegengehalten werden könnte. 3.3.3 Die Befürchtung der Beschwerdeführerin, damit könnte der Erstanmelderschutz über die gesetzliche Dauer hinaus perpetuiert werden, ist zu relativieren: Erstens gilt das Gesagte nur dann, wenn das Generikum zwingend in Kombination mit einem anderen, dem Erstanmelderschutz unterstehenden Präparat zur Anwendung gelangt. Wären mit dem Generikum nebst Kombinationstherapien auch Monotherapien möglich, könnte es zumindest für diese vereinfacht zugelassen werden. Zweitens gilt der Erstanmelderschutz nur, wenn und soweit tatsächlich die vereinfachte Zulassung auf der Zulassungsdokumentation des Kombinationspräparats beruht (E. 3.3.2). Drittens würde, wie Swissmedic zu Recht erläutert, eine Weiterentwicklung des Kombinationspartners nur zu einem erweiterten Erstanmelderschutz für die neue Indikation, den neuen Verabreichungsweg, die neue Darreichungsform oder die neue Dosierungsempfehlung führen. So verhindert z.B. der noch bestehende Erstanmelderschutz für das pegylierte Interferon nicht die vereinfachte Zulassung von Ribavirin-Teva in Kombination mit dem nicht-pegylierten Interferon, welches keinen Schutz mehr geniesst (dazu hinten E. 4). Desgleichen ist nach Ablauf des Erstanmelderschutzes für Peginterferon die beantragte Zulassung möglich, selbst wenn inzwischen eine neue Kombinationstherapie von Rebetol und einem anderen Präparat, für welches die Schutzdauer noch läuft, erlaubt wird. Die Auffassung der Vorinstanzen führt somit nicht zwingend dazu, dass die vereinfachte Zulassung des Generikums auf unbestimmte Zeit verhindert würde. 4. Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz zu Recht auch die Zulassung von Ribavirin-Teva in Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon verweigert hat. BGE 141 II 91 S. 101 4.1 Unbestritten war der Erstanmelderschutz für nicht pegylierte Interferone bereits bei Einreichung des Gesuchs abgelaufen, sodass dieser Aspekt der vereinfachten Zulassung nicht mehr entgegensteht (E. 6.6.1 des angefochtenen Urteils). Nicht in Frage gestellt ist sodann, dass die Kombination von Ribavirin-Teva mit Interferon therapeutisch äquivalent ist mit jener von Rebetol mit Interferon. 4.2 4.2.1 Die Vorinstanz hat die Verweigerung damit begründet, Ribavirin in Kombination mit nicht-pegylierten Interferonen sei weniger wirksam als die Verwendung in Kombination mit pegylierten Interferonen und weise damit ein weniger günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis auf. Bei der Zulassung gelte es den aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis mit zu berücksichtigen. Damit weise eine Kombinationstherapie von Ribavirin-Teva mit nicht-pegylierten Interferonen nicht mehr den notwendigen Therapieerfolg auf. 4.2.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet vor Bundesgericht nicht mehr, dass die Kombination von Ribavirin mit nicht-pegyliertem Interferon weniger wirksam sei als diejenige mit pegyliertem Interferon. Sie bringt jedoch vor, es fehle an einer gesetzlichen Grundlage, um die vereinfachte Zulassung zu verweigern, weil inzwischen eine wirksamere Medikation besteht. Dies würde darauf hinauslaufen, eine vereinfachte Zulassung immer dann auszuschliessen, wenn das Originalpräparat inzwischen weiterentwickelt wurde. 4.3 4.3.1 Das Gesetz verlangt, dass das Generikum im Wesentlichen gleich ist wie das Originalpräparat ( Art. 12 Abs. 1 HMG ; vorne E. 3.3.2); u.a. muss es mit dem Referenzpräparat therapeutisch äquivalent ( Art. 14 Abs. 1 lit. a VAZV ), d.h. mit diesem austauschbar bzw. gleich wirksam sein (vgl. Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG ; Art. 64a Abs. 2 KVV ; SCHMIDT, a.a.O., S. 115). Dass das Generikum therapeutisch besser sein müsste als das Originalpräparat, ergibt sich aus dem Gesetz nicht. 4.3.2 Unbestrittenermassen ist Rebetol in Kombination sowohl mit nicht-pegyliertem Interferon als auch mit pegyliertem Interferon zugelassen. Würde die Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, namentlich diejenige der therapeutischen Wirksamkeit bzw. eines vertretbaren Nutzen-Risiko-Verhältnisses ( Art. 10 Abs. 1 lit. a HMG ), so wäre die Zulassung zu widerrufen oder nicht zu erneuern ( Art. 16 Abs. 3 und BGE 141 II 91 S. 102 4 HMG ; vgl. Urteil des Bundesgerichts 2A.287/2006 vom 22. Dezember 2006 E. 3.3). Das ist bisher offensichtlich aber nicht geschehen, obwohl die Kombinationstherapie mit pegyliertem Interferon offenbar eine bessere therapeutische Wirkung hat als diejenige mit nicht-pegyliertem Interferon. Es gibt somit aktuell zwei verschiedene zugelassene Applikationsformen von Rebetol, nämlich diejenige in Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon und diejenige mit pegyliertem Interferon. 4.3.3 Mit dem Eventualbegehren wird die vereinfachte Zulassung von Ribavirin-Teva in Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon beantragt. Wie dargelegt, ist das Originalpräparat in Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon zugelassen (E. 4.3.2). Sodann ist Ribavirin-Teva in Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon mit der zugelassenen Kombination Rebetol/nicht-pegyliertes Interferon therapeutisch äquivalent (E. 4.1). Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die vereinfachte Zulassung erfüllt (E. 4.3.1). Die Auffassung der Vorinstanz würde darauf hinauslaufen, die vereinfachte Zulassung eines mit einem zugelassenen Originalpräparat äquivalenten Generikums immer dann zu verweigern, wenn inzwischen ein anderes Originalpräparat mit besserer therapeutischer Wirksamkeit zugelassen wurde. Dafür besteht keine gesetzliche Grundlage. Zudem würde dies dem Ziel der Generika-Regelung zuwiderlaufen, unter bestimmten Voraussetzungen kostengünstigere Arzneimittel zuzulassen (E. 2.3). 4.4 In Bezug auf die Nichtzulassung der Kombination mit nicht-pegyliertem Interferon ist daher der angefochtene Entscheid aufzuheben. Die Beschwerdeführerin beantragt die (vereinfachte) Zulassung unter der Auflage, dass die Arzneimittelinformation keinen Hinweis oder einen negativen "Disclaimer" in Bezug auf die Anwendung in Kombination mit pegyliertem Interferon enthalte. Diese Auflage würde dem Umstand Rechnung tragen, dass während der Dauer des Erstanmelderschutzes für das pegylierte Interferon die vereinfachte Zulassung für diese damit verbundene Kombination nicht zulässig ist (E. 3). Nachdem inzwischen auch dafür der Erstanmelderschutz nicht mehr besteht, erübrigt sich heute ein derartiger Hinweis. Die Sache ist daher an Swissmedic zurückzuweisen, damit sie die vereinfachte Zulassung mit einer den geänderten Umständen Rechnung tragenden Arzneimittelinformation erteilt.
de
ea57fc49-3c7e-48a7-a2c6-28d089e6d876
Sachverhalt ab Seite 376 BGE 139 V 375 S. 376 A. Im Jahre 2003 wurde bei der 1942 geborenen N. paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) diagnostiziert. Seit 2005 erhält sie das Medikament Soliris, welches in der Schweiz seit dem 4. Januar 2010 heilmittelrechtlich zugelassen ist. Von September 2005 bis April 2008 erfolgte die Therapie im Rahmen einer internationalen Studie und anschliessend im Status "Compassionate Use" mit Sonderbewilligung des Schweizerischen Heilmittelinstituts (Finanzierung durch den Entwickler und Hersteller des Medikaments). Am 8. Mai 2009 erteilte die Progrès Versicherungen AG (nachfolgend: Progrès), bei welcher N. grundversichert ist, erstmals Gutsprache für die Kosten der Behandlung mit Soliris für die Dauer von drei Monaten. Auf Begehren der Versicherten erliess die Progrès am 16. April 2010 eine Verfügung, in welcher sie einen (weiteren) Leistungsanspruch zu Lasten der Grundversicherung verneinte. Die von N. dagegen erhobene Einsprache hiess die Progrès in dem Sinne teilweise gut, als sie die Kosten für die Behandlung bis zum Zeitpunkt der Zulassung von Soliris am 4. Januar 2010 übernahm. Im weitergehenden Umfang lehnte sie die Einsprache ab (Entscheid vom 24. Juni 2010). B. Beschwerdeweise liess die Versicherte beantragen, der Einspracheentscheid sei insoweit aufzuheben, als die Einsprache abgewiesen worden sei, und es seien alle Kosten der Behandlung mit dem Medikament Soliris ab 4. Januar 2010 durch die Progrès zu übernehmen. Mit Entscheid vom 14. Februar 2012 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab. C. N. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und die Progrès zu verpflichten, die Kosten der Behandlung mit dem Arzneimittel Soliris für die Zeit vom 4. Januar 2010 bis zum 28. Februar 2011 zu übernehmen. Mit Vernehmlassung vom 28. Januar 2013 beantragt die Progrès die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) enthält sich in seiner Vernehmlassung vom 19. März 2013 eines formellen Antrages. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. BGE 139 V 375 S. 377 Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Die soziale Krankenversicherung gewährt Leistungen unter anderem bei Krankheit ( Art. 3 ATSG [SR 830.1]; Art. 1a Abs. 2 lit. a KVG ). Im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dürfen die Versicherer keine anderen Kosten als diejenigen für die Leistungen nach den Art. 25-33 KVG übernehmen ( Art. 34 Abs. 1 KVG ). Dazu zählen auch die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen ( Art. 25 Abs. 1 KVG ). Diese Leistungen umfassen unter anderem die ärztlich verordneten Arzneimittel ( Art. 25 Abs. 2 lit. b KVG ). Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung, wobei die Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein muss ( Art. 32 Abs. 1 KVG ). Die Wirksamkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Leistungen werden periodisch überprüft ( Art. 32 Abs. 2 KVG ). 4.2 Die Vergütungspflicht erstreckt sich nach Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG grundsätzlich nur auf Arzneimittel, die in der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt sind. Die SL zählt die pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel im Sinne einer Positivliste abschliessend auf ( BGE 136 V 395 E. 5.1 S. 398 f.; BGE 134 V 83 E. 4.1 S. 85 ff.; BGE 131 V 349 E. 2.2 S. 351; GEBHARD EUGSTER, Die obligatorische Krankenversicherung [nachfolgend: Krankenversicherung], in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 513 Rz. 346). Aufgenommen werden nur Spezialitäten, für welche die Pharmahersteller oder Importeure einen Antrag stellen (EUGSTER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum KVG [nachfolgend: Rechtsprechung], 2010, N. 3 zu Art. 52 KVG ). 4.3 Kassenpflichtig sind pharmazeutische Spezialitäten des Weitern nur im Rahmen von Indikationen und Anwendungsvorschriften, die bei Swissmedic registriert sind ( BGE 130 V 532 E. 5.2 S. 541 f.). Die Anwendung eines Arzneimittels ausserhalb der registrierten Indikationen und Anwendungsvorschriften macht dieses zu einem solchen "ausserhalb der Liste" bzw. zu einem "Off-Label-Use" und damit grundsätzlich zur Nichtpflichtleistung ( BGE 136 V 395 E. 5.1 S. 398 f.; BGE 130 V 532 E. 3.2.2 S. 538 und E. 3.4 S. 540; EUGSTER, Rechtsprechung, N. 35 zu Art. 25 KVG ; zum Ganzen: LORIS MAGISTRINI, L'utilisation hors étiquette de médicaments et son remboursement par l'assurance-maladie, Jusletter vom 31. Januar 2011). BGE 139 V 375 S. 378 4.4 Nach der Rechtsprechung sind ausnahmsweise auch die Kosten von nicht in der SL aufgeführten Arzneimitteln und von Arzneimitteln der SL ausserhalb der registrierten Indikationen und Anwendungsvorschriften zu übernehmen. Voraussetzung ist, dass ein sogenannter Behandlungskomplex vorliegt oder dass für eine Krankheit, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann, wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirksame Behandlungsmethode verfügbar ist; diesfalls muss das Arzneimittel einen hohen therapeutischen (kurativen oder palliativen) Nutzen haben ( BGE 136 V 395 E. 5.2 S. 399; BGE 131 V 349 E. 2.3 S. 351; BGE 130 V 532 E. 6.1 S. 544 f.; MAGISTRINI, a.a.O., Rz. 112 ff.). Ein wichtiger Anwendungsbereich für Ausnahmen von der Listenpflicht sind Medikamente gegen Krankheiten, die so selten sind, dass sich für die Hersteller das Zulassungsverfahren nicht lohnt (sog. Orphan Use bzw. Orphan Diseases; BGE 136 V 395 E. 5.2 S. 399; EUGSTER, Krankenversicherung, S. 515 Rz. 354). Als Orphan Drugs gelten Arzneimittel, die in der Schweiz (noch) nicht zugelassen sind und gegen seltene Krankheiten eingesetzt werden, die zur Diagnose, Verhütung oder Behandlung eines Leidens bestimmt sind, das lebensbedrohlich ist oder bei Nichtbehandlung eine chronische Invalidität oder ein schweres chronisches Leiden hervorruft und nicht mehr als 5 von 10'000 Personen betrifft (vgl. Handbuch des BAG betreffend die Spezialitätenliste in der ab 1. Februar 2008 gültig gewesenen Fassung, Rz. 811 [vgl. auch Rz. I.4.1 in der ab 1. September 2011 geltenden Fassung]; vgl. auch die Verordnung [EG] Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden; PETER BRAUNHOFER, Arzneimittel im Spannungsfeld zwischen HMG und KVG aus der Sicht des Krankenversicherers, in: Das neue Heilmittelgesetz, Eichenberger/Poledna [Hrsg.], 2004, S. 103 ff., 106 f.; VALÉRIE JUNOD, Accès aux médicaments, Les conditions du remboursement dans l'assurance-maladie obligatoire, in: Le droit de la santé: aspects nouveaux, Guillod/Wessner [Hrsg.], 2010, S. 83 ff., 117 ff.). Die Frage, ob ein für die Kostenübernahme vorausgesetzter hoher therapeutischer Nutzen vorliegt, ist sowohl in allgemeiner Weise als auch bezogen auf den konkreten Einzelfall zu beurteilen ( BGE 136 V 395 E. 6.4 und 6.5 S. 401 f.). 5. 5.1 Die Vorinstanz erwog, da das Medikament Soliris bei der Beschwerdeführerin entsprechend der Zulassung zur Behandlung von BGE 139 V 375 S. 379 PNH eingesetzt werde, liege kein Off-Label-Use vor. Demnach falle eine Ausnahme vom Grundsatz der Listenpflicht unter diesem Aspekt ausser Betracht. Weiter prüfte sie, ob das Medikament als Orphan Drug zu übernehmen sei. Sie verneinte die Frage mit der Begründung, die Anerkennung als Orphan Drug sei ein Instrument zur Förderung der Entwicklung eines Arzneimittels gegen seltene Krankheiten, für die sich ein Zulassungsverfahren ansonsten nicht lohne. Aus diesem Grunde fielen ausschliesslich Arzneimittel in Betracht, die über keine Zulassung verfügten. Auf diesen Umstand beziehe sich die von der Rechtsprechung zugelassene Ausnahme von der Listenpflicht. Eine andere Frage sei, ob das Arzneimittel zu Lasten der Grundversicherung abgerechnet werden könne. Dafür sei unter anderem die Frage massgebend, ob eine Behandlung mit dem betreffenden Arzneimittel dem Wirtschaftlichkeitsgebot des Art. 32 Abs. 1 KVG standhalte. Sei neben den übrigen Voraussetzungen auch die Wirtschaftlichkeit gegeben, erfolge die Aufnahme in die SL. Praxisgemäss seien Ausnahmen von der Listenpflicht nur restriktiv zulässig, da zu verhindern sei, dass durch eine extensive Praxis der ordentliche Weg der Listenaufnahme durch Einzelfallbeurteilungen ersetzt und dadurch die mit der SL verbundene Wirtschaftlichkeitskontrolle umgangen werde. Dies bedeute vorliegend, dass seit der Marktzulassung von Soliris und bis zur Klärung der Frage, ob das Präparat in die SL aufzunehmen sei, die Grundversicherung nicht mehr für die Behandlung aufzukommen habe. Mit der Marktzulassung von Soliris sei das mit der Orphan-Drug-Regelung angestrebte Ziel erreicht; denn gefördert werden solle die Entwicklung und Marktzulassung von Medikamenten gegen seltene Krankheiten, nicht die Aufnahme solcher Arzneien in die SL. In der Phase seit der Marktzulassung bis zur Aufnahme in die SL bestehe keine Rechtfertigung mehr für eine Privilegierung gegenüber anderen Patienten, deren Medikament auch noch nicht in die SL aufgenommen worden sei. Im Übrigen könne die Versicherte die Behandlung mit Soliris zu 90 % über ihre Zusatzversicherung abrechnen. 5.2 Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für die Ausnahmen von der Listenpflicht im Einzelfall sowohl beim Off-Label-Use als auch in denjenigen Fällen, in denen das Medikament als solches noch nicht in die SL aufgenommen worden sei, auf die fehlende Nennung in der SL, verbunden mit den übrigen Voraussetzungen abgestellt werde. Die Frage der Zulassung durch Swissmedic sei nie zum Thema BGE 139 V 375 S. 380 gemacht worden. Ihrer Auffassung nach würde eine andere Argumentation zu absurden Zuständen führen: Vor der Zulassung von Soliris würde eine Kostenübernahme aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) als Orphan Drug gewährt, die nach der Zulassung und während des daran anschliessenden Prüfungsverfahrens beim BAG wieder wegfallen würde, um dann im Falle der Aufnahme des Arzneimittels in die SL wieder aufzuleben. 5.3 Die Beschwerdegegnerin gibt zu bedenken, dass Ausnahmen von der Listenpflicht nur sehr restriktiv zulässig seien, da verhindert werden müsse, dass durch eine extensive Auslegung der ordentliche Weg der Listenaufnahme und der damit verbundenen Wirtschaftlichkeitskontrolle umgangen werde. Dies könne nur bedeuten, dass der Grundversicherer die Therapie ab Zulassung durch die Swissmedic bis zur SL-Aufnahme nicht zu vergüten habe. 5.4 Das BAG stellt sich auf den Standpunkt, im Zeitraum vor der Swissmedic-Zulassung bis zur Aufnahme in die SL habe eine Vergütung über die OKP nur erfolgen können, wenn die mit Wirkung auf den 1. März 2011 in Art. 71a Abs. 1 KVV (SR 832.102) verankerten bundesgerichtlichen Kriterien erfüllt waren (Behandlungskomplex; tödlicher oder schwerer und chronischer Verlauf; keine Behandlungsalternative; hoher therapeutischer Nutzen). In casu sei Art. 71b KVV massgebend, da Soliris in dieser Zeit nicht in der SL aufgeführt gewesen, jedoch innerhalb der Fachinformation von Swissmedic angewendet worden sei. Bei der Vergütung von nicht in die SL aufgenommenen Arzneimitteln erfolge immer eine Einzelfallbeurteilung. Eine solche vorzunehmen sei nicht Aufgabe des BAG. Vielmehr sei es die Aufgabe der Krankenversicherer, nach vorgängiger Konsultation des Vertrauensarztes zu prüfen, ob die vorstehend dargelegten Voraussetzungen zur Kostenübernahme durch die OKP erfüllt sind. Könne die Wirksamkeit, mithin der grosse therapeutische Nutzen von Arzneimitteln, die nicht in der SL aufgelistet seien, bejaht werden, seien auch die Kriterien der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Dabei sei vor allem in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit dem Verhältnismässigkeitsprinzip und dem Prinzip der Rechtsgleichheit Rechnung zu tragen. Wenn ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Heilerfolg bestehe, könne eine Leistungsverweigerung durch den Versicherer erfolgen. Seien jedoch die in Art. 71b KVV erwähnten Voraussetzungen erfüllt, wäre die Krankenversicherung im vorliegenden Einzelfall leistungspflichtig. BGE 139 V 375 S. 381 6. 6.1 Verwendungsfertige Arzneimittel dürfen (unter Vorbehalt hier nicht weiter interessierender internationaler Abkommen über die Anerkennung von Zulassungen) nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie vom schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic zugelassen sind (Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2010 über Arzneimittel und Medizinprodukte [Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21]). Die Zulassungspflicht dient als Instrument der präventiven Produktekontrolle der Verwirklichung des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und von Treu und Glauben auf dem Arzneimittelmarkt (EICHENBERGER/JAISLI/RICHLI, Das Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte, 2006, N. 3 zu Art. 9 HMG ; vgl. auch UELI KIESER, Die Zulassung von Arzneimitteln im Gesundheits- und Sozialversicherungsrecht, AJP 2007 S. 1042 ff., 1043 f.). In diesem Sinne sollen nach der Zweckumschreibung in Art. 1 Abs. 1 HMG nur qualitativ hochstehende, sichere und wirksame Arzneimittel in Verkehr gebracht werden. 6.2 In die SL aufgenommen werden kann ein Arzneimittel, wenn es über eine gültige Zulassung des Instituts verfügt ( Art. 65 Abs. 1 KVV ). In diesem Sinne ist die Zulassung durch das Heilmittelinstitut die primär zu erfüllende Voraussetzung für die Aufnahme in die SL (vgl. Art. 65 Abs. 1 KVV ; Art. 30a Abs. 1 lit. a der Verordnung vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung [Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV; SR 832.112.31] ; BRAUNHOFER, a.a.O., S. 104). Das vorangehende, mit einem positiven Entscheid abgeschlossene heilmittelrechtliche Zulassungsverfahren ist für den Bereich der Krankenversicherung insofern bedeutsam, als es jedenfalls für die Prüfung der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit eines Arzneimittels den Prüfungsrahmen absteckt (vgl. BGE 131 V 349 E. 3.1 S. 351 f.; KIESER, a.a.O., S. 1048). Die beiden Kriterien werden bei der Aufnahme in die SL gestützt auf die Unterlagen beurteilt, welche für die Registrierung durch das Heilmittelinstitut massgebend waren ( Art. 32 und Art. 33 Abs. 2 KLV ). Die Aufnahme in die SL erfolgt mithin nach einer doppelstufigen Zulassungsprüfung: Vorausgesetzt wird vorab die heilmittelrechtliche Zulassung. Hinzu kommt die krankenversicherungsrechtliche Zulassung, wobei die Kriterien der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit erneut überprüft werden und als weiteres Kriterium die Wirtschaftlichkeit herangezogen wird (KIESER, a.a.O., S. 1049). BGE 139 V 375 S. 382 6.3 Dass nun aber eine Kostenübernahme auf den Zeitpunkt der heilmittelrechtlichen Zulassung zu verweigern wäre, wie die Vorinstanz dafürhält, lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen. Vielmehr wurde in BGE 136 V 395 , in welchem Fall es ebenso um ein - im vereinfachten Verfahren als wichtiges Arzneimittel für seltene Krankheiten im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. f HMG - zugelassenes Arzneimittel ging, ausdrücklich festgehalten, dass die arzneimittelrechtliche Zulassung für die Kassenpflichtigkeit nicht ausschlaggebend ist (vgl. BGE 136 V 395 E. 4.2 S. 398 mit Hinweis auf PASCAL LACHENMEIER, Die Anwendung "nicht zugelassener" Arzneimittel in der Krebstherapie nach schweizerischem Recht ["off-label-use"], Jusletter vom 11. Mai 2009, Rz. 56; vgl. die für zugelassene und nicht zugelassene nicht in die SL aufgenommene Arzneimittel gleichermassen mögliche Kostenübernahme gemäss Art. 71b Abs. 1 und 2 KVV [in Kraft ab 1. März 2011]). 7. 7.1 Die Versicherte hat im Einspracheverfahren dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten des Medikamentes Soliris aus der Grundversicherung (vgl. E. 4.4 hiervor) bei ihr erfüllt sind, da die Krankheit PNH bei ihr schwere und chronische gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann, zudem wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirksame Behandlungsmethode als Soliris verfügbar ist, und dass ein hoher therapeutischer Nutzen vorliegt. 7.2 Die Progrès hat aufgrund der von der Versicherten im Einspracheverfahren eingereichten Unterlagen (unter anderem Informationsbroschüren Alexion; Auszug aus der Zeitschrift Blood vom 1. Dezember 2007 Volume 110 Number 12 S. 4123 ff. [Effect of the complement inhibitor eculizumab on thromboembolism in patients with paroxysmal nocturnal hemoglobinuria]) die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme des Medikaments Soliris bejaht, dies vorab bis zum (wie gesehen allerdings irrelevanten [vgl. E. 6.3]) Datum der heilmittelrechtlichen Zulassung. Weiter hat sie die Kosten des Arzneimittels mit Wirkung ab 1. März 2011 (rückwirkend) gestützt auf Art. 71b KVV übernommen. 7.3 Kann die Kostenübernahme - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht mit der Begründung, das Medikament sei nun heilmittelrechtlich zugelassen, verweigert werden (E. 6.3), ist die Progrès über den 4. Januar 2010 hinaus verpflichtet, die streitigen Kosten zu übernehmen, weil sämtliche von ihr bejahten Voraussetzungen BGE 139 V 375 S. 383 dafür unverändert erfüllt sind. Der Vollständigkeit halber ist zu ergänzen: Der vorausgesetzte hohe therapeutische Nutzen ( BGE 136 V 395 E. 6.4 und 6.5 S. 401 f.) ist in Bezug auf das den Wirkstoff "Eculizumabum" enthaltende Medikament Soliris nicht nur im konkreten Fall, sondern aufgrund der im von der Beschwerdeführerin eingereichten Zeitschriftenauszug beschriebenen Studie (vgl. E. 7.2 hievor) auch in allgemeiner Weise zu bejahen. Die Voraussetzung eines angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses schliesslich ist hier im Einzelfall zu prüfen und nicht mit der generellen Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäss Art. 34 ff. KLV im Rahmen der Aufnahme in die SL gleichzusetzen (vgl. BGE 136 V 395 E. 7.1 S. 406 f.). Soweit die Beschwerdegegnerin die Unwirtschaftlichkeit dennoch daraus ableitet, dass das Medikament Soliris vor der Aufnahme in die SL am 1. Februar 2012 zu einem um 30 % höheren Preis verrechnet wurde, kann ihr nicht gefolgt werden. Denn allgemeinen übergangsrechtlichen Regeln zufolge (vgl. BGE 122 V 405 E. 3b/aa S. 408 f.) kann der Aufnahme in die SL keine rückwirkende Bedeutung zukommen. Andere Anhaltspunkte, aus welchen auf Unwirtschaftlichkeit geschlossen werden könnte, werden nicht vorgebracht und ergeben sich auch nicht aus den Akten. Bei dieser Sachlage erübrigen sich Weiterungen. Wie die Preisgestaltung nach Inkrafttreten von Art. 71b KVV zu beurteilen wäre, ist vorliegend nicht zu entscheiden. 7.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass in der streitigen Zeit sämtliche Voraussetzungen für eine Kostenübernahme zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erfüllt sind. Demnach hat die Progrès, wie von der Versicherten beantragt, die Kosten der Behandlung mit Soliris auch in der Zeit vom 4. Januar 2010 bis zum 28. Februar 2011 zu übernehmen.
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Sachverhalt ab Seite 74 BGE 112 V 74 S. 74 A.- Im Kanton Basel-Stadt bestand zwischen den Basler Privatspitälern, zu denen auch das Merian-Iselin-Spital gehört, und den Basler Krankenkassen hinsichtlich des Tarifs für ambulante Behandlung ein vertragsloser Zustand. In Anwendung von Art. 22quater Abs. 3 KUVG setzte daher der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt mit Beschluss vom 12. Mai 1981 diesen Tarif in der Weise fest, dass vom 1. Juli 1981 hinweg auf den allgemeinen Basler Spitaltarifen eine Reduktion von 20% vorzunehmen sei. Gegen diesen Beschluss liessen das Merian-Iselin-Spital, die Basler Privatspitäler-Vereinigung und weitere drei Institutionen gestützt auf Art. 22quinquies KUVG am 22. Juni 1981 beim Bundesrat Verwaltungsbeschwerde führen, der das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement am 17. März 1982 die aufschiebende Wirkung entzog. Mit Entscheid vom 12. Januar 1983 trat der Bundesrat auf die Verwaltungsbeschwerde nicht ein (VPB 1982 Nr. 72 S. 465). B.- Am 3. Februar 1982 wurde die bei der Schweizerischen Krankenkasse Helvetia versicherte Johanna Perrin im Merian-Iselin-Spital ambulant untersucht, wofür ihr das Spital am 2. März 1982 in der Höhe von Fr. 306.-- Rechnung stellte, ohne die 20%ige Reduktion gemäss Regierungsratsbeschluss vorzunehmen. Die Versicherte beglich die Rechnung, erhielt aber von der BGE 112 V 74 S. 75 Krankenkasse nur einen um den Selbstbehalt und um die 20% reduzierten Betrag (Fr. 221.80) rückvergütet. C.- Nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesrat verlangte Johanna Perrin vom Merian-Iselin-Spital die Rückerstattung von 20% des Rechnungsbetrages (Fr. 59.50). Nachdem hierüber keine Einigung erzielt werden konnte, erhob die Krankenkasse für Johanna Perrin gemäss Art. 25 Abs. 3 KUVG Klage beim Krankenkassen-Schiedsgericht des Kantons Basel-Stadt. Sie verlangte vom Merian-Iselin-Spital die Rückerstattung von Fr. 59.50 mit der Begründung, der Beschluss des Regierungsrates vom 12. Mai 1981 sei rückwirkend auf den 1. Juli 1981 in Kraft getreten; daran ändere nichts, dass die Verwaltungsbeschwerde vom 1. Juli 1981 bis 17. März 1982 aufschiebende Wirkung gehabt habe, denn durch den Entscheid des Bundesrates sei der Suspensiveffekt dahingefallen. Das Schiedsgericht hiess die Klage mit Entscheid vom 27. März 1984 gut und verhielt das Merian-Iselin-Spital zur Bezahlung von Fr. 59.50 an die Versicherte. D.- Das Merian-Iselin-Spital lässt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Aufhebung dieses Entscheides und die Abweisung der Klage beantragen. Die Krankenkasse Helvetia trägt für Johanna Perrin auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Auch das Bundesamt für Sozialversicherung stellt den Antrag, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Die Verwaltungsbeschwerde, welche das Merian-Iselin-Spital beim Bundesrat einreichte, hatte gemäss Art. 55 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 77 VwVG aufschiebende Wirkung. Bis zum 17. März 1982, als das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in Anwendung von Art. 55 Abs. 2 VwVG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzog, war somit der angefochtene Regierungsratsbeschluss vom 12. Mai 1981, der am 1. Juli 1981 hätte "in Wirksamkeit" treten sollen, nicht vollstreckbar. In diese Zeit der fehlenden Vollstreckbarkeit fiel die ambulante Untersuchung der Beschwerdegegnerin im Merian-Iselin-Spital, weshalb dieses in seiner Rechnung vom 2. März 1982 die im Regierungsratsbeschluss vorgesehene 20%ige Reduktion zunächst zu Recht nicht vornahm. BGE 112 V 74 S. 76 Es fragt sich aber, ob es dabei auch nach Erlass des bundesrätlichen Beschwerdeentscheides sein Bewenden oder ob dieser einen Einfluss auf die Geltung des Suspensiveffekts habe. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Bundesrat die Verwaltungsbeschwerde nicht materiell abwies, sondern auf Nichteintreten aus prozessualen Gründen erkannte; denn in beiden Fällen bewirkte der Entscheid, dass der Regierungsratsbeschluss in Rechtskraft trat. 2. a) Die Frage, ob der angefochtene Regierungsratsbeschluss während der Dauer des Suspensiveffekts der gegen ihn erhobenen Verwaltungsbeschwerde auch dann nicht vollstreckt werden kann, wenn er im Beschwerdeverfahren bestätigt wird, oder ob der den Beschluss bestätigende Beschwerdeentscheid die rückwirkende Aufhebung des Suspensiveffekts bewirkt, lässt sich nicht einheitlich ein für allemal beantworten. Es kommt auf die Besonderheiten des Einzelfalles und auf die jeweilige Interessenlage an ( BGE 106 Ia 159 Erw. 5). b) Es gibt Fälle, in denen es gar nicht möglich ist, die Vergangenheit rückgängig zu machen. So wäre es sinnlos, jemanden rückwirkend dazu zu verpflichten, Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen (KNAPP, Grundlagen des Verwaltungsrechts, S. 132). Gleiches gilt bezüglich des rückwirkenden Entzugs eines Führerscheins, den der Betroffene dank dem Suspensiveffekt bis zum Datum des Endentscheides besass; abgesehen davon würde sich der Motorfahrzeugführer im nachhinein einer Strafverfolgung aussetzen, wenn er während des seinerzeit geltenden, nun aber rückwirkend aufgehobenen Suspensiveffekts ein Motorfahrzeug geführt hätte (GRISEL, Traité de droit administratif, S. 923; BGE 106 Ia 158 f.), eine Folge, die unhaltbar wäre. Sodann gibt es Fälle, in denen sich die nachträgliche Vollstreckung für die Dauer des geltenden Suspensiveffekts aus praktischen Gründen gar nicht realisieren liesse. So verhielt es sich bei der Beschwerde einiger Erdölgesellschaften gegen eine Verfügung des Preisüberwachers, mit welcher ihnen unter Entzug des Suspensiveffekts eine Preiserhöhung untersagt worden war ( BGE 99 Ib 215 ); eine nachträgliche Aufhebung des Suspensiveffekts hätte jenen Firmen nichts genützt, weil es praktisch unmöglich gewesen wäre, von allen in der Zwischenzeit belieferten Kunden die Preisdifferenz nachzufordern ( BGE 106 Ia 159 ). Anders verhält es sich diesbezüglich bei einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend die Erhöhung der Prämien der Motorfahrzeughaftpflichtversicherung. Einerseits lässt sich die Prämienerhöhung BGE 112 V 74 S. 77 ohne weiteres nachfordern. Anderseits durfte die der Beschwerde zuteil gewordene aufschiebende Wirkung nicht zur Folge haben, dass die Versicherungsgesellschaften die erhöhten Prämien erst für die Zeit nach dem bundesgerichtlichen Urteil über die Verwaltungsgerichtsbeschwerde hätten einfordern können. Denn es gilt der Grundsatz, dass die aufschiebende Wirkung nicht dem unterliegenden Beschwerdeführer zum Schaden des obsiegenden Beschwerdegegners einen materiell-rechtlichen Vorteil bringen darf (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 245, und GYGI, Aufschiebende Wirkung und vorsorgliche Massnahmen in der Verwaltungsrechtspflege, in: ZBl 77/1976, S. 11 f.; BGE 106 Ia 158 ff.). c) Somit muss in jedem einzelnen Fall geprüft werden, welche Tragweite vernünftigerweise dem Suspensiveffekt zuzumessen ist bzw. welchen Zwecken er vernünftigerweise und legitimerweise dienen soll ( BGE 106 Ia 159 Erw. 5). Diese Auffassung vertritt auch GRISEL (S. 922 f.). GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege (S. 245), und KNAPP (S. 132 f.) neigen dazu, in den meisten Fällen eine rückwirkende Aufhebung des Suspensiveffekts anzunehmen. Dieselbe Betrachtungsweise lässt sich indirekt auch dem Urteil BGE 105 V 266 entnehmen. 3. Demnach fragt es sich also auch im vorliegenden Fall, welche Gründe für und welche gegen eine rückwirkende Aufhebung des Suspensiveffekts sprechen. a) Der Beschwerdeführer weist zunächst darauf hin, dass eine rückwirkende Aufhebung des Suspensiveffekts eine nachträgliche Änderung einer Unzahl von Rechtsverhältnissen zur Folge hätte, die zwischen dem 1. Juli 1981 und dem 17. März 1982 vollendet worden sind. Selbst wenn dem so wäre, würde dies die nachträgliche Vollstreckung des Regierungsratsbeschlusses für die fragliche Zeit faktisch nicht verunmöglichen. Die Rechnungsunterlagen betreffend die ambulanten Behandlungen zwischen dem 1. Juli 1981 und 17. März 1982 müssen beim Beschwerdeführer vorhanden sein, was erlauben würde, ohne unzumutbaren administrativen Aufwand die 20%ige Reduktion gemäss Regierungsratsbeschluss vorzunehmen und die entsprechenden Beträge den Berechtigten zurückzuerstatten. Der nachträgliche Vollzug des Regierungsratsbeschlusses erweist sich also weder als unmöglich, noch zeitigt er unerwünschte oder unzumutbare Folgen. b) Der Beschwerdeführer meint ferner, es müsse unterschieden werden zwischen den ordentlichen Rechtsmitteln einerseits, die BGE 112 V 74 S. 78 sich gegen einen noch nicht rechtskräftigen Entscheid richten, und den ausserordentlichen Rechtsmitteln anderseits, die gegen einen rechtskräftigen Entscheid gerichtet sind. Nur beim ausserordentlichen Rechtsmittel - das sich gegen einen rechtskräftigen Entscheid richtet und wo die aufschiebende Wirkung durch eine prozessleitende Verfügung angeordnet werden muss - sei es denkbar, dass der Suspensiveffekt im Falle der späteren Abweisung des Rechtsmittels rückwirkend auf den Zeitpunkt der bereits eingetretenen Rechtskraft des angefochtenen Entscheides wieder dahinfalle. Im Gegensatz dazu bestehe beim ordentlichen Rechtsmittel bis zum Endentscheid noch keine Rechtskraft. Da es sich bei der Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat um ein ordentliches Rechtsmittel handle, könne der Regierungsratsbeschluss nicht vollstreckt werden, bevor er in Kraft getreten sei. Soweit sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf GULDENER (Schweizerisches Zivilprozessrecht) auf zivilprozessuale Grundsätze beruft, sind seine Darlegungen nicht stichhaltig. Es trifft zwar zu, dass die Unterscheidung zwischen ordentlichen und ausserordentlichen Rechtsmitteln nicht nur dem Zivilprozess, sondern auch dem öffentlichrechtlichen Prozess eigen ist. Aber es müssen sich nicht notwendigerweise dieselben Folgerungen wie im Zivilprozess ergeben. Bezüglich der aufschiebenden Wirkung im öffentlichrechtlichen Prozess unterscheidet weder die Rechtsprechung noch die Lehre zwischen ordentlichen Rechtsmitteln (Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbeschwerde) und ausserordentlichen Rechtsmitteln (z.B. staatsrechtliche Beschwerde). Der mehrfach zitierte BGE 106 Ia 155 betraf eine staatsrechtliche Beschwerde. Die Präjudizien, welche das Bundesgericht in diesem Urteil anruft ( BGE 99 Ib 51 und 215), hatten aber gerade ordentliche Rechtsmittel zum Gegenstand. Und schliesslich beziehen sich die Ausführungen in der Literatur ganz generell auf alle Arten von Rechtsmitteln, wenn nicht gar vorwiegend auf die ordentlichen (vgl. auch KNAPP, L'effectivité des décisions de justice, in: ZBl 86/1985, S. 465 ff.). c) Einer der wesentlichsten Gesichtspunkte für die Beurteilung der Streitfrage besteht darin, dass "der durch die aufschiebende Wirkung ausgelöste Schwebezustand dem unterliegenden Beschwerdeführer nicht zum Schaden des Beschwerdegegners einen Vorteil einbringen darf" (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, S. 245; BGE 106 Ia 160 ). Das aber wäre der Fall, wenn man der Auffassung des Beschwerdeführers folgen würde. Daran vermag BGE 112 V 74 S. 79 nichts zu ändern, was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird. Demnach hat es bei der auf den 1. Juli 1981 rückwirkenden Aufhebung des Suspensiveffekts sein Bewenden. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer verpflichtet ist, der Beschwerdegegnerin den Betrag von Fr. 59.50 zurückzuerstatten.
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Sachverhalt ab Seite 417 BGE 119 Ib 417 S. 417 Der pakistanische Staatsangehörige R. reiste am 26. April 1990 in die Schweiz ein und stellte am folgenden Tag ein Asylgesuch. Am 6. August 1990 heiratete er die Schweizerin B.; das Asylgesuch zog er in der Folge zurück. Am 20. Dezember 1990 wurde ihm von der BGE 119 Ib 417 S. 418 Fremdenpolizei des Kantons Basel-Stadt eine bis zum 6. August 1991 befristete Aufenthaltsbewilligung ausgestellt. Mit Verfügung vom 4. April 1991 widerrief die kantonale Fremdenpolizei die Aufenthaltsbewilligung, mit der Begründung, eine Grundlage für deren Erteilung habe nie bestanden; der erforderliche Aufenthaltszweck sei durch die formelle Eheschliessung mit einer Schweizerin lediglich vorgetäuscht worden. Rekurse an das Polizei- und Militärdepartement sowie an den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt blieben erfolglos. Die von R. erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde weist das Bundesgericht ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde aus gegen die Erteilung oder Verweigerung von fremdenpolizeilichen Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Die dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegende Verfügung der kantonalen Fremdenpolizei vom 4. April 1991 hat nicht die Erteilung bzw. die Verweigerung einer solchen Bewilligung zum Gegenstand, sondern deren Widerruf. Solche Verfügungen fallen nicht unter die erwähnte Ausnahmebestimmung und können in jedem Fall mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden ( Art. 101 lit. d OG ; vgl. BGE 98 Ib 85 E. 1a S. 88). Indessen ist zu beachten, dass die dem Beschwerdeführer erteilte Aufenthaltsbewilligung auf den 6. August 1991 befristet war. Die Frage, ob sie widerrufen werden durfte, war daher schon im kantonalen Rechtsmittelverfahren gegenstandslos, nachdem diese Frist inzwischen abgelaufen war. Es konnte sich nur noch die Frage stellen, ob die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern sei. In diesem Sinne lautet denn auch der Antrag des Beschwerdeführers. Es ist damit als Eintretensvoraussetzung zu prüfen, ob ein Anspruch auf Bewilligung besteht. b) Gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, SR 142.20) entscheidet die zuständige Behörde, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und Niederlassung. Der Ausländer hat damit grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung (bzw. Verlängerung) einer Aufenthaltsbewilligung, und die BGE 119 Ib 417 S. 419 Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ausgeschlossen, soweit er sich nicht auf eine Norm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen kann, die ihm einen Anspruch auf eine solche Bewilligung einräumt. c) Nach Art. 7 Abs. 1 ANAG in der Fassung vom 23. März 1990 hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung; der Anspruch erlischt, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt. Wie das Bundesgericht in BGE 118 Ib 145 E. 3 dargelegt hat, ist in diesem Zusammenhang einzig darauf abzustellen, ob formell eine eheliche Beziehung besteht; ob die Ehe tatsächlich gelebt wird und intakt ist, ist dagegen nicht massgebend. Es scheint freilich, dass sich das Bundesgericht vorbehalten wollte, anders zu entscheiden, wenn die Ehegatten überhaupt nie zusammengelebt haben ( BGE 118 Ib 145 E. 3d S. 151). Die dem Entscheid zugrundeliegende ratio spricht aber zwingend dafür, dass es allein auf den Bestand des formellen Ehebandes ankommen kann. Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, den Bewilligungsanspruch vom ehelichen Zusammenleben abhängig zu machen, damit der ausländische Ehegatte nicht der Willkür des schweizerischen ausgeliefert sei. Soll dies sichergestellt werden, darf der Anspruch nicht entgegen dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 ANAG noch von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht werden. d) Im vorliegenden Fall lebt der Beschwerdeführer zwar getrennt von seiner Ehefrau, die gegen ihn die Scheidungsklage eingeleitet hat. Die Scheidung ist aber noch nicht ausgesprochen worden. Der Beschwerdeführer hat daher grundsätzlich Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit einzutreten. Die Frage, ob die Bewilligung zu verweigern sei, weil einer der in Art. 7 ANAG vorgesehenen Ausnahmetatbestände oder allenfalls ein Verstoss gegen das Rechtsmissbrauchsverbot gegeben ist, betrifft nicht das Eintreten, sondern bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung ( BGE 118 Ib 145 E. 3d S. 151). 4. a) Nach Art. 7 Abs. 2 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers dann keinen Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen. Diese Bestimmung ist dem früheren Art. 120 Ziff. 4 ZGB betreffend die sogenannte Bürgerrechtsehe nachgebildet. Danach war eine BGE 119 Ib 417 S. 420 Ehe dann nichtig, wenn die Ehefrau nicht eine Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Vorschriften über die Einbürgerung umgehen wollte. Mit der am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Revision des Bundesgesetzes vom 23. März 1990 über den Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (SR 141.0) wurde Art. 3 dieses Gesetzes, wonach die Ausländerin durch Heirat mit einem Schweizer automatisch das Schweizer Bürgerrecht erwarb, aufgehoben (AS 1991, 1034). Damit verlor der Tatbestand der Bürgerrechtsehe seine Grundlage, weshalb Art. 120 Ziff. 4 ZGB ebenfalls gestrichen wurde (AS 1991, 1042). Dem ausländischen Ehegatten eines Schweizer Bürgers wurde aber, wie bereits erwähnt, im revidierten Art. 7 Abs. 1 ANAG ein Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eingeräumt, der übrigens nicht nur der ausländischen Ehefrau eines Schweizers, sondern auch dem ausländischen Ehemann einer Schweizerin zugute kommt. Da die Gefahr, diese Vorschrift könnte durch Eingehung einer blossen Scheinehe umgangen werden, in gleicher Weise besteht wie im Falle des früheren Bürgerrechtserwerbs durch Heirat, wurde für solche "Aufenthalts-" bzw. "Niederlassungsehen" in Art. 7 Abs. 2 ANAG ein ähnlicher Missbrauchstatbestand geschaffen, wie er in Art. 120 Ziff. 4 ZGB für die klassischen Bürgerrechtsehen vorgesehen war (Amtl.Bull. 1988 S 208 und 1990 S 125 (Jagmetti), 1989 N 1459 (Humbel)). b) Dass Ehegatten mit der Heirat nicht eine eheliche Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern umgehen wollen, entzieht sich in der Regel dem direkten Beweis und kann wie bei der Bürgerrechtsehe (vgl. dazu BGE 98 II 1 ) nur durch Indizien nachgewiesen werden. Solche Indizien können namentlich darin erblickt werden, dass dem Ausländer die Wegweisung droht, etwa weil seine Aufenthaltsbewilligung nicht verlängert oder sein Asylgesuch abgewiesen worden ist bzw. er mit dessen Abweisung rechnen muss. Für das Vorliegen einer Ausländerrechtsehe können sodann die Umstände und die Dauer der Bekanntschaft sprechen sowie insbesondere die Tatsache, dass die Ehegatten eine Wohngemeinschaft gar nie aufgenommen haben. Dass die Begründung einer wirklichen Lebensgemeinschaft gewollt war, kann umgekehrt nicht schon daraus abgeleitet werden, dass die Ehegatten während einer gewissen Zeit zusammenlebten und intime Beziehungen unterhielten; ein derartiges Verhalten kann auch nur vorgespiegelt sein, um die Behörden BGE 119 Ib 417 S. 421 zu täuschen (vgl. BGE 98 II 1 E. 2c; PETER KOTTUSCH, Scheinehen aus fremdenpolizeilicher Sicht, ZBl 84/1983 S. 432 f.). c) Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten folgendes: Der aus Pakistan stammende Beschwerdeführer reiste am 26. April 1990 in die Schweiz ein. Am folgenden Tag stellte er ein Asylgesuch. Er verfügte somit nicht über ein gesichertes Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Schon am 6. August 1990 erfolgte die Heirat mit einer Schweizerin. Über die Umstände der Bekanntschaft ist nichts bekannt. Auf jeden Fall war deren Dauer sehr kurz, zumal in Rechnung zu stellen ist, dass der Trauung das amtliche Verkündverfahren vorauszugehen hatte. Die Heirat als solche verschaffte dem Beschwerdeführer nach den damals geltenden ausländerrechtlichen Bestimmungen des ANAG zwar keinen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung; dennoch verbesserte sich sein fremdenpolizeilicher Status erheblich, denn auch aufgrund der in Art. 8 EMRK verankerten Garantie des Familienlebens war die Fremdenpolizei grundsätzlich verpflichtet, ihm eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Wohl hing die Erteilung einer Bewilligung nach der Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK davon ab, dass die Ehe auch tatsächlich gelebt würde. Praktisch lässt sich aber regelmässig erst nach einer gewissen Zeit feststellen, ob diese Voraussetzung erfüllt ist. Die Fremdenpolizei hat denn dem Beschwerdeführer vorerst auch eine Aufenthaltsbewilligung erteilt. Die Ehegatten nahmen jedoch in der Folge das Zusammenleben nicht auf. Bei der von ihnen damals genannten Adresse handelte es sich um die Wohnung der Mutter der Ehefrau, welche aber am 5. September 1990 gegenüber der Polizei erklärte, dass zwar ihre Tochter weiterhin bei ihr wohne, nicht aber der Beschwerdeführer. Sie sei der Meinung, der Beschwerdeführer habe ihre Tochter "nur der Bewilligung wegen" geheiratet. Am 4. Januar 1991 sprach die Ehefrau beim Eheschutzrichter vor und verlangte das Getrenntleben mit der Begründung, sie sehe ihren Mann nie und wisse nicht, wo er sich aufhalte. Am 28. Januar 1991 gab sie gegenüber der Polizei zu Protokoll, sie habe sich von ihrem Mann gerichtlich trennen lassen und wolle nichts mehr mit ihm zu tun haben; er habe sie darum gebeten, ihn zu heiraten, damit er die Papiere erhalte, um hier in der Schweiz bleiben zu können; sie habe gewusst, dass er hätte abreisen sollen, und habe daher Bedauern mit ihm gehabt. Eine gemeinsame Wohnung hätten sie nie gehabt. Weder vor noch nach der Eheschliessung hätten sie jemals geschlechtlich miteinander verkehrt. BGE 119 Ib 417 S. 422 Gestützt auf diese Erklärung widerrief die Fremdenpolizei am 4. April 1991 die Aufenthaltsbewilligung. Nur wenige Tage später, nämlich am 11. April 1991, erklärte die Ehefrau dem Eheschutzrichter freilich, sie lebe wieder mit ihrem Ehemann zusammen, und zwar in der ehelichen Wohnung in Basel. Am 14. Dezember 1992 gab sie jedoch zu Protokoll, sie habe diese Aussage nur gemacht, damit ihr Ehemann die Schweiz nicht verlassen müsste. In Wirklichkeit habe sie nie mit ihm in Ehegemeinschaft gelebt. Im Eheschutz- bzw. Scheidungsverfahren hatte der Gerichtspräsident in seiner Verfügung vom 19. Februar 1992 seinerseits festgehalten, dass die Parteien "mindestens seit dem 4. Juli 1991" getrennt seien. d) Diese Umstände lassen in ihrer Gesamtheit keinen anderen Schluss zu, als dass der Beschwerdeführer nicht eine wirkliche Ehe führen wollte, sondern dass es ihm bei seiner Heirat nur darum ging, sich ein Anwesenheitsrecht in der Schweiz zu verschaffen, zumal er nicht mit der Gutheissung seines Asylgesuchs rechnen konnte. Der Beschwerdeführer behauptet freilich, er habe seine Frau aus Liebe und Zuneigung geheiratet, und nicht etwa, um sich den Aufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen; Tatsache sei, dass die Ehefrau ihn im Frühjahr 1991 verlassen habe; da sie sich in der Folge immer wieder zu anderen Männern hingezogen gefühlt habe, sei es bisweilen wieder zu Trennungen gekommen; offiziell sei die Ehefrau aber immer an derselben Adresse wie er polizeilich gemeldet gewesen. Diese Ausführungen sind indessen angesichts des soeben geschilderten Ablaufs der Dinge nicht glaubhaft. Auf die polizeilichen Meldeverhältnisse kann es dabei zum vornherein nicht ankommen. Die Ehefrau hat den Beschwerdeführer sodann nicht erst im Frühling 1991 verlassen. Vielmehr muss aufgrund der Erklärung der Mutter der Ehefrau vom September 1990 und deren eigener Aussagen vor dem Eheschutzrichter und der Polizei vom Januar 1991 angenommen werden, dass ein eigentliches Eheleben bis zu jenem Zeitpunkt gar nicht aufgenommen worden war. Dass es dennoch zu Kontakten zwischen den Eheleuten kam und diese möglicherweise eine gewisse Zeit lang auch zusammengelebt haben mochten, ist nach dem Gesagten nicht von entscheidender Bedeutung. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, wie es sich mit der - später wieder widerrufenen - Erklärung der Ehefrau vom 11. April 1992 verhält, wonach sie wieder mit dem Ehemann zusammenlebe. Auf jeden Fall dauerte das Zusammenleben nur kurze Zeit. Im übrigen fällt auf, dass die erwähnte Erklärung nur wenige Tage nach dem Widerruf der Aufenthaltsbewilligung abgegeben worden BGE 119 Ib 417 S. 423 ist. Das lässt es als glaubhaft erscheinen, dass die Ehefrau diese Aussage nur deswegen machte, um die Wegweisung des Beschwerdeführers zu verhindern. Offenbar hatte sie Mitleid mit ihm. Die Annahme, der Beschwerdeführer habe diese Gefühle ausgenützt, indem er seine Ehefrau dazu bewog, ihn zu heiraten, um ihm den Aufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen, ohne dass er je die Absicht hatte, mit ihr eine wirkliche Ehe zu führen, drängt sich unter diesen Umständen geradezu auf. Dieser Schluss lässt sich um so weniger in Zweifel ziehen, wenn berücksichtigt wird, dass die Ehefrau vom Vertreter des Beschwerdeführers selber als "geistig etwas behindert" geschildert wird. e) Es erscheint damit als erstellt, dass der Beschwerdeführer die Schweizer Bürgerin B. nur geheiratet hat, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer zu umgehen. Damit entfällt der Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung.
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Sachverhalt ab Seite 771 BGE 132 III 770 S. 771 A. Die Foot Locker Retail Inc. (Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin) beantragte am 6. April 2004 Markenschutz für das Zeichen COLORADO für folgende Waren (Markeneintragungsgesuch 52266/2004) der Klassen 18: "Taschen, nämlich Schultertaschen, Allzwecksporttaschen, Tornister, Rucksäcke, Handtaschen, Kleidersäcke, Trag- und Reisetaschen." 25: "Kopfbedeckungen, Schuhwaren, Schuhe und Freizeitbekleidung, nämlich Freizeithosen, Hemden, Unterhosen, Jacken, Jeans, Westen, Sweatshirts, Jogginganzüge, T-Shirts, Trainerhosen, kurze Hosen, Pullover und Socken." Die schwarz-weiss hinterlegte Wort-/Bildmarke sieht wie folgt aus: Das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) wies das Markeneintragungsgesuch mit Verfügung vom 23. Februar 2005 gestützt auf Art. 2 lit. c in Verbindung mit Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG (SR 232.11) zurück. Zur Begründung führte das IGE im Wesentlichen aus, in schweizerischen Verkehrskreisen werde COLORADO mit den USA in Verbindung gebracht und sowohl Kleidungsstücke wie Lederwaren würden in diesem US-Bundesstaat auch hergestellt, weshalb das Zeichen für Waren, die nicht aus den USA stammen, täuschend sei. B. Mit Entscheid vom 5. Mai 2006 hiess die Eidgenössische Rekurskommission für Geistiges Eigentum die Beschwerde der Gesuchstellerin gut, hob die Verfügung des IGE vom 23. Februar 2005 auf und wies dieses an, dem Markeneintragungsgesuch 52266/2004 vollumfänglich zu entsprechen. Sie ging zwar mit dem IGE davon aus, dass der Wortbestandteil COLORADO als geografischer BGE 132 III 770 S. 772 Hinweis - auf den Bundesstaat Colorado im mittleren Westen der USA - verstanden werde. Sie legte dar, Warenmarken mit geografischen Angaben würden in der Praxis nur mit einem Zusatz in der Warenliste eingetragen, wonach die beanspruchten Waren aus dem Land stammen müssen, auf das die Herkunftsangabe hinweist. Diese Praxis sei in der Lehre bisher nicht beanstandet worden. Die Rekurskommission kam aber zum Schluss, die Praxis müsse geändert werden, denn es bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse an der präventiven Nichteintragung von Marken, von denen ein täuschender Gebrauch gemacht werden könnte. Sie werde daher in Zukunft Marken mit einem geografischen Inhalt ohne entsprechende Einschränkung der Waren- und Dienstleistungsliste zulassen, soweit kein qualifiziertes Schutzbedürfnis vorliege. C. Das Bundesgericht heisst die vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement gegen den Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für Geistiges Eigentum gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 2 lit. c MSchG sind irreführende Zeichen vom Markenschutz absolut ausgeschlossen. Dieser Ausschlussgrund gilt als Schutzverweigerungsgrund auch gemäss Art. 6 quinquies lit. B Ziff. 3 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 (PVÜ; SR 0.232.04). 2.1 Irreführend ist eine Marke unter anderem dann, wenn sie eine geografische Angabe enthält oder gar ausschliesslich aus einer geografischen Bezeichnung besteht, und damit die Adressaten zur Annahme verleitet, die Ware stamme aus dem Land oder dem Ort, auf den die Angabe hinweist, obschon das in Wirklichkeit nicht zutrifft. Keine Gefahr der Irreführung besteht dagegen, wenn die geografische Angabe erkennbar Fantasiecharakter hat, offensichtlich nicht als Produktions-, Fabrikations- oder Handelsort in Frage kommt, als Typenbezeichnung erkannt wird oder sich im Verkehr als Kennzeichen für ein bestimmtes Unternehmen durchgesetzt hat ( BGE 128 III 454 E. 2.2; BGE 117 II 327 E. 1a S. 328; Urteil des Bundesgerichts 4A.5/ 1994 vom 2. August 1994, E. 3a, publ. in: PMMBl 1994 I S. 76 ff.). Ob eine geografische Bezeichnung, die als Bestandteil einer Marke verwendet werden soll, zur Täuschung des Publikums geeignet ist, BGE 132 III 770 S. 773 entscheidet sich nicht allgemein, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dazu gehören insbesondere die Bekanntheit des Wortes als geografische Angabe und als Marke, tatsächliche oder naheliegende Beziehungen zwischen dieser und zusätzlichen Angaben, welche die Täuschungsgefahr erhöhen oder beseitigen können (Urteil 4A.8/1994 vom 25. August 1995, E. 2b, publ. in: PMMBl 1996 I S. 251; WILLI, MSchG: Markenschutzgesetz, Zürich 2002, N. 227 zu Art. 2 MSchG ). Entscheidend ist, ob eine Marke beim Publikum eine Ideenverbindung zu einer bestimmten Gegend oder einem bestimmten Ort hervorruft und so mindestens indirekt die Vorstellung einer Herkunftsangabe weckt (WILLI, a.a.O., N. 226 zu Art. 2 MSchG ; DAVID, Basler Kommentar, N. 63 zu Art. 2 MSchG ; MARBACH, Markenrecht, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht [SIWR], Bd. III, 1996, S. 72 ff.). In solchen Fällen besteht die Gefahr der Irreführung, falls die mit dem Zeichen versehenen Waren nicht dort hergestellt werden ( BGE 128 III 454 E. 2.2 mit Hinweis). 2.2 Die Vorinstanz hat die Ansicht der Beschwerdegegnerin zu Recht verworfen, wonach die Wort-/Bildmarke COLORADO vom schweizerischen Publikum überwiegend als Fantasiezeichen verstanden werde. Sie hat zutreffend dargelegt, dass sowohl der Bundesstaat im mittleren Westen der USA mit der Hauptstadt Denver und seinen in den Rocky Mountains gelegenen Skistationen (z.B. Aspen) wie auch der Colorado River, der das Colorado-Plateau in der weltbekannten Schlucht des Grand Canyon durchquert, in der Schweiz als touristische Destinationen bekannt und beliebt sind. Angesichts der Fläche von rund 270'000 km 2 und der ca. 4,3 Millionen Einwohner des US-Bundesstaates ist mit der Vorinstanz ausserdem davon auszugehen, dass Colorado nicht nur touristische Dienstleister, sondern auch industrielle Produzenten aufweist. Der Vorinstanz ist überdies beizupflichten, dass der Bildbestandteil der beanspruchten Marke deren geografischen Charakter noch verstärkt, da die hintereinander gestellten Dreieck-Formen, die von einem Kreissegment überdeckt werden, naheliegend als Berge interpretiert werden, die zusammen mit dem Wortbestandteil COLORADO die Assoziation zu den Rocky Mountains wecken. Der Schluss der Vorinstanz, dass die von der Beschwerdegegnerin beanspruchte Wort-/ Bildmarke nach dem Gesamteindruck, den sie bei den Adressaten in der Schweiz hervorruft, als Hinweis auf den Bundesstaat Colorado im mittleren Westen der USA verstanden wird, ist zutreffend. BGE 132 III 770 S. 774 Es besteht daher die Gefahr der Irreführung, falls die mit dem Zeichen versehenen Waren nicht dort hergestellt werden. 2.3 Das IGE begegnet der Gefahr der Irreführung der schweizerischen Markenadressaten in seiner bisherigen Praxis dadurch, dass es Zeichen mit geografischem Hinweis als Marken nur für Waren registriert, für deren geografische Herkunft der Hinweis wahr ist. Das beschwerdeführende Departement will in diesem Sinne die Eintragung einschränken auf Waren US-amerikanischer Herkunft. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid diese Praxis als unverhältnismässig erachtet und dafürgehalten, sie sei zu ändern. 3. Herkunftsangaben sind nach Art. 47 Abs. 1 MSchG direkte oder indirekte Hinweise auf die geografische Herkunft von Waren oder Dienstleistungen, einschliesslich Hinweisen auf die Beschaffenheit oder Eigenschaften, die mit der Herkunft zusammenhängen. Der Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben ist unzulässig; ebenso der Gebrauch von Bezeichnungen, die mit einer unzutreffenden Herkunftsangabe verwechselbar sind, und von Namen, Adressen oder Marken im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen fremder Herkunft, wenn sich daraus eine Täuschungsgefahr ergibt ( Art. 47 Abs. 3 MSchG ). 3.1 Im Unterschied zum alten Gesetz gilt nach der Definition des geltenden Art. 47 MSchG jede Angabe als Herkunftsangabe, die direkt oder indirekt als Hinweis auf die geografische Herkunft eines Produkts verstanden wird, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die geografische Herkunft dem bezeichneten Produkt einen bestimmten Ruf verleiht (Botschaft des Bundesrates vom 21. November 1990, BBl 1991 I 38 f.; DAVID, Basler Kommentar, N. 6 zu Art. 47 MSchG ; MEISSER/ASCHMANN, Herkunftsangaben und andere geographische Bezeichnungen, SIWR, Bd. III/2, 2005, S. 273; WILLI, a.a.O., N. 1 zu Art. 47 MSchG ; GLAUS, Alle geographischen Herkunftsangaben sind schützenswert, Binsenwahrheiten des Immaterialgüterrechts, Festschrift für Lucas David, Zürich 1996, S. 89; LORENZ HIRT, Der Schutz schweizerischer Herkunftsangaben, Diss. Bern 2003, S. 9 f.; SIMON HOLZER, Geschützte Ursprungsbezeichnungen [GUB] und geschützte geographische Angaben [GGA] landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Bern 2005, S. 10). Der Verkehr soll vor täuschenden oder irreführenden Erwartungen über die geografische Herkunft bewahrt werden, auch wenn damit keine bestimmten Erwartungen an Qualität, Eigenschaften oder Wertschätzung der gekennzeichneten BGE 132 III 770 S. 775 Produkte geweckt werden (WILLI, a.a.O., N. 5 vor Art. 47 MSchG ; HIRT, a.a.O., S. 38 ff.; MEISSER/ASCHMANN, a.a.O., S. 157; GLAUS, a.a.O., S. 91). Das geltende Recht unterscheidet sich durch den Umstand, dass Herkunftsangaben unbesehen ihres Einflusses auf die bezeichneten Produkte geschützt sind, nicht nur vom aMSchG, sondern auch von ausländischen Regelungen sowie von Sonderschutzbestimmungen in anderen Erlassen (vgl. dazu MEISSER/ASCHMANN, a.a.O., S. 159 f.). Die Beurteilungskriterien für die Gefahr der Täuschung oder Irreführung über die geografische Herkunft sind weitgehend dieselben, die für das Irreführungsverbot gemäss Art. 2 lit. c MSchG gelten (DAVID, a.a.O., N. 5 zu Art. 47, N. 62 ff. zu Art. 2 MSchG ; MARBACH, a.a.O., S. 72 ff.; HIRT, a.a.O., S. 91). 3.2 Die Vorinstanz stellt in Frage, ob die Einschränkung der Waren- oder Dienstleistungsliste auf Produkte, für welche die erwartete geografische Herkunft zutrifft, ein geeignetes Mittel sei, den Gebrauch täuschender geografischer Herkunftsangaben zu verhindern. Sie weist zwar zutreffend darauf hin, dass den Registerbehörden jede Einwirkungsmöglichkeit auf den Gebrauch der Marke fehlt. Sie verkennt jedoch, dass nicht allein der Gebrauch von Zeichen mit täuschenden Angaben über die geografische Herkunft verboten ist ( Art. 47 MSchG ), sondern dass solche Zeichen schon vom Markenschutz absolut ausgeschlossen sind ( Art. 2 lit. c MSchG ) und daher nicht ins Register eingetragen werden dürfen ( Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG ). Dass grundsätzlich die Einschränkung der im Register eingetragenen Warenliste ein geeignetes Mittel zur Durchsetzung des Verbotes der Registrierung von Zeichen ist, die vom Markenschutz absolut ausgeschlossen sind, wird nicht nur in der im angefochtenen Entscheid zitierten Literatur anerkannt, sondern ergibt sich auch daraus, dass die Vorinstanz selbst die bisherige Einschränkungspraxis unter bestimmten Voraussetzungen beibehalten will, in denen sie ein qualifiziertes Schutzbedürfnis anerkennt. Die Einschränkung ist für die Durchsetzung des Verbots der Registrierung irreführender, vom Markenschutz absolut ausgeschlossener Zeichen erforderlich; mit der von der Vorinstanz als milderes Mittel befürworteten unbeschränkten Eintragung für Waren auch anderer geografischer Herkunft bleibt Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG unbeachtet. Die Einschränkung der Warenliste ist entgegen der Ansicht der Vorinstanz verhältnismässig. Aus der Feststellung, dass das schweizerische Publikum mit dem Zeichen eine bestimmte Erwartung geografischer Herkunft der beanspruchten Waren oder BGE 132 III 770 S. 776 Dienstleistungen verbindet, folgt ohne weiteres, dass das Zeichen für Produkte anderer Herkunft irreführend ist (vgl. oben E. 2.1). Soweit die Vorinstanz aus Art. 48 MSchG ableiten wollte, die Um stände für die Erwartungen des Publikums an die geografische Herkunft ergäben sich (erst) aus dem Gebrauch der Marke, kann ihr nicht gefolgt werden. Die in Art. 48 MSchG genannten Kriterien konkretisieren vielmehr auch für die Beurteilung des Schutzausschlussgrundes von Art. 2 lit. c MSchG die Erwartungen, die nach allgemeiner Lebenserfahrung die geografische Herkunft von Waren bestimmen. Auf der - durch keine tatsächlichen Erhebungen widerlegten - allgemeinen Lebenserfahrung beruht auch die ständige Praxis, wonach ohne besondere Umstände eine geografische Bezeichnung vom schweizerischen Publikum auf das Land, nicht auf eine eingeschränkte Gegend im Ausland, bezogen wird ( BGE 117 II 327 E. 2a S. 330; kritisch MEISSER/ASCHMANN, a.a.O., S. 282). 3.3 Die Vorinstanz anerkennt die bisherige Einschränkungspraxis für Fälle, in denen ein qualifiziertes Schutzbedürfnis der Herkunftsangabe besteht. Eine Einschränkung auf Waren der angegebenen geografischen Herkunft hält sie für gerechtfertigt, wenn - eine Marke mit geografischem Inhalt für Bodenprodukte bestimmt ist, - eine Marke mit geografischem Inhalt für Waren oder Dienstleistungen bestimmt ist, für welche der betreffende Ort nach Auffassung des schweizerischen Publikums einen besonderen Ruf geniesst, - die in einer Marke enthaltene geografische Angabe auf einer Namensliste figuriert, die auf Grund zwei- oder mehrseitiger Abkommen über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen oder anderen geografischen Bezeichnungen für die Schweiz verbindlich ist, oder - eine Marke die Bezeichnung eines Staates in substantivischer oder adjektivischer Form oder dessen Wappen, Flagge oder andere staatliche Hoheitszeichen im Sinne von Art. 6 ter der PVÜ enthält. Die Vorinstanz begründet im angefochtenen Urteil ihre Ansicht nicht, weshalb sie in diesen Fällen die Täuschungsgefahr im Unterschied zu anderen unwahren Angaben über die geografische Herkunft bejaht. Soweit sich aus der Umschreibung ergibt, dass die BGE 132 III 770 S. 777 Vorinstanz den Schutz geografischer Herkunftsangaben auf Fälle beschränken will, in denen die geografische Angabe den Ruf, die Wertschätzung oder die erwarteten Eigenschaften des Produktes beeinflusst, kann ihr nach geltendem Recht nicht gefolgt werden (oben E. 3.1). Die Angaben über die geografische Herkunft müssen nach geltendem Recht wahr sein ohne Rücksicht darauf, ob sie einen Einfluss auf die Qualitätserwartungen der Adressaten an die gekennzeichneten Produkte haben. Der gesetzgeberische Wille, der in Art. 47 MSchG zum Ausdruck gebracht wird, dem die bisherige Praxis des Bundesgerichts entspricht und der in der herrschenden Lehre nicht kritisiert wird, wird in der Registerpraxis mit der Einschränkung der Warenliste durchgesetzt. Deren Einschränkung auf qualitätsbestimmende Herkunftsangaben rechtfertigt sich auch nicht wegen allfälliger praktischer Probleme bei der Bestimmung der tatsächlichen geografischen Herkunft im Einzelfall, die im angefochtenen Entscheid wohl überzeichnet und ausserdem mit der befürworteten Einschränkung auf bestimmte, den Ruf beeinflussende geografische Angaben nicht behoben werden. 4. Eine Änderung der Praxis lässt sich regelmässig nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelter Rechtsanschauung entspricht; andernfalls ist die bisherige Praxis beizubehalten ( BGE 127 II 289 E. 3a mit Verweisen). Die Voraussetzungen für eine Praxisänderung sind vorliegend nicht erfüllt. Die ratio legis des Schutzes geografischer Herkunftsangaben liegt unverändert im Schutz des Publikums vor einer Täuschung über die geografische Herkunft der Waren, wobei nach dem geltenden Art. 47 MSchG ohne Bedeutung ist, ob die geografische Herkunft den Ruf, die Eigenschaften oder die Wertschätzung der gekennzeichneten Ware beeinflusst. Vom Markenschutz absolut ausgeschlossen sind gemäss Art. 2 lit. c MSchG insbesondere Zeichen, die täuschende Angaben über die geografische Herkunft der gekennzeichneten Waren enthalten; sie dürfen nach Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG nicht ins Markenregister eingetragen werden. Zur Beachtung dieser Vorschrift ist die Einschränkung des Markenschutzes auf Waren, für welche die im Zeichen angegebene geografische Herkunft zutrifft, erforderlich und verhältnismässig. Für eine Veränderung der äusseren Verhältnisse oder der Rechtsanschauung seit dem Erlass des geltenden Markenschutzgesetzes im Jahre 1992 bestehen keine Anhaltspunkte und es werden im angefochtenen Entscheid auch keine Umstände BGE 132 III 770 S. 778 aufgeführt, die auf eine solche Veränderung hindeuten könnten. Im Übrigen hat die Vorinstanz zutreffend erwogen, dass die Wort-/Bildmarke COLORADO vom schweizerischen Publikum als Angabe der geografischen Herkunft der Waren verstanden wird, für welche die Beschwerdegegnerin Markenschutz beansprucht. Es kann ihr dagegen nicht gefolgt werden, wenn sie die Einschränkung des Markenschutzes auf Waren, für welche die geografische Herkunftsangabe tatsächlich zutrifft, für rechtswidrig erklärt. Das beschwerdeführende Departement beantragt zu Recht die Einschränkung der Eintragung im Register auf Waren, für welche die geografische Herkunftsangabe zutrifft, weil sie entsprechend den Erwartungen des schweizerischen Publikums aus den USA stammen.
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Sachverhalt ab Seite 156 BGE 143 IV 154 S. 156 A. Das Kriminalgericht Luzern sprach A. mit Urteil vom 5. Februar 2015 vom Vorwurf der Vergewaltigung frei und verwies die Zivilforderungen der Privatklägerin X. an den Zivilrichter. Die Kosten des Verfahrens wurden vollumfänglich dem Staat überbunden, so auch die Kosten der unentgeltlichen Verbeiständung der Privatklägerin von Fr. 2'908.70 für das Untersuchungsverfahren und von Fr. 2'549.90 für das Gerichtsverfahren. Gegen den Freispruch erhoben die Staatsanwaltschaft und X. Berufung. B. Das Kantonsgericht Luzern sprach A. am 26. November 2015 vom Vorwurf der Vergewaltigung ebenfalls frei und verwies die Zivilforderungen von X. an den Zivilrichter. Es bestätigte den erstinstanzlichen Kostenspruch und auferlegte die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte X. und dem Staat. Es verpflichtete X. gestützt auf Art. 135 Abs. 4 StPO , dem Kantonsgericht die ihr auferlegte Hälfte der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens (Fr. 2'000.-) sowie die gesamten Kosten ihrer unentgeltlichen Verbeiständung in allen Verfahren von Fr. 9'288.80 zu bezahlen, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zulassen. C. X. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 26. November 2015 sei im Kostenpunkt aufzuheben und dahingehend zu ändern, dass die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die gesamten Kosten der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung auf die Staatskasse zu nehmen seien. Sie ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. D. Das Kantonsgericht Luzern beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit verlangt wird, dass die Kosten des Berufungsverfahrens auf die Staatskasse zu nehmen seien. Im Übrigen sei die Beschwerde gutzuheissen. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern verzichtete auf eine Vernehmlassung. E. Das Bundesgericht hat den Entscheid öffentlich beraten ( Art. 58 Abs. 1 BGG ).
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dbeae071-60ac-4e3d-b4b8-6dbd21f929bb
Erwägungen ab Seite 229 BGE 107 Ib 229 S. 229 Aus den Erwägungen: 1. Sowohl das Verwaltungsgericht wie auch der Beschwerdeführer gehen davon aus, dass die umstrittene Eigentumsbeschränkung nicht im Sinne von Art. 5 des BG über die Raumplanung (RPG) "nach diesem Gesetz" erlassen worden sei, sondern aufgrund von § 68 b des früheren Zürcher Baugesetzes für Ortschaften mit städtischen Verhältnissen vom 23. April 1893/24. Mai 1959. Damit entfalle die Möglichkeit, den verwaltungsgerichtlichen Entscheid gemäss Art. 34 Abs. 1 RPG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weiter zu ziehen. Zufolge der Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde ( Art. 84 Abs. 2 OG ) ist diese Frage von Amtes wegen zu prüfen. BGE 107 Ib 229 S. 230 a) Der angefochtene Entscheid erging am 7. Februar 1980, somit unter der Herrschaft des am 1. Januar 1980 in Kraft getretenen eidgenössischen Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979. Gemäss dessen Art. 34 Abs. 1 ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig "gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über Entschädigungen als Folge von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5)". Auch wenn diese Vorschrift nur von Entschädigungen spricht, könnte übrigens auch der Grundsatz der Entschädigungspflicht als solcher Streitgegenstand sein (FRITZ GYGI, in: Das BG über die Raumplanung, Berner Tage für die juristische Praxis 1980, S. 77). Art. 5 RPG , auf den Art. 34 verweist, spricht allerdings in Absatz 1 von "Planungen nach diesem Gesetz". Es fragt sich daher, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur gegen solche Entscheide über materielle Enteignungen gegeben sei, welche Folge von Planungen sind, die unter der Herrschaft des Raumplanungsgesetzes in Kraft getreten sind oder die - falls es sich um rechtsgültige ältere Pläne handelt - gestützt auf Art. 26 RPG genehmigt und damit ausdrücklich als Planungen nach "diesem Gesetz" anerkannt worden sind. b) Im deutschen Text des Gesetzes ist lediglich in Absatz 1 von "Planungen nach diesem Gesetz" die Rede, während in Absatz 2 allgemein gesagt wird, dass volle Entschädigung zu leisten ist, wenn Planungen zu Eigentumsbeschränkungen führen, die einer Enteignung gleichkommen. Der französische Text verwendet weder in Absatz 1 noch in Absatz 2 den Ausdruck "nach diesem Gesetz". Er spricht vielmehr in beiden Absätzen lediglich von "mesures d'aménagement". Der italienische Text hingegen handelt in den beiden Absätzen von Planungen "secondo la presente legge". Da die drei Gesetzestexte in den Amtssprachen des Bundes gleichwertig sind, ergibt sich bereits aus diesen unterschiedlichen Fassungen, dass aus dem Wortlaut nicht gefolgert werden kann, Absatz 2 wolle bewusst eine Abweichung gegenüber Absatz 1 herbeiführen in Bezug auf die Planungen, von denen in beiden Absätzen die Rede ist. Vielmehr sprechen sowohl der französische als auch der italienische Text dafür, dass beiden Absätzen der gleiche Begriff zugrundeliegt. Hiefür spricht auch die Tatsache, dass der bundesrätliche Entwurf in Absatz 2 des deutschen Textes ebenfalls von "Planungen nach diesem Gesetz" sprach (BBl 1978 I 1037). Erst die Redaktionskommission strich die Wendung "nach diesem Gesetz" in Absatz 2; die gekürzte Fassung erschien in deren Vorlage zur BGE 107 Ib 229 S. 231 Schlussabstimmung (vgl. BBl 1979 II 370). Hieraus ergibt sich, dass der unterschiedlichen Formulierung keine materielle Änderung gegenüber der aus der Gesetzesberatung hervorgegangenen Fassung zukommen kann. Art. 32 GVG bestimmt in Abs. 1 ausdrücklich, dass die Redaktionskommission materielle Änderungen unterlässt. Auch erfolgte keine Erläuterung der Textänderung vor der Schlussabstimmung ( Art. 32 Abs. 2 GVG ), woraus hervorgeht, dass die Kommission die Streichung der Wendung "nach diesem Gesetz" in Absatz 2 des deutschen Textes nicht als erheblich erachtete. Die Gesetzesmaterialien bestätigen somit, dass die Absätze 1 und 2 des Art. 5 sachlich gesehen eine Einheit bilden (EIDG. JUSTIZ- UND POLIZEIDEPARTEMENT UND BUNDESAMT FÜR RAUMPLANUNG, Erläuterungen zum RPG, Ziff. 3 zu Art. 5, S. 124 f.). c) Mit dieser Feststellung ist die Tragweite der Wendung "nach diesem Gesetz" im deutschen Text bzw. "secondo la presente legge" im italienischen Text noch nicht geklärt. In den Beratungen der eidg. Räte wurde darüber nicht besonders gesprochen: Art. 5 Abs. 2 des Entwurfes wurde als Verweisung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 22ter BV verstanden (vgl. im Amt. Bull. 1979 NR die Voten Butty 318, Friedrich 319 und Bundesrat Furgler 319) und bei der Beratung des Art. 35 des Entwurfes (Art. 34 des Gesetzes) fiel zur Verweisung auf Art. 5 RPG kein Votum. Lässt sich den Gesetzesmaterialien keine eindeutige Antwort entnehmen, so ist für das Verständnis der gesetzlichen Regelung zu beachten, dass Art. 34 als Rechtsschutzvorschrift im Dienste zweier besonders wichtiger, gesamtstaatlich grundlegender Anliegen der Raumplanung steht: der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet (Botschaft BBl 1978 I 1014) und der Schonung bzw. des Schutzes der Landschaft sowie der Entschädigungspflicht hiefür (Art. 3 Abs. 2, Art. 17, 36 und 37 RPG ). Bereits das bisherige Bundesrecht hat diese Anliegen berücksichtigt, und zwar in den Art. 19 und 20 des Gewässerschutzgesetzes vom 8. Oktober 1971, deren raumplanerische Zielsetzung durch das Raumplanungsgesetz abgelöst wurde ( Art. 38 RPG ), sowie im BB über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung vom 17. März 1972, dessen Geltung bis zum Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes verlängert wurde, wobei die Kantone beauftragt waren, die Schutzmassnahmen dort aufzuheben, wo diese durch genügende Planungen nach kantonalem Recht ersetzt wurden (BB vom 8. Oktober 1976, Art. 1). Das Raumplanungsgesetz führt somit in diesen zentralen Belangen BGE 107 Ib 229 S. 232 die bisherige bundesrechtliche Ordnung weiter, wobei es von dem bereits erreichten Stand der kantonalen Raumplanung ausgeht. Dies bestätigt Art. 35 Abs. 3 der Schlussbestimmungen mit der Klarstellung, dass gültige kantonale Richt- und Nutzungspläne nach kantonalem Recht bis zur Genehmigung durch die zuständige Behörde in Kraft bleiben. Darin kommt zum Ausdruck, dass diese Planungen vom Raumplanungsgesetz als Übergangslösung bis zur Genehmigung gemäss Art. 26 des Gesetzes ausdrücklich anerkannt sind. Sie bilden denn auch die Grundlage für die Anwendung der Art. 22 und 24 RPG über die Erteilung von Baubewilligungen inner- und ausserhalb der Bauzonen - und zwar bereits vor der Genehmigung der entsprechenden Nutzungspläne gemäss Art. 26 RPG - sowie für die Geltendmachung von Entschädigungsforderungen, soweit ihre Eigentumsbeschränkungen einer Enteignung gleichkommen ( Art. 5 Abs. 2 RPG ). Daher hat auch der bundesrechtliche Rechtsschutz gemäss Art. 34 RPG bereits vor der Genehmigung der Nutzungspläne zum Zuge zu kommen, sonst würde die vom Raumplanungsgesetz gewollte Kontinuität der rechtlichen Ordnung in den in Frage stehenden, für die Raumplanung besonders wichtigen Bereichen durchbrochen und je nach dem Stand der kantonalen Planungen und deren Genehmigung nach Art. 26 RPG bezüglich Rechtsschutz eine sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Regelung getroffen. Ob sich die Parteien mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht wenden könnten, hinge bei Nutzungsplänen, die beim Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes gültig sind, von dem für den Rechtsschutz zufälligen Zeitpunkt der Genehmigung gemäss Art. 26 RPG ab. Dieser Zeitpunkt wäre nicht nur von Kanton zu Kanton, sondern innerhalb der Kantone von Gemeinde zu Gemeinde verschieden. Der Zweck des Art. 34, bundesrechtlich sowohl für Ausnahmebewilligungen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen als auch für Streitigkeiten aus materieller Enteignung in Anlehnung an den vom Bundesgericht bereits eingeschlagenen Weg ( BGE 103 Ib 210 ff.) die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Verfügung zu stellen, würde damit während der Übergangszeit bis zur Genehmigung der Pläne nur unvollkommen erreicht. d) Aus der ratio legis ergibt sich also in Übereinstimmung mit dem französischen Wortlaut, dass Art. 5 RPG nicht nur solche Planungen erfasst, die erst unter der Herrschaft des RPG in Kraft treten oder nach Art. 26 RPG genehmigt werden. Als Planungen "nach diesem Gesetz" haben vielmehr alle zu gelten, die im Dienste BGE 107 Ib 229 S. 233 des verfassungsmässigen Auftrages stehen, eine zweckmässige Nutzung des Bodens und eine geordnete Besiedlung des Landes sicherzustellen und die aus diesem Grunde in den Sachbereich des RPG fallen ( Art. 22quater BV , Art. 1 und 3 RPG ; vgl. auch EJPD/BRP, a.a.O., S. 364, Ziffer 11 zu Art. 34). Dies trifft für die am 16. Januar 1971 in Kraft getretene Ortsplanung der Gemeinde Hombrechtikon zu. Es handelt sich um eine Nutzungsplanung im Sinne des Raumplanungsgesetzes ( Art. 14 ff. RPG ). Die umstrittene Massnahme, die einen 30 m breiten Streifen längs des Zürichsees der Freihaltezone zuweist, entspricht dem Planungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 lit. c RPG , wonach die Landschaft zu schonen ist und See- und Flussufer freigehalten werden sollen. Sie fällt somit klarerweise in den Sachbereich des Raumplanungsgesetzes; dieses anerkennt ausdrücklich die Geltung bestehender Nutzungspläne bis zu ihrer Genehmigung nach Art. 26 RPG ( Art. 35 Abs. 3 RPG ). Der unter der Herrschaft des am 1. Januar 1980 in Kraft getretenen Gesetzes am 7. Februar 1980 gefällte Entscheid des Verwaltungsgerichts ist daher nach Art. 34 Abs. 1 RPG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar. Dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde als staatsrechtliche bezeichnet hat, schadet ihm nicht ( Art. 107 Abs. 1 OG ). Die Beschwerdeschrift entspricht den formellen Anforderungen ( Art. 108 OG ), und der Beschwerdeführer, dessen Entschädigungsforderung vom Verwaltungsgericht abgewiesen wurde, ist klarerweise zur Anfechtung befugt ( Art. 103 lit. a OG ).
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Sachverhalt ab Seite 144 BGE 98 Ia 144 S. 144 A. - Im Februar 1971 gründete Rechtsanwalt Dr. X. die AG für Rechtsschutz in Fusionssachen (Fusag) mit dem Zweck, im Auftrag von Aktionären der Ursina-Franck AG gegen die geplante Fusion dieser Gesellschaft mit der Nestlé Alimentana AG zu opponieren. Im März 1971 wurden die Aktionäre der Ursina-Franck AG durch Inserate in der Presse aufgefordert, BGE 98 Ia 144 S. 145 die Fusag mit der Wahrung ihrer Interessen zu beauftragen. Mit einem im Inserat enthaltenen Coupon konnten die Interessenten unter Angabe ihres Aktienbesitzes bei der Fusag einen entsprechenden Vertragsentwurf verlangen. B. - Die Fusag, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X., unterbreitete den sich interessierenden Ursina-Franck-Aktionären einen Vertrag, durch welchen diese die Fusag mit der Wahrung ihrer Interessen im Zusammenhang mit der Fusion der Ursina-Franck AG mit der Nestlé Alimentana AG beauftragten. Danach hatte die Fusag durch Vertretung bei den entscheidenden Generalversammlungen vor allem einen besseren Übernahmepreis für die Ursina-Franck-Aktien zu erzielen und hiezu nötigenfalls die Generalversammlungsbeschlüsse gemäss Art. 706 OR gerichtlich anzufechten. Ziff. 3 und 4 des Vertragstextes lauten: "3. Im Falle einer Anfechtungsklage nach Art. 706 OR übernimmt die Beauftragte das gesamte Prozessrisiko allein. Sie klagt ausschliesslich in eigenem Namen, gestützt auf eigenen Aktienbesitz, und zwar mit dem Antrag auf Ungültigerklärung des betreffenden Generalversammlungsbeschlusses. Im Vergleichsfalle verpflichtet sich die Beauftragte, das Ergebnis des Vergleiches allen Auftraggebern gleichmässig zukommen zu lassen, nach Massgabe der in diesem Vertrag aufgeführten Aktien und ohne Unterschied zwischen Inhaber- und Namenaktien. 4. Die Beauftragte berechnet lediglich im Erfolgsfalle eine Entschädigung von 20% des nach Abzug der Spesen den Auftraggebern zukommenden Mehrerlöses. Bei Widerruf dieses Auftrages vor der Klageeinleitung schuldet der Auftraggeber der Beauftragten eine pauschale Entschädigung von Fr. 50.- pro Aktie, nach der Klageeinleitung von Fr. 200.-- pro Aktie." Aus den Akten (S. 2 des angefochtenen Entscheides der Aufsichtskommission) lässt sich entnehmen, dass Ziff. 4 des Vertrages offenbar noch in einer etwas erweiterten Fassung existiert: Die grundsätzliche Regelung der Entschädigungspflicht ist gleich; hingegen wird eine Sicherstellung der Ansprüche der Fusag durch Einzahlung von Fr. 50.- pro Aktie oder Hinterlegung der Aktien bei einer Bank verlangt. Einziges Mitglied des Verwaltungsrates und einziges Organ der Fusag war zunächst Rechtsanwalt Dr. X. Rechtsanwalt Dr. Y. trat als bevollmächtigter Anwalt der Fusag auf; für ein in Bern eingeleitetes Gerichtsverfahren substituierte er einen Anwalt aus Bern. BGE 98 Ia 144 S. 146 C. - Auf Anzeige des Appellationshofes des Kantons Bern leitete die Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich gegen Dr. X. und Dr. Y. ein Disziplinarverfahren wegen Verletzung von § 10 des zürcherischen Anwaltsgesetzes vom 3. Juli 1938 (AG) ein. In einem Entscheid vom 3. November 1971 erkannte die Aufsichtskommission, dass die Mitwirkung bei der Gründung der Fusag und das Einschalten dieser Aktiengesellschaft zwischen Ursina-Franck-Aktionäre als Auftraggeber und bevollmächtigte Anwälte als Beauftragte der Fusag nicht gegen das Anwaltsgesetz verstosse, weil nach den gesamten Umständen die Opposition gegen den geplanten Zusammenschluss eine solche Organisation erfordere und für die Anonymität einzelner Opponenten ein legitimes Interesse bestehe. Hingegen hätten die beiden Rechtsanwälte gegen § 10 Abs. 1 AG verstossen, weil sie in Kenntnis der zwischen der Fusag und ihren Auftraggebern getroffenen Vereinbarung über eine Erfolgsbeteiligung für diese Gesellschaft tätig geworden seien. Auch wenn die Rechtsanwälte, wie behauptet, von der Fusag laufend gemäss Anwaltstarif bezahlt würden, so stehe doch fest, dass die Fusag dieses Honorar letzten Endes aus dem mit ihren Auftraggebern vereinbarten Anteil am Prozessgewinn begleichen werde. Die Anwälte seien daher indirekt Nutzniesser der mit den Auftraggebern der Fusag vereinbarten Erfolgsbeteiligung, und auch eine derart mittelbare Beteiligung am Prozessgewinn müsse als Verstoss gegen § 10 Abs. 1 AG angesehen werden. Die Aufsichtskommission beschloss, Dr. X. und Dr. Y. mit einer Ordnungsbusse von je Fr. 200.-- zu bestrafen. D. - Gegen diesen Beschluss reichten die beiden betroffenen Rechtsanwälte sowie die AG für Rechtsschutz in Fusionssachen unter Berufung auf Art. 31 und 4 BV staatsrechtliche Beschwerde ein mit dem Hauptantrag, der angefochtene Entscheid sei vorbehaltlos aufzuheben. Zur Begründung wird vor allem geltend gemacht, die beschuldigten Anwälte hätten kein pactum de quota litis abgeschlossen, sondern seien von der Fusag gemäss Tarif zu bezahlen. Die beanstandete Abmachung über ein Erfolgshonorar bestehe zwischen der Fusag und ihren Auftraggebern, nicht aber zwischen der Fusag und ihren Anwälten. Dass das Honorar der Anwälte eventuell aus dem Prozessgewinn der Fusag bezahlt werden könnte, verstosse nicht gegen das Anwaltsrecht; die Bezahlung des regulären Anwaltshonorars BGE 98 Ia 144 S. 147 aus dem Prozessgewinn komme häufig vor und sei nicht verboten. E. - In ihren Gegenbemerkungen zur staatsrechtlichen Beschwerde bringt die Aufsichtskommission vor, die beiden Beschuldigten hätten die Fusag selbst gegründet "- möglicherweise auf Anregung einzelner Ursina-Franck-Aktionäre -", wobei die Rollen so verteilt worden seien, dass Dr. X. als Gründer auftrat und einziger Verwaltungsrat wurde, während Dr. Y. das Mandat übernahm. Durch die Schaffung der Fusag sei ihnen eine Kundenwerbung möglich gewesen (Aufrufe in Zeitungsinseraten), welche dem Anwalt persönlich nicht erlaubt sei. Dass es sich bei der Fusag um das Werk der beiden Beschuldigten handle, zeige auch die weitere Entwicklung: E. M. sei am 4. August 1971 anstelle von Dr. X. einziger Verwaltungsrat geworden und L.M., der mit Dr. Y. befreundet sei und ihm für solche Dienste zur Verfügung stehe, habe Einzelprokura erhalten. Wegen dieses engen Verhältnisses der beiden Anwälte zur Fusag sei die von dieser Gesellschaft mit den Auftraggebern vereinbarte Erfolgsbeteiligung als Umgehung des für einen Anwalt geltenden Verbotes und daher als Verletzung von § 10 Abs. 1 AG anzusehen. F. - Namens der Beschwerdeführer verlangte Dr. Y. die Anordnung eines weiteren Schriftenwechsels. Diesem Begehren wurde nicht entsprochen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Dass die beiden Rechtsanwälte Dr. X. und Dr. Y. zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert sind, steht ausser Zweifel. Hingegen ist die AG für Rechtsschutz in Fusionssachen durch den angefochtenen Entscheid nicht betroffen, da die disziplinarische Bestrafung eines Rechtsanwaltes wegen Verstosses gegen das Anwaltsrecht die Rechtsstellung seines Klienten grundsätzlich nicht berührt. Auf die Beschwerde der Fusag ist daher nicht einzutreten. Doch ist dies ohne Belang, da jedenfalls auf die Beschwerden der beiden Anwälte einzutreten ist und ihre Rügen sich mit denjenigen der Fusag decken. 2. Gemäss § 10 Abs. 1 AG ist es dem Rechtsanwalt untersagt, "mit seinem Auftraggeber die Abrede zu treffen, dass er im Falle des Obsiegens in irgendwelcher Form am Prozessgewinn BGE 98 Ia 144 S. 148 teilhabe oder einen ungünstigen Ausgang des Prozesses auf sich nehme". a) In der Beschwerdebegründung wird nicht behauptet, dieses im Anwaltsrecht der Schweiz allgemein übliche Verbot eines Erfolgshonorars (pactum de quota litis) verstosse gegen Art. 31 BV . Offenbar wollen die Beschwerdeführer lediglich geltend machen, die Annahme eines unzulässigen pactum de quota litis im vorliegenden Fall sei willkürlich und verletze die Handels- und Gewerbefreiheit. b) Die Abrede, welche die Fusag mit Ursina-Franck-Aktionären über die Entschädigung traf (Ziff. 4 des Vertrages), ist an sich eine Vereinbarung, welche gemäss § 10 Abs. 1 AG dem Rechtsanwalt untersagt ist. Denn sie sieht vor, dass der Auftraggeber bei einem ungünstigen Ausgang des Prozesses dessen Kosten nicht zu tragen hat, während im Falle des Erfolges die Beauftragte (Fusag) eine Entschädigung von 20% des nach Abzug der Spesen verbleibenden "Mehrerlöses" beanspruchen kann. In welcher Weise als Ergebnis der Bemühungen der Fusag ein Gewinn erzielt werden könnte, braucht hier nicht im einzelnen untersucht zu werden. Auf jeden Fall zeigen der Aufruf an die Ursina-Franck-Aktionäre in Zeitungsinseraten und der Vertragstext, dass man den Auftraggebern durch die Intervention in der Fusionsfrage bestimmte finanzielle Vorteile zu verschaffen hoffte, die Auftraggeber aber vom Kostenrisiko des Vorgehens befreite und lediglich zur Überlassung von 20% des Mehrerlöses verpflichtete. Dass eine solche Vereinbarung gemäss § 10 AG zwischen Anwalt und Klient unzulässig ist, bedarf keiner weitern Begründung. c) Die eben erläuterte Vereinbarung über ein Erfolgshonorar wurde indessen nicht zwischen Dr. X. und Dr. Y. einerseits und Ursina-Franck-Aktionären oder der Fusag anderseits getroffen, sondern es handelt sich hier um eine Abmachung aus dem Vertrag, welchen die Fusag mit den einzelnen Interessenten (Ursina-Franck-Aktionären) schloss. Irgendeinem Privaten, der nicht Anwalt ist, wird durch § 10 AG nicht verwehrt, für die Verfechtung bestimmter Interessen eine Gemeinschaft von Betroffenen zu bilden, den Rechtsstreit jedoch in eigenem Namen und auf eigenes Risiko zu führen und sich von den übrigen Interessenten lediglich für den Erfolgsfall einen Gewinnanteil versprechen zu lassen. Wenn die Initianten, Gründer und Träger der Fusag irgendwelche von den BGE 98 Ia 144 S. 149 beteiligten Anwälten völlig unabhängige Dritte wären, dann läge keine Verletzung von § 10 AG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn die bevollmächtigten Anwälte Kenntnis von der zwischen der Fusag und ihren Auftraggebern getroffenen Vereinbarung hätten, aber selber ohne Rücksicht auf den Erfolg nach Tarif entschädigt würden. Es ist dem Anwalt, entgegen den Ausführungen im angefochtenen Entscheid, nicht verboten, zu normalen Bedingungen für einen Klienten zu arbeiten, der ihn im Erfolgsfall aus dem Prozessgewinn zu bezahlen gedenkt. Verboten ist lediglich die Abhängigkeit der Honorarberechnung vom Prozesserfolg; hingegen kann sich § 10 AG nicht auf die häufige wirtschaftliche Tatsache beziehen, dass der Klient im Falle des Obsiegens die Anwaltsrechnung aus dem Prozessgewinn begleicht. d) Im vorliegenden Fall ist den Rechtsanwälten Dr. X. und Dr. Y. die Verabredung eines Erfolgshonorars zwischen der Fusag und ihren Auftraggebern zur Last zu legen, sofern sie selber die Fusag gründeten, um Ursina-Franck-Aktionäre als Kunden werben und indirekt ein Erfolgshonorar vereinbaren zu können. Wenn die Beschwerdeführer die Initianten und eigentlichen Träger der Fusag sind, wie in den Gegenbemerkungen zur staatsrechtlichen Beschwerde behauptet wird, dann würde dies bedeuten, dass Gewinne bzw. Verluste der Fusag sich unmittelbar auf sie und ihre allfälligen Anwaltshonorarforderungen auswirkten. Je nach den konkreten Verhältnissen und Abmachungen könnte es sein, dass bei einem Misserfolg der Bemühungen die Bezahlung der Anwaltsrechnungen aus nicht aus dem Vermögen der beiden Anwälte selber stammenden Mitteln gar nicht möglich wäre; die Übernahme des Prozessrisikos durch die Fusag wäre dann im Ergebnis einer nach § 10 AG verbotenen Übernahme des Prozessrisikos durch die beiden Anwälte gleichzusetzen. Ebenso käme bei dieser Annahme ein allfälliges Erfolgshonorar den Anwälten zugute; denn sie wären ja - offen oder durch Strohmänner getarnt - die wirtschaftlichen Träger der Fusag; was der Fusag zuflösse, flösse damit ihnen zu; ob es schliesslich als Anwaltshonorar, Dividende, Tantième oder Liquidationsergebnis ausgeschüttet würde, ist ohne Belang. Aber auch wenn von Dritten zur Verfügung gestellte Mittel der Fusag vorhanden wären, welche im Falle eines Misserfolges die Bezahlung der Anwaltsrechnungen erlauben würden, läge ein Verstoss gegen § 10 AG vor, wenn die beiden Beschwerdeführer an einem BGE 98 Ia 144 S. 150 Gewinn der Fusag direkt oder indirekt beteiligt wären; denn § 10 AG verbietet selbstverständlich auch, dass der Anwalt zwar seine Bemühungen nach Tarif verrechnet, aber darüber hinaus am Erfolgshonorar eines Dritten (hier der Fusag) partizipiert. 3. Ob zwischen den beschuldigten Anwälten und der Fusag derart enge rechtliche oder tatsächliche Bindungen bestehen, dass die Honorarvereinbarungen der Fusag entsprechenden Vereinbarungen der Anwälte gleichzusetzen sind, lässt sich dem angefochtenen Entscheid nicht entnehmen. Die Feststellung, die Fusag wolle die Anwälte letzten Endes aus ihrem Anteil am Prozessgewinn bezahlen, weshalb die Anwälte indirekt Nutzniesser der Erfolgsbeteiligung seien, genügt nach dem Gesagten nicht, um eine Verletzung von § 10 AG anzunehmen; denn damit besteht noch keine Abhängigkeit der Honorarberechnung vom Erfolg. In ihren Gegenbemerkungen scheint dies die Aufsichtskommission anzuerkennen; sie begründet die Disziplinarstrafe nunmehr mit der im ursprünglichen Entscheid nicht enthaltenen Behauptung, die Fusag sei von den Beschuldigten zur Umgehung des Anwaltsgesetzes geschaffen worden und diese seien die eigentlichen Träger der Gesellschaft. Auf diese neue Begründung, die mit Hinweisen auf das Vorgehen von Dr. Y. in anderen Fällen gestützt wird, ist hier nicht einzutreten, weshalb auch ein zweiter Schriftenwechsel über diese Argumentation überflüssig war. Es ist Sache der Aufsichtskommission, genau abzuklären, ob die im konkreten Fall gegebene Beteiligung der Anwälte an der Fusag gegen das Anwaltsrecht verstösst.
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Sachverhalt ab Seite 457 BGE 108 II 456 S. 457 A.- Der in Zürich wohnhafte Dr. iur. Hans W. ist einziger Verwaltungsrat und Mehrheitsaktionär der von ihm gegründeten Imwida AG. Diese bezweckt den Kauf und Verkauf, den Bau, die Vermietung und die Verwaltung von Immobilien, die Beteiligung an Handels- und Industriefirmen, die Verwaltung von Vermögen Dritter sowie Finanzoperationen jeder Art. W. gehört sodann dem Verwaltungsrat einer ganzen Reihe weiterer, grösstenteils ebenfalls von ihm gegründeter Aktiengesellschaften an, die ähnliche oder gleiche Zwecke wie die Imwida AG verfolgen. Die in diesen Gesellschaften investierten Geldmittel stammen von Ernst H., einem ausserordentlich finanzkräftigen deutschen Staatsangehörigen, der seit dem 1. Juli 1971 auf Grund einer entsprechenden Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz wohnt. Aus den Steuererklärungen des W. für die Jahre 1973-1975 ergibt sich, dass Aktiven in der Grösse von 4,7 bis 5,7 Millionen Franken Schulden in ungefähr gleicher Höhe gegenüberstanden. Von den Passiven entfielen 4 bis 5 Millionen Franken auf Schulden gegenüber H. Am 22. Oktober 1973 schloss die durch W. vertretene Imwida AG mit Rupert Felder aus Chur einen schriftlichen Vorvertrag über den Kauf einer Sieben-Zimmer-Attikawohnung (samt Autoabstellplatz) in einem an der Breitacherstrasse 8 in Uitikon-Waldegg zu erstellenden Haus zum Preise von Fr. 970'000.--. Gleichzeitig wurde eine Anzahlung von Fr. 150'000.-- an den Kaufpreis geleistet. Die Parzelle Nr. 1367, auf die das Haus mit der fraglichen Wohnung zu stehen kommen sollte, gehörte zu jenen Liegenschaften, die R. Felder als Strohmann der STIFA Treuhand-Anstalt in Vaduz/FL erworben hatte, um darauf die als "Residenza Selva" benannte Überbauung auszuführen; es handelte sich dabei um ein fünf Blöcke umfassendes Projekt mit insgesamt 68 Eigentumswohnungen. Am 3. April 1974 wurde zwischen der Imwida AG und R. Felder der Kaufvertrag über die betreffende Eigentumswohnung öffentlich beurkundet. Am folgenden Tag räumte W. R. Felder ein Darlehen von höchstens Fr. 500'000.-- ein, das durch Errichtung eines Schuldbriefs auf der Parzelle Nr. 1367 sicherzustellen war. Von diesem Darlehen wurden in der Folge Fr. 470'000.-- beansprucht. Am 5. September 1974 trat die Imwida AG vom Kaufvertrag mit R. Felder zurück. Die Anzahlung von Fr. 150'000.-- wurde BGE 108 II 456 S. 458 zurückbezahlt, während für das Darlehen über Fr. 470'000.-- mit Pfandvertrag vom 12. November 1974 die Errichtung eines Schuldbriefes, lastend auf der Stockwerkeinheit Grundregisterblatt Nr. 1074 in Uitikon, vorgesehen wurde. Am 22. November 1974 ersuchte W. den Bezirksrat Zürich, es sei festzustellen, dass er bezüglich der Errichtung des Schuldbriefs dem Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland nicht unterstehe. Mit Entscheid vom 12. Februar 1976 entsprach der Bezirksrat diesem Gesuch. Die Rekurskommission des Kantons Zürich für Grunderwerb durch Personen im Ausland wies am 24. September 1976 eine Beschwerde der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich gegen den bezirksrätlichen Entscheid ab. Der Entscheid der Rekurskommission wurde nicht an das Bundesgericht weitergezogen. Am 5. November 1976 trug hierauf das Grundbuchamt Schlieren den Schuldbrief über Fr. 470'000.-- rückwirkend auf den 12. November 1974 im Grundregister der Gemeinde Uitikon ein. B.- Nachdem die Erben des am 19. August 1975 verstorbenen R. Felder dessen Nachlass ausgeschlagen hatten, wurde am 25. November 1976 über den Nachlass Felders der Konkurs eröffnet. In diesem Konkurs meldete W. eine Forderung im Betrage von Fr. 470'000.-- nebst Zins zu 7% seit 12. November 1974 an, grundpfandgesichert durch den Inhaberschuldbrief von gleicher Höhe, lastend im ersten Rang auf der Stockwerkeinheit Grundregisterblatt Nr. 1074 der Gemeinde Uitikon. Am 18. Juli 1978 wies die ausserordentliche Konkursverwaltung die Forderung samt Pfandrecht ab. C.- Am 21. Juli 1978 reichte W. beim Vermittleramt des Kreises Chur gegen die Konkursmasse Kollokationsklage ein. Eine Einigung konnte zwischen den Parteien nicht erzielt werden. Gestützt auf eine Prorogationsvereinbarung der Parteien unterbreitete W. die Streitsache mit Eingabe vom 7. März 1980 direkt dem Kantonsgericht von Graubünden zur Beurteilung. Mit Urteil vom 29./30. März 1982 wies das Kantonsgericht die Klage ab. D.- Gegen diesen Entscheid hat der Kläger Berufung an das Bundesgericht erhoben, mit dem Antrag, die Klage in Aufhebung des angefochtenen Urteils gutzuheissen. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. BGE 108 II 456 S. 459 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Vorinstanz ist im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Kläger finanziell vollständig vom deutschen Staatsangehörigen H., der über ein Vermögen von rund 30 Millionen Franken verfügt habe, abhängig gewesen sei. Sie erachtete es als erwiesen, dass die Summe von insgesamt Fr. 620'000.--, welche der Kläger im Hinblick auf den Erwerb einer Eigentumswohnung durch die Imwida AG in die Überbauung "Residenza Selva" in Uitikon investiert hatte, aus dessen Mitteln stammte. Sie nahm an, der vom Kläger am 3. April 1974 im Namen der Imwida AG beurkundete Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung und der am 4. April 1974 von ihm in eigenem Namen mit R. Felder abgeschlossene Darlehensvertrag seien offensichtlich darauf angelegt gewesen, einem ausländischen Geldgeber einen beherrschenden Einfluss auf ein in der Schweiz gelegenes Grundstück zu verschaffen; darin sei ein Umgehungsgeschäft im Sinne des Bewilligungsbeschlusses, d.h. des Bundesbeschlusses über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 23. März 1961 bzw. 21. März 1973 (BewB; SR 211.412.41), zu erblicken, was die Nichtigkeit der beiden Verträge zur Folge habe. Was den Inhaberschuldbrief über Fr. 470'000.-- anbetrifft, der Gegenstand des vorliegenden Prozesses bildet, leitete die Vorinstanz aus dem Umstand, dass dieser der Sicherstellung einer nichtigen Darlehensforderung des Klägers gegenüber R. Felder gedient habe, ab, auch er sei von der Nichtigkeitsfolge erfasst worden. Daran vermöge nichts zu ändern, dass die Rekurskommission des Kantons Zürich für Grunderwerb durch Personen im Ausland entschieden habe, der Kläger unterstehe bezüglich dieses Schuldbriefes dem BewB nicht, selbst wenn das sicherzustellende Darlehen im Auftrag und auf Rechnung von H. gewährt worden sein sollte, da dieser inzwischen nicht mehr als eine Person im Ausland gelte. Zwar sei der Zivilrichter grundsätzlich an den Entscheid der zuständigen Verwaltungsbehörde gebunden. Diese habe sich aber zur Frage der Gültigkeit der beiden Verträge vom 3. und 4. April 1974 und der Auswirkung der Nichtigkeit dieser Verträge auf den Inhaberschuldbrief nicht geäussert. Hierüber zu entscheiden sei deshalb das Kantonsgericht befugt. Angesichts der ursprünglichen Nichtigkeit des Pfandtitels sei schliesslich auch die Frage ohne Belang, ob dieser bei seiner Freigabe durch das BGE 108 II 456 S. 460 Grundbuchamt Schlieren im November 1976 wegen des Konkurses der ausgeschlagenen Hinterlassenschaft R. Felder überhaupt noch geeignet gewesen wäre, einer Person mit Wohnsitz im Ausland eine eigentümerähnliche Stellung in bezug auf das Pfandobjekt einzuräumen. In der Berufung wird das vorinstanzliche Urteil nicht angefochten, soweit darin festgestellt wird, der Kläger sei von H. finanziell abhängig gewesen und seine mit R. Felder abgeschlossenen Geschäfte hätten dazu gedient, H. einen beherrschenden Einfluss auf die Eigentumswohnung zu verschaffen, die auf den Namen der Imwida AG erworben worden war. Hingegen wird geltend gemacht, die Vorinstanz sei an den Beschluss der zuständigen Verwaltungsbehörde, wonach die Schuldbrieferrichtung kein bewilligungsbedürftiges Rechtsgeschäft dargestellt habe, gebunden gewesen; das Kantonsgericht hätte deshalb die Nichtigkeit des in Frage stehenden Schuldbriefes nicht bejahen dürfen. Die Beklagte bestreitet, dass der Entscheid der zürcherischen Rekurskommission für Grunderwerb durch Personen im Ausland vom 24. September 1976 eine den Zivilrichter bindende Wirkung entfalte. Soweit sie in diesem Zusammenhang vorbringt, der Kläger habe für R. Felder auch Verhandlungen mit der Schweizerischen Volksbank über die Finanzierung der Überbauung "Residenza Selva" geführt und er habe in den Jahren 1973 und 1974 Gelder von H. verwendet, um R. Felder für diese Überbauung Kredit zu verschaffen, geht sie über den dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt hinaus. Dies ist unzulässig ( Art. 63 Abs. 2 OG ), weshalb auf die betreffenden Ausführungen nicht eingetreten werden kann. Im folgenden ist zu prüfen, ob die Vorinstanz befugt war, die Frage der Nichtigkeit des streitigen Schuldbriefes unabhängig vom Entscheid der Rekurskommission über die Bewilligungspflicht für die Schuldbrieferrichtung zu beurteilen. 2. Stellen sich in einem Prozess Vorfragen aus einem andern Rechtsgebiet, deren Beurteilung in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde fällt, steht dem Richter nach der in der Schweiz herrschenden Rechtsauffassung unter Vorbehalt einer abweichenden gesetzlichen Regelung die Befugnis zu deren selbständiger Prüfung zu, solange die zuständige Behörde darüber noch nicht entschieden hat. Liegt jedoch ein rechtskräftiger Entscheid der zuständigen Behörde vor, ist der Richter grundsätzlich daran gebunden, ansonst er sich in unzulässiger Weise in einen BGE 108 II 456 S. 461 fremden Zuständigkeitsbereich einmischen würde. Eine solche Bindung entfällt höchstens dort, wo sich ein Entscheid als absolut nichtig erweist ( BGE 102 Ib 369 E. 4; BGE 101 II 151 E. 3 mit Hinweisen; BGE 101 III 8 ; GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 34, Fussnote 14; KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 3. Aufl., S. 26; GRISEL, Droit administratif suisse, S. 93 ff.; IMBODEN/RHINOW, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Bd. II, S. 1053 ff.). Das Dargelegte gilt vor allem im Verhältnis zwischen dem Zivilrichter und den Verwaltungsbehörden. Was die Anwendung der Bundesgesetzgebung über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland im besonderen anbetrifft, hat das Bundesgericht die erwähnten Gründsätze ausdrücklich bestätigt und entschieden, dass der Zivilrichter an einen rechtskräftigen Entscheid der Verwaltungsbehörden über die Bewilligungspflicht und gegebenenfalls über die Erteilung oder Verweigerung der Bewilligung gebunden ist ( BGE 105 II 312 E. 2). Daran haben auch die in der Berufungsantwort zitierten Erwägungen des bundesgerichtlichen Entscheides vom 10. Dezember 1981 in Sachen Locher & Cie. AG gegen Konkursmasse der ausgeschlagenen Hinterlassenschaft Dr. Rupert Felder ( BGE 107 II 449 E. 2c) nichts geändert. Dort ging es um die Frage der Bewilligungspflicht für den Erwerb bereits errichteter und in Verkehr gesetzter Schuldbriefe durch die Locher & Cie. AG. Das Bundesgericht vertrat die Auffassung, die bindende Wirkung des Entscheides der für die Anwendung des BewB zuständigen Verwaltungsbehörden beschränke sich auf den Schuldbrieferwerb, der allein Gegenstand jenes Verfahrens gebildet hatte; der Zivilrichter bleibe somit befugt zu prüfen, ob die erworbenen Schuldbriefe infolge Umgehung der Vorschriften über den Grunderwerb durch Personen im Ausland von Anfang an nichtig gewesen seien, und zwar um so mehr, als diese Frage von den Verwaltungsbehörden ausdrücklich offen gelassen worden sei. Hier ist hingegen streitig, ob der Zivilrichter die Errichtung eines Schuldbriefes wegen Nichtigkeit der zu sichernden Darlehensforderung als nichtig betrachten dürfe, obwohl die zuständigen Verwaltungsbehörden entschieden haben, dass die Schuldbrieferrichtung der Bewilligungspflicht gemäss BewB nicht unterliegt. 3. Der Entscheid der Rekurskommission des Kantons Zürich für Grunderwerb durch Personen im Ausland vom 24. September 1976 ist in formelle Rechtskraft erwachsen, da er unbestrittenermassen nicht durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das BGE 108 II 456 S. 462 Bundesgericht weitergezogen worden war. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist anzunehmen, dass er auch in materielle Rechtskraft erwuchs, da der BewB einen Widerruf von Entscheiden der Bewilligungsbehörden nur für den Fall vorsieht, dass Auflagen, an die eine Bewilligung geknüpft worden ist, nicht eingehalten werden (Art. 8 Abs. 3). Es ist jedoch nicht erforderlich, hier der Frage weiter nachzugehen, ob die zur Anwendung des BewB eingesetzten Verwaltungsbehörden auf ihre Entscheidungen auch abgesehen von den gesetzlich geregelten Fällen des Widerrufs zurückkommen können. Solange ein formell rechtskräftig gewordener Entscheid nicht aufgehoben worden ist, hat sich der Zivilrichter grundsätzlich daran zu halten. Er ist nicht befugt, den von der zuständigen Verwaltungsbehörde getroffenen Entscheid auf dessen materielle Richtigkeit hin zu prüfen, weil dies auf eine Einmischung in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden hinauslaufen und dem Grundsatz der Bindung widersprechen würde. Vorbehalten bleibt einzig der Fall, dass der von den Verwaltungsbehörden gefällte Entscheid an einem derart schwerwiegenden Mangel leidet, dass er geradezu als absolut nichtig betrachtet werden muss. Abgesehen von ganz ausserordentlichen Umständen stellt die Fehlerhaftigkeit eines Entscheids in materieller Beziehung jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht einen Mangel dar, der zur absoluten Nichtigkeit eines Entscheides führt ( BGE 104 Ia 176 /177, BGE 101 II 152 ). Mit Recht ist im vorliegenden Verfahren nicht bestritten worden, dass der Bezirksrat Zürich und die zürcherische Rekurskommission für Grunderwerb durch Personen im Ausland als Bewilligungsbehörden am Ort der gelegenen Sache gemäss Art. 11 Abs. 1 BewB zuständig waren, über die Bewilligungspflicht für die Errichtung des streitigen Schuldbriefes zu entscheiden. Auch was das Verfahren vor diesen Behörden anbetrifft, werden keinerlei Mängel geltend gemacht, welche als Nichtigkeitsgründe in Frage kämen. Dass die Beklagte darin keine Parteistellung innehatte, wie in der Berufungsantwort geltend gemacht wird, ist zunächst eine Folge davon, dass sie rechtlich erst mit dem Konkurs über den Nachlass von R. Felder zu existieren begann. Die Konkurseröffnung erfolgte indessen erst nach dem Abschluss des Verfahrens vor den kantonalen Bewilligungsinstanzen (nämlich am 25. November 1976). Im übrigen war der Rechtsvorgänger der Beklagten, R. Felder, an der Errichtung des Schuldbriefes selber beteiligt. Er oder seine Erben hätten somit kein schutzwürdiges Interesse gehabt, sich dem Gesuch des Klägers um Feststellung des Nichtbestehens BGE 108 II 456 S. 463 einer Bewilligungspflicht zu widersetzen. Was die materielle Kritik der Beklagten am Entscheid der Rekurskommission anbetrifft, könnte darauf nur eingetreten werden, wenn ein Fehler von einem derartigen Gewicht geltend gemacht würde, dass der Entscheid als absolut nichtig betrachtet werden müsste. Dies behauptet die Beklagte jedoch selber nicht. Hierauf wird noch zurückzukommen sein. Die bindende Wirkung des Entscheids der zürcherischen Rekurskommission für den Zivilrichter hängt somit davon ab, welches sein Gegenstand war. Es stellt sich diesbezüglich die Frage, ob die Auffassung der Vorinstanz zutreffe, dass die Rekurskommission die Rechtsgültigkeit des Schuldbriefes unter dem Gesichtspunkt des BewB nicht umfassend beurteilt habe. 4. Als Gegenstand ihrer Prüfung bezeichnete die Rekurskommission auf S. 4 ihres Entscheides vor allem die Frage, ob der Kläger den Grundpfandvertrag im Auftrag und auf Rechnung von Personen im Ausland abgeschlossen habe. Die Volkswirtschaftsdirektion hatte in ihrer Beschwerde gegen den Entscheid des Bezirksrates ausdrücklich auf den "eindeutigen Zusammenhang" der Schuldbrieferrichtung mit dem (nachträglich rückgängig gemachten) Erwerb einer Eigentumswohnung sowie auf die grosse Darlehensschuld des Klägers gegenüber H. hingewiesen. Die Rekurskommission nahm in ihren Erwägungen auf von ihr beigezogene Steuerunterlagen über die Beziehungen zwischen H. und dem Kläger sowie dessen Gesellschaften Bezug und leitete daraus ab, dass der Kläger und seine Firmen weitgehend mit H. verknüpft seien; es bestehe eine derart enge Verbindung, dass die Steuerbehörden von einer "W./H.-Gruppe" sprächen. Die Rekurskommission gelangte indessen zum Schluss, dass der Kläger der Bewilligungspflicht gleichwohl nicht unterstehe, selbst wenn das zu sichernde Darlehen im Auftrag und auf Rechnung von H. gewährt worden sein sollte (was die Kommission auf Grund der von ihr festgestellten engen Verbindung zwischen dem Kläger und H. offensichtlich als höchst wahrscheinlich betrachtete). Sie stellte fest, der deutsche Staatsangehörige H. sei seit dem Frühjahr 1971 mit Bewilligung der kantonalen und eidgenössischen Fremdenpolizei ununterbrochen in Erlenbach/ZH wohnhaft gewesen und gelte daher seit Frühjahr 1976 gemäss Art. 4 Abs. 2 BewB nicht mehr als Person mit Wohnsitz im Ausland; Hinweise dafür, dass die Errichtung des Schuldbriefes in anderer Weise durch Personen im Ausland finanziert worden wäre, bestünden nicht. Mit dieser Begründung wurde BGE 108 II 456 S. 464 die Beschwerde der Volkswirtschaftsdirektion gegen den Entscheid des Bezirksrates abgewiesen und "festgestellt, dass die Errichtung eines Schuldbriefes im Betrage von Fr. 470'000.-- auf der Liegenschaft Breitacherstrasse Nr. 8 in Uitikon durch Dr. Hans W. der Bewilligungspflicht gemäss BewB nicht unterliegt".
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Sachverhalt ab Seite 636 BGE 131 III 636 S. 636 A. Am 22. April 1965 gründeten C., seine zwei Söhne B. und D. sowie sein Schwiegersohn E. die X. AG (Klägerin) mit Sitz in Z. Die vier Gründeraktionäre bildeten auch den Verwaltungsrat der Gesellschaft je mit Kollektivunterschrift zu zweien. Gleichentags schlossen die vier Gründer und Verwaltungsräte einzeln mit der in Gründung begriffenen Gesellschaft Dienstverträge für ihre Tätigkeit als Mitglieder der aktiven Geschäftsleitung und Leiter der ihnen zugewiesenen Geschäftsbereiche. Für jedes Mitglied der Geschäftsleitung wurde der Lohn auf monatlich Fr. 5'000.- zuzüglich Fr. 400.- Vertrauensspesen festgesetzt. Ausserdem sicherte die BGE 131 III 636 S. 637 Gesellschaft dem Arbeitnehmer jeweils eine lebenslängliche Rente von monatlich Fr. 4'000.- ab dem erfüllten 65. Altersjahr sowie bei dessen Ableben eine lebenslängliche Witwenrente von monatlich Fr. 800.- und den minderjährigen oder noch in Ausbildung befindlichen Nachkommen Waisenrenten von monatlich Fr. 200.- zu. Beim Abschluss dieser Dienstverträge trat jeweils das einzelne Verwaltungsratsmitglied als Arbeitnehmer auf, während die drei anderen Verwaltungsräte den Vertrag für die Gesellschaft unterzeichneten. Mit Nachträgen vom 26. Juli 1975, die in gleicher Weise unterzeichnet wurden, wurden das monatliche Salär auf je Fr. 7'500.- zuzüglich Repräsentationsspesen von monatlich Fr. 1'000.-, die Witwenrente auf monatlich Fr. 3'500.- und die Waisenrenten auf monatlich Fr. 500.- erhöht. Zudem wurde vereinbart, dass die festgesetzten Beträge je nach Entwicklung der Lebenshaltungskosten dem Index angepasst werden. Die X. AG erfüllte die Lohn- und Rentenansprüche bis zum 31. Dezember 1996, wobei sie nach dem Tod von C. seiner Ehefrau A. (Beklagte 1) die Witwenrente sowie B. (Beklagter 2) und E. (Beklagter 3) nach ihrer Aufgabe der aktiven Tätigkeit die Altersrente ausrichtete. Mit Schreiben vom 2. Dezember 1996 teilte die X. AG A., B. und E. mit, dass sie die Rentenzahlungen gestützt auf einen einstimmigen Verwaltungsratsbeschluss vom 18. November 1996 ab 1. Januar 1997 vollumfänglich einstellen werde. B. A., B. und E. setzten die ausstehenden Renten für die Zeit von Januar 1997 bis Oktober 2000 gestaffelt in Betreibung, wobei der Rechtsvorschlag der X. AG jeweils durch provisorische Rechtsöffnung beseitigt wurde. Die X. AG erhob darauf am 8. Juni 1999, 28. Juni 2000 und 9. Oktober 2002 Aberkennungsklage beim Amtsgericht Luzern-Stadt. Dieses vereinigte die drei Verfahren mit Verfügungen vom 7. Juli 2000 und 11. Oktober 2002. Die von A. eingeleiteten Betreibungen beliefen sich auf insgesamt Fr. 291'309.60, jene von B. auf Fr. 332'917.60 und jene von E. auf Fr. 237'966.-, je zuzüglich Zins. In den Aberkennungsklagen verlangte die Klägerin jeweils die Feststellung, dass die in Betreibung gesetzten Forderungen nicht bestehen, während die Beklagten die Abweisung der Klagen beantragten. Mit Urteil vom 13. Juni 2003 stellte das Amtsgericht Luzern-Stadt fest, dass die Forderung der Beklagten 1 gegenüber der Klägerin im Betrag von insgesamt Fr. 116'637.40 nebst Zins bestehe. In diesem BGE 131 III 636 S. 638 Umfang wies es die Aberkennungsklage ab, während es sie im übersteigenden Umfang guthiess. Für den Beklagten 2 lautete die geschützte Forderung auf insgesamt Fr. 194'394.25 nebst Zins, für den Beklagten 3 auf insgesamt Fr. 153'941.30 nebst Zins. Gegen das Urteil des Amtsgerichts reichten sowohl die Beklagten wie die Klägerin beim Obergericht des Kantons Luzern Appellation ein. Die Beklagten verlangten die vollumfängliche Abweisung der Aberkennungsklagen, während die Klägerin deren vollständige Gutheissung beantragte. Am 5. Dezember 2003 schrieb das Obergericht die zwischen der Klägerin und dem Beklagten 3 laufende Aberkennungsklage infolge Vergleichs als erledigt ab. Mit Urteil vom 6. Dezember 2004 bestätigte darauf das Obergericht (I. Kammer) das amtsgerichtliche Urteil bezüglich der Forderungen der Beklagten 1 und 2. Das Bundesgericht weist die von der Klägerin gegen das Urteil des Obergerichts erhobene Berufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht hat festgestellt, dass die Alters- und Witwenrenten, welche die Gesellschaft in den Verträgen vom 22. April 1965 und 26. Juli 1975 den Verwaltungsratsmitgliedern zugesichert hat, über das hinaus gingen, was einem unbeteiligten Dritten als Arbeitnehmer eingeräumt worden wäre. Die das marktübliche Mass übersteigenden Leistungen betrachtete es als einen Gründervorteil im Sinne von Art. 628 Abs. 3 aOR, für welchen die entsprechenden Publizitätsvorschriften nicht eingehalten wurden, und als eine unzulässige verdeckte Gewinnausschüttung. Demgemäss hat das Obergericht die Aberkennungsklagen im entsprechenden Ausmass gutgeheissen. Die Klägerin wirft dem Obergericht eine Verletzung von Bundesrecht vor, weil ein Verstoss gegen Art. 628 Abs. 3 aOR zur vollständigen Nichtigkeit der Verträge führe. Zudem würde für die Annahme einer blossen Teilnichtigkeit im Sinne von Art. 20 Abs. 2 OR auch der hypothetische Parteiwille zur Aufrechterhaltung der Verträge mit den reduzierten Leistungen fehlen. (...) 2.2 Das schweizerische Aktienrecht lässt zu, dass bei der Gründung der Gesellschaft den Gründern oder anderen Personen besondere Vorteile eingeräumt werden, für welche die Gesellschaft aufzukommen hat. Solche Vorteile vermögensrechtlicher Art, welche BGE 131 III 636 S. 639 direkt der begünstigten Person zustehen und nicht mit den von ihr gehaltenen Aktien verknüpft sind, können mannigfaltige Formen annehmen und auch in künftigen periodischen Leistungen bestehen. Art. 628 Abs. 3 aOR verlangte dafür aber wie die gleichlautende Bestimmung im revidierten Aktienrecht, dass die begünstigten Personen in den Statuten mit Namen aufgeführt werden und der gewährte Vorteil nach Inhalt und Wert genau bezeichnet wird. Fehlt es an den erforderlichen Angaben in den Statuten, so ist die Einräumung der Sondervorteile nichtig (Art. 627 Ziff. 9 aOR). Dieser Statutenzwang sichert die Publizität und Transparenz für Dritte und wird ergänzt durch das Erfordernis des Eintrags im Handelsregister (Art. 641 Ziff. 6 aOR). Bereits das alte Recht unterwarf die Zusicherung solcher besonderer Vorteile auch einer besonderen Beschlussfassung (Art. 630 und Art. 636 aOR). Sie konnten bzw. können auch nur bei der Gründung und bei Kapitalerhöhungen, nicht aber durch andere spätere Statutenänderungen eingeräumt werden (SIEGWART, Zürcher Kommentar, N. 69 zu Art. 628 aOR; FORSTMOSER, Schweizerisches Aktienrecht, Bd. I/1, Zürich 1981, § 10 N. 102; VON STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz, 4. Aufl. 1970, S. 83 ff.; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 15 N. 24). Kein besonderer Vorteil im Sinne von Art. 628 Abs. 3 aOR liegt vor, wenn eine von der Gesellschaft erbrachte Leistung ein Entgelt darstellt für eine ihr nach der Gründung zufliessende Leistung. Dies ergibt sich bereits aus dem vom Gesetz verwendeten Begriff des Vorteils, der eine Begünstigung voraussetzt (FORSTMOSER, a.a.O., § 10 N. 93). Liegt ein gemischtes Geschäft vor, welches bereits im Gründungsstadium abgeschlossen wird, so stellt nur der unentgeltliche Teil einen besonderen Vorteil dar und untersteht nur dieser den dafür geltenden Vorschriften. Eine solche Spaltung gemischter Geschäfte findet sich auch in anderen Bereichen der Rechtsordnung (z.B. erbrechtliche Ausgleichung). Was die Klägerin für die Begründung einer vollständigen Nichtigkeit vorbringt, ist nicht stichhaltig. Keine der von ihr zitierten Literaturstellen befasst sich mit der Situation, wo die von der Gesellschaft zu erbringenden Leistungen teils ein normales Entgelt für Gegenleistungen ist und nur der andere Teil einen besonderen Vorteil im Sinne von Art. 628 Abs. 3 aOR darstellt. Demgegenüber bejaht FORSTMOSER im Gutachten, welches die Klägerin eingeholt hat und auf welches sie sich bei ihrer Aberkennungsklage vor BGE 131 III 636 S. 640 allem stützte, für diese Situation ausdrücklich die Möglichkeit einer blossen Teilnichtigkeit. Das Bundesgerichtsurteil 4C.120/1988 vom 22. August 1988 bezieht sich ebenfalls nicht auf eine solche Situation. Streitgegenstand war damals eine Schuldübernahme durch die Gesellschaft für Lohnansprüche aus der Zeit vor der Gründung. Zur Frage der Gegenleistung hat sich das Bundesgericht dort unter dem Gesichtspunkt der Sachübernahme geäussert, da der behauptete Gegenwert der Gesellschaft ebenfalls bei der Gründung zugeflossen wäre. Die bei Sachübernahmen geltende Regelung kann hingegen nicht auf die hier zu beurteilende Situation übertragen werden, da bei Sachübernahmen immer das ganze Geschäft den dafür geltenden besonderen Vorschriften unterworfen ist und kein Anlass zu einer Spaltung besteht. Der blosse Umstand, dass sowohl Art. 628 Abs. 2 wie Art. 628 Abs. 3 aOR den Schutz der Gesellschaftsgläubiger vor der Verplanung oder Verminderung des Gesellschaftsvermögens bezwecken, ist kein genügender Grund, um auch jenen Teil künftiger Leistungen der Gesellschaft, der ein normales Entgelt für eine nach der Gründung ihr zufliessende Gegenleistung darstellt, den Vorschriften über die Gründervorteile zu unterstellen. Unbehelflich ist auch der Hinweis der Klägerin auf die im neuen Aktienrecht eingeführte Formvorschrift für Sacheinlagen, da hier ein dem alten Recht unterstehender Gründervorteil zu beurteilen ist. Für die Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Begünstigten zur Begründung solcher Vorteile verlangte das alte Recht keine besondere Form, sondern es stellte dafür nur besondere Publizitätserfordernisse (Erwähnung in den Statuten, Handelsregistereintrag) auf. Das Obergericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsfolge der Nichteinhaltung der Publizitätserfordernisse in einer blossen Teilnichtigkeit bestehen kann.
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Sachverhalt ab Seite 340 BGE 101 II 339 S. 340 Aus dem Sachverhalt: A.- Sch. unterzeichnete am 15. Januar 1969 als Antragsteller und zu versichernde Person ein ihm vom Agenten S. der Versicherungsgesellschaft "PATRIA" vorgelegtes Antragsformular für eine Einzel-Krankenversicherung. Gestützt darauf kam mit Wirkung ab 1. Februar 1969 ein Krankenversicherungsvertrag zustande. Das Antragsformular enthielt unter der Ziffer IV eine Reihe von Fragen über den Gesundheitszustand des Sch. Auf die Frage, von welchen Ärzten er in den letzten fünf Jahren behandelt oder untersucht worden sei, lautete die Antwort: (Von) "keinem". Auch die Frage, ob im gleichen Zeitraum eine Urin-, Blut-, Röntgenuntersuchung oder ein Elektrokardiogramm gemacht worden sei, wurde mit "nein" beantwortet. Das gleiche trifft sodann für eine ganze Anzahl von Fragen nach besonderen Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden zu, die in Ziffer IV/6 unter lit. a) - 1) aufgeführt waren und mit dem Satz eingeleitet wurden: "Haben Sie oder hatten Sie jemals: ...". Insbesondere wurde die in lit. f) enthaltene Frage nach "Rheumatismus, Lumbago, Ischias, Erkrankungen oder Verletzungen der Wirbelsäule" verneint. Die Versicherungsgesellschaft erbrachte in der Folge auf Grund des Krankenversicherungsvertrages Leistungen zugunsten von Sch. in der Höhe von Fr. 4'082.--. Mit Schreiben BGE 101 II 339 S. 341 vom 29. September 1971 an Sch. erklärte sie den Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen einer Verletzung der Anzeigepflicht. Sie stützte sich auf eingezogene Auskünfte und machte geltend, dass sich Sch. im Jahre 1967 von Dr. med. H. wegen Lumbago habe behandeln lassen und sich in diesem Zusammenhang auch einer Röntgenuntersuchung habe unterziehen müssen, was er im Antragsformular nicht angegeben habe. Sie weigerte sich, die von Sch. geforderten weiteren Leistungen zu erbringen, und verlangte die bereits geleisteten Zahlungen von ihm zurück. B.- Sch. reichte in der Folge Klage gegen die Versicherungsgesellschaft ein mit dem Antrag auf Bezahlung von Fr. 15'458.50 nebst 5% Zins seit 24. August 1971. Die Versicherungsgesellschaft ihrerseits erhob Widerklage im Betrage von Fr. 4'082.-- nebst 5% Zins seit 30. September 1971. Das Bezirksgericht hiess die Klage mit Urteil vom 28. November 1974 im Umfang von Fr. 14'405.20 gut und wies die Widerklage ab. Das Obergericht schützte die von der Beklagten eingereichte Berufung, wies die Klage ab und verpflichtete den Kläger in Gutheissung der Widerklage, der Beklagten den Betrag von Fr. 4'082.-- nebst 5% Zins seit 8. Juni 1972 zu bezahlen. Es betrachtete die im Versicherungsantrag nicht erwähnte Behandlung des Klägers wegen Lumbago als erhebliche Tatsache, welche der Beklagten für sich allein das Recht zum Vertragsrücktritt gegeben habe, wenn sie dem Kläger bei der Antragstellung bekannt gewesen sei oder hätte bekannt sein müssen. Sollte der Kläger nicht gewusst haben, was Lumbago sei, hätte er sich beim Agenten der Beklagten nach dem Sinn dieses Ausdrucks erkundigen müssen. C.- Der Kläger führt gegen das obergerichtliche Urteil Berufung an das Bundesgericht. Er stellt den Antrag, die Beklagte sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils zu verpflichten, ihm Fr. 14'405.20, d.h. den ihm von der ersten Instanz zugesprochenen Betrag, nebst 5% Zins seit 24. August 1971 zu bezahlen, und die Widerklage sei abzuweisen. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut und hebt das angefochtene Urteil auf. Es weist die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts im Sinne der Erwägungen und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. BGE 101 II 339 S. 342 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. In dem vom Kläger unterzeichneten Versicherungsantrag wurde die in Ziffer IV/6/f) gestellte Frage nach "Rheumatismus, Lumbago, Ischias, Erkrankungen oder Verletzungen der Wirbelsäule" mit "nein" beantwortet. Diese Antwort war insofern unrichtig, als der Kläger in der Zeit vom 22. September bis 3. Oktober 1967 von Dr. med. H. wegen akuten Lumbagos behandelt worden war. Der Kläger hatte im kantonalen Verfahren geltend gemacht, er habe weder gewusst, was Lumbago sei, noch habe ihm der Arzt damals gesagt, dass er an Lumbago leide. Die Vorinstanz hat die Richtigkeit dieser Behauptungen nicht geprüft. Sie hat jedoch angenommen, der Kläger hätte, wenn ihm der Ausdruck "Lumbago" unbekannt gewesen sein sollte, den Vertreter der Beklagten nach dem Sinn dieses Wortes fragen müssen. Hätte er dies getan und wäre ihm der Ausdruck "Lumbago" mit Kreuzschmerzen übersetzt worden, so hätte er die Frage nicht verneinen dürfen, weil ihm habe bekannt sein müssen, dass er im Jahre 1967 wegen solcher Schmerzen den Arzt Dr. H. aufgesucht hatte. In der Berufungsschrift wird beanstandet, dass die Vorinstanz ihrem Entscheid die Hypothese zugrundegelegt habe, der Agent der Beklagten wäre in der Lage gewesen, dem Kläger auf entsprechende Frage hin zu erläutern, dass unter "Lumbago" Kreuzschmerzen zu verstehen seien; nichts in den Akten erlaube einen solchen Schluss. Sodann wird geltend gemacht, eine Verletzung der Anzeigepflicht setze voraus, dass die Fragestellung auch für einen medizinischen Laien klar und verständlich sei. Der Antragsteller müsse in der Lage sein, ohne Einholung fachmedizinischer Auskünfte richtig und wahrheitsgetreu zu antworten. Diese Voraussetzung treffe für den Begriff "Lumbago" nicht zu, der eine grosse Vielfalt medizinischer Tatbestände umfasse und einem medizinischen Laien nicht bekannt sein könne. a) Die Erheblichkeit einer Gefahrstatsache, deren Nichtanzeige den Versicherer zum Vertragsrücktritt berechtigt, wird nach Art. 4 Abs. 3 VVG nur vermutet, wenn eine schriftliche Frage des Versicherers in bestimmter, unzweideutiger Fassung auf diese Tatsache gerichtet war. Wird Lumbago als Sammelbegriff für Kreuzschmerzen oder Schmerzen in der Lendengegend verstanden, entbehrt die im Antragsformular der Beklagten BGE 101 II 339 S. 343 enthaltene Frage an sich nicht der erforderlichen Bestimmtheit und Klarheit. Wer diese Bedeutung des Ausdrucks "Lumbago" kennt, kann nicht darüber im unklaren sein, dass Beschwerden wie jene, wegen welcher der Kläger im Jahre 1967 den Arzt Dr. H. aufgesucht hat, angezeigt werden müssen. b) In der unrichtigen Mitteilung oder Verschweigung einer erheblichen Gefahrstatsache ist indessen nach Art. 6 VVG nur dann eine Verletzung der Anzeigepflicht zu erblicken, wenn der Antragsteller die betreffende Tatsache kannte oder kennen musste. Die Vorinstanz hat nicht abgeklärt, ob der Kläger den Ausdruck "Lumbago" kannte, weil sie annahm, er hätte sich verneinendenfalls nach der Bedeutung dieses Wortes erkundigen müssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein Antragsteller in der Tat verpflichtet, den Vertreter der Versicherung nach dem Sinn eines ihm völlig unbekannten Wortes zu fragen (BGE BGE 96 II 212 ). Eine solche Fragepflicht ist zweifellos dort gerechtfertigt, wo es sich um Ausdrücke handelt, die - wenn auch vielleicht nicht in ihrem genauen technischen Sinngehalt - in weiten Kreisen der Bevölkerung bekannt sind und auch im täglichen Leben gebraucht werden. Diese Voraussetzung war im Falle von BGE 96 II 212 eindeutig erfüllt. Der dort in einer Frage enthaltene Ausdruck "Bronchitis" ist weit verbreitet und in der Alltagssprache gebräuchlich. Dass der Anzeigepflichtige in jenem Streitfall diesen Ausdruck überhaupt nicht kannte, war eine Ausnahme. Anders verhält es sich indessen mit dem Wort "Lumbago". Dessen Bedeutung ist in der deutschen Schweiz den meisten Leuten unbekannt. Wenn eine Versicherungsgesellschaft einen solchen wenig bekannten Ausdruck in ihr Antragsformular aufnimmt, zwingt sie damit den Grossteil ihrer Kunden, sich über die Bedeutung dieses Wortes näher zu erkundigen. Man kann sich daher fragen, ob auch in solchen Fällen am Grundsatz der Erkundigungspflicht festzuhalten sei. Die Fragen des Versicherers sollten doch vernünftigerweise so formuliert sein, dass die meisten Leute sie verstehen können, ohne sich nach dem Sinn einzelner Ausdrücke erkundigen zu müssen. In aller Regel sind auch die Versicherungsagenten, die den Antragstellern die schriftlich formulierten Fragen vorzulegen pflegen, nicht in der Lage, solche medizinische Fachausdrücke genügend zu erklären. Es stellt eine Begünstigung des Versicherers BGE 101 II 339 S. 344 dar, wenn er bei der unrichtigen Beantwortung der Fragen nach Gefahrstatsachen durch den Versicherten eine Verletzung der Anzeigepflicht geltend machen und vom Vertrag zurücktreten kann, obwohl er diese Fragen in einer nicht allgemein verständlichen Weise abgefasst hat. Im Hinblick auf das dem Art. 6 VVG zugrundeliegende Vertrauensprinzip sollte sich der Versicherer nur insoweit auf die Richtigkeit der Antworten verlassen dürfen, als die Fragen im Versicherungsantrag allgemeinverständlich formuliert sind. Ob am Grundsatz der Erkundigungspflicht des Antragstellers auch in derartigen Fällen festgehalten werden soll, mag hier indessen offen bleiben, da eine Verletzung der Anzeigepflicht auf jeden Fall nur mit grosser Zurückhaltung angenommen werden darf. Prüft man die in Ziffer IV/6/f) des Antragsformulars der Beklagten gestellte Frage mit der gebotenen Strenge, fällt auf, dass das allgemein nur wenig bekannte Wort "Lumbago" auf gleicher Stufe steht wie "Rheumatismus", "Ischias" sowie "Erkrankungen und Verletzungen der Wirbelsäule". Diese Ausdrücke erwecken aber - jedenfalls in der Umgangssprache - die Vorstellung bestimmter Krankheiten. So liegt es für den medizinischen Laien nahe, auch unter dem Wort "Lumbago" eine Krankheit besonderer Art zu vermuten. Es drängt sich in keiner Weise der Gedanke auf, Lumbago könnte lediglich eine Sammelbezeichnung für bestimmte Schmerzen sein, die ganz verschiedene Krankheitsursachen haben können. Mit einer solchen Möglichkeit muss deshalb nicht gerechnet werden, weil nicht einzusehen ist, weshalb dann nicht einfach nach Kreuz- oder Lendenschmerzen gefragt wird, was für jedermann verständlich wäre. Durfte der Kläger aber davon ausgehen, unter Lumbago sei eine bestimmte, ihm allerdings unbekannte Krankheit zu verstehen, an der er bisher noch nie gelitten habe, bedeutete die Nichtangabe unfallmässig ausgelöster Kreuzschmerzen keine Verletzung der Anzeigepflicht. Vielmehr durfte sich der Kläger - die Richtigkeit seiner Sachdarstellung vorausgesetzt - sagen, er habe damals weder an einer eigentlichen Krankheit gelitten, noch habe sich sein Sturz auf die Dauer nachteilig ausgewirkt, nachdem er, wie er geltend macht, später nie mehr an Kreuz- oder Rückenschmerzen gelitten hat. Nicht zu überzeugen vermag ferner die Argumentation der Vorinstanz, der Kläger hätte wegen der andern, in der gleichen BGE 101 II 339 S. 345 Ziffer enthaltenen Ausdrücke "Rheumatismus", "Ischias" sowie "Erkrankungen und Verletzungen der Wirbelsäule" Anlass gehabt anzunehmen, es werde nach pathologischen Erscheinungen in der Rückengegend gefragt. Hiegegen spricht schon der Begriff "Rheumatismus", der sich keineswegs nur auf Erkrankungen in der Rückengegend bezieht. Dazu kommt, dass der Kläger auch nicht unbedingt Anlass gehabt hätte, die Behandlung vom Jahre 1967 zu erwähnen, wenn ganz allgemein nach Rückenerkrankungen gefragt worden wäre. Durch einen Unfall ausgelöste Kreuzschmerzen, die nach relativ kurzer Behandlungsdauer abklingen und nicht wieder auftreten, müssen von einem medizinischen Laien nicht als eigentliches Rückenleiden aufgefasst werden, das beim Abschluss einer Krankenversicherung anzugeben ist. Anders wäre es nur, wenn in allgemeinverständlicher Form nach Rückenschmerzen gefragt worden wäre. Was schliesslich die Frage nach Erkrankungen und Verletzungen der Wirbelsäule anbetrifft, kann dem Kläger zugestimmt werden, wenn er ausführt, dass er auf Grund der ihm vom Arzt gemachten Angaben keinen Anlass zur Anzeige der in Frage stehenden Behandlung gehabt habe. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang wie bereits im kantonalen Verfahren darauf, der Arzt habe lediglich von einer altersbedingten Abnützung der Wirbelsäule gesprochen. Eine solche wird landläufig in der Tat weder als Erkrankung noch als Verletzung der Wirbelsäule betrachtet. Auch wenn aus den dargelegten Gründen in der objektiv falschen Beantwortung der Frage nach Lumbago entgegen dem angefochtenen Urteil keine Verletzung der Anzeigepflicht zu erblicken ist, kann das Bundesgericht die Sache nicht endgültig beurteilen. Eine Gutheissung der Klage wäre trotz Verneinung der Erkundigungspflicht nur möglich, wenn feststehen würde, dass der Kläger den Ausdruck "Lumbago" tatsächlich nicht gekannt habe. Die Vorinstanz hat diese Frage ausdrücklich offengelassen. Auch hat sie die Behauptung des Klägers, der Arzt habe ihm im Jahre 1967 nicht gesagt, dass er an Lumbago leide, nicht überprüft. Die Beklagte ihrerseits hat sich im obergerichtlichen Verfahren gegen die Richtigkeit der Darstellung des Klägers ausgesprochen. Der Sachverhalt bedarf insofern noch der Ergänzung, weshalb die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen ist, damit sie über die aufgeworfenen Fragen tatsächliche Feststellungen treffe.
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36bf1f2f-b242-404e-99d5-e08bb305a07e
Sachverhalt ab Seite 69 BGE 99 II 67 S. 69 A.- Die X. AG betreibt als Grossistin für Edelsteine ein Etagengeschäft in Zürich. Sie pflegte ihre Handelsware bei den Lloyd's Underwriters, London, gegen Gefahren von grundsätzlich jeder Art zu versichern. Dabei wurde jedes Jahr auf Grund eines neuen Antrags eine neue Pauschal-Versicherungspolice für Juweliere (Jewellers'Block Policy) ausgestellt. Am 20. September 1968 unterzeichnete sie einen englisch verfassten BGE 99 II 67 S. 70 Antrag für eine Versicherung zu US $250'000.--, der u.a. die folgenden Fragen und Antworten enthält: "Questions Answers ... ... 3. Employees (a) How many employees have you? (a) 4 (b) What is the minimum number of employees including principals in the sales section of your premises at any time during business hours, including lunchtime? (b) 5". In Beantwortung der Frage 4 über die Warenlagerwerte (stock values) bezifferte die Antragstellerin den durchschnittlichen Gesamtwert (average total value) der eigenen Ware und der ihr anvertrauten Ware auf US $90'000.-- bzw. 60'000.-- und den Höchstwert (maximum value) der beiden Kategorien in den letzten zwölf Monaten auf US $300'000.--. Unter den Ziffern 11-19 gab sie Auskunft über die bestehenden Sicherheitsvorkehren (protections). Gestützt auf diesen Antrag und die Zahlung der Prämie von US $ 5'000.-- stellten ihr Lloyd's unter Verwendung eines französisch abgefassten, mit Angaben in englischer Sprache ausgefüllten und ergänzten Formulars eine für die Zeit vom 31. Dezember 1968 bis und mit 30. Dezember 1969 gültige Police aus. Da der Londoner Versicherungsmakler der Versicherungsnehmerin die Papiere für eine neue Jahresversicherung erst im Januar 1970 zustellte, wurde die Deckung gemäss Police für das Jahr 1969 um 30 Tage (d.h. bis und mit 29. Januar 1970) erstreckt. B.- Am 27. Januar 1970 überfielen zwei Männer, die Schusswaffen trugen, das Geschäft der Versicherungsnehmerin, in welchem sich nur Fräulein X. (die Tochter des massgebenden Aktionärs X.) und eine Sekretärin befanden, und raubten eigene Ware der Versicherungsnehmerin im Werte von US $263'844.01 und Konsignationswaren Dritter im Werte von US $237'256.25. Eigene Ware und Konsignationsware für mindestens US $30'000.-- bzw. 100'000.-- konnten wieder beigebracht werden. Die Versicherungsnehmerin erhob Anspruch auf die Versicherungssumme von US $250'000.--. Die Versicherer erklärten durch Schreiben ihrer Beauftragten vom 10. März und 3. Juni 1970 den Rücktritt vom Vertrage und verweigerten jede Leistung, weil die Versicherungsnehmerin nach den Ermittlungen des von ihnen beigezogenen Schadensexperten bei BGE 99 II 67 S. 71 Beantwortung von Frage 4 den Durchschnitts- und den Höchstwert der bei ihr liegenden Ware viel zu niedrig beziffert und ihnen damit eine erhebliche Gefahrstatsache unrichtig mitgeteilt habe ( Art. 6 VVG ). Eventuell machten sie Unterversicherung geltend ( Art. 69 Abs. 2 VVG ). Die Versicherungsnehmerin bestritt die Richtigkeit des Expertenbefundes und die ihr gestützt darauf vorgeworfene Anzeigepflichtverletzung und machte geltend, eine Kürzung der Versicherungsleistungen wegen Unterversicherung sei schon deshalb unzulässig, weil die Versicherung eines Teilschadens vereinbart worden sei. C.- Im September 1970 klagte die Versicherungsnehmerin gegen die Versicherer beim Handelsgericht des Kantons Zürich auf Zahlung der vollen Versicherungssumme. Die Beklagten hielten an den schon vor dem Prozess erhobenen Einreden fest und machten in der Klageantwort vom 27. November 1970 ausserdem geltend, laut Police sei vereinbart, dass die im Fragebogen beschriebenen Sicherheitsmassnahmen und -einrichtungen ohne Zustimmung der Versicherer weder aufgehoben noch abgeändert werden dürfen und dass die Versicherer im Falle der Verletzung dieser Vereinbarung für den daraus entstandenen Schaden nicht haften ("Il est entendu et convenu que les mesures et installations de sécurité décrites dans le questionnaire ne seront ni supprimées, ni modifiées sans le consentement des assureurs. Si l'assuré contrevenait à cette convention les assureurs ne répondraient pas des dommages survenant de ce fait"); mit ihrer Antwort auf die Frage 3 b habe die Klägerin die Obliegenheit übernommen, die Geschäftsräume während der Geschäftszeiten mit mindestens fünf Personen besetzt zu halten; dabei handle es sich um eine vertraglich festgelegte Vorsichtsmassnahme und Sicherheitsvorkehrung; die Klägerin habe die in Frage stehende Obliegenheit aufs schwerste verletzt, da sich zur Zeit des Schadensfalles nur zwei Damen im Geschäft aufgehalten hätten; das berechtige die Beklagten nach der erwähnten Vertragsklausel und nach Art. 29 Abs. 1 VVG zur Leistungsverweigerung; für den Fall, dass der Richter dieser Auffassung nicht folgen sollte, müsste die Anwesenheit von nur zwei Damen in den Geschäftsräumen der Klägerin angesichts der grossen dort liegenden Werte als grobe Fahrlässigkeit gewürdigt werden, welche die Beklagten nach Art. 14 Abs. 2 VVG zu einer Kürzung ihrer Leistung um mindestens 40% berechtige. BGE 99 II 67 S. 72 Die Klägerin bezeichnete die Einreden der Beklagten als unbegründet und verwies gegenüber dem für die streitige Versicherung verwendeten, dem Eidgenössischen Versicherungsamt nicht vorgelegten englischen Fragebogen auf die von diesem Amt genehmigten, für Abschlüsse in der Schweiz bestimmten Fragebogen in deutscher und französischer Sprache, in denen nach dem Höchstwert des Lagers und nach der Zahl der Angestellten nicht gefragt wird. Das Handelsgericht erachtete die im englischen Fragebogen enthaltenen Antworten als für die Klägerin verbindlich und nahm an, die Klägerin habe damit, dass sie nicht für die regelmässige Anwesenheit von fünf Personen in den Geschäftsräumen gesorgt habe, wenn nicht eine Obliegenheit verletzt, so doch auf alle Fälle gegenüber dem deklarierten Zustand eine wesentliche Gefahrserhöhung herbeigeführt ( Art. 28 VVG ), die auf den Eintritt des befürchteten Ereignisses einen Einfluss ausgeübt habe ( Art. 32 Ziff. 1 VVG ); diese Gefahrserhöhung berechtige die Beklagten nach Art. 28 Abs. 1 VVG und nach der Vertragsklausel über die Sicherheitsmassnahmen zur Leistungsverweigerung. Deshalb wies es die Klage am 8. Mai 1972 ab, ohne die übrigen Einreden der Beklagten zu prüfen. D.- Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, es sei aufzuheben und die Sache sei zur quantitativen Bestimmung der Ansprüche der Klägerin an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagten beantragen die Abweisung der Berufung, eventuell die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Beurteilung ihrer Begehren auf "a) Abweisung der Klage infolge Anzeigeverletzung, b) eventuell Reduktion des eingeklagten Betrages wegen Unterversicherung, c) subeventuell zusätzliche Reduktion wegen Mitverschuldens der Klägerin bei der Beantwortung von Frage 3 im Fragebogen." Das Bundesgericht hebt das Urteil des Handelsgerichts auf und weist die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Erwägungen: 1. Die Berufungsschrift enthält keinen materiellen Antrag, wie er nach Art. 55 Abs. 1 lit. b OG grundsätzlich erforderlich ist, sondern die Klägerin verlangt nur die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache an die BGE 99 II 67 S. 73 Vorinstanz. Ein solcher Antrag genügt nach der Rechtsprechung, wenn das Bundesgericht bei Gutheissung der vom Berufungskläger verfochtenen Rechtsauffassung kein Sachurteil fällen kann, sondern den Fall zur weitern Abklärung des Tatbestands an die Vorinstanz zurückweisen muss ( BGE 95 II 436 Erw. 1 mit Hinweisen). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle erfüllt. Das Fehlen eines materiellen Antrags schadet daher der Klägerin nicht. 2. Keine gesetzliche Vorschrift verlangt, dass in der Schweiz verwendete Formulare für Versicherungsanträge in einer der schweizerischen Landessprachen abgefasst sein müssen. Der Versicherer darf deshalb dem Antragsteller mit dessen Einverständnis ein Formular in einer andern Sprache vorlegen. Dieses Einverständnis war im vorliegenden Falle unzweifelhaft vorhanden; denn die Klägerin hat nicht erst 1968, sondern schon 1967 ein englisch abgefasstes Formular widerspruchslos entgegengenommen und in der gleichen Sprache ausgefüllt; in den Jahren 1965 und 1966 hatte sie sogar einen Fragebogen mit französischem Vordruck englisch beantwortet. Die Tatsache, dass die Beklagten das englische Antragsformular dem Eidgenössischen Versicherungsamt entgegen den damals geltenden Vorschriften nicht zur Genehmigung vorgelegt hatten, konnte nur Folgen öffentlich-rechtlicher Art auslösen. Auf die Gültigkeit des Vertrags, der unter Verwendung dieses Formulars abgeschlossen wurde, hat das Fehlen der Genehmigung des Formulartextes durch die Aufsichtsinstanz keinen Einfluss (KOENIG, Schweiz. Privatversicherungsrecht, 3. Aufl., S. 26/27; ROELLI/KELLER, Kommentar zum VVG, I S. 28 Anm. 8). Die Verbindlichkeit des Versicherungsvertrags, welche die Klägerin mit ihren Einwendungen gegen die Massgeblichkeit des als Vertragsgrundlage verwendeten Formulars in Frage stellt, ist im übrigen Voraussetzung der Klage auf Zahlung der Versicherungssumme. 3. Die Beklagten begründeten die Verweigerung jeder Leistung im kantonalen Verfahren ausschliesslich damit, dass die Klägerin mit der angeblich zu niedrigen Bewertung ihres Warenlagers im Versicherungsantrag ihre Anzeigepflicht verletzt und mit der Unterschreitung der von ihr angegebenen Zahl der in den Geschäftsräumen anwesenden Personen eine vertragliche Obliegenheit verletzt habe. Sie erklärten in der Duplik BGE 99 II 67 S. 74 ausdrücklich, Art. 28 VVG über die Gefahrserhöhung stehe im vorliegenden Prozess nicht zur Diskussion; die Leistungsverweigerung werde nicht mit Gefahrserhöhung begründet. Vor Bundesgericht halten sie an der - vom Handelsgericht nicht abschliessend geprüften - Auffassung fest, dass die Antwort der Klägerin auf die Frage 3 b in Verbindung mit der wiedergegebenen Policenklausel über die Sicherungsvorkehren die Obliegenheit der Klägerin begründet habe, während der Geschäftszeit mindestens fünf Personen in den Geschäftsräumen zu belassen, und dass die Klägerin mit der ohne Zustimmung der Beklagten erfolgten Senkung der Personenzahl auf zwei diese Obliegenheit verletzt habe, was die Beklagten nach der erwähnten Klausel zur Leistungsverweigerung berechtige. Art. 29 Abs. 1 VVG erlaubt Vertragsabreden, wonach der Versicherungsnehmer bestimmte Obliegenheiten (d.h. Nebenpflichten) übernimmt, um die Gefahr zu vermindern oder eine Gefahrserhöhung zu verhüten, und Art. 29 Abs. 2 VVG lässt grundsätzlich die Vertragsbestimmung zu, dass der Versicherer, wenn eine solche Obliegenheit verletzt wird, an den Vertrag nicht gebunden ist. Auf eine derartige Vertragsbestimmung kann sich jedoch der Versicherer nach der zuletzt genannten Vorschrift nicht berufen., wenn die Verletzung der Obliegenheit keinen Einfluss auf den Eintritt des befürchteten Ereignisses und auf den Umfang der ihm obliegenden Leistung gehabt hat. Ferner bleibt dem Versicherungsnehmer die Exkulpation nach Art. 45 Abs. 1 VVG vorbehalten (vgl. zu alledem KOENIG, S. 127 ff., 197-199; ROELLI/KELLER, S. 426 ff. zu Art. 29 VVG ). Die Klausel des vorliegenden Versicherungsvertrags, aus welcher die Beklagten das Recht zur Leistungsverweigerung wegen Verletzung einer Obliegenheit ableiten, sieht vor, dass die Versicherer für den Schaden nicht haften, der daraus entsteht, dass die im Fragebogen beschriebenen Sicherheitsmassnahmen und -einrichtungen (les mesures et installations de sécurité décrites dans le questionnaire) ohne ihre Zustimmung aufgehoben oder abgeändert werden. Diese Klausel ist nach dem Gesagten grundsätzlich zulässig. Die Tatsache, dass die Klägerin die im Fragebogen unter Ziffer 3 b angegebene Mindestzahl von während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen anwesenden Betriebsangehörigen (employees including principals) nicht aufrechterhielt, fällt unter diese Klausel und rechtfertigt unter Vorbehalt der Exkulpation nach Art. 45 BGE 99 II 67 S. 75 Abs. 1 VVG die Leistungsverweigerung der Beklagten, wenn die Angabe der Klägerin über die Mindestzahl der Anwesenden als Beschreibung einer Sicherheitsmassnahme oder -einrichtung aufzufassen ist und die Unterschreitung der angegebenen Zahl für den eingetretenen Schaden kausal war. Fehlt es dagegen an einer dieser Voraussetzungen (oder an beiden), so scheitert die Einrede der Obliegenheitsverletzung. Die Zahl der Betriebsangehörigen eines Juwelengeschäfts, die während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen anwesend sind, kann für den Versicherer, der den Warenvorrat u.a. gegen alle Arten des Diebstahls durch Dritte versichert, bei der Beurteilung der Gefahr eine gewisse Rolle spielen (vgl. Erw. 4 c hienach). Das erlaubt aber nicht den Schluss, dass der Versicherungsnehmer mit der Angabe dieser Zahl im Fragebogen des Versicherers eine Sicherheitsmassnahme oder -einrichtung beschreibe. Die blosse Tatsache, dass sich in einem Juwelengeschäft während der Geschäftszeit eine bestimmte Anzahl von Betriebsangehörigen aufhalten, um dort ihre geschäftliche Tätigkeit auszuüben, stellt keine Sicherheitsvorkehr im üblichen Sinne dieses Wortes dar, und es besteht kein Grund, diesem Ausdruck im Rahmen der von den Beklagten angerufenen Policenklausel einen weitern als den üblichen Sinn beizulegen. Dass die Frage 3 b eine Sicherheitsvorkehr im Sinne dieser Klausel betreffe, kann um so weniger angenommen werden, als der Fragebogen der Beklagten den Sicherheitsvorkehren unter der Überschrift "Protections" einen besondern Abschnitt (Fragen 11-19) widmet, wo die Beklagten sich mit Ausnahme der Frage, ob das Geschäftshaus zur Nachtzeit vom Antragsteller oder von einem Angestellten oder Hauswart bewohnt sei, ausschliesslich nach gewissen baulichen Verhältnissen und nach technischen Schutzeinrichtungen und -massnahmen erkundigen. Für die Klägerin war es deshalb gegeben, die Vertragsklausel über die im Fragebogen beschriebenen Sicherheitsvorkehren auf die Massnahmen und Einrichtungen zu beziehen, die sie bei Beantwortung der Fragen 11-19 erwähnt hatte. Auf jeden Fall aber lässt der von den Beklagten verfasste Text der Police nicht klar erkennen, dass die Beklagten auch in der Antwort auf die unter der Überschrift "Employees" stehende Frage 3 b die Beschreibung einer Sicherheitsvorkehr im Sinne der erwähnten Vertragsklausel erblicken möchten. Vertragsbestimmungen, die in guten Treuen verschieden aufgefasst werden können, sind BGE 99 II 67 S. 76 nach dem Vertrauensprinzip, das sich aus Art. 2 ZGB ergibt, zu Ungunsten des Vertragspartners auszulegen, der den Vertrag verfasst hat ( BGE 87 II 95 f. Erw. 3 mit Hinweisen, BGE 92 II 348 , BGE 97 II 73 f. Erw. 3). Diese Regel (sog. Unklarheitenregel) gilt namentlich auch für die Auslegung von Versicherungsverträgen (vgl. die angeführten Entscheide). Daher muss sich die Klägerin nicht vorwerfen lassen, sie habe damit, dass sie die Zahl der im Geschäft Anwesenden unter fünf sinken liess, gegen die Vertragsklausel betreffend die Aufrechterhaltung der im Fragebogen beschriebenen Sicherheitsvorkehren verstossen. Aus diesem Grunde ist die Einrede der Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zu verwerfen, ohne dass zu prüfen wäre, ob das erwähnte Verhalten der Klägerin für den Schaden kausal sei. 4. Obwohl die Beklagten im kantonalen Verfahren erklärt hatten, die Leistungsverweigerung werde nicht mit Gefahrserhöhung begründet, durfte und musste die Vorinstanz prüfen, ob die in den Prozess eingeführten Tatsachen den Beklagten erlauben, die von ihnen verlangte Leistung wegen Gefahrserhöhung zu verweigern. Das Bundesrecht ist nämlich vom kantonalen Richter (wie gemäss Art. 63 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 OG vom Bundesgericht) unabhängig von der Begründung der Parteianträge von Amtes wegen anzuwenden (KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft nach schweiz. Recht, 1954, S. 104/05; LEUCH, Die ZPO für den Kanton Bern, 3. Aufl. 1956, S. 224/25; GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 1958, S. 69/70, 132, und ZSR 1961 II 34; VOYAME, ZSR 1961 II 108lit. d a.E.; ebenso die seitherige Rechtsprechung des Bundesgerichts: BGE 89 II 339 f. Erw. 2, BGE 90 II 40 Erw. 6 b, BGE 95 II 252 Erw. 3), und weder das Bundesrecht ( Art. 28 VVG ) noch die gemäss Bundesrecht zu beachtenden Bestimmungen des vorliegenden Versicherungsvertrags machen den Hinfall der Leistungspflicht des Versicherers wegen wesentlicher Gefahrserhöhung davon abhängig, dass dieser ausdrücklich geltend macht, beim Sachverhalt, mit dem er seine Leistungsverweigerung begründet, handle es sich um eine solche Gefahrserhöhung. Dass die Beklagten nicht bloss die Erhebung dieses Einwands unterlassen, sondern vor Handelsgericht geradezu erklärt haben, Art. 28 VVG stehe nicht zur Diskussion, die Leistungsverweigerung werde nicht mit Gefahrserhöhung, sondern nur mit Verletzung der Anzeigepflicht und einer vertraglichen BGE 99 II 67 S. 77 Obliegenheit begründet (Erw. 3 hievor), bedeutet nicht etwa einen Verzicht auf den Rücktritt vom Vertrag, der nach Art. 32 Ziff. 4 VVG den Eintritt der Rechtsfolgen der Gefahrserhöhung ausschlösse, sondern jene Erklärung betraf nur die für den Richter nicht massgebende rechtliche Begründung des tatsächlich erfolgten Rücktritts. Die Frage, ob eine wesentliche Gefahrserhöhung im Sinne des Gesetzes vorliege, ist daher materiell zu prüfen. a) Wenn überhaupt eine solche Gefahrserhöhung vorliegt, kann es sich nur um eine solche "mit Zutun des Versicherungsnehmers" im Sinne des bereits angeführten Art. 28 VVG handeln; denn die Klägerin bestimmte die Zahl der Betriebsangehörigen, die sich während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen aufzuhalten hatten. b) Die Tatsache, dass der Versicherungsnehmer im Laufe der Versicherung eine wesentliche Gefahrserhöhung herbeigeführt hat, bewirkt nach Art. 28 Abs. 1 VVG unter Vorbehalt von Art. 32 VVG ohne weiteres, dass der Versicherer für die Folgezeit an den Vertrag nicht gebunden ist. Die in der vorliegenden Police enthaltenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen lauten im gleichen Sinne. Der Eintritt der erwähnten Rechtsfolge hängt also nicht etwa davon ab, dass sich der Versicherer innert einer bestimmten Frist vom Vertrag lossagt. Die Klausel der Versicherungsbedingungen, wonach der Versicherer an den Vertrag gebunden bleibt, wenn er nicht innert 14 Tagen seit der dem Versicherungsnehmer vertraglich vorgeschriebenen Mitteilung der Gefahrserhöhung ( Art. 28 Abs. 3 VVG ) vom Vertrage zurücktritt, greift im vorliegenden Falle nicht ein, weil hier eine solche Mitteilung nicht erfolgt ist. c) Die Gefahrserhöhung ist nach Art. 28 Abs. 2 VVG wesentlich, "wenn sie auf der Änderung einer für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Tatsache (Art. 4) beruht, deren Umfang die Parteien beim Vertragsabschlusse festgestellt haben". Die Anwendung von Art. 28 Abs. 1 VVG setzt also u.a. voraus, dass eine Änderung mit Bezug auf eine Tatsache eingetreten ist, die der Versicherungsnehmer nach Art. 4 Abs. 1 VVG auf eine Frage des Versicherers hin diesem mitzuteilen hatte, und dass diese Gefahrstatsache im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VVG erheblich war. Gefahrtatsachen sind alle Tatsachen, die bei Beurteilung der Gefahr in Betracht fallen, mit andern Worten den Versicherer BGE 99 II 67 S. 78 über den Umfang der zu deckenden Gefahr aufklären können, also nicht nur solche Tatsachen, welche die Gefahr verursachen, sondern auch solche, die bloss einen Rückschluss auf das Vorliegen von die Gefahr verursachenden Tatsachen gestatten ( BGE 55 II 58 , BGE 72 II 130 oben, BGE 75 II 163 Erw. 3; ROELLI/KELLER, S. 96/97 § 2). Erheblich sind nach Art. 4 Abs. 2 VVG "diejenigen Gefahrstatsachen, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben". Die Gefahrstatsachen, auf welche die schriftlichen Fragen des Versicherers in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet sind, werden nach Art. 4 Abs. 3 VVG als erheblich vermutet. Soll der Warenvorrat eines Juwelengeschäfts u.a. gegen Diebstahl jeder Art, also z.B. gegen Raub in seinen mannigfachen Formen und gegen Trick- und Einschleichdiebstahl versichert werden, so kann die Zahl der Betriebsangehörigen, die sich während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen aufhalten, den Versicherer bei der Beurteilung der versicherten Gefahr interessieren, da eine schwache personelle Besetzung der Räume unter Umständen einen solchen Diebstahl erleichtert. Die Zahl der anwesenden Betriebsangehörigen hat daher als Gefahrstatsache zu gelten. Diese Zahl ist Gegenstand der Frage 3 b des von den Beklagten im vorliegenden Fall verwendeten Fragebogens. Da das Geschäft der Klägerin nach ihren eigenen Angaben ein Engrosgeschäft ("Wholesale 100%") ohne Detailverkauf ("Retail"), Produktion ("Manufacturing") oder Pfandleihtätigkeit ("Pawnbroking") darstellt, ist der in Frage 3 b verwendete Ausdruck "sales section of your premises" im Falle der Klägerin nach Treu und Glauben auf die Gesamtheit der Geschäftsräume zu beziehen. Mit der Frage 3 b haben sich die Beklagten also in für die Klägerin klarer und unmissverständlicher Weise nach der Mindestzahl der während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen anwesenden Betriebsangehörigen erkundigt. Daher ist nach Art. 4 Abs. 3 VVG zu vermuten, es handle sich dabei um eine im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VVG erhebliche Gefahrstatsache. Dass die in Frage stehende Zahl bei einer objektiven, vernünftigen Würdigung (vgl. ROELLI/KELLER, S. 97/98) überhaupt nicht geeignet gewesen sei, den Vertragswillen der BGE 99 II 67 S. 79 Beklagten zu beeinflussen, was die Vermutung der Erheblichkeit entkräften würde, lässt sich nicht sagen. Daher ist zunächst davon auszugehen, dass die Antwort der Klägerin auf die Frage 3 b eine im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VVG erhebliche, d.h. zur Beeinflussung des Vertragswillens der Beklagten an sich geeignete Gefahrstatsache betreffe. d) Die Klägerin will ihre Antwort auf die Frage 3 b nicht gegen sich gelten lassen. Sie behauptet, für die Beklagten sei klar erkennbar gewesen, dass diese Antwort mit den Antworten auf die Fragen 3 a und 7 in unlösbarem Widerspruch stehe und geradezu unsinnig sei; nach BGE 90 II 456 hätten die Beklagten für eine Behebung dieser Widersprüche sorgen müssen. Der Versicherer ist im allgemeinen nicht verpflichtet, den Gefahrstatsachen nachzuforschen und die Angaben des Versicherungsnehmers über solche Tatsachen zu überprüfen ( BGE 73 II 56 Erw. 6, BGE 90 II 456 ; ROELLI/Keller, S. 161). Er ist jedoch nach Treu und Glauben gehalten, Unklarheiten und Widersprüche, die sich aus dem Wortlaut des Versicherungsantrags unmittelbar ergeben, zu beseitigen oder beseitigen zu helfen (vgl. den zuletzt angeführten Entscheid). Wie bereits ausgeführt (lit. c hievor), ist der Ausdruck "sales section", der in Frage 3 b verwendet wird, im vorliegenden Falle auf die Gesamtheit der Geschäftsräume zu beziehen. Die Behauptung der Klägerin, bei einer Aktiengesellschaft könne es keine "principals" geben, wie sie in Frage 3 b erwähnt werden, trifft nicht zu. Das englische Hauptwort "principal" bezeichnet im Handelswesen nicht bloss den Geschäftsinhaber, sondern ist auf jede leitende Persönlichkeit, insbesondere auf einen "Chef" anwendbar (Langenscheidts Handwörterbuch Englisch, Englisch-Deutsch, 11. Aufl. 1969, Art. principal, II 5, S. 481; Harrap's Standard French and English Dictionary, English-French, 1955, Art. principal, II 1, S. 954), was X., der den Versicherungsantrag unterzeichnete und unstreitig des Englischen mächtig ist, zweifellos wusste. Bei der Klägerin hatte mindestens der Haupt- oder Alleinaktionär X., der im Geschäftsbetrieb massgebend mitwirkte, die Stellung eines solchen "principal". Bei dieser Sachlage brauchten die Beklagten nicht ohne weiteres anzunehmen, zwischen der Antwort auf die Frage 3 a (die Klägerin habe vier "employees") und der Antwort auf die Frage 3 b (die Mindestzahl der während BGE 99 II 67 S. 80 der Geschäftszeit in der "sales section" anwesenden "employees including principals" betrage fünf) bestehe ein Widerspruch, welcher der Aufklärung bedürfe. Heikler ist das Problem, ob sich die Antworten auf die Fragen 3 a und 3 b mit der Antwort auf Frage 7 vereinbaren lassen. Diese Frage betrifft das gemäss lit. B der "Special Conditions" nur bis zu US $ 150'000.-- versicherte "Outdoor risk" (Aussenrisiko). Die Beklagten forderten die Klägerin mit dieser Frage auf, ihnen in bezug auf alles versicherte Gut, das "by yourselves and your employees (e.g. travellers, outside salesmen, messengers and delivery hands but NOT Brokers)", d.h. "durch Sie (Klägerin) selbst und Ihre Angestellten (z.B. Reisende, externe Verkäufer, Boten und Lieferpersonal, aber NICHT Makler)", an Orte ausserhalb der Geschäftsräume verbracht wird, die Namen aller "principals, travellers and outside salesmen" zu nennen, die in der Stadt oder im Lande des Geschäftssitzes oder anderswo versicherte Ware mit sich führen, und für jede Person die Zahl der (Reise-) Tage sowie den Mittel- und Höchstwert der mitgeführten Ware anzugeben. In ihrer Antwort auf Frage 7 gab die Klägerin für die Stadt des Geschäftssitzes die folgenden vier Namen an: "Fräulein X., X., W, B". (Für die beiden andern Gebiete nannte sie nur die drei zuletzt genannten Personen). Rechneten die Beklagten von den vier erwähnten Personen nur X., den Unterzeichner des Versicherungsantrags, zu den "principals", was angesichts des geringen Personalbestands der Firma nahelag, so blieben für die Kategorie der "travellers and outside salesmen" drei Personen übrig. Diese hatten nach den Beispielen, mit denen in Frage 7 der Begriff der "employees" erläutert wurde, als Angestellte zu gelten. Hatte die Klägerin gemäss ihrer Antwort auf Frage 3 a im ganzen vier Angestellte und entfielen davon drei auf die Reisenden und externen Verkäufer, so konnte nur ein anderer Angestellter vorhanden sei. Mit einem reisenden "principal", drei Reisenden oder externen Verkäufern und einem andern Angestellten, d.h. mit insgesamt fünf Personen, von denen vier zeitweise unterwegs waren, liess sich die ständige Anwesenheit von fünf Personen in den Geschäftsräumen während der Geschäftszeit offensichtlich nicht aufrechterhalten. Das musste aber auch dann noch zum mindesten als schwierig erscheinen, wenn von den vier namentlich erwähnten Personen ausser X. noch eine weitere Person (z.B. Fräulein X.) zu den BGE 99 II 67 S. 81 "principals" gezählt und folglich angenommen wurde, neben zwei reisenden "principals" seien zwei reisende Angestellte und zwei andere Angestellte, insgesamt also sechs zum Betrieb gehörende Personen vorhanden. Dass immer nur höchstens eine dieser Personen unterwegs sei, war angesichts der Gesamtzahl der angegebenen Reisetage (145) und der Möglichkeit von Krankheiten und andern Abhaltungen wenig wahrscheinlich. Betrachteten die Beklagten die Antworten auf die Fragen 3 a und 3 b im Zusammenhang mit der Antwort auf Frage 7, so mussten ihnen also Zweifel darüber aufsteigen, ob die Angabe unter Ziffer 3 b stimmen könne, dass während der Geschäftszeit ständig (at any time) fünf Personen (employees including principals) in den Geschäftsräumen anwesend seien. Die gleiche Überlegung gilt auch schon für die Antworten im Fragebogen vom 25. September 1967, welcher der Versicherung für das Jahr 1968 zugrunde lag (Zahl der Angestellten: 2; Mindestzahl der anwesenden employees including principals: 3; principals, travellers und outside salesmen im Sinne von Frage 7: Frau Z., Fräulein X. und X. mit insgesamt 180 Reisetagen; reisende Angestellte je nachdem, ob nur X. oder auch Fräulein X. als "principal" angesehen wurde: 2 oder 1; nicht reisende Angestellte: 0 oder 1; gesamter Personalbestand folglich entweder ein reisender "principal" und zwei reisende Angestellte = drei Personen, oder zwei reisende "principals", ein reisender Angestellter und ein anderer Angestellter = vier Personen, was für die Aufrechterhaltung einer ständigen Präsenz von drei Personen ungenügend oder doch sehr knapp war). Es kann sich allerdings fragen, ob die Beklagten verpflichtet gewesen seien, die Antworten auf die Fragen 3 a, 3 b und 7 in dieser Weise miteinander zu vergleichen. Als Grund für die Bejahung dieser Frage lässt sich anführen, dass die Angabe einer Mindestpräsenz von 5 (Vorjahr 3) Personen bei 4 (Vorjahr 2) Angestellten und 4 (Vorjahr 3) zeitweise auf Reisen befindlichen "principals" und Angestellten schon auf den ersten Blick (ohne die hievor angestellte Berechnung) recht auffällig war. Ob den Beklagten in dieser Hinsicht eine pflichtwidrige Unterlassung vorzuwerfen sei und welche Rechtsfolgen an eine solche Unterlassung zu knüpfen wären, kann jedoch offen bleiben, wenn sich ergibt, dass die Unterschreitung der unter Ziffer 3 b angegebenen Mindestzahl von während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen anwesenden Betriebsangehörigen BGE 99 II 67 S. 82 die Leistungsverweigerung der Beklagten unter dem Gesichtspunkte der Gefahrserhöhung aus einem andern Grunde nicht zu rechtfertigen vermag. e) Beruft sich der Versicherer zur Begründung seiner Leistungsverweigerung auf eine Angabe des Versicherungsnehmers über eine Gefahrstatsache, die nach Art. 4 VVG an und für sich als erheblich zu gelten hat, so bleibt dem Versicherungsnehmer der Nachweis vorbehalten, dass seine Angabe über diese Tatsache den Willensentschluss des Versicherers im konkreten Fall in Wirklichkeit nicht beeinflusst hat, mit andern Worten, dass der Versicherer den Vertrag so, wie er zustandekam, auch dann geschlossen hätte, wenn die Angabe über die betreffende Tatsache gefehlt oder anders gelautet hätte ( BGE 39 II 309 , 75 II 163, 165, 92 II 352 Erw. 5; ROELLI/KELLER, S. 98/99; vgl. auch KOENIG S. 176 f. Anm. 2). Im vorliegenden Falle steht fest, dass die Beklagten speziell für die schweizerische Kundschaft bestimmte Antragsformulare in deutscher und in französischer Sprache (mit dem Datumvermerk 1.1.48) geschaffen haben, welche die Fragen nach der Zahl der Angestellten und nach der Mindestzahl der während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen anwesenden Betriebsangehörigen sowie nach den Namen der reisenden "principals, travellers and outside salesmen" nicht enthalten. Diese Formulare wurden auch noch verwendet, nachdem das englische Formular (mit dem Datumvermerk 11.3.65), das die erwähnten Fragen enthält, geschaffen worden war. Die Beklagten liessen der Klägerin noch für die Versicherungen pro 1966 und 1967 das französisch abgefasste Formular vorlegen (Anträge vom 3. September 1965 und 26. August 1966). Sogar dem Schreiben von 11. Mai 1970, mit welchem eine Maklerfirma der Klägerin mitteilte, dass einige "Underwriters" anscheinend bereit seien, einen neuen Anschluss in Betracht zu ziehen, lag neben dem englischen ein schweizerisches Formular bei. Als die Beklagten der Klägerin für die Versicherung pro 1968 erstmals das englische Formular vorlegen liessen, machten sie die Klägerin nicht darauf aufmerksam, dass dieses Formular neue Fragen über für die Beklagten wesentliche Punkte enthalte, wie das angesichts der unstreitig schon seit mehreren Jahren bestehenden Geschäftsbeziehungen nahegelegen und dem Gebote von Treu und Glauben entsprochen hätte, wenn die neu verlangten Angaben für die Entschliessung der Beklagten wirklich wesentlich BGE 99 II 67 S. 83 gewesen wären. Trotz den beträchtlichen Unterschieden, welche die Anträge für die Versicherungsjahre 1968 und 1969 in den Angaben über die Zahl der Angestellten (2 bzw. 4) und über die Mindestzahl der Anwesenden (3 bzw. 5) aufweisen, forderten die Beklagten für diese beiden Jahre bei im übrigen gleichen Verhältnissen die gleiche Prämie. Während der vorprozessualen Auseinandersetzungen der Parteien, die vom Schadensfall (27. Januar 1970) bis in dem Sommer 1970 dauerten, beriefen sich die Beklagten nicht auf die Tatsache, dass die Klägerin die im Antrag vom 20. September 1968 angegebene Mindestzahl von Anwesenden nicht aufrechterhalten hatte. Diesen Einwand brachten sie vielmehr erst in der Klageantwort vom 27. November 1970 vor. Den Übergang von den früher verwendeten schweizerischen Formularen zum englischen begründeten sie in der Klageantwort nur damit, dass der massgebende Leiter der Klägerin, X., das Englische besser beherrsche, sowie damit, dass die Beklagten bei ihrer Entschliessung über die Annahme und Tarifierung eines Risikos der in Frage stehenden Art in vermehrtem Masse auch auf den (im englischen Formular neu erfragten) maximalen Lagerbestand abstellten. In Anbetracht all dieser Umstände muss angenommen werden, dass die Antwort auf die Frage 3 b des englischen Formulars den Beklagten jedenfalls im Falle der Klägerin gleichgültig war und ihren Entschluss, die Warenvorräte der Klägerin zu den vereinbarten Bedingungen zu versichern, in Wirklichkeit nicht beeinflusste. Hiebei bleibt es auch dann, wenn man mit ROELLI/KELLER (a.a.O. S. 99; vgl. auch BGE 39 II 309 Mitte) annehmen will, zum Nachweis, dass eine an sich erhebliche Tatsache ohne Einfluss auf die Entschliessung des Versicherers geblieben sei, genüge nicht, "dass der Versicherungsnehmer dartut, dass der Versicherer bei frühern oder bei andern - mit Dritten abgeschlossenen - Versicherungen auf eine bestimmte Gefahrstatsache kein Gewicht gelegt hat"; vielmehr müsse der Nachweis der Unerheblichkeit für den konkreten Vertragsabschluss erbracht werden. Im vorliegenden Falle ist nämlich, wie ausgeführt, nicht bloss dargetan, dass sich die Beklagten bei frühern Abschlüssen mit der Klägerin und offenbar auch bei Abschlüssen mit andern schweizerischen Kunden für die Mindestzahl der in den Geschäftsräumen anwesenden Betriebsangehörigen nicht interessierten. Vielmehr steht fest, dass die Beklagten im Verkehr mit der Klägerin noch in einer Zeit, da BGE 99 II 67 S. 84 bereits ein Formular mit der Frage nach dieser Zahl vorlag, Formulare ohne diese Frage verwendeten, und dieser Umstand ist nur ein Glied in einer ganzen Kette von Indizien, die in ihrer Gesamtheit darauf schliessen lassen, dass die erwähnte Zahl für die Beklagten beim Abschluss der streitigen Versicherung für das Jahr 1969 (und bei deren Verlängerung um 30 Tage) keine Rolle spielte. Anders als durch Schlüsse, die mit Hilfe der allgemeinen Lebenserfahrung aus den gesamten Umständen, insbesondere aus dem Verhalten des Versicherers, gezogen werden, lässt sich der grundsätzlich zulässige Beweis, dass eine bestimmte Gefahrstatsache die Entschliessung des Versicherers im konkreten Falle nicht beeinflusste, in der Regel nicht erbringen. Solche Schlüsse unterliegen im Berufungsverfahren der Überprüfung durch das Bundesgericht ( BGE 92 II 352 f. Erw. 5; vgl. auch BGE 39 II 309 , BGE 75 II 163 /64). f) Betraf die Frage 3 b eine für den Abschluss und die Bedingungen des streitigen Vertrags effektiv nicht erhebliche Gefahrstatsache, so fehlt gemäss lit. c hievor eine Grundvoraussetzung für die Anwendung von Art. 28 Abs. 1 VVG . Die Einrede der Gefahrserhöhung ist deshalb zu verwerfen, ohne dass noch zu prüfen wäre, ob die Parteien im Sinne von Art. 28 Abs. 2 VVG den "Umfang" der fraglichen Tatsache "beim Vertragsabschlusse festgestellt haben" (vgl. zu diesem Erfordernis einerseits KOENIG S. 188/89, anderseits ROELLI/KELLER, S. 401/02), ob die von den Beklagten geltend gemachte Unterschreitung der Mindestzahl der in den Geschäftsräumen anwesenden Betriebsangehörigen als "wesentliche" Gefahrserhöhung angesehen werden könnte und ob sich die Klägerin, falls alle Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 28 VVG erfüllt wären, auf Art. 32 Ziff. 1 VVG berufen könnte, wonach die an die Gefahrserhöhung geknüpften Rechtsfolgen nicht eintreten, wenn die Gefahrserhöhung "auf den Eintritt des befürchteten Ereignisses und auf den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung keinen Einfluss ausgeübt hat". 5. Erlaubt die Unterschreitung der von der Klägerin unter Ziff. 3 b des Fragebogens angegebenen Mindestzahl der Anwesenden den Beklagten aus den angeführten Gründen nicht, ihre Leistung wegen Verletzung einer Obliegenheit oder wegen Gefahrserhöhung zu verweigern, so ist das auf die gegenteilige Auffassung gestützte Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie prüfe, ob BGE 99 II 67 S. 85 die Beklagten berechtigt seien, ihre Leistung wegen Verletzung der Anzeigepflicht bei Beantwortung von Frage 4 zu verweigern oder ihre Leistung wegen grobfahrlässiger Herbeiführung des befürchteten Ereignisses ( Art. 14 Abs. 2 VVG ) oder wegen Unterversicherung ( Art. 69 Abs. 2 VVG ) zu kürzen. Dagegen kommt nicht in Frage, die Leistung der Beklagten im Sinne von Eventualantrag c der Berufungsantwort deswegen zu kürzen, weil der Klägerin ein erhebliches Mitverschulden bei der Beantwortung von Frage 3 b vorzuwerfen sei, das eine allfällige culpa in contrahendo der Beklagten (vgl. Erw. 4 d hievor; Nichtabklärung von Widersprüchen im Antrag) grossenteils kompensieren würde (vgl. BGE 90 II 458 f. Erw. 6); denn für die Annahme, dass die Antwort der Klägerin auf die Frage 3 b den Beklagten nicht erlaube, jede Leistung zu verweigern, ist nicht eine den Beklagten möglicherweise vorzuwerfende culpa in contrahendo, sondern die Tatsache entscheidend, dass die Klägerin mit ihrer Antwort auf die erwähnte Frage keine von ihr aufrechtzuerhaltende Sicherheitsvorkehr beschrieben hat und dass die Entschliessung der Beklagten durch diese Antwort überhaupt nicht beeinflusst wurde.
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Erwägungen ab Seite 115 BGE 132 V 113 S. 115 Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Grundlage der umstrittenen Drittauszahlung bilden Leistungen, die sowohl vor (Oktober 2002 bis Dezember 2002) wie auch nach In-Kraft-Treten (Januar bis Oktober 2003) des am 6. Oktober 2000 erlassenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) erbracht wurden (Sozialhilfe) bzw. geschuldet waren (Ergänzungsleistungen). Nach den allgemeinen, hier anwendbaren Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (vgl. BGE 129 V 4 Erw. 1.2, BGE 129 V 169 Erw. 1, 356 Erw. 1, je mit Hinweisen; siehe auch BGE 130 V 446 f. Erw. 1.2.1 [mit Hinweis auf BGE 130 V 329 ] und 1.2.2) ist daher sowohl die Rechtslage vor wie nach dem 1. Januar 2003 zu beachten. 3.2 3.2.1 Vor In-Kraft-Treten des ATSG stützte sich die verrechnungsweise Drittauszahlung von Nachzahlungen von Ergänzungsleistungen an die Sozialhilfebehörde auf den am 1. Januar 1990 in Kraft getretenen Art. 22 Abs. 4 ELV , mit welchem der Bundesrat aufgrund der Delegationsnorm des Art. 3 Abs. 6 ELG (in Kraft gestanden bis 31. Dezember 1997) eine besondere und abschliessende Regelung über die Nachzahlung von Ergänzungsleistungen erlassen hat ( BGE 123 V 119 Erw. 5a). Gemäss dieser Bestimmung kann einer privaten oder öffentlichen Fürsorgestelle, die "einer Person im Hinblick auf Ergänzungsleistungen Vorschussleistungen für den Lebensunterhalt während einer Zeitspanne gewährt (hat), für die rückwirkend Ergänzungsleistungen ausgerichtet BGE 132 V 113 S. 116 werden, (...) dieser Vorschuss bei der Nachzahlung direkt vergütet werden". Diese Norm enthält eine ausdrückliche materielle Grundlage zur Koordination von Ergänzungsleistungen mit Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe, wobei Ziel dieser koordinationsrechtlichen Ordnung primär die Vermeidung eines Doppelbezugs von Leistungen zu Lasten des gleichen Gemeinwesens ist ( BGE 121 V 24 f. Erw. 4c/aa). Nach der Rechtsprechung ( BGE 123 V 118 ff.) bildet Art. 22 Abs. 4 ELV eine genügende gesetzliche Grundlage für direkte Drittauszahlungen von nachträglich zugesprochenen Ergänzungsleistungen an vorschussleistende Sozialhilfeinstitutionen/-behörden. Hat eine Sozialhilfebehörde in dem von der Nachzahlung betroffenen Zeitraum "im Hinblick auf Ergänzungsleistungen Vorschussleistungen für den Lebensunterhalt" erbracht, hat sie mithin unmittelbar kraft Art. 22 Abs. 4 ELV ein Rückforderungsrecht, und die Zustimmung des Ergänzungsleistungsberechtigten zur verrechnungsweisen Drittauszahlung ist nicht erforderlich (ERWIN CARIGIET, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, Supplement, Zürich 2000, S. 52 mit Anm. 97; vgl. BGE 123 V 120 Erw. 5a in fine). 3.2.2 Hinsichtlich des in Art. 22 Abs. 4 ELV genannten Erfordernisses "im Hinblick auf Ergänzungsleistungen" hat das Eidgenössische Versicherungsgericht im unveröffentlichten Urteil B. vom 23. Februar 1999 (P 64/97) präzisiert, dass der Wortlaut allein hier nicht massgeblich sein kann. Vielmehr erheischen gemäss erwähntem Urteil die übrigen normunmittelbaren Auslegungskriterien ebenso wie der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz eine Anwendung der in Art. 22 Abs. 4 ELV vorgesehenen Rechtsfolge immer dann, wenn die versicherte Person in derjenigen Zeit, da sie nachträglich in den Genuss von Ergänzungsleistungen gelangt, Sozialhilfeleistungen bezogen hat. Diese Rechtsprechung findet indirekt eine Bestätigung in einem am 5. August 2005 ergangenen Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts ( BGE 131 V 242 ), welches die Auslegung von Art. 50 Abs. 2 IVG (in der von 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung) und Art. 85 bis IVV (sowohl in der von 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 1998 sowie in der ab 1. Januar 1999 geltenden Fassung) betrifft. Darin entschied das Gericht, dass das im Bereich der Invalidenversicherung - analog zu Art. 22 Abs. 4 ELV - geltende Erfordernis, wonach Rentennachzahlungen nur dann mit Vorschussleistungen der Sozialhilfebehörde (sowie der übrigen in Art. 85 bis IVV genannten Stellen) verrechnet und an Letztere ausbezahlt werden dürfen, BGE 132 V 113 S. 117 wenn die Sozialhilfeleistungen "im Hinblick auf die Leistung der Invalidenversicherung" ( Art. 50 Abs. 2 IVG ) bzw. "im Hinblick auf eine Rente der Invalidenversicherung" ( Art. 85 bis IVV ) erbracht wurden, nicht verlangt, dass die Sozialhilfegelder in subjektiver Kenntnis eines bei der Invalidenversicherung gestellten oder noch zu stellenden Leistungsbegehrens ausgerichtet wurden; für die Leistungskoordination zwischen Sozialhilfe und Invalidenversicherung kann es gemäss erwähntem Urteil nur darauf ankommen, dass objektiv für den gleichen Zeitraum Sozialhilfe- und Invalidenversicherungsleistungen fliessen (zeitliche Kongruenz; mit Bezug auf Ergänzungsleistungen vgl. BGE 121 V 25 Erw. 4c/aa) und - nebst der Erfüllung der weiteren, spezifischen Voraussetzungen der Drittauszahlung gemäss Art. 85 bis IVV (insb. Bestehen eines "eindeutigen Rückforderungsrechts" der Sozialhilfebehörden bei fehlender Abtretungserklärung; vgl. Art. 85 bis Abs. 2 lit. b IVV ) - auch die sachliche Kongruenz der miteinander indirekt zu verrechnenden Leistungen gegeben ist; Letztere wird dadurch gewahrt, dass die Drittauszahlung höchstens im Betrag der bevorschussten Sozialhilfeleistungen erfolgen darf (vgl. Art. 85 bis Abs. 3 IVV ). Ein wörtliches Verständnis des Passus "im Hinblick auf ..." würde ein Einfallstor bieten für Zufälligkeiten, welche je nachdem die Drittauszahlung erlauben oder ihr entgegenstehen, was dem verfassungsmässigen Gleichbehandlungsgrundsatz ( Art. 8 Abs. 1 BV ) zuwider liefe (zum Ganzen BGE 131 V 246 ff. Erw. 5 mit Hinweisen). Diese Erwägungen zu der in Art. 50 Abs. 2 IVG und Art. 85 bis IVV enthaltenen Formulierung "im Hinblick auf..." gelten - wie im erwähnten Urteil B. vom 23. Februar 1999 (P 64/97) vorgezeichnet - grundsätzlich gleichermassen für die entsprechende Wendung in Art. 22 Abs. 4 ELV (vgl. - mit Bezug auf den hier zu beurteilenden Fall - im Übrigen auch § 37 Abs. 3 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Luzern vom 24. Oktober 1989, SRL 892). 3.2.3 Die Möglichkeit der Drittauszahlung rückwirkend zugesprochener Ergänzungsleistungen an die Sozialhilfebehörde erstreckt sich gemäss Art. 22 Abs. 4 ELV auf die von dieser erbrachten Vorschussleistungen "für den Lebensunterhalt". Darunter sind nicht nur periodische (Geld-) Leistungen der Sozialhilfe zur Deckung der laufenden Lebenskosten zu verstehen, sondern grundsätzlich sämtliche von der Sozialhilfebehörde in dem vom Ergänzungsleistungs-Nachzahlungsanspruch erfassten Zeitraum ausgerichteten, BGE 132 V 113 S. 118 wirtschaftlichen Unterstützungsleistungen zu subsumieren, d.h. auch einmalige, sozialhilfeseitig übernommene Krankheits- und Behinderungskosten (in diesem Sinne auch Rz 5005 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL] in der seit 1. Januar 2002 gültigen Fassung). Das Gebot der sachlichen Kongruenz der indirekt zu verrechnenden Leistungen (vgl. Erw. 3.2.2 hievor; siehe ferner KIESER, ATSG-Kommentar, N 16 f. zu Art. 22) steht dem nicht entgegen: Die Deckung der laufenden Lebenshaltungskosten ebenso wie die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten sollen die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlichen Existenzmittel sicherstellen. Dieser Leistungszweck wird von den - nach dem Grundsatz der Subsidiarität vorrangig zu erbringenden - Ergänzungsleistungen mit umfasst. Die subsidiäre Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers besteht, wenn und soweit die leistungsansprechende Person für ihre elementare Versorgung "nicht hinreichend oder nicht rechtzeitig" (vgl. Art. 2 des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger [ZUG] , SR 851.1) aus eigenen Mitteln, einschliesslich Leistungsverpflichtungen Dritter (z.B: Sozialversicherungen), aufkommen kann (vgl. statt vieler FELIX WOLFFERS, Grundriss des Sozialhilferechts, 2. Aufl., Bern 1999, S. 71 ff.). Vor diesem Hintergrund sind die zeitlich mit nachträglich zugesprochenen Sozialversicherungsleistungen zusammenfallenden wirtschaftlichen Unterstützungen der Sozialhilfe grundsätzlich stets als "Vorschussleistungen" im Sinne des Art. 22 Abs. 4 ELV zu qualifizieren und damit vom Drittauszahlungsanspruch der Sozialhilfebehörde erfasst (vgl. auch - mit Bezug auf Art. 22 ATSG [siehe Erw. 3.3 hernach] - KIESER, a.a.O., N 23 [Abs. 1] zu Art. 22). 3.2.4 Mit Blick auf den übergeordneten koordinationsrechtlichen Zweck der Drittauszahlung sowie das gemeinsame Leistungsziel von Sozialhilfe- und Ergänzungsleistungs-Zahlungen, den nach der jeweiligen ratio legis bemessenen Existenzbedarf sicherzustellen, verstösst es ferner nicht gegen das Gebot der sachlichen Kongruenz, wenn die Drittauszahlung von nachträglich gemäss ELG vergüteten Krankheitskosten - wie hier - nicht in einer entsprechenden Krankheitskostenverfügung (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. b ELG ), sondern im Rahmen einer Verfügung betreffend Nachzahlung jährlicher Ergänzungsleistungen gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. a ELG angeordnet wird. Die Unterscheidung von jährlichen, in der Regel monatlich ausbezahlten Ergänzungsleistungen einerseits und spezifischen, BGE 132 V 113 S. 119 rechtstechnisch den Sachleistungen zuzuordnenden (vgl. auch Art. 14 ATSG und Art. 3 Abs. 2 ELG [Letzterer in Kraft seit 1. Januar 2003]) Krankheitskostenvergütungen andererseits ( Art. 3 Abs. 1 lit. b ELG ) hat allein praktische Gründe (Auszahlungsmodus; vgl. Bundesrätliche Botschaft über die 3. Revision des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [3. EL-Revision] vom 20. November 1996, BBl 1997 I 1197 ff. hier: 1211, mit Hinweis auf ZAK 1988 S. 41 f. Erw. 1a und ZAK 1992 S. 440 f. Erw. 2d). Wird darüber separat verfügt, ändert dies nichts daran, dass beide Leistungs"bestandteile" sachlich auf denselben - seinerseits durch die sozialhilfeseitig bevorschussten Lebenshaltungs-, Krankheits- und Behinderungskosten abgedeckten (Erw. 3.2.1 hievor) - Zweck ausgerichtet sind. 3.3 3.3.1 Der am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Art. 22 Abs. 1 ATSG statuiert den bis anhin nur in einzelnen Versicherungszweigen (u.a. Art. 20 Abs. 1 AHVG [in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 IVG ]; Art. 12 ELG , je in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) ausdrücklich verankerten Grundsatz, wonach der Anspruch auf Leistungen weder abtretbar noch verpfändbar ist, und jede Abtretung und Verpfändung demnach nichtig ist. Nach Abs. 2 lit. a der Bestimmung können jedoch Nachzahlungen von Leistungen des Sozialversicherers dem Arbeitgeber oder der öffentlichen oder privaten Fürsorge abgetreten werden, "soweit diese Vorschusszahlungen leisten". 3.3.2 Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG hat den Verordnungsgeber zu keiner Änderung von Art. 22 Abs. 4 ELV (wie von Art. 85 bis IVV auch) veranlasst. Es sind denn auch weder dem - im Rahmen der Gesetzesauslegung in erster Linie massgebenden (vgl. BGE 129 II 118 Erw. 3.1, BGE 129 V 103 Erw. 3.2, je mit Hinweisen) - Wortlaut von Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG noch den Materialien substantielle Hinweise dafür zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der neuen Bestimmung von der im Bereich der Ergänzungsleistungen bisher geltenden Ordnung der Drittauszahlung abweichen wollte. Im Gegenteil ist aus den Materialien zu schliessen, dass mit Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG eine Verallgemeinerung der bis anhin in der Invalidenversicherung und im Ergänzungsleistungsbereich geltenden Rechtslage und eine "Lockerung des Abtretungsverbots" angestrebt wurde (vgl. Parlamentarische Initiative. Allgemeiner Teil Sozialversicherung [85.227], Bericht der Kommission des Ständerates vom 27. BGE 132 V 113 S. 120 September 1990, BBl 1991 II 185 ff., hier: 268; Parlamentarische Initiative Sozialversicherungsrecht, Bericht der Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit [SGK-NR] vom 26. März 1999 [85.227], BBl 1999 4523 ff., hier: 4572; Amtl. Bull. 1999 N 1241; Amtl. Bull. 2000 S 179; vgl. auch KIESER, a.a.O., N 21, 30 f., 37 zu Art. 22); letztgenannter Punkt hat im Bereich der Ergänzungsleistungen darin seinen Niederschlag gefunden, dass mit Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG - über den Wortlaut von Art. 22 Abs. 4 ELV hinaus - nunmehr auch die Möglichkeit der Drittauszahlung an einen Vorschusszahlungen leistenden Arbeitgeber besteht. 3.3.3 Der im Bericht der SGK-NR vom 26. März 1999 enthaltene Passus, wonach Art. 22 Abs. 2 ATSG (= Art. 29 Abs. 2 des Entwurfs) die Abtretung von Nachzahlungen an Fürsorgeinstitutionen nur zulasse, "wenn diese Vorschussleistungen erbringen, weil der Versicherungsfall noch nicht erledigt ist", und die direkte Drittauszahlung nur zulässig sei, "wenn eine Abtretungserklärung vorliegt" (BBl 1999 4572), legt keine andere Schlussfolgerung nahe. Die in der erstgenannten Aussage sinngemäss vertretene Auffassung der SGK-NR, "Vorschussleistungen" gemäss Art. 22 Abs. 2 ATSG könnten, gleichsam wesensgemäss, nur für bei der Sozialversicherung "bereits angemeldete", indessen noch nicht erledigte Fälle erbracht werden (vgl. BBl 1999 4572), wird durch den Wortlaut der Bestimmung nicht gestützt und vermag weder die unter Erw. 3.2.2 dargelegte Rechtsprechung noch die Erwägungen unter Erw. 3.2.3. zum Begriff der "Vorschussleistungen" von Sozialhilfebehörden in Frage zu stellen. Sodann formuliert die Aussage der SGK-NR zum Erfordernis der Abtretungserklärung einen Grundsatz, von dem nach den Ausführungen der Kommission vor wie nach In-Kraft-Treten des ATSG Abweichungen zulässig sind: Drittauszahlungen nach Art. 22 Abs. 2 ATSG setzen zwar grundsätzlich eine formelle Abtretungserklärung ( Art. 164 ff. OR ) voraus; von diesem Erfordernis kann aber - wie im Kommissionsbericht mit Bezug auf Art. 10 MVG (vgl. dazu JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung vom 19. Juni 1992, Bern 2000, N 10 ff. zu Art. 10) konkret verdeutlicht und bisheriger Rechtslage entsprechend - auch unter Herrschaft des ATSG ausnahmsweise abgewichen werden. Wie bis anhin bedarf es keiner Abtretungserklärung der versicherten Person, wenn dem Drittauszahlungsempfänger unmittelbar kraft Gesetz - so etwa aus BGE 132 V 113 S. 121 Art. 10 Abs. 2 MVG oder aus dem entsprechenden (vgl. MAESCHI, a.a.O., N 11 in fine zu Art. 10) Art. 22 Abs. 4 ELV - oder sonst ein normativ eindeutig festgelegtes Rückforderungsrecht zusteht (gleiche Schlussfolgerung KIESER, a.a.O., N 31 zu Art. 22; vgl. Art. 85 bis Abs. 2 lit. b IVV und dazu BGE 118 V 88 ff. sowie Erw. 3.2.2 hievor). 3.4 Nach dem Gesagten gelten die bisherige Rechtsprechung (vgl. Erw. 3.2.1 und 3.2.2) sowie die in Erw. 3.2.3 und 3.2.4 hievor dargelegten Grundsätze zur Drittauszahlung von EL-Nachzahlungen an bevorschussende Sozialhilfebehörden/-institutionen unter der Herrschaft des ATSG weiterhin.
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Sachverhalt ab Seite 415 BGE 131 V 414 S. 415 A. Mit Verfügung vom 11. November 2003 sprach die IV-Stelle Schaffhausen dem 1971 geborenen S. unter Zugrundelegung eines Invaliditätsgrades von 40 % ab 1. Oktober 2002 eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zu. Hiegegen erhob der Versicherte am 11. Dezember 2003 Einsprache mit dem Begehren, die Sache sei zu ergänzender medizinischer Abklärung (Einholung eines psychiatrischen Gutachtens) und anschliessender Neuverfügung an die Verwaltung zurückzuweisen. Die IV-Stelle erliess daraufhin am 27. Januar 2004 eine Wiedererwägungsverfügung, mit welcher sie auf die angefochtene Verfügung vom 11. November 2003 zurückkam, einen Rentenanspruch von S. mangels leistungsbegründender Invalidität rückwirkend ab 1. Oktober 2002 verneinte und die Rückforderung der bereits bezogenen Rentenbetreffnisse mit separater Verfügung in Aussicht stellte. Anschliessend schrieb sie die gegen die ursprüngliche Rentenverfügung gerichtete Einsprache zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt ab (Einspracheentscheid vom 8. April 2004). Mit Einspracheentscheid vom 13. April 2004 wies die IV-Stelle sodann die gegen die Wiedererwägungsverfügung erhobene Einsprache ab. B. Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hiess die (sinngemäss) gegen beide Einspracheentscheide erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 15. April 2005 insoweit gut, als es die angefochtenen Einspracheentscheide und die Wiedererwägungsverfügung vom BGE 131 V 414 S. 416
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Sachverhalt ab Seite 23 BGE 98 V 23 S. 23 A.- Die 1906 geborene, verwitwete Ida Tresch, Bezügerin einer einfachen Altersrente und einer Ergänzungsleistung, ist seit ihrer Kindheit vollständig blind. Sie leidet ausserdem an Hypertonie, Arthritis beider Hüftgelenke und reaktiver Depression mit tagelang dauernden Kopfschmerzen. Die Versicherte bedarf vollständig oder grösstenteils der Hilfe Dritter und der persönlichen Überwachung bei der Kontaktaufnahme mit der Umwelt sowie beim Fortbewegen in der Wohnung und im Freien. Auf keine oder nur geringe Hilfe angewiesen ist sie dagegen beim An- und Auskleiden, Absitzen, Aufstehen und Abliegen, Essen, Baden, bei der täglichen Toilette, der Nahrungsaufnahme sowie beim Verrichten der Notdurft. Mit Verfügung vom 8. Januar 1971 lehnte die Ausgleichskasse ein Gesuch der Versicherten um Ausrichtung einer Hilflosenentschädigung der AHV ab. B.- Die kantonale Rekurskommission Uri für die AHV wies mit Entscheid vom 28. Juli 1971 eine von der Versicherten gegen die Verfügung der Ausgleichskasse erhobene Beschwerde ab. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Ida Tresch, es sei ihr eine Hilflosenentschädigung der AHV zuzusprechen. BGE 98 V 23 S. 24 Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. ... 2. Nach Art. 43bis Abs. 1 AHVG haben in der Schweiz wohnhafte Männer und Frauen, denen eine Altersrente zusteht und die in schwerem Grade hilflos sind, Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung. Der Anspruch entsteht am ersten Tag des Monats, in dem sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind und die Hilflosigkeit schweren Grades ununterbrochen mindestens 360 Tage gedauert hat ( Art. 43bis Abs. 2 AHVG ). Begriff und Bemessung der Hilflosigkeit bestimmen sich sinngemäss nach den Normen des Invalidenversicherungsgesetzes. Die Bemessung der Hilflosigkeit zuhanden der Ausgleichskassen obliegt den Invalidenversicherungs-Kommissionen. Der Bundesrat kann ergänzende Vorschriften erlassen ( Art. 43bis Abs. 5 AHVG und Art. 66bis Abs. 1 AHVV ). Laut Art. 42 Abs. 2 IVG gilt als hilflos, wer wegen der Invalidität für die alltäglichen Lebensverrichtungen dauernd der Hilfe Dritter oder der persönlichen Überwachung bedarf. Zu diesen Verrichtungen gehören nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie das An- und Auskleiden, die Körperpflege, die Nahrungsaufnahme und das Verrichten der Notdurft (EVGE 1969 S. 112 f., 1966 S. 133 Erw. 1), ferner aber auch das normalmenschliche, der Gemeinschaft angepasste und an diese gewöhnte Verhalten, wie es der Alltag mit sich bringt. Wer zu solchem Verhalten nicht oder nicht mehr fähig ist, muss grundsätzlich als hilflos betrachtet werden (EVGE 1969 S. 112 Erw. 1). In diesem Zusammenhang ist ferner die Herstellung des K ontaktes zur Umwelt zu berücksichtigen. Es ist jedoch zu beachten, dass die notwendige Hilfe bei der Herstellung dieses Kontaktes in der Regel nur als zusätzliches Element, neben anderen nötigen Hilfeleistungen, einen Anspruch auf die Entschädigung zu begründen vermag (EVGE 1969 S. 113). Art. 39 Abs. 2 IVV kennt drei Grade der Hilflosigkeit, nämlich den leichteren, den mittleren und den schweren Grad. Der leichtere Grad gilt als erfüllt, wenn der Versicherte weniger als zur Hälfte, aber mindestens zu einem Drittel hilflos ist. Eine Hilflosigkeit mittleren Grades liegt vor, falls der Versicherte mindestens zur Hälfte, jedoch weniger als zu zwei Dritteln hilflos BGE 98 V 23 S. 25 ist. Bei einer Hilflosigkeit von mindestens zwei Dritteln ist der schwere Grad erreicht, der nach Art. 43bis Abs. 1 AHVG den Altersrentnern Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der AHV verleiht. Dabei ist die jeweils zu beurteilende Hilflosigkeit mit jener zu vergleichen, welche ein vollständig Hilfloser aufweist. Da unter den alltäglichen Lebensverrichtungen vor allem das An- und Auskleiden, die Körperpflege, die Nahrungsaufnahme, das Verrichten der Notdurft und das normal-menschliche Verhalten zu verstehen sind, ist der Grad der Hilfs- und Überwachungsbedürftigkeit in erster Linie nach diesen Tätigkeiten zu schätzen. Ob Hilfe und persönliche Überwachung notwendig sind, ist objektiv, nach dem Zustand des Versicherten zu beurteilen. Grundsätzlich unerheblich ist die Umgebung, in welcher sich der Versicherte aufhält. Es darf hinsichtlich der Bemessung der Hilflosigkeit keinen Unterschied ausmachen, ob ein Versicherter allein oder in der eigenen Familie, in der offenen Gesellschaft oder in einem Spital bzw. in einer Anstalt lebt (EVGE 1966 S. 134 f. Erw. 2). Würde anders entschieden, d.h. die Hilflosigkeit nach der Mühe bemessen, die im Rahmen der jeweiligen Umgebung erwächst, so wären stossende Konsequenzen unumgänglich, insbesondere dann, wenn ein Wechsel von der Haus- in die Spitalpflege stattfände (EVGE 1969 S. 115 Erw. 3). Das Gericht hat wiederholt festgestellt, dass die gesetzliche Ordnung und die Natur der Sache dem Ermessen der Verwaltung bei der Würdigung der Umstände des Einzelfalles für die Ermittlung des Grades der Hilflosigkeit einen weiten Spielraum lassen, sofern der massgebende Sachverhaltmit hinreichen der Zuverlässigkeit abgeklärt worden ist (EVGE 1969 S. 119; ferner EVGE 1966 S. 243 und dort zitierte Rechtsprechung und Literatur). 3. Auf den vorliegenden Fall angewendet, führen diese Grundsätze zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Hilflosenentschädigung der AHV bei Erlass der angefochtenen Verfügung ( BGE 96 V 141 , EVGE 1968 S. 16/17, 1965 S. 202) nicht erfüllt waren. Der Entscheid der Vorinstanz ist daher nicht zu beanstanden. Da die Beschwerdeführerin für die alltäglichen Lebensverrichtungen (An- und Auskleiden, Körperpflege, Nahrungsaufnahme und Verrichten der Notdurft) nur in geringem Masse oder überhaupt nicht hilfsbedürftig ist, fehlt es im massgebenden Zeitpunkt andervom Gesetzgeforderten Schwere der Hilflosigkeit. Die Behinderungen der Versicherten bei der BGE 98 V 23 S. 26 Kontaktaufnahme mit der Umwelt und beim Fortbewegen im Freien und in der Wohnung sind weitgehend auf ihre Blindheit zurückzuführen, welche indessen nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts noch keinen Anspruch auf die Hilflosenentschädigung zu begründen vermag. Denn der blinde Versicherte ist in der Regel nicht von vorneherein als selbst in leichtem Grade hilflos zu betrachten (EVGE 1969 S. 115; ZAK 1970 S. 36). Eine Späterblindung, der gebührend Rechnung zu tragen wäre (ZAK 1970 S. 39 Erw. 3 c), liegt bei der Beschwerdeführerin nicht vor. Sollte der Grad der Hilflosigkeit in letzter Zeit erheblich zugenommen haben, so wird sich die Verwaltung auf neue Anmeldung hin erneut mit der Sache zu befassen haben; der Beschwerdeführerin bleiben daher auch nach Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde alle Rechte gewahrt.
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Sachverhalt ab Seite 473 BGE 133 V 472 S. 473 A. Der 1960 geborene S. arbeitete seit 1. April 1993 bis 28. Februar 2001 als Redaktor bei der Firma Q. AG. Seit September 2000 wohnte er in einer Wohnung des Hilfsvereins X. (nachfolgend Hilfsverein). Am 9. Januar 2001 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Dr. med. W., Psychiatrie/Psychotherapie FMH, stellte am 17. April 2001 folgende Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit: bipolare affektive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger depressiver Episode (familiäre Belastung); Hinweise für ängstlich-vermeidende und abhängige Persönlichkeit. Am 13. Juni 2002 diagnostizierte er als Änderung eine verstärkte Angstproblematik (Zukunfts- und Existenzängste, Angst vor Menschenansammlungen). Nach wie vor bestünden starke Stimmungs- und Antriebsschwankungen sowie eine latente Suizidalität. Theoretisch sei der Versicherte zu 25-30 % arbeitsfähig; die Arbeitsvermittlung sei aber bisher erfolglos gewesen. Mit Verfügung vom 17. September 2002 sprach die IV-Stelle dem Versicherten ab 1. Februar 2002 eine ganze Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 100 % zu. Weiter gewährte sie berufliche Massnahmen in Form einer Ausbildung bei der Institution Y. (geschützte Werkstätte) vom 13. Januar 2003 bis 11. April 2003. Seit 14. April 2003 ist der Versicherte für diese Institution stundenweise tätig. Im Rahmen einer Rentenrevision zog die IV-Stelle einen Bericht des Dr. med. W. vom 30. August 2003 bei. Am 24. Oktober 2003 schloss der Versicherte mit der Institution Z. einen ab 1. Januar 2004 gültigen Aufenthaltsvertrag betreffend eine 2-Zimmerwohnung ab. Mit Verfügung vom 19. November 2003 bestätigte die IV-Stelle den Anspruch auf die bisherige Rente bei einem Invaliditätsgrad von 95,78 %. Am 23. März 2004 meldete sich der Versicherte bei der Invalidenversicherung zum Bezug einer Hilflosenentschädigung an. Die BGE 133 V 472 S. 474 IV-Stelle holte einen Abklärungsbericht vom 3. August 2004 über die Abklärung an Ort und Stelle vom 6. Juli 2004 ein. Mit Verfügung vom 7. September 2004 verneinte sie den Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung. Die dagegen erhobene Einsprache, mit welcher der Versicherte einen Bericht des Dr. med. W. zuhanden der Krankenkasse vom 13. August 2004 auflegte, wies die IV-Selle mit Entscheid vom 3. Februar 2005 ab. B. Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 12. September 2005 ab. C. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Versicherte die Aufhebung des kantonalen Entscheides, des Einspracheentscheides und der Verfügung und die Zusprechung einer Hilflosenentschädigung leichten Grades ab 1. Januar 2004. Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit Eingabe vom 17. Januar 2006 hält der Versicherte an seinem Antrag fest. Er macht neu geltend, es sei auch zu berücksichtigen, ob die lebenspraktische Begleitung die versicherte Person etwas koste, was bei ihm der Fall sei, oder ob sie unentgeltlich erfolge. Er legt neu Bestätigungen vom 12. Januar 2006 über seinen Aufenthalt bei der Institution Z. sowie des Psychiatriezentrums B. vom 13. Januar 2006 über seine Hospitalisationen in der Psychiatrischen Klinik C. auf. Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. 5.2 (...) Nach Rz. 8053 des vom BSV herausgegebenen Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (KSIH) ist die lebenspraktische Begleitung regelmässig, wenn sie über eine Periode von drei Monaten gerechnet im Durchschnitt mindestens zwei Stunden pro Woche benötigt wird. (...) 5.3 (...) 5.3.1 Insbesondere ist in Rz. 8053 KSIH keine Verletzung des Gebots der rechtsgleichen Behandlung ( Art. 8 Abs. 1 BV ), des Diskriminierungsverbots ( Art. 8 Abs. 2 BV ), des Willkürverbots ( Art. 9 BV ) oder des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die BGE 133 V 472 S. 475 Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG; SR 151.3) ersichtlich (vgl. die dazu ergangene Rechtsprechung: BGE 131 V 9 ff.; BGE 130 I 352 ff.). Entgegen der Auffassung des Versicherten ist Rz. 8053 KSIH seit 1. Januar 2004 gültig und damit auf alle Fälle betreffend Hilflosenentschädigung im Rahmen lebenspraktischer Begleitung anwendbar. Weiter ist der Vorinstanz beizupflichten, dass Rz. 8053 KSIH mit der Wertung des Gesetzgebers übereinstimmt, wonach der Anspruch auf Hilflosenentschädigung nicht bereits bei jeder Form und Dauer der Inanspruchnahme lebenspraktischer Begleitung gegeben sein soll, sondern vielmehr einen bestimmten minimalen Schweregrad der Hilflosigkeit voraussetzt, damit eine entsprechende Entschädigung durch die Invalidenversicherung gerechtfertigt ist ( BGE 133 V 450 E. 6). Wenn Rz. 8053 das zeitliche Mindesterfordernis an lebenspraktischer Begleitung (im Durchschnitt zwei Stunden pro Woche über eine Periode von drei Monaten) für alle Versicherten gleich und unabhängig von der Höhe ihres Rentenanspruchs definiert, ist dies entgegen dem Beschwerdeführer nicht zu beanstanden, zumal der im Rahmen der Berentung relevante Invaliditätsgrad (vgl. Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28 IVG ) keinen Bemessungsfaktor für den Bedarf an lebenspraktischer Begleitung darstellt. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 42 Abs. 3 Satz 2 IVG und Art. 38 IVV , wonach für die Annahme einer Hilflosigkeit mindestens ein Anspruch auf eine Viertelsrente gegeben sein muss, wenn nur die psychische Gesundheit beeinträchtigt ist. Denn dieses Erfordernis wurde eingeführt, um sicherzustellen, dass nur Personen in den Genuss der Hilflosenentschädigung auf Grund der Notwendigkeit lebenspraktischer Begleitung kommen, die das Rentenverfahren durchlaufen haben, in dessen Rahmen ihr Gesundheitszustand gründlich überprüft wurde (Votum von Frau Bundesrätin Dreifuss, AB 2002 S 760). Psychisch behinderte Versicherte haben mithin keinen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung auf Grund lebenspraktischer Begleitung, wenn der für eine Viertelsrente erforderliche Invaliditätsgrad von 40 % nicht erreicht wird (vgl. Art. 28 Abs. 1 IVG ). Nach dem Gesagten lässt sich das gemäss Rz. 8053 KSIH verlangte zeitliche Minimalerfordernis an lebenspraktischer Begleitung nicht beanstanden. 5.3.2 Nicht gefolgt werden kann dem Einwand des Versicherten, das BSV und die IV-Stelle müssten zumindest auch den Kosten- und nicht nur den Zeitfaktor berücksichtigen. Denn nach Art. 42 BGE 133 V 472 S. 476 Abs. 3 IVG ist die Beeinträchtigung der Gesundheit das Kriterium, nach dem sich bestimmt, ob Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung auf Grund lebenspraktischer Begleitung besteht. Rz. 8053 KSIH bezieht sich auf dieses Kriterium, indem darin definiert wird, welche zeitliche Intensität die Begleitung gesundheitsbedingt mindestens aufweisen muss. Hingegen macht das Gesetz den Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung nicht davon abhängig, ob die lebenspraktische Begleitung kostenlos erfolgt oder nicht.
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Sachverhalt ab Seite 202 BGE 131 III 201 S. 202 Am 26. September 2003 gebar Aleksandra Dzieglewska, schweizerisch-polnische Doppelbürgerin, in Aarau den Sohn Florian Stefan, der im Geburtsregister des Zivilstandskreises Aarau mit dem Namen "Dzieglewska", dem Namen seiner unverheirateten Mutter, eingetragen wurde. Am 27. November 2003 gelangte Florian Stefan Dzieglewska durch seine gesetzliche Vertreterin an das Gerichtspräsidium Aarau und verlangte gestützt auf Art. 42 Abs. 1 ZGB , der Eintrag "Dzieglewska" im Register sei zu berichtigen und es sei der Name "Dzieglewski" einzutragen. Das Gerichtspräsidium Aarau wies das Begehren mit Urteil vom 29. Januar 2004 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen festgehalten, durch die Eintragung eines ausländischen Namens in das schweizerische Zivilstandsregister werde dieser zu einem schweizerischen Namen, so dass allfällige Namensregeln des Ursprungslandes nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Florian Stefan Dzieglewska gelangte mit Beschwerde an das Obergericht des Kantons Aargau, welches mit Urteil vom 1. Juni 2004 das erstinstanzliche Urteil bestätigte. Florian Stefan Dzieglewska führt mit Eingabe vom 14. Juli 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt dem Bundesgericht, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und es sei anzuordnen, dass er im Geburtsregister mit dem berichtigten Namen " Dzieglewski" eingetragen werde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Der Beschwerdeführer hat beim Gericht die Berichtigung einer Registereintragung nach Art. 42 Abs. 1 ZGB verlangt. Nach dieser Bestimmung kann derjenige, welcher ein schützenswertes persönliches Interesse glaubhaft macht, beim Gericht auf Eintragung von streitigen Angaben über den Personenstand, auf Berichtigung oder auf Löschung einer Eintragung klagen ( Art. 42 Abs. 1 BGE 131 III 201 S. 203 ZGB in der seit 1. Januar 2000 in Kraft stehenden Fassung; AS 1999 S. 1118, 1144). 1.2 Nach der Rechtsprechung gehört die richterliche Berichtigung des Zivilstandsregisters hinsichtlich Namen zur freiwilligen Gerichtsbarkeit, die als nichtstreitige Zivilsache nicht berufungsfähig ist ( BGE 100 II 290 E. 1 S. 292; BGE 92 II 128 E. 1 S. 130 f.; MESSMER/ IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, S. 74 Ziff. 55, S. 178 Ziff. 129 Anm. 3). Mit der Revision des Personenstandsrechts wurde die bisherige Bestimmung (aArt. 45 Abs. 1 ZGB) über die Berichtigung der Register auf Anordnung des Gerichts zu einer umfassenden Gestaltungsklage auf Eintragung von streitigen Angaben, auf Berichtigung oder auf Löschung einer Eintragung über den Personenstand ausgebaut, für die kein eigenes Verfahren (z.B. Statusklagen des Kindesrechts) zur Verfügung steht (BBl 1 BGE 996 I 52 ; HEUSSLER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 2. Aufl., N. 5 zu Art. 42 ZGB ). Nach der Botschaft des Bundesrates soll je nach dem, ob die Anwendung über die Beurkundung des Personenstandes oder eigentliche Statusfragen streitig sind, letztinstanzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde oder die Berufung offen stehen (BBl 1 BGE 996 I 52 ). Bei der hier strittigen richterlichen Berichtigung geht es um die Frage, ob im schweizerischen Zivilstandsregister die den Regeln einer fremden Sprache folgende Abwandlung des Familiennamens nach dem Geschlecht des Namensträgers zu berücksichtigen ist. Eine Statusfrage, in der es nur in der Nebensache um deren Beurkundung geht, steht nicht in Rede, ebenso wenig ein Namensstreit unter Privaten ( Art. 29 ZGB ); die Berufung fällt daher ausser Betracht. Das vorliegende Berichtigungsverfahren ist zwar auch darauf gerichtet, Wirkungen auf dem Gebiet des Privatrechts zu entfalten, und erscheint insofern als Zivilsache. Indessen überwiegt das öffentlich-rechtliche Element: Die hier strittige Frage betrifft die Form der Eintragung von Namen ( Art. 43 Abs. 1 aZStV bzw. Art. 24 Abs. 1 ZStV [SR 211.112.2] in der seit 1. Juli 2004 geltenden Fassung; AS 2004 S. 2915) und damit die Registerführung, die als öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu betrachten ist (vgl. GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 44). Der Gegenstand des beim Bundesgericht erhobenen Rechtsmittels gehört somit zum öffentlichen Recht des Bundes, so dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts grundsätzlich zulässig ist ( Art. 97 Abs. 1 und Art. 98 lit. g OG ). BGE 131 III 201 S. 204 1.3 Der Beschwerdeführer rügt, dass das Zivilstandsamt beim Eintrag der Geburt im schweizerischen Zivilstandsregister die den Regeln der polnischen Sprache folgende Abwandlung seines polnischen Familiennamens nach seinem Geschlecht nicht berücksichtigt habe. Die Berichtigung setzt allgemein den Nachweis voraus, dass der Registerführer einen Fehler begangen hat oder irregeführt wurde (FORNI, Berichtigung von Zivilstandseintragungen, ZZW 1973 S. 187). Zu den Fehlern, die eine Berichtigung durch den Richter rechtfertigen, gehört auch ein Eintrag, der auf irrtümlicher Gesetzesauslegung beruht ( BGE 89 I 316 E. 3 S. 322; FORNI, a.a.O., S. 189; EGGER, Zürcher Kommentar, N. 2 zu Art. 45 ZGB ). Ein schützenswertes persönliches Interesse an der Berichtigung des Registers - und damit die Legitimation zur Berichtigungsklage - ist ohne weiteres gegeben. Die Berichtigungsklage ist grundsätzlich zulässig. 2. 2.1 Das Obergericht hat im Wesentlichen festgehalten, der Name des Beschwerdeführers sei nach schweizerischem Recht einzutragen, da dieser selber angebe, zur Schweiz ein engeres Verhältnis als zu Polen zu haben; im Übrigen behaupte der Beschwerdeführer selber nicht, die polnische Staatsangehörigkeit zu haben, so dass eine Rechtswahl nach Art. 37 Abs. 2 IPRG von vornherein ausser Betracht falle. Das schweizerische Namensrecht sei durch die Unwandelbarkeit des Familiennamens gekennzeichnet, weshalb nach der Rechtsprechung und der Zivilstandsverordnung die Abweichungen nach dem Geschlecht nicht zugelassen seien. Daher sei der Beschwerdeführer mit dem unveränderten Namen seiner unverheirateten Mutter im Geburtsregister einzutragen. Weder liege ein Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot der Bundesverfassung noch gegen das UNO-Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (SR 0.107) vor. Das Obergericht hat daher die Berichtigung des Eintrages verweigert und den Beschwerdeführer auf den Weg der Namensänderung nach Art. 30 ZGB verwiesen. 2.2 Der Beschwerdeführer hält demgegenüber im Wesentlichen fest, es sei mit seinen Persönlichkeitsrechten, dem Gleichberechtigungsprinzip gemäss Verfassung und den Garantien der UNO-Kinderrechtskonvention nicht vereinbar, wenn er - als männlicher Nachkomme - mit der weiblichen Form des polnischen Namens seiner Mutter im Zivilstandsregister eingetragen werde. BGE 131 III 201 S. 205 3. 3.1 Die Mutter des Beschwerdeführers und ihre Eltern wurden Jahre nach ihrem Zuzug in Brugg/AG eingebürgert und sind seither polnisch-schweizerische Doppelbürger. Ihre Namen wurden folglich mit der Einbürgerung in das Familienregister ihres Heimatortes eingetragen (vgl. Art. 40 IPRG ). Ob der Beschwerdeführer nicht nur Schweizer Bürger ist, sondern nach dem Recht Polens durch Abstammung ebenfalls die polnische Staatsangehörigkeit erworben hat, wird im angefochtenen Urteil nicht weiter erörtert. Die Frage ist hier für das auf den Namen anwendbare Recht nicht entscheidend. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Damit fällt ausser Betracht, dass er als schweizerisch-polnischer Doppelbürger nach Art. 37 Abs. 2 IPRG verlangen könnte, seinen Namen dem ausländischen Heimatrecht zu unterstellen ( Art. 23 Abs. 2 IPRG ; BGE 126 III 1 E. 4 S. 4); sein Name untersteht nach Art. 37 Abs. 1 IPRG schweizerischem Recht ( BGE 116 II 504 E. 2 S. 506). Es ist daher zu Recht unbestritten, dass der Beschwerdeführer nach Art. 270 Abs. 2 ZGB den Familiennamen seiner unverheirateten Mutter erhält. Strittig ist hingegen, ob der im schweizerischen Zivilstandsregister eingetragene polnische Name der Mutter in unveränderter Form - "Dzieglewska" mit der weiblichen Komponente des Namens - als Name des Beschwerdeführers einzutragen ist. 3.2 Nach Art. 24 Abs. 1 ZStV ( Art. 43 Abs. 1 aZStV ) werden Namen, soweit es der Standardzeichensatz erlaubt, so erfasst, wie sie in den Zivilstandsurkunden oder, wenn solche fehlen, in anderen massgebenden Ausweisen geschrieben sind. Ist ein Name einmal in schweizerischen Zivilstandsregistern eingetragen, so ist er nach Auffassung des Kreisschreibens des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 11. Oktober 1989 in der Regel unveränderlich (ZZW 1989 S. 285, Ziff. 24; Grundsatz der Unveränderlichkeit). Gemäss Kreisschreiben überträgt sich dieser Name auch in der Schreibweise in der eingetragenen Form auf Personen, die nach schweizerischen Namensregeln ihren Familiennamen von jenem des Namensträgers ableiten. Sobald schweizerisches Recht auf einen bereits in schweizerischen Registern eingetragenen Familiennamen anwendbar sei, könnten - laut Kreisschreiben - allfällige Regeln des Ursprungslandes, die eine Veränderung des Namens nach Geschlecht, Zivilstand oder in anderer Weise bei seiner Übertragung auf eine andere Person vorsehen, nicht mehr angewendet werden. BGE 131 III 201 S. 206 Soll dieser Grundsatz der Unveränderbarkeit ausländischer Namen auch für slawische Namen gelten, die je nach Geschlecht modifiziert werden, bedeutet dies, dass die eingebürgerte Mutter ihren Namen "Dzieglewska" auf den Sohn überträgt und dessen Name gleichfalls "Dzieglewska" lautet. In Anbetracht der Endung "a" wird der Beschwerdeführer durch einen Namensbestandteil bezeichnet, der dem weiblichen Geschlecht vorbehalten ist, zumal aus dem Auszug aus dem Geburtsregister hervorgeht, dass der Name des Grossvaters "Dzieglewski" lautet. Bleibt zu prüfen, ob diese Lösung richtig ist, weil sie mit den nach Bundesrecht massgebenden Eintragungsgrundsätzen übereinstimmt, oder zu berichtigen ist. 3.2.1 Nach BGE 106 II 103 E. 2 S. 105 gilt der Grundsatz der unveränderten Übertragung nicht unbeschränkt, wenn es um die Eintragung von in ausländischen Zivilstandsurkunden aufgeführten Namen geht, und können die den Regeln einer fremden Sprache folgenden Abwandlungen des Familiennamens nach Geschlecht des Namensträgers bei der Eintragung des Namens in die schweizerischen Zivilstandsregister nicht beachtet werden. Im beurteilten Fall wurde die Eintragung des Namens "Temelkova" als weibliche Form eines entsprechenden männlichen Familiennamens verweigert. Dieses Urteil ist - was die Verweigerung der Eintragung anbelangt - in der Lehre auf Kritik gestossen , im Wesentlichen mit der Begründung, dass keine formalen Gründe gegen die Eintragung von nach Geschlecht abgewandelten Familiennamen sprechen würden und dass diese Rechtsprechung mit dem Gleichberechtigungsprinzip nicht in Übereinstimmung stehe ( VISCHER , Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 4 zu Art. 40 IPRG ; JAMETTI GREINER/GEISER , Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, N. 7 zu Art. 40 IPRG ; DUTOIT , Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 3. Aufl. 2001, N. 3 zu Art. 40 IPRG ; BUCHER, Droit international privé suisse, Bd. II, Basel 1992, S. 108 Rz. 263; JORNOD, La femme et le nom en droits suisse et français, Diss. Lausanne 1991, S. 244; JÄGER , Das IPR-Gesetz, ZZW 1990 S. 13; SCHÜPBACH , Der Personenstand, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. II/3, S. 117 Anm. 278). Was die Unveränderlichkeit von einmal im schweizerischen Register eingetragenen Namen betrifft, die einen nach Geschlecht veränderlichen Bestandteil enthalten und auf die schweizerisches Recht anwendbar ist, sind die Schlussfolgerungen geteilt. Nach der einen BGE 131 III 201 S. 207 Auffassung ist nicht nur die slawische Schreibweise des Frauennamens zu gestatten, sondern bei männlichen Nachkommen auch die männliche Form einzutragen (VISCHER, a.a.O.; BUCHER, Droit, a.a.O.). Anderer Meinung sind JAMETTI GREINER/GEISER (a.a.O., ohne weitere Begründung mit Hinweis auf BGE 106 II 103 ), wonach die betroffene Person eine Anpassung des Namens über eine förmliche Namensänderung ( Art. 30 ZGB ) anzustreben habe. Zum gleichen Ergebnis kommt auch OTHENIN-GIRARD (La réserve d'ordre public en droit international privé suisse, Diss. Neuenburg 1999, S. 318): Es sei nicht gerechtfertigt, allgemein die Veränderlichkeit eines Namens nach Geschlecht anzunehmen, wenn der betroffene Namensträger überhaupt kein Interesse bekunde, einen nach einer besonderen ausländischen Regel veränderlichen Namen zu haben. Es könne sein, dass - Generationen später - die Nachkommen ihre Beziehung zum Herkunftsland ihrer Vorfahren verloren hätten. Wenn eine Rechtswahl nach Art. 37 Abs. 2 IPRG nicht möglich sei, müsse der Betroffene die Namensänderung verlangen. 3.2.2 Das schweizerische Namensrecht wird durch die Unwandelbarkeit des Familiennamens gekennzeichnet ( BGE 106 II 103 E. 3 S. 105; GROSSEN, Das Recht der Einzelpersonen, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. II, S. 342). Daraus lässt sich indessen keine uneingeschränkte Unveränderlichkeit eines im schweizerischen Zivilstandsregister eingetragenen ausländischen Namens ableiten. Zum einen wird BGE 106 II 103 in der Lehre zu Recht als überholt betrachtet, soweit mit diesem Urteil die Eintragung des nach Geschlecht veränderlichen Namens verweigert wurde. In der Tat ist dieses Urteil aus dem Jahre 1980 mit dem Gleichberechtigungsprinzip nach Art. 8 Abs. 3 BV nicht mehr vereinbar. In der Praxis scheint das Urteil nicht mehr befolgt zu werden (BUCHER, Die Anwendung des IPRG auf den Zivilstand, ZZW 1994 S. 137), zumal auch im erwähnten Kreisschreiben die Eintragung eines nach Geschlecht veränderlichen Namens nicht als unvereinbar mit dem schweizerischen Namensrecht erachtet wird (ZZW 1989 S. 289, Beispiel 24). Zum anderen ist es mit dem Gleichberechti gungsprinzip ebenso wenig vereinbar, wenn ein nach Geschlecht veränderlicher Name in seiner weiblichen Form in das schweizerische Zivilstandsregister zwar eingetragen wird, dieser Name aber ohne Anpassung auf ein Kind männlichen Geschlechts übertragen wird (BUCHER, L'enfant en droit international privé, Genf 2003, S. 245 Anm. 807). Sodann hat das Bundesgericht bereits in jenem BGE 131 III 201 S. 208 Urteil ausdrücklich angemerkt, was für den Fall der Eintragung von nach Geschlecht veränderlichen Namen gelten müsse: Mit dem schweizerischen Namensrecht sei nicht vereinbar, wenn z.B. männliche Nachkommen mit dem nach dem Geschlecht abgewandelten Familiennamen ihrer Mutter in die schweizerischen Geburtsregister eingetragen würden ( BGE 106 II 103 E. 3 a.E. S. 106). Die Lösung des Kreisschreibens (vgl. E. 3.2 oben) bedeutet folglich eine Verneinung der geschlechtlichen Identität der Person und ist mit dem Gleichheitssatz ( Art. 8 Abs. 3 BV ) nicht vereinbar, was die weitere Prüfung einer Verletzung der persönlichen Freiheit sowie der UNO-Kinderrechtskonvention erübrigt. Wohl kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Person oder ihre Nachkommen kein Interesse haben, einen nach einer besonderen ausländischen Regel veränderlichen Namen zu haben. Dies rechtfertigt indessen nicht, gegen das Gleichberechtigungsprinzip zu verstossen, zumal ein Nachkomme gestützt auf Art. 30 ZGB die Möglichkeit hat, seinen Namen in einen unveränderlichen zu ändern. Entgegen der Auffassung des Obergerichts wird bei der Übertragung eines nach Geschlecht veränderlichen Namens nicht die Rechtswahlmöglichkeit gemäss Art. 37 Abs. 2 IPRG umgangen. Diese Bestimmung schliesst nicht aus, dass das schweizerische Recht einer Person den Anspruch gibt, dass ihr Name, wenn er sowohl in einer weiblichen als auch männlichen Form existiert, in der ihrem Geschlecht entsprechenden Form übertragen wird. Durch die nach Geschlecht veränderliche Familiennamensform wird schliesslich die Sicherheit des Registereintrags - als Grundsatz der Registerführung (GÖTZ, Die Beurkundung des Personenstandes, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. II, S. 395 f.) - nicht entscheidend beeinträchtigt; ebenso wenig ist anzunehmen, dass die entsprechende Eintragung die Zivilstandsbehörden überfordern würde (a.M. wohl GÖTZ, a.a.O., S. 401, allerdings ohne ausdrückliche Stellungnahme zu nach Geschlecht veränderlichen slawischen Namen). 3.2.3 Vor diesem Hintergrund ist mit dem Gebot einer verfassungskonformen Auslegung von Art. 24 Abs. 1 ZStV ( Art. 43 Abs. 1 aZStV ) nicht vereinbar, wenn das Obergericht zur Auffassung gelangt ist, die Veränderung des Namens "Dzieglewska" nach Geschlecht bei seiner Übertragung auf eine männliche Person könne nicht mehr beachtet werden, weil auf den eingetragenen Namen schweizerisches Recht anwendbar ist. Der Nam BGE 131 III 201 S. 209 e " Dzieglewska" ist unbestrittenermassen nach Geschlecht veränderbar und lautet in der männlichen Form "Dzieglewski", was sich - wie erwähnt - bereits aus dem Auszug des Geburtsregisters ergibt. Die Beschwerde erweist sich als begründet und ist gutzuheissen, was zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides führt. In der Sache ist das Zivilstandsamt Aarau anzuweisen, den Eintrag im Geburtsregister antragsgemäss dahingehend zu berichtigen, dass der Beschwerdeführer mit dem Namen " Dzieglewski " einzutragen ist. 3.3 Der Beschwerdeführer verlangt schliesslich die Anweisung, dass die Berichtigung allen registerführenden Behörden anzuzeigen sei. Dieser Antrag ist überflüssig (abgesehen davon, dass es an einem persönlichen Rechtsschutzinteresse fehlen dürfte), da die kantonale Aufsichtsbehörde auf Grund der Mitteilung dieses Urteils dafür zu sorgen hat, dass die erforderlichen zusätzlichen Mitteilungen erlassen werden ( Art. 22 Abs. 3 ZStV ; Art. 133a aZStV ).
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Sachverhalt ab Seite 286 BGE 104 II 285 S. 286 Im Nachlass des am 13. Februar 1966 verstorbenen Friedrich Wittwer in Burgistein befinden sich eine Anzahl von Wies-, Acker- und Weidelandparzellen nebst Hofraum und Gebäudeplatz im Umfang von 705,35 Aren. Auf der Parzelle Nr. 889 stehen zwei durch die Gemeindestrasse getrennte Wohnhäuser, genannt die "obere" und die "untere Öle", die beide ebenfalls dem Erblasser gehörten. Mit Klage vom 5. April 1977 verlangte die Tochter Johanna Hadorn-Wittwer beim Appellationshof des Kantons Bern die gerichtliche Feststellung und Teilung der Erbschaft Friedrich Wittwers. Dabei sei ihr das in der Erbschaft ihres Vaters liegende landwirtschaftliche Heimwesen zum Ertragswert ungeteilt zuzuweisen. Die Beklagte Gertrud Fischer-Wittwer beantragte die Abweisung der Klage und erhob Widerklage mit dem Antrag, der Nachlass Friedrich Wittwers sei gerichtlich festzustellen und realiter zu teilen. Eventualiter begehrte sie Zuweisung des im Nachlass ihres Vaters befindlichen Heimwesens zum Ertragswert ungeteilt an sich. Der Appellationshof beschloss, das Verfahren auf die Frage der Teilung der sich im Nachlass Friedrich Wittwers befindlichen Grundstücke zu beschränken und diese Frage zum Gegenstand gesonderter Beurteilung zu machen, damit für die weitere Teilung der Erbschaft eine feste Grundlage geschaffen werden könne. In materiell-rechtlicher Hinsicht erkannte er in seinem Urteil vom 12. April 1978, gemäss Art. 625 Abs. 3 ZGB sei das Haus "obere Öle" mit ca. 38 Aren Umschwung abzutrennen, BGE 104 II 285 S. 287 d.h. von einer Integralzuweisung auszunehmen. Diese Liegenschaft wurde der Beklagten zu dem noch zu bestimmenden Verkehrswert per 1. April 1978 zugewiesen. Die Klägerin erhielt demgegenüber alle übrigen Grundstücke als landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 620 Abs. 1 ZGB zu dem ebenfalls noch zu bestimmenden Ertragswert per 1. April 1978. Gegen dieses Urteil reichte die Klägerin Berufung beim Bundesgericht ein. Sie stellt das Begehren, es sei ihr auch das der Beklagten zuerkannte Haus "obere Öle" nebst den mitgegebenen 38 Aren Land zum Ertragswert zuzusprechen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. b) Nach Art. 48 Abs. 1 OG ist die Berufung in der Regel erst gegen Endentscheide zulässig. Als Endentscheid gilt nach der Rechtsprechung nur ein Entscheid, durch den entweder über den materiellen Anspruch geurteilt oder dessen Beurteilung aus einem Grund abgelehnt wird, der es verbietet, dass der gleiche Anspruch zwischen den gleichen Parteien nochmals geltend gemacht wird ( BGE 103 II 251 , 269, mit Hinweisen). Teilurteile, d.h. Urteile, durch die nur über eines oder einzelne von mehreren in einem Prozess streitigen Rechtsbegehren entschieden wird, sind grundsätzlich keine Endentscheide und können daher nicht gesondert mit der Berufung ans Bundesgericht weitergezogen werden. Die Berufung soll nur einmal und darum erst in dem Stadium des Prozesses ergriffen werden können, in welchem die Streitsache dem Berufungsrichter in ihrem ganzen, an sich berufungsfähigen Umfang unterbreitet werden kann ( BGE 100 II 429 , BGE 91 II 60 ). Von diesem Grundsatz machte die Rechtsprechung ursprünglich nur insofern eine Ausnahme, als sie die Berufung gegen Entscheide, die nur einen Teil der streitigen Begehren erledigen, dann zuliess, wenn die nicht beurteilten Begehren von der kantonalen Instanz in einen andern, selbständigen Prozess verwiesen worden waren ( BGE 100 II 429 , BGE 63 II 291 E. 2, BGE 62 II 216 , 227, BGE 61 II 49 , 271, BGE 60 II 361 ). In neuerer Zeit tritt das Bundesgericht jedoch aus Gründen der Prozessökonomie namentlich in Erbstreitigkeiten auch auf Berufungen gegen Urteile ein, durch die einzelne Begehren, die zum Gegenstand eines besonderen Prozesses hätten gemacht werden können und deren Beurteilung für den Entscheid BGE 104 II 285 S. 288 über die andern Begehren präjudiziell ist, endgültig erledigt werden. So erachtete das Bundesgericht zum Beispiel in seinem Entscheid vom 11. November 1965 in Sachen Kläusli gegen Kleinert und Mitbeteiligte die Berufung gegen ein Urteil, das die in einem Erbteilungsprozess verlangte Zuweisung einer Liegenschaft zum Ertragswert nach Art. 620 ZBG ablehnte, als zulässig (vgl. auch BGE 89 II 185 ff., 188: Berufung gegen die Abweisung einer Widerklage auf Ungültigerklärung eines Erbvertrags; Entscheid vom 14. November 1968 in Sachen Buck gegen Buck: Berufung gegen ein Urteil über die in einem Erbteilungsprozess durch entsprechende Begehren aufgeworfene Frage, ob die Liegenschaft des Erblassers einem Lose zuzuscheiden oder zu versteigern sei; Entscheid vom 11. Juni 1970 in Sachen Steffen gegen Steffen: Berufung gegen ein Urteil, das in einem Erbstreit das Begehren auf Ungültigerklärung einer letztwilligen Verfügung vorweg behandelte und abwies; Entscheid vom 23. November 1972 in Sachen Häcki gegen Häcki: Berufung gegen ein Urteil, das in einem Erbteilungsprozess vorerst die Frage der Gültigkeit eines Vertrages im Sinne von Art. 636 ZGB behandelte). Im vorliegenden Fall hat der Appellationshof nur über den Anspruch der Klägerin auf ungeteilte Zuweisung des landwirtschaftlichen Gewerbes zum Ertragswert bzw. die entsprechenden Gegenanträge der Beklagten befunden. Über die restlichen Klagebegehren (Feststellung des Nachlasses und Durchführung der Teilung unter Berücksichtigung des Ertrags- bzw. Verkehrswertes der Liegenschaften, der Vorempfänge, der Lidlöhne usw.) hat er noch nicht entschieden. Es liegt somit ein Teilurteil vor, das einen Anspruch, der für sich allein hätte eingeklagt werden können und dessen Beurteilung für die Behandlung der übrigen Begehren präjudiziell ist, in für das kantonale Verfahren endgültiger Weise materiell erledigt. Gegen ein solches Urteil ist die Berufung nach der angeführten neuern Rechtsprechung zulässig.
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Sachverhalt ab Seite 2 BGE 135 IV 1 S. 2 A. A.a A. (Beschwerdegegner 1) und seine Ehefrau B. (Beschwerdegegnerin 2), äthiopische Staatsangehörige, reisten am 18. Juli 1995 ohne Pass und Visum in die Schweiz ein und stellten in Carouge/GE ein Asylgesuch. Mit Entscheiden vom 28. Juni 1996 sprach das Bundesamt für Flüchtlinge den beiden Asylbewerbern die Flüchtlingseigenschaft ab, lehnte ihre Asylgesuche ab und wies sie aus der Schweiz weg. Die gegen diesen Entscheid von A. und B. geführten Beschwerden wies die Schweizerische Asylrekurskommission mit Urteil vom 21. März 1997 ab. Am 16. März 2001 und am 31. August 2005 trat die Schweizerische Asylrekurskommission auf die von A. und B. anhängig gemachten Revisionsgesuche nicht ein. A.b Auf Strafanzeige des Amtes für Migration erklärte das Obergericht des Kantons Luzern A. und B. mit Urteil vom 6. Januar 2004 in zweiter Instanz des rechtswidrigen Verweilens in der Schweiz gemäss Art. 23 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; Fassung gemäss Bundesgesetz vom 8. Oktober 1948, AS 1949 I 221, S. 227) seit dem 1. Oktober 1997 bis zum 30. April 1999 und seit dem 1. Februar (A.) bzw. 1. Januar 2001 (B.) schuldig und verurteilte sie zu 6 Wochen Gefängnis. A.c Auf erneute Strafanzeige des Amtes für Migration sprach der Amtsstatthalter von Luzern-Land A. und B. am 30. September 2005 des rechtswidrigen Verweilens in der Schweiz, begangen vom 7. Januar 2004 bis zum 30. September 2005 schuldig und bestrafte sie mit 20 Tagen Gefängnis. Infolge Nichtannahme des Entscheids wurde die Strafsache an das Amtsgericht Luzern-Land überwiesen, welches mit Urteil vom 13. Juni 2006 den Entscheid des Amtsstatthalters im Schuldpunkt bestätigte, den Beurteilten für die ausgesprochene Strafe von 20 Tagen Gefängnis indes den bedingten Strafvollzug bei einer Probezeit von zwei Jahren gewährte. Noch während des laufenden Strafverfahrens stellten A. und B. am 8. August 2006 ein zweites Asylgesuch. Das Bundesamt für Migration (BFM) erkannte mit Verfügung vom 23. Februar 2007 den Beschwerdegegnern die Flüchtlingseigenschaft zu, wies ihre Gesuche indes, da es die flüchtlingsrelevanten Elemente als subjektive BGE 135 IV 1 S. 3 Nachfluchtgründe im Sinne von Art. 54 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG; SR 142.31) qualifizierte, ab und wies sie und ihre Kinder aus der Schweiz weg. Den Vollzug der verfügten Wegweisung schob es wegen Unzulässigkeit zu Gunsten einer vorerst auf zwölf Monate befristeten vorläufigen Aufnahme auf. Auf Appellation der Staatsanwaltschaft und Anschlussappellation der Beurteilten hin sprach das Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 20. Juni 2007 A. und B. vom Vorwurf des rechtswidrigen Verweilens in der Schweiz im Sinne von Art. 23 Abs. 1 ANAG , angeblich begangen vom 7. Januar 2004 bis zum 30. September 2005 frei. B. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern führt Beschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur Verurteilung von A. und B. wegen rechtswidrigen Verweilens in der Schweiz nach Art. 23 Abs. 1 ANAG , begangen im Zeitraum vom 7. Januar 2004 bis zum 30. September 2005, an die Vorinstanz zurückzuweisen. C. Mit Verfügung vom 20. Juni 2008 gewährte das Bundesgericht A. und B. die unentgeltliche Rechtspflege und bestellte Rechtsanwalt H. als deren Anwalt für das bundesgerichtliche Verfahren. D. Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. A. und B. beantragen in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Gemäss Art. 23 Abs. 1 ANAG wird, wer rechtswidrig das Land betritt oder darin verweilt, mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft (Art. 23 Abs. 1 al. 4 ANAG). Rechtswidrig ist der Aufenthalt im Lande, wenn der Ausländer weder über eine Aufenthalts- noch eine Niederlassungsbewilligung verfügt, obschon er einer solchen bedurft hätte ( Art. 1 ANAG e contrario). 4.2 Personen, denen die Schweiz Asyl gewährt hat oder die als Flüchtlinge vorläufig aufgenommen wurden, gelten nach Art. 59 AsylG gegenüber allen eidgenössischen und kantonalen Behörden als Flüchtlinge im Sinne des Asylgesetzes sowie des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (SR 0.142.30; im Folgenden: Flüchtlingskonvention, FK). Gemäss Art. 60 Abs. 1 BGE 135 IV 1 S. 4 AsylG haben Personen, denen Asyl gewährt wurde, Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung. Rechtmässig halten sich in der Schweiz auch Personen auf, denen zwar kein Asyl gewährt wurde, weil sie erst durch ihre Ausreise aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise die Flüchtlingseigenschaft erfüllen (subjektiver Nachfluchtgründe; Art. 54 AsylG ), und bei denen der Vollzug der Wegweisung nicht möglich oder zumutbar ist. Ihre Anwesenheit wird durch vorläufige Aufnahme geregelt ( Art. 44 Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 14a Abs. 1 und 3 ANAG ; vgl. nunmehr Art. 83 Abs. 3 AuG [SR 142.20]). Rechtmässig ist schliesslich auch die Anwesenheit von Personen, die in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt haben. Diese dürfen sich grundsätzlich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten ( Art. 42 Abs. 1 AsylG ). Soweit einer Person, deren erstes Asylgesuch abgewiesen wurde und die hernach rechtswidrig im Lande verbleibt, in einem neuen Asylverfahren die Flüchtlingseigenschaft unter Anerkennung von subjektiven Nachfluchtgründen zuerkannt wird, stellt sich die Frage, wie strafrechtlich der Zeitraum vor der Anerkennung als Flüchtling zu beurteilen ist. 4.3 Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass der Aufenthalt während der Dauer des zweiten Asylverfahrens von Gesetzes wegen rechtmässig ist ( Art. 42 Abs. 1 AsylG ). Nach Auffassung der Vorinstanz soll die Rechtmässigkeit des Aufenthalts dabei nicht erst mit der Stellung des Asylgesuchs beginnen. Massgeblicher Zeitpunkt sei in zeitlicher Hinsicht vielmehr bereits die Begründung der flüchtlingsrelevanten Elemente. Diese Auffassung trifft insofern nicht zu, als die Flüchtlingseigenschaft als solche, unabhängig davon, ob die Person als Flüchtling anerkannt ist, noch kein Recht auf Einreise und Aufenthalt verschafft ( BGE 132 IV 29 E. 2). Jedoch sind gemäss Art. 31 Abs. 1 FK die illegale Einreise und der unrechtmässige Aufenthalt eines Flüchtlings gerechtfertigt , wenn dieser triftige Gründe für seine Einreise darlegen kann, unmittelbar aus dem Verfolgerstaat in die Schweiz gelangt und sich unverzüglich den Behörden stellt (vgl. auch Art. 23 Abs. 3 ANAG ; BGE 132 IV 29 E. 3.3; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6S.737/1998 vom 17. März 1999). Die Bestimmung der Flüchtlingskonvention bezweckt den Schutz des Flüchtlings, dem es unmöglich ist, die Voraussetzungen für eine legale Einreise in ein schutzbietendes Land zu erfüllen, vor Abschiebung in den Verfolgerstaat. Sie BGE 135 IV 1 S. 5 verlangt nicht, dass die Flüchtlingseigenschaft der betroffenen Person bereits in einem formellen Verfahren rechtskräftig festgestellt worden ist. Sie bezieht sich ferner nicht nur auf die rechtswidrige Einreise, sondern erstreckt sich auch auf Fälle, in denen die Einreise rechtmässig erfolgt ist, der Aufenthalt indes später etwa infolge Erlöschens der befristeten Anwesenheitserlaubnis rechtswidrig wird (vgl. ATLE GRAHL-MADSEN, The Status of Refugees in International Law, Bd. II, Leyden 1972, S. 215 f.). 4.4 Im zu beurteilenden Fall ist den Beschwerdegegnern nach dem negativen Abschluss des ersten Asylverfahrens in einem nachfolgenden Asylverfahren die Flüchtlingseigenschaft wegen subjektiver Nachfluchtgründe zuerkannt worden. In analoger Anwendung von Art. 31 Abs. 1 FK ist hier anzunehmen, der seit der Abweisung ihres ersten Asylgesuchs andauernde irreguläre Aufenthalt der Beschwerdegegner sei von demjenigen Zeitpunkt an gerechtfertigt, von welchem an die im neuen Asylgesuch geltend gemachten Gründe Bestand haben. Gestützt auf die Verfügungen des BFM und die Asylgesuche vom 8. August 2006 ist davon auszugehen, dieser Zeitpunkt sei jedenfalls spätestens mit dem Beitritt des Beschwerdegegners 1 zur exilpolitischen Vereinigung V. im Jahre 2005 und der Teilnahme der Beschwerdegegner an den zwischen dem 3. Mai 2005 und dem 8. Juli 2006 durchgeführten verschiedenen Manifestationen eingetreten. Dass sich der Flüchtling nach Art. 31 Abs. 1 FK unverzüglich den Behörden stellen muss, steht dem nicht entgegen. Denn mit diesem Erfordernis will die Bestimmung nur verhindern, dass illegal eingereiste und untergetauchte Personen nachträglich ihren früheren rechtswidrigen Aufenthalt legalisieren (vgl. MARIE-PIERRE CAMPICHE, Le traitement des réfugiés en situation irrégulière en Suisse, Diss. Lausanne 1994, S. 153). Im vorliegenden Fall haben sich die Beschwerdegegner, wie sich aus den Untersuchungsakten beider Verfahren ergibt, während des gesamten rund elf Jahre dauernden Aufenthalts in der Schweiz den Behörden stets zur Verfügung gehalten. Damit ist der Aufenthalt der Beschwerdegegner seit dem Jahr 2005 gerechtfertigt. Die Vorinstanz nimmt darüberhinaus im Zweifel zugunsten der Beschwerdegegner an, die flüchtlingsrelevanten Elemente hätten schon zu Beginn der angeklagten Deliktszeit vom 7. Januar 2004 bis zum 30. September 2005 bestanden. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Vorinstanz die Beschwerdegegner nicht über die in ihrem zweiten Asylgesuch vom 8. August 2006 neu vorgebrachten Tatsachen und Ereignisse im Sinne subjektiver Nachfluchtgründe befragt BGE 135 IV 1 S. 6 und insbesondere nicht abgeklärt hat, von welchem Zeitpunkt an die Beschwerdegegner die vom BFM schliesslich anerkannten Gründe geltend machten. Insofern trifft zu, dass eine Beweisgrundlage für die Entscheidung, von welchem Zeitpunkt das exilpolitische Engagement der Beschwerdegegner eingesetzt hat, fehlt. Dass die Vorinstanz, indem sie auf weitere Abklärungen in dieser Richtung verzichtet hat, kantonales Prozessrecht willkürlich verletzt hätte, rügt die Beschwerdeführerin indes nicht. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, geltend zu machen, der Entscheid des BFM entfalte keine zeitliche Rückwirkung auf den gesamten Deliktszeitraum. Insofern genügt die Beschwerde den Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Bei dieser Sachlage erscheint entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin der Schluss der Vorinstanz, es könne nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen werden, dass einzelne flüchtlingsrelevante Elemente nicht schon zu Beginn der angeklagten Deliktszeit Bestand gehabt haben, auf der Grundlage der vorhandenen Beweise jedenfalls nicht als schlechterdings unhaltbar. Dass dem formellen Beitritt der Beschwerdegegner zu der exilpolitischen Gruppierung, in welcher der Beschwerdegegner 1 wichtige Funktionen bekleidet, zeitlich eine Phase des Engagements vorausgegangen ist, in der er sich noch nicht im selben Masse exponiert hatte, kann nicht mit Sicherheit verneint werden. Eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" liegt daher nicht vor.
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Sachverhalt ab Seite 50 BGE 135 III 49 S. 50 R., Jahrgang 2000, und S., Jahrgang 2003, sind zwei der drei unmündigen Söhne von A. und B. Vormundschaftsbehörden verschiedener Gemeinden mussten sich ab dem Jahr 2001 mit Kindesschutzmassnahmen für die Geschwister befassen. Die Ehegatten A. und B. trennten sich am 30. August 2003 und wurden zum Getrenntleben berechtigt. Das Eheschutzgericht Winterthur stellte die beiden Kinder R. und S. unter die elterliche Obhut der Mutter (Verfügung vom 9. Januar 2004). Am 11. November 2004 entzog die Vormundschaftsbehörde Rüdlingen (Kanton Schaffhausen) der Kindsmutter die elterliche Obhut. Am 12. Juli 2005 platzierte die Sozialbehörde der Gemeinde Zell (Kanton Zürich) die Kinder R. und S. auf Dauer im Heim in Herrliberg (Kanton Zürich), wo sie sich seit dem 23. August 2005 aufhalten. Ihre Eltern als Sorgerechtsinhaber ohne Obhutsberechtigung lebten damals an verschiedenen Adressen in Winterthur. Am 7. März 2006 schied das Bezirksgericht Winterthur die Ehe von A. und B. Es entzog beiden Elternteilen das Sorgerecht, stellte die drei Kinder unter Vormundschaft und ersuchte die Vormundschaftsbehörde Winterthur, einen Vormund zu ernennen. Das Scheidungsurteil wurde am 24. März 2006 rechtskräftig. Die Vormundschaftsbehörde Winterthur bestritt ihre Zuständigkeit, den drei Kindern einen Vormund zu ernennen, und bezeichnete die Vormundschaftsbehörden am jeweiligen Aufenthaltsort der Kinder für zuständig. Die Vormundschaftsbehörde Herrliberg wiederum verneinte ihre Zuständigkeit. Die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich (DJI) als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde zweiter Instanz wies die Vormundschaftsbehörde Herrliberg an, für R. und S. einen Vormund zu ernennen. Die Vormundschaftsbehörde Herrliberg hat dagegen eidgenössische BGE 135 III 49 S. 51 Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, die das Bundesgericht abweist, soweit darauf einzutreten ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die Beschwerdeführerin rügt, das Scheidungsgericht habe in seinem Urteil die Beschwerdegegnerin mit der Bezeichnung des Vormundes betraut. Da das Scheidungsurteil in Rechtskraft erwachsen sei, sei die Zuständigkeit der Beschwerdegegnerin rechtskräftig festgestellt. Die DJI habe als Aufsichtsbehörde darüber nicht mehr entscheiden dürfen. Die DJI hat den Einwand verworfen mit der Begründung, dem Scheidungsgericht komme keine Weisungsbefugnis gegenüber Vormundschaftsbehörden zu. 4.1 Das Gericht, das nach den Bestimmungen über die Ehescheidung die Beziehungen der Eltern zu den Kindern zu gestalten hat, ist gemäss Art. 315a Abs. 1 ZGB auch für die Anordnung der nötigen Kindesschutzmassnahmen sachlich zuständig, während für deren Vollzug die sachliche Zuständigkeit bei den vormundschaftlichen Behörden liegt. Hat das Scheidungsgericht vorliegend beiden Eltern die Sorge über die Kinder entzogen ( Art. 311 Abs. 1 ZGB ), erhalten die Kinder einen Vormund ( Art. 311 Abs. 2 ZGB ). Die Vollziehung der Kindesschutzmassnahme besteht darin, dass die vormundschaftlichen Behörden den Vormund ernennen. Das Scheidungsgericht ist berechtigt und verpflichtet, die nötigen Kindesschutzmassnahmen anzuordnen, darf aber in deren Vollziehung (z.B. durch Bezeichnung der Person des Vormundes) nicht eingreifen (vgl. BÜHLER/SPÜHLER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1980, N. 195 zu aArt. 156 ZGB). Die vormundschaftlichen Behörden wiederum haben die gerichtliche Anordnung zu vollziehen, sind aber nicht befugt, die Vollziehung zu verweigern, weil ihnen die Kindesschutzmassnahme als ungeeignet erscheint (vgl. PHILIPPE MEIER, Compétences matérielles du juge matrimonial et des autorités de tutelle, ZVW 2007 S. 109 ff., 115 Ziff. 17). 4.2 Aus der gesetzlichen Aufgabenteilung folgt zwingend, dass Gericht wie vormundschaftliche Behörden ihre Zuständigkeit je von Amtes wegen zu prüfen haben. Die Formulierung, das Gericht "betraut die vormundschaftlichen Behörden mit dem Vollzug" ( Art. 315a Abs. 1 ZGB ), darf nicht dahin gehend verstanden werden, das Gericht entscheide mit Rechtskraftwirkung auch darüber, welche vormundschaftliche Behörde die Kindesschutzmassnahmen zu vollziehen hat. Das Gericht hat den Vollzugsauftrag vielmehr BGE 135 III 49 S. 52 den vormundschaftlichen Behörden zu erteilen, die es für zuständig hält, die aber ihre Zuständigkeit selbstständig zu prüfen und gegebenenfalls den Auftrag an die ihrer Ansicht nach zuständige Behörde weiterzuleiten haben. Eine Vorwegnahme des Zuständigkeitsentscheids durch das Gericht findet nicht statt. Das Ergebnis entspricht der Auslegung des - im Falle der Entziehung der elterlichen Sorge gegenüber beiden Elternteilen geltenden - Art. 368 ZGB , wonach jede unmündige Person, die sich nicht unter der elterlichen Sorge befindet, unter Vormundschaft gehört (Abs. 1) und die Gerichte verpflichtet sind, der zuständigen Behörde Anzeige zu machen, sobald sie in ihrer Amtstätigkeit von dem Eintritt eines solchen Bevormundungsfalles Kenntnis erhalten (Abs. 2). Nicht das anzeigende Scheidungsgericht legt die Zuständigkeit verbindlich fest, sondern die benachrichtigte Behörde (vgl. SCHNYDER/MURER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1984, N. 116 und 121 zu Art. 368 ZGB , mit Hinweisen). 4.3 Aus den dargelegten Gründen erweist sich der Einwand nicht als stichhaltig, über die Zuständigkeit der vormundschaftlichen Behörde habe das Scheidungsgericht bereits rechtskräftig entschieden, so dass die DJI als Aufsichtsbehörde nicht abweichend davon die Beschwerdeführerin als zuständig bezeichnen dürfe. 5. Im Bereich der Kindesschutzmassnahmen sind grundsätzlich die vormundschaftlichen Behörden am Wohnsitz des Kindes örtlich zuständig (vgl. Art. 315 Abs. 1 ZGB ). Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz ( Art. 25 Abs. 1 ZGB ). Streitig ist, wo die beiden Kinder ihren Wohnsitz haben. 5.1 Die DJI hat festgestellt, bereits im Zeitpunkt des Scheidungsurteils hätten die Eltern der Kinder weder über einen gemeinsamen Wohnsitz noch über die Obhut verfügt. Es ist davon ausgegangen, als Wohnsitz der beiden Kinder habe damit deren Aufenthaltsort zu gelten, der sich in der Gemeinde Herrliberg befinde. Die Beschwerdeführerin wendet ein, der massgebende Zeitpunkt für die Bestimmung des zivilrechtlichen Wohnsitzes sei nicht der Zeitpunkt des Entzugs der elterlichen Sorge im Rahmen der Scheidung. Gemäss dem Urteil des Bundesgerichts 5C.274/1997 vom 12. Januar 1998 komme vielmehr dem Zeitpunkt des Obhutsentzugs zentrale BGE 135 III 49 S. 53 Bedeutung zu. Im kantonalen Verfahren hat die Beschwerdeführerin diesen Einwand nicht erhoben. Es handelt sich um ein neues rechtliches Vorbringen, das nur insoweit zulässig und zu prüfen ist, als der verbindlich festgestellte Sachverhalt seine Beurteilung zulässt (Art. 74 i.V.m. Art. 63 Abs. 2 und 3 OG ; BGE 127 III 390 E. 1f S. 393; BGE 130 III 28 E. 4.4 S. 34). 5.2 In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass die Eltern der beiden Kinder sich Ende August 2003 trennten und zum Getrenntleben berechtigt wurden. Das Eheschutzgericht stellte die beiden Kinder unter die elterliche Obhut der Mutter. Anschliessend entzog die Vormundschaftsbehörde Rüdlingen der Kindsmutter die elterliche Obhut. Ab 11. November 2004 stand keinem von beiden Elternteilen mehr die Obhut über die Kinder zu. Auf Grund der Akten und der Darstellung der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass die Kindsmutter - von Rüdlingen her kommend - ab 17. November 2004 an der X.strasse in Winterthur gemeldet war, wo sie im Scheidungszeitpunkt am 7. März 2006 noch gelebt hat. Der Vater der Kinder war ab 1. November 2003 bis am 31. August 2005 an der Y.strasse in Winterthur gemeldet. Er hat während dieser Zeit zusätzlich über eine Adresse an der Z.strasse in Pfungen verfügt, die aber in den Beschwerde-Beilagen lediglich als Postadresse neben der Wohnadresse in Winterthur vermerkt ist. Die Wohnsitzverhältnisse wurden vom Bezirksgericht Winterthur bestätigt. Dass der Vater der Kinder seinen Wohnsitz damals in Winterthur gehabt haben dürfte, bestätigen sodann einerseits seine Adressangabe in zwei Verfahren vor Bundesgericht in dieser Sache und andererseits sein Wegzug von Winterthur am 31. August 2005, der nach Pfungen erfolgte, aber nicht an die Postadresse Z.strasse, sondern an die neue Adresse an der W.strasse, wo er auch im Scheidungszeitpunkt am 7. März 2006 noch gelebt hat. 5.3 Soweit sich der neue rechtliche Einwand der Beschwerdeführerin anhand der vorstehenden Angaben beurteilen lässt, führt er zu folgendem Ergebnis: 5.3.1 Spätestens ab dem 17. November 2004 bis Ende August 2005 hatten beide Elternteile in Winterthur einen gemeinsamen Wohnsitz, den die Kinder gemäss Art. 25 Abs. 1 ZGB (erster Halbsatz) geteilt haben. Daran ändert zum einen nichts, dass die Elternteile an verschiedenen Adressen in Winterthur gelebt haben und dass beiden die Obhut entzogen war. Entscheidend ist, dass beide BGE 135 III 49 S. 54 Elternteile damals Inhaber der elterlichen Sorge waren und am gleichen Ort ihren Wohnsitz hatten (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 4. Aufl. 1999, N. 34/14 und 34/16 zu Art. 162 ZGB ; vgl. BGE 133 III 305 E. 3.3.4 S. 307 mit Hinweisen). Zum anderen kommt es nicht darauf an, dass die beiden Kinder zwischen dem 11. November 2004 (Obhutsentzug) und dem 17. November 2004 (gemeinsamer Wohnsitz der Eltern in Winterthur) noch anderswo - offenbar in Rüdlingen - lebten, genügt doch ein kurzzeitiger Aufenthalt nicht zur Begründung eines Wohnsitzes (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 34/19 zu Art. 162 ZGB , mit Hinweisen). 5.3.2 Die Voraussetzungen für die Anknüpfung an den gemeinsamen Wohnsitz der Eltern im Sinne von Art. 25 Abs. 1 ZGB (erster Halbsatz) sind somit nicht im Zeitpunkt des Obhutsentzugs im November 2004, sondern erst Ende August 2005 entfallen, als der Vater der Kinder von Winterthur wegzog. Weil in diesem Zeitpunkt beiden Elternteilen als Inhabern der elterlichen Sorge die Obhutsberechtigung über die Kinder bereits - seit 2004 - entzogen war, fehlte ab Ende August 2005 jeglicher Anknüpfungspunkt im Sinne von Art. 25 Abs. 1 ZGB (erster Halbsatz) und hatte als Wohnsitz der beiden Kinder gemäss Art. 25 Abs. 1 ZGB (zweiter Halbsatz) ihr Aufenthaltsort zu gelten (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 34/18 zu Art. 162 ZGB ; vgl. BGE 133 III 305 E. 3.3.1 S. 306 mit Hinweisen), der sich in Herrliberg befand, wo die beiden Kinder ihren auf Dauer geplanten Aufenthalt im Heim am 23. August 2005 bereits angetreten hatten. Daran hat der spätere Entzug der elterlichen Sorge nichts mehr geändert, so dass - mit Blick auf die verfügbaren Akten - der Wohnsitz der beiden Kinder am Aufenthaltsort in Herrliberg angenommen werden durfte. Der Einwand der Beschwerdeführerin erweist sich als unbegründet. 5.3.3 Im angerufenen Urteil 5C.274/1997 haben beide Elternteile während des Scheidungsverfahrens getrennt gelebt, so dass bereits im Zeitpunkt des Obhutsentzugs als Wohnsitz des Kindes dessen Aufenthaltsort zu gelten hatte; später eingetretene Umstände wie der Entzug der elterlichen Gewalt konnten deshalb keine Rolle mehr spielen (E. 2b/aa). Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin stimmt der vorliegende mit dem beurteilten Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt nicht überein: Während dort der Obhutsentzug gegenüber wohnsitzmässig getrennt lebenden Inhabern der elterlichen Sorge erfolgte und den Wohnsitz des Kindes am Aufenthaltsort bewirkte, ist hier die wohnsitzmässige Trennung BGE 135 III 49 S. 55 der Inhaber der elterlichen Sorge erst nach dem Obhutsentzug eingetreten und massgebend dafür, dass der Aufenthaltsort der Kinder als Wohnsitz zu gelten hat. Rechtlich besteht Übereinstimmung, dass das Kind seinen Wohnsitz am Aufenthaltsort hat, wenn beiden Inhabern der elterlichen Sorge die Obhut entzogen ist und die Inhaber der elterlichen Sorge nicht den gleichen Wohnsitz haben. Die Verfügung der DJI kann insoweit nicht beanstandet werden. 6. Die Beschwerdeführerin hält die Annahme eines Wohnsitzes am Aufenthaltsort für unzulässig, weil ein Anstaltsort nicht Aufenthaltsort sein könne. Sie stützt ihren Einwand auf das Urteil 5C.274/1997 vom 12. Januar 1998. Dass es sich beim Heim um eine Anstalt im Gesetzessinne handelt, steht unangefochten fest. Die DJI hat angenommen, dass sich der Wohnsitz der Kinder bei einer Anknüpfung am Aufenthaltsort auch dort befinde, wenn die Kinder in einer Anstalt untergebracht seien. 6.1 Die Bestimmungen über den Wohnsitz sehen unter anderem vor, dass sich der Wohnsitz einer Person an dem Orte befindet, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält ( Art. 23 Abs. 1 ZGB ), dass der einmal begründete Wohnsitz einer Person bestehen bleibt bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes ( Art. 24 Abs. 1 ZGB ) und dass der Aufenthalt an einem Orte zum Zweck des Besuches einer Lehranstalt und die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs-, Versorgungs-, Heil- oder Strafanstalt keinen Wohnsitz begründen ( Art. 26 ZGB ). Mit letzterem Vorbehalt wollte der Gesetzgeber, dass die Anstalten beherbergenden Gemeinden nicht mit Streitigkeiten belastet werden, die ihnen anfallen würden, wenn die Insassen am Ort der Anstalt Wohnsitz erwerben könnten (Urteil 5C.274/1997 vom 12. Januar 1998 E. 2b/cc S. 7 f.). Im beurteilten Fall war die Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde Sommeri am Anstaltsort zu verneinen, weil das Kind seinen ersten Wohnsitz am Aufenthaltsort in Kreuzlingen hatte, am Ort der Anstalt keinen solchen neu erwerben konnte und der bisherige als weiterbestehend betrachtet werden musste (Urteil 5C.274/1997 vom 12. Januar 1998 E. 2b/cc S. 7 f.). Der beurteilte stimmt mit dem vorliegenden Sachverhalt insofern nicht überein, als die Kinder hier ihren ersten, nicht mehr von den Eltern abgeleiteten Wohnsitz schon in Herrliberg und damit am Anstaltsort hatten und nicht ihren Aufenthalt dorthin verlegten (vgl. E. 5 hiervor). Ebenso wenig beantwortet BGE 129 I 419 Nr. 38 die Streitfrage, ob der Wohnsitz der Kinder am Aufenthaltsort auch der Anstaltsort sein könne. Die Kinder hatten im BGE 135 III 49 S. 56 beurteilten Fall ihren Wohnsitz stets am Wohnsitz der Mutter als Inhaberin der elterlichen Sorge in Killwangen, Gansingen und schliesslich in Degersheim, aber in keinem Zeitpunkt am Aufenthaltsort in Eggenwil. Das Bundesgericht hat beurteilt und verneint, dass die Vormundschaftsbehörde am Aufenthalts- und Anstaltsort in Eggenwil die Kindesschutzmassnahmen neu übernehmen und weiterführen müsse, nachdem die Inhaberin der elterlichen Sorge von Gansingen, wo die Vormundschaftsbehörde zuletzt dafür zuständig war, nach Degersheim umgezogen war ( BGE 129 I 419 E. 2 S. 421 ff.; vgl. BGE 133 III 305 E. 3.3.4 und 3.3.5 S. 307 f. mit Hinweisen). 6.2 Obwohl der Wortlaut darauf nicht ohne Weiteres schliessen lässt, begründet Art. 26 ZGB nach der Rechtsprechung lediglich eine widerlegbare Vermutung, wonach der Aufenthalt in einer Anstalt nicht bedeutet, dass auch der Lebensmittelpunkt an den Anstaltsort verlegt wurde. Die Vermutung kann umgestossen werden, wenn eine Person freiwillig in eine Anstalt eintritt und sich dort im Sinne von Art. 23 Abs. 1 ZGB mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Unter dieser Voraussetzung kann die Begründung eines Wohnsitzes am Anstaltsort bejaht werden (Urteil 5C.16/2001 vom 5. Februar 2001 E. 4a, in: Pra 90/2001 Nr. 131 S. 787 f.; BGE 131 V 59 E. 6.1 S. 65; BGE 133 V 309 E. 3.1 S. 312; BGE 134 V 236 E. 2.1 S. 239; je mit Hinweisen). In Anlehnung daran schlägt der Bundesrat in der Revision des Vormundschaftsrechts vor, den heutigen Art. 26 ZGB aufzuheben, inhaltlich als Ergänzung in Art. 23 Abs. 1 ZGB aufzunehmen und zu präzisieren. Gemäss dem vorgeschlagenen zweiten Halbsatz zu Art. 23 Abs. 1 ZGB begründet der Aufenthalt in einer Anstalt "für sich allein" keinen Wohnsitz. Damit soll verdeutlicht werden, dass die betroffene Person in gewissen Fällen an diesem Ort trotzdem ihren Lebensmittelpunkt und damit Wohnsitz haben kann. Dies trifft laut Botschaft insbesondere bei urteilsfähigen volljährigen Personen zu, die freiwillig in ein Alters- und Pflegeheim eintreten, um dort den Lebensabend zu verbringen, also die Absicht haben, sich dort dauernd aufzuhalten (Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 28. Juni 2006, BBl 2006 7001, 7096). Die beabsichtigte Verdeutlichung wurde in der parlamentarischen Beratung diskussionslos angenommen (AB 2007 S 841 und AB 2008 N 1541-1543) und bestätigt, dass Art. 26 ZGB an sich nur den Grundsatz von Art. 23 Abs. 1 ZGB wiederholt, weil ein Aufenthalt zu Sonderzwecken in der Regel keine Verschiebung des Mittelpunkts der Lebensinteressen bedeutet (AUGUST BGE 135 III 49 S. 57 EGGER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 1930, N. 1 und 4 ff. zu Art. 26 ZGB ). Sie stützt die Auffassung der späteren Kommentatoren, dass Art. 26 ZGB als negative Umschreibung des Wohnsitzbegriffs von Art. 23 ZGB keinen Einfluss auf den Wohnsitz am Aufenthaltsort im Sinne der Art. 24 Abs. 2 ZGB hat (vgl. EUGEN BUCHER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1976, N. 9, und DANIEL STAEHELIN, in: Basler Kommentar, 3. Aufl. 2006, N. 1, je zu Art. 26 ZGB ). 6.3 Weitergehend nehmen die Kommentatoren an, dass das Kind, für dessen Wohnsitz gemäss Art. 25 Abs. 1 ZGB (zweiter Halbsatz) der Aufenthalt massgebend ist, seinen Wohnsitz am Ort der Anstalt hat, in der es sich befindet. Die Annahme wird damit gerechtfertigt, dass andernfalls auf einen perpetuierten und damit völlig fiktiven Wohnsitz abgestellt werden müsste (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 34/8 zu Art. 162 ZGB ; STAEHELIN, a.a.O., N. 10 zu Art. 25 ZGB ; vgl. auch MEIER/STETTLER, Effets de la filiation [ art. 270 à 327 CC], 3. Aufl. 2006, S. 196 Anm. 673). Sie lässt sich im Bereich der Kindesschutzmassnahmen auch auf Art. 315 ZGB stützen, wonach - neben den Wohnsitzbehörden (Abs. 1) - die vormundschaftlichen Behörden am Aufenthaltsort des Kindes zuständig sind, namentlich wenn das Kind ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft lebt (Abs. 2). Vom Gesetzeszweck her - der möglichst klaren und einfachen Bestimmung der zuständigen Vormundschaftsbehörde - hat dabei aber die Behörde am Wohnsitz den Vorrang gegenüber der Behörde am Aufenthaltsort ( BGE 129 I 419 E. 2.3 S. 423). Die Praxis in den Kantonen ist unterschiedlich. Einerseits wird gestützt auf Art. 24 Abs. 1 ZGB angenommen, dass sich der Wohnsitz der Kinder nach dem letzten Wohnsitz der Eltern oder, wenn diese keinen gemeinsamen Wohnsitz mehr hatten, nach dem Wohnsitz des Elternteils bestimmt, welcher vor der Anstaltsplatzierung die Obhut innehatte. Andererseits findet sich die Praxis, wonach der Wohnsitz der Kinder, deren Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz und keine Obhut haben, der Aufenthaltsort der Kinder sei, selbst wenn dieser Aufenthalt durch einen Sonderzweck im Sinne von Art. 26 ZGB begründet ist (vgl. Empfehlungen der Konferenz der kantonalen Vormundschaftsbehörden vom September 2002 zur "Übertragung vormundschaftlicher Massnahmen", ZVW 2002 S. 205 ff., 209 Anm. 10). Nicht unbeachtet bleiben darf dabei, dass gemäss den Vorschriften des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG; SR 851.1) der Aufenthalt unmündiger Kinder BGE 135 III 49 S. 58 - anders als derjenige Erwachsener ( Art. 5 ZUG ) - unter bestimmten Voraussetzungen einen öffentlich-rechtlichen Unterstützungswohnsitz begründen kann ( Art. 7 ZUG ). 6.4 Die Wohnsitzbestimmung steht hier vor dem Hintergrund, dass die heute fünf- und achtjährigen Kinder im Zeitpunkt, als der von den Eltern abgeleitete Wohnsitz (Winterthur) entfallen ist, bereits in der Anstalt in Herrliberg lebten (E. 5 hiervor). Die vormundschaftlichen Behörden von Winterthur, wo der letzte gemeinsame Wohnsitz der Eltern sich befand, oder allenfalls die Vormundschaftsbehörde Rüdlingen, wo die Mutter der Kinder vor der Entziehung der ihr allein zustehenden Obhut lebte, hatten mit den beiden Kindern - abgesehen von Einzelmassnahmen - bisher nichts zu tun, zumal die Kindesschutzmassnahmen seit mehreren Jahren von der Sozialbehörde der Gemeinde Zell geführt wurden, die auch die Anstalt in Herrliberg gesucht und die beiden Kinder dorthin begleitet hat. Eine Anknüpfung der vormundschaftlichen Zuständigkeit an den Wohnsitz der Eltern oder eines Elternteils schaffte keine klaren Verhältnisse, zumal hier - anders als in BGE 129 I 419 Nr. 38 - der Mutter wie dem Vater nicht nur die Obhut, sondern weitergehend die elterliche Sorge über die Kinder entzogen ist. Wie die Beschwerdeführerin belegt, waren die beiden Kinder seit ihrer Geburt bereits in verschiedenen Pflegefamilien und in mehreren Heimen untergebracht und leben seit ihrem Eintritt in das Heim im August 2005 offenbar erstmals für längere Zeit im gleichen Umfeld und in gefestigten Verhältnissen. Das Heim richtet sein Angebot denn auch an Kinder, die in der Regel längerfristig auf eine umfassende Betreuung und Erziehung angewiesen sind. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich nicht, an einen fiktiven Wohnsitz anzuknüpfen. Vielmehr gebieten es die wohlverstandenen Interessen der Kinder, dass ein Vormund am Ort ihres Aufenthalts bestellt wird, um den direkten Kontakt zur Heimleitung und zu seinen Mündeln sowie die unmittelbare Kontrolle der Unterbringung der Kinder zu gewährleisten. Dass dem Gemeinwesen dadurch Kosten entstehen, ist mit Rücksicht auf das Kindeswohl, aber auch auf Grund der Tatsache hinzunehmen, dass unter den Gemeinden durch die wechselseitige Übernahme von vormundschaftlichen Aufgaben ohnehin ein finanzieller Ausgleich besteht. 6.5 Aus den dargelegten Gründen kann nicht beanstandet werden, dass die DJI die Vormundschaftsbehörde Herrliberg für zuständig erklärt hat, den beiden Kindern den Vormund zu bezeichnen.
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Sachverhalt ab Seite 135 BGE 135 V 134 S. 135 A. S., geboren 1993, wurde mit Beschluss vom 16. Dezember 1997 der elterlichen Obhut ihrer von ihrem Ehemann getrennt lebenden Mutter entzogen und im Heim A./ZH untergebracht, wo sie bis zum 14. Juli 2006 verblieb. Als Anschlusslösung empfahl das Heim A. den Eintritt in das Internat B./BE, was sowohl von S. als auch ihrer Mutter begrüsst wurde. Ihre Mutter war am 26. April 2000 von Y./ZH nach Z./TG umgezogen. In der Folge wechselte sie mehrmals ihren Wohnort in den Kantonen Thurgau und Appenzell Ausserrhoden, bis sie am 1. Juni 2005 bis auf Weiteres Wohnsitz in X./TG nahm. Da gegen den Lebenspartner ihrer Mutter und Vater ihres Halbbruders strafrechtliche Ermittlungen liefen, ersuchte die Vormundschaftsbehörde Y. die Vormundschaftsbehörde X. am 23. Februar 2006 um Übernahme der Kindesschutzmassnahmen sowie um Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft für S. Am 25. April 2006 berichtete die Vormundschaftsbehörde X., die Vertretungsbeistandschaft sei errichtet worden und man sei mit der Weiterführung der Kindesschutzmassnahmen einverstanden. Die Übertragung an die Vormundschaftsbehörde X. erfolgte mit Beschluss vom 11. September 2006. In der Zwischenzeit war S. auf Anweisung ihrer Beiständin am 3. September 2006 im Heim C./ZH untergebracht worden. Mit Schreiben vom 18. Januar 2007 teilte die Vormundschaftsbehörde X. der Fürsorgebehörde Y. mit, gemäss Beschluss vom 16. November 2006 sei S. per 4. Dezember 2006 im Internat B. untergebracht worden, und ersuchte um Kostengutsprache. Die Fürsorgebehörde Y. lehnte am 16. Februar 2007 jegliche Kostenübernahme ab, da es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei, Privatschulen zu subventionieren, S. in C. bestens untergebracht gewesen sei und kein Grund für eine Umplatzierung vorgelegen habe. Zudem habe die Vormundschaftsbehörde X. die "erforderliche Mitwirkung der Stadt Y. ... nicht eingeholt". Mit Beschluss vom 29. März 2007 bestätigte die Fürsorgebehörde Y. die Ablehnung des Gesuches. Der Bezirksrat wies den hiegegen erhobenen Rekurs mit Entscheid vom 13. Juli 2007 ab. B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 6. Dezember 2007 ab. BGE 135 V 134 S. 136 C. S. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Kostengutsprache für ihre Platzierung im Internat B. rückwirkend per 6. Dezember 2006 zu erteilen. Eventualiter sei die Fürsorgebehörde Y. anzuweisen, diese Kostengutsprache rückwirkend per 6. Dezember 2006 zu erteilen. Subeventualiter sei die Vorinstanz zu verpflichten, die Fürsorgebehörde Y. anzuweisen, diese Kostengutsprache rückwirkend per 6. Dezember 2006 zu erteilen. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Fürsorgebehörde Y. beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin ihren zivilrechtlichen Wohnsitz in X. hat, ihr Unterstützungswohnsitz aber in Y. liegt ( Art. 7 Abs. 3 lit. c des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger [ZUG; SR 851.1] ). Demnach liegt die eher unübliche Konstellation vor, in welcher zivil- und sozialhilferechtlicher Wohnsitz nicht zusammenfallen. Es ist denn auch nicht die Frage des Kostenersatzes nach ZUG streitig. Zu entscheiden ist vielmehr, ob die Beschwerdegegnerin als zuständige Behörde am Unterstützungswohnsitz für die Kosten der Umplatzierung vom Heim C. ins Internat B. gestützt auf den Beschluss der Vormundschaftsbehörde X. vom 16. November 2006 aufzukommen hat. Es geht somit um den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Übernahme der Kosten des Internats B. gemäss kantonalem Sozialhilferecht. 2.2 Nach Art. 308 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 310 Abs. 2 ZGB wird die unmündige Beschwerdeführerin nicht durch ihre Eltern resp. die Mutter vertreten, sondern durch ihre Beiständin (Übertragung der Beistandschaft an X. gemäss Beschluss der Vormundschaftsbehörde Y. vom 11. September 2006). Diese wiederum benötigt für die Führung eines Prozesses die Zustimmung der Vormundschaftsbehörden (Art. 421 Ziff. 8 in Verbindung mit Art. 367 Abs. 3 ZGB ). Dabei handelt es sich nach der Lehre lediglich um eine Zustimmung, nicht jedoch um eine Vertretung durch die Vormundschaftsbehörde; d.h. der Vormund (resp. die Beiständin) führen den Prozess nach Einholung der Zustimmung selbst (PHILIPPE MEIER, Le consentement BGE 135 V 134 S. 137 des autorités de tutelle aux actes du tuteur, 1994, S. 91, 169 und 391 ff.; THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2006, N. 2 zu Art. 421/422 ZGB). Sowohl im Verwaltungsverfahren als auch vor Vorinstanz hat die Vormundschaftsbehörde X. den Prozess geführt. Die Frage nach der Ermächtigung zur Prozessführung durch die Beiständin ist nie gestellt worden. Angesichts der Sach- und Aktenlage ist jedoch von ihrer (stillschweigenden) Zustimmung zur Prozessführung der Vormundschaftsbehörde auszugehen. Dasselbe gilt für das vorliegende Verfahren. 3. Die Beschwerdegegnerin macht geltend, ihr rechtliches Gehör sei verletzt worden, da "die für eine Umplatzierung übliche Mitwirkung der fürsorgeunterstützungsrechtlich verantwortlichen Stadt Y. nicht eingeholt" worden sei. Diese formelle Rüge ist vorweg zu prüfen. 3.1 Nach Art. 310 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 315 Abs. 1 ZGB hat die Vormundschaftsbehörde am Wohnort des Kindes über dessen Unterbringung zu entscheiden, wenn seiner Gefährdung nicht anders begegnet werden kann und das Verhältnis zwischen Eltern und Kind so schwer gestört ist, dass sein Verbleiben in deren Haushalt unzumutbar geworden ist. Sie hat ihren Entscheid über eine allfällige (Um-)Platzierung alleine am Kindeswohl auszurichten (vgl. dazu PETER BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 16 zu Art. 310 ZGB ; YVO BIDERBOST, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Amstutz und andere [Hrsg.], 2007, N. 1 ff. zu Art. 310 ZGB , sowie CHRISTOPH HÄFELI, Die Aufhebung der elterlichen Obhut nach Art. 310 ZGB , ZVW 2001 S. 111 ff., 117). Der Begriff des Kindeswohls lässt sich nicht allgemein konkretisieren. Er ist je nach der sich stellenden Frage (z.B. Neuregelung der elterlichen Sorge, Besuchsrecht, Adoption) und den konkreten Umständen des Einzelfalls verschieden. Zum Teil nennt das Gesetz auch nur einen Aspekt des Kindeswohls als Kriterium (z.B. Interesse des Kindes in Art. 288 Abs. 1 ZGB oder Entwicklung des Kindes in Art. 310 Abs. 3 ZGB ). Der Inhalt des Kindeswohls bei Fragen des Kindesschutzes nach Art. 307 ff. ZGB ist nach objektiven Gesichtspunkten zu eruieren (vgl. zum Begriff des Kindeswohls KURT AFFOLTER, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 14 f. zu Art. 405 ZGB ; CYRIL HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl. 1999, Rz. 26.04a ff.; ANDREAS BRAUCHLI, Das Kindeswohl als Maxime des Rechts, 1982, BGE 135 V 134 S. 138 S. 112 ff., 135 ff., 165 f. und 173 ff.; EYLEM COPUR, Gleichgeschlechtliche Partnerschaft und Kindeswohl, 2008, S. 161 ff., sowie WOLF, Die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes [...], ZBJV 134/1998 S. 113 ff., 118). 3.2 Nach dem Gesagten war im massgebenden Zeitpunkt allein die Vormundschaftsbehörde X. zuständig, im Rahmen des Kindesschutzes einen abschliessenden Entscheid über die Unterbringung des Kindes zu fällen. Sie hatte dabei die beteiligten Personen und Institutionen anzuhören. Die Frage, ob das rechtliche Gehör der Fürsorgebehörde Y. im Rahmen der Umplatzierung der Beschwerdeführerin ins Internat B. verletzt worden ist, kann indessen vorliegend offenbleiben. Sie wäre im Rahmen des vormundschaftlichen Verfahrens zu beantworten gewesen. Die Fürsorgebehörde Y. hätte ihre Rechte in jenem Verfahren wahren müssen. Sie hätte nach Kenntnisnahme des Beschlusses der Vormundschaftsbehörde X. vom 16. November 2006 die formelle Zustellung dieser Verfügung verlangen und hernach dagegen Beschwerde erheben können. Dies hat sie jedoch unterlassen. Damit ist der Beschluss vom 16. November 2006 in Rechtskraft erwachsen. Da eine Verfügung, welche das rechtliche Gehör verletzt, in der Regel nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar ist ( BGE 129 I 361 E. 2.1 S. 363 mit Hinweisen; vgl. auch HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2006, Rz. 970), ist im vorliegenden sozialhilferechtlichen Verfahren nicht weiter auf die Frage der Gehörsverletzung einzugehen, sondern es ist die Rechtmässigkeit der in Rechtskraft erwachsenen vormundschaftlichen Massnahme (Unterbringung im Internat B.) festzustellen. Im vorliegenden Sozialhilfeverfahren kann die Fürsorgebehörde Y. eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht geltend machen. Als verfügende und damit verfahrensleitende Instanz stand ihr dieser Anspruch jederzeit zu. 4. 4.1 Die Vorinstanz hat ausgeführt, Gesuche um Kostengutsprache seien gemäss § 20 Abs. 1 der Zürcher Verordnung vom 21. Oktober 1981 zum Sozialhilfegesetz (SHV; LS 851.11) im Voraus einzureichen und nach § 19 Abs. 3 SHV bestehe bei verspäteter Einreichung des Gesuchs kein Anspruch auf Kostenübernahme. Diese Grundsätze würden aber nicht absolut gelten, sondern nach kantonaler Praxis verwirke bei nachträglich oder verspätet eingereichten BGE 135 V 134 S. 139 Gesuchen der Anspruch auf Sozialhilfe nicht von vornherein; vielmehr habe die Behörde die tatsächlichen Verhältnisse zu ermitteln und zu prüfen, ob eine situationsbedingte Leistung in Frage stehe, auf welche die gesuchstellende Person einen Anspruch besitze. In der Folge sah das kantonale Gericht von weiteren Sachverhaltsabklärungen jedoch ab und wies die Beschwerde mit der Begründung ab, es habe keine therapeutische Indikation für den sofortigen Wechsel vorgelegen und die Vormundschaftsbehörde sei wie jede Behörde, welche eine hilfesuchende Person vertrete, an § 20 Abs. 1 SHV gebunden. Somit sei sie von der Einholung einer vorherigen Kostengutsprache nicht entbunden und hätte der Fürsorgebehörde Y. Gelegenheit zur Einbringung ihrer Argumente und Mitentscheidung bei der Platzierung geben müssen. Das Zürcher Sozialhilfegesetz vom 14. Juni 1981 (SHG; LS 851.1) verleihe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten eines bestimmten Therapie- bzw. Heimplatzes. 4.2 Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, das Mittel der Mitsprache gebe der Fürsorgebehörde nicht das Recht, rechtmässig gefasste Entscheidungen einer zuständigen Vormundschaftsbehörde noch einmal zu überprüfen und mittels Ablehnung der Kostenübernahme gar zu vereiteln. Damit verletze die Fürsorgebehörde Y. nicht nur ihren Anspruch auf einen geeigneten Heimplatz, sondern auch die der Vormundschaftsbehörde X. kraft Bundesrecht zustehenden Kompetenzen. Die Auslegung der Vorinstanz von § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 2 SHG sowie § 19 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 SHV verstosse gegen Bundeszivil- und -verfassungsrecht (Art. 310 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 315 Abs. 1 ZGB ; Art. 9 BV ). Gestützt auf die kantonale Praxis, wonach der Anspruch bei verspäteter Einreichung des Gesuches nicht einfach verwirke, hätte die Vorinstanz das Vorliegen einer situationsbedingten Leistung, auf welche sie Anspruch habe, prüfen müssen. Sie habe nach § 15 Abs. 2 SHG Anspruch auf die notwendige therapeutische Behandlung; da es sich dabei um eine Leistung Dritter im Sinne von § 16 Abs. 3 SHG handle, habe die Fürsorgebehörde in der Regel Gutsprache zu erteilen. Das auf kantonalem Recht beruhende Ermessen der Fürsorgebehörde finde seine Grenzen am übergeordneten Bundesrecht. Die Platzierung der Beschwerdeführerin stelle eine situationsbedingte Leistung dar, auf welche sie gemäss den Normen des Kindesschutzes ( Art. 307 ff. ZGB ), gestützt auf kantonale Bestimmungen über die Sozialhilfe und gemäss dem Recht auf Hilfe in Notlagen ( Art. 12 BV ) einen Anspruch habe. BGE 135 V 134 S. 140 4.3 Wie bereits in E. 3 dargelegt, ist die Rechtmässigkeit der Unterbringung im Internat B. nicht zu überprüfen. Denn im Rahmen des sozialhilferechtlichen Verfahrens ist nicht über die Begründetheit einer vormundschaftlichen Anordnung zu entscheiden. Zu prüfen ist vielmehr, wer für die Kosten der angeordneten Massnahme aufzukommen hat. Nachdem die Zuständigkeit der Beschwerdegegnerin als Fürsorgebehörde am Unterstützungswohnsitz unbestritten ist (E. 2.1), könnte höchstens gerügt werden, die Unterbringung sei aus sozialhilferechtlicher Sicht rechtsmissbräuchlich, mit der Folge, dass die Fürsorgebehörde Y. zwar nicht die Umplatzierung an sich, aber die Übernahme der (anderweitig nicht gedeckten) Kosten für diese Unterbringung ablehnen könnte. 4.4 Die Beschwerdegegnerin vermag keine Gründe vorzubringen, welche die Unterbringung der Beschwerdeführerin im Internat B. aus sozialhilferechtlicher Sicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen würden. Dass eine andere Institution dafür ebenfalls geeignet gewesen wäre, vermag daran nichts zu ändern. Auch der Vorwurf, die Umplatzierung sei nur aus finanziellen Überlegungen erfolgt, ist unbehelflich. Aus den Akten ergibt sich vielmehr, dass der Vorschlag zur Unterbringung im Internat B. vom zuvor zuständigen Heim ausgegangen ist, welches ihn einlässlich begründet hat. Die Beschwerdeführerin verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf das Sozialbehörden-Handbuch des Kantons Zürich, gemäss welchem den Fürsorgebehörden keine Entscheidungsfreiheit zusteht, wenn die Vormundschaftsbehörde in Anwendung von Bundesrecht Kindesschutzmassnahmen trifft, sondern die Fürsorgebehörde vielmehr verpflichtet ist, die Kosten dieser Massnahmen zu tragen (Kapitel 2.3, Ziff. 21.1). 4.5 An diesem Ergebnis ändert auch der Einwand der Beschwerdegegnerin nichts, das Gesuch sei verspätet im Sinne von § 19 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 SHV eingereicht worden. Denn unter den gegebenen Umständen bedurfte es keiner vorgängigen Kostengutsprache seitens der Fürsorgebehörde, da kantonale Verfahrensbestimmungen infolge der derogatorischen Kraft des Bundesrechts ( Art. 49 Abs. 1 BV ) nicht dazu führen dürfen, dass die Umsetzung oder Durchführung von Bundesrecht verhindert oder übermässig erschwert wird. Für den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass die Fürsorgebehörde Y. nicht mit dem Verweis auf die (allfällige) Verspätung der Gesuchseinreichung die Übernahme der Kosten des Internats B. verweigern kann. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin Anspruch BGE 135 V 134 S. 141 auf eine ihrer Situation angemessene Betreuung, welche unbestrittenermassen am besten im Rahmen einer stationären Unterbringung erfolgt. Welche Institution dem Kindeswohl gerecht wird, liegt, wie in E. 3 dargelegt, nicht im Ermessen der Beschwerdegegnerin. Somit hat sie als Fürsorgebehörde am Unterstützungswohnsitz für die Kosten des Internats B. aufzukommen, soweit diese nicht anderweitig (z.B. IV-Kinderrente, Beitrag der obligatorischen Krankenpflegeversicherung) gedeckt sind.
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Sachverhalt ab Seite 237 BGE 113 Ib 236 S. 237 An einem Wochenende im Jahre 1983 erlitt eine erst kurz vorher von einem Monteur der X AG reparierte Pumpe im Heizungskeller der Y AG einen Defekt, worauf grosse Mengen Heizöl in den Keller ausflossen. Über eine sich automatisch einschaltende Entwässerungspumpe gelangte das Öl in die Meteorwasserkanalisation und von dort über einen Bach in die Limmat. Die Verschmutzung dieses Flusses wurde am Sonntagmorgen entdeckt. Bis der Verursacher und die Leckstelle gefunden werden konnten, flossen gegen 4000 l Heizöl in den Bach und die Limmat, was erhebliche Verschmutzungen dieser Gewässer und ihrer Ufer zur Folge hatte. Die dem Kanton Zürich für die notwendig gewordenen Schutz- und Sanierungsmassnahmen entstandenen Kosten belaufen sich auf ca. Fr. 677'000.--. Mit Verfügung vom 10. Januar 1986 auferlegte die Direktion der öffentlichen Bauten des Kantons Zürich die Kosten der antizipierten Ersatzvornahme zu 60% der X AG und zu 40% der Y AG. Beide Adressaten fochten diese Verfügung beim Regierungsrat des Kantons Zürich an, welcher beide Rekurse mit Entscheid vom 1. Oktober 1986 abwies. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. b) Der Regierungsrat kommt in der angefochtenen Verfügung wie bereits die Direktion der öffentlichen Bauten zum Schluss, als Verursacher des Ölunfalles kämen nur die Y AG und die X AG in Frage. Demgemäss verteilte er die Kosten der antizipierten Ersatzvornahme auch nur auf diese beiden Firmen. Dieses Vorgehen rügt die Y AG in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Nach ihrer Auffassung müssen ausserdem die Gemeinde S. als Aufsichtsbehörde bezüglich der Bauten und der Kanalisation, der BGE 113 Ib 236 S. 238 Kanton Zürich als Aufsichtsbehörde über die Tankanlagen sowie die Tankrevisionsfirmen als Kontrollbeauftragte mit in die Verantwortung einbezogen werden. Diese Mitverursacher seien zu Unrecht nicht in die Kostentragungspflicht einbezogen worden. Wäre dies geschehen, so hätte sie selbst höchstens 20%, eventuell überhaupt keine Kosten zu übernehmen. Das Bauamt der Gemeinde S., das Gewässerschutzamt des Kantons Zürich und eventuell mehrere Tankreviseure hätten als Genehmigungs- und Kontrollinstanzen seit langem bestehende Vorschriftswidrigkeiten der Tankanlage übersehen und toleriert. Sie hätten die Bedingungen einer möglichen Gewässerverschmutzung bestehen lassen und seien daher an der Verursachung der in der Folge tatsächlich eingetretenen Gewässerverunreinigung als Verhaltensstörer mitverantwortlich. Die Y AG habe, nachdem sie alles gemacht habe, was die Aufsichtsbehörden verlangt hätten, der Überzeugung sein dürfen, über eine in jeder Hinsicht vorschriftsgemässe Tankanlage zu verfügen. Sie komme deshalb nur als (schuldlose) Zustandsstörerin in Betracht. Falls die genannten weiteren Mitverursacher nicht in die Kostentragungspflicht einbezogen würden, hält die Y AG dafür, dass die X AG, deren Verhaltensstörung als Ursache im Vordergrund stehe, weit höher als zu 60% zur Kostentragung herangezogen werden müsse. aa) Zur Verantwortung der Tankreviseure Nach Auffassung der Y AG hätten die Reviseure die Anlagen bezüglich ihrer Vereinbarkeit mit den Technischen Tankvorschriften vom 27. Dezember 1967 (TTV, SR 814.226.211) inspizieren und die diesen Vorschriften nicht entsprechenden Tatsachen der zuständigen Behörde melden müssen. Nach Art. 1 der Verordnung über den Schutz der Gewässer vor wassergefährdenden Flüssigkeiten vom 28. September 1981 (VWF, SR 814.226.21) gilt dieser Erlass unter anderem auch für Anlagen für das Lagern wassergefährdender Flüssigkeiten (lit. a) sowie für Umschlagplätze für wassergefährdende Flüssigkeiten (lit. b). Der Geltungsbereich erstreckt sich somit nicht auf den Brenner und die im Brenner eingebauten Förderpumpen. Die Ausrüstung des Tankreviseurs wäre hiefür nach Auffassung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) auch gar nicht geeignet (vgl. dazu Art. 47 lit. c VWF). Die genannte Verordnung, deren Art. 12 Abs. 1 die Grundlage für die TTV bildet, gilt auch nicht für Abwasseranlagen BGE 113 Ib 236 S. 239 (Art. 1 Abs. 2 lit. h VWF). Der Reviseur hat nach den Darlegungen des EDI im Revisionsrapport zwar den Bodenablauf im Heizraum zu vermerken, weitere diesbezügliche Aufgaben kommen ihm aber nicht zu. Die automatische Lenzpumpe, welche den Unfall mitverursacht hat, befand sich aber nicht im Heizkeller, sondern im von diesem durch eine 15 cm hohe Schwelle abgetrennten Energiekanal. Diese Pumpe liegt, wie die Y AG selbst ausführt, "weit von der schadhaft gewordenen Pumpe entfernt und hat überhaupt keinerlei technische oder funktionelle Beziehung zur Ölzuleitung vom Aussenlager zum Heizkessel (Distanz 26 m)". Sie liegt somit klar ausserhalb des Verantwortungsbereichs des Tankreviseurs. Die Y AG bezeichnet als Tankreviseur nur die Z AG. Weitere Revisionsfirmen sind nicht bekannt, und es finden sich in den Akten auch keine Anhaltspunkte darüber. Die Z AG hat am 25./26. Mai 1981 und am 20./21. Juli 1981 Revisionsarbeiten für die Y AG durchgeführt. Damals galt noch die VWF vom 19. Juni 1972 (AS 1972, 986 ff.). Die VWF vom 28. September 1981 trat erst am 1. November 1981 in Kraft. Kanalisationen und Sickerwasserlenzpumpen gehörten auch nach der VWF 1972 nicht zu den von dieser und den TTV geregelten Anlagen (vgl. Art. 1 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 1 lit. a VWF 1972). bb) Zur Verantwortung der Gewässerschutzbehörde Nicht viel anders liegen die Dinge in bezug auf das Amt für Gewässerschutz und Wasserbau des Kantons Zürich. Dieses Amt hat am 1. November 1982 bestätigt, dass die Stehtankanlage bezüglich Leckerkennung bei den Tanks, Dichte der Auffangbassins, Füllsicherungssystem und Umschlagplatz aufgrund der ausgeführten Sanierungsarbeiten und der entsprechenden Detailprüfungen in allen Belangen den Gewässerschutzvorschriften entspricht. Gleichzeitig hat es den Revisionsturnus von 5 auf 10 Jahre erhöht. Diese Amtshandlung ist nicht zu beanstanden, ist doch an der Tankanlage auch heute noch nichts auszusetzen. Die genannte Bestätigung erfolgte im Zusammenhang mit der Anpassung einer Altanlage nach Art. 57 VWF. Sie bezog sich deshalb nur auf die Vorschriften der VWF und der TTV, welche nicht verletzt worden sind. Die in Art. 13 f. Gewässerschutzgesetz (GSchG) genannten Pflichten treffen bezogen auf den vorliegenden Fall in erster Linie den Monteur der X AG sowie den Eigentümer der Einrichtungen und Anlagen, welche eine Gewässerverunreinigung bewirken können. BGE 113 Ib 236 S. 240 Die Kontrollmassnahmen gemäss Art. 6 GSchG können zwar in gewissen Fällen zur Entlastung der Zustandsstörer beitragen, aber dies ist nicht ihr Zweck, wie es die Y AG anzunehmen scheint. Neben der X AG hat vor allem sie durch die unsachgemäss installierte Lenzpumpe (automatische Einschaltung und Anbringung der Warnautomatik am falschen Ort) den Ölunfall verursacht. Diese Wasserpumpe stellt, wie vorn festgestellt (E. 4b/aa), keine durch die VWF 1981 und die TTV geregelte Anlage dar. Gleich verhält es sich mit dem Meteorwasserkanal. Das Amt für Gewässerschutz und Wasserbau war demnach grundsätzlich nicht verpflichtet, diese Abwasseranlagen bei der Abnahme der sanierten Tankanlage und der zugehörigen Rohrleitungen zu überprüfen. Die unsachgemäss angebrachte Pumpen- und Warnautomatik bewirkten aber letztlich, ausgelöst durch das wegen des Montagefehlers an der Ölpumpe ausgeflossene Öl, die Gewässerverunreinigung. Die Kontrollpflicht des Amtes für Gewässerschutz und Wasserbau steht damit in keinem Zusammenhang. cc) Verantwortung des Bauamtes der Gemeinde S. Die Baukommission der Gemeinde S. bewilligte am 12. November 1968 eine Abwasserleitung samt Pumpe im Energiekanal des Kesselhauses. Diese Bewilligung beruhte aber auf der Annahme, das durch die Pumpe geförderte Wasser werde über die damals bestehende Mischwasserkanalisation abgeleitet. Wäre diese Pumpe 1983 immer noch an eine solche Mischwasser- und nicht an eine Meteorwasserleitung angeschlossen gewesen, so hätte keine Gewässerverschmutzung erfolgen können. Die Umhängung der Entwässerungspumpe an die Reinwasserleitung erfolgte 1973. Darüber gibt es allerdings keine Unterlagen. Jedenfalls besteht keine Bewilligung zum Anschluss an die Meteorwasserleitung, wie dies Art. 13 der Verordnung über die Wasseranlagen der Gemeinde vom 30. Juni 1967 vorschreibt. Zudem wäre, wie der Regierungsrat zutreffend ausführt, für diese Art der Entsorgung gemäss Art. 18 Abs. 1 GSchG eine Bewilligung des Kantons erforderlich gewesen. Auch eine solche wurde nicht eingeholt. Ebenso fehlt eine Bewilligung für die Pumpe zur automatischen Entwässerung des Energiekanals. Bei dieser Pumpe wurde zudem der Alarmfühler so angebracht, dass ein Alarm erst ausgelöst worden wäre, wenn die Anlage völlig in der Flüssigkeit untergetaucht wäre. Diese automatische Pumpe muss mit dem so montierten Alarmfühler und der BGE 113 Ib 236 S. 241 direkten Ableitung in den Bach im Blick auf das hohe Gefährdungspotential des mit dem Heizraum verbundenen Energiekanals als Werkmangel betrachtet werden. Die Y AG erklärt, es sei unglaubwürdig, dass sie die umfangreiche und aufwendige Umstellung der Entwässerung des Energiekanals vom Misch- zum Trennsystem, die ihr zudem keinen Vorteil gebracht habe, unaufgefordert und ohne detaillierte Genehmigung von sich aus unternommen habe. Ebenso unglaubwürdig sei, dass das Bauamt, welches diese Umstellung in der ganzen Gemeinde veranlasst habe, sie, die Y AG, vergessen habe. Sie müsse von der Gemeinde aufgefordert worden sein, die nötigen Anpassungsmassnahmen vorzuschlagen und durchzuführen. Dies ist indessen nicht bewiesen. Die Akten liefern keinerlei Anhaltspunkte dafür. Aber selbst wenn die Gemeinde eine solche Aufforderung an die Y AG gerichtet hätte, was wahrscheinlich ist, so kann nicht angenommen werden, dass sie die Entwässerung in den Meteorwasserkanal mit automatischer Pumpe und unsachgemäss angebrachtem Warnsystem verlangt und bewilligt hatte. Die Hauptursache des Ölunfalles, soweit ihn die Y AG zu verantworten hat, liegt aber gerade in dieser Pumpen- und Alarmautomatik begründet. Der Regierungsrat hat somit zu Recht verneint, dass das Bauamt der Gemeinde S. eine Mitverantwortung am Ölunfall trägt. dd) Diese Erörterungen führen zum Ergebnis, dass der Regierungsrat in zutreffender Weise nur die X AG sowie die Y AG als Störerinnen zur Tragung der Kosten der antizipierten Ersatzvornahme herangezogen hat.
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Erwägungen ab Seite 1 BGE 126 V 1 S. 1 Aus den Erwägungen: 2. In BGE 125 V 245 hat das Eidg. Versicherungsgericht dargelegt, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften nicht auf Pflegekindverhältnisse ausdehnen wollte und der Anspruch grundsätzlich davon abhängig ist, dass der Versicherte über eines oder mehrere Kinder die elterliche Gewalt im Sinne von Art. 296 ff. ZGB ausgeübt hat. Nach diesen Bestimmungen haben Pflegeeltern keine elterliche Gewalt, sondern lediglich die Befugnis, die leiblichen Eltern in der elterlichen Gewalt zu BGE 126 V 1 S. 2 vertreten, soweit es zur gehörigen Erfüllung ihrer Aufgaben angezeigt ist ( Art. 300 Abs. 1 ZGB ). Eine Ausnahme von der Voraussetzung der elterlichen Gewalt sieht das AHVG lediglich insofern vor, als der Bundesrat Vorschriften über die Anrechnung von Erziehungsgutschriften u.a. für den Fall erlassen kann, dass Eltern Kinder unter ihrer Obhut haben, ohne die elterliche Gewalt über sie auszuüben ( Art. 29sexies Abs. 1 lit. a AHVG ). Die vom Bundesrat gestützt hierauf erlassene Bestimmung von Art. 52e AHVV beschränkt sich darauf, einen Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften auch für Jahre vorzusehen, in denen Eltern Kinder in ihrer Obhut hatten, ohne dass ihnen die elterliche Gewalt zustand. Geregelt wird damit der Fall, dass den leiblichen Eltern, Stief- oder Adoptiveltern die elterliche Gewalt entzogen wurde, die Kinder jedoch einem Elternteil zur Pflege und Erziehung überlassen werden ( Art. 311 ff. ZGB ; vgl. hiezu BGE 112 II 21 Erw. 5). 3. a) Gesetz und Verordnung enthalten keine Bestimmung darüber, wie es sich hinsichtlich des Anspruchs auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften verhält, wenn ein Kind nach Art. 368 Abs. 1 ZGB bevormundet ist und faktisch unter der Obhut eines Vormundes oder einer Vormundin lebt. Nach Auffassung der Vorinstanz liegt diesbezüglich eine Lücke im Gesetz vor. Die Beschwerdeführerin bestreitet das Vorliegen einer Gesetzeslücke und macht geltend, sie habe als Vormundin seit dem 10. Mai 1968 im Sinne von Art. 29sexies AHVG die elterliche Gewalt über das Kind ausgeübt. Aus dem Gesetz ergäben sich keine Hinweise, dass nur leibliche Kinder einen Anspruch auf Erziehungsgutschriften zu begründen vermöchten. b) Gemäss Art. 29sexies Abs. 1 AHVG werden den Versicherten Erziehungsgutschriften für Jahre angerechnet, in welchen sie die elterliche Gewalt über eines oder mehrere Kinder ausgeübt haben, die das 16. Altersjahr noch nicht erreicht haben. Der Begriff der elterlichen Gewalt ist im Sinne von Art. 296 ff. ZGB zu verstehen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes und den Materialien beruht der Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften grundsätzlich auf einem Kindesverhältnis im Sinne von Art. 252 ff. ZGB . Anspruchsberechtigt sind daher nicht nur die leiblichen Eltern, sondern auch Adoptiveltern, nicht dagegen die Pflegeeltern ( BGE 125 V 246 Erw. 2a). Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Meinung folgt aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht, dass ein Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften auch dann besteht, wenn ein Kind in der Obhut (Pflege und Erziehung) eines Vormundes steht. BGE 126 V 1 S. 3 Anderseits schliesst das Gesetz einen solchen Anspruch auch nicht aus. Zwar knüpft Art. 29sexies Abs. 1 AHVG an ein Kindesverhältnis an, setzt ein solches jedoch nicht ausdrücklich voraus. Massgebendes Abgrenzungskriterium bildet die elterliche Gewalt. Unter diesem Gesichtspunkt ist aber nicht von vornherein auszuschliessen, dass ein Anspruch auf Erziehungsgutschriften auch dann gegeben ist, wenn das nach Art. 368 Abs. 1 ZGB bevormundete Kind in der Obhut eines Vormundes steht, welchem nach Art. 405 Abs. 2 ZGB , unter Vorbehalt der Mitwirkung der Vormundschaftsbehörde, die gleichen Rechte zustehen wie den Eltern. Es liegt diesbezüglich auch kein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vor, wie es für den Anspruch auf Erziehungsgutschriften bei Pflegeverhältnissen anzunehmen ist ( BGE 125 V 248 Erw. 3). 4. a) Nach Auffassung der Vorinstanz lässt es der klare Wille des Gesetzgebers nicht zu, der Beschwerdeführerin, welche nicht die elterliche Gewalt über ihren Neffen innegehabt und zudem ein Kostgeld erhalten habe, Erziehungsgutschriften anzurechnen. Das Bundesamt für Sozialversicherung hält dem zu Recht entgegen, dass - im Gegensatz zu den Pflegeeltern, welche lediglich die Befugnis haben, die Eltern in der elterlichen Gewalt zu vertreten, soweit es zur gehörigen Erfüllung ihrer Aufgaben angezeigt ist ( Art. 300 Abs. 1 ZGB ) - dem Vormund bei Unmündigkeit des Bevormundeten grundsätzlich die gleichen Rechte wie den Eltern zustehen, unter Vorbehalt der Mitwirkung der vormundschaftlichen Behörden ( Art. 405 Abs. 2 ZGB ). Aus Sinn und Zweck dieser Bestimmung ergibt sich, dass die Vormundschaft die elterliche Gewalt ersetzt und der Vormund (als Elternersatz) auch für den Aufgabenbereich der Eltern einzustehen hat, soweit dieser nicht unmittelbar von einer besonderen Beziehungsnähe oder dem rechtlichen Kindesverhältnis abhängig ist (AFFOLTER, in: Kommentar zum schweiz. Privatrecht, N 4 zu Art. 405 ZGB ). Der Vormund hat zwar nicht die elterliche Gewalt, verfügt jedoch über Befugnisse, welche der elterlichen Gewalt gleichkommen. Er übt diese nicht bloss vertretungsweise, sondern grundsätzlich selbstständig aus, weil die elterliche Gewalt den leiblichen Eltern entzogen worden ist oder aus anderen Gründen (insbesondere wegen des Todes) nicht mehr ausgeübt werden kann. Lebt das Kind - wie im vorliegenden Fall - auch faktisch in der Obhut des Vormundes, so verhält es sich nicht wesentlich anders, als wenn das Kind unter der elterlichen Gewalt der leiblichen Eltern oder eines Elternteils als alleinigen Inhabers der elterlichen Gewalt steht. Anderseits besteht gegenüber BGE 126 V 1 S. 4 einem einfachen Pflegekindverhältnis insofern ein wesentlicher Unterschied, als der Vormund die Rechte und Pflichten des Kindes grundsätzlich selbstständig und nicht wie die Pflegeeltern neben dem Inhaber oder den Inhabern der elterlichen Gewalt (oder einem Vormund) wahrnimmt. Damit entfällt auch die Gefahr eines doppelten Anspruchs auf Erziehungsgutschriften, wie sie der Gesetzgeber mit dem Ausschluss der Pflegekindverhältnisse von der Anspruchsberechtigung verhindern wollte (Amtl. Bull. 1994 S 550). Insgesamt rechtfertigt es sich daher, den Vormund, welcher ein unmündiges Kind in seiner persönlichen Obhut hat, dem Inhaber der elterlichen Gewalt im Sinne von Art. 29sexies Abs. 1 AHVG gleichzustellen. Dementsprechend ist sein Anspruch auf Erziehungsgutschriften zu bejahen, so lange das nach Art. 368 Abs. 1 ZGB bevormundete Kind in seiner Obhut gelebt hat. b) Nach dem Gesagten hat die Beschwerdeführerin für die Jahre ab 1969 ( Art. 52f AHVV ) Anspruch auf Erziehungsgutschriften nach Art. 29sexies AHVG . Hieran ändert nichts, dass die Beschwerdeführerin vom leiblichen Vater des Kindes vorübergehend ein Kostgeld bezogen hat. So werden auch bei geschiedenen Frauen Erziehungsgutschriften unabhängig davon angerechnet, ob und gegebenenfalls inwieweit der geschiedene Mann zu Unterhaltsbeiträgen verpflichtet war.
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Sachverhalt ab Seite 42 BGE 130 III 42 S. 42 Am 29. September 1988 wurde der Konkurs über Z. eröffnet. Am 22. August 1990 wurde das vom Konkursamt Basel-Stadt durchgeführte Verfahren geschlossen. Im März 2003 gelangte Z. an das Konkursamt mit dem Begehren um Akteneinsicht. Am 7. März 2003 beanstandete sie mit Beschwerde, dass sie vom Konkursamt für die Akteneinsicht auf später vertröstet worden sei. Die Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt wies die Beschwerde mit Urteil vom 27. Juli 2003 ab. Z. hat das Urteil der Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 12. September 2003 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und BGE 130 III 42 S. 43 Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass das Akteneinsichtsrecht in das Verfahren über ihren eigenen Konkurs weiterhin bestehe. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.2 Das Recht Dritter, in die Protokolle und Register der Betreibungs- und Konkursämter einzusehen und sich Auszüge daraus geben zu lassen, erlischt fünf Jahre nach Abschluss des Verfahrens ( Art. 8a Abs. 4 SchKG ). Von dieser Regel sind die einstigen Parteien des Zwangsvollstreckungsverfahrens ausgenommen. Hier wird nach der Rechtsprechung das - ein ausgewiesenes Interesse voraussetzende - Einsichtsrecht durch die Dauer der amtlichen Pflicht zur Aufbewahrung der Akten begrenzt ( BGE 110 III 49 E. 4 S. 51). Hat das Betreibungs- oder Konkursamt auch nach Ablauf dieser Fristen die Akten noch nicht vernichtet, so ist es ihm nicht verwehrt, auch dann noch Einsichtnahme zu gewähren, allerdings ohne dass der Gesuchsteller einen Anspruch geltend machen kann ( BGE 99 III 41 E. 3 S. 45). Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen diese von der Aufsichtsbehörde angewendete Regel, wonach kein Anspruch auf Einsicht in die vernichtbaren, aber nicht vernichteten Akten des eigenen Konkurses bestehe. 3.2.1 Die erwähnte Rechtsprechung ist insoweit zu überdenken, als damit ein Anspruch auf Akteneinsicht einstiger Parteien des Zwangsvollstreckungsverfahrens nach Ablauf der amtlichen Aufbewahrungsfrist verneint wird. In der Literatur wird die entsprechende Verbindung von Aufbewahrungsfrist und Einsichtsrecht nicht begründet, wohl aber bestätigt (JAMES T. PETER, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 31 zu Art. 8a SchKG ; PIERRE-ROBERT GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 59 zu Art. 8a SchKG ). Art. 8a Abs. 1 SchKG verankert indessen das Recht, bei vorhandenem Auskunftsinteresse die Protokolle und Register der Betreibungs- und Konkursämter einzusehen und sich Auszüge daraus geben zu lassen. Das Gesetz spricht einzig vom Erlöschen des Einsichtsrechts Dritter (fünf Jahre nach Abschluss des Verfahrens); BGE 130 III 42 S. 44 eine zeitliche Begrenzung des Einsichtsrechts des Schuldners lässt sich dem Wortlaut von Art. 8a Abs. 4 SchKG nicht entnehmen. Im Rahmen der SchKG-Revision beschränkte sich der Bundesrat auf einen Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung, indem er in der Botschaft ausführte, das Einsichtsrecht für die einstigen Parteien des Zwangsvollstreckungsverfahrens werde zeitlich durch die amtlichen Aufbewahrungsfristen begrenzt (BBl 1991 III 33). Das Parlament konzentrierte sich auf die Regelung des Einsichtsrechts Dritter, währenddem dasjenige des Schuldners nicht weiter Anlass zur Beratung gab. Demnach hindern weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte daran, Art. 8a SchKG betreffend das Einsichtsrecht des Schuldners im Einklang mit der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung auszulegen (vgl. BGE 128 V 20 E. 3a S. 24). Nach der Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 2 BV kann eine umfassende Wahrung der Rechte gebieten, dass ein Betroffener Akten eines abgeschlossenen Verfahrens einsehe, wobei dieser Anspruch davon abhängig ist, dass der Rechtsuchende ein besonderes schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen kann; zudem findet das Akteneinsichtsrecht seine Grenzen an überwiegenden öffentlichen Interessen des Staates oder an berechtigten Interessen Dritter ( BGE 129 I 249 E. 3 S. 253). Betrachtet man Art. 8a Abs. 1 und 4 SchKG unter diesem Gesichtswinkel, erscheint es nicht gerechtfertigt, der Beschwerdeführerin als Gemeinschuldnerin das Recht auf Einsicht in die Akten des erledigten eigenen Konkurses mit dem blossen Argument des Ablaufs der amtlichen Aufbewahrungsfrist bzw. der Vernichtbarkeit der Akten zu verweigern. Vielmehr ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin ein schutzwürdiges Interesse an der Einsicht in die wohl vernichtbaren, aber vorhandenen Akten hat und (gegebenenfalls) andere Interessen einer Einsicht entgegenstehen. 3.2.2 Die Aufsichtsbehörde hat erwogen, dass allfällige Schadenersatzansprüche nach Art. 6 SchKG verjährt seien und mit Beschluss vom 24. März 2003 der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt festgestellt worden sei, die von der Beschwerdeführerin gegen das Konkursamt zur Anzeige gebrachten und behaupteten Straftaten seien spätestens am 22. August 2000 verjährt, weshalb das Strafverfahren eingestellt worden sei; ein Interesse der Beschwerdeführerin an der Einsicht in die Konkursakten sei nicht ersichtlich. Die Rechtsprechung hat indessen in der Absicht, ein Verfahren zur Erlangung eines Ausgleichs - z.B. im Sinne von Schadenersatz - anzustrengen, ein schutzwürdiges Interesse für die Akteneinsicht BGE 130 III 42 S. 45 erblickt ( BGE 129 I 249 E. 5.2 S. 259; vgl. BGE 58 III 118 S. 120). Entgegen der vorinstanzlichen Ansicht ist es grundsätzlich nicht Sache der Behörden, anstelle des Betroffenen über den allenfalls einzuschlagenden Weg und die Erfolgschancen zu befinden und die Akteneinsicht davon abhängig zu machen. Die Aufsichtsbehörde hat demnach der Beschwerdeführerin, die offenbar einen Prozess gegen das Konkursamt bzw. den Kanton anstrengt, zu Unrecht ein schutzwürdiges Interesse an der Akteneinsicht abgesprochen. Im Weiteren werden im angefochtenen Urteil keine öffentlichen Interessen des Staates oder Interessen Dritter genannt, welche einer Einsichtnahme der Beschwerdeführerin in die Akten ihres Konkurses entgegenstehen würden. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Beschwerde als begründet, was zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt, und es bleibt festzustellen, dass die Beschwerdeführerin das Recht hat, beim Konkursamt Einsicht in die vernichtbaren Akten des erledigten Konkurses zu nehmen, solange diese noch vorhanden sind.
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Sachverhalt ab Seite 177 BGE 140 IV 177 S. 177 A. X. fuhr am 19. April 2012 auf dem Gemeindegebiet von Wettingen mit einem Personenwagen auf dem Normalstreifen der Autobahn A1 in Richtung Bern. Ihm wird vorgeworfen, einen auf dem ersten Überholstreifen fahrenden Personenwagen rechts überholt zu haben. B. Die Staatsanwaltschaft Baden sprach X. mit Strafbefehl vom 15. Mai 2012 der groben Verletzung der Verkehrsregeln (durch BGE 140 IV 177 S. 178 unerlaubtes Rechtsüberholen auf der Autobahn) schuldig. Sie bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 260.- bei einer Probezeit von 2 Jahren und auferlegte ihm eine Busse von Fr. 1'000.-. X. erhob gegen diesen Strafbefehl Einsprache. C. Das Bezirksgericht Baden bestätigte am 26. Februar 2013 den Schuldspruch, die Anzahl Tagessätze und die Busse. Es reduzierte die Tagessatzhöhe auf Fr. 250.-. Die Berufung von X. wies das Obergericht des Kantons Aargau am 1. April 2014 ab. D. X. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Kantonspolizistin A. habe anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung als Zeugin ausgesagt, ohne von der vorgesetzten Behörde gemäss Art. 170 Abs. 3 StPO vom Amtsgeheimnis entbunden worden zu sein. Zeugenaussagen, welche entgegen den in Art. 170 Abs. 1 und 2 StPO statuierten Ermächtigungsvoraussetzungen ergangen seien, seien rechtswidrig und unterlägen dem strikten Verwertungsverbot von Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO . Die Vorinstanz stütze sich auf die Aussagen der Zeugin A., womit sie Art. 141 Abs. 1 StPO verletze. 2. Die Vorinstanz erwägt, Beamte dürften über Tatsachen, die dem Amtsgeheimnis unterliegen, nur aussagen, wenn sie von ihrer vorgesetzten Behörde zur Aussage schriftlich ermächtigt worden seien. Keiner Ermächtigung durch die vorgesetzte Behörde bedürfe es, wenn gesetzliche Informationsrechte oder Meldepflichten oder eine Verpflichtung zur Leistung von Amts- oder Rechtshilfe bestehe. Das Amtsgeheimnis gelte nicht gegenüber den mit der gleichen Angelegenheit in unterschiedlichen Funktionen befassten Behörden. So könne sich insbesondere die Polizei gegenüber Staatsanwaltschaften und Gerichten nicht auf das Amtsgeheimnis berufen, wenn sie im Rahmen einer Strafuntersuchung Amtshandlungen vorgenommen habe. Sofern rapportiert worden sei, habe die Polizei den Strafbehörden grundsätzlich alle Unterlagen zugänglich zu machen, soweit diese mit der konkreten Strafuntersuchung in beweismässiger Beziehung stünden. Die Aussage der Zeugin A. gegenüber der ersten Instanz sei im Rahmen der Strafuntersuchung erfolgt. Ihre Aussagen dürften auch ohne schriftliche Ermächtigung der vorgesetzten BGE 140 IV 177 S. 179 Behörde als Beweismittel verwertet werden (Entscheid mit Verweis auf NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, N. 768). 3. Beamtinnen und Beamte im Sinne von Art. 110 Abs. 3 StGB sowie Mitglieder von Behörden können das Zeugnis über Geheimnisse verweigern, die ihnen in ihrer amtlichen Eigenschaft anvertraut worden sind oder die sie bei der Ausübung ihres Amtes wahrgenommen haben ( Art. 170 Abs. 1 StPO ). Sie haben auszusagen, wenn sie von ihrer vorgesetzten Behörde zur Aussage schriftlich ermächtigt worden sind ( Art. 170 Abs. 2 StPO ). Die vorgesetzte Behörde erteilt die Ermächtigung zur Aussage, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung das Geheimhaltungsinteresse überwiegt ( Art. 170 Abs. 3 StPO ). Grundlage des Zeugnisverweigerungsrechts von Art. 170 Abs. 1 StPO , im Grunde genommen einer Zeugnisverweigerungspflicht, sind die Strafnorm von Art. 320 StGB sowie das im einschlägigen Verwaltungs- beziehungsweise Personalrecht statuierte Amtsgeheimnis von Behördenmitgliedern respektive Angestellten von Bund, Kantonen und Gemeinden (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 170 StPO ). 3.1 Der Entwurf zur Schweizerischen Strafprozessordnung sah vor, dass Beamte nicht nur aufgrund einer Ermächtigung durch die vorgesetzte Behörde, sondern auch auszusagen haben, wenn sie einer Anzeigepflicht unterliegen (Art. 167 Abs. 2 lit. a des Entwurfs vom 21. Dezember 2005 zu einer Schweizerischen Strafprozessordnung [E-StPO; BBl 2006 1438]). Diese Bestimmung wurde vom Parlament gestrichen mit der Begründung, es gehe um eine kleine Anzahl Fälle und die Entbindungspflicht dürfe nicht durch die Anzeigepflicht umgangen werden (AB 2006 S 1018). Die spiegelbildliche Bestimmung des Art. 171 Abs. 2 lit. a StPO , welche sich auf Träger eines Berufsgeheimnisses bezieht, wurde hingegen beibehalten. 3.2 Ein Teil der Lehre geht davon aus, auch mit der geltenden Fassung bedürfe die Strafbehörde keiner Ermächtigung zur Aussage, falls es sich bei deren Inhalt um Tatsachen handle, welche eine Anzeigepflicht gemäss Art. 302 StPO begründen (ANDREAS DONATSCH, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/ Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 12 zu Art. 170 StPO ; OBERHOLZER, a.a.O., N. 768; JEANNERET/KUHN, Précis de procédure pénale, 2013, N. 12033 mit Hinweisen; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, CPP, Code de procédure pénale, 2013, N. 8 zu Art. 170 StPO ). Das BGE 140 IV 177 S. 180 Amtsgeheimnis wirke deshalb nicht zwischen Beamten, die aufgrund der gemeinsamen Zielsetzungen notwendigerweise zusammenarbeiten, um eine bestimmte staatliche Aufgabe zu erfüllen, wie es etwa unter Strafverfolgungsbehörden der Fall sei (STEFAN HEIMGARTNER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 12 zu Art. 264 StPO ; OBERHOLZER, a.a.O., N. 768; JEANNERET/KUHN, a.a.O., N. 12033; vgl. PIQUEREZ/MACALUSO, Procédure pénale suisse, 3. Aufl. 2011, N. 1062; HANS SCHULZ, Der Beamte als Zeuge im Strafverfahren, ZBl 86/1985 S. 187; FRANZ-MARTIN SPILLMANN, Begriff und Unrechtstatbestand der Verletzung der Amtsgeheimnisse nach Artikel 320 des Strafgesetzbuches, 1984, S. 270). Andere Autoren vertreten hingegen die Auffassung, dass mit der Streichung von Art. 167 Abs. 2 lit. a E-StPO auch Polizisten, welche über die Feststellungen an einem Tatort als Zeuge aussagen, einer Ermächtigung durch die vorgesetzte Behörde bedürfen. Jedoch sei kaum vorstellbar, dass die vorgesetzte Behörde die Einwilligung verweigern könnte. Insofern handle es sich um einen administrativen Leerlauf (SCHMID, a.a.O., N. 3 zu Art. 170 StPO ; derselbe , Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, N. 891; VEST/HORBER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 9 zu Art. 170 StPO ). 3.3 Die Beweggründe des Gesetzgebers, Art. 167 Abs. 2 lit. a E-StPO zu streichen, sind nicht nachvollziehbar (vgl. dazu VEST/HORBER, a.a.O., N. 9 zu Art. 170 StPO ). Einerseits wurde die gleichlautende Bestimmung des Art. 171 Abs. 2 lit. a StPO , welche sich auf Träger eines Berufsgeheimnisses bezieht, beibehalten. Andererseits besteht in der Lehre in Bezug auf Art. 320 StGB Einigkeit darüber, dass keine Einwilligung durch die vorgesetzte Behörde erforderlich ist und somit keine Amtsgeheimnisverletzung vorliegt, sofern gesetzliche Offenbarungs-, Anzeige- oder Meldepflichten bestehen. Deren Vorrang verstehe sich nach Art. 14 StGB von selbst (STRATENWERTH/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen, 7. Aufl. 2013, § 61 N. 11; NADINE HAGENSTEIN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 35 zu Art. 302 StPO ; TRECHSEL/VEST, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, Trechsel/Pieth [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 11 zu Art. 320 StGB ; NIKLAUS OBERHOLZER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2013, N. 14 zu Art. 320 StGB ; BGE 140 IV 177 S. 181 BERNARD CORBOZ, Les infractions en droit suisse, Bd. II, 3. Aufl. 2010, N. 42 f. zu Art. 320 StGB ). Es kann nicht die Meinung des Gesetzgebers gewesen sein, die Frage, ob eine Entbindung vom Amtsgeheimnis erforderlich ist oder nicht, im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung unterschiedlich zu regeln und damit eine Diskrepanz zwischen den beiden Erlassen zu schaffen. Vielmehr muss in Bezug auf Art. 170 StPO gelten, was auch für Art. 320 StGB gilt, nämlich dass keine Ermächtigung der vorgesetzten Behörde erforderlich ist, wenn ein Polizist im Zuge des Strafverfahrens Aussagen über Feststellungen am Tatort macht, sofern er diesbezüglich einer Anzeigepflicht unterliegt. Das Amtsgeheimnis gilt nicht zwischen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten, welche mit der gleichen Angelegenheit befasst sind. Eine Ermächtigung ist hingegen erforderlich für Aussagen über Tatsachen, die ausserhalb der Anzeigepflicht liegen, oder für Personen, welche keiner Anzeigepflicht unterstehen (vgl. Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1201 Ziff. 2.4.3.2; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, a.a.O., N. 8 zu Art. 170 StPO ). 3.4 Die Zeugin A. wurde anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zum Rechtsüberholmanöver des Beschwerdeführers am 19. April 2012 auf der Autobahn A1 befragt. Als Kantonspolizistin trifft sie in Bezug auf diesen Vorgang eine Anzeigepflicht ( Art. 302 Abs. 1 StPO in Verbindung mit Art. 12 lit. a StPO ), weshalb für die Zeugenaussage im Rahmen des Strafverfahrens keine Ermächtigung durch die vorgesetzte Behörde erforderlich war. Eine Verletzung von Bundesrecht ist nicht ersichtlich. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.
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Sachverhalt ab Seite 12 BGE 116 Ib 11 S. 12 Am 29. November 1972 genehmigte das Eidgenössische Departement des Innern das Ausführungsprojekt für die Nationalstrasse SN 1.4.4 (Teilstrecke Schöneichstrasse-AMAG) auf dem Gebiet der Stadt Zürich. Der Kanton Zürich leitete hierauf das Enteignungsverfahren für den Erwerb der für den Strassenbau benötigten Rechte ein. Beansprucht wurde längs der Überlandstrasse unter anderem der 10 m tiefe Vorgarten des Grundstücks Kat.- Nr. 2762, auf welchem ein Mehrfamilienhaus (Überlandstrasse Nr. 99) steht. Das Wohnhaus grenzt heute - nach dem Bau der Nationalstrasse - seitlich unmittelbar an das Trottoir der verlegten Überlandstrasse an, welche ihrerseits längs der fünfspurigen Nationalstrasse verläuft. An der Einigungsverhandlung vom 14. März 1974 erklärte sich der Eigentümer der Parzelle Nr. 2762, K. P., mit der vorzeitigen Inbesitznahme des zu enteignenden Bodens einverstanden. Zudem wurde vereinbart, dass über die vom Enteigneten verlangte Entschädigung für Lärm erst nach Inbetriebnahme der Nationalstrasse befunden werden solle. In einem zusätzlichen Teilvergleich vom 25. April 1975 setzten die Parteien die für die Landabtretung geschuldete Entschädigung auf Fr. 450.--/m2 fest und behielten die Zusprechung einer Minderwertsentschädigung für Immissionen weiterhin einem späteren Entscheid vor. Im Zusammenhang mit dem Nationalstrassenbau erarbeitete die Stadt Zürich ein Immissionsschutzprojekt für die Überlandstrasse bzw. die SN 1.4.4. Der Regierungsrat des Kantons Zürich stimmte dem Projekt, das die Finanzierung der durch die Nationalstrasse bedingten Schutzmassnahmen durch den Kanton BGE 116 Ib 11 S. 13 vorsah, am 20. Dezember 1978 zu. Gestützt auf dieses Projekt übernahm der Kanton Zürich die Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern am Hause Überlandstrasse Nr. 99 und leistete K. P., der auf die Erstellung einer Lärmschutzwand längs seines Grundstücks verzichtet hatte, zusätzlich für die Aussenrenovation des Hauses einen Beitrag von Fr. 40'000.--. Auf Anfrage des Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 10, bestätigte K. P. im November 1985, dass er an der Minderwertsforderung festhalte. Der Enteignete verlangte an der Einigungs- und Schätzungsverhandlung vom 14. April 1986 eine zusätzliche Entschädigung von rund Fr. 40'000.-- für die Lärmeinwirkungen, die seit Beginn der Bauarbeiten an der Nationalstrasse die Vermietung der Wohnungen erheblich erschwert hätten. Der Vertreter des Kantons Zürich beantragte sinngemäss die Abweisung des Entschädigungsbegehrens. Die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10, entschied am 18. Februar 1987, dass der Entschädigungsanspruch des Enteigneten für übermässige Immissionen ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt der Enteignung nachbarlicher Abwehrrechte zu beurteilen sei und dass diese Immissionen aus dem Betrieb der SN 1.4.4 für den Enteigneten nicht voraussehbar gewesen seien. Ob die übrigen Voraussetzungen für die Zusprechung einer Entschädigung erfüllt seien, blieb einer späteren Beurteilung vorbehalten. Gegen den Entscheid der Eidgenössischen Schätzungskommission hat der Staat Zürich Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er stellt die Anträge, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der geltend gemachte Entschädigungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der materiellen Enteignung zu prüfen; es sei festzustellen, dass die Immissionen aus dem Betrieb der Nationalstrasse SN 1.4.4 für den Enteigneten voraussehbar waren, und dessen Entschädigungsforderung sei demzufolge abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Schätzungskommission hat keinen Zwischenentscheid erlassen, sondern vorweg eine rechtliche Teilfrage abschliessend beantwortet und damit ein Teilurteil gefällt. Ein solches Vorgehen, das sich aus Gründen der Zweckmässigkeit und der Prozessökonomie aufdrängen kann (vgl. BGE 109 Ib 31 f. E. 1c, BGE 114 Ib 145 nicht BGE 116 Ib 11 S. 14 publ. E. 2), ist zulässig und vom Beschwerdeführer ausdrücklich befürwortet worden. 2. Der Staat Zürich bringt in seiner Beschwerde zunächst vor, dass in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtes die Beeinträchtigungen durch Immissionen aus dem Bau und Betrieb von Strassen nicht mehr nach den Regeln über die formelle Enteignung nachbarlicher Abwehrrechte, sondern unter dem Gesichtspunkt einer allfälligen materiellen Enteignung beurteilt werden sollten. Inwiefern eine solche neue Betrachtungsweise den angefochtenen Entscheid hätte beeinflussen sollen und zu welchem Ergebnis sie hätte führen müssen, wird jedoch nicht dargelegt. Vielmehr geht der Staat Zürich nach seinen weiteren Ausführungen selbst davon aus, dass die im Rahmen der Rechtsprechung über die formelle Enteignung aufgestellten Bedingungen für die Gewährung einer Immissionsentschädigung, insbesondere die Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit der Einwirkungen, weiterhin gelten sollten. Es ist daher nicht ersichtlich, welches schutzwürdige Interesse der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall an der verlangten Änderung der Rechtsprechung haben könnte. Immerhin ist die vom Staat Zürich aufgeworfene Frage in letzter Zeit auch in der Lehre erneut zur Diskussion gestellt worden (vgl. etwa GEORG MÜLLER, Kommentar zu Art. 22ter BV N. 64, CHRISTOPH BANDLI, Kommentar zum Umweltschutzgesetz N. 17 zu Art. 24 S. 11, DETLEV DICKE, Die materielle Enteignung, Baurechtstagung Freiburg 1983 S. 68, KARL LUDWIG FAHRLÄNDER, Zur Abgeltung von Immissionen aus dem Betrieb öffentlicher Werke, unter Berücksichtigung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz, Diss. Bern 1985 S. 85 ff., FELIX SCHÖBI, Zur Unterscheidung von formeller und materieller Enteignung am Beispiel von Immissionsstreitigkeiten, in "recht" 1985 S. 126 ff.), so dass es sich rechtfertigt, ihr einige Bemerkungen zu widmen. a) Die Bundesverfassung sieht in Artikel 22ter einerseits die Enteignung vor und lässt andererseits weitere, durch das Gesetz begründete Eigentumsbeschränkungen zu, für welche, wenn sie einer Enteignung gleichkommen, ebenfalls volle Entschädigung zu leisten ist (Art. 22ter Abs. 3). Solche Beschränkungen, die sich nicht auf das Enteignungsgesetz stützen, sich aber wie eine Expropriation auswirken und daher eine Entschädigungspflicht auslösen, werden in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung seit bald fünfzig Jahren "materielle Enteignungen" genannt (vgl. BGE 113 Ia 375 E. 4a). Ob ein Eingriff in Eigentum als formelle oder als BGE 116 Ib 11 S. 15 materielle Enteignung zu betrachten und zu behandeln sei, beurteilt sich somit in erster Linie danach, ob das Enteignungsgesetz zur Anwendung komme und die für ein im öffentlichen Interesse liegendes Werk beanspruchten Rechte im formellen Enteignungsverfahren erworben werden müssen oder ob durch gesetzliche Vorschrift oder entsprechende Pläne eine Eigentumsbeschränkung bereits eingetreten sei und nur noch die Entschädigung in Frage stehe. Nun behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht, es gebe - abgesehen von den Vorschriften über die Projektierungszonen und über die Baulinien (Art. 14 ff. und 22 ff. des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen) - eine gesetzliche Norm, durch welche das Grundeigentum in der Umgebung der Nationalstrassen in dem Sinne eingeschränkt werde, dass kein Recht auf ungestörte Nutzung bestehe und selbst übermässige Lärmimmissionen hinzunehmen seien. Die Bestimmungen von Art. 22 und 24 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG), welche in zu stark lärmbelasteten Gebieten Neubauten oder die Schaffung neuer Wohnzonen verbieten, die Weiternutzung bestehender Wohnbauten dagegen nicht untersagen oder einschränken, vermögen jedenfalls keine gesetzliche Grundlage für die lärmbedingte Beeinträchtigung dieser bisherigen Nutzungen und den Ersatz des dadurch verursachten Schadens abzugeben. Wie das Bundesgericht in BGE 110 Ib 372 ff. E. 2 zu den Lärmzonenplänen gemäss Luftfahrtgesetzgebung ausgeführt hat, können solche Pläne insoweit zu materiellen Enteignungen führen, als in den entsprechenden Zonenvorschriften der Bau neuer Wohnhäuser oder die Ausscheidung neuer Wohngebiete untersagt wird; solange aber die bisherige Nutzung bestehender Gebäude weiterhin zugelassen wird, fällt die Zusprechung einer Entschädigung aus materieller Enteignung für diese ausser Betracht und muss deren Eigentümer ein anderer Weg zur Geltendmachung ihrer Entschädigungsbegehren eröffnet werden (vgl. insbes. BGE 110 Ib 371 f. E. 2d; Art. 42 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 und Art. 62 Abs. 5 der Luftfahrtverordnung vom 14. November 1973). Bestehen keine speziellen gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen hinsichtlich der Duldung von Lärmimmissionen längs von Nationalstrassen, so hat hingegen der Bundesgesetzgeber in Art. 5 des Bundesgesetzes über die Enteignung vom 20. Juni 1930 (EntG; SR 711) alle dinglichen Rechte an Grundstücken, so ausdrücklich BGE 116 Ib 11 S. 16 auch die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte, zum möglichen Gegenstand der formellen Enteignung erklärt; hiezu zählen insbesondere die in den Art. 679 und 684 ZGB umschriebenen Abwehransprüche gegen übermässige Einwirkungen, die dem Eigentümer grundsätzlich auch gegenüber dem hoheitlich handelnden Gemeinwesen zustehen. Gemäss Art. 4 lit. a EntG kann denn auch das Enteignungsrecht nicht nur für die Erstellung, die Veränderung, den Unterhalt und die künftige Erweiterung, sondern auch für den Betrieb eines Werkes in Anspruch genommen werden. Dass der Beschwerdeführer die formelle Enteignung von Nachbarrechten für "konstruiert" und gekünstelt hält, vermag nichts daran zu ändern, dass diese "Konstruktion" vom Bundesgesetzgeber selbst stammt und für das Bundesgericht verbindlich ist. Nachdem die Nachbarrechte schon unter der Herrschaft des alten Expropriationsgesetzes vom 1. Mai 1850 in der Praxis als mögliche Enteignungsobjekte anerkannt worden waren, war bei der Schaffung des heute geltenden Gesetzes unbestritten, dass im Gesetzestext selbst klarzustellen sei, dass "jede infolge der Erstellung oder bestimmungsgemässen Benutzung des öffentlichen Werkes notwendig eintretende dauernde oder vorübergehende Überschreitung der nachbarrechtlichen Verpflichtungen" als Inanspruchnahme eines auf dem formellen Enteignungswege zu begründenden Rechtes gelten solle (vgl. HESS/WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, N. 2 zu Art. 5 EntG ; Art. 2 des Vorentwurfes und des II. Entwurfes JAEGER vom Oktober 1916, Protokolle der Expertenkommission vom 15. Oktober 1917 S. 14 ff.). b) Die weiteren Argumente, die der Beschwerdeführer vorbringt, um die Ungeeignetheit des formellen Enteignungsverfahrens für die Abgeltung von übermässigen Lärmeinwirkungen darzulegen, vermögen ebenfalls nicht zu überzeugen: aa) Der Beschwerdeführer macht geltend, Wesen der formellen Enteignung sei, dass dem Enteigneten ein privates Recht zwangsweise entzogen und auf den Enteigneten übertragen werde; es finde ein Leistungsaustausch, ein Subjektwechsel statt. Bei der Enteignung von Nachbarrechten gehe indessen kein nutzbares Recht auf den Enteigner über und gebe es keinen Leistungsausgleich. Die Enteignung des nachbarlichen Abwehranspruches ist jedoch, wie bereits in BGE 106 Ib 244 E. 3 dargelegt (s. auch BGE 111 Ib 24 , BGE 110 Ib 376 E. 2c), nichts anderes als die zwangsweise Errichtung einer Dienstbarkeit auf dem Grundstück des Enteigneten zugunsten des Werkeigentümers, deren Inhalt in der Pflicht zur BGE 116 Ib 11 S. 17 Duldung von Immissionen besteht. Durch die Einräumung des ihn begünstigenden Servitutes wird der Rechtsbestand des Enteigners vermehrt, während das Grundeigentum des Enteigneten eingeschränkt wird. Abgesehen davon geht bei der formellen Enteignung nicht stets ein Recht - sei es das abgetretene oder ein neu begründetes - auf den Enteigner über. Aus diesem Grunde ist bei der Schaffung des Enteignungsgesetzes bewusst auf den im alten Expropriationsgesetz von 1850 verwendeten Begriff der "Abtretung" verzichtet und Art. 5 Abs. 2 EntG so formuliert worden, dass die Rechte, die Gegenstand der Enteignung bilden, dauernd oder vorübergehend "entzogen oder beschränkt" werden können. Hiezu wird in der bundesrätlichen Botschaft vom 21. Juni 1926 ausgeführt, der "Entzug" der Rechte brauche nicht immer auch mit einem Übergang auf den Enteigner, mit einer "Abtretung" verbunden zu sein; der Enteigner werde beispielsweise eine ihm im Wege stehende Grunddienstbarkeit oder das auf einer von ihm freihändig erworbenen Liegenschaft lastende Kaufsrecht einfach löschen lassen. Was mit dem einem Enteigneten entzogenen Recht geschehe, sei für diesen nebensächlich (BBl 1926 II 13). bb) Der Beschwerdeführer macht darauf aufmerksam, dass bei Beeinträchtigungen durch übermässige Einwirkungen der Eingriff des Enteigners der Entschädigungsleistung vorausgehe, was ein typisches Merkmal der materiellen Enteignung sei, während bei der formellen Enteignung erst die Zahlung der Entschädigung den Rechtsentzug bewirke. Es trifft zu, dass im formellen Enteignungsverfahren der Enteigner das Eigentum oder das auf dem Enteignungswege eingeräumte dingliche Recht erst durch Bezahlung der Entschädigung oder des nach Art. 19bis Abs. 2 EntG festgesetzten Betrages erwirbt ( Art. 91 Abs. 1 EntG ). Dass Rechte der Eigentümer in Anspruch genommen werden können, bevor eine Vergütung erfolgt, ist jedoch auch dem formellen Enteignungsrecht nicht fremd, kann sich doch der Enteigner gemäss Art. 76 EntG unter bestimmten Voraussetzungen schon vor der Bezahlung der Entschädigung zur Besitzergreifung oder zur Ausübung des Rechts ermächtigen lassen. Dieser vorzeitigen Inbesitznahme im Sinne von Art. 76 EntG sind die Fälle gleichzustellen, in denen Rechte auch ohne Ermächtigung schon vor dem eigentlichen Erwerb durch den Enteigner ausgeübt werden, sei es, weil deren Inanspruchnahme - wie bei allenfalls übermässigen Immissionen - nicht mit Bestimmtheit vorausgesehen werden konnte (vgl. unten lit. cc; BGE 106 Ib 245 BGE 116 Ib 11 S. 18 E. 3, 249, BGE 111 Ib 24 ), sei es, weil früher für ein Werk eingeräumte, zeitlich beschränkte Rechte vor der Erneuerung abgelaufen sind (vgl. BGE 115 Ib 23 E. 5a). cc) In der Beschwerde wird weiter vorgebracht, Voraussetzung für eine formelle Enteignung sei, dass ein Verzeichnis der zu enteignenden Rechte erstellt und dem Betroffenen persönlich mitgeteilt werde, was der Enteigner von ihm verlange. Dieser sei aber in der Regel gar nicht in der Lage, anzugeben, welche Nachbarrechte und inwieweit diese durch das zukünftige Werk entzogen oder beschränkt würden. Dass die für ein öffentliches Werk beanspruchten dinglichen Rechte in der Grunderwerbstabelle und in der persönlichen Anzeige verzeichnet seien, bildet jedoch nach Enteignungsgesetz kein Erfordernis für den Erwerb dieser Rechte durch den Enteigner. Gemäss Art. 27 Abs. 2 EntG sind in der Grunderwerbstabelle nur jene beschränkten dinglichen Rechte anzuführen, die aus dem Grundbuch oder den sonstigen öffentlichen Büchern ersichtlich sind. Alle anderen Rechte, auf die der Enteigner ebenfalls greifen kann - so die Pfandrechte, Nutzniessungsrechte und die nur obligatorischen Rechte der Mieter und Pächter -, müssen nicht im vornherein bezeichnet werden (vgl. HESS/WEIBEL, a.a.O., N. 21 zu Art. 27 EntG ). Das gilt auch für die Abwehransprüche, in die erst durch den Betrieb des Werkes eingegriffen wird ( BGE 111 Ib 24 ). Diesem Umstand, dass der Umfang der Enteignung nicht in allen Fällen zum voraus bestimmt und angezeigt werden kann, hat der Gesetzgeber durch Art. 41 Abs. 1 lit. b EntG Rechnung getragen, wonach Entschädigungsforderungen auch nachträglich noch geltend gemacht werden können, "wenn vom Enteigner entgegen dem aufgelegten Plan und Verzeichnis oder der persönlichen Anzeige ein Recht in Anspruch genommen oder geschmälert wird, oder wenn eine im Zeitpunkt der Planauflage oder der persönlichen Anzeige nicht oder nicht nach ihrem Umfang vorherzusehende Schädigung des Enteigneten sich erst beim Bau oder nach Erstellung des Werks oder als Folge seines Gebrauchs einstellt". Auf die Möglichkeit nachträglicher Entschädigungsgesuche ist sowohl in der öffentlichen Bekanntmachung wie auch in den persönlichen Anzeigen ausdrücklich hinzuweisen ( Art. 30 Abs. 2 und Art. 34 Abs. 1 lit. f EntG ). dd) Nach Auffassung des Beschwerdeführers spricht auch Art. 19bis Abs. 1 EntG , der die Einigungsverhandlung als Stichtag für die Entschädigungsbemessung bezeichnet, gegen eine Behandlung BGE 116 Ib 11 S. 19 von Entschädigungsforderungen für Immissionen im formellen Enteignungsverfahren, da im Zeitpunkt der Einigungsverhandlung die Einwirkungen meist noch gar nicht aufgetreten seien. Die Anwendung von Art. 19bis Abs. 1 EntG sollte jedoch in diesem Zusammenhang keine Schwierigkeiten bieten: Ist der in seinen Nachbarrechten Verletzte bereits im Rahmen der Landabtretung ins Enteignungsverfahren einbezogen und die Beurteilung seines Entschädigungsanspruchs auf einen Zeitpunkt nach Inbetriebnahme des Werkes verschoben worden, so führt die Schätzungskommission - wie im vorliegenden Fall - sinnvollerweise bei Wiederaufnahme des Verfahrens eine zweite Einigungsverhandlung durch. Meldet der Betroffene seine Entschädigungsforderung für Immissionen gestützt auf Art. 41 EntG erst nachträglich an oder ersucht den Werkeigentümer, falls noch kein Enteignungsverfahren eröffnet worden ist, überhaupt erst um Verfahrenseinleitung, so ist die Einigungsverhandlung ohnehin nach Inbetriebnahme des Werkes und dem Auftreten der Einwirkungen durchzuführen. ee) Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, der von Immissionen Betroffene werde nur entschädigt, wenn er seine Forderung rechtzeitig anmelde, während die Entschädigungsforderung des formell Enteigneten nicht verjähren könne. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung unterliegen jedoch grundsätzlich alle öffentlichrechtlichen Ansprüche der Verjährung (vgl. BGE 105 Ib 11 f. E. 3a, BGE 108 Ib 339 E. 5). Wohl sind gemäss Art. 38 EntG die formell enteigneten Rechte, soweit sie sich aus der Grunderwerbstabelle ergeben oder offenkundig sind, von der Schätzungskommission auch ohne Anmeldung zu schätzen. Falls der Enteigner aber nicht in der Grunderwerbstabelle verzeichnete oder nicht offenkundige Rechte in Anspruch nimmt und der Enteignete kein Entschädigungsbegehren stellt, verjähren die entsprechenden Ansprüche aus formeller Enteignung ebenfalls, sofern sie nicht schon gemäss Art. 41 Abs. 2 EntG verwirkt sind ( BGE 105 Ib 12 ff., BGE 108 Ib 485 ff.; s. auch BGE 113 Ib 38 E. 3). c) Es besteht somit kein Anlass, die bundesgerichtliche Rechtsprechung im vom Beschwerdeführer gewünschten Sinne zu ändern. Übrigens ist nicht ersichtlich, welche Vereinfachungen oder Verbesserungen eine Behandlung der Entschädigungsforderungen für übermässige Einwirkungen als Ansprüche aus materieller Enteignung bringen würde. Dass die von Immissionen Betroffenen das formelle Enteignungsverfahren nicht selbst bei der Schätzungskommission eröffnen lassen können, sondern den Werkeigentümer BGE 116 Ib 11 S. 20 dazu veranlassen müssen, führt in der Regel zu keinerlei Schwierigkeiten, sorgen doch die Schätzungskommissions-Präsidenten, falls sie direkt angegangen werden, üblicherweise für die richtige Verfahrenseinleitung. Wären indessen die Schadenersatzbegehren für übermässige Einwirkungen aus dem Betrieb der Nationalstrassen als Forderungen aus materieller Enteignung zu behandeln, so wären einerseits die Eidgenössischen Schätzungskommissionen mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung zu deren Beurteilung gar nicht zuständig (zur Publ. best. Entscheid vom 29. November 1989 i.S. G., E. 2b, BGE 114 Ib 146 , 112 Ib 126 E. 2). Andererseits würde durch Anwendung der geltenden Grundsätze über die materielle Enteignung der allgemeine Entschädigungsanspruch der Nachbarn öffentlicher Werke eher verringert als vergrössert, insbesondere wenn - wie offenbar dem Beschwerdeführer vorschwebt - das in der Rechtsprechung über die formelle Enteignung aufgestellte Erfordernis der Unvorhersehbarkeit der Immissionen auch für die materielle Enteignung übernommen würde. Ein solches Ergebnis - die weitere Einschränkung der Entschädigungsansprüche für übermässige Immissionen - stünde aber in Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, der die im Enteignungsgesetz enthaltenen Garantien ausdrücklich auch den in ihren Nachbarrechten Verletzten bieten wollte. Schliesslich ist daran zu erinnern, dass nach Art. 5 EntG alle aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte Gegenstand der Enteignung sein können, somit nicht nur der Anspruch des Eigentümers auf Unterlassung übermässiger Einwirkungen im Sinne von Art. 684 ZGB , sondern auch jener auf Unterlassung von schädlichen Grabungen und Bauten ( Art. 685 ZGB ) und der Änderung des natürlichen Wasserablaufs ( Art. 689 Abs. 2 ZGB ) sowie die sich im Sinne von Art. 686 ZGB aus dem kantonalen Recht ergebenden Abwehrrechte (BGE BGE 113 Ib 36 f., BGE 106 Ib 235 f. E. 3, nicht publ. Entscheid vom 14. März 1989 i.S. Odermatt E. 3, s. auch BGE 108 Ib 485 ; HESS/WEIBEL, a.a.O., N. 7 zu Art. 5 EntG ). Wie mit diesen zu verfahren wäre, wird in der Beschwerde nicht dargelegt. 3. Die Schätzungskommission hat im ersten Teil ihres Entscheides übereinstimmend mit der bundesgerichtlichen Praxis ausgeführt, dass eine Entschädigung für die von der Nationalstrasse ausgehenden Immissionen nur geschuldet sei, wenn die Einwirkungen für den Gesuchsteller nicht voraussehbar waren, ihn in spezieller Weise treffen und einen schweren Schaden verursachen BGE 116 Ib 11 S. 21 (vgl. etwa BGE 110 Ib 48 E. 4, 346 E. 2). In ihren Erwägungen zur Voraussehbarkeit der Immissionen stützt sich die Kommission zunächst ebenfalls auf die Rechtsprechung (vor allem auf BGE 111 Ib 236 und die dort zitierten Entscheide) und gelangt in richtiger Anwendung der vom Bundesgericht aufgestellten Grundsätze zum - vorläufigen - Ergebnis, dass die Strassenlärmimmissionen für K. P. voraussehbar gewesen seien. Sie weist insbesondere darauf hin, dass die Überlandstrasse schon im Jahre 1954, als P. die fragliche Liegenschaft kaufte, eine der meistbefahrenen Hauptstrassen der Schweiz gewesen sei. Der Grundeigentümer habe daher zwar nicht den Nationalstrassenbau als solchen voraussehen, so doch damit rechnen müssen, dass die Strasse in absehbarer Zukunft verbessert oder vergrössert werde, um den anwachsenden Verkehr überhaupt aufnehmen zu können. Selbst wenn keine Autobahn erstellt, sondern nur die Staatsstrasse ausgebaut worden wäre, wäre die Lärmbelastung heute nicht wesentlich geringer. Die Kommission ist hierauf aber noch einen Schritt weiter gegangen und hat erklärt, obschon eine Zunahme der Lärmbeeinträchtigungen absehbar gewesen sei, sei doch nicht voraussehbar gewesen, dass die Immissionen ein unerträgliches Mass annehmen und sogar die Alarmwerte überschreiten würden. Ein solches Ausmass der Immissionen sei offenbar auch von den Fachleuten nicht vorausgesehen worden, da sonst zweifellos entsprechende Schutzmassnahmen getroffen worden wären; die mangelnde Voraussicht der Strassenbaufachleute dürfe nun aber nicht den betroffenen Grundeigentümern angelastet werden.-- Insoweit ist der Schätzungskommission jedoch nicht zu folgen. a) Wie das Bundesgericht in BGE 110 Ib 346 ff. E. 2 präzisiert hat, bilden die Unvorhersehbarkeit der vom Schienen- und Strassenverkehr ausgehenden Beeinträchtigungen, die Spezialität der Immissionen und die Schwere des Schadens drei voneinander unabhängige Bedingungen, die grundsätzlich kumulativ gegeben sein müssen, damit die Immissionen als übermässig im Sinne von Art. 684 ZGB gelten können. Von diesen drei Voraussetzungen sei jene der Spezialität insbesondere dann erfüllt, wenn die Immissionen eine Intensität erreichten, die das Mass des Üblichen und Zumutbaren übersteige. Dagegen beziehe sich die Voraussetzung der Schwere auf den durch die Lärmbelastung entstehenden Schaden, wobei sich die immissionsbedingte Entwertung eines Hauses nicht allein anhand der Höhe des Schallpegels bemessen lasse, BGE 116 Ib 11 S. 22 sondern unter Berücksichtigung der Lage, der Art und der Umgebung der Bauten in jedem Einzelfall gesondert festzulegen sei. Nun hat die Schätzungskommission im angefochtenen Entscheid aus dem Umstand, dass die Immissionen auf dem Grundstück des Beschwerdeführers die Alarmwerte übersteigen, auf die Unvorhersehbarkeit solcher Beeinträchtigungen geschlossen. Die in der Lärmschutzverordnung vom 15. Dezember 1986 (Anhänge 3-6) festgelegten Alarmwerte sind jedoch Werte, die der Beurteilung der Lärmintensität und insbesondere der Dringlichkeit von Sanierungen dienen ( Art. 19 USG ). Sie können daher - wenn überhaupt - im Enteignungsverfahren nur im Zusammenhang mit der Voraussetzung der Spezialität und allenfalls bei der Bemessung des Schadens berücksichtigt werden. Für die Voraussehbarkeit im hier massgeblichen Sinne, wie sie von der Schätzungskommission an sich richtig umschrieben worden ist, spielt es dagegen keine Rolle, welches Ausmass die Lärmimmissionen erreichen und ob dieses im einzelnen vorausgeahnt werden konnte ( BGE 110 Ib 51 E. 5). Ausschlaggebend ist allein, dass der Betroffene ein an einer Hauptverkehrsader liegendes Grundstück erworben und damit die übliche Verkehrsentwicklung und die sich daraus ergebenden Belästigungen als Nachbar in Kauf genommen hat. Es ist denn auch - leider - keineswegs so, dass nur in äusserst seltenen und aussergewöhnlichen Situationen die Alarmwerte überschritten würden, so dass sich für diese eine Sonderbehandlung rechtfertigen würde. Wie dem bei den Akten liegenden Untersuchungsbericht entnommen werden kann, werden heute auch in den Dörfern in der Nähe der Stadt Zürich entlang den Hauptstrassen tags durchwegs Lärmpegel im Bereich des Alarmwertes und nachts Pegel zwischen den Immissionsgrenz- und den Alarmwerten gemessen. Auch an der Überlandstrasse selbst erreichte die Lärmbelastung schon vor dem Autobahnbau die Höhe der Alarmwerte. b) Die Schätzungskommission hat im übrigen erklärt, dass die Bestimmungen des Umweltschutzgesetzes und der Lärmschutzverordnung bei der Inbetriebnahme der SN 1.4.4 noch nicht rechtsverbindlich gewesen seien, es sich aber dennoch rechtfertigen lasse, die darin zum Ausdruck kommenden Grundsätze im vorliegenden Enteignungsverfahren zu berücksichtigen. Hiezu ist festzuhalten, dass sich das Bundesgericht wohl bei der Auslegung des Begriffes "übermässige Einwirkung" im Sinne von Art. 684 ZGB von den Expertenberichten leiten lässt, welche im BGE 116 Ib 11 S. 23 Rahmen der Vorbereitung der eidgenössischen Umweltschutzgesetzgebung erstattet wurden und in dieser ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BGE 114 Ib 36 E. 3, BGE 110 Ib 346 ff.). Es darf jedoch nicht aus den Augen verloren werden, dass auch in Verfahren zur Expropriation nachbarlicher Abwehrrechte gegenüber übermässigem Lärm nur die sich auf das Enteignungsgesetz stützenden Begehren zu beurteilen sind. Dagegen kann es nicht Sache des Enteignungsrichters sein, über Ansprüche zu befinden, die sich aus dem Umweltschutzgesetz ableiten lassen (nicht publ. Entscheid vom 12. Juni 1989 i.S. Kanton Basel-Stadt E. 3). Die beiden Bundesgesetze verfolgen denn auch, obschon sie verschiedene Berührungspunkte aufweisen, grundsätzlich unterschiedliche Zwecke: Während das Umweltschutzgesetz die Menschen, Tiere und Pflanzen gegen schädliche oder lästige Einwirkungen schützen will ( Art. 1 Abs. 1 USG ), dient das Enteignungsgesetz dazu, dem Gemeinwesen zu ermöglichen, sich die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben notwendigen Güter - unter Einhaltung des Verhältnismässigkeitsgebotes und unter voller Entschädigung der Enteigneten - zwangsweise zu beschaffen und allfällige Hindernisse zu beseitigen ( Art. 1 EntG ; BGE 115 Ib 25 , BGE 111 Ib 98 E. 2c). c) Dem Beschwerdeführer ist somit insofern zuzustimmen, als er geltend macht, die Schätzungskommission habe im vorliegenden Fall die Unvorhersehbarkeit der Lärmimmissionen zu Unrecht bejaht. Dem Enteigneten steht daher für die von der Nationalstrasse ausgehenden Immissionen keine Entschädigung zu. Da kein anders begründetes Minderwertsbegehren mehr im Streite liegt, ist der angefochtene Entscheid in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und festzustellen, dass dem Enteigneten kein Anspruch auf eine Minderwertsentschädigung für die Parzelle Nr. 2762 zusteht. Die Sache ist zum Entscheid über die Kosten und die Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren an die Eidgenössische Schätzungskommission zurückzuweisen. 4. Obschon die Beschwerde des Enteigners gutgeheissen wird, ist dieser in Anwendung von Art. 116 EntG zu verpflichten, dem Enteigneten für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten. Auf die Erhebung von Gerichtskosten kann verzichtet werden.
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25d902bc-2bca-4eb1-b445-9b542691fb06
Sachverhalt ab Seite 242 BGE 116 Ib 241 S. 242 Auf Gesuch der Schweizerischen Bundesbahnen, Kreisdirektion III, eröffnete der Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 10, im August 1983 das Enteignungsverfahren für den Bau der Zürcher S-Bahn im Innenstadtbereich und ordnete die Planauflage für den gesamten Abschnitt Museumstrasse-Neptunstrasse an, der aus den Teilstücken Eilgutareal-Limmat, Neumühlequai-Sempersteig, Sempersteig-Winkelwiese, Winkelwiese-Merkurstrasse, Merkurstrasse-Neptunstrasse besteht. In das Enteignungsverfahren wurden verschiedene Grundstücke der Stadt Zürich einbezogen, darunter mehrere Strassenparzellen, so auch ein Teil der zwischen dem Hauptbahnhof und dem Landesmuseum durchführenden Museumstrasse (Parzelle Nr. 4161). Nach den Plänen war unter der Museumstrasse in Erweiterung des BGE 116 Ib 241 S. 243 Hauptbahnhofes eine unterirdische Bahnstation zu errichten, die - was hier von Bedeutung ist - über den Geleiseanlagen ein Fussgängergeschoss aufnehmen soll. Der S-Bahnhof Museumstrasse ist heute weitgehend erstellt und in Betrieb. Mit Eingabe vom 30. September 1983 erhob die Stadt Zürich Einsprache gegen die Expropriation des Grundstücks Museumstrasse bzw. gegen die zwangsweise Einräumung eines Servitutes "zum Betrieb eines Bahnhofes mit sämtlichen entsprechenden Bauten und Anlagen" und verlangte, dass sich die Enteignung auf die bahnbetrieblich notwendigen Anlagen und Flächen zu beschränken habe und der übrige Raum - insbesondere das Fussgängergeschoss, soweit es kommerziell genutzt werden solle - der Stadt als Eigentümerin zur Nutzung zu überlassen sei. Die Stadt Zürich erklärte sich indessen bereit, den SBB für die Einrichtung der vorgesehenen Läden gegen Gebühr eine Konzession einzuräumen, sofern der Stadt ein Mitbestimmungsrecht bezüglich Auswahl der Mieter, der Ladenöffnungszeiten und allfälliger weiterer Einzelheiten zugestanden werde. An der ersten Einigungsverhandlung vom 29. Mai 1985 teilten die Parteien dem Schätzungskommissions-Präsidenten mit, dass sie sich am 12. Juli 1983 über die vorübergehende Beanspruchung öffentlichen Grundes an der Oberfläche im gesamten Innenstadtbereich geeinigt hätten. Offen blieb dagegen die Frage der Natur und des Umfangs der endgültig zu enteignenden Rechte und der hiefür geschuldeten Entschädigung. Dieser Streitpunkt konnte auch an der zweiten Einigungsverhandlung vom 3. Mai 1988 nicht erledigt werden. Dagegen verständigten sich die Parteien darüber, dass im Zusammenhang mit der ursprünglich nicht vorgesehenen Verlängerung des Geleises 16 ein zusätzliches, abgekürztes Enteignungsverfahren durchzuführen sei und dass der ins Verfahren einbezogene öffentliche Grund der Museumstrasse ab 1. November 1985 für die Bauarbeiten in Anspruch genommen worden und die Entschädigung hiefür von diesem Zeitpunkt an zu verzinsen sei. Zudem erklärten sich die Parteien darüber einig, dass die Läden und anderen kommerziellen Nebennutzungen im Fussgängergeschoss von den SBB betrieben werden sollen, und stellten weitere Verhandlungen über eine vorläufige Regelung betreffend die Nebennutzungen sowie über die definitive Gestaltung der Rechtsverhältnisse in Aussicht. Da eine solche Regelung jedoch weder in den nachfolgenden aussergerichtlichen Vergleichsverhandlungen noch im unterdessen BGE 116 Ib 241 S. 244 eingeleiteten Schätzungsverfahren getroffen werden konnte, wandte sich die Stadt Zürich am 19. Dezember 1989 an den Schätzungskommissions-Präsidenten und stellte folgenden Antrag: "Es sei festzustellen, dass die SBB zur vorzeitigen Ausübung des von ihnen bei Enteignungsnummer 8 (Museumstrasse) beanspruchten Rechts zum Betrieb eines Bahnhofes mit sämtlichen entsprechenden Bauten und Anlagen insofern nicht ermächtigt sind, als damit die kommerzielle Nutzung der Läden im städtischen öffentlichen Grund der Museumstrasse (Seite Landesmuseum) beansprucht wird, jedenfalls soweit dies ausserhalb der in der städtischen Ladenschlussverordnung festgelegten Öffnungszeiten geschehen soll." Die SBB widersetzten sich diesem Begehren. Nach Scheitern eines weiteren Einigungsversuches trat der Präsident der Schätzungskommission mit Verfügung vom 2. Mai 1990 auf die Eingabe der Stadt Zürich nicht ein und überwies zugleich die Einsprache der Enteigneten vom 30. September 1983 dem Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement zur Behandlung. Gegen diesen Entscheid hat die Stadt Zürich Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben, die vom Bundesgericht abgewiesen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Präsident der Schätzungskommission hat in der angefochtenen Verfügung seine Zuständigkeit zur Beurteilung des von der Stadt Zürich gestellten Begehrens aus verschiedenen Gründen verneint und zunächst ausgeführt, eine negative Feststellungsklage des Enteigneten sei im Enteignungsgesetz nicht vorgesehen und auch nicht notwendig, da sich der Grundeigentümer mit seinen ihm durch das Zivilgesetzbuch eingeräumten Abwehrrechten gegen unberechtigte Eingriffe zur Wehr setzen und hiezu den Zivilrichter anrufen könne. Dieser Betrachtungsweise ist jedoch im vorliegenden Fall nicht zu folgen. Es ist unbestritten, dass die Enteignerinnen den Schätzungskommissions-Präsidenten nie um Erlaubnis zur vorzeitigen Inbesitznahme der Grundstücke der Stadt Zürich ersuchen mussten, vielmehr haben die Stadt und die SBB verschiedene Vereinbarungen über die Inanspruchnahme der Strassenflächen, über die Inangriffnahme der Bauarbeiten sowie über die Art der Bauausführung geschlossen. Diese Vereinbarungen sind, da sie nach Eröffnung des Enteignungsverfahrens getroffen wurden, öffentlichrechtlicher Natur und stellen Enteignungsverträge dar. Über die Frage, wie weit die Enteignerinnen mit ausdrücklichem oder BGE 116 Ib 241 S. 245 stillschweigendem Einverständnis der Stadt in deren Grundeigentum haben eingreifen dürfen, hat daher nicht der Zivilrichter, sondern die Verwaltungsbehörde bzw. der Verwaltungsrichter zu entscheiden ( BGE 114 Ib 147 ff. E. 3b mit den dort zitieren Entscheiden). Das heisst allerdings noch nicht, dass der Schätzungskommissions-Präsident zur Behandlung des Begehrens der Stadt Zürich kompetent gewesen wäre. 3. Im angefochtenen Entscheid wird weiter dargelegt, der Enteignungsrichter habe weder im Besitzeinweisungsverfahren noch sonst darüber zu befinden, welche öffentlichen Werke bzw. welche Teile eines Werkes auf welchen Grundstücken errichtet werden dürften; dies sei Gegenstand des Einspracheverfahrens. Es müsse daher von der Einsprachebehörde beurteilt werden, welche Rechte den SBB als Enteignerinnen an den kommerziell genutzten Teilen der Bahnhofanlage einzuräumen bzw. welche Rechte der Stadt Zürich als Grundeigentümerin zu belassen seien. Diesen Überlegungen ist trotz der Kritik der Beschwerdeführerin zuzustimmen. a) Zu Recht stellt die Beschwerdeführerin an sich nicht in Frage, dass auch der öffentliche, im Gemeingebrauch stehende Grund Gegenstand der Enteignung bilden kann. Enteignet werden können gemäss Art. 5 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Enteignung (abgesehen von den hier nicht interessierenden persönlichen Rechten von Mietern und Pächtern) alle dinglichen Rechte an Grundstücken, die privaten oder öffentlichen Zwecken dienen (vgl. BGE 104 Ib 347 E. 6a, 352 f.). Diese Rechte dürfen nach Art. 5 Abs. 2 EntG dauernd oder vorübergehend entzogen oder beschränkt werden, wobei sie auf den Enteigner zu übertragen sind, falls er sie für sein Werk benötigt, oder unterdrückt werden, wenn sie das Unternehmen lediglich behindern ( BGE 116 Ib 16 f. E. 2aa, 22 f. E. 3b). Art. 5 EntG umschreibt das Objekt der Enteignung abschliessend. Das heisst einerseits, dass auf dem Wege der (Teil-)Enteignung keine dinglichen Rechte geschaffen werden können, die das Zivilrecht nicht vorsieht oder ausdrücklich ausschliesst, wie etwa das Baurecht an einzelnen Stockwerken eines Gebäudes ( Art. 675 Abs. 2 ZGB ; BGE 105 Ib 191 ff., s. auch BGE 106 Ib 235 E. 3). Es bedeutet andererseits, dass nur private Rechte als Gegenstand der Expropriation in Betracht fallen und dem Gemeinwesen für die Einschränkung von Hoheitsrechten, selbst wenn diese mittelbar auf den Bau eines öffentlichen Werkes zurückzuführen ist, kein Anspruch auf BGE 116 Ib 241 S. 246 Enteignungsentschädigung zusteht ( BGE 109 Ib 34 , BGE 101 Ib 59 ff. E. 3). Im übrigen ist die Enteignung von Grundstücken, die einem öffentlichen Zweck dienen, nur zulässig, falls der Enteigner die Fortbenützung bestehender öffentlicher Einrichtungen sicherstellt, soweit dies durch das öffentliche Interesse gefordert wird ( Art. 7 Abs. 2 EntG , BGE 104 Ib 347 , 352). Über die Natur, den Umfang und Inhalt der zu enteignenden Rechte sowie über die Frage, ob und inwieweit die Voraussetzungen für eine Enteignung überhaupt erfüllt seien, entscheidet - abgesehen von den Ausdehnungsbegehren - nicht die Schätzungskommission, sondern die Einsprachebehörde, in der Regel das in der Sache zuständige Departement ( Art. 35 und 55 EntG ; BGE 111 Ib 228 E. 2a, 109 Ib 133 E. 2a, BGE 108 Ib 376 f. E. 2, BGE 103 Ib 94 ). Ebenfalls im Einspracheverfahren zu beurteilen sind die Planänderungsgesuche und die Begehren gemäss Art. 7-10 EntG , so auch die Gesuche um Vorkehren zur Sicherstellung von öffentlichen Einrichtungen wie Wege und Brücken ( Art. 7 Abs. 2 EntG ; vgl. BGE 114 Ib 35 , 111 Ib 282 ff., BGE 108 Ib 497 ). Dagegen befindet die Schätzungskommission im Anschluss an den Einspracheentscheid darüber, ob trotz solcher Vorkehren des Enteigners ein Schaden entstanden sei ( Art. 64 Abs. 1 lit c EntG ; BGE 111 Ib 283 E. 2, 104 Ib 355 E. 3), wem die frei gewordenen und neu erstellten Anlagen gehörten und wer für deren Unterhalt aufzukommen habe ( Art. 26 und 64 Abs. 1 lit. d EntG ). b) Im vorliegenden Fall ist umstritten, welche Rechte den Enteignerinnen für den Bau und Betrieb des unterirdischen Bahnhofes zu übertragen seien. Die SBB vertreten sogar die Ansicht, sie brauchten das Enteignungsrecht überhaupt nicht auszuüben, da die Bahn die Museumstrasse unterirdisch kreuze und ihr nach Art. 25 EBG ein Legalservitut für die unentgeltliche Benützung von Grund und Boden an der Kreuzungsstelle zustehe; allenfalls sei den SBB im Enteignungsverfahren eine Personaldienstbarkeit für den Betrieb der ganzen Anlage einzuräumen. Demgegenüber bleibt die Stadt Zürich bei der Auffassung, dass die SBB an den kommerziell genutzten Flächen keine Rechte auf dem Enteignungswege erwerben könnten. Der Entscheid darüber, inwieweit hier die Enteignung statthaft sei und ob den SBB allenfalls nach der Anregung des Schätzungskommissions-Präsidenten ein selbständiges und dauerndes - allerdings auf hundert Jahre befristetes ( Art. 779l Abs. 1 ZGB , BGE 99 Ia 478 ) - Baurecht zu bestellen, eine andere Dienstbarkeit ( Art. 781 ZGB ) oder ein BGE 116 Ib 241 S. 247 Überbaurecht ( Art. 674 ZGB ) einzuräumen sei, fällt aber nach dem Gesagten in die Kompetenz der Einspracheinstanz. Die Akten sind daher zu Recht dem Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement zum Einspracheentscheid überwiesen worden. 4. Der Schätzungskommissions-Präsident hat im übrigen darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall, in dem das Enteignungsverfahren getrennt vom Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werde, die Gewährung oder Verweigerung der vorzeitigen Besitzeinweisung sich allein nach Art. 76 EntG richte. Indessen bestimme sich der Umfang der Besitzeinweisung anhand der Plangenehmigung, die für den Enteignungsrichter verbindlich sei. Hätten die SBB ein Gesuch um Besitzeinweisung gestellt, hätte diese daher für die ganze bewilligte Anlage gewährt werden müssen und wäre es unzulässig gewesen, einzelne Bauteile ihrer unterschiedlichen Nutzung wegen auszuklammern. Auch diesen Erwägungen kann im Ergebnis beigepflichtet werden. a) Der Enteigner erwirbt das Eigentum am enteigneten Grundstück oder das auf dem Enteignungswege an einem Grundstück eingeräumte Recht erst durch die Bezahlung der Entschädigung oder des nach Art. 19bis Abs. 2 EntG festgesetzten Betrages ( Art. 91 Abs. 1 EntG ). Vor der Bezahlung der Entschädigung kann er einzig unter den in Art. 76 EntG genannten Voraussetzungen zur vorzeitigen Besitzergreifung oder Ausübung der Rechte ermächtigt werden. Die vorzeitige Besitzeinweisung ist seit der Revision des Enteignungsgesetzes im Jahre 1971 schon möglich, bevor über die Einsprachen und Begehren nach Art. 7-10 EntG rechtskräftig entschieden ist, wobei zusätzlich vorausgesetzt wird, dass keine bei nachträglicher Gutheissung der Einsprachen nicht wiedergutzumachenden Schäden entstehen ( Art. 76 Abs. 4 EntG ). Dies muss mit Blick auf den Zweck der Gesetzesreform (vgl. BGE 115 Ib 22 E. 5a und dort zitierte Entscheide) auch gelten, wenn im Einspracheverfahren - wie hier - umstritten ist, welcher Art die an das Unternehmen abzutretenden Rechte seien oder wie sie im einzelnen ausgestaltet werden müssten. b) Der Umfang der vorzeitigen Besitzeinweisung bestimmt sich, wie der Schätzungskommissions-Präsident festgestellt hat, nach dem Werkplan, den Enteignungsplänen sowie nach dem - unter dem Gesichtspunkt der Dringlichkeit zu prüfenden - Bauprogramm. Entgegen dem angefochtenen Entscheid wird allerdings auch in Enteignungsverfahren, die losgelöst vom eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren ablaufen, für die vorzeitige BGE 116 Ib 241 S. 248 Besitzergreifung zunächst verlangt, dass der Stand des Plangenehmigungsverfahrens die Inangriffnahme der Bauarbeiten gestatte. Das ergibt sich für die altrechtlichen Verfahren aus Art. 34 der Verordnung über die Planvorlagen für Eisenbahnbauten vom 23. Dezember 1932 und für das neue sog. ordentliche Verfahren aus Art. 34 Abs. 1 der am 26. November 1984 revidierten Verordnung, welche beide den Baubeginn erst erlauben, wenn die Plangenehmigungsverfügung in Rechtskraft erwachsen ist. Dagegen muss nach unlängst ergangenem bundesgerichtlichem Urteil im sog. kombinierten Verfahren bei Weiterzug der vom Bundesamt für Verkehr erlassenen Plangenehmigungsverfügung nur der Departementsentscheid abgewartet werden ( BGE 115 Ib 424 ff.). Diese Ungenauigkeit der Erwägungen des Schätzungskommissions-Präsidenten ist jedoch unerheblich, sind doch im vorliegenden Fall die Plangenehmigungsverfügungen für den Bahnhof Museumstrasse längst rechtskräftig (Generelle Plangenehmigungsverfügung für die Zürcher S-Bahn vom 9. November 1983, Plangenehmigungsverfügung für die oberirdisch in Erscheinung tretenden Anlageteile im Bereich Museumstrasse vom 1. Oktober 1985 und Plangenehmigungsverfügung über den Um- und Ausbau des Annahmegebäudes des HB Zürich sowie über den Innenausbau des Bahnhofes Museumstrasse vom 26. März 1986). c) Aus den genannten Plangenehmigungsverfügungen ergibt sich, dass die Erstellung des ganzen die Bahn- und übrigen Anlagen aufnehmenden Baukubus bewilligt worden ist, der teils unter dem bestehenden Hauptbahnhof-Gebäude und teils unter der Museumstrasse liegt. Die vorzeitige Besitzergreifung hätte daher, wäre um sie ersucht worden, für das ganze Bauvolumen gewährt werden müssen. Die Frage, welche dinglichen Rechte den SBB schliesslich an der unterirdischen Baute zu übertragen seien und ob allenfalls gewisse Teile davon im Eigentum und Nutzen der Stadt Zürich verbleiben müssten, ist wie erwähnt nicht im Besitzeinweisungs-, sondern im Einspracheverfahren abzuklären. Für die Besitzeinweisung hätte die Feststellung genügt, dass der Enteigner für den Bau des Werkes über das ganze fragliche Bauvolumen sowie vorübergehend über den für die Bauarbeiten benötigten weiteren Boden verfügen musste. Eine Aussparung gewisser Flächen oder Räume, wie sie die Stadt Zürich verlangt, wäre denn auch aus bautechnischen Gründen nicht möglich gewesen. Im übrigen hätte auch die zusätzliche Bedingung von Art. 76 Abs. 4 EntG - dass keine nicht wiedergutzumachenden Schäden BGE 116 Ib 241 S. 249 verursacht werden - der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht entgegengestanden, da bei einer Gutheissung der Einsprache der Stadt Zürich lediglich finanzielle Verpflichtungen der Enteignerinnen entstehen, denen diese noch jederzeit nachkommen können. 5. Schliesslich hat der Schätzungskommissions-Präsident zu Recht bemerkt, das Besitzeinweisungsverfahren könne nicht der Ort sein, um darüber zu befinden, inwieweit die SBB in den unterirdischen Räumlichkeiten Nebenbetriebe im Sinne von Art. 39 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes (EBG) einrichten oder andere kommerzielle Tätigkeiten ausüben dürften und welchen gewerbe-, gesundheits- und wirtschaftspolizeilichen Vorschriften diese Betriebe unterstünden. Über solche Anstände entscheidet gemäss Art. 40 Abs. 1 lit. g EBG die Aufsichtsbehörde, somit das Bundesamt für Verkehr. Dass Auseinandersetzungen dieser Art auch entstehen können, wo keine Enteignung im Gange ist, braucht übrigens kaum betont zu werden, streiten sich doch die Parteien nicht nur über die Nebenbetriebe unter der Museumstrasse, sondern über alle im Hauptbahnhof Zürich einzurichtenden Geschäfte. Der Vollständigkeit halber sei beigefügt, dass die Prüfung der Frage, ob für die Nebenbetriebe ein Plangenehmigungsverfahren im Sinne von Art. 18 EBG durchzuführen sei oder diese gemäss Art. 18a EBG einer kantonalen Baubewilligung bedürften, ebenfalls nicht dem Schätzungskommissions-Präsidenten obliegt. Auch über solche Streitigkeiten entscheidet nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung die Aufsichtsbehörde ( Art. 40 lit. a EBG ), deren Verfügung beim Departement und schliesslich - da es um die Abgrenzung von kantonalem und Bundesrecht geht ( BGE 111 Ib 38 , nicht publ. E. 1) - mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden kann.
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Sachverhalt ab Seite 242 BGE 106 Ib 241 S. 242 Werner Zimmermann und Johann Steiner, beide Mieter einer Wohnung in Nähe des Flugplatzes Kloten, ersuchten im September 1973 den Kanton Zürich als Halter des Flughafens Zürich-Kloten um Eröffnung eines Enteignungsverfahrens und verlangten eine Entschädigung für die vom Flughafenbetrieb ausgehenden Immissionen. Der Kanton Zürich hielt die Entschädigungsbegehren für unbegründet, stellte jedoch an den BGE 106 Ib 241 S. 243 Präsidenten der Eidg. Schätzungskommission, Kreis 10, ein Gesuch um Einleitung des Schätzungsverfahrens. Dieser gab dem Begehren statt und setzte den Enteigneten Frist zur Anmeldung ihrer Entschädigungsansprüche an. Zimmermann und Steiner forderten vom Kanton für die bisherige Mietdauer bis 31. Dezember 1974 eine Kapitalzahlung sowie für die Zeit ab 1. Januar 1975 bis zur Auflösung des Mietvertrages eine jährliche Rente. Die Schätzungskommission wies die Entschädigungsbegehren mit der Begründung, ein materieller Schaden sei nicht nachgewiesen worden, vollständig ab. Gegen diesen Entscheid haben Zimmermann und Steiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Es ist unbestritten, dass dem Kanton Zürich als Inhaber der Konzession für den Flugplatz Kloten das Enteignungsrecht im Sinne von Art. 2 und 3 Abs. 2 EntG in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 LFG (nach alter, vor dem 1. Januar 1974 geltender Fassung) verliehen worden ist. Der Präsident der Schätzungskommission hat daher zu Recht auf Begehren des Kantons ein Enteignungsverfahren zur Beurteilung der angemeldeten Entschädigungsforderungen eröffnet. Ein Vorentscheid über die Rechtzeitigkeit der Forderungseingaben im Sinne von Art. 41 Abs. 2 EntG und Art. 19 V für die eidg. Schätzungskommissionen musste nicht gefällt werden, da die Verwirkung nach Art. 41 EntG nur dann eintreten kann, wenn bereits ein Enteignungsverfahren stattgefunden hat, d.h. wenn eine öffentliche Planauflage ( Art. 30 EntG ) durchgeführt oder den Betroffenen eine persönliche Anzeige (Art. 33 f. EntG) zugestellt worden ist, was hier beides nicht zutrifft (vgl. BGE 106 Ib 235 E. 2; BGE 105 Ib 9 ff. E. 2 mit Hinweisen). 2. Die auf Art. 679 und 684 ZGB gestützten zivilrechtlichen Klagen gegen den Grundeigentümer, der sein Eigentumsrecht überschreitet, stehen jedem zu, der durch die übermässigen Einwirkungen in der Nutzung, Benutzung oder Bewirtschaftung eines benachbarten Grundstückes beeinträchtigt wird; klageberechtigt ist also nicht bloss der Eigentümer eines Nachbargrundstückes, sondern auch der Obligatorisch Berechtigte - Mieter oder Pächter - sofern er am betroffenen Grundstück Besitz hat BGE 106 Ib 241 S. 244 ( BGE 59 II 136 f.; BGE 104 II 17 f. E. 1, BGE 83 II 379 f. E. 1, BGE 79 I 204 , BGE 75 II 120 ; MEIER-HAYOZ, N. 51 zu Art. 679 ZGB , N. 186 f. zu Art. 684 ZGB , HAAB, N. 10 zu Art. 679 ZGB , N. 14 zu Art. 684 ZGB , STARK, Das Wesen der Haftpflicht des Grundeigentümers nach Art. 679 ZGB , S. 195). Die Schätzungskommission hat hieraus den Schluss gezogen, dass Mieter und Pächter eines Grundstückes in der Eigenschaft als geschädigte Nachbarn auch im Enteignungsverfahren die gleiche Stellung einnähmen wie der Grundeigentümer. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Welche Entschädigungsansprüche in einem Enteignungsverfahren nach eidgenössischem Recht dem Eigentümer und welche den Mietern und Pächtern zustehen, bestimmt sich ausschliesslich nach dem Bundesgesetz über die Enteignung. Das gilt auch für die aus dem nachbarlichen Verhältnis entstehenden Ersatzansprüche für Immissionen (vgl. MEIER-HAYOZ, N. 75 zu Art. 679 ZGB ). 3. Um Unklarheiten zu vermeiden, hat der Gesetzgeber in Art. 5 EntG ausdrücklich festgehalten, dass neben den anderen dinglichen Rechten an Grundstücken auch die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte Gegenstand der Enteignung bilden können (vgl. HESS, N. 2 zu Art. 5 EntG ). Damit wird insbesondere auf das in Art. 679 und 684 ZGB umschriebene Recht des Grundeigentümers verwiesen, übermässige, von benachbarten Grundstücken ausgehende Immissionen abzuwehren. Gehen solche Immissionen von einem Werk aus, das im öffentlichen Interesse liegt und für welches dem Werkeigentümer das Enteignungsrecht verliehen wurde, und können die Einwirkungen nicht oder nur mit einem unverhältnismässigen Kostenaufwand vermieden werden, so steht dem betroffenen Nachbarn keine Unterlassungsklage zu, da seine Abwehransprüche dem vorrangigen öffentlichen Interesse am Unternehmen weichen müssen ( BGE 102 Ib 351 , BGE 100 Ib 195 E. 7a, BGE 96 II 348 f. E. 6, BGE 94 I 297 E. 6, BGE 93 I 300 ff., BGE 79 I 203 , BGE 62 I 269 , BGE 40 II 290 f.; vgl. auch BGE 105 Ib 14 ). Es bleibt dem Betroffenen einzig die Möglichkeit, für die Unterdrückung seines nachbarrechtlichen Abwehranspruches auf dem Enteignungswege gestützt auf Art. 5 EntG eine Entschädigung zu fordern. Diese Unterdrückung des Abwehranspruches ist nichts anderes als die - zwangsweise - Errichtung einer Grunddienstbarkeit auf dem Grundstück des Nachbarn zugunsten des Grundstücks des Werkeigentümers, deren Inhalt in der Pflicht zur Duldung der Immissionen besteht BGE 106 Ib 241 S. 245 (HESS, N. 3, 17, 23 zu Art. 5 EntG , MEIER-HAYOZ, N. 155 zu Art. 679 ZGB ; VPB 17, 144/45 Nr. 143). Nach Art. 91 EntG erwirbt der Werkeigentümer bzw. Enteigner die von ihm beanspruchte Dienstbarkeit durch die Bezahlung der Enteignungsentschädigung oder der nach Art. 19bis Abs. 2 EntG festgesetzten Anzahlung, ohne dass es der Eintragung ins Grundbuch bedürfte. Handelt es sich somit bei der Enteignung von Nachbarrechten um die zwangsweise Einräumung einer Servitut, so gelangen für die Bemessung der Entschädigung die Regeln über die Teilenteignung zur Anwendung. Der Enteignete hat Anspruch auf Ersatz des Minderwertes, den sein Grundstück durch die dingliche Belastung erleidet, d.h. auf die Vergütung der Wertdifferenz, die sich zwischen dem Verkehrswert des unbelasteten Grundstückes und jenem des belasteten Grundstückes ergibt ( Art. 19 lit. b EntG ; BGE 103 Ib 99 , BGE 102 Ib 176 ; ZBl 77/1976 S. 158; HESS, N. 16 zu Art. 19 EntG ). Die Enteignungsentschädigung ist vom ersten Auftreten der übermässigen Einwirkungen an zu verzinsen, da von diesem Zeitpunkt an die beanspruchten Rechte faktisch in Besitz genommen werden (vgl. Art. 76 Abs. 5 EntG ; nicht publ. Entscheid vom 8. Mai 1974 i.S. Knecht E. 6). Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der Entschädigungsanspruch für die Auferlegung der Dienstbarkeit und die mit der Immissionsduldungspflicht verbundene Entwertung des belasteten Grundstücks nur dem Grundeigentümer, dem Träger des enteigneten dinglichen Rechtes, zustehen kann. 4. Nach Art. 5 Abs. 1 EntG können indessen neben den dinglichen Rechten an Grundstücken auch die persönlichen - obligatorischen - Rechte von Mietern und Pächtern des von der Expropriation betroffenen Grundstückes Enteignungsobjekt sein. Hiezu wird in Art. 23 Abs. 2 EntG bestimmt, dass Mieter und Pächter Ersatz allen Schadens verlangen können, der ihnen aus der vorzeitigen Aufhebung ihrer vor Einleitung des Enteignungsverfahrens abgeschlossenen Miet- und Pachtverträge entsteht. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit den Mietern und Pächtern auf Grund dieser Bestimmungen auch ein Entschädigungsanspruch für Immissionen zustehe. a) Das Bundesgericht anerkannte noch unter dem alten Enteignungsrecht eine Verpflichtung des Enteigners, den Mietern und Pächtern den durch die Enteignung bedingten, aus der vorzeitigen Auflösung der Verträge entstehenden Schaden zu BGE 106 Ib 241 S. 246 ersetzen, obschon das Bundesgesetz vom 1. Mai 1850 keine entsprechende Vorschrift enthielt (vgl. Geschäftsbericht des Bundesgerichtes für das Jahr 1874, BBl 1875 I S. 146 f.; BGE 8 S. 302 f. und 21 S. 401 ff. E. 2, 3). Anknüpfend an diese Rechtsprechung sah JAEGER in seinem Entwurf für ein neues Enteignungsgesetz den Grundsatz vor, dass die Enteignungsentschädigung auch den Schaden umfasse, "der Mietern und Pächtern des Enteigneten infolge der Enteignung notwendig entsteht" (Art. 10 Ziff. 4 des Vorentwurfes; Erläuternder Bericht zum Vorentwurf, S. 25 f.). Ins Gesetz wurde schliesslich der eingeschränktere Text von Art. 23 Abs. 2 EntG aufgenommen, und zwar auf Anregung der Sekundärbahnen hin, welche den Schadenersatzanspruch der Mieter und Pächter auf den Fall der vorzeitigen Auflösung des bestehenden Vertrages beschränken wollten (vgl. Ergänzender Bericht zum zweiten Entwurf JAEGER, S. 18 f.). Das heisst nun allerdings nicht, dass nach geltendem Recht eine Entschädigung nur bei vorzeitiger Vertragsauflösung zu leisten sei. Eine Entschädigungspflicht des Enteigners kann sich auch in jenen Fällen ergeben, in denen die den Mietern und Pächtern aus dem Vertrag zustehenden Rechte eingeschränkt werden, d.h. der vertragsgemässe Gebrauch der Sache beeinträchtigt wird. Bei der Auslegung von Art. 23 Abs. 2 EntG ist nämlich der erst im Laufe der parlamentarischen Beratungen ins Gesetz eingefügte Art. 5 Abs. 2 EntG mitzuberücksichtigen, wonach die Gegenstand der Enteignung bildenden Rechte "dauernd oder vorübergehend entzogen oder beschränkt" werden können, ohne dass eine Unterscheidung zwischen dinglichen und obligatorischen Rechten getroffen würde. So ist bereits in BGE 93 I 303 E. 4 (letzter Absatz) festgehalten worden, dass die als Folge der Enteignung eintretende Schmälerung des vertragsgemässen Gebrauches (Störung eines Hotelbetriebes durch Bauarbeiten an der Nationalstrasse) für den Enteigner eine Entschädigungspflicht auslösen kann. Auch bei solchen Eingriffen des Enteigners in Miet- und Pachtverhältnisse bilden nicht dingliche Rechte an Grundstücken - einschliesslich des Abwehranspruches gegenüber Immissionen - das Enteignungsobjekt, sondern das durch den Vertrag verliehene Recht auf ungestörten Gebrauch und volle Nutzung der Miet- oder Pachtsache. Zwar hat das Bundesgericht in BGE 93 I 302 E. 4 (zweiter Absatz) selbst erklärt, der Mieter sei deshalb für die Immissionen zu entschädigen, weil BGE 106 Ib 241 S. 247 der obligatorisch Berechtigte gleich wie der Eigentümer auf Unterlassung der übermässigen Einwirkungen klagen könne. Wie bereits dargelegt, ist jedoch die zivilrechtliche Stellung der Mieter und Pächter nicht bestimmend für deren Rechtsstellung im Enteignungsverfahren; diese wird allein durch das Enteignungsrecht umschrieben. Nach dem Enteignungsgesetz steht aber dem Mieter oder Pächter, falls ihm die in Art. 679 ZGB vorgesehenen Rechtsbehelfe gegen übermässige Immissionen nicht zur Verfügung stehen, nur dann und insoweit ein Anspruch auf Schadenersatz zu, als durch die Enteignung des Grundeigentümers und Vertragspartners in seine vertragliche Rechte eingegriffen wird. b) Daraus folgt, dass der Entschädigungsanspruch von Mietern und Pächtern nicht über den Wert dessen hinausgehen kann, was ihnen an Gebrauchs- und Nutzungsrechten nach Inhalt und Dauer des abgeschlossenen Vertrages tatsächlich zusteht. In dieser Hinsicht hat das Bundesgericht in Übereinstimmung mit der Lehre entschieden, dass dem obligatorisch Berechtigten keine Entschädigung zu entrichten ist, wenn der Enteigner in den Vertrag eintritt, ihn auf einen vertragsgemässen Termin kündigt und dem Mieter oder Pächter bis zu diesem Zeitpunkt den vollen Gebrauch der Sache überlässt. So kann sich der Mieter oder Pächter den Vermögensnachteil nicht ersetzen lassen, den er dadurch erleidet, dass er bis zum nächsten Kündigungstermin ein neues, ihm genehmes Vertragsverhältnis nicht mehr eingehen oder dass er das Geschäftsinventar nicht vollständig abschreiben kann. Solche Schäden stehen in keinem kausalen Zusammenhang mit der Enteignung; sie sind eine Folge zu kurzer Vertragsdauer oder Kündigungsfristen ( BGE 95 I 309 f.). Der Enteigner hat für rein tatsächliche Nachteile nicht einzustehen und braucht sich, wie das Bundesgericht hervorgehoben hat, nicht entgegenhalten zu lassen, dass der Vertrag, hätte die Enteignung nicht stattgefunden, möglicherweise erneuert worden wäre (zit. Entscheid S. 311 E. 3). Diese Rechtsprechung ist im nicht veröffentlichten Entscheid vom 8. Juli 1970 i.S. Azienda elettrica ticinese c. Bontà bestätigt und dem enteigneten Pächter jede Entschädigung über die Vertragsdauer hinaus verweigert worden, obschon nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge damit zu rechnen war, dass der seit mehr als dreissig Jahren bestehende Vertrag weiterhin verlängert worden wäre (E. 2 und 3; vgl. auch BGE 106 Ib 226 f. E. 2). BGE 106 Ib 241 S. 248 Gleiches muss gelten, wenn die dem Mieter oder Pächter zustehenden vertraglichen Rechte durch die Enteignung nicht vorzeitig aufgehoben, sondern nur beschränkt werden. Auch in diesen Fällen ist eine Entschädigung nur für die Zeit bis zum Vertragsablauf oder bis zu einem Kündigungstermin geschuldet. Es ist unerheblich, ob der Vertrag auf diesen Zeitpunkt tatsächlich aufgelöst oder ob er erneuert werde. Ausschlaggebend ist einzig, dass der Mieter Oder Pächter bei Vertragserneuerung eine Zinsreduktion verlangen kann, falls seiner Meinung nach das Miet- oder Pachtobjekt infolge der Enteignung an Wert verloren hat. Die gleiche Meinung hat schon JAEGER, der Verfasser des Vorentwurfes, in seinem Bericht vom Oktober 1916 vertreten, wo er zum Entschädigungsanspruch des Pächters bei Errichtung eines Durchleitungsrechtes auf dem Pachtgrundstück wörtlich ausführte: "Man wird eben, wenn der Pachtvertrag und die Servitutsdauer nicht zusammenfallen, dem Pächter nur für die Dauer seines Vertrages, bzw. bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit, eine Entschädigung zusprechen. Will er dann nachher das Verhältnis fortsetzen, so kann er ja vorher eine Reduktion des Pachtzinses verlangen (Ergänzender Bericht S. 19)." Auch die deutsche Lehre und Rechtsprechung wendet übrigens im wesentlichen die gleichen Grundsätze an (vgl. Entscheide des Bundesgerichtshofes vom 11. Mai 1967 und 1. Juli 1968, wiedergegeben in THIEL/GELZER, Baurechtssammlung, Bd. 19 Nr. 145 und 146; GELZER/BUSSE, Der Umfang des Entschädigungsanspruches aus Enteignung und enteignungsgleichem Eingriff, S. 182 N. 605-607; AUST/JACOBS, Die Enteignungsentschädigung, S. 74 ff., 106). c) Nach Art. 23 Abs. 2 EntG können Mieter und Pächter nur den Ersatz des Schadens verlangen, der ihnen aus der vorzeitigen Auflösung ihrer vor Einleitung des Enteignungsverfahrens abgeschlossenen Verträge entsteht. Art. 25 EntG schliesst zudem in allgemeiner Weise jede Entschädigung für Rechte und Ansprüche aus, die durch widerrechtliche oder missbräuchliche Handlungen oder nur zu dem Zwecke begründet wurden, eine Entschädigung zu erwirken. Wenn nun, wie dargelegt, eine Entschädigung nicht nur im Falle vorzeitiger Auflösung der Miet- und Pachtverträge geschuldet wird, sondern auch dann, wenn die vertraglichen Gebrauchs- und Nutzungsrechte geschmälert werden, so ergibt sich aus diesen Bestimmungen, dass für Beeinträchtigungen, die schon bei Vertragsschluss BGE 106 Ib 241 S. 249 bestanden haben, kein Ersatzanspruch erhoben werden kann. Allerdings ist Art. 23 Abs. 2 EntG , sofern Immissionsentschädigungen im Spiele sind, nicht in dem Sinne zu verstehen, dass die Entschädigungspflicht nur für jene Verträge dahinfalle, die erst nach formeller Verfahrenseröffnung abgeschlossen werden; massgebend muss hier der Zeitpunkt des Immissionseintrittes sein. Da ein Werkeigentümer kaum aus eigenem Antrieb ein Verfahren zur ausschliesslichen Abgeltung von Immissionen einleiten wird - schon weil er die Enteigneten nicht kennt (vgl. HESS, N. 4 zu Art. 5 EntG ) - und es in der Regel den Betroffenen obliegt, ein Gesuch um Verfahrenseröffnung zu stellen, ist in solchen Fällen der Zeitpunkt der formellen Verfahrenseinleitung mehr oder weniger zufällig. Die zu enteignenden Rechte der Nachbarn werden indessen, sobald Immissionen auftreten, vom Werkeigentümer faktisch in Besitz genommen. Dieser Eingriff des Enteigners ist, wie hinsichtlich der Verzinsungspflicht schon dargelegt (E. 3a), der vorzeitigen Inbesitznahme im Sinne von Art. 76 EntG gleichzustellen. Immissionen sind ausserdem ihrem Wesen nach wahrnehmbar und somit publik; sie können den Vertragsschliessenden nicht unbekannt sein. Wenn auch diese Form der Publizität nicht genügt, um die in Art. 41 EntG vorgesehene Verwirkungsfrist auszulösen, da dieser Rechtsnachteil den Enteigneten ausdrücklich angedroht werden muss, so unterliegen doch die Entschädigungsbegehren für Immissionen vom Zeitpunkt des Schadenseintritts an der Verjährung ( BGE 105 Ib 9 ff. E. 2, 15 ff. E. 3d). Bestehen bei Vertragsabschluss die von einem öffentlichen Werk herrührenden Beinträchtigungen schon, so kann der Mieter oder Pächter diesem Umstand bei der Zinsfestsetzung Rechnung tragen und wird in der Regel nicht den gleichen Zins bezahlen, den er für den ungestörten Gebrauch der Sache zu leisten bereit gewesen wäre. Nimmt er seine eigenen Interessen in dieser Hinsicht nicht wahr, so kann er sich nicht nachträglich am Enteigner schadlos halten. Wenn für Mieter und Pächter im Enteignungsverfahren die Möglichkeit geschaffen wurde, ihre Ersatzbegehren direkt an den Enteigner zu richten, so geschah dies einzig zur Vermeidung der Schwierigkeiten, die entstünden, wenn die Geschädigten mit ihren Ersatzansprüchen an den Grundeigentümer verwiesen würden, den an der Nichteinhaltung der Verträge keine Schuld trifft (vgl. Botschaft des BGE 106 Ib 241 S. 250 Bundesrates zum Bundesgesetz über die Enteignung, BBl 1926 II S. 37). Dagegen war es wohl kaum die Absicht des Gesetzgebers, die Mieter und Pächter ihrer Sorgfaltspflichten zu entledigen die ihnen bei Abschluss oder Erneuerung eines Vertrags obliegen, noch wollte er ihr Stillhalten dem Eigentümer gegenüber damit honorieren, dass er ihnen die Mittel zur - jederzeitigen - Haftbarmachung des Staates als Werkeigentümer zur Verfügung stellt. d) Werden Mieter und Pächter von übermässigen Immissionen eines öffentlichen Werkes betroffen, so besteht demnach eine Entschädigungspflicht des Enteigners nur, sofern die Einwirkungen während der Dauer des Miet- oder Pachtverhältnisses eingetreten sind, und lediglich für die Zeit bis zum Ablauf des Vertrages oder bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit. Eine Haftung des Enteigners ist ausgeschlossen, wenn die Immissionen bei Vertragsabschluss schon bestanden haben. 5. Der Beschwerdeführer Steiner mietete die Wohnung in Rümlang ab 1. September 1958. Der Vertrag war, unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist, erstmals auf den 31. März 1959 und im folgenden jeweils auf Ende März, Ende Juni oder Ende September kündbar. Eine ähnliche Regelung galt für den Mietvertrag des Beschwerdeführers Zimmermann: Die Miete begann am 1. Mai 1967 und konnte durch Kündigung auf Ende März, Ende Juni oder Ende September, jedoch frühestens auf den 30. Juni 1968 aufgelöst werden. Beide Beschwerdeführer fordern eine Entschädigung für die ganze Mietdauer; das heisst, dass übermässige Immissionen ihrer Ansicht nach bereits bei Mietbeginn bestanden. Hiezu wurde zwar ausgeführt, die Beschwerdeführer hätten bei Vertragsschluss von den Immissionen nichts gewusst Oder seien sich jedenfalls über das Ausmass der vom Flughafen ausgehenden Belästigungen nicht im klaren gewesen. Diese Behauptung ist jedoch kaum glaubhaft und steht im Widerspruch zu dem, was die Beschwerdeführer an anderer Stelle vorgebracht haben, nämlich dass sie sich beim Einzug in die Wohnungen auf die Erklärungen der Zürcher Behörden hätten verlassen dürfen, wonach der Flugzeuglärm im Laufe der Jahre keine Steigerung, sondern eher eine Milderung erfahren werde. Die Entschädigungsbegehren sind daher schon abzuweisen, weil die von den Beschwerdeführern als übermässig bezeichneten Einwirkungen bei Vertragsabschluss bereits bestanden haben. BGE 106 Ib 241 S. 251 Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Immissionen erst während der Dauer der Miete ein Übermass erreicht hätten, könnte die Beschwerde wegen ungenügender Substantiierung der Schadenersatzbegehren nicht gutgeheissen werden. Angaben über eine Verschärfung der Einwirkungen, über deren Intensität sowie über die Schadenelemente im einzelnen haben die Beschwerdeführer nicht gemacht. Es kann aber nicht Aufgabe des Enteignungsrichters sein, anstelle des Enteigneten den Schadensnachweis zu erbringen. Zudem erstrecken sich hier die Beeinträchtigungen, für welche der Enteigner einzustehen hat, nur auf eine sehr kurze Zeit, im für die Enteigneten günstigsten Falle auf die ganze Zeit zwischen zwei Kündigungsterminen, also höchstens auf eine Dauer von drei bzw. sechs Monaten. Störungen gleicher Dauer, wie sie von irgendeiner Baustelle ausgehen können, müssen in der Regel von Grundeigentümern und Mietern entschädigungslos hingenommen werden. Damit will das Bundesgericht das Problem der Flugplatz-Immissionen nicht etwa minimalisieren und nicht bestreiten, dass weite Teile der Bevölkerung erheblich unter dem Fluglärm leiden. Es will einzig klarstellen, dass die mit der Beschwerde verfolgten Ziele der Lärmbekämpfung den Rahmen des Enteignungsgesetzes sprengen, auf welches bei der Beurteilung der Entschädigungsbegehren, die die Beschwerdeführer eingereicht haben, ausschliesslich abzustellen ist. Die Beschwerden sind somit vollständig abzuweisen, ohne dass die Frage zu beantworten wäre, ob die hier umstrittenen Immissionen im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung übermässig gewesen seien und an sich einen Schadenersatzanspruch hätten begründen können.
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Sachverhalt ab Seite 271 BGE 102 Ib 271 S. 271 Emil Keller hatte 1953 auf seinem in Altendorf/SZ gelegenen Grundstück GB Nr. 209 ein Zweifamilienhaus gebaut, in welchem er ein Schneideratelier betreibt und mit seiner Familie wohnt. Das Haus befindet sich heute rund 25 m von der Nationalstrasse N 3 entfernt, die am 30. November 1973 dem Verkehr geöffnet wurde. Unter Berufung auf übermässige, vom Betrieb der N 3 herrührende Lärmimmissionen stellte Keller beim Kanton Schwyz das Gesuch um Ausrichtung einer Entschädigung von Fr. 26'000.--; der sich auf Fr. 130'000.-- belaufende Verkehrs- und Handelswert seines Grundstückes sei um mindestens 20% gesunken. BGE 102 Ib 271 S. 272 Am 14. März 1975 beantragte der Kanton Schwyz der Eidg. Schätzungskommission 9. Kreis (ESchK) die Abweisung dieser Forderung. Im Einverständnis mit den Parteien beauftragte die ESchK den Leiter der Lärmbekämpfungsstelle der Stadtpolizei Luzern, im Hause des Enteigneten Lärmmessungen durchzuführen. Der Experte gelangte in seinem am 12. Juni 1975 erstatteten Bericht zum Schluss, der Verkehrslärm im Hause des Enteigneten übersteige heute die Grenze des Erträglichen, vermindere die Leistungsfähigkeit während der Arbeitszeit und störe die Nachtruhe. An der Schätzungsverhandlung schlossen die Parteien einen Teilvergleich ab, worin sie "ohne Präjudiz für eine Entschädigungspflicht zu Lasten des Enteigners" sich damit einverstanden erklärten, den Verkehrswert des Hauses des Enteigneten mit Fr. 135'000.-- anzunehmen. Am 4. Dezember 1976 wies die ESchK das Begehren des Enteigneten ab, überband die Verfahrenskosten dem Enteigner und sprach dem Enteigneten eine Parteientschädigung zu; sie bejahte aufgrund des eingeholten Gutachtens die besondere Schwere und Intensität der Lärmeinwirkung, verneinte dagegen die Spezialität. Keller beantragt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, das Urteil der ESchK vom 4. Dezember 1975 aufzuheben und den Kanton Schwyz zur Bezahlung einer Entschädigung von Fr. 27'000.--, nebst Zins seit 26. August 1974, zu verurteilen. ESchK und Kanton Schwyz beantragen Abweisung der Beschwerde. Am 25. Mai 1976 führte die Instruktionskommission des Bundesgerichtes zusammen mit dem Oberexperten Prof. W. Furrer an Ort und Stelle einen Augenschein durch, um die Frage der Notwendigkeit von Lärmmessungen zu klären, nachdem sich der von der ESchK eingeholte Expertenbericht als nicht schlüssig erwiesen hatte. Aufgrund der Ergebnisse des Augenscheins und der in früheren Fällen gemachten praktischen Erfahrungen wurde sodann den Parteien ohne vorherige neue Lärmmessungen ein Vergleichsvorschlag unterbreitet, der vom Beschwerdeführer angenommen, vom Kanton Schwyz aber abgelehnt wurde. Daraufhin wurde der Oberexperte Prof. Furrer mit der Durchführung und Auswertung neuer Lärmmessungen betraut. Der Bericht wurde vom Sachverständigen am 14. September 1976 erstattet. Am 23. November 1976 fand in Gegenwart des vorgenannten Experten sowie des Oberexperten Architekt Th. Rimli ein zweiter BGE 102 Ib 271 S. 273 Augenschein statt. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Nach der Rechtsprechung ist eine Entschädigung für Nachteile aus Immissionen nur geschuldet, wenn diese schwer und intensiv sind, den Eigentümer in besonderer Weise treffen und nicht vorhergesehen werden konnten ( BGE 94 I 300 , BGE 95 I 493 , BGE 98 Ib 331 , BGE 100 Ib 201 , BGE 101 Ib 407 ). 2. Die ESchK erklärt in ihrem Entscheid, die Frage der Nichtvorhersehbarkeit des Schadens offen lassen zu wollen. Indessen hat sie unter dem Titel der Spezialität des Schadens ausgeführt, Keller habe das Haus nicht in einer abgeschiedenen und äusserst ruhigen Gegend, sondern am südlichen Dorfrand und damit im Bereich einer Siedlung gebaut. Er habe deshalb "damit rechnen" müssen, dass das Dorf sich ausdehnen und der Verkehr zunehmen werde; Keller könne sich infolgedessen nicht darauf berufen, er werde durch die Immissionen in ganz besonderer Weise betroffen, "weil er ohne den Bau der Autobahn damit habe rechnen können, seinen Beruf weiterhin an einem stillen und abgelegenen Ort ausüben zu können". Das sind jedoch ihrem Inhalt nach Überlegungen, die nicht die Spezialität, sondern die Voraussehbarkeit des Schadens berühren und diese verneinen. Übrigens zielt auch der Kanton Schwyz mit seinem Hinweis auf BGE 98 Ib 331 in dieselbe Richtung. a) Im letztgenannten Entscheid wurde ausgeführt, dass wegen der "concentrations urbaines" und der starken Entwicklung des Automobilverkehrs jeder Eigentümer eines Wohnhauses im Umkreis einer bedeutenden Agglomeration ("importante agglomération") damit rechnen muss, dass Strassen in unmittelbarer Nähe verlegt, verbessert oder vergrössert werden. Damit wurde im damaligen Fall auf die Agglomeration Lausanne und die unmittelbare Nähe einer Kantonsstrasse Bezug genommen. Zudem war schon zuvor in BGE 95 I 495 der Begriff der Agglomeration und ihrer näheren Umgebung dahin verdeutlicht worden, dass darunter das Zentrum einer Ortschaft bzw. der Stadtkern und dessen nächste Umgebung zu verstehen seien. b) Im vorliegenden Fall steht nicht eine bedeutende Agglomeration BGE 102 Ib 271 S. 274 in Frage, und es liegt überdies das Haus des Beschwerdeführers nicht im Ortskern oder in dessen unmittelbarer Umgebung. Vielmehr stellt die ESchK selber fest und wird auch vom Enteigner nicht bestritten, dass es sich am südlichen Rand des Dorfes befindet. Es kann daher nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe im Jahre 1953, als er das Haus baute, damit rechnen müssen, dass eines Tages in dessen unmittelbarer Nähe eine Autobahn gebaut würde. Daran ändert auch nichts, dass das Haus an der Schlipfstrasse steht. Bei dieser handelt es sich um eine kleinere Quartierstrasse ohne Industrie- und Gewerbeverkehr, die der Zufahrt zu einigen Bauernhöfen und vereinzelten Wohnhäusern dient. 3. a) Die Voraussetzung der Spezialität des Schadens ist nach neuester Rechtsprechung erfüllt, wenn die Einwirkung ausserhalb des Normalen liegt. Das trifft in der Regel zu, wenn sich der Lärm in stochastischen Geräuschen äussert ( BGE 100 Ib 205 ) und er die von der Eidg. Expertenkommission für Lärmfragen aufgestellten Grenzrichtwerte klar übersteigt. Dabei wurde hervorgehoben, dass ein sich in solchen Geräuschen äussernder Lärm vom Menschen nur sehr schwer oder überhaupt nicht programmiert wird, dieser sich also an ihn nicht gewöhnt, und dass vor allem die Lärmspitzen während der Nacht als äusserst störend empfunden werden, wenn sie über die bei 45-50 dB (A) liegende Weckschwelle deutlich hinausgehen. Entsprechend wurde die Übermässigkeit der Lärmeinwirkung als gegeben erachtet, wenn diese Spitzen den Grenzrichtwert um 9 und mehr dB (A) überschreiten ( BGE 101 Ib 407 ). b) Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass das Haus des Beschwerdeführers sich vor dem Bau der N 3 in einer ausgesprochen ruhigen Wohnlage befunden hat. Es sind deshalb die für ruhige Wohnzonen gültigen Grenzrichtwerte zugrunde zu legen, nämlich für den Tag L 50 = 55 dB (A) und L 1 = 65 dB (A), für die Nacht L 50 = 45 dB (A) und L 1 = 55 dB (A). Nach dem Expertenbericht Furrer wird auf der der Nationalstrasse zugekehrten Südseite des Erdgeschosses zwar der massgebliche Richtwert L 1 während fünf Wochentagen durchschnittlich um 10 dB (A) überschritten, doch nur zur Nachtzeit (22.00-06.00 Uhr) (Messort 1). Da sich im Erdgeschoss auf der Südseite die Stube und das Schneideratelier BGE 102 Ib 271 S. 275 befinden, die beide abends nicht oder nur während einer kurzen 22.00 Uhr überschreitenden Zeitspanne benutzt werden, kann insoweit von einer speziellen Schädigung nicht gesprochen werden. Die Arbeitstätigkeit während des Tages aber wird durch die Lärmeinwirkung auf die genannten Räume nicht in rechtlich erheblichem Masse beeinflusst, weil der maximal zulässige Schallpegel für Büroarbeiten und vergleichbare Tätigkeiten bei 70 dB (A) liegt und dieser kritische Wert in casu nach den durchgeführten Messungen nicht erreicht wird. Im 1. Stock wurden in den östlich gelegenen Schlafzimmern (Messort 2) keine Überschreitungen der Grenzrichtwerte gemessen, die den Anforderungen eines speziellen Schadens genügen würden. Sie liegen samt und sonders unter 9 dB (A). Dagegen überschreitet die Lärmeinwirkung auf der Westseite, auf welcher sich ebenfalls Schlafzimmer befinden (Messort 3), nachts den Richtwert L 50 um 4-9 dB (A), denjenigen von L 1 um 6-11 dB (A), wobei nach den am zweiten Augenschein vom genannten Experten gemachten ergänzenden Angaben die durchschnittliche Überschreitung des Richtwertes L 1 - ohne Berücksichtigung der am Samstag, den 9. August 1975 gemessenen Spitzenwerte - bei 9 dB (A) liegt. Hinsichtlich der auf der Westseite des 1. Stockwerks gelegenen Schlafzimmer ist demnach der für die Bejahung der Spezialität des Schadens massgebende kritische Wert im Sinne der Rechtsprechung gegeben ( BGE 101 Ib 407 ). Eine Kompensation dieses Wertes durch die an den zwei anderen Messorten ermittelten tieferen Werte fällt ausser Betracht, weil die im oberen Stockwerk bestehende spezielle Schädigung nicht dadurch aus der Welt geschafft wird, dass beispielsweise im Erdgeschoss ein solcher Schaden nicht besteht. c) Die Auffassung der ESchK und des Enteigners, wonach die Voraussetzung der Spezialität zu verneinen sei, weil neben dem Beschwerdeführer auch noch andere Eigentümer in gleicher Weise betroffen würden, geht fehl. Sie würde zu höchst unbilligen Ergebnissen führen und widerspricht auch klarerweise der geltenden Rechtsprechung (vgl. BGE 95 I 491 mit sieben Enteigneten am gleichen Strassenzug, Urteil i.S. Knecht und Kons. vom 8. Mai 1974 mit elf Enteigneten an der gleichen SBB-Linie). 4. Gemäss bundesgerichtlicher Praxis bildet das Ausmass BGE 102 Ib 271 S. 276 der Überschreitung der Grenzrichtwerte auch eine entscheidende Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob noch ein rechtlich erheblicher und damit zu entschädigender Minderwert gegeben sei. Der Oberexperte Rimli hat deshalb in Berücksichtigung der von Prof. Furrer ermittelten übermässigen Lärmeinwirkung auf die zwei westlichen Schlafzimmer des oberen Stockwerks sowie des Umstandes, dass eine Zimmerumlegung auf eine ruhigere Gebäudeseite als Möglichkeit einer Schadensabwendung ausser Betracht fällt, den Minderwert auf 10% geschätzt. Dieser Wert hält sich im Rahmen des von der Praxis ausgebildeten Rastersystems und reicht zur Annahme eines schweren Schadens noch aus ( BGE 101 Ib 408 /409). Da der Verkehrswert von den Parteien vergleichsweise auf Fr. 135'000.-- angesetzt worden war, berechnete der genannte Experte die Minderwertsentschädigung auf Fr. 13'500.--. Dieser Betrag entspricht nach der Schätzung des Sachverständigen ungefähr den Kosten, welche der Beschwerdeführer für bauliche Massnahmen (Isolierfenster und Lüftungsaggregat) zur Dämpfung der übermässigen Lärmeinwirkungen aufwenden müsste. Da die Schätzung des Experten weder unhaltbar noch lückenhaft ist, noch gegen den Grundsatz der vollen Entschädigung verstösst, ist dem Beschwerdeführer ein Betrag von Fr. 13'500.-- zuzusprechen.
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Sachverhalt ab Seite 232 BGE 108 V 232 S. 232 Anlässlich eines Revisionsverfahrens hob die Schweizerische Ausgleichskasse mit Verfügung vom 2. Dezember 1981 die ganze Invalidenrente des Armando Binder auf, wobei einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen wurde. Der Vermerk über den Entzug des Suspensiveffektes befand sich auf der Rückseite des auf der Vorderseite unterzeichneten Verfügungsschreibens. BGE 108 V 232 S. 233 Auf Beschwerde des Versicherten hin stellte der Präsident der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich fest, die auf der Rückseite der angefochtenen Kassenverfügung angeordnete Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei nichtig (Entscheid vom 28. Mai 1982). Die Ausgleichskasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, es sei in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides der Entzug des Suspensiveffektes wiederherzustellen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Vorinstanz ging bei ihrer Annahme, die Aberkennung des Suspensiveffektes sei nichtig, im wesentlichen davon aus, der Entzug der aufschiebenden Wirkung befinde sich auf der Rückseite der Verfügung, wo sich auch im Vordruck die Rechtsmittelbelehrung befinde; lediglich ganz zuunterst auf der Vorderseite stehe der ebenfalls formularmässige Vermerk "siehe Rückseite"; der Entzug der aufschiebenden Wirkung sei somit durch die auf der Vorderseite befindliche Unterschrift der Ausgleichskasse nicht gedeckt. Nach herrschender Lehre und Praxis zum Allgemeinen Teil des schweizerischen Obligationenrechts habe die Unterschrift aber den Abschluss der Urkunde zu bilden und an deren Ende zu stehen; fehle es hieran, sei Nichtigkeit die Folge. Diese Grundsätze hätten auch im öffentlichen Recht Gültigkeit. b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat in BGE 105 V 248 in bezug auf Beitragsverfügungen der Ausgleichskassen die Unterschrift nicht als Gültigkeitserfordernis betrachtet und in diesem Zusammenhang u.a. festgehalten, dass eine analoge Anwendung der zivilrechtlichen Bestimmungen über die Schriftform hier nicht angängig sei, da diese Bestimmungen von ganz anderen Voraussetzungen ausgehen ( BGE 105 V 253 ). Ähnliche Überlegungen verbieten es, das zivilrechtliche Erfordernis, wonach die Unterschrift den Abschluss der Urkunde bilden soll, bei Rentenverfügungen der Invalidenversicherung als Gültigkeitsvoraussetzung zu betrachten. Gilt es nämlich bei Privatrechtsgeschäften Unklarheiten darüber zu vermeiden, ob und in welchem Umfang schriftlich festgehaltene Willenserklärungen dem Aussteller der Urkunde zuzurechnen sind - weshalb die im Text enthaltene Erklärung schon der äusseren Erscheinung nach durch die Unterschrift gedeckt sein soll -, entfällt bei Rentenverfügungen in aller Regel diese Schwierigkeit; denn die von Art. 91 Abs. 1 IVV verlangte Form der Schriftlichkeit BGE 108 V 232 S. 234 bietet genügend Gewähr dafür, dass die verfügten Anordnungen einer bestimmten Amtsstelle zugerechnet werden können.
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Erwägungen ab Seite 43 BGE 141 III 43 S. 43 Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe ihr Gesuch um Widerruf des Konkurses zu Unrecht nicht gutgeheissen. Sämtliche Forderungsbeträge der Gläubiger seien beglichen und auch der Organisationsmangel, der zur Auflösung der Beschwerdeführerin geführt habe, sei in der Zwischenzeit behoben worden. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hätte die Vorinstanz deshalb den Konkurs in analoger Anwendung von Art. 195 SchKG widerrufen müssen. 2.1 Die Vorinstanz führte aus, dass der rechtskräftige Auflösungsentscheid vom 18. September 2012 nicht aufgrund des SchKG ergangen sei. Es habe damit auch gar keine Konkurseröffnung nach SchKG stattgefunden, womit ein Widerruf nach den Bestimmungen des SchKG ausgeschlossen sei. In der Lehre werde zwar die Auffassung vertreten, dass eine analoge bzw. "modifizierte Anwendung" von Art. 195 SchKG möglich sei, sofern einerseits der Mangel in der Organisation nach Massgabe der anwendbaren Bestimmungen nachträglich behoben worden ist und andererseits die Voraussetzungen von Art. 195 SchKG gegeben sind (FRANCO LORANDI, Konkursverfahren über Handelsgesellschaften zufolge Organisationsmangel [ Art. 731b OR ], BlSchK 2012 S. 49 f.). Gleichwohl sehe Art. 731b OR keine Möglichkeit vor, den rechtskräftigen und vollstreckbaren gerichtlichen Auflösungsentscheid nachträglich zu widerrufen. 2.2 2.2.1 Fehlt der Gesellschaft eines der vorgeschriebenen Organe oder ist eines dieser Organe nicht rechtmässig zusammengesetzt, so kann BGE 141 III 43 S. 44 ein Aktionär, ein Gläubiger oder der Handelsregisterführer dem Richter beantragen, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen ( Art. 731b Abs. 1 OR ). Der Richter kann insbesondere der Gesellschaft unter Androhung ihrer Auflösung eine Frist ansetzen, binnen derer der rechtmässige Zustand wieder herzustellen ist (Abs. 1 Ziff. 1), das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen (Abs. 1 Ziff. 2) oder die Gesellschaft auflösen und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs anordnen (Abs. 1 Ziff. 3). Bei diesem Organisationsmängelverfahren handelt es sich gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung um ein streitiges Verfahren (Urteil 4A_321/2008 vom 5. August 2010 E. 2), welches im Summarium durchzuführen ist ( BGE 138 III 166 E. 3.9 S. 172 f.). 2.3 2.3.1 Ordnet der Richter gestützt auf Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR die Auflösung der Gesellschaft und deren Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs an, wird ein normales Konkursverfahren durchgeführt (Urteil 5A_137/2013 vom 12. September 2013 E. 1.2.2). 2.3.2 Gemäss Art. 195 Abs. 1 SchKG widerruft das Konkursgericht den Konkurs und gibt dem Schuldner das Verfügungsrecht über sein Vermögen zurück, wenn dieser nachweist, dass sämtliche Forderungen getilgt sind (Ziff. 1), er von jedem Gläubiger eine schriftliche Erklärung vorlegt, dass dieser seine Konkurseingabe zurückzieht (Ziff. 2), oder ein Nachlassvertrag zustande gekommen ist (Ziff. 3). Die Lehre ist sich einig darüber, dass ein Konkursverfahren, welches vom Richter gestützt auf Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR angeordnet wurde, nicht gestützt auf Art. 195 Abs. 1 SchKG widerrufen werden kann. Denn die Durchführung des Konkursverfahrens beruht diesfalls nicht auf einem Konkurs, sondern auf einem richterlichen Auflösungsentscheid. Es hat mithin nie eine Konkurseröffnung durch ein Konkursgericht stattgefunden, welche widerrufen werden könnte (LUKAS BERGER UND ANDERE, Die Behebung von Organisationsmängeln - handelsregisterrechtliche und zivilprozessuale Aspekte, Zeitschrift zur Handelsregisterpraxis [REPRAX] 2012 S. 25; LORANDI, a.a.O., BlSchK 2012 S. 48 f.; ders. , Konkursverfahren über Handelsgesellschaften ohne Konkurseröffnung - Gedanken zu Art. 731b OR , AJP 2008 S. 1391; MARCEL SCHÖNBÄCHLER, Die Organisationsklage nach Art. 731b OR , 2013, S. 288; BÜRGE/GUT, Richterliche Behebung von Organisationsmängeln der AG und der GmbH - Normgehalt und verfahrensrechtliche Aspekte von Art. 731b OR , SJZ 2009 S. 160; WATTER/PAMER-WIESER, in: Basler Kommentar, BGE 141 III 43 S. 45 Obligationenrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2012, N. 26 zu Art. 731b OR ; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 38 Rz. 47; CHARLES JAQUES, Scioglimento e liquidazione di società prive di organi, RtiD 2010 I S. 1033). Zwei Autoren befürworten demgegenüber eine analoge Anwendung von Art. 195 SchKG für den Fall, dass zum einen der Organisationsmangel nachträglich behoben worden ist und zum anderen auch die Voraussetzungen von Art. 195 SchKG gegeben sind. Wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt seien, könne der Richter, welcher die Auflösung gestützt auf Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR angeordnet hat, seinen Auflösungsentscheid widerrufen (LORANDI, a.a.O., AJP 2008 S. 1391; ders. , a.a.O., BlSchK 2012 S. 49 f.; SCHÖNBÄCHLER, a.a.O., S. 289 f.). 2.4 Das Bundesgericht hat sich nie ausdrücklich zur Frage geäussert, ob ein gestützt auf Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR ergangener Auflösungsentscheid aufgrund nachträglicher Behebung des Organisationsmangels gestützt auf eine analoge Anwendung von Art. 195 SchKG widerrufen werden kann. Es ist daher im Folgenden zu prüfen, ob die methodischen Voraussetzungen einer Analogie gegeben sind. 2.5 2.5.1 Voraussetzung für eine analoge Anwendung eines Rechtssatzes ist das Vorliegen einer Lücke im Gesetz (statt aller EMMENEGGER/TSCHENTSCHER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 380 zu Art. 1 ZGB ). Eine solche besteht dann, wenn sich eine Regelung als unvollständig erweist, weil sie jede Antwort auf die sich stellende Rechtsfrage schuldig bleibt. Hat der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern stillschweigend - im negativen Sinn - mitentschieden (qualifiziertes Schweigen), bleibt jedoch kein Raum für richterliche Lückenfüllung. Eine Gesetzeslücke, die vom Gericht zu füllen ist, liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur dann vor, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen hat, was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz diesbezüglich weder nach seinem Wortlaut noch nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift entnommen werden kann (vgl. BGE 140 III 206 E. 3.5.1 S. 213; BGE 139 II 404 E. 4.2 S. 416 f.; BGE 138 II 1 E. 4.2 S. 3; BGE 135 III 385 E. 2.1 S. 386). 2.5.2 Art. 731b OR äussert sich nicht zur Frage, ob ein Auflösungsentscheid bei nachträglicher Behebung des Organisationsmangels widerrufen werden kann. BGE 141 III 43 S. 46 Demgegenüber enthält die ZPO zwar keine ausdrückliche Regel zur Frage der Widerrufbarkeit von Organisationsmängelentscheiden. Es gilt im Zivilprozess aber der allgemeine Grundsatz, wonach Summarentscheide den ordentlichen Entscheiden hinsichtlich Rechtskraft gleichgestellt sind, d.h. mit Ablauf der Rechtsmittelfrist formell rechtskräftig und damit - unter Vorbehalt einer Revision nach Art. 328 ff. ZPO - unwiderrufbar werden (CHEVALIER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 4 f. zu Art. 256 ZPO ). Denn die ZPO sieht einzig für Summarentscheide betreffend freiwillige Gerichtsbarkeit ( Art. 256 Abs. 2 ZPO ) und vorsorgliche Massnahmen ( Art. 268 Abs. 1 ZPO ) die Möglichkeit einer nachträglichen Aufhebung oder Abänderung vor (CHEVALIER, a.a.O., N. 9 f. zu Art. 256 ZPO ). Summarentscheide aus Verfahren, die nicht in einem ordentlichen Verfahren zu prosequieren sind, in denen der Richter hinsichtlich der Rechtsanwendung über volle Kognition verfügt und in denen das Regelbeweismass gilt, sind demgegenüber definitiv (vgl. FABIENNE HOHL, Procédure civile, Bd. II, 2. Aufl. 2010, N. 1556, 1582 und 1613). Dies trifft auch für Auflösungsentscheide nach Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR zu, gilt in Organisationsmängelverfahren doch das Regelbeweismass und hinsichtlich der Rechtsanwendung volle Kognition des Gerichts. Schliesslich sind Auflösungsentscheide auch nicht in einem nachfolgenden ordentlichen Verfahren zu bestätigen, womit sie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist formell rechtskräftig und damit unwiderrufbar werden. 2.5.3 Die Unwiderrufbarkeit von Auflösungsentscheiden gestützt auf Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR scheint auch den Vorstellungen des Gesetzgebers zu entsprechen: Gemäss der Botschaft vom 19. Dezember 2001 zur Revision des Obligationenrechts (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht, BBl 2002 3232 zu Art. 731b [neu]) soll die zwangsweise Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs gerade auch dann zur Anwendung gelangen, wenn die Gesellschaft nicht überschuldet ist. Dass der Gesetzgeber dabei die Möglichkeit einer nachträglichen Behebung des Organisationsmangels übersehen hätte, kann schwerlich behauptet werden. Es ist vielmehr anzunehmen, dass der Gesetzgeber eine nachträgliche Widerrufbarkeit des Auflösungsentscheids stillschweigend ausgeschlossen hat. BGE 141 III 43 S. 47 2.5.4 In diese Richtung gehen auch die Erwägungen in BGE 136 III 369 : Das Bundesgericht musste sich in diesem Entscheid zur Frage äussern, ob die nach dem Auflösungsentscheid erfolgte, nachträgliche Behebung des Organisationsmangels im Berufungsverfahren nach der alten Tessiner Zivilprozessordnung trotz strengem Novenverbot noch vorgebracht werden kann. Das Bundesgericht kam unter Hinweis auf die erwähnte Stelle in der bundesrätlichen Botschaft zum Schluss, dass die zwangsweise Liquidation dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entspreche; zudem sei mit der Einführung des Art. 731b OR auch die in Art. 86 Abs. 3 aHRegV vorgesehene Möglichkeit entfallen, die Auflösung zu widerrufen, sofern die Gesellschaft innert dreier Monate den gesetzmässigen Zustand wiederhergestellt hat ( BGE 136 III 369 E. 11.4.2 S. 371 f.). Damit erscheine das Novenverbot im Tessiner Berufungsverfahren durchaus im Einklang mit den Vorstellungen des Gesetzgebers und es stelle keinen überspitzten Formalismus dar, wenn die nachträgliche Behebung des Organisationsmangels im Berufungsverfahren nicht mehr berücksichtigt würde ( BGE 136 III 369 E. 11.4.3 S. 372). 2.5.5 Von einer Gesetzeslücke bezüglich der Frage, ob ein Auflösungsentscheid bei nachträglicher Behebung des Organisationsmangels widerrufen werden kann, kann damit keine Rede sein. Denn zum einen sieht die ZPO mit dem Grundsatz der formellen Rechtskraft von Summarentscheiden eine Regelung vor, welche einen Widerruf des Organisationsmängelentscheids ausserhalb einer Revision nach Art. 328 ff. ZPO ausschliesst. Zum anderen ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine nachträgliche Widerrufbarkeit des Auflösungsentscheids gestützt auf Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR stillschweigend ausgeschlossen hat. Damit besteht kein Raum für eine analoge Anwendung von Art. 195 SchKG . 2.6 Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Konzeption des Organisationsmängelverfahrens, wie sie die bundesgerichtliche Rechtsprechung herausgearbeitet hat. Denn nach der Rechtsprechung stehen die in Art. 731b Abs. 1 OR genannten Massnahmen in einem Stufenverhältnis: Das Gericht soll die drastische Massnahme der Auflösung gemäss Ziffer 3 erst anordnen, wenn die milderen Massnahmen gemäss Ziffer 1 und Ziffer 2 nicht genügen oder erfolglos geblieben sind ( BGE 138 III 407 E. 2.4 S. 409, BGE 138 III 294 E. 3.1.4 S. 298 f.). Es gilt mithin das Verhältnismässigkeitsprinzip: Nur wenn sich mildere Mittel nicht als sachgerecht bzw. zielführend erweisen, kommt als ultima ratio die Auflösung der Gesellschaft nach BGE 141 III 43 S. 48 Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR zur Anwendung ( BGE 138 III 407 E. 2.4 S. 409, BGE 138 III 294 E. 3.1.4 S. 299; BGE 136 III 278 E. 2.2.2 S. 280). Dies ist etwa der Fall, wenn - wie vorliegend im Verfahren vor dem Amtsgericht Solothurn-Lebern - Verfügungen nicht zustellbar sind oder wenn sich die Gesellschaft in keiner Art und Weise vernehmen lässt ( BGE 138 III 407 E. 2.4 S. 409, 294 E. 3.1.4 S. 299). Ist aber die Auflösung einer Gesellschaft gestützt auf Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR ohnehin erst auszusprechen, wenn alle milderen Mittel versagt bzw. sich als nicht mehr zielführend herausgestellt haben, muss der Auflösungsentscheid mit Eintritt der formellen Rechtskraft definitiv sein. 2.7 Die Vorinstanz hat damit eine analoge Anwendung von Art. 195 SchKG zutreffend verneint und das Gesuch der Beschwerdeführerin zu Recht abgewiesen.
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Erwägungen ab Seite 159 BGE 123 V 159 S. 159 Aus den Erwägungen: 4. b) Gemäss Art. 159 Abs. 2 erste Satzhälfte OG hat die unterliegende Partei in der Regel der obsiegenden alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen. Die Gegenpartei trägt im Falle des Unterliegens somit grundsätzlich das Kostenrisiko, auch wenn sie den vorinstanzlichen Entscheid nicht zu vertreten hat. Nimmt sie indessen am bundesgerichtlichen Verfahren nicht teil - indem sie beispielsweise auf eine Vernehmlassung verzichtet - oder beantragt sie vernehmlassungsweise Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, so wurden ihr nach der Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts weder Gerichtskosten auferlegt ( BGE 120 V 57 f. Erw. 7 und 270 Erw. 3), noch wurde sie zur Bezahlung einer Parteientschädigung verhalten. In Änderung dieser Rechtsprechung hat das Eidg. Versicherungsgericht in einem kürzlich ergangenen Urteil entschieden, dass die Gerichtskosten nach Art. 156 OG aufgrund der Anträge der beschwerdeführenden Partei, gemessen am Ergebnis der Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheides - und somit ohne Rücksicht auf die Anträge der Gegenpartei - zu verlegen sind ( BGE 123 V 156 ff. Erw. 3). Verzichtet die Gegenpartei auf eine Vernehmlassung, verliert sie dadurch ihre Parteistellung nicht und trägt bis zum Abschluss des Verfahrens das Prozess- und Kostenrisiko. Dies hat grundsätzlich auch mit Bezug auf die Bestimmung des Art. 159 Abs. 2 OG zu gelten. BGE 123 V 159 S. 160 Da der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsbegehren vollumfänglich obsiegt, hat ihm die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt als unterliegende Partei für das Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht eine Parteientschädigung zu bezahlen.
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Sachverhalt ab Seite 496 BGE 130 III 495 S. 496 A. A. (Kläger) arbeitete seit dem 1. Dezember 1992 bei der Rechtsvorgängerin der X. Bank AG. Schon bald wurde er zum Prokuristen befördert, im Jahre 1995 zum Leiter der Abteilung "Investment Research" und im Januar 1996 zum Vizedirektor. Sein Jahresgehalt betrug anfänglich Fr. 75'000.-, im Jahre 1994 Fr. 90'000.- und ab BGE 130 III 495 S. 497 1996 Fr. 150'000.-. Mit Aufhebungsvertrag vom 25. März 1998 wurde das Arbeitsverhältnis per 31. März 1998 beendet. B. Die X. Bank AG wurde zu 100 % von der X. Holding AG (Beklagte) gehalten. Mit dieser Gesellschaft schloss der Kläger während seiner Anstellung bei der X. Bank AG folgende Verträge ab: Beteiligungsvertrag vom 29. Mai 1995, mit welchem die Beklagte dem Kläger 100 Optionen zum Kauf von 100 Inhaberaktien der Beklagten im Nennwert von je Fr. 50.- zu einem Preis von Fr. 1'000.- je Option verkaufte; Kaufvertrag vom 6./8. Juni 1995, mit welchem der Kläger von der Beklagten 25 Inhaberaktien der Beklagten zu je Fr. 4'200.-, insgesamt für Fr. 105'000.-, kaufte; Beteiligungsvertrag vom 15. November 1995, mit welchem der Kläger von der Beklagten 500 Optionen zum Kauf von 500 Inhaberaktien der Beklagten im Nennwert von je Fr. 50.- zu einem Preis von Fr. 500.- je Option, insgesamt für Fr. 250'000.-, kaufte; Optionsvertrag vom 30. Juli 1997, mit welchem der Kläger von der Beklagten 700 Optionen zum Kauf von 700 Namenaktien der Beklagten im Nennwert von je Fr. 10.- zu einem Preis von Fr. 150.- je Option, insgesamt für Fr. 105'000.-, kaufte. Am 25. März 1998, dem Tag, an welchem der Aufhebungsvertrag mit der X. Bank AG geschlossen wurde, übte der Kläger sein Optionsrecht aus dem Beteiligungsvertrag vom 15. November 1995 aus. Er kaufte die 500 Aktien auf der Basis des Ausübungspreises von Fr. 5'900.-, die er gleichentags zusammen mit den weiteren 25 von ihm gehaltenen Inhaberaktien der Beklagten für je Fr. 31'276.-, nach Abzug der eidgenössischen Umsatzabgabe für insgesamt Fr. 16'407'585.75 verkaufte. Sein Nettogewinn aus diesem Geschäft betrug rund Fr. 13'100'000.-. C. Über die Frage der Ausübungsrechte aus dem Beteiligungsvertrag vom 29. Mai 1995 und aus dem Optionsvertrag vom 30. Juli 1997 gerieten die Parteien in Streit. Beide Verträge sind als so genannte "europäische Optionen" ausgestaltet. Das bedeutet, dass sie - im Gegensatz zu "amerikanisch" ausgestalteten Optionen - nicht bis zu einem bestimmten Datum, sondern lediglich an einem bestimmten Verfalltag ausgeübt werden können, die mit Vertrag vom 29. Mai 1995 erworbenen Optionen am 31. Mai 2000 und die am 30. Juli 1997 erworbenen am 30. Juli 2002. Der erstgenannte Vertrag war ursprünglich amerikanisch ausgestaltet und wurde am 4. Dezember 1995 auf europäisch abgeändert (Ziffer 4 des Vertrages vom 29. Mai 1995). Ebenfalls je unter Ziffer 4 wird in beiden BGE 130 III 495 S. 498 Verträgen für die Ausübung der Optionen vorausgesetzt, dass der Berechtigte am Verfalltag in einem ungekündigten Arbeits- oder Auftragsverhältnis mit einer Gesellschaft der X. Gruppe steht, es sei denn, der Berechtigte sei vor dem Verfalltag aus gesundheitlichen Gründen aus der X. Gruppe ausgeschieden. D. Am 21. Juni 1999 belangte der Kläger die Beklagte vor Bezirksgericht Höfe auf Zahlung von Fr. 3'766'600.- nebst 5 % Zins seit dem 31. März 1998. Eventualiter sei festzustellen, dass seine Rechte gegen die Beklagte aus dem Beteiligungsvertrag vom 29. Mai 1995 und dem Optionsvertrag vom 30. Juli 1997 auf die entsprechenden Verfalltage vollumfänglich ausgeübt werden können. Gleichzeitig verkündete er der X. Bank AG den Streit. Den Eventualantrag modifizierte der Kläger mit Eingabe vom 19. Oktober 2000 dahin, dass die Beklagte zu verpflichten sei, ihm 100 Inhaberaktien an der Beklagten im Nennwert von je Fr. 50.- gegen Bezahlung des Ausübungspreises von Fr. 4'690.- pro Inhaberaktie zu liefern. Das Feststellungsbegehren betreffend den Optionsvertrag vom 30. Juni 1997 liess der Kläger unverändert. Mit seinem Hauptbegehren verlangte der Kläger eine angemessene Entschädigung dafür, dass er zufolge vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses die für insgesamt Fr. 205'000.- erworbenen Optionsrechte in der Höhe des inneren Werts der Optionen im Zeitpunkt seines Austritts aus der X. Bank AG nicht mehr ausüben könne. E. Das Bezirksgericht Höfe verpflichtete die Beklagte am 14. August 2001, dem Kläger Fr. 100'000.- zuzüglich 5 % Zins seit 1. April 1999 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wies es die Klage ab. Mit Urteil vom 21. Oktober 2003 wies das Kantonsgericht des Kantons Schwyz die Berufung des Klägers ab, hiess die Berufung der Beklagten gut und wies die Klage ab. F. Der Kläger beantragt dem Bundesgericht mit eidgenössischer Berufung, das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz sei aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Fr. 205'000.- nebst 5 % Zins auf Fr. 100'000.- seit dem 29. Mai 1995 und 5 % Zins auf Fr. 105'000.- seit dem 30. Juli 1997 zu bezahlen. Eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst auf Nichteintreten auf die Berufung, eventuell auf deren Abweisung und demzufolge auf Bestätigung des angefochtenen Urteils. BGE 130 III 495 S. 499 Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Mit der Berufung macht der Kläger geltend, die streitigen Klauseln seien rechts- und sittenwidrig im Sinne von Art. 19 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 1 OR . Die stipulierte Bedingung für die Ausübung der Optionsrechte, der Bestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zwischen dem Berechtigten und einer der X. Gesellschaften, führe zu ungleichen Kündigungsfristen in jenem Arbeitsverhältnis, auf welches in den Verträgen Bezug genommen werde. Aus wirtschaftlichen Gründen sei der Arbeitnehmer faktisch auf mehrere Jahre gebunden, wogegen für die Beklagte geradezu ein Anreiz bestehe, auf die von ihr kontrollierte Arbeitgeberin des Berechtigten hinzuwirken, damit diese das Arbeitsverhältnis vorzeitig beende. Darin liege eine Umgehung von Art. 335a OR , mithin eine Rechts- und Sittenwidrigkeit ( Art. 19 Abs. 2, Art. 20 Abs. 1 OR ), was die Vorinstanz missachtet und dadurch gegen die genannte zwingende Bestimmung verstossen habe. Nach Auffassung des Klägers ist die Vorinstanz ferner zu Unrecht nicht darauf eingegangen, dass die in Ziffer 4 der beiden Verträge aufgenommene Regelung gegen das so genannte "Truck-Verbot" verstosse, weil der Kläger die Beteiligungsrechte, welche systemimmanent mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft gewesen seien, nicht etwa unentgeltlich erhalten habe, sondern von der Beklagten käuflich habe erwerben müssen. Die Auslegung von Ziffer 4 der Beteiligungsverträge durch die Vorinstanz habe zudem das Recht des Klägers auf Kündigung aus wichtigem Grund im Sinne des zwingenden Art. 337 Abs. 1 OR eingeschränkt, was die Vorinstanz von Amtes wegen hätte berücksichtigen müssen. 4. 4.1 Zunächst ist festzuhalten, dass die Beklagte, welche mit dem Kläger die Beteiligungsverträge geschlossen hat, nicht die Arbeitgeberin des Klägers war, sondern deren Muttergesellschaft, wie die Vorinstanz zutreffend hervorhob. Andererseits ist den Verträgen die Besonderheit eigen, dass die übertragenen Optionen an das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Tochtergesellschaft der Beklagten gekoppelt und durch dessen Bestand bedingt sind. Damit charakterisieren sie sich als Verträge zur Mitarbeiterbeteiligung (plan d'intéressement, stock option plan), indem sie dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnen, sich am Erfolg des BGE 130 III 495 S. 500 Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe, zu welcher die Arbeitgeberin gehört, zu beteiligen. Dabei trägt der Arbeitnehmer auch das Risiko einer Wertverminderung (MANFRED REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht, 15. Aufl., Bern 2002, Rz. 174). Die Statuten können die Einräumung von Optionen an einen bestimmten Kreis von Arbeitnehmern zum Bezug (call options) oder zur Veräusserung (put options) einer bestimmten Anzahl von Aktien der Arbeit gebenden oder einer dieser nahe stehenden Gesellschaft zu im Voraus festgelegten Bedingungen ( Art. 653b Abs. 1 Ziff. 3 OR ) während einer bestimmten Frist vorsehen. Die zur Ausübung der Optionen erforderlichen Aktien können - für die Gesellschaft kostenneutral - im Verfahren der bedingten Kapitalerhöhung nach Art. 653 OR unter Ausschluss der Bezugsrechte der Aktionäre ( Art. 652b Abs. 2 OR ) bereitgestellt werden (PETER R. ISLER/GAUDENZ G. ZINDEL, Basler Kommentar, 2. Aufl., N. 15 f. zu Art. 653 OR ; PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 2. Aufl., Zürich 1996, Rz. 450; BGE 121 III 219 E. 5 S. 239 ff. betreffend BK Vision AG). Mit der Mitarbeiterbeteiligung werden mehrere Zwecke verfolgt: Erhöhung der Attraktivität der Gesellschaft als Arbeitgeberin für hoch qualifizierte Arbeitskräfte; Motivation der Mitarbeitenden, indem diese von dem durch sie geschaffenen Wert profitieren können; Bindung des Kaders an die Gesellschaft, jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Ausübung der Option; Gleichschaltung der Ziele der Angestellten, der Aktionäre und des Managements (ANDREAS VON Planta, Les plans d'intéressement - Aspects du droit commercial, in: Grégoire Bovet [Hrsg.], Les plans d'intéressement - Stock Option Plans, Lausanne 2001, S. 43; HANS-JOACHIM JAEGER, Economic Aspects of Granting Employee Stock Options in Switzerland, in: Bovet [Hrsg.], a.a.O., S. 13; ANDREAS RISI, Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen - der Bericht der gemischten Arbeitsgruppe, in: IFF Forum für Steuerrecht 2002, S. 214; CHRISTOF HELBLING, Mitarbeiteraktien und Mitarbeiteroptionen in der Schweiz, 2. Aufl., Zürich 2003, S. 45; BEAT WALTI, Mitarbeiterbeteiligung, Diss. Zürich 1997, S. 17 ff.). Die Ausgestaltung im Einzelnen ist weitgehend den Gesellschaften überlassen und wird von den jeweils vorrangig verfolgten Zwecken geleitet. So kann die Option entgeltlich, vergünstigt oder unentgeltlich eingeräumt werden, bis zu einem bestimmten Verfalltag (American style option) oder nur an einem bestimmten Verfalltag (European style option) zur Ausübung berechtigen oder die Laufzeit kann mit einer Sperrfrist versehen BGE 130 III 495 S. 501 sein. Das Aufleben des Rechts zum Bezug (gegebenenfalls zum Verkauf) der Aktien wird gemeinhin als "vesting" bezeichnet (VON PLANTA, a.a.O., S. 47; HELBLING, a.a.O., S. 162). 4.2 4.2.1 Endet das Arbeitsverhältnis vor dem vereinbarten Datum für die Ausübung, kann die Option entschädigungslos verfallen (HELBLING, a.a.O., S. 15 f. und 161 f.). Daraus können sich aus arbeitsrechtlicher Sicht Probleme ergeben, namentlich dann, wenn die Aktien oder Optionen gratis oder unter dem Marktwert abgegeben wurden und Lohnbestandteil bilden (RÉMY WYLER, Droit du travail, Bern 2002, S. 626). In dieser Hinsicht kommt es nicht darauf an, wie das in Frage stehende Mitarbeiterbeteiligungsmodell gestaltet ist, ob die Mitarbeitenden an der Arbeitgebergesellschaft selbst, an einer mit dieser im gleichen Konzern verbundenen anderen, an einer eigens für die Beteiligung geschaffenen oder an der Muttergesellschaft beteiligt wurden. Steht die Arbeitgeberin wie vorliegend zu 100 % im Besitz einer Holding, bleibt für eine Beteiligung an dieser selbst kein Raum und drängt sich ein Modell unter Vergabe von Anrechten an der börsenkotierten Holding auf (vgl. zum Ganzen HELBLING, a.a.O., S. 253 ff.). Dass auch bei einer derartigen Konstellation die zwingenden Vorschriften des Arbeitsrechts (Art. 361 f. OR) nicht unterlaufen werden dürfen, versteht sich von selbst. Wenn die Vorinstanz erklärt, im Verhältnis zur Beklagten, der Muttergesellschaft der Arbeitgeberin, kämen arbeitsrechtliche Bestimmungen von vornherein nicht zur Anwendung, erscheint dies angesichts des engen Bezugs zwischen den Optionsverträgen und dem Arbeitsverhältnis in dieser apodiktischen Formulierung zwar fragwürdig, unter den konkreten Umständen im Ergebnis jedoch zutreffend, wie nachstehend zu zeigen ist. 4.2.2 Wie WYLER, a.a.O., S. 629 f., zutreffend anführt, entfällt der Arbeitnehmerschutz, wenn der Arbeitnehmer beim Erwerb der Mitarbeiterbeteiligung vornehmlich als Anleger handelt, der das mit der Anlage verbundene Risiko in der Erwartung eines hohen Kapitalgewinns aus freien Stücken akzeptiert. Das kann auch der Fall sein, wenn sich die Beteiligung bei einem hoch dotierten Kader oder Angestellten als Bonus und damit als Gegenleistung für seine Tätigkeit darstellt. Diesfalls gelten die Bestimmungen der Beteiligungsvereinbarung ohne Rücksicht auf zwingende Vorschriften des Arbeitsrechts. Ob die Beteiligung sich als Bestandteil des Arbeitsvertrages oder als davon losgelöste Investition ausnimmt, ist BGE 130 III 495 S. 502 stets aufgrund der Verhältnisse des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei erscheint insbesondere wesentlich, ob Beteiligungen bzw. Optionen Lohnbestandteil bilden, was sich aus verschiedenen Indizien ergeben kann. 4.2.3 Der Kläger hat die streitigen Optionen käuflich erworben und dafür einen Preis bezahlt, den er selbst nicht als besonders vorteilhaft ausgibt. Vielmehr ging er mit den Investitionen in die Optionen ein unternehmerisches Risiko ein, weil er die erfolgreiche Zukunft der Beklagten vor Augen hatte, wie er im kantonalen Verfahren dargelegt hat. Die zugeteilten Optionen stellen somit keinen Lohnbestandteil dar, was gegen die Anwendung der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften spricht. Hinzu kommt, dass der Kläger bei Abschluss des Beteiligungsvertrages vom 29. Mai 1995 bereits vom Prokuristen zum Leiter der Abteilung "Investment Research" befördert worden war und ein Jahresgehalt von Fr. 90'000.- bezog, bei Abschluss des Optionsvertrages vom 30. Juli 1997 im Alter von dreissig Jahren ein solches von Fr. 150'000.-, was der Stellung eines gut bezahlten höheren Angestellten entspricht. Sodann ist davon auszugehen, dass der Abschluss der Verträge seinem freien Willen entsprang. Aufgrund seiner Kenntnisse als Investitionsfachmann erwartete er einen hohen Gewinn unter Begrenzung des maximalen Verlustes auf den eingesetzten Kaufpreis. Die für die Optionen geleisteten Zahlungen charakterisieren sich damit klar als auf einem Anlageentscheid beruhende Investition, die dem Kläger aufgrund seiner Anstellung bei einer dem beklagtischen Konzern angehörenden Gesellschaft ermöglicht wurde. Dem Kläger bleibt aus den dargelegten Gründen insoweit die Anrufung der zwingenden arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften und der aus deren Verletzung abgeleiteten Sittenwidrigkeit verwehrt. 4.2.4 Mit Bezug auf den Einwand des Klägers, die streitige Klausel in den Verträgen beraube ihn wegen der negativen wirtschaftlichen Konsequenzen seines Rechts auf Kündigung aus wichtigem Grund ( Art. 337 Abs. 1 OR ), ist anzufügen, dass dem Kläger unbenommen bliebe, für seinen wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandenen Schaden von seiner früheren Arbeitgeberin vollen Ersatz zu fordern, sollte diese durch eine schuldhafte Vertragsverletzung den Kündigungsgrund gesetzt haben ( Art. 337b Abs. 1 OR ). Gegebenenfalls stünde ihm eine Entschädigung nach richterlichem Ermessen zu ( Art. 337b Abs. 2 OR ). Jedenfalls hätte die Liquidation des Schadens im Verhältnis zur BGE 130 III 495 S. 503 Arbeitgeberin, die den Schaden verursacht hat, zu erfolgen, und nicht im Verhältnis zur übergeordneten Konzerngesellschaft. Im vorliegenden Verfahren sind daher die vom Kläger ausführlich dargestellten Gründe dessen Austritts aus der X. Bank AG nicht rechtserheblich. Für einen Durchgriff auf die Muttergesellschaft, wie er dem Kläger in diesem Zusammenhang vorschwebt, bleibt kein Raum, ist dazu doch mehr erforderlich als der blosse Umstand, dass B. sowohl bei der Beklagten als auch bei der X. Bank AG Organstellung zukommt. Dass eine Berufung der Beklagten auf die rechtliche Selbständigkeit der X. Bank AG in dieser Hinsicht missbräuchlich wäre, zeigt der Kläger nicht auf und ist nicht ersichtlich (PETER FORSTMOSER/ARTHUR MEIER-HAYOZ/PETER NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 62 Rz. 51 f.; ROLAND VON BÜREN, Der Konzern, Schweizerisches Privatrecht, Bd. VIII/6, Basel 1997, S. 171 ff.; vgl. auch THOMAS GEISER/KAI-PETER UHLIG, Arbeitsverhältnisse im Konzern, in: ZBJV 139/2003 S. 789 ff.). Deshalb haftet die Beklagte auch nicht für allfällige Verletzungen der Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin des Klägers nach Art. 328 OR . Ebenso wenig kann vor diesem Hintergrund im Ernst davon die Rede sein, die umstrittene Regelung habe zu einer sittenwidrigen Konventionalstrafe geführt. Nicht zu prüfen - da ohne Bezug zum vorliegenden Fall - ist schliesslich die vom Kläger aufgeworfene Frage, welche Regelung Platz greifen müsste, sofern die X. Bank AG dem Beklagten grundlos gekündigt hätte. 5. Der Kläger leitet die behauptete Sittenwidrigkeit der streitigen Klauseln auch aus Art. 27 Abs. 2 ZGB ab, welcher vor rechtsgeschäftlichen Bindungen schützt, die gegen das in Art. 19 Abs. 2 OR enthaltene Recht der Persönlichkeit verstossen (CLAIRE HUGUENIN, Basler Kommentar, 2. Aufl., N. 8 f. zu Art. 27 ZGB ; ERNST A. KRAMER, Berner Kommentar, N. 208 zu Art. 19-20 OR ). Zur Begründung weist der Kläger einzig darauf hin, dass die Optionen erst fünf Jahre nach deren Erwerb ausübbar waren. Wie dargelegt (E. 4.1 hiervor) besteht einer der mit der Abgabe von Mitarbeiteroptionen verfolgten Zwecke gerade darin, das Arbeitsverhältnis auf eine gewisse Dauer zu stabilisieren. Den Mitarbeitenden verschaffen zeitlich limitierte Verfügungssperren zudem steuerliche Vorteile. In der Lehre wird denn auch erst bei Verfügungssperren von mehr als zwei bis fünf Jahren von "goldenen Fesseln" der Mitarbeiter gesprochen (WALTI, a.a.O., S. 83, mit Hinweisen). Nach der Art. 334 Abs. 3 OR zugrunde liegenden Wertung verletzt erst ein auf mehr BGE 130 III 495 S. 504 als zehn Jahre abgeschlossener Arbeitsvertrag die persönliche Freiheit im Sinne von Art. 27 ZGB (MANFRED REHBINDER/WOLFGANG PORTMANN, Basler Kommentar, 3. Aufl., N. 9 zu Art. 334 OR ). Von der in begründeter Erwartung eines hohen Gewinns freiwillig auf fünf Jahre eingegangenen Bindung des Klägers lässt sich demnach nicht sagen, sie überschreite jedes zulässige Mass, zumal der Kläger aus mehrjähriger Erfahrung die Perspektiven eines fünfjährigen Verbleibens bei der X. Bank AG abzuschätzen in der Lage war (allgemein zu den Beurteilungskriterien vgl. HUGUENIN, a.a.O., N. 10 und 15 zu Art. 27 ZGB , mit Hinweisen). Ein Verstoss gegen die guten Sitten ( Art. 19 Abs. 2, Art. 20 Abs. 1 OR ) ist nicht gegeben. 6. Nach dem diesbezüglich unangefochtenen erstinstanzlichen Urteil, auf welches die Vorinstanz verweist, führt eine Auslegung von Ziffer 4 der Verträge nach dem Vertrauensprinzip zum Ergebnis, dass die Optionen entschädigungslos verfallen, wenn der Kläger vor dem Verfalltag aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Ausnahmen sind nur bei gesundheitlichen Problemen oder im Todesfall vorgesehen. Diese Regelung hat sich nach dem Gesagten weder als gesetzes- noch als sittenwidrig erwiesen und ist umzusetzen. Da der Kläger unstreitig vor den in den Verträgen festgesetzten Verfalltagen aus der X. Gruppe ausgeschieden war, hat er seine Optionsrechte verwirkt. Die gegenüber der Beklagten erhobenen Schadenersatzansprüche sind unbegründet. Die Berufung ist unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Klägers abzuweisen (Art. 156 Abs. 1 und 159 Abs. 1 und 2 OG).
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48b8c861-6f95-4bf6-a719-0febe1997c30
Sachverhalt ab Seite 385 BGE 126 V 384 S. 385 A.- M. bezog während einer ersten Rahmenfrist für den Leistungsbezug ab 3. November 1997 Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Vom 1. Februar bis 13. August 1998 war er bei der Firma H. AG erwerbstätig. Danach bezog er wiederum Taggelder. Mit Verfügung vom 9. Dezember 1999 verneinte die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab Beginn der am 3. November 1999 zu eröffnenden zweiten Rahmenfrist, weil M. weder die Mindestbeitragszeit von 12 Monaten mit 6,493 Beitragsmonaten erfüllt habe noch von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sei. B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn ab (Entscheid vom 30. März 2000). C.- M. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihm ab 3. November 1999 Taggelder der Arbeitslosenversicherung zuzusprechen. Das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft reicht keine Vernehmlassung ein. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Nach Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wer die Beitragszeit erfüllt hat oder von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist. Die Beitragszeit hat laut Art. 13 Abs. 1 AVIG erfüllt, wer innerhalb der dafür vorgesehenen Rahmenfrist für die Beitragszeit (zwei Jahre vor dem ersten Tag, für den sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; Art. 9 Abs. 2 und 3 AVIG ) während mindestens sechs Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat (Satz 1). Wird eine versicherte BGE 126 V 384 S. 386 Person innert dreier Jahre nach Ablauf der Rahmenfrist für den Leistungsbezug erneut arbeitslos, so muss sie eine Mindestbeitragszeit von zwölf Monaten aufweisen (Satz 2, in Kraft seit 1. Januar 1998). Diese längere Mindestbeitragszeit haben auch versicherte Personen zu erfüllen, die bei Ablauf der ersten Rahmenfrist für den Leistungsbezug arbeitslos sind ( BGE 125 V 355 ). b) Der Beschwerdeführer, welchem ab 3. November 1997 eine erste Rahmenfrist für den Leistungsbezug eröffnet worden war, hat in der vom 3. November 1997 bis 2. November 1999 dauernden Rahmenfrist für die Beitragszeit lediglich vom 1. Februar bis 13. August 1998 als kaufmännischer Angestellter (Buchhaltung/Inkasso) bei der Firma H. AG eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Mangels anrechenbarer Zeiten ohne Beschäftigung gemäss Art. 13 Abs. 2 AVIG haben Vorinstanz und Verwaltung demnach zu Recht festgestellt, dass die hier massgebliche ausserordentliche Mindestbeitragszeit von zwölf Monaten nicht erfüllt ist. Insofern der Beschwerdeführer einwendet, er habe vor dem Beginn der Frist für den Beitragsbezug am 3. November 1997 während Jahren Beiträge geleistet, ist dies irrelevant. 2. Zu prüfen bleibt, ob allenfalls ein Befreiungstatbestand im Sinne von Art. 14 AVIG vorliegt. Diesbezüglich bringt der Beschwerdeführer letztinstanzlich erstmals vor, gemäss Schreiben der IV-Stelle des Kantons Aargau (vom 30. März 2000) werde ihm voraussichtlich eine ganze Invalidenrente zugesprochen, und zwar rückwirkend ab 1. November 1998. a) Nach Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG ist von der Erfüllung der Beitragszeit befreit, wer innerhalb der Rahmenfrist während insgesamt mehr als zwölf Monaten wegen Krankheit, Unfall oder Mutterschaft nicht in einem Arbeitsverhältnis stand und deshalb die Beitragszeit nicht erfüllen konnte. Ebenfalls von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind Personen, die wegen Trennung oder Scheidung ihrer Ehe, wegen Invalidität oder Todes des Ehegatten oder aus ähnlichen Gründen oder wegen Wegfalls einer Invalidenrente gezwungen sind, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder zu erweitern. Diese Regel gilt nicht, wenn das betreffende Ereignis mehr als ein Jahr zurückliegt ( Art. 14 Abs. 2 AVIG ). b) Gemäss der in BGE 121 V 336 publizierten Rechtsprechung bezieht sich Art. 14 Abs. 1 AVIG dem Wortlaut nach auf versicherte Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis standen und deshalb durch die dort genannten Gründe an der Ausübung einer beitragspflichtigen BGE 126 V 384 S. 387 Beschäftigung gehindert worden sind. Es muss somit ein Kausalzusammenhang zwischen der Nichterfüllung der Beitragszeit und dem gesetzlich umschriebenen Hinderungsgrund bestehen. Um kausal für die fehlende Beitragszeit zu sein, muss das Hindernis zudem während mehr als zwölf Monaten bestanden haben. Denn bei kürzerer Verhinderung bleibt der versicherten Person während der zweijährigen Rahmenfrist genügend Zeit, um eine ausreichende beitragspflichtige Beschäftigung auszuüben. Da eine Teilzeitbeschäftigung hinsichtlich der Erfüllung der Beitragszeit einer Vollzeitbeschäftigung gleichgestellt ist ( Art. 11 Abs. 4 Satz 1 AVIV ), liegt die erforderliche Kausalität zudem nur vor, wenn es der versicherten Person aus einem der in Art. 14 Abs. 1 lit. a-c AVIG genannten Gründe auch nicht möglich und zumutbar ist, ein Teilzeitarbeitsverhältnis einzugehen. Denn bei genügender Beitragszeit, d.h. wenn die versicherte Person innerhalb der Rahmenfrist während der gesetzlich geforderten Zeit eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat ( Art. 13 Abs. 1 AVIG ), kommt die Befreiungsregelung grundsätzlich nicht zum Zuge ( BGE 121 V 342 f. Erw. 5b). Nach der Rechtsprechung (ARV 1995 Nr. 29 S. 169 f. Erw. 4b/bb) können sich jene Personen auf den Befreiungsgrund des Wegfalls einer Invalidenrente nach Art. 14 Abs. 2 AVIG berufen, die bisher als Invalide nicht arbeitsfähig waren, deren Zustand sich aber derart verbessert hat, dass ihre Rente gestrichen oder wesentlich reduziert werden muss, wodurch der Betroffene zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gezwungen ist (Botschaft des Bundesrates zu einem neuen Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) vom 2. Juli 1980, BBl 1980 III 565; GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. I, N 39 zu Art. 14). Grundsätzlich kann somit lediglich der Wegfall oder die Herabsetzung einer Invalidenrente als für eine wirtschaftliche Notlage kausal anerkannt werden. c) Hinsichtlich der Rechtswirkungen der unveränderten Ausrichtung einer ganzen Invalidenrente über den Beginn der zweiten zu eröffnenden Rahmenfrist für den Beitragsbezug hinaus ist nach den Regeln über die Auslegung der Gesetze zu verfahren. Demnach ist das Gesetz in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zu Grunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt. BGE 126 V 384 S. 388 Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben ( BGE 125 II 196 Erw. 3a, 244 Erw. 5a, BGE 125 V 130 Erw. 5, 180 Erw. 2a, je mit Hinweisen). aa) Der Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 AVIG weist in allen drei amtssprachlichen Fassungen (Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 21. März 1986 über die Gesetzessammlungen und das Bundesblatt; SR 170.512) nach dem gewöhnlichen Sprachverständnis darauf hin, dass der Tatbestand der Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit gegeben ist, wenn die versicherte Person aus einem der dort genannten Gründe mit Blick auf die zweite zu eröffnende Rahmenfrist während insgesamt mehr als zwölf Monaten nicht in einem Arbeitsverhältnis stand und deshalb die Beitragszeit nicht erfüllen konnte. Einer rentenbegründenden Invalidität liegt sehr oft lang andauernde Krankheit zu Grunde (Art. 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG ; BGE 111 V 21 ). Die in Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG umschriebenen Hinderungsgründe Krankheit und Unfall sprechen so besehen eher dafür, die unveränderte Ausrichtung einer Invalidenrente über den Beginn einer zweiten zu eröffnenden Rahmenfrist hinaus ebenfalls als Befreiungsgrund zu qualifizieren. Mit Blick darauf, dass der Gesetzestext an Hinderungsgründen wohl Krankheit und Unfall erwähnt, nicht aber Invalidität oder die Ausrichtung einer Invalidenrente, liegt kein klarer und eindeutiger Wortlaut vor, weshalb die Auslegung fortzusetzen ist. bb) Sinn und Zweck des Art. 14 AVIG besteht darin, bestimmten Personengruppen aus sozialen Gründen angesichts der fehlenden freiwilligen Versicherungsmöglichkeit auch ohne vorgängige Beitragszeit Versicherungsschutz zu gewähren (THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, Rz 194; GERHARDS, a.a.O., N 5 zu Art. 14). Dies wird durch die bundesrätliche Botschaft zum AVIG vom 2. Juli 1980 bestätigt (BBl 1980 III 564 f.), welche ihrerseits hervorhebt, dass gewisse Personengruppen ohne vorgängige Beitragszeit gedeckt werden, wenn sie vor Eintritt der Arbeitslosigkeit an der Ausübung einer Arbeitnehmertätigkeit verhindert waren. Im Vergleich zum ersten Entwurf sei der Kreis der so Begünstigten weiter umschrieben worden, weil die Möglichkeit einer freiwilligen BGE 126 V 384 S. 389 Versicherung nicht mehr vorgesehen sei. Wird einer Person wegen ihrer Erwerbsunfähigkeit über den Beginn der zweiten zu eröffnenden Rahmenfrist für den Leistungsbezug hinaus unverändert eine ganze Invalidenrente zugesprochen, fehlt es mit Blick auf den Normzweck an einem sachlichen Grund, diese von der Erfüllung der Beitragszeit zu befreien, zumal die durch die Invalidenversicherung rentenmässig entschädigte Erwerbsunfähigkeit arbeitslosenversicherungsrechtlich Vermittlungsunfähigkeit zur Folge haben kann ( Art. 15 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 15 AVIV ): Die beiden Versicherungszweige sind nicht komplementär in dem Sinne, dass sich die vom Erwerbsleben ausgeschlossene versicherte Person in jedem Fall entweder auf Invalidität oder aber auf Arbeitslosigkeit berufen könnte. Wer trotz eines schweren Gesundheitsschadens invalidenversicherungsrechtlich nicht in rentenbegründendem Masse erwerbsunfähig ist, kann gleichwohl arbeitslosenversicherungsrechtlich gesehen vermittlungsunfähig sein. Andererseits schliesst der Bezug einer ganzen Invalidenrente die Vermittlungsfähigkeit nicht grundsätzlich aus (ARV 1998 Nr. 5 S. 28). cc) Die normunmittelbaren Auslegungskriterien führen daher zum Schluss, dass eine Person, die wegen Krankheit, Unfall oder Mutterschaft während insgesamt mehr als zwölf Monaten nicht in einem Arbeitsverhältnis stand, sich dennoch nicht auf den Befreiungsgrund von Art. 14 Abs. 1 lit. b AVIG berufen kann, sofern und soweit sie über den Beginn der zweiten zu eröffnenden Rahmenfrist für den Leistungsbezug hinaus unverändert eine vorher entstandene Invalidenrente bezieht. War in der Rahmenfrist für die Beitragszeit eine erhebliche, verwertbare Restarbeitsfähigkeit verblieben, hat die versicherte Person sich insoweit (in der Rahmenfrist für die Beitragszeit) über eine entsprechende beitragspflichtige Beschäftigung auszuweisen. 3. Mit Blick auf die im Raum stehende rückwirkende Zusprechung einer ganzen Invalidenrente ab 1. November 1998 ergibt sich Folgendes: Auf Grund der Akten ist davon auszugehen, dass im massgebenden Zeitpunkt der zu eröffnenden (zweiten) Rahmenfrist (3. November 1999) weiterhin und unverändert eine ganze Invalidenrente ausgerichtet wird. Insoweit scheidet nach dem Gesagten ein Befreiungsgrund gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. b oder Abs. 2 AVIG aus. Soweit andererseits der Beschwerdeführer in der Rahmenfrist für die Beitragszeit (von 3. November 1997 bis 2. November 1999), sei es während der invalidenversicherungsrechtlichen Wartefrist ( Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG ), sei es ab BGE 126 V 384 S. 390 Rentenbeginn am 1. November 1998 ( Art. 29 Abs. 2 IVG ), über eine Restarbeitsfähigkeit verfügt haben sollte, hätte er die Beitragszeit nach Art. 13 AVIG zu erfüllen. Das trifft, wie dargetan (Erw. 1b), ebenfalls nicht zu. Es ist daher im Ergebnis rechtens, wenn Arbeitslosenkasse und kantonales Gericht den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 3. November 1999 verneint haben.
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Sachverhalt ab Seite 79 BGE 114 III 78 S. 79 Die Schweizerische Eidgenossenschaft und der Kanton Aargau, vertreten durch das kantonale Steueramt, leiteten gegen G. K. beim Betreibungsamt X. die Betreibung Nr. 3615 ein. Das Betreibungsamt pfändete daraufhin am 6. Januar 1988 den G. K. als haushaltführender Ehefrau gemäss Art. 164 ZGB zustehenden Betrag zur freien Verfügung in der Höhe von Fr. 30.-- als bestrittene Forderung. Der Ehemann der Schuldnerin focht diese Pfändung mit einer Beschwerde bei der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen an, wobei er verlangte, die Pfändung sei als unrechtmässig aufzuheben. Der Bezirksgerichtspräsident wies die Beschwerde mit Entscheid vom 7. April 1988 ab. Diesen Entscheid zog der Ehemann an die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Aargau weiter. Das Obergericht erkannte am 9. Juni 1988, der Entscheid der ersten Instanz sei insofern abzuändern, als auf die Beschwerde nicht eingetreten werde, und auch auf die vorliegende Beschwerde sei nicht einzutreten. BGE 114 III 78 S. 80 Die Eheleute K. führen Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts und beantragen sinngemäss die Aufhebung des Entscheids des Obergerichts. Das Bundesgericht tritt auf den Rekurs nicht ein mit folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat den Ehemann der Schuldnerin als an der Betreibung Nr. 3615 nicht beteiligten Dritten betrachtet, da ihm am gepfändeten Rechtsanspruch der Schuldnerin gemäss Art. 164 ZGB kein eigenes Recht zustehe, das er im Rahmen einer betreibungsrechtlichen Beschwerde geltend machen könnte. Er könne auch nicht als gesetzlicher Vertreter seiner Ehefrau handeln. Die Pfändung des Anspruchs nach Art. 164 ZGB berühre nur die Rechtsstellung der Ehefrau und greife nicht in die Interessen des Ehemannes ein. Die Vorinstanz sprach daher dem Ehemann die Beschwerdelegitimation ab und trat dementsprechend auf die Beschwerde nicht ein. Die vorliegende Rekursschrift hat nun neben dem Ehemann auch die betriebene Schuldnerin G. K. unterzeichnet. Nachdem sie aber in den Verfahren vor den beiden kantonalen Instanzen nicht Partei war, kann sie vor Bundesgericht nicht als Rekurrentin auftreten. Dazu kommt, dass im Rekurs in keiner Weise dargelegt wird, inwiefern der vorinstanzliche Entscheid gegen Bundesrecht verstosse, weil auf die Beschwerde nicht eingetreten wurde. Mit der Bemerkung des Rekurrenten, seine Beschwerdelegitimation leite sich aus seiner ehelichen Beistandspflicht ab, lässt sich auf jeden Fall ein selbständiges rechtliches Interesse des Ehemannes nicht begründen. Die Rekursschrift vermag daher den Anforderungen, welche Art. 79 Abs. 1 OG an die Begründung des Rekurses stellt, nicht zu genügen. 2. Unter diesen Umständen bleibt allein zu prüfen, ob die Pfändung des Anspruchs der Ehefrau nach Art. 164 ZGB im Umfang von Fr. 30.-- nichtig sei, weil dieser Betrag im Sinne von Art. 93 SchKG als unpfändbar gelte und damit von Amtes wegen aufzuheben sei. Die Überlegungen, welche die kantonale Aufsichtsbehörde im Zusammenhang mit dem Anspruch der haushaltführenden Ehefrau nach Art. 164 ZGB anstellt und welche die Pfändbarkeit dieses Anspruchs rechtfertigen sollen, rufen allerdings erheblichen Bedenken. Die Vorinstanz vergleicht nämlich den Anspruch im BGE 114 III 78 S. 81 Sinne von Art. 164 ZGB mit dem der Ehefrau für ihre über die Beistandspflicht hinausgehende Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des Ehemannes im alten Recht zustehenden Lohnanspruch (Art. 161 Abs. 2 und 3 aZGB in Verbindung mit Art. 320 Abs. 2 OR ) und gelangt zum Schluss, dass ein solcher Lohnanteil pfändbar sein müsse. Dabei übersieht die Vorinstanz jedoch, dass ein solcher Lohnanspruch unter Art. 165 Abs. 1 ZGB fällt, der dem im Beruf oder Gewerbe des andern mitarbeitenden Ehegatten eine angemessene Entschädigung zuspricht, die mit dem in Art. 164 ZGB vorgesehenen Betrag zur freien Verfügung nicht vergleichbar ist (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, N. 10 zu Art. 164 ZGB ; HEGNAUER, Grundriss des Eherechts, 2. Aufl., Rz. 16.47). Art. 164 ist neu in das Zivilgesetzbuch aufgenommen worden. Er hat nicht die Entschädigung der haushaltsinternen Tätigkeit eines Ehegatten als solcher zum Gegenstand. Von einem Lohn als Arbeitsentgelt für den haushaltführenden und kinderbetreuenden Ehegatten kann nicht die Rede sein. Er wäre auch nicht gerechtfertigt, stellt doch die Haushaltführung und Kinderbetreuung gleicherweise einen Beitrag an den ehelichen Unterhalt dar wie die Hingabe von Geldmitteln. Diese bleiben seitens der ehelichen Gemeinschaft selbstverständlich auch ohne Entgelt. Daran ändert sich auch nichts, wenn neben oder anstelle der Haushaltführung und Kinderbetreuung auch noch eine Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern Ehegatten in Frage steht. Denn diese Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern Ehegatten wird im Rahmen von Art. 164 ZGB nur insoweit erfasst, als sie einen indirekten Beitrag an die ehelichen Lasten darstellt. Darüber lässt Art. 165 Abs. 1 ZGB keinen Zweifel. Die Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern Ehegatten fällt somit im Rahmen von Art. 164 ZGB ausser Betracht, wenn der mitarbeitende Ehegatte selber wirtschaftlichen Nutzen aus ihr zieht (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 32 f. zu Art. 163 ZGB ). Umgekehrt soll Art. 164 ZGB die Stellung jenes Ehegatten verbessern, der auf eine eigene Erwerbstätigkeit verzichtet, um sich der Haushaltführung und Kinderbetreuung zu widmen oder um im Beruf oder Gewerbe des andern einen Unterhaltsbeitrag zu leisten. Der Verzicht auf eigenes Erwerbseinkommen soll nicht dazu führen, dass der eine Ehegatte im erweiterten Rahmen des ehelichen Unterhalts weniger persönliche Bedürfnisse zu befriedigen vermag als sein Ehepartner. Der Anspruch gemäss Art. 164 ZGB dient somit der Sicherung einer gewissen materiellen BGE 114 III 78 S. 82 Gleichstellung der Ehegatten und ist insoweit auch zweckgebunden (Botschaft des Bundesrates vom 11. Juni 1979, Ziff. 214.2). Dementsprechend ist dieser Anspruch auch zwingender Natur, so dass auf ihn nicht zum voraus verzichtet werden kann. Hingegen ist ein Verzicht auf eine einzelne konkrete Leistung, sofern sie bereits entstanden ist, möglich. Zweckgebundenheit und teilweise Unverzichtbarkeit des Anspruchs nach Art. 164 ZGB wirken sich auch auf dessen Pfändbarkeit aus (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 32 und 37 zu Art. 164 ZGB ). Ein unverzichtbarer Anspruch kann nicht als solcher pfändbar sein, während die Pfändbarkeit der einzelnen Leistung grundsätzlich nicht auszuschliessen ist, wenn der Pfändung eine Schuld zugrunde liegt, die im Rahmen einer zweckgemässen Verwendung des Betrages gemäss Art. 164 ZGB bleibt, d.h. wenn sie in irgendeiner Form der Befriedigung der erweiterten persönlichen Bedürfnisse des Ehegatten dient. Diesen Zweck erfüllt aber die Tilgung vorehelicher Schulden des anspruchsberechtigten Ehegatten nicht (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 37 zu Art. 164 ZGB ). 3. Aus dem Dargelegten ergibt sich, dass die in der Rekursschrift erhobene Rüge, die angefochtene Pfändung sei zur Tilgung vorehelicher Schulden der Ehefrau vorgenommen worden, grundsätzlich begründet ist, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen gegeben sind. Doch muss diese Rüge im vorliegenden Fall unbeachtlich bleiben, weil hier nur geprüft werden kann, ob die Vorinstanz die in Art. 93 SchKG für die Pfändung vorgeschriebene Schranke missachtet habe. Die Pfändung wäre nämlich nichtig, wenn dadurch in das Existenzminimum der Schuldnerin eingegriffen würde (anderer Meinung HEGNAUER, a.a.O., Rz. 16.47). Die Beschränkung der Pfändbarkeit nach Art. 93 SchKG wird allerdings im Zusammenhang mit dem Anspruch nach Art. 164 ZGB kaum je von Bedeutung sein, weil dieser Anspruch in der Regel nur konkretisiert werden kann, wenn das Einkommen der Ehegatten ihr Existenzminimum übersteigt (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 37 zu Art. 164 ZGB ). Im vorliegenden Fall ist nun aber in keiner Weise dargetan, dass der im Rahmen von Art. 163 ZGB der betriebenen Ehefrau zukommende eheliche Unterhalt ihr Existenzminimum nicht zu decken vermöchte, so dass ein Anspruch nach Art. 164 ZGB gar nicht erst entstehen könnte. In der Rekursschrift wird sogar zugegeben, dass die Ehegatten K. - wenn auch nur knapp - über dem Existenzminimum leben. Unter diesen Umständen ist die Pfändung BGE 114 III 78 S. 83 keinesfalls nichtig und damit auch nicht von Amtes wegen aufzuheben. Es hat daher dabei zu bleiben, dass auf den Rekurs nicht eingetreten werden kann.
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4523f01c-b93b-44bb-a155-ad68a8dfce7b
Sachverhalt ab Seite 166 BGE 144 V 166 S. 166 A. Die 1972 geborene A. bezieht infolge eines im März 1999 erlittenen Verkehrsunfalles eine ganze Rente der Invalidenversicherung seit dem 1. März 2000 (Verfügungen vom 8. März 2002; Invaliditätsgrad 90 %). Die Pensionskasse B. (nachfolgend: Pensionskasse) richtete eine ganze Invalidenrente aus beruflicher Vorsorge von jährlich Fr. 22'872.- seit dem 1. April 2002 resp. von Fr. 23'448.- seit dem 1. Januar 2007 aus. Die Unfallversicherung erbrachte seit dem 1. Januar 2006 eine Komplementärrente (Invaliditätsgrad 88 %). Nach dem Unfall arbeitete A. in stark reduziertem Pensum und veränderter Funktion weiterhin bei der bisherigen Arbeitgeberin. BGE 144 V 166 S. 167 Mit Schreiben vom 18. Juli 2007 nahm die Pensionskasse erstmals eine Überentschädigungsberechnung vor. Dabei berücksichtigte sie u.a. einen entgangenen Verdienst von jährlich Fr. 91'000.- und eine Resterwerbsfähigkeit von 12 % resp. ein Einkommen von Fr. 10'920.-; den koordinierten Rentenanspruch legte sie auf jährlich Fr. 8'604.- (monatlich Fr. 717.-) fest. Auf dieser Grundlage schlossen A. und die Pensionskasse am 24. Oktober 2008 eine Vereinbarung über die "Rentenrückerstattung aus Überversicherung". Danach sollte eine Rückerstattung von Fr. 69'000.- erfolgen, zu tilgen durch Einstellung der monatlichen Rentenzahlungen von Fr. 717.-, voraussichtlich bis zum 30. November 2016. Das Arbeitsverhältnis mit der bisherigen Arbeitgeberin wurde auf den 31. Dezember 2008 aufgelöst. Über eine Neuberechnung der Überentschädigung ab 1. Januar 2009 und entsprechende Anpassung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2008 fanden A. und die Pensionskasse keine Einigung. B. Mit Klage vom 18. Dezember 2015 beantragte A., die Pensionskasse sei zu verpflichten, rückwirkend per 1. Januar 2009 eine neue Überentschädigungsberechnung vorzunehmen und gestützt darauf die Rente aus beruflicher Vorsorge auf jährlich Fr. 15'414.- festzusetzen. Das Kantonsgericht Freiburg wies die Klage mit Entscheid vom 5. Juli 2017 ab. C. A. lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 5. Juli 2017 sei die Pensionskasse zu verpflichten, ihr eine Invalidenrente von jährlich Fr. 15'414.- ab 1. Januar 2009 zu bezahlen; eventualiter sei die Sache mit der Feststellung, dass ihr ab 1. Januar 2009 kein Erwerbs- oder Ersatzeinkommen anzurechnen sei, zu neuer Überentschädigungsberechnung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. Die Pensionskasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Laut vorinstanzlicher Feststellung sind die Parteien hinsichtlich der interessierenden Invalidenrente übereinstimmend von einer Leistung der obligatorischen beruflichen Vorsorge ausgegangen. Dass BGE 144 V 166 S. 168 diese Feststellung offensichtlich unrichtig sei oder auf einer Rechtsverletzung beruhen soll, wird nicht geltend gemacht. Sie bleibt für das Bundesgericht verbindlich (nicht publ. E. 1.2). Die Parteien berufen sich denn auch nicht auf allfällige Mehrleistungen im Sinne von Art. 49 Abs. 2 in initio BVG. 3.2 3.2.1 Die Vorsorgeeinrichtung kann die Hinterlassenen- und Invalidenleistungen kürzen, soweit diese zusammen mit anderen Leistungen gleicher Art und Zweckbestimmung sowie weiteren anrechenbaren Einkünften 90 Prozent des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen ( Art. 34a Abs. 1 BVG ; ebenso Art. 24 Abs. 1 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1] i.V.m. Art. 34a Abs. 1 BVG , je in den bis Ende 2016 geltenden Fassungen). Die Vorsorgeeinrichtung kann bei der Kürzung von Invalidenleistungen (vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters) insbesondere das weiterhin erzielte oder zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbs- oder Ersatzeinkommen anrechnen ( Art. 24 Abs. 1 lit. d BVV 2 i.V.m. Art. 34a Abs. 5 lit. a BVG ; ebenso Art. 24 Abs. 2 Satz 2 BVV 2 i.V.m. Art. 34a Abs. 1 BVG , je in den bis Ende 2016 geltenden Fassungen). 3.2.2 Im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge ist von einer grundsätzlichen Kongruenz von Valideneinkommen und mutmasslich entgangenem Verdienst im Sinne von Art. 34a Abs. 1 BVG (resp. Art. 24 Abs. 1 BVV 2 in der bis Ende 2016 geltenden Fassung) auszugehen. Dasselbe gilt für Invalideneinkommen und zumutbarerweise noch erzielbarem Erwerbseinkommen nach Art. 24 Abs. 1 lit. d BVV 2 (resp. Art. 24 Abs. 2 Satz 2 BVV 2 in der bis Ende 2016 geltenden Fassung), weshalb das von den IV-Organen festgelegte Invalideneinkommen dem Grundsatz nach auch in der berufsvorsorgerechtlichen Überentschädigungsberechnung zu berücksichtigen ist ( BGE 143 V 91 E. 4.2 S. 94; BGE 141 V 351 E. 5.1 S. 354; BGE 140 V 399 E. 5.2.1 S. 401; BGE 137 V 20 E. 2.2 S. 23; BGE 134 V 64 E. 4.1.3 S. 70 [Urteil B 10/07 vom 6. Februar 2008]). Von der vermuteten Kongruenz des Invalideneinkommens mit dem zumutbarerweise noch erzielbarem Erwerbseinkommen ist insbesondere dann abzuweichen, wenn - seitens der versicherten Person nachzuweisende - persönliche Umstände und die tatsächliche Lage auf dem im Einzelfall relevanten Arbeitsmarkt die Verwertung der (invalidenversicherungsrechtlich festgestellten) Restarbeitsfähigkeit BGE 144 V 166 S. 169 erschweren resp. verunmöglichen ( BGE 137 V 20 E. 2.2 S. 23; BGE 134 V 64 E. 4.2 und 4.3 S. 70 ff.; Urteil 9C_495/2017 vom 16. April 2018 E. 3.3.1). 3.3 Die Vorsorgeeinrichtung kann die Voraussetzungen und den Umfang einer Überentschädigungskürzung jederzeit überprüfen und ihre Leistungen anpassen, wenn die Verhältnisse sich wesentlich ändern ( Art. 24 Abs. 5 BVV 2 , sowohl in der bis Ende 2016 als auch in der seither geltenden Version). Als wesentliche Änderung der Verhältnisse gilt eine Leistungsanpassung in der Grössenordnung von mindestens 10 % zugunsten oder zuungunsten der rentenbeziehenden Person. Im Falle einer solchen Änderung ist die Vorsorgeeinrichtung zur Neuberechnung ihrer Invalidenrente verpflichtet; die Anpassung der Leistungen ist nicht dem freien Ermessen der Vorsorgeeinrichtung anheimgestellt ( BGE 143 V 91 E. 4.1 S. 93; BGE 125 V 163 E. 3b S. 164 f.; BGE 123 V 193 E. 5d S. 201). Erfährt ein einzelner Berechnungsfaktor eine wesentliche, d.h. an sich eine Leistungsanpassung von mindestens 10 % bewirkende Änderung, prüft die Vorsorgeeinrichtung (resp. das Berufsvorsorgegericht) in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht allseitig und ohne Bindung an früher ermittelte Faktoren, ob und in welchem Umfange eine Überentschädigung vorliegt. Dies kann zu einer (Über-)Kompensation des geänderten Berechnungsfaktors führen ( BGE 143 V 91 E. 4.2 S. 94 f.). 4. 4.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Versicherte nach ihrem Unfall in einem Pensum von 10 % bei ihrer bisherigen Arbeitgeberin tätig gewesen sei und dabei ein Jahreseinkommen von "rund" Fr. 10'300.- netto verdient habe. Diese mit dem aktenkundigen Lohnausweis 2007 im Einklang stehende Feststellung bleibt unbestritten und verbindlich (nicht publ. E. 1.2). Im Vergleich zu dieser - auch im Oktober 2008 gegebenen - Situation bedeutet der auf Ende 2008 erfolgte Verlust der Arbeitsstelle klar eine rechtserhebliche Veränderung des Sachverhalts, genauer: des Invalideneinkommens und damit eines Berechnungsfaktors der Überentschädigung (Anpassung der Pensionskassenleistungen um jährlich mindestens Fr. 860.40). Daran ändert nichts, dass die Versicherte bereits im September 2008 über die damals bevorstehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert war, wie die Vorinstanz (ebenfalls verbindlich) festgestellt hat. BGE 144 V 166 S. 170 4.2 Die Vorinstanz hat ferner erwogen, das Vorbringen, wonach eine Resterwerbsfähigkeit von 10 % grundsätzlich nicht verwertbar sei, vermöge die gesetzliche Vermutung der Zumutbarkeit eines Resterwerbs nicht umzustossen. Sodann fehlten Belege für erfolglose Stellenbemühungen, weshalb (neu) ein hypothetisches Erwerbseinkommen anzurechnen sei. Zu dessen Höhe hat sie sich nicht geäussert. Die Vorinstanz und die Parteien gehen nicht von einer grösseren als 10%igen Arbeitsfähigkeit der Versicherten aus. Aus den Akten ergibt sich kein von der Invalidenversicherung festgesetztes Invalideneinkommen, das für ein hypothetisches Einkommen ab dem 1. Januar 2009 herangezogen werden könnte. So oder anders stellt sich aber die Frage nach der Anrechenbarkeit eines hypothetischen Einkommens, wenn - wie die Beschwerdeführerin weiterhin geltend macht - die Restarbeitsfähigkeit aufgrund ihres geringen Umfangs grundsätzlich als nicht verwertbar zu betrachten ist. 4.3 4.3.1 Soweit ersichtlich, wird in der Literatur einhellig die Verwertbarkeit einer geringen Arbeitsfähigkeit bezweifelt und deswegen die Anrechnung eines entsprechenden hypothetischen Einkommens abgelehnt (vgl. MARKUS MOSER, Überentschädigung in der 2. Säule: Wo stehen wir heute?, in: BVG-Tagung 2015, Aktuelle Fragen der beruflichen Vorsorge, 2016, S. 89; HANS-ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl. 2012, S. 381 Rz. 1036; SCHMID/WÜRMLI, Das mutmassliche Erwerbseinkommen nach Art. 24 BVV 2 , AJP 2008 S. 720; MOSER/STAUFFER, Berufliche Vorsorge, Überentschädigung, Anrechnung des zumutbarerweise erzielbaren Einkommens, AJP 2008 S. 621; dieselben , Die Überentschädigungskürzung berufsvorsorgerechtlicher Leistungen im Lichte der Rechtsprechung, SZS 2008 S. 106; MARC HÜRZELER, Die Invaliditätsbemessung in der Invalidenversicherung und der beruflichen Vorsorge, in: Personen-Schaden-Forum 2008, 2008, S. 218; UELI KIESER, Zumutbares Resterwerbseinkommen in der beruflichen Vorsorge, AJP 2005 S. 228 f.). 4.3.2 In der Invalidenversicherung ist bei der Bestimmung des Invalideneinkommens nicht von realitätsfremden Einsatzmöglichkeiten auszugehen (vgl. SVR 2016 IV Nr. 58 S. 190, 8C_910/2015 E. 4.2.1). Eine sehr hohe Arbeitsunfähigkeit führt indessen regelmässig zu einem Invaliditätsgrad von mindestens 70 % (vgl. Art. 16 ATSG ) und folglich zu einem Anspruch auf eine ganze Rente ( Art. 28 Abs. 2 IVG ). BGE 144 V 166 S. 171 Beträgt die Erwerbsfähigkeit höchstens 30 %, ist die Frage nach der Verwertbarkeit einer geringen Restarbeitsfähigkeit ohne praktische Bedeutung. 4.3.3 Bei der Festlegung von Ergänzungsleistungen ist für nicht erwerbstätige Teilinvalide, die in die Berechnung einbezogen werden (vgl. Art. 9 ELG [SR 831.30]), grundsätzlich ein hypothetisches Mindesteinkommen zu berücksichtigen ( Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG i.V.m. Art. 14a Abs. 2 ELV [SR 831.301]). Ab einem Invaliditätsgrad von 70 % wird in der Regel kein hypothetisches Erwerbseinkommen angerechnet (Urteil 9C_680/2016 vom 14. Juni 2017 E. 3.4.1 mit Hinweisen). 4.3.4 Im Bereich der Arbeitslosenversicherung setzt die Vermittlungsfähigkeit ( Art. 15 AVIG [SR 837.0]) voraus, dass die versicherte Person insbesondere bereit (und fähig) ist, eine zumutbare Arbeit im Umfang von mindestens 20 % eines Normalarbeitspensums anzunehmen (vgl. Art. 5 AVIV [SR 837.02]; BGE 143 V 168 E. 2 S. 170; BGE 136 V 95 E. 5.1 S. 97). Nicht vermittlungsfähige Versicherte haben keinen Anspruch auf ein Erwerbsersatzeinkommen in Form von Arbeitslosenentschädigung ( Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG ). 4.3.5 Für das Haftpflichtrecht folgt aus dem wirtschaftlichen Schadensbegriff, dass eine bei Teilinvalidität theoretisch verbleibende Erwerbsfähigkeit unberücksichtigt bleiben muss, wenn sie wirtschaftlich nicht mehr nutzbar ist. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Geschädigte mit der ihm aus medizinischer Sicht verbliebenen Erwerbsfähigkeit keine Aussichten mehr hat, relativ sicher ein nicht unbedeutendes Einkommen zu erzielen. Allgemein kann gesagt werden, dass bei nicht sehr spezialisierten Arbeitnehmern eine theoretische Restarbeitsfähigkeit von 20 % und weniger sich wirtschaftlich häufig nicht verwerten lässt, weil keine Möglichkeit besteht, eine geeignete Arbeit mit einem so geringen Beschäftigungsgrad zu finden (Urteil 4C.263/2006 vom 17. Januar 2007 E. 4.1 mit Hinweisen; vgl. auch FELLMANN/KOTTMANN, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. 1, 2012, S. 606 f. Rz. 1734-1736, wonach in der Lehre die Grenze bei etwa 25 bis 30 % gezogen werde). 4.3.6 Nach dem Gesagten rechtfertigt sich, für die Überentschädigungsberechnung nach Art. 34a Abs. 1 BVG zumindest bei einer Restarbeitsfähigkeit von lediglich 10 % grundsätzlich von deren Unverwertbarkeit auszugehen. Daher kann in der Regel kein entsprechendes hypothetisches Einkommen angerechnet werden. Mit Blick BGE 144 V 166 S. 172 auf das einkommensrelevante Wechselspiel zwischen Invalidenversicherung und beruflicher Vorsorge (vermutete Kongruenz der Vergleichseinkommen; E. 3.2.2) gilt dies umso mehr, als 10 %-Stellen erfahrungsgemäss kaum je ausgeschrieben werden und solche Nischentätigkeiten bilden, die - auch wenn sie beispielsweise in der Reinigungsbranche verbreitet(er) sind - auf Mund-zu-Mund-Empfehlung resp. -Vermittlung beruhen und in diesem Sinn "Insidern" vorbehalten sind. 4.4 Die Vorinstanz hat verbindlich (nicht publ. E. 1.2) festgestellt, dass die Versicherte ab 2010 bei einem neuen Arbeitgeber ein jährliches Einkommen von Fr. 2'500.- erzielt habe. Weder die Weiterbeschäftigung bei der früheren Arbeitgeberin noch die blosse Tatsache, dass die Versicherte 2010 eine Anstellung finden konnte (bei der sie rund einen Viertel des früheren Invalideneinkommens erzielte), gibt Anlass, um ausnahmsweise von der Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit auszugehen und ab Januar 2009 ein hypothetisches Einkommen anzurechnen. Das Dahinfallen des - beim ehemaligen Arbeitgeber erzielten - Invalideneinkommens zieht eine umfassende Neuberechnung der Überentschädigung und des koordinierten Rentenanspruchs nach sich (vgl. E. 4.1 vorne). Diese wird die Vorinstanz nachzuholen haben, wobei sie gleichzeitig über die Höhe des mutmasslich entgangenen Verdienstes befinden wird, zumal sich die Parteien (auch) darüber nicht einig sind. Ob und inwieweit die neuerliche Erzielung eines tatsächlichen Einkommens ab 2010, gegen dessen Anrechnung die Beschwerdeführerin an und für sich nicht opponiert, wiederum zu einer Neuberechnung führt, hängt von den Pensionskassenleistungen ab Januar 2009 ab. Diese stellen massgebliche Vergleichsgrösse für die Erheblichkeit dar (vgl. E. 3.3), was die Vorinstanz zu übersehen scheint.
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Sachverhalt ab Seite 195 BGE 120 Ia 194 S. 195 Heinrich H. gehört der evangelischen Kirchgemeinde Bussnang an. Im Blick auf die bevorstehenden Gesamterneuerungswahlen der Kirchenvorsteherschaft stellte er in der Kirchgemeindeversammlung vom 17. Februar 1992 die Frage, weshalb der Gemeindepfarrer Mitglied der Kirchenvorsteherschaft und damit seiner vorgesetzten Behörde sein dürfe. An der folgenden Kirchgemeindeversammlung vom 22. April 1992, an der die Gesamterneuerungswahlen vorgenommen wurden, erklärte deren Präsident, die Pfarrer seien nach geltendem kirchlichem Recht von Amtes wegen Mitglied der Kirchenvorsteherschaft und daher nicht zu wählen. Am 2. Mai 1992 erhob Heinrich H. gegen die am 22. April 1992 vorgenommenen Wahlen eine Beschwerde beim Evangelischen Kirchenrat des Kantons Thurgau. BGE 120 Ia 194 S. 196 Er machte geltend, die Regelung, wonach der Gemeindepfarrer Mitglied der Kirchenvorsteherschaft sei, verstosse gegen die §§ 29 und 92 der Verfassung des Kantons Thurgau vom 16. März 1987 (KV). Nachdem ein mehrfacher Briefwechsel zu keinem Ergebnis geführt hatte, verlangte Heinrich H. am 4. August 1993 einen Entscheid über seine Beschwerde. Der Evangelische Kirchenrat wies die Beschwerde darauf am 29. September 1993 ab. Heinrich H. hat gegen den Entscheid des Evangelischen Kirchenrats eine staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht und beantragt dessen Aufhebung. Er rügt eine Verletzung von § 29 Abs. 1 KV sowie des Grundsatzes der Gewaltentrennung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der angefochtene Entscheid verneint eine Unvereinbarkeit zwischen dem Amt des Gemeindepfarrers und seiner Mitgliedschaft in der Kirchenvorsteherschaft (Exekutivbehörde der Kirchgemeinde). Zugleich weist er eine gegen die Gesamterneuerungswahl der Kirchenvorsteherschaft Bussnang vom 22. April 1992 gerichtete Beschwerde ab. a) Nach Art. 85 lit. a OG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und betreffend kantonale Wahlen und Abstimmungen. Als kantonal im Sinne dieser Bestimmung gelten neben den Wahlen und Abstimmungen auf kantonaler Ebene auch jene in den Gemeinden ( BGE 119 Ia 167 E. 1a S. 169; BGE 110 Ia 183 E. 3c S. 186; BGE 108 Ia 38 E. 2 S. 39). Ferner fallen nicht nur Wahlen und Abstimmungen in den Kantonen, Bezirken und politischen Gemeinden unter Art. 85 lit. a OG , sondern auch diejenigen in anderen Körperschaften, soweit sie dem öffentlichen Recht unterstehen. Die evangelischen Kirchgemeinden des Kantons Thurgau sind Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 93 KV; § 8 der Verfassung der Evangelischen Kirchen des Kantons Thurgau vom 10. Dezember 1984 [EKV]). Auf ihre Abstimmungen und Wahlen findet öffentliches Recht Anwendung (§ 12 EVK). Sie können dementsprechend beim Bundesgericht mit Stimmrechtsbeschwerde angefochten werden ( BGE 105 Ia 368 E. 2 S. 369 f.). b) Die politischen Rechte umfassen das Recht, an Abstimmungen teilzunehmen, Initiativen und Referendumsbegehren zu unterschreiben, sowie das aktive und BGE 120 Ia 194 S. 197 passive Wahlrecht. Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann die Verletzung sämtlicher im Zusammenhang mit den politischen Rechten stehenden Vorschriften gerügt werden. Dazu zählen namentlich auch Wählbarkeits- und Unvereinbarkeitsvorschriften ( BGE 119 Ia 167 E. 1c S. 170; BGE 116 Ia 477 E. 1a 479 ff.; BGE 114 Ia 395 E. 3b S. 400 f.). Der Beschwerdeführer macht die Unvereinbarkeit des Amtes des Gemeindepfarrers mit der Mitgliedschaft in der Kirchenvorsteherschaft geltend. Der Kirchenrat habe dadurch § 29 Abs. 1 KV verletzt, dass er erklärt habe, Pfarrer Klaus S. gehöre von Amtes wegen der Kirchenvorsteherschaft Bussnang an. Es trifft zwar zu, dass bei den angefochtenen Wahlen vom 22. April 1992 Pfarrer Klaus S. gar nicht als Kandidat teilgenommen hat. Wie erwähnt gehört er nach Auffassung der Thurgauer Kirchenbehörden als Gemeindepfarrer der Kirchenvorsteherschaft von Amtes wegen an. Der Beschwerdeführer stellt jedoch im Zusammenhang mit den Gesamterneuerungswahlen die Verfassungsmässigkeit dieser Regelung in Frage. Sie wirkte sich auf die angefochtenen Wahlen aus. Würde sie - wie dies der Beschwerdeführer geltend macht - als verfassungswidrig betrachtet, so hätte am 22. April 1992 ein Mitglied mehr in die Kirchenvorsteherschaft gewählt werden müssen, da ihr Pfarrer Klaus S. nicht mehr angehören könnte. Die vorliegend gerügte Verletzung von § 29 Abs. 1 KV hat demnach einen direkten Einfluss auf die Ausübung der politischen Rechte. Ihre Verletzung kann daher mit Stimmrechtsbeschwerde gerügt werden. c) Wer in der Körperschaft, deren Wahl oder Abstimmung angefochten ist, das Stimm- und Wahlrecht hat, ist zur Erhebung einer Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG legitimiert ( BGE 119 Ia 167 E. 1b S. 169; BGE 118 Ia 184 E. 1b S. 188; 116 Ia E. 3a S. 364). Heinrich H. gehört der evangelischen Kirchgemeinde Bussnang an. Er ist daher befugt, gegen die in dieser Kirchgemeinde durchgeführten Wahlen eine Stimmrechtsbeschwerde zu ergreifen. d) Nach Art. 86 Abs. 1 OG kann das Bundesgericht nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide angerufen werden. Der Evangelische Kirchenrat bezeichnet es als zweifelhaft, ob im vorliegenden Fall diese Voraussetzung erfüllt sei. Nach § 73 EKV in Verbindung mit § 72 Ziff. 24 EKV kann gegen Entscheide des Evangelischen Kirchenrats über die Stimmberechtigung Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau erhoben werden. Der Beschwerdeführer BGE 120 Ia 194 S. 198 geht ohne Begründung davon aus, diese Bestimmung finde im vorliegenden Fall keine Anwendung. Der Kirchenrat hat dem angefochtenen Entscheid keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt. Es erscheint nicht klar, ob die in § 72 Ziff. 24 EKV genannten Anstände über die Stimmberechtigung auch solche über die Unvereinbarkeit zweier Ämter umfassen. Unter "Stimmberechtigung" im engeren Sinne könnte nur das Stimm- und das aktive Wahlrecht, allenfalls noch das passive Wahlrecht, die Wählbarkeit, verstanden werden. Im vorliegenden Fall geht es indessen nicht um die Wählbarkeit von Pfarrer Klaus S. in die Kirchenvorsteherschaft, sondern um die Vereinbarkeit zwischen Pfarramt und Mitgliedschaft in der Kirchenvorsteherschaft. Das Bundesgericht hat lange Zeit Beschwerden über solche Unvereinbarkeitsbestimmungen nicht als Stimmrechtsbeschwerden nach Art. 85 lit. a OG , sondern als Verfassungsbeschwerden behandelt. Erst in jüngerer Zeit zählt es auch die Unvereinbarkeitsbestimmungen zum Schutzbereich der politischen Rechte (vgl. BGE 119 Ia 167 E. 1c S. 170; BGE 116 Ia 477 E. 1a 479 ff.; BGE 114 Ia 395 E. 3b S. 400 f.). Es erscheint jedenfalls als ungewiss, ob das Verwaltungsgericht in der hier gegebenen Streitsache auf eine Beschwerde gegen den Entscheid des Kirchenrats eintreten würde. Da nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vom Erfordernis der Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs abgesehen werden kann, wenn ernsthafte Zweifel über die Zulässigkeit eines kantonalen Rechtsmittels bestehen ( BGE 118 Ia 415 E. 3 S. 418 f.; BGE 116 Ia 442 E. 1a S. 444; BGE 114 Ia 263 E. 2b S. 265), ist auf die vorliegende Beschwerde einzutreten. e) Gemäss Art. 89 Abs. 1 OG sind Stimmrechtsbeschwerden innert 30 Tagen seit Eröffnung des angefochtenen Akts zu erheben. Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Evangelische Kirchenrat gehen davon aus, dass nicht schon die am 9. Juli 1992 formlos erteilte Antwort als anfechtbarer Entscheid anzusehen ist, sondern erst die förmliche Abweisung der Beschwerde am 29. September 1993. Dem ist beizupflichten. Die Beschwerdefrist ist unter diesen Umständen eingehalten. f) Es sind damit sämtliche Voraussetzungen zur Erhebung einer Stimmrechtsbeschwerde erfüllt. Auf das Rechtsmittel ist daher einzutreten. 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, § 16 Abs. 3 EKV, wonach der von der Gemeinde gewählte Pfarrer von Amtes wegen der Kirchenvorsteherschaft angehöre, widerspreche der Unvereinbarkeitsbestimmung von § 29 Abs. 1 KV, der verbiete, dass jemand seiner unmittelbaren Aufsichtsbehörde angehöre. BGE 120 Ia 194 S. 199 Es verletze die politischen Rechte, wenn der Evangelische Kirchenrat die Auffassung vertrete, Pfarrer Klaus S. gehöre der Kirchenvorsteherschaft Bussnang von Amtes wegen an. Das Bundesgericht prüft im Rahmen der Stimmrechtsbeschwerde die Auslegung und Anwendung des kantonalen Verfassungsrechts frei ( BGE 119 Ia 167 E. 2 S. 174). a) Die Thurgauer Verfassung vom 16. März 1987 stellt am Anfang ihres organisationsrechtlichen Teils in § 29 Abs. 1 den Grundsatz auf, dass niemand seiner unmittelbaren Aufsichtsbehörde angehören dürfe. Die etwas ältere Verfassung der Evangelischen Landeskirche aus dem Jahre 1984 bestimmt in § 16 Abs. 3, dass von der Gemeinde gewählte Pfarrer von Amtes wegen Mitglieder der Kirchenvorsteherschaft seien. Ob diese beiden Normen im vorliegenden Fall zueinander in Widerspruch treten, wie dies der Beschwerdeführer behauptet, hängt davon ab, ob die Kirchenvorsteherschaft die unmittelbare Aufsichtsbehörde des Gemeindepfarrers ist (dazu nachstehend lit. b) und ob § 29 Abs. 1 KV für den in Frage stehenden Bereich der kirchlichen Organisation Anwendung findet (dazu nachstehend lit. c). Anhand der gefundenen Antworten ist anschliessend über das Vorliegen einer Verletzung des kantonalen Verfassungsrechts und damit der politischen Rechte des Beschwerdeführers zu befinden (nachstehend lit. d und e). b) Die Aufgaben der Kirchenvorsteherschaft werden in § 18 EKV im einzelnen aufgeführt. Nach Ziff. 8 dieser Bestimmung zählt dazu ausdrücklich die Aufsicht über die Amtsführung der Pfarrer. Der Evangelische Kirchenrat anerkennt, dass die Gemeindepfarrer zumindest in administrativer Hinsicht der unmittelbaren Aufsicht der Kirchenvorsteherschaft unterstehen. Er macht jedoch geltend, in seinem Amt als Hirte der Gemeinde sei ihm die Kirchenvorsteherschaft beigeordnet, und in Fragen der Glaubensverkündigung und Liturgie habe sie keine Kompetenzen. In dieser letzteren Hinsicht sei der Pfarrer direkt der Aufsicht des Kirchenrats unterstellt. Wenn der Gemeindepfarrer somit der Kirchenvorsteherschaft angehöre, so sitze er höchstens dann in seiner Aufsichtsbehörde, wenn es um rein administrative Belange gehe. Diesfalls würden aber die üblichen Ausstandsregeln gelten, weshalb eine Verletzung von § 29 Abs. 1 KV nicht angenommen werden könne. Im übrigen sei die BGE 120 Ia 194 S. 200 Stellung des Pfarrers in der Kirchenvorsteherschaft historisch begründet; früher sei er sogar von Amtes wegen deren Präsident gewesen. Auch wenn sich die Aufsicht der Kirchenvorsteherschaft über die Amtsführung der Pfarrer gemäss § 18 Ziff. 7 EKV nicht auf die geistlichen Belange erstreckt, so besteht sie unbestrittenermassen im Bereich der administrativen Fragen. Diese mögen bei der Verwirklichung des kirchlichen Auftrags zwar weniger im Vordergrund stehen als die geistlichen Aufgaben, doch kommt ihnen im kirchlichen Leben keineswegs eine nur nebensächliche Bedeutung zu. Entgegen der Auffassung des Evangelischen Kirchenrats wird § 29 Abs. 1 KV nicht Genüge getan, wenn der Gemeindepfarrer bei der Behandlung administrativer Fragen, die ihn betreffen, in den Ausstand tritt. Die Verfassungsbestimmung bezweckt vielmehr eine klare Trennung zwischen den Aufsichtsbehörden und den ihnen unmittelbar Unterstellten. Sie will damit die Unabhängigkeit des für die Aufsicht zuständigen Organs gegenüber den Beaufsichtigten gewährleisten. Diese Unabhängigkeit ist nicht in gleichem Masse vorhanden, wenn ein Untergebener zugleich Mitglied der Aufsichtsbehörde ist und nur einzelfallweise in den Ausstand tritt. Umgekehrt hindert die Nichtmitgliedschaft des Pfarrers in der Kirchenvorsteherschaft diese nicht, ihn beratend beizuziehen, namentlich wenn Fragen aus dem geistlichen Bereich zu behandeln sind. Die Hinweise des Evangelischen Kirchenrats auf den historischen Hintergrund von § 16 Abs. 3 EKV sind im vorliegenden Zusammenhang nicht von Bedeutung. Die frühere Kantonsverfassung kannte keine § 29 Abs. 1 KV entsprechende Bestimmung. Die Meinungsäusserungen zu § 16 Abs. 3 EKV in der vorberatenden Kommission vom 18. März 1983 konnten die erst vier Jahre später beschlossene neue Kantonsverfassung noch nicht mitberücksichtigen. Es ergibt sich somit, dass die Kirchenvorsteherschaft zumindest im administrativen Bereich die unmittelbare Aufsichtsbehörde des Gemeindepfarrers ist. Eine Verletzung von § 29 Abs. 1 KV liegt aber nur vor, soweit diese Norm auch im hier zu beurteilenden kirchlichen Bereich beachtet werden muss. c) Nach § 92 Abs. 1 KV ordnet die evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Thurgau ihre inneren Angelegenheiten selbständig. Die Belange, welche sowohl den staatlichen als auch den kirchlichen Bereich betreffen, regelt sie in einem Erlass, der die demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze zu wahren hat (§ 92 Abs. 2 KV). Zu den letzteren gehört auch § 29 Abs. 1 KV, wonach niemand seiner unmittelbaren Aufsichtsbehörde angehören darf. BGE 120 Ia 194 S. 201 Zu den inneren Angelegenheiten der Landeskirchen zählen gemeinhin Lehre, Verkündigung, Kultus, Seelsorge, kirchlicher Unterricht, Mission und karitative Tätigkeit, zu den äusseren Angelegenheiten dagegen Organisation, Mitgliedschaft, Stimm- und Wahlrecht und Finanzordnung (ULRICH HÄFELIN, Kommentar BV, Art. 49, N. 23; UELI FRIEDERICH, Kirchen und Glaubensgemeinschaften im pluralistischen Staat, Diss. Bern, 1993, S. 374 ff.; PETER KARLEN, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Schweiz, Diss. Zürich, 1988, S. 138 f.). Während die Evangelische Landeskirche des Kantons Thurgau in der Ordnung der inneren Angelegenheiten gemäss § 92 Abs. 1 KV Autonomie geniesst und daher grundsätzlich nicht an die Prinzipien der Thurgauer Kantonsverfassung gebunden ist, besteht eine solche Bindung gemäss § 92 Abs. 2 KV für die äusseren bzw. gemischten Angelegenheiten (vgl. auch KARLEN, a.a.O., S. 283; FELIX HAFNER, Kirchen im Kontext der Grund- und Menschenrechte, 1992, S. 333). Die in § 18 EKV genannten Aufgaben der Kirchenvorsteherschaft erstrecken sich zu einem erheblichen Teil auf äussere Angelegenheiten. Ebensowenig ist die Tätigkeit der Gemeindepfarrer auf innere Angelegenheiten beschränkt (vgl. § 23 EKV). Auch die Aufsicht der Kirchenvorsteherschaft über die Amtsführung der Pfarrer berührt in einem beträchtlichen Umfang äussere Angelegenheiten. Dies gilt namentlich mit Bezug auf organisatorische, administrative und finanzielle Fragen. Die Bildung und Zusammensetzung der Kirchenvorsteherschaft ist jedenfalls insoweit ebenfalls als äussere Angelegenheit zu betrachten, als deren Tätigkeit äussere Angelegenheiten betrifft. Die Bestimmung der Zusammensetzung der Kirchenvorsteherschaft kann somit nicht vollständig dem inneren Bereich zugerechnet werden, in dem der Landeskirche Autonomie zukommt. Demzufolge ist gemäss § 92 Abs. 2 KV bei der Umschreibung des Mitgliederkreises der Kirchenvorsteherschaft der Grundsatz von § 29 Abs. 1 KV zu beachten. d) Wie bereits dargelegt wurde, ist die Kirchenvorsteherschaft zumindest in administrativen Fragen die unmittelbare Aufsichtsbehörde der Pfarrer. In diesem zugleich den äusseren Angelegenheiten zuzurechnenden Bereich ist § 29 Abs. 1 KV auch für die kirchliche Organisation verbindlich. Für eine abweichende Regelung, wie sie § 16 Abs. 3 EKV darstellt, besteht kein Raum. Diese letztere Norm ist daher mit § 29 Abs. 1 KV insoweit nicht vereinbar. BGE 120 Ia 194 S. 202 Die Genehmigung von § 16 Abs. 3 EKV durch den Grossen Rat des Kantons Thurgau vom 4. November 1985 ändert an dieser Feststellung nichts. Einmal ist zu beachten, dass sie noch unter der Herrschaft der alten Kantonsverfassung von 1869 erfolgte, welche keine § 29 Abs. 1 KV entsprechende Bestimmung enthielt. Die neue Verfassung vom 16. März 1987 trat am 1. Januar 1990 in Kraft und setzte alles früher erlassene Recht, das ihr widersprach, ausser Kraft (§ 96 Abs. 1 KV). Sodann könnte ein Genehmigungsentscheid eines Kantonsparlaments das Bundesgericht nicht hindern, auf staatsrechtliche Beschwerde hin eine mit der Kantonsverfassung im Widerspruch stehende Bestimmung der Kirchenverfassung aufzuheben bzw. als nicht anwendbar zu erklären. e) Aus den voranstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Evangelische Kirchenrat im vorliegenden Fall § 16 Abs. 3 EKV wegen Widerspruchs zu § 29 Abs. 1 KV nicht hätte anwenden und Pfarrer Klaus S. nicht von Amtes wegen als Mitglied der Kirchenvorsteherschaft Bussnang hätte ansehen dürfen. Sein Entscheid ist in Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde daher aufzuheben. Zur Herstellung des verfassungsmässigen Zustands hat der Evangelische Kirchenrat einen neuen Entscheid zu fällen, der darauf hinausläuft, dass Pfarrer Klaus S. nicht länger das Amt eines Mitglieds der Kirchenvorsteherschaft Bussnang wird ausüben dürfen. Über die aus diesem Urteil für andere Kirchgemeinden zu ziehenden Konsequenzen ist hier nicht zu befinden, da sich der Streitgegenstand des vorliegenden Falls auf die Zulässigkeit der Mitgliedschaft von Pfarrer Klaus S. in der Kirchenvorsteherschaft Bussnang beschränkt.
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9d640671-73ad-457d-a084-d39c853778be
Sachverhalt ab Seite 384 BGE 141 II 383 S. 384 A. Am 24. Dezember 2013 richtete die zuständige norwegische Behörde ein Amtshilfegesuch gemäss Art. 26 des Abkommens vom 7. September 1987 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.959.81; nachfolgend: DBA-N) an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). Das Gesuch betraf u.a. die X. SA. Mit Editionsverfügung vom 21. Januar 2014 forderte die ESTV die X. SA auf, ihr innert 14 Tagen ab Zustellung der Editionsverfügung die darin verlangten Informationen zu übermitteln. Diese Aufforderung wurde mit einer Strafandrohung gemäss Art. 9 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 28. September 2012 über die internationale Amtshilfe in Steuersachen (Steueramtshilfegesetz, StAhiG; SR 672. 5) verbunden. Mit Verfügung vom 29. August 2014 auferlegte die ESTV der X. SA in Anwendung von Art. 9 Abs. 5 und Art. 10 Abs. 4 StAhiG eine Busse von Fr. 7'000.-, wobei diese Busse gegenüber A. als statutarisch verantwortlichem Organ der Gesellschaft ausgesprochen wurde. In der Rechtsmittelbelehrung führte die ESTV aus, "gegen diese Schlussverfügung" könne innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt werden. B. Mit Beschwerde vom 18. September 2014 an das Bundesverwaltungsgericht beantragten A. und die X. SA, die Aufforderungen der ESTV vom 21. Januar, 19. März, 7. Juli und 25. Juli 2014 an die BGE 141 II 383 S. 385 X. SA, Auskünfte zu erteilen bzw. Dokumente herauszugeben, für gegenstandslos zu erklären bzw. aufzuheben. Ferner beantragten sie, die Bussenverfügung der ESTV vom 29. August 2014 aufzuheben, eventualiter die Busse zu reduzieren. C. Mit Urteil vom 30. September 2014 trat das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde nicht ein (Ziff. 1) und stellte weiter fest, dass die Bussenverfügung der ESTV vom 29. August 2014 nichtig sei (Ziff. 2). Zur Begründung führte es einerseits aus, die Bussenverfügung stelle keine Schlussverfügung im Sinne des Steueramtshilfegesetzes dar. Andererseits hielt das Gericht fest, es stelle sich allenfalls die Frage der Überweisung der Streitsache gemäss Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172. 021). Das Gericht kam zum Schluss, die Frage erübrige sich, da nicht von einer Zuständigkeit der ESTV zur Ausfällung der vorliegenden Busse nach Art. 9 Abs. 5 bzw. Art. 10 Abs. 4 StAhiG ausgegangen werden könne; diese Busse sei vielmehr durch die ordentlichen Straf(gerichts)behörden auszufällen und die Verfügung der ESTV sei nichtig. D. Gegen dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts führt die ESTV mit Eingabe vom 13. Oktober 2014 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache zur materiellen Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht. A. und die X. SA beantragen die Abweisung der Beschwerde. (...) (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Gemäss Art. 1 Abs. 1 StAhiG regelt das Steueramtshilfegesetz den Vollzug der Amtshilfe nach den Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und nach anderen internationalen Abkommen, die einen auf Steuersachen bezogenen Informationsaustausch vorsehen. Unter der Marginalie "Zuständigkeit" bestimmt Art. 2 StAhiG , dass die ESTV die Amtshilfe aufgrund ausländischer Ersuchen vollzieht. In Art. 9 Abs. 5 sieht das Steueramtshilfegesetz vor, dass die betroffene Person mit Busse bis zu 10'000 Franken bestraft wird, wenn sie einer von der ESTV unter Hinweis auf die Strafdrohung dieser Bestimmung ergangenen vollstreckbaren Verfügung zur BGE 141 II 383 S. 386 Herausgabe der Informationen vorsätzlich nicht Folge leistet. In identischer Weise sieht Art. 10 Abs. 4 StAhiG die Strafbarkeit der Informationsinhaberin oder des Informationsinhabers vor. Als anwendbares Verfahrensrecht erklärt Art. 5 Abs. 1 StAhiG , soweit nicht anders bestimmt, das Verwaltungsverfahrensgesetz für massgebend. 3.2 Das Verwaltungsverfahrensgesetz regelt in Art. 40 f. die Zwangsmittel zur Verfügungsvollstreckung. Nach Art. 41 Abs. 1 lit. c VwVG kann die Behörde zur Vollstreckung von Verfügungen, welche nicht auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung gehen, zur Massnahme der Strafverfolgung greifen, soweit ein anderes Bundesgesetz die Strafe vorsieht. Der Wortlaut von Art. 41 Abs. 1 lit. c VwVG verweist auf keine bestimmten Bundesgesetze oder bestimmten darin vorgesehenen Strafbestimmungen. Die Frage wird in Rechtsprechung und Lehre auch kaum diskutiert (vgl. GÄCHTER/EGLI, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG] [nachfolgend: Kommentar], 2008, N. 29 zu Art. 41 VwVG ). Mit den Art. 9 Abs. 5 und 10 Abs. 4 StAhiG besteht aber jedenfalls für den vorliegenden Fall die geforderte gesetzliche Grundlage, welche eine Strafe vorsieht, die es der Behörde ermöglicht, zur Durchsetzung von Verfügungen eine Massnahme zu ergreifen. Als Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. a VwVG u.a. die den Departementen unterstellten Dienstabteilungen der Bundesverwaltung. 3.3 Gestützt auf die vorgenannten Bestimmungen ergibt sich ohne Weiteres, dass die ESTV zur Anordnung einer Busse gemäss Art. 9 Abs. 5 bzw. Art. 10 Abs. 4 StAhiG zuständig ist. Der abweichenden Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts kann nicht gefolgt werden. Sie stützt sich darauf, dass sich den Art. 9 Abs. 5 und 10 Abs. 4 StAhiG nichts zur Zuständigkeit der ESTV entnehmen lasse. Bei dieser Argumentation wird ausser Acht gelassen, dass Art. 2 StAhiG die Zuständigkeit der ESTV für sämtliche im StAhiG vorgesehenen Massnahmen begründet und dass sich insbesondere ihre Kompetenz zur in den Art. 9 Abs. 5 und 10 Abs. 4 StAhiG stipulierten Bussenerhebung gestützt auf Art. 5 Abs. 1 StAhiG i.V.m. Art. 41 Abs. 1 lit. c VwVG ergibt. An dieser grundsätzlichen Zuständigkeit der ESTV vermag nichts zu ändern, dass Art. 21a Abs. 5 StAhiG die ESTV im Zusammenhang mit der Bestrafung von Verstössen gegen das Informationsverbot explizit als verfolgende und urteilende Behörde bezeichnet. Die Vorinstanz will daraus e BGE 141 II 383 S. 387 contrario im Sinne einer systematischen Auslegung ableiten, dass mangels einer entsprechenden Regelung in den Art. 9 Abs. 5 und 10 Abs. 4 StAhiG der Gesetzgeber der ESTV eine entsprechende Zuständigkeit nicht einräumen wollte. Einer solchen Interpretation steht - wie bereits ausgeführt - zum einen der Wortlaut von Art. 2 StAhiG entgegen. Zum anderen ist ihr auch unter teleologischen Überlegungen nicht zu folgen: Es wäre nicht nachvollziehbar, die ESTV nur gerade für die Verfolgung und Ahndung von Verstössen gegen das Informationsverbot als zuständig zu erklären, welche regelmässig erst nach Durchführung von Amtshilfeverfahren zum Tragen kommen dürften, und sie bei den Straf- bzw. Zwangsmassnahmen, welche der korrekten laufenden Durchführung der Amtshilfeverfahren dienen sollen, als unzuständig zu erklären. Die ESTV weist denn auch zu Recht auf die Botschaft zur kürzlich erfolgten Revision des Steueramtshilfegesetzes hin, in welcher das Verständnis zur umfassenden Zuständigkeit der ESTV explizit zum Ausdruck kommt. Der Bundesrat führt dort aus, aufgrund der Fachkenntnisse der ESTV sei es angezeigt, dass sie für Widerhandlungen gegen die Strafbestimmungen des StAhiG verfolgende und urteilende Behörde sei (vgl. Botschaft vom 16. Oktober 2013 zur Änderung des StAhiG, BBl 2013 8369, 8379 zu Art. 21a Abs. 5). Auch wenn diese Ausführungen im Rahmen der Revision des Steueramtshilfegesetzes und im Zusammenhang mit der Regelung des neu ins Gesetz aufgenommenen Art. 21a Abs. 5 StAhiG erfolgten, ist nicht ersichtlich, inwiefern der Gesetzgeber bei der ursprünglichen Fassung des Gesetzes von anderen Überlegungen ausgegangen sein sollte. Der ESTV ist daher zuzustimmen, wenn sie die Diskrepanz in den Formulierungen der Bestimmungen auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückführt. 3.4 An der Zuständigkeit der ESTV vermag auch die Argumentation der Beschwerdegegner, das Akkusationsprinzip (bzw. das Anklageprinzip) werde verletzt, nichts zu ändern. Sie sehen die Verletzung des Anklageprinzips darin, dass es an der notwendigen institutionellen Trennung von Ankläger und Richter zum einen, von Anklage und Urteil zum anderen fehle. Dabei beachten sie jedoch nicht, dass es sich bei den Bussen nach den Art. 9 Abs. 5 bzw. 10 Abs. 4 StAhiG zwar wohl um echte Strafen handelt, diese jedoch der Sache nach in erster Linie ein Mittel des Verwaltungszwangs darstellen. Verwaltungsstrafen sanktionieren Verstösse gegen verwaltungsrechtliche Pflichten und bezwecken damit die Durchsetzung des Verwaltungsrechts. Sie sind insofern ein Mittel des Verwaltungzwangs BGE 141 II 383 S. 388 und haben repressiven Charakter (vgl. HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 1171; JAAG/HÄGGI, in: VwVG, Praxiskommentar [...], 2009, N. 30 zu Art. 41 VwVG ; TOBIAS JAAG, Sanktionen im Verwaltungsrecht [nachfolgend: Sanktionen], in: Wirtschaft und Strafrecht, Festschrift für Niklaus Schmid, 2001, S. 571 und 577). Ordnungsbussen sind Verwaltungsstrafen für geringfügigere Missachtungen des Verwaltungsrechts, insbesondere von Verfahrensvorschriften (TOBIAS JAAG, in: Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG] [nachfolgend: Kommentar VRG], 3. Aufl. 2014, N. 44 zu § 30 VRG; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 1172). Die in den genannten Bestimmungen geregelte Bestrafung von Verfahrenspflichtverletzungen ist nicht Selbstzweck. Sie dient vielmehr der Durchsetzung derjenigen Pflichten, die der betroffenen Person oder dem Informationsinhaber auferlegt sind, um der Steuerbehörde die ordnungsgemässe Abwicklung des Steueramtshilfeverfahrens zu ermöglichen. Erfüllt die betroffene Person oder der Informationsinhaber diese Pflichten nicht, besteht die Gefahr, dass das Amtshilfeverfahren vereitelt wird. Dieser Gefahr war sich der Gesetzgeber bewusst, weshalb er für die Unterlassung der gesetzlich gebotenen Mitwirkung eine Busse vorsah. Konsequenz aus dem Verwaltungszwangscharakter der fraglichen Bussen ist, dass die Auferlegung der Busse als Zwangsmassnahme in der Kompetenz der zuständigen Verwaltungsbehörde verbleibt. Das Anklageprinzip wird dadurch nicht verletzt; vielmehr ist es vollumfänglich dadurch gewahrt, dass es dem Gebüssten offensteht, die Bussenverfügung anzufechten und im gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen. Es verhält sich diesbezüglich analog wie im von den Beschwerdegegnern selber erwähnten Strafbefehlsverfahren. Wenn die Beschwerdegegner argumentieren, für das Strafbefehlsverfahren bestehe anders als vorliegend eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage, so übersehen sie, dass, wie sogleich zu sehen ist (E. 4), mit dem - hier zur Anwendung kommenden - Verwaltungsstrafrecht eine gesetzliche Grundlage gegeben ist. 3.5 Als Zwischenergebnis ergibt sich damit, dass die Vorinstanz die Bussenverfügung der ESTV zu Unrecht als nichtig qualifizierte. Ziff. 2 des angefochtenen Urteils ist demnach aufzuheben. 4. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob sich das Bundesverwaltungsgericht richtigerweise als nicht zuständig zur Beurteilung der BGE 141 II 383 S. 389 Beschwerde gegen die Bussenverfügung der ESTV erklärte, mithin zu Recht nicht auf diese eingetreten ist. 4.1 Das Bundesverwaltungsgericht hielt in seinem Urteil fest, es sei zuständig zur Beurteilung von Beschwerden gegen Schlussverfügungen der ESTV betreffend die Amtshilfe gestützt auf Art. 26 DBA-N. In einer Schlussverfügung werde gemäss Art. 17 Abs. 1 StAhiG die Amtshilfeleistung begründet und der Umfang der zu übermittelnden Informationen bestimmt bzw. die Amtshilfe verweigert. Die vorliegende Verfügung sei indes als reine Bussenverfügung ausgestaltet und daher offensichtlich und entgegen der in der Rechtsmittelbelehrung implizit geäusserten Ansicht der ESTV keine Schlussverfügung im Sinne des StAhiG. Auch handle es sich nicht um eine "der Schlussverfügung vorangehende Verfügung" im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StAhiG , erfolge doch dort der Bezug auf den Verfahrensablauf in der Sache, also auf denjenigen, der zur Amtshilfe führe bzw. führen sollte. Folglich erachtete sich das Bundesverwaltungsgericht nicht als zuständig. 4.2 Dem Bundesverwaltungsgericht ist beizupflichten, dass die hier umstrittene Bussenverfügung offensichtlich keine Schlussverfügung im Sinne von Art. 19 Abs. 1 i.V.m. Art. 17 Abs. 1 StAhiG darstellt. Dies wird inzwischen auch von der ESTV anerkannt. Auch kann die auf die Art. 9 Abs. 5 oder 10 Abs. 4 StAhiG gestützte Bussenverfügung nicht als eine auf den Verfahrensablauf in der Sache bezogene Verfügung verstanden werden. Selbst wenn angesichts der Charakterisierung der Busse als Verwaltungszwang ein Konnex zum Verfahrensablauf nicht gänzlich abzusprechen ist, steht bei der Bussenverfügung doch nicht das Amtshilfeverfahren als solches, sondern vielmehr die reibungslose Durchführung des Verfahrens durch die Verwaltungsbehörden resp. dessen Durchsetzung nötigenfalls mit Hilfe von Zwangsmassnahmen im Vordergrund. Es handelt sich somit auch nicht um eine "der Schlussverfügung vorangehende Verfügung" im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StAhiG , die mit der Schlussverfügung im Amtshilfeverfahren in der Sache zusammenhängt und mit dieser angefochten werden können soll. 4.3 Gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG; SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG . Nach Art. 32 Abs. 2 lit. b VGG ist die Beschwerde unzulässig gegen Verfügungen, die nach einem anderen Bundesgesetz BGE 141 II 383 S. 390 durch Beschwerde an eine kantonale Behörde anfechtbar sind. Gemäss Art. 1 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (Verwaltungsstrafrechtsgesetz, VStrR; SR 313.0) findet dieses Gesetz Anwendung, wenn die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen einer Verwaltungsbehörde des Bundes übertragen wird. Gelangt das VStrR zur Anwendung, schliesst Art. 3 lit. c VwVG auf das Verfahren der Strafverfolgung die Anwendbarkeit des VwVG ausdrücklich aus. Selbst wenn die Untersuchung und die Beurteilung durch eine (Bundes-)Verwaltungsbehörde erfolgt und diese die Strafverfügung erlässt, geht es funktional um Justiz und nicht mehr um Verwaltung (vgl. JAAG/HÄGGI, a.a.O., N. 31 zu Art. 41 VwVG ; PIERRE TSCHANNEN, in: Kommentar, a.a.O., N. 7 zu Art. 3 VwVG ). 4.4 Anders als in anderen Bereichen des Steuerrechts enthält das Steueramtshilfegesetz lediglich in Art. 13 Abs. 7 und Art. 21a Abs. 5 einen ausdrücklichen Verweis auf das Verwaltungsstrafrechtsgesetz, wobei sich der Verweis ausschliesslich auf Art. 42 und 45-50 Abs. 1 und 2 resp. Art. 7 Abs. 1 VStrR bezieht (vgl. dagegen etwa die generellen Verweise auf das VStrR in Art. 67 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer [VStG; SR 642.21], Art. 103 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1999 über die Mehrwertsteuer [MWSTG; SR 641.20] sowie Art. 50 des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben [StG; SR 641.10]). Dies vermag indes nichts an der generellen Anwendbarkeit des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes zu ändern, da dieses auch ohne ausdrücklichen oder generellen Verweis bereits gestützt auf Art. 1 VStrR zur Anwendung gelangt. Vielmehr bringt der Verweis in Art. 21a Abs. 5 StAhiG explizit die Anwendbarkeit von Art. 7 Abs. 1 VStrR zum Ausdruck resp. der Verweis in Art. 13 Abs. 7 StAhiG auf die im Zusammenhang mit Zwangsmassnahmen zur Anwendung gelangenden Bestimmungen des VStrR, ohne dass daraus auf die Nichtanwendbarkeit der übrigen Bestimmungen des VStrR geschlossen werden könnte. 4.5 Am Verwaltungsstrafverfahren wurde insofern schon früh Kritik geübt, als etwa bei gleichzeitigem Erlass von Massnahmen oder Administrativsanktionen, die in einem einzelnen Verwaltungsgesetz vorgesehen sind (z.B. eine Verwarnung, eine Amtsenthebung oder ein Bewilligungsentzug), sowie einer Ordnungsbusse, sich die Verhängung Letzterer nach Verwaltungsstrafverfahren richtet, im Übrigen aber das Verwaltungsverfahrensgesetz anwendbar ist. Entgegen der Regelung im VStrR wäre es vorzuziehen gewesen, BGE 141 II 383 S. 391 Ordnungsbussen auf dem Verwaltungsweg zu belassen (vgl. ANDRÉ GRISEL, Referate und Mitteilungen des Schweizerischen Juristenvereins, Protokoll vom 12. September 1971, ZSR 90/1971 II S. 463 f.; MARKUS PETER, Erste Erfahrungen mit dem Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht, ZStrR 93/1977 S. 356 f.; RENATE SCHWOB, Verwaltungsstrafrecht des Bundes, Schweizerische Juristische Kartothek [SJK],Karte 1287, Stand: 1. Oktober 1985, S. 3). Es liesse sich auch vorliegend argumentieren, dass es bei Bussenandrohungen und Bussenauferlegungen als Zwangsmittel der ESTV im Rahmen der Abwicklung des Steueramtshilfeverfahrens als sachgerecht erschiene, die zur materiellen Beurteilung des Amtshilfeverfahrens an sich zuständigen und kompetenten (Verwaltungs- und anschliessend Justiz-)Behörde auch die im Rahmen dieses Amtshilfeverfahrens erlassenen Zwangsmassnahmen beurteilen zu lassen. Das Gesetz erscheint indes klar; ein allfälliges Abkommen vom Verwaltungsstrafverfahren wäre durch den Gesetzgeber vorzunehmen. Heute wird denn die Frage, ob Ordnungsbussen dem Verwaltungsstrafrecht zuzuordnen sind, auch weitgehend bejaht (JAAG, Sanktionen, a.a.O., S. 575; ders. , Kommentar VRG, a.a.O., N. 45 zu § 30 VRG; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 32 N. 8; RIEDO/NIGGLI, Verwaltungsstrafrecht, Teil 1: Ein Märchen, eine Lösung, ein Problem und ein Beispiel, in: Verwaltungsstrafrecht und sanktionierendes Verwaltungsrecht, 2010, S. 41 ff., 43). 4.6 Im Übrigen entspricht die Anwendung des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes der Systematik in anderen Bereichen des Steuerrechts. Im Verrechnungssteuer-, Stempelabgabe- und Mehrwertsteuerrecht richtet sich das Verfahren nach VStrR (zu den Verweisen in den Einzelgesetzen siehe oben E. 4.4), d.h. es liegt an der ESTV, das Schlussprotokoll aufzunehmen, die betroffene Person dazu anzuhören und anschliessend den Strafbescheid zu erlassen (vgl. Art. 61 f. VStrR). Gegen den Strafbescheid kann Einsprache bei der ESTV erhoben werden (vgl. Art. 67 ff. VStrR ), woraufhin die ESTV eine Strafverfügung erlässt oder das Verfahren einstellt (vgl. Art. 70 VStrR ). Verlangt die betroffene steuerpflichtige Person nach Art. 72 VStrR die gerichtliche Überprüfung dieser Verfügung, überweist die ESTV die Akten der kantonalen Staatsanwaltschaft zuhanden des zuständigen Strafgerichts (vgl. Art. 73 VStrR ). 4.7 Vorliegend steht die Beurteilung der Bussenverfügung der ESTV vom 29. August 2014 zur Diskussion. Gemäss den vorstehenden Feststellungen stellt die Bussenverfügung, entgegen der BGE 141 II 383 S. 392
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Sachverhalt ab Seite 464 BGE 119 Ib 463 S. 464 Die Schiessanlage der Gemeinde Risch gibt wegen des Lärms Anlass zu Klagen der Anwohner; die Immissionsgrenzwerte werden zum Teil erheblich überschritten. Die Gemeinde Risch entschloss sich deshalb, eine elektronische Trefferanzeigeanlage zu installieren, bauliche Massnahmen am Schützenhaus zu treffen und Lägerblenden zu bauen. Einem entsprechenden Kredit von Fr. 390'000.-- stimmte die Gemeindeversammlung im Juni 1989 zu. Im gleichen Jahr gewährte der Regierungsrat des Kantons Zug Sanierungserleichterungen gemäss Art. 14 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) unter Auflagen und Bedingungen. Die Trefferanzeigeanlage wurde im Winter 1989/90 installiert. BGE 119 Ib 463 S. 465 Im Januar 1990 reichte die Gemeinde ein Baugesuch für die Erstellung von Schallschutzwänden und Lägerblenden ein. Gegen dieses Baugesuch erhoben H. und Mitbeteiligte Einsprache. Da die im Jahre 1989 gewährten Sanierungserleichterungen ohne ausdrücklich verfügte Sanierung der Anlage zugestanden worden waren und für die nachgesuchten Bauarbeiten eine Bewilligung gemäss Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) erforderlich war, wies der Regierungsrat die Baudirektion des Kantons Zug an, ein Sanierungsverfahren einzuleiten. Mit Entscheid vom 2. November 1990 traf die Baudirektion in Anwendung von Art. 24 RPG sowie gestützt auf Vorschriften des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01) und der Lärmschutz-Verordnung folgende Verfügung: "1. (Festsetzung der Empfindlichkeitsstufen). 2. Die Schiessanlage Risch ist zu sanieren durch - den Einbau einer elektronischen Trefferanzeige; - Lägerblenden; - Schallschutzwände am Schützenhaus. 3. (Zustimmung zum Bau der Schallschutzwände). 4. Es werden Erleichterungen unter folgenden Auflagen und Bedingungen gewährt: 1. Die baulichen Massnahmen am Schützenhaus und die zu erstellenden Lägerblenden sind fachmännisch und nach dem heutigen Stand der Technik auszuführen. 2. Nach dem Einbau der elektronischen Trefferanzeige sind die Schiesszeiten (insbesondere Sonntags-Schiessen) soweit zu reduzieren, dass eine künftige Pegelkorrektur von mindestens K = -18,6 erreicht wird. 3. Die Sanierungsmassnahmen sind bis zum Beginn der Schiess-Saison 1991 zu realisieren. 4. Die Wirksamkeit der Massnahmen ist nach Abschluss der Arbeiten von der Gemeinde mittels Kontrollmessungen zu überprüfen. Die Messdaten sind anschliessend im kantonalen Schiesslärmkataster einzutragen. 5. Die Einhaltung der Schiesszeiten gemäss jeweiligem Schiessprogramm obliegt der Schützengesellschaft Risch. 6. (...)." Diese Verfügung fochten H. und Mitbeteiligte beim Verwaltungsgericht des Kantons Zug an, doch wurde die Beschwerde abgewiesen. Dagegen führen H. und Mitbeteiligte Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gut BGE 119 Ib 463 S. 466 Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 4. a) Die Schiessanlage der Gemeinde Risch genügt den Vorschriften des Umweltschutzgesetzes und der Lärmschutz-Verordnung nicht und muss daher saniert werden ( Art. 16 Abs. 1 USG , Art. 13 Abs. 1 LSV ). Die Anlage muss grundsätzlich so weit saniert werden, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist und dass die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden ( Art. 11 Abs. 2 USG , Art. 13 Abs. 2 LSV ). Die vom Kanton bewilligten Sanierungsmassnahmen - Installation einer elektronischen Trefferanzeigeanlage, Bau von Lägerblenden und Schallschutzwänden, Reduktion des Schiessbetriebes bis zu einer Pegelkorrektur von K = -18,6 - erlauben die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nicht. Dem Lärmgutachten der Planteam GHS AG vom 11. November 1988 ist zu entnehmen, dass auch nach der Realisierung der genannten Massnahmen rund 35 Personen mit Immissionen von bis zu 10 dB(A) über dem Immissionsgrenzwert belastet werden. Es stellt sich daher als erstes die Frage, ob alle technisch und betrieblich möglichen sowie wirtschaftlich tragbaren Massnahmen für eine Verminderung der Lärmbelastung ergriffen wurden. b) Nach dem genannten Gutachten könnte die Lärmbelastung mit verschiedenen weiteren baulichen Massnahmen erheblich reduziert werden. In Frage kommen die Erstellung von Lärmschutzhügeln im Bereiche des Schützenhauses und des Scheibenstandes, eventuell entlang der gesamten Schusslinie, sowie das Absenken der Schussbahn. In diesen Fällen würden die Immissionsgrenzwerte grundsätzlich eingehalten. Die zusätzlichen Sanierungsmassnahmen wären an sich technisch ohne weiteres möglich. Die Planteam GHS AG schätzt aber die finanziellen Aufwendungen je nach Variante bei einem Preisstand von 1988 vorsichtig auf mindestens ca. 1,1-1,5 Mio. Franken, worin ein allenfalls notwendiger Landerwerb nicht eingeschlossen ist. Wird beachtet, dass es um die Sanierung einer kleinen Schiessanlage mit nur zwölf Scheiben geht, so sind derart hohe Kosten ohne Bundesrechtsverletzung als wirtschaftlich untragbar zu bezeichnen ( Art. 11 Abs. 2 USG , Art. 13 Abs. 2 lit. a LSV ). Überdies liegt das Areal der Schiessanlage nach dem Richtplan des Kantons Zug im Landschaftsschutzgebiet und bildet Bestandteil des BLN-Objektes "Zugersee" (Ziff. 1308 des Anhanges zur Verordnung über das Bundesinventar der Landschaften und BGE 119 Ib 463 S. 467 Naturdenkmäler vom 10. August 1977 (VBLN; SR 451.11)). Dementsprechend verdient das Gebiet in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung oder jedenfalls grösstmögliche Schonung (Art. 6 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (Natur- und Heimatschutzgesetz, NHG, SR 451; BGE 115 Ib 472 E. 2e, dd S. 490 ff.). Auch in Beachtung dieses Gebots konnte auf die Aufschüttung von Lärmschutzwällen oder andere bauliche Massnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf das Landschaftsbild verzichtet werden. c) Aus diesen Feststellungen ergibt sich noch nicht, dass die Lärmsituation hinzunehmen wäre, nur weil eine weitergehendere Sanierung mit baulichen Massnahmen unzumutbare Kosten nach sich zöge und weil ihr überwiegende Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes entgegenstünden ( Art. 14 Abs. 1 lit. b LSV ). Auch die kantonalen Behörden sind nicht zu diesem Schluss gekommen. Sie haben vielmehr richtigerweise Betriebseinschränkungen angeordnet ( Art. 12 Abs. 1 lit. c USG ). Diese genügen allerdings noch nicht, um die Immissionsgrenzwerte einzuhalten. Doch erachten die Vorinstanzen eine weitergehende Einschränkung des Schliessbetriebs als unverhältnismässig, weshalb sie die gewährten Sanierungserleichterungen als zulässig bezeichnen. 5. a) Die Vollzugsbehörde gewährt im Einzelfall Erleichterungen, soweit eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Sanierung unverhältnismässige Betriebseinschränkungen oder Kosten verursachen würde oder überwiegende Interessen, zu denen die Anliegen der Gesamtverteidigung zählen, entgegenstehen ( Art. 5 und 17 USG , Art. 14 LSV ). In beiden Fällen darf jedoch bei privaten, nicht konzessionierten Anlagen der Alarmwert nicht überschritten werden ( Art. 17 Abs. 2 USG ; 14 Abs. 2 LSV ). Eine spezielle Verordnung über Ausnahmen für die Gesamtverteidigung, wie sie in Art. 5 USG vorgesehen ist, hat der Bundesrat bis heute nicht erlassen, doch schliesst dies die Berücksichtigung der Anliegen der Gesamtverteidigung bei der Interessenabwägung, welche bei der Gewährung von Sanierungserleichterungen vorzunehmen ist, nicht aus. Das Bundesgericht hielt wiederholt fest, dass zwischen dem Schutz der Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen ( Art. 24septies BV ) und den weiteren Staatsaufgaben ein Ausgleich zu finden sei ( BGE 118 Ib 206 E. 8a S. 213; BGE 117 Ib 178 E. 4 S. 188 ff.; BGE 112 Ib 280 E. 10-12 S. 298 ff.). b) Weil der Betrieb von Schiessanlagen mit den Anliegen des Lärmschutzes in Konflikt geraten kann, müssen nötigenfalls dem BGE 119 Ib 463 S. 468 Schiessbetrieb Grenzen gesetzt werden. Die Landesverteidigung ist nicht generell von den Anforderungen des Umweltschutzrechts ausgenommen (HERIBERT RAUSCH, Kommentar zum USG, N. 1 zu Art. 5). Doch ist ihren Anliegen, wozu die Sicherstellung des Schiesswesens ausser Dienst zählt, das gebührend hohe Gewicht beizumessen (nicht publizierter Entscheid des Bundesgerichtes vom 16. September 1987 i.S. Gemeinde Galgenen, E. 4e). Die Erfüllung der Schiesspflicht gehört zur Wehrpflicht (Art. 9 des Bundesgesetzes über die Militärorganisation vom 12. April 1907 (Militärorganisation, MO; SR 510.10)). Sie bezweckt, die Schiessfertigkeit des Wehrmannes im Interesse der Landesverteidigung zu erhalten und zu fördern. Das Schiesswesen ausser Dienst umfasst gemäss Art. 124 MO die obligatorischen sowie die freiwilligen Übungen (Art. 1 Abs. 2 der Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst vom 27. Februar 1991 (Schiessordnung, SchO; SR 512.31)). Die Umweltschutzgesetzgebung des Bundes darf das Schiesswesen ausser Dienst nicht verunmöglichen oder unverhältnismässig erschweren (RAUSCH, a.a.O., N. 3 zu Art. 5 USG ). Soweit diese Folge nicht eintritt, ist jedoch dem Auftrag der Verfassung und des Gesetzes, den Lärm zu bekämpfen, die gebührende Nachachtung zu verschaffen ( Art. 24septies Abs. 1 BV , Art. 11 ff. USG ). c) Der bisherigen Rechtsprechung können für die Abwägung der massgebenden Interessen im Rahmen der Gewährung von Sanierungserleichterungen die nachstehenden Folgerungen entnommen werden: ca) Im nicht publizierten Urteil vom 16. September 1987 i.S. Gemeinde Galgenen war die Zulässigkeit einer formellen Enteignung für eine Gemeindeschiessanlage zu beurteilen, deren Betrieb gegenüber mehreren angrenzenden und mit Wohnhäusern überbauten Liegenschaften zu einer Überschreitung des Alarmwertes führte. Da die Dauer des Enteignungsrechtes für das Überschiessrecht abgelaufen war, ging das Bundesgericht davon aus, für die Neuerteilung des Enteignungsrechts müssten grundsätzlich die für neue Anlagen geltenden Vorschriften berücksichtigt werden. Der weitere Betrieb der Anlage wäre dadurch verunmöglicht worden. In Beachtung ihres bisherigen Bestandes und des Gewichts, das der Erfüllung der ausserdienstlichen Schiesspflicht beizumessen war, gewährte das Bundesgericht das Enteignungsrecht für eine bis Ende 1993 befristete Weiterführung des Schiessbetriebes. cb) In BGE 117 Ib 20 (Gemeinde Marbach) waren Sanierungserleichterungen für die Durchführung von Schiessübungen an 8 1/2 BGE 119 Ib 463 S. 469 Schiesshalbtagen zu beurteilen. Der Regierungsrat des Kantons Luzern ging davon aus, dass die angeordnete Betriebsbeschränkung die Erfüllung der Bundesübungen (obligatorisches Schiessen, Feldschiessen), der besonderen Schiesskurse (Jungschützenkurs) sowie der Schützenmeisterkurse mit Einschluss von 3 Halbtagen für Trainingsschiessen erlaube. Die Gewährung von Erleichterungen für die Durchführung privater Schiessanlässe wie die Schützenkilbi erachtete er hingegen als unzulässig. Das Bundesgericht bezeichnete diese Folgerung nicht als bundesrechtswidrig, auch wenn es die Frage offenliess, ob zwischen einem öffentlichen und einem privaten Teil der Schiessanlage zu unterscheiden sei. Wesentlich sei, dass bei einer Anlage, bei welcher selbst nach der Sanierung in erheblichem Masse die Immissionsgrenzwerte überschritten würden, Erleichterungen gewährt werden dürften, damit die genannten vom Bund unterstützten Schiessanlässe durchgeführt werden könnten. Nur insoweit könne von einer Berücksichtigung der Interessen der Gesamtverteidigung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. b LSV gesprochen werden. cc) Im nicht publizierten Entscheid vom 4. Juli 1991 i.S. Commune de Broc hiess das Bundesgericht die Beschwerde gegen die Gewährung von Sanierungserleichterungen mit der Begründung gut, dass diese nur für die vom Bund unterstützten Schiessen gemäss Art. 124 MO gewährt werden dürften, nicht jedoch für "tirs sportifs ordinaires". Die vom Staatsrat des Kantons Freiburg angeordnete Reduktion der Schiesshalbtage von 27 auf 25 genügte nicht, um den Immissionsgrenzwert bei der Liegenschaft des Beschwerdeführers einzuhalten; hiefür wäre eine Herabsetzung auf 16 Schiesshalbtage nötig gewesen. cd) In BGE 117 Ib 101 (Commune d'Echarlens) war eine von der Schützengesellschaft verlangte Erweiterung der in einem geschützten Moorgebiet gelegenen Schiessanlage umstritten, deren Betrieb zu einer erheblichen Überschreitung des Immissionsgrenzwertes bei der Liegenschaft des Beschwerdeführers führte. Das Bundesgericht hiess dessen Beschwerde wegen ungenügender Sachverhaltsabklärung gut. Den Einbau einer elektronischen Trefferanzeigeanlage und die Verbesserung der sanitären Einrichtungen betrachtete das Gericht als Modernisierungsarbeiten, die eine wesentliche Änderung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 LSV darstellen würden. Diese Folgerung drängte sich umso mehr auf, als offenbar im Schutzgebiet ohne Bewilligung ein Parkplatz für die Anlagebenützer angelegt worden war, dessen nachträgliche Genehmigung ebenfalls zu prüfen war. BGE 119 Ib 463 S. 470 Zufolge der geplanten wesentlichen Änderungen - so das Bundesgericht weiter - müssten die Lärmemissionen der Anlage so weit begrenzt werden, dass die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten würden. Mit Hinweis auf BGE 117 Ib 20 wurde überdies festgehalten, es sei darauf zu achten, dass die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden dürften, wenn auf der Anlage sportliche Wettkampfschiessen durchgeführt werden sollten. ce) Der in Umweltrecht in der Praxis (URP) 1992 S. 624 ff. publizierte Entscheid vom 9. Juni 1992 i.S. Gemeinde Reinach knüpft an diese Rechtsprechung an. Zu beurteilen war eine im Hinblick auf die Durchführung des kantonalen Schützenfestes beschlossene Änderung einer sanierungsbedürftigen Schiessanlage, deren Betrieb bei nahe gelegenen Wohnliegenschaften zu einer Überschreitung der Alarmwerte führte. Das Bundesgericht bezeichnete den beabsichtigten Einbau einer elektronischen Trefferanzeige als wesentliche Änderung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 LSV und stellte ausserdem fest, dass wohl auch eine Bewilligung nach Art. 24 RPG erteilt werden müsse. In Gutheissung der Beschwerde wurde die Sache an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft zurückgewiesen. d) Es ergibt sich aus der dargestellten Praxis, dass das Bundesgericht in Anerkennung des gewichtigen Interesses am ausserdienstlichen Schiesswesen im Regelfall Sanierungserleichterungen gewährt. Doch lässt es eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte oder allenfalls sogar der Alarmwerte nur zu, damit die obligatorische Schiesspflicht erfüllt werden kann und die weiteren zu den Bundesübungen gemäss Art. 3 SchO zählenden Schiessen einschliesslich der besonderen Schiesskurse (Art. 10-12 SchO) sowie die Schützenmeisterkurse durchgeführt werden können. Insoweit werden Erleichterungen mit Rücksicht auf das Interesse der Gesamtverteidigung als zulässig bezeichnet. Private sportliche Schiessanlässe hingegen dürfen grundsätzlich nur auf Anlagen durchgeführt werden, deren Betrieb nicht zu einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte führt, auch wenn sie - wie an der Instruktionsverhandlung klargestellt wurde - durch Abgabe verbilligter Munition ebenfalls vom Bund unterstützt werden. Die bisherigen Entscheide sprechen sich nicht zum Verhältnis des Art. 8 Abs. 2 LSV über die wesentlichen Änderungen einer ortsfesten Anlage zu den Vorschriften über die Sanierungen nach den Art. 17 USG und Art. 13 ff. LSV aus (dazu die nachstehende Erw. 7a). Im Urteil vom 9. Juni 1992 i.S. Gemeinde Reinach wurde der Einbau einer elektronischen Trefferanzeigeanlage als wesentliche Änderung BGE 119 Ib 463 S. 471 bezeichnet. In diesem Falle müssen gemäss Art. 8 Abs. 2 LSV die Lärmemissionen so weit begrenzt werden, dass die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden. Den Sachverhalten, die zu beurteilen waren, ist zu entnehmen, dass nur die Fälle Marbach und Broc als reine Sanierungsfälle zu betrachten sind. Bei den Fällen Echarlens und Reinach ging es auch darum, die Leistungsfähigkeit der Anlage vorübergehend oder bleibend zu erhöhen, weshalb zu erwarten war, dass wahrnehmbar stärkere Lärmimmissionen erzeugt werden ( Art. 8 Abs. 3 LSV ). Im Falle Risch hingegen wird mit dem Einbau der elektronischen Trefferanzeige keine Mehrbeanspruchung ermöglicht, wie dem angefochtenen Entscheid zu entnehmen ist und der Augenschein bestätigt hat; es liegt vielmehr eine reine Sanierung vor. Dementsprechend können Erleichterungen im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 LSV gewährt werden. 6. a) Aus den vorstehenden Erwägungen folgt für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zunächst, dass die kantonalen Behörden gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. b LSV im Interesse der Gesamtverteidigung für die Durchführung der Bundesübungen sowie des Jungschützenkurses Sanierungserleichterungen gewähren durften ( Art. 104, 124 und 125 MO ; Art. 1-3, 9, 10-12 SchO). Diese Schiessen beanspruchen gemäss den Schiessprogrammen der Jahre 1991-1993 9 1/2 bis 10 1/2 Schiesshalbtage, im Durchschnitt weniger als 10 Schiesshalbtage. In dieser Zahl sind auch Trainingsschiessen von 1 1/2 bis zu 3 Schiesshalbtagen eingeschlossen. Es handelt sich dabei teilweise um Trainings, die in der zweiten Jahreshälfte - nach Abschluss des obligatorischen Bundesprogramms - durchgeführt werden. b) Auf der Anlage Risch werden zusätzlich mehrere Wettkampfschiessen durchgeführt. Nach den Jahresprogrammen 1991-1993 handelt es sich um folgende Schiessen: Zuger Sturmgewehrschiessen (jährlich 4 Schiesshalbtage), Zugersee-Schiessen (alle drei Jahre mit 2 Schiesshalbtagen), Zug-Luzern-Freundschaftsschiessen (alle vier Jahre mit durchschnittlich je 1 1/2 Schiesshalbtagen). In den früheren Jahren wurden weitere Wettkampfschiessen durchgeführt. Die Anlage Risch gilt grundsätzlich als öffentliche Anlage ( Art. 14 Abs. 2 LSV , Ziff. 1 Abs. 3 des Anhanges 7 LSV), da sie in erster Linie für Schiessübungen nach den Art. 124 und 125 MO benötigt wird. Hieraus und aus dem Umstand, dass keine Alarmwerte gelten (vgl. Art. 14 Abs. 2 LSV ), folgt indessen nach der dargelegten Rechtsprechung nicht, dass bei einer Anlage, deren Benützung auch nach einer Sanierung zur Überschreitung der Immissionsgrenzwerte führt, ohne weiteres mit Berufung auf die Interessen der BGE 119 Ib 463 S. 472 Gesamtverteidigung Erleichterungen für die Durchführung privater Schiessanlässe bewilligt werden dürfen. Nach der Meinung des EMD wird diese Praxis der Aufgabe, welche die Schützenvereine erfüllen, nicht gerecht. Das EMD möchte aus der Berücksichtigung der Anliegen der Gesamtverteidigung auch die Zulässigkeit von Erleichterungen für die Durchführung sportlicher Wettkampfschiessen herleiten. c) Die Gebote des Umweltschutzes sind jedenfalls in Friedenszeiten grundsätzlich auch bei der Erfüllung der militärischen Dienstpflicht und bei Massnahmen, die der Förderung der Schiessfertigkeit sowie der Diensttauglichkeit im allgemeinen dienen, zu respektieren, wobei freilich die Anliegen der Gesamtverteidigung zu berücksichtigen sind. Die Vorschriften der Militärgesetzgebung sind in dieser Beziehung eindeutig. Gemäss Art. 32 Abs. 3 MO sind für Lage, Bau und Betrieb von Schiessanlagen für das Schiesswesen ausser Dienst die Bedürfnisse des Umweltschutzes zu berücksichtigen. Art. 1 Abs. 2 lit. c der Verordnung über die Schiessanlagen für das Schiesswesen ausser Dienst vom 27. März 1991 (Schiessanlagen-Verordnung, SchAV; SR 510.512) hält ausdrücklich fest, die Verordnung trage dazu bei, dass "die Umweltbelastung möglichst klein gehalten werden kann". Schiessanlagen müssen sich in die bestehende Raumplanung einfügen und den Vorschriften über den Umweltschutz entsprechen ( Art. 5 SchAV ). Die Eidgenössischen Schiessoffiziere haben hierauf speziell zu achten und Massnahmen, die dem Lärmschutz ausserhalb des Schützenhauses dienen, festzulegen ( Art. 14 Abs. 3 SchAV ). Bei der Projektierung einer Anlage ist die Eignung möglicher Standorte unter Berücksichtigung privater und öffentlicher Interessen abzuklären, die Schiesslärmbelastung in der Umgebung der Anlage ist zu ermitteln und zu beurteilen ( Art. 16 lit. a und k SchAV ; in BGE 119 Ib 439 ff. nicht publizierte, E. 5b und 6). Diese Vorschriften gelten in erster Linie für Neuanlagen, doch sind sie auch für die Sanierung bestehender Anlagen zu beachten. Gemäss Art. 32 Abs. 1 SchAV müssen nach bisherigem Recht genehmigte Schiessanlagen spätestens bis Ende Dezember 2000 alle Anforderungen der Schiessanlagen-Verordnung erfüllen. Nur kleine Schiessanlagen sind hievon befreit; als solche gelten Schiessanlagen, deren Scheibenstand höchstens sechs Scheiben umfasst und bei denen die durchschnittliche Schusszahl der letzten drei Jahre kleiner ist als 6000. Bei einem Um- oder Erneuerungsbau, der gesamthaft mehr als Fr. 100'000.-- kostet, sind alle Anforderungen der Verordnung zu BGE 119 Ib 463 S. 473 erfüllen. Hieraus ergibt sich, dass für die Schiessanlage Risch, welche ohne Erleichterungen den Vorschriften des Umweltschutzgesetzes nicht entspricht, die Anforderungen der Schiessanlagen-Verordnung zu beachten sind. Es handelt sich nicht um eine kleine Anlage im Sinne der angeführten Bestimmung (Art. 32 Abs. 2 SchO). Dass die angefochtene Sanierungsverfügung vor Inkrafttreten der Schiessanlagen-Verordnung am 1. Mai 1991 erging, ändert an der Anwendbarkeit dieser Verordnung nichts. Bei den Anforderungen der Sicherheit und des Umweltschutzes handelt es sich um Anliegen von derart erheblichem öffentlichen Interesse, dass entsprechende Vorschriften sofort anzuwenden sind (in BGE 119 Ib 439 ff. nicht publizierte, E. 2c; BGE 117 Ia 147 E. 4b S. 151 mit Hinweisen). Es liegt dies auch im Interesse der Gemeinden und Schützenvereine, wäre es doch unzumutbar, Sanierungsaufwendungen von über Fr. 100'000.-- zu tätigen, wenn die Anforderungen der Verordnung nicht erfüllt werden könnten; es hätte alsdann spätestens bis Ende 2000 eine weitere Sanierung zu erfolgen. d) Das Raumplanungsgesetz verlangt sowohl die Gewährleistung der Gesamtverteidigung als auch die Schaffung und Erhaltung wohnlicher Siedlungen ( Art. 1 Abs. 2 lit. b und e RPG ). Zu achten ist namentlich darauf, dass Wohngebiete vor schädlichen und lästigen Einwirkungen wie Lärm möglichst verschont werden. Für die öffentlichen oder im öffentlichen Interesse liegenden Bauten und Anlagen wie Schiessanlagen sind sachgerechte Standorte zu bestimmen; insbesondere sollen nachteilige Auswirkungen auf die Bevölkerung vermieden oder gesamthaft gering gehalten werden (Art. 3 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 lit. c RPG). In Berücksichtigung dieser Ziele und Grundsätze sind die raumwirksamen Aufgaben aufeinander abzustimmen ( Art. 2 RPG ). Zu den raumwirksamen Tätigkeiten zählt auch die Änderung öffentlicher oder im öffentlichen Interesse liegender Bauten und Anlagen (Art. 1 Abs. 2 lit. b der Verordnung über die Raumplanung vom 2. Oktober 1989 (Raumplanungsverordnung, RPV; SR 700.1)). Dementsprechend sind alle berührten Interessen zu ermitteln, umfassend zu berücksichtigen und abzuwägen ( Art. 3 RPV ), und zwar auch bei der Sanierung bestehender Anlagen, denen Bestandesgarantie gemäss Art. 24 Abs. 2 RPG zukommt, wie dies für die Anlage Risch zutrifft. e) In Erfüllung des Verfassungsauftrages, wonach der Bund prioritär insbesondere den Lärm zu bekämpfen hat ( Art. 24septies Abs. 1 Satz 2 BV ; THOMAS FLEINER, in Kommentar BV, Art. 24septies, Rz. 63), ordnet das Umweltschutzgesetz an, dass der Lärm durch BGE 119 Ib 463 S. 474 Massnahmen bei der Quelle zu begrenzen ist, unter anderem durch Betriebsvorschriften ( Art. 12 Abs. 1 lit. c USG ). Die Lärmeinwirkungen auf die Betroffenen sollen nicht schädlich oder lästig sein. Um dies zu beurteilen, legt der Bundesrat durch Verordnung Immissionsgrenzwerte fest ( Art. 13 ff. USG ). Sie sind so festzulegen, dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen unterhalb dieser Werte die Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich stören ( Art. 15 USG ). Gemäss diesen Anordnungen des Gesetzgebers hat der Bundesrat für Schiessanlagen im Anhang 7 LSV Belastungsgrenzwerte festgesetzt. Im Falle Risch beträgt in der Wohnzone (Empfindlichkeitsstufe II) der Immissionsgrenzwert 60 dB(A), in der Landwirtschaftszone (Empfindlichkeitsstufe III) 65 dB(A). Es ist durch das gemäss den Vorschriften des Bundes einwandfrei erstellte Gutachten der Planteam GHS AG belegt und unbestritten, dass diese Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden. Die Anlage Risch untersteht daher grundsätzlich dem Sanierungsgebot ( Art. 16 ff. USG , 13 ff. LSV). f) In Beachtung der übereinstimmenden Zielsetzung des Militär-, Raumplanungs- und Umweltschutzrechts, wonach der Schiesslärm wenn immer möglich auf dasjenige Mass zu begrenzen ist, welches ausschliesst, dass die Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden erheblich gestört wird, kann nicht gesagt werden, die bisherige Rechtsprechung habe für Sanierungen eine zu enge Schranke für die Berücksichtigung der Anliegen der Gesamtverteidigung gezogen. Der eidgenössische Schiessanlagenexperte befürchtet die Stillegung von gesamtschweizerisch über 1000 Schiessanlagen, wenn den Schützenvereinen nicht zugestanden werde, auch bei einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte sportliche Wettkampfschiessen durchzuführen. Diese Einwendung ist ernst zu nehmen. Doch müssen in jedem Einzelfall alle Umstände sorgfältig geprüft werden ( Art. 17 USG , Erleichterungen "im Einzelfall"). Führt ein Schiessbetrieb zur Überschreitung der Alarmwerte, ist ein strenger Massstab angebracht. Sind Wettkampfschiessen auf einer dritten Anlage, deren Betrieb zu keiner Überschreitung der Immissionsgrenzwerte führt, möglich und zumutbar, so ist nicht einzusehen, warum ein Schützenverein kein Interesse mehr hätte, bloss die Bundesübungen auf der ihm bisher zugewiesenen, den Umweltvorschriften aber nicht entsprechenden Anlage durchzuführen. Aus der im einzelnen nicht belegten Befürchtung des Schiessanlagenexperten kann daher nicht gefolgert werden, die Stillegung von über 1000 Schiessständen sei unvermeidlich. BGE 119 Ib 463 S. 475 g) Zu beachten ist sodann, dass Art. 5 USG von "Ausnahmen für die Gesamtverteidigung" spricht und dass der Bundesrat eine besondere Ausführungsverordnung zu dieser Vorschrift bis heute nicht erlassen hat. RAUSCH vertritt die Auffassung, eine solche Verordnung wäre nötig, wenn Ausnahmen von den Vorschriften des Gesetzes selbst erforderlich wären; die Ausnahmen von auf das USG gestützten Verordnungsbestimmungen würden nach seiner Meinung zweckmässigerweise als Einschränkung des Geltungsbereichs der betreffenden Verordnung formuliert (a.a.O., N. 5 zu Art. 5). Wird hievon ausgegangen, so dürfte jedenfalls der Alarmwert nicht überschritten werden ( Art. 17 Abs. 2 USG ). Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine Überschreitung der Alarmwerte. Es ist daher nicht zu entscheiden, ob Art. 14 Abs. 2 LSV , welcher die Schranke des Alarmwertes nur für private, nicht konzessionierte Anlagen anordnet, mit der Vorschrift von Art. 17 Abs. 2 USG vereinbar ist. Hingegen ist festzustellen, dass "Ausnahmen", die für über 1000 Anlagen gewährt werden müssten, nicht mehr im Sinne des Gesetzes als "Erleichterungen im Einzelfall" gelten könnten. Verhält es sich in der Tat so, dass gesamtschweizerisch über 1000 Anlagen stillgelegt werden müssten, weil die Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden können, so müsste der Gesetzgeber oder jedenfalls der Bundesrat auf dem Verordnungswege generell eine entsprechende Abweichung vom Gebot der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte anordnen, falls dies in Berücksichtigung der angeführten Bestimmungen des Militär-, Raumplanungs- und Umweltschutzrechts wirklich in Betracht gezogen werden sollte. Bezüglich der Anlage Risch ergibt sich hieraus, dass unter dem Titel der Ausnahme im Interesse der Gesamtverteidigung lediglich 10 Schiesshalbtage für die vorstehend (Erw. 6a) genannten Schiessübungen bewilligt werden können. Wie sich aus dem Bericht der Planteam GHS AG vom 29. Oktober 1993 ergibt, sind auch in diesem Falle bei neun Liegenschaften Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte um 0,6 bis 9,6 db(A) in Kauf zu nehmen. 7. Das Bundesgericht hatte sich bisher noch nicht zur Frage auszusprechen, ob und in welchem Umfange das Interesse der Schützenvereine an der Durchführung sportlicher Wettkampfschiessen Sanierungserleichterungen zu rechtfertigen vermag, um "unverhältnismässige Betriebseinschränkungen" zu vermeiden, allenfalls in Berücksichtigung weiterer überwiegender Interessen ( Art. 14 Abs. 1 lit. a und b LSV ). BGE 119 Ib 463 S. 476 a) Art. 17 USG lässt allgemein Sanierungserleichterung zur Vermeidung unverhältnismässiger Beschränkungen zu, doch dürfen jedenfalls die Alarmwerte für Lärmimmissionen nicht überschritten werden; auch beim Betrieb öffentlicher Anlagen ist diese Schranke grundsätzlich zu respektieren ( BGE 117 Ib 20 E. 5 S. 26). Zu beachten ist sodann Art. 18 USG . Bei einem Umbau oder einer Erweiterung sanierungsbedürftiger Anlagen können Erleichterungen eingeschränkt oder aufgehoben werden. Es ergibt sich hieraus die Regel, dass grundsätzlich die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte anzustreben ist. Diese dienen dazu, erhebliche Störungen der Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden auszuschliessen ( Art. 15 USG ). Aus dieser gesetzlichen Ordnung ergibt sich eine Klärung des Verhältnisses der Art. 7 ff. LSV über neue und geänderte ortsfeste Anlagen zu den Sanierungen nach Art. 13 ff. LSV (vgl. die vorstehende Erw. 5d). Führt eine Sanierung zu einer wesentlichen Änderung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 LSV oder erfolgt nach durchgeführter Sanierung eine solche Änderung, so müssen grundsätzlich die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden, wie dies die bisherige Rechtsprechung verlangt. Im vorliegenden Fall geht es, wie der Augenschein bestätigt hat, um eine reine Sanierung, auch wenn eine elektronische Trefferanzeigeanlage eingebaut werden soll bzw. bereits eingebaut wurde. Im Fall Reinach wurde die Installation einer solchen Anlage namentlich deshalb als wesentliche Änderung gemäss Art. 8 Abs. 2 LSV bezeichnet, weil mit der Trefferanzeigeanlage eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Schiessanlage bezweckt wurde. Es war daher im Sinne von Art. 8 Abs. 3 LSV zu erwarten, dass die Schiessanlage "wahrnehmbar stärkere Lärmimmissionen erzeugen" werde (so auch BUWAL, Erläuterungen zur Lärmschutz-Verordnung, Bern 1992, S. 21). In dieser Beziehung unterscheidet sich der vorliegende Fall vom Fall Reinach; mit dem Einbau der Trefferanzeigeanlage wird nicht bezweckt, die Schusszahl zu erhöhen. Es sollen vielmehr mit ihrer Hilfe und bei im wesentlichen gleicher Schusszahl die Schiesszeiten reduziert werden. b) Gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. a LSV in Verbindung mit Art. 17 USG können daher Erleichterungen gewährt werden, wenn die Sanierung unverhältnismässige Betriebseinschränkungen verursacht und keine überwiegenden Interessen im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG entgegenstehen. Diese Erleichterungen sollen im Einzelfall unverhältnismässige Betriebseinschränkungen ausschliessen, ohne dass das Ziel des Umweltschutzrechts, die Bevölkerung vor erheblichen Störungen im Wohlbefinden zu schützen ( Art. 15 USG ), ausser acht BGE 119 Ib 463 S. 477 gelassen wird. Sanierungserleichterungen müssen in Risch ohnehin für die Bundesübungen und den Jungschützenkurs in Anspruch genommen werden (vorstehende Erw. 6a), wobei selbst mit der durch die elektronische Trefferanzeige ermöglichten Reduktion der Schiesszeiten die Immissionsgrenzwerte nicht voll eingehalten werden. Ist es der Schützengesellschaft Risch möglich und zumutbar, die in ihren Schiessprogrammen enthaltenen Wettkampfschiessen auf andern Anlagen im Kanton Zug durchzuführen, so könnte jedoch von einer unverhältnismässigen Betriebseinschränkung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. a RPG nicht die Rede sein. c) Die Instruktionsverhandlung hat bestätigt, dass die Lärmsituation der 300-m-Schiessanlagen im Kanton Zug zur Zeit prekär ist. Nur zwei Anlagen (Cham/Niederwil und Unterägeri/Boden) geben zu keinen Bedenken Anlass. Bei vier weiteren Anlagen liegen vereinzelte Grenzwertüberschreitungen vor. Vier Anlagen, darunter die Anlage Risch, weisen einen dringenden und grossen Sanierungsbedarf auf. Hievon ausgehend ist der Auffassung des Kantons zuzustimmen, dass eine Benützung der benachbarten Gemeindeanlagen oder gar einzelner ausserkantonaler Anlagen in der Region Sins/Gisikon nicht zuletzt mit Blick auf den unerwünschten "Lärmexport" nicht in Frage kommen kann (vgl. auch in BGE 119 Ib 439 ff. nicht publizierte, E. 6cc). In Berücksichtigung der geographischen Verhältnisse könnte für die Durchführung von Wettkampfschiessen einzig die Anlage Cham/Niederwil in Betracht gezogen werden. Diese weist jedoch, wie die weiteren Abklärungen ergeben haben, keine ins Gewicht fallenden Reserven auf. Für die Durchführung der Wettkampfschiessen müssten etwa 4 1/2 Schiesshalbtage beansprucht werden können; diese stehen nicht zur Verfügung. Hiefür kann in zumutbarer Weise auch nicht eine teilweise Inanspruchnahme der Anlagen Hünenberg/Wart oder Zug/Kollermühle in Betracht kommen. Bei der kleinen Anlage Hünenberg/Wart liegt eine erhebliche Immissionsgrenzwert-Überschreitung beim Restaurant Wartstein vor. Die Anlage Zug/Kollermühle ist ausgelastet; bei zwei Wohnhäusern ist der Immissionsgrenzwert überschritten. Bei dieser Sachlage ist der Schützengesellschaft Risch vorerst die Durchführung von Wettkampfschiessen im Rahmen ihres reduzierten Schiessprogrammes weiterhin zu ermöglichen, damit im Rahmen der Sanierung der Anlagen im Kanton innert der bundesrechtlichen Fristen für diese Schiessanlässe eine Lösung gefunden werden kann. Aufgrund der faktischen Unmöglichkeit, bei der BGE 119 Ib 463 S. 478 gegebenen Lärmsituation der Schiessanlagen im Kanton Zug die geplanten Wettkampfschiessen zu veranstalten, können daher grundsätzlich Erleichterungen zugestanden werden, um eine unverhältnismässige Betriebseinschränkung im Sinne der Art. 17 Abs. 1 USG und Art. 14 Abs. 1 lit. a LSV zu vermeiden. d) Dass die geprüften weitergehenden Sanierungsmassnahmen - Aufschüttung eines Dammes und Strassenverlegung - unverhältnismässige Kosten verursachen würden, wurde bereits festgestellt (vorstehende Erw. 4b). Unter den gegebenen Umständen kann auch nicht gesagt werden, dass wichtige Anliegen der Raumplanung den Sanierungserleichterungen entgegenstehen. Art. 24 Abs. 2 RPG lässt die Erneuerung bestehender Anlagen ausdrücklich zu. Der Standort der Anlage ist zwar nicht als günstig zu bezeichnen, doch wäre dies bei einer Neuanlage und bei einer wesentlichen Änderung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 LSV zu beachten. Die Bestandesgarantie, welche bestehenden Anlagen zukommt, hat zur Folge, dass die nachteiligen Auswirkungen der Lärmbelastung nach der hiefür massgebenden Umweltschutzgesetzgebung zu beurteilen sind. Soweit diese Erleichterungen für reine Sanierungen, wie sie hier vorliegen, zulässt, sind sie der Schützengesellschaft grundsätzlich zu gewähren. e) Hingegen bleiben die Sanierungsgebote zu beachten. Die Schiessanlagen-Verordnung verlangt, dass die nach bisherigem Recht genehmigten Schiessanlagen bis spätestens Ende Dezember 2000 alle Anforderungen der Verordnung erfüllen müssen (vorstehende Erw. 6c). Die Lärmschutzverordnung sieht vor, dass die Sanierungen spätestens bis zum 1. April 2002 durchgeführt sein müssen ( Art. 17 Abs. 3 LSV ). In Berücksichtigung der prekären Lage der Schiessanlagen im Kanton Zug wird der Kanton nicht darum herumkommen, ein Sanierungsprogramm auszuarbeiten. Dabei wird namentlich das Gebot, im Interesse besserer Lösungen Gemeinschaftsanlagen anzustreben, zu beachten sein ( Art. 3 SchAV ; in BGE 119 Ib 439 ff. nicht publizierte, E. 6cb und 11a). Auch wenn es das Umweltschutzrecht nicht ausschliesst, dass bei reinen Sanierungen Erleichterungen unbefristet gewährt werden können und erst im Zeitpunkt eines Umbaues oder einer Erweiterung allenfalls einzuschränken oder aufzuheben sind ( Art. 18 USG ), drängt sich im vorliegenden Falle in Beachtung aller Umstände und in Respektierung des erheblichen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte eine Befristung der Bewilligung bis zu dem in der Schiessanlagen-Verordnung genannten Zeitpunkt (Ende Dezember 2000) auf. Vor Ablauf dieses Zeitpunktes wird zu BGE 119 Ib 463 S. 479 prüfen sein, ob im Blick auf die vom Kanton in Verbindung mit den Gemeinden in Aussicht zu nehmenden Sanierungsmassnahmen für die Durchführung der Wettkampfschiessen zumutbare bessere Lösungen gefunden werden können. Eine weitere Verlängerung ist nicht von vorneherein auszuschliessen. In Berücksichtigung des erheblichen öffentlichen Interesses an der Erfüllung des Auftrages, den Lärm zu bekämpfen, muss vor Ende Dezember 2000 die Frage der Lärmbelastung gesamthaft entsprechend dem Stand der Lärmbekämpfung im Kanton Zug überprüft werden, und es sind die sich hieraus aufdrängenden Anordnungen für den weiteren Betrieb der Schiessanlage Risch zu treffen. 8. a) Die Beschwerde ist mithin teilweise gutzuheissen. Die Schiesszeiten sind auf das in den Schiessprogrammen 1991-1993 festgelegte Mass zu begrenzen. Auf Sonntagsschiessen ist vollständig zu verzichten. Doch dürfen auf der Anlage nicht nur die obligatorischen und freiwilligen Schiessen im Sinne der Art. 3 und 10-12 SchO durchgeführt werden, sondern auch sportliche Wettkampfschiessen, soweit hiefür insgesamt 14 1/2 Schiesshalbtage an Werktagen bei einer Pegelkorrektur K = -19,0 ausreichen. Die Bewilligung ist sodann bis Ende Dezember 2000 in dem Sinne zu befristen, dass vor Ablauf dieser Frist die Lärmbelastung in Berücksichtigung der dannzumaligen Verhältnisse im Kanton Zug zu überprüfen ist und allfällige weitergehende Einschränkungen in Verbindung mit einer massvollen Verlängerung der Bewilligung anzuordnen sind. Abzulehnen ist hingegen die von den Beschwerdeführern verlangte Verteilung der Schiesshalbtage auch auf das Herbst- und Winterhalbjahr. Die Schiessanlage ist für einen längeren Betrieb in den kälteren Jahreszeiten nicht ausgerüstet. Es ist sodann zu beachten, dass die Bundesübungen und die Jungschützenkurse im Regelfall bis spätestens am 31. August jeden Jahres beendet sein müssen (Art. 22 Abs. 1 SchO).
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Sachverhalt ab Seite 125 BGE 122 V 125 S. 125 A.- Der 1957 geborene V. hatte sich am 28. Februar 1985 mit R. verheiratet. Der Ehe entsprossen zwei Kinder, J. (geb. 1985) und M. (geb. 1987). Mit Verfügungen vom 14. November 1986 sprach die Ausgleichskasse Basel-Landschaft V. rückwirkend ab 1. Juli 1984 eine einfache halbe Invalidenrente und für die Zeit nach seiner Verheiratung eine Zusatzrente für seine Ehefrau zu, sowie zwei Kinderrenten. Mit Urteil des Bezirksgerichts X vom 11. Januar 1990 wurde die Ehe geschieden, wobei die beiden Kinder unter die elterliche Gewalt der Mutter gestellt wurden. Gemäss der gerichtlich genehmigten Vereinbarung vom 22. November 1989 über die Nebenfolgen der Scheidung wurde V. verpflichtet, an den Unterhalt seiner beiden Kinder bis zur Vollendung des 10. Altersjahres monatliche indexierte Unterhaltsbeiträge von je Fr. 400.-- zu bezahlen; ferner wurde die geschiedene Ehefrau ermächtigt, bei der zuständigen Ausgleichskasse - unter Anrechnung auf die entsprechenden Unterhaltsbeiträge - die direkte Auszahlung der V. zustehenden Kinderrenten zu verlangen. Mit Verfügung vom 13. März 1990 teilte die Ausgleichskasse V. mit, dass ihm ab Februar 1990 keine Zusatzrente mehr ausgerichtet werden könne, da seine geschiedene Ehefrau nicht überwiegend für die ihr zugesprochenen Kinder BGE 122 V 125 S. 126 aufkomme; gleichzeitig wurde er zur Rückerstattung der für Februar 1990 bereits ausgerichteten Zusatzrente im Betrag von Fr. 166.-- verpflichtet. B.- V. liess beim Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft Beschwerde erheben und unter anderem mitteilen, seine geschiedene Frau habe sich im Mai 1991 wieder verheiratet. Das Gericht gelangte - unter Hinweis auf eine neuere Untersuchung über die Höhe der Kinderkosten in der Schweiz - zum Schluss, dass die geschiedene Ehefrau von V. im noch streitigen Zeitraum vom 1. Februar 1990 bis 31. Mai 1991 überwiegend für die ihr zugesprochenen Kinder aufgekommen sei, weshalb der Versicherte für diese Zeit eine Zusatzrente für seine geschiedene Frau beanspruchen könne. Dementsprechend hiess das Gericht die Beschwerde mit Entscheid vom 8. Januar 1992 gut. C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides. V. lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während die Ausgleichskasse auf eine Vernehmlassung verzichtet. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Rentenberechtigte Ehemänner, denen keine Ehepaar-Invalidenrente zusteht, haben Anspruch auf eine Zusatzrente für die Ehefrau ( Art. 34 Abs. 1 IVG ). Die geschiedene Frau ist der Ehefrau gleichgestellt, sofern sie für die ihr zugesprochenen Kinder überwiegend aufkommt und selbst keine Invalidenrente beanspruchen kann ( Art. 34 Abs. 2 IVG ). Praxisgemäss ist ein überwiegendes Aufkommen für den Unterhalt des Kindes dann anzunehmen, wenn die der getrennt lebenden oder geschiedenen Frau zufliessenden Unterhaltsleistungen für die Kinder (Kinderrenten allein oder zusammen mit Drittleistungen wie den Unterhaltsbeiträgen des geschiedenen Ehemannes) weniger als die Hälfte ihrer Unterhaltskosten ausmachen (ZAK 1985 S. 584 Erw. 2a in fine mit Hinweisen; bestätigt in den nicht publizierten Urteilen R. vom 12. Juni 1986 und V. vom 10. August 1987). b) Das Eidg. Versicherungsgericht hatte sich in den Siebzigerjahren im Zusammenhang mit der Beurteilung des Anspruchs auf Waisen- oder Kinderrenten für Pflegekinder ( Art. 49 AHVV ) verschiedentlich mit dem BGE 122 V 125 S. 127 Problem der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs von Kindern zu befassen, sah jedoch zunächst davon ab, hiezu allgemeingültige Regeln aufzustellen (vgl. etwa BGE 98 V 254 Erw. 3; ZAK 1973 S. 574 Erw. 3, 1976 S. 90). In BGE 103 V 55 führte das Gericht dann eine einheitliche und schematische, in der ganzen Schweiz anwendbare Methode zur Festsetzung des Unterhaltsbedarfs von Kindern ein, indem es die von WINZELER (Die Bemessung der Unterhaltsbeiträge für Kinder, Diss. Zürich 1974) in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Kantons Zürich ermittelten, um einen Viertel herabgesetzten Ansätze als massgebend erklärte; diese Beträge entsprächen in etwa den zum Unterhalt absolut notwendigen Auslagen. In der Folge wurden die betreffenden Ansätze in den Anhang IV der vom BSV herausgegebenen Wegleitung über die Renten (RWL) aufgenommen. 2. Vorliegend ist streitig und zu prüfen, ob der Beschwerdegegner für die Zeit vom 1. Februar 1990 bis 31. Mai 1991 Anspruch auf eine Zusatzrente für seine geschiedene Ehefrau hat. Dies hängt davon ab, ob die Frau während des fraglichen Zeitraums überwiegend für die ihr zugesprochenen Kinder aufgekommen ist. a) Das kantonale Versicherungsgericht hat diese Frage abweichend von den in BGE 103 V 55 aufgestellten Regeln zur Bestimmung des Unterhaltsbedarfs von Kindern bejaht. Zwar sei diese Rechtsprechung insoweit zu begrüssen, als damit eine gesamtschweizerisch einheitliche Bemessungspraxis eingeführt worden sei. Hingegen lasse sich die Kürzung der von Winzeler in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Kantons Zürich ermittelten Ansätze um einen Viertel angesichts der vom Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Freiburg veröffentlichten Untersuchung über die Kosten von Kindern in der Schweiz (DEISS/GUILLAUME/LÜTHI, Kinderkosten in der Schweiz, Untersuchung über die Äquivalenzskalen der Einkommen, Universitätsverlag Freiburg 1988, Wirtschaftswissenschaftliche Beiträge, Bd. 36) nicht mehr rechtfertigen. Wie GULER (Die Bemessung von Unterhaltsbeiträgen der Kinder, in: Zeitschrift für Vormundschaftswesen 1990 S. 54 ff., 69) überzeugend dargelegt habe, weise die Freiburger Studie im Vergleich zu den Empfehlungen des Jugendamtes in den Bereichen Ernährung, Unterkunft und Nebenkosten einen nicht unerheblichen Mehrbedarf des Kindes aus. Besonders gross sei die Differenz bei den sogenannten Nebenkosten. Darunter seien namentlich Verkehrsausgaben, Ausgaben für die Körper- und Gesundheitspflege (inklusive Sport), Bildung und Erholung (inklusive Ferien), Arztselbstbehalt und Zahnarztkosten sowie das BGE 122 V 125 S. 128 Taschengeld zu verstehen; ferner Anteile an Energiekosten (ohne Heizung), Telefon, Radio und Fernsehen, Versicherungen (Krankenkasse, Unfallversicherung, Hausrats- und Haftpflichtversicherung), Wasch- und Putzmitteln und kleineren Haushaltanschaffungen. Nach GULER (a.a.O., S. 63) hätten sich die von Winzeler im Jahre 1974 "nur teilweise und äusserst zurückhaltend vorgenommenen Bewertungen dieser Posten ... in der Praxis der folgenden 15 Jahre als um die Hälfte zu niedrig erwiesen". Bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs von Kindern seien deshalb neu wenigstens die ungekürzten Ansätze des Jugendamtes des Kantons Zürich zu berücksichtigen. Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeute dies, dass die geschiedene Ehefrau des Beschwerdeführers im fraglichen Zeitraum für die ihr zugesprochenen Kinder überwiegend aufgekommen sei. b) Das BSV stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, es bestehe keine Veranlassung, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Mit den in BGE 103 V 55 für massgeblich erklärten Ansätzen seien alle zum Unterhalt notwendigen Auslagen berücksichtigt, und es werde damit namentlich auch den Nebenauslagen hinreichend Rechnung getragen. Sodann sei darauf hinzuweisen, dass die Zahlen für die Jahre 1978, 1979, 1981 und 1984 vom Jugendamt des Kantons Zürich der Teuerung angepasst worden seien. Ferner habe das BSV die ab 1. Januar 1987 gültigen Werte auf einem Landesindex der Konsumentenpreise von 108,5 (Stand 31. Dezember 1985) ausgeglichen. Seit 1988 würden die Unterhaltsansätze jeweils zum gleichen Zeitpunkt und im selben Ausmass wie die Renten der Lohn- und Preisentwicklung angepasst. Den individuellen Verhältnissen werde durch eine Abstufung der Unterhaltsbeiträge nach Alter und Anzahl der Kinder Rechnung getragen. 3. Die Bestimmung von Art. 34 Abs. 2 IVG setzt unter anderem voraus, dass die geschiedene Frau für die ihr zugesprochenen Kinder "überwiegend aufkommt". Bei der Formel des überwiegenden Aufkommens handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der wertenden Auslegung durch den Richter bedarf. Er knüpft am Begriff des (Kinder-)Unterhalts an, der seinerseits vielschichtig und in hohem Masse konkretisierungsbedürftig ist (zum Unterhaltsbegriff umfassend BREITSCHMID, System und Entwicklung des Unterhaltsrechts, AJP 1994 S. 838 ff.; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 4. Aufl., Bern 1994, S. 146, N. 21.15). Das Eidg. Versicherungsgericht hat sich bei der Bestimmung des Kinderunterhalts - im Unterschied zur Unterhaltsbeitragsfestsetzung nach Art. 285 Abs. 1 ZGB (BGE BGE 122 V 125 S. 129 BGE 120 II 288 Erw. 3a und b, BGE 116 II 112 Erw. 3a und b; vgl. auch Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 15. November 1995, Separatausgabe, S. 161) - für eine einheitliche, besonderen Umständen nicht Rechnung tragende Tabellenlösung entschieden ( BGE 103 V 55 ; Erw. 1b hievor). Trotz der dagegen (HAFFTER, Der Unterhalt des Kindes als Aufgabe von Privatrecht und öffentlichem Recht, Diss. Zürich 1984, S. 157 ff.) und gegen die Ansätze des Jugendamtes des Kantons Zürich gerichteten Kritik (KELLER, Die Empfehlungen des Jugendamtes des Kantons Zürich zur Bemessung von Unterhaltsbeiträgen für Kinder, SJZ 1977 S. 181 ff.; KEHL, Die Kommerzialisierung der Ehe, SJZ 1981 S. 366; CURTY, A propos des "Recommandations" pour la fixation des contributions d'entretien des enfants éditées par l'Office de la jeunesse du canton de Zurich, Recherche d'une méthode de calcul, JdT 1985 I S. 322 ff.; zum Ganzen STETTLER, Schweizerisches Privatrecht, SPR III/2, S. 318 ff., insbes. S. 321 ff.), hat das Gericht an seiner Rechtsprechung festgehalten. Insbesondere gab es zu bedenken, dass eine Berücksichtigung der effektiven Unterhaltskosten eine Ungleichbehandlung zu Lasten von Eltern in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen zur Folge hätte (nicht publizierte Urteile K. vom 19. Juni 1978 und L. vom 12. Juni 1979). Im unveröffentlichten Urteil R. vom 12. Juni 1986 bestätigte das Gericht die schematische Betrachtungsweise und lehnte es dementsprechend ab, die Einkommenseinbusse einer geschiedenen Frau, welche auf eine Ausdehnung ihrer Erwerbstätigkeit verzichtete, um sich besser um ihr invalides Kind kümmern zu können, bei der Berechnung der Kinderunterhaltskosten in Anschlag zu bringen. Auch aus heutiger Sicht besteht keine Veranlassung, von der aus Gründen der Einheitlichkeit und Praktikabilität gewählten Tabellenlösung abzugehen. Hingegen fragt es sich, ob von einer Kürzung der Ansätze des Jugendamtes des Kantons Zürich um einen Viertel Umgang zu nehmen ist. 4. Eine solche Abkehr von der mit BGE 103 V 55 eingeleiteten Rechtsprechung lässt sich gegenüber dem Postulat der Rechtssicherheit grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht ( BGE 119 V 260 Erw. 4a, BGE 110 V 124 Erw. 2e, BGE 108 V 17 Erw. 3b, BGE 107 V 3 Erw. 2 und 82 Erw. 5a). a) Zur Thematik der Kinderkosten in der Schweiz sind nebst der erwähnten Freiburger Studie (Erw. 2a) in jüngerer Zeit verschiedene Fachpublikationen BGE 122 V 125 S. 130 erschienen, welche übereinstimmend zum Schluss gelangen, dass die (direkten und indirekten) Kosten, welche ein Kind einem alleinerziehenden Elternteil verursacht, gestiegen oder deutlich höher sind, als in der Vergangenheit angenommen (SPYCHER/BAUER/BAUMANN, Die Schweiz und ihre Kinder, Zürich 1995; vgl. ferner GILLIAND/CUÉNOUD, Politique familiale et budget social de la Suisse, Bern 1994; HÖPFLINGER/DEBRUNNER, Die unschätzbaren Leistungen der Familie, Überlegungen und Feststellungen, Bern 1994; SCHELLENBAUER/MERK, Bewertung der Haushalts-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit, BIGA, Bern 1994). Ziel der von der Vorinstanz ins Feld geführten Freiburger Studie war es, sogenannte Äquivalenzskalen der Einkommen in der Schweiz zu ermitteln sowie die Kinderkosten zu schätzen. Als "Kinderkosten" werden sämtliche Ausgaben bezeichnet, welche durch die Präsenz eines Kindes im Haushalt verursacht werden. "Äquivalenzskalen" ihrerseits zeigen an, mit welchem Koeffizienten das Einkommen einer Einzelperson oder eines Paares ohne Kinder vervielfacht werden muss, um einer Familie mit Kindern den gleichen Lebensstandard zu gewähren. Der Studie lässt sich zwar nicht in Franken und Rappen entnehmen, wieviel ein Kind kostet; doch sind Rückschlüsse auf die Kinderkosten möglich. Diesbezüglich wird nachgewiesen, dass bei einem Referenzeinkommen eines Paares von Fr. 52'702.-- das erste Kind jährlich Fr. 12'972.-- (oder monatlich Fr. 1'081.--), das zweite Fr. 10'071.-- (oder monatlich Fr. 839.--) und das dritte Fr. 8'570.-- (oder monatlich Fr. 714.--) kostet. Dabei handelt es sich lediglich um die effektiven Haushaltsausgaben ohne den in natura geleisteten Aufwand an Pflege und Erziehung. Für die Einelternfamilie steigt der Äquivalenzaufwand für das erste Kind gar auf Fr. 15'156.-- pro Jahr oder Fr. 1'263.-- monatlich. In seiner eingehenden Würdigung der Freiburger Studie kommt GULER zum Schluss, dass die Rubriken "Nebenkosten" sowie "Pflege und Erziehung" der Empfehlungen des Jugendamtes des Kantons Zürich aufgrund der Ergebnisse der Studie klar zu niedrig angesetzt seien und die ermittelten Zahlen zu einem Neuüberdenken der Bemessungspraxis für Kinderalimente führen müssten (a.a.O., S. 62 und 65). Ob aufgrund dieser Studien Anlass für eine Praxisänderung im Sinne der Vorinstanz besteht, braucht mit Blick auf die nachstehenden Erwägungen zur ratio legis des Art. 34 Abs. 2 IVG nicht abschliessend beantwortet zu werden. b) Die Botschaft des Bundesrates zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 24. Oktober 1958 sah keinen Anspruch des BGE 122 V 125 S. 131 invaliden geschiedenen Ehemannes auf eine Zusatzrente für die geschiedene Frau vor. Der Bundesrat stellte sich einer derartigen Rentenberechtigung ausdrücklich entgegen, indem er folgendes ausführte: "Die Festsetzung einer solchen Rente nach dem von der Frau erlittenen Versorgerschaden - wie dies in der Alters- und Hinterlassenenversicherung geschieht - würde speziell in den Fällen, in denen die Scheidung nach der Invalidierung erfolgt und der geschiedene Ehemann nicht zu Unterhaltsbeiträgen verpflichtet wird, ausserordentlichen Schwierigkeiten begegnen". Zudem müsste die Rente, um eine wirksame Hilfe für die geschiedene Frau darzustellen, dieser selbst ausgerichtet werden, was dem Charakter der Angehörigenrente als einer Zusatzrente für den Invaliden widerspreche (Separatausgabe S. 65). In der vorberatenden Kommission des Nationalrates wurde dann aber einem Antrag Huber auf Einführung eines Art. 34 Abs. 2 IVG zugestimmt. Nach dieser Fassung sollte der getrennt lebenden oder geschiedenen Frau eines rentenberechtigten Mannes ein Anspruch auf Zusatzrente zustehen, soweit dies "im Interesse der ihr zugesprochenen Kinder notwendig ist" oder sie selbst nicht voll erwerbsfähig ist. Nationalrat Huber begründete seinen Antrag im wesentlichen wie folgt: "Auch für die geschiedene Frau rechtfertigt sich die Zusatzrente; sonst hätte sie trotz gleichbleibender Familienlasten keine Versicherungsleistungen. Erfolgt nämlich die Scheidung nach der Invalidierung, so würde die bisher gewährte Zusatzrente vom Zeitpunkt der Scheidung hinweg plötzlich gestrichen. Dies widerspräche aber dem Gedanken des Familienschutzes; denn die Zusatzrenten für die Kinder genügen für den Unterhalt der Kinder nicht." (Protokoll der Kommission des Nationalrates, Sitzung vom 19.-22. November 1958, S. 115 ff.). In der Folge kam die nationalrätliche Kommission auf Antrag das Eidg. Departementes des Innern auf ihren Beschluss zurück und stimmte einer abgeänderten Formulierung zu, die dem Text des heutigen Art. 34 Abs. 2 IVG entspricht. In der Kommissionsberatung hielt der Vertreter der Verwaltung (Dr. Naef) fest, der Rückkommensantrag belasse "den Kern des erwähnten Antrages Huber", weiche aber insofern in drei wesentlichen Punkten von ihm ab, als die getrennt lebende Ehefrau nicht mehr erwähnt, die Gewährung eines eigenen Rentenanspruchs der geschiedenen Frau fallengelassen und das Kriterium der beschränkten Erwerbsfähigkeit aufgegeben werde (Protokoll der Kommission des Nationalrates, Sitzung vom 27.-29. Januar 1959, S. 157 ff.). Der Begriff des überwiegenden Aufkommens und die damit verbundene Frage, wie die Unterhaltskosten der Kinder zu bestimmen sind, blieb in den Räten BGE 122 V 125 S. 132 unerörtert. Immerhin aber lässt sich festhalten, dass die soziale Zweckbestimmung der Zusatzrente gemäss Art. 34 Abs. 2 IVG in der Bestreitung des Unterhalts der für ihr Kind sorgenden geschiedenen Frau ( BGE 103 V 98 Erw. 2) liegt. Daran ändert nichts, dass es sich bei der fraglichen Zusatzrente für die Frau um einen Anspruch des geschiedenen invaliden Mannes handelt, dem damit grundsätzlich seine Unterhaltspflicht gegenüber den Unterhaltsberechtigten erleichtert wird ( BGE 113 III 84 Erw. 2b). Denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des geschiedenen Mannes liegt im klaren Interesse der für die Kinder sorgenden geschiedenen Frau und damit auch im Interesse der Kinder. c) Nach den in BGE 103 V 55 aufgestellten Bemessungsregeln entfällt der Anspruch des Mannes auf eine Zusatzrente für die geschiedene Frau dann, wenn die ihr zufliessenden Unterhaltsleistungen für die Kinder (Kinderrente allein oder zusammen mit Drittleistungen wie den Unterhaltsbeiträgen des geschiedenen Ehemannes) die Hälfte der Ansätze des Jugendamtes des Kantons Zürich (bzw. des Anhangs IV der RWL) - reduziert um einen Viertel - erreichen. Laut diesen Ansätzen sind die Kosten bei einem 17jährigen oder älteren Einzelkind am höchsten; für die Jahre 1990/91 wurden sie auf Fr. 935.-- pro Monat veranschlagt. Bei einem von zwei Kindern liegen die betreffenden Ansätze zwischen Fr. 642.-- und Fr. 789.--, und bei einem von drei Kindern zwischen Fr. 580.-- und Fr. 709.--. Die geringsten Kosten verursacht eines von vier oder mehr Kindern unter 7 Jahren, dessen Unterhaltsbedarf sich im entsprechenden Zeitraum auf Fr. 536.-- pro Monat belief (Anhang IV der RWL). Die Kinderrenten der Invalidenversicherung (ganze Vollrenten gemäss Rentenskala 44) bewegten sich in den Jahren 1990/91 je nach Höhe des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens zwischen Fr. 320.-- und Fr. 640.--. Ein Vergleich dieser Rentenbeträge mit den massgeblichen Unterhaltsansätzen macht deutlich, dass ein überwiegendes Aufkommen der geschiedenen Ehefrau praktisch ausgeschlossen ist, wenn sie mehrere ihr zugesprochene Kinder hat und ganze Kinderrenten bezieht, da die Praxis diesfalls nicht von einem proportionalen Anstieg des Unterhaltsbedarfs ausgeht. Es kann sogar vorkommen, dass die Kinderrenten höher ausfallen als der für massgeblich erklärte Bedarf (vgl. dazu REBER, Scheidungsrecht und Sozialversicherung, SJZ 1983 S. 97). Führt aber die Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des überwiegenden Aufkommens nach den erwähnten Bemessungsregeln im Ergebnis dazu, dass ganze BGE 122 V 125 S. 133 Kategorien von geschiedenen Männern vom gesetzlichen Anspruch auf eine Zusatzrente für ihre geschiedene Frau ausgeschlossen werden - welche Rente letztlich den der Frau zugesprochenen Kindern zugute kommen soll - so widerspricht dies Sinn und Zweck von Art. 34 Abs. 2 IVG und lässt sich mit der Regelungsabsicht und den Wertvorstellungen des Sozialversicherungsgesetzgebers (Erw. 4b) nicht vereinbaren. Es rechtfertigt sich daher, nicht mehr die um einen Viertel reduzierten, sondern die ungekürzten Ansätze als massgebend zu erachten, weshalb der Vorinstanz im Ergebnis beizupflichten ist. 5. Der Unterhaltsbedarf der beiden der Mutter zugesprochenen Kinder im fraglichen Zeitraum (1990/91) beläuft sich nach den massgeblichen ungekürzten Ansätzen auf je Fr. 856.-- pro Monat. Der geschiedenen Frau des Beschwerdeführers flossen aber lediglich Unterhaltsleistungen von Fr. 400.-- pro Kind und Monat zu. Dementsprechend kam die geschiedene Frau überwiegend im Sinne von Art. 34 Abs. 2 IVG für die ihr zugesprochenen Kinder auf. Der Beschwerdeführer hat demnach für die Zeit vom 1. Februar 1990 bis 31. Mai 1991 Anspruch auf Ausrichtung einer Zusatzrente für seine geschiedene Frau. Der vorinstanzliche Entscheid besteht damit zu Recht. 6. (Kostenpunkt)
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Sachverhalt ab Seite 169 BGE 92 II 168 S. 169 A.- Der Kläger Karl Siegenthaler betreibt unter der Firma Godiva Watch Co. in Recherswil (SO) eine kleine Uhrenfabrik, die im Durchschnitt 10 Personen beschäftigt. Kaufmännischer Leiter des Unternehmens ist der Schwiegersohn des Klägers, Josef Kaiser. Die Beklagte, die George S. May Management Intercol AG., Zug, befasst sich mit Betriebsberatung und Betriebsorganisation. Sie ist die schweizerische Niederlassung der George S. May International Company, deren Hauptsitz sich in Chicago befindet und die in zahlreichen amerikanischen und europäischen Städten Zweigniederlassungen hat. Am 30. Mai 1962 erteilte J. Kaiser namens der klägerischen Firma der Beklagten durch Unterzeichnung eines ihm vorgelegten Formulars einen "Auftrag zur Durchführung einer Voruntersuchung" zum Preise von Fr. 400.--. Diese Voruntersuchung, als deren Zweck der Auftrag eine Betriebsanalyse bezeichnete, wurde am 12. Juni 1962 durch einen Angestellten der Beklagten durchgeführt. Sie endete mit der Empfehlung an den Kläger, der Beklagten einen weiteren Auftrag zu erteilen, damit die in der Voruntersuchung zutage getretenen Probleme gelöst werden könnten. Daraufhin unterzeichnete Kaiser nach anfänglichem Zögern am 14. Juni 1962 ein "Aktionsmemorandum", durch das die Beklagte den Auftrag erhielt, eine "Verkaufsplanung extern" mit einem auf ca. 100 Stunden geschätzten Arbeitsaufwand durchzuführen. Gleichzeitig unterzeichnete Kaiser das Formular "Ermächtigung zur Durchführung von Verbesserungsmassnahmen und Zahlungsvereinbarung", das "ein Honorar von Fr. 100.-- pro Arbeitsstunde und MAY-Rationalisierungsfachmann" vorsah. Die Angestellten der Beklagten nahmen am 18. Juni 1962 die Arbeit im Betriebe des Klägers auf und erstatteten diesem bis zum 23. Juli 1962 mehrere Zwischenberichte und einen Schlussbericht. Der Kläger bezahlte auf Grund der ihm jeweils mit den Berichten vorgelegten Abrechnungen insgesamt Fr. 12'066.-- an die Beklagte. Da er mit dem Resultat der Arbeiten nicht zufrieden war, teilte er der Beklagten am 16. November 1962 mit, er fühle sich übervorteilt. Er schlug der Beklagten vor, ihm vergleichsweise den Betrag von Fr. 6000.-- zurückzuerstatten. Die Beklagte lehnte jedoch dieses Ansinnen ab. B.- Mit Klage vom 19. April/18. Mai 1963 stellte der Kläger das Begehren, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm wegen BGE 92 II 168 S. 170 Übervorteilung einen Betrag nach richterlichem Ermessen zu bezahlen. Die Beklagte bestritt die behauptete Übervorteilung und beantragte, die Klage abzuweisen. C.- Das Kantonsgericht des Kantons Zug verpflichtete mit Urteil vom 10. September 1965 in teilweiser Gutheissung der Klage die Beklagte, dem Kläger Fr. 11'466.-- nebst 5% Zins seit 20. Mai 1963 zu bezahlen. Es verneinte das Vorliegen einer Übervorteilung in bezug auf den ersten Vertrag vom 30. Mai 1962 betreffend die Durchführung einer Voruntersuchung. Den Gegenstand des "Aktionsmemorandums" vom 14. Juni 1962 bildenden Hauptvertrag dagegen erklärte es wegen Übervorteilung als unverbindlich. Das Obergericht des Kantons Zug bestätigte auf Berufung der Beklagten hin den erstinstanzlichen Entscheid mit Urteil vom 1. Februar 1966. D.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit dem erneuten Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Da der Kläger sich mit dem vom Obergericht bestätigten Urteil der 1. Instanz abgefunden hat, ist im Berufungsverfahren nur noch streitig, ob die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, der zweite Vertrag vom 14. Juni 1962 sei wegen Übervorteilung für den Kläger unverbindlich. 2. Gemäss Art. 21 OR liegt Übervorteilung vor, wenn ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung begründet wird durch einen Vertrag, dessen Abschluss von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichstsinns des andern herbeigeführt worden ist. Es ist daher in erster Linie zu prüfen, ob bei objektiver Betrachtung ein offenbares Missverhältnis zwischen den gegenseitigen Leistungen der beiden Parteien bestehe. Wie die Beklagte mit Recht geltend macht, sind bei der Beurteilung dieser Frage grundsätzlich nicht die tatsächlich erbrachten, sondern die versprochenen Leistungen einander gegenüberzustellen. Eine Leistung, die den getroffenen Vereinbarungen BGE 92 II 168 S. 171 nicht entspricht, kann nach den Vorschriften über die Nichterfüllung ( Art. 97 ff. OR ) einen Schadenersatzanspruch begründen oder eine Herabsetzung der Gegenleistung rechtfertigen; für die Anwendung der Vorschriften über die Übervorteilung ist dagegen in einem solchen Falle kein Raum. Behauptet jedoch die Partei, der Übervorteilung vorgeworfen wird, ihre vertraglichen Verpflichtungen richtig und vollständig erfüllt zu haben, und hat sie die volle Gegenleistung dafür gefordert und erhalten, so darf davon ausgegangen werden, dass die tatsächlich erbrachte Leistung sich mit der versprochenen decke. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nie geltend gemacht, die Tätigkeit, für die sie sich die vereinbarte Vergütung hat bezahlen lassen, habe nicht dem vollen Umfang der von ihr übernommenen Leistungspflicht entsprochen. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz deshalb entgegen der Meinung der Beklagten bei der Bewertung ihrer Leistung neben ihrer vertraglichen Umschreibung auch auf die tatsächlich geleistete Arbeit abstellen, wie sie aus den von der Beklagten erstatteten Berichten ersichtlich ist, und dabei auch die berufliche Bildung der Hilfspersonen berücksichtigen, denen die Beklagte die Erfüllung des Vertrags übertrug. Die von der Beklagten übernommenen Verpflichtungen gingen allerdings nicht dahin, dem Kläger ein bestimmtes Arbeitsresultat zu verschaffen; Gegenstand der Verpflichtung der Beklagten waren die auf die Herbeiführung eines Resultates gerichteten Bemühungen. Dass das angestrebte Ziel tatsächlich auch erreicht werde, versprach die Beklagte dagegen nicht. Daraus folgt, dass bei der Abwägung der gegenseitigen Leistungen, insbesondere der von der Beklagten versprochenen Bemühungen, nicht das vom Kläger erhoffte Ergebnis - die Umstellung seines Unternehmens auf neue Grundlagen und die Erschliessung neuer Absatzgebiete - ins Auge zu fassen ist, sondern die Qualität und der Wert der von der Beklagten versprochenen Bemühungen als solcher. Allein auch dabei ist es geboten, die eingesetzten Mittel, namentlich die Fähigkeiten der beigezogenen Hilfspersonen, mit in Betracht zu ziehen; denn es kommt darauf an, ob die eingesetzten Mittel zur Erbringung der von der Beklagten versprochenen Leistungen überhaupt tauglich waren. 3. Die Vorinstanz ist mit Recht davon ausgegangen, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Stundenhonorar von BGE 92 II 168 S. 172 Fr. 100.-- als aussergewöhnlich hoch zu betrachten ist. Eine Vergütung in dieser Höhe lässt sich nur rechtfertigen für Leistungen von ganz besonderem Wert, die nur von hochqualifizierten Spezialisten erbracht werden können und deren erhofftes Ergebnis dem Auftraggeber Vorteile verschafft, die dem ausgelegten Betrag einigermassen entsprechen. Gewiss bot die Beklagte die Dienste eines Unternehmens an, das über eine sehr gut ausgebaute Organisation verfügt. Sie ist laut ihrem Briefkopf der schweizerische Zweig eines weltumspannenden Unternehmens mit Sitzen in Chicago, New York, San Francisco, Montreal, Brüssel, Düsseldorf, London, Mailand, Paris, Rotterdam und Wien. Sie kann ihren Kunden die Dienste aller dieser Niederlassungen zur Verfügung stellen, was hohe allgemeine Unkosten mit sich bringt, denen ebenfalls Rechnung getragen werden muss. Aber jeder freie Beruf, der ähnliche Dienstleistungen anbietet - Treuhandgesellschaften, Banken, Anwalts- und Notariatsbüros - hat mit derartigen Unkosten zu rechnen. Die Beklagte macht geltend, dass der vereinbarte Betrag eine Globalvergütung darstelle, die alle Auslagen des Beauftragten umfasst, wie insbesondere Reise- und Fernmeldekosten. Im obergerichtlichen Verfahren hat sie diese Auslagen auf 20-30% des Honorars geschätzt. Die Vorinstanz hat dazu bemerkt, selbst wenn diese unbewiesene Behauptung zutreffen sollte, wäre auch ein Stundenhonorar von Fr. 70.- immer noch offensichtlich übersetzt. Wenn die Vorinstanz sich somit über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten nicht ausgesprochen hat, so darf doch davon ausgegangen werden, dass nach allgemeiner Erfahrung die Reisekosten niemals 30% oder auch nur 20% eines Tageshonorars von Fr. 800.-- ausmachen können. Ein Ansatz von 10%, d.h. von Fr. 80.- im Tag, wäre schon reichlich bemessen, zumal nach den Berichten der Beklagten nicht viele Reisen unternommen wurden und diese sich örtlich in bescheidenem Rahmen hielten. Die Ausgaben für Reisen und Fernmeldekosten konnten daher im vorliegenden Fall die Beklagte nicht stark belasten; andernfalls wären nach Ziff. 10 des Vertrages Reise- und Verpflegungskosten besonders berechnet worden. Die Vorinstanz hat somit für die Beurteilung der Angemessenheit des vom Kläger versprochenen und bezahlten Honorars einen zutreffenden Masstab angewendet. BGE 92 II 168 S. 173 4. Die von der Beklagten für das vereinbarte Stundenhonorar von Fr. 100.-- versprochene Gegenleistung umfasste zwei verschiedene Aufgaben. a) Die erste betraf das betriebsinterne Verhältnis zwischen dem Kläger und seinem Schwiegersohn Kaiser, und zwar handelte es sich, wie der Beklagten aus der "Job-Information" ihres Angestellten bewusst war, ausschliesslich darum, die "Pflichten, Rechte und Verantwortlichkeiten" Kaisers im Unternehmen seines Schwiegervaters zu umreissen. Aus den Akten geht hervor, dass der 70-jährige Kläger in der Leitung des bescheidenen Unternehmens von seinem Schwiegersohn unterstützt wird, der sich vor allem mit den kaufmännischen Angelegenheiten zu befassen hat. Ein Sohn des Klägers ist im Betrieb tätig, doch fehlen ihm die notwendigen Fähigkeiten, einmal die Leitung des Betriebes zu übernehmen. Kaiser machte sich nun Sorgen, weil seine Stellung nicht genügend gesichert war, und er hätte es gerne gesehen, wenn sein Schwiegervater Anordnungen getroffen hätte, durch die ihm die Leitung des Unternehmens für alle Zukunft garantiert worden wäre. Wie sich das bewerkstelligen lasse, war nach den zutreffenden Ausführungen der kantonalen Instanzen zur Hauptsache ein rechtliches Problem; es kam dafür vor allem eine Regelung im Rahmen eines Gesellschafts- oder Erbvertrages in Frage. Für die Ausarbeitung solcher Verträge war die Beklagte nicht zuständig, wie sie in dem bereits erwähnten internen Bericht selber anerkannte. Sie konnte höchstens gewisse vorbereitende Erhebungen über die im Unternehmen bestehenden Verhältnisse durchführen, die dem für die Aufstellung der Verträge beizuziehenden juristischen Fachmann als Unterlagen dienen konnten. Diese Vorbereitungsarbeiten boten angesichts des äusserst bescheidenen Umfangs des Betriebes keine grossen Schwierigkeiten. Ein direkt beigezogener Notar, Anwalt oder Treuhänder hätte diese Vorarbeit auf Grund der Auskünfte des Klienten in kurzer Zeit erledigen können. Das von der Beklagten dafür geforderte Honorar von Fr. 5'000.-- ist derart übersetzt, dass es als geradezu anstössig bezeichnet werden muss. Was Schwierigkeiten bot, war die Lösung des aufgezeigten Problems, die Vorbereitung und Abfassung der erforderlichen Urkunden (Gesellschaftsvertrag, Gründung einer AG oder GmbH, Erbvertrag), durch welche die bestehenden Schwierigkeiten behoben worden wären. Die Beklagte hatte sich aber nur verpflichtet, BGE 92 II 168 S. 174 in einem vorbereitenden Bericht das Problem aufzuzeigen, wozu jeder durchschnittlich begabte Geschäftsmann im Stande gewesen wäre. Zudem war dem Bericht der Beklagten die Voruntersuchung vorausgegangen, in der das in Frage stehende Problem bereits zutage getreten war und für welche die Beklagte ein Honorar von Fr. 400.-- bezogen hatte. Die Ausführung des weiteren Auftrages, zu dessen Erteilung der Kläger nach Abschluss der Voruntersuchung überredet wurde, übertrug die Beklagte sodann nach den Feststellungen der Vorinstanz keineswegs einem hochqualifizierten Fachmann, sondern einem Angestellten, der keinen akademischen Grad besitzt. Die schon von der Vorinstanz erwähnten Ausführungen in seinem Bericht: "Den letzten Punkt, den wir zu berühren haben, ist nicht mehr betriebswirtschaftlicher noch juristischer Natur, sondern rein moralisch und auch vorsichtig", lassen als zweifelhaft erscheinen, ob dieser Angestellte überhaupt eine höhere Schulbildung genossen hat. Die Richtigkeit der vorstehenden Bewertung der Leistung der Beklagten wird schliesslich auch bestätigt durch das tatsächliche Ergebnis ihrer Bemühungen, das nach ihrer Behauptung die getreue Erfüllung des erhaltenen Auftrags darstellen soll. Es sind die drei Seiten umfassenden "Verfahrensrichtlinien", bei denen es sich um eine weitschweifige Schilderung der Verhältnisse handelt, die in einen vier Punkte umfassenden Vorschlag ausmündet. Diese Vorschläge hätte nach den zutreffenden Feststellungen der Vorinstanz irgendein Durchschnittskaufmann ebenso gut, wenn nicht besser, anregen können. Die Auffassung der Vorinstanz, diese "Verfahrensrichtlinien" seien zum Teil als "abstruser Humbug" zu bezeichnen, ist vollauf berechtigt. b) Der zweite Teil der von der Beklagten versprochenen Leistung bestand in der Durchführung einer Marktanalyse, insbesondere in der Prüfung neuer Absatzmöglichkeiten, vor allem in Deutschland. Beide kantonale Instanzen sind zum Schluss gelangt, dass der Beklagten für die Durchführung dieser Aufgabe jede Eignung fehlte. Sie gehen zutreffend davon aus, dass die Erschliessung neuer Absatzgebiete geschäftliche Beziehungen zu den dortigen Abnehmerkreisen sowie Branchekenntnisse erfordert. Die Beklagte erfüllte keine dieser beiden Voraussetzungen. Ihre Tätigkeit beschränkte sich darauf, durch einen nicht branchekundigen Angestellten ihrer deutschen BGE 92 II 168 S. 175 Schwestergesellschaft mit einigen Uhrenmustern des Klägers irgendwelche Uhrengeschäfte aufsuchen und anfragen zu lassen, ob sie allenfalls bereit wären, die Erzeugnisse des Klägers zu verkaufen. Dabei kam es meist nicht einmal zu einer persönlichen Kontaktnahme, sondern es blieb bei einer blossen telephonischen oder schriftlichen Anfrage. Den Angestellten der Beklagten konnte nicht entgehen, dass sie mit einem solchen Vorgehen die vom Kläger zu bezahlenden Arbeitsstunden verschwendeten, weil es auf der Hand lag, dass praktisch kaum eine Aussicht bestand, auf diesem Wege zu einem positiven Ergebnis zu kommen. Aus dem von der Vorinstanz ermittelten Sachverhalt ist ersichtlich, dass die Beklagte, die darauf beharrt, ihre tatsächlich erbrachte Leistung habe den übernommenen Verpflichtungen entsprochen, die Funktionen eines Vermittlers oder Handelsreisenden zu erfüllen beabsichtigte. Eine solche Tätigkeit, die zudem weder einem branchekundigen noch im betreffenden Gebiet eingeführten Personal übertragen wurde, kann nicht als hochqualifizierte Leistung angesehen werden. Das dafür vereinbarte Stundenhonorar von Fr. 100.-- ist daher offensichtlich weit übersetzt. Auch in diesem Punkte ist daher der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz beizupflichten. 5. Die zweite Voraussetzung, die für das Vorliegen einer Übervorteilung erfüllt sein muss, besteht nach Art. 21 OR darin, dass der Abschluss des Vertrages von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit des andern herbeigeführt worden ist. Nach der Auffassung der Vorinstanz ist im vorliegenden Fall das zuletzt genannte Erfordernis (Unerfahrenheit) gegeben, da weder der Kläger noch sein Schwiegersohn Kaiser, der die Vertragsunterhandlungen zur Hauptsache führte und die Verträge mit der Beklagten unterzeichnete, befähigt gewesen seien, die Tragweite eines Vertrages über betriebswissenschaftliche Leistungen richtig zu würdigen. a) Die Beklagte rügt mit der Berufung, die Vorinstanz habe bei ihrem Entscheid den Rechtsbegriff der Unerfahrenheit verkannt. Nach der Rechtsprechung ist Unerfahrenheit im Sinne des Art. 21 OR nicht nur vorhanden, wenn ganz allgemein Nichtvertrautsein mit den Verhältnissen vorliegt, wie es z.B. bei BGE 92 II 168 S. 176 Jugendlichen zutrifft, sondern auch, wenn im konkreten Fall dem einen Vertragskontrahenten die Sachkenntnis fehlt, die zur Beurteilung von Verhältnissen der in Frage stehenden Art im allgemeinen erforderlich ist ( BGE 61 II 36 ). Entgegen der Auffassung der Beklagten bedarf es somit nicht einer allgemeinen Unfähigkeit der Vertragspartei, ein bestimmtes Geschäft richtig zu würdigen; es genügt, wenn sie auf dem in Frage stehenden Gebiet zwar nicht völlig geschäftsunerfahren ist, aber doch die Tragweite eines ihr vorgeschlagenen Geschäftes nicht zu erfassen vermag. Diese weitgefasste Umschreibung des Begriffs der Unerfahrenheit drängt sich um so mehr auf, wenn man in Betracht zieht, dass mit der fortschreitenden Entwicklung die technischen Probleme selbst im täglichen Leben immer vielgestaltiger und komplizierter werden, mit der Folge, dass der Einzelne in immer zunehmendem Masse genötigt ist, sich auf Spezialisten zu verlassen, ohne sich vom wahren Wert ihres Angebotes ein richtiges Bild machen zu können. Mit dieser Entwicklung hat der Schutz des Vertragschliessenden Schritt zu halten. Diese Betrachtungsweise bedeutet keineswegs eine Erweiterung des von der bisherigen Rechtsprechung aufgestellten Begriffes der Unerfahrenheit. Sie ist lediglich die logische Folge der Feststellung, dass das Gebiet der allgemeinen Erfahrenheit des Einzelnen mit der fortschreitenden Entwicklung mehr und mehr eingeengt wird. Die Vorinstanz hat deshalb nicht gegen Bundesrecht verstossen, indem sie den Begriff der Unerfahrenheit in diesem relativen Sinne aufgefasst hat. Gegenkontrahent der Beklagten ist ausschliesslich der Kläger Siegenthaler. Dass dieser als unerfahren im Sinne der oben dargelegten Grundsätze zu betrachten ist, bestreitet die Beklagte mit Recht nicht. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist der Kläger zwar ein guter Uhrmacher; die wichtigen geschäftlichen Entscheidungen hat er dagegen von jeher seiner Frau und später seinem Schwiegersohn überlassen, woraus geschlossen werden darf, dass er eben selber nicht über die dazu erforderliche Geschäftserfahrung verfügte. Die Beklagte macht geltend - und die Vorinstanz hat ihr in diesem Punkte beigepflichtet -, dass für die Frage der Übervorteilung auch die geschäftliche Erfahrenheit des Schwiegersohnes zu berücksichtigen sei, in dessen Händen die Geschäftsleitung tatsächlich liegt und der den streitigen Vertrag BGE 92 II 168 S. 177 abgeschlossen hat. Während jedoch die Vorinstanz angenommen hat, auch ihm habe die erforderliche Erfahrenheit gefehlt, beharrt die Beklagte darauf, dass bei Kaiser von Unerfahrenheit im Sinne des Gesetzes nicht die Rede sein könne, da er als langjähriger Geschäftsleiter des klägerischen Unternehmens mit den allgemeinen Problemen, die das Geschäftsleben üblicherweise stelle, vertraut sei. Nach der Rechtsprechung ( BGE 61 II 35 ) sind bei der Beurteilung der Frage der Übervorteilung die gesamten Umstände des Vertragsschlusses in Betracht zu ziehen. Es fragt sich, ob und inwieweit aus diesem Grunde auch die Kenntnisse und Erfahrungen der Personen, deren sich die Vertragspartei beim Abschluss des Vertrages bedient hat, mit zu berücksichtigen seien. Die Frage kann jedoch offen gelassen werden; denn selbst bei ihrer Bejahung gäbe im vorliegenden Fall den Ausschlag, dass auch dem Schwiegersohn Kaiser die erforderliche Erfahrenheit abgesprochen werden muss. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz fehlte nämlich auch ihm der kritische Sinn, um die wahre Tragweite des Vertrages und den wirklichen Wert der von der Beklagten versprochenen Leistungen von vorneherein zu erfassen. Er war daher auch nicht im Stande, der Beeinflussung des Klägers durch die Angestellten der Beklagten entgegenzuwirken und ihn über den praktischen Wert, den ein Vertrag über betriebswirtschaftliche Beratung für ein derart unbedeutendes Unternehmen haben konnte, in objektiver Weise aufzuklären. b) Zum Tatbestand der Übervorteilung gehört schliesslich noch, dass die eine Partei die Schwäche der andern, im vorliegenden Fall also die Unerfahrenheit des Klägers und allenfalls seines Schwiegersohnes, ausgebeutet, d.h. sie bewusst ausgenützt hat, um den Abschluss des Vertrages herbeizuführen. Auch dieses Erfordernis ist hier unzweifelhaft erfüllt: Schon auf Grund der Voruntersuchung war den Angestellten der Beklagten bekannt, dass die Massnahmen, die zur internen Reorganisation des Unternehmens in Frage kamen (Abschluss eines Gesellschafts- oder Erbvertrages), nicht in ihre Kompetenz falle. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, den Kläger zur Erteilung des weiteren Auftrages zu überreden, weil nur so die in der Voruntersuchung zutage getretenen Probleme gelöst werden könnten. Auch bezüglich der "Verkaufsplanung extern", mit der sich die Beklagte weiter beauftragen liess, liegt BGE 92 II 168 S. 178 eine offenkundige Ausbeutung der Unerfahrenheit der Gegenseite vor. Nach den Feststellungen der Vorinstanz operierte der Angestellte Schnarrwiler mit den ausgezeichneten Beziehungen, über welche die Beklagte dank ihrer weltweiten Organisation verfüge, obwohl solche Beziehungen auf jeden Fall in der Uhrenbranche gar nicht vorhanden waren. Der Angestellte Jung stellte dem Kläger die Zuführung von Kunden in ganz Europa in Aussicht, woraus mit einer jährlichen Umsatzsteigerung von Fr. 20-25'000.-- gerechnet werden dürfe, obwohl derartige Zusicherungen mangels der erforderlichen Beziehungen der Beklagten in der Uhrenbranche völlig in der Luft hingen. Trotzdem wurde im "Fortschrittsbericht" der Beklagten vom 23. Juni 1962 der Gewinn, den der Kläger dank den Bemühungen der Beklagten erwarten dürfe, auf Fr. 20'000.-- geschätzt. Durch diese Vorspiegelung von Gewinnmöglichkeiten, denen angesichts der tatsächlichen Verhältnisse jeder reale Hintergrund fehlte, wurden der Kläger und sein Schwiegersohn dazu bewogen, der Beklagten den im "Aktionsmemorandum" umschriebenen weiteren Auftrag zu erteilen und dem weit übersetzten Honoraransatz von 100.-- pro Stunde zuzustimmen. Den Einwand der Beklagten, der Kläger hätte den Auftrag jederzeit widerrufen können, hat die Vorinstanz mit der zutreffenden Begründung verworfen, dass die Angestellten der Beklagten den Kläger durch weitere Ausbeutung seiner Unerfahrenheit von einem solchen Widerruf abhielten, indem sie ihn glauben machten, die bisherigen Ausgaben würden sich nur lohnen, wenn die Beklagte ihre Aufgabe zu Ende führen könne. 6. a) Da sämtliche Voraussetzungen des Art. 21 OR erfüllt sind, ist der Vertrag vom 14. Juni 1962 für den Kläger unverbindlich. Die Vorinstanz hat gestützt hierauf die Beklagte zur Rückerstattung des vom Kläger auf Grund dieses Vertrages bezahlten Honorars von Fr. 11'466.-- verpflichtet. Dazu hat sie bemerkt, die Beklagte hätte grundsätzlich dem Rückerstattungsanspruch des Klägers eine Gegenforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung verrechnungsweise entgegenstellen können. Sie hat die Frage des Bestehens eines solchen Bereicherungsanspruchs jedoch nicht geprüft, weil die Beklagte ihn vor erster Instanz weder eventualiter noch widerklageweise geltend gemacht habe und das vom kantonalen Prozessrecht BGE 92 II 168 S. 179 aufgestellte Novenverbot seine Erhebung vor der oberen Instanz nicht zulasse. b) Die Beklagte hält dem entgegen, Art. 21 OR verweise auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung; daraus folgert sie, der kantonale Richter hätte - nach ihrer Meinung offenbar von Amtes wegen - das Ausmass ihrer Bereicherung ermitteln sowie prüfen müssen, in welchem Umfang der Kläger seinerseits durch die von der Beklagten tatsächlich erbrachten Leistungen bereichert sei; in diesem Umfang mindere sich die Bereicherung der Beklagten, weshalb diese Ansprüche nicht als Gegenforderungen verrechnungs- oder widerklageweise geltend gemacht werden müssten; der Abzug ergebe sich vielmehr aus der Natur des Rückforderungsanspruches des Übervorteilten. c) Art. 21 OR bestimmt, der Übervorteilte könne "... erklären, dass er den Vertrag nicht halte, und das schon Geleistete zurückverlangen". Dieses Rückforderungsrecht beruht also zweifellos auf der Unverbindlichkeit des Vertrages, die bewirkt, dass die erfolgte Zahlung eines gültigen Rechtsgrundes ermangelt. Es handelt sich somit um einen Fall der condictio indebiti. Auf jeden Fall ist es aber Sache des Beklagten, Umstände zu behaupten und zu beweisen, die seine Rückerstattungspflicht ausschliessen oder mindern. Diese Auffassung liegt auch BGE 84 II 112 Erw. 4 zugrunde, wo ausgeführt wurde, bei Berufung des Übervorteilten auf die Unverbindlichkeit des Vertrages könne die Gegenpartei nicht etwa dessen teilweise Erfüllung verlangen, sondern bleibe darauf beschränkt, Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend zu machen, wenn deren Voraussetzungen gegeben seien. Man kann sich nun allerdings fragen, ob dies gemäss der Auffassung der Vorinstanz bedeute, dass der Verletzte einfach seine Leistung im vollen Umfang zurückverlangen könne und es dem Beklagten überlassen bleibe, einredeweise ungerechtfertigte Bereicherung des Verletzten geltend zu machen, oder ob der Rückforderungsanspruch des Art. 21 OR den Schranken von Art. 62 ff. OR unterliege. Die letztere Lösung liefe praktisch auf eine Anerkennung der Teilnichtigkeit des Vertrages hinaus, die BGE 84 II 112 bei Geltendmachung vollständiger Unverbindlichkeit seitens des Übervorteilten mit Recht abgelehnt hat. Die Frage kann jedoch offen bleiben. Denn im einen wie im andern Falle obliegt es dem Beklagten, sich auf die Bereicherung BGE 92 II 168 S. 180 des Klägers zu berufen und sie nachzuweisen, während nichts darauf ankommt, ob dies durch die Erhebung eines verrechnungsweise geltend gemachten Bereicherungsanspruchs geschieht oder durch das Vorbringen von Einwendungen, die eine Verminderung seiner Rückerstattungspflicht bewirken. Die Beklagte hätte somit unter allen Umständen in rechtsgenüglicher Form den Beweis für eine Bereicherung des Klägers anbieten müssen. Ein solches Beweisanerbieten hat sie jedoch nach dem angefochtenen Entscheid nicht gemacht, und sie behauptet nicht, die Vorinstanz sei in Verletzung von Art. 8 ZGB über taugliche Beweisanträge hinweggegangen, die sie zum Nachweis einer Bereicherung des Klägers gestellt habe. Unter diesen Umständen kommt daher eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Prüfung einer allfälligen Bereicherung des Klägers nicht in Betracht.
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Sachverhalt ab Seite 73 BGE 81 I 72 S. 73 Otto Süssli, der ledig ist, lebt mit seiner Mutter in einer Mietwohnung; die Mutter besorgt ihm den Haushalt. Er hat bei seiner Veranlagung zur Wehrsteuer der 7. Periode geltend gemacht, die Mutter werde von ihm unterhalten und sei unterstützungsbedürftig, und hat daher einen Abzug von Fr. 500.-- nach Art. 25 Abs. 1 lit. b WStB beansprucht. Der Abzug ist abgelehnt worden, zuletzt durch Entscheid der kantonalen Rekurskommission vom 9. November 1954. Hiegegen erhebt der Steuerpflichtige Verwaltungsgerichtsbeschwerde, in der er an seinem Standpunkt festhält. Er führt aus, er habe für den Unterhalt der Mutter restlos aufzukommen. Solange sie mit ihm zusammenlebe, sei er gezwungen, eine Dreizimmerwohnung zu halten, während er für sich allein nur ein Zimmer mieten müsste. Er zahle für die Mutter auch die Krankenkassenbeiträge und die Arztrechnungen. Eine Verweigerung des streitigen Abzuges, der ihm bisher immer zugestanden worden sei, rechtfertige sich nun, da die Mutter 70 Jahre alt sei, weniger denn je. Die kantonale Rekurskommission und die eidg. Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Nach Art. 25 Abs. 1 lit. b WStB kann der Steuerpflichtige für jede von ihm unterhaltene unterstützungsbedürftige Person, mit Ausnahme der Ehefrau, Fr. 500.-- vom reinen Einkommen abziehen. Dieser Abzug kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts (Urteile vom 29. Februar 1940 und 21. Februar 1947, wiedergegeben in BGE 81 I 72 S. 74 ASA 9, 45 und 15, 500) nicht in Frage für Familienglieder, die im Haushalt des Steuerpflichtigen arbeiten oder regelmässig zu Dienstleistungen herangezogen werden, soweit es sich dabei nicht um ganz geringfügige Dienste handelt. Familienangehörige, die unter solchen Bedingungen ihren Unterhalt in der Familiengemeinschaft finden, sind nicht unterstützungsbedürftig. Die Aufwendungen, die der Steuerpflichtige für ihren Unterhalt macht, sind nicht Unterstützungen, sondern eine Art Gegenleistung für die Arbeit, die sie im Interesse der Gemeinschaft verrichten. Darauf, ob das Familienmitglied ausserhalb der Familiengemeinschaft seinen Unterhalt selbst verdienen könnte oder sonst die Mittel fände, sich durchzubringen, kann es nicht ankommen. Anders verhält es sich in Fällen, wo ein Familienmitglied dem Haushalt zur Last fällt, also bei Arbeitsunfähigkeit, dauernder Krankheit oder ähnlicher dauernder Behinderung am Dienst für die Familiengemeinschaft. Es ist nicht bestritten, dass die Mutter des Beschwerdeführers dessen Haushalt besorgt. Dass sie in der in Betracht fallenden Zeit dauernd daran verhindert gewesen sei, wird nicht behauptet. Sie ist daher jedenfalls für diese Zeit nicht als unterstützungsbedürftig anzusehen. Dass sie in vorgerücktem Alter steht, ändert daran nichts. Der Beschwerdeführer hat deshalb für die 7. Wehrsteuerperiode, um die es sich handelt, keinen Anspruch auf einen Abzug nach Art. 25 Abs. 1 lit. b WStB. Die für frühere Perioden getroffenen Veranlagungen, bei denen nach seiner Darstellung ein solcher Abzug gewährt worden sein soll, sind im vorliegenden Verfahren nicht zu überprüfen. Der Einwand des Beschwerdeführers, das Zusammenleben mit der Mutter verursache ihm Mehrauslagen, geht fehl. Wäre das wirklich der Fall - was nicht feststeht -, so hätte man es nichtsdestoweniger mit Haushaltungskosten zu tun; solche Aufwendungen können aber nach Art. 23 WStB nicht vom Einkommen abgezogen werden. Würde der Beschwerdeführer seinen Haushalt nicht durch BGE 81 I 72 S. 75 die Mutter, sondern durch eine Angestellte besorgen lassen, so könnte er die daherigen Kosten auch nicht in Abzug bringen.
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Sachverhalt ab Seite 14 BGE 118 Ia 14 S. 14 Herr und Frau M. wohnen im gleichen Haus wie Frau S. in der Stadt Zürich. Die Eheleute M. verzeigten Frau S. wegen fortgesetzter Lärmbelästigung. In der Folge wurde Frau S. durch den Polizeirichter der Stadt Zürich unter anderem wegen Ruhestörung im Sinne BGE 118 Ia 14 S. 15 von § 9 des zürcherischen Gesetzes vom 30. Juni 1974 über das kantonale Strafrecht und den Vollzug von Strafen und Massnahmen (StVG) gebüsst. Frau S. verlangte hierauf gerichtliche Beurteilung. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich sprach sie frei. Dieses Urteil wurde Frau S. und dem Polizeirichteramt der Stadt Zürich, nicht jedoch den Eheleuten M. zugestellt. Die Eheleute M. verlangten sowohl im Verfahren vor dem Polizeirichter als auch in demjenigen vor dem Einzelrichter des Bezirksgerichtes Zürich, es seien ihnen Akteneinsicht und Parteirechte als Geschädigte zu gewähren. In beiden Verfahren wurde ihnen dies verweigert, weshalb sie bei der Verwaltungskommission des Obergerichtes Beschwerde führten. Die Verwaltungskommission des Obergerichtes wies die Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat. Herr und Frau M. beantragen mit staatsrechtlicher Beschwerde, der Entscheid der Verwaltungskommission sei aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. a) Überspitzter Formalismus ist eine besondere Form der Rechtsverweigerung und liegt vor, wenn für ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt werden, wenn die Behörde formelle Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt, wenn sie an Rechtsschriften überspannte Anforderungen stellt oder wenn dem Bürger der Rechtsweg in unzulässiger Weise versperrt wird ( BGE 115 Ia 17 E. b; BGE 114 Ia 23 ; BGE 112 Ia 308 E. 2a, je mit Hinweisen). Letzteres ist hier der Fall. Wenn die Verwaltungskommission des Obergerichtes ausführt, im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde nach §§ 108 ff. des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes vom 13. Juni 1976 (GVG) hätte der Entscheid des Einzelrichters mit prozessualen Mitteln überprüft werden können und müssen, so steht diese Argumentation mit Art. 4 BV in Widerspruch, da den Beschwerdeführern dieses Urteil weder zugestellt noch sonstwie zur Kenntnis gebracht worden und ihnen auch nie förmlich ein Rechtsmittel (kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ans Obergericht) eröffnet worden war. Den Beschwerdeführern stand somit im betreffenden Zeitpunkt lediglich die Rechtsverweigerungsbeschwerde an die Verwaltungskommission des Obergerichtes zur Verfügung. Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich schon aus diesem Grunde als begründet. BGE 118 Ia 14 S. 16 b) Die Verwaltungskommission des Obergerichtes handelte sodann willkürlich, als sie in ihrer Eventualbegründung die kantonale Beschwerde trotzdem materiell behandelte, die Geschädigtenstellung der Beschwerdeführer aber verneinte. Unmittelbar Geschädigter ist zwar nur der Träger des durch die Strafdrohung geschützten Rechtsgutes, gegen das sich die Straftat ihrem Begriffe nach richtet (CLAUDE BAUMANN, Die Stellung des Geschädigten im schweizerischen Strafprozess, Diss. Zürich 1958, S. 21 f.; ROBERT HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechtes, 2. Auflage, S. 82 f.). Gemäss § 9 StVG wird mit Busse oder mit Haft bestraft, wer durch Lärm oder Geschrei die Nachtruhe in grober Weise stört. Das Bundesgericht hat derartige Bestimmungen stets als sowohl im öffentlichen als auch im privaten Interesse liegend betrachtet. Neben der öffentlichen Ruhe und Ordnung ist auch der private Rechtsanspruch auf Unterbleiben einer Ruhestörung geschütztes Rechtsgut. Analog wie bei Immissionsbestimmungen im allgemeinen nimmt ein verzeigender Anwohner neben dem öffentlichen auch ein eigenes rechtlich geschütztes Interesse wahr. Derartige Strafbestimmungen schützen die Interessen von Nachbarn und insbesondere - wie hier - Wohnungsnachbarn neben dem öffentlichen Interesse an Ruhe und Ordnung nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar. Gerade aus den vorliegenden Akten geht deutlich hervor, dass die Beschwerdeführer geltend machen, ihnen sei unmittelbar ein Schaden zugefügt worden oder habe ihnen zumindest zu erwachsen gedroht; diese Umstände begründen im Kanton Zürich die Geschädigtenstellung (NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, N 502; vgl. auch JÖRG REHBERG, in Festschrift Max Keller, Zürich, 1989, S. 630 und 631). Die Geschädigtenrechte gemäss § § 9 und 10 StPO gelten im Kanton Zürich grundsätzlich auch im Verfahren bei Übertretungen. Für gerichtliche Übertretungsstrafverfahren werden nämlich gemäss § 363 StPO die Vorschriften über das Hauptverfahren vor Bezirksgericht sinngemäss angewandt. Dabei geht beispielsweise aus § 280 Abs. 2 und § 283 Abs. 2 und 3 StPO hervor, dass der Geschädigte ein Recht auf Teilnahme an der bezirksgerichtlichen Hauptverhandlung hat und dass er auch zum Schuld- und Strafpunkt Ausführungen machen kann. Indem die Verwaltungskommission den Beschwerdeführern dies verweigerte, verletzte sie Art. 4 BV .
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Sachverhalt ab Seite 265 BGE 86 I 265 S. 265 Aus dem Tatbestand: A.- Die Firma Senn & Co AG Basel, die heutige Beschwerdegegnerin, liess im Frühjahr 1960 auf ihrem Grundstück Nr. 689 in Ziefen (BL) durch den Bauunternehmer Fred Rosenblatt ein Fabrikgebäude errichten. BGE 86 I 265 S. 266 Dieser bestellte bei der Firma Otto Hupfer & Söhne in Basel, der heutigen Beschwerdeführerin, insgesamt 92,5 m3 Frischbeton, von denen 37,5 m3 am 20. Juni und 55 m3 am 27. Juni 1960 geliefert wurden. Die Lieferungen erfolgten mit Liefermischern, welche auf Lastwagen montiert sind und die im gewünschten Verhältnis eingefüllten Mengen Sand, Kies, Zement und Wasser während der Fahrt vom Betonwerk zur Baustelle mischen. Die Beschwerdeführerin stellte Rosenblatt für diese Lieferungen am 30. Juni 1960 mit Fr. 5652.75 Rechnung. Am 10 Juli 1960 ersuchte die Beschwerdeführerin den Bezirksgerichtspräsidenten von Liestal um vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts auf der Parzelle 689 in Ziefen für den Betrag von Fr. 5652.75 nebst Folgen, geschätzt auf total Fr. 6000.--. Der Bezirksgerichtspräsident wies das Grundbuchamt durch Verfügung vom 20. Juli 1960 an, dieses provisorische Bauhandwerkerpfandrecht vorläufig vorzumerken, und befristete die Wirkung dieser Vormerkung vorläufig bis zur Bestätigungsverhandlung; er ging davon aus, dass die Forderung an Hand der Rechnungskopie glaubhaft gemacht sei und die Voraussetzungen von Art. 837 Ziff. 3 und 839 ZGB erfüllt erschienen. In der Bestätigungsverhandlung vom 17. August 1960 machte die Beschwerdeführerin geltend, die Zubereitung und Lieferung von Frischbeton in der vom Besteller gewünschten besondern Mischung müsse als Lieferung von Material und Arbeit im Sinne von Art. 837 Ziff. 3 ZGB betrachtet werden, zumal da Frischbeton bei Nichtabnahme in wenigen Stunde verderbe. Die Beschwerdegegnerin wandte ein, es handle sich um eine reine Materiallieferung, für die ein Bauhandwerkerpfandrecht nicht in Frage komme; ferner bestritt sie die Forderung grundsätzlich und der Höhe nach. Durch Entscheid vom 26. August 1960 hob der Bezirksgerichtspräsident die Verfügung vom 20. Juli 1960 auf und wies das Grundbuchamt Liestal an, das vorgemerkte provisorische BGE 86 I 265 S. 267 Bauhandwerkerpfandrecht wieder zu löschen. Zur Begründung führte er aus: Wer bloss Baumaterial liefere, ohne es in die Baute zu verarbeiten, sei nicht Baugläubiger im Sinne von Art. 837 Ziff. 3 ZGB , denn er sei auf Grund nicht eines Werk-, sondern eines Kaufvertrages an der Baute beteiligt und könne daher seine Lieferung bis zur Bezahlung oder Sicherstellung des Preises zurückbehalten. Dagegen sei der Lieferant von genau nach Mass verfertigten und anderweitig nicht brauchbaren Gegenständen (Türen, Fenster, Balken usw.) Baugläubiger, da er Kredit gewähren müsse und erst Bezahlung verlangen könne, wenn sich das Werk durch Einpassung in die Baute als brauchbar erwiesen habe und abgenommen sei. Der vorliegend gelieferte Beton sei kein solches eigens für die betreffende Baute hergestelltes Material, denn das würde ja bedeuten, dass der fertig fabrizierte Beton nur gerade für dieses Bauwerk verwendet werden könnte und bei Nichtlieferung oder Nichtabnahme unbrauchbar wäre. Wenn der Kläger auch verschiedene Betonmischungen herstelle, so sei die einmal fabrizierte Mischung doch nicht so individualisiert, dass sie nur an einer bestimmten Baustelle verwendet werden könne. Die Tatsache, dass Beton nicht auf Lager fabriziert werden könne, sei eine Folge seiner kurzen Haltbarkeit und ändere nichts daran, dass er eine vertretbare Sache sei und einmal hergestellt wie zahlreiche andere Baumaterialien für verschiedene Bauten verwendbar sei. Als blosser Sachlieferant sei der Kläger auch nicht zur Vorleistung und Kreditgewährung gezwungen gewesen, sondern er hätte Bezahlung oder Sicherstellung des Kaufpreises vor der Lieferung verlangen können. Es stehe ihm somit für seine Betonlieferungen kein Bauhandwerkpfandrecht zu. B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt die Firma Otto Hupfer & Söhne, dieser Entscheid des Bezirksgerichtspräsidenten von Liestal sei aufzuheben. Sie beruft sich auf Art. 4 BV und macht geltend: Die vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts sei BGE 86 I 265 S. 268 zu bewilligen, wenn das Begehren nicht offenbar trölerisch oder schikanös sei ( BGE 39 II 139 ). Dies sei hier sicher nicht der Fall und die Abweisung des Begehrens daher unhaltbar und willkürlich. C.- Der Bezirksgerichtspräsident von Liestal und die Firma Senn & Co AG beantragen die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1./2. - (Prozessuales). 3. Nach Art. 837 Ziff. 3 ZGB können die Handwerker und Unternehmer, die zu Bauten Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben, für ihre Forderung gegen den Grundeigentümer oder einen Unternehmer die Errichtung eines gesetzlichen Pfandrechts an diesem Grundstück verlangen. Die Eintragung hat bis spätestens drei Monate nach der Vollendung der Arbeit zu geschehen und darf nur erfolgen, wenn die Forderung vom Eigentümer anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist ( Art. 839 Abs. 2 und 3 ZGB ). Da bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung in der Regel mehr als drei Monate vergehen, ist zum Schutze der Handwerker und Unternehmer die vorläufige Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts vorgesehen ( Art. 22 Abs. 4 GBV und 961 Abs. 2 ZGB), die ebenfalls innert jener drei Monate erfolgen muss, aber nur voraussetzt, dass der Ansprecher seine Berechtigung glaubhaft macht, worüber der Richter in schnellem Verfahren zu entscheiden hat ( Art. 961 Abs. 3 ZGB ). Der angefochtene Entscheid ist begründet, wie wenn der Bezirksgerichtspräsident mit freier Prüfung und endgültig über das Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 837 Ziff. 3 ZGB und über das Bestehen des von der Beschwerdeführerin beanspruchten Bauhandwerkerpfandrechts zu entscheiden gehabt hätte; dass er bloss zu prüfen hatte und nur geprüft hätte, ob der Pfandrechtsanspruch glaubhaft gemacht sei, ist mit keinem Worte auch nur angedeutet. Ob der Bezirksgerichtspräsident diese Beschränkung seiner BGE 86 I 265 S. 269 Kognition tatsächlich übersehen oder nur in den Erwägungen seines Entscheids nicht zum Ausdruck gebracht hat, kann indessen dahingestellt bleiben, da auch ersteres für sich allein noch nicht zur Gutheissung der Beschwerde führen würde. Die Aufhebung eines kantonalen Entscheids auf Grund von Art. 4 BV rechtfertigt sich nur, wenn der Beschwerdeführer im Ergebnis willkürlich behandelt worden ist, nicht schon, wenn die Motive des angefochtenen Entscheids unhaltbar sind (vgl. BIRCHMEIER, Handbuch des OG, S 352/3). Es ist daher zu prüfen, ob sich aus den im Entscheid des Bezirksgerichtspräsidenten enthaltenen Gründen die Auffasung vertreten lässt, die Beschwerdeführerin habe ihren Pfandrechtsanspruch nicht einmal glaubhaft gemacht. In BGE 39 II 139 Erw. 2 hat das Bundesgericht ausgeführt, der Richter sollte die vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts stets bewilligen, wenn es sich nicht um ein offenbar trölerisches oder schikanöses Begehren handle, wovon vorliegend, wie der Bezirksgerichtspräsident in der Vernehmlassung in der gleichgelagerten Beschwerdesache Sutter mit Recht anerkennt, nicht die Rede sein kann. Nun ist freilich ein kantonaler Entscheid nicht schon deshalb willkürlich, weil er von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung abweicht ( BGE 71 I 229 , BGE 73 I 188 ). Allein auch wenn man nicht so weit wie das erwähnte Urteil gehen und nicht nur die Abweisung geradezu trölerischer und schikanöser Begehren zulassen will, kann es doch nicht zweifellos sein, dass an die in Art. 961 Abs. 3 ZGB verlangte Glaubhaftmachung keine strengen Anforderungen gestellt werden dürfen (in diesem Sinne ausser BGE 39 II 139 und BGE 79 II 439 auch die Rechtslehre; vgl. LEEMANN N. 42 zu Art. 839 ZGB , HOMBERGER N. 31 zu Art. 961 ZGB , SIMOND, L'hypothèque légale de l'entrepreneur S. 144/45). Das folgt insbesondere daraus, dass der Baugläubiger das Pfandrecht wegen der kurzen Verwirkungsfrist von Art. 839 Abs. 2 ZGB im Falle der Verweigerung der vorläufigen Eintragung endgültig verliert, BGE 86 I 265 S. 270 während die Bewilligung, sofern das Pfandrecht im nachfolgenden ordentlichen Prozess nicht anerkannt wird, für den Grundeigentümer nur eine vorübergehende Belastung seiner Liegenschaft zur Folge hat, die zudem durch Leistung einer anderweitigen hinreichenden Sicherheit vermieden werden kann ( Art. 839 Abs. 3 ZGB ). Angesichts dieser besonderen Interessenlage darf die vorläufige Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts nur verweigert werden, wenn der Bestand des Pfandrechts als ausgeschlossen erscheint oder höchst unwahrscheinlich ist; im Zweifelsfall, bei unklarer oder unsicherer Rechtslage, ist die vorläufige Eintragung dagegen zu bewilligen und die Entscheidung dem ordentlichen Richter zu überlassen (vgl. SJZ 24 S. 43, 47 S. 374; ZR 27 S. 114, 32 S. 260). Im vorliegenden Falle fragt sich, ob die Beschwerdeführerin mit dem bestellten Frischbeton Material und Arbeit im Sinne von Art. 837 Ziff. 3 ZGB geliefert habe. Die Abgrenzung solcher Lieferungen von den nicht pfandrechtsgeschützten reinen Materiallieferungen ist im Einzelfall oft heikel. In BGE 72 II 349 führte das Bundesgericht aus, um blosse Materiallieferung handle es sich bei Sachen, die der Lieferant zwar selbst, aber als vertretbare Lagerware wie z.B. Backsteine, Ziegel usw. hergestellt habe; als Lieferung von Material und Arbeit sei dagegen zu betrachten die Lieferung von unvertretbaren Sachen, die auf Grund eines Werkvertrags oder Werklieferungsvertrages eigens für den betreffenden Bau angefertigt worden seien und deren Zurückbehaltung daher den Lieferanten nicht vor Schaden bewahren würde, weil sie anderweitig nicht oder nur schwer verwendbar wären. Die Beschwerdeführerin macht geltend, letzteres sei hier der Fall; Frischbeton sei keine vertretbare Sache, da er nicht ab Lager verkauft, sondern aus einer grossen Zahl möglicher Mischungen jeweils auf Grund eines Werk- oder Werklieferungsvertrages für den Besteller besonders hergestellt werde und bei Nichtabnahme in wenigen Stunden unbrauchbar und völlig wertlos sei. Diese Betrachtungsweise ist BGE 86 I 265 S. 271 keineswegs so abwegig, wie der angefochtene Entscheid annimmt. Wenn Frischbeton auch ein Baumaterial im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs ist, so ist er doch insofern von besonderer Art, als er, anders als Backsteine, Ziegel usw., in der Form, in der er auf Bestellung hergestellt und geliefert wird, nur ganz kurze Zeit, nämlich nur wenige Stunden, verwendbar und haltbar ist. Mit den auf Grund eines Werk- oder Werklieferungsvertrages hergestellten Sachen wie Türen, Fenster oder Betonbalken, um die es in BGE 72 II 349 ging, hat der Frischbeton sodann gemein, dass seine Qualität und Tauglichkeit erst nach der Verwendung abschliessend geprüft werden kann (vgl. BGE 72 II 351 ), sodass es zweifelhaft ist, ob dem Lieferanten entgegengehalten werden kann, er sei nicht vorleistungspflichtig. Im Hinblick auf diese besondern Eigenschaften, durch die sich der Frischbeton von den andern Baumaterialien unterscheidet, erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass der Richter im ordentlichen Prozess das der Lieferung zugrunde liegende Vertragsverhältnis als Werklieferungsvertrag betrachten und dem Lieferanten in Anwendung der in BGE 72 II 349 ff. aufgestellten Grundsätze das Bauhandwerkerpfandrecht einräumen könnte. Die Frage ist jedenfalls einer näheren Prüfung wert, und es geht nicht an, die Möglichkeit, hierüber einen Entscheid des ordentlichen Richters herbeizuführen, durch Verweigerung der vorläufigen Eintragung abzuschneiden. Der Bezirksgerichtspräsident selber hat denn auch in der Begründung seiner provisorischen Verfügungen vom 14. Juli (Fall Sutter) und vom 20. Juli 1960 (Fall Hupfer) zutreffend ausgeführt, die Voraussetzungen des Bauhandwerkerpfandrechts im Sinne von Art. 837 Ziff. 3 und 839 ZGB "sind glaubhaft gemacht" bzw. "erscheinen als erfüllt". Die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende gegenteilige Auffassung, die Beschwerdeführerin habe ihre Berechtigung nicht einmal glaubhaft gemacht, ist unhaltbar, weshalb der Entscheid wegen Verletzung von Art. 4 BV aufzuheben ist. BGE 86 I 265 S. 272
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Sachverhalt ab Seite 318 BGE 118 Ib 317 S. 318 Die X.-Bank wies Ende 1989 ein Partizipationsscheinkapital von Fr. 180'519'280.-- aus, welches in 9'025'964 Partizipationsscheine im Nennwert von Fr. 20.-- zerlegt war. Von diesen Partizipationsscheinen waren im Frühjahr 1982 1'389'357 Stück mit einem Gesamtnennwert von Fr. 27'787'140.-- als Gratispartizipationsscheine ausgegeben worden. Die Liberierung erfolgte zulasten eines speziellen Reservefonds, auf welchem die X.-Bank das bei einer früheren Kapitalerhöhung von den Aktionären einbezahlte Agio verbucht hatte. Praxisgemäss sah die Eidgenössische Steuerverwaltung davon ab, den Nennwert der gratis ausgegebenen Partizipationsscheine im Zeitpunkt der Emission mit der Verrechnungssteuer zu erfassen. Im Frühjahr 1990 beschloss der Verwaltungsrat der X.-Bank, der Generalversammlung die Abschaffung der ausstehenden Partizipationsscheine zu beantragen. Er offerierte den Partizipanten deshalb, je 25 Partizipationsscheine in eine neue Inhaberaktie von Fr. 500.-- umzutauschen. Von den 9'025'964 ausstehenden Partizipationsscheinen wurden gestützt auf dieses Angebot 8'213'700 zum Umtausch in Aktien angemeldet. Die Generalversammlung genehmigte die Ausgabe von 328'548 neuen Inhaberaktien von je Fr. 500.--, welche den Inhabern der zum Umtausch angemeldeten Partizipationsscheine im Verhältnis 1 Inhaberaktie gegen 25 Partizipationsscheine zu pari überlassen und durch Verrechnung mit BGE 118 Ib 317 S. 319 Partizipationsscheinkapital liberiert wurden. Das Partizipationsscheinkapital reduzierte sich hiedurch um Fr. 164'274'000.-- auf Fr. 16'245'280.--. Die Eidgenössische Steuerverwaltung betrachtete die mit der Umwandlung gratis emittierter Partizipationsscheine in Aktien verbundene Nennwertrückzahlung von Fr. 27'787'140.-- als eine der Verrechnungssteuer unterliegende geldwerte Leistung. Da die X.-Bank von einer Überwälzung der Verrechnungssteuer auf die Begünstigten absehe, sei die steuerbare Leistung durch Aufrechnung ins Hundert auf Fr. 42'749'446.-- zu beziffern. Infolgedessen wurde die X.-Bank mit Entscheid vom 22. August 1990 bzw. Einspracheentscheid vom 17. Oktober 1991 zur Zahlung einer Verrechnungssteuer von Fr. 14'962'306.-- samt Verzugszins verpflichtet. Mit Eingabe vom 18. November 1991 hat die X.-Bank Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt in erster Linie die Aufhebung des Einspracheentscheids vom 17. Oktober 1991; eventuell sei festzustellen, dass sie selber zur Rückforderung der allfällig geschuldeten Verrechnungssteuer befugt sei. In der Begründung macht die X.-Bank geltend, aus steuersystematischen Gründen hätte die Verrechnungssteuer wie bei Gratisaktien bereits bei der Ausgabe der Gratispartizipationsscheine erhoben werden sollen. Zu jenem Zeitpunkt habe niemand damit gerechnet, dass diese Titel später in Aktien umgetauscht würden. Weil in den Wertschriftenverwaltungen seit vielen Jahren keine nummernmässig dem Kunden zugeordnete Erfassung der deponierten Titel mehr erfolge, sei es heute nicht mehr möglich, die gratis abgegebenen Partizipationsscheine dem jeweiligen Inhaber zuzuordnen. Unter solchen Umständen sei es Sache der Eidgenössischen Steuerverwaltung, aufzuzeigen, wie die Verrechnungssteuer zu überwälzen sei. Im massgeblichen Zeitpunkt hätten sich bei der X.-Bank 1'458'220 Partizipationsscheine im Eigenbestand befunden, also mehr als gratis emittiert worden seien. Es erscheine deshalb als sachgerechte Lösung, die Verrechnungssteuer grundsätzlich auf die Gesellschaft selbst zu überwälzen. Da aber eine steuerwirksame Leistung an sich selbst nicht möglich sei, könne eine Verrechnungssteuerpflicht gar nicht entstehen; jedenfalls müsse die X.-Bank Anspruch auf Rückerstattung haben. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab BGE 118 Ib 317 S. 320 Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. a) Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965 (VStG; SR 642.21) sind unter anderem Gegenstand der Verrechnungssteuer die Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstigen Erträge der von einem Inländer ausgegebenen Aktien und Genusscheine Art. 20 Abs. 1 der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer vom 19. Dezember 1966 (VStV; SR 642.211) sieht vor, dass steuerbarer Ertrag von Aktien jede geldwerte Leistung der Gesellschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte oder an ihnen nahestehende Dritte ist, die sich nicht als Rückzahlung der im Zeitpunkt der Leistung bestehenden Anteile am einbezahlten Grund- oder Stammkapital darstellt; als steuerbar bezeichnet Art. 20 Abs. 1 VStV ausdrücklich die Gratisaktien. Steuerbarer Ertrag von Genussscheinen (mit Einschluss der Partizipationsscheine) ist nach Art. 20 Abs. 2 VStV jede auf dem Genussrecht beruhende geldwerte Leistung an den Inhaber des Rechts; sind Genussscheine ausserhalb einer Sanierung gegen Erlegung ihres Nennwerts in bar ausgegeben worden, so bildet die Rückzahlung des Nennwertes nicht Bestandteil des steuerbaren Ertrags. b) Das Bundesgericht hat wiederholt entschieden, die vom Bundesrat in Ausführung des Gesetzes in Art. 20 Abs. 1 VStV getroffene Regelung, die Ausgabe von Gratisaktien mit der Verrechnungssteuer zu erfassen, sei gesetzmässig ( BGE 110 Ib 321 ; BGE 97 I 448 ; BGE 95 I 600 E. 1). In gleicher Weise gelten Gratisaktien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts auch bei der direkten Bundessteuer als steuerbare Gewinnanteile aus Beteiligung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ( BGE 103 Ia 117 E. 4a BGE 96 I 728 mit zahlreichen Hinweisen). Was die Gratisausgabe von Partizipationsscheinen betrifft, so sind in der Literatur hinsichtlich der direkten Bundessteuer JUNG/AGNER (Kommentar zur direkten Bundessteuer, Ergänzungsband zur 2. Aufl. des Kommentars von Masshardt, Zürich 1989, N. 84 zu Art. 21) der Auffassung, es handle sich dabei ebenfalls um steuerbares Einkommen aus Vermögensertrag. Sie begründen dies damit, dass Genussscheinen mit Nennwert insofern dieselbe Funktion wie den Aktien zukommt, als sie gleichfalls Anteilsrechte am Kapital der Gesellschaft darstellen. Eine allfällige Rückzahlung des Nennwertes an den Inhaber sei demgegenüber nicht steuerbar. BGE 118 Ib 317 S. 321 c) Im Unterschied hiezu und auch abweichend zur Behandlung von Gratisaktien werden Gratispartizipationsscheine nach der Praxis zur Verrechnungssteuer nicht schon bei der Emission, sondern erst bei ihrer Einlösung steuerlich erfasst (STOCKAR/HOCHREUTENER, Die Praxis der Bundessteuern, II. Teil, Bd. 2, N. 25 zu Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG ). Diese Praxis folgt nicht direkt aus Art. 20 VStV . Wohl wird dort die Ausgabe von Gratispartizipationsscheinen anders als diejenige von Gratisaktien nicht ausdrücklich als steuerbar erklärt. Es trifft auch zu, dass der in den 60er Jahren aufgekommene Partizipationsschein bisher in Lehre und Rechtsprechung nicht als Aktie, sondern als Genussschein qualifiziert wurde ( BGE 113 II 529 ; BGE 105 Ib 177 ; PATRY, Précis de droit suisse des sociétés, Bd. 2, S. 126). (Die am 1. Juli 1992 in Kraft getretene Revision des Aktienrechts, die die Partizipationsscheine in Art. 656a Abs. 2 OR den Aktien gleichstellt, ist hier noch nicht massgebend.) Der zivilrechtlich wesentliche Unterschied zwischen Partizipationsschein und Aktie liegt aber im Bereich der Mitverwaltungs- (oder Mitgliedschafts)rechte, nicht bei den für das Steuerrecht massgeblichen vermögensrechtlichen Ansprüchen von Aktionär und Partizipant. Es wäre daher schon unter dem Geltungsbereich des alten Aktienrechts zu erwägen gewesen, Gratispartizipationsscheine bei ihrer Ausgabe mit der Verrechnungssteuer zu erfassen, so wie das nun in Art. 20 Abs. 1 VStV in der Fassung vom 20. Mai 1992 (AS 1992 1200; Inkrafttreten mit dem neuen Aktienrecht am 1. Juli 1992) ausdrücklich vorgesehen ist. d) Die bisherige Konzeption der Eidgenössischen Steuerverwaltung lässt sich aber immerhin auf Art. 20 Abs. 2 VStV in der auf den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung vom 19. Dezember 1966 zurückführen. Danach bildet die Rückzahlung des Nennwerts von Genussscheinen nicht Bestandteil des steuerbaren Ertrags, wenn diese ausserhalb einer Sanierung gegen Erlegung ihres Nennwerts in bar ausgegeben worden sind. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der früheren bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Bundesgesetz über die Coupon-Abgabe vom 25. Juni 1921 und zum Beschluss des Bundesrates vom 1. September 1943 über die Verrechnungssteuer zu sehen. Damals betrachtete das Bundesgericht den Rückkauf von Genussscheinen gegen Bezahlung einer bestimmten Geldsumme oder einer sonstigen geldwerten Leistung in seiner Gesamtheit als Gewinnausschüttung, ohne dass es darauf angekommen wäre, ob der Titel zuvor gegen Bezahlung eines Nennwertes emittiert oder aber im Zuge einer Sanierung ohne Kapitaleinlage ausgegeben worden war (ASA 17, 540; ASA 26, 49). Von dieser BGE 118 Ib 317 S. 322 Rechtsprechung geht Art. 20 Abs. 2 VStV aus (PFUND, Die Eidgenössische Verrechnungssteuer, Basel 1971, N. 3.19 zu Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG ), statuiert aber eine Ausnahme, soweit bei Ausgabe der Partizipationsscheine eine Gegenleistung erfolgt und der volle Nennwert erlegt worden ist (PFUND, a.a.O., N. 3.20 und N. 3.21 zu Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG ). E contrario bleibt nach der Regelung von Art. 20 Abs. 2 VStV die Rückzahlung des Nennwerts weiterhin steuerbar, wenn die Partizipationsscheine gratis abgegeben worden sind. e) Entscheidend ist aber, dass die Verrechnungssteuer jedenfalls einmal zu erheben ist. Wenn dies nicht bei Ausgabe der Partizipationsscheine geschehen ist, so hat die Besteuerung bei der Rückzahlung zu erfolgen. Davon geht auch Art. 20 Abs. 2 VStV in der Fassung vom 20. Mai 1992 aus, wenn dort bestimmt wird, dass die Rückzahlung des Nennwerts von unentgeltlich ausgegebenen Partizipationsscheinen nicht Bestandteil des steuerbaren Ertrags bildet, wenn nachgewiesenermassen die Verrechnungssteuer bei Ausgabe der Titel entrichtet worden ist. Da die Beschwerdeführerin die Verrechnungssteuer bei der Ausgabe der Partizipationsscheine nicht entrichtet hat, ist die Umwandlung der gratis emittierten Partizipationsscheine in Aktien steuerlich zu erfassen. Eine solche Umwandlung ist mit der Rückzahlung des Nennwertes der betreffenden Partizipationsscheine verbunden (STOCKAR/HOCHREUTENER, a.a.O., N. 1 zu Art. 20 Abs. 2 VStV ). Die Voraussetzung für eine Ausnahme, nämlich die Liberierung bei der Ausgabe der Partizipationsscheine oder allenfalls die Versteuerung anlässlich der Titelausgabe, ist nicht gegeben. 2. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass die Gratispartizipationsscheine im Zeitpunkt ihrer Ausgabe der direkten Bundessteuer unterlagen, so dass der Sicherungszweck der Verrechnungssteuer heute nicht mehr zum Tragen kommen könne. Zwar trifft es zu, dass der Hauptzweck der Verrechnungssteuer darin liegt, die Steuerhinterziehung von im Inland domizilierten Steuerpflichtigen einzudämmen (BBl 1963 II 955). Insoweit kann die Verrechnungssteuer ihren Zweck nicht erfüllen, wenn sie nach der direkten Bundessteuer steuerbare Kapitalerträge nicht erfasst. Daraus kann aber nicht umgekehrt der Schluss gezogen werden, die Verrechnungssteuer dürfe immer dann nicht greifen, wenn kein steuerbarer Tatbestand nach der direkten Bundessteuer vorliegt. Die Verrechnungssteuer dient auch der Sicherung der Steuern von Kantonen und Gemeinden, welche die Einkünfte, die für die Besteuerung in Betracht fallen, selbständig bestimmen (PFUND, a.a.O., N. 41 BGE 118 Ib 317 S. 323 zu VStG Einl.). Eine vollständige steuersystematische Übereinstimmung ist daher prinzipiell ausgeschlossen. Dazu kommt, dass die Verrechnungssteuer dann, wenn der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz im Ausland hat, eine echte Steuer ist und (unter Vorbehalt von Rückerstattungsansprüchen aus Doppelbesteuerungsabkommen) zu einer endgültigen Belastung führt. Im übrigen ist die Verrechnungssteuer nicht Bestandteil der Einkommenssteuern von Bund, Kantonen und Gemeinden (PFUND, a.a.O., N. 20 zu VStG Einl.), weshalb es für die Erhebung der Verrechnungssteuer nicht darauf ankommt, ob die betreffende Leistung für den Empfänger einen Vermögenszugang darstellt und bei ihm als Einkommen besteuert wird oder besteuert werden könnte (PFUND, a.a.O., N. 40 zu VStG Einl.). 3. a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei bundesrechtswidrig und unangemessen ( Art. 104 lit. a und c OG ), ihr die Verrechnungssteuer aufzuerlegen, weil es aus objektiven Gründen unmöglich sei, die Steuer auf die Gläubiger der steuerbaren Leistung zu überwälzen. Die 1982 gratis ausgegebenen Partizipationsscheine seien damals zwar numeriert worden. Seit Jahren erfolge in den Wertschriftenverwaltungen aber keine nummernmässig dem Kunden zugeordnete Erfassung der deponierten Titel mehr, so dass bei Handwechseln die Zuordnung der Titelnummern nicht mehr nachvollzogen werden könne. Überdies habe 1987 ein Austausch der Titel stattgefunden, weil bei den alten Partizipationsscheinen keine Coupons mehr vorhanden gewesen seien. Da der Austausch lediglich anzahl-, nicht aber nummernmässig erfolgt sei, könne auch aus diesem Grund eine Zuordnung der 1982 gratis ausgegebenen Partizipationsscheine nicht mehr vorgenommen werden. Die Beschwerdeführerin erachtet Bundesrecht deshalb als verletzt, weil die Überwälzung zwingend, aber objektiv nicht möglich sei und der Anspruch auf Rückerstattung somit vereitelt werde. Die Behörden seien verpflichtet, der Beschwerdeführerin in dieser Situation eine Überwälzungsmöglichkeit aufzuzeigen. Die angemessene Lösung liege darin, die Beschwerdeführerin selbst als Leistungsempfängerin zu betrachten, da sie im fraglichen Zeitpunkt mehr Partizipationsscheine in ihrem Eigenbestand gehabt habe als 1982 gratis ausgegeben worden seien. Das führe dazu, dass keine Verpflichtung zur Ablieferung der Verrechnungssteuer bestehe, weil eine steuerbare Leistung an sich selbst nicht möglich sei; jedenfalls sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf Rückerstattung habe. BGE 118 Ib 317 S. 324 b) Richtig ist, dass den Steuerpflichtigen grundsätzlich die Pflicht trifft, die Verrechnungssteuer auf den Empfänger der steuerbaren Leistung zu überwälzen ( Art. 14 VStG ; BGE 108 Ib 475 ). Die Verrechnungssteuerpflicht besteht aber unabhängig davon, ob der Empfänger der steuerbaren Leistung bekannt ist, denn steuerpflichtig ist nicht dieser, sondern der Schuldner (nicht veröffentlichte E. 7c von BGE 115 Ib 274 ). Schwierigkeiten der Steuerüberwälzung können nicht dazu führen, die Verrechnungssteuerpflicht zu verneinen (PFUND, a.a.O., N. 2.2 zu Art. 14 Abs. 1 VStG ). Wohl hat die Eidgenössische Steuerverwaltung den Verrechnungssteuerpflichtigen instandzusetzen, die Überwälzungspflicht zu erfüllen, wenn sich der Empfänger der steuerbaren Leistung der Überwälzung widersetzt. Sie kann hiezu einen Entscheid im Sinne von Art. 41a VStG erlassen, der die Durchsetzung der Forderung ermöglicht (PFUND, a.a.O., N. 4.2 zu Art. 14 Abs. 1 VStG ). Die Beschwerdeführerin ist aber nach eigenem Bekunden nicht in der Lage, die gratis abgegebenen Partizipationsscheine den Inhabern zuzuordnen und damit die Empfänger der steuerbaren Leistung bei der Umwandlung in Aktien zu bezeichnen. Wie sie unter diesen Umständen erwarten kann, die Eidgenössische Steuerverwaltung bezeichne die Leistungsempfänger, ist schwer verständlich. c) Die Beschwerdeführerin selbst als Leistungsempfängerin zu betrachten und aus diesem Grund von einer Erhebung der Verrechnungssteuer abzusehen bzw. diese auf die Beschwerdeführerin selbst zu überwälzen, geht nicht an. Es steht gerade nicht fest, dass die Beschwerdeführerin die gratis emittierten (und nicht andere) Partizipationsscheine in Händen hält. Wenn sie diesen Unterschied mit dem Hinweis auf den Gattungscharakter von Partizipationsscheinen überspielen will, so geht diese Analogie zum Obligationenrecht an der Sache vorbei. Wohl kann eine vertragliche Verpflichtung nach Qualität und Quantität bestimmt werden. Steuerrechtlich ist aber gerade der Unterschied zwischen gratis und gegen Liberierung emittierten Partizipationsscheinen von entscheidender Bedeutung. Die Qualität ist insofern unterschiedlich, weshalb Austauschbarkeit nicht gegeben ist. Die Analogie, aus der die Beschwerdeführerin eine "angemessene Lösung" ableiten will, kann daher zum vornherein nicht gemacht werden. Abgesehen davon, handelt es sich nicht um eine Frage der Angemessenheit. Angemessenheit ist die den Umständen angepasste Lösung im rechtlich nicht normierten Handlungsspielraum. Damit überhaupt ein Ermessensentscheid getroffen werden kann, muss das BGE 118 Ib 317 S. 325 Recht vorerst Ermessensspielräume geschaffen haben. Nur wo Ermessen rechtlich überhaupt besteht, kann eine gerichtliche Überprüfung daraufhin stattfinden. Wenn die Beschwerdeführerin anführt, sie könne heute die Inhaber der gratis emittierten Partizipationsscheine nicht mehr ausfindig machen, weil die Transaktionen nicht nummernmässig erfasst worden seien, und wenn sie daraus ableitet, für die Verrechnungssteuer müsse eine diesen Umständen angepasste Lösung gefunden werden, so argumentiert sie ausserrechtlich. Sie verlangt im Grunde eine Entscheidung, die ihrer Meinung nach "billig" wäre, ohne dass aber hiefür ein Ermessensspielraum bestünde. Aber selbst wenn nach Billigkeit zu entscheiden wäre, könnte der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden. Sie hat von Anbeginn gewusst, dass die Verrechnungssteuer bei gratis emittierten Partizipationsscheinen anlässlich der Rückzahlung des Nennwerts erfasst wird; so die Auskunft, die der Beschwerdeführerin bei der Emission von der Eidgenössischen Steuerverwaltung erteilt worden ist. Um für die Überwälzung gewappnet zu sein, hätte die Beschwerdeführerin die Transaktionen jeweils nummernmässig erfassen müssen. Sie hat das nicht getan, weil sie damals gemeint hat, der Steuerfall werde nie eintreten. Die Falscheinschätzung der Lage hat nicht die Eidgenössische Steuerverwaltung, sondern die Beschwerdeführerin allein zu vertreten. d) Wenn keine Überwälzungsmöglichkeit besteht, kann die Steuerpflicht auch nicht durch blosse Meldung erfüllt werden ( Art. 20 VStG ). Diese Möglichkeit ist nur für Fälle vorgesehen (und sinnvoll), wo die ordentliche Besteuerung ohne Erhebung (und Überwälzung) der Verrechnungssteuer sichergestellt ist, nämlich dann, wenn feststeht, dass die Personen, auf die die Steuer zu überwälzen wäre, Anspruch auf Rückerstattung dieser Steuer hätten, und wenn ihre Zahl zwanzig nicht übersteigt ( Art. 24 Abs. 2 VStV ). e) Die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung vorgenommene Aufrechnung ins Hundert kann schliesslich nicht beanstandet werden. Die Beschwerdeführerin hat die Verrechnungssteuer nicht überwälzt. Darin liegt eine weitere steuerbare Zuwendung (ASA 37, 303). Die mit der Umwandlung der Gratispartizipationsscheine in Aktien verbundene Nennwertrückzahlung von Fr. 27'787'140.-- stellt damit einen um die Steuerbelastung von 35% gekürzten Nettobetrag dar, also nur 65% der steuerbaren Bruttoleistung von Fr. 42'749'466.--, woraus sich der Steuerbetrag von Fr. 14'962'306.-- ergibt (35% von Fr. 42'749'466.--).
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Sachverhalt ab Seite 394 BGE 115 Ib 393 S. 394 Am 14. November 1986 verkaufte die I. S.A. ihre Liegenschaft, welche ihr einziges wesentliches Aktivum war. Seither ist die Gesellschaft nicht mehr aktiv. Einziger Verwaltungsrat der Gesellschaft war X. Am 10. Dezember 1987 teilte er gegenüber dem Handelsregisteramt seinen Rücktritt als Verwaltungsrat mit, und am 8. Juni 1988 wurde schliesslich die Eidgenössische Steuerverwaltung ersucht, ihre Zustimmung zur Löschung der Gesellschaft im Handelsregister zu erteilen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schloss daraus, dass die Gesellschaft ihrer wirtschaftlichen Substanz entleert, von den Beteiligten aufgegeben und faktisch liquidiert worden sei, und auferlegte der Gesellschaft für einen Liquidationsüberschuss von Fr. ... Verrechnungssteuern im Betrag von Fr. ... Sie bezeichnete zudem X. als solidarisch haftbar, weil er als (faktischer) Liquidator der Gesellschaft zu betrachten sei ( Art. 15 Abs. 1 lit. a VStG ). Gegen den Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung führt X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er bestreitet seine solidarische Haftung für die Verrechnungssteuerforderung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Erwägungen: 4. a) Nach Art. 15 Abs. 1 lit. a VStG haften für die Steuer mit dem Steuerpflichtigen solidarisch "die mit der Liquidation betrauten Personen bis zum Betrage des Liquidationsergebnisses". Der Beschwerdeführer war seit dem 12. April 1985 als einziger Verwaltungsrat der I. S.A. im Handelsregister eingetragen und unterzeichnete auch den Kaufvertrag vom 14. November 1986 über die Veräusserung der Liegenschaft. Er war damit faktisch Liquidator der Gesellschaft und haftet als solcher solidarisch für die Steuer der liquidierten juristischen Person, zumal es für die Haftung des Liquidators keine Rolle spielt, ob er als solcher formell im Handelsregister eingetragen ist (ASA 55, 651, mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer kann sich von dieser Haftung nur befreien, wenn er nachweist, dass er "alles" ihm "Zumutbare zur Feststellung und Erfüllung der Steuerforderung getan hat" ( Art. 15 Abs. 2 VStG ). Ob der Liquidator "alles ... Zumutbare" getan hat, beurteilt sich nach den konkreten Umständen und den persönlichen Verhältnissen. Nach ständiger Rechtsprechung ( BGE 106 Ib 379 /80; Urteile vom 16. November 1984 i.S. M. S.A. und vom 19. September 1985 BGE 115 Ib 393 S. 395 i.S. G. und D. S.A.) muss der Liquidator nachweisen, dass er alles vorgekehrt hat, was sich nach den Umständen vernünftigerweise von ihm erwarten liess, damit die Steuerforderung festgestellt und erfüllt werden kann. Nach der Darstellung in der Beschwerdeschrift entfaltete der Beschwerdeführer als Verwaltungsrat der fraglichen Gesellschaft indessen keine Aktivitäten und begnügte sich beim Verkauf der Liegenschaft damit, dass der Notar die Grundstückgewinnsteuerberechnung geprüft, für in Ordnung befunden und bezahlt hatte. Was mit dem Verkaufserlös geschah, kümmerte den Beschwerdeführer nicht. Mit diesem Vorgehen liess der Beschwerdeführer dem oder den Aktionären völlig freie Hand. Er verlangte namentlich nicht, dass die Steuerschulden oder die übrigen Gesellschaftsschulden sichergestellt wurden. Auch wenn an ihn nicht die gleichen Anforderungen wie beispielsweise an einen Anwalt, Treuhänder oder Bücherexperten ( BGE 106 Ib 380 ; ASA 55, 651 E. 2c) gestellt werden dürfen, hat er damit klarerweise nicht das getan, was einem Liquidator unter den gegebenen Umständen zugemutet werden durfte. Er haftet folglich solidarisch mit der Gesellschaft für deren Steuerschuld. b) Was der Beschwerdeführer zu seiner Befreiung vorbringt, dringt nicht durch. Es mag zutreffen, dass er als Bauzeichner oder Architekt über keine juristischen Kenntnisse hinsichtlich der Aufgaben und Verantwortlichkeiten eines Verwaltungsrates verfügte und insoweit seiner Aufgabe nicht gewachsen war. Es mag auch seine Richtigkeit haben, dass er im Rahmen der laufenden Geschäfte als Verwaltungsrat keine konkreten Aufgaben wahrzunehmen hatte. Wer jedoch ein Mandat als Verwaltungsrat (oder Liquidator) einer Gesellschaft übernimmt, kann sich nicht mit dem Vorwand von seiner Haftung befreien, er habe lediglich seinen Namen zur Verfügung gestellt; der Strohmann, der sich mit einem Mandat einverstanden erklärt, von dem er weiss, dass er es nicht gewissenhaft wird ausführen können, verletzt in schwerwiegender Weise seine Sorgfaltspflichten. Dem Beschwerdeführer hilft dabei auch nicht, dass sein Verwaltungsratshonorar in keinem Verhältnis zu der von ihm übernommenen Verantwortung stand. Denn die Verantwortlichkeit des Liquidators kann - im Interesse Dritter und des Fiskus - nicht davon abhängen, aus welchen Motiven er sich zur Übernahme des Mandats entschlossen hat und ob er für seine Tätigkeit angemessen entschädigt wird.
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Sachverhalt ab Seite 342 BGE 127 III 342 S. 342 M.T. und Ö.T. heirateten am 4. Juli 1997 in Zürich. Die Gattin (M.T.) behauptet, als damals drogensüchtig gewesene Frau sei sie die Ehe nur eingegangen, um mit den vom Gatten zugesicherten Fr. 30'000.-, dem höchsten Angebot von mehreren Mitbewerbern, ihre Sucht finanzieren zu können. Die Ehe sei von Beginn an nicht gelebt worden und der Gatte habe mit deren Abschluss erreichen wollen, dass ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werde. Ö.T. widerspricht dieser Darstellung und behauptet, er habe sich erst Ende 1998 von seiner Gattin getrennt und liebe diese noch immer. BGE 127 III 342 S. 343 M.T. legte gegen Ö.T. am 31. Mai 1999 Klage auf Scheidung, eventuell auf Ungültigerklärung der Ehe ein. Auf das Eventualbegehren trat das Bezirksgericht Zürich mit Urteil vom 11. April 2000 nicht ein. Die Frage, ob die Ehe von beiden Parteien nur zum Schein eingegangen worden sei, beurteilte das Gericht nicht und wies die auf Art. 115 ZGB gestützte Scheidungsklage selbst für den Fall ab, dass die klägerischen Sachverhaltsschilderungen zutreffen sollten. Auf Appellation der Klägerin wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 13. November 2000 sowohl die Ungültigkeitsklage als auch die Scheidungsklage ab. Die Klägerin beantragt mit Berufung, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Ehe der Parteien unter Regelung der Nebenfolgen zu scheiden; eventuell sei die Sache zur Durchführung eines Beweisverfahrens über die relevanten Tatsachen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Den Antrag, die Ehe ungültig zu erklären, hält sie vor Bundesgericht nicht aufrecht. Dieses weist die Berufung der Klägerin ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Da sich der Beklagte der Scheidung bis heute widersetzt, kann nach Ansicht des Obergerichts Art. 114 ZGB deshalb nicht greifen, weil die Ehe erst seit dem 4. Juli 1997 besteht. Daher hat die Vorinstanz geprüft, ob Art. 115 ZGB anwendbar ist, einen schwerwiegenden Grund im Sinne dieser Bestimmung verneint und abschliessend erkannt, das Interesse des Beklagten am Fortbestand der Ehe überwiege dasjenige der Klägerin an der Auflösung vor Ablauf der Vierjahresfrist nach Art. 114 ZGB . Damit hat es zugleich entschieden, eine Scheinehe könne grundsätzlich nach dieser Bestimmung geschieden werden, lässt es doch ausdrücklich offen, ob vorliegendenfalls die Ehe zum Schein geschlossen worden ist. a) Dem Reformgesetzgeber war das Problem der Scheinehe bekannt und er sah mit Rücksicht auf das Ausländerrecht keine Notwendigkeit, eine mit aArt. 120 Ziff. 4 ZGB (betreffend die sog. Bürgerrechtsehe) vergleichbare Bestimmung einzuführen (Botschaft des Bundesrates über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 15. November 1995, BBl 1996 I 77 Ziff. 224.21). Im Ständerat scheiterte der Antrag, mit Art. 105 Ziff. 4 ZGB einen zusätzlichen Ungültigkeitsgrund zu schaffen, "wenn die Ehe geschlossen wurde, um das Ausländerrecht zu umgehen" (AB 1996 S 753 ff.). Dem stimmte der Nationalrat zu (AB 1997 N 2671). Zwar kann dem auf Grund einer Scheinehe in der Schweiz wohnenden BGE 127 III 342 S. 344 Ausländer die Aufenthaltsbewilligung entzogen werden ( Art. 7 Abs. 2 ANAG [SR 142.20]; BGE 127 II 49 E. 4 S. 55 ff. mit Hinweisen; BGE 123 II 49 E. 5c). Damit ist aber unter dem Gesichtswinkel der Auflösung der Ehe noch nichts gewonnen. Immerhin wollte der Gesetzgeber, dass eine Scheinehe geschieden werden kann (AB 1996 S 754: Votum Küchler [Berichterstatter]; vgl. BBl 1996 I 92Abs. 2 Ziff. 231.31), was voraussetzt, dass ein Ehepartner auf Scheidung klagt (AB 1996 S 754: Voten Brunner und Béguin). An diesen (jungen) gesetzgeberischen Willen ist das Bundesgericht gebunden ( BGE 125 II 206 E. 4a a.E.; BGE 124 III 350 E. 2b). Wohl ist Art. 114 ZGB entstehungsgeschichtlich im Zusammenhang mit einer zerrütteten Ehe zu sehen. Weil der Gesetzgeber aber erreichen wollte, dass die Geschichte der Ehe im Scheidungsprozess nicht dargelegt und bewiesen werden muss, hat er Art. 114 ZGB so abgefasst, dass auf die Qualität der Ehe, bzw. auf die Gründe für deren Verschlechterung nicht eingegangen werden muss. Art. 114 ZGB stellt somit insofern einen formalisierten Scheidungsgrund dar, als ein Getrenntleben von vier Jahren auch gegen den Willen des Beklagten zur Scheidung berechtigt. Daher wird in der Lehre überzeugend dargelegt, dass im Rahmen der Klage nach Art. 114 ZGB beweismässig bloss zu klären ist, ab wann die Ehegatten getrennt leben, damit über den Ablauf der Vierjahresfrist befunden werden kann; nur in Ausnahmesituationen kann sich die Beweisfrage stellen, wann der Ehewille erloschen ist (D. STECK, Die Scheidungsklagen [nArt. 114-117 ZGB], in: Das neue Scheidungsrecht, S. 29 ff.; R. REUSSER, Die Scheidungsgründe und die Ehetrennung, in: Vom alten zum neuen Scheidungsrecht, H. Hausheer [Herausg.], Rz. 1.69 ff. und 1.75 f. S. 32 ff.; F. WERRO, Concubinage, mariage et démariage, Rz. 521 ff. S. 118 f.; R. FANKHAUSER, in: Praxiskommentar Scheidungsrecht, I. Schwenzer [Herausg.], N. 13 ff., 19 ff. und 26 zu Art. 114 ZGB ; SUTTER/FREIBURGHAUS, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, N. 5 ff., 11 ff. und 18 zu Art. 114 ZGB ; A. RUMO-JUNGO, Die Scheidung auf Klage, in: AJP 1999 S. 1531 ff.; B. SCHNYDER, Supplement 1999, S. 45 f.). b) Nach dem Dargelegten kann bezüglich der Scheidung einer Scheinehe nach Art. 114 ZGB nicht wie unter der Herrschaft von aArt. 142 ZGB mit Rücksicht auf das Zerrüttungsprinzip argumentiert werden ( BGE 121 III 149 ; dazu SCHNYDER, Rechtsprechungsbericht, in: ZBJV 133/1997 S. 39 f. und LÜCHINGER/GEISER, Basler Kommentar, ZGB Bd. I, N. 16 zu aArt. 120 ZGB und N. 6 zu aArt. 142 ZGB). Eine Scheinehe kann nach Art. 114 ZGB geschieden BGE 127 III 342 S. 345 werden (S. FREI, Ehedauer/Ehescheidung - im Spannungsfeld zu ausländerrechtlichen Vorschriften, in: Festschrift 125 Jahre Kassationsgericht des Kantons Zürich, S. 515 Mitte; R. RHINER, Die Scheidungsvoraussetzungen nach revidiertem Schweizerischem Scheidungsrecht [ Art. 111-116 ZGB ], Diss. Zürich 2001, S. 266 f.; vgl. BGE 126 I 165 E. 3a). Art. 114 ZGB ist gemäss seinem klaren und verbindlichen Wortlaut ( BGE 126 III 49 E. 2d S. 54) auf das Getrenntleben ausgerichtet. Diese Norm kann somit nicht nur auf eine Ehe angewendet werden, die zwecks Begründung einer echten Lebensgemeinschaft eingegangen wurde, sondern auch auf eine Scheinehe. Daraus sind zwei Schlüsse zu ziehen: Erstens muss eine solche Ehe auch nach Art. 115 ZGB als subsidiäre Bestimmung aufgelöst werden können (FANKHAUSER, a.a.O., N. 4 zu Art. 114 ZGB ; FREI, a.a.O., S. 515 f.). Zweitens hat das Obergericht nicht Bundesrecht verletzt, indem es die Frage, ob die Ehe zum Schein eingegangen wurde, offen gelassen hat. Denn die Art. 114 und 115 ZGB sind so oder anders anzuwenden, weshalb der Rückweisungsantrag der Klägerin ( Art. 64 Abs. 1 OG ), der sich offenbar nur auf die Durchführung eines Beweisverfahrens über das Vorliegen einer Scheinehe bezieht, abzuweisen ist. 3. Das Obergericht hält fest, eine Ehe könne nur ausnahmsweise nach Art. 115 ZGB geschieden werden. In der Literatur werde von einem Notventil, bzw. von einem Notausstieg gesprochen; auch nach der Rechtsprechung gelte ein strenger Massstab. Der Gesetzgeber habe den schwerwiegenden Grund nicht konkretisiert; dieser sei von der Gerichtspraxis gemäss Art. 4 ZGB nach Ermessen zu ermitteln. Im konkreten Fall führt die Vorinstanz aus, auch wenn man vom Sachverhalt ausginge, wie ihn die Klägerin schildere, könne ihr das Abwarten der Vierjahresfrist zugemutet werden. Das Andauern der von ihr von Anfang an nicht gewollten und bloss zwecks Beschaffung von Geld für die Finanzierung ihrer Drogensucht eingegangenen Ehe sei zumutbar. Ein schwerwiegender Grund im Sinne von Art. 115 ZGB könne auch nicht in angeblichen Drohungen aus dem Umfeld des Beklagten erblickt werden. Die Klägerin habe den Grund, den sie dafür anführt, dass ihr das Weiterbestehen der Ehe dem rechtlichen Bande nach nicht zugemutet werden könne, selber gesetzt. Sie könne somit aus dem Umstand, die Ehe nicht ihrem Zweck entsprechend begründet zu haben, nichts für sich ableiten; sie habe von Anfang an gewusst, dass das Interesse des Beklagten am Fortbestand der Ehe das ihre an der Auflösung vor Ablauf der Vierjahresfrist nach Art. 114 ZGB überwiege. BGE 127 III 342 S. 346 a) Das Bundesgericht hat in zwei Urteilen zum Anwendungsbereich des gegenüber Art. 114 ZGB subsidiären Scheidungsanspruches von Art. 115 ZGB Stellung bezogen. Ob ein schwerwiegender Grund im Sinne dieser Bestimmung gegeben ist oder ob dem klagenden Gatten das Abwarten der Vierjahresfrist nach Art. 114 ZGB zugemutet werden kann, beurteilt der Richter nach Recht und Billigkeit ( Art. 4 ZGB ; BGE 127 III 129 E. 3 S. 132 ff.; BGE 126 III 404 E. 4 S. 407 ff.). b) Die Klägerin rügt zunächst, sie sei angesichts ihrer Drogensucht zum Zeitpunkt des Eheschlusses nicht urteilsfähig gewesen. Die Vorinstanz hätte berücksichtigen müssen, dass sie gar nicht in der Lage gewesen sei, vernünftig zu handeln. Es sei notorisch, dass Drogensüchtige nicht fähig seien, einsichtsgemäss zu handeln, und dass sie zu jedem Mittel greifen würden, um ihre Drogensucht finanzieren zu können. Vorab muss der Klägerin entgegen gehalten werden, dass an die Urteilsfähigkeit bezüglich der Konsequenzen des Eheschlusses nur beschränkte Anforderungen gestellt werden dürfen ( BGE 109 II 273 E. 2-4) und dass derjenigen Partei, die die Ehe willentlich zum Schein eingegangen ist, das Abwarten der Vierjahresfrist in der Regel zugemutet werden kann (FREI, a.a.O., S. 516 oben). Selbst wenn das Bundesgericht von sich aus darauf abstellen kann ( BGE 98 II 211 E. 4a Abs. 1 a.E.; vgl. BGE 117 II 321 E. 2), dass drogensüchtige Menschen zwecks Finanzierung ihrer Sucht oft in die Beschaffungskriminalität und in die Prostitution getrieben werden, ist damit noch nicht erstellt, dass die Klägerin die Bedeutung des Eheschlusses nicht erkennen konnte. Die Klägerin macht im Wesentlichen bloss geltend, sie habe ihre Meinung zu ihrem damaligen Verhalten geändert, was für sich allein nicht genügen kann. Sie begründet auch nicht überzeugend, weshalb sie die Scheidungsklage erst fast zwei Jahre nach Eheschluss erhoben hat. In dem von der Klägerin Dargelegten hat das Obergericht ohne Verletzung von Bundesrecht keinen schwerwiegenden Grund im Sinne von Art. 115 ZGB erblickt. c) Die Klägerin wendet gegen die Zumutbarkeit weiter ein, solange die Scheinehe fortbestehe, könne sie nicht ruhigen Gewissens eine neue Partnerschaft eingehen oder gar eine therapeutisch begrüssenswerte Ehe schliessen. Es mag zutreffen, dass die Klägerin mit Rücksicht darauf, dass die Ehe bis zum Ablauf der Vierjahresfrist andauert, gewisse Nachteile zu tragen hat. Jedoch ist weder behauptet noch festgestellt ( Art. 63 Abs. 2 OG ), dass das rechtliche Band die Klägerin in therapeutisch nachteiliger Hinsicht eingeschränkt hat. Indem die Klägerin BGE 127 III 342 S. 347 bloss allgemein ausführt, sie werde in der Suche eines Partners behindert, bringt sie nur vor, was jeder Scheidungswillige geltend machen kann, der die Vierjahresfrist von Art. 114 ZGB nicht abwarten will. d) Schliesslich macht die Klägerin geltend, für sie sei die Fortsetzung der bloss registerrechtlich existierenden Ehe auch unzumutbar, weil schon ihr Name sie tagtäglich an den begangenen Fehler erinnere; die sofortige Scheidung würde einen Schlussstrich setzen und ihr einen Neuanfang ermöglichen. Auch ein solches Bedürfnis nach neuer Regelung der Lebensverhältnisse kommt bei Scheidungen oft vor und vermag noch keinen schwerwiegenden Grund abzugeben. Aus derartigen Überlegungen auf Unzumutbarkeit zu schliessen hiesse, die Anforderungen von Art. 115 ZGB verwässern mit der Folge, dass das Anwendungsverhältnis zwischen Art. 114 und 115 ZGB auf den Kopf gestellt würde. Der Beklagte wendet zu Recht ein, dass der Klägerin, die angeblich bloss eine registerrechtliche Ehe eingehen wollte, zugemutet werden kann, die Vierjahresfrist abzuwarten, zumal sie im privaten Verkehr ihren angestammten Namen brauchen könne und die Vierjahresfrist schon bald ablaufe. Die Klägerin übersieht, dass aus ihrer missbräuchlichen Eheschliessung allein kein Unzumutbarkeitsgrund im Sinne von Art. 115 ZGB abgeleitet werden kann (RHINER, a.a.O., S. 320 lit. a Mitte).
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Sachverhalt ab Seite 184 BGE 95 II 184 S. 184 A.- Frau Milda Hunn, geb. 1900, wurde am 19. September 1966 etwa um 18.30 Uhr beim Überschreiten der Talstrasse in Zürich von dem durch Magda Rusconi gesteuerten Personenwagen angefahren und verletzt. Der Unfall ereignete sich unter folgenden Umständen: Magda Rusconi fuhr vom Bürkliplatz her in die Talstrasse ein. Als sie sich mit etwa 40 km/h der von rechts in die Talstrasse einmündenden Seitenstrasse näherte, zeigte ihr die vor dieser Einmündung angebrachte Signalanlage grünes Licht. Jenseits der Einmündung, ungefähr 12 m von dieser Signalanlage entfernt, überquert ein mit keinen Signalen versehener Fussgängerstreifen die Talstrasse. Auf diesem Fussgängerstreifen überschritt Frau Hunn, die aus dem Garten des Hotels "Baur au Lac", d.h. vom Fahrzeug Rusconi aus gesehen von links her kam, die Fahrbahn der Talstrasse. Sie durchquerte zunächst eine gegen den Bürkliplatz gerichtete BGE 95 II 184 S. 185 stehende Motofahrzeugkolonne, schaute nach links, dann nach rechts und schritt weiter, obwohl sie den von rechts herannahenden, höchstens noch 15 m entfernten Wagen Rusconi sah. Als Magda Rusconi die aus der Fahrzeugkolonne heraustretende Fussgängerin erblickte, bremste sie sofort. Sie konnte jedoch ihren Wagen, der eine Bremsspur von 7,2 m hinterliess, nicht mehr rechtzeitig anhalten, so dass Frau Hunn kurz bevor sie den jenseitigen Strassenrand erreichte, vom Fahrzeug erfasst wurde. B.- Frau Hunn belangte die "Assicuratrice Italiana", bei der die Halterin des Wagens Rusconi haftpflichtversichert ist, auf Schadenersatz im Betrage von Fr. 8'336.75 nebst Zins unter Vorbehalt des Nachklagerechts. Die Beklagte bestritt ihre Haftpflicht. C.- Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Klage am 2. Dezember 1968 wegen ausschliesslichen Selbstverschuldens der Klägerin ab. D.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt, mit der sie an ihren im kantonalen Verfahren gestellten Begehren festhält. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Haftpflicht des Halters eines Motorfahrzeuges aus Art. 58 Abs. 1 SVG entfällt unter anderem, wenn er beweist, dass der Unfall durch grobes Verschulden des Geschädigten verursacht wurde, ohne dass ihn selbst oder Personen, für die er verantwortlich ist, ein Verschulden trifft und ohne dass fehlerhafte Beschaffenheit des Fahrzeugs zum Unfall beigetragen hat ( Art. 59 Abs. 1 SVG ). Es steht fest, dass der Unfall nicht durch fehlerhafte Beschaffenheit des Fahrzeuges Rusconi verursacht oder mitverursacht wurde. Streitig ist nur die Frage des Verschuldens der am Unfall Beteiligten. 2. Wer die Fahrbahn auf einem Fussgängerstreifen überschreitet, hat grundsätzlich das Vortrittsrecht ( Art. 49 Abs. 2 Satz 2 SVG ). Es besteht aber nur auf Fussgängerstreifen "ohne Verkehrsregelung" ( Art. 47 Abs. 2 VRV ), d.h. auf Streifen, auf denen die Fussgänger nicht Signale oder Weisungen der Polizei zu beachten haben, denn solche gehen den allgemeinen Verkehrsregeln vor ( Art. 27 Abs. 1 Satz 2 SVG ). Der von der Klägerin benützte Fussgängerstreifen liegt an einer Verzweigung, auf der der Verkehr zur Zeit des Unfalles BGE 95 II 184 S. 186 durch Lichtsignale geregelt war. Diese waren nicht nur von Fahrzeugführern, sondern auch von den Fussgängern zu beachten, die den Fussgängerstreifen benützen wollten; denn nach Art. 47 Abs. 6 Satz 1 VRV dürfen die Fussgänger bei Verzweigungen mit Verkehrsregelung die Fahrbahn nur überqueren, wenn der Verkehr in ihrer Gehrichtung freigegeben ist. Dass die Signalanlage nur vor der Verzweigung, nicht dagegen auch unmittelbar bei dem von der Klägerin benützten Fussgängerstreifen Ampeln aufweist, ändert nichts. Sie regelt dennoch den Verkehr auf der ganzen Verzweigung. Namentlich erlaubt sie den auf der Talstrasse verkehrenden Fahrzeugen, bei grünem Licht über die ganze Verzweigung zu fahren, ohne den Fussgängern den Vortritt lassen zu müssen. Es wäre unhaltbar, wenn die vom Bürkliplatz kommenden Fahrzeuge wegen des jenseits der Einmündung angebrachten Fussgängerstreifens mitten auf der Verzweigung verlangsamen oder anhalten müssten, um den Fussgängern wegen des Fehlens einer weiteren Ampel den Vortritt zu gewähren. Auch kommt nichts darauf an, dass besondere Lichter für Fussgänger fehlen. Art. 47 Abs. 6 Satz 1 VRV wurde gerade für Fälle erlassen, in denen keine solchen vorhanden sind. Das ergibt sich aus Satz 2, der ausdrücklich besondere Lichter für Fussgänger vorbehält. Die Auffassung der Klägerin, der von ihr benützte Fussgängerstreifen sei ein solcher ohne Verkehrsregelung, hält somit nicht stand. Die Klägerin schweigt sich denn auch darüber aus, weshalb die Signalanlage bei der Verzweigung nur für Fahrzeuge gelten soll und das Fehlen zusätzlicher Ampeln beim Fussgängerstreifen sowie das Fehlen besonderer Lichter für Fussgänger sie der Pflicht zur Beachtung dieser Verkehrsregelung enthoben habe. 3. Das Obergericht stellt fest, die Klägerin habe zwar auf die Verkehrsampel geblickt und sich vergewissert, dass diese auf Rot stand, d.h. den Verkehr auf der Talstrasse sperrte, doch habe sie dies verfrüht getan, nämlich als sie den Garteneingang des Hotels "Baur au Lac" verliess; als sie die Fahrbahn betrat, habe das Licht bereits auf Grün gewechselt gehabt. Diese Feststellung betrifft tatsächliche Verhältnisse und bindet daher das Bundesgericht ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Die Klägerin kann daher nicht gehört werden mit der Behauptung, sie habe sich überzeugt, dass das für sie sichtbare Licht der Signalanlage gegen den Bürkliplatz hin rot war, als sie die BGE 95 II 184 S. 187 Fahrbahn betrat, doch habe es offenbar "während ihres Betretens der Fahrbahn" auf Grün gewechselt, was sie "in ihrem Rücken" nicht mehr habe sehen können. Auf Grund des vom Obergericht festgestellten Sachverhaltes stand der Klägerin gegenüber dem Fahrzeug Rusconi kein Vortrittsrecht zu, ja sie durfte die Fahrbahn der Talstrasse vorläufig überhaupt nicht betreten. Sie war nicht etwa berechtigt, bis auf die Mitte der Strasse zu gehen, um erst dort zu warten. Dass die gegen den Bürkliplatz gerichtete Fahrzeugkolonne stillstand, ändert nichts; denn nach verbindlicher Feststellung des Obergerichts zeigte die Signalanlage beim Hotel "Baur au Lac" auch für diese Kolonne grünes Licht; die Fahrzeuge hielten nur deshalb an, weil sie wegen einer weiter vorn, beim Bürkliplatz, befindlichen Signalanlage gestaut wurden. Diese Kolonne hätte sich jeden Augenblick wieder in Bewegung setzen können, als die Klägerin sie durchquerte. Die Klägerin handelte nicht nur rechtswidrig, als sie die Fahrbahn betrat und überschritt, sondern auch fahrlässig. Sie hat keinen Entschuldigungsgrund dafür, dass sie nur beim Verlassen des Gartens des Hotels "Baur au Lac" nach der Signalanlage sah und sich unmittelbar vor dem Betreten der Fahrbahn nicht nochmals vergewisserte, ob der Fahrverkehr auf der Talstrasse immer noch gesperrt sei. Sie macht nicht geltend, sie habe aus dem Stillstehen der gegen den Bürkliplatz gerichteten Fahrzeuge auf Fortdauer der Sperre geschlossen. Das hätte sie auch nicht tun dürfen, denn diese Kolonne reichte bis zum Bürkliplatz und konnte sich bei Freigabe der Fahrt nicht als Ganzes schlagartig in Bewegung setzen, selbst wenn die Signale beim Bürkliplatz und beim Hotel "Baur au Lac" gleichzeitig von Rot auf Grün gewechselt haben sollten. Die Fahrlässigkeit der Klägerin war grob; denn es ist eine elementare, für den Schutz von Leib und Leben sehr wichtige Regel, dass an Verzweigungen die Fahrbahn nicht überschritten werden darf, wenn Signale (oder Weisungen der Polizei) den Fahrzeugen die Fahrt freigeben. Das müssen auch Fussgänger wissen. Übrigens führt auch die Klägerin selber Motorfahrzeuge. Die Klägerin verhielt sich zudem während des Überschreitens der Talstrasse grob pflichtwidrig. Sie lässt zwar behaupten, sie habe auch nach dem Durchschreiten der Wagenkolonne einen "Sicherheitshalt" eingeschaltet und sich umgesehen, ob der BGE 95 II 184 S. 188 andere Teil der Fahrbahn frei sei. Sie wurde also nicht überrascht, sondern war auf das allfällige Erscheinen von Fahrzeugen gefasst. Das entschuldigt sie jedoch nicht, denn nach verbindlicher Feststellung des Obergerichts war der Wagen Rusconi höchstens noch 15 m von ihr entfernt, als sie ihn erblickte. Sie hätte sich nicht nur sagen sollen, dass er das Vortrittsrecht habe und sie schon aus diesem Grunde nicht weitergehen dürfe, sondern sie musste auch erkennen, dass ihr der Führer des Wagens auf so kurze Entfernung den Vortritt nicht mehr lassen könne. Wenn sie schon einen "Sicherheitshalt" einschaltete, hatte sie keinen Grund, beim Erblicken des herannahenden Fahrzeugs die gesuchte Sicherheit durch Weiterschreiten preiszugeben. 4. a) Die Klägerin beanstandet die Fahrweise der Magda Rusconi, indem sie behauptet, diese habe die Signalanlage nicht gesehen und hätte daher so fahren sollen, als ob sie sich auf einer Verzweigung ohne Verkehrsregelung befinde. Die angebliche Meinung der Führerin, es seien keine Signale vorhanden, ist indessen im angefochtenen Urteil nicht festgestellt und zudem rechtlich unerheblich. Das behauptete Übersehen der Signalanlage auferlegte Magda Rusconi keine Pflichten. Das grüne Licht gab allen Führern auf der Talstrasse die Durchfahrt frei, nicht nur jenen, die es sahen. b) Die Auffassung der Klägerin, Magda Rusconi habe Art. 33 Abs. 1 und 2 SVG übertreten, hält ebenfalls nicht stand. Da die Klägerin auf dem Fussgängerstreifen kein Vortrittsrecht hatte, ja die Fahrbahn überhaupt nicht betreten durfte, solange für die Fahrzeuge grünes Licht leuchtete, war Magda Rusconi weder verpflichtet, ihr das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, noch gehalten, vor dem Fussgängerstreifen besonders vorsichtig zu fahren oder anzuhalten, um ihr nötigenfalls den Vortritt lassen zu können. Die Gebote von Art. 33 Abs. 1 und 2 SVG gelten nur, wenn mit dem Erscheinen von Fussgängern, besonders von vortrittsberechtigten, zu rechnen ist. Erst vom Zeitpunkt an, da die Führerin bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit erkennen konnte, dass die Klägerin sich ordnungswidrig verhielt, war sie verpflichtet, auf sie Rücksicht zu nehmen, um einen Zusammenstoss wenn möglich zu verhüten. c) Die Klägerin wirft Magda Rusconi vor, unaufmerksam gewesen zu sein, weil sie zugegebenermassen nach rechts in die BGE 95 II 184 S. 189 einmündende Strasse geblickt habe, was bei grünem Licht überflüssig gewesen sei. Wie das Obergericht zutreffend ausführt, gereichte dieses Verhalten Magda Rusconi nicht zum Verschulden, weil es keiner Verkehrsregel widersprach, sondern höchstens von übertriebener Vorsicht zeugte. Magda Rusconi musste nicht darauf gefasst sein, dass ein Fussgänger die Verkehrsregelung durch die Signale missachte und von links in ihre Fahrbahn trete. Wenn sie in dieser Lage einen Augenblick nach rechts sah, handelte sie nicht unsorgfältig. Zudem war der Blick nach rechts für den Unfall nicht ursächlich. Die Klägerin lässt selber behaupten, nach dem Durchschreiten der stillstehenden Fahrzeugkolonne habe sie einen Sicherheitshalt eingeschaltet. Als sie weiterging, im Glauben, noch vor dem Fahrzeuge Rusconi durchzukommen, war dieses festgestelltermassen höchstens noch 15 m von ihr entfernt. Erst auf diese Distanz konnte Magda Rusconi erkennen, dass die Klägerin ihr den Vortritt nicht lassen wollte. Nach verbindlicher Feststellung des Obergerichts begann Magda Rusconi indessen ungefähr bei dieser Entfernung auch schon zu reagieren; denn das Obergericht glaubt dem Zeugen Lenhard, der in ihrem Wagen mitfuhr und die Klägerin aus nur 12 m Entfernung (von der Höhe der Signalanlage aus) erblickt und im gleichen Augenblick auch schon festgestellt haben will, dass Magda Rusconi sofort auf die Bremse trat und den Wagen auf kürzeste Strecke anhielt. Dass das Fahrzeug nicht vor der Stelle des Zusammenstosses angehalten werden konnte, ist nicht einer angeblich verspäteten Reaktion der Führerin, sondern dem Umstand zuzuschreiben, dass die Strecke von höchstens 15 m selbst bei normaler Reaktion zum Anhalten nicht ausreichte. Denn Magda Rusconi fuhr mit etwa 40 km/h, legte also in der normalen Reaktionszeit von einer Sekunde rund 11 m zurück, und der anschliessende Bremsweg war mindestens so lange wie die 7,2 m messende Bremsspur, die der Wagen hinterliess. Die Klägerin behauptet sogar, der Bremsweg messe bei einer Geschwindigkeit von 40 km/h zwischen 12 und 13 m. Sie wirft Magda Rusconi daher zu Unrecht vor, sie habe das Fahrzeug nicht beherrscht. Dass kein Fahrzeug von hinten auf den Wagen Rusconi auffuhr, als er anhielt, ist kein Anzeichen dafür, dass dessen Führerin unrichtig reagiert habe. BGE 95 II 184 S. 190 d) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat Magda Rusconi auch nicht Art. 32 Abs. 1 oder Art. 26 SVG übertreten. Die Geschwindigkeit von etwa 40 km/h war nach den Umständen nicht zu hoch. Die Strassen-, Sicht- und Verkehrsverhältnisse erlaubten sie ohne weiteres, da die Lichtsignale den Verkehr auf der Seitenstrasse sperrten und den Fussgängern das Betreten der Fahrbahn verboten. Ob die Klägerin sich zu Recht zu den alten Leuten im Sinne des Art. 26 Abs. 2 SVG zählt, ist unerheblich, da Magda Rusconi nur noch höchstens 15 m von ihr entfernt war, als sie wahrnahm und wahrnehmen konnte, dass die Klägerin ihr den Vortritt nicht liess. e) Es gereicht Magda Rusconi auch nicht zum Verschulden, dass sie das Fahrzeug nicht gegen links lenkte, als sie die Absicht der Klägerin erkannte. Sie konnte nicht wissen, ob die Klägerin nicht allenfalls zurückweichen werde, um dem Fahrzeug doch noch den Vortritt zu lassen, wie sie es von Anfang an hätte tun sollen. Die natürliche Reaktion eines überraschten Fahrzeuglenkers ist nicht die, nach der Seite hin auszuweichen, von der das Hindernis kommt. Zudem befand sich links die haltende Motorfahrzeugkolonne, die nur wenig Raum zum Ausweichen liess. Magda Rusconi stand nur eine Fahrbahn von etwa 2,5 m Breite zur Verfügung, und die Aussicht, vielleicht hinter der Fussgängerin durchzukommen, war auch wegen der kleinen Entfernung, aus welcher sie das unrichtige Verhalten der Klägerin wahrnahm und wahrnehmen konnte, sehr gering. Übrigens handelt nicht schuldhaft, wer angesichts einer plötzlichen Gefahr nicht so reagiert, wie es bei rückblickender ruhiger Betrachtung vielleicht objektiv zweckmässig gewesen wäre.
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Sachverhalt ab Seite 79 BGE 104 V 79 S. 79 A.- Trudy Romer (geb. 1943) zog sich am 28. November 1958 eine Verletzung des rechten Ellbogens zu. In der Folge entwickelte sich eine chronische Osteomyelitis und es mussten über 50 Operationen vorgenommen werden. Mit Verfügungen vom 9. August 1961 und 11. Mai 1967 lehnte die Ausgleichskasse die Gewährung medizinischer Massnahmen ab, sprach dagegen 1970 eine Versteifungsoperation zu (Verfügung vom 3. September 1970, die am 12. Juni 1972 verlängert wurde). Mit Verfügungen vom 30. Mai 1974 und 6. Juni 1975 übernahm sie je einen Oberarm-Apparat. Die Versicherte bezieht seit 1. Februar 1965 eine ganze einfache Invalidenrente (Verfügung vom 12. Mai 1965), welche am 18. April 1974 mit Wirkung ab 1. Mai 1974 auf eine halbe reduziert wurde. Die Versicherte arbeitet als Pferdepflegerin und Hilfs-Reitlehrerin. Am 14. Juli 1976 ersuchte der Sozialdienst des Inselspitals Bern die Invalidenversicherungs-Kommission, die Verfügung vom 12. Juni 1972 zu verlängern, da die 1970 und wiederum 1972 vorgesehene Versteifungsoperation noch nicht durchgeführt worden sei; Prof. Dr. med. M. werde eine Operation am rechten Ellbogen vornehmen. Aus einem Bericht der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Chirurgie des Bewegungsapparates BGE 104 V 79 S. 80 des Inselspitals Bern vom 17. August 1976 geht hervor, dass Prof. M. am 23. Juli 1976 eine Spanplastik am distalen Humerus und an der proximalen Ulna rechts durchgeführt hat; bei Spitalaustritt hätten ordentliche Narbenverhältnisse am rechten Ellbogen und Parästhesien im Ulnarisbereich vorgelegen; die Patientin sei mit einem gespaltenen Oberarmgips entlassen worden. Nach Angaben des Arztes der Invalidenversicherungs-Kommission wird die Operation vom Juli 1976 nicht zur Aufhebung der halben Rente führen und es der Versicherten auch nicht ermöglichen, die angestrebte Reitlehrer-Prüfung zu bestehen; es liege keine medizinische Eingliederungsmassnahme vor. Mit Verfügung vom 3. September 1976 lehnte die Ausgleichskasse das Gesuch um Übernahme der Operation ab. B.- Beschwerdeweise liess die Versicherte durch Dr. med. N., Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Chirurgie des Bewegungsapparates der Universität Bern, die Übernahme der im Juli 1976 durchgeführten Operation beantragen. Zur Begründung wurde folgendes geltend gemacht: "Wie Sie wissen, leidet Fräulein Romer an einer heute nicht mehr infizierten Pseudarthrose des rechten Ellbogens bei Status nach einer posttraumatischen Osteitis im Ellbogenbereich. Seit einigen Jahren ist nun keine Infektion mehr vorhanden. Fräulein Romer trug einen Schienenhülsenapparat und war damit 50% arbeitsfähig. In letzter Zeit hat der Apparat ihr vermehrt Beschwerden gemacht. Herr Professor M. hat im Juli 1976 den Ellbogen nun mit Beckenspänen wieder aufgebaut, um nachträglich eine Ellbogenprothese einsetzen zu können. Mit der Ellbogenprothese hat Fräulein Romer wieder einen stabilen und beweglichen Ellbogen. Dadurch würde zweifellos die heute bestehende Arbeitsfähigkeit von lediglich 50% gesteigert, so dass mit einer wesentlichen Verbesserung der Arbeitsfähigkeit gerechnet werden kann. Die Operation vom Juli 1976 ist an sich nur eine vorbereitende Operation im Sinne des knöchernen Wiederaufbaues des Ellbogens. Die für das Jahr 1977 vorgesehene Ellbogenprothese würde aber eine wesentliche Verbesserung zur Folge haben." Die Invalidenversicherungs-Kommission trug auf Abweisung der Beschwerde an, denn deren Begründung widerspreche dem Schreiben von Prof. M. vom 14. Januar 1974, worin folgendes ausgeführt worden war: "Fräulein Romer sollte jetzt meines Erachtens beruflich wiedereingegliedert werden. Auch durch einen operativen Eingriff würde der jetzige Zustand kaum verbessert werden können. Im Gegenteil, die Patientin BGE 104 V 79 S. 81 könnte nach einer Operation manches, was sie jetzt noch tun kann, nicht mehr machen. Ich bin aus diesen Gründen eher gegen die Durchführung eines erneuten Eingriffes, der viele Gefahren in sich birgt." Solange Prof. M. diese Bedenken nicht widerrufe und einen klaren Behandlungsplan für die Zukunft aufstelle, müsse angenommen werden, der im Juli 1976 durchgeführte Eingriff bewirke keine dauernde und wesentliche Verbesserung der Arbeitsfähigkeit. Im Bericht der Universitätsklinik vom 17. August 1976 sei zudem nicht erwähnt, dass es sich bei der im Juli 1976 vorgenommenen Operation lediglich um eine vorbereitende Massnahme zur Einsetzung einer Ellbogenprothese gehandelt habe. Am 27. Januar 1977 teilte Prof. M. folgendes mit: "An sich haben wir uns vor einigen Jahren entschlossen, in diesem Fall vorläufig nichts mehr zu unternehmen. Der seinerzeit mehr als 50mal operierte Ellenbogen hat jedoch im Laufe der Jahre immer mehr Beschwerden verursacht; die Haltlosigkeit nahm so sehr zu, dass sogar mit einem Apparat der Zustand für die Patientin kaum mehr zumutbar erschien. Wir haben uns deshalb entschlossen, bei Fräulein Romer ein wieder etwas stabileres Ellenbogengelenk herzustellen. Vorerst wurde eine Spanverpflanzung vorgenommen, und es ist vorgesehen, 6-12 Monate nach diesem ersten Eingriff eine Arthroplastik durchzuführen." Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug hiess durch Entscheid vom 17. März 1977 die Beschwerde gut und verpflichtete die Invalidenversicherung, die im Juli 1976 durchgeführte Operation als medizinische Massnahme zu übernehmen. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und es sei die Kassenverfügung vom 3. September 1976 wiederherzustellen. Trudy Romer hat sich nicht vernehmen lassen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Unter den allgemeinen Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 IVG hat der Versicherte nach Art. 12 Abs. 1 IVG Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren. Diese Bestimmung BGE 104 V 79 S. 82 bezweckt namentlich, die Aufgabenbereiche der Invalidenversicherung einerseits und der sozialen Kranken- und Unfallversicherung anderseits voneinander abzugrenzen. Die Abgrenzung beruht auf dem Grundsatz, dass die Behandlung einer Krankheit oder einer Verletzung ohne Rücksicht auf die Dauer des Leidens primär in den Aufgabenbereich der Kranken- und Unfallversicherung gehört. Das Gesetz umschreibt die Vorkehren medizinischer Art, welche von der Invalidenversicherung nicht zu übernehmen sind, mit dem Rechtsbegriff "Behandlung des Leidens an sich". Wo und solange labiles pathologisches Geschehen besteht und mit medizinischen Vorkehren angegangen wird, seien diese kausal oder symptomatisch, auf das Grundleiden oder auf dessen Folgeerscheinungen gerichtet, stellen solche Heilmassnahmen, sozialversicherungsrechtlich betrachtet, Behandlung des Leidens an sich dar. Dem labilen pathologischen Geschehen hat die Rechtsprechung seit jeher im Prinzip alle nicht stabilisierten Gesundheitsschäden gleichgestellt, die Krankheitswert haben. Demnach gehören jene Vorkehren, die auf die Heilung oder Linderung pathologischen oder sonstwie Krankheitswert aufweisenden Geschehens labiler Art gerichtet sind, nicht ins Gebiet der Invalidenversicherung. Erst wenn die Phase des (primären oder sekundären) pathologischen Geschehens insgesamt abgeschlossen und ein stabiler oder mindestens relativ stabilisierter Zustand eingetreten ist, kann sich - beim volljährigen Versicherten - überhaupt die Frage stellen, ob eine Vorkehr Eingliederungsmassnahme sei. Die Invalidenversicherung übernimmt in der Regel nur unmittelbar auf die Beseitigung oder Korrektur stabiler Defektzustände oder Funktionsausfälle gerichtete Vorkehren, sofern sie die Wesentlichkeit und Beständigkeit des angestrebten Erfolges im Sinne des Art. 12 Abs. 1 IVG voraussehen lassen ( BGE 102 V 41 Erw. 1 mit Hinweisen). 2. Obschon im vorliegenden Verfahren einzig die Übernahme der im Juli 1976 durchgeführten Spanplastik streitig ist, muss diese Vorkehr im Zusammenhang mit der Einsetzung einer Arthroplastik im Ellbogengelenk beurteilt werden, da es sich bei der vorgenommenen Operation um eine vorbereitende Massnahme zur beabsichtigten Gelenkendoprothese handelt. 3. a) Die Frage, ob im geschädigten Ellbogengelenk bereits ein stabiler bzw. relativ stabilisierter Defektzustand zu erblicken ist, kann offen bleiben, weil es jedenfalls an der vom BGE 104 V 79 S. 83 Gesetz verlangten Dauerhaftigkeit des Eingliederungserfolges der als Einheit zu qualifizierenden Span- und Arthroplastik gebricht. b) Dauernd im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IVG ist bei jüngeren Versicherten der von einer medizinischen Eingliederungsmassnahme zu erwartende Eingliederungserfolg, wenn er wahrscheinlich während eines bedeutenden Teils der Aktivitätserwartung erhalten bleiben wird ( BGE 101 V 50 Erw. 3b mit Hinweisen). c) Die 1943 geborene Beschwerdegegnerin kann mit einer statistischen Aktivitätserwartung bis gegen das 73. Altersjahr rechnen (vgl. STAUFFER/SCHAETZLE, Barwerttafeln, 3. Aufl. S. 193). Auf welche voraussichtliche Zeitspanne die Funktionstüchtigkeit der Arthroplastik am Ellbogen zu veranschlagen ist, geht aus den Akten nicht hervor. Diese Frage kann jedoch offen bleiben. Denn unter den vorliegenden ungünstigen Umständen - am fraglichen Gelenk sind schon über 50 Operationen vorgenommen worden - muss angenommen werden, dass der medizinische Operationserfolg und erst recht der invalidenversicherungsrechtlich massgebende Eingliederungserfolg sowohl der bereits vorgenommenen Spanplastik als auch der vorgesehenen Arthroplastik hinsichtlich der Dauerhaftigkeit mit ausserordentlichen Risiken behaftet ist. Prof. M. hat im Bericht vom 27. Januar 1977 seine am 14. Januar 1974 geäusserten, einen dauerhaften Eingliederungserfolg ausschliessenden Bedenken keineswegs widerrufen, sondern er erachtet die in Frage stehenden operativen Vorkehren lediglich deshalb als indiziert, weil er den Zustand der Beschwerdegegnerin als kaum mehr zumutbar erachtet. d) Fehlt es mithin an der Dauerhaftigkeit des Eingliederungserfolges, so muss die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Bundesamtes für Sozialversicherung gutgeheissen werden, ohne dass zu prüfen ist, ob der von den Operationen zu erwartende Eingliederungserfolg bei der eine halbe Invalidenrente beziehenden Beschwerdegegnerin auch wesentlich im Sinne der Rechtsprechung (vgl. BGE 101 V 52 Erw. 3c) wäre...
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Sachverhalt ab Seite 413 BGE 117 Ia 412 S. 413 Die Furrgasse in der Gemeinde Stäfa dient als Zufahrt zu verschiedenen Grundstücken. In den 70er Jahren wurde das Quartierplanverfahren Sunnenhalden-Bürgistobel durchgeführt, in welches die westlich der Furrgasse liegenden Grundstücke miteinbezogen wurden. Der Regierungsrat des Kantons Zürich genehmigte diesen Plan am 12. August 1981. In der Folge erliess die Gemeindeversammlung Stäfa einen Verkehrsplan (1983) und einen Erschliessungsplan (1985). In diesen beiden Plänen ist die Furrgasse nicht als öffentliche Strasse eingetragen. Auf Begehren eines Grundeigentümers leitete der Gemeinderat Stäfa mit Beschluss vom 6. Dezember 1988 das amtliche Teilquartierplanverfahren Furrgasse ein. Das Quartierplangebiet umfasst auch die Grundstücke, die bereits vom Quartierplan Sunnenhalden-Bürgistobel betroffen sind. Das teilweise unüberbaute Gebiet liegt gemäss der Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Stäfa vom 4. Juli 1985 ungefähr zu gleichen Teilen in der eingeschossigen Wohnzone (empfindliches Gebiet) sowie in der zwei- und dreigeschossigen Wohnzone. Die Furrgasse verläuft vom Ortszentrum aus in nordöstlicher Richtung mitten durch das Quartierplangebiet und von hier weiter hangwärts ins Landwirtschafts- und Erholungsgebiet der Gemeinde Stäfa. B. und 8 Mitbeteiligte sowie A. und 6 Mitbeteiligte erhoben gegen den Einleitungsbeschluss des Gemeinderates Rekurs bei der kantonalen Baurekurskommission II. Sie machten insbesondere geltend, das Gebiet sei nicht quartierplanbedürftig. Die Baurekurskommission II wies die Rekurse jedoch mit Entscheid vom 15. Mai 1990 ab. Gegen den Baurekurskommissionsentscheid gelangten B. und 15 weitere Grundeigentümer an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde am 1. Februar 1991 ab. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab aus folgenden BGE 117 Ia 412 S. 414 Erwägungen Erwägungen: 1. a) Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid im Rahmen eines amtlichen Quartierplanverfahrens. Dieses Verfahren ist indessen noch nicht abgeschlossen, da einzig der Einleitungsbeschluss zur Diskussion stand. Gemäss § 148 des Zürcher Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975 (PBG) ist gegen einen solchen Beschluss der Rekurs zulässig, mit dem geltend gemacht werden kann, die Voraussetzungen zur Durchführung des Verfahrens fehlten oder sie seien gegeben. Einwendungen dieser Art können später nicht mehr erhoben werden ( § 148 Abs. 2 PBG ). Diese Regelung zeigt, dass der Einleitungsbeschluss ein in sich geschlossenes selbständiges Verfahren bildet. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist der angefochtene Entscheid demnach als Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG zu betrachten ( BGE 110 Ia 135 mit Hinweisen). Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit grundsätzlich zulässig. Die Beschwerdeführer sind als Eigentümer verschiedener, vom Plan erfasster Grundstücke legitimiert, staatsrechtliche Beschwerde zu erheben, soweit es um die Auswirkungen des Plans auf ihre Grundstücke geht ( Art. 88 OG ; BGE 117 Ia 20 ; BGE 113 Ia 238 E. 2b). b) Die staatsrechtliche Beschwerde ist in der Regel nur gegen kantonal letztinstanzliche Entscheide zulässig (Art. 86/87 OG). Nach der Rechtsprechung können Hoheitsakte unterer kantonaler Instanzen nur dann mitangefochten werden, wenn die Überprüfungsbefugnis der letzten kantonalen Behörde enger ist als diejenige im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren ( BGE 115 Ia 414 ; BGE 114 Ia 310 ). Im vorliegenden Fall konnte das Zürcher Verwaltungsgericht die von den Beschwerdeführern erhobenen Rügen mit der gleichen Prüfungsbefugnis beurteilen, wie sie dem Bundesgericht im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren zusteht (vgl. § 50 Abs. 1 und Abs. 2 des Zürcher Verwaltungsrechtspflegegesetzes). Auf den Antrag, der Beschluss des Gemeinderates Stäfa vom 6. Dezember 1988 sei aufzuheben, kann daher nicht eingetreten werden. c) Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift neben den Anträgen des Beschwerdeführers die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Im BGE 117 Ia 412 S. 415 staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen ( BGE 115 Ia 14 E. 2, BGE 110 Ia 3 f. E. 2a). Die Beschwerdeschrift enthält teilweise lediglich appellatorische Kritik; insofern kann darauf nicht eingetreten werden. d) Die Rüge im Zusammenhang mit dem Nichteinbezug des Grundstücks Nr. 9963 ins Quartierplanverfahren erfüllt die Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ebenfalls nicht. Die Beschwerdeführer haben die fragliche Rüge auch vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Das Gericht ist jedoch darauf nicht eingetreten. Die Beschwerdeführer setzen sich mit diesen Nichteintretenserwägungen nicht auseinander, insbesondere machen sie weder eine Verletzung von kantonalem Verfahrensrecht noch eine Rechtsverweigerung geltend. Sie rügen einzig, der Nichteinbezug dieser Parzelle sei willkürlich und stelle eine Rechtsungleichheit dar. Da es in diesem Punkt somit an einer Auseinandersetzung mit den verwaltungsgerichtlichen Erwägungen fehlt, kann darauf nicht eingetreten werden. e) Nicht eingetreten werden kann schliesslich auf die Beschwerde, soweit darin geltend gemacht wird, durch die Erteilung einer Baubewilligung für ein Doppelwohnhaus auf dem Grundstück Kat.-Nr. 7200 an einen Dritten seien sie rechtsungleich und willkürlich behandelt worden. Die Beschwerdeführer haben diese Baubewilligung nicht angefochten, und diese steht mit der Einleitung des Teilquartierplanverfahrens Furrgasse auch nicht in direktem Zusammenhang. Im vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren sind die Beschwerdeführer jedoch mit dem Einwand zu hören, mit der Erteilung der betreffenden Baubewilligung habe der Gemeinderat Stäfa selbst gezeigt, dass die Furrgasse als Zufahrt schon heute genüge. f) Die Beschwerdeführer beantragen die Durchführung eines Augenscheins. Die Akten enthalten indessen alle notwendigen Sachverhaltselemente, weshalb ein Augenschein nicht erforderlich ist. 2. a) Zu prüfen ist vorab, ob das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für die Einleitung eines Quartierplanverfahrens zu Recht bejaht hat. Das Gericht kommt in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die regierungsrätlichen Normalien über die Anforderungen an Zugänge vom 9. Dezember 1987 zum Schluss, die Furrgasse erweise sich für den zu erschliessenden Bereich als ungenügend. Gestützt auf diese Zugangsnormalien habe eine Zufahrtsstrasse bei mehr als 30 Wohneinheiten eine Breite von mindestens BGE 117 Ia 412 S. 416 6,8 m aufzuweisen, während die Furrgasse heute nur 4-4,5 m breit sei. Hinzu komme, dass ein blosser Ausbau der Furrgasse allein für die unüberbauten Grundstücke noch keine genügende Erschliessung sichern könne, da diese zum Teil über keinen Zugang zur Furrgasse verfügen würden. b) Die Beschwerdeführer rügen, die Annahme, es fehle an einer hinreichenden Zufahrt, sei willkürlich. Seit der Festsetzung des Quartierplanes Sunnenhalden-Bürgistobel verfüge die Furrgasse nämlich über rechtskräftige Baulinien. Die tatsächliche Breite der Furrgasse betrage gegen 4,5 m, und lediglich im obersten Teilstück sei die Strasse nur zwischen 4,15 m und 4,3 m breit. Es bestünden unwiderrufliche privatrechtliche Vereinbarungen über die interne Erschliessung der nicht direkt an die Furrgasse anstossenden Grundstücke. Der Gemeinderat Stäfa habe seine eigene Behauptung, die Furrgasse sei keine genügende Zufahrt, mit der Erteilung einer Baubewilligung auf dem Grundstück Nr. 7200 selbst widerlegt. c) Der Quartierplan ermöglicht im erfassten Gebiet eine der planungs- und baurechtlichen Ordnung entsprechende Nutzung und enthält die dafür nötigen Anordnungen ( § 123 Abs. 1 PBG ), insbesondere Massnahmen der Parzellarordnung und der Erschliessung. Zur Erschliessung gehört vor allem die genügende Zugänglichkeit der Grundstücke im Sinne von § 237 PBG (vgl. MÜLLER/ROSENSTOCK/WIPFLI/ZUPPINGER, Kommentar zum Zürcher Planungs- und Baugesetz, Wädenswil 1985, § 128 N 1 und N 1c). Erfordern die Umstände keine umfassende Regelung, kann sich der Quartierplan auf die nötigen Teilmassnahmen beschränken ( § 123 Abs. 2 PBG ). Der Quartierplan dient sowohl öffentlichen als auch privaten Interessen. Die Allgemeinheit ist im Hinblick auf die Baulandknappheit daran interessiert, dass eingezontes Land tatsächlich überbaut werden kann, während der Quartierplan für die Grundeigentümer ein Mittel bildet, um zu baureifem Land zu kommen (WALTER HALLER/PETER KARLEN, Raumplanungs- und Baurecht, Zürich 1990, § 7 N 56 f.). Die Quartierplananlagen müssen den technischen Anforderungen vergleichbarer öffentlicher Werke entsprechen (MÜLLER/ROSENSTOCK/WIPFLI/ZUPPINGER, a.a.O., N 3 zu § 166). Die Anlage und Trassierung der Strassen eines Quartierstrassennetzes, nach der zugelassenen oder vorgesehenen Überbauungsnutzung und -art sowie nach der Topographie zu richten (HANS STOLLER, Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich, aktuelles Nachschlagewerk, BGE 117 Ia 412 S. 417 Zürich 1989, Teil 2.9 Kapitel 8.4.1, S. 1). Zur Sicherung dieser Anforderungen kann der Regierungsrat gestützt auf § 237 Abs. 2 PBG die erforderlichen Normalien erlassen. Gegenwärtig sind die Normalien über die Anforderungen an Zugänge (Zugangsnormalien) des Regierungsrates vom 9. Dezember 1987 (ZG 700.5) massgebend. Da im Bereiche des Teilquartierplans Furrgasse bei Vollausbau eindeutig über 30 Wohneinheiten vorhanden sein werden, hat eine genügende Zufahrtsstrasse 4,5-5 m breit zu sein; hinzu kommt ein Trottoir von mindestens 2,0 m Breite auf der einen und ein Bankett von 0,3 m Breite auf der anderen Strassenseite (vgl. Anhang zu diesen Zugangsnormalien). Die Zufahrt samt Gehweg und Bankett hat somit mindestens 6,5 bzw. 6,8 m breit zu sein. Demgegenüber weist die Furrgasse heute lediglich eine Breite von 4-4,5 m auf, wie die Beschwerdeführer selber darlegen. Damit ist erwiesen, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Furrgasse sei schon heute keine hinreichende Zufahrt, keineswegs willkürlich ist. Daran kann auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf die Erteilung einer Baubewilligung für ein Wohnhaus auf dem Grundstück Nr. 7200 nichts ändern; in diesem Fall durften - jedenfalls ohne Verletzung von Art. 4 BV - die besonderen Verhältnisse berücksichtigt werden, dient doch dieses Wohnhaus mindestens teilweise einer Rebbauernfamilie zur Bewirtschaftung des unmittelbar anschliessenden Rebgeländes. Auf die Durchführung eines Quartierplanverfahrens kann verzichtet werden, wenn die Schaffung überbaubarer und erschlossener Grundstücke nicht zwingend einen Quartierplan erfordert. So kann zum Beispiel die Erstellung einer Erschliessungsstrasse ausserhalb des Quartierplanverfahrens erfolgen, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse einfach liegen und keine planungsrechtlichen Auswirkungen auf eine weitere Umgebung zu erwarten sind (HANS STOLLER, a.a.O., Teil 2.9, Kapitel 4, S. 3). Im Bereich der Furrgasse sind Grundstücke vorhanden, die noch gänzlich (Kat.-Nrn. 9268-9270 sowie 9421) bzw. teilweise (insbesondere Kat.-Nr. 7201) unerschlossen sind und deren Anschluss an die Furrgasse nicht ohne weiteres verwirklicht werden kann. Das Verwaltungsgericht hat eingehend dargelegt, dass eine blosse Verbreiterung der Furrgasse allein diese Grundstücke nicht erschliessen könne, weil die bestehenden privatrechtlichen Vereinbarungen die Zufahrten rechtlich nicht hinreichend sichern; insbesondere hätten die berechtigten Grundstücke im Falle ihrer vorzeitigen Überbauung keinen Anspruch auf Erstellung der Zufahrtsstrasse. BGE 117 Ia 412 S. 418 Die Beschwerdeführer legen in der Beschwerdeschrift nicht dar, dass dies verfassungswidrig sei. Auch diesbezüglich ist das Verwaltungsgericht nicht in Willkür verfallen. d) Aus diesen Erwägungen folgt, dass das Verwaltungsgericht die Quartierplanbedürftigkeit dem Grundsatz nach ohne Verfassungsverletzung bejahen durfte; die Furrgasse ist für das Beizugsgebiet als Zufahrt ungenügend, und der Ausbau der Furrgasse allein verschafft den erwähnten unüberbauten Parzellen noch keine hinreichende Erschliessung, weshalb keine Gründe vorliegen, die einen Verzicht auf das Quartierplanverfahren rechtfertigen könnten. Die Beschwerdeführer erheben indessen verschiedene weitere Einwände, die im folgenden zu prüfen sind. 3. a) Neun der Beschwerdeführer machen geltend, es liege ein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor. Im Zusammenhang mit dem Quartierplanverfahren Sunnenhalden-Bürgistobel seien ihre Grundstücke (alle westlich der Furrgasse liegend) schon vor über zehn Jahren in ein Quartierplanverfahren einbezogen und entsprechend belastet worden, so u.a. durch Ziehung von Baulinien, finanzielle Beteiligung usw. Sie hätten damals nur deshalb nicht opponiert, weil ihnen der Gemeinderat Stäfa die Zusicherung gegeben habe, damit seien ihre Grundstücke definitiv erschlossen und der Ausbau der Furrgasse erfolge im öffentlichen Verfahren mit öffentlichen Mitteln. b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verleiht der aus Art. 4 BV abgeleitete Grundsatz von Treu und Glauben einen Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen und sonstiges, bestimmte Erwartung begründendes Verhalten der Behörden. Gemäss Praxis des Bundesgerichts ist selbst eine unrichtige Auskunft bindend, wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen gehandelt hat, wenn sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war, wenn der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen konnte, wenn er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können und wenn die Rechtslage seit der Auskunftserteilung keine Änderung erfahren hat ( BGE 115 Ia 18 E. a, BGE 114 Ia 213 E. a). c) Im vorliegenden Fall fehlt es vor allem am letzten Erfordernis. Der Quartierplan Sunnenhalden-Bürgistobel (östlicher Teil), in welchen die Grundstücke von neun der Beschwerdeführer miteinbezogen worden sind, wurde vom Gemeinderat Stäfa am BGE 117 Ia 412 S. 419 22. Dezember 1980 und vom Regierungsrat des Kantons Zürich am 12. August 1981 genehmigt. In der Folge erliess jedoch die Gemeindeversammlung von Stäfa am 16. Mai 1983 einen kommunalen Verkehrsplan, welchem der Regierungsrat am 25. Juli 1984 die Genehmigung erteilte. Gestützt darauf stimmte die Gemeindeversammlung Stäfa am 4. Juli 1985 einem Erschliessungsplan zu, den der Regierungsrat am 30. Dezember 1986 genehmigte. Im kommunalen Verkehrsplan ist die Furrgasse nicht als öffentliche Strasse vorgesehen, sondern es ist dort lediglich der seit langem bestehende öffentliche Fussweg eingezeichnet. Auch im Erschliessungsplan ist die Furrgasse nicht als öffentliche Strasse enthalten. Das bedeutet, dass sie im privaten Verfahren, z.B. mittels eines Teilquartierplans, gebaut bzw. ausgebaut werden muss. Die heutigen Beschwerdeführer haben weder den kommunalen Verkehrsplan noch den Erschliessungsplan angefochten. Damit können sie sich zufolge der seit der Zusicherung des Gemeinderates Stäfa veränderten Rechtslage nicht mehr auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt. Hinzu kommt, dass der Gemeinderat Stäfa nicht zuständig gewesen wäre, eine endgültige Zusicherung des Inhaltes abzugeben, der Ausbau der Furrgasse erfolge im öffentlichen Verfahren, da die entsprechende Kompetenz bei der Gemeindeversammlung liegt. Die Rüge der Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist daher abzuweisen. 4. a) Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, es liege auch eine Verletzung der Eigentumsgarantie gemäss Art. 22ter BV vor. Nach dem rechtskräftigen Abschluss des Quartierplanverfahrens Sunnenhalden-Bürgistobel (östlicher Teil) könnten die Grundstücke der Beschwerdeführer 1-9 nicht für ein neues anderes Gebiet nochmals belastet und zur Kasse gebeten werden. b) Der Einbezug der Grundstücke der Beschwerdeführer in den Teilquartierplan Furrgasse stellt eine Eigentumsbeschränkung dar. Eine solche ist mit Art. 22ter BV nur vereinbar, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt, den Verhältnismässigkeitsgrundsatz nicht verletzt und, sofern sie in ihrer Wirkung einer Enteignung gleichkommt, gegen Entschädigung erfolgt ( BGE 115 Ia 29 E. 4, BGE 114 Ia 249 E. 5a, 337 E. 2, BGE 110 Ia 33 , BGE 105 Ia 226 E. 2a, mit Hinweisen). c) Die Beschwerdeführer machen in Missachtung von Art. 90 OG nicht geltend, worin genau die Verletzung der Eigentumsgarantie liegen soll. Es ist möglich, dass sie der Ansicht sind, der BGE 117 Ia 412 S. 420 Einbezug in ein neues Quartierplanverfahren widerspreche dem öffentlichen Interesse. Dass das öffentliche Interesse für das Quartierplanverfahren ausgewiesen ist, wurde vorne unter Erwägung 2 dargelegt. Ist somit die Notwendigkeit an der Durchführung eines derartigen Verfahrens erwiesen, so stellt sich die Frage, wie gross das Plangebiet sein muss. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Furrgasse als Quartierstrasse der Erschliessung der östlich und westlich davon gelegenen Grundstücke diene. Unter diesen Umständen sei auch der östliche - durch die Furrgasse begrenzte - Bereich des ursprünglichen Quartierplans Sunnenhalden-Bürgistobel zwangsläufig in ein neues Quartierplanverfahren einzubeziehen, weil Quartierstrassen mit beidseitiger Erschliessungsfunktion gemäss § 2 Abs. 3 der Verordnung über den Quartierplan vom 18. Januar 1978 als Perimetergrenzen ungeeignet seien. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, insbesondere ist es nicht willkürlich, wenn Quartierstrassen nur dann für die Abgrenzung eines Plangebietes als geeignet angesehen werden, wenn ihnen für das gegenüberliegende Gebiet keine baurechtliche Erschliessungsfunktion zukommt (vgl. MÜLLER/ROSENSTOCK/WIPFLI/ZUPPINGER, a.a.O., § 124 N 2 b). Die Beschwerdeführer selber behaupten nicht, die erwähnten Argumente seien willkürlich oder würden sonstwie gegen Verfassungsrecht verstossen; sie rügen einfach, der Einbezug der Grundstücke der Beschwerdeführer 1-9 in das neue Verfahren sei willkürlich. Diese Behauptung allein genügt jedoch nicht, um eine allfällige Verfassungswidrigkeit der verwaltungsgerichtlichen Erwägungen in bezug auf die Perimetergrenzen darzulegen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang überdies, dass ein Quartierplan nicht gegen die Festlegungen des Verkehrs- oder des Erschliessungsplans verstossen darf (vgl. MÜLLER/ROSENSTOCK/WIPFLI/ZUPPINGER, a.a.O., § 123 N 2 b und N 4). Im kommunalen Verkehrsplan von 1983 und im Erschliessungsplan von 1985 ist die Furrgasse nicht mehr als öffentliche Strasse eingetragen, weshalb der ursprüngliche Quartierplan Sunnenhalden-Bürgistobel (östlicher Teil) den Festsetzungen dieser beiden Pläne widerspricht. Auch aus diesem Grund besteht ein öffentliches Interesse, dass das betreffende Teilgebiet Furrgasse in einen neuen Quartierplan einbezogen wird. Aus diesen Erwägungen folgt, dass dem Verwaltungsgericht keine Verletzung der Eigentumsgarantie vorgeworfen werden kann.
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Sachverhalt ab Seite 308 BGE 111 II 308 S. 308 Am 28. Juni 1984 erwuchs das Urteil, durch welches die Ehe von A. und B. X. geschieden wurde, in diesem Punkt in Rechtskraft. Mit Zahlungsbefehl vom 6. August 1984 setzte B. X. gegen den von ihr geschiedenen A. X. eine Forderung von Fr. 900.-- (Rückstände in den Unterhaltsleistungen für die Monate Juli und August 1984) nebst Zins zu 5% seit 15. Juli 1984 in Betreibung. Sie berief sich dabei auf einen Entscheid des Eheschutzrichters vom BGE 111 II 308 S. 309 7. März 1983, worin A. X. zur Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen von Fr. 950.-- im Monat verpflichtet worden war. A. X. erhob Rechtsvorschlag. Mit Eingabe vom 20. August 1984 stellte B. X. hierauf beim zuständigen Bezirksgerichtspräsidium das Begehren um Erteilung der definitiven Rechtsöffnung. Durch Entscheid vom 24. September 1984 hiess der Bezirksgerichtspräsident das Begehren teilweise gut und erteilte für den Betrag von Fr. 450.-- nebst Zins zu 5% seit 6. August 1984 definitive Rechtsöffnung. In Gutheissung einer von A. X. erhobenen Beschwerde wies das Obergericht (1. Zivilkammer) des Kantons Aargau am 20. März 1985 das Rechtsöffnungsbegehren vollumfänglich ab. Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat B. X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV eingereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Der Entscheid des Bezirksgerichtspräsidiums ... vom 7. März 1983, auf den sich die Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Rechtsöffnungsbegehrens beruft, ist in Anwendung von Art. 170 Abs. 3 ZGB in Verbindung mit Art. 160 Abs. 2 ZGB im Eheschutzverfahren ergangen. Er wurde trotz der im April 1983 erhobenen Scheidungsklage nicht durch einen Entscheid betreffend vorsorgliche Massregeln für die Dauer des Scheidungsprozesses im Sinne von Art. 145 ZGB ersetzt. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. BGE 101 II 2 f.) ging das Obergericht davon aus, dass in einem solchen Fall die Anordnungen des Eheschutzrichters während des Scheidungsprozesses weitergelten würden. Es weist sodann darauf hin, dass ein Massnahmenentscheid - gleichgültig, ob er auf den Art. 169 ff. ZGB oder auf Art. 145 ZGB beruhe - in jedem Fall mit dem Abschluss des Scheidungsprozesses hinfällig werde. Schwierigkeiten ergäben sich allerdings dort, wo die Scheidung der Ehegatten als solche in Rechtskraft erwachsen sei, in einem Rechtsmittelverfahren indessen noch über die Unterhaltsbeiträge im Sinne von Art. 151 bzw. 152 ZGB gestritten werde. An der bisherigen Rechtsprechung des Obergerichts des Kantons Aargau (veröffentlicht in AGVE 1949, S. 16, 1952, S. 14, und 1974, S. 15), wonach unter solchen Umständen die vorsorglichen Massregeln gemäss Art. 145 ZGB bis zum Abschluss des Scheidungsprozesses in seiner Gesamtheit weitergelten BGE 111 II 308 S. 310 würden, sei nicht mehr festzuhalten. Sie lasse ausser acht, dass mit dem Eintritt der Rechtskraft im Scheidungspunkt die eheliche Unterhaltspflicht gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB endgültig entfalle. Von diesem Zeitpunkt an sei - soweit die Voraussetzungen der Art. 151 bzw. 152 ZGB erfüllt seien - ein Unterhaltsbeitrag im Sinne dieser Bestimmungen geschuldet. Für die von der Beschwerdeführerin in Betreibung gesetzten Unterhaltsbeiträge könne der Entscheid vom 7. März 1983 als Rechtstitel für die verlangte definitive Rechtsöffnung mithin nicht in Betracht fallen. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin kommt die Änderung der Rechtsprechung durch das Obergericht überspitztem Formalismus gleich; ausserdem verstosse sie auch gegen das Willkürverbot ( Art. 4 BV ). 2. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts verlangt von einer Praxisänderung, dass sie sich auf ernsthafte, sachliche Gründe zu stützen vermag ( BGE 108 Ia 125 E. 2a mit Hinweisen). Die vorliegende Beschwerde ist somit nur dann gutzuheissen, wenn die vom Obergericht in Abweichung seiner früheren Rechtsprechung vertretene Rechtsauffassung als völlig unsachlich zu bezeichnen sein sollte. Wie die kantonale Beschwerdeinstanz zutreffend ausführt, gehen die Meinungen zur Frage der Auswirkungen der Teilrechtskraft bezüglich des Scheidungspunktes auf die vorsorglichen Massregeln im Sinne von Art. 145 ZGB auseinander. Die bisherige Auffassung des aargauischen Obergerichts, wonach die für die Dauer des Scheidungsprozesses getroffenen Massnahmen gemäss Art. 145 ZGB so lange in Kraft bleiben würden, bis der Richter sich auch über alle Nebenfolgen der Ehescheidung ausgesprochen habe, teilten bisher auch das Kantonsgericht von Graubünden (Urteil vom 26. März 1959, in PKG 1959 Nr. 32), das Appellationsgericht des Kantons Tessin (vgl. Entscheid vom 13. Januar 1958, in Repertorio 91/1958, S. 161, und SJZ 55/1959, S. 92 Nr. 36) und das Obergericht des Kantons Thurgau (vgl. Entscheid vom 7. April 1970, in SJZ 67/1971, S. 326 Nr. 140). Die Bündner Instanz erteilte im erwähnten Entscheid die definitive Rechtsöffnung gestützt auf einen Massnahmenentscheid, obwohl die Scheidung als solche bereits in Rechtskraft erwachsen war. Dies scheint auch die Praxis der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Luzerner Obergerichts zu sein (vgl. SJZ 77/1981, S. 365 f.). Auf der andern Seite hat sich das Obergericht des Kantons Solothurn in einem Entscheid vom 30. Oktober 1959 BGE 111 II 308 S. 311 (veröffentlicht in SJZ 57/1961, S. 302 Nr. 113) dagegen ausgesprochen, dass einer vorsorglichen Anordnung im Zusammenhang mit der ehelichen Unterstützungspflicht gemäss den Art. 159 und 160 ZGB (es hatte sich um einen Prozesskostenvorschuss gehandelt) noch in dem Zeitpunkt eine Rechtswirkung zuerkannt werde, da die Scheidung der Ehegatten als solche rechtskräftig geworden sei. In einem Entscheid vom 7. Juli 1969 (veröffentlicht in ZR 70/1971, Nr. 63, und SJZ 66/1970, S. 38 Nr. 12) hat das Zürcher Obergericht die definitive Rechtsöffnung, die gestützt auf einen Massnahmenbeschluss gemäss Art. 145 ZGB verlangt worden war, verweigert mit der Begründung, im Scheidungspunkt sei das Scheidungsurteil inzwischen rechtskräftig geworden. Die gleiche Instanz hatte sich in einem Entscheid vom 3. Juli 1961 freilich dafür ausgesprochen, dass in einem Fall, da Unterhaltsbeiträge nach Art. 151 oder 152 ZGB Gegenstand eines Berufungsverfahrens bildeten, trotz Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils im Scheidungspunkt die Möglichkeit bestehe, entsprechende vorsorgliche Massnahmen anzuordnen. Dabei verwies das Obergericht auf einen seiner früheren Beschlüsse, worin entschieden worden sei, dass in einem solchen Fall die vorsorgliche Massnahme (auch nach Erledigung des Scheidungspunktes) bis zum Eintritt der Rechtskraft des Endurteils bestehen bleibe (vgl. ZR 62/1963 Nr. 21). Aus einem weiteren Entscheid des Zürcher Obergerichts vom 28. Januar 1971 (ZR 70/1971, Nr. 111) ergibt sich allerdings die Einschränkung, dass eine auf dem Weg vorsorglicher Massnahmen gemäss Art. 145 ZGB angeordnete Verpflichtung des geschiedenen Ehemannes zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen während der Fortdauer des Scheidungsprozesses bezüglich der Unterhaltsbeiträge nach Art. 151 und 152 ZGB nur zulässig sei, wenn die Ansprecherin ein hinreichendes Bedürfnis darzutun vermöge. Dieselbe Einschränkung scheinen BÜHLER/SPÜHLER (N. 62 zu Art. 145 ZGB ) zu machen, wobei sie in N. 64 allerdings ausführen, bei einer Weiterführung des Rechtsstreites um Entschädigungs- oder Unterhaltsansprüche nach den Art. 151 und 152 ZGB brauche die rechtskräftige Scheidung die Weitergeltung oder die Neuzusprechung von Unterhaltsbeiträgen des Mannes an die Frau nicht zu hindern. Klar für das Erfordernis eines entsprechenden Bedürfnisses der geschiedenen Ehefrau spricht sich hingegen HENSELER aus (Zur Frage der zeitlichen Dauer von Unterhaltsbeiträgen an die Ehefrau im Verfahren nach Art. 145 ZGB , in SJZ 77/1981, S. 365 f.). BGE 111 II 308 S. 312 3. Dem angefochtenen Entscheid lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob das Obergericht den Bestand bzw. die Anordnung einer vorsorglichen Massregel im Sinne von Art. 145 ZGB mit dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung als solcher in jedem Fall, d. h. auch bei einer Weiterführung des Scheidungsprozesses bezüglich der Unterhaltsbeiträge nach den Art. 151 und 152 ZGB , für ausgeschlossen hält. Es fragt sich ernsthaft, ob eine solch strenge Auffassung nicht dem klaren Sinn des Bundesprivatrechts in völlig unhaltbarer Weise widersprechen würde. Gewiss findet die eheliche Unterhaltspflicht mit der Rechtskraft im Scheidungspunkt ihr Ende. Richtig ist auch, dass ein nachehelicher Unterhaltsbeitrag gestützt auf Art. 151 bzw. 152 ZGB von besonderen Voraussetzungen abhängig ist und eine geschiedene Ehefrau unter Umständen letztlich gar keinen Unterhaltsbeitrag zugesprochen erhält. Indessen kann nicht darüber hinweggesehen werden, dass vor allem dort, wo ein Anspruch nach Art. 151 bzw. 152 ZGB tatsächlich begründet ist und ein derartiger Unterhaltsbeitrag für die Ansprecherin einer Lebensnotwendigkeit gleichkommt, der Bundesgesetzgeber die Möglichkeit einer vorsorglichen Massnahme bejahen wollte. Für den Fall der Unterhaltsklage des Kindes gegen die Eltern ist in Art. 281 ZGB beispielsweise generell vorgesehen, dass der Richter auf Begehren des Klägers für die Dauer des Prozesses die nötigen vorsorglichen Massregeln trifft, sobald die Klage eingereicht ist (Abs. 1), und dass der Beklagte verpflichtet werden kann, angemessene Beiträge zu hinterlegen oder vorläufig zu zahlen, falls das Kindesverhältnis feststeht (Abs. 2). Es entspricht denn auch dem ureigensten Zweck einer vorsorglichen Massnahme, dass sie vorweg auf rechtlich abzusichernde Bedürfnisse eingeht, deren Berechtigung erst noch zu klären bleibt. Die Berechtigung einer vorsorglichen Massnahme liegt gerade in ihrer Eigenständigkeit gegenüber dem endgültigen Entscheid in der Sache selbst. Der endgültige Entscheid betreffend Unterhaltsbeiträge gemäss Art. 151 bzw. 152 ZGB wird möglicherweise erst längere Zeit nach Eintritt der Rechtskraft im Scheidungspunkt gefällt, so dass die geschiedene Ehefrau in der Zwischenzeit unter Umständen der wirtschaftlichen Not preisgegeben wäre. Von Bundesrechts wegen dürfen daher vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 145 ZGB in Fällen, da die Rechtskraft einstweilen erst im Scheidungspunkt eingetreten ist, nicht grundsätzlich und von vornherein ausgeschlossen werden. BGE 111 II 308 S. 313 4. Im vorliegenden Fall gilt es freilich nur zu prüfen, ob das Obergericht Art. 4 BV verletzt habe, indem es dem Befehlsentscheid des Gerichtspräsidiums ... vom 7. März 1983 die Eigenschaften eines definitiven Rechtsöffnungstitels bezüglich der von der Beschwerdeführerin in Betreibung gesetzten Unterhaltsforderung absprach. Für den Standpunkt der kantonalen Beschwerdeinstanz lässt sich anführen, dass mit der Scheidung die eheliche Unterhaltspflicht gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB entfällt und die wirtschaftliche Versorgung der geschiedenen Frau von da an anderweitig, gegebenenfalls durch Zusprechung eines scheidungsrechtlichen Unterhaltsbeitrages im Sinne der Art. 151 bzw. 152 ZGB, sicherzustellen ist. Die Auffassung, dass dort, wo ein Scheidungsurteil einstweilen erst im Scheidungspunkt in Rechtskraft erwachsen ist, hinsichtlich der Unterhaltsbeiträge dagegen noch Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens bildet, die im Verfahren gemäss Art. 145 ZGB (bzw. wie hier gemäss den Art. 169 ff. ZGB ) festgesetzten Unterhaltsbeiträge in jedem Fall einer neuen Überprüfung zu unterziehen seien und dass der betreffende Massnahmenentscheid somit nicht über den Eintritt der erwähnten Teilrechtskraft hinaus wirksam bleiben könne, verstösst nach dem Gesagten jedenfalls nicht gegen Art. 4 BV . Es ist in der Tat nicht zu übersehen, dass mit dem Eintritt der Rechtskraft im Scheidungspunkt sich die für die vorsorgliche Zusprechung von Unterhaltsbeiträgen massgebenden Kriterien verändern: Der Gesichtspunkt, dass die eheliche Unterhaltspflicht trotz Auflösung des gemeinsamen Haushaltes erst mit der Scheidung endet, wird abgelöst durch den in den Art. 151 und 152 ZGB konkretisierten Gedanken der nachehelichen Solidarität, was sich in der Regel in einer Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge niederschlägt.
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613.2 1 Bundesgesetz über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaG) vom 3. Oktober 2003 (Stand am 1. Januar 2020) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 47, 48, 50 und 135 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 14. November 20012, beschliesst: 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Gegenstand Dieses Gesetz regelt: a. den Ressourcenausgleich durch die ressourcenstarken Kantone und durch den Bund zu Gunsten der ressourcenschwachen Kantone; b. den geografisch-topografischen und den soziodemografischen Lastenaus- gleich durch den Bund; c. die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich. Art. 2 Ziele Der Finanzausgleich soll: a. die kantonale Finanzautonomie stärken; b. die Unterschiede in der finanziellen Leistungsfähigkeit und in der Steuer- belastung zwischen den Kantonen verringern; c. die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit der Kantone im nationalen und inter- nationalen Verhältnis erhalten; d. den Kantonen eine minimale Ausstattung mit finanziellen Ressourcen ge- währleisten; e. übermässige finanzielle Lasten der Kantone auf Grund ihrer geografisch- topografischen oder soziodemografischen Bedingungen ausgleichen; f. einen angemessenen interkantonalen Lastenausgleich gewährleisten. AS 2005 1481 1 SR 101 2 BBl 2002 2291 613.2 Finanzausgleich 2 613.2 2. Abschnitt: Ressourcenausgleich durch Bund und Kantone Art. 3 Ressourcenpotenzial 1 Das Ressourcenpotenzial eines Kantons ist der Wert seiner fiskalisch ausschöpf- baren Ressourcen. 2 Es wird berechnet auf der Grundlage: a. der steuerbaren Einkommen der natürlichen Personen nach dem Bundes- gesetz vom 14. Dezember 19903 über die direkte Bundessteuer; b. der Vermögen der natürlichen Personen; c. der steuerbaren Gewinne der juristischen Personen nach dem Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer. 3 Der Bundesrat legt einen einheitlichen Abzug (Freibetrag) von den Einkommen fest. Bei den Vermögen der natürlichen Personen berücksichtigt er die im Vergleich zu den Einkommen unterschiedliche steuerliche Ausschöpfung.4 Bei den Gewinnen der juristischen Personen trägt er der im Vergleich zu den Einkommen und Vermö- gen der natürlichen Personen unterschiedlichen steuerlichen Ausschöpfung Rech- nung; dabei unterscheidet er insbesondere zwischen den Gewinnen nach Artikel 24b des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19905 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) und den übrigen Gewinnen.6 4 Er ermittelt in Zusammenarbeit mit den Kantonen jährlich das Ressourcenpotenzial jedes Kantons pro Kopf seiner Einwohnerinnen und Einwohner auf Grund der Zahlen der letzten drei verfügbaren Jahre. 5 Kantone, deren Ressourcenpotenzial pro Kopf über dem schweizerischen Durch- schnitt liegt, gelten als ressourcenstark. Kantone, deren Ressourcenpotenzial pro Kopf unter dem schweizerischen Durchschnitt liegt, gelten als ressourcenschwach. Art. 3a7 Festlegung und Verteilung der Mittel des Ressourcenausgleichs 1 Der Bundesrat legt die Auszahlungen an die ressourcenschwachen Kantone jähr- lich aufgrund ihres Ressourcenpotenzials pro Kopf fest. 2 Die Auszahlungen berechnen sich wie folgt: a. Kantone, deren Ressourcenpotenzial pro Kopf unter 70 Prozent des schwei- zerischen Mittels liegt, erhalten Leistungen aus dem Ressourcenausgleich, 3 SR 642.11 4 Fassung des zweiten Satzes gemäss Ziff. II Abs. 1 des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 5 SR 642.14 6 Dritter Satz eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 28. Sept. 2018 über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (AS 2019 2395 2413; BBl 2018 2527). Fassung des dritten Satzes gemäss Ziff. II Abs. 1 des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 7 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). Finanz- und Lastenausgleich. BG 3 613.2 sodass ihr Ressourcenpotenzial pro Kopf nach dem Ausgleich 86,5 Prozent des schweizerischen Mittels erreicht. b. Für die Kantone, deren Ressourcenpotenzial pro Kopf zwischen 70 und 100 Prozent des schweizerischen Mittels liegt, werden die Leistungen aus dem Ressourcenausgleich progressiv mit abnehmender Differenz zwischen dem Ressourcenpotenzial und dem schweizerischen Durchschnitt reduziert; er- zielt ein Kanton mit einem Ressourcenpotenzial von 70 Prozent eine zusätz- liche Einheit des standardisierten Steuerertrags, so reduzieren sich die Leis- tungen um 90 Prozent dieser Einheit. c. Die sich aus dem Ressourcenpotenzial pro Kopf ergebende Rangfolge der Kantone darf durch den Ressourcenausgleich nicht verändert werden. 3 Die Mittel werden den Kantonen ohne Zweckbindung ausgerichtet. Art. 4 Finanzierung des Ressourcenausgleichs 1 Die ressourcenstarken Kantone und der Bund stellen die Mittel für den Ressour- cenausgleich zur Verfügung. 2 Die jährliche Gesamtleistung der ressourcenstarken Kantone an den Ressourcen- ausgleich beträgt zwei Drittel der Leistungen des Bundes.8 3 Die ressourcenstarken Kantone entrichten pro Einwohnerin oder Einwohner einen einheitlichen Prozentsatz der Differenz zwischen ihrem Ressourcenpotenzial pro Kopf und dem schweizerischen Durchschnitt.9 Art. 5 und 610 3. Abschnitt: Lastenausgleich durch den Bund Art. 7 Geografisch-topografischer Lastenausgleich 1 Der Bund gewährt den Kantonen, die durch ihre geografisch-topografische Situa- tion übermässig belastet sind, einen Ausgleich. 2 Kennzeichen für eine hohe Belastung sind insbesondere: a. ein überdurchschnittlich hoher Anteil an hoch gelegenen Siedlungsgebieten und produktiven Flächen; b. disperse Siedlungsstrukturen und eine geringe Bevölkerungsdichte. 8 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 9 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 10 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). Finanzausgleich 4 613.2 Art. 8 Soziodemografischer Lastenausgleich 1 Der Bund gewährt den Kantonen, die durch ihre soziodemografische Situation übermässig belastet sind, einen Ausgleich. 2 Kennzeichen für eine hohe Belastung sind insbesondere überdurchschnittlich hohe Anteile an: a. in Armut lebenden Menschen; b. Hochbetagten; c.–e.11 ... f. Ausländerinnen und Ausländern, die zur Integration Unterstützung brau- chen. 3 Zusätzlich ist der besonderen Belastung der Kernstädte von grossen Agglomeratio- nen Rechnung zu tragen. Art. 9 Festlegung und Verteilung der Mittel 1 Der Beitrag an den geografisch-topografischen Lastenausgleich im Jahr 2020 entspricht dem Beitrag für das Jahr 2019 von 361 806 484 Franken angepasst um die Teuerung gegenüber dem Vorjahresmonat im April 2019. Der Bundesrat passt die Beiträge für die nachfolgenden Jahre entsprechend an die Teuerung an.12 2 Der Beitrag an den soziodemografischen Lastenausgleich im Jahr 2020 entspricht dem Beitrag für das Jahr 2019 von 361 806 484 Franken, angepasst um die Teue- rung gegenüber dem Vorjahresmonat im April 2019. Der Bundesrat passt die Bei- träge für die nachfolgenden Jahre entsprechend an die Teuerung an.13 2bis Die Beiträge an den soziodemografischen Lastenausgleich erhöhen sich im Jahr 2021 um 80 Millionen Franken und ab 2022 dauerhaft um 140 Millionen Franken. Diese Erhöhung wird nicht an die Teuerung angepasst.14 3 Er legt die Kriterien zur Verteilung der Mittel nach Anhörung der Kantone fest. 4 Die Mittel werden den Kantonen ohne Zweckbindung ausgerichtet. 11 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 12 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 13 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 14 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). Finanz- und Lastenausgleich. BG 5 613.2 3a. Abschnitt:15 Nachträgliche Berichtigung von Ausgleichszahlungen Art. 9a 1 Der Bundesrat berichtigt fehlerhafte Ausgleichszahlungen im Bereich des Res- sourcen- oder Lastenausgleichs nachträglich, wenn der Fehler: a. auf einer unrichtigen Erfassung, Übermittlung oder Verarbeitung der Daten beruht; und b. für mindestens einen der Kantone mit erheblichen finanziellen Auswirkun- gen verbunden ist. 2 Er nimmt die Fehlerkorrektur spätestens dann vor, wenn das vom Fehler betroffene Bemessungsjahr zum letzten Mal zur Berechnung der Ausgleichszahlungen verwen- det wird. 3 Er legt jährlich die Grenzen der finanziellen Erheblichkeit nach Absatz 1 Buch- stabe b fest. Er orientiert sich dabei am durchschnittlichen Pro-Kopf-Ressourcen- potenzial der Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz. 4 Sind die Voraussetzungen für die Berichtigung erfüllt, so werden die Ausgleichs- zahlungen auf den nächstmöglichen Zeitpunkt angepasst. Nötigenfalls kann die Anpassung auf mehrere Jahre erstreckt werden. 4. Abschnitt: Interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich Art. 10 Pflicht zur Zusammenarbeit 1 Die Bundesversammlung kann die Kantone in den Aufgabenbereichen gemäss Artikel 48a Absatz 1 der Bundesverfassung zur Zusammenarbeit mit Lastenaus- gleich verpflichten. 2 Die Verpflichtung erfolgt in Form der Allgemeinverbindlicherklärung (Art. 14) oder der Beteiligungspflicht (Art. 15). 3 Die Kantone regeln ihre Zusammenarbeit in interkantonalen Verträgen. Art. 11 Ziele Mit der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich werden folgende Ziele angestrebt: a. Sicherstellung einer Mindestversorgung mit öffentlichen Leistungen; b. wirtschaftliche Erfüllung kantonaler Aufgaben im Verbund mit anderen Kan- tonen; c. gerechter Ausgleich kantonsübergreifender Leistungen bei angemessener Mitsprache und Mitwirkung der betroffenen Kantone. 15 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 5633; BBl 2010 8615). Finanzausgleich 6 613.2 Art. 12 Grundsätze für den Ausgleich Für den Ausgleich kantonsübergreifender Leistungen sind insbesondere die effektive Beanspruchung dieser Leistungen, der Umfang der Mitsprache- und Mitwirkungs- rechte sowie damit verbundene erhebliche Standortvorteile und -nachteile zu be- rücksichtigen. Art. 13 Interkantonale Rahmenvereinbarung Die Kantone erarbeiten für die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich eine interkantonale Rahmenvereinbarung. Darin legen sie insbesondere fest: a. die Grundsätze der interkantonalen Zusammenarbeit; b. die Grundsätze des Lastenausgleichs; c. die zuständigen Organe; d. die Mitwirkung der kantonalen Parlamente bei der Zusammenarbeit mit Las- tenausgleich; e. das Beitritts- und Austrittsverfahren; f. das interkantonale Streitbeilegungsverfahren, das für alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenaus- gleich zur Anwendung kommt; g. wie weit die Grundsätze der interkantonalen Zusammenarbeit und des Las- tenausgleichs im innerkantonalen Verhältnis zwischen den Kantonen und ih- ren Gemeinden zu beachten sind. Art. 14 Allgemeinverbindlicherklärung 1 Die Bundesversammlung kann in Form eines dem Referendum unterstehenden Bundesbeschlusses für allgemein verbindlich erklären: a. auf Antrag von mindestens 21 Kantonen: die interkantonale Rahmenverein- barung; b. auf Antrag von mindestens 18 Kantonen: einen interkantonalen Vertrag in den Bereichen nach Artikel 48a Absatz 1 der Bundesverfassung. 2 Die betroffenen Kantone werden vor dem Entscheid angehört. 3 Die Kantone, die durch eine Allgemeinverbindlicherklärung zur Beteiligung an einem Vertrag verpflichtet werden, übernehmen die gleichen Rechte und Pflichten wie die übrigen Vertragspartner. 4 Die Allgemeinverbindlichkeit kann für höchstens 25 Jahre angeordnet werden. 5 Bundesbeschlüsse über die Allgemeinverbindlicherklärung können vorsehen, dass die Bundesversammlung die Allgemeinverbindlichkeit mit einfachem Bundes- beschluss aufheben kann, wenn ihre Aufrechterhaltung auf Grund der Umstände nicht mehr gerechtfertigt ist, insbesondere wenn: a. mindestens sechs Kantone die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit der Rahmenvereinbarung verlangen; Finanz- und Lastenausgleich. BG 7 613.2 b. mindestens neun Kantone die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit ei- nes interkantonalen Vertrags verlangen. 6 Die Kantone können frühestens nach fünf Jahren einen Antrag auf Aufhebung der Allgemeinverbindlicherklärung stellen. Art. 15 Beteiligungspflicht 1 Die Bundesversammlung kann in Form des einfachen Bundesbeschlusses auf Antrag von mindestens der Hälfte der Kantone, die an einem interkantonalen Ver- trag oder an einem definitiv ausgehandelten Vertragsentwurf beteiligt sind, einen oder mehrere Kantone zur Beteiligung verpflichten. 2 Die betroffenen Kantone werden vor dem Entscheid angehört. 3 Die Kantone, die zur Beteiligung verpflichtet werden, übernehmen die gleichen Rechte und Pflichten wie die übrigen Vertragspartner. 4 Die Beteiligung kann für höchstens 25 Jahre angeordnet werden. 5 Die Bundesversammlung kann in Form des einfachen Bundesbeschlusses die Beteiligungspflicht aufheben, wenn ihre Aufrechterhaltung auf Grund der Umstände nicht mehr gerechtfertigt ist, insbesondere wenn mindestens die Hälfte der Kantone, die an einem interkantonalen Vertrag beteiligt sind, die Aufhebung verlangt. 6 Die Kantone können frühestens nach fünf Jahren einen Antrag auf Aufhebung der Beteiligungspflicht stellen. Art. 16 Rechtsmittel 1 Die Kantone setzen richterliche Behörden ein, die als letztinstanzliche kantonale oder interkantonale Behörden über Beschwerden gegen Entscheide interkantonaler Organe befinden. 2 Verletzt ein Kanton einen Vertrag oder verbindliche Beschlüsse eines interkanto- nalen Organs, so kann jeder Kanton oder das entsprechende interkantonale Organ beim Bundesgericht Klage erheben, wenn das interkantonale Streitbeilegungsverfah- ren zu keiner Einigung geführt hat. Art. 17 Direkte Anwendbarkeit Setzt ein Kanton einen Vertrag oder einen verbindlichen Beschluss eines interkan- tonalen Organs nicht oder nicht rechtzeitig um, so können die betroffenen Bürgerin- nen und Bürger Ansprüche aus diesem Vertrag oder diesem Beschluss geltend machen, sofern die entsprechenden Bestimmungen inhaltlich hinreichend bestimmt und klar sind. Finanzausgleich 8 613.2 5. Abschnitt: Wirksamkeitsbericht Art. 18 1 Der Bundesrat legt der Bundesversammlung alle vier Jahre einen Bericht über den Vollzug und die Wirksamkeit dieses Gesetzes vor. 2 Der Bericht gibt Aufschluss über die Erreichung der Ziele des Finanzausgleichs in der vergangenen Periode und erörtert die möglichen Massnahmen für die kommende Periode. 3 Die Wirkungen der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich werden gesondert dargelegt. 6. Abschnitt: Übergangsbestimmungen Art. 19 Härteausgleich 1 Der Bund und die Kantone stellen die finanziellen Mittel zur Verfügung, mit denen für ressourcenschwache Kantone Härten aufgefangen werden, die sich aus dem Übergang vom bisherigen zum neuen Finanzausgleichssystem ergeben. Der Lasten- ausgleich im Rahmen der interkantonalen Zusammenarbeit wird dabei nicht berück- sichtigt. 2 Der Bund finanziert den Härteausgleich zu zwei Dritteln, die Kantone zu einem Drittel. 3 Die Bundesversammlung legt mit einem dem Referendum unterstehenden Bundes- beschluss die anfängliche Höhe des Härteausgleiches fest. Dieser Anfangsbetrag bleibt während acht Jahren fest und verringert sich anschliessend um je 5 Prozent pro Jahr. Der Anfangsbeitrag jedes Kantons wird auf Grund der Zahl seiner Ein- wohnerinnen und Einwohner festgelegt. 4 Die Bundesversammlung beschliesst mit einem dem Referendum unterstehenden Bundesbeschluss über die ganze oder teilweise Aufhebung des Härteausgleichs, wenn sich dessen Weiterführung auf Grund der Ergebnisse des Wirksamkeits- berichts als nicht oder nicht mehr vollumfänglich notwendig erweist. 5 Der Bundesrat regelt die Verteilung der Mittel unter den Kantonen nach Massgabe ihres Ressourcenpotenzials und der Ergebnisse der finanziellen Bilanz aus dem Übergang vom bisherigen zum neuen Finanzausgleichssystem. Er hört vorgängig die Kantone an. Der Lastenausgleich im Rahmen der interkantonalen Zusammenarbeit wird dabei nicht berücksichtigt. 6 Ein Kanton verliert seinen Anspruch auf den Härteausgleich, wenn sein Ressour- cenpotenzial über den schweizerischen Durchschnitt steigt. Finanz- und Lastenausgleich. BG 9 613.2 7 Die Mittel werden den Kantonen ohne Zweckbindung ausgerichtet. 8 ...16 Art. 19a17 Festlegung des Ausgleichs in den Jahren 2020 und 2021 1 In Abweichung von Artikel 3a Absatz 2 Buchstabe a beträgt im Jahr 2020 das Ressourcenpotenzial pro Kopf der Kantone, die vor Ausgleich weniger als 70 Pro- zent des schweizerischen Mittels erreichen, nach Ausgleich 87,7 Prozent des schweizerischen Mittels. 2 Im Jahr 2021 beträgt dieses 87,1 Prozent des schweizerischen Mittels. Art. 19b18 Wirksamkeitsbericht 2020–2025 In Abweichung von Artikel 18 Absatz 1 legt der Bundesrat der Bundesversammlung im Jahr 2024 einen Wirksamkeitsbericht vor, der den Zeitraum von 2020–2025 umfasst. Art. 19c19 Temporäre Abfederungsmassnahmen zugunsten der ressourcenschwachen Kantone 1 Der Bund stellt die finanziellen Mittel zur Verfügung, mit denen in den Jahren 2021–2025 für die ressourcenschwachen Kantone Veränderungen der Ausgleichs- zahlungen abgefedert werden, die sich aus dem Übergang vom bisherigen zum neuen Finanzausgleichssystem ergeben. 2 Die Mittel nach Absatz 1 betragen für das Jahr: a. 2021: 80 Millionen Franken; b. 2022: 200 Millionen Franken; c. 2023: 160 Millionen Franken; d. 2024: 120 Millionen Franken; e. 2025: 80 Millionen Franken. 3 Die Mittel nach Absatz 1 werden an die ressourcenschwachen Kantone pro Kopf der Bevölkerung verteilt. Ein Kanton verliert seinen Anspruch, wenn sein Ressour- cenpotenzial über den schweizerischen Durchschnitt steigt. Er erlangt den Anspruch nicht wieder, wenn er ressourcenschwach wird. Die entsprechenden Mittel werden unter den verbleibenden ressourcenschwachen Kantonen aufgeteilt. 16 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 17 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 18 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 19 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). Finanzausgleich 10 613.2 Art. 2020 7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 21 Vollzug Der Bundesrat erlässt die Vollzugsbestimmungen. Er hört vorgängig die Kantone an. Art. 2221 Art. 23 Aufhebung bisherigen Rechts Das Bundesgesetz vom 19. Juni 195922 über den Finanzausgleich unter den Kanto- nen wird aufgehoben. Art. 23a23 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 28. September 2018 1 Für die ersten fünf Jahre nach der Inkraftsetzung der Änderung vom 28. September 2018 berücksichtigt der Bundesrat weiterhin den besonderen Steuerstatus von juris- tischen Personen nach Artikel 28 Absätze 2–424 StHG25 bisherigen Rechts. In dieser Zeit berechnet sich der massgebende Gewinn nach Artikel 3 Absatz 3 des vorliegen- den Gesetzes in der bis zur Inkraftsetzung dieser Änderung geltenden Fassung. Es werden die Faktoren Beta des Referenzjahres 2020 angewendet. Die mit den Fakto- ren Beta gewichteten Gewinne fliessen in die Berechnung des Ressourcenpotenzials der entsprechenden Referenzjahre ein; ab dem zweiten Jahr nach der Inkraftsetzung wird das Volumen dieser Gewinne jährlich um einen Fünftel reduziert. 2 Diese Berechnungsweise wird auch angewendet, wenn die juristische Person nach dem 31. Dezember 2016 freiwillig auf ihren besonderen Steuerstatus verzichtet hat. 3 Vom fünften bis zum elften Referenzjahr nach der Inkraftsetzung dieser Änderung kann der Bundesrat Untergrenzen und Obergrenzen für die Faktoren einführen, mit denen bei der Berechnung des Ressourcenpotenzials nach Artikel 3 Absatz 3 die Gewinne der juristischen Personen berücksichtigt werden. 4 In den Jahren nach Absatz 3 richtet sich die Mindestausstattung nach Artikel 3a Absatz 2 Buchstabe a nach den massgebenden Ressourcen im vierten Jahr nach Inkrafttreten der Änderung. Der Bund leistet den betroffenen Kantonen Ergänzungs- 20 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 21 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2019, mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 22 [AS 1959 961, 1967 1569, 1974 139, 1980 1791, 1985 1945, 1991 857 Anhang Ziff. 12] 23 Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 28. Sept. 2018 über die Steuerreform und die AHV- Finanzierung, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 2395 2413; BBl 2018 2527). 24 AS 1991 1256, 1998 669 25 SR 642.14 Finanz- und Lastenausgleich. BG 11 613.2 beiträge von jährlich 180 Millionen Franken. Diese werden bei der Berechnung der Mindestausstattung nicht berücksichtigt.26 Art. 24 Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Es wird nach Annahme des Bundesbeschlusses vom 3. Oktober 200327 zur Neuge- staltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kanto- nen durch Volk und Stände im Bundesblatt veröffentlicht. 3 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. Er berücksichtigt dabei den Stand der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich. Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 200828 Art. 20: 1. April 200529 26 Fassung gemäss Ziff. II Abs. 2 des BG vom 21. Juni 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 3817; BBl 2018 6577). 27 BBl 2002 2560 28 V vom 7. Nov. 2007 (AS 2007 6821) 29 BRB vom 3. März 2005 (AS 2005 1637) Finanzausgleich 12 613.2 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Gegenstand Art. 2 Ziele 2. Abschnitt: Ressourcenausgleich durch Bund und Kantone Art. 3 Ressourcenpotenzial Art. 3a Festlegung und Verteilung der Mittel des Ressourcenausgleichs Art. 4 Finanzierung des Ressourcenausgleichs Art. 5 und 6 3. Abschnitt: Lastenausgleich durch den Bund Art. 7 Geografisch-topografischer Lastenausgleich Art. 8 Soziodemografischer Lastenausgleich Art. 9 Festlegung und Verteilung der Mittel 3a. Abschnitt: Nachträgliche Berichtigung von Ausgleichszahlungen Art. 9a 4. Abschnitt: Interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich Art. 10 Pflicht zur Zusammenarbeit Art. 11 Ziele Art. 12 Grundsätze für den Ausgleich Art. 13 Interkantonale Rahmenvereinbarung Art. 14 Allgemeinverbindlicherklärung Art. 15 Beteiligungspflicht Art. 16 Rechtsmittel Art. 17 Direkte Anwendbarkeit 5. Abschnitt: Wirksamkeitsbericht Art. 18 6. Abschnitt: Übergangsbestimmungen Art. 19 Härteausgleich Art. 19a Festlegung des Ausgleichs in den Jahren 2020 und 2021 Art. 19b Wirksamkeitsbericht 2020–2025 Art. 19c Temporäre Abfederungsmassnahmen zugunsten der ressourcenschwachen Kantone Art. 20 7. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 21 Vollzug Art. 22 Art. 23 Aufhebung bisherigen Rechts Art. 23a Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 28. September 2018 Art. 24 Referendum und Inkrafttreten
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Sachverhalt ab Seite 15 BGE 80 IV 15 S. 15 A.- Hans Weyeneth, der ein Lichtspieltheater führt, stand in den Monaten Februar bis Mai 1948 der schwer überschuldeten Eos Film AG, die keine Bankkredite mehr erhielt, finanziell bei und liess sich dafür von ihr sechs Wechsel von je Fr. 20'000.-- mit Laufzeiten von durchschnittlich zwei bis zweieinhalb Monaten ausstellen und übergeben. Jeder Wechsel trug die Unterschrift eines dem Wechselnehmer als zahlungsfähig bekannten Akzeptanten. Auf den beiden ersten Wechseln war sie echt. Auf den andern vier hatte Gertrud Bachthaler, die Leiterin der BGE 80 IV 15 S. 16 Eos Film AG, sie hingesetzt, was Weyeneth nicht wusste. Weyeneth liess die Wechsel von Banken diskontieren. Der Ausstellerin der Wechsel leistete er nur Beträge, die um 10% unter den Wechselsummen blieben. In einem Falle zog er ausserdem seine Diskontspesen ab, und in einem anderen Falle liess er sich über den erwähnten Einschlag hinaus versprechen, dass er einen bestimmten Film während unbestimmter Zeit unentgeltlich in seinem Theater aufführen dürfe, wodurch er an Mietgeld mindestens Fr. 2000.-- einsparen konnte. Bei Verfall eines der beiden ersten Wechsel nahm er an Stelle der Zahlung einen Erneuerungswechsel mit knapp zwei Monaten Laufzeit an. Dafür liess er sich von der Eos Film AG 10% ihrer Einnahmen aus der Vermietung eines bestimmten Filmes versprechen und ausserdem das Recht einräumen, diesen Film während vierzehn Tagen unentgeltlich in seinem Theater aufzuführen, Vorteile, die er und Frau Bachthaler auf zusammen mindestens Fr. 7000.-- schätzten. Weyeneth wusste von Anfang an, dass Gertrud Bachthaler, die für die Eos Film AG handelte, die erwähnten Geschäfte nur einging, weil die Gesellschaft finanziell sehr bedrängt war und sich das dringend benötigte Geld nicht anders verschaffen konnte. Johann Flückiger liess sich in den Monaten März bis Mai 1948 von der Eos Film AG fünf Wechsel von je Fr. 20'000.--, zwei Wechsel von je Fr. 25'000.-- und einen Wechsel von Fr. 30'000.-- mit Laufzeiten von einem bis drei Monaten ausstellen und übergeben und bezahlte ihr dafür, um ihr finanziell beizustehen, Beträge aus, die in fünf Fällen um 10%, in zwei Fällen um 11, 1% und in einem Falle (bei einer Laufzeit von einem Monat und einer Wechselsumme von Fr. 25'000.--) um 20% unter der Wechselsumme blieben. Für jenen Wechsel, den er gegen 20% Einschlag erhielt, nahm er bei Verfall einen Erneuerungswechsel mit einer Laufzeit von einem Monat an, wobei die Wechselsumme von Fr. 25'000.-- auf Fr. 27'000.-- erhöht wurde. Als der Erneuerungswechsel verfiel, liess er BGE 80 IV 15 S. 17 sich einen zweiten solchen an Zahlungsstatt geben, mit zwei Monaten Laufzeit und einer Wechselsumme von Fr. 30'000.--. Alle Wechsel trugen die gefälschte Unterschrift eines zahlungsfähigen Akzeptanten, doch hatte Flückiger von den Fälschungen keine Kenntnis. Er war sich bei der Annahme der Wechsel bewusst, dass Gertrud Bachthaler nur deshalb für die Eos Film AG zu den erwähnten Bedingungen Geld aufnahm, weil die Gesellschaft infolge finanzieller Schwierigkeiten, die er freilich nur für vorübergehend hielt, anderswo günstiger keines mehr erhielt. Am 29. September 1948 wurde über die Eos Film AG der Konkurs eröffnet. B.- Am 23. September 1953 verurteilte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Weyeneth und Flückiger wegen wiederholten Wuchers zu bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafen von je einem Monat, unter Auferlegung von zwei Jahren Probezeit, Weyeneth ausserdem zu einer Busse von Fr. 1000.-- und Flückiger zu einer solchen von Fr. 600.--. C.- Die Verurteilten führen Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zu ihrer Freisprechung an das Appellationsgericht zurückzuweisen. Sie machen geltend, es sei fraglich, ob eine juristische Person, wie hier die Eos Film AG, Opfer des Wuchers nach Art. 157 StGB sein könne; jedenfalls seien die gesetzlichen Merkmale der Notlage, Abhängigkeit, Geistesschwäche, Unerfahrenheit, Charakterschwäche nicht gleich zu werten wie bei der natürlichen Person, und namentlich sei eine Notlage nicht ohne weiteres anzunehmen, da die Art. 725, 817 und 903 OR den Eintritt einer solchen verhindern sollten. Zudem seien die gefälschten Wechsel in Wirklichkeit wertlos gewesen, weshalb ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung jedenfalls nicht zu Ungunsten der Eos Film AG bestanden habe. Den Beschwerdeführern habe auch der Vorsatz gefehlt. BGE 80 IV 15 S. 18 Sie hätten nicht den Eindruck gehabt, dass sich die Eos Film AG in einer Notlage befinde; denn sie hätten an den Bestand und den Wert der Akzepte geglaubt, die sie für echt hielten. Sie hätten auch keine Notlage "ausbeuten" wollen. Das Bewusstsein eines "offenbaren Missverhältnisses" zwischen den gewährten oder versprochenen Vermögensvorteilen und der eigenen Leistung habe ihnen ebenfalls gefehlt; aus den Äusserungen der Frau Bachthaler, deren unglaubliche Überredungskunst die Vorinstanzen zu wenig berücksichtigt hätten, hätten sie annehmen dürfen, der Einschlag von 10% sei durchaus üblich. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 157 Ziff. 1 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer die Notlage, die Abhängigkeit, die Geistesschwäche, die Unerfahrenheit, die Charakterschwäche oder den Leichtsinn einer Person ausbeutet, um sich oder einem andern für eine Vermögensleistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen zu lassen, die mit der Leistung in einem offenbaren Missverhältnis stehen. Diese Bestimmung schützt das Vermögen (vgl. die Überschrift zum zweiten Titel und den Randtitel zu Art. 148 ff.) und kommt daher auch einer juristischen Person als Träger von Vermögensrechten zugute, gleichgültig ob sie selber oder ob vielmehr das für sie handelnde Organ sich in einer vom Täter ausgebeuteten Notlage, Abhängigkeit usw. befunden hat. Nach dem Wortlaut ist nicht nötig, dass die Person, deren Lage oder Eigenschaften der Täter ausbeutet, mit dem Geschädigten identisch sei; es genügt, dass die Ausbeutung überhaupt zum Mittel gemacht werde, um einen auf Austausch von Vermögensleistungen gerichteten Vertrag, in welchem Leistung und Gegenleistung in einem offenbaren Missverhältnis stehen, zustande zu bringen. Selbst der französische Text, der im Gegensatz zum deutschen und italienischen verlangt, dass der Täter sich (oder einem andern) den Vermögensvorteil BGE 80 IV 15 S. 19 durch die sich in Not usw. befindende Person ("par elle") habe gewähren oder versprechen lassen, ist nicht anders auszulegen; denn damit ist nicht gesagt, dass diese Person die Leistung oder das Versprechen im eigenen Namen erbracht bzw. abgegeben haben müsse, nicht auch als Organ einer juristischen Person habe handeln können. Wucher kann daher z.B. begangen werden, indem der Täter die Geistesschwäche des Verwaltungsrates oder Geschäftsführers einer Aktiengesellschaft ausbeutet, um sich zu Lasten der Gesellschaft Leistungen versprechen zu lassen, die zu den Gegenleistungen in einem offenbaren Missverhältnis stehen. So verhält es sich hier freilich nicht. Den Beschwerdeführern wird nicht vorgeworfen, sie hätten, um die Eos Film AG zu bewuchern, die Notlage der Geschäftsführerin Gertrud Bachthaler ausgebeutet, sondern die Gesellschaft selber soll sich in der ausgebeuteten Notlage befunden haben. Die Person, deren Lage ausgebeutet wurde, ist hier mit der Geschädigten identisch; nur ist sie nicht eine natürliche, sondern eine juristische Person. Aber auch dieser Tatbestand wird von Art. 157 Ziff. 1 Abs. 1 erfasst. Diese Bestimmung spricht von einer Person schlechthin, nicht von einer natürlichen Person. Wenn und soweit auch eine juristische Person sich in einer Lage befinden oder eine Eigenschaft aufweisen kann, wie sie in der erwähnten Norm umschrieben sind, zieht die wucherische Ausbeutung dieser Lage oder Eigenschaft Strafe nach sich. Im vorliegenden Falle geht es nur um die Frage der "Notlage". In einer solchen kann sich auch die juristische Person befinden. Daran ändert die Anzeigepflicht bei Kapitalverlust und bei Überschuldung ( Art. 725, 817, 903 OR ) nichts. Abgesehen davon, dass man sich fragen kann, ob nicht schon der die Anzeigepflicht auslösende Tatbestand die Voraussetzungen einer "Notlage" im Sinne des Art. 157 StGB erfüllt, kann in Fällen, in denen die Anzeigepflicht verletzt worden ist und die Lage sich dadurch verschlimmert hat, die Notlage nicht deshalb BGE 80 IV 15 S. 20 verneint werden, weil sie durch Erfüllung dieser Pflicht hätte gemildert oder vermieden werden können. Art. 157 StGB frägt nicht nach den Ursachen der Notlage; es genügt, dass sie bestand und der Täter sie ausbeutete. 2. Die Mehrzahl der Wechsel enthielten ein gefälschtes Akzept. Das schliesst Wucher in diesen Fällen nicht aus. Die Fälschungen ändern nichts daran, dass die Beschwerdeführer sich von der Eos Film AG - übrigens auch wechselrechtlich durchaus gültig - im Sinne des Art. 157 StGB Vermögensvorteile "versprechen" und "gewähren" liessen. Auch kann nicht gesagt werden, diese hätten objektiv zu den Leistungen der Beschwerdeführer in keinem offenbaren Missverhältnis gestanden, weil die Fälschung der Akzepte die Gefahr, dass die Wechselnehmer zu Verlust kommen könnten, erhöht habe. Die Vergütungen, welche die Eos Film AG versprach, um von den Beschwerdeführern für kurze Zeit Geld zu erhalten, entsprachen einem Jahreszins von 60 und mehr Prozent. Selbst das hohe Verlustrisiko, das wegen der hoffnungslosen finanziellen Lage der Eos Film AG objektiv bestand, rechtfertigte so masslose Überforderung nicht. Art. 157 StGB wäre sonst gerade in den Fällen, in denen der Bewucherte wegen seiner verzweifelten Lage des Schutzes am meisten bedurfte, toter Buchstabe. 3. Vorsatz setzt unter anderem voraus, dass den Beschwerdeführern die Notlage der Eos Film AG bekannt war. Dieses Wissen ist von der Vorinstanz verbindlich festgestellt worden (Art. 273 Abs. 1 lit. b, 277 bis Abs. 1 BStP). Dass die Beschwerdeführer meinten, der Eos Film AG fehlten nur vorübergehend die nötigen Mittel, ist unerheblich; eine Notlage kann auch in vorübergehenden finanziellen Schwierigkeiten bestehen, weshalb der Vorsatz, sich solche zunutze zu machen, genügt. Zum Vorsatz gehört ferner, dass die Beschwerdeführer wussten, in welchem Verhältnis Leistung und Gegenleistung zueinander standen. Auch dieses Wissen steht fest. Die irrige Vorstellung über die Gültigkeit der Akzepte BGE 80 IV 15 S. 21 schliesst es nicht aus; denn die Beschwerdeführer stellten sich nicht einen Sachverhalt vor, der für sie günstiger, sondern einen solchen, der für sie ungünstiger gewesen wäre, wenn er der Wirklichkeit entsprochen hätte. Nicht nötig ist, dass die Beschwerdeführer das bestehende Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung als "offenbares Missverhältnis" würdigten, wie der Richter es tut; denn das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit, ja Strafbarkeit einer Handlung gehört nicht zum Vorsatz; ein Irrtum in dieser Hinsicht wäre nach Art. 20 StGB zu berücksichtigen; doch entfällt die Anwendung dieser Bestimmung hier schon deshalb, weil die Beschwerdeführer sich auf keinen zureichenden Grund zu berufen vermöchten, der ihnen das Gefühl hätte nehmen können, so skrupellose Ausnützung der Notlage einer Aktiengesellschaft verstosse nicht zum mindesten irgendwie gegen das, was recht ist. Endlich war den Beschwerdeführern auch bekannt, dass die Eos Film AG die Wechselverpflichtungen nur wegen ihrer Notlage zu den vereinbarten Bedingungen einging. Sie waren sich also bewusst, dass sie durch den Abschluss der Geschäfte zu diesen Bedingungen die Notlage ausbeuteten. Indem sie trotz ihres Wissens die Geschäfte abschlossen, und zwar, wie nicht bestritten wird, aus freiem Willensentschlusse, hatten sie notwendigerweise auch den zum Vorsatz gehörenden Willen, die den Wuchertatbestand ausmachenden Merkmale zu verwirklichen. Die Vorinstanz hat den Vorsatz somit zu Recht bejaht.
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Sachverhalt ab Seite 363 BGE 125 V 362 S. 363 A.- Der 1949 geborene G. meldete sich anfangs Oktober 1995 zur Arbeitsvermittlung sowie zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung an. Am 13. Dezember 1996 wurde er verfügungsweise für 32 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt, da er eine im Rahmen des Beschäftigungsprogramms X zugewiesene Stelle nicht angetreten hatte. Seit März 1997 erzielt G. bei der Firma C. AG teilzeitlich einen Zwischenverdienst. Nachdem er drei weiteren Aufforderungen (eine im Februar 1997 und zwei im Juli 1997), sich beim erwähnten Beschäftigungsprogramm zu bewerben, keine Folge geleistet hatte, entzog ihm das Regionale BGE 125 V 362 S. 364 Arbeitsvermittlungszentrum Ob- und Nidwalden (RAV) mit Verfügung vom 1. September 1997 den Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung ab 5. August 1997. B.- Die gegen die Verfügung des RAV vom 1. September 1997 eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden ab (Entscheid vom 2. Februar 1998). C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt G., der kantonale Entscheid und die Verfügung des RAV vom 1. September 1997 seien aufzuheben. (...). Das RAV verzichtet auf eine Stellungnahme. Das Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (BWA) lässt sich nicht vernehmen. D.- Am 26. Januar 1999 unterbreitete der Instruktionsrichter dem RAV eine Anfrage über die Verfügungskompetenz, welches mit Schreiben vom 29. Januar 1999 antwortete. Im Hinblick auf diese Aktenergänzung wurde ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt. Während sich G. nicht vernehmen liess, erachtete das BWA den am 1. September 1997 durch das RAV verfügten Leistungsentzug als rechtmässig. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Streitig und zu prüfen ist der Entzug des Leistungsanspruchs gemäss dem am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Art. 30a Abs. 1 AVIG . Danach entzieht die kantonale Amtsstelle dem Versicherten den Leistungsanspruch, wenn er sich nach Ablauf der gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG verfügten Einstellungsdauer immer noch der Teilnahme an einem Beratungsgespräch oder an einer arbeitsmarktlichen Massnahme widersetzt. 2. a) Im vorliegenden Fall hat nicht die kantonale Amtsstelle (Arbeitsamt Nidwalden), sondern das RAV den Leistungsanspruch mit Verfügung vom 1. September 1997 entzogen. Es stellt sich daher vorab die Frage nach der Verfügungszuständigkeit. b) Gemäss Art. 85b Abs. 1 Satz 2 AVIG können die Kantone den regionalen Arbeitsvermittlungszentren Aufgaben der kantonalen Amtsstellen und der Gemeindearbeitsämter übertragen. Von dieser Kompetenz haben die Kantone Ob- und Nidwalden in der Vereinbarung über ein gemeinsames regionales Arbeitsvermittlungszentrum vom 15. Januar 1996 Gebrauch gemacht. Die Aufgaben des RAV wurden dabei nicht abschliessend geregelt. Vielmehr sieht Art. 2 lit. k der erwähnten Vereinbarung - analog Art. 85 Abs. 1 lit. i AVIG - auch den BGE 125 V 362 S. 365 Vollzug weiterer als der in Art. 2 lit. a bis i explizit übertragenen Aufgaben vor. Die Zuweisung erfolgt durch die Aufsichtskommission (Art. 6 Abs. 2 lit. g der interkantonalen Vereinbarung vom 15. Januar 1996). Mit Schreiben vom 22. April 1999 bestätigte der Präsident der Aufsichtskommission gegenüber dem BWA, dass es die Absicht beider Kantone gewesen sei, den Vollzug des AVIG vollumfänglich dem RAV zu übertragen; davon ausgenommen seien lediglich die Kurzarbeits- und Schlechtwetterentschädigung. Damit oblag der in Art. 2 der Vereinbarung nicht ausdrücklich aufgeführte - da erst nach deren Inkrafttreten (nach Zustimmung beider Kantonsparlamente am 29. Februar 1996 [Obwalden] und am 27. März 1996 [Nidwalden]) ins AVIG aufgenommene - Entzug des Leistungsanspruchs gemäss Art. 30a Abs. 1 AVIG im Rahmen der Generalklausel des Art. 2 lit. k der Vereinbarung dem RAV. Dessen Verfügungszuständigkeit erweist sich daher als rechtens. 4. a) Das kantonale Gericht anerkannte zwar die vom Versicherten angeführten Gründe, welche es ihm verunmöglichten, sich am 13. Februar 1997, 24. Juli 1997 und 5. August 1997 beim Leiter des Beschäftigungsprogramms X für die zugewiesene Stelle zu bewerben; am 13. Februar 1997 und 5. August 1997 war er krank, am 24. Juli 1997 konnte er seitens der C. AG nicht freigestellt werden. Dessen ungeachtet kam es zum Schluss, dass dem Beschwerdeführer der Leistungsanspruch zu Recht entzogen worden sei. Zum einen finde er trotz seiner Zwischenverdiensttätigkeit von lediglich rund vier Stunden im Tag keine Zeit, sich für das Beschäftigungsprogramm vorzustellen oder seine Arbeitskraft für 50% zur Verfügung zu halten. Zum andern gehe aus der Beschwerde hervor, dass er nach wie vor nicht gewillt und bereit sei, im Beschäftigungsprogramm X mitzuarbeiten. b) Den vorinstanzlichen Erwägungen kann nicht beigepflichtet werden. Die vorübergehende Beschäftigung nach Art. 72 Abs. 1 AVIG ist subsidiärer Natur. Sie kommt erst in Frage, wenn dem Versicherten keine zumutbare Beschäftigung zugewiesen werden kann und keine andere arbeitsmarktliche Massnahme angezeigt ist ( Art. 72a Abs. 1 AVIG ; NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Rz. 666). Dabei muss der Versicherte während der entsprechenden Zeitspanne vermittlungsfähig sein und seine Arbeitsbemühungen fortsetzen. Denn nicht die Teilnahme an der Massnahme - die ausgeübten Beschäftigungen liegen grundsätzlich ausserhalb privatwirtschaftlicher Tätigkeit BGE 125 V 362 S. 366 (NUSSBAUMER, a.a.O., Rz. 663) -, sondern die Wiedereingliederung ins Erwerbsleben geniesst Vorrang ( Art. 72 Abs. 1 AVIG ). Eine vorübergehende Beschäftigung muss daher in Nachachtung der in Art. 17 Abs. 1 AVIG statuierten Schadenminderungspflicht jederzeit zu Gunsten einer Arbeitsstelle beendet werden. Dies gilt auch hinsichtlich einer zumutbaren Zwischenverdiensttätigkeit, zumal deren Annahme nicht im Belieben des Versicherten steht ( Art. 16 Abs. 1 AVIG unter der Voraussetzung von Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG [in der seit 1. Januar 1996 bzw. in der Zeit vom 1. Januar 1997 bis 30. November 1997 gemäss dringlichem Bundesbeschluss vom 13. Dezember 1996 gültigen Fassung; vom 1. April 1993 bis 31. Dezember 1995: Art. 16 Abs. 1bis AVIG ]; BGE 122 V 39 Erw. 4b, 254 Erw. 3e/bb, BGE 114 V 347 f. Erw. 2b; ARV 1998 Nr. 9 S. 47 Erw. 4 in fine). Umgekehrt folgt daraus, dass bei der Ausübung einer ausgleichsberechtigenden Zwischenverdienstarbeit dieser Priorität vor einer vorübergehenden Beschäftigung zukommt. Schliesslich ist der Versicherte verpflichtet, eine lediglich finanziell unzumutbare Zwischenverdiensttätigkeit beizubehalten, solange ihm keine andere (Dauer-)Stelle zugesichert ist und ihm ein Verbleiben an der Arbeitsstelle, an der er Zwischenverdienst erzielt, zugemutet werden kann (ARV 1998 Nr. 9 S. 45 Erw. 2d; nicht veröffentlichtes Urteil B. vom 26. November 1998 [in Bezug auf den mit Wirkung ab 1. Januar 1996 revidierten Art. 16 AVIG ]). Für die Vorrangigkeit der Zwischenverdiensttätigkeit spricht aber auch der Umstand, dass die Teilnahme an einem Beschäftigungsprogramm zwar eine beitragspflichtige Tätigkeit darstellt ( Art. 81b Abs. 2 AVIV ). Indes kann der Versicherte damit gemäss Änderung des AVIG vom 23. Juni 1995 - im Gegensatz zu einer Zwischenverdienstarbeit - für die nächste Rahmenfrist keine Beitragszeit erwerben, weil mit Ablauf der ersten Rahmenfrist der Versicherungsschutz dahinfallen soll ( Art. 13 Abs. 2quater AVIG [in Kraft seit 1. Januar 1997]; vgl. die Protokolle der parlamentarischen Beratung: Amtl.Bull. 1994 N 1567 f. und Amtl.Bull. 1995 S 94); Beschäftigungsprogramme, die innerhalb der Rahmenfrist durchgeführt werden, bilden nicht mehr Grundlage für neue Taggeldansprüche in der nachfolgenden Rahmenfrist (NUSSBAUMER, a.a.O., Rz. 673). Dazu kommt, dass eine Zwischenverdiensttätigkeit nicht nur zur Schonung der von der Versichertengemeinschaft aufgebrachten Mittel beiträgt. Denn während sich bei der Zwischenverdienstarbeit die Entschädigung nach dem Prinzip des Verdienstausfalles bemisst ( Art. 24 Abs. 2 AVIG ), wird im Rahmen von BGE 125 V 362 S. 367 Beschäftigungsprogrammen für jeden effektiv geleisteten Arbeitstag das ganze (besondere) Taggeld in der Form des Nettolohnes ausgerichtet ( Art. 81b Abs. 3 AVIV ). Vielmehr dient die Ausübung einer auf die Erzielung eines Zwischenverdienstes gerichteten Tätigkeit auch der Erhaltung der Arbeitsqualifikation (GERHARDS, Grundriss des neuen Arbeitslosenversicherungsrechts, Bern 1996, S. 119, N. 111), weist sie doch in der Regel mehr Nähe zu den beruflichen Fähigkeiten des Versicherten auf als eine Tätigkeit in einem Beschäftigungsprogramm, was die Wiedereingliederung ins Erwerbsleben gezielter zu fördern vermag. Zum einen liegt die vorübergehende Tätigkeit wegen des Verbots der direkten Konkurrenzierung der Privatwirtschaft vor allem im Bereich Umweltschutz und Gesundheitswesen (Amtl.Bull. 1995 S 111 f.): z.B. Bau von Radwegen, Waldsäuberungen, Alpmeliorationen, Markierungen von Wanderwegen, Erstellen von Fotoarchiven, Sozialdienst in Altersheimen oder Räumungsarbeiten nach Überschwemmungen (vgl. Beilage 2 zu Teil G des Kreisschreibens über die arbeitsmarktlichen Massnahmen, gültig ab 1. Juni 1997). Zum andern gelten für die Zuweisung einer vorübergehenden Beschäftigung herabgesetzte Anforderungen an die Zumutbarkeit, muss die Arbeit doch nur dem Alter, den persönlichen Verhältnissen und dem Gesundheitszustand des Versicherten angemessen sein ( Art. 72a Abs. 2 AVIG in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 lit. c AVIG ). Überdies haben Versicherte, welche einen Zwischenverdienst erzielen, erhöhte Chancen auf ein baldiges Ende ihrer Arbeitslosigkeit, besteht doch bei ihnen die Möglichkeit, dass sie auf Grund ihres Wirkungsbereiches - wie hier in Aussicht gestellt wird - innerhalb des Betriebes, bei welchem sie die Zwischenverdiensttätigkeit ausüben, eine zur Beendigung der Arbeitslosigkeit führende (Vollzeit-)Stelle erhalten. c) Bei dieser Rechts- und Sachlage blieb im vorliegenden Fall seit März 1997 kein Raum, dem Beschwerdeführer eine vorübergehende Beschäftigung zuzuweisen. Sein Verhalten gegenüber dem Beschäftigungsprogramm X ist ihm deshalb nicht vorzuwerfen. Der verfügte, vorinstanzlich bestätigte Leistungsentzug widerspricht dem Bundesrecht. Ob der Beschwerdeführer sonst die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung ab 5. August 1997 erfüllt, ist nicht in diesem Verfahren zu prüfen.
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Sachverhalt ab Seite 374 BGE 122 I 373 S. 374 Das Steueramt der Stadt Zürich wies am 2. Mai 1995 ein Gesuch von W. um Erlass der noch offenen Staats- und Gemeindesteuern 1992 im Betrag von Fr. 6'867.45 ab. Der Steuerpflichtige erhob dagegen Rekurs, den die Finanzdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 26. Juni 1995 abwies. Dagegen erhob W. mit Eingabe vom 18. August 1995 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV . Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein, aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Die staatsrechtliche Beschwerde steht Bürgern und Körperschaften bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Rechtsverletzungen erlitten haben ( Art. 88 OG ). Sie ist daher nur dann gegeben, wenn die Verfassungsverletzung, die der Betroffene rügt, ihn in persönlichen, rechtlich geschützten Interessen trifft (vgl. BGE 121 I 267 E. 2 S. 268 f.). a) Durch die Verweigerung eines Steuererlasses ist ein Steuerpflichtiger nur dann in rechtlich geschützten Interessen betroffen, wenn ihm das kantonale Recht einen Rechtsanspruch auf Steuererlass einräumt. Ein Rechtsanspruch liegt dann vor, wenn das kantonale Recht genau umschreibt, unter welchen Voraussetzungen dem Betroffenen der beantragte Vorteil zu gewähren ist. Dies ist bei der Regelung des Steuererlasses allerdings nur schwer vorstellbar, kommt doch der kantonale Gesetzgeber nicht darum herum, die Voraussetzungen des Steuererlasses relativ vage zu umschreiben, indem er eine Notlage des Pflichtigen, einen besonderen Härtefall oder dergleichen als erforderlich erklärt. Ob der Gesetzgeber einen Rechtsanspruch einräumen will, muss sich daher eher aus anderen Umständen ergeben, etwa daraus, dass blosse Kann-Vorschriften vermieden wurden ( BGE 112 Ia 93 E. 2c S. 94 f.). Die Einkommenssteuergesetze der Kantone räumen den Behörden beim Entscheid über einen beantragten Steuererlass ein grosses Ermessen ein. Die meisten Steuergesetze bestimmen, dass die Steuer bei Vorliegen einer besonderen Härte, Notlage oder Herabsetzung der Leistungsfähigkeit erlassen werden kann; einzig die Kantone Bern und Jura vermeiden eine Kann-Formulierung und schreiben vor, dass die Steuer in einem solchen Fall zu erlassen ist. b) Das Bundesgericht hat in einem den Kanton Neuenburg BGE 122 I 373 S. 375 betreffenden Fall entschieden, dass ein Rechtsanspruch jedenfalls dann fehlt, wenn die einschlägige kantonale Gesetzesnorm bloss die Möglichkeit eines Total- oder Teilerlasses vorsieht und dem allein entscheidenden Vorsteher des Finanzdepartements einen sehr grossen Ermessensspielraum einräumt, ohne festzulegen, dass er unter bestimmten Voraussetzungen einen Steuererlass gewähren muss ( BGE 112 Ia 93 E. 2c). In bezug auf § 62 des zürcherischen Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes vom 28. September 1985 hat das Bundesgericht einen Rechtsanspruch auf Steuererlass verneint; daran vermochte nichts zu ändern, dass im Zürcher Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz gegen den Entscheid der Finanzdirektion ein Rechtsmittel an den Regierungsrat vorgesehen ist (nicht veröffentlichtes Urteil vom 28. Februar 1994 i.S. R. B. E. 2c). In weiteren nicht veröffentlichten Entscheiden wurde ein Rechtsanspruch auf Steuererlass für den Kanton Schwyz (Urteil vom 13. Juli 1988 i.S. B. AG), den Kanton Wallis (Urteil vom 19. September 1995 i.S. C. C.) und den Kanton Freiburg (Urteil vom 17. November 1995 i.S. M. K.) verneint, ebenso mit Urteil vom heutigen Datum i.S. T. N. für den Kanton Luzern. c) Auch der Gesetzgeber des Kantons Zürich hat darauf verzichtet, die Voraussetzungen für einen Steuererlass verbindlich, d.h. in einer anspruchsbegründenden Formulierung, festzulegen. Nach § 123 Abs. 1 des Gesetzes vom 8. Juli 1951 über die direkten Steuern (StG) können Steuern ganz oder teilweise erlassen werden, wenn die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen durch besondere Umstände, wie aussergewöhnliche Belastung durch den Unterhalt der Familie, andauernde Arbeitslosigkeit oder Krankheit, Unglücksfälle, Verarmung, Erwerbsunfähigkeit oder andere Umstände beeinträchtigt ist; das Vorhandensein von Vermögen schliesst gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung einen Steuererlass nicht aus. Dem Zürcher Steuergesetz ist - entgegen gewissen Lehrmeinungen (REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, N. 9 zu § 123 StG ; RICHNER/FREI/WEBER/ BRÜTSCH, Kurzkommentar zum Zürcher Steuergesetz, N. 4 zu § 123 StG ) - nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den Pflichtigen im Sinne von Art. 88 OG einen Rechtsanspruch auf Erlass der Einkommenssteuer gewähren wollte. Nach den Formulierungen des Gesetzes verfügt die Erlassbehörde über einen grossen Ermessensspielraum. Die Voraussetzungen für einen Erlass werden im Gesetzestext zu unbestimmt umschrieben, als dass sich daraus ein justiziabler Anspruch auf Steuererlass ableiten liesse. Dass § 125 StG eine Rekursmöglichkeit BGE 122 I 373 S. 376 an die Finanzdirektion vorsieht, genügt für sich allein nicht, um einen Rechtsanspruch annehmen zu können, da es auch im Rechtsmittelverfahren vorab um Ermessens- und nicht um Rechtsfragen geht (Urteil vom 28. Februar 1994 i.S. R. B. E. 2c). Somit besteht nach § 123 StG kein Rechtsanspruch auf Steuererlass. Das Urteil vom 30. April 1975, wonach für den Kanton Zürich ein Rechtsanspruch auf Erlass der Einkommenssteuer angenommen wurde (ASA 44 618), ist durch die seitherige Rechtsprechung überholt (vgl. BGE 112 Ia 93 E. 2c S. 94 f.; nicht veröffentlichte Urteile vom 13. Juli 1988 i.S. B. AG E. 3b und vom 28. Februar 1994 i.S. R. B. E. 2c). d) Somit ist der Beschwerdeführer mangels eines Rechtsanspruchs auf Steuererlass in der Sache nicht zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer rügt, der angefochtene Entscheid sei materiell willkürlich, kann daher nicht eingetreten werden.
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Sachverhalt ab Seite 46 BGE 128 IV 46 S. 46
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Sachverhalt ab Seite 103 BGE 135 I 102 S. 103 Das Betreibungsamt A. teilte nach Dahinfallen des Verwertungsaufschubs in der gegen X. laufenden Betreibung Nr. y (Gläubigerin: Einwohnergemeinde A., vertreten durch die Finanzverwaltung) am 9. August 2007 mit, dass gemäss betreibungsamtlicher Schätzung des Grundstückes Nr. ... GB A. mit Remise Nr. ... der Verkehrswert Fr. 3'120'000.- betrage (Schätzung des kantonalen Schätzers Z. vom 27. Juli 2007). Am 20. August 2007 verlangte X. eine neue Schätzung durch einen Sachverständigen. Mit Verfügung vom 31. August 2007 forderte der Gerichtspräsident als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen den Schuldner gestützt auf Art. 9 Abs. 2 VZG auf, innert zehntägiger Frist einen Kostenvorschuss von Fr. 1'500.- für die Sachverständigenschätzung zu leisten, andernfalls auf das Begehren nicht eingetreten werde. Am 21. September 2007 (dem letzten Tag der zehntägigen Frist) ersuchte der Schuldner um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Mit Entscheid vom 5. Oktober 2007 wies die untere Aufsichtsbehörde das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab und trat auf das Begehren um Neuschätzung nicht ein. Gegen den Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde gelangte X. an das Obergericht des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, welche die Beschwerde mit Entscheid vom 30. Juli 2008 abwies, soweit darauf eingetreten wurde. Mit Eingabe vom 21. August 2008 führt X. Beschwerde in Zivilsachen. Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht im Wesentlichen, den Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde vom 30. Juli 2008 aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, unter Befreiung der Pflicht zur Leistung eines Kostenverschusses die Sachverständigenschätzung anzuordnen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde in Zivilsachen ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. (...) 3.1 Umstritten ist die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nach Art. 29 Abs. 3 BV für das Verfahren zur Schätzung des Grundstücks durch Sachverständige gemäss Art. 9 Abs. 2 der Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG; SR 281.42) . Soweit die obere Aufsichtsbehörde die unentgeltliche Rechtspflege mit dem Hinweis BGE 135 I 102 S. 104 verweigert, die Kosten der Sachverständigenschätzung seien "ausserordentliche Kosten" und nicht Gebühren für eine amtliche Tätigkeit eines Vollstreckungsorganes, ist dies nicht haltbar. Wenn für ein Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren ist, so umfasst die Befreiungswirkung die Vorschüsse für sämtliche prozessualen Handlungen (vgl. BGE 57 I 337 E. 3 S. 348; BGE 112 Ia 14 E. 3c S. 18). Sodann ist unzutreffend, wenn die Aufsichtsbehörde festgehalten hat, der Beschwerdeführer hätte für sein Begehren "das kostenlose Beschwerdeverfahren in Anspruch nehmen können". Entweder werden Fehler im Verfahren zur betreibungsamtlichen Schätzung gerügt oder es geht - wie hier die kantonalen Aufsichtsbehörden unbestrittenermassen angenommen haben - um das Ergebnis der betreibungsamtlichen Schätzung, welches der Beschwerdeführer in Frage stellt. Im letzteren Fall hat jedoch eine (neue) Schätzung durch Sachverständige gemäss Art. 9 Abs. 2 VZG zu erfolgen ( BGE 133 III 537 E. 4.1 mit Hinweisen) und kann der Beschwerdeführer nicht auf das Beschwerdeverfahren verwiesen werden. 3.2 Zu prüfen ist, ob das Verfahren zur Neuschätzung des Grundstücks durch Sachverständige gemäss Art. 9 Abs. 2 VZG vom Anspruch gemäss Art. 29 Abs. 3 BV erfasst ist. 3.2.1 Nach dem Sinn und Zweck der unentgeltlichen Rechtspflege muss das Gemeinwesen den Privaten nur dann unterstützen, wenn diesem ansonsten der Verlust eines Rechts oder ein als unzulässig erachteter Eingriff in seine Rechte droht ( BGE 130 I 180 E. 2.2 S. 182 mit Hinweisen; Urteil 5A_447/2007 vom 13. Dezember 2007 E. 2, nicht publ. in: BGE 134 I 12 ). So hat der Schuldner nach der Rechtsprechung für die vom Konkursamt im Rahmen der Verwertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück durchzuführende Einigungsverhandlung mit den pfandberechtigten Gläubigern (Art. 73e i.V.m. Art. 130d VZG ) keinen Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand ( BGE 134 I 12 E. 2.1-2.5 S. 13 ff.). 3.2.2 Nach den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Urteil geht es vorliegend nicht um die Schätzung bei der Pfändung ( Art. 97 SchKG ), sondern offenbar um die Schätzung im Vorbereitungsverfahren zur Verwertung eines Grundstücks in einer Betreibung auf Pfändung. Jeder Betroffene hat das Recht, die im Hinblick auf die Verwertung eines gepfändeten Grundstücks vorgenommene Schätzung in Frage zu stellen und im Sinne von Art. 9 Abs. 2 VZG eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen ( BGE 122 III 338 BGE 135 I 102 S. 105 E. 3 S. 339). Im Verwertungsverfahren kommt der Schätzung allerdings nur untergeordnete Funktion zu. Ihre Hauptfunktionen wie im Pfändungsverfahren ( BGE 122 III 338 E. 1a S. 339) - Bestimmung des Deckungsumfanges ( Art. 97 Abs. 2 SchKG ), damit nicht mehr als nötig mit Beschlag belegt wird, und Orientierung des Gläubigers über das voraussichtliche Ergebnis der Verwertung ( Art. 112 Abs. 1 SchKG ) - entfallen hier weitgehend ( BGE 101 III 32 E. 1 S. 34). 3.2.3 Die Schätzung des zu versteigernden Grundstücks gibt den Interessenten lediglich einen Anhaltspunkt über das vertretbare Angebot, ohne etwas über den an der Versteigerung tatsächlich erzielbaren Erlös auszusagen (vgl. BGE 101 III 32 E. 1 S. 34; BGE 129 III 595 E. 3.1 S. 597). Dem Beschwerdeführer als Schuldner im Verwertungsverfahren droht nicht der Verlust eines Rechts, wenn ihn das Gemeinwesen nicht durch unentgeltliche Rechtspflege bei der Neuschätzung des zu versteigernden Grundstücks unterstützt. Anders als im Pfändungsverfahren besteht nicht etwa die Gefahr, dass mehr als nötig mit Beschlag belegt wird. Dem Beschwerdeführer droht - mit Blick auf die in der Folge zu treffenden vollstreckungsrechtlichen Anordnungen ( BGE 134 I 12 E. 2.5 S. 15) - so wenig ein Eingriff in dessen Rechte, wie es der Ausschluss der unentgeltlichen Rechtspflege für die Einigungsverhandlungen bei der Verwertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück mit sich bringt. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, wenn die obere Aufsichtsbehörde zum Ergebnis gelangt ist, dass dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege für die anbegehrte Neuschätzung des zu versteigernden Grundstücks nicht zu gewähren ist. Die Rüge einer Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV ist unbegründet.
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Sachverhalt ab Seite 238 BGE 119 Ia 237 S. 238 Der Beschwerdeführer rügt mit staatsrechtlicher Beschwerde die Untätigkeit des Kantonsgerichts Obwalden, das trotz Interventionen das seit dem 16. August 1988 dort hängige Verfahren nicht vorwärtsgetrieben habe und seit April 1990 völlig untätig geblieben sei. Damit mache es sich einer gegen Art. 4 BV verstossenden Rechtsverzögerung schuldig, gegen die ein eigentliches kantonales Rechtsmittel nicht gegeben, sondern bloss eine Aufsichtsbeschwerde ohne Rechtsmittelcharakter an das Obergericht möglich sei. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. a) Die Rechtsverzögerung ist eine besondere Form der formellen Rechtsverweigerung, die sowohl gegen Art. 4 BV wie auch gegen den in dieser Hinsicht nicht weitergehenden Art. 6 Ziff. 1 EMRK verstösst und beim Bundesgericht, wenn nicht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben ist ( BGE 103 V 193 ff.), mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden kann ( Art. 84 Abs. 1 lit. a OG ; HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, S. 120). b) Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV ist jedoch, von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen, erst gegen letztinstanzliche Entscheide zulässig ( Art. 87 OG ). Das bedeutet auch für die Rechtsverzögerungsbeschwerde, die nicht notwendig eine ausdrückliche zur Verzögerung führende Anordnung voraussetzt, sondern sowohl gegen das ausdrückliche wie auch gegen das bloss faktische Vorenthalten eines zeitgerechten Urteils gerichtet sein kann (KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, S. 165 f.; L. MEYER, Das Rechtsverzögerungsverbot nach Art. 4 BV , Diss. Bern 1982, S. 2 ff.), dass vor der Anrufung des Bundesgerichts der kantonale Instanzenzug ausgeschöpft sein muss. Das seit 1943 im OG verankerte Erfordernis der Letztinstanzlichkeit ist ursprünglich durch die Praxis eingeführt worden aus der Überlegung, für die Anrufung des Bundesgerichts bestehe so lange kein Anlass, als staatlichen Eingriffen in verfassungsmässige Rechte BGE 119 Ia 237 S. 239 bereits auf kantonaler Ebene begegnet werden könne. Letztinstanzlich in diesem Sinne ist ein Entscheid erst, wenn die Rüge, die Inhalt der staatsrechtlichen Beschwerde sein soll, bei keiner kantonalen Instanz mehr angebracht werden kann (MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, S. 105). Das heisst, es darf im Kanton kein Rechtsbehelf irgendwelcher Art mehr zur Verfügung stehen ( BGE 90 I 230 ; MARTI, a.a.O., S. 107). Die Möglichkeit der Anfechtung im Kanton schliesst freilich die staatsrechtliche Beschwerde nur aus, wenn auf die Entscheidung über den Gegenstand der Verfassungsrüge ein Rechtsanspruch besteht (MARTI, a.a.O., S. 106; MEYER, a.a.O., S. 122). Bei einer Petition oder einer Aufsichtsbeschwerde in ihrer Form als Disziplinarbeschwerde, wie sie etwa für die Aufsicht der Parlamente über die Gerichte vorgesehen ist, trifft das nicht zu ( BGE 90 I 230 ; MEYER, a.a.O., S. 107). 3. Das Kantonsgericht Obwalden ist in der vorliegenden Streitsache die erste von zwei kantonalen Instanzen (Art. 37 lit. b in Verbindung mit Art. 37 lit. a Ziff. 1 des kantonalen Gesetzes über die Gerichtsorganisation (OG). Es untersteht der Aufsicht des Obergerichts ( Art. 23 Abs. 1 OG ). Dieses kann, von Amtes wegen oder auf Beschwerde hin "gegen gesetzwidrige oder willkürliche Handlungen oder Unterlassungen" einschreiten und "die notwendigen Vorkehren" anordnen ( Art. 23 Abs. 2 OG ). Eine Beschwerde von Rechtsuchenden gegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung durch das Kantonsgericht ist mithin im Gesetz ausdrücklich vorgesehen. Ob ihre Unterlassung die staatsrechtliche Beschwerde ausschliesst, entscheidet sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht daran, ob diese Form der Aufsichtsbeschwerde ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf anderer Art darstellt, sondern einzig daran, ob sie Anspruch auf einen Entscheid gibt, der inhaltlich demjenigen des Bundesgerichts über die Verfassungsrüge entspricht. Das ist hier gleich wie für die Mehrzahl der andern Kantone, die ähnliche Regelungen kennen, zu bejahen. Die richterliche Aufsichtsinstanz ist verpflichtet, gegen die ihr bekanntgewordene Rechtsverzögerung einzuschreiten und die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, gleichgültig, ob seitens der unteren Instanz ein disziplinarisch zu ahndendes Verschulden oder unverschuldetes Unvermögen vorliegt ( BGE 107 Ib 165 E. 3c, BGE 103 V 195 E. 3; MEYER, a.a.O., S. 101 ff.; BEERLI, Die ausserordentlichen Rechtsmittel in der Verwaltungsrechtspflege des Bundes und der Kantone, Diss. Zürich 1985, S. 215). Die Rechtsverzögerungsbeschwerde stellt denn auch eine Mischform von Rechtsmittel und BGE 119 Ia 237 S. 240 Aufsichtsbeschwerde im engern Sinn dar (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, S. 538 ff.; HABSCHEID, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2. Aufl., Rz. 777; MEYER, a.a.O., S. 101 f.). Besteht somit gegenüber dem Obergericht Anspruch auf Einschreiten, wenn sich eine bei ihm angehobene Rechtsverzögerungsbeschwerde als begründet erweisen sollte, so ist die direkte Anrufung des Bundesgerichts anstelle des Obergerichts nicht gegeben. Sie ist es umso weniger, als das Obergericht kraft seines Aufsichtsrechts zugleich in der Lage ist, konkrete Anordnungen zu treffen, Pflichtwidrigkeiten zu ahnden, dem Kantonsgericht Fristen zu setzen und den weiteren Gang des Verfahrens zu überwachen ( Art. 23 Abs. 3 OG /OW; BGE 117 Ia 458 E. 4; MEYER, a.a.O., S. 105). Zu den erforderlichen Vorkehren sind die Aufsicht führenden kantonalen Gerichte verpflichtet; andernfalls würde die Aufsicht über sämtliche unteren Instanzen partiell auf das Bundesgericht übertragen, was nicht angängig sein kann.
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